XL VI. Schkuss-'Arotokotl über die int Jahre 1894 in der Lavanter Diöcese abgehaltenen Pastoral-Conferenzen. A. Lösung der pastoral - Conferenz -Fragen. C2Ir. 323. I. L. irti) f. "21er. 2.>f. f. t>. Lavant. Aiöc. v. 10. Lcln\ 1894.) I. Uastaral - Coaferen; - Frage. Die Verehrung der heiligen Bilder ist nicht bloß zulässig, sondern sehr nützlich und zweckdienlich zur Belehrung und Erbauung. Welche liturgische Vorschriften sind hinsichtlich der Verehrung der Reliquien und der heiligen Bilder zu beobachten? Über die Verehrung und Anrufung der Heiligen hat sich die Kirche im hochheiligen Concil von Trient in der XXII. Sess. c. III. und in der XXV. Sess. „De invocatione, veneratione et reliquiis sanctorum, et sacris imaginibus“ lehrümtlich ausgesprochen. Die einschlägigen Passus werden ini Verlaufe der Abhandlung angeführt. 1. Die ersten Spuren der Uerehrung der Heiligen nnd ihrer Reliquien. Auf die dogmatische Begründung der Lehre der heiligen katholische» Kirche kann hier nicht eingegangen werden. Es möge genügen, ans das Martyrium des hl. Ignatius von Antiochia hingewiesen zu haben. Nach seinem aut 20. December 107 erfolgten Tode wurden die übriggebliebenen härteren Gebeine des hl. Märtyrers von den Christen im römischen Amphitheater zusammengelesen und von seinen Begleitern nach Antiochia znrückgebracht,iu Leintüchern beigesetzt und als ein höchst kostbarer Schatz angesehen; auch wurde, wie der hl. Chrysostvmus durch seine Lobrede auf St. Ignatius bezeugt, der Todestag des heiligen Märtyrers in der antiochenischen Kirche alle Jahre festlich begangen. Nach dem unter dem Proconsul Statius Quadratus erfolgten Märtyrertode des Hl. Polycarpus, 26. März 167, baten die Christen seinen Leichnam wegnehmen zu dürfen. Ihr Feind Nicetas rieth jedoch dem Proconsul dieses zu verweigern, weil sonst die Christen gar den Gekreuzigten verlassen und diesen zu verehren anfangen könnten. Es wurde nun der Leichnam verbrannt, und die Christen konnten nur die Asche und einige größere Gebeine sammeln, welche sie als kostbare Überreste verehrten nnd an geziemender Stelle beisetzten. Auch feierten sie fortan in Smyrna die natalitia, den Todestag des Hl. Polycarpus. Ä. Die römischen Katakomben ais Zeugen für das koke Alter der Heiligenverehrnng. Insbesondere legt Rom mit seinen Katakomben dafür Zeugnis ab, dass man in der katholischen Kirche seit jeher die Heiligen verehrte und ihre irdischen Überreste mit aller Auszeichnung behandelte. In diesen weithin ausgedehnten unterirdischen Grabkammern finden mir in Verbindung mit biblischen Darstellungen sehr häufig Oranten, d. h. aufrechtstehende Figuren mit erhobenen Händen mtb zum Himmel gewendeten Augen ; in vielen Füllen nehme» sie den Mittelpunkt ein, und zu beiden Seiten gruppieren sich die betreffenden biblischen Darstellungen in größerer oder geringerer Anzahl. Ihre Bedeutung als betende Gestalten ist einleuchtend: rufen uns die umgebenden Bilder die Bitten ins Gedächtnis, die der Priester am Grabe gesprochen hat, so vergegenwärtigt uns die Orante die Seele des Verstorbenen, wie sie um Hilfe und Fürbitte flehend sich an den Besucher des Grabes wendet. Gehen wir einmal auf die Absicht der christlichen Künstler ein und lesen wir die geheimnisvolle Bilderschrift eines Arcosoliums oder eines Sarkophages, so finden wir folgendes herrliche Gebet im Bilde dargestellt: „Wie du, o Gott, den Noe aus der Sintflut, den Isaak von dem O p s e r t o d e und aus der Hand des A b r a h a m , d i e K i n d e r J s r a e l s a n s d e r G e w a l t des Königs der Ägypter, den Daniel aus der Löwen grübe, die drei Jünglinge aus demFeuerofeu,dieSusanua non der falschen Anklage, den A p o st e l Petrus aus den Banden befreit h a ft, so befreie die Seele d e s Verstorbenen vor den F a l l st r i ck e n d e s T e n s e l s n n d d e r Q u a l der Hölle; denn siehe, es! st jo dein Geschöpf! Er hat geglaubt, dass du geboren b i st a u s M a r i a d e r J u n g s r a u, d a s s b it gelitten h a ft unter Pontius Pilatus, dass du gestorben und auferstanden bist von den Tobten; er hat aus dich seine ganze Hoffnung gesetzt, weil du so viele Wunder gewirkt hast: zu Kana, au den Gichtbrüchigen, und selbst die Tobten wieder zum Lebe» erweckt hast." 3. Die alle»» Todtenofftcie»» zeuge»» gleichfalls für die Uerekrnng der Heilige»». Die wunderbare Harmonie zwischen dem mannigfaltigen Bildwerk und der Orante, die sich nach dieser Erklärnngsweise herausstellt, bietet uns Gewähr, dass wir den richtigen Schlüssel zum Verständnisse der geheimnisvollen Bilderschrift gefunden haben; es kommt aber noch eine herrliche Bestätigung von seiten der Todtenofficien und der Monumente selbst hinzu. An einem Arcosolinm in der Katakombe der hl. Cyriaca sehen wir die Orante inmitten zweier Männer stehen, welche Vorhänge hinwegheben, damit die Orante ein-gehen könne, (Bulletino di Arch. De Rossi, 1863. ]>. 76). „Die Thore des himmlischen Jerusalems mögest du offen finden", heißt es in dem Sacramentarium Gelasianum. (Liturgia Romana. Venetiis 1748, toni. 1. p. 748 et 749). „Christus möge dich ausruhen lassen in dem Lande der Lebendigen und die Thore des Paradieses offnen". (Goar, Euchologium sive Rituale Graecorum, Venetiis 1730, p. 340). „Die Seele deines Dieners möge ruhen in den Wohnungen der Gerechten". „Nimm auf, o .Herr, die Seele deines Dieners, der zu dir zurückkehrt und aus Ägyptens Land zu dir kommt. Sende deine heiligen Engel ihr entgegen und zeige ihr den Weg der Gerechtigkeit. Oeffne ihr das Thor der Gerechtigkeit und halte fern von ihr die Fürsten der Finsternis". (Oratio post obitum hominis, Sacram. Gelasi!, n. 91, ap. Muratori Lit. Rom. tom. I. p. 748). In Domitilla sehen wir auf der Mauer, die ein Arcosolinm verschließt, folgendes Bild: Die verstorbene Veneranda steht als Orante da, den Schleier auf dem Haupte, neben ihr zur Linken die Märtyrin Petronella; sie ist im Hauskleide, ohne Schleier, und ladet durch die Bewegung ihrer Rechten die Veneranda ein, ins Paradies einzutreten. (Bulletino di Archeologia, De Rossi, tav. 1.) Kann man sich eine schönere Wiedergabe des „Subvenite Sancti Dei“ — „Kommet zu Hilfe ihr Heiligen Gottes" denken? Im Ostrianum, in der Nahe der Capelle, „ubi Petrus primum sedebaterblicken wir eine Inschrift mit folgender Darstellung: die Orante steht, zwischen zwei Männern, von denen der zur Linken eine brennende Lampe in der Hand trägt. De Rossi erklärt dieses Licht als das ewige Licht, als Christus. Er stützt diese Erklärung auf ein Gesicht, das in den Märtyreracten des Montanus und Lucius erzählt wird; es heißt dort: „Renus, der bei uns war, sah im Traume, wie die einzelnen vorgeführt wurden: jedem wurde eine Lampe vorgetragen; jene, denen keine Lampe vorgetragen wurde, giengen auch nicht vor. Und da wir mit unserer Lampe vorangiengcn, erwachte er. Und wie er uns dies erzählte, freuten wir uns im Vertrauen, dass wir mit Christus wandeln, welcher ist eine Leuchte unseren Füßen, und das Wart, nämlich Gottes". (Ruinart, Acta sincera, p. 231. De Rossi, Bullet. Paris 1880, p. 72). Schließlich wollen wir noch eines Umstandes Erwähnung thun; man bemerkt nämlich öfters, daß die Oranten mit reichverzierten Gewändern bekleidet sind, so z. B. die großen Oranten in Saturninus (Darr, tavola 73. 1), die Oranten llarias, Tho-tecnus und Nonnosa in der Januarius-Katakombe zu Neapel (Darr. tav. 101. 2), und die Bessula und Belucia auf Grabsteinen des Lateran-Museums; auch diese Eigenthüinlichkeit findet ihre Erklärung in den alten Gebeten: . . . und du mögest ihn versetzen unter die Schaaren deiner Heiligen und befehlen, dass er bekleidet mit dem Gewände der Unsterblichkeit sich erfreue der Herrlichkeit des Paradieses". (Saevam. Gregor, ap. Muratori op. cit. toni. II. >>. 215). „Nimm auf, o Herr, die Seele deines Dieners, die zu dir znrück-ehrt, und bekleide sie mit himmlischem Gewände." (Sacram. Gregor, ap. Muratori, p. 717). 4. Fürbitte,tdc Oranten. Die Oranten sind, wie gesagt worden, symbolische Darstellungen der Seelen der Verstorbenen, wie sie um Hilfe und Beistand flehend sich an den Besucher des Grabes wenden. Diese Bedeutung haben die Oranten in der Regel; einige bilden eine Ausnahme, die aber auf das klarste die Regel bestätigt. Es finden sich einige, die uns die Bilder von Märtyrern vergegenwärtigen, z. B. die hl. Cäeilia in ihrer Gruft; Abdo und Senne, Milch und Bicentius an dem Sarkophage in Pontianus; die heiligen Dionysas, Zoe Eliodora, Nemesins und Procopins in Soteris; Januarius in seiner Katakombe zu Neapel. Diese glorreichen Märtyrer bedürfen unseres Gebetes nicht; sie genießen bereits den wohlverdienten Lohn im Himmel. Wie ist nun ihre betende Stellung zu verstehen? Als für sich um Hilfe flehend kann man sie nicht auffassen, sondern als um Hilfe für uns bittend. Die heiligen Blutzeugen, die Mitglieder der triumphierenden Kirche, bitten für uns, die sie auf Erden im Kampfe mit dem Bösen und der Welt znrückgelassen haben. Diese Erklärung findet durch die Monumente eine herrliche Bestätigung. Keine dieser Oranten kommt nämlich in Verbindung mit obigen biblischen Darstellungen vor, vielmehr in einer Umgebung, welche die Herrlichkeit des Paradieses nicht undeutlich erkennen läßt. Die hl. Cäeilia steht in herrlichem, mit Edelsteinen reich besetztem Gewände inmitten von Blumen; biblische Scenen fehlen. Ein gleiches beobachten wir bei den fünf heiligen Dionysas, Nemesins, Proeopius, Eliodora und Zoe, die Alle, wie die Inschriften sagen, „in pace“ sind. Blattwerk und Blumen, zwischen denen muntere Vögelein umherfliegen, umgeben die Blutzeugen ; auf dem Rande großer Schalen sitzen Vögelein und trinken mit Behagen daraus: Alles eine Versinnbildung der Freuden, deren die Heiligen im Paradiese theilhaftig geworden sind. Die heiligen Märtyrer Abdo und Senne nebst Milch und Bicentius finden wir ans ihrem Sarkophage in Pontianus nicht inmitten biblischer Darstellungen, sondern von Blumen umgeben abgebildet; oben in der Höhe ist Christus sichtbar, der beiden die verdiente Krone anfsetzt. Ein Gleiches beobachten wir ans dem Deckengemälde in der Katakombe der Heiligen Petrus lind Marcellinus; dort ist Christus thronend zwischen Petrus und Paulus, ferner Petrus, Marcellinns, Gorgonius und Tiburtius zu beiden Seiten des Lammes, das auf dem Felsen steht, dem vier Flüsse entspringen, abgebildet; Gilirlanden deuten die Herrlichkeit des Paradieses an. Auf allen diesen Bildern fehlen also die biblischen Darstellungen, weil eben die Märtyrer sich nicht um Hilfe flehend an den Besucher des Grabes wenden; sie sind vielmehr als Fürbitter im Genüsse der ewigen Seligkeit dargestellt. Zwei Classe» von Oranten haben wir also gefunden: Solche, welche inmitten biblischer Darstellungen (die Verkörperung der Bitten des Priesters am Grabe) stehend den Besucher des Grabes um sein Gebet anflehen, und solche, die in einer Umgebung, welche die Freuden des Paradieses ausdrückt, für uns zu Gott flehen; ein Ergebnis, dessen dogmengeschichtliche Bedeutung sofort in die Augen springt. Der Gräberschmnck der Katakomben ist offenbar auf zwei Dogmen gegründet: Ans die Lehre, dass wir für die Verstorbenen beten sollen und dass die Heiligen unsere Fürsprecher sind bei Gott dem Herrn. Die vergilbten Gemälde der Katakomben sind eine für jedermann verständliche Illustration der tridentinischen Lehre: „sanctos una cum Christo regnantes orationes suas pro hominibus Deo ofl'orre, bonum atque utile esse suppliciter eos invocare, ct ob beneficia impetranda a Deo per Filium ejus, Jesum Christum Dominum nostrum, qui solus noster l* redemptor et salvator est, ad eorum orationes opem auxiliumque confugere“. Sess. XXV. (Confer Licll. Die Darstellungen auf ben Kunstdeukmälern in ben Katakomben, Freiburg, 1887, achtes Capite!.) 5. ZilliijZigkeil der Hilder der Heilige». Es ist also in ber That, wie bas hochheilige Concil von Trient lehrt, ein „usus catholicae et apostolicae ecclesiae a primaevis Christianae religionis temporibus receptus“, bass man die Heiligen nnrnft unb ihre Reliquien in Ehren Hält. Aber auch die Lehre ber Kirche hinsichtlich ber religiösen Bilder findet in ben Katakomben ihre Bestätigung unb sind dieselben ein klarer Beleg dafür, „imagines Christi, deiparae Virginis et aliorum sanctorum in templis praesertim habendas ct retinendas, cisque debitum honorem et venerationem impertiendam esse, quoniam honos, qui eis exhibetur, refertur ad prototypa.“ Sess. XXV. 6. Cultus hyperduliae. Der bogniengeschichtliche Beweis für den apostolischen Ursprung des cultus hyperduliae, welchen wir Mariä der Königin aller Engel unb Heiligen erweisen, ist um so leichter zu führen, weil schon die hl. Evangelien selbst Hiefür als Zeugnisse angeführt werden können. Als die Fülle der Zeiten gekommen war, sandte Gott den Engel Gabriel zu ber Jungfrau Maria. Unb der Engel trat zu ihr herein unb sprach: Gegrüßet seist bu, voll ber Gnaden! Der Herr ist mit dir, bu bist gebenedeit unter den Weibern. — Wenn Gott im alten Bunde mit ben Patriarchen, mit Moses und den Propheten redete, wenn er ihnen Aufträge gab, so hat er sie nie vorher gegrüßt; selbst als ber Engel zu Zacharias gesandt wurde, um die Geburt des Vorläufers Christi zu melden, entbot er keinen Grufi. „Fürchte dich nicht, Zacharias!" so begann seine Rebe. Bei Maria macht Gott eine Ausnahme. Ihr sendet er einen Grufi: einen Gruß, der wie Origenes bemerkt, allein für Maria aufbehalten war; denn wenn Maria gewusst hätte, dass schon jemand anderer so gegrüßt worden sei — sie kannte nämlich durch tägliche Betrachtung die Weissagungen der Propheten — so wäre sie über diesen Grufi als über einen fremden nicht erschrocken. (Orig. Ilorn. VI. in Luc.) Marin wird also einer Ehrenbezeugung von Gott wert erachtet, die sie mit keinem Menschen theilt. Die Ehre, die uns ein Grufi bringt, ist um so größer, je höher die Person steht, die uns grüßt. Gott der Herr der Heerschaaren, ber dreimal heilige Gott, sendet durch Engelsmund diesen Grufi an die Jungfrau Maria! In ihrer Demnth unb Herzenseinfalt konnte sie sich nicht denken, daß dieser Grufi ihr gelte; sie konnte nicht verstehen, wodurch sie einer solchen Ehre wert sei. Nachdem sie vom Engel Aufschluss erhalten, dass sie die Mutter des Sohnes Gottes werden solle, da sprach sie die Worte, welche zn hören alle Gerechten des alten Bundes sich so sehr gesehnt hatten, jene Worte, welche einer neuen Welt das Dasein verleihen sollten: „Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort." 7. Die Hyper-iilie van den Gvair-eUster» bezengt. Die Verehrung Mariens ist also göttlichen Ursprunges. Gott der Herr hat ein Beispiel gegeben, wie die allerseligste Jungfrau Maria verehrt werden solle. Alsbald fand dieses Beispiel Nachahmung von seiten der Menschen. Nachdem der Engel die begnadigte Jungfrau verlassen hatte, machte sie sich auf und gieng ins Gebirge zn ihrer Verwandten Elisabeth; der Evangelist Lneas erzählt uns dies alfo: „Und sie kam in das Hans des Zacharias und grüßte Elisabeth. Und es geschah, als Elisabeth den Gruß hörte, hüpfte das Kind in ihrem Schöße. Unb Elisabeth ward vom heiligen Geiste erfüllt, unb mit lauter Stimme rief sie und sprach: Gebenedeit bist bu unter den Weibern, unb gebenedeit ist die Frucht deines Leibes! Und woher kommt mir das, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Selig bist bu, die bu geglaubt hast; denn es wird vollendet werden, was dir vom Herrn gesagt worden ist." (Luc. 1, 40—45). Was mag die demüthige Jungfrau von Nazareth gedacht haben, als sie sah, daß ihr Geheimnis, dass ihre hohe Würbe, Mutter des Herrn zu fein, beit Menschen bereits bekannt ist, sie, die bei dem Gruße des Engels im stillen Kämmerlein erschrocken ist? Dort, wo sie mit dem Engel allein war, sprach sie nur: „Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte;" aber jetzt, wo Gottes Erbarmen offenkundig geworden ist, wo bekannt geworden, welch' großes Wunder Gott an ihr gewirkt hat, da galt es, Gott, dem Herrn, die Ehre zu geben! Sie schaute, vom heiligen Geiste erleuchtet, die ganze Pracht und Herrlichkeit und Auszeichnung, die Gott Über sie ansge-gossen, eine Herrlichkeit, welche die der Bnndeslade weit überragt, mit der die des Gesäßes mit Manna nicht verglichen werden kann, von der der Tempel in Jerusalem nur ein schwaches Vorbild war; sie schaute auch in die Zukunft und erkannte, was das heißt: „Du bist gebenedeit unter den Weibern !" Und von heiliger Begeisterung ergriffe», stimmt sie jenen herrlichen Lobgesang an, der da lautet: „Hoch preiset meine Seele den Herrn, und mein Geist frohlockt in Gott, meinem Heile. Denn er hat herabgesehen auf die Niedrigkeit seiner Magd; denn siehe, von nun an werden selig mich preise» alle Geschlechter; denn Großes hat an mir gethan der Mächtige, und dessen Name heilig ist." (Luc. 1. 4b—50). So prophezeite die allerseligste Jungfrau — und siehe, nicht lange dauert es, noch z» ihren Lebzeiten, und die Prophezeiung beginnt sich zu erfüllen. Fand die bisherige Verehrung Mariä im Geheimen statt, in dem stillen Kämmerlein zu Nazareth und in dem Hause der Elisabeth oben im einsamen Gebirge, so wird jetzt ihr Lob und ihr Preis vor allem Volke verkündet. „Selig der Leib, der dich getragen, und selig sind die Brüste, die du gesogen!" (Luc. 11. 27). So rief voll Begeisterung „ein Weib ans der Menge", das Zeuge gewesen von der Tenfelsanstreibiing und der geistreichen und majestätischen Art, mit welcher der Heiland die Feinde zurückgewiesen hatte. Das ist ja die katholische Mntter-Gottes-Verehrnng, die da besteht in der grenzenlosen Hochachtung, Ehrfurcht und Liebe, die sich in Wort und Thai aussprechen. Unter den gegenwärtigen Umstände» ist das Wort der Frau, gesprochen mitten unter den lästernden Feinden Christi, eine That des Mnthes und der Kühnheit. Es ist dieses Weib so recht das Vorbild des christlichen Volkes aller Zeiten, das ungeachtet alles Zeitgeistes, alles Unglaubens und Hohnes der Welt frisch und frei durch Stadt und Land zieht, den Rosenkranz in der Hand und den Marienpreis im Munde. (Confer das Leben unseres Herr» Jesu Christi, des Sohnes Gottes, in Betrachtungen von Meschler S. I. Band S. 000.) Dieses Weib ist, wie auch der ehrwürdige Beda sagt, ein Vorbild der katholischen Kirche geworden (Hom. in Luc. 11. lib. 4. c. 49), welche durch alle Jahrhunderte, bis auf unsere Zeit, Maria mit inniger Liebe verehrt und so die Prophezie der jungfräulichen Mutter zur That macht: „Denn siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter". 8. Die kirchlicher» Ularirrrfeste. Diese Verehrung offenbarte sich ans mannigfaltige Weise. An erster Stelle sind da die Feste zu nennen, welche in der Kirche gefeiert wurden. Das dem fünften Jahrhundert ungehörige Sacramentarium Gelasianum führt schon vier Festtage aus, die zu Ehren einzelner Geheimnisse ihres Lebens gefeiert wurden. So das Fest Mariä Reinigung (Sacv. Gel. I. p. 639. VIII.), Mariä Verkündigung (ibid. I. p. 642. XIV.), Mariä Himmelfahrt (ibid. I. p. 663. XLVII.) und Mariä Geburt (ibid. p. 666. L1V.) Wie man an diesen Festen Maria ehrte, und sie mit ihre Fürsprache anflehte, möge uns das Gebet bekunden, das wir in der Liturgie des Geburtsfestes lesen: „Wir bitten dich, o Herr, dass uns die glorreiche Fürsprache der heiligen Maria helfe, da wir den Tag feiern, wo ihre glückliche Geburt stattgehabt; durch unser» Herrn Jesttiit Christum. . ." (Sacr. Gel. p. 666.) Marienkirchen. Der Himmelskönigin zu Ehren baute man schon frühzeitig Kirchen, wie sich dieses ans der Predigt des hl. Cyrillus ergibt, die er 431 auf dein Con eil zu Ephesus hielt: „Sei gegrüßt, Maria, du Gvttesgebü-reritt ; deinethalben freuen sich die Engel, beten die Magier an; durch dich ist der Hl. Johannes im Mutterschoß geheiligt worden. ... Sei gegrüßt Maria, du Gottesgebärerin, derenthalben im Evangelium gesagt wird: Gebenedeit, der da kommt im Namen des Herrn, derenthalben in den Städten, Dörfern und Inseln der Rechtgläubigen Kirchen errichtet sind." (Hom. XI). 10. Bildliche D»estell»,»ge» Mariä iit de» Katakombe». Lieber die bildlichen Darstellungen der allerseligsten Jungfrau in den Katakomben möge aber folgende chronologische Zusammenstellung die nöthigen Aufschlüsse geben. Maria als Orante findet sich im 3. it. 4. Jahrhundert sechsmal, tut 5. einmal, im !). einmal. — Maria Verkündigung: 2. Jhd. einmal, 4. Jhd. einmal, 5. Jhd. einmal. — Maria Vermahlung: 4. Jhd. einmal. — Mariä Heimsuchung: 5. Jhd. einmal, 7. Jhd. einmal. — Christi Geburt: 4. Jhd. dreimal. — Anbetung der drei Könige: 2. Jhd. einmal, 3. Jhd. sechsmal, 4. Jhd. eilfmal, 5. Jhd. dreimal. 7. Jhd. einmal. — Wiederfindung Jesu im Tempel: 4. Jhd. einmal. —Hochzeit zu Kana: 3. Jhd. einmal. — Maria unter dem Kreuze: 7. Jhd. einmal. — Maria mit dein Propheten Jsaias: 1. Jhd. einmal, 3. Jhd. einmal. — Maria als Gottesgebärerin: 3. Jhd. einmal, 4. Jhd. einmal, 7. Jhd. einmal. — Maria im Himmel 5. Jhd. einmal. (Conf. Liell, op. cit. S. XIX.) 11. Die Behattplung, die Deeestenttg dee seligste» I»»gfe»» Mim» k»de erst mit dem Iichre 431 »»gefangen, ist falsch. Diese Darstellungen der allerseligsten Jungfrau Maria auf den Kunstdenkmälern der Katakomben liefern einen unumstößlichen Beweis für den apostolischen Ursprung der Marienverehrung, und dass also der Marienenltus nicht erst mit der marianischen Synode zu Ephesus (431) begonnen habe. Ein kurzer historischer Rückblick kann das Verständnis der Frage nur fördern. Am 21. Juni 431 trat die Synode zu Ephesus in einer der Gottesgebärerin geweihten Kirche zusammen. Dreimal wurde Nestorius eingeladen, in der Sitzung zu erscheinen, doch er erschien nicht. Unter dem Vorsitze des hl. Cyrillus crossitele man die erste Sitzung, an der 160 Bischöfe theilnahme», damit, dass das Zusammenberufungsdeeret verlesen wurde. Dann wurde über das Nichterscheinen des Nestorius Bericht erstattet. Die eigentliche Verhandlung begann mit der Verlesung des nieänischen Glaubensbekenntnisses; daran schloß sich die Verlesung des zweiten Brieses, welchen Cyrillus schon vor längerer Zeit an Nestorius gerichtet-und worin er die hypostatische Vereinigung der Gottheit und Menschheit in Christus anseinandergesetzt hatte. Auf die Frage Cyrills, ob dieses sein Schreiben mit dem Inhalte des nicänischen Symbvlums übereinstimme, antworteten alle anwesenden Bischöfe in bejahender und beistintutender Weise. Nun wurde das Schreiben verlesen, welches Nestorius als Antwort auf obigen Brief Cyrills geschickt hatte. Nachdem 34 Bischöfe entschieden die Nichtübereinstimmung desselben mit dem nicänischen Glauben hervorgehoben hatten, riefen alle Bischöfe insgesammt: „Wer Nestorius nicht anathematisiert, der sei selbst Anathema." Nachdem zwei weitere Schriftstücke verlesen worden waren, nämlich das Schreiben Cölestins und Cyrillus an Nestorius, und die Versuche, Nestorius ans andere Wege zu bringen, sich als erfolglos erwiesen hatten, schritt man über Antrag des Bi-schofes Flavian zur Verlesung von Stellen ans Schriften nubezweifelt katholischer Männer: „Folgende sind die Männer, deren Schriften auf jenem Gotteil theils als von Richtern, theils als von Zeugen herrührend verlesen wurden: „Der Hl. Petrus, Bischof von Alexandrien, — der Hl. Atanasius, derselben Stadt Bischof, — der Hl. Theophilus, derselben Stadt Bischof, — diesem folgte der ehrwürdige Cyrillus, der jetzt die alexandri-nische Kirche schmückt, — der Hl. Gregorius, Bischof von Nazianz, — der Hl. Basilius, Bischof von Cäsarea, — der Hl. Gregorius, Bischof von Nyssa, — der Hl. Felix und der Hl. Julius, beide Bischöfe der Stadt Rom. Und damit nicht allein das Haupt des Erdkreises, sondern auch die Glieder bei jenem Gerichte Zeugnis ablegten, wurde der hl. Cyprian, Bischof von Karthago und der hl. Ambrosius, Bischof von Mailand angeführt. Diese sind also zu Ephesus — als Lehrer, Berather und Zeugen angeführt worden, bereit Lehre die heilige Synode festhielt, deren Rath sie befolgte, deren Zeugnis sie glaubte, deren Urtheilsspritch sie gehorchte und ohne Abneigung oder Gunst in Betreff der Richtschnur des Glaubens verkündete". (Vinc. Lir. Commonit. c. 30, bei Liell, op. eit. S. 22—23.) Dann fügt der ebengenannte Berichterstatter noch den Grund bei, warum man sich auf diese Zeugnisse berufe, um nämlich nichts den Nachkommen zu übermitteln, was man nicht selbst von den Vorfahren empfangen hätte Das Urtheil über Nestorius lautete: „Der von ihm gelästerte Herr Jesus Christus bestimmt durch die hl. Synode, daß Nestorius von der bischöflichen und aller priesterlichen Gemeinschaft ausgeschlossen sei." Welchen Eindruck dieser Ausgang machte, schildert Cyrillus in seinem Briefe an Alexander: „Als man hörte, dass jener Unglückliche abgesetzt sei, fiengcn alle an, die heilige Synode zu loben und Gott zu verherrlichen, dass der Feind des Glaubens gefallen sei. Als wir aus der Kirche giengen, führten sie uns mit Fackeln bis in unsere Wohnungen (denn es war bereits Abend geworden), und es herrschte große Freude, und die ganze Stadt war beleuchtet durch viele Lichter; ja es giengen Frauen mit duftenden Weihrauchfässern vor uns her. Es zeigte nämlich der Erlöser den Gotteslästerern seine Herrlichkeit, dass er alles kann." (Baronius ad a nimm 431.) 13. Die Marienbilder in den Katakomben sind keineswegs bloß historische, ste sind mich liturgische Darstellungen. Nach dieser Neminiscenz kehren wir zu den Darstellungen der allerheiligsten Jungfrau in den Katakomben zurück. De Rossi findet die Bedeutung unserer Bilder darin, daß sie einen schlagenden Beweis gegen jene liefern, welche behaupten, erst nach dem Concil von Ephesus habe man angefangen, Marienbilder zu malen; dann aber auch gegen jene, die meinen, vor dem Concil habe man Maria nur historisch dargestcllt und erst nach dem Concil habe man bei diesen Bildern die Absicht gehabt, Maria zu verehren. Er führt eine Anzahl Denkmäler an, wo die Verehrung Mariä beabsichtigt ist, nämlich Maria mit Jsaias, und Maria mit dem Kinde, beide in Prciscilla; Maria mit dem Propheten, in Domitilla; endlich die zahlreichen Darstellungen der Anbetung der Weisen, »veil die Jungfrau und das Kind die Hauptsache, die Magier aber nur nebensächliche Figuren sind: „Sono figure accessorie.“ (De Rossi, Immagini scelte della Beata Vergine Maria trate dalle catacombe Romane. Roma 1863. p. 20—22). 13. De Rossi’-s Aufstellungen finden in den Todtenofstcien eine kräftige Stütze. Diese Katakombenbilder haben noch einen viel älteren Ausleger gefunden, nämlich die bereits erwähnten Todtenofficien, die mit diesen Bildern beiläufig gleichen Alters sind. Sie stammen aus der Liturgie des hl. Chrysostomus, sind also im fünften Jahrhundert ausgezeichnet worden; es ist aber selbstverständlich, daß die meisten dieser Gebete ans einer viel älteren Zeit herrühren. Ans diesen Gebeten des Todtcnofficinms erkennen »vir klar, in »velch' herrlicher Weise man damals der Bitte: „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitt für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes" Ausdruck verliehen hat. In den Marienbildern an den Gräbern der Christen erkennen »vir eine Wiedergabe dieser Gedanken. Die Bitten, »reiche die Leidtragenden hörten oder mitsprachen, sollen dem Besucher des Grabes durch diese Bilder »vicder ins Gedächtnis-zurückgernfcn werden, und er soll so veranlasst werden, zum Wohle des Verstorbenen diese Bitten zu wiederholen. Das ist der Z»vcck unserer Marienbilder. Da aber eine auch nur theilweise Wiedergabe dieser rührend schönen Gebete über den Rahmen dieser Darstellung hinausgeht, so sei hiemit wenigstens auf Liell, op. eit. S. 396—401 verwiesen. Die dazu gehörigen Bilder finden sich bei Stell, op. cit. Tafel V, und bei Dr. Erich Frantz, Geschichte der christlichen Malerei, Freiburg 1887. I. S. 67 und III, Tafel 6. 14. Die einschlägigen Bestimmungen des Coneils von UicSo, 787. Ans dieser Verwendung der Bilder der Heiligen leuchtet »vohl auch schon der Nutzen derselben ein. Übrigens hat sich die Kirche im zweiten Concil zu Nacäa, 787, über diesen Gegenstand auch ausdrücklich ausgesprochen. Im Glaubensdecret, »velches von dem Bischof Euthymius von Sardes in der vierten Sitzung vorgetragen wurde, heißt es: „Überdies verehren wir auch das Bild des heiligen und lebengebenden Kreuzes und die Reliquien der Heiligen, und nehmen an die heiligen und ehrwürdigen Bilder, und grüßen und umarmen sie nach der alten Überlieferung der heiligen katholischen Kirche Gottes, nämlich unserer heiligen Väter, »velche diese Bilder angenommen und in allen Kirchen und überall aufzustellen besohlen haben. Es sind dies die Bilder unseres menschgewordenen Heilandes Jesus Christus, dann unserer unversehrten Herrin und ganz heiligen Gottesmutter, und der körperlosen Engel, welche den Gerechten in Menschengestalt erschienen sind; ebenso die Bilder der heiligen Apostel, Propheten, Märtyrer, re., damit wir durch die Abbildung an das Original erinnert und zu einer gewissen Theilnahme an seiner Herrlichkeit geleitet werden". (Hefele, Cvneilien-geschichte III. 2. Aufl. p. 435). In der siebenten Sitzung des nämlichen Coneils wurde beschlossen, dass wie die Figur des heiligen Kreuzes, so auch heilige Bilder, — mögen sie von Farbe oder aus Stein oder sonst einer Materie sein — ans Gefäßen, an Kleidern und Wänden, auf Tafeln, in Häusern und auf Wegen angebracht werden sollen, nämlich die Bilder Jesu Christi, der unbefleckten Jungfrau, der ehrwürdigen Engel, und aller heiligen Menschen. Je öfter man sie in Abbildungen anschaut, desto mehr wird der Beschauer zur Erinnerung au die Urbilder und 51t deren Nachahmung angeregt, auch dazu, diesen seinen Gruß und seine Verehrung zu widmen: nicht die eigentliche Latreia, welche bloß der Gottheit zuzuivendeu ist, sondern dass er ihnen, wie dem Bilde des heiligen Kreuzes, >vie den heiligen Evangelien (-Büchern) und anderen heiligen Geräthen, Weihrauch und Lichter zu ihrer Verehrung darbringt, wie dies schon bei den Alten fromme Gewohnheit war; denn die Ehre, die man dem Bilde erweist, geht ans das Urbild über, und wer ein Bild verehrt, verehrt die darin dargestellte Person. Sv lehren die Väter, und dies ist die Tradition der Kirche". (Hcfcic, Coneiliengeschichte, p. 450). Auch der Kircheuhistoriker Eusebius (Listar, eccles. VII. 18.) erwähnt gemalter Bilder Christi und der heiligen Apostel Petrus und Paulus, und eine noch viel ältere Nachricht von Jrenäus (Adv. haeres. I. 25, 6.) ist vorhanden, nach welcher eine Partei der Gnostiker, die Karpo-kratianer gemalte mtö aus anderen Stoffen, selbst aus Gold und Silber gefertigte Bilder Christi besaßen. Epiphauius und Johannes Damascenus wiederholen diese Nachricht (Kraus, Real-Eneycl. II. 20); man unterließ cs aber in jener Zeit Gott den Vater in menschlicher Gestalt darzustellen, gewiss „ propter falsi dogmatis periculum “. (Cone. Tridt). Das bisher Gesagte liefert einen über allen Widerspruch erhabenen Beweis für die Wahrheit der lirchtidjm Lehre: „Imagines Christi, deiparae Virginis et aliorum sanctorum in templis praesertim habendas et retinendas, eisque debitum honorem ct venerationem impertiendam, non quod credatur inesse aliqua in iis divinitas vel virtus, propter quam sint colendae, vel quod ah cis sit aliquid petendum, vel quod fiducia in imaginibus sit figenda, vclut olim fiebat a gentibus, quae in idolis spem suam collocabant : sed quoniam honos, qui eis exhibetur, refertur ad prototypa, quae illae repraesentant, ita ud per imagines, quas osculamur et coram quibus caput aperimus et procumbimus, Christum adoremus, et sanctos, quorum illae similitudinem gerunt, veneremur“. (Cone. Tridt. Sess. XXV.) 15. Keilende Grundsätze für die kirchliche Scniptnr und Malerei. Damit aber der Beschauer der heiligen Bilder zur Erinnerung au die Urbilder angeregt und angeleitet werde, diesen seinen Gruß und seine Verehrung zu widmen (Conc. Nie. Sess. VII.), müssen die Bilder selbst im kirchlichen Sinne gehalten sein, und ist es nöthig, dass sie den Geist der Frömmigkeit athmen. Die Kirche betrachtet, wie überhaupt jedes Werk der Kunst innerhalb ihres Bereiches, so auch alle Bildwerke vom Übersinnlichen aus, und beurtheilt das Sinnliche derselben je nach dem höheren oder geringeren Grade, indem es als Träger und Verkünder des Innern und Höheren erscheint. „Illud vero diligenter doceant episcopi, per historias mysteriorum redemptionis nostrae, picturis vel aliis similitudinibus expressas, erudiri et confirmari populum in articulis fidei commemorandis et assidue recolendis ; tum vero ex omnibus sacris imaginibus magnum fructum percipi“. Cone. Trid. Sess. XXV. Die Kirche sieht in den Bildwerken die Prediger eines höheren Lebens, des Reiches Christi; eben darum muss sie verlangen, dass selbst aus dem Natürlichen an ihnen das Übernatürliche und Ewige hervorleuchte, dass das Körperliche durch den Geist Jesu Christi in ihnen unterworfen, veredelt und verklärt sich zeige. Bloße Ideale des körperlich Schönen, des sogenannten rein Menschlichen, erkennt weder eine wahre Ästhetik, noch weniger die Kirche in ihrem heiligen Gebrauche an. Ein gefeierter Sänger läßt zwar eine der schönen Künste ihre Autocharakteristik mit diesen Worten beschließen: „Doch Schön'res find' ich nichts, wie lang' ich wähle, als in der schönen Form die schöne Seele". Mit anderen Worten, in der nüchternen Sprache der Wissenschaft, besagen diese Verse: „der Mensch in seiner vollkommensten Erscheinung ist das höchste Ideal der Schönheit". Nein, nicht der Mensch, sondern Gott, nach dessen Bild und Gleichnis der Mensch erschaffen worden, ist Quelle und Norm aller Schönheit! Quoniarn tu solus altissirnus, Domine Jesu Christe sum Sancto Spiritu in gloria Dei Patris. Amen“. Darum fand sich auch der nämliche Sänger bald gar bitter enttäuscht, und da schrieb er dann die Worte nieder: „Erloschen sind die heiteren Sonnen, Die meiner Jugend Pfad erhellt, Die Ideale sind zerronnen, Die einst das trunkne Herz geschwellt; Er ist dahin, der süße Glaube, An Wesen, die mein Traum gebar, Der rauhen Wirklichkeit zum Raube, Was einst so schön, so göttlich war". Conf. Jos. Jungmann S. J., Ästhetik. III. Anfl. I. Bd. S. 179—195: „Die Rangordnung der Dinge in Rücksicht ans ihre Schönheit". „Das höchste Gebilde der sichtbaren Welt ist allerdings der Mensch. Er ist dies, wenn man ihn auch nur als bloßen leiblichen Organismus betrachtet. So betrachtet ist er aber eine Abstraktion, denn der lebendige Mensch ist mehr, er ist Ausdruck der Seele, ja die Seele ist die Hauptsache, die forma corporis. Fassen wir den Menschen in concreto ins Auge, sv ist es der Geist, der in ihm leibt und lebt; wir haben ein leiblich-geistiges Wesen vor uns. Daher deutet es einen niedrigen Standpunkt an, wenn man den leiblichen Organismus als solchen in seiner Vollendung als das eigentliche Ideal der Plastik bezeichnet. Das plastische Ideal ist vielmehr ein leiblich-geistiges Wesen in seiner Vollendung". Conf. AI. Flir. „Kunstaphorismen". Brixen, 1870. S. 19. Unter den Bestimmungen der Kirche, welche sämmtlich auf diesen Anschauungen beruhen, beziehen sich die einen auf die Person des Künstlers, andere ans den kirchlichen Gebrauch eines Bildiverkes, andere auf dessen Inhalt und Charakter. Wir erwähnen nur die wichtigsten derselben. 10. Einiges über die Person des Künstlers als Schöpfers kirchlicher Kild»verke. Die Person des Künstlers betreffend, der im heiligen Dienste der Kirche arbeiten will, so soll derselbe der Gemeinschaft der Kirche angehören, in der Lehre der Kirche, sowie über die Bedeutung seiner Knust für die Kirche wohl unterrichtet sein, ingleichen eines christlichen Lebens sich befleißen. „Valde proficuum est, et venerabiles imagines pingere . . . non autem bonum est, nec omnino proficuum, ab indignis hoc in sacris templis fieri . . . Quisquis ergo post hanc definitionem ad picturae sanctarum ima- ginum in ecclesiis actionem quoquo modo eos admiserit, siquidem clericus fuerit, proprio gradu pericii-tetur, si laicus, Communione privetur“. Cone. Constp. IV, act. 10. can. 7. In Dr. Ernst Försters „Leben und Werke des fra Giovanni Angelico da Fiesole. Regensburg 1859“, lesen wir über diesen gottbegnadeten Maler S. 70—71 folgendes: „Den Charakter des fra Beato Angelico schildert uns Vasari mit diesen Worten: Fra Giovanni war ein Mann von so schlick)tem Wesen und frommen Sitten, dass eines Tages, als Papst Nicolaus V. ihn zum Frühstück einladen wollte, er sich ein Gewissen daraus machte, Fleisch ohne Erlaubnis seines Priors zu genießen, der Auetorität des Papstes gar nicht gedenkend. Er verachtete alle weltlichen Dinge, lebte rein und fromm und war den Armen ein treuer Freund; weshalb ich gewiß bin, dass nun seine Seele ganz dem Himmel augehört. Unausgesetzt übte er sich in der Malerei und wollte nie andere als heilige Gegenstände darstellen. Er hätte reick) sein können, kümmerte sich aber nichts darum, sondern behauptete vielmehr, reich sei in Wahrheit nur, wer sich mit Wenigen begnüge. Er hätte viele beherrschen können, wollte es aber nicht, indem er sagte: „Ändern gehorchen sei mit weniger Mühe und Gefahr verbunden". Es stand in seiner Willkür, unter seinen Ordensbrüdern und außerhalb Würden zu erlangen; er achtete ihrer jedoch nicht und sagte, er strebe nach uidsts, als der Holle zu entfliehen und sich dem Paradiese zu nähern. Er war menschenfreundlich und mäßig, lebte keusch und fern von den Lockungen der Welt, indem er oft sagte, es solle, wer die Kunst übe, ruhig uni) ohne grübelnde Gedanken bleiben; wer die Werke Christi darstellen wolle, müsse immer bei Christus sein. Niemals ward er unter seinen Ordensbrüdern zornig gesehen; seine Freunde pflegte er einfach und mit großer Freundlichkeit zu ermahnen. Mit größtem Wohlwollen sagte er Jedem, der ein Werk von ihm wünschte, er solle sich deshalb mit dem Prior abfinden; er werde es alsdann nicht fehlen lassen. Er war demüthig und bescheiden in all seinen, Thun und Reden, in seinen Malereien gewandt und andächtig, und die Heiligen, die er malte, haben mehr das Ansehen von Heiligen, als die eines ändern Malers. Seine Gewohnheit war, das, was er gemalt hatte, nie zu verbessern oder zu überarbeiten, sondern es stets zu lassen, wie es auf's erste mal geworden war, weil er meinte, so habe es Gott gewollt. Man sagt, er habe nie den Pinsel in die Hand genommen, ohne vorher gebetet zu haben, und nie einen Gekreuzigten gemalt, ohne dass ihm die Thrünen über die Wangen strömten; in den Angesichtern und Stellungen seiner Gestalten aber erkennt man seinen redlichen und starken Christusglauben". (G. Vasari, vite degli pii, ecceleiiti pittori, scultori et architetti etc. Firenze 1850; in deutscher Bearbeitung von Schorn und Förster in Stuttgart und Tübingen bei I. G. Gotta). Aus dieser Gottinnigkeit des frommen Dominicaners erklärt sich der überwältigende Eindruck, den seine Schöpfungen ans uns machen. Wenn Vasari erzählt, dass fra Angelico nie an seine Arbeit gegangen, ohne vorher gebetet zu haben, so können wir dem Gesagten »och beifügen: er setzte malend nur seine Andacht fort; seine Gemälde sind anferbanliche Gebete. Fra Angelico war kindlich fromm ; das beweisen schon seine Meisterwerke: es liegt in allen seinen Gestalten, wie in der Anordnung seiner Bilder überhaupt eine solche Kraft der Unmittelbarkeit, dass sie nicht ersonnen und nach und nach ausgeführt, sondern wie durch einen überirdischen Lichtschimmer auf die Leinwand projeetiert zu sein scheinen. Die heiligen Vorgänge, wie er sie schildert, kommen uns wie himmlische Visionen vor, die er gehabt, und wie ans einer ander» Welt, ans den Wohnungen der Seligen, treten die Gestalten unter seinen Händen auf die Tafel. Vernehmen wir über diesen Engel unter den Malern auch Detzel: „Eine der erhebendsten Madonnen zeigt das Triptychon (Fig. 57) in der Sala die Lorenzo Monaco (Nr. 17) der Uffizien zu Florenz von fra Angelico da Fiesole (1387- 1455). Das Christuskind steht vollständig gekleidet auf dem Schöße der heiligen Jungfrau, segnet mit der Rechten, und in der Linken hält es die Weltkugel. In ihrer Großartigkeit und Feierlichkeit wirkt diese thronende Madonna wie ein byzantinisches Andachtsbild von edelster Schönheit. Auch hier ist das Kind, das einen goldenen Nimbus mit einem rochen Kreuze darin trägt, die Hauptsache; die heilige Jungfrau stellt es mit etwas gesenktem Blick dem Beschauer nur gleichsam vor. Aus diesem ungemein erhabenen Köpfchen sieht man wahrhaftig die Gottheit leuchten; und doch ist in dem kindlich schönen Ausdrucke auch die volle Menschlichkeit zu ihrem Rechte gekommen". Christi. Ikonographie von H. Detzel. I. 116. Vergl. auch Frantz, Geschichte der christlichen Malerei. II, 261. und 271. Eine der größten und schönsten Kirchen von Florenz ist die alte Servitenkirche, La santissima Annuntiata, das Lieblingsheiligthum der Florentiner. Besonders verehrt ist die Muttergottescapelle gleich links beim Eintritt. Der Mittelpunkt derselben bildet ein Fresco des seligen fra Angelico, das seinen Lieblingsgegenstand, die Verkündigung darstellt. Es liegt gewiss eine tiefe Bedeutung darin, dass dieses himmlische Bild den heiligen Aloisins ganz besonders anzog; er pflegte es alle Tage zu besuchen. Als er nun wieder einmal vor dem Bilde ganz in Gebet und Andacht versunken war, kam ihm die Erleuchtung, er solle seine Jungfräulichkeit der Mutter Gottes weihen; das sei ihr das angenehmste Geschenk. Kurz entschlossen legte er nun wirklich mit allem Ernst, aus freudigen und liebe glühenden Herzen das Gelübde ewiger Keuschheit ab. Maria nahm das Opfer seines unschuldigen Herzens an und erlangte ihm als Gegengabe von Gott die außerordentliche Gnade, dass er nie in seinem Leben den leisesten Anflug einer Versuchung gegen die Tugend der Reinheit in sich empfand, wie er es seinem Seelenführer später bekannte. Bollami, p. 997 F. 827 C. E. 17. §o\]c Bedeutung wahrhaft religiöser Kunstwerke. Es ist wohl kein Zufall, daß der angelicus juvenis Aloisins vor einem Muttergottesbilde des durch seinen lauteren Sinn begnadeten Fra Angelico sein Gelübde der beständigen Jungfräulichkeit ablegte. Man stimmt gerne dem kunstsinnigen Asteten bei, der da schreibt: „Es gibt Gebilde religiöser Kunst, wie eines Angelico, ganz himmlische Offenbarungen englischer Reinheit und gottinniger Andacht, die man nicht sehen kann, ohne den Segen himmlischen Trostes, und ohne ihrer tagelang liebend zu gedenken. Nirgends wirkt die Kunst reiner und mächtiger, als im Dienste der Religion. Es ist gar nicht abzusehen, welch' ein Himmel von Erbauung, Glaube und Gottseligkeit in Ton und Farbe von wahrhaft kirchlichen Kunstwerken ausgeht in Hütte und Palast, und das werktägliche, weltliche Leben reinigt, erhebt, erfreut und heiligt. Den Menschen durch Freude an himmlischer Schönheit zu Gott und zum Himmel zu führen, das ist der schöne Pfad der kirchlichen Kunst. Es ist ein wahrer Gottesdienst, dessen sie in der Kirche waltet ; die Kunst ist so wirklich selbst ein Geheimnis in Christus und in der Kirche und Dienerin und Ansspenderin der Geheimnisse Gottes". M. Mcschler 8. J., „Die Gabe des Pfingstfestes". S. 3S4; „Leben des hl. Aloysius von Gonzaga". S. 27 — 29. 18. gutnfliflikeit von Bildwerken für den kirchlichen Gebrauch derselben. Kein ungewöhnliches Bild darf ohne Wissen lind Approbation des Bischofes in einer Kirche oder sonstwo aufgestellt werden. „Statuit s. Synodus, nemini licere, ullo in loco vel ecclesia etiam quomo- dolibet exempta, ullam insolitam ponere vel ponendam curare imaginem, nisi ah Episcopo approbata fuerit“ Cone. Trid. sess. XXV. Es ist bekannt, dass in neuester Zeit auch manchen Bildern „Mariä vom heiligsten Herzen" die Approbation für den kirä)lichen Gebrauch von Rom aus versagt worden, weil es in der Kirche ungewöhnlich sei, das göttliche Kind zit den Füßen Mariä statt ans ihren Armen darznstellen. 19. Inhalt und Charakter der Kildmerke. Was den Inhalt betrifft, so „dürfen dargestellt werden: die heilige Geschichte, Bilder des heiligen Kreuzes, das Bild des Herrn und Heilandes Jesus Christus, unserer unbefleckten Herrin, der heiligen Gottesmutter, der verehrungswürdigen Engel und aller Heiligen". (Gonf. Cone. Nicaeu. II. Act. 7 ; Ca tedi. Rom. V. 3, cap. 2. nr. 33—40). Nicht aber darf dargestellt werden, was in irgend einer Weise den Glauben gefährden, also Jrrthum oder Aberglauben in den Beschauenden veranlassen könnte. Auf die Heilighaltung kirchlicher Tradition dringt besonders die Constitution des Papstes Urban VIII. vom 15. März 1042, und verbietet, Bilder des Herrn, der jungfräulichen Gottesmutter Maria, der Engel, Apostel it. s. tu. in anderer Gestalt oder in anderer Kleidung zu bilden oder zu malen, als es in der katholischen Kirche von Alters her gebräuchlich ist. Ebenso soll an den kirchlichen Bildwerken nur Würdiges und Erhabenes erscheinen. Alles, was unanständig, oder die Sinne reizend, oder nur für weltliche Zwecke geeignet erachtet iverden muss, soll gewissenhaft vermieden werden. „Omnis lascivia vitetur, ita ut procaci venustate imagines non pingantur nec ornentur“. . . . „nihil profanum niltilque inhonestum appareat, quum domum Dei deceat sanctitudo“. Cone. Trid. sess. XXV. Damit ist ohnehin deutlich genug alle Nacktheit und bloß sinnliche Schönheit der Bilder von christlicher Kunst ausgeschlossen. 30. Aiiivendiing der voraiisteheiiden Itomeli ntif die Mirttergottesbttder. Wenden wir diese Bestimmungen einmal auf die Darstellungen der seligsten Jungfrau und des göttlichen Kindes auf ihrem Schöße an. Maria ist das Ideal einer Mutter. Wenn ivir uns aber eine ideale Mutter denken, so denken wir sie uns selbstverständlich nicht als eine Mutter, die mit Noth und Elend zu kämpfen hat, auch nicht als eine ehrsame Handwerkers- oder Bürgersfrau, sondern als eine Frau, die der Sorgen und Mühen dieses Lebens enthoben, ein glückliches Dasein führt; nicht ein Bettelweib, in armselige Lumpen gehüllt, werden wir uns denken, sondern eine reiche, vielvermögende Frau, eine Fürstin oder Königin. Äußere Pracht und äußerer Glanz sind uothwendige Mittel, um in uns die Vorstellung des Großen und Erhabenen hervorzurufen. Die Prachtgewänder werden ja darum von den geistlichen und weltlichen Fürsten getragen, damit das Volk an die hohe Würde denke, die den Trägern innewohnt. Dieser Punkt wird auch von Künstlern zu berücksichtigen sein, da er ja die erhabene Mutter des Sohnes Gottes, die Mutter des Herrn über Himmel und Erde, die Himmels- königin darzustellen hat. Prachtvolle Gewänder, reich mit Gold und Edelsteinen besetzt, eine goldene Krone mit funkelnden Diamanten, ein Scepter, reich verzierte Schuhe, ein herrlicher Thron, vor dem kostbaren Teppiche ausgebreitet liegen: alles dies wird dem Künstler helfen, uns eine hohe Meinung von seiner im Bilde dargestellten Mutter beizubringen; unsere Phantasie wird dadurch unwillkürlich veranlasst, an eine höhere erhabenere Mutter zu denken, als die sind, welche man im gewöhnlichen Leben sieht. Mit diesen Ausführungen (Liell, op. cit. 371—372) stimmt Jungmanns Urtheil vollständig überein. Die alten Meister wollten durch ihre Muttergottesbilder keineswegs ein Capitel, und wäre es auch das erste und wichtigste, aus dem Codex der sogenannten Humanität illustrieren, wie der Dichter meinte, der in der „Braut von Messina", 1. 4, sang: „Selber die Kirche, die göttliche, stellt nicht Schöneres dar auf dem himmlischen Thron; Höheres bildet Selber die Kunst nicht, die göttlich geborne, Als die Mutter mit ihrem Sohn." Die alten Meister beabsichtigten nicht, eine schöne Frali in mütterlicher Zärtlichkeit zu einem schönen Kinde darzustellen. Auf den ältesten, und noch auf vielen der vorzüglichsten späteren dieser Bilder, sieht man im Gegentheil gar nichts von dieser mütterlichen Zärtlichkeit. 31. Auf den Mnttrrgottesbildern ist das Kind die Hauptperft-n. Den alten Meistern kam es jedenfalls eben so sehr auf das Kind, als auf die Mutter an. In der altchristlichen Periode, bis tief ins Mittelalter hinein, war offenbar das Kind die Hauptperson, die Mutter, ihm gegenüber, nur Nebenfigur. Bis zum dreizehnten lind beziehungsweise vierzehnten Jahrhundert hin erscheint meist das Kind vollständig bekleidet, in langer, purpurner, goldverbcämter Tunica (der damaligen Königstracht), in der Linken die Weltkugel oder den Reichsapfel, die Rechte segnend erhoben, ernsten, zuweilen strengen Angesichts, mehr als kleiner Mann denn als Kind dargestellt, eben wie der Dichter singt, „jung als Mensch, als Gott so alt", frei und aufrecht auf dem Schöße seiner Mutter sitzend, wie ein junger, thronender König; die Jungfrau, ebenso ernst, still und ruhig, ohne den Ausdruck mütterlicher Liebe und Zärtlichkeit, darum fast nur als Trägerin des Heiles der Welt, als der lebendige Thron des Fürsten des Lebens. Conf. Ulrici, Über die menschliche Auffassung des Madonnen-Jdeals. Halle, 1854, S. 8 und 9. 33. Das berühmte Strastbnrger Madonnenbild. Als ein Ausdruck der hiermit charakterisierten Auffassung kann das „Straßburger Fahnenbild" gelten, welches bereits im zwölften Jahrhundert die Krönungszüge der deutschen Kaiser nach Rom begleitete. Schöne Reprodnctionen des Bildes finden sich in Jungmann, Aesthetik. 2. Bd. S. 83 und Detzel, Ikonographie. I, 113. Ans einem mit prächtigen Tüchern und Polstern ausgestatteten Stuhle thront die heilige Jungfrau, die mit lang herabhängende» Aermeln und kostbaren Spangen bedeckten Arme hoch erhoben, gleichsam alle Welt anfrnfend dem Zuge zu folgen; das Kind aber, die königliche Lilie haltend, segnet die unter sein Banner getretenen Streiter. In dem Bilde liegt ein so grandioser Ausdruck, ein solcher Ernst und einfache Größe, dass man Brentanos Worte versteht, der an den Maler Stange schrieb, er misse kein Bild, dass einen so ernsten und freudigen Eindruck auf ihn gemacht habe. Conf. Historisch-politische Blätter. Bd. 34, S. 941. 38. Alt Stelle der Gottesmutter tritt die Iungfra«. Im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert füllt aber das Madonnenideal in Eins zusammen mit dem Ideal einer reinen Jungfrau. Diese Auffassung waltet in Masaccio und Fra Angelico da Fiesole, insbesondere in des letzteren Triptychon der Sala di Lorenzo Monaco (Nr. 17) der Uffizien zu Florenz vor. Das Christuskind steht herrlich gekleidet auf dem Schöße der hl. Jungfrau; mit der Rechten segnet es, mit der Linken hält es die Weltkugel. Eine recht gelungene Reproduktion dieses Andachtsbildes lieferte die Beuroner Kunstschule und ist dieselbe im Verlage der „St. Norbertus" Druckerei in Wien erhältlich. 24. Das Cölner Damdild. Als eine der vollendetsten Leistungen dieser Richtung bezeichnet lllrici mit Recht das große Altarwerk, das jetzt die Johanneskapelle des Domes zu Ebln schmückt, und daher in der Knnstwelt der Namen des „Cölner Dvmbildes" führt, und das Werk des Stephan Lochner ist, der aus der Gegend von Constanz gebürtig, im fünfzehnten Jahrhundert eines der hervorragendsten Glieder der Malerzunft von Cvln war. Reproduktivne» des Bildes finden sich z. B. in Detzcl, „Ikonographie". I. 220; Frantz, „Geschichte der christlichen Malerei,,, II. S. 568; Knackfuß, „Deutsche Kunstgeschichte", l. 460 und Helmken, „Der Dom zu Cöln". S. 105—107. Das Mittelbild dieses Altarwerkes stellt die Jungfrau mit dem Kinde und den heiligen drei Königen dar, der linke Seitenflügel die hl. Ursula mit ihren Jungfrauen, der rechte St. Gereon mit seinen Kriegsgesellen, die Schutzheiligen der Stadt Cvln, allwo auch ihre Reliquien ruhen. Die Eigenthümlichkeit des Mittelbildes charakterisiert sich bei näherer Betrachtung durch die wunderbare Verschmelzung des Kindlichen und Jungfräulichen im Kopfe der Mutter des Herrn; die zarteste, holdeste Jungfräulichkeit erscheint so durchdrungen vom Geiste rein kindlicher Einfachheit, selbstloser Demuth und glaubensseliger, friedlicher Heiterkeit, daß die Madonna sich nur wie das jungfräuliche Abbild des Kindes auf ihrem Schöße darstellt. Auch hier also keine irdisch-menschliche Beziehung, kein Ausdruck mütterlicher Zärtlichkeit und Sorgsamkeit. Cont. lllrici <>p. cit. S. 11. und 22. Ein anderer Kunstkenner bezeichnet dieses Bild als einzig in seiner Art, als die Krone von allen Werken der kölnischen Maleiichiile, in dem jene Zeit das Köstlichste und das Höchste aufbieten wollte, was sie vermochte. Es ist mit großer Liebe vollendet; aber es ist auch entworfen im Geiste und unter der Begünstigung der göttlichen Liebe. In einem Werke tuie dieses, liegt die ganze Kunst beschlossen; etwas Vollkommeneres, von ‘Menschenhände» gemacht, kann man nicht sehen. (F. Schlegel, Gemäldebeschreibnugeu aus Paris und den Rhein landen. Wien, 1846. Bd. 6. S. 155.) Wir beeinträchtigen dieses Lob nicht im mindesten, wenn wir den Gedanken festhaltend, dass das göttliche Kind die Hauptperson, die jungfräuliche Mutter, ihm gegenüber nur Nebenfigur ist, die Richtung, welcher das Cölner-Dvmbild angehört, in welcher nämlich das Madonnenideal mit dem Ideal einer reinen Jungfrau in Eins zusammenfällt, der zuerst behandelten ältesten keineswegs gleichstellen mögen. Wir können cs unmöglich ganz recht finden, wenn der menschgewordene Sohn Gottes ans den Armen seiner Mutter nicht ganz seiner göttlichen Persönlichkeit entsprechend dargestellt wird und sich wie ein gewöhnliches Menschenkind ans-nimmt. In der gewählten, festlichen Bekleidung dürfte für den Zweck, den Ewigen und Allmächtigen darzu stellen, ein unentbehrliches Moment liegen. Unter dieser Rücksicht können wir nicht umhin, alle Darstellungen des Jesukindes als verunglückt zu betrachten, in denen dasselbe großentheils oder gar rücksichtslos vollständig nackt erscheint; „quum domum Dei deceat sanctitudo.“ Coni. Jungmann, Ästhetik. II. S. 81—89. 25. rlnditälcn sind itttf kirchlichen Bildwerken nicht am Dlake. Man unterlasse es, ans die heidnischen Griechen und ihre Kunst hinznweisen. Denn selbst die hellenische Kunst in ihrer besten Periode war keusch; erst mit deren Verfall, als die Plastik in den Dienst spätgriechischer und römischer Lüsternheit getreten war, und z. B. in Inno das Ideal und die Königin vor dem Weibe zurücktrat, wagte es Praxiteles (geb. um 392 v. Christi.) Hetären, nicht Idole, unbekleidet dar zustellen. (Hettinger, Aus Welt und Kirche, 11. S. 134. Die Bewohner von Eos wiesen übrigens die unbekleidete Aphrodite des Praxiteles zurück. fJnngmann, Ästh. 11. 377.) Im Jahre 1458 apostasierte der Carmelite fra Filippo Lippi und schloß einen sacrilegischen Bund; dieser so tief gefallene Mann führte unter dem Schutze der Mcbiei Nuditäten so recht an heiliger Stätte ein. 2<». Erziehliche Momente dürfen mtf Mnttergottesdildern durchaus nicht dargestellt werden. Einige ganz unzulässige bildliche Darstellungen der heiligen Familie, wie sie gegenwärtig im Handel geboten werden, veranlassen uns noch zu folgender Bemerkung. Jnsoferne sich die Mutterliebe iit der Erziehung des Kindes offenbart, ist dieselbe für den kirchlichen Zweck der Erbauung und Belehrung ganz und gar unbrauchbar. Ein Kind erziehen heißt es Gott fürchten lehren, heißt ihm Liebe zur Tugend und Hass gegen die Sünde einpflanzen, heißt es zum Guten aufmuntern und vom Bösen durch Ermahnung und allenfalls durch Strafe abhalten. Der Sohn der allerheiligsten Jungfrau ist Gott, und als solcher liebt er mit unendlicher Liebe das Gute und hasst er ebenso das Bose. Er ist der unendlich Heilige selbst. Er bedurfte also keiner Erziehung. Es wäre darum eine ganz falsche Auffassung, wollte man die seligste Jungfrau oder den hl. Josef abbilden, wie sie das Jesukind beten lehren, oder demselben durch Geberden scheinen das Sprüchlein einprägen zu wollen: „Wo ich bin und was ich thn, sieht mir Gott, mein Vater zu". 27. In gleicher Weise stud uusgefchlolse» sogenannte Mutterseligkeit und alle Darstel- lungen der nöthigen Keideswartuug. Noch auf einen anderen ganz gewöhnlichen Fehler, der durch den modernen Naturalismus iu das Heiligthum eingedrungeu ist, muss aufmerksam gemacht werden. Alle rein menschliche Liebe, insoferne durch dieselbe die Mutter freudig gestimmt und beglückt erscheint, und auch insoferne sie sich ans das Wohlbefinden des Kindes bezieht, also als Sorge für Nahrung und Reinlichkeit u. s. w. sich offenbart, ist ungeeignet für Darstellungen der Mutter Gottes. Aus dieser Rücksicht sind alle jene Abbildungen der allerscligsten Jungfrau, Ivo sie mit dem Kinde spielt und scherzt, oder seinem Spiele mit dem hl. Johannes zuschaut, oder seinen Schlas überwacht, oder dasselbe ans der Wiege aufnimmt und ankleidet, oder demselben die Nahrung reicht, oder das Kind badet, weil die Aeußerungen und Bethätigungen der rein natürlichen Liebe einer Mutter als Hilfsmittel gewählt sind, als verfehlt zu bezeichnen; diese Bilder geben nicht einmal eine entsprechende Vorstellung des Ideals einer menschlichen Mutter, geschweige der Gottesmutter, und wird man in der Kunstgeschichte umsonst nach einem solchen Bilde einer Mutter von achtbarer Stellung suchen. 28. Uicht historische Treue, sondern die ideale Würde, der Mnttergottcs soll im Ge mälde zum Ausdruck gelang cu. Man halte uns nicht entgegen und sage: Es ist doch sicher anzunehmen, dass Maria wie jede andere Mutter für das leibliche Wohlsein ihres Kindes gesorgt hat; es ist doch sicher, dass die Kirche nach Vorgang des Weibes im Evangelium die Brüste selig preist, die der Sohn Gottes gesogen hat: Also weshalb soll man das nicht im Bilde darstellen dürfen? — Der Künstler hat nicht die Aufgabe historisch wirkliche oder mögliche Begebenheiten darzustellen, sondern das Ideal der Mutter Gottes und zwar so, daß der Be- schauer die im Bilde dargestellte Mutter, als wahre, aber als jungfräuliche Mutter des göttlichen Kindes erkennt und durch diesen Anblick erbaut wird. Wenn das auch Wahrheiten sind, so sind sie aber darum noch nicht geeignet, im Bilde dargestellt zu werden. Durch Worte mag man dieselben verherrlichen, z. B. wie in dem Hymnus „0 gloriosa virginum“, wo es heißt: „(jui te creavit, parvulum Lac tente nutris ubere“, oder in dem Hymnus „A solis ortus cardine“, in dem Sedulius so schön singt: „Foeno jacere pertulit : Praesepe non ablioruit : Et lacte modico pastus est, Per quem nec ales esurit“ (Ex Maxima Bibi. Patrum. Tom. VI. p. 471.) Denn hier wird klar und deutlich der übernatürliche Charakter der Mutterschaft Mariens ausgesprochen. Beim Stillen des Kindes lässt die philosophische Wahrheit eine vollkommen geziemende Bekleidung nicht zti, also ist auch diese und jede derartige Bethätigung der Mutterliebe nicht geeignet, vom Bildner dar-gestellt zu werden. £9. Muthrville, Ailfiostglreit »»& Armseligkeit sind von den Darstellungen des Jesu kindes ansxnschliestcn. Berüksichtigen wir aber auch noch den Charakter des Kindes im Schöße Mariens. Der Künstler hat, wie gesagt, eine jungfräuliche Mutter mit einem göttlichen Kinde darzustellen. Der Sohn der Jungfrau Maria war, so lehrt der Glaube, wahrer Gott und wahrer Mensch. Beide Naturen, die menschliche und die göttliche, müssen also auf dem Bilde zu sehen sein, wenn der Künstler seine Aufgabe gut gelöst haben soll. In Betreff der menschlichen hat es keine Schwierigkeit. Um aber den göttlichen Charakter dieses Kindes mtszu-drücken, muss der Bildner alles vermeiden, was es dem Beschauer erschwert oder unmöglich macht, dasselbe als göttliches Kind anzusehen. Wird uns im Bilde ein Kind gezeigt, das mnthwillig mit Händen und Füßen um sich schlägt, oder wie es mit seiner Zehe, mit einer Blume, einer Wage, einem Lamme spielt oder mit dem kleinen Johannes schlickert, ihn am Kinn sasst oder ihm einen Kuss gibt: so kann ein solches Kind unmöglich in uns die Vorstellung wecken, dass hier der Sohn Gottes gemeint sei; spielen und Muthwilleu treiben vertrügt sich nicht mit der Majestät Gottes. Ferner: Ein Kind, das der Ruhe,, der Nahrung, der Reinigung bedürftig uns gezeigt wird, ist nicht geeignet, uns zu der Vorstellung der Allmacht, des Sohnes Gottes zu ver helfen. Ruhen, essen und sich reinigen lassen müssen, sind Bedürfnisse, die den Menschenkindern höchst eigen thümlich sind, die klarer als alles andere ihre Hilflosigkeit und Armseligkeit bekunden, die darum nur Gedanken an ein menschliches Kind wecken. Der Künstler soll aber den Sohn Gottes darstellen, der nichts zu seiner Seligkeit bedarf, der „alles gemacht hat und ohne den nichts gemacht wurde, was gemacht ist" (Joh. 1, 3), „ans den aller Augen warten, und der Speise zur rechten Zeit gibt, der seine Hand öffnet und alles, was da lebt, mit Segen erfüllt.11 (Ps. 144, 15. 16. Liell, op. eit, 366—369). 80. Die sogenattnle» religiöse» Genrebilder. Es ist sehr schwer, die heilige Familie in einer an sich rein menschlichnatürlichen Situation so dar zustellen, dass durch diese Darstellungen die religiöse Belehrung und Erbauung zugleich gefördert erscheint Geschieht aber das Letztere nicht, werden überdies die Genrebilder dieser Art stark vervielfältigt, und in Folge dessen dem christlichen Volke oft vorgeführt, dann kann alles dies den rechten Glauben und die innige Andacht nicht fördern. Die Abhängigkeit vom Leibe und dessen vielfältigen Bedürfnissen gehört nicht zu jenen Dingen, welche den Menschen verehrungswürdig und bedeutend erscheinen lassen. Die oft gehörte Bemerkung, viele von RaffaelsMadonnenbildevn seien eben als religiöse Genrebilder zu betrachten, ist darum keine besondere Empfehlung dieser Kunstwerke, am wenigsten in einer Zeit, in welcher die leider nicht vergeblichen Bemühungen eines David Strauß und Ernst Renan der Verwüstung schon mehr als zuviel angerichtet haben. 31. Die religiöse» Genrebilder in» Dienste der AnfKlärnng. Der Rationalismus, der Pantheismus, der Materialismus, mit einem Worte der Geist der Verneinung und des Antichristenthums, urtheilt vollkommen richtig, wenn er eines der wirksamsten Mittel, die Wärme des übernatürlichen Lebens zu verflüchtigen, die Energie der Glanbensüberzeugnng zu brechen, die religiösen Anschauungen zu verdunkeln und zu fälschen, in der Verweltlichung und Rationalisierung der religiösen Künste sieht. Darin muss man den Grund suchen, wie für manche gleichartige Erscheinungen, so insbesondere für die enthusiastische Bewunderung, welche dieser Geist gerade jenen Richtungen der Künste entgegenzubringen pflegt, die durch die äußere technische Vollendung ihrer Werke das Urtheil bestechen, aber dabei unter dem Scheine, als arbeiteten sie im Dienste der Religion, das Überirdische auf diese Erde herabziehen, das Göttliche vermenschlichen, das ganz Übernatürliche, um mit A. Springer (Raffael und Michelangelo. Leipzig 1878, IS. 58) zu sprechen „aus der dunklen und vielfach dumpfen Welt der kirchlichen Bekenntnisse in das Reich lichter, allgemein und unmittelbar ansprechender Empfindung übertragen — Darum üben die anmuthigen Frauen Raffaels, die holdverschämt zu ihrem Erstling herabblicken, ihn an den Busen drücken, sein Erwachen, seine Spiele belauschen, einen wahrhaft madonnenhaften Eindruck. Man betet nicht zu ihnen, man nthmct aber mit ihnen göttliche Reinheit und himmlischen Frieden." Man will also Madonnen, die nicht zur Erbauung da sind, vor denen man nicht betet, man will Madonnen, die mit dem Christenthnme nichts mehr gemein haben. Ist damit nicht zuviel behauptet? Nein, denn der nämliche Ästheticker sagt an der gedachten Selle ausdrücklich: „Raffael loste die Madonna von dem kirchlichen Boden ab, und hob sie aus dem besonderen Glanbenskreise zu allgemeiner menschlicher Bedeutung empor." Den menschgcivordenen Sohn des lebendigen Gottes perhorresciert der Geist der Verneinung; aber vor einer ansprechenden menschlichen Persönlichkeit ist ihm nicht bange. In der unvergleichlichen Jungfrau, dadurch den Hl. Geist die Mutter des Herrn der Heerschaaren, des Königs der Ewigkeit ist, erkennt er seine unversöhnliche, immer siegreiche Feindin; aber die „menschlich liebenswürdigste Darstellung eines einfach innigen Familienlebens" eine „anmnthige Frau, die holdverschämt zu ihrem Erstling herabblickt, ihn an dem Busen drückt, sein Erwachen, seine Spiele belauscht", eine „Madonna, die nicht für eine besondere religiöse Anschauung geschaffen ist, sondern für alle Zeiten und für alle Völker lebt", also auch für die Bekenner der Lehre des arabischen Propheten und für die Anbeter Brahmas, — mit einem Wort, ein „fleischgewordenes Madonnenideal" hat für ihn nichts Gefährliches, erweist sich vielmehr überaus geeignet, die Hnmanitütsreligion, das „weltliche Evangelium", wie es der Dichter nannte, in wirksamster Weise zu fördern. Das „profanum", das Weltliche und Weichliche soll aber vom Hause Gottes ferngehalten werden. „Procaces imagines, et nimio artis lenocinio ad mundanae potius vanitatis speciem, quam ad pietatis commonitionem effigiatas, in templis poni omnino vetamus, tam lascivam artis ostentationem frugi et severo patrifamilias inter privatas aedes gravem templis prorsus intolerabilem censentes“. Syn. Diocces. Argentincnsis anno 1549. (Dr. G. Jakob, die Kunst im Dienste der Kirche. 4. Aufl. S. 112). 62. Das Festhalten am Traditionellen ist der fortschreitenden ©iitmidtliiitg der gtlittst nicht hinderlich. Als ebenso unwürdig verwerfen die Coneilien die schon frühzeitig anftanchende Unsitte, Bilder Christi, der seligsten Jungfrau und der Heiligen nicht nach ihrem überlieferten Typus, sondern als Portraite weltlicher, sogar übel beleumundeter Personen darznstellen. Gleichwohl sanetioniert die Kirche dadurch, dass sie strenge die Tradition festgehalten wissen will, keineswegs die technischen Unvollkommenheiten, weicht* nicht selten an gut kirchlichen Bildwerken früherer Zeiten sich finden, und wäre es irrthümlich, in befremdender Steifheit einen kirchlichen Charakter erkennen und festhalten zu wollen. Die Coneilien bestimmen vielmehr, dass neben der Tradition auch die Würde der Darstellung zu beachten und alles fern zu halten sei, >vas mehr ärgern, als erbauen könnte. „Cruces ac Sanctorum imagines notabiliter laceratae aut statuae diffractae vel deformatae ac nunquam redintegrandae in locis publicis ad christianae religionis eontemtum non tolerentur.“ (S. R. C. 22. maii 1596.) 83. Die Bekleidung der Stàtue» ist unzuläfstg. Hier möge auch auf das Unschickliche der Bekleidungen von Statuen aufmerksam gemacht sein. Eine Praxis, welche vielleicht Anfangs nur den Zweck hatte, hochverehrte und reichgesasste Statuen, z. B. das Gnadeu-bild von Maria-Zell, vor Staub und Rauch zu schützen, oder den Augen der Gläubigen zeitweise zu verhüllen, ist nachgerade ständig und allgemein geworden. Darum richte man sich nach folgender maßgebenden Bestimmung : „Statuae Sanctorum palliis pro hiemis vel aestatis varietate mutatis non exhibeantur, neque in processionibus sub baldachino circumferantur.“ (S. R. C. 11. aprilis 1840.) 84. Ghne Irircherrvehördliche (ßrlmtlmie darf kein religiöses Kildmerk in der Kirche angebracht werden. Damit durch Bilder und Statuen die christliche Gemeinde nicht in Verwirrung gerathe, statt durch dieselben belehrt und erbaut zu werden, hat die Kirche angeordnet: „Nemini licere ullo in loco vel ecclesia ullam insolitam ponere imaginem, nisi ab episcopo approbata fuerit.“ (Cone. Triti, sess. XXV.) Ebendarum macht es die Kirche den Vorständen von Pfarreien zur Pflicht, darüber zu wachen, daß nicht ohne ihr Wissen von einzelnen Gläubigen selbst da oder dort in den Kirchen Bildwerke angebracht werden. 35. Praktische Verwertung des gewonnenen Resultates. Bisher haben wir uns zunächst damit befasst, den Nachweis zu liefern, dass nach dem Zeugnisse der Geschichte die Verehrung der Heiligen und der heiligen Bilder nicht bloß zulässig, sondern auch sehr nützlich und zweckdienlich zur Belehrung und Erbauung sei. Hiebei musste auf die einschlägigen Bestimmungen der heiligen Kirche und auf das Urtheil führender katholischer Aesthetiker eingegangen werden, um verkehrte Anschauungen zu berichtigen und der Wahrheit zum Siege zu verhelfen. „Inder Kenntnis der kirchlichen Anschauungen und der darauf ruhenden kirchlichen Vorschriften ist der eigentliche Boden für alle kirchliche Kunst gelegt, die Theorie vor jeder subjective» Meinung, die Praxis vor der in der Kirche so unberechtigten Gesetzgebung des Geschmackes und der Mode allein gesichert." (Jacob, Die Kunst im Dienste der Kirche. S. VII.). Zn diesem Zwecke schrieb auch P. Florian Wimmer 0. 8. B. seine „Anleitung zur Erforschung und Beschreibung der kirchlichen Kunstdenkmäler. I» zweiter Auflage mit Illustrationen vermehrt und herausgegeben von Dr. Mathias Hiptmair. Linz, 1892." Da heißt es in der Vorrede auf S. III. „In mehreren Diöeesen werden unter der Aufsicht der Bischöfe die in jenen Diöeesen vorhandenen kirchlichen Kunstdenkmäler, vorzüglich jene, welche aus dem Mittelalter stammen, einer gründlichen Erforschung unterzogen, und die Ergebnisse dieser Erforschungen in den kirchlichen Blättern bekannt gemacht. Dieses geschieht vorzugsweise darum, damit die Gläubigen dieser Diöcesen die von ihren frommen Voreltern gestifteten Kunstdenkmäler kennen, verstehen und schätzen lernen. Auch soll auf diese Weise dem ferneren Zerstören und Vernachlässigen jener ehrwürdigen Denkmäler Einhalt gethan, die Erhaltung und Wiederherstellung derselben veranlasst, sowie auch die Anfertigung neuer kirchlicher Denkmäler im alten guten Geiste bewirkt werden " Zu dem gleichen Zwecke hat Karl Atz, Priester und k. k. Conservator, im Jahre 1884 zu Bozen sein treffliches Handbuch: „Die christliche Kunst in Wort und Bild" veröffentlicht, und hat dasselbe besonders in Tirol viel zur Belebung des echten kirchlichen Geistes auf dein Gebiete der so wichtigen kirchlichen Kunst-thätigkeit beigetragen. Auch Georg Heckners „Praktisches Handbuch der kirchlichen Baukunst", welches 1886 bei Herder erschienen ist, verdient volle Anerkennung. Die schöne und große Lavantcr - Diöcese mit ihrer halben Million Bewohner, welche der heiligen katholischen Kirche mit frommem Sinn ergeben sind, der sich unter anderem auch in der bedeutenden Anzahl von Kirchen und größeren Kapellen manifestiert (ihre Gesammtzahl beträgt 659) verdient nicht bloß eine recht gründliche historische Durchforschung, welche in vierzehn von sämmtlichen vierundzwanzig Decanaten bereits glücklich durchgeführt ist, sondern es soll auch ihr Antlitz durch eine Neubelebung echt kirchlicher Kunstthütigkeit verjüngt und durch überirdische Anmuth verklärt werden. Deshalb wurde bereits im Vorjahre 1893 als erste Pastoral-Con-ferenz-Frage bestimmt: „Welche Pflichten obliegen dem Seelsorger in Bezug auf das Gotteshaus? Welche Gegenstände muss der Altar besitzen, auf dem die heilige Messe gelesen werden darf? Wann ist der Altar exe-criert? Die Elaborante» wollen alle besonders auffälligen Altäre in den Kirchen ihrer betreffenden Decauate näher beschreiben, namentlich hinsichtlich der Lage und der Beschaffenheit des Sepnlchrnms." Diese Frage wurde in vierundzwanzig Pastoral-Conferenzen von zweiundvierzig Elaboranten eingehend behandelt, und das Meritorische dieser Verhandlungen im XLV. Schlussprotokoll vom I. 1893 auf S. 1—9 veröffentlicht. Zugleich wurde angeordnet, dass jeder selbstständige Seelsorger seinen Pfarrbezirk entweder in persona oder durch Zuhilfenahme jüngerer Kräfte genau visitiere und hinsichtlich aller Gotteshäuser ein Inventarium in duplo abfasse. Von diesem Inventarium war ein Exemplar durch das berufene F.-B. Decanalamt mit den Acten der 3 Ì Pastoral-Conferenz pro 18!)4 an das F.-B. Ordinariat einzusenden. Das ist denn auch bis ans sehr wenige Ausnahmen mit recht lobenswertem Eifer dnrchgeführt worden, und kam schon bei der Durchführung so manches in Ordnung; was noch mangelt, wird mit Geduld und gewissenhaftem Ernst sobald als möglich durchgeführt werden. Das zweite Exemplar des Altarinventariums hat das F.-B. Decanalamt selbst zu verwahren, und ist dasselbe bei den oberhirtlichen und bei den alljährlich vom Orts-Dechant vorzunehmenden Decanatsvisi-tativnen in Gebrauch zu nehmen. Übrigens ist bereits mit der „Instructio Styriae et Carinthiae Commissariorum“ vom 8. Marz 1668 in einem nicht unbedeutenden Theile der jetzigen Lavanter-Diöcese eine alljährliche sehr eingehende Revision der einzelnen Gotteshäuser vorgeschrieben worden. Mit der gegenwärtigen ersten Frage sollte die eingeleitete Revision und Reformation weitergeführt werden, und wird dieselbe auch in Zukunft nicht fallen gelassen werden. Das heurige Resumé der Pastoral-Conferenz-Verhandlungen ist zwar schon an sich umfangreich; durch dasselbe konnte jedoch der Gegenstand nicht erschöpfend behandelt werden. Was hier geboten wurde, soll nur zur Anregung dienen, um die einschlägigen citierten Abhandlungen selbst zum Gegenstände eifrigen Studiums zu machen. Liturgische Vorschriften stinstchtlich der Verehrung der Reliquien und der heiligen Kilder. Der zweite Fragetheil: „Welche liturgischen Vorschriften sind hinsichtlich der Verehrung der Reliquien und der heiligen Bilder zu beobachten" findet in folgendem eine kurze Beantwortung. 3(>. Feste der heiligen Reliquien. Zuerst besprechen wir die festa reliquiarum. Kommen bedeutende Reliquien (reliquiae insignes) einem Hauptpatrone zu, so werden die Feste der Reliquien als secundäre (Nebenfeste) des Hauptpatrones mit Ossidimi und Messe sub ritu «lupi. maj. oder min. in der Aufbewahrungskirche von den Clerikern, welche den Hauptpatron zu feiern haben, begangen, und zwar in testo elevationis et translationis Reliquiarum mit, sonst ohne Credo. (Decr. S. C. R. 17. April 1840, n. 4878). Kommen die Reliquien insignes einem ändern canvnisierten Heiligen, einem Nichtpatrone zu, so wird der dies obitus des Heiligen in jener Kirche, worin seine Reliquie» aufbewahrt und öffentlich verehrt werden, von allen Celebrante» als Hanptfest des Heiligen in Offic. et Missa cum Credo sub ritu dupl. min. gefeiert. Dieses Partienlarfest de sancto (Reliquiarum) bleibt auch dann bestehen, wenn i» der Diöcese ein allgemeines Reliquienfest ex Indulto als Festum primarium vorgeschrieben ist. 37. Reliquiae insignes et non insignes. Als bedeutende Reliquie gilt der ganze Körper, sollten auch mehrere Glieder künstlich znsammen-gefügt sein; ferner ein gewarteter, vom Bischöfe geprüfter wichtiger Theil, dem nichts fehlt, und jeder Haupt* theil, als Haupt, Arme, Gebeine re. Jnbetreff der Kreuzpartikel und der Leidenswerkzeuge gilt auch der geringste Theil als insignis. (Decr. 12. April 1828 n. 4600). 38. Echtheit der Reliquien. Die Identität der Reliquien muss wenigstens moralisch gewiss und durch den Reliquien beigefügte Doeumente, resp. Bescheinigung des Pfarrers und zweier Zeugen oder durch die Grabschrift, sichere Tradition oder, wenn sie von Rom geschickt waren, durch apostolische Schreiben oder notarielle Urkunden bewiesen sein „dass die gegenwärtigen Reliquien den fraglichen Heiligen znkommen". Diese Aussagen, Schriften, Doeumente, Siegel, Urkunden hat der Bischof, und zwar, wenn die Reliquie öffentlich ausgesetzt werden soll, der Diöcesan- bischof zu reevgnvseieren und daun zu bescheinigen, „dass die Reliquien identisch, authentisch und echt sind". (Decr. vom 18. Februar 1843, n. 4956, vom 19. December 1863, n. 5329 und vom 27. September 1817 n. 4542). Conf. Hartmann, Repertorium Rituum, 7. Auflage, S. 141—142. ßt). Anfl»e»vahv»mg dev Reliquien. Die kleineren, echten und beglaubigten Reliquien werden in kostbarer Seide von der dem Feste des Heiligen entsprechenden Farbe gehüllt, mit dem Namen des Heiligen versehen, in goldenen, silbernen oder kry-stallenen Capseln sowohl in der Kirche als auch in Privathäusern passend aufbewahrt und können sogar von frommen Gläubigen auf der Brust getragen werden. Für die Capseln eignet sich am besten die Kreuzesform. Reliquiae notabiles werde» schicklich nur in der Kirche ebenfalls in gute Seide gehüllt oder in ähnlichen Capseln, wie die Reliquiae exiguae, aufbewahrt; denn ohne Capsel dürfen die Reliquien weder aus-gesetzt, noch zum Kusse gereicht werden. Der ganze Leib eines Heiligen oder sehr bedeutende Theile desselben werden in Seide von der dem Feste des Heiligen znkommenden Farbe gehüllt, neben einander in einem zierlich gefertigten, durch Scnlptur lind religiösen Schmuck ausgezeichneten Schrein von Marmor, edlem Metalle, oder von Eichen- und Pappelholz gelegt, mit einer Tafel von Erz versehen, worin der Name des Heiligen, die Zeit seiner Reposition, und der Ort, von wo er überbracht worden, eingegraben ist. Der Schrein habe ein doppeltes Schloss mit zwei verschiedenen Schlüsseln, wovon der eine vom Pfarrer, der andere von einem weltlichen Vertrauensmann verwahrt wird. Hierauf wird der Schrein auf einen kostbaren Altar von Marmor oder in eine Capelle oder in eine Gruft gebracht. Im ersteren Falle bringe man an einer offenen Stelle der Kirche in der Nähe eine marmorene Tafel an, welche besagt, dass in diesem Altare mit Erlaubnis des apostolischen Stuhles die Reliquien des Heiligen verwahrt werden. (Bcned. XIV. de Canoniz. lib. 4). Ähnlich verfährt man mit einzelnen Reliquien von Bedeutung, die entweder in einem Mauerschranke neben dem Altare oder in einer Capelle aufbewahrt werden können. Dieser Schrank ivird inwendig mit Pappelholz bekleidet, mit rother Seide ausgeschlagen und je nach Verschiedenheit der Reliquien in mehrere Fächer getheilt. Vor dem Schranke hänge ein weißer, bei Märtyrern ein rother Vorhang. Er werbe erst durch ein vergoldetes, eisernes, verschließbares Gitter, und davor durch eine feste, schön gezierte Doppelthüre verschlossen. Darüber kan» der Spruch angebracht werden. „Custodit Dominus omnia ossa eorum, unum ex bis non conteretur“. (Vgl. Jacob, Die Knust im Dienste der Kirche. S. VIII. ». 218). 40. Kuss dev Reliquien. An den Patrocinici! und den Reliqnienfesten reiche man die Capsel mit den kleineren, echten Reliquien unter folgendem Ritus dem Volke zum Kusse: Der Celebrant in Snperpellicenm und Stola von der Farbe des gefeierten Heiligen mache das Volk zuerst mit dem Gegenstände der Feier mit einigen wenigen Worten bekannt. Dann trete er, die Capsel in der Rechten und ein Tuch zum Abreiben in der Linken haltend, entweder auf die Epistelseite des Altares oder noch besser vor die Communionbank und reiche die Capsel jedem Einzelnen zum ehrerbietigen Kusse hin. Hiebei kann er entweder im Anfänge den Segen mit der Reliquie allgemein geben und sagen: „Per merita et intercessionem Saneti N. benedicat f vos omnipotens Deus. Pax vobiscum“, oder die Benediction aus-lassen und bei jedem Einzelnen sprechen: „Per merita et intercessionem Sancti N. concedat tibi Dominus salutem et pacem“ oder „Per merita N. liberet te Deus ab omni malo (z. B. beim Blasins-Segen a malo gutturis.) Amen“. Ist aber die Reliquie eine Kreuzpartikel, so wird gewöhnlich nichts oder folgendes gesprochen: „Per crucem et passionem suam concedat tibi Dominus salutem et pacem“. Die Gläubigen küssen kniend das vorgehaltene Glas der Capsel. Wird der Priester gebeten, Rosenkränze mit den Reliquien zu berühren, so willfahre er dem Wunsche. 41. Aussetzung der Reliquiae insignes der Heiligen und der Kren;partikel. Bedeutende approbierte Reliquien dürfen in allen Kirchen auf den Altären oder an einem anderen passenden Ort ausgesetzt werden. Auf einem solchen Altare, auf dem insignes reliquiae ausgesetzt werden, müssen außer der vor dem Altare hängenden und fortwährend brennenden Lampe wenigstens zwei Kerzen brennen, und anders sollen Reliquien nicht ausgesetzt werden (Decr. vom 22. Jänner 1701, n. 3575). An Festlagen können Reliquarien zwischen den Leuchtern zu beiden Seiten des Altarkreuzes aufgestellt werden. Niemals darf die Aussetzung der Reliquien zur Zeit der Aussetzung des Allerheiligsten Sacramentes, auch nicht zwischen den Leuchtern, ans dem Aussetzungsaltare stattfinden. (Decr. vom 2. September 1741, n. 4119). Auch dürfen die Reliquien durchaus nicht ans dem Tabernakel des Allerheiligsten, so dass dieser als Basis dient, oder vor der Tabernakelthüre exponiert werden, und ist ein derartiger Usus als Missbrauch bezeichnet worden. (Decr. vom 6. September 1845. n. 5033 ; vom 3. April 1821. n. 4578). 42. Pitus der Aussetzung der Reliquien. Celebrant in Superpelliceum und Stola von der Farbe des Reliquienheiligen trägt bedeckt die Reliquien auf den Altar; ihm geht voraus Thuriferarius mit Rauchfaß und Schiffchen. Hat Celebrant die Reliquien ohne Unterlage auf ihre Stelle gesetzt, so legt er Jncens auf und incensieri stehend die Reliquien in zwei Zügen nach einer Jnclination vor- und nachher. Eine Kreuzpratikel incensieri Celebrant stehend in drei Zügen nach einer Gcnuflexion vorher und nachher. Nun kniet Celebrant nieder und verrichtet die intendierten Gebete. Nach diesen macht er die schuldige Reverenz und kehrt, wenn kein Segen zu geben ist, zur Sacrifici zurück. Soll mit bischöflicher Erlaubnis der Segen mit den Reliquien gegeben Werben, so spricht Celebrant nach der Andacht die Versikel und Oration de Sancto Reliquiarum respective de Cruce, dann steigt er ohne Schnltervelum, bei der Kreuzpartikel und bei jedem Leidenswerkzeuge des Herrn mit Schulterbelum zum Altare, nimmt die Reliquie in beide Hände, wendet sich zum Volke und ertheilt den Segen wie mit dem Allerheiligsten, während dessen weder vom Volke noch vom Chore und Priester etwas gesungen werden darf. (Decr. vom 30. Mai 1835, n. 4743). Hierauf stellt Celebrant die Reliquie, wenn sie noch länger ausgesetzt bleiben soll, wieder aus die vorige Stelle. Ist dieses aber nicht der Fall, so reponiert er dieselbe, resp. trägt sic in voriger Weise zur Sacrifici zurück. Ertheilt der Bischof mit der Kreuzartikel oder mit einer anderen Reliquie eines Heiligen den Segen, so geschieht es ohne Mitra und Pileolus. Decr. vom 22. Septb. 1837. n. 4815. (Hartmann, Reperì. S. 678—680). 43. Ueretzrung der Hilder und der Heilige». Sowie Kreuze und Bilder des Herrn, so dürfen in den Kirchen auch Bilder der Heiligen sowohl an den Wänden angebracht, als auch auf Tischen und Altären ausgestellt, nicht aber im Boden der Kirche eingemeißelt oder musiivisch, durch eingelegte Arbeit, dargestellt werden, und soll auf einem itnb demselben Altar von ein- und demselben Heiligen nur ein Bild aufgestellt, vorher aber unter den vqrgeschriebenen Gebeten und Ceremonien geweiht werden. (8. R. C. 12. Juli 1704, n. 3698. und 27. August 1707. N. 3775). Hinsichtlich der Servi Dei liegt folgende Entscheidung vor: „Imagines virorum ac mulierum, qui cum fama sanctitatis decesserunt, sed nondum Beatificationis aut Canonizationis honores consecuti sunt, nequc altaribus utcumque imponi posse, ncque extra altaria depingi cum aureolis, radiis aliisvc sanctitatis signis ; posse tamen eorum imagines, vel gesta ac facta in parietibus Ecclesiae, sou in vitris coloratis exhiberi, dummodo imagines illae ncque aliquod cultus vel sanctitatis indicium praeseferant, nequc quidquam profani aut ab Ecclesiae consuetudine alieni“. (8. R. C. 14. Ang. 1894). Auf einem Altare, auf welchem das Allerheiligste zur Anbetung ansgesetzt ist, sollen, so wie keine Reliquien, so auch keine Bilder der Heiligen aufgestellt werden, und soll man insbesondere bei Gelegenheit des vicrzigstündigen, auch des ewigen Gebetes, am Altare der Aussetzung das Altarbild oder die Statue verhüllen. Dieses Berbot, Reliquien nie, Heiligenbilder wenigstens zur Zeit des vierzigstündigen Gebetes zu exponieren, gilt strenge nur für die Kirchen Roms, und erfolgte aus dein Grunde, weil Heiligenbilder und noch mehr Reliquien den Geist von der Anbetung des Allerheiligsten abziehen. Ist das Allerheiligste bei anderer Gelegenheit mlsgesetzt, so können die Heiligenbilder unverhüllt ans dem Altare bleiben, wenn die Gewohnheit besteht. (Gardellin. in not. ad decr. 8. R. C. 27. Septb. 1828, n. 4630). Schon das 7. allgemeine (Sondi bestätigt, wie wir bereits gehört haben, in Canon 7 den uralten Gebrauch der Kirche, Lichter und Weihrauch vor heiligen Bildern anzuzünden. Die Bilder des Kreuzes, insbesondere das Altarkreuz, und auch andere Abbildungen des Herrn, wenn diese zur öffentlichen Verehrung ausgesetzt sind, werden stehend mit drei Zügen incensieri. S. R. C. ad dubium propositum : „An sacra imago divini Infantis Nativitatis tempore (Weihnachtszeit), principe loco super altari exposita, sit post Crucem thuri-ficanda triplici ductu, eodem prorsus modo, quo incensator Crux cum imagine Crucifixi?“ rescribendum censuit : Affirmative. Atque ita rescripsit, et ubique locorum servari mandavit. Die 15. Febr. 1873, n. 5533. „Das gleiche gilt vom Bilde des Anferstandcnen, wenn es von Ostern bis Himmelfahrt öffentlich exponirt ist,,. Dr. Thalhofer, Handbuch der kath. Liturgik 1883, I. S. 290. Die Bilder der Heiligen sowohl bei der Incensatimi des Altares in solennen Ämtern, als auch bei feierlichen Anlässen z. B. bei Processione», werden nur mit zwei Zügen und ebenfalls stehend incensiere Rit. celcbr. miss. Tit. IV, n. 4. 5; S. R. C. 28. Juli 1789, n. 4437; 21. Mart. 1744, n. 4153. Schüch, Pastoral. 9. Aufl. S. 430—431. Schluss. Wenn so in der Kirche die wahren Principici! festgehalten und gepflegt werden, und wenn im Dienste der Kirche Geist und Hände des Künstlers Unterweisung und Unterstützung finden, dann lvird unser Gottesdienst Gott zur Ehre, dem gläubigen Volke aber zur Erbauung dienen, und dann lvird die verkannte Kirche wieder richtig erkannt und geschätzt werden als herrliche Braut Christi, und sie lvird auch jenen Einfluss wieder gewinnen, den sie in der heilsamsten Weise auf die gesummte Knnstthätigkeit seit vielen Jahrhunderten ausgeübt hat. II. H^astoiak-Gonferenz Irage. Welche Mittel soll der katholische Priester anwenden, um den Gefahren der Einsamkeit zu begegnen und um während des Berlaufes der Jahre im Seeleneifer nicht abzunehmen, sondern in der Gerechtigkeit zu beharren und ohne Unterlass zu wachsen? Insonderheit ist der Begriff der frommen Betrachtung und sind die weisen Rathschläge, welche diesbeziehentlich die Kirche ihren Dienern, den Priestern, ertheilt, und auch die Vortheile zu erörtern, welche der Seelsorger filisi ch und für sein Seelsorgeamt aus der täglich angestellten frommen Betrachtung ziehen kann. Einleitendes. Im Lavanter Ordinariats-Erlasse vom 11. April 1847, womit in unserer Diöcese die Pastoral-conferenzen eingeführt worden sind, heißt es: „Die Gegenstände dieser freundschaftlichen Berathungen sind theologische Elaborate, von welchen die besten abgekürzt oder ergänzt vorgelesen und der Diöcesangeistlichkeit zur Kenntnis gebracht werden". Dieser Bestimmung entsprechend wird im Folgenden ein solches gelungenes Operat über die zweite Pastvralsrage, theils gekürzt, theils ergänzt mitgetheilt, für den nicht mehr jungen Verfasser zur Anerkennung, und jüngeren Elaborante» zur Aneiferuug. Die Mittel, welche der Priester anwenden soll, um den Gefahren der Einsamkeit zu begegnen lind um während des Verlaufes der Jahre im Seeleneifer nicht abzunehmen, sondern in der Gerechtigkeit mich noch Fortschritte zu machen, sind üherhanpt die gleichen, die zur Erhaltung des geistlichen, mit Gott vereinigten Lebens empfohlen werden. Hieher sind zu rechnen: 1. Das fleißige Studium der theologischen Diseiplinen, welches mit-der Absicht betrieben wird, um dadurch sich selbst zu vervollkommnen, und die Seele des Nächsten zu retten und so Gottes Ehre zu befördern. Das Studium muss jedoch wohlgeordnet sein. Es ist aber nicht wohlgeordnet, wenn man n. zu viel Zeit und Mühe auf das Studium verwendet, oder aber ß dasselbe nicht in der rechten Weise betreibt. Ad a. der Hl. Paulus ermahnt: „Non plus sapere, quam oportet sapere, sed sapere ad sobrietatem“ (Rom. 12, 3). Jedes Wissen ist an und für sich gut und kann der Theologie Dienste leisten; allein man kann doch nicht alles in gleicher Weise bemeistern, und darum gilt das Wort des Weisen: „In supervacuis rebus noli scrutari multipliciter, et in pluribus operibus ejus non eris curiosus“. (Siracli. 3, 24). Man wird also nicht bloß schädliche Lectüre meiden, wie z. B. alles, was sich mit dem Geiste der Kirche in Widerspruch setzt, sondern and) dasjenige liegen lassen, was uns vom Nothwendigen und Nützlid)en ablenken könnte. Was aber der einzelne Priester lesen soll, das richtet sick) weiter nach seinem speciellcn Berufe und und) seinem individuellen Fähigkeiten. Ad ß. Man betreibt das Studium auf die rechte Weise, wenn man fid) an die Anleitung des Hl. Bernardus hält, und in der redsten Ordnung, mit dem rechten Eifer und mit der redsten Absicht studiert. In der rechten Ordnung studiert man, wenn man seine Aufmerksamkeit vor allem ans das richtet, >vas für das ewige Heil nothwendig ist, so dass man beim Studieren Gott, sid) selbst und seine Standespflichten nicht ans dem Auge verliert. Durch das Studium der profanen Wissenschaften, z. B. der Gesthichte, der Philologie rc., die an und für sid) nützlid) sind, darf das Studium der theolvgisd)en Bernfswissenschaft durd)ans uidst verdrängt werden. Mit dem redsten Eifer studiert man, wenn man bestrebt ist, sid) für den priesterlichen Beruf immer tanglid)er zu machen und seinen geistigen Horizont zu erweitern. Man muss aber auch mit der rechten Absidst studieren. Der hl. Bernardus fragt : „Mit welcher Absicht sollen wir studieren ?" und antwortet selbst : „Nidst ans Ehrgeiz, oder ans Neugierde, oder ans einer ähnlichen Abfidst, sondern nur um dich und den Nädstteu zu erbauen. Es gibt nändid) einige, die da wissen wollen, um zu wissen, und das ist die Neugierde; es gibt andere, die da lernen, damit man sie kennen lerne, und das ist Eitelkeit. Es gibt wieder einige, die gerne wissen möchten, um die Wiffenfdjast zu verkaufen, und das ist Eigennutz. Es gibt and) solche, die gerne wissen in ödsten, um ändern zu nützen, und das ist Liebe. Es gibt aber enblid) and) solche, die wissen wollen, um so sid) selbst zu erbauen, und das ist Weisheit." (S. Bernard. In Cant, tierm. 36. n. 2. et 3). 2. Das Gebet. Dieses ist dem Priester so nothwendig, wie dem Fisd) das Wasser und dem Vogel Sdstviugen. Wenn schon den Weltleuten das Gebet nothwendig ist, damit sie sid) in der Gnade Gottes erhalten, oder aber damit sie in den Gnadenstand znrückkehren und so selig werden, dann ist das Gebet dem Priester nod) nothwendiger wegen seiner widstigen und beschwerlichen Standespflichten, und wegen der vielen Gefahren, denen er ausgesetzt ist. Eifer und Liebe zum Gebete sind K'ennzeid)en eines guten Priesters. Ohne Gebet ist der Priester schalgewordenes Salz, oder, wie der Hl. Apostel sid) ansdrückt (Jud. 1, 12), „nubes sine aqua“. Insbesondere ist der Priester unter einer Todsünde vcrpflid)tet das Breviergebet zu verrichten, weil es das Gebet der heiligen katholistchen Kird)e ist und er burd) dasselbe Gottes Segen auf seine Gemeinde herabfleht. 3. Mit dem Gebete steht in engem Zusammenhänge die geistlidje Lesung. Wenn wir beten spred)en wir mit Gott, wenn wir aber lesen, spridst Gott mit uns. Einer sold)en Lesung ist aber niemand bedürftiger als der Priester. Er muss näuilid) andere unterweisen und ermahnen, ihn aber ermahnt niemand. Weil er also von den Lebenden keinen Unterridst erhält, muss er sid) an die Verstorbenen wenden, und bei ihnen sid) Rathes erholen, d. H. er muss die Sd)risten der Lehrer des geistlichen Lebens lesen, besonders nod) diejenigen, die von Pflichten des Priesters handeln; -seine Lieblingslectüre soll das Leben der Heiligen bilden, besonders das Leben heiliger Bischöfe, Priester und Missionäre. Ohne diese veredelnde und erhebende Lectüre wird man leidst trivial im Denken und Thun; man wird von Tag zu Tag weniger geistlich und kommt zuletzt dorthin, dass man sowenig seinen Namen vom geistlidien Leben ableiten kann, als es gestattet ist, den lucus von lucere abzuleiten. 4. Täglich erforsche der Priester sein Gewissen; sv wird er seine Fehler immer besser erkennen, und er wird auch inne werden, welcher Heilmittel er bedürftig sei, um seine Fehler zu verbessern. „Erkenne dich selbst!" Das war schon ein Grundsatz der heidnische» Weisen, und haben mehrere derselben thatsüchlich alle Tage ihr Gewissen erforscht. Um wie viel mehr thut eine derartige Selbstprüfung dem kathv lische» Priester noth. Um die Mittagszeit sollen ivir das examen particulare vornehmen, um uns darüber zu erforschen, wie wir den bestimmten Fehler, den wir eben besonders ins Auge gefasst, bekämpft, und wie wir die bestimmte Tugend geübt haben, ans deren Vollendung ivir eben jetzt unsere Aufmerksamkeit richten. Der Nutzen einer solchen besonderen Gewissenserforschung ist groß. Wir können nämlich bei der großen Schwäche unserer Natur unsere Aufmerksamkeit nicht mit ungetheilter Straft zugleich ans mehrere Gegenstände richte». Deshalb empfiehlt es sich, seine Aufmerksamkeit ans ein bestimmtes Ziel ganz besonders hin zu lenken, um desto sicherer einen bestimmten Erfolg zu erzielen. „Profecto, si omni anno unum vitium exstirparemus, cito viri perfecti efficeremur“. (l)e imitatione Christi. 1. 11.). Eine weitläufige Anweisung zu dieser trefflichen Geistes-übung findet sich in A (pH. Rodriguez „Übung der christlichen Vollkommenheit", in der 7. Abhandlung besonders im 7. Hauptstück: „Wie man die besondere Gewissenserfvrschung vornehmen soll". (Recht empfehlenswert ist die Pnstet'sche Ausgabe in 3 Bänden, nach der von Dr. Magnus Johani ans dem spanischen Originale besorgten Übersetzung). 5. Besonders glücklich zu preisen ist jener in abgeschiedener Einsamkeit lebende Priester, welcher einen guten Nachbar hat, d. H. einen tugendhaften Priester, dem es an der Wissenschaft der Heiligen nicht gebricht. Diesem mag er dann sein Elend klagen, und bei ihm wird er auch für seine Seelenwunden lindernden Balsam finden. Ja, beichten wir oft, beichten wir aber jedesmal nach einer recht gewissenhaften Vorbereitung. Wir verkehren so viel und so vertraulich mit dem dreimal heiligen Gott. Darum sind wir nicht bloß verpflichtet, uns vor Todsünden zu hüten, sondern wir sollen auch die geringeren Fehler mit aller Entschiedenheit auszurotten suchen. Wenn jemand seine Leibeswäsche nur einmal oder viermal im Jahre reinigen ließe, was würden wir dazu sagen? Wäre das eine Sünde? Auf die Beantwortung dieser Frage können wir uns nicht weiter einlassen, aber ein derartig nachlässiger Mensch wäre uns gewiss recht gründlich zuwider. Liegt aber dem lieben Gott etwa weniger an der Reinheit unseres Gewissens als uns an der reinlichen Sauberkeit eines Menschen, der unser Haus betritt? Außerdem müssen wir bedenken, daß uns im Sacramente der Busse die heiligmachende Gnade vermehrt wird, und dass ivir mit einem reinen Herzen leichter die göttlichen Wahrheiten richtig lind gründlich erfassen. Sv ist jede gute Priesterbeichte ein großer Schritt zum Himmel, nicht bloß für den Priester, sondern auch für die Seelen, die seiner Leitung anvertrant sind. Die Bischöfe pftegen bei der Ertheilung der heiligen Weihen den Ordinande» einzuschürfen, dass sie wenigstens alle Monate einmal beichten. Glücklich ist aber jener Priester, der Gelegenheit hat, alle Wochen zu beichten, und von dieser Gelegenheit auch gewissenhaften Gebrauch macht. Auf diese Art kann er sich recht vieler Ablässe theilhaftig machen, und durch den Liebesaet der Aufopferung derselben für die armen Seelen im Fegefeuer kann er ihre Leiden erleichtern, und so sein eigenes Seelenheil sichern. 6. Sehr wichtig ist der öftere Besuch des Herrn im Allerheiligsten Altars-Sacra m e n t e. Die vor dem sakramentalen Geheimnisse verrichteten Gebete haben eine besondere Macht über das Herz des himmlischen Vaters. In Gegenwart des Allerheiligsten spricht man mit besonderer Leichtigkeit und Innigkeit das Aufopfernngsgebet : „Domine, in unione illius divinae intentionis, qua ipse in terris laudes Deo persolvisti, lias tibi I loras persolvo.“ Er weilt da ganz allein und mitunter ganz verlasse», und ruft uns zu : „Venite ad me omnes, qui laboratis et onerati estis, et ego reficiam vos“ (Matth. 11. 28). Er will uns trösten, und wir sind so sehr des Trostes bedürftig. Suchen wir doch Trost und Erquickung dort, wo wir sie wirklich finden, nicht aber in Armseligkeiten, die unser unwürdig sind, und in Gesellschaft von Leuten, die selbst keinen Frieden im Herzen haben, und uns also auch den verlangten Trost und Frieden nicht geben können. Wenn wir wollen, dass uns die Zuhörer bei der Predigt glauben, wenn wir von der Gegenwart Jesu Christi im Allerheiligsten Sacramente sprechen, nun dann müssen wir schon recht häufig vor dem Altare erscheinen. Sehen die Leute, dass wir selbst eine glühende Andacht zum Allerheiligsten Sacramente haben, nun dann werden sie von selbst auch zeitweilig zur Kirche kommen und ein kurzes aber inniges Gebet vor Jesus verrichten. Gewöhnen wir insbesondere die Schulkinder daran, dass sie öfters, ja täglich öfters andächtig die Kirche betreten und ein „Vaterunser" zu Ehren des Allerheiligsten Sacramentes beten. Ja insbesondere die Kinder wollen wir zu Jesus führen, da er nach ihnen besonders verlangt, sie liebt und sie zu segnen wünscht : „Sinite parvulos, et nolite eos prohibere ad me venire; talium est enim regnum coelorum“ (Mattii. 12,14). Alt Orten, wo ganztägiger Schulunterricht ist, und die Kinder ans den entfernteren Weilern über Mittag im Orte bleiben, nichts zu thun haben und ohne rechte Aufsicht sind, thut der Priester ein goldenes Werk, wenn er die anwesenden Kleinen mit sich in das Hans Gottes nimmt, und etwas Weniges laut mit ihnen betet. Ja, Jesus wird die Kleinen segnen; er wird aber beide Hände über dich, v Seelenhirt und engelgleicher Jugendfreund, ausbreiten, der du dem göttlichen Herzen diese Freude bereitest und sein Segen wird ans dir ruhen. Daniit es uns aber nicht an Stoff zum Nachdenken und zur Belehrung mangelt, wollen wir gerne nach Büchern greifen, welche von der Verehrung des Allerheiligsten ganz eigens handeln. Im Verlage der Direction der Priester der Anbetung in Feldkirch in Vorarlberg sind zu haben: „Tesnière, .Handbuch der Priester der Anbetung." I. Band 1 fl. 10 kr. 11. Bd. 1 fl. 80 kr. „Walser, Handbuch der ewigen Anbetung" mit 32 Betstunden. 1 fl. 10 kr. Sehr empfehlenswert ist auch die Zeitschrift „S. 8. Eucharistia.“ Diese Monatsschrift ist gegründet im Auftrag der Generaldirectivn der Priester der Anbetung. Der Pränumerationsbetrag (1 fl.) ist an den hochwürdigen Herrn Krasa in Wien, VII. 3. einzusenden. 7. Dem guten Priester ist es eigen, dass er einen Theil der verfügbaren Zeit darauf verwendet, für die Zierde des Hauses Gottes Sorge zu tragen. „Domine, dilexi decorem domus tuae, et locum habitationis gloriae tuae“. (Ps. 25. 8). Ich kenne einen kunstfertigen Priester, der eigenhändig die Kirchenparamente ausbessert. Einen ändern kannte ich, der, wenn er sich unbeobachtet glaubte, auch in persona die Reinigung der Kirche besorgte. Und wieder ein anderer besorgte gerne selbst das Läuten des englischen Grußes. Die Pfarrsinsassen wußten genau zu unterscheiden, ob der Pfarrer oder der Küster läutete. Der Pfarrer betete nämlich während des Läntens und mit dem Gebete hatte auch die Glocke ausgeklungen. 8. Das Läuten des englischen Grußes führt mich auf die Verehrung der seligsten Jungfrau Maria. Der hl. Alphonsus Signori verbindet mit den Besuchungen des Allerheiligsten Altar - Sacramentes auch die Verehrung der jungfräulichen Mutter Gottes. Hat ja der sterbende Heiland seine Mutter dem heiligen Johannes, unserem Vorbilde, und den hl. Johannes seiner und unserer Mutter empfohlen. Er lehrte uns beten: „Vater unser, der du bist in dem Himmel 1" Sein Vater ist also auch unser Vater, aus Gnade. Durch Gottes Gnade ist aber auch Christi Mutter zugleich die Mutter aller katholischen Christen, und die Königin aller, die Antheil am apostolischen Amte überkommen haben. Der gute Priester betet darum gerne täglich den Rosenkranz, besucht gerne eine Kapelle, einen Altar oder ein Bild der Mutter Gottes. Ich kenne einen Priester, dessen Frömmigkeit gar schlicht und unauffällig ist, der aber von Kindesbeinen an die Gewohnheit hat, wenn er sich Abends ins Bett gelegt hat, mit der Recitativi! der lauretanischen Litanei zu beginnen — ut vigilemus cum Christo et requiescamus in pace. Ich kannte einen jungen, sehr braven Candidateli des Priesterstandes, der nie zu Bette gieng, ohne das Bild der Lvurdes-Mntter-Gvttes an seine Brust zu drücken. Er hat sein kleines sauer erspartes Vermögen zum Bau einer neuen Mutter-Gottes-Kirche gestiftet. Und ich kannte einen Priester, der im Sterben ein Kruzifix in der Hand hielt, zu dessen Füßen die Mater dolorosa angebracht war. Öfters wollte er schon kleinmüthig werden. Bei solchen Beängstigungen aber betete er: Jesus und Maria, ich lasse Euch nicht los, nicht im Leben und nicht im Sterben, und so kann ich nicht verloren gehen. Moriatur anima mea morto justorum ! 9. Sehr wichtig ist für den Priester eine bestimmte Tagesordnung. Sie ist für den Weltpriester das, was die Ordensregel für die Religiösen. Der Hl. Bernardus (Epist. 32. ad fratres s. Anastasii) schreibt an einige besonders eifrige Ordensmänner und ermuntert sie, in ihrem Eifer immer znzunehmen, mit den Worten: „Ich bitte euch Brüder, ich beschwöre euch, machet so fort, stehet fest im Herrn, Geliebteste! Bekümmert euch einzig um die Haltung des Ordens, und der Orden wird euch erhalten." Wie wir die Hausordnung halten, so wird auch die Tagesordnung unser Haus in Ordnung erhalten und uns in der Tugend und Vollkommenheit bewahren. Darum wollen wir nicht so leicht von dem eingeschlagenen, geraden und richtigen Wege der vorgezeichneten Tagesordnung abweichen. Es ist wahr, dass uns die selbstgewählte Tagesordnung nicht unter einer Sünde verbindet. Aber Rodriguez (III. Theil, VI. Abh. 3.) macht hiezu die Bemerkung: „Wer die Regeln darum Übertritt und gering achtet, weil sie nicht unter einer Sünde und unter Höllenstrafe verpflichten, der ist kein guter Sohn und nicht einmal ein guter Knecht. Oder sage mir: Was hältst bit von einem Knecht, der entschlossen wäre, den Willen seines Herrn nie zu erfüllen, außer ivo er ihm mit gezücktem Schwerte und unter Todesstrafe etwas befiehlt? Und was hieltest du von einer Frau, die zum Manne sagte: Ich will kein schlechtes Weib sein; aber das wisse, dass ich durchweg nach meinen Launen handeln werde, wenn es dich auch noch so betrübe» sollte. — Geradeso sind diejenigen, welche die regula vitae übertreten, weil diese nicht unter einer Sünde und nicht unter Androhung der Holle verpflichtet." Sagt ja sogar der heidnische Dichter: „Oderunt peccare boni virtutis amore.“ (Horatius, Epistolarum liber I, epist. 16. v. 52). Ein Priester ohne bestimmte Tagesordnung gleicht einem Flusse ohne ein bestimmtes Flußbett, dessen Wassermassen nie die gleiche Richtung enthalten, sondern sich einmal nach rechts, dann »ach links ergießen, überall aber Schaden anrichten. In diese Tagesordnung sollen die bereits aufgezählten Punkte ausgenommen werden. An ganz einsamen Orten wird der Priester um der Erholung willen mitunter zu Handarbeiten greifen müssen. Ich kannte einen frommen Priester, der ein guter Schreiner war. Ein anderer suchte in der Sommerszeit Arzneipflanzen zusammen und war sodann im Nvthfalle sein eigener Apotheker. Manche Priester haben sich als Politologen um die Pfarrpfründe und Psarrgemeinde erhebliche Verdienste erworben. Wer mnsicalisch ist, wird sich insbesondere durch die emsige Pflege des Kirchengesanges im Dienste der Ehre Gottes bethätigen können. Hat ein Priester eine Wirthschaftspfarre inne, dann wird er seinem Hanse gut vorzustehen und die Felder rationell zu bewirth-schaften haben, ansonst würde sogar sein priesterliches Ansehen darunter leiden. „Si quis autem domui suac pracessc nescit, quomodo Ecclesiae Dei diligentiam habebit. “ (I. Tim. 3, d). 10. Ein guter Seelsorger wird es nicht unterlassen, die Kranken öfter zu besuchen. Wenn die Leute sehen, dass man den Kranken umso lieber befitdst, je ärmer, verlassener und trostbedürftiger er ist, dann schließen sie nvthwendig: „Das ist ein guter Priester". Gerade durch derartige opferfreudige Besuche ist schon so mancher der Kirche ganz entfremdete Mensch wieder für dieselbe gewonnen worden. Zeitweilig wird man auch den einen oder ander» Nachbar besuchen, wenn man die Hoffnung hat, dass man durch ihn im geistlichen Leben gefördert wird, oder aber demselben nützen kann. Beim Besuch von Privathäusern wird aber mit Recht große Vorsicht empfohlen. 11. Die Erfahrung lehrt, dass es den guten Priestern ein wahres Bedürfnis ist, nicht etwa bloß jedes dritte Jahr bei den heiligen Exercitien zu erscheinen, nein, sie erscheinen wo möglich alle Jahre bei den geistlichen Übungen. Wer sich bei de» jährlichen Exercitien immer von neuem mit seinem Priesterberufe und den heiligen Pflichten desselben ernstlich beschäftigt und viel darüber nachdenkt, der fühlt sich auch in der einsamsten Gebirgspfarre nicht vereinsamt und hat nichts von langer Weile zu leiden. 12. Die tägliche Meditation. Ein bereis in Gott ruhender Priester unserer Diöcese, der selbst ein Liebhaber des betrachtenden Gebetes und für viele von uns Lehrmeister in demselben gewesen, sagt von der Meditation: „Meditieren heißt, vor Gottes Angesicht und aufmerksam über eine Hcilswahrheit iit der Absicht Nachdenken, um so heilige Gedanken, Begierden und Gefühle in uns auzuregcn, die unseren Willen zu heilsamen Entschlüssen der immerwährenden Vervollkommnung unseres geistlichen Lebens anregeu." (Prälat Franz Kosar, Nebeška Hrana. II. S. 1). Die Gabe der Betrachtung selbst ist ein Geschenk des heiligen Geistes; sie ist eine Wissenschaft, von der dieser göttliche Geist der erste, oder besser gesagt, der einzige wahre Lehrmeister ist. Zu ihm rufen wir also mit den Aposteln: „Domine, doce nos orare.“ (Luc. 11,1). Er ist es ja, der in uns betet: „Ipsc Spiritus postulat pro nobis gemitibus inenarrabilibus.“ (Rom. 8, 26). Was aber haben ivir unsererseits zu thun, um diese Wirkung des heiligen Geistes zu unterstützen? Darauf hat wohl P. Roothan, General S. J. in seiner ausgezeichneten Abhandlung „De ratione meditandi“ die gediegenste Antwort gegeben. Auch P. Chaignon 8. J. hat in seiner Einleitung zu den „Betrachtungen für Priester" eine ganz zutreffende Anweisung geboten. P. A. Rodriguez 8. J. bemerkt in der V. Abtheilung seiner „Übung der christlichen Vollkommenheit" tut 8. Hanptstück hinsichtlich der Nothwendigkeit der Meditation Folgendes: Die heilige Schrift empfiehlt uns die Meditation eindringlich. „Selig der Mann, der im Gesetze des Herrn betrachtet Tag und Nacht. Er ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbäche, der seine Früchte gibt zu seiner Zeit." (Ps. 1,1. 2). Darum bittet der Prophet den Herrn: „Gib mir Einsicht, und ich will forschen in deinen Gesetzen, und sie halten mit meinem ganzen Herzen. Denn wäre dein Gesetz nicht meine Betrachtung, so wäre ich wohl zu Grunde gegangen in meiner Erniedrigung." (Ps. 118, 34 92). Das größte Lob, das die Heiligen der Meditation geben, ist dies, dass sie uns zu allen Tugenden und zu allen guten Werken verhilft. „Die Betrachtung ist die Schwester der Lesung, die Mutter des Gebetes, die Leiterin des Werkes und die Vollendung von allein Guten", sagt der große Gersvn. Durch den Gegensatz lernt man die Dinge am besten erkennen. Eine Hauptnrsache alles Bosen, das es in der Welt gibt, ist der Mangel an Überlegung, wie der Prophet Jeremias sagt: „Verödet ist das ganze Land, weil Keiner ist, der sich's zu Herzen nähme". (Jcr. 12, 11). Darum ist das ganze Land bezüglich des Geistigen so verödet, und die Welt so voll von Sünden, weil fast Niemand ist, der in sich gienge und in seinem Herzen die Geheimnisse Gottes bedenken und erwägen möchte. Oder, wer würde sich vermessen, noch eine Todsünde zu begehen, wenn er bedächte, dass die Sünde ein so großes Hebet ist, dass Gott Mensch wurde, um der strengen Gerechtigkeit vollkommen genug zu thun für die Sünde? Wer würde es wagen, zu sündigen, wenn er bedächte, dass Gott eine einzige Todsünde mit ewiger Höllenpein bestraft? Wenn man das Wort bedächte und zu Herzen nähme: „Weichet von mir ihr Verfluchten in das ewige Feuer" — jene Ewigkeit, jenes immer und ewig, und dass der Todsünder, so lange der lebendige Gott ein gerechter Gott sein wird, werde in der Hölle brennen müssen! Wer könnte dann im Zustande der Sünde noch einen Augenblick vergnügt sein, wenn er diese ewigen Höllenqualen bedächte! Der heilige Thomas von Aqnin sagt, Eines könne er nicht begreifen, wie cs möglich sei, dass ein Mensch im Zustande der Todsünde noch lachen mtö vergnügt sein könne. (De laude orat.) Und damit hat er ganz Recht; denn ein solcher weiß doch ganz gewiss, dass er, falls er in der Todsünde stürbe, für immer und ewig in die Hölle fahren müsste; zudem ist ihm kein Augenblick seines Lebens als gewiss zugesichert worden. Wahrhaftig! Eine aufmerksame Betrachtung dieser Wahrheiten müsste ein fester Zügel wider das Sündigen sein. Darum bemüht sich der Teufel so sehr, der Betrachtung der göttlichen Wahrheiten Hindernisse zu legen. Das Erste, was die Philister bei der Gefaiigennehmnng des unglücklichen, so tief gesunkenen Samson thaten (lud. 16, 21.), war die Blendung seiner Augen. Dies ist auch das Erste, was der Teufel am Sünder thut. Kann er ihn nicht vollends um den Glauben bringen, so macht er ihn doch die Glaubens-wahrheiten vergessen, und so lebt er dann, als ob er gar nicht glaubte. „Dass sie sehend nicht sehen, und hörend nicht hören und nicht verstehen". (Matth. 13, 13). Sv der gefeierte Rodriguez. Darum ist die Meditation, das innere Gebet, von so großer Bedeutung und schärfen uns dieselbe nicht nur jene canonischen Sanctionen ein, welche die den Clerikern nothwendigen Tugenden zum Gegenstände haben, sondern es haben auch geradezu alle katholischen Bischöfe des ganzen Erdkreises in den Diöcesanstatuten auch die Bestimmung ausgenommen, dass die Priester täglich der Meditation und so oft als möglich auch den geistlichen Übungen zu obzuliegen haben. „Cum in Dioecesi nostra quotannis haberi soleant communia exercitia sacra sacerdotibus recreandis destinata, sacerdotes studiose et pie ad ea confluant, ita ut saltem omni quadriennio vel quinquennio omnes de his communibus exercitiis spiritualibus participaturi sint“. (Acta et Statuta Syn. Dioec. Lavantinae. Pag.. 70. num. VIII.) Besonders ergreifend ist aber die „Belehrung über das betrachtende Gebet", die sich in Lignoris ascetischem Werke: „Der Priester in der Einsamkeit" vorfindet. Mögen einige seiner Gedanken hier wieder gegeben werden. Ist die Betrachtung allen Gläubigen moralisch nothwendig, so ist sie de» Priestern um so noth-wendiger, da diese eines größeren göttlicheil Beistandes bedürfen. Der Grund hievon ist, weil die Priester strenger als alle übrigen Gläubigen verpflichtet sind, nach Vollkommenheit zu streben, sowohl um der Heiligkeit ihres Standes willen, als auch deshalb, weil sie das Heil der Seelen zu fördern berufen sind. Sie bedürfen darum doppelt geistlicher Speise, wie eine Mutter, die mehr leiblicher Nahrung bedarf, um sich und ihre Kinder damit zu erhalten. Aus diesem Grund zog sich unser Heiland an einen einsamen Ort zurück, um zu beten, wiewohl er es nicht bedurfte, da seine gebenedeite Seele beständig die Anschauung des himmlischen Vaters genoss, und weil er, wo und wie er sein mochte, stets Gott betrachtete und für uns betete. Dessenungeachtet verließ Jesus, um uns die Nothwendigkeit des betrachtenden Gebetes zu lehren, nach der Erzählung des heilige» Matthäus (14, 23) die Menge, und begab sich auf einen hohen Berg, um zu bete». Auch erzählt uns der heilige Lucas (6, 11), dass der Herr ganze Nächte im Gebete zubrachte. Hierüber bemerkt der heilige Ambrosius: „Wenn Jesus Christus die Nacht hiedurch für dich gebetet hat, was musst alsdann erst du thun, um dein Heil zu wirken". Und au einer ander» Stelle sagt derselbe Heilige: „Die Priester müssen ohne Unterlass im Gebete verharren". (In I. ad Tim. I, 8). P. Avila sagt, die Verrichtungen der Priester, Gott Opfer und Weihrauch darznbriugen, sollen nicht getrennt werden, wie es im alten Bunde heißt: „Sie opfern Weihrauch dem Herrn und das Brod ihrem Gott". (Lev. 21, ß). Wir wissen aber, daß durch den Weihrauch das Gebet bezeichnet wird: „Lass mein Gehet wie Weihrauch vor dein Angesicht kommen". (Ps. 140, 2). Und deshalb sah der heilige Johannes, wie die Engel goldene Schalen voll Weihrauch hatten, „welches die Gebete der Heiligen sind". O welchen Wohlgernch bereiten die Gebete frommer Priester dem Herrn! Weil der heilige Carolus Borromäns die Nothwendigkeit des betrachtenden Gebetes für die Priester erkannte, so verordnete er im Concil von Mailand, dass man den zu Weihenden insbesondere fragen sollte, ob er betrachte und ans welche Weise. Es genügt für den Priester keineswegs, dass er bloß mit dem Munde bete; nein, man muss auch im Geiste beten, wenn mau Gnade von Gott erlangen will, wie uns dies der Hl. Paulus lehrt: „Betet zu aller Zeit im Geiste". (Ephes. (>, 18). Wer das betrachtende Gebet übt, der luitd schwerlich Todsünden begehen, und sollte es unseliger Weise geschehen, so wird er doch schwerlich lange in diesem traurigen Zustande verharren; denn er wird entweder die Sünde oder die Betrachtung verlassen, >veil Sünde und Betrachtung nicht nebeneinander bestehen können. Im Gebet wird man manchmal in einem Augenblick mehr lernen, als bei zehnjährigen Büchcr-studinm. „Es wird in der Seele", sagt der Hl. Bonaventura, „durch die Begierde nach der Liebesvereinigung unvergleichlich größere Erkenntnis zurückgelassen, als durch Studium erweckt wird." (Theol. myst. C. 3, p. 2). Zu den weltlichen Wissenschaften ivird ein guter Verstand erfordert, zur Wissenschaft der Heiligen genügt der gute Wille. „Wer Gott mehr liebt", sagt der hl. Gregor, „der hat auch eine größere Erkenntnis von ihm." Und der hl. Augustin sagt: „Ihn lieben, heißt ihn erkennen." Deshalb ermahnt uns der Psalmist: „Verkostet und sehet, denn der Herr ist süß". (Po. 33, 9). Wer Gott mehr durch die Liebe verkostet, der sieht ihn auch klarer, und erkennt deutlicher, tuie groß seine Güte ist. Wer den Honig verkostet, der weiß mehr davon als alle Philosophen, welche die Natur desselben erforschen und mit Aufwand großer Gelehrsamkeit in seinen einzelnen Bestandtheilen zil erklären versuchen. Alan rede sich ja nicht damit aus, man habe zur Betrachtung wirklich keine Zeit! Da der Hl. Paulinus an einen gewissen Jovian schreibt, der sich sehr viel damit beschäftigte, die Schriften der Philosophen, zu studieren, ohne auf seinen geistlichen Fortgang bedacht zu sein, und sich damit entschuldigte, dass er hiezu keine Zeit habe, da bemerkt er ihm: „Du hast Zeit dazu, ein Philosoph zu werden, und du hast keine Zeit, nur ein Christ zu sein?" Seneca (De brevitate vitae, c. I.) sagt, dass wir deshalb wenig Zeit haben, weil wir so viel Zeit verlieren; und an einer ändern Stelle sagt derselbe: Deshalb wissen wir nicht das Nothwen-dige, weil wir Überflüssiges lernen. Man erwiedert aber neuerdings: Ich wollte gerne das betrachtende Gebet üben, aber der Beichtstuhl und die Schule und die Kanzel und die Versehgänge, das alles beschäftigt mich so sehr, dass ich keine Zeit habe. Diesem antworte ich : Es ist lobenswert, dass du als Priester ans das Heil der Seelen bedacht bist; indessen kann ich es nicht loben, dass du auf dich selbst vergisst, um andere zu berücksichtigen. Vorerst müssen mir auf uns selbst und darauf bedacht sein, dass wir das Gebet üben; dann erst müssen mir daran denken, Anderen beizustehen. Die heiligen Apostel waren gewiss die ausgezeichnetsten Arbeiter im Weinberge des Herrn, die cs in der Welt je gegeben hat; aber dieselben erkannten, dass sie durch ihre Arbeit am Heil des Nächsten im Gebete verhindert würden; darum setzten sie die Diakone ein, damit dieselben ihnen bei ihren äußerlichen Beschäftigungen behilflich seien, sie selbst aber Zeit hätten, dem Gebete und der Predigt obzuliegen. „Brüder", sagten sie, „wir wollen Männer zu diesem Geschäfte bestellen; wir aber motten eifrig dem Gebete und dem Dienste des Wortes obliegen". (Act. 6, 4). Sie sagen aber ausdrücklich, dass sie vorerst dem Gebete und dann erst der Predigt obliegen wollen, weil die Predigt ohne vorhergehendes Gebet auch nur wenig nützt. Der Prophet verkündigt: „Ihr werdet mit Freuden schöpfen aus den Brunnen des Heilandes". (Is. 12, 3). Diese Quellen des Heilandes sind aber die Beispiele des Lebens und Leidens Jesu Christi, aus deren Betrachtung der Priester ein so helles Wasser der Erleuchtungen und heiligen Aninuthnngen schöpft, dass er auf nichts Anderes bedacht sein wird, als alle dafür zu gewinnen, mit ihm die Güte unseres Gottes zu loben und zu lieben. Schluss. Hält sich ein Priester an die hier entwickelten Grundsätze, dann wird er sich auch in der Einsamkeit nicht vereinsamt fühlen, und wird ihm die Einsamkeit nicht gefährlich werden, und er wird nicht im Guten abnehmen, nein, sondern das Wort des Psalmisten ivird an ihm in Erfüllung gehen: „Beati, qui habitant in domo tua Domine; in saecula saeculorum laudabunt te. Beatus vir, cuius est auxilium abs to; ascensiones in corde suo disposuit, in valle lacrimarum, in loco, quem posuit. Etenim benedictionem dabit legislator ; ibunt de virtute in virtutem ; videbitur Deus deorum in Sion“. (Ps. 83, 5 — 8). B. Auf den einzelnen Gonferenzstntionen gestellte Fragen und Anträge. 1. Naj se izprosi za lavantinsko skotijo officium et missa B. M. V. de Lourdes. — Se bo zgodilo. 2. Slovenski poduk za ministrante se naj zopet natisne, ker je take knjige treba. — Tudi tej želji se bo od strani pisatelja ustreglo. 3. Za dolgo spoved naj dobijo vsi spovedniki pravico »absolvendi a reservatis«. — V obče se tej želji ne more ustreči; v posameznih slučajih se bo pa kn. šk. ordinarijat po resničnih potrebah in dejanskih razmerah ravnal in bode prošnjikom vstregel. 4. V farnih kronikah se naj rabi vsa potrebna previdnost, da se komu poštenje ne vzame. — Gotovo je treba tudi v tej reči velike previdnosti in prizanesljivosti. Zusammenfassende Übersicht. In 24 Pastoralconserenzen erschienen 333 Priester und bctheiligten sich dieselben eifrig an der Discussion über 42 Elaborate zur I. und 42 zur II. Pastoralfrage. Von 84 Elaborante:: haben 3 Ausgezeichnetes, 29 Vorzügliches und 44 ebenfalls Lobenswertes geleistet. Bemerkt wird, dass sowohl in den Elaboraten wie bei der Discussion über dieselben durchaus jener heilige Ernst zu herrschen hat, welchen ein so erhabener Gegenstand erfordert. Etwaigen Abirrungen soll der Herr Dechant gleich entgegen treten. JUpttliUcittiott der Bestimmungen «der die Pastoralconferenzen. Weil sich aus der Durchsicht der Protokolle ergeben hat, dass nicht an allen Conferenzstationcn mit der wünschenswerten Gleichmäßigkeit vorgegangen worden ist, werden hiemit die Bestimmungen über die Pastoralconserenzen zur genauen Darnachachtung republiciert: Anordnung der Vastoralronferenzen. Unsere eigene Erfahrung lehrt uns, dass es für einen Seelsorger nicht genügt, in den Schulen die geforderten Kenntnisse erhalten zu haben, und im Priester-Seminarium zum Empfange der heiligen Weihen vorbereitet worden zu sein. Die geistliche Bildung muss auch in der Seelsorge fortgesetzt werden. Diese unumgänglich nothwendige Fortbildung bei meinem geliebten Diöcesanclerus möglichst allgemein zu machen, habe ich beschlossen, nach dem Vorbilde vieler anderer Diöcesen nebst den geistlichen Exercitien zur Weckung eines echt religiösen clericalen Geistes auch Pastoralconferenzcn zur Belebung und Erhöhung der nathwcndigen wissenschaftlichen Bildung und gleichförmigen Ausübung der Seelsorge auznordncn, und erwarte von meinen Diöce-sanen die wärmste Theilnahme und Mitwirkung. Die Pastvralconferenzen sollen freundschaftliche Mittheilungen und Berathungen über Gegenstände der Seelsorge, über die Erziehung und Schule sein, um in möglichster Übereinstimmung an der wahren Bildung der uns anvertranten Herde Gottes zu wirken. Insbesondere soll durch die Konferenzen die theologische Bildung des jüngeren Clerus durch Mittheilung der am besten gelungenen theologischen Ausarbeitungen befördert, und durch gemeinschaftliche Besprechung über vorzügliche Pastoralgcgcnstände jüngere Priester zur gleichmäßigen Behandlung der Seelsorge angeleitet werden. Die Gegenstände dieser freundschaftlichen Berathungen sind theologische Elaborate, von welchen die besten entweder abgekürzt oder ergänzt vorgelescn und der Diöcesangeistlichkcit zur Kenntnis gebracht werden; eine gegenseitige Mittheilung jener Ergebnisse und Erfahrungen, die man am Krankenbette, in der Schule oder in einem anderen Zweige der Seelsorge erlebt hat; Anfragen über besondere Fälle, Lösung vorkommender Zweifel u. dgl. Die Zeit der abzuhaltenden Pastoralconferenzen wird alljährlich von dem F.-B. Ordinariate mit den theologischen Fragen bekannt gegeben, oder aber auch der freien Disposition des Herrn Dechantes überlassen werden. Die Ordnung, nach welcher diese Pastoralconferenzen abgehalten werden, ist folgende: 1. Etwa um 8 Uhr Morgens versammeln sich die Herren Conserentisten im bestimmten Locale unter dem Vorsitze des Ortsdechantes. . . Zuerst wird die Terz gemeinschaftlich gebetet, und so der hl. Geist um seinen Beistand angefleht: „Nunc Sancte nobis Spiritus“. 2. Die vom Ordinariate gegebenen Aufgaben und Erlässe werden durch den betreffenden Ortsdechant vorgelescn und nöthigenfalls erläutert. 8. Von einem jüngeren Priester (am besten aber vom Verfasser) werden die theologischen Ausarbeitungen vorgelesen. 4. Nach diesem wird die Sext gebetet. 5. Hernach werden freundschaftliche Mittheilungen aus der Seelsorge nach der vom Herrn Orts-dechante bestimmten Ordnung von den Herren Conserentisten entweder schriftlich oder mündlich vorgetragen, und allfällige Ausarbeitungen dem Herrn Dechante zur (eventuellen) Vorlage an das Ordinariat überreicht. Auch neu erschienene theologische Werke sollen bekannt gegeben und besprochen werden. . . Spitzfindigkeiten, leidenschaftliche Ausfälle, sowie alle, der Seelsorge fremden Gegenstände sind von den Pastoralconferenzen ausgeschlossen. ß. Allfällige Anstände bei Ausübung der Seelsorge, obwaltende Zweifel u. dgl. werden von den Theilnehmern vorgebracht und die notwendigen Anfragen gestellt. Wenn diese nicht genügend aufgelöst werden, so hat der Herr Ortsdechant Jemanden von den gegenwärtigen Priestern aufzufordern, über den fraglichen Gegenstand die Quellen nachzuschlagen, und das Resultat der Forschung bei der nächsten Konferenz vorzutragen. Genügt der Erfolg auch jetzt nicht, so ist darüber die Anfrage an das Ordinariat zil stellen. . . Nicht genügend motivierte Anfragen werden nicht berücksichtigt. Darauf wird die Nona mit der mariauischeu Antiphona gebetet. Sollte cs ein Herr Dechant für anferbaulich finden, diese Konferenzen mit einer feierlichen heiligen Messe und dem „Veni S. Spiritus“ anzufangen, so wird solches mit Wohlgefallen vernommen werden. Noch der abgehaltenen Konferenz hat der Herr Dechant ein kurzes summarisches Protokoll zu verfassen, in welchem die Theilnehmcr mit Namen aufgeführt und die besprochenen Gegenstände sammt der Schlussmeinnng angemerkt werden; das Protokoll ist binnen 14 Tagen an das Ordinariat einznsenden. Auch wird sehr gewünscht, dass bei jeder Confercnzstation ein Lesecirkel errichtet würde, um sich theologische Zeitschriften zu halten und tüchtige Fachwerke mitzutheilen. Sollte ein Elaborant übersiedelt fei«, so hat er sein ansgearbeitetes Referat dem Herrn Dechante seiner vorigen Conferenzstation zeitrecht zn übersenden. Diese Referate sind dem Confercnz-Protokolle beiznschließen. Mit der Republication dieses Ordinariatserlasses vom 11. April 1847, Nr. 958/7 und mit der Hinweisung auf die weiteren Bestimmungen in den „Acta et Statuta synodi diocc. Lavantinae“ v. Jahre 1883 „De Collationibus Cleri et Elaborationibus theologicis“, p. 58—59. wird das Conferenz - Protokoll geschlossen. F. G. Lavanter Ordinariat in Marburg, am 31. Dezember 1894. Fürstbischof. Druck der St. Cyrillns-Buchdruckere, in Marburg.