06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 92 RAZPRAVE IN ČLANKI Monika Pemic, Hamburg „DIE NATIONALE IDEE ZOG IN UNSERE BÜRGERLICHEN KREISE EIN" - DAS VEREINSHAUS „NARODNI DOM" ZU LJUBLJANA* In ihrem Bericht über den feierlichen Eröffnungsakt des Vereinshauses „Narodni dom" 1 stellte die Zeitschrift Novice 1896 mit Stolz fest, dass „einen so prachtvollen Ball das weiße Ljubljana noch nie gesehen" hat.2 Zweifelsohne avancierten die Eröffnungsfeierlichkeiten im Ljubljana des ausgehenden 19. Jahrhunderts zum Höhepunkt des gesellschaftlichen Lebens. Das slowenische Bürgertum der krainischen Landeshauptstadt schien nach Ereignissen zu dürsten, durch die es sich konkurrenzlos als wichtigster Akteur inszenieren konnte. Zugleich signalisierte diese bürgerliche Schicht mit derartigen öffentlichen Feierlichkeiten, dass die Ära der lang währenden Geringschätzung seitens der deutschgesinnten Mitbürger ihrem Ende entgegenging. Begnügten sich die Bürger von Ljubljana vor dem Revolutionsjahr noch mit einem Theater, einem Kasino sowie einigen Kaffeehäusern als ihre Treffpunkte, so stiegen ihre gesellschaftlichen Ansprüche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bedeutend. Diese entsprangen einerseits dem allgemeinen Trend einer wirtschaftlichen, sozialen sowie politischen Modernisierung, andererseits stellten sie das Resultat einer nationalen Polarisierung zwischen der slowenischen und der deutschen Population dar. So gründeten die Bürger Vereine, welche sich meist nur durch ihre nationale Konnotation voneinander unterschieden. Die Lese-, Turn- und Theatervereine entstanden nach 1861 als die ersten Vereine mit einer ausdrücklich slowenisch nationalen Ausrichtung. 1 Die Bezeichnung „Narodni dom" bedeutet in wörtlicher Übersetzung „nationale Heimstätte". In den deutschsprachigen Publikationen zum Thema finden sich entweder Übersetzungen wie „slowenisches Nationalhaus", „Volksheim" und „slowenisches Volkshaus" oder der Name „Narodni dom" wird in Originalsprache übernommen. Die vorliegende Benennung stützt sich auf die archivalischen Quellen, die vom „Vereinshaus Narodni dom" sprechen. 2 Novice, 42 (16. 10. 1896), p. 420: »Sicer pa tako sijajnega plesa še ni videla bela Ljubljana.« 92 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 105 RAZPRAVE IN ČLANKI Um sowohl die innere Konsolidierung zu signalisieren, als auch eine würdige Repräsentation nach außen hin zu gewährleisten, zeigte sich schon bald das Bedürfnis nach einem eigenen Gebäude, in dem die Vereine ihren Platz bekommen würden. Da die angestammten Orte bereits durch deutsche Vereine besetzt waren, begannen die Slowenen an den Bau eines eigenen repräsentativen Palastes zu denken. Das 1896 fertiggestellte Bauwerk „Narodni dom" wurde von der Laibacher Zeitung als „eines der prächtigsten Gebäude Laibachs" gepriesen.3 (Abb. 1) Es handelt sich um einen zweigeschossigen, freistehenden Bau mit Mittelrisalit, der von einem kuppelartigen Dach bekrönt ist. Die Hauptfassade mit einer weiträumigen Auffahrt ist das Charakteristikum dieses Baus. Der Entwurf stammt von dem tschechischen Architekten František Škabrout (1858-1899), welcher zwei weitere Vereinshäuser projektiert hat. 1894 entwarf er den Palast für den Verein der Buchdrucker, 1895-96 das Gebäude für die Fleischergilde, beide entstanden in Nové Mesto in Prag.4 Doch bevor die slowenischen Patrioten den anfangs zitierten Triumph feiern konnten, bedurfte es einer langen Vorbereitung. Nach mehreren mißlungenen Versuchen wurde im Jahre 1882 der „Verein für den Bau des Narodni dom in Ljubljana" gegründet.5 Ziel dieses Zusammenschlusses war es, „allen nationalorientierten Vereinen aus Ljubljana, die sich der Kunst [und] der Wissenschaft widme[te]n oder der gesellschaftlichen Unterhaltung dien[t]en, eine feste und schöne Heimstätte zu bauen und auf derartige Weise die nationale Bildung und Unterhaltung zu fördern".6 Dafür initiierte der Verein landesweit sowie über die Landesgrenzen hinaus unter allen gesellschaftlichen Schichten verschiedenste Sammelaktionen nach dem Vorbild derer, die dem Bau des tschechischen Nationaltheaters voran- 3 Laibacher Zeitung, 234 (12. 10. 1896), p. 2011. 4 Pavel Vlcek, Jiri Hilmeea, s.v. Škabrout, František Eduard, Encyklopedie architektü, stavitelû, zednikû a kamenikû v Cechâch, Praha 2004, p. 643 liefern darin die ersten genauen Befunde über das Werk des Architekten. 5 Evgen Lah, Listek. Kratka zgodovina »Narodnega doma«. 1881-1896, Slovenski narod, XXIX/236, 14. 10. 1896, p. 1. 6 Pravila društva »Narodni dom« v Ljubljani, škatla »Narodni dom: vse o gradnji«, Arhiv Narodne galerije, Ljubljana, [s.p.]: »S tem hoče društvo vsem narodnim društvom ljubljanskim, ki se z umetnostjo, znanostjo pečajo, ali k družbinskoj zabavi služijo, stalno in lepo domačijo napraviti in na tak način narodno omiko in zabavo pospešiti.« 93 -e- 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 100 RAZPRAVE IN ČLANKI 1. František Skabrout, Vereinshaus Narodni dom, Ljubljana, 1894-96, Vorderansicht gegangen waren.7 Bereits die großen Sammelaktionen, die innerhalb des gesamten slowenischen Volkes durchgeführt wurden, zeugten von der außerordentlichen Bedeutung, welche die Slowenen diesem Bau beimaßen. Zugleich dienten sie der in mehreren Kronländern verteilt lebenden slowenischen Bevölkerung als ein „Mittel nationaler Integra- 7 Die Sammelaktionen für das Narodni dom sind genauer beschrieben bei: Evgen Lah, Listek. Kratka zgodovina »Narodnega doma«. 1881-1896, Slovenski narod, XXIX/236, 14. 10. 1896, pp. 1-2; XXIX/237, 15. 10. 1896, pp. 1-2; XXIX/240, 19. 10. 1896, pp. 1-2; XXIX/241, 20. 10. 1896, pp. 1-2; XXIX/242, 21. 10. 1896, pp. 1-2 sowie Anton Testenjak, Listek. K zgodovini »Narodnega doma« v Ljubljani, Slovenski narod, XXIX/245, 24. 10. 1896, pp. 1-2. Anton Podbevsek, Narodni domovi v Sloveniji. Narodni dom v Ljubljani. Od l. 1869. do 1896., Kronika slovenskih mest, II, 1935, pp. 111-116. Zu den Sammelaktionen für das tschechische Nationaltheater cf. Michaela Maeek, Kunst und Identitätspolitik: Architektur und Bildkünste im Prozess der tschechischen Nationsbildung, Köln - Weimar - Wien 2004, pp. 91-95. Die Slowenen verfolgten sowohl die Aktionen als auch den Bauverlauf des tschechischen Nationaltheaters. Hiervon zeugten die Teilnahmen der slowenischen Delegationen bei der Feier anlässlich der Grundsteinlegung (Vošnjak) und bei der Fertigstellung (Hribar, Valentinčič, Geb, Nol) des Theaters. Cf. Stanley Buchholz Kimball, Czech Nationalism: A study of the National Theatre movement, 1845-83, Urbana/Illinois 1964 (Illinois Studies in the social science, 54), pp. 149, 161, 163. 94 -Q- 06-pemic 478 -113 09.01.2007 10:28 Page 107 RAZPRAVE IN ČLANKI tion".8 Mitten im slowenischsprachigen Gebiet gelegen, wurde Ljubljana seit 1843 als „die Sprachhauptstadt des gesamten slowenischen Volkes" betrachtet.9 Die Spendenaufrufe wurden zudem bereits 1882 in fünf slawischen Sprachen verfasst,10 womit Ljubljana auch unter den slawischen „Brüdern" für sich warb. Dennoch konnten bis in die 90er Jahre hinein erst 100.000 Gulden zusammengetragen werden, weshalb einige Ausschussmitglieder, allen voran der Bankvertreter Hribar, aus finanzieller Sicht am gesamten Bauvorhaben zu zweifeln begannen.11 Hinzu kam noch die schwierige Auswahl des Bauortes. Der Verein erhielt die Möglichkeit, von der Stadtgemeinde günstig ein Grundstück am Rande der neu erschlossenen Kapuziner-Vorstadt zu erwerben. Einige der Ausschussmitglieder sprachen sich jedoch wegen der peripheren Lage gegen diesen Bauplatz aus, zumal die deutschen Konkurrenzvereine, die ihren Sitz im Kasino und in der „Tonhalle", dem Konzerthaus der Philharmonischen Gesellschaft, auf dem Kongressplatz hatten, in unmittelbarer Nähe zum Landtag viel zentraler situiert waren. Daher wollten auch die vorwiegend aus der bürgerlichen Mittelschicht stammenden Vertreter der Slowenen, die bis dahin keine entscheidende Rolle in der Stadtgestaltung gespielt hatten, ein Zeichen im alten Stadtkern setzen. Trotz aller Bedenken kam es 1892 im Bauverein zum Votum, bei dem sich eine knappe Mehrheit für die Realisierung des Baus mit den beschränkten finanziellen Mitteln an dem von der Stadtgemeinde angebotenen Ort aussprach. Nachdem der Bauverein das Grundstück erworben und das Bauprogramm festgelegt hatte, wurde ein offener Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Dieser wurde Anfang 1893 in den Tageszeitungen von Ljubljana sowie in weiteren Zeitungen und Fachzeitschriften in Zagreb, Wien und Prag bekannt gegeben.12 Diese Städte schienen auch die wichtigsten Vorbilder für die damaligen Bürger Ljubljanas darzustel- 8 Auf diese Funktion der Sammelaktionen verweist in Verbindung mit dem tschechischen Nationaltheater Marek 2004, cit. n. 7, p. 91. 9 Slovenski narod, XXVI/111 (16.5.1893), p. 1. 10 Lah, Slovenski narod, XXIX/237, 1896, cit. n. 7, p. 1. 11 Ivan Hribar, Moji spomini, I, Ljubljana 19832, p. 78. 12 Upravni odbor »Društva za zgradbo ,Narodnega Doma' v Ljubljani«, Bau-program für den Neubau des Vereinshauses »Narodni Dom« in Laibach, škatla »Narodni dom: vse o gradnji«, Arhiv Narodne galerije, Ljubljana, [p. 3]: „Die Ausschreibung des Concurses erfolgt in erster Linie in den Laibacher Tagesblättern und in einigen Zeitschriften in Agram, Wien und Prag." 95 O 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 106 RAZPRAVE IN ČLANKI len. Es waren 17 Entwürfe eingegangen, die durch Kennworte verschlüsselt waren. Aus diesen hatte die Jury in der Sitzung am 7. Mai 1893 sieben in die engere Wahl einbezogen. Zum Sieger wurde das unter dem Motto OJO eingereichte Projekt erklärt.13 Es ist bemerkenswert, dass die meisten Skizzen nicht unter einem Stichwort, sondern unter einem Zeichen abgegeben wurden, was den Rückschluss auf die Abstammung des Architekten verhinderte. Neben zwei parallelen Kreisen fanden sich zwei konzentrische Kreise, ein K, die Farben Rot, Blau, Weiß oder OJO. Nur zwei der in die engere Wahl einbezogenen Entwürfe wurden durch Worte gekennzeichnet: „J. Medici" und „Znanost in moč" (Wissenschaft und Macht). Bei der Öffnung der Begleitbriefe stellte sich heraus, dass drei der Architekten aus Prag stammten. Es handelte sich um Jan Hradek, František Škabrout und einen Architekten, dessen Name ungenannt blieb. Drei weitere Architekten hatten entweder bereits in Ljubljana gearbeitet oder waren durch verwandtschaftliche Beziehungen an die Stadt gebunden (Jan Hruby, Anton Wolf sowie die Architektengemeinschaft Karl Maschek und Rudolf Tönnies). Der siebte Baumeister war in Zagreb tätig (Kuno Waidmann). Die Jury scheint nicht nach einem bereits anerkannten Architekten aus dem lokalen Umfeld gesucht zu haben, wie es im Falle des Landesmuseums (Rezori / Treo) und des Konzerthauses (Wagner / Treo) geschah, sondern entschied sich für einen bis heute wenig bekannten Prager Architekten. In der Rezeption hat man immer wieder nach nationalen Beweggründen gesucht und so auch dieser Entscheidung einen „nationalen Verteilungsschlüssel" unterstellt. Gojko Zupan, der Autor des neuesten Forschungsbeitrags aus dem Jahre 1998 schrieb in diesem Zusammenhang: 13 Protocoll der am 7. Mai 1893 abgehaltenen III. Sitzung des Preis-richter-Collegiums zur Beurtheilung der Concurrenz-Entwürfe für die Erbauung des Vereinshauses »Narodni dom« in Laibach, škatla »Narodni dom: vse o gradnji«, Arhiv Narodne galerije, Ljubljana, [p. 1]. 14 Gojko Zupan, Svetilnik slovenskega duha: Narodna galerija - pot iz Narodnega doma v vzorčni muzej 21. stoletja, Osemdeset let Narodne galerije: 1918-1998 (ed. Ferdo Šerbelj), Ljubljana 1998, pp. 37, 39: »Palačo Narodnega doma je lahko načrtoval samo Slovan; Nemec ali Madžar nista bila pretirano zeželena. Naši rojaki so poklicali na pomoč predvsem starejše, šolane in bolj izkušene rojake, Čehe. Prvo nagrado, [znižano na višino 1000 kron,] je upravičeno dobil František Edmund Škabrout, saj bi tudi brez nacionalnega ključa dobil najvišjo nagrado. Zasnova njegove 96 -e- 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 480 RAZPRAVE IN ČLANKI „Der Gestalter des Palastes von Narodni dom konnte nur ein Slawe sein; ein Deutscher oder ein Ungar war nicht besonders erwünscht. Unsere Landsmänner haben vor allem ältere, geschulte und erfahrene Landsmänner, die Tschechen, zur Hilfe gerufen. [...] Der erste Preis, [...], fiel zu Recht an František Edmund Škabrout, dem auch ohne den nationalen Verteilungsschlüssel der höchste Preis zugestanden hätte. " 14 Um herauszufinden, wem diese Entscheidung oblag, ist es wichtig, sich dem Jurorenkomitee zu widmen. Dieses setzte sich aus sieben Mitgliedern zusammen, vorwiegend Fachleuten, darunter einem Baurat, dem Stadtingenieur, zwei Architekten, dem Fachschuldirektor und dem Landesingenieur.15 Der einzige Interessenvertreter, der ausschließlich die slowenisch nationalen Interessen vertreten konnte, war der Vereinspräsident Dr. Bleiweis Ritter von Trsteniški. In Ljubljana, das damals knapp 35 000 Einwohner zählte,16 ließ sich kaum Fachpersonal finden, welches nur für eine nationale Bevölkerungsgruppe arbeitete. Daher ist es wenig überraschend, dass zwei der anwesenden Preisrichter bei der Planung des Konzerthauses der Philharmonischen Gesellschaft („Tonhalle"), eines ausdrücklich als „deutsch" postulierten Projektes, gleichfalls involviert waren.17 Die Bauleitung des „Narodni dom" übernahm zudem der Architekt Adolf Wagner, der bereits zuvor von der Philharmonischen Gesellschaft mit dem Plan für die „Tonhalle" betraut stavbe je dovolj preprosta, vsebine primerno razporejene v posamezne etaže. Osnovni volumen je mnoge opazovalce razumljivo spomnil na Narodno gledališče v Pragi.« 15 Protocoll, cit. n. 13, [p. 1], nennt die folgenden Mitglieder: k. k. Baurath Johann Svitil als den Vorsitzenden und Dr. Bleiweis Ritter von Trsteniški, den I. Stadtingenieur Johann Duffé, den Architekten Gustav Gerlach, den k. k. Fachschuldirektor Johann Subic, den k. k. Stadt-Gewerbeschul-Professor und Architekten Adolf Wagner sowie den Landesingenieur Jan Vladimir Hrasky (bei der Sitzung abwesend) als Juroren. 16 1890 gab es in Ljubljana 30505 und 1900 36547 Einwohner. Vgl. die Daten bei Lojze Pipp, Razvoj števila prebivalstva Ljubljane in bivše vojvodine Kranjske, Kronika slovenskih mest, II, 1935, p. 69-70. 17 Das waren der Stadtingenieur Johann Duffé und der Landesingenieur Jan Vladimir Hrasky. Cf. Gojko Züpan, Dokumenti slovenskega gledališkega muzeja, XXXVI/74-75, 2000, pp. 47-48, n. 53. Zur Polarisierung der Kultur in Ljubljana: Heidemarie Uhi, Leipzig und Laibach/Ljubljana: Zur Strukturentwicklung urbaner Leitkulturen. Am Beispiel zweier zentraleuropäischer Städte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Urbane Leitkulturen 1890-1914 (ed. Reinhard Kannonier - Helmut Konrad), Wien 1995 (Studien zur Gesellschafts- und Kulturgeschichte, 6), pp. 17-71. 97 -Q- 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 100 RAZPRAVE IN ČLANKI 2. František Škabrout, Vereinshaus Narodni dom, Ljubljana, 1893, Grundrisse: Souterrain, Erdgeschoss und 1. Stockwerk worden war. Ferner wurden die Sitzungsprotokolle in Deutsch verfasst, weshalb der Auswahlkommission eine slowenisch nationale beziehungsweise slawische Gesinnung kaum unterstellt werden kann. Auch die tschechische Abstammung des Architekten gewährleistet nicht per se eine „national" ausgerichtete Architektur. Ška-brout, obwohl Absolvent der tschechischen technischen Hochschule, favorisierte nicht wie sein Zeitgenosse Jan Vejrych (u.a. bei dem Bau des „Narodni dom" in Maribor) den national kodierten Stil der „tschechischen Renaissance". Seine Gebäude entwarf er im universalen historistischen Stil, der in der gesamten Monarchie verbreitet war. Ob die Mehrheit seiner Auftraggeber der bekennenden tschechischen, der national indifferenten oder eher der deutschen Bürgerschaft entstammte, wurde bisher noch nicht untersucht. Es lässt sich jedoch feststellen, dass sie sich nach außen hin durch die Architektur nicht als „tschechisch" präsentieren wollten.18 Die beiden letztgenannten Befunde stellen die ausschließlich nationale Motivation für den Bau des „Narodni dom" in Frage. Auch in der Wettbewerbsausschreibung in Ljubljana ist das Ausbleiben eines national begründeten ästhetischen Programms bemerkenswert. Darin war lediglich angegeben, dass „[d]as Gebäude seinen Zweck [...] würdig I 18 Vlcek - Hilmeea 2004, cit. n. 4, p. 643 listen alle Arbeiten Škabrouts auf. 98 -Q- 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page RAZPRAVE IN ČLANKI und ernst auszudrücken hat und deswegen eine übermäßige wie kleinte-ilige Dekoration vermieden werden" sollte.19 Wie von Senarclens de Grancy am Beispiel von Graz festgestellt, richtete sich die Historismuskritik um 1900 weniger gegen die Bezugnahme auf die Stile vergangener Zeiten per se als vielmehr gegen einen prunkvollen äußeren Auftritt.20 Diesbezüglich scheinen die Bauherren von Ljubljana die ästhetischen Prämissen der benachbarten (nicht slawischen) Landeshauptstädte geteilt zu haben. Genauere Vorstellungen hatte der Bauverein jedoch hinsichtlich des Raumprogramms.21 (Abb. 2) Das multifunktionale Gebäude22 sollte eine Turnhalle einschließlich Nebenräumen für den Turnverein „Sokol", einen großen und einen kleinen Festsaal für den Hauptverein „Narodna Čitalnica" (slowenischer Leseverein), ebenfalls umgeben von Nebenräumen, sowie je zwei Lese- und Spielzimmer und ein Billardzimmer umfassen. Weitere Räumlichkeiten wurden für den literarischen Verein „Matica Slovenska", den „Dramatischen Verein" sowie als Reserve für andere Vereine vorgesehen. Bis zur Eröffnung des Hauses kamen noch der Schulverein „Gesellschaft der Heiligen Kyrill und Method" sowie der Alpen- und Juristenverein hinzu.23 Da- 19 Razpis natečaja, Slovenski narod, XXVI/26, 01. 02. 1893, p. 6: »Glavno vodilo vsakemu projektantu bodi, da je v prvi vrsti gledati na jasno in ugodno razvrstitev določenih prostorov. Poslopje izražaj povsem dostojno in resno svoj namen in preprečiti je radi tega razno pretirano ali malenkostno okraševanje.« 20 Antje Senaeclens De grancy, „Moderner Stil" und „Heimisches Bauen". Architekturreform in Graz um 1900, Wien-Köln-Weimar 2001, p. 12, n. 3. 21 Upravni odbor, cit. n. 12. 22 National motivierte Vereinshäuser - wie das vorliegende Beispiel -, wurden von mehreren Vereinen eines Volkes auf den gemischt bewohnten Gebieten der Habsburgermonarchie errichtet. Eine Vorreiterrolle nehmen in dieser Hinsicht Böhmen und Mähren ein, mit dem tschechischen Haus Besedni dûm in Brno aus dem Jahre 1872 als dem ältesten repräsentativen Beispiel. Bei diesem Bautypus handelt es sich um Gebäude, bei denen der Festsaal mit den flexiblen Nebenräumen eine Konstante darstellt. Cf. Eduard Schmitt - Heinrich Wagner, Gebäude für Gesellschaften und Vereine, Handbuch der Architektur, IV/4/2, Darmstadt 18942, pp. 41-133. Michaela Marek, „Monumentalbauten" und Städtebau als Spiegel des gesellschaftlichen Wandels in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, Böhmen im 19. Jahrhundert: Vom Klassizismus zur Moderne (ed. Ferdinand Seibt), Berlin - Frankfurt am Main 1995, pp. 217-226. 23 Slovenski narod, XXIX/234, 12. 10. 1896, p. 2. 99 -Q- 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 100 RAZPRAVE IN ČLANKI rüber hinaus sollten ein Café, ein Restaurant und Personalwohnungen integriert werden. Daraus lassen sich die „Anliegen und Interessen"24 der beteiligten Akteure sowie deren Hierarchie untereinander ablesen. Literatur und Körperkultur bildeten deutliche Schwerpunkte, der kleine Festsaal als der Kontrapunkt zum großen wurde als Lesesaal dem Hauptverein zugeteilt. Es fällt jedoch auf, dass die repräsentierte Vereinslandschaft im „Narodni dom" weniger Vielfalt aufwies als jene in den zeitgenössischen tschechischen Einrichtungen.25 Insbesondere das Fehlen von Wirtschaftsverbänden stellt deutlich heraus, welches gesellschaftliche Klientel sich hier als „slowenisch" repräsentieren wollte.26 Es war die bürgerliche Mittelschicht, bestehend aus Offizieren, Ärzten, Hausbesitzern, Professoren, Juristen, Lehrern sowie Handels- und Gewerbetreibenden.27 Die bürgerliche Oberschicht war in den slowenischen Einrichtungen fast gar nicht vertreten, was auch die mit dem Bau verbundenen finanziellen Schwierigkeiten erklärt.28 In diesem Sinne könnte einer der Beweggründe für die Auswahl des vorliegenden Projektes von Škabrout vor dem Hintergrund der knappen Finanzlage gesucht werden. Da zur Zeit der Wettbewerbsausschreibung nur 104.000 Gulden vorlagen29, wurden die Baukosten auf 150.000 Gulden begrenzt. František Škabrouts Entwurf stach allerdings mit einer veranschlagten Summe von 126.000 Gulden als äußerst günstiges Konzept besonders hervor.30 Auch in seiner Projektbeschreibung betonte der Architekt mehrfach seine kostengünstige Lösung.31 Diese wird durch einen dekorativ zurückhaltenden Entwurf und die modulhafte Bauweise begünstigt. 24 Marek 1995, cit. n. 22, p. 161. 25 Für diesen Hinweis danke ich Prof. Dr. Michaela Marek. 26 Die Träger der Vereinshäuser in Maribor, Celje und Trieste waren Kreditinstitute. 27 ühe 1995, cit. n. 17, p. 53. 28 Hribar 19832, cit. n. 11, p. 77 schreibt, dass in den 80er Jahren in Ljubljana nicht mehr als 20 vermögende Slowenen lebten. 29 Lah, Slovenski narod, XXIX/240, 1896, cit. n. 7, p. 2. 30 Der zweitgünstigste Kostenvoranschlag lag bereits bei 137.683, der höchste sogar bei 167.000 Gulden. Die Liste mit Kostenvoranschlägen befindet sich im Archiv der Nationalgalerie in Ljubljana unter „Narodni dom - stara hiša - vse o gradnji«. 31 František Škabrout, Narodni dûm v Lublani [Narodni dom in Ljubljana], Technicky obzor, I/23, 1893, pp. 213-216, zu seiner preiswerten Lösung vor allem p. 214, p. 216. 100 -Q- 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 484 RAZPRAVE IN ČLANKI Das Gremium der Preisrichter lobte Skabrouts Projekt „als das geeignetste [...], [weil] die Grundrißanlage in architektonischer Hinsicht und in Beziehung auf die Ansprüche der Preisausschreibung in einfachster und klarster Weise gelöst" wurde.32 Diese „einfachste und klarste" Bauweise erinnert an das modulhafte Bauen, wie es das Wiener Architektenduo Ferdinand Fellner und Hermann Helmer für die bürgerlichen Theater innerhalb der Monarchie und sogar über ihre Grenzen hinaus populär gemacht hatte.33 (Abb. 3-4) Die beiden Architekten haben dadurch, dass sie bei der Planung der Theaterbauten die einzelnen Kompartimente Vestibül - Zuschauerraum - Bühnenturm als selbständig ansahen, eine große Flexibilität der Gestaltung und einen günstigen Preis erzielt. Die innere Raumaufteilung wurde dabei nach außen hin in den separaten Überdachungen wiedergespiegelt und der Vestibülbereich oft mit einem kuppelartigen Dach akzentuiert. (Abb. 5) Auch der Architekt des „Narodni dom" verfährt ähnlich. Die klassische Theaterdisposition wandelt er derart um, dass dem Vestibül ein eigenständiger Treppenaufgang folgt und statt des Bühnenturms ein großer Festsaal erscheint, was von außen in den eigenen Dachformen erkennbar ist. Der Mittelrisalit mit dem Eingangsbereich und dem kleinen Festsaal darüber, wird wie bei vielen zeitgenössischen Theaterbauten mit einem kuppelartigen Dach als besonders repräsentativ aufgewertet. Diese Gestaltung lässt sich jedoch nur schwer mit der des tschechischen Nationaltheaters „Narodni divadlo" vergleichen, welches 32 Protocoll der am 7. Mai 1893 abgehaltenen III. Sitzung des Preisri-chter-Collegiums zur Beurtheilung der Concurrenz-Entwürfe für die Erbauung des Vereinshauses „Narodni dom" in Laibach, škatla „Narodni dom: vse o gradnji", Arhiv Narodne galerije, Ljubljana, [pp. 1-2]: „Nach wiederholter gewissenhafter Prüfung der zur eigentlichen Beurt-heilung zugelassenen Preisarbeiten wird das Projekt mit dem Motto: ,OJO' als das geeignetste befunden, nachdem die Grundrißanlage in architektonischer Hinsicht und in Beziehung auf die Ansprüche der Preisausschreibung in einfachster und klarster Weise gelöst ist. Hieran schließt sich das Project mit dem Motto: ,Roth-blau-weiß' an und zwar aus dem Grunde, weil auch dieses Project in seinem Grundriße den gestellten Anforderungen, wenn auch in anderer Weise als das vorhergehende, geschickt und klar entspricht. An 3. Stelle steht das Project mit dem Motto: ,J. Medici'. Dasselbe hat eine gewandt und sicher entworfene, in decorativer Hinsicht jedoch etwas zu weit gehende Facade, während der Grundriß den beiden ersteren nachsteht." 33 Fellner & Helmer. Die Architekten der Illusion. Theaterbau und Bühnenbild in Europa: Anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Grazer Oper" (ed. Gerhard M. Dienes), Graz 1999. 101 -Q- 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 102 RAZPRAVE IN ČLANKI 3. František Škabrout, Vereinshaus Narodni dom, Ljubljana, 1893, Längsschnitt -Q- 4. Ferdinand Fellner - Hermann Helmer, Deutsches Schauspielhaus, Hamburg, 1899-1900, Längsschnitt 102 O 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 486 RAZPRAVE IN ČLANKI 5. Ferdinand Fellner - Hermann Helmer, Deutsches Schauspielhaus, Hamburg, 1899-1900 von der slowenischen Kunstgeschichtsschreibung als direkter Prototyp genannt wird, um das eigene Haus zu nobilitieren und national zu ko- dieren.34 (Abb. 6-9) Während bei „Narodni dom" in Ljubljana die Dreiteiligkeit der Konzeption nicht geleugnet werden kann, zeichnet sich das Nationaltheater gerade durch seine kompakte Baumasse aus. Dieser ist eine, nach oben mit einem Balkon abgeschlossene, Loggia 34 Cf. Nace Šumi, Arhitektura secesijske dobe v Ljubljani, Ljubljana 1954, p. 30; Emilijan Cevc, Slovenska umetnost, Ljubljana 1966, p. 153; Nace šumi, Pregled razvoja slovenske arhitekture, Pogledi na slovensko umetnost (ed. Nace Šumi), Ljubljana 1975, p. 51; Darinka Kladnik, Ljubljanske metamorfoze, Ljubljana 1991, p. 96; Damjan Prelovšek, Bürgerliche Architektur in Slowenien, Bürgerliche Selbstdarstellung: Städtebau, Architektur, Denkmäler (ed. Hanns Haas - Hannes Stekl), Wien - Köln - Weimar 1995 (Bürgertum in der Habsburgermonarchie, 4), pp. 123-124; Damjan Prelovšek, Stavbarstvo 19. stoletja in iskanje narodne identitete, Umetnost na Slovenskem: od prazgodovine do danes (ed. Irena Trenc-Frelih), Ljubljana 1998, p. 256; Zupan 1998, cit. n. 14, p. 39. Wie bereits von Marek 1995, cit. n. 22, p. 400, n. 312, bemerkt, geht auch die tschechische Architekturschreibung hinsichtlich des Nationaltheaters nicht auf das Problem der von Wien abhängigen historistischen Architektur ein: „ Grundsätzlich wird in der tschechischen Literatur zwar Ziteks Kenntnisreichtum betont, Rückbezüge auf Vorbilder und vor allem der - tatsächlich zwingende - Vergleich mit der Wiener Oper aber entschieden zurückgewiesen oder stillschweigend übergangen." 103 -Q- 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 100 RAZPRAVE IN ČLANKI vorgesetzt. Der zentrale dahinter liegende Baukörper wird mit einem einheitlichen Dach bekrönt und entfaltet seine Wirkung in der Stadtlandschaft erst durch den Blick von Weitem. Für das kuppelartige Dach über dem Mittelrisalit des „Narodni dom" konnte diese mächtige Erscheinung kaum als Modell dienen.35 Weiter reicht der Vergleich nicht, zumal die Fassade des Vereinshauses in Ljubljana mit ihren leeren Nischen jegliche nationale Bedeutungszuschreibung versagt, während das reiche Ausstattungsprogramm des tschechischen Theaters sowohl an der Fassade als auch im Inneren von seiner opulenten nationalen Symbolik lebt.36 (Abb. 10-11) Auch die ehemals festlichen Räumlichkeiten in Ljubljana (heute Nationalgalerie), die mit geringem, dem Repertoire der Neorenaissance entnommenen Dekorationswerk versehen sind, vermitteln keine nationalen Botschaften. (Abb. 12-13) Dennoch wurde der Bau in Ljubljana als Verwirklichung „eines national-politischen Ideals" gefeiert.37 Im Kulturprogramm anlässlich der feierlichen Eröffnung38 wurden deutliche nationale Akzente gesetzt, die das gesamte Spektrum jener Kategorien widerspiegelten, die den identitätsstiftenden Rahmen des damaligen Slowenen-tums absteckten. Dieses Kulturprogramm wurde unter Bezugnahme auf die volkstümliche Kultur sowie die eigene Geschichte formuliert, indem eine nach Motiven der slowenischen Volksmusik komponierte Quadrille und ein Akt aus der slowenischen Oper „Urh, grof celjski" („Urh, Graf von Cilli") zur Aufführung gelangten. Bei ihrer Identitätssuche lehnten sich die Slowenen zudem an die tschechischen Vorbilder an, weshalb die Eröffnung des Programms bewusst mit der Ouvertüre aus Smetanas „Libuša" vollzogen wurde. Das gesamte Programm stand unter dem Signum der Kaisertreue. Wie die Laibacher Zeitung berichtete, wurde „[d]as Kaiserlied in der bekannten Wester- 35 Peelovsek 1995, cit. n. 34, p. 124 schwächt seine Beobachtung hinsichtlich der Übereinstimmung mit dem Prager Muster, indem er hinzufügt, dass das Vereinshaus Narodni dom „nur bedingt tschechischen Vorbildern" folgt und seine „Dekoration mehr oder weniger geschickt der italienischen Renaissance entnommen wurde". In: Peelovsek 1998, cit. n. 34, p. 256 wird die Behauptung von der Vorbildfunktion des Prager Dachs für das in Ljubljana wieder aufgegriffen. 36 Zur Ausstattung: Maeek 2004, cit. n. 7, pp. 217-235. 37 Slovenski narod, XXIX/233, 10.10.1896, p. 1. 38 Laibacher Zeitung, cit, n. 3, p. 2011-2012 sowie Slovenski narod, cit. n. 23, pp. 1-3 liefern detaillierte Berichte über die Eröffnung. 104 -Q- 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 105 RAZPRAVE IN ČLANKI meyer'schen Ouverture [...] vom gesamten Publikum stehend angehört und mit rauschendem Beifall angenommen."39 Mit den aufwendig gestalteten Feierlichkeiten, die sich über zwei Tage erstreckten, versuchten die Patrioten von Ljubljana die herausragende Stellung der Stadt als slowenische Metropole hervorzuheben. Dieser Sachverhalt bedurfte einer besonderen Betonung, zumal Ljubljana gemessen an der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung im Vergleich zu den konkurrierenden Städten Maribor oder Trieste kaum mithalten konnte. Die slowenisch nationalen Gruppen in diesen Städten, die sich gegen weitaus stärkere Oppositionen durchzusetzen hatten, waren bereits mit der Planung bzw. dem Bau eigener national konnotierter und wirtschaftlich weitaus besser gestellter Vereinshäuser befasst. Die Pläne für das „Narodni dom" in Maribor lagen bereits seit 1892 vor, der Bau wurde zwei Jahre nach dem in Ljubljana fertig gestellt. Trieste folgte 1904. Die slowenischen Bürger wollten außerdem das negative Image Ljubljanas korrigieren, indem sie sich bei der Errichtung des Baus betont fortschrittlich gaben und sogar einen eigenen Stromgenerator beschafften. Somit konnten sie sich mit einem Gebäude rühmen, welches als erstes in der Stadt über eine elektrische Beleuchtung verfügte.40 Mit den aufwendigen Aktionen, die den Etat von 150.000 Gulden um die Hälfte überstiegen hatten, trachteten allerdings die „Patrioten" von Ljubljana nicht nur danach, ihre Vorreiterrolle im nationalen Kampf sondern auch ihre „Bürgerlichkeit" herauszustellen. Die liberale slowenische Tageszeitung „Slovenski narod" jubelte: ... freuen wir uns [...] über das prächtige Gebäude, das sich nun vor unseren Augen erhebt! Sollte es nur von Bedeutung für das Leben in der slowenischen Metropole sein, so ist diese Bedeutung immens. Die nationale Idee zog in unsere bürgerlichen Kreise ein."41 39 Laibacher Zeitung, cit, n. 3, p. 2011. 40 Das städtische Kraftwerk nahm die Stromproduktion erst am 1. Januar 1898 auf. Cf. Andrej Studen, Stanovati v Ljubljani, Ljubljana 1995, p. 124. 41 Slovenski narod, cit. n. 37, p. 1: »... veselimo se [...] krasne stavbe, ki se sedaj dviga pred našimi očmi! Naj bi ona tudi imela pomen samo za življenje v glavnem mestu slovenskem, ta pomen je jako velik. Narodna ideja si je pridobila tudi naše meščanske kroge. Ni pa vse jedno, osobito za nežno čuteči ženski del, v kakem okviru ali v kaki posodi se mu kaže in razodeva ideja, bodi sama na sebi še tako lepa in dobra.« 105 -e- 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 106 RAZPRAVE IN ČLANKI 7. Josef Zltek - Josef Schulz, Nationaltheater Narodni divadlo, Prag, 1882/83, Kaifassade 106 -e- 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 107 RAZPRAVE IN ČLANKI 9. Josef Zitek - Josef Schulz, Nationaltheater Narodni divadlo, Prag, 1882/83 107 O 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 100 RAZPRAVE IN ČLANKI 10. František Škabrout, Vereinshaus Narodni dom, Ljubljana, 1894-96, Treppenaufgang Diese Worte spiegelten sich in der Inszenierung der prunkvollen Feierlichkeiten, gekrönt vom „glänzende[n] Festball", wieder. 42 Die sich am Festakt vergnügende Gesellschaft vergaß dabei jedoch allzu schnell, dass sie nicht all diejenigen Slowenen repräsentierte, die sich an den Spenden beteiligt hatten, denn diese stammten aus allen sozialen Schichten und aus dem gesamten slowenischen Sprachgebiet. Eine kritische Stimme aus Kärnten bemerkte, dass „bestimmt auch mehr Kärntner Patrioten" an dieser „bedeutenden Feierlichkeit" teilgenommen hätten, „wäre die Feier nicht so gestaltet gewesen, dass das einfache Volk daran nicht teil nehmen konnte, denn zu lauter 'Fräcken' und Samtröcken haben es die Kärntner beim besten Willen noch nicht bringen können".43 Für die Verbreitung sozial kritischer Stimmen in 42 Laibacher Zeitung, cit, n. 3, p. 2012. 43 Slovenec, 234 (12.10.1896), p. 2 zitiert die Kärntner Zeitung „Mir". 108 -Q- 06-pemic 109 -113 09.01.2007 10:28 Page 107 RAZPRAVE IN ČLANKI e e 11. Josef Zitek - Josef Schulz, Nationaltheater Narodni divadlo, Prag, 1882/83, Foyer 109 O 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 102 RAZPRAVE IN ČLANKI Ljubljana sorgte die Tageszeitung „Slovenec", ein Organ der slowenischkatholischen Partei. Diese aus den Reihen der slowenisch-katholisch Konservativen stammenden Stimmen, die den großen Jubel nicht teilten, deuteten darauf hin, dass sich die ursprüngliche nationale Aufgabe durch die lange Vorlaufzeit vor dem Hintergrund veränderter politischer Rahmenbedingungen weitgehend gewandelt hatte. Seit 1882 behauptete sich eine slowenische Mehrheit in der Stadt- und Landesregierung. Der bis dahin herrschende liberal-deutschgesinnte „Constitutionelle Verein", der eine geschlossene slowenische Opposition herausforderte, büßte zum einen wegen des Generationswechsels sowie der inneren Spaltung und zum anderen wegen der Taaffe-Regierung und ihrer Beschlüsse seine Macht ein.44 Große patriotische Handlungen seitens der Slowenen 44 Zur Situation der Slowenen unter der Regierung Taaffes cf. Slovenska kronika XIX. stoletja: 1884-1899 (ed. Janez Cvirn), III, Ljubljana 2003. Zur Situation der Deutschen in Ljubljana cf. Dragan Matic, Nemci v Ljubljani: 1861-1918, Ljubljana 2002 (Historia: znanstvena zbirka Oddelka za zgodovino Filozofske fakultete v Ljubljani, 6), pp. 233-297 110 O 06-pemic 111 -113 09.01.2007 10:28 Page 107 RAZPRAVE IN ČLANKI waren nicht mehr notwendig. Vielmehr zeichneten sich zunehmend Unstimmigkeiten zwischen den klerikalen und liberalen Slowenen heraus. Diese führten 1890 zur Gründung des „Katholischen politischen Vereins", dem 1891 die Liberalen mit dem „Slowenischen Verein" folgten. Als Konsequenz daraus, traten beide Parteien bei den Landtagswahlen 1895 eigenständig auf, wobei beide Vereinigungen jeweils zur Stärkung ihrer eigenen Position eine Zusammenarbeit mit der deutschen Partei in Erwägung zogen.45 Zu Beginn des Jahres 1896 gingen die liberalen Slowenen tatsächlich mit den Deutschen einen Pakt ein. Obwohl der Vereinspräsident in seiner Ansprache das „Narodni dom" noch als den Ort würdigte, an „dem [sich] das nationale und sociale Leben [...] zu neuer Blüte erheben sollte",46 erschien das Vereinshaus plötzlich als anachronistisch. Nicht nur weitgehend seines sowie Arnold Suppan, Die Untersteiermark, Krain und das Küstenland zwischen Maria Theresia und Franz Joseph (1740-1918), Zwischen Adria und Karawanken (ed. Arnold Suppan), Berlin 1998, pp. 264-348. 45 Matić 2002, cit. n. 44, pp. 306-308. 46 Laibacher Zeitung, cit. n. 3, p. 2011. 111 O 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 100 RAZPRAVE IN ČLANKI nationalen Auftrags entbunden, blieb zugleich auch ein großer Teil des potentiellen Publikums aufgrund der Spaltung des slowenischen Lagers aus. Hausherren und Benutzer rekrutierten sich vorwiegend aus der Gruppe der Liberalen, die ihre neuen Verbündeten nicht zu stark provozieren wollten. Die Eröffnungsfeierlichkeiten wurden in extenso von der Laibacher Zeitung, dem offiziellen Organ des Landes, sowie von „Slovenski narod", der slowenischen liberalen Zeitung, verfolgt, wohingegen das konservative Blatt „Slovenec" das Ereignis mit einem auffallend kurzen Beitrag begleitet von den kritischen Stimmen würdigte47. Es mahnte zur Einheit aller Slowenen. Doch das Zusammengehörigkeitsgefühl schien bereits auf lange Sicht hin gestört. 1907 wurde ein eigenes Volksheim von der Slowenischen christlich-sozialen Union als Gegenpol zum „Narodni dom" errichtet.48 Die bisherige kunsthistorische Forschung geht davon aus, dass der Bau in Ljubljana eine architektonische Manifestation der slowenischen nationalen Bewegung darstellt und die Architektur als national programmatisch gedeutet werden kann. Die Forschungsliteratur sieht darin ein unumstrittenes Beispiel für den Versuch einer Übertragung des aus Prag stammenden Vorbildes in die slowenische Architektur. Das tschechische Nationaltheater (Narodni divadlo) wurde als direkte Inspirationsquelle für das slowenische Unternehmen genannt, auch der aus Prag stammende Architekt soll von den Bauherren des „Narodni dom" bewusst gewählt worden sein. Im Artikel sollte gezeigt werden, dass das nationale Moment weniger gewichtig ist, als bisher angenommen wurde. Die bestehenden Deutungen, die das gesamte Bauvorhaben allein unter der nationalen Optik betrachteten und in dem Gebäude selbst einen Prototyp der programmatisch nationalen (tschechischen) Architektur auf slowenischem Boden erkannten, sind daher von einer zu einseitigen Sicht geprägt und sollen durch die gesellschaftlichen, politischen und sozialen Faktoren ergänzt werden. Bildernachweis: Narodni Muzej Slovenije, Reproduktion Tomaž Lauko (1), Narodna Galerija Ljubljana (10, 13), das Übrige nach alen Aufnahmen. 47 Slovenec, 234 (12.10.1896), p. 2. 48 Kladnik 1991, cit. n. 34, p. 92. 112 -Q- 06-pemic 92 -113 09.01.2007 10:28 Page 113 RAZPRAVE IN ČLANKI UDK 72.035(497.4 Ljubljana) izvirni znanstveni članek - original scientific paper »NARODNA IDEJA SI JE PRIDOBILA TUDI NASE MEŠČANSKE KROGE« - DRUŠTVENA HIŠA NARODNI DOM V LJUBLJANI Narodni dom v Ljubljani so po načrtih praškega arhitekta Františka Škabrouta (1858-1899) zgradili v letih 1894-1896. Dosedanje umetnostnozgodo-vinske razprave so arhitekturo obravnavale zgolj z narodnostnega vidika in jo prikazovale v odvisnosti od češkega Narodnega gledališča (Narodni divadlo) v Pragi. Res sta bili obe stavbi zgrajeni kot sedeža osrednjih kulturnih institucij slovenskega oziroma češkega naroda, vendar arhitektura tega slogovno ne odslikava. Histo-ristični stil je bil enakovredno razširjen po vsej monarhiji. Za razliko od praškega Narodnega gledališča, ki je sekundarno opremljeno z narodno simboliko, ljubljanska stavba nima nikakršnega narodnega okrasja. To zbuja domnevo, da njenim graditeljem ni šlo zgolj za uveljavitev Slovencev v Ljubljani. Iz sočasnih časopisnih komentarjev in otvoritvene slavnosti je namreč moč razbrati, da si je slovensko meščanstvo Ljubljane s stavbo želelo pridobiti ugled med nemškimi someščani in hkrati potrditi svoj primat tudi pred Slovenci drugih dežel, saj je bilo prvo, ki mu je uspelo postaviti tako razkošno stavbo. Iz kritik sočasnega, zlasti konservativnega, tiska in seznama društev, uporabnikov stabe, pa je razvidno, da je bila publika skrčena na pristaše slovenskih liberalcev, kar je Narodnemu domu že od vsega začetka odvzelo osrednjo vlogo v slovenski kulturi. Slikovno gradivo: 1. František Škabrout, Narodni dom, Ljubljana, 1894-96, glavna fasada 2. František Škabrout, Narodni dom, Ljubljana, 1893, tlorisi kleti, pritličja in prvega nadstropja 3. František Škabrout, Narodni dom, Ljubljana, 1893, vzdolžni prerez 4. Ferdinand Fellner - Hermann Helmer, Nemško gledališče Deutsches Schauspielhaus, Hamburg, 1899-1900, vzdolžni prerez 5. Ferdinand Fellner - Hermann Helmer, Nemško gledališče Deutsches Schauspielhaus, Hamburg, 1899-1900 6. Josef Zitek - Josef Schulz, Češko Narodno gledališče Narodni divadlo, Praga, 1882/83, glavna fasada z glavnim vhodom 7. Josef Zitek - Josef Schulz, Češko Narodno gledališče Narodni divadlo, Praga, 1882/83, stranska fasada 8. Josef Zitek, Češko Narodno gledališče Narodni divadlo, Praga, 1866, vzdolžni prerez 9. Josef Zitek - Josef Schulz, Češko Narodno gledališče Narodni divadlo, Praga, 1882/83 _ 10. František Škabrout, Narodni dom, Ljubljana, 1894-96, stopnišče 11. Josef Zitek - Josef Schulz, Češko Narodno gledališče Narodni divadlo, Praga, 1882/83, foaje 12. František Škabrout, Vereinshaus Narodni dom, Ljubljana, 1894-96, manjša slavnostna dvorana 13. František Škabrout, Vereinshaus Narodni dom, Ljubljana, 1894-96, velika slavnostna dvorana 113 -Q-