Nr. 9. September 1990. m. Jahrgang. Bezugsbedingungen. Der „Stern der Neger" erscheint als illustrierte Monatschrist am Anfange jeden Monates und kostet jährlich 3 Kronen (3 Mark) mit Postversendung. Wir richten an unsere Freunde die innige Bitte, aus Liebe zum göttlichen Herzen Jesu und zu den armen Negern Centralafrikas uns unterstützen zu wollen durch Verbreitung dieser Zeitschrift in ihrem Bekanntenkreise und Werbung neuer Abnehmer. Förderer und Vertreter zur Verbreitung des „Stern der Neger" werden an allen Orten unter sehr günstigen Bedingungen gesucht. Der Ertrag des „Stern der Neger" wird zur Heranbildung von Missionären für die armen Neger in Centralafrika verwendet. Neu hinzukommende Abnehiner erhalten die bereits erschienenen Nummern nachgesandt. Adresse für Bestellung des „Stern der Neger": Misstonshaus der Söhne des hlst. Lerzens Jesu in Mühland bei Brixen (Tirol). Missionäre für Geiilrnl-Ufrikn oder Sudan. Bedingutlgeu der Aufnahme. Die Congregation hat neben der Selbstheiligung der Mitglieder die Bekehrung der Neger von Centralafrika oder Sudan zum Zwecke. Sie besteht aus Ordenspriestern und Ordenslaienbrüdern. Zur Aufnahme ist für alle der Beruf zum Ordensstande erforderlich sowie der aufrichtige Wille, sich und feine Kräfte der Bekehrung der Neger zu weihen. Außer Priestern werden aufgenommen Studenten und Laienbruder. Für die Studenten wird die vollendete V. Gymnasialclasse verlangt. In Mühland müssen alle 2 Jahre Noviziat machen, worauf sie, wenn nach dem Urtheile der Obern kein Hindernis entgegensteht, die heiligen lebenslänglichen Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams ablegen. Die Studenten setzen dann ihre Studien für das Priesterthum fort. Beim Eintritt muss jeder eine bescheidene Ausstattung an Kleidung und Leibwäsche mit sich bringen und soviel Geld, als zur Rückkehr in die Heimat erforderlich ist, wenn solche aus einem triftigen Grunde sich als nöthig erweisen sollte. Nach ihrem Eintritte, seien sie Studenten oder Laien, übernimmt das Institut ihre Versorgung mit allem Nöthigen, in Gesundheit und Krankheit, wie für seine Söhne Behufs Aufnahme in die Congregation ist an die unten bezeichnete Adresse einzusenden: 1. Ein selbstgeschriebenes Aufnahmsgesuch mit kurzer Lebensbeschreibung und der Erklärung, Ordensmann und Missionär für die Neger lebenslänglich sein zu wollen. 2. Das Zeugnis des Bischofes der eigenen Diöcese. 3. Das Tauf- und Firmungszeugnis. 4. Pfarramtliches Sittenzengnis. 5. Aerztliches Gesundheitszeugnis. 6. (Set Minderjährigen) die Einwilligung des Vaters oder Vormundes. 7. (Bei Studenten) die Zeugnisse der absolvierten Gymnasialclassen, besonders der letzten. 8. (Bei Laien) im Gesuche angeben, ob sie ein Handwerk verstehen. Adresse: Hochw. L. Obern des Missionshauses der Söhne des hlsi. Herzens Jesu in Mühland bei Äriren (Tirol). Mmtmrte ^etif^nfi fir Iktkiswketitmg m Jtfnkct. Organ des Mjsionshaufes der „Löhne des HP. Herzens Jesu". Erscheint am Anfange jeöes Monats. Wr. 9. Septemöer 1900. III. Jahrgang. Inhalt: Lin Deuscher — Sclave in Afrika. — Krieg des Lhalifen Abdnllahi gegen die englisch-ägyptischen Truppen. — Das Gize-Museum in Kairo. — Erinnerungen an eine Reise iih Rothen Meere (Schluss). — Rundschau in den afrikanischen Missionen. — Das klassische Krokodil. — Die ägyptischen Geier. — verschiedenes. ■— Unsere Bilder. sin Deutscher — Am in Milin. Line wahre Begebenheit ans dem vorigen Jahrhundert. Neu bearbeitet tidit Ä. S3. °"I)ctl“t Ehrenfried Weishaupt wurde im Jahre 1757 zu Licgnitz in Preußische Schlesien geboren. Sein Vater, ein Fischer, war als ein fleißiger und gottesfiirch-tiger Mann bekannt. Der Knabe besaß gute Anlagen, einen leichten Sinn und wuchs stark und kräftig heran. Der Vater, welcher selbst im Schweiße des Angesichtes sich den nothwendigen Lebensunterhalt erwerben musste, hielt auch den Knaben schon frühzeitig zur Arbeit an. An die Hütte des Fischers grenzte ein ausgedehnter Gemüse- und Blumengarten, welcher einem Gärtner gehörte. Erlaubte es die freie Zeit, so half der Knabe dem Gärtner bei seinen Arbeiten, die er in kurzer Zeit und mit großem Geschick zu verrichten wusste, so dass er bald bei der Gärtnerei ebenso gut zu brauchen war als bei dem Fischfänge. Auch lernte er bei dem Gärtner allerlei Körbe aus Weidenruthen, Matten aus Rohr und Stroh flechten, Vogelbauer verfertigen und andere nützliche Arbeiten. In der Schule lernte der Kitabe nur nothdürftig lesen, schreiben und rechnen, denn in der damaligen Zeit wusste man den Unterricht nicht überall zu schätzen. Es gab auf dem Lande Noch wenig Schulen. Die Kenntnis des Lesens und Schreibens galt für einen seltenen Vorzug, und es gab Dörfer, wo nicht einmal der Richter die Buchstaben und Zahlen kannte. Der Vater entbehrte den Knaben, welcher beim Fischfänge schon gut zu gebrauchen war, nur ungern und behielt ihn lieber während der Schulzeit zuhause. Vater und Mutter sorgten aber dafür, dass der Knabe einen guten Religionsunterricht örhielt, und hielten ihn zum fleißigen Kirchen- und Predigtbesuche an. Durch ihren frommen Lebenswandel gaben sie ihrem Sohne selbst ein gutes Beispiel, welches bei dem Knaben die schönsten Ftüchte trug. Die Eltern waren wohl über den religiösen Sinn und die Arbeitsamkeit ihres Sohnes recht erfteut, nur eines erfüllte sie mit Sorge. Der Knabe sprach häufig von weiten Seereisen sind äußerte oft den Wunsch, nur recht weit in der Welt herumzukommen. Des Vaters Wunsch wäre cs gewesen, wenn der Sohn beim Handwerk geblieben wäre. Der Gärtner wieder wollte den Knaben zur Gärtnerei bestimmen. Aber der Knabe wollte sich durchaus dem Rauchfangkehrergeschäfte zuwenden. Von den herumziehenden Schornsteinfegern erfuhr er nämlich, dass dieselben in viele Gegenden kommen und beständig herumwandern. Obwohl ihm der Vater die Beschwerlichkeiten dieses Handwerkes vor Augen stellte, ließ sich der Knabe von seinem Entschlüsse nicht abbringen. Der Vater willigte endlich ein und gab ihn zu einem Meister in die Lehre. Ueber Weishaupt's Lehrjahre konnte man nur das beste Lob hören. Sein anstelliges Wesen, seine Verlässlichkeit im Dienste, sowie der kindlich fromme Sinn des Knaben gefiel dem Meister und nach kurzer Lehrzeit wurde der Junge mit einem guten Zeugnisse freigesprochen. Einige Zeit blieb der Junge noch als Geselle bei seinem Lehrherrn Er sehnte sich aber immer weit in die Welt hinaus. Er wollte fremde Länder sehen und fremde Menschen und Sitten kennen lernen. Eines Tages äußerte er seinen Eltern gegenüber den Wunsch, dass er auf Wanderschaft gehen wolle. Die Eltern suchten ihm seinen Entschluss auszureden; es half nichts, das Wandcrfieber saß zu tief. Und so nahmen sie von einander Abschied; — doch keines von ihnen Hütte wohl gedacht, der Abschied gelte für immer. II. Unser Wanderbursche hatte sich für die anzutretende Reise eine kleine Barschaft auf die Seite gelegt, außerdem war sein Bündel mit Wäsche und Kleidung hinreichend vollgepfropft. So ausgerüstet reiste Weishaupt von Stadt zu Stadt, arbeitete bei einem Meister so lange, bis er sich wieder ein Wandergeld erspart hatte. So durchwanderte er beinahe ganz Deutschland. Lange Zeit hielt er sich im Schwarz-walde ans. Hier zogen ihn besonders die Holzarbeiten an, mit denen sich jung und alt in den freien Stunden beschäftigten. Er erlernte verschiedene derselben und brachte es in kurzer Zeit zu großer Fertigkeit. Die Schwarzwälder erzählten ihm oft von Holland, wohin sie Holz lieferten. Sie sprachen von dem großen Reichthume der Holländer, von dem Fleiße, den diese auf den Gartenbau und Blumenpflege verwendeten. Ehrenfried beschloss daher, nach Holland zu wandern. Er bestieg ein Floß, welches nach Köln am Rhein fuhr. Da er sich als Ruderer antrug, brauchte er kein Fahrgeld zu zahlen. Nachdem er sich in dieser Stadt ordentlich umgesehen hatte, setzte er seine Wanderung fort. Ein Gerber, den er in Köln als einen braven Burschen kennen lernte, gesellte sich zu ihm, und beide erreichten glücklich Holland. Nach allen Richtungen durchstreiften sie das Land, theils zu Fuß, theils auf Fahrzeugen und beschlossen endlich, nach Rotterdam zu gehen, um hier Arbeit zu suchen. Daselbst angekommen, kehrten sie in einem Gasthause ein. In der Wirtsstube näherte sich ihnen mit freundlicher Miene ein Mann, der sie deutsch anredete. Die, beiden Wanderburschen waren stoh, jemanden zu finden, mit dem sie in ihrer Muttersprache reden konnten. Ein Deutscher — Sclave in Afrika. 195 Der Fremde gab sich für einen Landsmann aus, bewirtete sie reichlich und versprach, ihnen Arbeit zu verschaffen. Er forderte sie auch auf, die Merkwürdigkeiten der Stadt zu besehen, und trug sich als Führer an. Nichts Böses ahnend, nahmen die jungen Burschen dieses Anerbieten dankbarst an. Der Fremde zeigte ihnen die Sehenswürdigkeiten der Stadt und rieth ihnen, ein Fahrzeug zu besteigen/ um einige Theile der Stadt und des Hafens zu durchschiffen. Die beiden Reisenden überließen sich sorglos seiner Leitung. Es war schon gegen Abend, als sie mit ihrem Führer ein Fahrzeug bestiegen, in welchem sich noch mehrere Handwerksgesellen befanden, die voll guter Laune waren. In ihrer heiteren Sorglosigkeit hatten sie gar nicht gemerkt, dass sie schon eine ziemliche Strecke vom Lande entfernt waren. Bein: Einbrüche der Dämmerung dachten sie doch an die Rückkehr und baten die Schiffsleute, dass sie landen möchten, um nach Rotterdam zurückkehren zu können. Die Schiffsleute benützten die Dämmerung, um die Handwerksgesellen irrezuführen; sie gaben vor, dass sie ohnehin schon längst das Schiff zur Rückkehr gewendet hätten. Das Schiff fuhr inzwischen in entgegengesetzter Richtung fort und näherte sich der Stadt Briel, auf einer Insel gelegen, in deren Hafen das Fahrzeug im Dunkel der Nacht landete. In der Meinung, wieder in Rotterdam zu sein, begaben sie sich mit ihrem Führer in ein Haus, wo man sie wieder reichlich bewirtete und äußerst freundlich behandelte, doch war ihnen nicht wohl zumuthe, und sie schöpften Verdacht. Weishaupt forderte seinen Führer ans, dass er ihn in den Gasthof zurückbringen möchte, wo er früher eingekehrt war. Anfangs hatte der Bösewicht verschiedene Ausreden; als sich aber mehrere anschickten, fortzugehen, wurde ihnen trocken gesagt, dass sie sich nicht von der Stelle bewegen dürfen und ihre Gefangenen seien. Nun erkannten die armen, sorglosen Handwerksgesellen mit Schrecken, dass sie Menschenhändlern in die Hände gerathen waren. Diese lieferten der ostindischen Compagnie Matrosen und Seesoldaten. Für einen Mann ließen sie sich 150 Gulden bezahlen, welche dem gelieferten Matrosen oder Seesoldaten von seinem Dienstsolde nach und nach abgezogen wurden, bis der Betrag voll war. Wenn die ostindische Compagnie schnell Mannschaft benöthigte, suchten diese elenden Menschenhändler reisende Handwerksburschen zu bekommen und verkauften sie an die Compagnie. Die nun so schrecklich getäuschten Handwerksgesellen lärmten und tobten und suchten mit Gewalt sich zu befreien. Dafür war aber bereits vorgesehen. Eine große Anzahl bewaffneter Spießgesellen der MenschenverkaUfcr umringten die kleine Schar und brachten sie wieder auf das Schiff, mit welchem sie nach der Stadt Middelburg befördert wurden. Die amten Gefangenen baten und jammerten, aber alles war vergebens. Man drohte ihnen mit Fesseln und Schlägen, wenn sie sich nicht gehorsam fügen wollten. Nachdem sie mit Speise und Trank hinlänglich versorgt waren, brachte man sie in einen wohlverwahrten Keller, in welchem sie vierzehn Tage in Angst und Sorgen bleiben mussten. Hier hatte Ehrenfried Zeit, über sich und sein Schicksal nachzudenken. Jetzt sah er ein, dass Leichtgläubigkeit und Unvorsichtigkeit ihn in das große Unglück gebracht hatten. Er erinnerte sich der Worte seiner Mutter, die ihm von der Wanderschaft abgerathen hatte, weil er zu jung und unerfahren war, und er nrachtc sich jetzt bittere Vorwürfe, dass er den wohlmeinenden Rath seiner Mutter, zuhause zu bleiben, nicht befolgt chatte. Jur Gebete suchte er nun Trost und Stärkung, um dem kommenden Ungemach ruhiger entgegensehen zu können. (Fortsetzung folgt.) Krieg des Chslifeii Addnllahi gegen die englisih-m§mä ijggptischkll Truppen. Von P. Otto Huber, F. S. C. bdullahi el Talschi, Nachfolger des Mahdi Mohammed Hammed, sah seine schönsten Jahre von 1885—1896. Während dieser Zeit standen Ton sämmtliche Provinzen, die einst der ägyptischen Regierung angehört hatten, unter seiner absoluten Herrschaft. Jedoch 1896 beim Vorrücken der englischägyptischen Truppen vom Norden her begann sein Stern sich zu verdunkeln, und sein Gebiet verminderte sich zusehends. Nach der entscheidenden Schlacht bei Kereri am 2. September 1898 sah er sich sogar gezwungen, seine Residenzstadt zu verlassen und als Flüchtling in den südwestlichen Provinzen seines verfallenen Reiches umherzuirren. Im Herbste des vergangenen Jahres wagte er sich unkluger Weise ans seinem Verstecke hervor in der Hoffnung, nach Omderman zurückkehren zu können. Jedoch bei Omdebriga am 24. November 1899 stießen auf ihn die Truppen der Regierung, wobei seine Streitkräfte aufgerieben wurden, und er selbst das Leben ließ; so nahm das Derwisch-Reich ein Ende. Der unglückliche Ausgang dieses Krieges von Seiten der Derwische muss großentheils der Sorglosigkeit und Nachlässigkeit des Ehalifen zugeschrieben werden. Dieser kümmerte sich in der That nicht viel um Kriegsvorbereitungen noch um Vertheidigungsmittel. Welche waren so die Rüstungen beim Vorrücken der englischägyptischen Truppen? — Sie waren wirklich elend, ja lächerlich! Als der Chalife vom Heranrücken des feindlichen Heeres vernahm, sandte er Botschafter zu den wilden Völkern, welche die Ufer des Weißen Nil bewohnen, wie die Schilluk, die Dinka und Nuer, und verlangte von ihnen Hilfstruppen. Nur die Schilluk sandten ihm etwa 100 Lanzenbewaffnete und das nicht so sehr aus Zuneigung als nur, um Missfallen zu verhüten, da sie Grenznachbarn der Derwische waren; die weiter entfernten Dinka und Nuer kümmerten sich um die Anforderungen des Ehalifen gar nicht. Abdullahi schickte auch eine Gesandtschaft zum Negus Menelik. Osman Woled Hagi Haled, so hieß der Botschafter des Ehalifen, wurde — in Schon angelangt — vom Negus gütig empfangen. „Mein Herr lässt Dir sagen: ,Jch und Du, sind wir nicht beide Söhne des Sudan und Brüder? — Nun was haben in unseren Ländern die Italiener und Engländer zu thun? schließen wir gegen sie miteinander ein Bündnis/" so entledigte sich der Bote seines Auftrages. Menelik gab nicht sogleich eine Antwort, sondern versprach, seinen Entschluss dem Chalifen durch eigene Boten mittheilen zu wollen. Nach Omderman zurückgekehrt, erzählte Osman Woled Hagi Haled, beim Negus 2000 italienische Kriegsgefangene gesehen zu haben; ferner auch viele Abhssinier, die gegen Menelik gekämpft hatten und in Gefangenschaft gerathen waren, denen allen zur Strafe die rechte Hand abgehauen worden war. Huf dem Hil. Bei dem ltilmesser. Indessen hatten die englisch-ägyptischen Truppen die Grenze überschritten und Masche genommen. Der Chalise grämte sich darüber nicht, im Gegentheil zeigte er sich fröhlich und zufrieden. „Freut euch, o Brüder," sagte er zu der Menge, „denn die Türken*) komnien heran. Sie bringen schöne Schiffe, zahlreiche Pferde, Kameele, Kanonen, Gewehre und Kugeln mit sich. Das alles wird unsere Beute sein. Ich selbst werde nach ihrer Vernichtung Kairo und Mekka einnehmen und überdies Konstantinopel erobern; schließlich werde ich auch von Indien Besitz nehmen und von dort aus die ganze Erde beherrschen." — Und als wäre er schon Herr der Welt, ließ er sich in den Versammlungen mit dem stolzen Titel Sultan al Raun, d. h. Herrscher der Welt, nennen. *) Die englisch-ägyptischen Truppen wurden von den Derwischen Türken oder Ungläubige genannt. Es folgten hierauf die Treffen von Firkeh und Savarda, wo die Derwische in die Flucht geschlagen wurden. Auch diese Nachricht vermochte nicht, den Chalisen mtS der Fassung zu bringen. „Wisset, v Brüder," sagte er seinen Leuten, „dass die Unseligen dort drunten bereits den Geist der wahrhaftigen Gläubigen verloren hatten und ausgeartet waren. Deswegen hat über sie der Herr zur Strafe die Türken geschickt, damit sie von denselben ermordet werden. Jedoch wenn nur einmal die Türken hier oben angekommen sind, werden sich die Sachen schon ändern. Hier werden sie es mit den echten Gläubigen zu thun haben und werden, wenn sie nicht fliehen, aufgerieben." Am 24. September 1896 fiel Don gola in die Hände des englisch-ägyptischen Heeres. Auch der Fall von Dongola wurmte den Chalifen keineswegs. Er selbst hatte ja dem obersten Befehlshaber von Dongola, Emir Bischara, den Befehl gegeben, nicht zu kämpfen, sondern sich zurückzuziehen. Diesem Befehle gemäß ergriffen die Besatznngstruppen der Stadt beim Rahen der Feinde die Flucht durch die Wüste gegen Omderman. Viele ließen auf dem Wege das Leben; die übrigen langten hier an, erschöpft und halb todt vor Hunger und ausgestandenen Strapazen. Zur Zeit der Einnahme von Dongola war ganz Omderman auf den Füßen wegen der abyssinischen Gesandten, die eben zu jener Zeit auf der Straße des Gabat hier angelangt waren. Eine zahlreiche Menge sammelte sich am Flusse an, um die Boten zu sehen und zu begrüßen. Der Chalife empfieng dieselben mit großer Freude. Das Haupt der Gesandtschaft, ras Kantiba Kopru, überreichte dem Chalifen die ihm von Menelik überschickten Geschenke, nämlich Gold, Kaffee, Honig, Maulesel u. s. w. Abdullahi ließ hocherfreut sein ganzes Heer vor ihnen defilieren und verabreichte ihnen bei ihrer Abreise Briefe an Menelik, in welchen er unter anderem auch Truppen verlangte. Menelik schickte dem Chalifen zur Antwort eine französische Fahne und ließ ihm sagen: „Da ich eben mit den Italienern in Krieg verwickelt bin, habe ich keine Soldaten übrig; nimm indessen diese Fahne und Pflanze sie in Deinem Lager auf, so werden Dich die Engländer in Zukunft nicht wieder bekriegen." Den Chalifen befriedigte solches Geschenk durchaus nicht. „Ich habe Soldaten verlangt, nicht eine Fahne der Christen, mit welcher ich nicht weiß, was anzufangen," meinte er verdrossen. Der Chalife berechnete, dass die Engländer zu Dongola Halt machen würden, und dass er bei günstiger Gelegenheit mittels eines Einfalles von Westen her den Feind überraschen und vertreiben könnte. Er täuschte sich. Wider alles Erwarten nahm das feindliche Heer am 31. August 1897 Berber ein. Das war für den Chalifen ein harter Schlag. Ungefähr sechs Tage redete er vor lauter Wuth gar nicht; dann aber versammelte er seine Leute und band ihnen über das unglückliche Ereignis folgenden Bären auf: „Wisset, Brüder, dass die Türken nach Berber gekommen sind; in ihrer Begleitung befinden sich zwei Teufel, von denen der eine ihnen vorangeht und ihnen den Weg zeigt; der andere folgt ihnen und treibt sie immer voran. Jedoch lasset nur die Ungläubigen nach Kereri kommen, dann müssen sich die Teufel zurückziehen, und die Hunde werden alle in unsere Hände fallen." Um dem Feinde, der bereits bis zum Atbara vorgedrungen war, einigen Widerstand zu leisten, ließ der Chalife seinen Verwandten Emir Mehmud kommen. Mehmud war ein wackerer Jüngling, hatte seine Residenz zu El-Oboid in Kordofan und machte von da aus bald hier- bald dorthin Streifzüge. Ec kam mit einem starken Heere herangezogen und schlug bei Dem al boadam, ungefähr anderthalb Stunden von Omderman entfernt, sein Lager auf — am nämlichen Platze, wo auch der Mahdi vor der Einnahme von Chartum gelagert hatte. Die Verpflegung des Heeres geschah auf Kosten der Einwohner von Omderinan. Jede einzelne Familie musste Tag für Tag einen Tescht*) voll Brot und Gemüse liefern und auch denselben ins Lager tragen lassen. Am Mittag hatte das Essen absolut am Platze zu sein. Die Bevölkerung musste ferner für die Soldaten auch neue Kleider besorgen, bis das ganze Heer vom letzten Soldaten bis zu den Emiren neu uniformiert war. Vierzehn Tage lang hielten sich die gefräßigen Gäste hier auf, und erst als alle wohlgenährt und gut gekleidet waren, zog Mehmud ab und schlug flussabwärts beim Dorfe Egegia ein neues Lager auf. Unterdessen war der Emir Abdallah wad saad aus dem Stamme der Dschallin vom Chalifen entlassen worden und begab sich in seine Heimat Metemmeh und steng an, seine Landsleute zum Aufstand gegen die Derwische zu reizen. „Sehet, wie die ägyptische Regierung stets siegt, während die Derwische in einem fort verlieren", redete er seine Leute au. „Wenn ihr es mit den Derwischen haltet, wird euch daraus kein Nutzen erwachsen, im Gegentheil seid ihr in Gefahr, alles zu verlieren. Eueres Geldes sowie euerer Söhne bemächrigen sich die Taascha,**) sogar euere Köpfe sind nicht sicher. Nützet die Gelegenheit aus und schüttet das Joch der Taascha ab!" — Kaum erfuhr der Chalife von diesem neuen Aufstand, gab er Mehmud den Befehl, die Empörung zu unterdrücken. Mehmud zog in aller Eile von Egegia nach Metemmeh wohl bewaffnet mit Gewehren und Kanonen. Von den Dschallin hatten nur 60 Gewehre, die übrigen Lanzen. Der Emir Abdallah wad saad fiel schon bei Beginn des Treffens; die anderen fühlten sich zum Widerstande zu schwach, verloren den Muth und wurden gelobtet; selbst elfjährige Knaben wurden nicht geschont. Die Weiber und Kinder der Ermordeten wurden in großen Barken nach Omderman gebracht. Viele derselben warfen sich auf der Reise aus Verzweiflung in den Fluss, um zu ertrinken. Die übrigen kamen halbnackt und ve» hungert in Omderman an und wurden auf dem Marktplatze verkauft. Mehmud aber setzte mit seinem Heere über den Fluss, um die Türken anzugreifen. Der Chalife gab sich den schönsten Hoffnungen hin; er erzählte seinen Leuten, der Prophet sei ihm erschienen und habe ihm versichert, dass Mehmud aus dem Kriege gegen die Türken glorreich hervorgehen werde. Als nun Mehmud gegen den Feind aufbrach, redete der Chalife die hiesige Bevölkerung auf folgende Weise an: „Wisset, *) Tescht nennt man hier einen großen, runden Behälter. **) Die Taascha sind jener Bciggara-Stamm, aus dem der Chalife Abdullahi hervorgegangen war. Diese waren sozusagen Herren im Lande; alles war ihnen erlaubt. o Brüder, dass Mehmud gegen die Türken gezogen ist, betet für ihn, damit der Herr seinen Waffen den Sieg verleihe; enthaltet euch von allen weltlichen Be-schäftignngen, widmet ench einzig den frommen Uebungen. Mehmud ist ein tapferer, muthiger Soldat, er wird gewiss die ungläubigen Hunde vernichten. Während ich da von ihm rede, verrichtet er Heldenthaten." In Wirklichkeit aber verhielten sich die Sachen ganz anders. Mehmnd litt Mangel an Lebensmitteln und da seine Soldaten auf den Feldern endlich nichts mehr zu stehlen fanden, zog er sich in einen Wald auf dem linken Ufer des Atbara zurück, wo hauptsächlich die sogenannte Dumpalme vorkommt. Ans Mangel an anderem begannen die Soldaten wie die Affen an den harten Früchten der obenerwähnten Palme zu nagen. Infolge der schlechten Ernährung brach im Lager die Diarrhöe ans, die vom Anschwellen der Hände, der Füße und des Gesichtes begleitet wurden. Das waren die von Mehmnd's Heere vollbrachten Heldenthaten. Am 8. April 1898 fand die Schlacht am Atbara statt, in der das Derwisch-heer geschlagen und großentheils vernichtet wurde; Mehmnd selbst gerietst in Gefangenschaft. Die aus der Schlacht Entronnenen langten nach einer kopflosen Flucht hier zu Omderman an, zerrissen, vor Hunger und Müdigkeit mehr todt als lebend, mit geschwollenen Händen und Gesichtern, ja einige sogar mit weißen Haaren von dem Schrecken, den sie in der Schlacht ansgestanden hatten. Die Einwohner von Omderman kamen ihnen entgegen, aber die Flüchtlinge ärgerten sich darüber. „O ihr Hunde, ihr Hundesöhne", fuhren sie die Neugierigen an, „warum seid ihr gekommen uns anzugaffen und unsere geschwollenen Gesichter ausznspötteln? Wartet nur, wenn der Sirdar kommt, er wird euch schon die Hosen wichsen, sowie er uns das Leder gegerbt hat." — Als sie sich ausgeruht hatten, begannen sie ihre Abenteuer zu erzählen. „O Brüder!" riefen sie erschreckt aus, „fliehet doch, fliehet alle! Besser ist es für euch, die Flucht zu ergreifen, als die schrecklichen Sachen zu erleben, die wir mitgemacht haben. O bei Atbara gierig es grausig zu. Solchen Krieg haben wir noch nie gesehen. Die Kugeln flogen so dicht wie das Regenwetter. Die Türken hatten Maschinen und die heulten geradeso wie die Hyänen." —- „O Bruder," erzählte einer seiner Freunde, „die Türken von Atbara hatten eine Maschine, die that beständig ga gä, ga gä, genau so wie die Hyänen". Das drang uns durch Mark und Bein. Eilends bestiegen wir unsere Pferde und liefen davon. Ich sprang in der Bestürzung verkehrt auf mein Pferd. Das Pferd entstoh und ich musste, anstatt die Zügel zu ergreifen, am Schweife meines Thieres mich festhalten, um nicht herabzufallen. In großer Entfernung hörte ich immer noch das Heulen jener garstigen Maschine." Dergleichen Nachrichten verbreiteten im ganzen Lande Schrecken. Der Chalife bewahrte anfangs Stillschweigen. Endlich aber sah er sich zum Reden gezwungen, sonst hätte man ihn für furchtsam gehalten. „Wisset, o Brüder", sagteer in der Versammlung, „dass die Unseligen am Atbara von den Türken besiegt worden sind, jedoch die ganze Schuld fällt ans Mehmnd, der einen großen Fehler begangen hat. Ich hatte ihm befohlen, nicht zu kämpfen, sondern sich zurückzuziehen, wenn der Feind zu stark sein sollte. Er Hütte sich hierher nach Keren zurückziehen sollen, denn nur hier will Allah die Ungläubigen in unsere Hände geben. Dennoch soll niemand verzagen. Ihr wisset ja, dass man im Kriege nicht immer gewinnt, bisweilen verliert man auch; am Ende werden wir aber dennoch Sieger bleiben. Und sollte nur 6 von den Unseligen übrig bleiben, so wird unsere Religion dennoch siegen." (Schluss folgt.) Dus Ghk-MilWiil in Sitiro. (Dr. Aicnhaus.) fe jede Weltstadt, so hat auch Kairo ein Museum, das im Gegensatz ^ zu manchen anderen eines Besuches wirklich wert erscheint. Der M Begründer dieses ^Museums ägyptischer Alterthümer ist der ini Sv. Jahre 1881 verstorbene Franzose Marietta, dessen Marmvrsarkophag vor dem Portal des Gize-Palastes ausgestellt ist. Dieses Schloss wurde von dem Vicekönig Ismail für 70 Millionen, nach anderen für 120 Millionen Francs erbaut und dient gegenwärtig zur Aufbewahrung der ägyptischen Alterthümer bis zur Vollendung des eigentlichen Museums, das im Stadttheil „Kaser en Nil" erbaut wird und im Rohbau schon fertiggestellt ist. Trotz der enormen Summe, die der Gize-Palast gekostet, hatte die Museums-Verwaltung wohl wenig Vertrauen auf seine Festigkeit, denn in jedem Saal ist an mindestens einer Stelle der Bewurf abgekratzt, um einen Blick auf das Material des Mauerwerkes zu gewinnen. Ferner steht in jeder Ecke eine Flasche mit einer Flüssigkeit, die bei ausbrechendem Feuer nur ausgeschüttet zu werden braucht, um dasselbe sofort zu löschen: eine Vorsichtsmaßregel, die bei der Feuergefährlichkeit mancher Kunstgegenstände und der Beschaffenheit des provisorischen Museums sehr gerechtfertigt ist. Um von vornherein einen Ueberblick zu geben über die Bedeutung der ausgestellten Dinge, sei bemerkt, dass sie 90 Säle, zum Theil recht geräumige, füllen, und beständig neue Stücke hinzukommen, die man in den verschiedenen Gebieten Aegyptens entdeckt; dass ferner die ältesten Denkmäler aus der Zeit von ungefähr 4000 bis 3000 vor Christus stammen sollen. Der besseren Uebersicht halber sind die Denkmäler nach verschiedenen Perioden geordnet; die des alten Reiches bis etwa 2000 v. Chr. ; die des mittleren Reiches bis gegen 1000 v. Chr.; die des neuen Reiches bis 332 v. Chr.; die der griechischen, römischen, koptischen Zeit bis zum 4. Jahrhundert n. Chr. Im oberen Stockwerk des Museums finden sich hauptsächlich kleinere Gegenstände aus dem häuslichen, wirtschaftlichen und künstlerischen Leben der Aegypter. Was nun die Kunstgegenstände im einzelnen betrifft, so sind ans der ältesten Zeit, der sogenannten Urgeschichte Aegyptens, keine Denkmäler erhalten, wohl aus dem einzigen Grunde, weil es überhanpt bereit noch keine gab. Das Volk musste sich erst zu einer bestimmten Culturstufe emporarbeiten, bis es fähig war, Kunstwerke zu schaffen. Die ältesten Denkmäler des Gize-Mnseums sind Statnen ans der 1. bis 4. Dynastie von Fürsten, Priestern, Schreibern, Soldaten re. Dieselben sind aus Holz, Kalkstein oder Granit verfertigt, unb ihr Kunstwert besteht nach dem Urtheit der Fachmänner darin, dass sie das Original zur möglichst genauen Darstellung bringen, also sogenannte Portraitbilder sind. Sie stammen aus den Gräbern der dargestellten Personen. Sehr großes Interesse beanspruchen die zahlreichen, im Museum ausgestellten Mnmien von Königen, Priestern und anderen hervorragenden Persönlichkeiten. Die Kunst des Einbalsamierens der Leichen hat sich erst allmählich vervollkommnet, daher zeigen sich die älteren Mumien nicht so gut erhalten, wie die späteren. Die Leiche ist der Länge nach ausgestreckt; die zusammengeschlossenen Hände ruhen aus dem Unterleib. Ter ganze Körper ist mit Binden ans Leinwand umwickelt, deren Gewebe noch sehr gut zu unterscheiden ist. Die so eingewickelte Leiche wurde in einen Holzsarg gelegt, der in späterer Zeit mit Firnis gestrichen wurde, und au dessen oberem Ende das Portrait des Verstorbenen angebracht ist. Dieser Holzsarg wurde dann in einen Steiusarg aus Kalkstein, Basalt oder Granit gelegt, und dieser Steinsarg endlich in b:e Todtenkammer gesetzt. An der Todtenkammer befand sich eine sogenannte Scheiuthür, d. h. eine Thür veisinnbildende Steinplatte, vor welcher ein Tisch stand, ans den die Angehörigen Opfergabeu niederlegten. Die inneren Wandflüchen der Grabkammer waren mit Bildern und Sprüchen, meist in Reliefs, bedeckt. Diese Art der ägyptischen Todteubestattung war veranlasst durch den religiösen Glauben über das Leben nach dem Tode. Nach der Meinung der alten Aegypter setzte der Verstorbene im Jenseits sein Leben geradeso fort, wie er es hienieden geführt, wenn nur die dazu erforderlichen Bedingungen gegeben waren. Deshalb war es ihm erste Sorge, den Leichnam möglichst zu erhalten, für ihn Nahrung unb Gerätst entweder in Wirklichkeit oder im Bilde zu beschaffen. Durch die Scheinthür gieng der Verstorbene aus und ein, die ihm beigegebenen Statuen vertraten ihn und seine Hausgenossen. So unvollkommen und irrig diese Einzel-vorstellungen über das jenseitige Leben auch sind, sie bezeugen doch die feste Annahme der Wirklichkeit jenes Lebens bei einem großen Volke Jahrtausende hindurch, und diese Ueberzeugung, die unzweifelhaft in dem lebhaften Wunsche nach einem ewigen Leben ihre unversiegbare Onelle hatte, ist ein vollgültiger Beweis für die Wirklichkeit des jenseitigen Lebens, da nach dem hl. Thomas von Aquin das Streben der menschlichen Natur kein eitles sein kann. Erwähnt seien von den Mumien die allerältesten, die des Königs Ment-m-sas aus der 6. Dynastie, welche 5000 Jahre zählen soll; sie ist schlecht erhalten und sehr zusammengeschrumpft; ferner die des Ramses II., des Großen, aus der 19. Dynastie. Er ist der bekannteste aller ägyptischen Könige, da er als der Das Gize-Muscum in Kairo. 203 Bedrücker der Israeliten gilt. Ein modernes Reisebuch bemerkt über ihn: aus dem Umstande, dass Ramses II. als der Pharao der Bedrückung gelte, dürfe man in ihm nicht einen harten und tyrannischen Herrscher sehen, seine Mumie in (Si/ zeige vielmehr entschieden geniale Züge. Wäre Ramses II. zufällig derjenige, der den ägyptischen Josef erhöhte, so würde vielleicht derselbe Autor die entgegengesetzten Züge in der Mumie entdeckt haben. In Wahrheit ist das Gesicht Ramses II. sehr zusammengeschrumpft; die Nase hat ihre ursprüngliche Form verloren und durch die ehemalige Umwickelung die Gestalt der Adlernase angenommen mit plattgedrückter Spitze. Aus dem geöffneten Munde blinken einige sehr weiße Zähne ■ Dorfplatz von Matarieh. hervor; die Arme und Beine sind sehr dünn, die Nägel an den Fingern und Zehen lang nachgewachsen. Die ganze Mumie in ihrem schon ziemlich zerfetzten Holzsarge ruft dem Beschauer recht deutlich zu: „So vergeht die Herrlichkeit der Welt!" Der 7. Saal erregt das besondere Interesse der Damen, der verschleierten wie der unverschleierten; er enthält nämlich eine große Menge der verschiedensten Schmucksacheu in Glasschränken und auf Schautischen. Dieselben rühren durchweg von Königinnen und Prinzessinnen her und sind den Gräbern in verschiedenen Gegenden Aegyptens entnommen. Sie sind von gediegenem Material, meist Gold und feiner Arbeit, und würden dem Schaufenster eines modernen Juweliers alle Ehre machen, obgleich manche Stücke ein Alter von 4000 Jahren haben. Es finden sich hier goldene Brusttafeln mit Inschriften, Verzierungen und mit edlen Steinen ausgelegt; goldene Muscheln, auf denen Lotosblumen in farbigen Steinen eingelegt sind; Halsketten, Armbänder und Armbandschlösser; goldene Haarkränze mit eingelegten Steinen; Diademe; eine 90 Centimeter lange, geflochtene Goldkette, an deren Enden sich Gänseköpfe als Schließer befinden, mit einem Scarabäus, d. i. Mistkäfer, dem gebräuchlichsten Amulet der alten Aegypter. Ferner eine goldene Barke, deren Ruderer aus Silber, das Wägelchen, auf dem sie liegt, ist von Holz, dessen Räder aus Bronce; goldenes Beil mit Stil aus Cedernholz, das mit Goldblech überzogen; goldener Dolch mit goldener Scheide und mit Edelsteinen besetztem Griff; Halsband aus goldenen Rosetten, mit Edelsteinen und goldenen Blättern mit bunten Einlagen; Spiegel aus Ebenholz, Gold und vergoldeter Bronce; Beinstangen; Silberschalen und Näpfe, Ringe und Ohrgehänge rc. Je. länger die Beschauer in diesem Saale verweilen, desto ängstlicher werden die Aufseher, namentlich wenn man zu bereits gesehenen Gegenständen zurückkehrt; sie halten den bloßen Glasverschluss offenbar nicht für diebessicher. Die Säle des mittleren Reiches weisen fast dieselben Gegenstände auf; erwähnt seien zwei hölzerne Barken, die flacher und schlanker als die jetzigen sind. Unter den Denkmälern des neuen Reiches erblickt man auf einem Kalksteinfragment der 20. Dynastie zum erstenmale Pferde; erwähnt sei ferner eine hl. Barke aus Rosengranit, schön gearbeitet, gefunden im Ptah-Tempel zu Memphis. Die „heilige Barke" stand im „Allerheiligsten" der Tempel, der eigentlichen Wohnung des Gottes; auf ihr machte der Sonnengott nach dem Glauben der alten Aegypter, seine nächtliche Fahrt durch die Unterwelt, die als Fluss gedacht und in 12 Theile zerlegt war, entsprechend den 12 Stunden der Nacht. Von den Denkmälern der griechisch-römischen Zeit erregt wohl die meiste Aufmerksamkeit eine Steinplatte mit einer dreifachen inhaltlich gleichen Inschrift in altägyptischer Sprache und Hyroglyphen, in der Volkssprache und demotischer Schrift und in griechischer Sprache und Schrift. Die Inschrift ist verfasst von den Priestern des Tempels zu Kenapus, in den Jahren von 238 v. Chr. zu Ehren des Ptolemäus Euregetes. Eine andere derartige Inschrift vom Jahre 196 v. Chr. zu Ehren des Ptolemäus Epiphanes gab dem Franzosen Champollion die Gelegenheit zur Entzifferung der Hieroglyphen. Die Hieroglyphen find bekanntlich eilt Bilderalphabet, in dem ursprünglich zur Bezeichnung einer Sache das Bild derselben hergesetzt wurde. Im Laufe der Zeit wurde diese Bilderschrift immer mehr vereinfacht, bis zuletzt daraus die demotische oder Volksschrift entstand, deren man sich zur griechisch-römischen Zeit bediente. Die christlichen Aegypter benutzten zur Uebersetzung der heiligen Schrift ins Aegyhtische die griechischen Buchstaben, indem sie zugleich für einzene Laute, denen keine griechischen Buchstaben entsprachen, die betreffenden Zeichen der demotischen Schrift entlehnten. So entstand die koptische Schrift, die sich noch heute in den liturgischen Büchern der Kopten findet, aber leider von ihnen nicht mehr verstanden wird. So sind wir zu den Denkmälern selbst der koptisch-christlichen Zeit gelangt, die mehrere Säle füllen. In künstlerischer Beziehung sind sie wohl kaum Meisterwerke, aber ein christliches Gemüth fühlt sich doch durch ihren Anblick angenehm berührt. Wir finden das Kreuz, das Zeichen unserer Erlösung, die Mutter Gottes mit dem Jesuskinde auf ihrem Schoße und zwei Engeln an der Seite, Heiligenbilder und ferner dieselben kirchlichen Geräthe, die noch heute unsere Kirchen zieren, als Leuchter, Rauchfässer, Lampen, Flaschen, Schellen re., Dinge, welche die vollständige Einheit im Glauben und im Gottesdienst unserer und jener Zeit darthun. Einen unschönen Gegensatz zu den koptischen Denkmälern bildet der 72. Saal mit zahlreichen, man möchte sagen zahllosen Götterbildern. Mögen sie auch aus kostbarem Material und mit vieler Kunst hergestellt sein, sie erinnern uns nur zu deutlich an die scharfen Worte des Buches der Weisheit 13, 10 an die des Apostels, Römer 1, 22—23: „Indem sie sich als Weise ausgeben, sind sie zu Thoren geworden. Und die Herrlichkeit des unverweslichen Gottes haben sie umgewandelt in die Aehnlichkeit des Bildes eines verweslichen Menschen, von Vögeln, Vierfüßlern und Schlangen." Wir finden hier die verschiedenen ägyptischen Götter in mehrfacher Weise dargestellt, desgleichen die ihnen heiligen Thiere, z. B. Paviane, Ibis, Katzen Sperber, Widder Schweine Stiere, Kühe, Fische, Schlangen. Zuweilen nehmen sich diese Thiere wie lebend aus, zuweilen wirken sie geradezu abstoßend, z. B. eine gestreckt daliegende Katze, die ihre 4 Jungen säugt. Der Saal ist übrigens der schönste des ganzen Gize-Palastes: Decke und Wände sind reich vergoldet, in der Mitte hängt ein herrlicher Kronleuchter an vergoldeter Kette, an den Wänden hängen große Spiegel in Goldrahmen. Nicht ohne Heiterkeit beobachtete ich, wie alle Frauen, selbst kleine Mädchen, im Vorbeigehen vor diesen Spiegeln rasch einen Blick hineinwarfen und dann ein wenig an ihrer Toilette modelten. Die nun folgenden Säle zeigen uns die verschiedensten Gegenstände aus dem häuslichen und gewerblichen Leben der Aegypter, Dinge die großentheils noch heute in Gebrauch sind und den konservativen Charakter dieses Volkes bezeugen. Wir erblicken Gewichte, eine kleine Wage, Bauwerkzeuge, Hausmodelle, die dem Verstorbenen ins Grab gelegt wurde, sogar gestempelte ungebrannte Nilschlemmsteine, welche die heutigen wohl um das Dreifache an Größe übertreffen; desgleichen Latten, Stühle, Schemel, sehr einfach gehalten, Hacken und Spinnwerkzeuge, wie man sie noch heute in den Händen der Aegypter erblickt, die während des Gehens damit ihren Faden spinnen. Ferners finden sich Stricke und Körbe, aus den Fasern und Blättern der Palmen geflochten, in derselben Weise und Form wie heutzutage. Auch die Zeichenkunst tritt uns entgegen, die künstlerischen und harmonischen Striche sind auf Scherben oder Kalksteinplatten angebracht, weil man kein Papier hatte. Ebenso finden wir Modelle für Bildhauer. Besonders bemerkenswert sind die nun folgenden Inschriften auf Papyrus. Der Papyrus, der gegenwärtig in Aegypten sehr selten ist, wird etwa 75 Centimeter hoch. Sein Stengel ist dreikantig, hohl und verjüngt sich nach oben. Er wurde fein gespalten, die einzelnen schmalen Streifen zweifach und zwar kreuzweise übereinander-gelegt und zusammengeklebt. So konnte man Rollen in beliebiger Größe herstellen. Die alten Papy^osinschristen sehen ans wie unsere Pergamente oder vergilbtes, 206 Erinnerungen an eine Reise im Rothen Meere. kräftiges Papier. Ein Exemplar, mehrere Meter lang, dessen zierliche Schriftzüge und feine Zeichnungen den Blick fesseln, stellt die allnächtliche Sonnenfahrt in der Unterwelt dar. Endlich folgen Linnenstoffe in verschiedenen Schränken, znm Theil von hohem Alter und großer Feinheit, z. B. die der Priesterin Amant aus der 11. Dynastie, etwa 2500 v. Chr. Die botanische und mineralogische Abtheilung enthält Proben von Pflanzen, Blumen, Früchten und Samenkörnern, die in den Gräbern aufgefunden wurden, sowie Proben der in Aegypten sich findenden und verarbeiteten Steine, endlich Messer und Gerüthe aus Feuerstein. Die letzten Säle des Museums enthalten Särge und Mumien der Ammonspriester von Theben und Königsmumien, die in einem Schachte bei Theben gefunden rvurden. Um nämlich die Leichen der Könige vor Schändung und Beraubung zu schützen, wurden sie gegen Ende des neuen Reiches alle zusammen in ein Versteck gebracht, wo sie 1875 wieder von Fellahen entdeckt und dann 1881 nach Kairo ins Museum geschafft wurden. Zu diesen Mumien gehört die oben beschriebene Ramses' II. Mit dem Museum ist ein zoologischer und botanischer Garten verbunden, die aber nicht das gleiche Interesse beanspruchen können, wie das Museum selbst. frinncninjtn im eine Reist im Kotze« Meere. Von P. Taver Geyer F. S. C. (Schluss.*) meines Aufenthaltes in Dschedda stattete ich dem mohammedanischen Friedhofe, der nach Tradition der Muselmänner das Grab Eva's beher' X52 bergen soll, wiederholte Besuche ab. Der in der Richtung von Mekka » gegen Osten gelegene Eingang war von einer Anzahl Männer und Frauen umlagert, die mich bei meiner Ankunft mit Bitten um Bakschisch bestürmten. Vom Wächter begleitet und von der bettelnden Menge gefolgt, betrat ich den Friedhof. Gleich am Eingänge rechts erhebt sich ein kleiner Kuppelbau, von zwei Thürmchen flankiert, welche die Stelle der Füße Eva's anzeigen sollen. Von der kleinen Kuppel führen zwei, etwa 11/3 Meter entfernte, parallele Mauern zu einem größeren Kuppelbau, welcher sich in der Mitte des Friedhofes erhebt. -Im Raume zur Linken liegt ein Pascha begraben. Zur rechten führt eine mit einem grünen Vorhänge verhängte Thüre in die Grabkammer Eva's. In der Mitte derselben befindet sich eine Art mit grünem Tuche bedeckter Katafalk. Der Wächter hob das Tuch auf und zeigte mir *) Siehe Nr. 8 Seite 186. in der Oeffnung am Fuße des Katafalkes einen kleinen Stein mit dem Bemerken, hier sei die Hüfte der Eva. Das Tuch trägt goldene Schriften in türkischer und arabischer Sprache, deren eine lerntet: Das Grab der reinen Mutter der Menschen. Während ich die Schriften musterte, entstand plötzlich unter den Arabern eine Bewegung; einer derselben, welcher sich im Grabmal eine ©garrette angezündet hatte, warf dieselbe schleunigst fort. Alsbald öffnete sich der Thürvorhang, es erschienen vier Scheiks aus Tunis, welche sich am Eingänge niederwarfen und andächtig beteten. Alsdann zogen sie die Sandalen aus, näherten sich dem Katafalke und küssten mit Rührung den Hüftenstein unter dem Gebete „la ilah ella Allah“ (Es gibt keinen Gott außer Gott), um sich alsbald unter Gebetsformeln ehrerbietig zurückzuziehen. In einiger Entfernung vom Grabmal bezeichnet abermals eine kleine Kuppel den Platz, wo das Haupt unserer Mutter Eva ruhen soll. Das Grab Eva's ist etwa 200 Schritte laug; die Länge des Oberkörpers der Eva misst 120 Schritt, die der Beine 80 Schritt! Nach Ansicht der Araber wächst ihr Leib sogar im Grabe fort! Von dem Grabe Eva's hat Dschedda seinen Namen erhalten. Dschedd heißt arabisch der Großvater oder Ahnherr; Dschedda bedeutet Großmutter oder Ahnfrau. Dschedda ist die Stadt der Ahnfrau des Menschengeschlechtes, Eva. Da Adam und Eva nach dem Gesetze des Islam bereits Moslims waren, ist Eva, mit dem Gesichte gegen Mekka gewendet, begraben. Die Moslims halten mit Hartnäckigkeit an der Sage fest. Mit der größten Ueberzeugung deuten sie auf die Frage nach dem Haupte Eva's auf die 200 Schritte entfernte Kuppel hin! Auch die Gebeine Adams sollen in Arabien ruhen, sein Grab soll sich in Aden befinden und sein Leib noch bedeutend länger sein als jener der Mutter Eva. ---‘—‘—:-------------------- liiiiibsiiiiiii j» brn iifrikiiiiisilii'ti flifionrti. der westlichen Nordküste machen sich in erfreulicher Weise die „Weißen Väter" bemerkbar. Von Jahr zu Jahr ziehen große Missions-expeditions in das Innere, nicht nur des französischen Algiers, sondern V auch weiter hinein in die große und zum Theil noch unerforschte Sahara. Ueberall ist ihre Thätigkeit gesegnet. Ihr zweites bedeutendes Missionsgebiet ist wohl das Hinterland von Deutsch-Zanzibar. Dort trägt ihr Eifer und ihre Hingebung noch mehr und schönere Früchte. Man braucht dort die Neger kaum mehr aufsuchen, selbst und freiwillig kommen sie zu den Missionsstationen und bitten um Aufnahme ins Katechnmenat, in das sie erst nach langem Warten wie in das gelobte Land eintreten können. Es braucht nicht bemerkt zu werden, dass solche Katechumenen später auch wackere Christen abgeben werden, welche der katholischen Religion und ihren Vätern nur Ehre machen. Im westlichen Afrika, in Senegambien nämlich und Süd-Guinea wirken die Väter vom hl. Geiste und auch mit durchschnittlich gutem Erfolge. Nur Senegambien bildet ein wenig das Schmerzenskind, nicht sowohl wegen der Starrköpfigkeit der dortigen modernisierten Neger, sondern vielmehr von wegen der schlimmen Beispiele, welche dort große und kleine glaubenslose Herren geben; Senegambien ist ja schon ein wenig nahe bei Frankreich. Erfolgreicher ist ihr Wirken im Kongostaate, Deutsch-Guinea und dann in Deutsch-Ostafrika, wo ihnen von den Regierungen nichts in den Weg gelegt wird. Gegen das Innere zu mehren sich zusehends die christlichen Negerdörfer in deren Anlegung und Organisierung die Söhne des ehrw. Liebermann eben Meister sind. Deutschland kann stolz sein, dass es in seinen Gebieten diese Missionäre hat. Im Fiebernest Kamerun spuckt's noch immer; nämlich der Sensenmann findet dort von Zeit zu Zeit etwas zu mähen: bald ist es ein Missionär, bald eine Schwester; je mehr aber die Stationen ins Innere verlegt werden, desto seltener sind auch die Todesfälle. Aber die dortigen Neger sind unruhig, weshalb die Fortschritte der Evangelisierung nicht derartige sind, wie man sie ersehnen möchte. Sonst ist im ganzen Westen ein ständiges Fortschreiten des Christenthums zu verzeichnen. Im südlichen Afrika sind auch mehrere Missionsgesellschaften am Platze und arbeiten auch mit gutem Erfolge. Nur der gegenwärtige Krieg hat darin jetzt einen Stillstand gebracht. Er hat auch gezeigt, dass die katholischen Missionäre, die sich in den Burenrepubliken befanden, die volle Achtung und theilweise auch die Liebe jener calvinischen Bauern gewonnen hatten; aber trotzdem erstreckte sich ihr Wirken nur auf die Basutoneger. Im allgemeinen ist aber auch nicht zu leugnen, dass der gegenwärtige Krieg den Missionen sehr Abbruch gethan; es wird lange dauern, bis der frühere blühende Zustand wiederkehrt. Die Helden am Zambesi, die Väter der Gesellschaft Jesu, bei denen der Sensenmann öfters vorspricht, als es Anstand und Herkommen erlaubt, harren tapfer aus, erweitern ihren Wirkungskreis und beginnen die Früchte großer Entbehrungen und Opfer zu ernten. Immer schönere Resultate erzielen sie an den ihnen anvertrauten Negern, und ihre Mission kann bald in Bezug auf praktischen Erfolg den schon besprochenen der „Väter vom heiligen Geiste" und der „Weißen Väter" an die Seite gestellt werden. Am Ukerewesee, im britischen Uganda, erfahren die Priester der St. Josefs-Missionsgesellschaft, dass sich das Wort Tertullians: „das Blut der Märtyrer ist der Same für neue Christen" auch jetzt noch bewahrheitet. Das Katechisieren und Predigen, sowie die Spendung der hl. Sacramente können die Patres, verhältnismäßig gering an Zahl, beinahe nicht bewältigen. Trotz mancher Umtriebe der Pastorenpartei geht jetzt alles so ziemlich seinen gewohnten Gang, und diejenigen, welche noch Heiden sind, beeilen sich, der Gnade ihr Herz zu erschließen. Rundschau in beit afrikanischen Missionen. 209 In Aegypten ist die koptische Hierarchie mit dem Patriarchate wieder errichtet. Eine Menge Berichte erzählen von großen Erfolgen: ganze Dörfer kehren aus dem Schisma zu den linierten Kopten zurück. Erfreulicher wäre es noch, wenn diese Bekehrungen auch in der Aenderung der Sitten und nicht allein im einzigen Namensanschluss an die Katholiken beständen. Aber in Bezug auf das sittliche katholische Leben fehlt es noch gewaltig bei diesen Neubekehrten, welche wohl in dieser Beziehung vielen christlichen Negern nachstehen. Bis es hier besser wird, werden wohl noch Generationen vergehen. Eine große Aufgabe erwartet da den jungen koptischen Clerus. Zuletzt noch unser Vicariat. Die nächste Zeit wird Tellabdorf bei Kairo. wohl für die Zukunft ausschlaggebend sein, da man sich jetzt vorbereitet, die alten Posten am oberen Nil wieder nach so .langen Jahren zu besetzen. Von einer-ehemaligen Station kamen sogar einige der alten Christen nach Omderman und baten den Hochwürdigsten Herrn Bischof, er möchte wieder Missionäre zu ihnen senden. Kirchliche Geräthe hatten sie so viele Jahre hindurch versteckt gehalten vor den habsüchtigen Arabern, um sie dereinst wieder ihren Vätern einhändigen zu können. Ja, sobald als nur möglich soll ihr Wunsch erfüllt werden! Dazu müssen aber auch Gebet und Unterstützung unserer Wohlthäter beitragen. i.s p ■%~w~ww~m~w~w-vjr~vfr-ww~w~w~w w~w~w'■ww~v/r~w~w"~w~w~w~w~w : Afrikas zahlreichen Vertretern der Thierwelt erfreute sich seit jeher ier besonderen, wenn auch nichts weniger als freundlichen Beachtung s Krokodil. Es wurde auch bis jetzt kaum über ein anderes Thier soviel Tinte „vergossen", als über diese Rieseneidechse. Der erste,.der sich mit dem Krokodil befasste, dürfte wohl der griechische Geschichtschreiber Herodot sein. Dieser lebte ungefähr 484—424 vor Chr. Geburt und erwarb sich durch sein wahrhaft monumentales Geschichtswerk, indem er den Grund zur jetzigen Geschichtsschreibung legte, einen Ehrenplatz unter den Geschichtsschreibern aller Volker und Zeiten. Der „Vater der Geschichte" — diesen Ehrentitel brachte nämlich Herodot sein Geschichtswerk ein — machte ausgedehnte Reisen, um den Lesern seiner Werke eine möglichst sichere Kunde von allen damals bekannten Ländern und Völkern geben zu können. So bereiste er Griechenland, Kleinasien, Süditalien, die Inseln des Mittelländischen Meeres, selbst in das Innere von Asien scheint er vorgedrungen zu sein. Besondere Anziehungskraft übte aber auf ihn die Nordküste von Afrika, hauptsächlich das Wunderland der Pharaonen aus. Wenigstens besuchte er Egypten mehr als einmal. Ein wahrer „Dr. Karl May" des Alterthums an Unternehmungslust und Beobachtungsgabe, hatte Herodot trotzdem nicht so viele Abenteuer aufzuweisen wie unser „Hadschi Emir Kara Ben Nemsi Effendi"; vielleicht weil er kein so „kolossales Glück" besaß wie dieser, vielleicht weil er keinen „Hadschi Hales Omar . . . al Gossarah" zum Begleiter hatte. In dem 2. Buche seiner Geschichte beschreibt dieser „Weltläufer des Alterthums" das damalige Aegypten in so anschaulicher und spannender Weise, dass man dem Buche den Ehrentiel eines „Bädeckers für die Nilreise" beilegen dürfte In demselben kommt er auch auf das Krokodil zu sprechen, das freilich jetzt in Aegypten ans dem Aussterbeetat steht, damals aber unbestritten im Nil seine Schreckens- und Gewaltherrschaft behauptete. Er schildert dasselbe, seine Lebensweise, seine Manieren mit dem Scharfsinn eines feinen Beobachters und was er behauptet, wurde von unzähligen Reiseschriftstellern nach ihm bestätigt, ein Beweis, dass in den Büchern der Alten nicht lauter Fabeln aufgetischt werden. Auch das schreibt er, dass die Krokodile imstande sind Thränen zu vergießen, dass sie einen Widerwillen haben vorm Spiegel und dass sie sich nach der Mahlzeit den Luxus eines Zahnstochers gönnen. Nur einen Fehler machte er, den gleichen wie Aristoteles, indem er behauptete, dass das Krokodil keine Zunge habe; dies ist freilief] falsch, aber leicht zu verzeihen. Da die Zunge des Krokodils sehr platt und fast ihrer ganzen Fläche nach am Boden der Mundhöhle festgewachsen ist, kann sie bei oberflächlicher Beobachtung selbst ein praktischer Anatom übersehen. Auch stand Herodot kaum mit einem Krokodil aus so gutein Fuße, dass ihm dieses erlaubt hätte, seine Zunge von der Nähe zu besehen, und gar zu befühlen, ob sie etwa angewachsen ist. In den ägyptischen Hieroglyphen finden wir das Krokodil mit einer einfachen Wellenlinie gezeichnet, doch sind die Umrisse so treu wiedergegeben, dass es unmöglich ist, sich zu irren. Dies mag als prächtige gleichzeitige Illustration zum Texte Herodots dienen und zugleich den Beweis liefern, dass die Alten denn doch keine Faselhänse waren; weder der Schriftsteller noch der Künstler hat die Natur-treue überschritten. Dieses war erst den späteren Zeiten vorbehalten, in denen so manche Fabeln und Entstellungen entstanden, die schließlich deh klassischen Schriftstellern auf's Kerbholz geschnitten werden. So verlegte sich einmal ein englischer Schriftsteller beim „Lampenschein" ans das Studium des Krokodils. Dieser suhlte sich gewiss für berufen, die irrthüm-lichen Ideen des Alterthums richtigzustellen und förderte folgendes Beispiel zutage: Er orientierte, da Krokodil ein griechisches Wort ist, aus krokos d. t. Safran und cleiios d. i. feige, furchtsam, scheu, daher soviel bedeute als der Safranscheue, so sei der arme Safran durch seinen Geruch an den Krokodilsthränen schuld. — Bei Herodot kommt auch die eigenthümliche Geschichte vom Zahnstocher vor, doch scheint er sich in der Ursache zu irren. Er hat entdeckt, dass das Krokodil eine dicke Freundschaft habe m>t einem kleinen Vogel, dem es erlaubt in die Schnauze zu steigen, um, wie der Schriftsteller meint, es von den lästigen Blutegeln zu befreien, die sich in seinem Rachen eingenistet hatten. Plinius aber sagt von den Blutegeln nichts, sondern er schreibt die Nachgiebigkeit des Krokodils deni Wohlbehagen zu, welches dasselbe fühlt, wenn der Vogel in seinen Zähnen umpickt: „Das Krokodil," schreibt er, „hat eine große Freude an diesem Kratzen und Krabbeln in seinen Zähnen und Kinnbacken." — Es hat eben jedes Thiercheu sein Pläsirchen, ebenso unser Krokodilchen. Beide Autoren sprechen von dem Vogel als einem Zaunkönig; spätere Naturforscher schildern ihn so groß wie eine Drossel. Indessen war es der gegenwärtigen Touristengeneration vorbehalten zu constatieren, dass der nützliche Freund des Krokodils mit der flinken Meerschwalbe identisch sei. An der Thatsache des Bündnisses lässt sich jedoch nicht im mindesten zweifeln. Diese Operation haben ja oft zahlreiche glaubwürdige Zeugen beobachtet und bemerkten, dass der Vogel wirklich den Dienst eines Zahnstochers verrichte, während das Krokodil dabei sichtlich vergnügt ist. Man sagt, das Krokodil habe seine besten Tage bereits gesehen, aber doch geht es mit ihm nur langsam abwärts. Freilich ist es int heutigen Aegypten in- 18* 212 Das klassische Krokodil. folge dessen Umgestaltung eher eine Kuriosität als eine Plage. Der Reisende muss sogar weit gehen, ehe er hoffen kann, dass ihm der Zufall eines zu Gesichte führt. Trotzdem sind die Geschichten von den Schandthaten der Krokodile noch nicht auserzählt, darauf kann man sich bei dieser hinterlistigen Bestie verlassen. Besonders Frauen und Kinder sind den Angriffen der Krokodile ausgesetzt, wahrscheinlich weil sie weniger Widerstand zu leisten vermögen; jene bringt nämlich das Geschäft des Wassenholens oft zum Nil, und die Kinder wissen sich natürlich auch keinen besseren Spielplatz zu finden, als am Flussufer. Dass ihnen das Krokodil nicht Herr werden kann, wird man nicht bezweifeln, wenn man bedenkt, dass es groß ist und nicht selten eine Länge von 6 5 Metern erreicht. Gegenwärtig taucht auch das Gerücht auf, dass dieser heimtückische Saurier (Eidechse) dadurch in seinen „Wirkungskreis" lockt, dass er das menschliche Stöhnen nachahmt und so auf leichte Weise seine Opfer erreicht, die er dann unter reichlichem Thränen-vergießen verschlingt.*) Das Krokodil bewegt sich wohl im Trockenen wegen seiner kurzen Füße sehr unbeholfen, ist dafür desto behender in seinem nassen Element, welches es auch unverzüglich aussucht, sobald es eine Gefahr wittert. Deshalb und wegen seiner möchte man sagen Unverwundbarkeit — ist ja sein ganzer Körper von einem einzigen aus lauter kleinen Knochenschildern zusammengesetzten Panzer umgeben, der selbst die Weichen schützt und auch die Nasenlöscher mit beweglichen Klappen bedeckt — ist das Krokodil schwer zu erlegen. Herodot bringt nun einen ergötzlichen Bericht darüber, wie die altägyptischen Nimrode mit der Angel Krokodile fischten. Sie befestigten an dem Haken ein großes Stück Schweinefleisch und machten einen echten „Anglerwurf" in die Mitte des Flusses. Außerdem wendeten sie aber noch ltwas ganz absonderliches an, um das Krokodil vom Grunde des Flussbettes herauszulocken; sie stellten sich nämlich mit einem lebenden Ferkel ans Ufer und zwangen dieses auf alle mögliche Ar! zum heftigen Schreien. Entzückt stürzte sich das Krokodil nach der Richtung, woher die liebliche Melodei ertönte, da es aber das Ferkel nicht erreichen konnte, nahm es mit dem Köder fürlieb. Ob es sich aber einer solche Mühe lohnte, wissen wir nicht. Wohl wird das Krokodilfleisch als seltener „Leckerbissen" bezeichnet; doch wird sich dieses nach den Umständen richten, ■— die Gusta sind ja verschieden. In einem alten Couplet heißt es: Das Krokodil ist gutes Essen Mit Ausnahme von Kopf und Füßen. Es ist im Aussehen dem Kalbfleisch sehr ähnlich, nur hat es einen eigenartigen Geschmack und Geruch — es „fischelt". Sollte aber heutzutage bei den Aegyptern die Lust nach dem Krokodilbraten wieder aufleben, müssten wohl Anstalten getroffen werden für die Einfuhr der Krokodile vom Ganges und Mississippi. *) Das Krokodil soll die Weißen den Schwarzen vorziehen, man sagt, weil die ersteren weniger stinken; — vielleicht auch, dass ihm eine Abwechslung im Speisezettel wohlthut. Die üpptildifii Geier. Aegypten zählt man sechs verschiedene Arten von Geiern. Der im Sudan heimische Lämmergeier oder Bartgeier (Gypanetus udipes) unterscheidet sich von den echten Geiern dadurch, dass sein Kopf. anstatt kahl oder nur mit Flanmen bewachsen zu sein, mit Federn bedeckt ist. Darum rechnen ihn auch einige Fachmänner mehr zu den Adlern als zu den Geiern. Früher soll er in den Mokkatam-Bergen und ebenso zahlreich in den Pyramiden genistet haben, aber es ist dies doch zweifelhaft, wenn er auch heutzutage dann und wann in Kairo sich blicken lässt. Heimisch ist er in den Gebirgsgegenden des nordöstlichen und südlichen Afrikas. Seine Länge von der Schnabelspitze bis zum Schwanzende beträgt etwa 1 Meter. Der aschgraue Geier (Vultur monachus), oft auch der „schwarze Geier" genannt, kommt in Aegypten ebenso selten vor. Derselbe ist ein schwarzbrauner Vogel; sein Kopf ist nur mit Flaumen bedeckt und seinen nackten Hals macht die Fleischfarbe hässlich. Er erreicht eine Länge von mehr als 1 Meter und misst bei ausgebreiteten Flügeln von einem Ende zum anderen gut 2-20 Meter. Er hat ein weites Gebiet — von Südeuropa und Nordafrika bis nach Jnnerasien, Indien und China.' Der afrikanische Ohrengeier oder der gesellige Geier (Otogyps auri-cularis) kommt von Nubien bis zum Cap vor und besucht Aegypten nur zufällig; er ist ein großer Vogel, 112 Meter lang, und wird an Größe nur von dem Condor de» Anden übertroffen; der Kopf und der Hals sind nicht von einem einzigen Federchen bedeckt; auf jeder Seite des Halses hängt hinter jedem Ohr ein fleischfarbener Hautlappen herab, daher der Name „Ohrengeier". — Während nun der aschgraue und der gesellige Geier runde oder ovale Nasenlöcher haben, haben die zwei nächsten Arten nur senkrechte schmale Spalten. Der Greifgeier (Gyps fulvus) ist der gemeine große Geier, der sich von Kameel- und Eselleichen nährt, sowie sie ihm der Zufall schenkt. Seine Manieren und seine Fressgier stud allbekannt. Canonicus Tristram erzählt, er habe einen dieser Vögel gesehen, der sich derart angefressen hatte, dass er nicht niehr stehen konnte; aber das beirrte ihn nicht, er legte sich ganz gemächlich auf die Seite und setzte seinen Schmaus fort. — Für diejenigen, welche ihn noch nie gesehen haben, sei bemerkt, dass er ein brauner oder dunkelgelber Vogel ist von der gleichen Größe wie der aschgraue; der Kopf und der Hals sind mit kurzen weißen Flaumen bewachsen und rückwärts auf dem untern Theile des Halses hat er einen Kamm von langen, dünnen, weißlichen Federn. Der Schnabel ist schieferartig oder hornbraun. Er findet sich in Südeuropa, im nördlichen und südwestlichen Afrika, in Asien und Indien. Rüppel'scher Geyer (Gyps rueppelli), der in Unterägypten selten zu sehen ist, aber in Abyssinien überaus zahlreich vorkommen soll, ist mit dem Greifgeier nahe verwandt und unterscheidet sich von diesem nur dadurch, dass die Federn 214 Die ägyptischen Geier. an dem untern Theile des Rückens Braun sind mit breiten grauen oder gelben Bändern; ferner hat er einen gelblich Weißen Kamm und einen tief orangegelben Schnabel. „Pharaos Huhn" ist der ägyptische Geier oder „Straßenreiniger" (Neophron peicnopterus)., Dieser unterscheidet sich von den anderen Arten durch seine geringe Größe (etwa 0 65 Meter lang), durch sein weißes Gefieder und seinen dünnen Schnabel mit länglichen horizontalen Löchern. Die Spannweite seiner Flügel beträgt 1 60 Meter. Die jungen Vögel sind zuerst schwärzlich braun, baun ändert sich bei dem erwachsenen nach und nach das Gefieder, und er wird weiß mit schwarzen Flügeln, bloßem Kopse und gelbem Kragen. „Pharaos Hnhn" beschränkt sich nicht bloß auf Aegypten, sondern hat ein ausgedehntes Gebiet in Backofen der Jellabs. Afrika, südwestlichem Asien und Südeuropa; sogar nach England hat er sich schon verirrt, wo man mindestens in zwei Fällen auf dasselbe schoss. —- In einigen Gegenden Indiens ist dieser Geier heimischer als in Aegypten und da er ans Rücksicht auf seine Brauchbarkeit als Straßenreiniger geschützt wird, hat er vor den Menschen die Scheu ganz verloren. Thatsächlich musst du ihn zuerst mit dem Spazierstock angreifen, dass er dir vom Wege ausweicht. Zusammen mit den Krähen verstehen es diese weißen Geier, sich ganz militärisch einzurichten, sie stellen sich pünktlich zur Essenszeit in den Häusern ein und warten auf den Veranden, bis ihnen welche Ueberreste zugeworfen werden. Zwei andere Arten von Geiern kommen in Abyssinien vor, nämlich Lopho-gyps occipitalis und Neophron pileatus. Diese dürften sich vielleicht von Zeit zu Zeit auch ins ägyptische Gebiet tierirren, jedoch insoweit haben wir sie nicht gesehen, um es behaupten zu können. Umcbiedc#«. Ein Affentransport nach Europa. An dem weitverzweigten Geäder des Gazellenflusses, eines Nebenflusses des oberen Nil, und seiner Zuflüsse, birgt sich in den großartigen Urwäldern, die uns Schweinsurt so prächtig beschrieben hat, eine große Menge verschiedenartiger Affen und Aesflein. Darunter befindet sich auch eine Abart der Stummelaffen, die die Araber mit Vorliebe Nos-Näs, Halbmensch, nennen. Dieser Affe bildet sammt seinen Stammesgenossen einen beliebten Handelsartikel für die Europäer. Jedoch die Affen sind schlau und wollen sich nicht gerne fangen lassen, die Neger sind aber noch schlauer und wissen es so klug anzustellen, dass es ihnen schließlich doch gelingt, den Urwaldbewohner in ihre Gewalt zu bekommen. Niam-Niam, ein menschenfressender Stamm in Jnnerafrika, binden große Krüge voll von Merissa, einem einheimischen, stark berauschenden Bier, an die Bäume, die die Affen zu besuchen pflegen. Die Tropfe kommen und trinken Bier, bis sie einen ordentlichen „Affen" kriegen und in berauschtem Zustande kommen sie in die Gewalt des Negers, der sie weiter verschachert. Wenn sie wieder nüchtern werden, bemerken die Affen, dass sie ihre ungezügelte Trunksucht mit dem Verluste ihrer Freiheit büßen müssen. Jedoch nicht nur das Fangen, sondern auch der Transport von Affen nach Europa ist mit mancherlei Schwierigkeiten verbunden, wie der Missionär I. Dichtet erfahren hat, als er einen jungen Nos-Näs (Halbmenschen) nach Rom mitbrachte. In der Wüste war er ihm viermal entsprungen und er musste ihn jeden Augenblick mit frischem Wasser bedienen, wofür er wohl zu bitten verstand, und obendrein musste er stets auf der Schattenseite des Kameels seinen Platz haben, weil sie sonst leicht den Sonnenstich bekommen. „Von Suez nach Kairo", schreibt der Missionär, „musste ich für ihn ein halbes Fahrbillet lösen, weil er ein ,Nos-Näs1, Halbmensch sei; alle meine Einwendungen waren nutzlos. Von Alexandrien nach Neapel zahlte ich die Hundetaxe1 per 25 Frcs, weil der Capitün vergeblich die,Affentaxe1 suchte; da er jedoch im Salon zweiter Classe sich recht artig und possierlich benommen hatte, reducierte man diese Taxe auf 2 t Frcs. In dem Hetz- und Ränber-Zollamte von Neapel (so kann man es nennen und ich that es auch laut, allen Beamten gegenüber) wurde das abgehetzte Thier wider mein Erwarten, wahrscheinlich weil Halbmensch1, als nicht steuerbar befunden. Von Neapel nach Rom zahlte ich eine sehr geringe Gebür und sollte ihn ins Coups mitnehmen, weil man keinen passenden Platz für ihn fand. Die Gepäcksnummer, die man dem verwunderten Thiere nicht aufkleben konnte, musste ich vorweisen. Im Coups fieng sich ein tapferer Artillerie-Officier zu fürchten an und wollte mir meinen afrikanischen Reisebegleiter ,zum Fenster hinauswerfen1. Der gute Conducteur war arg in Verlegenheit, wie er den Streit schlichten sollte, der schließlich damit endete, dass der schreckliche Fremdling fest niedergebunden wurde. Kaum an den Ort seiner Bestimmung angelangt, zeigte 216 Verschiedenes. — Unsere Bilder. dieses undankbare Thier, das mich im römischen Salon nicht mehr kannte, der überraschten Frau seine Leistungsfähigkeit, indem er einen zierlichen Teller in Stücke warf und obendrein die mit Vorliebe gestreichelte Salon- und Schoßkatze, welche ihren Rang verlor, sehr knurrig machte. Jüngst erfuhr ich, dass er sich ganz wohl befindet und jetzt sich artig benimmt." -------=>S>8®6<8=--------- Unsere Bilder. Zeitmesser lici Kairo. Die Araber sind nicht nur schlaue, sondern auch neugierige Leute, wird mancher Leser denken, denn sie müssen sogar wissen, wie hoch der Nil alle Jahre steigt. Wenn nur die gelehrten ans ihnen sich darum kümmerten, könnte man diese Neugierde allenfalls entschuldigen oder auch begründen, da man ja sogar das Unbegründbare begründen will, aber es sind gerade die Fcllahin, die zerlumpten ägyptischen Bauern, die sich vor allen für den Nilmesser interessieren und von ganzem Herzen ersehnen, das Wasser möchte doch bald jenen berühmten Strich an der Gradcscala bespülen. Sie haben nicht Unrecht, denn diese Wissenschaftsbegierde entsprießt einer besonderen Tugend, welche gar tiefe Wurzeln geschlagen im Herzen des Nilthalbcwohners, und heißt Eigennutz. Es hangt eben sehr viel davon ab, ob der Nil eine bestimmte Höhe erreicht oder nicht; wenn er diese erreicht, so können die Hauptkanäle in ganz Aegypten reichlich mit Wasser versorgt werden und wiederum ihre Subalternen versorgen und so im ganzen Land die sprichwörtliche Fruchtbarkeit hervorzaubern. Hat das Erdreich Wasser, so ernährt und bereichert es seinen Bebauer, der dann seine segnenden Hände öfters des Tages gegen den Nil ausstreckt und ihn nebst Allah preißt. Kommt es aber umgekehrt, geizt der alte Nil mit seinem kostbaren Nass, so ist großer Jammer — nicht in Israel, das gerade dann die meisten Geschäftle macht — sondern in ganz Aegypten, als wenn sich weiland der Würgengel wieder dorthin verirrt hätte. Jetzt wird es beut Leser klar sein, warum man in Aegypten einen Nilmesser erbaut hat, der weniger die Geometer als die Bauern interessiert und dem int Sommer alle dortigen Zeitungen mehr Aufmerksamkeit schenken als einem neugebornen König oder einem verrucht-verrückten Anarchisten. Dorfpkatz tu Walarich. Der Ort Matarieh ist ein kleiner Flecken nicht unweit von Kairo gelegen, der besonders durch einen wilden Feigenbaum berühmt geworden ist, von welchem die Ueberlieferung sagt, er sei ein Sprößling jener Sykomore, unter welcher die heilige Familie auf ihrer Flucht von Bethlehem geruht haben soll, bevor sie sich Unterkunft im nahen Alt-Kairo verschaffte. Diesbezügliches wurde schon in den vorhergehenden Jahrgängen veröffentlicht. Das Dörfchen selbst ist anmuthig, ganz besonders der vielen Landhäuser wegen, bei denen meistens Keine Gärtchen nicht fehlen. Bon Kairo führt eine gute, fchattige Straße hin, die an schönen Wintertagen fleißig benützt wird; denn von der engen Großstadt pilgert man hinaus nach Matarieh, wo man sich in einem schattigen Gärtchen bei einer Tasse Mokka friedlich niederlässt und sobald ans Heimkehren nicht mehr denkt. Im Sommer ist freilich das Oertchen ziemlich einsam, denn die nahe Wüste heizt tüchtig und zu beneiden sind die, welche tagsüber sich in dunklen Zimmern hinter Jalousien verstecken können. Idcll'alidors bei Kairo. Auf der Photographie und im Bild. nimmt sich das Dörfchen sehr hübsch aus. Und von wegen der schlanken schäckerndcn Palmen würde es für manche Phantasie eine herrliche Idylle abgeben. Diese würde aber sofort schwinden, wenn man sie genießen wollte. Aermliche Erdhütten sind es, welche so ein Dorf bilden, und geben ihren Insassen eine ärmliche und dürftige Unterkunft. Mancher deutsche Dorfbube, der seine großen Kachelöfen gewohnt ist, würde die Thüren so einer Hütte für ein Ofenloch halten, so finster und schaurig ist es innen. Aber es ist auch schmutzig, dass man beim Verweilen Mitleid mit den Schuhen bekommen möchte und doch schläft der Fellah mit seiner ganzen Familie in solchen Behausungen, aber dabei sieht er auch darnach ans. Für die Redaction: P. Xaver Geyer F. 8.6. — Druck von A. Wcger'S sb. Hofbuchdruckerci, Brixen.