©Slovenian Entomological Society, download unter www.biologiezentrum.at LJUBLJANA, DECEMBER 1997 Vol. 5, No. 2: 71-78 EINE NEUE OROTRECHUS-ART AUS DEN STEINER ALPEN IN SLOWENIEN (COLEOPTERA: CARABIDAE: TRECHINI) Božidar DROVENIK, Ljubljana, Roman MLEJNEK, Pardubice, und Josef MORAVEC, Vrby Abstract - A NEW SPECIES OF OROTRECHUS FROM THE KAMNIK ALPS IN SLOVENIA (COLEOPTERA: CARABIDAE: TRECHINI). A highly specialized blind carabid beetle, Orotechus slapniki sp. n., is described from the cave Kamniška Jama (cave Register No. 209), located in the Zeleniške Spice rugged ridge, in the Kamnik-Savinja Alps in Slovenia (UTM: VM73). This species belongs to the O. lucensis group (Daffner, 1990), with closest resemblance to O. lucensis Scheibel, 1935. Izvleček - NOVA VRSTA RODU OROTRECHUS IZ KAMNIŠKO-SAVINJSKIH ALP V SLOVENIJI (COLEOPTERA: CARABIDAE: TRECHINI) Visoko specializirani slepi jamski brzec Orotrechus slapniki sp. n. je bil najden v Kamniški jami (katastrska številka 209), ki leži v Zeleniških špic-ah v Kamniško-Savinjskih Alpah v Sloveniji (UTM: VM73). Spada v skupino O. lucensis (Daffner, 1990) in je najbolj soroden prav vrsti O. lucensis Scheibel, 1935. Einleitung Die Höhle Kamniska jama wurde erst im Jahr 1981 in den Steiner Alpen (Kamnisko-Savinjske Alpe) entdeckt. 1982 wurde in dieser Höhle Aphaenopidius kam-nikensis Drovenik, 1987 entdeckt. Bei weiteren Forschungen mit Fallen haben wir im 51 ©Slovenian Entomological Society, download unter www.biolojjteferiliEiirtailnologica slovetlica, 5 (1), 1997 Juni 1984 das erste Weibchen einer neuen Orotrechus-Art gefunden und zwei Jahre später noch ein Männchen. Obwohl wir auch in den zwei darauffolgenden Jahre in der Höhle Fallen aufstellen, konnten wir, und auch andere Kollegen aus Tschechien und Österreich kein weiteres Exemplar finden. Orotrechus slapniki sp. n. (Abb. 1-5,10) Material: Holotypus: Männchen, Kamniška jama, Zeleniške špice, 7. 1986, Planjava, Kamniške planine, leg. Drovenik, In coli. Pretner-Drovenik, Biol. inšt. ZRC SAZU, Ljubljana (Slowenien). Paratypus: Weibchen, mit denselben Angaben nur mit einem anderen Datum, 2. 6. 1984. In coli. Pretner-Drovenik, Biol. inšt. ZRC SAZU, Ljubljana (Slowenien). Beschreibung und Differenzialdiagnose: Die Gesamtlänge von der Mandibelnspitze bis zum Flülgeldeckenende beim Männchen 5,32 mm und beim Weibchen 5,19 mm. Körper (Abb. 1) ziemlich langgestreckt, glänzend, nicht pubescent. Kopf und Halsschild etwas dunkler, rotbraun, Flügeldecken hellgelb. Fühler und Beine rostbraun, Palpen gelb. Der Kopf gross und langgestreckt, Index Länge/Breite (vom Vorderrand des Clypeus bis zur Halsabschnürung gemessen) ist 1,27, genau so breit wie der Halsschild; Index Kopfbreite/Halsschildbreite bei beiden Geschlechtern 0,99. Die Art ist augenlos. Die Stirnfurchen mit fast regelmässigen, nach hinten divergierenden Bogen. Im zweiten Drittel des Kopfes grubig vertieft, auf dem Scheitel flach. Die Schläfen fast gerade mit dünnen und feinen Härchen, Oberseite mit vier langen, kräftigen Supraorbitalborsten besetzt. Der Hals nur undeutlich abgeschnürt. Die Fühler sind im Durchschnitt deutlich kürzer als der Körper, das hintere Viertel der Flügeldecken erreichend. Index Flügeldeckenlänge/Fühlerlänge beim Männchen 0,67 und beim Weibchen 0,66. Die Antennomeren einigermassen breit (Index 1,35 mm). Mittelwerte der Längen der einzelnen Fühlerglieder in mm: 0,30, 0,27, 0,39, 0, 41, 0,41, 0,41, 0,36, 0,33, 0,34, 0,29, 0,43. Die Mikroskulptur des Kopfes sehr fein, auf dem Scheitel mit rudimentären isodiametrischen Maschen, in Bereich der Stirnfurchen deutlicher ausgebildet. Der Halsschild lang und schmal, flach gewölbt; Index Breite/ Länge beim Männchen 0,84 und beim Weibchen 0,82, im vorderen Drittel am breitesten und zur Basis fast gerade verjüngt, Index Breite/Basisbreite beim Männchen 1,38 und beim Weibchen 1,44. Die Hinterecken gross, spitzwinkelig, an der Spitze scharfund seitlich markant herausragend. Die Halsschildbasis in der Mitte leicht nach oben gebogen, die Basaleindrücke tief. Die Mittellinie fein aber deutlich sichtbar, sie reicht nicht bis zum Basalrand. Die Epipleuren ziemlich breit, von oben sichtbar; Schildchen weit, nach hinten dreieckig zugespitzt, am Grunde fein genetzt. Die Flügeldecken langoval, flach, Index Länge/Breite beim Männchen und beim Weibchen 1,66, mit der breitesten Stelle im zweiten Drittel der Flügeldecken. Schultern sind in flachen Bogen verrundet und stark abgeschrägt. Nahtstreifen in der 52 B. Drovenik, R. Mlejnek, J. Moravec: Eine neue Orotrechus-Ait aus den Steiner Alpen in Slowenien Mitte leicht vertieft. Streifen sehr schwach bemerkbar, der 1. bis 3. innere Streifen undeutlich, die übrigen völlig erloschen; am dritten Streifen der Flügeldecken sind 4 bis 5 Borsten (meistens nur einseitig) vorhanden. Der erste diskale Borstenpunkt der Umbilicalserie befindet sich im Niveau zwischen dem 2. und 3. Posthumeralpunkt; der 2. Punkt liegt vor der Mitte der Flügeldecken (Abb. 10-11). Die Spitze ist scharf, die Apikaifurche kurz, aber ziemlich stark und deutlich ausgeprägt. Die Flügeldecken in der Hinterhälfte, besonders auf den Seiten und im Apikaiteil sehr fein gefurcht. Oberseite glatt, ohne Mikroskulptur, fein und dicht punktiert. Die Beine lang und schlank, das erstes Tarsenglied beim Männchen deutlich verbreitet. Die Hintertarsen im Verhältnis zu den Flügeldecken relativ lang (Index 2,32). Aedoeagus (Abb. 2-5) robust gebaut, 0,70 mm lang, in der Lateralansicht stark, zur Spitze gerade verjüngend. Aedoeagus beim O. lucensis (Abb. 6-9) aber an der Spitze etwas gebogen. Die Parameren sind kräftiger und breiter als beim O. lucensis und tragen 10 bis 12 Apikaiborsten. Der Innensack mit einem kurzen Plättchen. Derivatio nominis: Wir benennen diese neue Art zu Ehren unseres Kollegen und Höhlenforschers Dr. Rajko Slapnik, der uns bei den Höhlenforschungen sehr geholfen hat. Systematische und zoogeographische Bemerkungen zur neuen Art. Die Höhle Kamniska jama liegt im Zentralmassiv der Steiner Alpen (Kamnisko-Savinjske Alpe). Da die Höhle Trbiska zijalka bei Luce von der Kamniska jama gar nicht so weit entfernt ist, erwarteten wir in diesem Gebirgsmassiv nur den schon bekannten Art Orotrechus lucensis. Bei unseren faunistischen Forschungen waren wir daher sehr überrascht, als wir hier eine neue Arten entdecken, die wir hier nicht erwartet hatten. An der Nordseite des Zentralmassivs der Steiner Alpen befindet sich also Orotrechus lucensis und an der Südseite Orotrechus slapniki. Zwei sehr nahe verwandte Arten (Orotrechus haraldi, Orotrechus carinthiacus) sind nicht weit von hier aus Österreich (Obir) bekannt. Alle diese vier Arten passen in die Gruppe O. lucensis und sind sehr selten. Im Massiv von Raduha könnte noch eine weitere neue Orotrechus Art vorkommen. Die Verbreitungskarte der Orotrechus-Arten der Gruppe lucensis (Abb. 12) zeigt sehr schön zwei von einander getrennte Verbreitungsgebiete, einerseits im Südosten der Alpen ein Gebiet mit 4 Arten und in den Venetianischen Voralpen ein weiteres Gebiet mit ebenfalls vier bekannten Arten (Orotrechus gigas, O. dallarmii, O. schwien-bacheri und O. jamae). Zwischen diesen beiden Gebieten (Julische Alpen und Karst) kommen Orotrechus-Arten aus der anderen Gruppen(Orotrechus globulipennis-Gruppe) vor, die aber nicht so hoch unterirdisch spezialisiert sind wie die Arten aus der lucensis-Gruppe, die als die echten Troglobionten der Gattung Orotrechus bekannt sind. 73 ©Slovenian Entomological Society, download unter www.biolojflBeönteirtOtnologica slovenica, 5 (2), 1997 Liste der festgestellten Arten der Orotrechus lucensis-Gruppe 1. O. lucensis Scheibel, 1935: Trbiska zijalka, Parana jama, Luce ob Savinji, Slowenien 2. O. slapniki sp. n.: Kamniska jama, Zeleniske spiee, Planjava, Slowenien 3. O. haraldi Daffner, 1990: Lobnigschacht, Topitza, Kärnten, Österreich 4. O. carinthiacus Mandl, 1940: Stollen und Schächte im Hochobir und Freiberg, Karawanken, Kärnten, Österreich 5. O. gigas Vigna Taglianti, 1981: Buse Longhe (Pozzo del Col delle Tiezze), Polcenigo, Italien 6. O. dallartnii Daffner, 1983: Grotta Bortolomiol, M. Cesen, Valdobbiadene, Italien 7. O. schwienbacheri Grottolo & Martineiii, 1991: Grotte Vecchia Diga, M. Cavallo, Barcis, Italien 8. O.jamae G. Etonti & M. Etonti, 1979: Höhlen im Massiv Monte Cavallo, Italien B. Drovenik, R. Mlejnek, J. Mörave«dtHn©rneiU!tfc©/®irec/ii&.yAEfet0ausiiden Steiner Alpen,iatSlowenien Abb. 2-5: Orotrechus slapniki sp. n., Aedoeagus in Lateral- (2) und Dorsalansicht (3), Plättchen der Innensack (4) und Paramer (5). Abb. 6-9: Orotrechus lucensis Scheibel, Aedoeagus in Lateral- (6) und Dorsalansicht (7), Plättchen der Innensack (8) und Paramer (9). 55 ©Slovenian Entomological Society, download unter www.biolojjteferiliEiirtailnologica slovetlica, 5 (1), 1997 1mm Abb. 10-11: Umriß der linken Körperseite. Orotrechus slapniki sp. n.: 10; Orotrechus lucensis Scheibel: 11. Abb. 12: Die Verbreitung der Orotrechus-Arten der lucensis Gruppe in südöstlichen Alpen. O. lucensis: 1; O. slapniki sp. n.: 2; O. haraldi: 3; O. carinthiacus: 4; O. gigas: 5; O. dallarmii: 6; O. schwienbacheri: 7 und O. jamae: 8. 56 B. Drovenik, R. Mlejnek, J. Moravec: Eine neue Orotreclws-Ail aus den Steiner Alpen in Slowenien Danksagung Unser Dank gehört den Herren H. Daffner aus Eching und Prof. Dr. K. Hurka, Naturwiss. Fak., Karls-Universität im Prag, für die kritischen Bemerkungen zum Manuskript. Genau so bedanken wir uns bei Herrn Dr. Rajko Slapnik aus Kamnik für seine Hilfe bei unsern Höhlenforschungen. Literatur Bole J., B. Drovenik, N. Mršič, B. Sket, 1993: Endemie animals in hypogean habitats in Slovenia. Naše Jame, 35 : 43 - 55, Ljubljana. Casale A., R. Laneyrie, 1982: Trechodinae et Trechinae du monde. Tableau des sous-familles, tribus, series phyletiques, generes et catalogue general des especes. Mem. BiospeoL, 9: 1 - 226, Moulis. Casale A., M. Etonti, P. M. 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