'—^^ ^>>. 33. ' Erster Tjahrgang. ' ' 3». Mai R85'?'. Die Dillrchmütze. ! Eine vaterländische Etudir. ^ ^^s klinget gar sonderbar, wenn man im Wonnemonat, ^ dessen Vlumenduft nnd Frühlingslust selbst das frostigste ! Gemüth erwärmet, einen so winterlichen Gegenstand, wie die ! Aufschrift besagt, zur Sprache bringt, und wir können die ^ Besorgnis? nicht unterdrücken, daß man uus deßhalb retro- ! grader Tendenzen oder der völligen Unkenntniß der jetzigen ! Zeitrichtung beschuldigen werde. Dieser Vorwurf könnte um so begründeter erscheinen, da ja der moderne Amazonen- Hut eii: viel zeitgemäßeres und lohnenderes Objekt für eine > Federzeichnung wäre. Er ist der eigentliche Träger der Tages- , chronik, dic auch in unserer Stadt ihn als absoluten Ve- ^ Herrscher anerkennt, zu welcher hohen Stellung er sich in kürzester Frist mit einem in den hiesigen Annalen der Mode ! noch nicht verzeichneten Veifallc emporgeschwungen hat. Außer- ! dem sindet der aufmerksame Beobachter an ihm das, was ! er an der Pelzmütze vergebens sucht, nämlich die reizendste Mannigfaltigkeit in der Form und Ausschmückung, unter ihm rosige Lippen, blühende Wangen, feurige Blicke, oder > das Gegentheil von Allem dem, jedenfalls aber kann er bei tiefern psychologischen Studien über die Motive, welche diese ! oder jene Abweichung in der Gestalt, Verzierung und nament- ! lich in der Dimension des Hutiandes begründen, zu den ! untrüglichsten Schlüssen über dic Geheimnisse des in seinem ^ Schatten schlagenden weiblichen Herzens gelangen. ! Doch wir wollen bei der Villichmütze bleiben, in der j löblichen Absicht, dieses urwüchsige krainischc Produtt zn ! Ehren zn bringen, und dem bereits öfters in eindringenden Worten ausgesprochenen Wunsche, vor Allem das Vatcrlän- ^ dischc zu berücksichtigen, Folge leisten. Aus patriotischer ! ' Vorliebe, die von Manchem als verrosteter Provinzialismus ! gescholten wird, widmeten wir von jeher dieser echt natio- ! nalen Kopfbedeckung unsere Aufmerksamkeit, dazu kam noch ! das naturhistorische Interesse an dem drolligen Thicrchcn, ^ das mit seinem Valgc den Stoff zu jener liefert. Man muß den Vittichfang mitgemacht haben, in einer düstern Herbst- ! nacht, bei Fackelbeleuchtung, unter Anleitung eines erfah- ! rcnen Praktikers, wie sich solcher die Gottscheel, Reifnitzer ! undSchnecbcrger Gegenden mit vollem Rechte rühmen können; 1 man muß aus dem Munde eines solchen Mentors die Volks- traditionen über die Lebensweise des Villichs vernommen haben, und selbst Zeuge des beim Fange unterlaufenden Teufels- spuckes gewesen seiu, um zu begreifen, wie sich an die pro- saische Erscheinung dieser Mütze eine so kräftige Waldromantik anknüpfe, daß mit ihr all dic moderne Poesie des Amazonen- Hutes in gar keine Parallele gestellt werden kann. Das gespensterhafte Geraschel im welken Laube, die knurrenden Töne „dern" „dern" des nächtlichen Waldvölkleins, ihr gel- lendes Gcquicke bei all zu zärtlichen Liebkosungen, wie sie bei dieser bissigen Familie gang und gäbe sind, die schnal- zenden Lauic der Nachteule, welche häufig als plötzliches Ungewitter zwischen die in alle Weltgcgcnocn zerstäubende Notte fährt, das „Klip" „Klap" der dic genäschigen Nager erfassenden Fallen, die in den lctzien Todcszuckungen zappeln- den Fettwänste, endlich ein Festdiner mit geschmorten Villi- chen, in einem Fettozean schwimmend, all dieß bunte Gewirre von Naturlauten und Naturbildern rcproduzirt eine nicht allzu träge Phantasie beim bloßen Anblick einer Villichmütze. Sie ist ein Charakterbild unseres Landes. Wir wollen damit nicht gesagt haben, was Manche irrthümlich behaupteten und welches Märchen selbst Valvasor seinen Lesern auftischt, daß der Villich bloß in Krain vorkomme; nein, so engherzig ist unser Patriotismus nicht, daß wir auf Kosten der Wahrheit dem Rellmausgcschlechte dic natürlichen weiten Gränzen seiner geo- grasischcn Verbreitung beeinträchtigen würden, aber mit Fug und Recht können wir den Satz aufstellen, daß Krain das gelobte Land dieses Nager-Geschlechtes sei. Man gönne dem Villich anderswo dic üppigsten Fcttweiden in den herrlichsten Buchenwäldern, so wird es doch nirgends zu jenem strotzenden Ansätze des blühendsten Fettes, zu jener vollendeten Ausbil- dung des sammetweichen, silberdurchwirtten Pelzes bringen, uls eben bei uns, wo die Natur nicht nur für die Stillung seines Appetites hinlänglich gesorgt, sondern ihm auch zur behaglichen Ruhe, ungestörten Verdauung, in sich gekehrten Sclbstanschauung und zur Sicherstelluug vor feindlichen An« griffen, ein weitverzweigtes System von Höhlen und Löchern, roväine genannt, für deren Ausbeute die Villichfänger der Herrschaften manch blanken Thaler zahlen mußten, zur freien Disposition gestellt hat. Selbst die Sorgsalt der römischen Gourmands, von denen die Villichc in eigenen Gehegen, die sie Glirarien nannten, zu wahren Fettklumpen gemästet wurden, konnte denselben kein bequemeres, kein schöneres Dasein be- reitet haben. Gegenüber diesem Reichthum an naturhistorischen Be- ziehui.gen, welche die Villichmütze darbietet, ist ihre geschicht- liche Seite ein quellarmes und völlig steriles Gebiet, wo man sich nur in vagen Vermuthungen ergehen kann. Für die Mode-Journale war sie stets ein 11011 l>»s; selbst die heimi- schen Schriftsteller hielten es bisher nicht der Mühe werth, eine ausführlichere Beschreibung davon zu liefern. Die ältesten schriftlichen Nachrichten über den mit ihr in innigem Zusam- ^ inenhang stehenden, in Krain seit jeher storirenden Villich- , fang reichen nicht über das 16. Jahrhundert zurück. Der ! gewissenhafte Matthioli, dem wir die älteste Notiz über letzteres Thema verdanken, macht nicht mit einer Sylbe des Billichfclles Erwähnung, das ihm gewiß Gelegenheit geboten hätte, auf das Kapitel der Kopfbedeckung zu kommen, obwohl er dem Fette des Villichs, als einem landesüblichen probaten Heilmittel gegen manche Leibesschäden, mehrere Zeilen widmet. Doch dürfte bei dem Umstände, daß die Baucru an diesem Erbstücke der Landestracht ihrer Vorfahren noch immer mit besonderer Pietät hängen, und bisher jeden Eingriff der Mode von selbem mit Entschiedenheit abgewehrt haben, die Ver- muthung gerechtfertigt erscheinen, daß sie schon in uralten Zelten bei uns im Gebrauche war, und wenn die Verthei- diger der Slavizität der einstigen Pannonier in der slavisch seinsollendcn Wurzel dieses Voltsnamens einen triftigen Grund für ihre Behauptung gcsnnden zu haben glauben, so können wir ihnen anch die Durchführung des Beweises, daß jene Urbcwohner Krain's schon die Billichmütze kannten, ge- trost überlassen. Techszehn Bittichfelle, in der Art zusammengenäht, daß sich die weißen Bauchräuder zu abwechselnden parallelen Strei- fen an einander reihen, wodurch eine wohlthuende Nuanci- rung in das einförmige Grau des Pelzes gebracht wird, bilden das Stoffliche der Villichmütze. Ihre Gestalt ist die eines abgestutzten Kegels, an dessen Mantelfläche sich der umstülp- bare, mit einem Schlitz versehene Rand eng anschließt. Der besagte Schlitz ist die einzige Stelle, die mit Bändern und Maschcn geziert ist, sonst ist die Mütze durch und durch Pelz, man drehe und wende sie wie immer, ja man stülpe sie völlig um, sie verläugnet ihren Charakter in keiner Situation. Eine weitläufigere Erörterung ihrer sonstigen Vorzüge wird uns dadurch erleichtert, da eine in jüngster Zeit ihr zu Theil gewordene Auszeichnung ohnehin alles besagt, was man nur immer zu ihren Gunsten anführen könnte. Sie wurde nämlich bei der Wiener Mai-Ausstellung im Augartcn mit der kleinen silbernen Medaille prämiirt. Dieses, in ihrer sonst einförmigen Geschichte epochemachende Ereigniß hat uns bei der großen Theilnahme, die, wir seit jeher ihr schenkten, um so angenehmer berührt und zu dem Entschlüsse gebracht, durch die Presse zu ihrer Verherrlichung nach Kräften beizutragen. Es war gewiß ein glücklicher Gedanke der krain. Landwirthschaft-Gesellschaft, dasi sie ein Eremplar dieses vaterländischen Industrie-Pro" duktcs für die Abtheilung der Gegenstände häuslicher Industrie nach Wien sandte; ebenso ist es der beste Beweis für die eindringende Prüfung, welcher die dortigen Preisrichter die ^ eingelangten Ausstellungsobjekte unterzogen, daß sie unter der ! erdrückenden Menge von Kleidungsstücke» und Kopfbedeckungen ! den Werth dieses bescheidenen Artikels herauszufinden wußten. ! Solidität, Zweckmäßigkeit und Billigkeit waren, wie der Aus- stcllungs-Katalog besagt, die Gesichtspunkte, von denen die ^ Jury bei der Preisvcrtheilung in dieser Abtheilung ausging) ! diesem Allem entspricht unser Client vollkommen, und es ist ^ kein hyperbolischer Ausdruck, wenn wir den Preis von 30 Kreuzer pr. Stück einen fabelhaft billigen nennen. ! „Der Villichmütze steht eine glänzende Zukunft bevor!" ! also wird mancher patriotische Enthusiast ausrufen, und ^ „Master Vorwärts" würde schon jetzt im prophetischen Geiste, ! bei ziffermäßigcr Spcziftzirung derpekuniärenVortheile, die daraus > unserm Lande erwüchsen, ihrem Erporte die kühnsten Bahnen ! verzeichnen. Doch so sanguinisch sind unsere Hoffnungen niHt. Vorerst muß ihr bedeutendster Gegner aus dem Felde geschlagen , werden, nämlich der Cylinder-Hut. Doppelt willkommen ! war uns daher ein Aufsatz, betitelt: „Hnt und Kappe" in ! der letzten Nummer der österreichischen Zeitschrift, für Heil- z künde, worin die Naturwidrigkeit der „Angströhre" aus Sani- tätsrücksichten nachgewiesen, und für den Winter die Pelzkappe, für den Sommer der Strohhut warmstens anempfohlen wird. ! Sollte, was wir sehnlichst wünschen, die Wucht der medizini- ^ schen Gründe auf der Wagschale der Pelzrappe vollends den ! entscheidenden Anoschlag geben, dann wird auch die Billich- ! mutze an den Triumphen der Pelzkappe partizipiren können,, ^ Verschiedenes. <3ntdcckunss Amerika's durch die <5hiuesen Der californische „Demokrat" theilt nach dem „San Fran- cisco Bulletin" einen Aufsatz des chinesischen Dolmetschers ! I. Hanley über die frühesten Entdecker Amerika's mit. j Danach hätten Chinesen Amerika schon vor 1400 Jahren ^ entdeckt und das Land (offenbar Mcrikoi, welches 20.000 > chinesische Meilen weit ostwärts liege, beschrieben. Nach ! ihnen kamen 492 n. Chr. buddhistische Priester von dort zurück, i die meldeten, daß 4ö9 schon buddhistische Traktätlein und ! Götzenbilder dort ausgetheilt worden seien. Die nennen das ! Land: Fusang, von einein Baume, der dort wachse, mit Vlät- , tern ähnlich des Vambus, dessen Früchte die Eingcborncn ! essen und aus dcsscn Ninde sie Kleider weben. Anck Bücher ! hatten sie auf die Rinde des Fufang geschrieben. Von dem- ! selben Baume (dem Maquay) sagt Vrcscott später, daß man ' seine Rinde, in einen Brei verwandelt, zu Papier verarbeite; ! aus dem Safte mache man das berauschende Getränk, die ! „Pulque," währcud man mit den Blättern die Dächer decke; > die Fibern geben Stricke, und selbst die Wurzel biete eine ! nahrhafte Speise. Kurz, die Pstanze lieferte den Azteken ^ zur Zeit der chinesischen Entdeckung Alles, wie später auch. Die Chinesen melden ferner, die Eingebornen hätten kein Eisen, sondern nur Kupfer, und alle Werkzeuge, mit denen ! sie Metall und Steine bearbeiteten, wurden aus einer Mi-»