UDK 243:091 = 112.2(497.4)"2" GEISTESGESCHICHTLICHE UND LITERARHISTORISCHE ASPEKTE EINES SPÄTMITTELALTERLICHEN PRIVATGEBETBUCHES DER NATIONAL- UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK VON LJUBLJANA Marija Javor Briški 1. Gebete als Ausdruck der Zuwendung des Menschen zu Gott sind in einer nahezu unüberschaubaren Fülle mittelalterlicher Gebetbücher1 auf uns gekommen, die zum Großteil als handschriftliche Zeugnisse ihr Dasein fristen und von der Forschung bislang wenig Beachtung fanden2. Zu unterscheiden sind zwei Arten von Gebetbüchern: 1) die liturgischen, für den Gottesdienst bestimmten, die in der eher starren kirchlichen, lateinisch-römischen Tradition verankert sind und über einen mehr oder minder festen Kanon verfügen, und 2) die privaten, die aufgrund ihres individuellen Charakters in der Geschichte ihres Bestehens einen größeren Wandel erfahren3 und die vielfachen, sich verändernden Strömungen ausgesetzten Frömmigkeitsformen ihrer Besitzer widerspiegeln; allerdings sind sie nicht auf den außerliturgischen Gebrauch beschränkt, sie finden auch während des Gottesdienstes Verwendung4. Der persönliche Zug des Privatgebetbuches tritt um so deutlicher vor Augen, je weiter sich die Zusammenstellung der darin enthaltenen Gebete vom liturgischen Kanon entfernt. Auch manifestiert sich der persönliche Zug solcher Gebetbücher in der Verschiedenheit der Sammlungen, die den Bedürfnissen des einzelnen gerecht werden.5 "Indem sie die Grundlage für das persönliche Gebet des Einzelnen 1 Das trifft insbesondere für die Laiengebetbücher des Spätmittelalters zu, die beispielsweise in den Handschriftenabteilungen der Bibliotheken von Darmstadt, München, Nürnberg und Stuttgart in großer Menge vorhanden sind. Siehe Kataloge: Gerhard Achten u. Hermann Knaus: Deutsche und niederländische Gebetbuchhandschriften der hessischen Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt. Darmstadt 1959; Erich Petzet: Die deutschen Pergament-Handschriften Nr. 1-200 der Staatsbibliothek in München. München 1920; Karin Schneider: Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München. Bd. 2-6. Wiesbaden 1965; dies.: Die Handschriften der Stadtbibliothek Nürnberg. Bd. 1: Die deutschen mittelalterlichen Handschriften. Wiesbaden 1970-1991; Virgil Ernst Fiala u. Wolfgang Irtenkauf: Die Handschriften der württembergischen Landesbibliothek Stuttgart. 1. Reihe. Bd. 3.: Codices Brevarii. Wiesbaden 1977. 2 Vgl. Franz Xaver Haimerl: Mittelalterliche Frömmigkeit im Spiegel der Gebetbuchliteratur Süddeutschlands. München 1952. S. 1. 3 Vgl. Josef Andreas Jungmann: Christliches Beten in Wandel und Bestand. München 1969. S. 6f.; F. X. Haimerl: Mittelalterliche Frömmigkeit... (wie Anm. 2). S. 3. 4 Lexikon des Mittelalters (im folgenden LexMa). Hrsg. von Norbert Angermann u. a. Bd. 4. München; Zürich 1989. Sp. 1159. 5 Vgl. Gerhard Achten: Das christliche Gebetbuch im Mittelalter: Andachts- und Stundenbücher in 3 darstellen, werden Andachtsbücher zu Dingen der menschlichen Privatsphäre mit individuellem Charakter, und dies nicht nur aufgrund ihrer jeweiligen Textzusammenstellung und Einzigartigkeit der künstlerischen Ausstattung, sondern [...] im Hinblick auf die vielen eigenhändigen Nachträge, Erweiterungen mit familiären Nachrichten und medizinischen Rezepten für ein gesichertes Wohlergehen", was von der "lebensbegleitenden Funktion" der Gebetbücher zeugt.6 In der folgenden Betrachtung liegt der Schwerpunkt auf dem Privatgebetbuch der Laien, wobei allerdings eine scharfe Abgrenzung gegenüber der für Mönche und Weltgeistliche bestimmte Gebetbuchliteratur nicht immer möglich sein wird, zumal das Gebetbuch für den privaten Gebrauch des Laienstandes auf klösterlicher Gebetspraxis und Gedankenwelt beruht und von dort immer wieder neue Impulse erfahren hat. Der Psalter ist das älteste, "seit frühchristlicher Zeit aus der jüdischen Tradition übernommene Gebetbuch par excellence".7 Die Gläubigen schöpften daraus ihre geistliche Nahrung sowohl innerhalb als auch außerhalb des Gotesdienstes. Er ist aber nach Ansicht Haimerls nicht als erstes Laiengebetbuch zu postulieren, wenngleich er für die Herausbildung der ersten Privatgebetbücher des christlichen Abendlandes, die in den Fürstengebetbüchern der Karolingerzeit konkrete Formen annahmen, von maßgeblicher Bedeutung ist.8 Diese sogenannten Libelli precum enthalten nämlich neben zahlreichen Gebeten, Hymnen und Offizien auch die sieben Bußpsalmen.9 Im iro-schottischen Christentum und der Überlieferung der Kirchenväter wurzelnd, erlangten sie insbesondere durch die Vermittlung Alkuins auch auf dem Festland Verbreitung. Als Gebettypus für diese Gebetbücher kennzeichnend waren: 1) das traktatähnliche, gegen den Adoptianismus gerichtete Dreifaltigkeitsgebet mit Betonung der Gottheit Christi und der bis dahin in der römischen Liturgie unbekannten trinitarischen Gebetsanrede10, 2) die Confessio oder Apologie, die durch Aufzählung der Tugenden und Laster zur Bewußtwerdung von Gut und Böse führen sollte11 und 3) die gleich dem Dreifaltigkeitsgebet aus irischer Überlieferung stammenden Loricae oder Schildgebete12, in denen man, wie Achten formuliert, "den Schutz der göttlichen Mächte, besonders der Dreifaltigkeit, herabruft."13 An diesem auf die gesellschaftliche Elite der damaligen Zeit beschränkten Laiengebetbuch hatte, wovon schon der Name zeugt, das einfache Volk keinen Anteil. Dessen Frömmigkeit äußert sich dagegen im Beten des Vaterunser und des Glaubensbekenntnisses, was man auch aus den zahlreichen Übersetzungen in die Handschriften und Frühdrucken. Wiesbaden 21987. S. 8. 6 Joachim M. Plotzek: Andachtsbücher des Mittelalters aus Privatbesitz. Köln 1987. S. 7. 7 Theologische Realenzyklopädie (im folgenden TRE). Hrsg. von Gerhard Krause u. a. Bd. 12. Berlin; New York 1984. S. 106. 8 Siehe F. X. Haimerl: Mittelalterliche Frömmigkeit... (wie Anm. 2). S. 13f. 9 LexMa (wie Anm. 4). Sp. 1160. 10 G. Achten: Das christliche Gebetbuch... (wie Anm. 5). S. 9. n Ebd. 12 TRE (wie Anm. 7). S. 106. 13 G. Achten: Das christliche Gebetbuch... (wie Anm. 5). S. 22. (Zu den Schildgebeten siehe auch unten im Abschnitt über die Laiengebetbücher des Spätmittelalters.) 4 Muttersprache ersehen kann. Als drittes im Volk weit verbreitetes Gebet kam bald noch das Ave Maria hinzu.14 Die Gebetslehre des Mönchtums erfuhr durch die Reformbewegungen in der zweiten Hälfte des 11. und im 12. Jahrhundert und durch die Gründung neuer Orden einen großen Aufschwung. Nach "Cassians Lehre von der Discretio und Contemplatio sowie der stufen weisen Verinnerlichung des Schauens"15 und den stilistischen Vorbildern Augustins und Gregors I. schreiben die großen Theologen der Zeit ihre "Glaubenserfahrungen nicht nur in theoretischen Schriften, sondern auch in Gebetstexten und Meditationen"16 nieder, die sie hochgestellten Persönlichkeiten widmen. Diese fanden im Gegensatz zu dem ersteren weite Verbreitung und offenbaren in der großen Anzahl von Mariengebeten, die die Gottesmutter als "Mittlerin der Gnade" darstellen17, das gesteigerte Bedürfnis des Menschen "nach sekundärer Vermittlung"18, denn "[i]m Bilde der christlichen Glaubenswelt", so Jungmann, "war die Gestalt des verklärenden Gottmenschen mehr und mehr verdunkelt und abgeblendet."19 Aus dem benediktinischen Mönchsideal ora et labora erwuchs an die Klosterleute die Forderung nach ununterbrochenem Gotteslob, der Laus perennis, die sie in den Hören, den zu bestimmten Tagzeiten festgelegten Chorgebeten, zu erfüllen hatten.20 Als Gebetbuch benutzten sie den Psalter, worin immer mehr, hauptsächlich aus Psalmen, Cantica, Hymnen und Capitula zusammengesetzte Offizien Aufnahme fanden. Aus diesen dem persönlichen Anliegen der Gläubigen Ausdruck verleihenden Sonderoffizien des Chorgebetes entwickeln sich zu Beginn des 14. Jahrhunderts die für den Laien bestimmten Stundenbücher, die, in erster Linie auf die adlige und bürgerliche Oberschicht beschränkt, an die Stelle der Fürstengebetbücher und Psalter traten. Kernstücke dieser livres d'heures, wie sie in Frankreich genannt werden, bilden die Offizien Maria und des heiligen Kreuzes.21 Obwohl die "Stundenbücher durch individuell konzipierte Gebetssammlungen beträchtlich erweitert"22 wurden, zeugen sie durch die am Chorgebet orientierte Einteilung in Tagstunden von einer gewissen Starrheit und bieten damit der Entfaltung des persönlichen Frömmigkeitslebens nur wenig Raum. Deshalb hat die zu religiösen Zwecken erfolgte Anwendung der Stundenbücher das 16. Jahrhundert nicht überdauert. Trotz vielfacher Bemühungen, den Laienstand an den Mysterien des Glaubens teilhaben zu lassen, bestand durch das rigide, traditionsbewußte und in lateinischer Sprache abgehaltene Chorgebet zwischen der Geistlichkeit und dem Volk eine tiefe Kluft, deren Überwindung man vor allem seit dem 12. Jahrhundert in den Kreisen der Konversen, der in den Benediktinerklöstern und in den 14 Ebd., S. 23. 15 Ebd., S. 16. 16 Wie Anm. 15. 17 TRE (wie Anm. 7). S. 106. 18 J. A. Jungmann: Christliches Beten... (wie Anm. 3). S. 100. 19 Ebd. 20 G. Achten: Das christliche Gebetbuch... (wie Anm. 5). S. 20. 21 Ebd., S. 31. 22 3. M. Plotzek: Andachtsbücher... (wie Anm. 6). S. 22. 5 neugegründeten Orden lebenden Laienbrüder und -schwestern, anstrebte. Dasselbe Anliegen hatten als Vertreter der zwecks praktischer Aufgaben zusammengeschlossenen Gemeinschaften unter anderen auch die Hospitalbrüder, ebenso die Drittorden, die Beginen, die spätmittelalterlichen Bruderschaften und die Brüder und Schwestern vom Gemeinsamen Leben, die sich zur Vertiefung ihres Glaubens ohne Ablegung von Ordensgelübden zusammenschlössen.23 Um das Bedürfnis nach persönlicher Gotteserfahrung zu stillen, wurden Gebetssammlungen für den privaten Gebrauch angelegt mit vielen "Gebeten, Hymnen und Andachten aus der gesamten christlichen Überlieferung"24, die später sogar in die Muttersprachen übersetzt wurden. In großem Maße beinflußt wurde dieses Streben nach persönlicher Gotteserfahrung außerhalb der Liturgie durch das "Eindringen der Mystik in die Gebetsfrömmigkeit"25, getragen durch die beiden großen Bettelorden, den Franziskanern mit ihrer Mystik der Christus- und Gottesminne und den Dominikanern, deren Passionsmystik, mitunter erkennbar an den zahlreichen Gebeten zu den Wunden Christi als Ausdruck von Christi "Minnezeichen", das Frömmigkeitsleben des ausgehenden Mittelalters in bedeutsamer Weise formten.26 Einschneidend geprägt wurden diese Manifestationen religiöser Subjektivierung auch von der Devotio moderna, einer zu den Mystikern der Bettelorden in enger Beziehung stehenden Bewegung, die von dem Niederländer Gert Groote mit seinen "ästhetisch religiösen Erneuerungsbestrebungen"27 ins Leben gerufen wurde. Hauptziel dieser mystischen Strömung war die "Nachfolge Christi" im eigenen Leben, also eine "praktische werktätige Frömmigkeit"28. Die folgende Darstellung bietet einen Überblick über die zahlreichen im Spätmittelalter, vornehmlich zwischen 1450 und 153029 entstandenen Privatgebetbücher, zu denen auch das Gebethbuch Ms 224 der National- und Universitätsbibliothek von Ljubljana gehört. Das vielfältige Repertoire dieses spätmittelalterlichen Gebetbuchtypus, der die aus allen Richtungen strömenden Einflüsse widerspiegelt, reicht von verschiedenen Gebeten30, wie Memento-, Reim-und Ablaßgebeten, Beichten, Passionsandachten, den litaneiförmigen Christus- und Marienandachten bis zu den Segensformeln, die schon im Gebetbuch von Muri31 aus dem 12. Jahrhundert zu finden sind.32 In dem auf orientalisch-irischer Tradition fußenden Memento-Gebet, der manunge, bringt der Betende "vor Gott, Christus oder Maria das Heilsgeschehen in Erinnerung, um sich", wie Achten formuliert, "der Bedeutung dieser Heilstaten Gottes für seine eigene Person bewußt zu 23 G. Achten: Das christliche Gebetbuch... (wie Anm. 5). S. 26. 24 TRE (wie Anm. 7). S. 107. 25 F. X. Haimerl: Mittelalterliche Frömmigkeit... (wie Anm. 2). S. 34. 26 Ebd., S. 35f. 27 Ebd., S. 58. 28 Ebd., S. 59. 29 TRE (wie Anm. 7). S. 107. 30 G. Achten: Das christliche Gebetbuch... (wie Anm. 5), S. 37ff. 31 Cod. 69 des Klosters Muri-Gries bei Bozen; siehe Gerhard Eis: Altdeutsche Zaubersprüche. Berlin 1964. S. 116ff. 32 TRE (wie Anm. 7). S. 107f. 6 werden."33 Nach christlicher Philosophie des Mittelalters, die auf neuplatonisch-augustinischer Überlieferung gründet, wird die Vereinigung der Seele mit Gott durch "Erkenntnis, Wille und Memoria" erreicht. "Wenn in jedem Menschen durch göttliche Auserwählung die 'Idee' des Heilsgeschehens angelegt ist, kann sie durch die ständige Übung der Memento-Gebete wirksam werden."34 Charakteristisch für die Gebetsart sind litaneiartige Ermahnungen, die mit Pater noster und Ave Maria abwechseln. Nicht allein der Gebetstext ist von Bedeutung, er ist verbunden mit eingestreuten Anweisungen, die sich auf die Handlungen bzw. auf die Körperhaltung während des Gebets beziehen, sowie mit dem Hinweis auf Ergänzung durch "Werke praktischer Nächstenliebe".35 Ein im Spätmittelalter häufig vorkommendes Memento-Gebet sind die Salutationes ad membra Christi et Mariae,36 Die schon oben genannten Reimgebete dienten seit der Karolingerzeit der Einprägung von Glaubenswahrheiten.37 Eine Verbindung zur irischen Tradition besteht auch bei den Ablaßgebeten mit den auch für die Memento-Gebete typischen litaneiförmigen Anrufungen38 sowie den begleitenden Gebärden und Opfergaben. Sie haben sich, wie die Memento-Gebete, aus den bereits erwähnten Schildgebeten39 entwickelt, die als "Schild des Glaubens"40 gegen Dämonen schützen sollten. Nach Achtens Auffassung war die "Lorica [...] ursprünglich eine christliche Umdeutung alter, heidnischer Zauberformeln, durch die man den Schutz der göttlichen Mächte, besonders der Dreifaltigkeit herabruft. Auch der intensive Kult von Engeln und Heiligen ist auf solche altkeltischen und altgermanischen Beschwörungsformeln zurückzuführen."41 Daß der Heiligenkult auf das von Dämonenglanben beherrschte Heidentum zurückzuführen sei, wird neben anderen auch von Haimerl42 und Jungmann43 vertreten. Dieser allgemeinverbreiteten 33 G. Achten: Das christliche Gebetbuch... (wie Anm. 5). S. 38. 34 Ebd. 35 Ebd. 36 Ebd. 37 Ebd., S. 22. 38 Ebd. 39 J. A. Jungmann nennt sie "Panzer". Siehe: Christliches Beten... (wie Anm. 3). S. 63. 40 G. Achten: Das christliche Gebetbuch... (wie Anm. 5). S. 20. 41 Ebd., siehe auch S. 24. 42 F. X. Haimerl: Mittelalterliche Frömmigkeit... (wie Anm. 2), 32f.: "Die damalige Welt war von starkem Zauberglauben beherrscht. Das Christentum sah sich deshalb vor eine schwierige Aufgabe gestellt. Die Form an sich konnte nicht ohne Widerstand und, ohne im vorhinein auf jeden Missionserfolg zu verzichten, zerstört werden. So konnte nur die alte Form mit neuem Inhalt erfüllt werden. Die alten Götternamen wurden ersetzt durch die christliche Gottbezeichnung. Daneben traten die Heiligen als überirdische Helfer durch ihre Fürbitte. Es entstanden Beschwörungs- bzw. Segensformeln zunächst zum Gebrauche der Mönche, der Kirche, daher von liturgischem Charakter. Neben diesen neuerworbenen Gebeten hatte die Kirche in ihrer Liturgie schon eine große Zahl von Weihe- und Segensformeln. Auch sie haben von diesem Magischen angenommen. Man hat [...] vor allem viele Heiligennamen aufgenommen [...]. Es gehören hierher auch die litaneiähnlichen Gebete, in welchen durch unermüdliche Berufung auf die Groß- und Heilstaten Gottes, insbesondere Christi, übernatürliche Hilfe erfleht wird [...]." 43 Siehe J. A. Jungmann: Christliches Beten... (wie Anm. 3), S. 65: Zu den allgemeinen christlichen Antrieben zum Gebet kommt als übermächtige Triebkraft eine Dämonenfurcht, die wohl aus einem nie ganz überwundenen Heidentum ererbt ist [...]." 7 Ansicht bringt Daxelmüller44 Argumente entgegen, die sich auf die neueren Forschungsergebnisse der Volkskunde stützen. Er übt Kritik an der unter dem Einfluß Jacob Grimms und der mythologischen Schule des 19. Jahrhunderts stehenden Rückführung alter Glaubensformen auf die germanischen Götter und Kulte: Die schriftlichen und archäologischen Zeugnisse über germanische Geschichte, Religion und Kultur reichten nicht aus, um aus ihnen ein Bild des vorchristlichen Altertums erstellen zu können. In der Abartigkeit rezenter Aberglaubensformen, seien es nur Segensformeln, die sich formal mit den Merseburger Zaubersprüchen verbinden ließen [...], vermutete man die Reminiszenz an germanische Götter und Kulte. Das HDA ist solchen Mißdeutungen in hohem Maße erlegen,45 Der Dämonenglaube muß demnach nicht unbedingt heidnischen Ursprungs gewesen sein, auch in der Bibel finden sich Stellen, die von der Austreibung böser Geister handeln.46 Die hier angeführte Kontroverse über den Ursprung des in Gebeten und Segensformen in Erscheinung tretenden Dämonenglaubens sei den Ethnologen und Religionswissenschaftlern zur Diskussion gestellt. Allerdings ist nicht zu leugnen, daß, vor allem aus heutiger Sicht betrachtet, in den privaten Gebetbüchern des ausgehenden Mittelalters ein Hang zu den von den zentralen Glaubenswahrheiten weit entfernten Randbereichen religiösen Denkens und Fühlens hervortritt, erkennbar an den rituellen Anweisungen zum Gebet, den unzähligen Ablaßversprechungen und der Heiligenverehrung.47 In diesem kurzen Aufriß über Gebetbuch und Frömmigkeit zeichnet sich in der Gebetbuchliteratur eine Entwicklung ab, die von den strengen, hauptsächlich liturgisch gebrauchten Formen des Früh- und Hochmittelalters, an der größtenteils nur die Geistlichen teilhaben und die für eine persönliche Zwiesprache mit Gott, für eine Verinnerlichung des Glaubens meist nur wenig Raum bietet, wegführt zu einer Individualisierung der Gebetspraxis in der privaten Andacht außerhalb der kirchlichen Organisationsformen mit den in weiten Kreisen verbreiteten spätmittelalterlichen Gebetbüchern. Inwieweit sich das oben angeführte Manuskript Ms 224 in die Tradition der Gebetbuchliteratur einfügt, wird ersichtlich sein aus der folgenden Untersuchung, insbesondere aus dem Abschnitt, wo die literarischen Typen der im vorliegenden 44 Christoph Daxelmüller: "Vorwort" zum Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Hrsg. von Hanns Bächtold-Stäubli unter Mitw. von Eduard Hoffman-Krayer. Bd. 1. Unveränd. photomechan. Nachdr. von 1927. Berlin; New York 1987. S. V - XXXIV, hier S. Xllff. 45 Ebd., S. XXXI. - Schon Gerhard Eis bezweifelt die Rückführung der neudeutschen Formeln auf altdeutsche und der altgermanischen auf urindogermanische; er plädiert vielmehr für eine Polygenese der Formeln bzw. für spätere Vermittlung: "Es sind zu allen Zeiten Zaubersprüche entstanden. Gegenüber der weitverbreiteten Neigung, die neudeutschen auf altdeutsche Formeln und die altgermanischen auf urindogermanische zurückzuführen, ist Skepsis geboten. [...] In Deutschland wurde seit der römischen Besatzungszeit zugleich mit den aus Südeuropa kommenden Einflüssen auch viel orientalisches Wandergut durch literarische und außerliterarische Kanäle - durch Truppen, Tierhändler, Artisten usw. -eingeschleust, und darunter können sich auch die aus Indien stammenden Zaubersprüche befunden haben." In: Altdeutsche... (wie Anm. 31). S. 2. 46 Siehe Mt. 10,1; Mk. 1,23; 1,41; 3,30; 7,34; 9,25; Lk. 6,18; Apg. 5,16; 8,7; 16,16-18; 19, 11-12. 47 Vgl. J. A. Jungmann: Christliches Beten... (wie Anm. 3). S. 124ff. 8 Gebetbuch gesammelten Texte behandelt werden, und aus den Hinweisen auf Paralleltexte in anderen mittelalterlichen Handschriften. * * * 2. Das vorliegende, in gotischen Ledereinband des 15. Jhs.48 eingebundene Gebetbuch wird unter der Signatur Ms 224 in der Handschriftenabteilung der National- und Universitätsbibliothek in Ljubljana aufbewahrt. Das 80 Blätter umfassende Manuskript, das hauptsächlich aus Papier besteht - nur die beiden Vorsatzblätter, die die erste und letzte Lage umfassen, sind aus Pergament - wurde von drei Händen mit schwarzer bis schwarzbrauner Tinte in oberdeutscher Bastarda des 15. Jhs. aufgezeichnet. Der Entstehungsort ist unbekannt. Unbekannt ist auch der Auftraggeber, allerdings steht auf dem vorderen Pergamentblatt ein zum Teil unleserlicher Besitzervermerk von 1550, wo ein gewisser hans fpynler holhper zu labach angeführt wird. Zur Entstehungszeit gibt es in der Handschrift indes keine Angaben. Diese konnte nur anhand des Wasserzeichens, einer Waage, die in der Wasserzeichenkartei von Gerhard Piccard unter der Nr. V 563 angeführt wird und für 1472 in Gemona del Friuli nachgewiesen ist49, und der Untersuchungen zur Schreibsprache50 näher ermittelt werden. So wird für Hand 1 die Entstehungszeit um 1472 angesetzt, für Hand 2 und 3 dagegen Ende des 15./Anfang des 16. Jhs. Die Schreibsprache ist überwiegend südbairisch, vereinzelt finden sich lateinische Einsprengsel.51 Ältere Angaben zur Handschrift finden sich in folgenden Werken: Milko Kos und F. Stele: Srednjeveški rokopisi v Sloveniji. Ljubljana 1931, S. 116. Janez Stanonik: Ostanki srednjeveškega nemškega slovstva na Kranjskem. Ljubljana 1957. S. 8, llf., 41ff. Katalog rokopisov Narodne in univerzitetne knjižnice v Ljubljani. Ms 100 -Ms 399. Ljubljana 1980. S. 39. Beim Versuch einer genauen Bestimmung der in der vorliegenden Handschrift vorkommenden literarischen Typen als Gebet, Segen und Zauberspruch ergeben sich, wie bei jeder Systematisierung, erhebliche Probleme, weil eine eindeutige Zuordnung trotz der gängigen Klassifikation nicht immer möglich ist, denn die Grenzen sind im allgemeinen fließend. "Die Grenze zwischen offiziellem Segen des liturg. Gebrauchs u. dem magisch wirksamen Zauberspruch] läßt sich kaum genau bezeichnen, ebensowenig oft die Grenze zwischen beschwörendem Bittgebet u. magisch bannendem Zauberspruch] [...]."52 Für einen Verzicht aufklare Definition 48 Vgl. Lexikon der Buchkunst und Bibliophilie. Hrsg. von Karl Klaus Walther. Leipzig 1987. S. 152. 49 Gerhard Piccard: Wasserzeichen Waage. Stuttgart 1978. S. 201. 50 Zur genaueren Analyse siehe Marija Javor Briški: "Untersuchungen zur deutschen Schreibsprache eines spätmittelalterlichen Gebetbuches von Ljubljana. In: Lingüistica XXXVIII,2 (1998), in Druck. 51 Näheres zur kodikologischen Beschreibung siehe Marija Javor Briški: Poznosrednjeveški osebni molitvenik. Raziskava in opis rokopisa NUKLj Ms 224. Magisterarbeit (Typoskript). Ljubljana 1995. S. 13ff. 52 Ernst Hellgardt:: "Zauberspruch". In: Literaturlexikon: Begriffe, Realien, Methoden. Hrsg. von Volker Meid. Bd. 14. München 1993. S. 501. 9 und Abgrenzung der obigen Kategorien finden sich in der Forschung noch weitere Belege. So argumentiert beispielsweise A. Masser die Unmöglichkeit einer genauen Bestimmung von Zauberspruch und Segen mit der in der Praxis terminologisch nicht exakt durchgeführten Differenzierung und der Entbehrung einer sachlichen Grundlage.53 Auch Segen und Gebete sind nicht klar voneinander abzugrenzen, wie H. Stuart und F. Walla aus der Überlieferungssituation des Tobiassegens schließen: Jene Fassungen, die selbständige Eintragungen in Sammel-Hss. darstellen [...] und insbesondere die aus dem Katharinenkloster in Nürnberg hervorgegangenen [...], wurden, wie sich aus dem sie umgebenden Text schließen läßt, vermutlich nicht als Segenssprüche, sondern als Gebete betrachtet. Wurden sie je praktisch angewendet, dann wurden sie als Gebete gesprochen oder als erbauliche Lektüre gelesen, denn in den Nürnberger Hss. findet sich kein einziges eindeutiges Beispiel eines Segens oder medizinischen Rezeptes.54 Desgleichen werden im Gebethbuch Ms 224, dessen fortlaufenden Text ich in 103 zusammengehörende Einheiten untergliedert habe,55 Segen als Gebete56 und Gebete als Segen57 gebraucht, zum Teil werden beide Typen auch im Text selbst nicht eindeutig differenziert, so wird beispielsweise Text Nr. 44 als Gebet und Segen bezeichnet: Das gepet vnd den fegen foltu thuen für die nacht dieb. das ift ficherleichen guett. amen. "In zwain geleichen wennden hiengen drey leichnam an Elten. DEr ain hies difmas, Der ander yefmas vnd in der mitten der hymlifch gewalt /. Der difmas emphieng die hoch vnd yefmas die tieff der helle, yef-mafs wardt verdambt /, difmafs auff die hymell wart gehebt, herre Jefu chrifte, gefegen die ftat mitt deinem munde, das wir nicht / gelaidigt werden von dewbenn noch vonfewr. vns vnd al vnnser guet hab got heint In feiner huett/, von des heyligen krewtzes zaichen entweich verre als vbell von vns. wann wider das zaichen des heyligen krewtzes + mag kain vbell nicht gefchaden. Amen." (fol. 36r-36v) 53 Achim Masser: "Zaubersprüche und Segen". In: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Hrsg. von Klaus Kanzog u. Achim Masser. Bd. 4. Berlin; New York 21984. S. 957-965. Hier S. 957. 54 Heather Stuart u. F. Walla: "Die Überlieferung der mittelalterlichen Segen". In: ZfdA 116. (1987). S. 53-79. HierS. 76. 55 Marija Javor Briški: Poznosrednjeveški osebni molitvenik... (wie Anm. 51), S. 17ff.; 83ff.: Text mit Kommentar. 56 So heißt es beispielsweise in Bezug auf den sogenannten "Jobsegen": Das gepet if t güet für die würme In den zenden oder In dem menfchen, So man Es ainem menfchen fprichet / mit gantzer andacht [...] (Nr. 53 fol. 40r-40v); Abdruck des gesamten Segens bei Janez Stanonik: Ostanki srednjeveškega slovstva na Kranjskem. Ljubljana 1957. S. 44f. - Die Abbreviaturen in den oben und weiter unten angeführten transkribierten Textstellen sind aufgelöst; die Interpunktion ist mit Ausnahme der Virgeln zum besseren Verständnis nach heutigem Usus hinzugefügt worden. 57 Z. B ..Ob ain man von feinen veintenn wirt be/tanden oder ob er few ficht /, zw Im zu nahenn der fprech difew wart vnd fegenn fich damit etc.: "Maria, ain muetter der genaden, ain muetter der parmehertzigkait [...]. (Nr. 19, fol. 20r; Gesamttext abgedruckt in J. Stanonik: Ostanki srednjeveškega slovstva... (wie Anm. 52). S. 42); Das gepett fprich, wann dw dein veint an fiechft, So mügen fy dir nicht gefchaden, vnd gefegen dich damit: "JEfus gieng durch Ir mitte vnd fprach [...] (Nr. 46, fol. 37r-37v); Mit dem gepet foltu dich Alle tag Für den vnrechttenn tod fegen [...] (Nr. 49, fol. 38r-38v; vollständig abgedruckt in J. Stanonik: Ostanki... (wie Anm. 56). S. 44). 10 G. Eis steht in seinem Werk Altdeutsche Zaubersprüche einer Definition sehr skeptisch gegenüber. Er schreibt: "Es scheint, daß es keine Definition gibt, die frei von normativer Willkür wäre und der ganzen Vielfältigkeit des überlieferten Gutes gerecht würde."58 Aufgrund des oben dargelegten Sachverhaltes werde auch ich auf eine allgemeine Definition verzichten und im folgenden einige literarische Typen des vorliegenden Gebethbuches herausgreifen, die unter dem inhaltlich-formalen Aspekt, mit besonderer Berücksichtigung ihrer Struktur untersucht und nicht ganz "frei von normativer Willkür" als Gebete, apotropäische Formen, Anweisungen und Glaubenslehre bezeichnet werden. Das Gebet ist in bestimmte Teile untergliedert. Vor dem eigentlichen Gebetstext findet sich in den meisten Fällen eine Art Titel, wo die angerufenen göttlichen Mächte oder Heiligen angeführt werden, als Beispiel seien die folgenden angeführt: Ein ander guet gebet hintz vnnserm hern [...] (Nr. 2, fol. lr-2v) hie heben fich an die gepet von den heyligen zwelfpotten nach einander [...] (Nr. 4, fol. 3V-5V) von vnnserm herren Je/u [...] (Nr. 5, fol. 5v-6r) Ain ander gepet von Sand Johanns [...] (Nr. 7, fol. 6v-7r) das i/t ain guet vnd wares gebet von fand Niclas [...] (Nr. 8, fol. 7r-7v) Häufig werden auch eine Zweckbestimmung dem Gebet vorangestellt, wie beispielsweise bei den folgenden: das gepett foltu fprechen für wider wartigkaitt / vnd für alle gröffe angft/ vnd notfolt dw es thün [...] (Nr. 11, fol. 1 lr-12r) Das gepett fol man drey ftund lefen, fo ain taiding gelegt wirt /, auff ainen tag zuuolbringenn etc. [...] (Nr. 12, fol. 12r-12v) Wann dw grofß farg, not oder angft haft vmb dich oder vmb dein frewndt, So fprich das gepett mit andacht [...] (Nr. 14, fol. 15r-18r) Wenn deinfrewnd oder yemandt gefangen ift vnnd als dw des ynnen wirft, fo thue das hie hernach geschriben ftett mit andacht /, fo wirt er ledig an allenn feinenn fchaden [...] (Nr. 17, fol. 18v-19v) Als ain weyb fwanger wirt, die thue das, das hernach gefchriben ftett. das ift Ir gut ficherleich an allen zweiffei [...]. (Nr. 21, fol. 20r-21r) ob ain man gefangen werr vmb gut oder vmb ander fach, er wirt ledig, auch wer In natten kumt von armut wegen, er wyert ledig, auch wais ich das furbar. ob ain lunger man, der nicht gut hyet vnd wolt ain weib nemen, dye 58 G. Eis: Altdeutsche... (wie Anm. 31), S. 3f. Er bezieht sich auf Definitionsversuche von Adolf Spamer: Romanusbüchlein. Berlin 1958. S. 5ff., Irmgard Hampp: Beschwörung, Segen, Gebet. Stuttgart 1961. S. 140ff. und Felix Genzmer: "Germanische Zaubersprüche". In: GRM (1950/51). S. 21-35. Hier S. 22. 11 von wyrdiger artwerr, vnd In deucht, das er Ir nicht gnaff wer, ich fprich pey got, vnd tut er dicz klayn gepet, er wirt gewert nach allen fein mut. ob man es tut vmb petleich fach oder vmb ain fei, dy in weiczen if t, fy wird ledig vnd ift zw merkchen ainer Iedleichen frawn, dy gerrn kindter hyet, dy gewind fy an czweyjfl, aber auff genamen, ob dy ftat, da fich dy natur wurkchen folt, nicht zw rutt ift oder zw ftart, auch besunder ain merkleich fach den f wanger fravn, wan In Ir czeit nachent vnd Ir künftig notfarig vnd arbait kamen ift vnd wil gar leich vnd an we geneffen vnd ain frollichen an plichk an Ir purdt fechen. vnd das felbig kint wirt fellig an fei vnd leib, dye fol auch das klain pet ttun. fy fol es habn auff mein fei vnd leib, tut fy das mit andacht, fy wirt gwert vnd gefrewt an fei vnd an leib, oder vmb gut oder vmb er oder vmb graffe veintfchaft oder gen herfchafft, es wirt der menfch gewert [...] (Nr. 89, fol. 66v-69r) Vor dem eigentlichen Gebetstext kann auch eine mehr oder weniger ausführliche Ritusanzeige59 stehen, z. B.: [...] Hay/s dir gewinnen ain krewtz, das man auff die totten legt / vnd ob In trait. vnd bemiß es mit ainem kertzlein vnd mach dann vier wenig kertzlein daraus, vnd yetwederthalben des krewtzes zu den hawbtten vnd zu den fueffen fteckhe ains vnd bemiß den Sperftich an der feytten vnd mach ain krewtz dauon. vnd lafß dann ein feil mefß fingen vnd nicht darzu lewtten. vnd bemein die mefß allen gelaubigen feilen vnd leg dich dann an die lang venig vnd fprich Dife mefß [...] (Nr. 11, fol. llr-12r) [...] Mach von Erft fünff kertzen, als lang als dein handt, vnd nym dann ain prot vnd ain chäfs vnd trag Es hin zu kirchen gar andachtigkleichen vnd vallefür das krewtz nider parfueß vnd Nym gar ain getrewen frewnd mit dir vnd weg das krewtz an dem tzefwen ortt / des altars. fo dw das getueft, fo entzünde die fünff kertzen vndfiech das krewtz an vnd fprich das gepett [...] (Nr. 14, fol. 15r-18r) [...] wer es mit andacht fpricht vnd thuet. Hays dir ain mefß von dem heyligen geyftt / fprechen vndfrüm sey mit zwain phennig / vnd den dritten, den opher, vnd prenn Ixxij liecht / vnder der meffe, yeds ainer handt lang, vnd der Erfte anfang deines gepets foll fein alfo [...] (Nr. 16, fol. 18r-18v) [...] Nym ain chrewtzfur dich vnd thue ain venige zu den fünff wundenn, ze yeder wunden ainne /, vnd fprich [ze] yeder venige j pater nofter vnd opher auff yedew wunden I [phennig] vnd chnie dann nider für das krewtz vnd reckh dein hende auff gegen Im vnd fprich [...] (Nr. 35, fol. 29r-29v) Dw folt nemenn drew phenibert / wachs vnd gee zw einem geweichtten altar, da vnnsers hern marter fte, vnd oppher das wachs dem vater vnd dem Sun vnd dem heyligen geift /. vnd wurch es dann zu einer chertzen vnd mach syben chrewtz daraus, der yedleiches einer daümellen langk fey. So dw few dann prennen wild, fo Nym ee ain krewtz vnd leg es vnnsers herrn marter auff das hertz vnd fprich [...] (Nr. 66, fol. 48r-48v) [...] der gee zw gotts genaden vnd emphelch Im alle feine dingk. vnd nym ain liecht / vnd mis dein antlitze In chrewtz weis vnd vache fey zu dem 59 Zum Begriff siehe I. Hampp: Beschwörung... (wie Anm. 58). S. 140ff. 12 chinbange vnd von einem oren hintz dem andern vnd leg die auff den altar. vndSprich [...] (Nr. 68, fol. 50r-50v) Itm, mach ein czungen von wagx vnd Schreib aller deiner veint nem daraujf, dy wider dich Sein, vnd mach ein facht in dy mit vnd leg Sy für den altar vnd czunt Sy an vnd Sprich dye vii pSalm vnd Sprich darnach [...] (Nr. 73, fol. 56r) Sprich ein glauben Stevnd vnd ein pater noSter vnd ain aue maria vnd trit als lang mit den rechten fus hinder Sich, hincz das du Sprich!t vii patter noSter vnd vii aue maria. vnd wan du Sy nu Spricht, gib Sy vnSSeren herrn in den erren [...] (Nr. 76, fol. 57v-58r) [...] vnd [wer] nun das gepet ttun wil, der Ste für vnSer lieben frawn pilt vnd czunt ein lyecht nach Sein Staten vnd Sprich x aue maria [...] (Nr. 82, fol. 61v-64v) [...] von erSt Sol er aller Seiner Sundt peichten an ain pfincztag. vnd Sol dan kauffen ain halb-lb wagxs. vnd mach daraus ain Stekch kerczen, wye gras oder langk der menfch wil, vnd darin ain tacht, das ain rainne Iunchfrav geSpun hat. vnd mach das dacht in dy kercz nicht graSS. vnd wan du das dan haft, So frum ain meSS von vnSers herrn leiden vnd ain meSS von den heilligen kreucz- vnd du des nagSten freytag vnd Samcztag darnach, wan du peicht haft vnd czundt dy kerczn an bey den meSSen, vnd den geSaczte puSS vnd knye niderfur vnSSers herrn marter. vnd So der brieSter das ewengelly an hebt, So Secz den rechten fuSS auff den dengken vnd man vnSSers herrn Seins leidens, das er digh ledig aus deinen naten. darnach knye nider vnd pleib auff das end pey der meSS vnd Segen vnd nym dye kerczen vnd trag Sy in ain haymleichen gmach. vnd laSS ain maller mallen vnSSerr herren martterr in gleicherr weis, als in der Ioseph von den kroucz nam vnd gelaf t hat, als man es in der kyrchen fintt an ain papyr oder andern dingen, vnd hab es pey der kerczen vnd ain Stayn. auch Soltu alltag an vnder laSS in dy kamer gen vnd dy kerczen an czunten. vnd Secz das pildfur dich vnd mit plafSen knyen vnd Sprich, wyefildu wild, mit guter andacht vnd rew. du Solt auch wiSSen, SprichStu vii, du kumSt deSter ee darvon. wan du nicht lenger magSt von dem geScheft wegen, So Sprich zw dem leSten dye maynvng vnd das klain gepet mit ganczen fleyzz vnd guter andacht. vnd Ste dan auff vnd leSch dy kerczen vnd du das altag als lang, vncz dy kerczen verprint. vnd wan das ift, das dye kerczen in den /in vnd gedankchen noch drey tag zw prinnen hat, fo wyrftu an czweyjfl gewert, das folftu vnfern herren Senftikleichen glauben vnd trawn. vnd das iSt dye maynvng vnd das gepet, das Solt Sprechen nach den vnd du nicht merr pater noSter Sprechen wild [...] (Nr. 89, fol. 66v-69r) Zweckbestimmung und Ritusanzeige stehen allerdings nicht nur vor dem Gebet, manchmal findet sich die Zweckbestimmung im Anschluß an das Gebet, z. B.: [...] Das Sprich vmb weihe angSt dir an ligund Sey vnnd nott /. (Nr. 14, fol. 15r-18r) Die Ritusanzeige ist zumeist auch in den Gebetstext eingestreut, wodurch dieser untergliedert wird, oder sie wird, wie die Zweckbestimmung, an den Text auch angehängt, z. B.: 13 [...] Zu dem Erften krexvtz foltu fprechen [...] Dw folt zu yedleichen ain almüe/en legen. So die me/s dann volbracht / wirt / vnd die malfer verprunnen find, So nym die almuefen vnd fprich [...] (Nr. 11, fol. llr-12r) [...] Sneid aus dem prot vnd aus dem chaß funff allmueffen vnd gib es armenn lewtten vnd leg dich an die langen venig für das krewtz vnd fprich [-.] zu der zefwen hanndt frieh [...] zu der zefwen feytten Sprich [...] zu der Tengkhen feitten Sprich [...] Sprich zu denfueffenn [...] vnd fprich ain pater nofter etc. [...] Sprich pater nofter [...] wider Sprich ain pater nofter [...] Sprich ain pater vnd aue Mariam etc. [...] (Nr. 14, fol. 15r-18r) [...] Nym Etwen zu dir, der dir helf die kertzen fteckhen vmb den altar als ainen ringkh, vnd als fy gar verprunnen find, fo gee vnd hayfs die meffe fingen als hochtzeitleichen als an dem phingftag etc. (Nr. 16, fol. 18r-18v). [...] vnnd zund es dann an den vierenden vnd fprich pater nofter hintz es gar verbrin. vnd die fyben krewtz prenn Syben nacht / vnd ophfer yegleichs pefunder vnd früm all tag ain mefß von dem heyligen geift vnd fpeis die fiben tag ain armen menfehenn etc. (Nr. 66, fol. 48r-48v) Die Ritusanzeige enthält meist Anweisungen zu bestimmten Handlungen, wie Almosengeben (z. B. Nr. 11, 14), Messen von Körperteilen (z. B. Nr. 68), Kreuzen (z. B. Nr. 11) usw., Anfertigung und Anzünden von Kerzen (z. B. Nr. 89) und Beichten (z. B. Nr. 89), die in Verbindung mit dem Gebet vollbracht werden müssen. Einige dieser hier angegebenen Handlungen können mit der oben erwähnten werktätigen Frömmigkeit in Bezug gebracht werden. Längere litaneiförmige Gebete werden durch den Hinweis auf das oft mehrfache Beten von Vaterunser, Ave Maria und/oder Glaubensbekenntnis (z. B. Nr. 82; Nr. 98, fol. 76v-78r) gewissermaßen in mehrere Strophen unterteilt. Die Ritusanzeige enthält meist noch Angaben zur Körperhaltung (z.B. Nr. 11, 14, 76) und Unterweisungen zur seelisch-geistigen Einstellung, die der Betende einnehmen muß; in der Regel wird die Wichtigkeit der andächtigen Haltung während des Gebets hervorgehoben. Ferner können in der Ritusanzeige die anzusprechenden Körperteile des Gottesoder Heiligenbildes (z.B. Nr. 14, 9060) angegeben werden; solche Gebete weisen Parallelen zu den oben angeführten Salutationes ad membra Christi et Mariae auf. Angeführt werden auch Ort und Zeit des Gebetes. Als Ort werden unter anderem vorgeschrieben: in der Kirche am Altar vor dem Kreuz (Nr. 14, 90), vor dem Kreuz ohne genauere Ortsangabe (Nr. 35), vor dem Bildnis der Gottesmutter (Nr. 82). Von den zeitlichen Faktoren kommt dem kirchlichen Gottesdienst besondere Bedeutung 60 Fol. 69r-72r: /tant fur ain kreuez vnd fich nicht an nur das antlicz der marter vnffers [herren] vnd fprich den mund vnd der czungen vnffers herren ain pater nofter vnd auch den p/alm vnd den vers [...] fich das antlicz an vnd fprich den vers [...]. 14 zu, nicht wenige Privatgebete bzw. Anweisungen61 in der vorliegenden Hs. haben einen liturgischen Bezug, wie z. B. Nr. 11, 16, 3 862 und 89. Als Zeitpunkt werden angegeben bestimmte Wochen-63 oder Feiertage bzw. Tageszeiten64. Ein letzter Aspekt der Ritusanzeige ist schließlich noch die Angabe zur Häufigkeit der Gebetsverrichtung65. Die Multiplikation der Gebete steht u. a. auch in Zusammenhang mit dem für die Frömmigkeitsübungen aus irischer Tradition übernommenen Leistungsprinzip.66 Beim eigentlichen Gebetstext handelt es sich um die subjektive Äußerung des Sprechers; in der Transkription67 habe ich sie durch Anführungszeichen markiert. Einleitend stehen gewöhnlich der Anruf und Lobpreis68, der beim folgenden Kommuniongebet sehr ausführlich gehalten ist: [...] "Ave aller mynnigkleichift, Gottes fun, Aue Je/u chrifte, dw pift ain prunne der aufflieffunden miltikait /, Ein ewigs lob aller deiner engel, Ein volkomnew ere aller deiner heyligenn. Aue aller freyde fröleicheft, Aller der wunder wunderleichift /, aller kayser edlift /, Aller der für/ten höchift /, vber fchon, vber guett /, vber wunnekleich, aller auf erweltifter fueff er /, mein herre jefu krifte /. O dw klarer Spiegel der ewigen bechantnüffei [...] (Nr. 9.2, fol. 8r-9r). Anschließend können Fürbitter69 angeführt oder, besonders in den sogenannten Mahnungen, vergangene Heilstaten durch Erwähnung in Erinnerung gerufen werden70. Es folgen meist ein oder mehrere Bitten71, nur bei Gebet Nr. 9.4 steht anstelle der Bitte eine Danksagung72. Eine Ausnahme ist auch die Einlagerung 61 Siehe unten. 62 Fol. 31 r-33r: vnd frum drey me/ß vnnser frawen, [...] So dw das gepet tue/t [...]. 63 Z. B.: der Freitag in Nr. 35, fol. 29v, der Samstag in Nr. 38, fol. 31r-33r: [...] Eynnes fambftag zw nacht [,..]an yedlichem fambftag aine, fo dw das gepet tueft [...]. 64 So sind beispielsweise die Handlungen in der Anweisung zu einem Gebet in Angst und Not (Nr. 37, fol. 30v-31r) an einem Sonntag vor Tagesanbruch zu verrichten. 65 Das Gebt Nr. 41 ist neun Tage hintereinander zu sprechen. 66 Vgl. G. Achten: Das christliche Gebetbuch... (wie Anm. 5), S. 23. Im Alltag im Spätmittelalter (Hrsg. von Harry Kühnel u. a. Graz; Wien; Köln 1984. S. 111) spricht man von einer "meßbaren Frömmigkeitsleistung". 67 Vgl. oben Anm. 55. 68 Fehlt nur in Ausnahmefällen, z. B. bei Nr. 77, fol. 58v-59r. 69 Z. B. in den Gebeten von den hll. zwölf Aposteln, Nr. 4.1-12, fol. 3V-5V: [...] des erften pit ich dich durch den Ion des heyligen hern fand peters des zwelffpottens [...] durch Sand pauls ere [...] durch fand Andres willen [...] durch fand Johanns willen [...]. 70 Vgl. oben bei den Memento-Gebeten der spätmittelalterlichen Gebetbücher. - Z. B. im Gebet von den sog. Neun Freuden Mariens (Nr. 82, fol. 61v-64v) oder im Gebet von den Fünf Leiden Mariens (Nr. 92, fol. 73r-74v). 71 Z. B. Nr. 2, fol. lr-2v: [...] Ich pitt dich, das dw mir verleyheft ain rechten tod, wäre rew vnd rechtew peichtt /, Das heylig öll für abwafchung meiner funden, Deinen zartten fronleichnam mit andacht ze nemen, mit erkantnüs, mitt / rechtem gelauben, mit veftem gedinge vnd mit volkömner mynne / ze enphahen, das fy an meiner feie vertilgen allew pofew mayll, Das mich die [...] Deiner gütlichen genaden vnd gefüht / ich geirren mügen. vnd vaterleich pitte ich dich, das dein heyliger leichnam mein Jungfte fpeis fey vnd das dw felb mein gelait / feyft / von difem eilend vnd mein vorfechtter gegen allen meinen veintten [...] 72 Fol. 10r: [...] "Ich danckh dir [...], das ich dich in allen ftunden vnd ftetten gehaben mag. Ich dankckh dir [...] deiner heyligen driualtigkait /, das ich dir mit gedanckhen zu fprechen mag. Ich danckh 15 eines Sündenbekenntnisses in Gebet Nr. 9.273. Den Abschluß bildet überwiegend das aus alttestamentlich-jüdischer Überlieferung stammende Wort Amen als Ausdruck der Bekräftigung74. Vereinzelt wird das Gebet durch eine Ewigkeitsformel75 abgeschlossen: [...] Ere fey dir, herre, der dw pi/t geporen von der junckhfrawen mit dem vater vnd mit dem heyligen geift. Amen. Nw vnd Ewigkleich. Amen. (Nr. 19, fol. 20r) Das Gebet Nr. 74 (fol. 56r-56v) endet mit einem abschließenden Anruf des Heiligen, andere Schlußformeln stehen in folgenden Gebeten: [...] das peut ich in allen pey got dem vater, pey got den fun vnd den heilligen gaift. (Nr. 76, 57v-58r) [...] amen, das geb mir got der vater vnd verleich mir got der fun, das peftettig myr got der heillig geift vnd dy hymmellifch kunnigin, dy ray[n]e maid. (Nr. 89, fol. 66v-69r) Vielfach sind die Gebete auch nicht abgeschlossen. Fast alle ausdrücklich als Gebete klassifizierten Texte sind in Prosa verfaßt, nur Nr. 19 (fol. 20r) und 49 (fol. 38r-38v) stellen Reimgebete dar. Nach der obigen Darstellung kristallisieren sich ein- und mehrgliedrige Gebetstexte heraus, die vereinfacht durch folgende Schemata wiedergegeben werden können, nicht konsequent gebrauchte Teile stehen in Klammern: Eingliedrige Gebete vor dem Gebetstext: (Titel) (Zweckbestimmung) (Ritusanzeige: - Handlungen - Körperhaltung - seelisch-geistige Einstellung - anzusprechende Körperteile der Gottes- oder Heiligendarstellung - Ort - Zeit - Häufigkeit) Gebetstext: Anruf und Lobpreis (Nennung des Fürbitters) (Anführung von vergangenem Heilsgeschehen) B itte(n)/Danksagung dir aller engel tro/i /, das mich Nyemant gegen dir verfügen mag. Ich danckh dir [...] das Ich dir zw aller zeit geuellig pin. [...] 73 Fol. 8r-9r: [...] An dir fo bekenn ich, das laider mein armew feie vil vnberait ift /, Dich ze enphahenn. wann das vnwirdige hertze mein, das dein wanunge folde fein, Das ift mit fänden befleckht / vnd bedeckht [...] 74 TRE (vgl. Anm. 7). Bd. 11. 1983. S. 257. 75 Siehe oben Anm. 74. 16 (Sündenbekenntnis) (Abschluß: - Amen - andere Schlußformeln Mehrgliedrige Gebete vor dem Gebetstext: (Titel) (Zweckbestimmung) (Ritusanzeige: - Handlungen - Körperhaltung - seelisch-geistige Einstellung - anzusprechende Körperteile der Gottes- oder Heiligendarstellung - Ort - Zeit - Häufigkeit) Gebetstext: (Anruf und Lobpreis) (Nennung des Fürbitters) (Anführung von vergangenem Heilsgeschehen Bitte(n) eingelagerte Ritusanzeige Gebetstext: (Anruf und Lobpreis) (Nennung des Fürbitters) (Anführung von vergangenem Heilsgeschehen Bitte(n) (Abschluß) nach dem Gebetstext: (Ritusanzeige) (Zweckbestimmung) Diesen Schemata entsprechen mit wenigen Abweichungen nahezu alle im Gebethbuch Ms 224 vorkommenden Gebete, wie die unzähligen Bittgebete, die kurzen Reimgebete, die Psalmen und die Mahnungen oder Memento-Gebete. Eine Form läßt sich allerdings nicht in diesen Rahmen zwängen. Es handelt sich um die unter Nr. 3, fol. 2V-3V, angeführte Epistel Papst Leos an Karl d. Gr., auch Karl- oder Kreuzsegen genannt: Das ift dew epiftel, die pabft leo fand feinem brueder künig karulo, vnd wer fey bey im trait oder fiechf t oder lift oder horett lefen, Den mag kain waffen nich verfchneiden, noch mag in kaynnem fewr noch in waffer nicht 17 verderben, noch im kain tewffell, noch chain menf ch mag Im des tags nicht ge/chaden, noch kaynnerlay ungeluckh widerfert Im nicht, vnd die epi/tel hebt Sich alfo an, all hernach gefchriben ftett. vnd pabft leo hat few dem kunig karulo gefannd gar zu groffer gab. "UN/ers kerren krewtz fey mit mir + vnnsers herren krewtz + ift, das ich alle tag anpett /. vnnsers herrn krewtz + ift das wäre hayll gots. Gottes krewtz + vberwint das fwert /. Gottes krewtz ift ain vnerkömens zaichen. Gottes krewtz + erlöft die pandt des todes. Gottes krewtz + mag nyemant vberwinden mit kaynnem waffen. Gottes krewtz + fey mein befcherm. Gottes krewtz + geb mir alles guet. Gottes krewtz + ift ain weg der tugent. mit Gottes krewtz + müefs ich gen an den weg des haylles. Mit dem götlichen krewtz + müezz ich »N» allew tag gen. Gottes krewtz nymbt die werytz des ewigen todes +. Gottes krewtz hayl mich + vnd fey Ewigkleichen mit mir. Vnd nach mir vnd vor mir vnd neben pey mir vnd ob mir vnd vntter mir, wannd dich gottes krewtz +, der alte veinte flewcht /, wo er dich fiecht. In dem nam des vaters vnd des f uns vnd des heyligen gei/tes Müezz ich »N» hewt vnd alle tag gefegent vnd pewart fein. Amen etc." (Nr. 3, fol. 2V-3V) Die Epistel wird zwar ebenfalls durch einen Begleittext mit Titelangabe, Zweckbestimmung und Ritusanzeige eingeleitet, aber schon von der Namensgebung her deutet sie auf einen andersartigen Charakter hin und steht in nächster Nähe zu den apotropäischen Formen. Man kann diese Epistel dennoch als Gebet betrachten, weil sie in der Tradition der irischen Loricae76 steht, wie das folgende Zitat der Patrickslorica veranschaulichen wird: "Christus mit mir, Christus vor mir, Christus hinter mir [...] Christus im Herzen jedes Menschen, der an mich denkt. Christus im Munde eines jeden, der zu mir spricht."77 Kennzeichnend für diese Gebetsart ist die ständige, litaneiartige Wiederholung der göttlichen Schutzkraft, die den Betenden dadurch wie ein Schild zur Abwehr vor allem Unheil umgeben soll. Weniger einheitlich als die Gebete sind die apotropäischen Formen. Ein gemeinsames Merkmal ist allerdings eine fast ausnahmslos vorkommende, einleitende Zweckbestimmung. Gewöhnlich steht zu Beginn auch eine Ritusanzeige, vereinzelt wird sie der Form nachgestellt78 oder in den gesprochenen Text eingestreut79. Mit einer Ausnahme80 ist die Ritusanzeige, die vom Inhalt her mit den oben genannten vergleichbar ist, ziemlich kurz gefaßt. Im folgenden werde ich nicht alle als apotropäische Formen zu klassifizierende Texte kommentieren, sondern nur einige etwas genauer beleuchten und auf etwaige Gemeinsamkeiten hindeuten. Bei der folgenden apotropäischen Form, in der Literatur allgemein als Waffensegen bekannt, ist der Wunsch des Sprechers mit einem Vergleich gekoppelt: 76 Vgl. oben. 77 Zitiert nach G. Achten: Das christliche Gebetbuch... (wie Anm. 5). S. 22f. 78 Z. B.: Nr. 70, fol. 51r-54r; Nr. 93, fol. 75r. 79 Z. B.: Nr. 47, fol. 37v-38r. 80 Nr. 30, fol. 26v-27r. 18 [... ] "A Is fenjft fey mir dew waffenn, Als vnnser lieben frawen was, do Sy des heyligen kri/t genas. Amen." (Nr. 20, fol. 20r) Einen wesentlichen Bestandteil etlicher im vorliegenden Gebethbuch stehender apotropäischer Formen bildet die sogenannte Analogieerzählung81, die beispielsweise in dem bei J. Stanonik abgedruckten "Job-" und "Diebssegen"82 mit einer explizit formulierten Bitte, die sich an die Erzählung anschließt, verbunden wird. In der Analogieerzählung treten zwar biblische Gestalten oder Heilige auf, doch entbehrt die Situation, in der sie sich befinden, meist jeglicher heilsgeschichtlicher Quellen. Einen Sonderfall innerhalb der in der Handschrift stehenden apotropäischen Formen stellt in struktureller Hinsicht u. a. folgende dar: Das Sprich vber dem effenn, So mag dir chain gijft nicht ge/chaden. Thüe ain krewtz vber das effenn vnd wirff des Effen ain wenig aus. Vnd fprich: "Alpha et •oEs ift/ volbracht /. Sand veytt vnd fand modeft vnd fand Creftentia + gefegen vns die Gabe da!" vnd fegen für den münde vnd fprich: "vnnsers hern fride fey altzeit mit vns!" oder fprich dew zwen vers vber dem effenn: "Eft mala mors capta cum dicitur annani zapta + Annanifapta ferit mortem qui ledere querritt. Amen." (Nr.47, fol. 37v-38r) Nach einleitender Zweckbestimmung und zeichenhaftem Handeln steht eine gebräuchliche unheilabwehrende Formel: Der aus der Offb. 1,8; 21,6; 22, 13 bekannte Gottesname O für omega hat apotropäische Bedeutung.83 Es folgen die Anrufung mehrerer Heiliger und die Bitte. Nach anschließender Ritusanzeige werden zwei weitere Formeln aufgeführt. Bei annani zapta/Annanifapta, einer im ausgehenden Mittelalter auftretenden Pestabwehrformel handelt es sich wahrscheinlich um folgendes Akrostichon: "Antidotum Nazareni auferat necem intoxicationis, sanctificet alimenta poculaquae trinitas. Amen."84 Die apotropäischen Formen, die in ihrer Struktur eine ziemliche Heterogenität aufweisen und von einer synchretistischen Volksfrömmigkeit mit stark ausgeprägtem Glauben an magische Wirkung85 zeugen, sind zum Teil in Reim, zum Teil in Prosa verfaßt. Etwa ein Drittel aller im Manuskript stehenden Formen stellen sogenannte Anweisungen dar. Darunter ist eine zumeist ausführliche Ritusanzeige mit einleitender Zweckbestimmung zu verstehen. Eine direkte Äußerung des Sprechers ist dagegen in den meisten Fällen nicht vorhanden oder tritt im Vergleich zu den rituellen Praktiken und Angaben in den Hintergrund.86 Die Ritusanzeige kann auch 81 Zum Begriff siehe I. Hampp: Beschwörung... (wie Anm. 58). S. 174ff. 82 J. Stanonik: Ostanki... (wie Anm. 56). S. 44f. 83 Vgl. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Hrsg. von Hanns Bächtold-Stäubli unter Mitw. von Eduard Hoffmann-Krayer. Bd. 1. Berlin; Leipzig 1927. Sp. 310; Lexikon der chrislichen Ikonographie. Begr. von Engelbert Kirschbaum. Bd. 1. Rom; Freiburg; Basel; Wien 1968. Sp. 1. 84 Handwörterbuch... (wie Anm. 83). Sp. 395. 85 Zur Religiosität des einfachen Volkes, vgl. Aaron J. Gurjewitsch: Das Weltbild des mittelalterlichen Menschen. München 51997. S. 352-397, insbesondere S. 354ff„ 371, 378f. 86 Z. B. Nr. 24, fol. 22r-22v; Nr. 27, fol. 25r-25v; Nr. 32, fol. 27v-28r. 19 hier die schon die oben bei der Behandlung des Gebetes angeführten Elemente umfassen. Der einzige, ausdrücklich als Glaubenslehre zu betrachtende Text ist das Symbolum Athanasianum (Nr. 13, fol. 12v-15r), in dem Glaubenswahrheiten in traktatähnlicher Form vorgetragen werden. Das nach dem lateinischen Anfangswort Quicumque benannte Athanasianische Glaubensbekenntnis wurde schon im 9. Jh. mehrfach ins Deutsche übertragen. In der katholischen Kirche wurde es vom Volk gewöhnlich nach der Predigt im Sonntagsoffizium rezitiert. Es enthält die Trinitätslehre, die Lehre von der "Menschwerdung, der Person u. den zwei Naturen Christi u. den wichtigsten Tatsachen der Erlösung".87 In der Einleitung und im Schluß wird eindringlich darauf hingewiesen, daß der Glaube an diese Wahrheiten zur Erlangung des ewigen Heils unbedingt erforderlich sei.88 Die angerufenen göttlichen Personen und Heiligen finden im wesentlichen unter den vier folgenden Gesichtspunkten Erwähnung: 1) in direktem Anruf in den Gebeten und den apotropäischen Formen, 2) in der Aufforderung, ihnen zu Ehren eine Messe zu lesen oder an sie ein Gebet zu richten, 3) als Fürbitter in Formulierungen wie durch Sand pauls ere (Nr. 4.2, fol. 4r) und 4) in direkter Nennung in den Anführungen vergangener Heilsgeschehen der Gebete oder in den Vergleichen bzw. Analogieerzählungen der apotropäischen Formen. Im weiteren werden hauptsächlich nur die direkten Anrufe in dem gesprochenen Text berücksichtigt, weil hier die Hinwendung des Menschen zu den göttlichen Mächten und Heiligen am stärksten ausgeprägt ist und die Heiligen zumeist als eigenständige Helfer89 aufgefaßt werden, wodurch ihnen in der Volksfrömmigkeit eine wichtigere Rolle zuteil wird, weil sie mehr darstellen als bloße Mittler zwischen Gott und den Menschen. Von allen direkten Anrufen richten sich bei weitem die meisten an Jesus Christus90, was als Ausdruck einer vorherrschenden Christusfrömmigkeit betrachtet werden kann. Daneben werden in einigen Texten ausdrücklich Christi Leichnam91 und Blut92 sowie Gottes Kreuz93 um Beistand angerufen, darin spiegelt sich der Passionscharakter der Christusgläubigkeit wider.94 An zweiter Stelle von den göttlichen Personen steht Gottvater95, es folgen der Heilige Geist96 und die Dreifaltigkeit97 mit je zwei Anrufungen. 87 Lexikon für Theologie und Kirche. Begr. von Michael Buchberger. Bd. 8.Freiburg 1963. Sp. 937. 88 Ebd. 89 Vgl. Alltag im Spätmittelalter (wie Anm. 66). S. 110. 90 Nr. 1, fol. lr; Nr. 2, fol. lr-2v; Nr. 4.1-12, fol. 3V-5V; Nr. 5, fol. 5v-6r; Nr. 9.1-4, fol. 7v-10r; Nr. 11, fol. llr-12r; Nr. 14, fol. 15r-18r; Nr. 17, fol. 18v-19v; Nr. 26, fol. 23r-25r; Nr. 34, fol. 28r-29r; Nr. 35, fol. 29r; Nr. 38, fol. 31r-33r; Nr. 44, fol. 36r-36v; Nr. 46, fol. 37r-37v; Nr. 49, fol. 38r-38v; Nr. 52, fol. 39v-40r; Nr. 66, fol. 48r-48v; Nr. 75, 56v-57v; Nr. 77, fol. 58v-59r; Nr. 90, fol. 69r-72r. 91 Nr. 10.1, fol. 10r-10v. 92 Nr. 10.2, fol. 10v-l lr; Nr. 60.3, fol. 45v-46r. 93 Nr. 3, fol. 2V-3V; Nr. 35, fol. 29r; Nr. 45, fol. 36v-37r. 94 Vgl. J. A. Jungmann: Christliches Beten... (wie Anm. 3). S. lOOff. 95 Nr. 12, fol. 12r-12v; Nr. 21, fol. 20r-21r; Nr. 67, fol. 48v-49v; Nr. 68, fol. 50r-50v; Nr. 69, fol. 51r. 96 Nr. 16, fol. 18r-18v; Nr. 81, fol. 60v-61v. 97 Nr. 36, fol. 29v-30r; Nr. 89, fol. 66v-69r. 20 Von den Heiligen ist Maria die meistangerufene Helferin des Menschen in seinen Notlagen. Diese häufige Anrufung deutet auf die weitverbreitete Marienverehrung im Spätmittelalter hin.98 Je zwei Anrufungen richten sich an Johannes den Evangelisten99 und an die zwei Jungfrauen Katharina100 und Margaretha101; sie gehören mit den je einmal angerufenen Christopherus (Nr. 96, fol. 76v), Leonhard (Nr. 74, fol. 56r-56v), Nikolaus von Myra (Nr. 8, fol. T-T) und Veit (Nr. 47, fol. 37v-38r) zu den Vierzehn Nothelfern, die sich vor allem seit Mitte des 15. Jhs. in Stadt und Land großer Beliebtheit erfreuten und von denen sich die Menschen Hilfe in leiblichen und seelischen Nöten des Alltags versprachen.102 Eine Gruppe von Heiligen, die in der Anweisung zu einem Gebet (Nr. 84, fol. 65r) genannt und im Text Nr. 99 (fol. 78r-78v) direkt angerufen werden, sind die Vierundzwanzig Alten aus der Apokalypse. Sie sind "eine Art himmlischer Thronrat mit zugleich königlichen und priesterlichen Funktionen. Die Bedeutung der 24-Zahl ist nicht sicher zu ermitteln", wie im Anhang zur Lutherbibel103 erklärt wird. Im Gegensatz zur Ostkirche kommt ihnen im Westen nur inoffizieller Kult zu. Dieser ist nach Anführung des Lexikons der christlichen Ikonographie104 Ende des 14. und Anfang des 15. Jhs. in der Steiermark und in Kärnten mit Messelesung nachzuweisen, wird aber in einem Erlaß der Wiener theologischen Fakultät vom 17.10.1419 verurteilt.105 Dies vermag aber nicht ihre Verehrung im Volk zu unterdrücken, davon zeugt unter anderem auch die Erwähnung der 24 Ältesten im vorliegenden Gebethbuch. Ein Ende des 14. Jhs. verfaßtes, zur Erbauungsliteratur gehörendes Werk, in dem die 24 Alten auftreten, sind Die 24 Alten oder der goldene Thron der minnenden Seele des Minoriten Otto von Passau. Es handelt sich um eine "christliche Lebenslehre", die "aus Sentenzen von mehr als 100 Autoren zusammengefügt" ist; die 24 Alten werden in Ottos verbindenden Texten erwähnt, wo sie nicht nur ein "ordnendes Element", sondern auch eine "zusätzlich[e] Autorität für das in direkter Rede Verkündete" darstellen. Die Wirkung dieser Schrift, dauert mit einigen Unterbrechungen bis zu Beginn des 17. Jhs. an.106 Die im Gebethbuch zum Ausdruck kommenden Anliegen kann man im wesentlichen vier Bereichen zuordnen: dem sozialen, dem physischen, dem psychischen und dem religiösen oder metaphysischen. Allerdings lassen sich alle Anliegen nicht klar voneinander abgrenzen, weil sie zu allgemein gefaßt sind, als daß man sie genau klassifizieren könnte.107 Auch kann ein Text für die Erfüllung mehrerer Anliegen bestimmt sein (z. B. Nr. 89, fol. 66v-69r). 98 Vgl. Alltag im Spätmittelalter (wie Anm. 66). S. III. 99 Nr. 6, fol. 6r-6v; Nr. 7, fol. 6v-7r. 100 Nr. 71, fol. 54r-55v; Nr. 98, fol. 76v-78r. 101 Nr. 65, fol. 47v-48r; Nr. 73, fol. 56r. 102 Vgl. Lexikon der christlichen Ikonographie (vgl. Anm. 83). Bd. 8. 1976. Sp. 546f.; Alltag im Spätmittelalter (wie Anm. 66). S. 107f.; J. A. Jungmann: Christliches Beten... (wie Anm. 3). S. 111. 103 Standardausgabe mit Apokryphen. Stuttgart 1985. S. 6. 104 Wie Anm. 83. S. 108. 105 Vgl. Die deutsche Literatur des Mittelalters: Verfasserlexikon. Hrsg. von Kurt Ruh u. a. Bd. 7. Berlin; New York 21989. Sp. 232. 106 Siehe ebd., Sp. 229ff. 21 Von allen geäußerten Bitten gehören die meisten dem sozialen Bereich an und haben überwiegend "defensiven" Charakter108, der Bittende möchte nicht, daß seinen Mitmenschen ein Unheil zuteil wird, er ersucht vielmehr um Schutz vor den Angriffen anderer oder um Wiedergutmachung eines ihm zugefügten Schadens. Die Zweckbestimmung von 19 Texten109 hat die Überwindung von Feinden zum Inhalt. Etliche Gebete, apotropäische Formen und Anweisungen sollen den Besitz wahren und vor Dieben schützen.110 Wiederum andere sollen zur Befreiung aus der Gefangenschaft nützlich sein.111 Weitere Anliegen aus dem gesellschaftlichen Bereich sind unter anderen: Erhaltung der Ehre112, Erfüllung von Liebe und Heirat113, Beistand bei gerichtlicher Verhandlung bzw. vor Richter und Rat114, Bitte um Vergebung (Nr. 61, fol. 46r-46v), und Versöhnung (Nr. 67, fol. 48v-49v), Tilgung der Schuld gegenüber den Mitmenschen (Nr. 68, fol. 50r-50v) und, über den engen Lebenskreis des einzelnen hinausgehend, Hilfe bei Landesnot (Nr. 92, fol. 73r-74v). Die dem physischen Bereich angehörenden Anliegen sind Erlösung aus - ganz allgemein formuliert - leiblichen Nöten und Ängsten oder die Sorge für körperliches Wohlempfinden115. Die Bitte um gute Schwangerschaft und glückliche Geburt äußert sich in den Texten Nr. 21 (fol. 20r-21r) und 89 (fol. 66v-69r). Für Bewahrung vor den "sieben tödlichen Würmern"116 wird das Gebet Nr. 4.11 (fol. 5r) gesprochen und bei "Würmern in den Zähnen" soll der "Jobsegen" (Nr. 53, fol. 40r-40v) Abhilfe schaffen. Eine Reihe von Texten soll auch zum seelischen Wohlergehen des Menschen beitragen und Angst, Trübsal, Sorge und Kummer vertreiben.117 Wie stark der Mensch des Mittelalters vom Bewußtsein des Todes118 und der Sorge um das jenseitige Leben, das durch festen Glauben, gottesfürchtiges Leben und die Erbarmung Gottes zu erlangen sei, geprägt war, zeigen die vielfach 107 Z. B.: Nr. 1, fol. lr; Nr. 3, fol. 2V-3V; Nr. 11, fol. llr-12r etc. 108 Eine Ausnahme bildet nur der fragmentarisch erhaltene, allgemein als "Schadenzauberspruch" bezeichnete Text (Nr. 54, fol. 40v), der, vermutlich als anstößig empfunden, erst nach Durchführung der Seitenzählung, also verhältnismäßig spät, herausgerissen wurde. 109 Nr. 4.3, fol. 4r; Nr. 4.10, fol. 5r; Nr. 11, fol. llr-12r; Nr. 19, fol. 20r; Nr. 22, fol. 21r-21v; Nr. 28, fol. 25v-26r; Nr. 29, fol. 26r-26v; Nr. 36, fol. 29v-30r; Nr. 39, fol. 33r-33v; Nr. 43, fol. 36r; Nr. 46, fol. 37r-37v; Nr. 48, fol. 38r; Nr. 50, fol. 38v-39r; Nr. 52, fol. 39v-40r; Nr. 60, fol. 44v-46r; Nr. 73, fol. 56r; Nr. 76, fol. 57v-58r; Nr. 77, fol. 58v-59r; Nr. 89, fol. 66v-69r. HO Nr. 26, fol. 23r-25r; Nr. 30, fol. 26v-27r; Nr. 38, fol. 31r-33r; Nr. 44, fol. 36r-36v; Nr. 51, fol. 39r-39v; Nr. 56, fol. 42r-43r; Nr. 62, fol. 47r; Nr. 89, fol. 66v-69r. in Nr. 17, fol. 18v-19v; Nr. 29, fol. 26r-26v; Nr. 42, fol. 35v-36r; Nr. 74, fol. 56r-56v; Nr. 89, fol, 66v-69r. 112 Nr. 26, fol. 23r-25r; Nr. 51, fol. 39r-39v; Nr. 62, fol. 47r; Nr. 89, fol. 66v-69r; Nr. 90, fol. 69r-72r. 113 Nr. 55, fol. 41r-42r; Nr. 88, fol. 66r; Nr. 89, fol. 66v-69r. 114 Nr. 12, fol. 12r-12v; Nr. 95, fol. 76r. Iis Nr. 14, fol. 15r-18r; Nr. 26, fol. 23r-25r; Nr. 31, fol. 27r-27v; Nr. 34, fol. 28r-29r; Nr. 89, fol. 66v-69r; Nr. 90, fol. 69r-72r; Nr. 92, fol. 73r-74v. 116 Die Würmer wurden einst als Krankheitserreger betrachtet; vgl. J. Stanonik: Ostanki... (wie Anm. 56). S. 49 u. Vinko Möderndorfer: Ljudska medicina pri Slovencih. Ljubljana 1964. S. 226. 117 Nr. 8, fol. 7r-7v; Nr. 11, fol. llr-12r; Nr. 14, fol. 15r-18r; Nr. 15, fol. 17v-18r; Nr. 18, fol. 19v-20r; Nr. 25, fol. 22v-23r; Nr. 26, fol. 23r-25r; Nr. 31, fol. 27r-27v; Nr. 33, fol. 28r; Nr. 34, fol. 28r-29r; Nr. 89, fol. 66v-69r; Nr. 92, fol. 73r-74v. 118 Vgl. Alltag im Spätmittelalter (wie Anm. 66). S. 121. 22 geäußerten Bitten um Bewahrung vor plötzlichem Tod119, um ewiges Leben120, um Christi oder um Gottes Gnade121, um festen Glauben, Reue und Buße122. Die oben angeführten Anliegen entspringen nahezu ausschließlich dem engen persönlichen Lebenskreis eines Menschen mit seinen alltäglichen Sorgen und Nöten. Das Nichtvorhandensein von Bitten, die sich auf die Landwirtschaft beziehen123 - es gibt beispielsweise keine Gebete für gute Ernte oder keine "Segen" für Haustiere - deutet auf städtische Umgebung. Ob das Gebethbuch für einen Mann oder eine Frau bestimmt war, kann, insbesondere bei Hand 2, nicht festgelegt werden; zum einen beziehen sich die Texte schon vom Inhalt her auf Mann und Frau (z. B. Nr. 89, fol. 66v-69r: Bitte eines Mannes um die Heirat mit einem ehrwürdigen Mädchen; glückliche Geburt), zum anderen variieren die sprachlichen Formen in den einzelnen Texten der Handschrift, die das Geschlecht des Sprechenden erkennen lassen124. Hinsichtlich der genusanzeigenden Sprachform ist bei Hand 1 ausschließlich die feminine in Gebrauch125, was eher auf eine weibliche Benützerin hindeuten würde, doch sind die meisten Anliegen so allgemeinmenschlich, daß auch hier von einer Festlegung abzusehen ist. Wahrscheinlich war das Gebethbuch ursprünglich in Besitz einer bürgerlichen Familie, deren Mitglieder, ganz gleich ob Mann oder Frau, in ihren Nöten und Ängsten daraus Trost schöpften und sich von darin stehenden Gebeten und Praktiken Hilfe und Wiedergutmachung des ihnen zugestoßenen Leides erhofften. * * * 3. Texte, die im vorliegenden Gebethbuch Aufnahme fanden, stehen auch in anderen mittelalterlichen Handschriften mit zumeist erbaulichem oder auch medizinischem Inhalt. Einige Paralleltexte, die ich an dieser Stelle nicht aufführen werde, hat schon J. Stanonik126 erwähnt. Daneben habe ich vornehmlich in den unter Anm. 1 genannten Handschriftenkatalogen noch andere finden können. Der Karl- oder Kreuzsegen (Nr. 3, fol. 2V-3V), über dessen mutmaßliche Herkunft im Colomanus-Büchlein berichtet wird127, steht nicht nur in den sog. Zauberbüchern, sondern ist, wie man aus den angeführten Paralleltexten ersehen kann, auch in anderen Gebetbüchern zu finden: 119 Z. B.: Nr. 2, fol. lr-2v; Nr. 10.2, fol. 10v- llr; Nr. 45, fol. 36v-37r; Nr. 49, fol. 38r-38v. 120 Z. B.: Nr. 4.9, fol. 5r; Nr. 4.11, fol. 5r; Nr. 4.12, fol. 5V; Nr. 6, fol. 6r-6v. 121 Z. B.: Nr. 1, fol. lr; Nr. 4.4, fol. 4r-4v; Nr. 10.1, fol. 10r-10v; Nr. 41, fol. 34r-35v; Nr. 63, fol. 47r; Nr. 66, fol. 48r-48v; Nr. 69, fol. 51r. 122 Z. B.: Nr. 2, fol. lr-2v; Nr. 4.2, fol. 4r; Nr. 4.6, fol. 4V; Nr. 4.8, fol. 4v-5r; Nr. 9.2, fol. 8r-9r; Nr. 9.3, fol. 9r-l0r; Nr. 16, fol. 18r-18v. 123 Nur einmal wird der Schutz vor Ungewitter erwähnt; von Blitzschlägen konnte aber ebenso die Stadt- wie die Landbevölkerung Schaden erleiden, so daß man es nicht als spezifisch ländlich betrachten kann. 124 Z. B.: bis von mir armen Sünderin (fol. 61v-62r); Ich armer betrübter funder (fol. 68r); mich arm funderin (fol. 78r-78v). 125 Z. B.: Ich aller Menschen vnbyrdig/tew (fol. 15v); deine dienerin (fol. 16r); mich armefünderin (fol. 17v). 126 J. Stanonik: Ostanki... (wie Anm. 56). S. 49ff. 127 Siehe Handwörterbuch... (vgl. Anm. 83). Bd. 4. 1931/32. Sp. 1007. 23 Cgm. 140 (Gebetbuch 14. Jh.), 48r-51v: "Segen des Papstes Leo für Kaiser Karl: Unsers herren crucze geheilige mich vnd sy alle zyt by mir hinder mir vor myr neben myr ..."128 Cgm. 178 (Gebetbuch des Grafen Niklas von Thum, 16. Jh.), 109v-113r: "Das ist der prief den Babst Leo künig karl sand ... Cristus creutz ist ein wares hail. Cristus creutz sei mir N aus Stegen und auf wegen oder wo ich pin ... mit deinem leichnam mues mir her mein sei ausgen. Amen."129 In der österreichischen Nationalbibliothek ist der Kreuzsegen, allerdings fragmentarisch, in einer medizinischen Hs. aus dem 14./15. Jh. überliefert, 2817 (Med. 92.), 11, 26ra-26rb: "vber winden mit kainem waffen + gottes crucz sei min schirm ... des sei kan nimmer verlorn werden. Amen.""0 Paralleltexte finden sich auch zu folgendem Gebet: GEgrueffet feyftu, warer leichnam Jefu chrifti, warer [...], geporen von der Iunckhfrawen Marie, warleich gemartertt an dem krewtz, für das men/chlich gefchlächt / geophertt, das feytten durch graben von heyligen pluett durch floß. Gib vnd erzaige dich vnns an vnnsers todes pewarung. Mach vns das ende chundt / wolge/chickht vnd geziret, In dich faligkleich pewart /, verleich vns ze fterben. O dw fuefjer, O Milter, O dw warer fun Marie, der magt /, erparme dich vber vns, warrer got vnd menfch. Amen etc. (Nr. 10.1, fol. 10r-llr) Ein ähnlich beginnendes Kommuniongebet steht in einer aus Rebdorf stammenden Münchner Hs. aus der 2. H. 15. Jh., die neben Gebeten katechetische Traktate und Sprüche enthält: Cgm. 462, 26a, 101v-102v: "Gegrüst pistus warer leichnam unnsers lieben herren Jhu Christi geparen aus Maria ... - durch deinen heyligen namen amen."131 Im 5. Bd. des Münchner Katalogs werden beispielsweise noch die folgenden aufgeführt: 128 Zitiert nach: E. Petzet: Die deutschen Pergament-Handschriften... (wie Anm. 1). S. 261f. 129 Ebd., S. 324ff. 13« Zitiert nach: Hermann Menhardt: Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek. Bd. 1. Berlin 1960. S. 326ff. 131 Zitiert nach K. Schneider: Die deutschen Handschriften... (vgl. Anm. 1). Bd. 3. 1973. S. 341ff. 24 Cgm. 797 (Bayern, 2. H. 15. Jh. Heinrich von St. Gallen: Passionstraktat, Gebete), 3a, 83r-v: "(B)ys gegrüst warer leichnam (83v) Christi der warleich geporn ist von der junckfrawen Maria ..."I32 Cgm. 857 (Bayern, Gebetbuch), 29 (II: Teil 1494), 169v: "Nun zw der Wandlung sprich also, gegruest seyest du warer fronleichnam xpi ..."133 Das Athanasianische Glaubensbekenntnis, das wahrscheinlich wegen seines häufigen Vorkommens in Psalterien im vorliegenden Gebethbuch und auch anderswo irrtümlich als Psalm bezeichnet wird, soll gemäß der vorliegenden Hs. im Zusammenhang mit einem aus mehreren selbständigen Teilen bestehenden Gebet um Beistand bei gerichtlicher Verhandlung134 gesprochen werden. Es lautet: Quicumque wit Saluus effe etc. Belicher menf ch wil pehalten werden, dem ift vor allen dingen not, das er hab Cri/tenlichen gelawben. WEr den nicht gantzleichen vnd vntzeprochenlichen pehält /, der verdirbt an zweifelt ewigkleichen. DEr recht ftat gelawb ift der, das wir ain got Inder trinitat vnd die driualtigkait Inder ewigkait eren. Noch ain menf ch, nicht die perfon entfchaiden auch nicht ir wefen. Aynew ift / des vaters perfon, aynew des funs, aynew des heyligen geyfts, Aber des vater vnd des funs vnd des heyligen geyfts ift ain gothait /, ain geleichew ere, ain ewen ewigew magenkrafft. Wie der vater ift, alfo ift auch der heylig geift /. UNgeporner vater, vngeporner fun, vngeporner heyliger geyft. UNmaffiger vater, vnmaffiger fun, vnmaffiger heyliger geift. Ewiger vater, ewiger fun, ewiger heyliger geift. UNd doch nicht / drey ewig, funder ain ewiger. Allfo find nicht drey vngeporne, noch drey vnmaffig, funder ain vngeporner vnd ain vngemefner. IN geleicher wais almachtiger vater, almachtiger fun, almachtiger heyliger geift. Und doch nicht / drey almachtig, funder ain almachtiger. Alfo got vater, Got fun, got heyliger geil t. Und doch nicht drey got, funder ain gott. Alfo vnnser herre vater, vnnser herre fun, vnnser herre hay liger geift /. Und doch nicht drey herren, funder ain herre. Wann als wir fünderleich ain yedlich perfon got / vnd herrn vergehen vnd des mit kriftenleicher warhait / betwungenn werden, Alfo drey got vnd drey hern zefprechen, das wert vns kriftenlich geiftlichait. Der vater ift vonn nyemantt gemacht, noch geschaffenn, noch geporn. DEr fun ift von dem vater alaynn nicht gemacht, noch gefchaffen, funder geporen. Der heylig geift / von dem vater vnd von dem fun ift nicht/warden, noch gefchaffenn, noch geporen, funder für komenn. Darumb ain vatter, nicht drey vater, ain fun, nicht / drey Sun, ain heyliger geift, nicht / drey heylig geift. UNd an der trinitat nichts Erfters noch hinders, nicht merers noch Mynners, Svnder all fambt drey perfon find ewen ewig vnd ewigklichen ewengeleich. Alfo das vberall, das dort oben gefchriben ift /, vnnd dew trinitat In der aynigkait / vnd dew aynnigkait In der driualtigkait / ze eren fey. Wer darüber fälig will fein, der vernem dew driualtigkaitt alf o. Sunder fein ift notdurjft zu dem Ewigen hayll. das man dew menfchait vnnsers herren Jefu chrifti getrewlichen gelawb! Dar Innen ift/das der rechtt / gelaub, das wir gelauben vnd pechennenn, wann vnnser herre Jefu Chrift gottes fun, got vnd menf ch ift/, Uolkömner got / volkomner menf ch von redlicher feil vnd von menf chen fleifch pekomen, Geleich dem vater nach der gothaitt /, 132 Zitiert nach K. Schneider: Die deutschen Handschriften... (vgl. Anra. 1). Bd. 5. 1984. S. 367ff. 133 Ebd., S. 660ff. 134 Nr. 12, fol. 12r-12v. 25 mynner des vaters nach der Menfchait. Wie er doch got vnd menfch fey, nicht zwen, funder ain Chrift, Aber ayner, nicht/ vercherung an der gothait, an demfleifch, funder der Enphahung der menfchait In got /; Eynner, nicht / mit mifchung des wefenn, funder der perfon aynnigkaitt. S[o] echt als ain redlich feile vnd leib ain menfch ift /, alfo ift got vnd menfch ain Crift, DEr gemarttert ift vmb vnnser hayll vnd ftaig nider zu der helle vnd Erf tuend von dem tod. Er füer auffzu hymell vnd fitzt zw der rechten gottes, vaters almachtigenn. dann ift er künfftig ze richten tod vnd lebentig. Gegen des zw künfft müeffenn all menfch auffften mit Irem leib Und müeffenn widergeben raittung von Ir aigen tätt /. Die da guett habent gethan, die varen zu dem ewigen lebenn, die aber vbel habent getan, die varent Indas ewigfewr. Das ift der Chriftenleich gelauben. wer den nicht trewlich vnd f tatlich gelawbt, der mag nicht /pehaltten werden. (Nr. 12/13, fol. 12v-15r) Für die Verbreitung des sog. Athanasianischen Glaubensbekenntnisses sprechen zahlreiche handschriftliche Zeugnisse, z. B.: Hs. 12842 (Suppl. 370) der österreichischen Nationalbibliothek, Psalter, 146v-148r (3. Hd., Mitte 15. Jh.): "Der Salm ist von dem heiligen cristengelavben. Q vlt saluus esse Et caetera. Wwer da wil behalten wesen, von allen untz ist, daz er hab cristengelavben."135 Cent. VI, 56, 12, Sammelhs. von Gebeten, Predigten, Traktaten aus dem Katharinenkloster in der Nürnberger Stadtbibliothek, um 1446-47: "Qvicumque vult salvus esse. Wer do behalten wil sin der bedarf vor allen dingen daz er habe kristenlichen gelavben ... - in halte denn ein igilicher trüliche vnd festiglichen so mag er nicht behalten werden."136 Ms 150 NUKLj, 236r-240r, Psalter unbekannter Provenienz, 15. Jh.: "Quicuq wlt Jaluus eJ7e ante Wer pehaltn will werenn vor alln dingn i/t im das tzetun das er halt ein cri/tenleichn gelaubn Den nicht ein ygleichs gantzleichn vnd vngemaligten behaltet ds i/t an tzweiffl vslorn [...] Das i/t ds recht cri/tenleich gelaub wenn ds nicht trewleich vnd gantzleichn geglaubt der wirt nicht pehaltn Lob sey dem vats vnd dem Jün vnd dem heylign [gei/t]" Ein weitverbreiteter Text ist, was schon allein die unten angeführten Parallelstellen bezeugen, folgende Sequenz: "veni, fancte fpiritus etc. Chum her, heyliger geift, vnd Erfüll die hertz deiner getrewenn vnd erzunde In In das fewr deiner lieb, wann dw das volkh mit deiner widerwartigkait aller zungen In ain aynigung des gelauben haf t gefamet/, lob fey dir gott/." (Nr. 16, fol. 18r-18v) Diese Sequenz findet sich mit ähnlichem Wortlaut beispielsweise - in den folgenden Nürnberger Hss.: VI, 43p (Sammelhs. aus dem Katharinenkloster, vor allem Gebete, Mitte 15. Jh.), 41a, 174v: "Kum heiliger gaist erfüll dein glaubigen herczen ,.."137 135 Zitiert nach: H. Menhardt: Verzeichnis der altdeutschen... (vgl. Anm. 130). Bd. 3. 1961. S. 1277f. 136 Zitiert nach: K. Schneider: Die Handschriften... (wie Anm. 1). S. 184ff. 137 Ebd., S. 122ff. 26 VI, 82 (Sammelhs. aus dem Katharinenkloster, 1. V. 15. Jh.), 3a, 2v-3r: "Veni sancte spiritus kum heiliger geist erfüll die hertzen deiner gelaubigen ,.."138 VI, 91 (Sammelhs. aus dem Katharinenkloster, hauptsächlich Gebete und geistliche Texte, 1. H. 15. Jh.), 50, 155v: "Veni sancte spiritus kum heiliger gaist vnd erfülle die herczen deiner gelaubigen menschen ... - daz die alle gesamment werden in die eykait dez gelauben."139 - in Hss. der Bayerischen Staatsbibliothek: Cgm. 484,7 (Gebetbuch aus Nürnberg, 1458-62), 33v-35v: "Kumme heiliger geist und erfüll die herczen deiner glaubigen ..."140 Cgm. 484,88, 256v-257r: "Kumm heiliger geist und erfülle die herczen deiner glaubigen ..."141 Cgm. 744,3 (Gebete, z. T. Umkreis von Johann v. Neumarkt, Lektionar, Katechetische Texte, Bayern, I. Teil letztes V. 15. Jh.), 4r-5v: "Kumm heiliger gaist und erfülle die hertzen deiner gelaubigen ..."142 Cgm. 827, 29 (Kalender, Gebete, Exzerpte aus Bruder Philipps Marienleben, Beichttraktate u. a., Franken 3. V. 15. Jh.), 196r: "Cum heiliger geist und erfülle die hertzen deiner gleubigen ..,"143 Cgm. 845, 19 (Texte für Rom- und Jerusalempilger, Gebete, Katechetische Texte u. a. , Rom (?)/Süddeutschland um 1469-70), 153v: "Und darnach sprich ein Veni sancte spiritus. Das ist czw teusch: Chum heyliger geyst und erfüll die hertz deiner gelaubigen ... - alleluia."144 Cgm. 857, 9 (Gebetbuch, Bayern, I. Teil 1490), 65r: "Kum heyliger geist erfüll dy herczen deiner gelaubigen ,.."145 - in einer Hs. der National- und Universitätsbibliothek von Ljubljana: Ms 150 (Psalter unbekannter Provenienz, 15. Jh.), 241r: "Veni sancte spiritus [...] Chum herr heyliger geist und erfüll die gelaubigen hertz [...]" Auf deutsche und slowenische Paralleltexte des "Jobsegens" wurde schon von J. Stanonik hingewiesen146, in dessen Werk der Text der vorliegenden Handschrift auch abgedruckt ist147. Zu den unzähligen Varianten des "Jobsegens" gehört beispielsweise auch ein Spruch gegen Pferdewürmer in einem Wiener Arzneibuch von 1470: 138 Ebd., S. 222ff. 139 Ebd., S. 240ff. 140 K. Schneider: Die deutschen Handschriften... (vgl. Anm. 1). Bd. 3. 1970. S. 423f. 141 Ebd., S. 439. 142 K. Schneider: Die deutschen Handschriften... (vgl. Anm. 1). Bd. 5. 1984. S. 218ff. 143 Ebd., S. 499ff. 144 Ebd., S. 597ff. 145 Ebd., S. 660ff. 146 J. Stanonik: Ostanki... (wie Anm. 56). S. 49f. 147 Ebd., S. 44f. 27 2998 (Nov.s.n.), 17, 98ra"rb: "Für dy wurm den pfärdten. DEN gueten Sand Job, den pissen dy wurm der ain was Swartz, der ander weis, der dritt Rott, würm ir sult ligen tod. also tuen dir dy deinen. Des helf vns hewt dy namen drey: Der vater + vnd der Sun + vnd der heilig geist + Amen."148 Von dem zweiten der sog. "Waffensegen"149 kann neben den schon bekannten Paralleltexten150 noch ein ähnlicher Abschluß aus einer Münchner Hs. angeführt werden: Cgm. 37 (Die Kaiserchronik eines Regensburger Geistlichen, 14. Jh.), 133r (von späteren Händen): "Nu müezz ich heut als wolgesegent sein, als der chresm. vnd der wein, vnd als daz brot das got seinen heiligen iungern pot. Amen"151 Schon J. Stanonik hat Varianten des dritten "Waffensegens" angegeben152, als Beispiel seien hier noch andere Hss. erwähnt: Cent. VI, 100 (Sammelhs. von Gebeten u. a. geistlichen Texten, Katharinenkloster, 1. H. 15. Jh.), 41, 279v: "O menscheit blos o marter groß o wunden tieff ... - vnd durch dine grundlose erbarmhertzigkeit willen amen."153 Cent. VII, 67 (Gebete aus dem Katharinenkloster, Ende 15. Jh.), 60, 132v: "O armut groß O menscheit ploß ... - hilf vns zu deiner ewigkeit amen."154 Cgm. 165 (Gebetbuch für Frauen, 1510) 49v: "O menschheyt bloß o marter groß o wunden tieff o bluetes crafft o todes bittrickeyt o du clare gotheyt hilff vns der ewigen seligkeyt."155 Ein Gebet von großer Beliebtheit sind die "Freuden Mariens"156, in der vorliegenden Handschrift lautet es folgendermaßen: [...] "maria, ich man dich der graffen vberfluffigen wirden vnd ern, der dein fei vnd leib enphie, do dich got vater vnd der fun vnd der heilig geilt im felber zw einer mutter aufferweit, fraw maria, gots muter, der graffen freuden, wirden vnd ern bis von mir armen Sünderin gemant vnd gepetten, das du meiner gepett gewerft nach dein gnaden." [...] "ich man dich der graffen vberfluffigen frewden, wirden vnd eren, der dein fei vnd leib enphyeng, do dir der heilig engl fant gabrihel kunt ttet, das du gotes muter werden fcholdeft vnd darnach magt beleiben. " [...] "Ich gruf dich mit den gruff, den dir der engl pracht hat, do er fprach: 'gegrufft pift du, maria, voller gnaden, der herr ift mit dir, du pift gefegent in den weiben, gefegent ift dye frucht jefus.'fraw maria, gottes mutter, der 148 Zitiert nach: H. Menhardt: Verzeichnis der altdeutschen... (wie Anm. 130). S. 555ff. 149 Abgedruckt in J. Stanonik: Ostanki... (wie Anm. 56). S. 46. 150 Siehe J. Stanonik: Ostanki... (wie Anm. 56). S. 50ff. 151 Zitiert nach E. Petzet: Die deutschen Pergament-Handschriften... (wie Anm. 1). S. 63f. 152 Ostanki... (wie Anm. 56). S. 52. 153 Zitiert nach K. Schneider: Die Handschriften... (wie Anm. 1). S. 258ff. 154 Ebd., S. 378ff. 155 Zitiert nach E. Petzet: Die deutschen Pergament-Handschriften... (wie Anm. 1). S. 297ff. 156 Vgl. J. M. Plotzek: Andachtsbücher... (wie Anm. 6). S. 49. 28 felben graffen frewden, wirden vn eren p[is] von mir arm Sünderin gemant vnd gepetten, das du mein gepett gewerft nach dein gnaden. " [...] "fraw maria, ich man dich der freuden, das du erkanft gottes deins fun parmherczikait vnd des heiligen geilt weiffhait. vnd du fprachft: 'ich pin ein dyrn des almächtigen, ge/chech mir nach dein warten, gots wille wart an mir erfult mit den heilign geift.'vnd du trug/t dein kint nur ain moned vnder dem herczen. fraw maria, gottes mutter, der groften frewden, wirden vnd ern bis von mir arm funderin gemant vnd gepetten, das du mein gep[et] gewerft nach dein gnaden vnd nach mein durfften. " [...] "Ich man dich der graf fen freuden, dy du enphyengft an den heiligen weynnachttag, do du dein liebs trautt kint gepar vnd genaft an allen fmerczen vnd raynen magt vnder der gepurtt, vor der gepurtt peleibt. maria, deinfreud was fo graff, do du das kint an fachft, du es aujf czukeft an den mund. mit den kuff pat du den frid allen fundern vnd funderin hincz dem kint vnd fich freud deiner gepurtt, als das aujf erden vnd in himl ift. fraw maria, gotes muter, wis gemant vnd gepetten, das du mein gepett gewerft nach dein gnaden vnd nach mein pedurffn."[...] "Ich man dich, frav maria, der graff en freuden, wirden vnd ern, der du enphyengt an der heiligen öfter nacht, do dir dein liebs kint erfcheint mit feiner vrftent fcheinperleich vnd troft hercznlich laid. darnach erfcheint dein kint magdalene vnd fein allerliebften frewntten vnd furtt gewaltikleichen dye var vor hell vnd erlaft alle gefangen fei vnd furt fy in das paradeis, das fy da warn an deins kindes auffart. fraw -maria, gots mutter, der graffn frewden, wirden und eren piff von mir arm funderin gemant vnd gepeten nach dein gnaden vnd nach mein pedurjfen." [...] "Ich man dich der graf fen frewden vnd ern, der dein fei vnd leib enphyengn an dem heiligen auffart tag, do dein liebes chint zw hymlfur mit allen, dy er an dem offterleichen margen alle auff der hell gewaltikleich nam. o maria, deinfrewd was fo graff an deins kinds kreftigen auffart, das fy gegen dein frewden nyemmant geleichen mag, wen du fachft durch dy newn kar der heilligen engl vnd fagk den dir dye engl geworcht hetten. frav maria, der graf fen frewden vnd eren wiff von mir arm funderin gemant vnd gepetten, das du mich deiner gepet gewerft nach dein gnaden vnd nach mein pedurjfen." [...] "Ich man dich der graff en frewden vnd ern, der dein fei vnd leib enphyengen an den heiligen phingftag vnd den du vnd dy heilligen xii poten fachen mit vorfpartter tur vnder den luden, do kam dein kint vnder euch vnd fprach. 'mein frid fey mit euch allen!' vnd erfult auch dein kint mit den gruff, das Irfurbas chain forcht nicht hetten auff dye luden vnd er fant dy heilligen xii poten in dy weit zw predigen kriftenleichen gelauben. frav maria, der graf fen freuden vnd ern wiff von mir arm funderin gemant vnd gepeten, das du mich meiner gepet gewerft nach dein gnaden vnd nach mein pedurjfen."[...] "fraw maria, gots mutter, ich man dich der graf fen frewden, wirden vnd ern, der dein fei vnd leib enphye an dem virczigiften tag. do nam dich dein kint vndfurt dich gewaltikleichen in den tran vnd faczt dich auff den ftul vnd in den rat der heilligen driualtikait. vnd gab dir dein kint gewaltig vber al himl vnd vber erden vnd krönt dich mit der krön des reichs vnd mit den ftam, dy dir herr faloman bereit het. vnd warft gehaiffen ein muter der 29 parmherczikaitt. frav maria, gots muter, der graffen freuden, wirden vnd eren, wif von mir arm Sünderin gemant vnd gepeten, das du mein gepet erhorft nach dein gnaden vnd nach mein pedurffen. amen." (Nr. 82, fol. 61v-64v) Von der großen Beliebtheit dieser manunge zeugen auch viele Überlieferungen in anderen Hss., z. B.: VII, 67 (Gebete aus dem Katharinenkloster, Ende 15. Jh.), 46 "Gebet von den Freuden Mariae", 103v-107v: "Wen du in grosem leiden pist oder bekumernus ... Ich pit dich fraw sancte Maria durch die frewd die du hettest do dir sant Gabriel kunt tet ... - du wollest mich erfrewen an dißen dingen. Pater noster ave Maria magnificat amen"157 Cgm. 402 (Legenden der hll. Ulrich, Sintpert und Afra, Johannes Indersdorf, Heinrich von St. Gallen, Thomas Peuntner, Gebete, Augsburg, um 1456/57), 21b), 154v-156v: "Maria du raine junckfraw ich erman dich deiner grossen frewd da got der hymlisch vater zu dir sant Cgm. 462, 45 (Rebdorf, 2. H. 15. Jh., Katechetische Traktate, Sprüche, Gebete), 171v-176r: "Die zehen freid u(n)ser frau. Ich man dich der grossen überflüssigen freyden eren und wirden die dein sei und leib enpfieng ... -küm mir an meinen lesten end ze hilf und ze trost Jhu Christ amen."159 Cgm. 481 (Gebete, Thomas Peuntner. Heinrich von St. Gallen, Bayern, 3. V. 15. Jh.), 7e), 46r-48v: "Ich ermon dich du hochgelobte iunkchfraw Marie der grossen wird und er ..."16° Cgm. 848 (Sammelhs.: Kalender, dt. lit. Texte, Gebete, Ekbert v. Schönau u. a.) 30a (III. Teil, 2. H. 15. Jh.), 230r: "Ich man dich der grossen überflüssigen freiden eren und wirden dye dein seil und dein leib enpfieng ...- deines lieben kindes un unssers lieben herren Jhesu Christi."161 Cgm. 857 (Gebetbuch), 15 b (III. Teil, 1494), 91r-94r: "... Ich erman dich der grossen freyden eren und wierden dy dein seel und dein leib enpfieng an dem heyligen weihnachtmorgen ... - (93v) mit dem heyligen geyst ewig-(94r) liehen an ende amen."16^ Neben den "Freuden" fanden auch die "Leiden Mariens" weite Verbreitung. In der Handschrift von Ljubljana steht, eingebettet in Zweckbestimmung und Ritusanzeige, folgender Text: [...] "aue kunnygin, frav, ich man dich des laides, das du dein kind/achft Stenn vnder alln feinen veinten vnd yegleichen gedacht von Seins herezen vbl, wye er Im aller wyfift mocht getun vnd Im das krauez auff feinen verbuntten rukehen gaben vnd du nach gyeng/t mit Iamerigen herezen, wan du wol weit, das dy zeit Seins tades gegenwurttig was vnd mochte/1 im nicht gehelffen in aller feiner nat. nu pit ich dich, wan du ein gepyeterin pift der 157 Zitiert nach: K. Schneider: Die Handschriften... (wie Anm. 1). S. 378ff. 158 Zitiert nach: K. Schneider: Die deutschen Handschriften... (vgl. Anm. 1). Bd. 3. 1973. S. 162ff. 159 Ebd., S. 341 ff. 160 Ebd., S. 414ff. 161 Zitiert nach: K. Schneider: Die deutschen Handschriften... (vgl. Anm. 1). Bd. 5. 1984. S. 611 ff. 162 Ebd., S. 660ff. 30 engl vnd mir wol gehelffen mag/t, das du mir genedikleich helffeft von der nat vnd von allen meinen angften. " [...] "frav, ich man dich, das du deinen kind enplaffen facht vor dem kreucz vnd das er vergoffen was mit feinen aigen plut vnd flegen als Iamerleich gedandelt was, das nichts ganczes an Im was von der fchaitl vncz auffdye verffen. du fachft auch alle dye nat, dy er er led, do man In kreuczt, vnd ain yegleiche marter gye dir durich alls dein markch in dein fei ain fcharffes fwert fint, In dem du gemartrett wurdeft für al lauter menf chen. ich pit dich durich alle dye laidigen plikch, dy du ye gefachft an deinen kint, das du dye äugen deiner mutterleichen parmung kereft zw meinen gepet, vnd erlaff mich von der angft. " [...] "fraw, gedenkch, das dein aynnyger fun vnd mein lieber herr dich ab dem kreucz an fach mit betrübten herczen, wan Inn feinen maiften vnkreften Im dein naten ein mervng was feiner marter vnd dir zw troft enphalher dyr feinen lunger lohannen vnd dich Im vnd es dy leczt red was vnd fich mit den warten von dyer fchyedt: 'ach gotleiche muter, vnd auch meines fundigen menf chen, fchaid dein muterleich hilffvon mir nicht vnd verkerr mir all mein fwer durch dy gewaltigen tugent deiner wyrtikaitt.'" [...] "frav, ich man dich der klagleichen hayferen ftym, dy du horeft rujfent von des füllen guttigen lempl feines munds, das fich hyml vnd erd ab er czittrat vnd erparmt vnd fein edls hercz abprach vnd fich dein verwunttes hercz erwegt vnd macht dir doch nicht abpreften vnd macht auch dapey nicht mer gefprechen. ofrav, nu pit dein kint durch dy not deines heiligen herczen vnd durch do erfelbe Inne was, das er dye nat meins betrüben herczen verwandl vnd mich ledig von der angft."[...] "frav, ich man dich, das du fachft das fperr den Inneren hart treffen vnd das plut von dein milden herczen herab rinn, davon das erdereich an nat fich muft erwegen. nun man ich dich der freuden vnd des lamers, dye du paid mit ein ander enphyengft, das der dir wart für gelegt tader vnd pluttiger mit alln feinen offn wunden, des neigeft du dich auff fein hercz vnd dy czeherr, dy zw pluts fcholten werden fein. In deinem muterleichen leib goff du In fein wundenn vnd hyeft In gerne, damit erfult feins herczen aus gefloffnes plut eya vber vol gnaden, hilffmir von diffen naten vnd von allen meinen naten an feil vnd an leib nun vnd an meinen end. amen." [...] (Nr. 92, fol. 73r-74v) Eine Variante dieses Gebets findet sich beispielsweise in einem Gebetbuch aus dem Katharinenkloster vom Ende des 15. Jhs.: VII, 67, 47, 107v-110v: "Das sind die funff herczeleid von unser lieben frawen ... 108r O du wirdige muter gotes yunckfraw Maria ich erman dich des herczenleides ... - allen meinen freunden vnd an allen dingen amen."163 Neben den oben zitierten Gebeten stehen in der Ljubljanaer Handschrift noch die folgenden Psalmen oder Psalmzitate, deren Wortlaut mit den Psalmen in der von W. Kurrelmeyer herausgegebenen Ersten deutschen Bibel nicht identisch ist.164 Es 163 Zitiert nach: K. Schneider: Die Handschriften... (wie Anm. 1), S. 378. 164 Vgl. William Kurrelmeyer (Hg.): Die erste deutsche Bibel. Bd. 7. Tübingen 1910. S. 250. 31 handelt sich um einige der vielen Varianten, wie sie in den unzähligen Psalterhandschriften vorkommen; hier finden sich folgende Psalmen: Psalm Nr. 2: [...] "Darumb gri/gramtten die diet / mit den zenden, vnd dew lewt gedachten vppige dingt"[...] (Nr. 24, fol. 22r-22v) Psalm Nr. 12: [...] "Wie lang vergiftu, mein herre, vntzt an das ende? Wie lang eher/et dw dein antlitz von mir? Wie lang /etze ich die ratt meiner feie»? der /mertzen ift In meinem hertzen all durch den tag*. Wie lang wird gehöhet mein veint / vber mich, herre? fiech vmb vnd erhöre mich, mein got! erlewcht meine äugen, Das Ich nicht / entfchlaffe In dem tode, das mein veint ettewenne nicht //preche, ich hab vermacht mich wider In. Die mich betruebent, die frewent /ich, ob ich erwegtte werde, ich geding aber an dein parmhertzigkait. Sich frewet mein hertze in deinem haylande. ich fing vnn/erem hern, der mir guet geben hat, vnd /ing /alme vnnsers hern namen, dem höchften. Amen. "[...] (Nr. 21, fol. 20r-21r) Psalm Nr. 64: [...] "Got, dir zimbt wol das lob in Syon vnd dir wirt verhais geben datz Ierufalem. Erhör mein gepet /, wann zu dir chumbt alles vleifchs der vngerechten wort / vermachtten f ich vber vns, vnd dw pift In vnser vbel genadig Salig ift der, den dw haf t Erweit / vnd den dw Emphangen haft /. Der wirt wonen In deinem haws. Wir werden Erfult mit guttenn dingen deines haws, heylig ift dein fall vnd wunderleich an der gerechtigkait. Got, Erhör vns, vnnser hayler, geding, alles endes des Erdtreichs vnd verre auff dem mere. Dw Peraittesft die perge mit deiner chrafft vnd pift vmbfangen mit gewalt / vnd betrüebeft dew tieffdes meres vnd irsfluffes done. Die diet werden betruebt / vnnd werden fürchtten die da wanent / bey den gemerckhen von deinem zaichen, dein aufgeng werdent leweht früe vnd fpat /. Dw haft das Erdtreich pefuecht vnd haft fey trunckhen gemacht / vnd haft fey manigualtigkleichen reich gemacht /. Der gottes vrfprung ift erfüllet / mit waffer. Dw haft Ir Effenn gemachte, wann alfo ift Ir peraittung. Ir pache mache trunchen manigualtigkleich Ir chünne. Der perhajfte wird gefreyt von feinen trophenn. Dw gefegenft dew chron deines Jares, deiner guette Vnd [...] deiner veld werden Erfüllt / mit gnuchtfam. dew fchonen dinchk der wuefte werden vaift / vnd die pühel werdent all pegurt mit freyden. die wider der fchaff find an gelait / vnd dew taill von der genuegfam des getraids, fy rüeffent zwar vnd lob fingent. " (Nr. 41, fol. 34r-35v) Psalm Nr. 122: [...] "Zw dir erheb ich meinew äugen, der dw waneft In den hymelnn." [...] (Nr. 22, fol. 21r-21v) [...] "zw dir erheb ich meine awgen." [...] (Nr. 34, fol. 28r-29r) "zw dyer erheb ich meinew äugen, wan du wanft in den himelnn. fich als der chnecht äugen, dye in der herren henden fint, als der dyerne äugen, in der fraven henden, alfo unferew hincz vnferm herren got, vncz das er fich vber vnff erparmt. erparm dich vber vns, herr, erparm dich vber vns, wan 32 wyer fein ferr erfüllt mit f mache, wan vil ift vnfer fei erfüllet, itweiz fey den, dy da genuchtfamt habent, vnd verfmacheitt den hoffertigen, wan das got was vnder vns" (Nr. 69, fol. 51r) * * * 4. Das Gebethbuch Ms 224 ist, wie aus dem oben Dargestellten hervorgeht, eines der vielen Privatgebetbücher, wie sie für das ausgehende Mittelalter charakteristisch sind. Es findet hauptsächlich in der persönlichen Andacht außerhalb der Liturgie Verwendung und reflektiert die synchretistische Volksfrömmigkeit ihrer Besitzer. Es hat ein vielfältiges Repertoire: neben den apotropäischen Formen, allgemein als Segen bezeichnet, enthält es im wesentlichen verschiedene Gebete, die weitgehend auf orientalisch-irischer Überlieferung fußen. 33