51 Markus Schmalzl15 NEW ASPECTS OF MAKING ARCHIVAL MATERIAL ACCESSIBLE AND USING IT Abstract Since several years, archive users are being offered increasing options for researching and analysing archival material. Online accessibilty will be developed subsequently not only quantitatively but also in terms of data quality and user comfort by setting up virtu- al reading rooms, adding researching possibilties and connecting external ressources. The ongoing process of building up and operating a National Science Data Infrastructure (NFDI) and an European Open Science Cloud (EOSC) will boost this process further. NUOVI ASPETTI DI RENDERE ACCESSIBILE ED UTILIZABILE IL MATERIALE ARCHIVISTICO IL MATERIALE D’ARCHIVIO Sintesi Da diversi anni, agli utenti dell’archivio vengono offerte crescenti opzioni per la ricer- ca e l’analisi del materiale d’archivio. L’accessibilità online sarà sviluppata successiva- mente non solo quantitativamente, ma anche in termini di qualità dei dati e comfort dell’utente, attraverso l’allestimento di sale di lettura virtuali, l’aggiunta di possibilità di ricerca e il collegamento di risorse esterne. Il processo in corso di creazione e gestione di una National Science Data Infrastructure (NFDI) e di un European Open Science Cloud (EOSC) rafforzerà ulteriormente questo processo. NOVI VIDIKI DOSTOPA IN UPORABE ARHIVSKEGA GRADIVA Povzetek Že nekaj let se uporabnikom arhivov ponuja vse več možnosti za raziskovanje in analizo arhivskega gradiva. Dostop preko spleta se bo razvijala ne le kvantitativno, temveč tudi v smislu kakovosti podatkov in udobja uporabnikov z vzpostavitvijo virtualnih čitalnic, dodajanjem možnosti raziskovanja in povezovanjem zunanjih virov. Stalni proces izgra- dnje in delovanja nacionalne znanstvene podatkovne infrastrukture (NFDI) in evropske- ga oblaka odprte znanosti (EOSC) bo ta proces še okrepil. 15 Ph.D., Director of the Staatlichen Archive Bayern, e-mail: Markus.Schmalzl@gda.bayern.de NEW ASPECTS OF MAKING ARCHIVAL MATERIAL ACCESSIBLE AND USING IT MARKUS SCHMALZL 52 NEUE ASPEKTE, ARCHIVMATERIAL ZUGÄNGLICH ZU MACHEN UND ZU NUTZEN Abstract Seit einigen Jahren bieten sich Archivnutzer*innen neue Möglichkeiten Archivalien zu recherchieren und auszuwerten. Die Onlinebereitstellung von Erschließungsmetada- ten und Digitalisaten wird in den folgenden Jahren nicht nur in quantitativer Hinsicht deutlich ausgebaut werden, sondern auch hinsichtlich der Datenqualität sowie mit dem Aufbau Virtueller Lesesäle, zusätzlicher Recherchemöglichkeiten und der Ein- bindung externer Ressourcen auch bezüglich des Nutzerkomforts. Weitere Impulse für die Nutzung von Archivgut wird auch der Aufbau und Betrieb einer Nationale For- schungsdateninfrastruktur (NFDI) in Deutschland und einer European Open Science Cloud (EOSC) geben. NEW ASPECTS OF MAKING ARCHIVAL MATERIAL ACCESSIBLE AND USING IT MARKUS SCHMALZL 53 INTRODUCTION In den letzten Jahrzehnten hat sich die Archivnutzung in Deutschland deutlich geändert. An die Stelle mühsamer Vorrecherchen in Archivführern und der Anfrage per Brief, ist die Onlinenutzung digitalisierter Quellen und Erschließungsinformationen über Archiv- portale getreten. Die Archive in Deutschland haben sich also schon lange in die digitale Welt aufgemacht. Bereits seit Mitte der 1990er Jahre stellen Archive Basisinformationen zur Archivnutzung über das Internet zur Verfügung. Seit mehr als 10 Jahren bieten sie Archivnutzer*innen auch jenseits der Lesesäle vor Ort Möglichkeiten an, Archivalien zu recherchieren und auszuwerten. Es ist davon auszugehen, dass sich die Möglichkeiten und Spielräume der Recherche und Auswertung von Informationen in deutschen Archi- ven auch in den kommenden Jahren deutlich weiter verändern werden. Dies betrifft zunächst die Onlinebereitstellung von Metadaten und Digitalisaten analo- ger Archivalien, die über die Internetauftritte bereitgestellt und über die Archivtekto- nik sowie auch über Volltextrecherche durchsucht werden können. Einen Service dieser Art bieten mittlerweile alle größeren Institutionen der verschiedenen Archivsparten in Deutschland an. Über den Internetauftritt der Staatlichen Archive Bayerns etwa kön- nen derzeit 3,5 Millionen Digitalisate und Erschließungsinformationen zu mehr als 2 Millionen Archivalien ermittelt werden. Insgesamt stellen die staatlichen Archive von Bund und Ländern derzeit mehr als 45 Millionen Erschließungsdatensätze und um die 100 Millionen Digitalisate online zur Nutzung bereit. Die Daten werden dabei üblicher- weise komplett für ganze Bestände bereitgestellt, um die Entstehungskontexte auch online nachvollziehbar zu halten. Ebenfalls bereits gut etabliert ist die Zugänglichmachung von Digitalisaten und Meta- daten über regionale Portale, wie etwa das Archivportal NRW, das Archivportal Thürin- gen oder das bayerische-tschechische Kooperationsportal Porta Fontium, sowie über ebenfalls grenzüberschreitende Spezialportale wie etwa das Urkundenportal monas- terium. In letzterem werden mittlerweile mehr als 500.000 Urkunden aus mehr 100 europäischen Archiven zur Verfügung gestellt. Als nationales Archivportal bietet in Deutschland zudem seit 2014 das Archivportal- D einen zentralen Einstieg in die Recherche. Hier stellen Archive aller Archivsparten Kontaktinformationen und Beständeübersichten sowie Metadaten zu Archivalien und Digitalisate bereit. Die Recherche erlaubt einen übergreifenden Zugang per Volltext, über die Provenienz sowie auch nach Archivsparten oder Bundesländern. Derzeit sind so etwa 23 Millionen Datensätze von über 200 Archiven sowie weitergehende Kontakt- informationen zu ca. 2.600 Archiven durchsuch- und aufrufbar. Die gemeinsame Daten- haltung mit der Deutschen Digitalen Bibliothek erlaubt künftig zudem auch eine An- schlussfähigkeit der Metadaten und Digitalisate an Daten der Bibliotheken und Museen in Deutschland (Maier, 2020, pp. 14) Einen thematischen Zugriff im Archivportal-D bietet außerdem das Themenportal Wei- marer Republik (Entdecken Sie Archivgut zur Weimarer Republik, 2022). Die zu Archiva- lien der Jahre 1919–1933 im Archivportal vorhandenen Datensätze wurden hierzu nach 17 Oberkategorien mit ca. 900 Schlagworten angereichert und ermöglichen so eine vielen Nutzer*innen bereits aus dem Bibliotheksbereich bekannte und komfortable Recherchemöglichkeit. Bislang wurden etwa 16.000 Datensätze aus dem Landesarchiv Baden-Württemberg und dem Bundesarchiv entsprechend verschlagwortet (Archiv- portal-D, 2021). Weitere Archive dürften sich in den nächsten Monaten dieser Initiative anschließen und in Bälde wird auch mit thematischen Zugängen oder Themenportalen zu weiteren Epochen und Forschungsschwerpunkten zu rechnen sein. NEW ASPECTS OF MAKING ARCHIVAL MATERIAL ACCESSIBLE AND USING IT MARKUS SCHMALZL 54 Die Daten werden vom Archivportal-D aus außerdem auf eine internationale Ebene weitergeleitet, nämlich an das Archives Portal Europe sowie an das Portal Europeana, wo sie gemeinsam mit Daten anderer Gedächtnisinstitutionen recherchiert werden können. Die online verfügbaren Informationen sorgen bereits heute für eine deut- liche Veränderung im Nutzerverhalten, zumal einige Archive – auch Kommunalarchi- ve – zusätzliche Services wie eine „Digitalisierung on demand“ anbieten. Aufwändi- ge Archivreisen scheinen damit langsam überflüssig zu werden und dies ist, gerade natürlich in Zeiten der Pandemie, ein großer Vorteil. Dementsprechend nimmt die Archivnutzung vor Ort, nicht erst seit Beginn der Sars-Covid-19-Pandemie, kontinu- ierlich ab. Die Lesesäle deutscher Archive, sowohl der großen Staats- und Landes- archive, als auch kleinerer kommunaler Institutionen verzeichnen seit fast 20 Jahren schwindende Besucherzahlen (Glauert, 2018, pp. 63; Heine, 2017, pp. 181). Gleichzei- tig verschiebt sich der Fokus wissenschaftlicher Tätigkeit auf die leicht zugänglichen und online auswertbaren Bestände, während Archivalien, die nicht bzw. noch nicht digitalisiert werden können, nicht ausgewertet werden (König, 2020: p. 246). Künftig werden Forschende es wohl immer weniger häufig auf sich nehmen, Zeit und Geld für aufwändige Archivreisen zu unternehmen und vor Ort in den Lesesälen bei häufig eng begrenzten Öffnungszeiten zu arbeiten und stattdessen ihr Forschungsinteresse Themen zuzuwenden, die eine Arbeit mit digital und jederzeit verfügbaren Material erlauben (Plassmann, 2016, pp. 220). Denn freilich gibt es auch auf diesem Gebiet noch viel zu tun. Auch die großen Archiv- verwaltungen des Bundes und der Länder haben noch lange nicht alle ihre Erschlie- ßungsinformationen online zugänglich gemacht. Bei den Digitalisaten ist der Anteil noch sehr viel kleiner. Dies liegt freilich auch daran, dass viele Datensätze und Digita- lisate noch Schutzfristen unterliegen und schon aus datenschutzrechtlichen Gründen und aufgrund der Sensibilität der Informationen noch nicht online gestellt werden können. Bei einer nicht zu unterschätzenden Zahl an Archivalien sind zudem zunächst konservatorische oder gar restauratorische Maßnahmen vorzunehmen. Die Metada- ten genügen häufig zudem nicht den gängigen Qualitätsansprüchen oder sind nicht für einen Export im Austauschformat EAD geeignet und müssen vor einer Onlinestel- lung aufbereitet werden. Die Onlinestellung von Datensätzen und Digitalisaten ist also mit hohen Aufwänden verbunden, die bei weitem nicht alle Archive in Deutsch- land stemmen können. Viele kleinere Institutionen, v.a. im Bereich der Kommunalar- chive, werden nur nebenamtlich betreut und haben keinerlei Ressourcen für Maßnah- men dieser Art und bislang noch überhaupt keine Archivalien digitalisiert oder auch nur Basisinformationen, wie Erreichbarkeiten und Kontaktadressen, an das Archiv- portal-D gemeldet. Auf absehbare Zeit wird sich diese Situation kaum verbessern und während die großen Archivverwaltungen weitere Schritte in die digitale Welt unter- nehmen, werden viele kleine Archive im Analogen verharren. Eine baldige Zugäng- lichmachung aller Erschließungsinformationen aller Archive in Deutschland oder gar eine Digitalisierung aller vorhandenen Archivalien und deren Onlinestellung ist also in Bälde, auch deshalb, nicht zu erwarten. Aber auch bei den großen Archivverwal- tungen werden dauernde Aufwände zu leisten sein, um die Digitalisierung des ana- logen Archivguts voranzutreiben. Zumal kontinuierlich große Mengen analoger und elektronischer Archivalien hinzu kommen, während das für Erschließungsarbeiten zur Verfügung stehende Personal abnimmt. Entsprechend hat etwa das Bundesarchiv seine Erschließungsstrategie deutlich verändert und die Erschließungstiefe auch an der Benutzungshäufigkeit ausgerichtet. Detailliert erschlossene Leitbestände stehen dann solchen gegenüber, die nur rudimentäre Metadaten aufweisen werden (Hänger, 2018, pp. 184) NEW ASPECTS OF MAKING ARCHIVAL MATERIAL ACCESSIBLE AND USING IT MARKUS SCHMALZL 55 Derweilen arbeiten die Archive auch in anderer Hinsicht an einer Verbesserung ihrer Datenqualität. Moderne Archivfachinformationssysteme, wie sie bei den großen Ar- chivverwaltungen in Deutschland mittlerweile implementiert wurden, ermöglichen die weitgehend automatisierte Referenzierung und Anreicherung der Erschließungs- metadaten mit normierten Daten aus der Gemeinsamen Normdatei der Deutschen Na- tionalbibliothek oder kontrolliertem Vokabular aus standardisierten Ontologien. Die Staatlichen Archive Bayerns etwa werden Ende Januar 2022 damit beginnen, ihre Er- schließungsmetadaten durch einen Massenimport mit Personen- und Ortsnormdaten anzureichern bzw. abzugleichen. Freilich lassen sich auch hierbei nicht alle Arbeits- schritte komplett automatisieren. Die Zuweisung einer nicht eindeutigen Ortsangabe zum jeweiligen Ortsnormdatum bleibt bis auf weiteres eine intellektuelle Leistung, die auf absehbare Zeit von einem Menschen zu erbringen sein wird. Die Aufwände dürften aber gut investiert sein. Wird sich doch auf diese Weise die Auswertbarkeit, Vernetzung und Interoperabilität der Daten deutlich erhöhen und ein Standardisierungsschritt er- reicht, der nicht nur archivübergreifende Recherchen, sondern auch den Anschluss an die Bestände von Bibliotheken und Museen erleichtern wird. Auch der Onlinezugang zu den Archiven in Deutschland dürfte sich in den nächsten Jah- ren noch einmal deutlich verändern. Über eine bloße Onlinestellung hinaus sollen Archi- valien künftig online recherchiert und ausgewertet werden können und den Nutzer*in- nen dabei alle Services geboten werden, die auch bei einem Besuch vor Ort im Archiv zur Verfügung gestellt werden. Dies erfordert den Aufbau virtueller Lesesäle und die Ein- richtung von Benutzerkonten mit Anmelde- und Authentifizierungsmöglichkeiten für Nutzer*innen aus Deutschland und aus der ganzen Welt. Über die Konten können dann Archivalien bzw. digitale Reproduktionen bestellt und eingesehen werden und künf- tig evtl. weitere Services wie Merklisten und Downloadfunktionen angeboten werden. Darauf aufbauend ließen sich zudem auch Auswertetools aufsetzen, auch wenn hier eine Bereitstellung aktueller und für die unterschiedlichsten Nutzungszwecke jeweils geeigneter Werkzeuge vermutlich nicht mit sinnvollem Aufwand umzusetzen sein wird. Vielmehr dürfte vielmehr die Bereitstellung von Daten und Erschließungsmeta- daten über verschiedene standardisierte und möglichst offene Schnittstellen zur Nach- nutzung in entsprechenden Auswertungstools, wie etwa Fact Grid (Fact Grid, 2021), von Bedeutung sein. Zudem sollen sich Forschende ihre Erfahrungen und Suchstrate- gien auch miteinander teilen und Rechercheergebnisse auch referenziert, verknüpft, kommentiert und diskutiert werden können (Hänger, 2018, pp. 188f). Auf diese Wei- se könnten so auch Informationen zu einzelnen Archivalien und Digitalisaten aus der Nutzercommunity an das zuständige Archiv zurückgemeldet werden und auch anderen Nutzer*innen zur Verfügung stehen. Auch im virtuellen Bereich wird zudem der Bedarf nach einer Beratung der Nutzer*innen bei der Archivrecherche bestehen. Archivgut ist zu heterogen und die Strukturierung der Informationen nach Provenienz für viele Nut- zer*innen nicht selbsterklärend, weshalb gerade im Rahmen wissenschaftlicher For- schungen entsprechende Beratungsangebote genutzt und nachgefragt werden (König, 2020, pp. 250). Das Landesarchiv Baden-Württemberg bietet deshalb zu häufig nach- gefragten Themenbereichen seit einigen Jahren sogenannte Rechercheführer an, die Nutzer*innen Informationen über Recherchewege und Rechercheoptionen im Archiv geben. Maier, 2016, pp. 243). Möglicherweise lassen sich hierfür auch die reichen Erfah- rungen die während der Pandemie im Dienstbetrieb der Archive mit Videokonferenzen gemacht wurden noch gewinnbringend nachnutzen. Eine Reihe von staatlichen und kommunalen Archiven sind mittlerweile in den sozialen Medien aktiv und einige dieser Archive haben zudem erste Schritte unternommen, auch über die sozialen Medien auch Beratungen zur Archivnutzung anzubieten (Kemper, 2016, pp. 226). NEW ASPECTS OF MAKING ARCHIVAL MATERIAL ACCESSIBLE AND USING IT MARKUS SCHMALZL 56 Ein erster virtueller Lesesaal wurde vom Landesarchiv Rheinland-Pfalz im Januar 2021 eröffnet (Gemeinschaftsblog, 2021) In den nächsten Jahren werden sicherlich weitere folgen. Eine deutlich erhöhte Komplexität erhält der Aufbau virtueller Lesesäle wenn hier auch Informationen zugänglich gemacht werden sollen, die aus Urheberrechts- gründen oder archivrechtlichen Gründen gesperrt oder geschützt sind. Die Anforde- rungen der IT-Sicherheit an die Übertragungswege und die Authentifizierungsmöglich- keiten sind hier ganz erheblich und die in Betracht kommenden technischen Aufwände alles andere als unerheblich. Gleichwohl werden die staatlichen Archive des Bundes und der Länder hierfür in den nächsten Jahren Infrastrukturen aufbauen. Wichtige Impulse hierzu kommen aus dem Projekt „Transformation der Wiedergutmachung“ (Bundesmi- nisterium der Finanzen, 2020) in dem ein gemeinsames Portal zur Onlinepräsentation von Archivalien aufgebaut wird, die im Zuge der Wiedergutmachung von NS-Unrecht in Deutschland entstanden sind und die häufig noch personenbezogenen Schutzfristen unterliegen. Auch wenn sich die genaue und tatsächliche technische Umsetzung noch nicht deutlich absehen lässt, wird das Projekt die Entwicklung und Bereitstellung virtu- eller Zugänge und Services sicherlich deutlich beschleunigen. Neue und besondere Anforderungen hinsichtlich der Datenqualität, des Zugangs zu und der Wiederbereitstellung archivierter born digitals werden unter anderem auch von den Datenproduzenten formuliert. Dort wo Datenproduzenten selbst auf die Zugäng- lichmachung und Verarbeitung von Daten in langen Zeitreihen angewiesen sind, wie etwa bei den Geobasisdaten der Vermessungsverwaltung in Bayern, bieten sich den Archiven neue Kooperationsmöglichkeiten aber auch neue Herausforderungen in der Datenbereitstellung unter den Bedingungen der Erstnutzung. Weitere entscheidende Impulse sind außerdem von einem weiteren großangelegten Projekt zu erwarten. Seit 2019 wird in Deutschland der Aufbau einer Nationalen For- schungsdateninfrastruktur (NFDI) als nationaler Pfeiler einer European Open Science Cloud (EOSC) vorangetrieben. In bisher 2 von 3 Förderrunden haben sich mehr als 200 universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Infrastruktureinrich- tungen nach Wissenschaftsdisziplinen zu derzeit 20 Konsortien zusammengeschlossen und eine Förderung durch Bund und Länder für zunächst 10 Jahre für die Mitarbeit an der NFDI erhalten. Zehn weitere Initiativen, darunter möglicherweise auch ein Konsortium für die Geschichtswissenschaften NFDI4Memory, werden im kommenden Jahr folgen. Mit dieser Initiative sollen die Auffindbarkeit, der Zugang, die Interoperabilität und die Nachnutzbarkeit von Daten aus Forschungsprozessen sowie von Daten, die künftig für Forschungen genutzt werden könnten, deutlich erleichtert werden. Dies soll durch den Aufbau gemeinsamer Dateninfrastrukturen in Form von Datendiensten innerhalb der nach Wissenschaftsbereichen aufgebauten Konsortien sowie auch darüber hinaus, in- nerhalb der gesamten durch die NFDI repräsentierten Forschungslandschaft Deutsch- lands gelingen. Da damit nicht nur Fragen des Datenmanagements im gesamten Datenlebenszyklus, sondern auch die Langzeitarchivierung, Standardisierung und Zugänglichmachung von Daten für wissenschaftliche Zwecke insgesamt adressiert werden, betrifft das Vorha- ben auch das Geschäftsmodell der Archive. Umso mehr als öffentliche und insbesondere staatliche Archive nicht nur relevante Forschungsdaten für die Geschichtswissenschaf- ten, sondern für viele Disziplinen, wie etwa die Erdsystemwissenschaften, die Archäo- logie, die Sozialwissenschaften oder die Biodiversitäts- und Klimaforschung verwahren und laufend weitere einschlägige Informationen archivieren. Die Archive sind mit ihren inhaltlich breiten Forschungsdatenpools und ihren Kompetenzen diese Informationen dauerhaft zu sichern, zu erhalten und wieder zugänglich zu machen wichtige Partner NEW ASPECTS OF MAKING ARCHIVAL MATERIAL ACCESSIBLE AND USING IT MARKUS SCHMALZL 57 einer (inter-)nationalen Forschungsdateninfrastruktur (Maier, 2020, pp. 18). Gleichzei- tig können die Archive an der Etablierung neuer Standards partizipieren und die von Datenproduzenten wie Nutzer*innen auch von den klassischen Archiven erwarteten Zugangs- und Auswertungsmöglichkeiten dürften sich damit in den nächsten Jahren deutlich verändern. Die Staatlichen Archive Bayerns beteiligen sich deshalb auch an einer Reihe von NFDI-Konsortien und bringen neben ihren Daten auch ihr Knowhow im Bereich der Beratung von Datenproduzenten im Informationsmanagement und ins- besondere bei der Konzeption und Realisierung von Archivierungsschnittstellen, der Aufbereitung für die langfristige Sicherung der Interpretierbarkeit der Daten sowie die Langzeitarchivierung elektronischer Informationen ein. CONCLUSION Die Archive, insbesondere die großen Archivverwaltungen in Deutschland haben sich seit mehreren Jahrzehnten in die digitale Welt aufgemacht und nicht nur die Übernahme und Langzeitarchivierung elektronischer Informationen, sondern auch die Onlinebereitstel- lung von Archivalien, Metadaten und archivischer Serviceleistungen in Angriff genom- men. Dieser Prozess ist alles andere als abgeschlossen, sondern wird sich in den kommen- den Jahren deutlich beschleunigen und intensivieren, nicht zuletzt weil die Archive in viel stärkerem Maße als heute mit entsprechenden Erwartungen konfrontiert werden dürf- ten. Es wird sich zeigen, ob die Archive diesen entsprechen werden können. REFERENCES: Archivportal-D. (2021). Wikipedia. https://de.wikipedia.org/wiki/Archivportal-D Bundesministerium der Finanzen. (2021). Themenportal Wiedergutmachung - Doku- mentenerbe für die Zukunft. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/ DE/Standardartikel/Themen/Oeffentliche_Finanzen/Vermoegensrecht_und_ Entschaedigungen/2020-07-07-themenportal-wiedergutmachung-zukunftsauf- gaben.html Entdecken Sie Archivgut zur Weimarer Republik. (2022). Archivportal – Deutsche Digitale Bibliothek. https://www.archivportal-d.de/themenportale/weimarer-republik Fact Grid. (2021). 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By now especially state archives succeeded in digitis- ing and making a significant proportion of their analogue material available online via indivdual websites or thematic, nationwide oder international portals, by providing materials for crowdsourcing projects and developing researching guidelines for special topics. Online accessibilty will be developed subsequently not only quantitatively but also in terms of data quality and user comfort by setting up virtual reading rooms, add- ing researching possibilties and connecting external ressources. The ongoing process of building up and operating a National Science Data Infrastructure (NFDI) and an Europe- an Open Science Cloud (EOSC) will boost this process further, as archives are and should be essential participants in these initiatives. Typology: 1.04 Professional article NEW ASPECTS OF MAKING ARCHIVAL MATERIAL ACCESSIBLE AND USING IT MARKUS SCHMALZL