Arheološki vestnik (Arli. vest.) 45. 1994. str. 199-209 199 Das spatantike Kastrum auf dem Kuzelin bei Donja Glavnica Vladimir SOKOL Izvleček V tekstu so podani izsledki dosedanjih raziskovanj na višinski utrdbi Kuzelin. Avtor najprej predstavlja arheološka sloja, ki nakazujeta poselitev pred poznoantičnim obdobjem. To sta žarnogrobiščni in latenski sloj. Zatem daje okvirno periodizacijo antičnih in poznoantičnih faz življenja na Kuzelinu in sumaren prikaz arheoloških najdb v vsaki od njih, s posebnim poudarkom na III. fazi, ki je najmočneje zastopana. Zaključuje z zadnjo, kratkotrajno obnovo kastruma v obdobju langobardske prevlade v Panoniji Saviji, ob koncu katere je bil le-ta porušen v zadnji tretjini 6. st. Abstract The recent results of an excavation at the hillfort of Kuzelin are presented. The author initially presents Late Bronze Age and La Tene settlement, before continuing with a general description of the later phases of the site and what it tells us about life at Kuzelin at the time, including evidence for post-Roman occupation in the late 5lh century. There is a summary of the finds recovered from each phase of the fort's occupation, with a particular emphasis on the third phase. The article concludes with the brief re-occupation of the fort during the Langobardic period in Pannonia Savia culminating in its destruction in the final third of the 6lh century AD. Das spatantike Kastrum unbekannten Ursprungsna-mens, auf dem Hiigel Kuzelin in der Niihe von Zagreb (Abb. I), befindet sich auf der Kote 511. Der Kataster-karte nach gehort es dem Dorf Donja Glavnica, wiihrend vom Sudwesten Blaguša und Siidosten Moravče in Richtung Kuzelin hinstreben. Alle drei Dorfer sind mittelalterlichen Ursprungs; sie werden zum ersten Mai in Jahren 1217 und 1334 bezeugt.1 Sie sind, natiirlich, friiher gegriindet worden. In der unmit-telbaren Umgebung dieser Dorfer konnten bisher ins-gesamt fiinf romische villae rusticae und Siedlungen entweder festgestellt oder untersucht werden, die zwischen 2. und 4. Jh. nach Christi Geburt datiert werden konnen.2 Die gefundenen Miinzen stammen aus 3.-4. Jh. (Gordian-Valens) und "klassische" Formen dieser Zeit spiegeln sich unter den keramischen Funden.In Moravče wurden stratigraphisch unter villae rusticae zwei bronzezeitliche Fundorte entdeckt: RoSnica - mittlere Bronzezeit (Hiigelgraberkultur) und Draščica - spate Bronzezeit (Urnenfelderkultur).4 In den Waldern um die Dorfer Blaguša und Glavnica befinden sich zwei spatmittelalterliche Holzkastelle, die seit dem 13. Jh. bezeugt sind; in den historischen Quellen findet man zugleich verschiedene Angaben iiber Kastellanen und ihre Untertanen.5 Die Dokumente aus dem 13. Jh. fiihren Angaben iiber den Die Umzcichnungen haben Dragica Knific Lunder und Tamara Korošec nach den Vorlagen von Andelka Fortuna und KreSimir Rončevič angefertigl. Fotos: Vladimir Sokol. Feudalbesitz "terra Cozolyn vocata" (1279) an, erwiih-nen iiberdies im Jahre 13286 "castrum antiquum Paganorum." Die iiltere Geschichtsschreibung setzt diese Fundstelle in die Niihe von Planina Donja,7 aber vom Autor durchgefiihrte Rekognoszierung hat ge-zeigt, daB das angegebene "castrum antiquum Paganorum" und Kuzelin ein und derselbe Ort sind. Diese Tatsache hat die zeitgenossische Geschichtsschreibung anerkannt.8 Die Ausgrabungen wurden im Jahre 1975 begonnen und dauern, mit kiirzeren Unterbrech-ungen, bis heutzutage an (Abb. 2). Diese, schon im Mittelalter "alte heidnische Stadt"9 wurde in der Feudalperiode nicht erneuert, weswegen sie bis heute, vom Ackerbau abgesehen, fast unberiihrt geblieben ist. Das Leben begann auf diesem 511 m hohen Hiigel in spiiterer Phase der Urnenfelderkultur, etwa um 10./8. Jh. v. Chr.10 An keramischen und Bronzefunden reiche Kulturschichten (Armringe, Nadeln, Scheiben-knopfe u.a.) und uberreste der Hiiuser zeugen von miichtigen Siedlungen, denen Kuzelin als Zufluchtsort diente, und zugleich von deren grolkn landwirtschaft-lichen Ressourcen.11 Abgesehen von wenigen hallstattzeitlichen Funden wild Kuzelin als Refugium erst in der Latiinezeit wie-der erneuert, in dem 2. und 1. Jh. v. Chr.12 Die Kelten, hochstwahrscheinlich die in den Geschichtsquellen angefiihrten Taurisker13 (Strabon u.a.), von auf-steigendem Rom (I. HMlfte des 2. Jh.) und einstiirzen-den Kimbern bedroht (das Jahr I 13), haben die vorge- schichtliche Befestigung mittels starken Fortifika-tionen und Aufbau ostlichen Walls rekonstruiert. Sil-berne und bronzene Miinzen, Fibeln, glaserne Arrn-bander, Bronzeanhanger, einige Hausboden, Graphit-tonkeramik mit groben Netzmustem und mit feiner Politur verzierte, auf schnelldrehender Topferscheibe hergestellte Keramik zeugen von Tatigkeiten dieser Bevolkerung zur angegebenen Zeit.14 Um das Ende des 1. Jh. laBt die politische und mi-litarische Macht der Taurisker nach. Um das Jahr 50 v. Chr. fiihrten jenseits der Donau im Biindnis mit nord-pannonischen Boiern Krieg gegen Daker und vvurden so heftig niedergeschlagen, daB sie sich nie wieder er-holen konnten. In dem Zeitraum von 35-33 v. Chr. riickt Octavian ins westliche Pannonien bis zur Linie Carnuntum-Poetovio-Siscia-Burnum, einschlieBlich die Zagreb Region, vor. Die Eroberungen fortsetzend, besetzten die Romer 16/15 v. Chr. das Noricum, womit die Taurisker und ihre Befestigung auf dem Kuzelin-Hiigel in den romischen Staat eingefiihrt wor-den sind. Die Taurisker werden allmahlich unter Romanisierung verschwinden, und die materielle und geistliche Kultur der Neuen Ara. die wir auf vielen Fundstellen des Sesveter Vorgebirges neben Zagreb entdeckt haben (villae rusticae, Thermen, Brandgriib-erfelder, StraBen u.a.), tragt schon alle Merkmale der friihkaiserzeitlichen Periode.15 Die "Pax Romana" setzt ein, Zeit des grossen Auf-schwungs. Hunderte neue Stiidte werden errichtet. zahlreiche neue, nebst alien friiheren traditionellen entstandene Verkehrswege durchschneiden das Impe-rium, villae rusticae werden auf neuen, unberiihrten Raumfliichen ausgebaut, grosse Hafen werden auf den Seekiisten und FluBufern angelegt - somit auch auf den Savaufern. Kuzelin nimmt fast zwei Jahrhunderte lang an zeitgenossischen Ereignissen nicht teil. Uberrasch-end wird dieser Frieden in Frage gestellt: Quaden und Markomannen bedrohen Grenzen der Nordprovinzen. Wie damals, wird Kuzelin wieder zum letzten Zufluchtsort der Angegriffenen. Villae rusticae in heutigen Blaguša (1), Donja Glavnica (2, eine mit Thermen) und Moravče (2) werden zu dieser Zeit schon errichtet worden sein. Dies ist die kleinste Zahl bisher bekannter villae rusticae und wir konnen das Dasein noch einer in benachbartem Jasenovac und zwei siidlich von Kašina vermuten (Abb. I). Bewohner dieser, etwa zehn landwirtschaftlicher Grundbesitze mit den dazugehorenden Gebiiuden, aufgestellt im Kreis von weniger als 10 km (neben noch heute wichtigem PaB Laz), haben am Ende des 2. Jh. erste, sozusagen "moderne" Erneuerung der Kuzelin-Befestigung finanziert. KUZELIN - PHASE 1 Die erste Kuzelin-Bauphase, also des romischen Kastrums, wird am besten mittels numismatischer Abb. I: Lage des Kastrums Kuzelin im Verhallnis zu villae rusticae in der niiheren Umgebung. Funde bestimmt, weil die Kulturschicht viel zu diinn ist, um von spateren leichl unterschieden werden zu konnen. Es handelt sich um Miinzen: 2 St. (ein Sesterz und ein Dupondius) der Annia Galeria Faustina (die iiltere) ziemlich guter Qualitat und ein Dupondius der Annia Galeria Faustina (die Jungere) ausgezeichneter Pragungsqualitat von ganz diinner Patina iiberzogen. Der Dupondius war ganz bestimmt nicht sehr lange im Umlauf, eher er unter die Erde geraten ist. Es wurden auch 5-6 fast unlesbare, abgegriffene Sesterze Trajans und Hadrians gefunden, die hochstwahrscheinlich in letzten Jahrzehnten des 2. Jh. unter die Erde geraten sind. Am Ende dieser Gruppe steht eine mittelgut erhaltene Silbermiinze des Septimius Severus aus dem iibergang des 2. ins 3. Jh. Aus der 2. Halfte des 2. Jh. stammt eine auf der Siidseite des Kastrums gefundene kriiftig profilierte Fibel (7a/. 1: l).16 KurzgefaBt, die erste groBe, romische Erneuerung Kuzelins begann mit den Fortifikationsarbeiten zur Zeit Mark Aurels nach dem Jahr 166. Als er iiber die Donau setzte,17 wurden die Feinde nordlich des Limes zur Ruhe gebracht und das Leben setzte bald den iiblichen Lauf wieder fort. Referenzlokalitat: Aquae Iasae (Varaždinske Toplice), 35 km nordostlich; 1953-1990 Ausgrabungen der urbanen Zone (etwa 7000-8000 m2); Phase 1, 1.-2. Jh.: Funde der lokalen und importierten friihkaiserzeit-lichen Keramik, Glas, Miinzen; die Schicht der zer-storten Architektur konnte mit den Markomannen-kriegen in Verbindung gesetzt werden. Gorenc, Vikič (Anm. 24) 18-21. KUZELIN - PHASE 2 Die niichste, zweite Erneuerungsphase beginnt zur Zeit groBer Ereignisse in der 2. Halfte des 3. Jh. Die Barbaren, vornehmlich Goten, belagern Ostgrenze des Imperiums. Erneuerungsschicht dieser Phase ist viel dicker, Kuzelin wurde vie! langer bewohnt. Dem-zufolge finden wir in dieser Schicht neben numisma-tischen Funden auch andere Elemente der materiellen Kultur: keramische Funde, Hausiiberreste, utilitare Metallgegenstande. Das Miinzwesen besteht haupt-sachlich aus Antoninianen der Gallienus und Salonina (ziemlich zahlreich), Claudius II. Gothicus und Aure- Abb. 2: Kuzelin bei Donja Glavnica. GrundriB der Befesligung mit der eingezeichneten Befestigungsmauer und den Ausgrabungsfeldern (Stand 1989). M. = 1:500. lian (beide konnten oft geborgen werden). Nach Aure-lian wird der Umlauf unterbrochen - Miinzen kommen als Funde nicht mehr vor. Zu dieser Zeit werden auf der Siidseite des oberen Festungsplateaus hochst-wahrscheinlich Wohnobjekte mit Boden aus Quadrat-ziegeln errichtet. Es scheint, als ob in dem letzten Drit-tel des 3. Jh. diese strategische Befestigung zum zwei-ten Mal erneuert wird. Die Befestigung ruht auf dem Hiigel, auf der "Wasserscheide" zwischen zwei heuti-gen Regionen Kroatiens: Posavina (Tal des Savaflus-ses) und Hrvatsko Zagorje. Diesen unsicheren Zeiten folgt eine kurze Zeit-spanne zu Beginn des 4. Jh., aus derer nur einige Miinzen (Maxentius) stammen. Referenzlokalitat: Aquae Iasae (Varaždinske Toplice), 35 km nordostlich; 1953-1990 Ausgrabungen der urbanen Zone; Phase 2, Ende des 2. Jh. - zweite Hiilfte des 3. Jh.: Erneuerung des Kapitols und des Forums; die Schicht mit der zerstorten Architektur kann mit den Einstiirzen der Goten in der zweiten Hiilfte des 3. Jh. in Verbindung gesetzt werden. Gorenc, Vikič (Anm. 24) 12, 15. KlIZELIN - PHASE 3 Dritte Phase ist zugleich die Hauptphase der anti-ken Besiedlung des Kuzelin-Hiigels und ist durch zahlreiche Funde aus dem letzten Viertel des 4. und 1. Hiilfte des 5. Jh. belegt. Diese Phase beginnt sowohl mit einer ergiebigen Miinzreihe der Kaiser Valen-tinian, Valens, Gratian, Theodosius, Arcadius und Ho-norius, als auch mit mehreren giinzlich abgegriffenen kleinen Miinzen. Eine statistische Analyse hat gezeigt, daB mehr als 2/3 der romischen Miinzen vom Kuzelin gerade dieser Zeitspanne zukommt. In dritter Phase erlebte Kuzelin auch wesentliche Funktionsveran-derungen als Verteidigungsobjekt: bisher war Kuzelin eine lokale Befestigung, scheinbar mit holzernen Mauern. Von damals an wird er zur regionalen Befestigung auf bedeutendem interprovinzialem Weg, der den Siiden und Norden des Imperiums verband. Meilenstein des Maximinus Thrax aus der I. Hiilfte des 3. Jh. wurde sudlich von Kuzelin, auf derTrasse in Richtung Andautonia (sudlich der Sava)18 gefunden und konnte von einem Verkehrsweg in Richtung Siscia und Salona zeugen. Es ist sicher, daB sich diese StraBe im Norden in Richtung Poetovio und Carnun-tum fortsetzte. Dies ist zugleich der kiirzeste Weg, den Diokletian aus Spalatum bei Salona nach Carnuntum hfitte nehmen konnen, um die Tetrarchen zu treffen. Scheinbar wird ab Ende des 4. oder in der 1. Hiilfte des 5. Jh. in Kuzelin eine Besatzung zur Bewachung dieser StraBe stationiert.19 Diese Strecke konnte schon damals eine der wichtigsten, oder sogar die wichtigste Verk-ehrsader zwischen dem Donauraum und Mittelmeer sein. Auf der Westseite der StraBe wurde neuerlich eine neue Fundstelle antiker Architektur entdeckt, die der Bauweise nach - eine Mauer mit grolien Ziegel-bruchstucken im Mortel - in Spiitantike entstehen hiitte konnen,20 was man aber durch zukiinftige Ausgrabungen noch niiher untersuchen soli. Also, eventuelle Er-richtung noch eines Kastells im Westen vom PaB Laz Abb. 3: Kuzelin bei Donja Glavnica. Die Innenfronl der Befe-stigungsmauer. Abb. 4: Kuzelin bei Donja Glavnica. Beigaben des Frauengrabes, das neben der Befestigungsmauer im Siedlungsinneren entdeckt wurde. 1,2 Bronze und Glas; 3-6 Bronze. M. = 1:1. und Kuzelin-Hiigel konnte von zusatzlichem Schutz obengenannter Strecke und ihrer schnell steigender strategischer Bedeutung zeugen, was wiederum mit Ereignissen am Ostiimes in der 1. Halfte des 5. Jh. in Verbindung gebracht werden kann. Dies wird durch verschiedene Funde bezeugt, wie z.B. eine mehrmals reparierte romische Offiziersgiirtelschnalle (7a/. 1: 12), mehrere Giirtelbeschlage (7a/. 1: 10,11) usw. Diese auBeren Zeichen der militarischen Rangstufen und Ausstattung sind von zahlreichen Waffenfunden begleitet: Messer (7a/. 2: 7-11), bipyramidale, massive Pfeilspitzen (Taf. 2: 1-6), Lanzenspitzen, Ortband einer langeren Schneide, Gerollsteine fur Schleuder usw. Militarisierung dieses Refugiums ist im 4. Jh. von groBen Fortifikationsarbeiten begleitet. Auf der ostlic-hen, niedrigeren Halfte des Kastrums wird in dem let-zten Drittel des 4. Jh. eine steinerne Verteidigungs-mauer in einer Lange von etwa 200 m errichtet (Abb. 3). Auf der siidwestlichen Seite, oberhalb des groBen, felsigen Abhangs bleibt die Palisadenwand bestehen. Ostliche Befestigung wird gerade in der iibergangs-zone, zwischen dem Abhang und Plateau, ohne einen Turm, aufgebaut; archaologische Untersuchungen der Wallinnenseite haben auch keine Turmiiberreste ans Licht gebracht, obwohl Holztiirme nicht auszuschli-eBen sind. Es ware jetzt interessant, die Ausgrabungen des Kastrums von Veliki Korinj unweit Ljubljana zu erwahnen, weil man dort gemauerte Tiirme, aber keine Befestigungsmauer21 gefunden hat. Wiihrend der Ausgrabungen auf dem Kuzelin wurde in dem mittleren Drittel des Kastrums, neben der Mauer und zwischen zwei Hausbodeniiberresten ein Einzelgrab erwachsen-er Frau gefunden. Die Verstorbene wurde mit 2 Ohr-ringen (Abb. 4: 1,2), 4 Armreifen (Abb. 4: 3-6) auf der linken Hand, einer Miinze Valens und keramischem GefaB ausgestattet.22 Diese einzigartige Bestattung im Stadtinneren konnte unmittelbare auBerliche Gefahr bezeugen, da uns kaiserliches Verbot der Bestattung innerhalb der Siedlungen bekannt ist. Der Brief Hieronymus bespricht gerade diese tragischen Ereig-nisse in Pannonien Ende des 4. Jh., erziihlt von "Zerstorungen und schon zwanzig Jahre lang flieBen-dem romischem Blut".23 Regelrechtes Begriibnis und Miinzen von Arcadius, Honorius und andere kleinere aus clem 5. Jh. konnten vielleicht die Annahme, das Kastrum Kuzelin wurde zu diesen Zeiten verteidigt, bekraftigen. Man kann iiberreste der Zugangsrampe noch heute erkennen. Die Rampe verlief von der recht-en auf die linke Seile hinzu, so daB die Verteidiger von der Mauer hinweg die rechte, unbeschiitzte Seite des Gegners angreifen konnten. Auf der Innenseite des Tores wurde eine kleinere Flache archiiologisch unter-sucht, wo man mehrere, typologisch verwandte Pfeilspitzen gefunden hat. Gesamtfliiche des Refugiums schenkte den Archiiologen etwa 30 Pfeilspitzen, alle desselben bipyramidalen Typs, mit quadratischem Querschnitt (Liinge 8-12 cm, Taf. 2: 1-6). Der Innenseite der Befestigungsmauer entlang konnten bisher mehrere etwa 4 x 4 m groBe FuBboden der Wohnobjekte geborgen werden. iiltere FuBboden wur- den aus einer Mischung der weiBen, gegossenen Kalk-masse und des feinen Aggregates angefertigt. Man findet diese FuBboden im Befestigungsinneren auf der relativen Hohe der Ankniipfung erweiterten Unterbaus bzw. des Mauersockels an die eigentliche Mauer. Der andere Typ kam genauso auf der Ostseite des Kastrums ans Licht. Dieser Boden wurde auf ahnliche Art und Weise angefertigt, d.h. Mischung der Kalkmasse und feinen Aggregates (Bachkies), aber unter Zugabe von fein gemahlenen Ziegeln. So erhielt die ganze Masse eine rotlich braune Farbe. Diesen Typ findet man aus Sicherheitsgriinden etwa 3/4 m von der Verteidigungsmauer entfernt, was ihn chronologisch relativ jiinger machen wurde. Es konnten keine Spuren sowohl steinerner oder Ziegelmauern der Wohnobjekte, als auch Lehmbewurfs oder Flechtwerks geborgen werden - dies wiirde auf Wandflachen aus gez-immerten Balken weisen, den in benachbarten Varaž-dinske Toplice (Aquae Iasae) entdeckten antiken Wohnobjekten ahnlich.24 Vorlaufige Analyse der Funde, einschlieBlich numismatischer, deutet aber auf keinen groBen chronologischen Unterschied zwischen den beiden beschriebenen Hausbodentypen hin. Es ist jedenfalls interessant, daB man auf dieser Seite des Kastrums keine Boden aus quadratischen Ziegeln fand. Sowohl die bisher geborgenen Architekturele-mente als auch die Form der Erdoberflache weisen keine Spuren einer Wasserzisterne auf. Diese Erschei-nung scheint fiir spater entstandene Kastra charakteris-tisch zu sein.25 Diese wichtigste Phase ist auch durch zahlreiche bewegliche Funde sehr gut dargestellt. Neben erwahn-ter Frauenbestattung konnten noch mehrere Funde geborgen werden, die fiir Nekropolen und Siedlungen der zweiten Halfte des 4. und ersten Halfte des 5. Jh. charakteristisch sind: Arm- und Fingerringe mit zoomorph gestalteten Enden, Fingerringe aus Silber und Bronze mit Gemmen und Zwiebelknopffibeln in verschiedenen GroBen (auch reparierte) (Taf. I : 2,3).26 Aus dieser iibergangsperiode wurden auch diin-nwandige flache Gliiser, gelegentlich mit applizierten kobaltblauen Tropfchen, gefunden (kleine Tropfen sind gruppiert, die groBeren kommen selbstiindig vor, Taf. 1: 17,18).27 Die eisernen Gegenstiinde sind sehr gut erhalten, dank der Bodenbeschaffenheit (Humus, zerbrochener Schiefer) und dem an Mangan reichen Limonit (bis zu 9%2S - die Analysen sind noch im Gauge), den man in benachbartem Gebirge finden kann. Es handelt sich um Schlosser (Taf. 2: 13) und Schlussel, Tiir- oder Holzdeckelgriffe (unbefestigte und befestigte), grolie Keile verschiedener Formen fiir Holzbalken und -bretter oder Mobel, eisernes Werk/.eug, wie z.B. Holzbohrer, MeiBel, Steinspitzen, Pfrieme, Nadeln, Kerbgeriite; Ackergeriite wie z. B. Hacken (Taf. 3: 17), Sense, Sensenring. Wir weisen hier noch drei Pflugeisen vor, die in Zimmerecke einer villa rustica am Fuae des Kastrums gefunden worden sind; dies ist ein oft vorkommender Fund in Pannonien, der ein Kompleti bilden konnte.29 Man fand auch Knochengegenstande, beispielsweise Kamme, Ziernadeln, Zierplattchen, Messergriffe, seltsame Pfrieme. Aus dieser Zeit stammen auch iiberreste eines j I . ^mfiMmm Abb. 5: Kuzelin bei Donja Glavnica. Bronzene Blechkanne aus der Siedlung. Abb. 6: Kuzelin bei Donja Glavnica. Eiserne awarische Pfeilspitze aus der Siedlung. M. = 1:1. romischen Prunkvvagens, ein iiuBerst seltener Fund in Pannonien.30 Und gerade in dieser Periode kommen die keramischen Funde am oftesten vor (Taf. 4). Es handelt sich vor allem um kleinere Becher mit Bleiglasur und einer Reihe senkrecht eingeritzter Linien, hohe Kriige mit ebenfalls bleierner Glasur, flache Schusseln und Teller. Weiters findet man auch FuBnapfe mit Glasur, Topfdeckel aus mit Kal/.it ver--mischtem Ton, einfache Schusseln mit und ohne Wellenlinienverzierung usw.31 Von chronologischem Standpunkt aus ist ein Fund iiuBerst wichtig. Es ist eine Kanne aus ausgehammertem Bronzeblech, mit ange-lotetem Boden und repariertem Hals, auf dem einst ein Henkel befestigt war. Solche Kannen sind uns schon aus Cibalae, Siscia. Carnuntum usw. bekannt und werden in den Zeitraum vom 3. bis in die 1. Halfte des 5. Jh. (Abb. 5) datiert.32 Referemlokalitat: Aquae Iasae (Varaždinske Toplice), 35 km nordostlich; 1953-1990 Ausgrabungen der urbanen Zone; Phase 3, Konstantin der GroBe (eine Inschrift iiber die Erneuerung erwahnt die Brand-zerstorung) - Ende des 4. Jh.: viel Keramik- und Glas-bruchstiicke, Miinzen: die Zerstorungsschicht kann in die Zeit der Auseinandersetzungen zwischen Theo-dosius und Magnus Maximus um Poetovio datiert werden. Gorenc, Vikič (Anm. 24) 16, 22. Nach den Einstiirzen der Hunnen finden die Geschichtsereignisse wieder ihre Ruhe in diesem Teil Pannoniens. Zur Zeit Odoakers, Theoderichs und Wiederherstellung von Byzanz um 537/8 blieb die Provinz Savia auBerhalb in Alpen/Donauraum und syrmisch-niederpannonischen Gebieten vorherrschen-den kriegerischen Ereignisse. Die Langobarden ge-winnen vertragsgemiiB dieses Gebiet im Jahre 546/7, so daB organisiertes spiitantikes Leben in der Umge-bung Kuzelins erst nach 568, als die Langobarden nach Italien weitergezogen sind, eine Wende erleben wird.33 Das Leben auf dem Kuzelin wurde damals ganz kurz und zum letzten Mai wiederhergestellt. Der friihawarische, "besonders zugedachte" Pfeil (Abb. 6) wurde auf den schwiichst verteidigten Punkt der alten Kuzelin-Befestigung abgeschossen. Pannonien befin-det sich an der Schwelle "einer zwei Jahrhunderte lan-gen, dunklen Periode." Die karolingisch-kroatische Koalition wird erst 796-800, nach langwierigen kriegerischen Auseinandersetzungen (Annales Regni Francorum; De Administrando Imperio C. 30) eine neue politische Ordnung einbringen konnen: Illyricum des Kaisers Augustus - Pannonien und Dalmatien -stellt fiir die Kroaten den Rahmen neuer Heimat dar. Der 69. Imperator nach Augustus hatte sich mit dem Preis einverstanden erkliirt; der Westen errichtete wieder die ostliche Grenze. Unlangst haben wir auf dem nie wieder erneuerten Kuzelingebiet34 Spuren heidnischer Ortsnamen der altslawischen Religion erster Generation der Kroaten enldeckt. 1 L. Dobronič, Topografija zemljišnih posjeda zagrebačkog kaptola prema izvorima Xlli. i XIV. stolječa, Kad JAZU 286, 1952, 215; dies.. Po starom Moravču (1979) 23. 2 V. Sokol, Područje sjeverozapadne Hrvatske u razdoblju izmedu 400. i SOO. godinc (velika seoba naroda); Antička nalaz-išta, in: 40 godina arheoloških istraiivanja ti ajeverozapadnoj Hrvatsko} (1986)54-60, 112, 120, 122. 1 V. Sokol, Najnovija arheološka islraživanja u Prigorju, in: Arheološka istraiivanja n Zagrebu i njegovo j okolici. Izd. Urv. arh. dr. 6 (1981) 180, 182; ders. (Anm. 2). 4 V. Sokol, Grob br. 7 kulture žarnih polja iz Moravča kod Sesveta (Zagreb), Arh. vest. 39-40, 1988-1989, 430. 5 Dobronič 1979 (Anm. 1)73-75. Dobronič 1952 (Anm. I) 216, 217. 7 V. Klaič, "Castrum antiquum Paganorum", Vjes. Hrv. arh. dr. 7, 1903-1904, 10-14. 8 Dobronič 1952 (Anm. 1) 218; Sokol (Anm. 3) 184; N. Klaič, Medvedgrad (1987) 23, 24. 9 Es ist interessant, daB von den alteren Einwohnern der Donja Glavnica fiir den Berg Kuzelin noch heutzutage gerade dieser Namen gebraucht wird (Hinweis Stjepan Kralj). 10 Sokol (Anm. 4) 429. '1 Im Radius 8 km vom Kuzelin wurden beiderseits der antiken StraBe Siscia-Aquae Iasae bisher insgesamt acht villae rusticae festgestellt (Abb. I), einige davon sehr groB, wie in Durdekovec (Gradišče) und Vurnovec (Crkvišče): V. Sokol, in: Registar arheoloških nalaza i nalaiišta sjeverozapadne Hrvatske (1990) 599, 600, 604, 611, 612, 618, 620, 623; noch mindestens fiinf werden vermutet, V. Sokol. Nekropola kulture žarnih polja u Moravču, in:........ Izd. Hrv. arh. dr. 17 (im Druck). 12 V. Sokol. Keltski novci na Kuzelinu, Muz. vjes. 17, 1994 (im Druck). 13 D. Božič, Keltska kultura u Jugoslaviji. Zapadna grupa, in: Praist.jug. zem. 5 (1987) 855, 856. 14 Sokol (Anm. 2) 59, 85, 87, 156. 15 Ib., 112, 114, 116, 120, 122. 16 R. Koščevič, Antičke fibule s područja Siska (1980) 20-23. 17 N. A. Maškin, Istorija starog Rima (1968) 402,403. 18 J. Klemene, Arcliaeologische Karte von Jugoslavien: Blatt Zagreb (1938) 23. 19 V. Sokol, Doba izmedju antike i ranoga srednjeg vijeka na području Zagreba, in: Zbornik Mimara. Starohrvatska spomenič-ka baština (1994, im Druck). 2« Ib. 21 S. Ciglenečki, Potek alternativne ceste Siscija-Akvileja na prostoru zahodne Dolenjske in Notranjske v času 4. do 6. stoletja, Arh. vest. 36, 1985, 266-270. 22 Sokol (Anm. 2) 130, 156. 23 Sv. Jeronim, Izabrane poslanice. Ep. LX, 16 (1990) 139. 24 M. Gorenc, B. Vikič, Varaždinske Toplice - Aquae Iasae (Varaždinske Toplice 1980) 18-20. 25 S. Ciglenečki, Hdhenbefestigungen aus der Zeit vom 3. bis 6. Jh. im Ostalpenraum. Dela 1. razr. SAZU 31 (1987) 168-169. 26 Sokol (Anm. 2) 130, 156. 27 V. Sokol, Arheološki radovi na lokalitetu Kuzelin (1990 g.). Muz. vjes. 15, 1992, 27. 28 Mineraloški vodič po Medvednici, (1986) 27. 29 E. B. Thomas, Rčmische Villen in Pannonien (1964) Taf. 85. 30 M. Seper, Rimska kola iz Poljanca kod Ludbrega, Arh. rad. raspr. 2, 1962, 335 ff„ t. 1-3; A. Kiss, Das romerzeitliche Wagengrab von Kozarmislenv, Regeszeti fiizetek, ser. II. 25 (1989) 83-85. 31 V. Jurkič, Antička i kasnoantička nekropola Burle kod Medulina, in: Arheološka istrazivanja u Istri i Hrvatskom pri-morju. Izd. Hrv. arh. dr. 11/2 (1986) 167 ff„ si. 21; M. Strmčnik Gulič, Jurišna vas, Var. spom. 34, 1992. 230, t. 1; B. Marušič, Novi nalazi kasnoantičkih kostumih grobova u južnoj Istri i na otoku Cresu, Hist. Arch. 4/1, 1973, 72. 32 J. Brunšmid, Colonia Aurelia Cibalae, Vjes. Hrv. arh. dr. 6. 1902, 153, 154, si. 83; ders., in: Corolla memoriae losepho Brunšmid dicata, Izd. Hrv. arh. dr. 4 (1979) 91, 92, si. 83; E. B. Bonis, Der kaiserzeitliche Bronzefund von Zomba, Fol. Arch. 34, 1983. 108-110, Abb. 11; Germanen. Hunnen und Awaren, Ausstellungskatalog (1987) 335, Nr. 9, Taf. 42: VII,9; M. Bolla, Riv. Arch. Ant. Prov. Dioc. Como 161, 1979, 37; dies., Not. Chios. Monast. Magg. 43-44, 1989, 95 ff„ tav. 46-59 (Hinweis Dragan Božič, Ljubljana). 33 P. Diaconus, Historia Langobardorum (1988) 65, 79. 34 Sokol (Anm. 19). Prof. Vladimir Sokol Muzej Prigorja-Sesvete Trg D. Domjaniča 5 H R-41260 Sesvete-Zagreb Taf I: Kuzelin bei Donja Glavnica, Siedlungsfunde. 1-5,9-12, 15,16 Bronze; 6-8,13,14 Eisen; 17,18 Glas; 19Ton.M.= 1:2. Taf. .i: Kuzelin bci Donja Glavnica, Siedlungsfunde. Alios Eiscn. M. 1-16 = 1:2; 17 = 1:4. Taf. 4: Kuzelin hoi Donja Glavnica, Siedlungsfunde. Allcs Ton. M. = 1:3.