für Vaterlands Kunst, Wizjenjchaft und geselliges Leben. Nedigirt von Leopold Kordesch. «H^? SHT^ Dinstag den 37. Mär; ^O^AV. Von dieser Zeitschrift erscheine» wöchentlich zwei Nummern. Dinstag und Gamst.ig. Der Preis des Vlattes ist im Comptoir ganzjährig 3 fl. halb, jährig > fi. 3N kr. Durch die Post ganzjährig, h fi., halbjährig 2 fl. C. M. Der Scharfrichterknecht. Eriähttln^ von Gcorg Vand» I. "»VU-olnar war ein glücklicher Gatte und Vater von zwei Töchtern. Er bekleidete eii, Amt, welches ihm die Verwaltung einer Casse zur Pflicht machte und das ihm ein anständiges Auskommen sicherte. Viele Jahre waren ihm vergangen in heiterer Lebensanschauung und einem glücklichen Familienleben. Eine hervorragende Geistesbildung und ungewöhnliche gesellige Eigenschaften waren Veranlassung gewesen, daß Molnar in vielen Kreisen Zutritt gefunden. Darüber aber war in den spateren Jahren, und namentlich als seine Töchter i>, die Welr getreten waren und durch ihre Schönheit und Liebenswürdigkett die Aufmerksamkeit erreg-ten, seine Eitelkeit und Genußsucht gesteigert worden und die Folgen äußerten sich bald, denn in den sonst ziemlich geregelten Verhältnissen Molnar's schien Zerrüttung Platz gegriffen zu haben. Mahnende und drohende Gläubiger oräng-tcn ofr auf ihn ein und ließen den sonst heitern Mann in trübe Stimmung nnd Unmnth versinken. Sein eifriges Bestreben war alsdann hauptsächlich darauf gerichtet, seiin'r Familie gegenüber die Urjachen dieser Bestimmung zu verbergen, und wenn seine Gam'n in sanfter Weise ihn fragre, warum er mißgelaunt, so Nichce er nach einer Ausiede nnd zwang sich wieder heiter zn scheinen. Dieser gedrückte Znstand aber änderte sich nichr, wie die Hansfrau immer gehofft, ja cr steigerte sich, u>,d ei^m schärfern Beobachter würde es nicht entgangen seyn, daß Molnar zuweilen verstört aussah. Seine Gattin hatte ihn in den letzten Tagen mit wahrer Seelenangst beobachtet; sie vermochte nicht länger zu schweigen nnd faßte den Entschluß, in ihn zu dringen und nicht abzulassen, bis er ihr die Ursache seiner Mißstimmung mitgetheilt haben würde. Eines Tages, als der Abend schon zu dämmern begann, trat sie i„ das Zimmer ihres Gatten. Sie fand ihn mit Ordnen von Papieren beschäftigt, aber nicht in solchem Gc- müthszustande, wie er in der letzten Zeit sich gezeigt, und' schon war sie entschlossen eine Erklärung nicht herbeizuführen^ als Molnar selbst Veranlassung dazu gab. Liebe Marie, begann er, nachdem cr sie geberen, neben ihm Platz zu nehmen, ich lese in deinen Blicken, daß du dich sorgst, weil ich seit einiger Zeit nicht mehr so bin, wie früher, und du möchtest wissen, was mich so verändert erscheinen läßt. Siehe, fast schäme ich mich, es dir zu sagen, aus Furcht, du möchtest mich schwach schelten, aber es mag drum seyn; seit längerer Zeit vermag ich mich der Ahnung nichr zu einschlagen, daß ich bald sterben werde. Dieser Gedanke quält mich wachend und schlafend, denn auch im Traume fast allnächtlich sterbe ich bald ruhig in meinem Bette, bald auf gewaltsame Weise, Doch auf der Welt, nnd selbst im Bereiche dei Phantasie des Menschen ist nichts ohne Bedeutung, deßhalb habe ich geforscht, wie ich mir diese Erscheinung erklären soll, und ich glaube die Deutung gefunden zu haben: unsre Lebensweise war bisher von der Art, daß es nicht möglich gewesen, erwas für spätere Zeiten zu-rückzulegen, und wenn ich jetzt stürbe, so würde deine und der Kinder Lage eine hilflose seyn. Besser wäre es gewesen, wir hätten vom Anbeginn auf Manches verzichtet und wären für die Zukunft bedacht gewesen. Beruhige dich, liebes Kind; ich bin weit entfernt, dir einen Vorwurf zu machen, denn wenn ein solcher zn machen ist, so trifft er nur mich. Da es einmal nicht geschehen, so habe ich nun für dich und die Kinder auf andere Weise zu sorgen gesucht, indem ich in eine Lebensveisicherungsgesellschaft eingetreten bin. Heuce ist die Sache in Ordnung gebracht und wenn mir nun etwas Menschliches begegnen sollte, so werdet ihr vor gänzlichem Mangel geschützt seyn. Mir aber __^ und dieses sagte er mit einem tiefen Seufzer — wird dieser beruhigende Gedanke gewiß meine frühere Heiterkeit wieder znrückgeben. O das gebe der Himmel! sagte die Frau, indem sie ihren Gatten mit liebender Besorgnis; umarmte. Der Abend verging in der Familie ohne jene lebendige Heiterkeit, die sonst hier heimisch zu seyn pflegte. Vorzüglich »8 war es dle Frau, die durch die Äußerungen ihres Mannes nachdenklich geworden war; es schien ihr zum ersten Male klar geworden zu seyn, das; auch sie Veranlassung zu einem allzu großen Aufwande gegeben, und Vorwürfe und Ent-schlüsse für die Zukunft, die in ihrer Seele wach wurden, machten sie schweigsam und ließen sie es nicht wahrnehmen, daß ihr Gacre vergeblich kämpfte, unbefangen wenigstens gegen die Töchter zu seyn. Die Zeit zur Nachtruhe kam. Es trennten sich Gatten und Kinder und Jedes suchte in verschiedener Gemüthsstimmung das Lager. Als am andern Morgen Molnar's Frau in das Zimmer ihres Garten trat, um ihn zum Frühstück einzuladen, fand sie denselben schon munter und vollständig angekleidet. Er war beschäftigt, sein Iagdgeräthe zn ordnen, und ciat ihr entgegen mit der Äußerung, daß der wunderherrliche Herbstmorgen in ihm den Entschluß geweckt, auf die Jagd zu gehen. Ein leiser Schrecken durchzuckte die Brust der Frau und es war ihr, als ob sie ihren Mann bitten müsse, von seinem Vorhaben abzustehen. C's fehlte ihr aber an Muth, diese Bitte auszusprechen, denn einmal wußte sie keine Gründe anzuführen, die ihr Begehren härten unterstützen können, und dann fürchtete sie auch etwas gegen ihren Mann zu äußern, was dessen Todesahnungen, von denen er ihr gestern erzählt hatte, neue Nahrung geben könne. Sie ließ es also geschehen. Nachdem Molnar mit den Seinigen das Frühstück eingenommen, verließ er in Begleitung seines Hundes das Haus. Als Molnar einige hundert Schritte außerhalb des Thores war, entfernte er sich von der bisher verfolgten Straße und schlug einen Seitenweg ein, der zu der Scharfrichters führte; auf diesem Wege wandelte er gemächlicher und wie es schien absichtlich langsamer vorwärts. Kaum war diese Richtung genommen, als der Hund in großen Sätzen vorwärts eilte und bellend vor der Scharfrichte-rei stehen blieb. Bevor noch Molnar diese Stelle erreicht hatte, trat aus der Thüre ein Bursche heraus, der wohl einige 20Iahre alt seyn mochte. Kaum hatre der Hund ihn el blickt, als er hoch an ihm hinaufsprang und durch Liebkosungen ihn als einen Bekannten begrüßte. Der Bursche war der Scharfrichterknecht ; er hatte den Hund aufgezogen und zur Jagd abgerichtet. Guren Morgen, Johannes! sagte Molnar, nun wie geht es dir, hast du dich schon getröstet? Ach, guter Herr Molnar, ich wollte, meine alte Mutter lebte noch und ich könnte sie noch pfiegen und meinen kleinen Verdienst mit ihr theilen. Doch der liebe Gott hat sie nun zu sich genommen und sie ist jetzt gewiß glücklicher. Mir ist es zwar nun gar einsam auf der Welt, denn ich habe jetzt fast keinen Menschen, dem ich angehöre, aber ich bin doch zufrieden und viel ruhiger, wel es mir vergönnt gewesen, mei-ner Mutter die Augen zudrücken zu dürfen und die letzte Zeit ihres Lebens ihren Unterhalt verdienen zu können. Daß ihr auch ein ehrlich Begräbniß hat zu Theil werden können, daß verdanke ich, wie so vieles Andere, auch Ihnen, Herr Molnar, denn dazu hätte mein Geld fast nicht ausgereicht, lind wenn mir es auch andere Leute geborgt hätten, ohne Ihre Fürsprache hatte man den Leichnam gewiß weggeschafft auf die Universität und ich hätte ihr nicht den letzten Liebesdienst erweisen können. Ach, wäre meine Mutter gestorben, als ich noch dort war—hier machte Johannes eine Bewegung mit der Hand nach einer entfernten Gegend — ich wäre niemals ruhig geworden, denn ich hätte immer ge- ' dacht, daß meine Mutter aus Gram über mich gestorben sey. Ja, siehst du, Johannes, sagte Molnar, hättest du während deiner Gefangenschaft nicht gezeigt, daß es dir Ernst sey , dich zu bessern und hättest du nicht gute Freunde gehabt, dann säßest du noch im Znchrhause und deine Mut.-ter würde gestorben seyn, ohne dir sagen zu können, daß sie dir verziehen. Ach, gute Freunde habe ich eigentlich nie gehabt, aber einen Wohlthäter, einen warnenden Schutzengel, und der waren Sie. O, daß ich früher nicht Ihren Ermahnungen gefolgt bin, dann wäre es nicht dahin gekommen, dann brauchte ich nicht zu seyn, was ich jetzt bin, und die Leute verachteten mich nicht. Johannes war der uneheliche Sohn einer Weibsperson, die in früheren Jahren bei Molnar's gedient hatte. Sie war ein gutmüthiges Mädchen gewesen, das die Zuneigung ihrer Herrschaft in hohem Grade besessen, und dieser Umstand war Ursache, daß sie stets eine große Aichänglich-lichkeit für die Familie und diese ihr eine gewisse Theilnahme gewahrt hatte. Der Knabe wuchs heran und wurde ein wilder, unbändigex Bursche, und .wenn die schwache Mutter gar nicht mir ihm fertig zu werden vermochte, so sprach sie wohl Molnar an, den Knaben recht ernstlich zu vermahnen, was dieser auch stets auf recht eindringliche Weise that. Als die Zeit heran kam, wurde Johannes in die Lehre zu einem Fleischer gegeben. Er machte seinem Meister viel zu schaffen; doch seinem Eifer, seiner Anstelligkeit mußte man Gerechtigkeit widerfahren lassen. Als er Geselle war, wurde er eines Tages mit einem seiner Cameraden über Land ge-schickt, um Schlachtvieh einzukaufen. Auf dem Heimwege in der Dämmerung begegnete den beiden jungen Leuten ein Wanderer, der augenscheinlich Furcht zeigte, diesen beiden zu begegnen. Erhitzt von geistigen Getränken und lebhaftem Gespräch und gereizt durch die Furcht des Wanderers, lief Johannes mehr aus Muthwillen, als aus irgend einer Absicht »halt!" und streckte dabei die Hand aus, als wollte er den Mann ergreifen. Dieser aber warf etwas, was er unter seinem Mantel verborgen gehalten, zur Erde und lief aus Leibeskräften feldeinwärrs. Die beiden Bmsche hoben das Weggeworfene auf und siehe da, es war ein Beutel, woriu sich mehrere hundert Thaler befanden. In de vorgefaßten Meinung, daß der Mann das Geld gestohlen habe, beschlossen sie, es zu behalten und unrer sich zu theilen. Es währte indessen nicht lange, so ward es ruchbar, daß eiue Beraubung Statt gefunden. Jener Mann war ein Bote und hatte das Geld an einen andern Ort bringen sollen: Aus Frucht, von den beiden wilden Burschen erschlagen zu werden, hatte er sich so feige benommen. Die gerichtliche 99 ---- Untersuchung leitete bald den Verdacht auf Johann es und leinen Cameiaden; sie wurden eingezogen und Johannes als der Schuldigere auf 10 Jahr zum Zuchthause verur-theill und dahin abgeführt. Seinem mustel'haften Betragen im Zuchthause, seiner tiefen Reue und der wärmsten Verwendung von Seiten Molnar's hatte er es zu verdanken, daß ihm die Hälfte seiner Strafzeit erlassen und er in Freiheit gesetzt wurde. Als er aber wieder heraustrat in das Leben, da erging es ihm, wie es so Vielen ergeht, die eine entehrende Strafe abzubüßen gehabt' er wurde von Allen als ein Geächteter gemieden, kein Meister wollte ihn in Arbeit nehmen und als er sich so überall zurückgewiesen sah, da ward er endlich Scharfrichrerknechr. — (Fortsetzung folgt.) Habicht. Tragicoinische Novelle von I. Löwcnthal. (Fortsetzung,) 4. Habicht hatte über seine Nase schon viel leiden müssen, das; man ihm gerne den anfanglichen Wonnetaumel nach einer Metamorphose zu Guce halten wird, die mehr ein Triumph der Magie, als der Wissenschaft zu seyn schien, (-r hatte in seiner Einbildung die Inconvenienz seines physischen Übels übertrieben, und er kam sich jetzt wie ein Mensch vor, der sich lange unter der Last der Schande beugen mußte, und endlich vor den Augen der Welt wie reingewaschen dasteht; diese falsche Ansicht von seinem ehemaligen Zustande verhinderte ihn bei all' seinem gesunden, natürlichen und ausgebildeten Verstande, Herr seiner Gefühle zu werden. In kühlern Momenten empfand er jedoch, daß es aus mit seinem Verstande sey, wenn er den Regungen seiner Freude keme Schranken setzte ; dieß kostete ihn zwar einen Kampf, allein er überwand, und auf seinen Freudenrausch folgte nnn die dem vernünftigen Menschen weit angemessenere, ruhige Zufriedenheit. Dessen ungeachtet war es ihm noch schwer, sich ganz in seine gegenwärtige Lage zu finden. Ofcer verfiel er in Träumereien, als ob der alte Gran: noch auf seinem Herzen laste. Der Galeerensclaoe wird, wenn auch schon längst der Gesellschaft wiedergegeben, im Gehen seinen Fuß nach sich schleppen, als ob der eiserne Ring ihn noch immer gefesselt hielte; so schielte Habicht nach alter Gewohnheit mir den Augen niederwärts, gleichsam als ob er et,uas suchte, und so wie ,ene, welche ein Glied verloren haben, dann nicht minder das früher gehabte Gefühl empfinden sollen, prikelre es auch ihn fortwährend an der Nase; er wollte daran sich reiben, in der Zerstreuung vergaß er aber, daß sein Finger fich wenigstens einen Daumen weit von seiner gegenwärtigen Nase in der Quere bewege. Nun bedeutet aber eine ähnliche Fingerbewegung in allen Ländern so viel als: »Kommen Sie her!" und alle auf dem Schiffe. welche sich in der Richtung seiner Nase befanden, eilcen herbei, um sich nach' seinen Befehlen zu erkundigen. Glücklicher Weise verloren weder die Passagiere, noch sonst Jemand auf dem Schiffe ein Wort über dieses seltsame Benehmen, das sich nur zu oft wiederholte und Allen ein unerklärliches Räthsel blieb. Am Tage sammelte sich indessen Habicht schnell, des Nachts aber war er ganz die Beute seiner Vergangenheit; im Schlafe war er ganz Habicht mit der großen Nase, Phantome umgrins'ten ihn in seinen Träumen und vergällten ihm so den Genuß seines Glückes, und gar oft fuhr er plötzlich im Schlafe anf, verließ ganz verwirrt und erschrocken seine Hängematte, ergriff einen Leuchter, lief vor den Spiegel in der Kajüte nnd stand da eine Weile, bis er fich besehen, befühlt und überzeugt hatte, daß er wirklich verändert sey, dann aber lachte er selbst über seine nächtlichen Visionen und über seine verstörte Toilette und legte sich wieder zur Ruhe, um neuerdings von anderen Träumen geneckt zu werden. Die Fahrt war lang und beschwerlich. Das Schiff hatte mit gewaltigen Stürmen zu kämpfen und war öfters mit dem Untergang bedroht. Zum ersten Male sah Habicht dein Tode mit Angst und Bangen entgegen. Sterben, jeßt, da sich die lachendste Aussicht vor seinen Blicken entrollte, sterben an der Pforte der Lebensgenüsse! — Dieser Gedanke machte ihn schaudern. — Nach einer fünfmonatlichen Reise befand er sich endlich anf der Themse, unweit der brittischen Hauptstadt, und jetzt war sein moralisches Wesen ein ganz anderes. In der Nähe der Menschen, denen er jetzt an Gestalt völlig gleich war, gab er auch ihren Ideen und Handlungen nicht im Geringsten nach; alles Übrige war ihm nun gleichgültig, wenn es nicht in irgend einer Beziehung mit ihm selbst stand, ja selbst über seine indische Reise freute er sich nur in so ferne, als er mit seinen ausländischen Zeugen, mit seinen indischen und chinesischen Arbeiten prunken zu können glanbte; der Vorsehung zu danken, die ihn bisher so wunderbar beschützt, daran dachte er nicht. — 3. Bald war er London's, der Englander, der Clubbs, der Thee's, der Reform, des Rauchs und des Nebels recht herzlich satt. Es zog ihn in die Heimat, er verschaffte sich einen Paß unter einem aus der Luft gegriffenen Namen, und begab sich nach der Hauptstadt seines Vaterlandes. Bevor er sich jedoch seiner Frau vorstellte, beschloß er genaue Erkundigungen über ihr Betragen während seiner Abwesenheit einzuziehe». Bald nach seiner Ankunft vernahm er den Tod eines reichen Verwandten, der ihn zum Universalerben eingesetzt hatte. Er verfügte sich zu einem Notar, der ihm beinahe i»'s Gesicht lachte. »Sie, Herr Habicht?" sprach er, »Sie belieben zu spaßen; ich kannte Herrn Habicht wie mich selbst; man brauchte ihn auch nur ein Mal gesehen zu haben, um seine Züge nie wieder ans dem Gedachtnisse zu verlieren ; ich bitte Sie, künftig einen andern zur Zielscheibe Ihrer Scherze zu machen." Dieser Vorfall that Habicht nicht um des Geldes Willen leid, er hatte dessen genug; allein der Verlust seines Namens, seiner Identität war ein Schlag, der ihn 10tt sehr harr traf. Indessen beruhigte er sich und freute ftch anderseits wieder, jeden Eindruck der Vergangenheit nun völlig bei Allen verwischt zu sehen. Er warf sich jetzt ganz in die Arme des Vergnügens: Jagden, Landparthien, Theater, Bälle, Theegesellschaften boten ihm Stoff genug, sich seine Tages- und Abendstunden zu verkürzen. In den Zirkeln, die er besuchte, veranlaßte ihm seine Zerstreuung noch manche rragi-comische Scene; es entschlüpften ikm zuweilen Worte über Verhältnisse, welche ibm früher im Vertrauen mitgetheilt worden waren; den Einen fragte er ganz naiv, wann er ihm denn die tausend Gulden zu zahlen gedenke, die er ihm vor seiner Abreise geliehen; »wie war es noch mit Fräulein M^" fragte er einen Andern in Gegenwart des Fräuleins W^", mit dem er eben einige Herzensergüsse gewechselt harte. Dadurch und durch ahnliche Huill pro Pio setzte er sich und Andere in die größte Verlegenheit, kam es zu Anzüglichkeiten, die ihm viele erbitterte Feinde verschafften Außerdem hatte er seinem Nufe auch durch einige Liebesintrigueu bedeutend geschadet, die er gesponnen, und er fühlte jetzt eine Leere, welche er früher gar nicht gekannt. Verglich er seine Gegenwart nun mit der Vergangenheit, so sah er, wie viel er verloren, und wie wenig er gewonnen hatte. Für seinen väterlichen Namen, seine speziellen Verhältnisse, seine Ehre hatte er leider nur den Namen eines Wüstlings, eines unerklärlichen, rächsel-haften Sonderlings eingetauscht, und sich obencin unversöhnliche Feinde erworben. Wohl war ich ehedem ein besserer Mensch! rief er schmerzlich; ich litt zwar viel, doch ich litt unschuldig, mir blieb das Gefühl meines Selbstwerthes, jetzt erröche ich, wenn ich einen Blick in mein Inneres thue. Während er eines Abends in einem Zirkel mit einer jungen Dame in einem Gespräche begriffen war, drang plötzlich ein Name an sein Ohr, der ihn an allen Gliedern beben machte. Ein Bedienter meldete Frau Habicht, Luise trat bald darauf ein. Mehrere Damen, und darunter die Hausfrau, gingen ihr mit Achtung entgegen. Sie war der Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit. Nach zwei Jahren sah er sie wieder, und wie? — schöner, an-muchsvoller, als er je sie gedacht, von Allen geachtet und geliebt, nur einige Schritte waren sie von einander entfentt, und er mußte schweigen, durfte seine Gefühle nicht laut werden lassen, die ihn zu ersticken drohten; seine Frau stand vor ihm und erkannte ihn nicht, konnte ihn nicht erkennen! — (Schluß folgt.) Laibacher Schaubühne. Wir haben schon seit längerer Zeit keine Berichte über die Leistungen unserer Schaubühne gegeben. Daran mögen die Nellwirren die größte Schuld tragen, nachdem wir nnbr als überzeugt waren, 0asj ^l einer solchen Zeit Referate über tiefen Gegenstand nicht jenes Interesse erwecken konnten, als zu erwarten wäre, wenn solch? »icht von Tag zu Tage, neue Ereignisse gebracht hätten, welche die ganze Aufmerlsnnkeit des hochgeehrten Publikums in Anspruch genommen. Nun aber hat sich der Himmel gelichtet, es wird somit auch an der Zeit seyn, den Künsten wieder einen Blick zu schenken. Am 17. kam „die Macht der Verhältnisse," Dram« in 5 Aufzügen von Robert, zur Aufführung . und zwar zum zweiten Male, in welchem wir des Herrn Nott (August Weisi < Schriftsteller) rühm« lichft erwähnen müss.n. Vir gestehen offen, daß wir H.rrn Rotl noch nie so günstig in seinem Fache sahen. Niese Darstellung, zu welcher sein einnehmendes Äußere, und sein jugendliches Feuer bei seiner richtigen Auffassung d«s keineswegs leichten Charakters vieles beigetragen haben, können wir unstreitig als »ine seiner besten nenne". Herr Rott hat hie» Mit bewiesen, daß es itnn keineswegs an Talent gebribt. un»dass nur ein Kleines. nämlich der — Wille fehlt, um einen beteutendln Nana. unter de» Künstlern einzunehmen. Vir gönnten ihm so gerne diese Stellung. Ihm zunächst gebührt die Palm? dieses Abends unserer talentvollen, tragischen Darstellerin, der Frl. D u r n> o n t. einer Künstlerin in ihrem Fache seltener Urt. der auf einer groß.ren Bühne jene Achtung nicht entgehen würde, die ihrer Darstellungsgabe. ihrer Besonnenheit und ruhi» gen Hallung, dann ihrem richtigen, durchdachten Tacte gebührt, so wie Frl. Posinger (Emilie W.iß). Das Spiel di.'ler L.tzterc» war g" fühlvoll, und hat bei vielen Stellen den Zweck der Rührung nicht ver< fehlt. Es erübriget nur noch zweier tüchtig«« Mitglieder mit aller Auszeichnung zu erwähnen, welche, wenn sie auch an diesem Abende nicht lohnend bedacht wurden, sich doch unserer vollen Achtung und Hochschätzung verdient gemacht haben. Hr. B o u l c t (Graf Falkenau) und Frl, R o s e n « sch ö n (die Gräfin): Ibrc Leistungen sind in u»s>rer ganzen Theater« Saison vielfältig anerkannt, und Ersterer ist in Conuerfationsstucken wahrhaft bewundert worden. Die übrigen Herren Mitglieder haben thätigst zur vollkommenen Rundung des Ganzen beigetragen. Der Beifall war^unge-theilt, der Besuch ließ jedoch noch Vieles zu wünschen übrig. Sonntag den 18. März, Benefice des, Herrn Regisseurs I „ s. Boulet. zum ersten Male: „Freiheit in Krähwinkel". Posse mit Ve, sang in 2 Abtheilungen, von N e st r o y. Diese Posse, der ein besonderer Ruf durch längere Zeit vorange, gangen ist. wurde schon vielfältig besprochen, und gehört in eine Epoche die —> vorüber ist. Sie hat ihren Zweck, nämlich: jenen — des Lachens nicht verfehlt, und uns Manches vor die Augen geführt, was in der großen Welt geschah, ohne einen andern Eindruck auf uns gemacht zu haben, als jenen, den wir schon ausgesprochen haben- Hr. Bauer (Eberhard Ultra), wie Herr Schütz (Klaus. Raths - Diener), haben als tüchtige Männer in diesem Fache die Erwartungen der Anwesenden »ach ihrer ausgezeichneten Weise nicht getäuscht. An Hrn. Bauer haben wir eine zwar sehr lange gewünschte, bock um desto glücklichere Acquisition für das Fach der Comique erhalten; leider währt diese Zeit nur noch kurze Zeit! Die übrigen Herren und Damen hatte» mehr oder weniger lohnende Parthien. meistens Epüoden. zur Unterstützung des Ganzen, und bewegten sich mit aller Umsicht in ihren Kreisen, Schliesslich kann man Hrn. Posinger ,Bürgermeister und Oberältester in Krähwinkel) nicht übergehen, der seinen Part zwar nicht richtig copirl>, aber doch solchen so durchzuführen verstand, daß man ihm eine besondere Werlhschäj-zung nicht versagen, und ihn daher selir brav nennen muß. Das Haus war sebr voll und der Applaus sehr groß. Am 20. wurde die obige Vorstellung bei minder besuchtem Hau!e, doch mit dem früherem B.'if,>IIe wiederholt- An dem spärlichen P.s»che mag die Nachricht Schuld s.yn. welche sich allgemein v.rbr.itne. daß uns am roriaen Tage d.r k. k. Hofschauspieler, Herr Ludwig Löwe, mit einen, Besuche als Gast beehren würde. Hierüber im nächste» Referate. V a b n i g g. Benefice-Anzeige. Morgen, Dinstag den 27 d.M., gU'!, unkr g.'niale Komik.'r, Herr Bauer, zu seiner Benesice: „Der deutsche Michel.« Zeitgemälde in 5 Acten, von Feldmann, Verfasser mehrerer bekannten Lustspiele, als: Sohn auf Reisen, die schöne A t h e n i e n s e r i n :c. Die Wahl des Stückes, welches auf mehreren Hofbühnen mit den, grössten Neifalle in die Scene gina < weil es im Interesse der Jetztzeit geschrieben ist, macht dem Hrn. Ben.'ficiante» Ehre, u„d ist ein Beweis der Hochachtung, welche er für das Publikum hegt. das ihn in so kurzer Zeit zil seinem Lieblinge erkoren. Indem wir dieses den hochgeehrt.,, Theaterfreunden a>,z