139 Die F'l'stm0i,ate der steirischen Slovene». Vo» Dr. Rudolph Gustav Puff. (Fortsetzn n g,) VI. Juni. dieser Monat, mit de» längste» Tage» m>d kürze- ste» Nächten, ist die Flatterzeit der wendischen Bur- sche die Schmetterlingsperiode ihres nächtlichen Schwärmens. Die Eifersucht läßt mit eigenem Scharf- sinne jede Vegnnstignng beobachten, u„d der tragisch- comischen Scene» gibt es eine Unzahl, Ein ertapp tes liebendes Paar mnß häufig im Kreise mnthwilli- ger Bursche kniend Gebetformeln hersagen und eine strenge Vrautprüfnug bestehen. Es gibt da eine Er- innerung an die republikanischen Hochzeiten. Das überraschte Pärchen wird nämlich mit Stricke» zu- sammengebunden, und an einer Straße bis Tages- anbruch ausgestellt. Einzelne überraschte Bursche wer- den von ihren Nebenbuhlern unbarmherzig in Tün- gerjauche gebadet, Fremde, besonders sogenannte Her- ren in den Trog eines rinnenden Brunnens gelegt, die Füße mit Sieinen niebergeschwert. Noch vor !W Iahreu befanden sich gewisse Pfeiler und Kreuze auf den Wegen, wo ertappte erotische Helden über Nacht gebunden, am Morgen in allgemeiner Beschä- mung ihre Glnth büßten. Ein iu der Fasten Erwischter wurde 4 Fuß vom Boden an das Kreuz- gebunden, und mußte am Mor- gen eine tüchtige Strafpredigt von den Kirchgängen! anhören, bevor er losgelassen wurde. Er durfte auch »ie mehr '»g' oder 'ache»b,n'g :c. die Hirtenbuliei, heimlich, recht früh am Morgen, die Kühe, ehe sie gemolken si»d, ans dem Stalle auf die Weiden zn treiben, dort werden selbe bekränzt, und nun mit vielem Lärm nach Hanse gebracht, um die trägen Mägde zn beschämen, die vom verschlafenen Pfingstmorge» den Svoitnamen „Pfingstlncker" bekommen. Der wichtigste Tag im Juni aber, überhaupt einer der bedeutungsvollste!, für alle Slaven ist der 23. Juni, die Vigilia vor St. Johann dem Täufer Wir finden fast keine Nation in Europa, bei welcher mchtdieIohannisfeier eben so im Gebrauche wäre. als bei den Nomern die brennenden Stroh- nnd Neisig- hanfen mit den darüderspringenden Landlenten beim Feste der Göttin Mlas. Der Glaube, daß in jener Nacht zu einer gewissen Stunde alles Wasser in Wein verwandelt sei, daö Werfen von Kränzen in Teiche und Bäche, um im Wasserspiegel den künfti- gen Bräutigam zu sehen, sind dem steirischen Ober- und Unterlande gemeinschaftliche Gebräuche. D,e Kriegsgeschichte zeigt uns das große Gewicht, welches der Aberglaube d^r Türken auf Unternehmnngen am Johannistage legte. Die Midsumiernigth der Eng- länder, der Sant Aften der Dänen, die Sodufka der Böhmen, die Sabatina der Italiener nnd die Knpa- lofeier der Nüssen begegnen sich hier in gleicher Be- deutung »i,o in ähnlichen Formen. Seil am 23ien Juni 1491 die Spanier die Iohanniefener als Si- gnal zur Vertilgung der Mauren beinchten, sind selbe auf der pirenäische» Halbinsel »och mehr i» Ehren denn vorher. ' Noch umgehen die Serben an diesem Tage ihre Scheune» mit Fackeln auö Birkenrinde; die Istrianer werfen einen Kloi) in das Feuer, nnd die Kleinrussen machen dem Kupalo Ceremonien, die au jene der alte» Deutschen zu Ehren des hellglänzenden Gottes Valdnr erinnern. ^ Das Springen durch das Feuer aber ist von Al!.ss^°^" deS Tartane» bis zu den Pachlhauser» Zaubr"^"^ "°^ '"""" "" "»""lttis Mittel gegen ^^^DerCnltnü des altslavischen Gottes Ku- Feuilleton. palo gibt uuS auch hier noch den Schlüssel zur Er- klärung mancher abergläubischen, aber anch mancher gemüthlichen Gebränche. Die slavischen Jungfrauen riebeu Funken aus trockenen Holzstücken, mit diesen zündeten sie das heilige Feuer auf freien Berggipfel» an, und drehten sich in muntere» Tänzen herum. DaS Christenthum veriilgte die Göfteu, aber nichts die naiionelle Lust an seinem Feste. Da brandmarkte der finstere Aberglaube diese nächtlichen Feste als Herentänze, und überlieferte die Theiluehmcrinneu der Flamme. Wessen Kranz, aus Thimian, Aurikeln und Maßlieb gewunden, im Wasser untergeht, der ist im Leben jede Heirat versagt. So wie der Thau der IohanniSnacht die Schönheit, so bewahrt der in die- ser Nacht verbrannte Wachholder die Gesnndheit. Anch verschiedene Opfer wurden dem Feuer überge- beu; in Kleinrußland eine m,t Stroh umwundene Stange, auf daß der Hanf eben so hoch wachse; in Lithauen alte Bastschuhe; bei den Slovene» ein alter Hahn. Der braune Weidlich, beim Morgenroth ge- sammelt, vertreibt alle bösen Geister; die Erdbeeren, an diesem Tage gepsiückc, macht gute Schilpen und verschafft Glück im Schuldenmachcn, während das Kreuzkraut Schäpe entdecken, und die durch einen Specht verschaffte Springwurzel alle Schlösser öffnen h,lft. Der Hirt, welcher sich am Johannistage Was- serlilien sammelt, verliert kein Stück ans seiner Heerde im selben Jahre, und ist frei von Zahnschmerzen; wer aber Badende wie Narren im Kreise drehen will, der werfe auf einen Stein im Bade heimlich einen Stechapfel. Kein freuudlicherer Anblick, als im Wendenlante die Tausende von Feuern, die in der Iohannisnacht, wie Sterne vom Himmel gefallen, anf allen Höhe» funkeln. Wochenlang vorher werden von den Hirten die festlichen Hänfen ans Reisig nnd Holz aufgeihürmt. Ein Pdller- oder Pistolenschuß gibt dae Zeichen, sie in Flammen zu se!;e». Um den Scheiterhanfe» (den ll'-l^ von !ch"ffc, dem stehen alle Schape der Erde, der Stein der Weisen, ewige Macht und Jugend zu Gebote, aber die Prcbeu «nd Gefahre» sind so schaurig, daß !>e Keiner besteht. Ihre Schilderung eri»nert sehr an die Aben- teuer de,m Ban neu der Spring- oder Schnßnatter, denn Gewim.en der Krone der Schlangenkönigin nnd m'dere deutsche Volkösage». I» der Zanbernacht vo, ^ohaimeö >chwimmt für die Nensonntagokinder reines ^'lber anf den Bächen, Bäume reden. und der ^en,ch steht mit der Geisterwelt zu keiner andern 2"t >n ,o nahe,!,, bemerkbarem Znsammenhange, ^'andmale tragen unsere slovenischen Vnrsche. Lie- bcojchmerz die Mädchen oft aus jener Nacht heim. Mr Erstere ist cö gewöhnlich eine Ehrensache, über d« zxsammeüsiukeude Gluch deö Scheiterhaufens zn springen, wobei eigenes Ungeschick oder fremder Mnch- wille manchen feurigen Knß anf das Gesäße veran- laßt. Die Madchen aber schauen oft vergebens in de» Brunnen »ach dem Bilde des Künftig"' , und werden dau» von ihren Gespielinnen ge»eckc mit der Spottrede: 2l'3l^'!». (Dn gingst ibn z» Na""' i»/"' Vm>,- »en. lind erschautest ihn denn noch nichts Ein anderes Orakel für die heiratslustigen Schö- ne» besteht darin, das eben blühende Nohrkcaut oder Pfaffenrohrchen (leonlcxlon !«rl>xl,^u>n) zn zerschneiden, und während das Iohannisfener brennt, Stückchen in die Sprünge der Holzwand der Schlafkammer zu stecken. Aus der geraden oder nngeraden Zahl der frisch gebliebenen oder verwelkten Blülhenblätcer wird anf Trene oder Untreue des Geliebten, nahe oder ferne Hochzeit geschlossen. Ili-o« ist bei den Slaven noch immer die Bezeich- nung der Sommersonnenwende. Xr«« selbst aber galt bei einigen Slavenstämmen für das Bild der Sonne, der mau durch das Feuer huldigte. In so ferne Johann der Täufer der Vorläufer Christi, der Vorläufer des GlaubeuslichceS ist, konnte ein heidnisches Lichtfest nicht schöner auf ein christli- ches übertragen werden. Sehr gemüthlich ist die Vorliebe der Slovene» für den Iohanniöwnrm (!««> l^'n« nooliluo«) hier kr^nieu genannt- Nach dem frommen Glanben umflog der Lichtkäfer daö Aeltern, ha»S des hl. Johannes, und beleuchtete die Wiege des Kindes. Dm slovenischeu Soldaten, wenn sie zum Kampf« ziehen, ist d,e ki^nic» eine glückliche nnd siegreiche Vorbedeutung. Den Liebenden ist sie eine Leuchte, den Dichtern gewissermaßen derselbe Liebling wie de>, Griechen die ^iklxi^. Nnr Menschen von bösem Ge- wissen, besonders Diebe, hassen sie. Im Juni beginnt die Zeit des Badens. Die Slovene» haben bei all' ihrer Verehrung für Flüsse nnd Quellen eine gewisse geheimnißvolle Scheue vor dem Wasser. Anf der Oberstäche der Brunnen sißt unr zu gerne der Böse, im Brunnen selbst hanöt das Fieber; wer da trinkt, ohne das Wasser zu bekreuze», verbindet sich nnr gar zu leicht mit einem von Bei- den ; wie der Wende seine Brnnne» und Blumen bevölkert, ebenso nnd noch mehr seine Bäche nnd Quellen mit gewissen Undiuneu oder Brunnhnldinnel» (»-««.Mi von i'u^ln, die Quelle, genannt). Die Serben nennen sie Villi, die Lithauer VuIIii Schiffe zum Schade» der Menschen daraus. Wer zu Pfingsten badet, ohn« vorher gebetet zn haben, den ziehet die rn«l>Iiu in den Grund. Wermulh ist ein geachtetes Kraut, denn, wirft man diesen einer !'»«nlki i» das Gesicht, so kann man nicht von ihr zu Tode geküM werden. M i s c e l l e « ^Ei»e colossale Schlange), eine Art Boa, wurde von dem Capita» eines Schiffes, das von Para in die Themse einlief, mitgebracht. Diese Schlange mißt über 18 Fnß, und wnrde wahrend der Reise mit 36 Jungen gesegnet. Es waren dieselben bei der Geburt gegen 2 F„ß lang; sie wüchsen aber während <^ Wochen' kamn »,» einen Zoll. Vor der Einschif- fung verproviantirte sich die Mntte,schlänge, mdem sie eine anSgewachjene Ziege verschlang, dann fraß sie volle 3 Monate nichts. n„d nahm erst, nachdem sie Mntter geworden, ein kleines Frühstück von 29 Tanben ein. Die jnngen Schlangen haben sich >» allen Winkel» deö Schiffes verkrochen; da die Spe- cies jedoch nicht giftig ist, werden sie leicht eingefau, gen werden können. Die ganze Familie ist vom ss«, pitän nm einen guten Preis verkauft worde». (Zur Gutschuldigu,,« des Unsauber«) sagte ein Freund von einem Berliner Cyniker, der »icht gerne mit kaltem oder warmem Wasser in Be- rührung kommt: „Er verhält'sich neutral geg,n die Neinlichkeit."