2N3TNWNNAVA tnr Kunst, Wissenschaft und geselliges Leben. . Nedigirt von Leopold Kordesch. ^ 58. Freitag am I.V. Iuli R844. Von dieser Zeitschrift erscheinen wöchentlich zwei Nummern, jedes Mal ein halber Bogen, und allmonatlich ein in Wien von Meisterhand in Kupfer gestochenes kolorirtcs Eostumebild, illyrische Volkstrachten in Doppelfignr enthaltend, in Großquart, Der «preis des Blatte« ist in Laibach ganz» jährig S, halbjährig 3 ss. Durch die k. t. Post unter souucrt Portofrei ganzjährig 8, halbjährig 4 fl. C, M., und wird halbjährig vorausbezahlt. Alle k. k. Postämter nehmen Pränumeration an. Das Waisenkind. An des Friedhofs dunkler Mauer Hoch aus Marmor glatt und fein, Reich an Worten kluger Trauer, Ragt ein schwarzer Leichcnstcm. Thräncn starren kalt und trügend I n dem Aug' der Genie»; Hat der Künstler falsch und lügend Denn die Erben angesehen? Was ihr Mund in Worten feiert: Ihr erdichtetes Gefühl Hat der Meißel hier entschleiert, Weil der Stein doch rede« will. An dem Grab, »m bleichen Flieder, Kniet ein bleiches Waisenkind, Kniet in stummer Andacht nieder Fromm wie Gottes Engel sind. Seine Worte, seine Klagen, Und Lie dort am Monument: Wollt ihr doch den Himmel fragen. Ob er ihren Abstand kennt? Gold war-für die Erben Habe, Für das Waisenkind ein Herz, Darum gleißend ihre Gabe Und die seine treuer Schmerz, I n Laibach pränumerirt man in der Buchhandlung des Herrn Georg Lerchcr »m Hauptplaye. schüttert; der herabströmende Regen schien ihm wohlzuthun, wie lechzenden Pflanzen der Thau. Mit der ganzen Wucht seiner Kräfte stampfte er auf den Boden, wie ein wuth­entbrannter Dämon, als gälte es, den Berg zu zerklüften. Weithin trieb der Sturmwind sein langes Haar, welches karg, wie dürres Moos von dem Haupte einer Standbilds-Ruine herabwehte. Wer ist der Mann, dessen Heimat Niemand kennt, oft gesehen, und thaldurchwandernd wie eine lebende Sage? Ugo nannten ihn Kärntens Bewohner, welche bei seinem Erscheinen erbleichten, denn, daß er im Bunde mit dunkeln Mächten sei, lag außer Zweifel, seine Thaten zeug­ten es>, sein plötzliches Kommen und Verschwinden bestä­tigte den Glauben. Ugo hatte keine Heimat, wie man sich erzählte; sein Herz stählte sich im Rauschen der Stürme, sein Leib entfaltete die riesenkräftigen Glieder im Strahle des Mondes, sein hohles, düsteres Auge hatte er von de« Nacht, in der er allein selig wandelte. Reisende sahen ihn oft im Mondenschimmer aus den Schluchten der Ca­ratanken niedersteigen; da flüsterte er leise, wie ein egyp- Di. Rudolf Puff. t.ischer Priester, als zählte er die Sterne der Nacht. Kinder waren seine Freude. Er spielte mit ihnen sanft, wie Un­Der Seemann. schuld mit Blumen, wiegre sie in seinen Armen und schwang die Lächelnden in die Lüfte, daß sie auf die Fläche seiner Kärntnerische Sage von H . Plauen. fleischigen Hand herabfielen, wie ein Gehäufe weicher Schwanfedern. Seine größte That aber übte er an Samo , dem ,uf dem Gipfel des Sternberges *) stand Wendenfürsten. ein Mann, die Faust gegen den Himmel ge­ I n unabsehbarer Linie standen die feindlichen Custra­ ballt, stumm und düster, wie die Nacht, sier. Samo's Heer stürmte hinan zum Hügel, wo die welche ihn umgab. Prasselnd ergoß sich der Regen aus Ehrenfahne ihres Anführers wehte; aber es prallte zurück, gewitterschwangeren Wollen, und wie ein lauter, unver­ wie Meereswogen am Küstendamm zerschellt. ständlicher Fluch irrte der Wiederhall des Donners durch Mi t tonloser Stimme schrie Samo , wie der Geist Berge und Thäler. Aber des Mannes Muth blieb uner­der Verzweiflung: „Swantewit! Sende mir Wodan und laß mich unter den Flügeln seines Schirmes kämpfen -) Am Werdersee bei Klagenfurt. 230 um den heiligen Herd meiner Väter; — und mein Königs­ sitz lodert in Flammen auf, dir zum Opfermahl!" Und wieder stürmte das Heer und wieder fiel es zurück. „Swantewit!" rief Samo wieder mit der Erre­ gung des Entsetzens, „schleudere nieder die Keule deiner Donner in den Krater meines ausbrennenden Lebens, aber siegreich möge mein Volk sein!" Und wieder erneuerte sein Voll den stürmischen An­ drang fruchtlos. Da sank Sam o auf die Kniee, weinte laut und rief: »So höre du mich, Zhernibog, in den Tiefen der Unterwelt! Das Blut meines zweiten Lebens, meines schönsten Kindes, stieße dir zum Opfertrank!" Und horch! entsetzlicher Donner bestätigte die Worte und wie auf Flügeln kam Ug o heran, wie ein Blitz stürmte er auf den Feind, und jagte Sturmwolken auf. — Er umklammerte den Sturmwind mit seinen nervigen Armen und schleuderte ihn in die Schaar der Feinde! Siegreich zogen die Wenden heim. Schon stand Alieda, Samo's liebste Tochter, am Opferaltar und der Opferpriester schwang das Messer über dem Haupt der Jungfrau, welche stumm da stand und leine Thräne hatte für den Verlust des süßen Lebens. Da flog Ugo herein in den Opfertempel und sagte Zhernibog's Blutfest ab; die Gluth seines Auges schmolz den mörderischen Stahl in der Hand des Priesters. Samo drückte den geheimnißvollen Mann, wie einen Bruder an das Herz; aber Lohn nahm Ugo keinen an.- Es wollte der Wendenkönig den Thron mit ihm theilen. Der Starke lehnte Alles ab, nur die Liebe, die freiwillige Liebe Alieda's konnte ihn lohnen; allein die Jungfrau wandte mit Schau­ dern sich ab von ihm und rief: »Vater, ich kann wohl sterben, das Weib dieses schrecklichen Mannes aber kann ich nie sein." Da schwur Ugo — Rache der gesammten Mensch­heit, die Wettergluthen seines Zornes tiefverschließend und seine Stimme mischend mit dem Donner, mit goliathischer Kraft Felsen drückend an die Brust, sie an deren Feuer in Lava zu verwandeln! Von allen Menschen geschieden, zer­fallen mit sich und der Natur, lagerte er sich auf dem Sternberg . Vor seinen Augen breiteten sich weithin die Hütten dessiegeslustigen Wenden aus. Der, schäumende Becher der Freude lreis'te von Herzen zu Herzen und beim glühenden Trank versöhnten sich Freunde und Feinde. Wo es am lautesten war, dort erschien Ugo mit düsterem Antlitz, mit dem Auge voll Tod und grauenerregendem Schimmer. Ueberall trieb man den Freudenstörer fort. Und wieder stand er auf seinem Felsenlager, Schmerz durchwühlte seine Brust, er streckte sich nieder, stumm, wie beruhigtes Menschenelend, unbekümmert um Nacht und Sturm. Aber plötzlich sprang er auf und fluchte zum Him­mel, starrte hinauf mit stierem Auge und sank zurück, wie ohnmächtig zur Erde. — Da fiel nun der Regen nicht mehr in Tropfen herab — es rauschte fürchterlich eine Stromcascade nieder, und sie drang in die Hütten und ersäufte Menschen und Thiere. So entstand der Werder­see bei Klagenfurt. Ugo's Bündniß mit dunklen Mächten lag nun außer allem Zweifel, er selbst aber stürzte sich in die Fluchen des See's. Schicksalswechsel. Wahre Begebenheit, erzäht «on Franz Fischbacher. (Beschluß,) M** * wurde tiefer ins Land transportirt und litt am Notwendigsten Mangel. Um sich ein Hemd anschassen zu können, mußte er längere Zeit Holz spalten. Seine Fußbekleidung war mittlerweile so abgebraucht, daß er, um Holzschuhe zu laufen, Heu mähte. Später arbeitete «r bei einem Strumpfwirker so lange, bis er sich anständig kleiden konnte. Hierauf trat er als Geselle zu einem Bäcker in Arbeit, wo er durch IS Monate ziemlich viel verdiente, aber oft in der größten Gefahr schwebte, erkannt zu werden. Sein schöner Wuchs, die ausdrucksvolle Physiognomie, die lebhaften Augen, die Adlernase, das Edle seiner Haltung ließen sehr leicht einen Abkömmling aus einem großen fran­zösischen Hause vermuthen, und mehrmals wurde sein Mei­ster gefragt, ob dieser Geselle nicht ein geborner Franzose sei. Noch ein Mal mußte er ein Verhör bestehen, wo er nicht leicht dem Tode entgangen wäre, wenn sich seiner nicht ein General kräftig angenommen hätte, welcher zu den Ueb­rigen sagte: „Wozu sollen wir diesen Menschen noch länger martern? Man sieht es ja, es ist ein Deutscher." Die Verfolger jedoch riefen: „Wenn es aber ein Franzose ist, so stirbst du, Bürger-General, mit ihm!" Dieser ließ sich dadurch keineswegs abschrecken und setzte die Sache durch. Als es ohne Gefahr geschehen konnte, klopfte er Alexander auf die Achsel und flüsterte ihm zu: „Fürchte dich nicht, es geschieht dir nichts." Wie gerne wäre M« * seinem Lebensretter um den Hals gefallen, aber um nicht als Fran­ zose erkannt zu werden, machte er dergleichen, als habe er nichts gehört. Beide hatten einst am Hofe als Pagen zu­sammen gedient. Bald darauf wurde M**' * ranzionirt, und weil er brau "diente, zum Korporal, endlich zum Wachtmeister avan­cirt. I n dieser Eigenschaft kam er öfters mit Offizieren und durch sie mit Vornehmeren zusammen. Einem darunter waren die alten Familien Frankreichs nicht fremd. Es wurde bekannt, der Wachtmeister M" * sei der französische Graf M« » und bald darauf erhielt Alexander' das Patent als Offizier. Als Napoleon erster und lebenslänglicher Konsul geworden, erlaubte er den Emigranten die Rückkehr nach Frankreich. Die Gräfin M** * in Wien machte mit ihren Kindern Anstalt, in ihr Vaterland zu reisen, wiewohl sie sich von den vielen Edlen, die sie in der österreichischen Residenz kennen gelernt, ungern trennte. Freudig über­raschte sie noch vor der Abreise der plötzliche Besuch ihres Ale/anders in deutscher Offiziers-Uniform, der durch Zu­fall die frohe Nachricht erhalten hatte, daß sich seine Mut­ter und Geschwister in Wien befinden. 33 t Auf französischem Boden angekommen, eilte die Gräfin M** ^ unaufhaltsam in die heimatlichen Fluren des süd­lichen Frankreichs, und wer beschreibt ihr Entzücken! — Sie fand ihren Gemahl im Besitze eines seiner Landgüter, das ihm sein Advokat in der stürmischen Zeit des Terro­rismus durch besondere Klugheit gerettet und mit redlicher Biederkeit zurückgestellt hatte. Da leider kein Ueberfluß solcher pflichtliebenden Ehrenmänner existirt, so ist sehr zu bedauern, daß der Name dieses Biedermannes unbekannt ist; denn wir legten ihm zu Anfang unserer Erzählung den Namen l'Integr e (Redlich) als verdienten Zunamen bei, da uns sein wirklicher Name nicht bekannt ist. Zur Zeit der Restauration genoß auch Alexander die Freude des Wiedersehens der Seinigen im Vaterlande und erhielt durch königliche Verordnung- vom 3. Juli 1816 den St . Ludwigs-Orden. Das Diplom wurde am 22. März 181? vom Kriegsminister, Herzog von Feltre , an den Baron d'Orb, Ritter des nämlichen Ordens, zur Aufnahme des Grafen M** * als ehemaligen französischen Offizier, in denselben ausgestellt. Mi t diesem Ehrenzeichen geschmückt brachte er es nochmals zum Rittmeister und würde noch höher gestiegen sein, wenn er nicht wegen seiner früheren Leiden Schonung bedurft hätte. Durch eine zweckmäßige Lebensweise brachte es Graf Alexander M*** , nachdem er quittirt hatte, dahin, daß er erst im ?3sten Lebensjahre ruhig verschied. Die Röuber in Schweinberg. Wie sehr im zweiten und dritten Decennio unseres Jahrhunderts das Eigenthum, ja selbst das Leben einiger Bewohner des Neustädtler Kreises durch Räuber-Invasionen gefährdet war, wird im Allgemeinen mehreren Lesern der Carniolia bekannt sein. I m Jahre 1813 brachen Räuber aus Bosnien in Kroatien und über die Kulpa bei Szeverin in Krain ein. Die Pöllander Wälder gaben ihnen einen willkommenen Schlupfwinkel; sie waren — so zu sagen — der Central-Punkt, von dem die blutbefleckten Pfade ihrer Plünderun­gen ausliefen. Nachdem die beutegierigen Wölfe mehrere Wochen hier gelauert, zogen sie sich gegen Schweinberg und schlugen ihr Lager in der Sabetischer-Waldung auf. Es war am i». Mai des bezeichneten Jahres, als ein Individuum aus Schweinberg athemlos in die Woh­nung des Pfarrvikars stürzte und ihm meldete, daß er in einer Höhle zufällig auf Räuber gestoßen und nur durch schnelle Flucht den Barbaren entkommen sei. Diese Höhle — 8jut genannt— die wegen den darin befindlichen Tropf­steinen merkwürdig ist, liegt unweit Schweinberg. Daß die Unholde, in dieser Nähe ihr Lager haltend, dem Ortscura­ten, der in der ganzen Gegend als ein reicher Mann galt, wohl bald einen Besuch machen würden, befürchtete bei dieser Nachricht jeder Insasse, nur nicht der stille, arg­wohnsfreie Vikar, Herr Nikolaus Babitsch, welcher dieser Hiobspost leinen Glauben schenkte, folglich außerdem, daß er Abends das Thor seines hölzernen Wohngebäudes verschloß, gegen einen allfälligen Einbruch keine Maßregeln traf, und weder seine Habschaft an einensichern Ort brachte, noch selbst die Flucht ergriff, um etwa sein Leben.zu retten. Sorglos legte er sich auf's Ohr und schlief ein. Aber um 11 Uhr Nachts war sein Schlaf durch ein entsetzliches Gepolter an das Hausthor unterbrochen. Der Ortslurat ahnt sein Unglück sogleich und ruft durch ein angstvolles Geschrei seine Nachbaren um Hülfe. Schnell feuerten die Bosniaken einige Gewehre ab, um die Be­wohner des Ortes ferne zu halten. Niemand wagte es also, dem belagerten Priester beizuspringen, eben' so wenig konnte Jemand mit der Glocke das Signal zu einem all­gemeinen Aufbruche geben, da die vorsichtigen Räuber gleich ' bei ihrer Ankunft sämmtliche Glockenseile unter dem Thurme abgeschnitten hatten. Indessen Einige alle Wege, die zum Pfarrhause führten, sorgfältig besetzten, versuchten Andere, das Hausthor aufzusprengen. Der fortwährend um Hilfe rufende Pfarrvikar wurde unter der Androhung des Todes zur Stille verwiesen, und, da das Thor trotz aller Anstren­gungen nicht weichen wollte, aufgefordert, dasselbe aufzu­machen. Auf seine Weigerung schoßen die Räuber blind-lings in das unbeleuchtete Wohnzimmer; durch das fort­währende Losbrennen der Gewehre wurde der Geistliche in der Gegend der Brust und am Kopfe so schwer verwundet, daß er ohnmächtig zu Boden sank; der ihm zu Hilfe eilen­den Köchin ward durch eine Flintenkugel der Arm zer­schmettert. Die hölzerne Wand des Pfarrhauses wurde durchgehackt. Als die emtretenden Barbaren in dem auf dem Boden liegenden Priester noch einen Funken Leben gewahrten, brachten sie ihm eine Unzahl von Stößen und Hieben bei; endlich wurde ihm von einem Kanibalen der Kopf entzwei gespalten. — So mißhandelt, starb Niko ' laus Babitsch, geboren zu Lukovdol in Kroatien, am 19. Mai 1815 in seinem 76. Lebensjahre. — Die Köchin, welche noch heutiges Tages in Lukovdol lebt, entfloh; aber ihre linke Hand mußte kurz darauf amputirt werden^ — Die Räuber gingen, mit reicher Beute beladen, davon, ohne daß es der Justiz gelang, derselben nur zum Theile hab­haft zu werden. Bernhard Thomschitsch. Feuilletyn des Mannigfaltigen. (Die Shawl-Fabrikation in Gashemir.) Der be­rühmte Reisende, Raron von Hügel, sagt in seiner trefflichen Reisedeschreibung über diesen Industriezweig: Die Schönheit der Farben, wodurchsich die Cashcmir-Shawls auszeichnen, sei immer ein Geheimniß gewesen; es scheint, sie sei der Qualität des Was­sers zuzuschreiben. Früher seien damit 13.000 Arbeiter beschäftigt gewesen, jetzt nur noch etwa 2000. Mit einem Paar superfeinen Shawls sind 20 Arbeiter 12 Monate lang beschäftigt. Die Fabrika­tionskosten betragen 2000 Rupien, darunter sind 700 Rupien für Regierungsabgaben berechnet und nur 800 Rupien kommen auf Arbeitslohn. Demnach verdient ein Arbeiter nicht mehr als 40 Ru­pien in einem ganzen Jahre. Die Wolle, woraus die Shawls bestehen, wird aus dem Rücken einer besondern Art »on Ziegen herausgekämmt, die aus den Hochländern von Lahak und Lassa kommen. Der Handel zwischen denen, die diese Shawls zu Markte bringen, und denen, die sie kaufen, ist ein höchst mühsames Ge­schäft und dauert nicht selten einen ganzen Tag, ja mehrere Tage lang, indem die beiden Parteien fortwährend durch gewisse Zei­chen, die sie mit ihren unter einem Tuche verborgenen Händen einander geben undsich dabei gegenseitig starr in die Augen sehen, ohne eine Silbe zu sprechen, den Preis bezeichnen, zu welchem sie 33H die Ware geben oder lassen wollen. Es ist interessant, damit das Verfahren auf der Tuchhalle zu Leeds zu vergleichen, wo alle Verkäufe blos durch Zuflüstern der nöthigsten Worte in wenigen Sekunden geschlossen werden. Es scheint, die Civilisation und die commercielle Bildung' der Nationen können nach der Zeit be­messen werden, welche sie zum Abschlußc ihrer Käufe und Ver­käufe bedürfen. (Neues System des Setzens.) Der Buchdrucker Menck aus Hamburg ist bei dem schwedischen Commerzkollegium um ein Patent für das von Ihm erfundene neue System des Setzens beim Buchdrucken eingekommen und hat in seinem Gesuche namentlich hervorgehoben, daß ein Setzer, wenn er erst eingeübt ist, durch diese seine Erfindung um em Drittel der Zeit schneller arbeiten könne, indem das Sehen nach diesem S>Mm statt wie bisher mit einzelnen Buchstaben, jetzt mit ganzen Wörtern, Silben, dop­pelten und einfachen Buchstaben beschafft werde. (De r deutsche Gruß. ) Je süddeutscher, desto demüthiger wird der Gruß. Der Hamburger sagt: »Wie geht's?« oder: »Guten Morgen!« — Der Berliner: »Ergebenster Diener!«, der Dresdener: »Ganz ergebenster Diener!«, der Wiener: »Untcr­thänigster Diener!« — (Communication der Dampfboote in London.) Täg­ lich gehen von London ab und kommen an im Durchschnitte 150 Dampfboote mit 250.000 bis 300-000 Menschen. (Gin artiger Oorrespondenzschluß.) Vor einiger Zeit schrieb ein Kaufmann in Amsterdam an einen Correspondenten in Köln und schloß den Brief wie folgt: »Die Stockfische stehen jetzt sehr niedrig, nicht so verhält es sich mit den Gesinnungen, womit ich die Ehre habe, zu verharren u. s. w.«. (Die zwei Welten.) Ein zärtlicher Gatte sagte zu seiner Frau: »Was kümmert mich die ganze Welt, denn du allein bist mir so viel als eine Welt!« — Das Stubenmädchen hatte dies in einem Nebenzimmer gehört und als ihr der Weltbcsitzer bald darauf dasselbe wiederholte, sagte sie: »»Ei, gnädiger Herr! Sie wollen so bald schon Ihre Welt verlassen?«« — »Sei still!« war die Antwort, »es gibt ja zwei Welten, eine alte und eine neue«! (Gin Kunststück Pinetti's.) Wir lesen im »Wandere r«: »Pinetti , dieser berühmte Künstler der natürlichen Magie, wurde von der Kaiserin Katharin a II . bei seinem Aufenthalte in Pe­tersburg aufgefordert, seine Kunst auf eine noch nie gesehene Weise zu zeigen. Er gehorchte und lud nach Verlaufeiniger Tage die Kaiserin und wen sie mitzubringen für gut befände, persönlich ein, in einem Saale, der ihm eingeräumt worden war, zu er­scheinen. Die Kaiserin kam und fand den Saal schwarz ausge­schlagen, die Fenster behängen, und nur eine Beleuchtung von wenigen Kerzen erhellte das Ganze. Ein einem Galgen ähnliches Gerüste war an einem Ende des Saales angebracht — an diesem hing — Pinetti . Nach einer kleinen Weile warf er eines seiner Beine von sich, dann das andere, ebenso die Arme, dann den Kopf, zuletzt sprang der Rumpf herunter, «ereinte sich schnell mit den getrennten Gliedern und — Pinett i stand inLebens­größe da. — Das Ganze war so täuschend und zugleich so schau­dervoll, daß die Kaiserin ihm ein ansehnliches Geschenk überrei­chen, ihm jedoch gleichzeitig andeuten ließ, ihr Reich zu verlassen.« Wir fragen hier ganz bescheiden, ob unsere Bosco's, Ddb­ler's, Philippi's, Becker's, Laschott's u. s. w. wohl auch so etwas »ermögen? — Wiener Gisenbahnbriefe. Von A. E. Naske. Wien, Mitte Juli 1844. Die allgemeine »Theater« ei tu ng« brachte in jüngster Zeit einen ausfuhr» lichen Artikel über G. M . Perissutti' s ausgezeichnete Realitäten», Gold­und Silber.Lotterie, deren erste Ziehung am nächsten 7. Sept. d. I . Statt findet. Der Raum dieser Blätter gestattet es nicht, alle die Vortheile, welche diese großartige und vorzügliche Ausspielung bietet, en <ü«tuil hier wieder zu geben, und wir beschränken uns also blos auf die Aeußerung, daß der leb­hafte Zuspruch, die wirklich seltene Theilnahmc, welche dieses schöne Unter­nehmen findet, mit dem Werthe dessen, was uns d» geboten wird, vollkommen im Einklänge stehe. Das Gute empfiehlt sich selbst, und die Firm» O. M. «vcrissutti hat im Geschäftsleben einen so guten Klang, daß jede derartige Unternehmung wohl ohne alle Anpreisung einen glänzenden Succeß nimmt, aber wir wollen blos die geschätzten Leser dieser Briefe in unser Interesse ziehen, und Ihnen mit aller Gewalt einen großen Treffer zuschanzen, der bei dieser Lotterie spottwohlfeil ist, und von jedem Iournallcscr ohne große Mühe gewonnen werden kann. Wir wünschen demnach nichts sehnlicher, »ls daß die Glücksgöttin ihr Füllhorn über die freundlichen und nachsichtige» Leser dieser Briefe ausschütten undsie so beglücken möge, wie es sich die kühnste Hoffnung eines jeden Einzelnen immer nur ersinnen mag! Am II. Juli ß. I. umsieben Uhr Morgens versammelten sich «uf dem 'Glacis von der Alservorstadt bis zur steinernen Brücke über de» Nienfluß wenigstens 30.00» Menschen (unter diesen aber gewiß 20,000 Frauenzimmer), um den Exekutionszug des Mörders Jos. W"» , der an diesem Tage nächst der Spinnerin »m Kreuze hingerichtet wurde, zu besichtigen. Uebcr das Verbrechen des Iustificirtcn gibt das im Drucke erschienene Urthcil folgende Daten an: Joseph W**», 2? Jahre alt, vonKlein.Strahl­ bach, V. Q. M. B. gebürtig, katholisch, ledig, verwendete sich bis ungefähr zu seinem 20,Lcb'ensjahre in der väterlichen Ganzlehen-Wirtschaft, und war in seiner Jugend ein unruhiger, leichtsinniger undstreitsüchtiger Knabe, be­ suchte die Schule lässig und machte, obwohl gut befähigt, nur mittelmäßige Fortschritte. Nach dem Austritte aus dem väterlichen Hause nahm er Pri» vatdienste an, und machte als Pferdeknecht häufig Reisen nach Wien. Dadurch gewann er das Straßenleben lieb und fand sich gern in Wirtyshäusern und bei der Musik ein. Sein gewöhnlicher Lohn reichte nun nicht mehr aus, und in dieser Zeit schon ließ er sich mehrere Diebstähle zu Schulden kommen. I m Anfange des Jahres 1842 übernahm er das väterliche Ganzlchc», und hätte ungeachtet einiger Belastung desselben bei einer geregelten Wirtschaft sich eine gesicherte Zukunft und seinen Eltern als sohinigen Ausnehmern ein ruhiges Älter bereiten können; allein schon nach einigen Monaten verließ er Hau« und Hof, «erkaufte bald darauf ohne Wissen und zur Betrübniß seiner Eltern die ganze Wirtschaft, verdingte sich abermals als Pferdeknecht und fand neuerdings Gelegenheit, regelmäßige Fahrten nach Wie« zu machen, wobei er durch sein lockeres Leben in manche Geldverlegenheit gerieth und, um sich daraus zu befreien, seinen Nebenknecht wiederholt bcstahl. — Weil ihm deshalb mit der gerichtlichen Anzeige gedroht wurde, «erließ er am 25. August 1843 seinen Dienst heimlich und hielt sich bis zum 15. September darauf, als einsteckbrieflich Verfolgter, verborgen. An diesem Tage machte er sich bei einbrechender Nacht auf, gesellte sich auf der Straße zwischen Zwett l und Gföh l zu einem mit der Briespost fahrenden Postknechtc. Die» ser ließ ihn aufsitze», übergab ihm die Leitung der Pferde und schlief ein. Während dieser Zeit faßte W*» » den Entschluß, den Postillon, umsich seiner Uhr und seines Geldes zu bemächlige«, mit einer angeblich kurz vorher ge­fundenen Holzhacke zu erschlagen, welchen Entschluß er sogleich ausführte, in­dem er dem schlafenden Postillon mehrere Streiche mit dieser Hacke »uf den Kopf versetzte und ihm sohin bei 20 fl, W.W. nebst einer Uhr sammt Ange» hänge abnahm. Das Geraubte brachte er binnen wenige« Tagen durch, so daß er abermals zwei unbekannte Weinbauer» »uf freier Straße bestahl, bis er am 27. September 1843, Abends um halb 9 Uhr, bei Korneuburg einen Weinbauer, um sich seiner Weinladung zu bemächtigen, räuberisch anfiel und ihm mit einem Holzssücke mehrere Streiche dergestalt auf den Kopf «ersetzte, daß dieser sogleich besinnungslos niederstürzte, worauf W** * mit der Nein­ladung fortfuhr, solche in Floridsdorf um 50 fl. C.M. versetzte, und, weil inzwischen die Kunde uon der letzten Tyat sich verbreitet hatte, zwischen de» Donaubrücken ereilt und dem Gerichte übergebe« wurde. — Nach dem ge< richtsärztlichen Befunde wurden die Verletzungen des Neinbauers als schwere und lebensgefährliche, jene des Postillons als absolut tödtliche bezeichnet, wie denn auch wirklich der letztere wenige Stunden nach der Mißhandlung daran gestorben ist. — W** * war dieser Verbrechen übereinstimmend mit de» gerichtlichen Erhebungen geständig, und bezüglich der letzteren That an dem Weinbauer gestand er zwar gleichfalls die Mißhandlung und Beraubung des» selben, läugnete aber dessen Tod beabsichtigt zu haben. Der Criminal-Senat verurtheütc ihn bereits unterm 8, Februar 1844 zum Tode, welches Urtheil auch die höchste Bestätigung erhielt, jedoch wegen Erkrankung des Inquisiten nicht vollzogen werden konnte. W** * war ein stämmiger, breitschulteriger und wohlgenährte» Bursche, dem man die überstandenc Krankheit Nicht ansah. Bei seiner Ausstellung auf der Schandbühne und bei der Publikation des Urtheils benahm ersich sehr keck; ebenso »uf seiner letzten Reise zur Richtstätte, wo er seine Blicke noch überall, hcrumsandte. — Merkwürdig bleibt der Umstand, daß den Zuschauern «uf der Richtstätte eine Menge Taschentücher. Dosen, Tabacksbeutel u, s. w. ' aus den Taschen gestohlen wurden. Auflösung des Logogryph's in Nr. Z7. Nektar — Nekar. Laibach. Druck und Verlag des Josef Blasnik.