M REALGYMNASIUMS ZU PET TAU. VERÖFFENTLICHT AM SCHLÜSSE DES SCHULJAHRES 1877. I IST HALT: 1. ÜBERSICHT ÜBER DEN HEUTIGEN STAND DER FRAGE VON DEM WESEN DER LIUHENEN. VON JUL. GtO WACKI. 2. SCHULNACHRICHTEN. VOM D1RECTOR. 1877. IM SELBSTVERLÄGE. ■ ;i' : ■ ... ■ ' ■ .. ; ■ .. : m. r- >i ■' : ■ • ■ s /H ■................................... I Vf’ ./ : »•/(!, •- ' Uebersieht über den heutigen Stand der Frage von dem Wesen der Lichenen. Zugegeben, dass in der Naturgeschichte der organischen Wesen, inso-ferne sich dieselbe mit den Gestaltungsgesetzen der Organismen zu beschäftigen hat, im Gegensätze zur Physiologie, welcher die Untersuchung der an denselben zur Erscheinung kommenden Energien obliegt, die Erforschung der Verwandtschaftsverhältnisse, als des Ausdruckes des die organische Form beherrsclienden Grundgesetzes, die Hauptaufgabe bilden müsse, und dass der jeweilige Stand der diesbezüglichen Kenntnisse in dem natürlichen Systeme derselben zum klaren Ausdruck zu kommen habe, da ja dasselbe ein auf Grund morphologischer, genetischer und paläontologischer Tatsachen gewonnenes, getreues und übersichtliches Bild unserer Vorstellungen von der Art und Weise der Zusammengehörigkeit der Erscheinungsformen der Lebewesen zu einem durch das die Lebewelt beherrschende oberste Gestaltungsgesetz bestimmten Ganzen darstellen soll, so wird man es nicht leugnen, dass einer naturgeschichtlichen Frage eine um so grössere Wichtigkeit zuerkaunt werden müsse, unter je höhere Gesichtspunkte die Entscheidung derselben die verwandtschaftlichen Beziehungen der Organismen zu stellen gestattet, demnach um so höhere systematische Einheiten durch dieselbe berührt werden. ln dieser Hinsicht verdiente in der neueren Zeit in der Botanik nach der epochemachenden Erkenntniss des Generationswechsels der Pflanzen durch Hofmeister, welche die Verwandtschaft der ganzen Pflanzenwelt von einem viel höheren Gesichtspunkte zu beurteilen erlaubte, als je zuvor, wol keine Frage eine grössere Beachtung, als die über das Wesen der Flechten aufgeworfene, da es sich dabei um eine grosse, über die ganze Erde verbreitete Abteilung von PHanzengebilden handelt, ob dieselbeu als Orgauismen von individueller Stolbständigkeit aufzufassen und demzufolge berechtigt seien, als eine systematische Einheit des Pflanzenreiches fortzubestehen, oder ob nicht vielmehr dieselben blosse Erscheinungsformen einer besonderen Art von inniger Wechselbeziehung je zweier heterogener, in- und durcheinander wachsender, nur ein scheinbares Ganze bildender Ptiauzenarten vorstellen, welche einerseits zur Klasse der Pilze, anderseits zu der der Algen gehören, und demgemäss, 1* der Individualität vollständig ermangelnd, aus dem Pflanzensysteme ganz auszustreichen seien. Man kann sich daher nicht verwundern , dass die Flechtenfrage in der letzten Zeit, seit dem Auftauchen derselben im Jahre 1868, das Interesse, das Studium und den Scharfsinn der botanischen Kreise so sehr beschäftiget, dass die Kenntniss der Morphologie und Physiologie dieser Art von Gewächsen ia den wenigen Jahren mehr Fortschritte gemacht hat, als früher in ebensoviel Jahrzehnten und die Beantwortung der Frage über die Berechtigung der Individualität derselben, bald als entschieden zu betrachten sein wird. So sehr jedoch die Wissenschaft den ausgezeichneten Gelehrten und Mikroskopikern, welche sich au den Versuchen zur Lösung dieser Frage beteiliget und namhafte Beiträge zur Kenntniss des Wesens und der Lebensweise der Lichenen geliefert haben, grossen Dank schuldig ist, so muss anderseits doch bedauert werden, dass in diesem Streite viel mit Worten gekämpft wurde, welche mehr iu dem Gefühlsleben jedes einzelnen, so in der persönlichen Eitelkeit, in einer gewissen Voreingenommenheit für geniale Ideen und in der Liebhaberei für ein gewohntes Steckenpferd als in dem nüchternen Streben nach der Wahrheit auf Grund von unumstösslichen Tatsachen begründet waren. Dahin gehört auch die Art und Weise, wie von mehreren Seiten die Frago als bereits abgeschlossen publicirt wurde, da sie es in der Tat doch noch nicht war, ein Vorgehen, welches in einer der nüchternen Forschung vorgreifenden Weise unbefangene Gemüter nur zu beirren im Stande ist. Wenn dasselbe auch nicht geradezu Jemanden vom Forschen über den betreffenden Gegenstand abzuhalten vermöchte, so ist es dennoch sicher nicht darnach angetan, zu weiteren Untersuchungen aufzumuntern, und ist um so mehr zu beklagen, wenn es in Handbüchern und von solchen Männern geübt wird, welche in sonstiger Rücksicht mit Recht auf eine bedeutende Autorität Anspruch haben, wie dios neulich in dem sonst in so hohem Grade vorzüglichen „Lehrbuch der Botanik“ von J. Sachs bereits in der II. Auflage (1870) p. 254—265, so wie auch in dessen „Geschichte der Botanik vom 16. Jahrhundert bis 1860“ p- 231 (1875) geschah, in welch’ letzterem Werke sich der Verfasser, für den die erst im Jahre 1868 aufgeworfene Streitfrage gar nicht zu existireu hatte, nicht enthalten konnte, in einer die individuelle Selbständigkeit der Lichenen rundweg absprechen-den Weise dieselbe als bereits abgetan zu bezeichnen. Ein Geschichtsschreiber sollte nie von der Regel abweichen, über die schwebenden Fragen der Gegenwart sein Urteil zu mässigeu. Dass der Streit von den beiden gegnerischen Seiten nicht „sine ira et studio“ geführt wurde, hat jedoch seinen Grund hauptsächlich in dem alten Antagonismus zwischen den Anatomen und Physiologen einerseits und den Systematikern anderseits, welche sich ursprünglich allein gegenüberstanden. Dieser Zwiespalt zwischen den Botanikern wird wol noch lange nicht ausgeglichen werden, wie dies in der nahe verwandten Disciplin der Zoologie schon längst geschah , wo die systematische Terminologie dem Stande der Wissenschaft vollkommen entspricht, die Benützung anatomischer Merkmale auch zur Charakterisirung verhältnissmässig niederer systematischer Einheiten durchgeführt erscheint und das ganze System dem Einheitsgedanken der Schöpfung, welcher in unserer Zeit in dem Darwinismus eine so vorzügliche Stütze erhalten hat, viel näher stehend , ein getreues Bild von den in der Wissenschaft geltenden Anschauungen vorstellt, während in der Botanik die systematische Terminologie weit hinter den Anforderungen der heutigen Wissenschaft zurückgeblieben ist, mitunter sogar mit den Resultaten derselben collidirt, die anatomischen Beobachtungen oft noch ganz vereinzelt dastehen, ohne dass es bisher geglückt wäre, dieselben mit Rücksicht auf die Aufklärung verwandtschaftlicher Beziehungen zu verwerten; kurz in der Botanik fehlt es noch vielfach an allgemeinen Gesichtspunkten, die Erkenntniss der natürlichen Verwandtschaft der Gewächse ist noch in den Kinderschuhen, und die botauischo Systematik ist in Folge dessen vielfach noch leerer Schematismus. Darin liegt die grosse Kluft zwischen den Systematikern und Anatomen, dass jene noch nicht Anatomen und diese noch nicht Systematiker geworden sind. Anatomische Untersuchungen sind für sich selber nur Stückwerk, und wenn auch durch subtilere Mittel gewonnen, der rein wissenschaftliche Wert der Resultate derselben oft kaum viel höher anzuschlagen, als gute Beschreibungen neuer Pflanzen. Beides ist nur Vorarbeit zum Aufbaue jenes idealen Systemes, durch welches uns das Gestaltungsgesetz der Pflanzenwelt offenbar werden soll, und erhält einen um so höheren Wert, je glücklicher die Anwendung der comparativen Methode darauf gelungen ist. Der blosse Sammler von Naturalien hat mit der Wissenschaft nichts gemein. Bedauerlich ist es aber, wenn noch heutigen Tages manche Anatomen und Physiologen, die sich doch mit Vorliebe und ausschliesslich Botaniker nennen möchten, von ihren Hochsitzen auf die Systematik, als eine viel zu inferiore Disciplin , herabseheu — während sie in der Praxis ihrer doch nicht ganz entrateu können — und auf die Systematiker ohne Unterschied als auf die „misera coutribuens plebs“ der „Heusammler“ loszielien , anstatt der Mutter Systematik auf die Beine zu helfen. Jedoch die Anatomie und Physiologie ist jetzt modern. Der Eifer, welcher die meisten Botaniker ihnen zuführt, ist der tiefen Ueberzeugung von der unverzeihlichen Vernachlässigung dieser Disciplineu in der früheren Zeit entsprungen. In der Weise wurden die Mikroskopiker und Physiologen die fortschrittliche, die Systematiker die con-servative Partei in der Botanik. Doch dieser Unterschied muss ausgeglichen werden. Die botanische Terminologie bedarf einer gründlichen wissenschaftlichen Reformation und der Ausbau dos Pflauzensystems auf Grund der älteren und neuer morphologischer und physiologischer Untersuchungen, ist eine der wichtigsten Forderungen der nächsten Zeit. Man vergleiche ein Handbuch der Botanik und eines der Zoologie, so wird man finden, wie im ersteren im Vergleiche zum letzteren der allgemeine Teil vom besonderen losgerissen erscheint, so, als ob dieselben jeder für sich etwas heterogenes wäre, und man wird mir Recht geben. Da die Lichenenfrage, wie mau aus den obigen Andeutungen beiläufig ersehen kann , von so allgemeiner Natur ist, dass dieselbe nicht allein deu zünftigen Botaniker berührt, sondern auch dem Naturhistoriker im Allgemeinen von Interesse sein muss , ja , insofern die Naturgeschichte zu jenen Wissenschaften gehört, welche heutigen Tages in dem Rahmen der allgemeinen Bildung keines Menschen fehlen sollten , noch weitere Kreise interessiren könnte, und anderseits dieselbe in allgemein verbreiteten Büchern eine voreilige Entscheidung gefunden hat, so habe ich es beschlossen, an diesem Orte, eine gedrängte Uebersicht über die bisherigen Ergebnisse der Forschung über den bewussten Gegenstand des Lichenenwesens zu versuchen. Wenn ich mich dieser Arbeit unterziehe, trotzdem dass bereits vor mir ähnliche Darstellungen ') versucht wurden , so geschieht dies hauptsächlich desshalb, weil — so viel ich weiss — in den letzten zwei Jahren nichts ähnliches erschienen, so dass, da die Frage indessen in neue Stadion getreten ist, die früheren Arbeiten teils als unvollständig, teils auch als bereits veraltet angesehen werden müssen , da sich der Stand der Controverse jetzt in einer ganz anderen Phase darstellt. Zudem sind die diesbezüglichen Arbeiten zum grossen Teile entweder in schwer zugänglichen Schriften zerstreut, oder in fremden Sprachen abgefasst, oder überdies vielfach einseitige Darstellungen des einen oder anderen gegnerischen Standpunktes, mitunter blosse Contro-versen, und keineswegs zu dem Zwecke geschrieben worden , um eine allgemeine Uebersicht über den Stand der Streitfrage zu geben '1). Ich werde mich bei meiner Darstellung befleissen, möglichst objectiv, kurz und gemeinverständlich zu sein; trete also mit meiner Arbeit nicht vor den Lichenologen und botanischeu Specialisten, denen ich kaum etwas neues sagen zu können glaube, sondern empfehle dieselbe der gütigen Beachtung meiner Collegen, den Professoren und Lehrern der Naturgeschichte an den Mittelschulen und allen ändern, welche sich für die Naturgeschichte interessiren. ') Krempelhuber. „Die Flechten als Parasiten der Algen“, Flora 1871, p. 1—8, 17—20, 33—35. — Dieselbe Arbeit ist unverändert abgedruckt in der „Geschichte und Litteratur der Lichenologie“, 111 Band, p. 39—46 (1872) desselben Verfassers. Archer. „A Resurae of ßecent Views respecting tho Nature of Lichens.“ Quart journ. of Micr. Sc. vol. XIII., p. 217- 235. - „A furthor Resume of ltecont Observations ou tho Gonidia-Question.“ Quart, journ. of Micr. Sc. vol. XIV., p. 115 — 139. — Crombie. „Ou tho Lichen-Gonidia Question.“ Populär Science Review 1874, Nr. 52. Troub. „Onder-zoekingen over de Natuur der Lichenen.“ Nederl. Kruitk. Arch. 1874, tl. ser. I» deel, p. 336 358. 2) Vgl. Schvvendener. „Erörterungen zur Gonidienfrage.“ Flora 1872, Nr. 11, 12, 13, 15. „Die Flechten als Parasiten der Algen.“ Verh. d. naturf. Gesollsch. in Pasel, 1873. V. '1'., 4. Heft, p. 527—550. — Borzi. „Interno agli offtcl dei gonidi de' Licheni.“ Estr. dalla Scienza contemp. Ami. II, fase. 5, p. 12 (1874). — Nuov. Giorn, bot. Ital. Vol. VII. (1875), p. 193 204. Korber. „Zur Abwehr der Schwendener-Bornet’schen Flechtentheorie.“ Breslau 1874. Arcangeli. „Sulla questione dei Gonidi.“ Nuov. Giorn. bot. Ital. Vol. VII. (1875), p. 270-292. Bevor ich jedoch au mein eigentliches Vorhaben schreite, erscheint es mir zweckmässig, im Kurzen einiges Allgemeine über den Bau der Flechten vorauszuschicken, damit das Nachfolgende auch dem weniger Unterrichteten verständlich werde. Die Flechten (Liehenes) sind Pflanzengebilde, welche über die ganze Erde verbreitet sind und allenthalben auf Steinen, Felsen, Mauern, Dächern, Baumrinden, auf von der Rinde entblössten Baumstämmen und Stöcken, Bretterwänden und Holzzäunen, auf der blossen Erde, auf abgestorbenen Moos- und Phanerogaiuenrasen, in dem Korkgewebe und der Epidermis vonHolz-pflanzeu und immergrünen Blättern etc., ja sogar im Kindengewebe anderer Flechten wachsen, ihr Formenreichtum nimmt zwar gegen den Aequator zu, jedoch fällt ihre Mannigfaltigkeit mehr dort in die Augen, wo sie in grösser Individuenzahl vorhanden, fast ausschliesslich die Vegetation bilden, nämlich in der Nähe der Grenzen derselben gegen den ewigen Schnee in hohen Breiten und auf den Gebirgen. Die winzigsten, dein freien Auge oft kaum wahrnehmbar, sind die in der Epidermis der Holzpilanzen und immergrünen Blätter lebenden , nur einzelne Theile aus dem Substrate erhebenden, endophloe-odi sehen (hypophloeodischen)') Arten und auf ändern grösseren Flechten wachsenden, sogenannten parasitischen Flechten.2; Andere bilden krusteu-förmige Ueberziige auf allerlei Unterlagen (Kr usten fl echten); wieder andere entwickeln von der Unterlage mehr oder weniger getrennte, mit Fasern (Haftfasern) au dieselbe befestigte, laubartige Formen (Laub fl echten); und noch andere erheben sicli strauchartig über dieselbe (Strauchflechten). Die Farbe der Lichenen ist sehr verschieden: gelb, rot, braun, ja selbst schwärzlich; grünlich, bläulich, am häufigsten grau und weiss, meist mit einem schwächeren oder stärkeren Stich in’s Grüne; bei Befeuchtung jedoch schimmert das Grün stärker durch. Alle Flechten haben einen zelligen Bau und besitzen keine Gefässe; insbesondere sind sie aus zwei Gewebselementen zusammengesetzt: aus faserigen Zellen, welche chlorophylllos sind, und aus nach allen drei Richtungen des Raumes ziemlich gleich ausgedehnten, rundlichen oder eckichten Zellen, welche entweder Chlorophyll oder einen diesem verwandten Farbstoff, Phycochrom, enthalten. Demnach sind diese letzteren allein fähig, anorganische Atomgruppen zu assimilireu, während erstere mit Bezug auf die 0 Vergl. Minks. „Beiträge zur Kenntniss des Baues und Lebens der Flechten I.“ Verli. d. zool. hot. Gesellscli. in Wien 1870, p. 513, worin M. zeigt, dass das Lager dieser Flechten sich im Peridcrm ausbreitot, folglich der Ausdruck „hypophloeodisch“ nicht zutreffend erscheine. '2i Vergl. Minks 1. c. p. 511 und 533- 536, ebenso Bot. Jahresbericht II. p. 40, worin M. wenigstens für einzelne dieser Pflänzchen nachweist, dass man sie nicht als Parasiten, sondern als Epiphyten auzusehen habe, analog den endophloeodischen Flechten, entgegen der früheren Ansicht, nach der man sie nach dem Vorgänge Tulasn’es („Memoire pour servir ä l’histoire des Lichens“ Ann. d. scienc. nat. III. ser. Bot. tom. XVII (1852; No. 2. p 112 ff.) ohne zureichenden Grund als parasitisch und lagerlos anzusprechen gewobut war. Versorgung mit geformten Bestandteilen auf letztere angewiesen sind.1) Die Faserzellen, Hyphen genannt, bilden mehr oder weniger dichte oder lockere, ziemlich regelmässig oder durch gegenseitige Verschlingung und Durchwebung mehr oder weniger unregelmässig gefügte Gewebekörper, welche hauptsächlich durch Spitzen Wachstum der einzelnen Hyphen sich vergrösseru und eine mehr oder weniger mächtige und dichte, oder dünnere und lockerere Hülle um die Chlorophyll- (phycochrom-) führenden Zellen formi reu. Die Hyphen erscheinen meist durch Scheidewände länger oder kürzer gegliedert und stellen, wenn •sie sehr kurz gegliedert und innig mit einander verbunden sind, wie dies sehr oft der Pall ist, ein Pseudoparenchym dar. Dadurch, dass eine oberflächliche Schichte von einer solchen Differenzirung getroffen wird, kommen Hautgebilde zu Stande, welche jodoch bei den Flechten nur selten ange-troffen werden. Die grünen Zellen, Gonidien genannt, sind entweder durch das ganze Hyphengewebe gleichmässig verbreitet (homöomerisch e Flechten), oder sind sie in einer besonderen Schichte augeordnet (hetero m e r i s c h e Flechten); im letzteren Falle spricht mau von einer M a r k-, Gonidien- und Rindenschichte. Die Gonidien vermehren sich innerhalb des Plechtenkörpers nach verschiedenen Typen, welche sich bei gewissen Algen in ebenderselben Weise wieder linden und häufig lässt sich ihre Anordnung noch auf die Art der Vermehrung zurückführen. So linden wir dieselben bei gewissen Flechten nach der Zweizahl nach der Art des Teilungstypus bei der Algengattung Gloeocapsa gruppirt; bei ändern erscheinen sie Nostoc-artig in rosenkranzfönnigen Ketten mit Grenzzellen : bei einer grossen Abteilung von Flechten in Zellreihen, nach Art der Algen aus dem Ge-schlechte Chroolepus; bei Gonionema Nyl. (Ephebella Itzings) ist es ein Scytonema-Faden, welcher von Hyphen überspouneu erscheint. Die Gonidien sind in eine mehr oder weniger batrachtliclie Gallerte eingebettet, welche manchmal (bei den GallertHechteu) im augefeuchteten Zustande die Hauptmasse des Flechtenkörpers ausmacht, und nach der Analogie bei den Algen als eine gelatinöse Umwandlung der Gonidienmutterzellen und äusseren Zellschichten der Gonidien selber gedeutet worden muss. Nach diesen Auseinandersetzungen ist es erklärlich, dass bei der Anfeuchtung des Thallus durch die aufgequollene Hyphenhülle, aus deren Zellen und Interzellularräumen (namentlich der oberen abgestorbenen Partien) die Luft verdrängt wird, die Gonidien grün durchschimmern. Häufig brechen aus dem Gewebekörper der Flechten staubige oder körnige Häufchen hervor, welche aus einzelnen ') Es ist möglich, ja sogar wahrscheinlich, (lass von den Flechten, welcho auf organischem Substrat wachsen, mitunter auch organische Verbindungon aus dem Substrate durch Diffusion aufgenommen werden. Doch schoint dieser Vorgang nichts physiologischnotwendiges, sondern mehr etwas mechanisches zu sein, da sehr viele Flechten, welche typisch auf organischem Substrate wachsen, oft ebenso gut entwickelt auf unorganischer Unterlage gefunden werden. Ebenso scheint das endophloeodischo Wachstum mancher Eichenen und das Vorkommen der parasitischen Flechten mehr durch die physikalische Beschaffenheit des Substrates bedingt zu sein. Gonidien oder Gonidiengruppen bestehen, welche mit Hyphen-Elementen versehen sind und die Fähigkeit besitzen, unter günstigen Bedingungen sogleich zu einem neuen Flechtenkörper anzuwachsen. Man nennt sie Soredieu und kann sie mit den Brutknospen anderer Pflanzen vergleichen. Soviel über den vegetativen Körper, das T h a 11 o m, den Thallus, oder das Lager der Flechten. Zu erwähnen bleibt noch, dass man in der freien Natur sehr häufig Gebilde beobachten kann, welche den in den Thallomen der Flechten eingeschlossenen Gonidien in der Gestalt, in ihrer Vermehrungsweise und in den chemischen lleactionen ihrer Elementarteile sehr ähnlich sind, wenn nicht vollkommen gleichen, ohne jedoch von Hyphen begleitet zu sein. Dieselben wurden von mehreren Botanikern als selbständige Algen angesehen, da sie sich in die Formenkreise unzweifelhafter Algen einreihen Hessen. Andere dagegen betrachten dieselben als frei gewordene, selbständig weiter vegetirende Flechtengonidien, asynthetische Gonidien. ’) Man findet dieselben häufig in der Nähe typisch entwickelter Flechten-Thallome, gewöhnlich an solchen Stellen, welche weniger beleuchtet und in Folge dessen feuchter sind. So bedecken diese gonimischen Fehlgeburten,2) wie sie Wallroth nennt, an Baumstämmen, Feldsteinen etc. die unteren Partien, während die oberen von typischen Flechten bekleidet erscheinen. Aus dem Hyphensytseme des Flechtenkörpers, welches sich morphologisch dem Pilzgewebe völlig aualog erweist, entwickeln sich die Früchte, welche mehr oder weniger aus der Oberfläche des Thallus hervorragen, mitunter gestielt oder in denselben eingesenkt erscheinen und Apothecien genannt werden. Dieselben bestehen aus einer Fruchtschicht (Hymenium) und einem dieselbe umgebenden Gehäuse (Excipulum). Manchmal erscheinen mehrere Hymenien in einem gemeinsamen Excipulum eingebettet, welches in diesem Falle Stroma, aualog gewissen Pyrenomyceten-Gattungeu, genannt wird. Das Hymenium erscheint entweder flach ausgebreitet, kuglig gewölbt oder krugförmig ausgehölt und wird vom Excipulum nur seitwärts und am Grunde umgeben, während es an der dem Thallus abgewendeten Seite frei ist (gymnocarpischc Flechten), oder ist es bis auf eine punktförmige Oeffnung ganz vom Excipulum eingeschlossen (an gi o carpi s c h e Flechten), wie iu ähnlicher Weise unter den Pilzen bei den Discomyceten einerseits und bei den Pyrenomyceten anderseits. Auch die länglichen rillenförmigen Apothecien der Graphideen haben ihre Analoga bei den theka-sporischen Pilzen. Die grüsste Uebereinstimmung mit diesen letzteren zeigt auch der innere Bail des Hymeniums und die Art der Sporenbildung. Ersteres besteht aus Paraphysen und Schläuchen, welche letztere grössere, gewöhnlich nach unten keilig zulaufende, nach oben bauchig erweiterte Zellen •) Vgl. Wallroth. „Naturgeschichte der Flechten“ LT., p. 291— 324. — Körher. „Do gonidiis Lichenum.“ — „Bemerkungen über die individuelle Fortpflanzung der Flechte«.“ Flora 1841, Nr. 1. a) Wallr. 1. c. sind, die zwischen die fast, parallel angeordneten fadenartigen Zellen der Para-physen gelagert erscheinen. Selten fehlen die Paraphysen ganz. An der Bildung des Excipulum beteiligt sich manchmal der Thallus dadurch, dass er bei dem Herauswachsen des Apotheciums aus demselben am Rande mitwächst (excipulum thallodes). Das Excipulum proprium oder Perithecium unterscheidet sich von dem umgebenden Gewebe, indem es aus dicht gewebten, mit einander verfilzten, dickwandigen, häufig durch in die Zellwand eingelagerte Pigmente dunkel gefärbten (verkohltes Excipulum) Hyphenzellen besteht. Bei manchen Formen erscheinen konstant Gonidien in den Aufbau des Excipulums einbezogen (Apothecium lecanorinum). Zuweilen kommen ebenso konstant solche im Hymenium (Hymenialgonidien der Verrucariaceen) vor. In den Schläuchen (Thecae, Asei) entstehen durch freie Zellbildung die Sporen in verschiedener, für die verschiedenen Formen innerhalb gewisser Grenzen konstanter Grösse und Zahl, so entweder einzeln, zu zweien oder mehreren — meistens in der Achtzahl — doch auch zu mehreren Hunderten. Die Sporen selbst sind von verschiedener Gestalt mit einem, mehreren oder vielen Blastidien oder auch Scheidewänden entweder nur in einer oder mehreren Richtungen des Raumes. Die Entstehung der Apothecien scheint in einer mit der bei den thekasporischen Pilzen ähnlichen Weise vor sich zu gehen. Wahrscheinlich ist die erste Anlage der Schläuche auch hier ein Ascogon, um welches später die paraphysenbildenden Hyphen einen dichten Knäul formiren. ’) Ausser den Apothecien finden sich auf dem Lager der Flechten, ähnlich wie bei den Ascomyceten, noch andere Gebilde sehr konstant ein, so dass die Meinung, dass es fremdartige Parasiten seien, wol die geringste Wahrscheinlichkeit für sich hat. Es sind dies die Spermogonien und Pycniden. Erstere erscheinen als dunklere Punkte auf der Oberfläche des Lagers, sind kleinen, eingesenkten Kernfrüchten der Flechteufamil io der Verrucariaceen ähnlich und enthalten innerhalb ihres Excipulums kleine Zellen von verschiedener, jedoch für die verschiedenen Flechtenarten karakteristischer Gestalt, die Spermatien, welche von an der inneren Wandung des Excipulums hervorragenden Zellen, den Sterigmen, durch Abschnürung entstehen. Letztere sind den Spermogonien ähnlich und schnüren auf Sterigmen grössere, Flochten-sporen ähnliche Gebilde, die Stylosporen, ab. Die Majorität dor Flechtenkundigen hält die Spermogonien für die männlichen Organe der Flechten2), demgemäss die Spermatien den nicht selbstbeweglichen Spermatozoiden der Florideen zu vergleichen wären. ') Vgl. in dieser Hinsicht Fuisting. „De evolutione apothecii Lichenum.“ — Sch wen (lener. „Heber die Apotliecia primitus aporta und die Entwicklung der (Flechten-) Apothecien im Allgemeinen.“ Klora, 1804, p. 321 332,— De Bary. „Morphologie und Physiologie der Pilze, Flechten und Myxoinyceten.“ - Stahl. „Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Flechten*. Hot. Zeit. 1874, Nr. 12. 2) Vgl. Tulasno. 1. c. — Lindsay. „Meinoir on tlio Spermogones and Pycnides of Filamentous, Fruticulose and Foliaceons Lichens“. Transact. of the Roy. Soc. of Edinburg Nachdem die wenigen Flechten, die man vor Micheli undDillenius kannte, dessen denkwürdige „Historia muscorum“ im Jahre 1741 erschien, mit den Moosen, Algen, Pilzen etc. zusammengeworfen worden waren, erkannte zuerst Tournefort ihre Eigentümlichkeit und vereinigte sie in „Elemens de botanique ou möthodo pour connaitre les plautes“ (1C94) zu einer eigenen Abteilung des Pflanzenreiches unter dem Genus-Namen „Lichen“. Ihre systematische Stellung wurde jedoch in der Folge ein'e sehr verschiedene. Hill und anfangs auch Linne rechneten sie zu den Moosen. Später im Syst. nat. XII. (1707) hatte sie der letztere bei den Algen. Die gleiche Stellung haben sie bei A. L. Jussieu (Genera plantarum secuudum ordines naturales disposita 1789). Adanson (Familles des plautes 1763) stellt sie zu den Pilzen. Im Allgemeinen folgte man in der nachfolgenden Zeit Linne u. Jussieu. Darauf fingen mehrere Botaniker, so Agardh, Bartling, Lindley, Endlicher und lteichenbach, nach dem Vorgänge G. F. Hoffmann’s an, die Eichenen als eine selbständige Ordnung zu betrachten und stellten sie, indem sie ihre Beziehungen zu den Algeu einerseits und zu den Pilzen anderseits richtig erkannten, zwischen diese beiden Ordnungen in die Mitte. Dieser Stellung hatten sich die Eichenen im Allgemeinen bis heutigen Tages zu erfreuen. Nachdem der Boden, wie ich später auseinandersetzen werde, schon lange vorbereitet war, trat Sehwend ener in seinen „Untersuchungen über den Flechten-Thallus“, erschienen im 2. Teile Nägeli’s, „Beiträge zur wissenschaftlichen Botanik“ (18G8), zuerst mit der Hypothese auf, dass die Flechten keine selbständigen Pflanzen, sondern die Gonidien als typische Algen und die farblosen Faserzellen als Pilzhyphen zu betrachten seien, welche von jenen die zum Aufbau des Thallus nötige Nahrung beziehen. Uni zu zeigen, wie Schwendener zu dieser Hypothese gelaugte, muss ich etwas weiter zurückgreifen. Wie das Hyphensystem der Flechten mit den Apothecien, Spermogonien und Pycniden auf die thekasporischen Pilze, die Gonidien hingegen auf die Algen hinweisen, habe ich bereits im Vorangehenden des Weiteren auseinander gesetzt. Der einzige Unterschied von Bedeutung zwischen den Ascomyceten und Flechten liegt auf diese Weise in dem Vorhandensein von Gonidien im Thallus der letzteren. Man hat wol früher und später noch andere Unterschiede angeführt, so das Vorhandensein von Flechtenstärke (Lichenin), welche bei Zusatz von Jod und Schwefelsäure die bekannte Reaction zeige, von Calciumoxalat, von verschiedenen Farbstoffen (Chrysophan-, Erythrin-, Usneinsäuro) in den Hyphenzellen der Flechten, ferner dass letztere viel fester, elastischer und dauerhafter seien, während die Pilzhyphen, aller angeführter Stoffe ermangelnd, im Gegensätze zu den Flechten durch bedeu- Vol. XXII. Part I., p. 101 303. Nylander. »Synopsis mothodica Lichenum“, p. 34 — 4‘2. Bay rhoffer. „Einiges über die Liehenen und deren Befruchtung“. — „Entwicklung u. Befruchtung der_ Cladoniaceen“. — Gibelli. „Sugli organi reproduttori del goneie Vevrucaria“, Estratto dal Vol I. delle Memorie delia Soc Ital. di scienz. nat. — tenden Stickstoffgehalt ausgezeichnet, eiue sehr düune, zarte uud leichtvergängliche Waud besitzen'), zuletzt, dass jene im Staude seien, unorganische Substanzen, wie Kalkstein, Kieselsäure und Silicate aufzulösen, indem auf Stein verkommende Krustentlechten bei ihrer Ausbreitung auf der Gesteius-oberfläche ihr Hyphengeflecht iu den oberflächlichen Schichten der Gesteius-masse selbst fortzuschieben vermögen. Abgesehen davon, dass man die Jod-reaction auch bei Pilzen gefunden, können derlei Momente von chemischphysiologischer Natur oder bloss gradueller Bedeutung bei der Charakteristik von Ordnungen nur in zweiter Linie Verwertung finden. Der Schwerpunkt der Flechten-Frage liegt in der Enstehung der Gonidien, ob dieselben wirkliche Algen oder Erzeugnisse des Flochtenlagers sind. Hier war die fühlbarste Lücke der Lichenologie, der man sich lange bewusst war. Darum machte man sich schon frühzeitig hauptsächlich zweierlei Vorstellungen über das Werden der Flechten, wenn wir von der generatio aequivoca, welche auch in das Bereich der Möglichkeit gezogen wurde, absehen wollen. Alle anderen schienen mit Rücksicht auf die vorausgegangene Empirie nicht recht zulässig zu sein. Jene zwei Suppositiouen sind: I. Die Gonidien sind entweder ein Erzeuguiss der bei der Keimung der Flechtenspore entstehenden Keimhyphen entweder unmittelbar oder im weiteren Verlaufe der Entwicklung, oder nicht. II. Entweder sind die im Thallom durch Teilung entstehenden und aus demselben frei gewordenen Gonidien im Stande, Hyphen und im weiteren Verlaufe der Entwicklung einen Thallus zu erzougen oder nicht. Natürlich sind beiderlei Entstehungsweisen des Flechtenkörpers auch zugleich möglich. Der unter II. angeführte Fall wurde von Wallroth der Untersuchung unterzogen, in seiner „Naturgeschichte der Flechten“ angenommen und weiter ausgeführt. Nach seinen Auseinandersetzungen ist das aus dem Thallus frei gewordene Gonidium unter Umständen im Staude, sich mit einer vou ihm selbst ausgeschiedenen „zarten Umschleierung“ von Hyphen-Elemeuten zu umgeben. Durch das Wachstum dieser letzteren uud gleichzeitiger Teilung des Gonidiums könnte ein neuer Thallus gebildet werden. Diese Ansicht vertrat später ebenso El. Fries („Liclienographia europaea reformata“ 1831. Einleitung: „Lichenologiae fundamenta“) uud Körber („De Gonidiis Lichenum“, 1839; „Bemerkungen über die individuelle Fortpflanzung der Flechten“ Flora 1841. Nr. 1; „Zur Abwehr der Schwendener-Bornet’schen Flechtentheorie“. 1874). Diese Wallroth’sche „Umschlcieruugstheorie“ scheint jedoch, wie bereits angedeutet wurde, auf dem Wege der Speculation entstanden zu sein, indem man teils richtige, teils auch durch unvollkommene Instrumente gewonnene, mangelhafte Beobachtungen zu Gunsten einer aphoristisch entstandenen Lehre deutete. Man sah Gonidien in Verbindung mit Hyphen uud deutete dies auf ein Auswachsen des Gonidiums zu einer Hyplie; ferner kannte mau den Bau ') Es muss hier bemerkt werden, dass man bei der Besprechung der Unterschiede zwischen den Flechten u. Pilzen mit Vorliebe die ganze Ordnung der letzteren im Auge batte, während bei der Frage doch nur die Ascomycten in Anbetracht kommen. und die physiologische Bedeutung der Soredien; was lag näher, als ein Gonidium durch Bildung von Hyphen zu einem Soredium werden zu lassen ? — Was die erste Annahme anbelangt, so suchte man dieselbe teils durch das Experiment, teils auf Grund von vergleichenden anatomischen Untersuchungen zu erweisen. Der erste, welcher Sporenaussaten machte und die Entstehung eines Thallus gesehen haben will, ist G. P. W. Meyer („Entwicklung, Metamorphose und Fortpflanzung der Flechten“ 1825 p. 175—170). Aus seiner Angabe scheint hervorzugehen, dass er die Bildung eines Gouidien führenden Thallus aus den Keimhyphen der Sporen beobachtet habe. Auch Holle („Zur Entwicklungsgeschichte der-Borrera ciliares“ 1849, p. 36) glaubte bei der Keimung der Sporen von Physcia ciliaris D. C. das Auftreten von grün gefärbten Zellen beobachtet zu haben. Am Wichtigsten sind jedoch die Cultur-versuche Tulasne’s mit Sporen von Verrucaria muralis Ach. („Memoire pour servir ü, l’histoire des Lichens“ Ann. d. sc. nat. Bot. 1852, p. 11), bei welchen es gelang, auf dem von den Keimhyphen gebildeten Fasergeflechte das Entstehen von Zellen mit grünem Inhalt unzweifelhaft zu sehen. Beachtenswerth ist auch die in derselben Abhandlung vorgetragene Bemerkung über die bei der Keimung der Sporen von Physcia parietina Nyl. gemachte Entdeckung, so wie die Beobachtung der Anfänge von Peltigera polydactyla Hofl'in. und Cenomyce coccifera Ach. Es ist zu bedauern, dass Tulasne seiue Untersuchungen in zu weit von einander entfernten Zeitabschnitten austeilte, so dass dieselben keine ununterbrochene, über jeden Zweifel erhabene Entwicklungsreihe darstellen. Die von Speerschneider in der Bot. Zeit v. Molil und Schlechtendahl in den 50ger Jahren publicirten Culturversuche waren von ähnlichen Resultaten begleitet. Auch Bayrhoffer scheint Sporenkeimung mit ähnlichen Erfolgen erzielt zu haben. Bei allen spätem Sporenaussaatversuchen, z B. durch deBary, ’) später durch Sclnvendeuer, Nylander,’) Ohlert,3) Kees,*) Bornet,5) Treub,®) Borzi,:) wurden wol Keimhyphen, niemals aber das Auftreten von Gonidien gesehen, ') „Ueber die Keimung einiger grosssporiger Flechten.“ Jhb. f. wissensch. Bot. v. Priugsheim, 5 Bnd., 2. Hl't. (1866). 2) „Circa evolutionera spomrum genninantium Varicellariae notula.“ Flora 1868, i>. 355 - 357. 3) „Lichenologische Aphorismen I.“ Schriften d. pliys. ökon. Ges. zu Königsberg Jhrgng. XI. (1870), p. 125—133. ') „Ueber die Entstehung der Flechte Collema glaucescens Holt'm.“ Mouatsb. d. k. Acad. d. Wiss. zu Berlin. Oktober 1871, p. 526—527. „Ueber die Flechtenfrage.“ Sitzungs- d. pliys. med. Soc. zu Erlangen 1873, p. 61-66. *) „Reeherches sur les Gonidies des Lichens.“ Ann. d. sc. nat. 5. ser tom. XVII. 1. Cah. — „Deuxieme note sur los gonidies des Lichens“ Ann. sc. nat V. ser tom XIX. 5" cah. 6) „Lichenencultur.“ Bot. Zeit. 1873 p. 721-727. — „Onderzoekingen over de Natuur der Lichenen.“ Nederl. Kruitk. Arch. II. ser I» deel, p. 336 - 358. ’) Intorno agli offici dei gonidi de’ Licheni. Estr. dalla sc. contemp. Ann, II. fase. V., P- 12. wesslialb mau an fing, die älteren Beobachtungen von Tulasne, Speerschneider und Bayrhoffer, weil sie den Anforderungen, welche man heute an die Beobach-tungsmethode und die Art und Weise der Publicirung von anatomisch-entwicklungsgeschichtlichen Arbeiten zu stellen pflegt, ohnehin nicht entsprachen, immer mehr und mehr in Zweifel zu ziehen und war geneigt, das Auftreten von chlorophyllhaltigen Zellen bei den besprochenen Keimungsversuchen, welche eine sehr lange Zeit beanspruchten- und nicht mit allen bei derlei Untersuchungen notwendigen Cautelen angestellt wurden, einem Anfliegen derselben aus der Athmosphäre zuzuschreiben, wie ja dies so leicht geschieht, wie Jedermann, der sich mit mikroskopischen Arbeiten beschäftiget hat, wisse. Von den anatomisch-entwicklungsgescliichtlichen Untersuchungen, welcho auf die Aufklärung der Gonidienfrage Bezug haben, sind die Arbeiten Bayr-hoffer’s („Einiges über die Lichenen und deren Befruchtung“ 1851. — „Lichenologische Bemerkungen“ mitget. v. Itzingsohn. Bot. Zeit. 1852, p. 241. — „Entwicklungs- und Befruchtungsweise von Thrombium Nostoc.“ Bot. Zeit. 1857, p. 137. — „Entwicklung und Befruchtung der Cladoniaceen“ 1860.) S peersch neider’s (1 c.), Tulasne’s (1. c.) Th waites („On the Gonidiaof Lichens.“ The Anu. and Mag. ofNat. Hist, ser II. Vol. III. 1849), Gibelli’s (1. c.) namentlich zu erwähnen. Alle diese Forscher fanden Gonidien in Verbindung mit Hyphen im Thallus, indem jene auf kurzen Seitenästen dieser befestiget sind, und deuteten jene Connexion als eine genetische, indem die Gonidien von den Hyphen durch Abschnürung gebildet werden. Uebrigens glaubten sie, die chlorophyllführenden Zellen in allen Uebergängen von der farblosen Ausbauchung eines Astendes von Hyphenzellen bis zur fertigen selbständigen Gouidial-zelle beobachtet zu haben. Am schätzbarsten scheinen in dieser Hinsicht Bayr-hoffer’s Untersuchungen („Einiges über die Lichenen etc.“), welcher die Bildung von Gonidien in Mutterzellen, welche Astsprosse der Hyphen waren, beobachtet hatte. Es blieb noch das Gegenteil anzunehmen übrig, nämlich , dass kein genetischer Zusammenhang zwischen den Hyphen und Gonidien bestehe. Die notwendige Folge davon ist den Hyphenanteil als einen Ascorayceten zu erklären, welcher auf den gonimischeu Elementen, typischen Algen, dieselben einhüllend, schmarotze, d. h. von ihnen ernährt werde. Wenn wir von den Ansichten Hornschuch’s („Einige Beobachtungen über das Entstehen der Algen, Flechten und Laubmoose“, Flora 1819, p. 140 -144, — „Beobachtungen und Bemerkungen über die Enstehung und Metamorphose der niederen vegetabilischen Organismen.“ Nov. act. acad. nat. curios. III.), Nees von Esenbeck’s (s. Flora 1819, p. 291), Unger’s („Aphorismen zur Anatomie und Physiologie der Pflanzen“, p. 6, 1838) und Kützing’s (Linnaea, 1833, p. 335 etc.) absehen wollen, welcho zu einer Zeit, als Lamarck’-sche Ideen in der Luft lagen, die Umwandlung der Pristley’schen Materie1) (der assynthetischen Gonidien Wallr. oder Flechten bildenden Algen Schwend. oder ') So beliauptutu 1. e. Hornsohuch und Kützing die Umwandlung vun Linkia in Physcia paiietina. Linkia Kütz.) in Flechten annahmen, eine Ansicht, die eigentlich gar nicht hieher gehört, und sich von der Wallroth’schen Theorie nur durch die veränderten Namen und eine andere Grundidee unterscheidet, so begegnen wir der ersten entfernten Andeutung der Lehre von der eigentümlichen Zwitternatur der Flechten in dem Streite, welchen Nylander mit Th. Fries über das Wesen der Cephalodien bei den Stereocaulon führte. Während nämlich jener in seiner „Synopsis methodica lichenum“ die Cephalodien als typische Organe der Flechten zur Unterscheidung von Arten des erwähnten Geschlechtes benützte, suchte dieser nachzuweisen1), dass diesolben monströse Bildungen seien, hervorgerufen durch den Reiz, welchen gewisse Algen2), die sich in der Rindenschicht der Podetien ansiedeln, auf das benachbarte Hyphengewebo ausüben, wodurch eine locale Wucherung hervorgernfen werde, also ähnlich, wie solche Algen sich in die Spaltöffnungsräume von Lebermoosen, Lemna etc. einnisten. Nylander erwiderte darauf unter anderen in „Lichenes Lapponiae orientalis“, p. 117 (1866), wenn die Gonidien in den verschiedenen Cephalodien der Flechten parasitische Algen wären, so würde man alle Lichenen-Gonidien als solche Parasiten betrachten müssen, da sie vom anatomischen Standpunkt aus alle übereinstimmen. -- Im selben Jahre erschien die „Morphologie und Physiologie der Pilze, Flechten und Myxomyceten“ von de Bary in Hofmeister’s „Handbuch der physiologischen Botanik“, worin der Verfasser auf S. 291 über die Gallertflechten, Ephebe etc. zu folgenden Schlüssen gelangt: „Entweder sind die in Rede stehenden Lichenen die vollkommen entwickelten, fruktificirenden Zustände von Gewächsen, deren unvollständig entwickelte Formen als Nostocaceen und Chroococcaceen bisher unter den Algen standen. Oder die Nostocaceen und Chroococcaceen sind typische Algen; sie nehmen die Form der Collemen, Epheben u. s. f. an, dadurch, dass gewisse parasitische Ascomyceten in sie eindringen, ihr Mycelium in dem fortwachsenden Thallus ausbroiten und an dessen phycochromhaltigen Zellen befestigen.'* (Plectospora Omphalaria). Inzwischen hatto Schwendener mit angestrengtem Fleisso an seinen Untersuchungen über den Flechten-Thallus gearbeitet und veröffentlichte nach einander die Ergebnisse derselben: 1. „Ueber den Bau und das Wachstum des Flechten-Thallus.“ Zürich 1860. — 2. „Untersuchungen über den Flechten-Thallus. 1. Die strauchartigen Flechten. II. A. Laub.Hechten.“ im 3. Hft. der „Beiträge zur wissenschaftlichen Botanik“ von Nägeli (1860). — H. „Ueber Ephebe pubescens Fr.“ Flora 1863, Nr. 16. — 4 „Ueber den angeblichen Protothallus der Krusten flechten.“ Flora 1866, p. -101—412. — 5. „Untersuchungen über den Flechten-Thallus. Laub- und Gallertllechten“, im 4. Hft. der Beiträge etc. von Nägeli 1868. — Auch Schwendener fand die Gonidien ‘) Th. Fries, „Beiträge zur Kenntnis* der Cephalodien bei den Flechten. Flora 186ti. p. 17-25. 2) Sirosiphon, Scytonema u Nostocaceen; v. Schwendener „Die Alpentypen der Flechtengonidion“, p. 17. im Thallome in Verbindung mit Hyphenästen und erklärte dieselbe anfangs mit Bayrhoffer und Speersclmeider durch das Entstehen der Gonidien aus den Hyphen. Neben der lebhaften Vermehrung der Gonidien im Thallus gelang es ihm, ein fortwährendes Absterben derselben daselbst zu beobachten, welches mit einem ähnlichen Processe der Hindenschicht gleichen Schritt hält, so dass dieselbe durch ihre ganze Mächtigkeit zwischon den Hyphenzellen abgestorbene Gonidien einschliesst. Bei seinen Untersuchungen über die Gallert-Hechten will er das Eindringen von Hyphen von aussen her in Nostoc- und Glaeo-capsa-Colonien und deren dadurch vorbereitete Umwandlung einerseits in Collema, anderseits in Omphalaria- oder Enchylium-Anfänge beobachtet haben Diese Entdeckung, zusammengehalten mit der Art und Weise des Aufbaues des Thallus der Byssaceen, mit der auflallenden Analogie der Fruchtentwicklung und Spermogonienbildung bei den Flechten und Ascomyceten, mit den negativen Ergebnissen der Sporenculturen (den Versuchen von Tulasno und Speerschneider sei kein Glauben beizumessen), ferner mit der Uebereinstimmung der Flechtengonidien mit gewissen einzelligen und Fadenalgen in Bezug auf den Bau und die Vermehrungsweise, weiter mit dem Umstande, dass die Membranen der Gonidien sich in ihrem chemischen Verhalten durchwegs von deueu der Hyphen unterscheiden, indem erstere wie bei den betreffenden Algen, letztere wie bei den Pilzen reagiren, bestimmte Schwendener, seino früher ausgesprochene Erklärung des anatomischen Zusammenhanges zwischen den Gonidien und Hyphen als einer genetischen Beziehung derselben zurückzunehmen und denselben als eine blosse Copulation zu deuten. Auf diese Weise entstand die Schwendener’sche Flechtentheorie, welche ihr Schöpfer zwar zunächt nur für die Gallertliechten apodiktisch behauptete, für die heteromerischen Flechten bloss hypothetisch annahm. Indessen hatten Famintzin und Boranetzky1) an frei präparirten Gonidien von Physica parietina Nyl., Evernia furfuracea Fr. und oiner Cla-donia sp. Zoosporenbildung und eine üppige Vermehrungsweise beobachtet, wie diese Processe in gleicher Weise für den bisher als selbständige Algengattung geltenden Cysticoccus Naeg. charakteristisch sind, und auf diese Weise die Identität der betreffenden Flechtengonidien mit einer einzelligen Alge dargetan. Freilich deuteten die Forscher ihre Entdeckung nicht in dem Lichte der Schweudener’schen Theorie, sondern betrachteten den Cysticoccus als frei lebende Flechtengonidien, demzufolge Cysticoccus aus dem Algensysteme zu entfallen habe. Später wiesen Boranetzky2) und Itzingsohn') die Identität der Peltigera-Gonidien mit der als Polycoccus Kütz. beschriebenen Alge nach. ') „Zur Entwicklungsgeschichte der Gonidien und Zoosporenbildung der Flechten.“ Muni, de l’Acad. imp. des sc. de St, Petersbourg. VII. ser. tom. XI. Nro. 9 (1867;. 2) „Beitrag zur Kenntnis* des selbständigen Lehens der Flechtengonidien.“ Me-langes biolog, du Bull, de l’Acad. de St. Petersbourg. Tom VI. (1867), p. 473. 3) „Kultur der Glaucogonidion von Peltigera canina.“ Bot. Zeit. 1868, p. 185—196. Auch Schwendener hatte bei seiuen Untersuchungen Gelegenheit, die Identität der Gonidien verschiedener Flechten mit gewissen Algen zu erkennen. Jedoch deutete er, wie natürlich seine, sowie auch die Beobachtungen der oben erwähnten Botaniker im Sinne seiner Theorie und liess als die nächste Frucht seiner Arbeiten „Die Algentypen der Flechtengonidien“ (1869) erscheinen. In dieser Abhandlung lieferte Schwendener für eine grössere Anzahl von Flechten den Nachweis der Identität blaugriiner und chlorophyllgrüner Gonidien mit Algen, wie Sirosiphon, liivularieen, Scytonemeen, Polycoccus, Glaeocapsa, Chroococcus, Chroolepus, Cystococcus und Protococcus. Er weist auf die Cephalodien der Stereocaula hin, bei denen unzweifelhafte Algen und nicht allein Gonidienbilduer von Hyphen umsponnen erscheinen und dieselben zur Wucherung reizen, ohne dass dadurch die Algen zu Grunde gehen. Zugleich wird angegeben, dass in der Nähe der Flechten auf demselben Substrate Gruppen von gonidienbildenden Algen, welche noch keine Hyphen-Elemente enthalten, neben solchen, in welche unzweifelhaft von aussen eingedrungene Hyphen spärlich vorhanden sind, gefunden wurden, so dass man alle Ueber-gänge von der Alge bis zur Flechte beobachten könne, bei der die Algenzellen mit einem Netzwerke von Hyphen iibersponuen erscheinen. So will Schwendener solche Uebergänge von Glaeocapsa in Omphalaria, von Nostoc in Collema, von Scytonema oder Rivularia in Porocyphus und Ilacoblenna beobachtet haben, ln Spilonema Kasen gelang es Zellfäden zu finden, welche den Hypheu-iiberzug nicht besassen, ja sogar einzelne Exemplare von Ephebe und Spilonema, bei denen einige Aeste mit Hyphen versehen, andere davon frei waren. In den beiden bald darnach veröffentlichten Abhandlungen: „Erörterungen zur Gonidienfrage“ (Flora 1872, Nr. 11, 12, 13, 15) und „Die Flechten als Parasiten der Algen“ (Verh. der naturf. Ges. in Basel 1873, V. T., 4. H., p. 527—550) führte Schwendener seine Theorie weiter aus. Den Grundstein und die nächste Veranlassung der Schwendener’schen Lehre bildet, wie aus allen Schriften des Verfassers hervorzugehen scheint, die auf Grund der anatomischen Untersuchung von Ephebe und Spilonema gewonnene Ueberzeugung. Der Algentypus des chlorophyllführenden Elementes ist durch das das fertige Flechtengebilde beherrschende Spitzenwachstum des Sirosiphonfadens unzweifelhaft ausgesprochen, so dass schon früher Hepp (Lieh. eur. exs. Nr. 712) und Stitzenberger (Hedwigia II., 1.) deu Thallus für eine Algo und die Apothecien als einem Schmarotzerpilze angehörig erklärten. Dazu kommt noch ausser deu schon oben erwähnten Gründen die übrigens ganz den Pilzhyphen entsprechende, eigentümliche Wachstumsweise der Flechtenfasern im Allgemeinen, welche sich zwischen die durch Teilung entstandenen Gonidien hineindrängen. Es liegt darin zweifellos einige Aehn-lichkeit mit den sich in Pllanzengewebe einbohrenden und daselbst scheinbar unbestimmt, wo es eben Platz und Nahrung gibt, hinwachsenden Pilzzellen. Die an Collema und Nostoc gewonnenen Ergebnisse vervollständigten dann die Anlage der Idee zu einer Theorie, obwol die Annahme noch immer möglich scheint, dass jene in der Nachbarschaft der Collema-Thallome auftretendeu 2 hyphenlosen und teilweise schon mit solchen versehenen Nostoc - Colonien frei gewordene Gonidiengruppen und Soredien seien. Der von Schwendener für die Flechten verteidigte Parasitismus ist eine ganz eigene Art derselben. Frank bezeichnet denselben in Cohn’s „Beiträge zur Biologie der Pflanzen: Ueber die biologischen Verhältnisse des Thallus einiger Krustenflechteu“ (1876)x) als Homobium, Örsted in seinem System der Pilze als Consortium. Die beiden heterogenen Organismen vereinigen sich zu einem Gauzen, welches physiologisch als vollkommen analog zu betrachten ist, einem aus chlorophyll-führenden und chlorophylllosen Zellen bestehenden Gewebekörper einer höheren Pflanze. Es ist eine physiologische Einheit, aber nicht ein einheitlicher Organismus. Darum können alle Angriffe, wie Schwendener schon öfter bemerkte, welche sich auf physiologische Gründe stützen, welche die Ernährung betreifen, au der Theorie nichts ändern. Wem die Algen zu gering erscheinen, um den viel grösseren Hyphenkörper zu ernähren, dem müssten es die Gonidien ebenso sein. Tatsache bleibt es, dass nur chlorophyllführende Zellen zu animiliren vermögen. Die Existenz der beiden Elemente des Flechtenlagers, mögen sie nun eine genetische Einheit oder heterogen sein, gestaltet sich in der Weise, dass die Hyphen die anorganischen Stoße, die ihnen entweder durch atmosphärische Niederschläge zugeführt oder von ihnen aus der Unterlage entnommen werden, den Gonidien zuleiten, diese aus den Atomen derselben durch Absorption von Aetherwellen organische Verbindungen herstelleu, welche durch den ganzen Körper der Flechte geleitet, zur Erzeugung der Lebensenergien und zum Aufbaue neuer Gewebselemente dienen. Das einzige Auffallende ist die in der ganzen Natur ohne Analogie dastehende Art des Parasitismus, welche Schwendener2) auf eine eigentümliche Anpassungserscheinung hinaus deuten will und mit dem von Strassburger bei Azolla, von Reinke bei Gunnera und von Cohn bei Lebermoosen und Wasserlinsen gefundenen Fall von „parasitischen Algen“ vergleicht. Derselbe hat für die flechtenbildenden Algen nichts von einem destruirenden, monströse Wucherungen hervorrufenden Momente in sich und ist nicht etwa in eine Parallele zu stellen mit den Erzeugnissen von. Perono3poreen, Ustilagineen, Exoascus etc. Das Wachstum des Flechtenkörpers hat etwas normales und erzeugt typischo Formen, welcho die Flechten als eine natürliche, ziemlich abgeschlossene Einheit des Gewächsreiches erscheinen lassen. Nachdem Schwendener seine Theorie begründet hatte, arbeitete eine grössere Anzahl von Botanikern auf dem von ihm begonnenen Gebiete weiter, während sich die eigentlichen Lichenologen zum grössteu Teile mit der neuen Lehre nicht befreunden konnten. Von den letzteren erklärten sich gegen dieselbe namentlich Nylander l'„Auimadversio de theoria gonidiorum algologica“, Flora 1870, p. 52 — 53. — „Observata lichenologica in Pyrenaeis orientalibus“, Estr. du Bull, de la Soc. Linn. de Normandie, 2. ser., tom. VII., •) v. Flora 1877, p. 59. ‘) Schwendener. „Die Flechten als Parasiten der Algen.“ 1. c. 1873, p. 45—47. — Auch in Flora 1874, p. 57 —58). Kre mpelhu ber (1. c. und Flora 1875, Nr. 4), Th. Fries („Lichenographia scandinavica“, p. 4—8), J. Müller (Flora 1872, p. 87 -93, 104—110). Körber (1. c.), Tuckermann, A.rcangeli (1. c.), Crombie (1. c.) etc. Ausserdem sind unter die Gegner der Theorie noch Famintzin, Boranetzky und C a s p a r y („Ueber die neueren Ansichten in Betreff der Flechten, wonach diese Schmarotzer seien“. Phys ök. Ges. in Königsberg, 1872, Abt. 2, p. 18) zu rechnen. — Ganz abgesehen von der verzeihlichen Sympathie zu den liebgewonnenen Flechten, welche in der Wissenschaft nichts mitzureden hat, sträubte sich bei den Lichenologen ein gewisser Takt, ein nicht näher definirbares Etwas, welches sich durch vielseitige und lange Erfahrung herausbildet, welche die fortwährende und umfassende Beobachtung einer Objectreihe erzeugt, dagegen, die Flechten als ein durch das Zusammenwirken von einem Wirt und Parasiten entstandenes Erzeugniss anzusehen. Der Begriff des gewöhnlichen Parasitismus') liess sich auf der einen Seite nicht gut auwenden, auf der ändern Seite zeigten dem erfahrenen Lichenologen die Flechten „einen gewissen einheitlichen Typus in einer sont äusserst verschiedenen Gestaltung“. „Es ist eine unläugbar deutlich in der Natur ausgesprochene Grundidee der Lichenen, welche dieselben zu einer in sich abgeschlossenen, durchaus individualisirten und selbständigen Pflanzenklasse macht, wenn dieselbe auch in dem anatomischen Aufbaue ihrer Einzelglieder eine Wiederholung des Pilz- und Alpentypus zeigt“. Es wurde ferner geltend gemacht, dass die angezogene Verwandtschaft der Flechten und Pilze sich nur auf die niedersten Formen der ersteren beziehen könne und ein völliges Aufgehenlassen der Flechten in der Abteilung der Ascomyceten, selbst wenn die Schwendener’sche Theorie ihr Kecht behaupten sollte, durchaus nicht zuzulassen sei; die eigentümliche Art des Parasitismus und die einheitliche Gestaltung des Flechtentypus würde dies nicht natürlich erscheinen lassen. Man weigerte sich, anzuerkennen, dass die so häufig vorkommenden Flechten durch zufälliges Zusammentreffen der beiden heterogenen Faktoren zu Stande kommen sollten. Dasselbe Hesse sich freilich auch gegen das Zustandekommen vieler Samen und Oosporen durch den Befruchtungsprocess einwenden. Auch Gründe, welche der Art und Weise des Vorkommens der Lichenen und Pilze entnommen sind, wurden von den Lichenologen geltend gemacht, insoferne die Pilze in fauler Zersetzung befindliche Substrate aufsuchen, während die Flechten solche Standorte liiohen und wenn ihre Unterlagen zufällig in derlei Verhältnisse geraten, zu Grunde .gehen. J. Müller weist auf die Alpenregion unserer Hochgebirge hin, wo sich stundenweit von den Wäldern auf den ungeheueren Felsenllächeh wol oft noch zahlreiche Flechten-arten, jedoch nur spärliche Algen und keine Pilze fänden. (Flora 1872, p. 90). Nylander stand mit seiner Ansicht auf Seite Famintzin’s und ') Freilich dofinirte Öchwendener den Begriff des pflanzlichen Parasitismus später etwas weiter. 2* Boranetzky’s, welche den ersten Teil der de Bary’schen Alternative verteidigten, dass die sogenannten flechtenbildendeu Algen Schwendener’s frei gewordene Flechtengonidien und demnach aus dem Algensysteme auszu-schliessen seien'). Wenn die Hyphenanteile der Flechten Pilze wären, so müsste man dieselben dort am häufigsten finden, wo die Algenbruten am häufigsten sind. Dies sei aber nicht der Fall. Im Gogentheile, die Flechten fliehen solche Localitäten. Ich möchte noch dazu setzen, dass gerade diese Tatsache sich mit der Famintzin-Boranetzky’schen Ansicht gut vereinigen lasse, indem die beiden Forscher nachgewiesen haben, dass die Hyphen der Flechten durch feuchte Maceration zu Grunde gehen und auf diese Weiso die Gonidien befreit werden können. Was ist nun natürlicher, als dass, wenn Gonidien auf feuchte beschattete Standorte anliiegen, die Hyphen-Elemente zu Grunde gehen und die Goniden allein sich wacker fortvermehren, wie es die beiden genannten Forscher bei ihren künstlichen Culturen erzielten ? — Zu bemerken ist noch das von Caruel, Körber und Sachs beobachtete Auswachsen der Gonidien in Hyphen. Mehrere andere Bedenken, welche gegen die Schwen-dener’sche Auffassung geltend gemacht wurden, habe ich bereits dort, wo ich das Wesen der genannten Flechtentheorie erklärte, angeführt; andere halte ich zu geringfügig, um sie hier zu wiederholen. Im Allgemeinen wird man aber ersehen können, dass bisher gegen Schwendener im Ganzen kein einziger schlagender Beweis beigebracht worden ist. Man wurde sich in der Folge immer mehr und mehr bewusst, dass es sich einzig und allein um den Nachweis der Entstehung der Gonidien aus den Hyphen, sei es nun unmittelbar bei der Keimung oder in den nachfolgenden Stadien der Entwicklung, handele. Zunächst scheint sich Kees2) mit Sporenaussaaten beschäftiget zu haben. Er wählte zu seinen Versuchen Collema glaucescens. Er säte zuerst die Sporen auf feuchte Unterlagen und brachte sie zur Keimung; die Keime gingen jedoch bald zu Grunde. Darauf versuchte er die Aussaat derselben auf Colonien von Nostoc lichenoides Vauch. Das Ergebniss war, dass die Keimhyphen in das Lager eindrangen und darin mit ihren Verzweigungen ein dichtes Hyphengeflecht bildeten, so dass Rees die Ueberzeugung gewann, den Anfang eines Collema-Thallus erzeugt zu haben. Dagegen wurde erwidert/') dass die Flechtensporen keimten und sich weiter entwickelten, weil sie ein genügendes Mass von Feuchtigkeit hatten; sie und vielleicht auch Sporen von anderen Flechtenarteu hätten möglicherweise auf einer anderen Gallerte dasselbe Resultat zu beobachten gestattet und was Kees erzielt, sei wol kaum ein Collema-Thallus gewesen, oder wenn er es auch bei den Massenculturen wirklich war, so mögen ’) Darauf orwidert Schwendener, dass cs zahlreiche, namentlich wasserbewohnende Algen gebe, welche den die Flechten-Gonidien bildenden Typen angehören, jedoch niemals flechtenbewohnend angetroffen werden. „Sollte solche Gebilde die Natur auf einer ganz; anderen Stufe des Pflanzenreiches noch einmal reproduciren?“ Flora 1872 1 c. — J) „Ueber die Entstehung der Flechte Collema glaucescens Hflfm.“ 1. c. ’) v. Crombic 1. c. Minks 1. c. p. 488—489. Hyphen-Elemeute in dem Nostoc oder auf dem Substrate desselben bereits vorhanden gewesen sein, welche daun in die Gallerte hineinwuchseu und so einen Thallus erzeugten. Rees hätte die Controlversuche machen sollen; hauptsächlich wäre zu untersuchen gewesen, ob sich die Collema-Colonien, ohne von Sporen besät zu werden, nicht auch in Nostoc verwandelt hätten, zumal die Umwandlung von Nostoc in Collema schon mehrmals beobachtet worden sein soll. — Aehnliche Versuche wurden auch von Bor net') gemacht Nachdem seine Sporenaussaaten auf anorganisches Substrat mislungen waren, streute er Sporen von Physcia parietina auf Protococcus viridis, wobei es sich zeigte, dass die den Sporen entkeimten Hyphen die Zellen von Protococcus umgarnten und sich an dieselben auhefteten. Diese Tatsache erzeugte in dem Forscher die tiefste Ueber-zeugung vom Parasitismus der Flechten, den er viel stärker betonen zu müssen glaubte, als es Schwendener getan. Derselbe gilt Bornet als ein räuberischer, während er bei Schwendener viel friedfertigerer Natur erscheint. Bornet betrachtet die Anheftung der Hyphen an die Gonidien als ein vernichtendes Moment; der Zusammenhang der Gonidienketten der Flechten werde durch das Dazwischendrängen der Pilzfasern zerstört; die von Schwendener im Flechten-Thallus auf-gefundenen, abgestorbenen Gonidien sind ihm die Opfer der aussaugenden Pilzhyphen. Arcangoli2) erwidert mit Rücksicht auf die Keimungsversuche an Protococcus, dass man aus jenen Beobachtungen noch keineswegs auf die Parasitennatur der Flechtenkoime zu schliessen brauche, indem sich die Anheftung der Keimhypheu an die „Algenzellen“ aus dem Streben der Keime, Halt für die Zukunft zu gewinnen und aus dem Bedürfnisse nach vieler Feuchtigkeit erklären lasse. Die Keimhyphen umklammern auch jeden ändern Körper, der ihnen im Wege ist, bis sie sich an die Unterlage befestiget haben. — Aehnliche Ergebnisse, wie die Bornet’s, hatten die zahlreichen Aussaatversuche von T r e u b. -1) Auch er konnte dabei die Bildung eines Flechtenlagers ebensowenig beobachten, wie jener. Bei seinen Thallus-Studien behauptet er, Gonidien mit 2 und 3 Stielzollen gesehen zu haben, ein Umstand, welcher sich mit der Eutstehung des Gonidiums aus Hyphen nicht gut vereinigen lasse. BorziV) Experimente scheinen zu dem Zweck unternommen, um negative Resultate zu erzielen. Ich komme nun zur Besprechung der Leistungen mehrerer Forscher, welche sich zur Aufgabe stellten, wenn es möglich wäre, das Entstehen von Gonidien im Flechten-Thallus nachzuweisen, da man den älteren, bereits im Voranstehendeu besprochenen Nachrichten, keinen Glauben schenken wollte. In dieser Hinsicht sind die Angaben von der Erzeugung der Gonidien aus den Hyphen J. Müllers bei Omphalaria und Synalissa („Principes de Classification des Lichens“ etc. 1862 Pl. IL 17. Pl. III. 18. — Flora 1872 p. 87—93. — Flora 1874, p. 27—29', Th. Fries’ („Lichenographia scandi- ') „Recherches sur les Gonidies des Lichens“. 1, c. a) 1. c. 3) Licliencncultur 1. c. — Onderzoekingen 1. c ') 1. c. navica“ p. 7), Nylander’s („Nematonostoc rhizomorphoides“ Bull, de la Soc. bot. de France tom. XX. p. 263 —264.), weniger beachtet worden, weil sie den eingehenden Forderungen, die man an dieselben zu stellen berechtiget ist, nicht entsprechen. Fast ebensowenig förderte die. von Frank (Bot. Zeit 1874 p. 242) an Variolaria communis gemachte Beobachtung die Sache. Der Forscher sah in dem gonidienlosen Teile der Kruste kleine, aus verworrenen Hyphen bestehende Inseln, in welchen sichGonidien teils als interstitielle, theils als terminale Glieder bilden sollten. — Beachtenswert erscheint auch die Notiz von Arthonia astroidea, deren Thallus bis zur vollständigen Ausbildung der Apothecien gonidienlos bleiben sollte. Erst später treten grüne Zellen zuerst sehr sporadisch auf; dann aber sprossen sie zu den bekannten Chroolepus-Ketten aus. — Weitaus wichtiger sind die Entdeckungen von Arcangeli1), welche uns den deutlichen Nachweis von der Entstehung der Gonidien aus den Hyphenzellen liefern und auf diese Weise die durch eine umfangreiche Kenut-niss der Formen und ihres Vorkommens erzeugte Ahnung der Lichenologen von der individuellen Selbständigkeit des Lichenentypus auf das glänzendste rechtfertigten. Es war der Schwendenerianismus eine kühne Idee. Wenn wir uns auch die Hymenomyceten und hochentwickelten Formen der phanerogamischen Saprophyten und Parasiten vor Augen halten, wie könnten wir uns denken, dass durch einen umklammernden Parasitismus an winzigen Algenzellen Formen, wie die Sticteen, Usnea etc. zu Stande kommen sollten? — Es ist nickt unmöglich, doch mindestens ungewöhnlich und nirgends beobachtet, dass sich die Nahrung suchenden Hyphen und Gonidien, als zwei ganz heterogene Elemente, so einhellig verhalten sollten in dem Aufbaue eines typischen, d. h. immer in derselben Grundform wiederkehrenden Ganzen. Hätte Schwendener seine Untersuchungen überden Flechtenthallus bei dem der Gallertflechten nicht unterbrochen, sondern auch auf den krustenförmigen Thallus ausgedehnt, dessen Anatomie sosehr im Argen lag, so hätte er die Wissenschaft mit den herrlichen Thatsachen bereichern können, welche allein das Wesen der Flechten in ein klares Licht zu stellen berufen sind. Arcangeli beobachtete die Bildung der Gonidien (flechten-bildender liivularieen nach Schw.) in besondern Organen (Tuberkeln) beiPanaria triptophylla var. nigra = Lecothecium nigrum Mass. = L. coralliuoides Körb, und zeigte auf diese Weise, dass die Keimhyphe nicht im Stande sei, direct Gonidien zu erzeugen. — Die vorzüglichste Arbeit in dieser Richtung sind aber die schon erwähnten „Beiträge zur Kenntniss des Baues und Lebens der Flechten I.“ von A. Minks. Dieser Forscher glaubte die Gonidienfrage am leichtesten durch die Untersuchung der Thallome der niedersten, an den Grenzen der Flechten gegen die Ascomyceten-Welt stehenden Formen lösen zu können. Zu diesem Zwecke verlegte er sein Sudium zuerst auf die niedersten endophloeodischen und steinbewohnenden Krustenflechten. Von ersteren untersuchte er die Cyrtidula-Arten, eiti neues Genus, welches er in derselben Abhandlung aufstellte, ferner Arthonia-, Melaspilea-, Verrucaria-Arten aus den ') 1. o. Körber’schen Abteilungen der Loptorhaphis, Sagedia, Artbopyrenia, Pyrenula, Microtbelia, Blastodesnaia und Polyblastia; von letzteren Buellia, Rhizocarpon, Rinodina, und Verrucaria tristis. Später debute er seine Untersuchungen aucb auf bolz-, rinden- und höher entwickelte steinbewohnende Krustenflechten, als Lecanora albella, subfusca, sordida, Pertusaria, Verrucaria plumbea, Lecidea parasema Ach. Nyl. etc. aus. Es ist zu beachten, dass das untersuchte Materiale ein sehr bedeutendes war. Ich kann mich hier über die umfangreiche Arbeit nicht näher verbreiteu, verweise diejenigen, die sich darum näher interessireu, an den angegebenen Ort und will mich lediglich darauf beschränken, im Kurzen die Ergebnisse dieser Untersuchungen anzuführen. Aus den der Spore entkeimten farblosen Primärhyphen entwickeln sich später braungefärbte derbwaudige Secundärbyphen von zweierlei Form. Die langgliedrige Secundärhyphe dient oft als Schutzdecke für den primären Thallus, während die kurzgliedrige die gleiche Aufgabe bei der Bildung der Gonidien übernimmt. Diese letzteren entstehen in eigenen Organeu, von denen M. zwei Typen beschreibt, das Gonangium und Gouocystium, durch freie Zellbildung, also analog wie die Sporen in den Theken. Das Gonangium entwickelt sich aus der Endzeile eines Prirnär-byphenastes, als ein den Secundärbyphen paralleles Gebilde. Die Mutterzelle des Gonangiums teilt sich später und die Tochterzellen biden ein parenchy-matisches oder merenchymatisches Gewebe. Dabei entsteht in der Mitte desselben eine blässere Zelle (Nucleus gonangii), welche sich später ebenfalls durch Teilung vermehrt. Jede einzelne Teilzelle wird zur Mutterzelle eines oder mehrerer Gonidien, das umgebende Gewebe wächst inzwischen durch Zellteilung und wird zu einer den Gouangiumkern umgebenden Hülle (Capsula gonangii). Die Gonidiemnutterzellen werden später in Gallerte aufgelöst, welche beim Aufquellen die Gonangiümkapsel sprengt und auf diese Weise die Gonidien befreit. Wenn die in den mütterlichen Membranen eingeschlossenen Gonidien (Angiogonidien) frei werden, so vermehren sie sicli (bei den Sclerolichenes Th. Pr.) in der Art,- wie dies für die Chroolepus-Gonidien bei Roccella von Schweudener geschildert wurde, und sind nun Th all o goni dien. — Die Bildung des Gonocystiums hat Minks besonders an Lecauora Dubyana Minks = Buellia Dubyana Körb, studirt. Sie entstehen wie die Gonangien aus einfachen, bräunlichen, rundlichen Endzeilen der Prymärhyphen. — Später färbt sich die Membran derselben dunkler; zugleich entsteht in denselben durch freie Zellbildung ein hyalines Zellchen Diese Tochterzelle bräunt sich später ebenfalls und wird Gonocystidi um genannt, welches sich im weiteren Verlaufe der Entwicklung nach und nach in 30—32 Zellen teilt. Im weitern Entwicklungsgänge wird die Gonocy-stiummembran gallertartig aufgelöst; bald ergreift die Gallertmetamorphose aucb die Scheidewände der einzelnen Gonocystidien, welche dadurch zerfallen und in der Gallerte ihrer Mutterzelle eingosclilossen erscheinen, ln jedem Go-nocystidiuin entwickeln sich farblose Körperchen, welche sich später grün färben und zu Zellen werden. Diese sind die Gonidien, welche also auch hier durch freie Zellbildung entstehen, und werden in diesem Zustande Cystogonidien genannt. Wenn sie später durch gallertige Verflüssigung ihrer Mutterzellenwände frei werden, so nennt sie M. Thallogonidien. Während das Gono-cystium sich anfängt gallertartig aufzulösen, wachsen die kurzgliedrigen Secundärhyphen empor und bilden eine schützende Hülle über die Gonidien-gallerten. Inzwischen wachsen die Aeste des Primärhyphengewebes, welches unter der dunkeln Secundärhyphenschicht ganz bedeckt ist, in die Gallerte hinein, und bereiten so die Bildung einer Thallus - Areole vor. Wenn diese fertig ist, wird die braune Decke der Secundärhyphen abgestossen. Minks spricht die Vermutung aus, dass auch die von älteren Forschern bei höheren Flechten beobachtete Gonidienbildung aus den Hyphen wahrscheinlich nicht ohne weiteres aus den Hyphen durch Abschnürung, sondern durch freie Zellbildung in den abgeschnürten Zellen entstellen und definirt demzufolge am Schlüsse seiner Arbeit die Flechten als hyphenführende Zellpflanzen, welche Sporen und G o n i d i e n in Mutter zellen durch freie Zellbildung erzpugen. Es muss noch erwähnt werden, dass Minks seine Arbeit mit trefflichen Abbildungen ausstattete, welche uns über die Richtigkeit seiner Beobachtungen keinen Zweifel zuzulassen scheinen, und wir begriissen diese Arbeit als eine epochemachende Abhandlung auf dem Gebiete der Flechtenkunde, welche seit Schwendener seine Untersuchungen über den Flechtenthallus eingestellt zu haben scheint, mehr Licht über das Wesen der Lichenen verbreitet hat, als alle Schriften, welche inzwischen erschienen sind. Freilich gibt es noch viel zu tliun, um die Gebiete für die Lichenologie zurückzueroben, welche die Schwendener'sche Theorie, allmählig immer weiter um sich greifend, in Besitz genommen hat. — Nach dem jetzigen Stand der Dinge scheint es uns, dass sie wol kaum etwas anderes wird behaupten können, als das, von dem sie ausgegangen ist, die Abteilung der Byssaceen. Julius GJowacki. SCHULNACHRICHTEN. Sehulnaehriehten. Vom Dtrectov. I. Chronik. Das Schuljahr begann am IG. September 1870. Zur Aufnahme hatten sich im Ganzen 129 Schüler gemeldet, von welchen 123 wirklich aufgenomineu wurden. Am französischen Sprachunterrichte nahmen von den 28 Schülern der TV. Classe 2, von den 24 Schülern der III. Classe 4 Schüler Theil. Im Lehrkörper trat nur eine Veränderung ein: An Stelle des im Vorjahre in Verwendung gestandenen Supplenten Herrn Anton Seydler kam der wirkliche Gymnasiallehrer Herr Arthur Cafasso, dem die im zweiten Semester des vorigen Schuljahres ausgeschriebene Lehrstelle für Geographie und Geschichte mit Erlass des steierm. Landesausschusses vom 8. August 187G, Z. 9035, verliehen worden war. Mit Erlass des steierm. Landesausschusses vom 9. September 187G, Z. 10.244, wurden der suppl. Religionslehrer Herr Michael Lendovšek und der Gesangslehrer Herr Anton Weixler in ihrer bisherigen Verwendung auch für das Schuljahr 187G/77 belassen. Mit demselben Erlasse wurde der wirkl. Gymnasiallehrer Herr Franz Hubad mit der Leitung des Turnunterrichtes weiter betraut. Das I. Semester wurde am 10. Februar 1877 geschlossen, das TI. Semester am IG. Februar eröffnet. Mit Erlass des steierm. Landesausschusses vom 23. April 1877, Z. 4279, wurde der Gymnasiallehrer Herr Lukas Kunsteck im Lehramts definitiv bestätigt und demselben der Professorstitel zuerkannt. Laut Note des steierm. Landesausschusses vom 29. April 1877 wurden die Petitionen der Bezirksvertretung und der Stadtgemeinde Pettau um Erweiterung des Realgymnasiums zu einem Obergymnasiuin in der Sitzung des steierm. Landtages vom 18. April 1877 abschlägig beschieilen. Da die Gründe dieser Ablehnung nur materieller Natur waren, so erscheint die Hoffnung berechtigt, es werde die Lehranstalt nicht für immer zur Unvollständigkeit verurteilt bleiben. Am 12. Mai unternahm der Lehrkörper mit der gesammten Schuljugend einen von herrlichem Wetter begünstigten Ausflug nach Wurmberg. Mit herzlichem Danke sei hiebei der Beistellung der Musik seitens der Stadtgemeinde und der namhaften Beiträge zur Förderung des Festes seitens mehrerer Jugendfreunde gedacht. Am 1. Juli wurde die statutenmässige Jahresversammlung des Unterstützungsvereines für arme Studierende abgehalteu. Der Kechnungsbericht findet sich an anderer Stelle. Am 7. Juli fand die Preisprüfung aus der steiermärkischen Geschichte statt. Dieser Prüfung unterzogen sich sieben Schüler der IV. Classe. Die silberne Preismedaille erhielten: Franz Žuta und Johann Wesiak. Die übrigen fünf Schüler (Franz Šegula, Franz Horvat, Oskar Mat ha ns, Ernst Smreker, Rudolf Goričar) wurden mit Büchern bedacht, von denen vier Stück der Examinator Herr Arthur Cafasso gespendet hatte. Am 14. Juli wurde das Schuljahr in üblicher Weise geschlossen. II. Lehrkörper. I. F ich na Anton, Director, Bibliothekar, lehrte Latein in der IV., Französisch in der III. und IV. Classe, wöchentlich 14 Stunden. 2 Gaupmann Rudolf, Professor, lehrte Kalligraphie und Freihandzeichnen in allen Classen, wöchentlich 18 Stunden. 3. Žitek Josef, Professor, Ordinarius der IV. Classe, lehrte Mathematik und Slovenisch in der I., III und IV. Classe, Physik in der III. Classe, wöchentlich 19 Stunden. 4. Kunstek Lukas, Professor, Ordinarius der III. Classe, lehrte Latein in der I., Griechisch und Latein in der III. Classe, wöchentlich 18 Stunden, ausserdem Slovenisch im deutsch-slovenischen Curse, wöchentl. 2 Stunden. 5. Glowacki Julius, wirkl. Gymnasiallehrer, Ordinarius der I. Classe, lehrte Naturgeschichte und Geographie in der I., Naturgeschichte und Mathematik in der II, Deutsch in der III. und Physik in der IV. Classe, wöchentlich 18 Stunden. ö. Hubad Franz, wirkl. Gymnasiallehrer, Ordinarius der II. Classe, lehrte Deutsch, Latein und Slovenisch in der II., Griechisch in der I V. Classe, wöchentlich 18 Stunden; leitete ausserdem den Turnunterricht in 6 wöchtl. Stunden. 7. Cafasso Arthur, wirkl. Gymnasiallehrer, lehrte Geschichte u. Geographie in der II., III. und IV., Deutsch in der I. und IV. Classe, wöchentlich 17 Stunden. 8. Lendovšek Michael, suppl. lteligionslehrer, lehrte Religion in allen Classen, wöchentlich 8 Stunden. 9. Weixler Anton, Nebeulehrer, lehrte den Gesang in zwei Abtheilungen, wöchentlich 4 Stunden. Schuldienur: Franz Sarnitz. JI[. Lehrstoff und Lehrbücher. 1. Der Lehrstoff für die einzelnen Classen war der alljährlich sich gleichbleibende, gesetzlich vorgeschriebene, und wird deshalb von dein Wiederabdrucke desselben abgesehen; der Lehrplan der Anstalt nach den Gegenständen und der wöchentlichen Stundenanzahl derselben ist aus Nro. VI ersichtlich. Was die in der III. und IV. Classe absolvirte Lateiulectüre betrifft, so wurde gelesen: In der III. Classe (Lesebuch: Memorabilia Ale-xandri Magni etc. von Schmidt und Gehlen): 1. De pueritia Alexandri. 2. Alexander res Graecorum componit. 3. Thebae exciduutur. 4. Alexander in Asiam traicit. 5. Pngna apud Granicum. 6. Alexander in Cydno lavatus gravi tnorbo corripitur. 7. Philippus medicus. 8. De loco pugnae. 9. Pugna apud Issum. 10. Darei raater, uxor liberique capti. Aus Nepos: 1. Miltiades. 2. Theraistocles. 3. Aristides. 4. Hannibal. 5. Hatnilcar. Aus Phaodrus: die I., IV., X., XI. und XVI. Fabel. In der IV. Classe: Aus Caesar de b. g. das I., II., VI. und VII. Buch; aus der Chrestomathie von Rožek mehrere ausgewählte Stücke. Im Französischen wurden in der IV. Classe 56 prosaische und 14 poetische Stücke aus Ploetz’ Lectures choisies gelesen. 2. Relativ-obligate Gegenstände: a) S1 o v e n i s c h für dieser Sprache unkundige Schüler aller Classen : wurde in einer Abtheilung zwei Stunden wöchentlicli gelehrt. Im I. Semester 20, im II. Semester 18 Schüler. b) Gesang: 2 Abtheilungen mit je 2 Stundeu in der Woche. Die 1. Abteilung besuchten im l. Semester 14, im 11. Semester 12 Schüler; die 2. im I. Semester 31, im II. Semester 26 Schüler. c) Turnen: Mit Ausnahme einiger weniger ob entscheidender Gründe dispensirter Schüler nahm die ganze Schuljugend an diesem Unterrichte Theil; wöchentlich für jede Classe 2 Stunden. 3. Lehrbücher. a) Religion. 1. Olasse: Regensburger Katechismus. Im nächsten Jahre: Katholische Religionslehre von Franz Fischer. 11. Classe: Liturgik von Franz Fischer. III. Classe: Geschichte der Offenbarung des alten Testamentes. Frag, bei Beilmann. IV. Classe: Geschichte der Offenbarung des neuen Testamentes. Prag, bei Be 11-maun. b) Latein. Grammatik in allen Classen von Carl Schmidt. Uebungs-biicher in allen Classen von J. A. Rožek. Ausserdem in der III. Classe: Memorabilia Alexandri Magni etc. von C. Schmidt und 0. Gehlen; in der IV. Classe: C. J. Caesar de bello gallico von Em. Hoffmann und die Chrestomathie aus lateinischen Dichtern vou J. A. Rožek. c) Griechisch. Grammatik von Curtius, Uebungsbuch von Schenkl. d) Deutsch. In allen Classen die Grammatik von A. Heinrich und dio Lesebücher von Al. Neu mann und 0. Gehlen. e) Sloveni sch. In allen Classen die Grammatik und Lesebücher von A J anežič. Desselben Verfassers Lehrbuch auch im deutsch-slovenischen Curse. f) Französisch. In der III. Classe: die Elementar-Grammatik der franz. Sprache von Dr. Carl Ploetz. In der IV. Classe: von demselben Verfasser die Schulgrammatik der franz. Sprache und Lectures choisies. g) Geographie. In der I. und II. Classe das Lehrbuch von G. Supau, in der III. und IV. jenes von Klun. Im nächsten Jahre in den drei ersten Classen: Supan, in der IV. Klun. Atlas von Kozeun, Atlas für alte Geschichte von II. Kiepert. h) Geschichte. In allen Classen: Gindely für Untergymnasien, ln der IV. Classe: österreichische Vaterlandskuude von E. Han na k. i) Mathematik. In allen Classen die Lehrbücher der Arithmetik und Geometrie für Untergymnasien von Fr. Močnik. k) Physik. Lehrbuch von Pisko. Im nächston Jah re in der 111, Classe das Lehrbuch von J. Krist. Im II. Semester der IV. Classe das Lehrbuch der Chemie von Kaue r. J V. Lehrmittel. 1. Büeher. In erster Linie muss mit vielem Danke der bedeutenden Spende gedacht werden, welche in diesem Schuljahre der hiosinge Anstalt seitens der k. k. Akademie der Wissenschaften in Wien zu Theil geworden. Dieselbe übermittelte der Bibliothek 55 Druckwerke historischen, 34 sprachwissenschaftlichen, 91 naturwissenschaftlichen, 87 mathematisch-physikalischen, 20 verschiedenen Inhaltes; ausserdem wurde die regelmässige Zusendung des „Anzeigers“ bewilligt. — An Geschenken sind ferner mit Dank zu verzeichnen: Jahresbericht des Unterrichts-Ministeriums pro 1876, 1 Bd., vom Landesausschusse. — Beiträge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen, 12. und 13. Jahrgang, und Mittheilungen des historischen Vereines für Steiermark, 23. und 24. Heft, vom historischen Vereine. — Herr Gustav, Lehrbuch der vergleichenden Erdbeschreibung, 2 Bde., vom Verleger Sallmayer & Co. in Wien. — Ptaschnik, geographischer Leitfaden, 1 Bd., von Fr. Beck in Wien. — Steinhäuser, Geographie, II. Theil, von Tempsky in Prag. — Kozenn, Leitfaden der Geographie, I. Theil, vom Verleger Ed. Hölzel in Wien. — Filek, französische Chrestomathie, 1 Bd., Filek, französische Elementarbuch, 1 Bd., Seeliger, englisches Lesebuch, 1 Bd., Schinna gl lateinisches Elementarbuch für die I. Classe, 1 Bd., Hauler, lateinisches Uebungsbuch, Moduslehre, 1 Bd , Hintner, griechisches Elementarbuch, 1 Bd., sämmtlich vom Verleger Alfred Holder in Wien. — Ploetz, system. kurzgefasste französische Grammatik, 1 Bdchn., vom Verleger Herbig in Berlin. — Hau ler, lateinisches Uebungsbuch für die I. und II. Classe, 2 Bde., vom Verlag Bermann & Altmann in Wieu. — Zeynek, deutsche Stilistik, 1 Bd., von Leuschner & Lubensky in Graz. — Egger, deutsches Lesebuch für die I. Classe, 1 Bd., von Alfred Holder in Wien. — Hornstein, Mineralogie, 1 Bd, vom Verleger Th. Fischer, in Kassel. — Woldrich, Zoologie, 1 Bd., von Alfred Holder in Wien. — Pisko, Physik für Obergymnasien, 1 Bd, vom Verleger C. Winniker in Brünn. — Schram, Arithmetik für die I. und II. Classe, und Schnellinger, Arithmetik für die III und IV. Classe, beides von Alfred Hölder. — 162 Programme pro 1876, von verschiedenen Mittelschulen. — Tourist 1876, von Herrn J. C. Hofrichter, k. k. Notar in Windischgraz. — Engelhard, stenographisches Lesebuch, 1 Bd., von Alfred Hölder. — Glaser Karl, über die indoeuropäischen Sprachen, eine Uebersetzung aus dem Englischen, 1 Heftchen, vom Herrn Verfasser. — Stenographische Protokolle des steierm. Landtages von 1877, vom steierm. Landesausschusäe. — Durch Kauf: Jani sch, topogr.-statist. Lexicon der Steiermark, Fortsetzung. — Strahalm, statist. Tafel der österr.-ung. Monarchie. - Umlauft, die österr.-ung Monarchie, l Bd. — Krones, öst. Geschichte, 14 Hefte. — Weber, allg. Weltgeschichte, Xll. Bd., Ficker, die Völkerstämme Oesterreichs, und ethnograph. Karte Oesterreichs von Czörnig. — Curtius, das griechische Verbum, II. Bd. — Marquardt, römische Staatsverwaltung, II. Bd., — Hempel, deutsche Nationalbibliothek, Fortsetzung. — Leunis-Senft, Geognosie, 1. Hälfte. — Heis, Rechenaufgabensammlung, 1 Bd. — Hauser, architektonische Styllehre, I. Theil. — Hoffmann, deutsche Jugendbibliothek, Fortsetzung. 2. Zeitschriften, a) Zeitschrift für die österr. Gymnasien, b) Zarnoke’s liter. Centralblatt. c) Globus, d) Das Ausland, e) Gaea. f) Petermann’s Mittheilungen und Ergänzungshefte, g) Zeitschrift für mathem. und naturwissenschaftlichen Unterricht, h) Die Natur von K. Müller, i) Oesterr.-botanische Zeitschrift, k) Magazin für die Literatur des Auslandes. 1) Stuttgarter Gewerbehalle, m) Verordnungsblatt des h. Unterrichts-Ministeriums. 3. Landkarten, Bilderwerke, physikalische Apparate, Zeichenvorlagen und Modelle erfuhren im heurigen Jahre keine Vermehrung. 4 Naturalien. Strix bubo, Gesch. von Herrn Girod in Pettau. — Einige Seethiere, Gesch. von Herrn Ansiaux in Pettau. — Ein Dachs, angekauft, 18 Flechten, Gesch. von Herrn Prof. Glowacki. — 3 Stück Ozokerit, von Herrn Dr. Aichhorn in Graz. — Eine Collection von verarbeitetem Ozokerit, von Herrn Wibmer in Pettau. V. Behördliche Verfügungen. 1. Erlass des steierm. Laudesausschusses vom 14. October 1876, Z. 12.132, mit welchem das Normale für Dienst- und Uebersiedlungsreisen der Angestellten des Landes kundgemacht wird. 2. Erlass des k. k. st. Landesschulrathes vom 10. Jänner 1877, Nr. 7375, und Erlass des steierm. Laudesausschusses vom 27. Jänner 1877, Z. 1328, mit welchen von beiden Behörden der Direction und dem Lehrkörper für die im Schuljahre 1875/76 erzielten Unterrichts- und Erziehungserfolge die Anerkennung ausgesprochen wird. 3. Erlass des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 29. December 1876, Z. 19.570, mit welchem für die hiesige Lehranstalt eine neue Disciplinarordnung genehmigt wird, welche zu Aufang des Schuljahres 1877/78 in Wirksamkeit zu treten hat. 4 Erlass des steierm. Landesausschusses vom 10. März 1877, Z. 3149, mit welchem unter Hinweis auf die Note des k. k. steierm. Landesschulrathes vom 26. Februar 1877, Nr. 1311, der Direction und dem Lehrkörper für die im I. Semester des Schuljahres 1876/77 erzielten Unterrichts- und Erziehungsresultate die Anerkennung ausgesprochen wird. 5. Erlass des steierm. Landesausschusses vom 23. April 1877, Z. 4948, nach welchem in die Jahresberichte der landschaftlichen Mittelschulen vom Jahre 1877/78 an nur mehr Schulnachrichten, nicht aber auch wissenschaftliche Abhandlungen aufzunehmeu sind. VL Lehrplan des Realgymnasiums nach der wöchentlichen Stundenzahl der Lehrgegenstände. C1 a s s e des Real-Gymnasiums 2 E J=n | £ I, Classe II. „ III. „ IV. „ [4] [4J Anmerkung. 1. Griechische und französische Sprache faeultativ. 2. Im II. Semester der 4. 01as.se Chemie. 1 30 1 31 [1] 31 — i 30 VI1. Untorstützungsverein für arme Studierende. i. Die statuteumässige Generalversammlung des Unterstützungs-Vereines fand am 1. Juli statt. Der in derselben erstattete Rechenschaftsbericht wies auch in diesem Jahre sehr erfreuliche Erfolge des Vereines auf. 21 Schüler genossen Freitische (5200 Mittagsmahle); 04 Schüler benützten 485 Lehrbücher des Vereines und wurden überdies mit Zeichenrequisiten reichlich betheilt; aüsserdem wurden einzelne Schüler mit Kleidungstücken u. s. w. bedacht. An dieser Stelle wollen wir auch mit Dank des ungenannt bleiben wollenden Jugendfreundes gedenken, der nach Schluss des vorigen Schuljahres zwei ärmere, vorzügliche Schüler der IV. Classe mit Prachtausgaben der Gesammtwerke Göthe’s und Schiller’s edelmüthig beschenkte. Der Verein zählt gegenwärtig 21 Gründer und 107 jährlich beitragende Mitglieder. Allen diesen Wohlthätern der Jugend sei liiemit der beste Dank gesagt! Am 17. December 1876 wurde die Neuwahl der Vereinsleitnng, deren dreijährige Functionsdauer abgelaufen war, in einer hiezu einberufeneu Generalversammlung vorgenominen. Sämmtliche früheren Functionäre wurden wiedergewählt und zwar: Director Fichna als Obmann, Dr. Franz Krause als Obman n stell Vertreter, Prof. Josef Žitek als Schriftführer, Prof. Rud. Gau pmann als Cassier, Buchhändler W. Blanke, Fabriksbesitzer W. Pisk, k. k. Bezirkshauptmann Carl Trautvetter, als Votanten II. Rec h n u ngsaus wein über das VII. Vcrclnsjalir. Einnahmen. C&ssarest vom Vorjahre.................................................ti. 554.26 Eingelöste Coupons...................................................„ 8.40 Jahresbeiträge der Mitglieder.......................................... „ 125.— Ungenannt ..........................................................„ —.60 Interessen des Vermächtnisses des Herrn Ernst Fürst und der Frau Theresia Fürst............................................„ 33.38 Interessen für die Sparcassa-Einlage bis Ende 1870 ..................„ 17.87 Summe . H. 739.51 Ausgaben. Für Bücher und Zeichenrequisiten.......................................fl. 60.62 Quartiergeld für 2 Schüler..................................................30.50 Schulgeldbeitrag für 3 Schüler............................................ 17.— Neue Stietietten für 2 Schüler.......................................„ 11. — Kleidung für 1 Schüler...............................................„ 7.— Für Medicamente......................................................„ 3.61 Für Postmarken ......................................................„ 3.— Dem Schuldiener als Vereinsdiener....................................„ 10.— Summe . fl 142.73 Es bleibt somit ein Cassarest von....................................fl. 596.78 und besteht dieser: ln 2 Stück Obligationen ä. 100 fl......................fl. 200.— „ 1 Sparcassabüchel mit................................. 358 67 „ öaarem . ,........................................... 38.11 Summe fl. 596.78 V1IL Statistische Notizen. O 1 iA. s s e » » i> H* » » 282 „ 24 „ Zusammen auf G68 11. 16 kr. Die Aufnahmstaxen betrugen im 1. Somester . . 74 H. — kr. » » ' n n II* » * * » » Zusammen 74 fl. — kr. Die Zahl der öffentlichen Stipendisten betrug 5. Der Gesammtbetrag der Stipendien' bezifferte sich auf 725 fl. — 1 Schüler bezog ein Militärstipendium im Betrage von 170 fl., 1 Schüler genoss ein Stipendium für Söhne von Militärbeamten im Betrage von 200 II. — Ein Privatstipendium betrug 140 fl. — Für Lohrmittel war pro 1877 eine Dotation von 500 fl. bestimmt. IX. Verzeichnis« der bis zum Schlüsse des Schuljahres an der Anstalt verbliebenen Schüler, 1. Die Namen dev Vorzugsschüler sind duroli gesperrten Druck ersichtlich gemacht. 2. Wo das Geburtsland nicht beigesetzt erscheint, ist als solches Steiermark zu verstehen. 1. Classe. Belloth Franz aus Pettau. Czilial Franz aus Gonobitz. F i c h n a Hermann aus Cilli. Hotko Josef aus Haidin. Janda Max ai.s Pettau. Kossi Lorenz aus St. Jakob. Kukowetz Alois aus Weitschach. Kukovič Anton aus Pettau. Lekše Franz aus Oedenfeld. liObenwein Johann aus. Monsberg. Magdič Anton aus Friedau. Mavrič Anton aus Luttenberg. Mihelač Andreas aus Gross-Varnica. Munda Johann aus Frankofzen. Nedelko Johann aus St. Urban. Petrovič Franz aus Leskowetz. Pflanzl Franz aus Deva in Siebenbürgen. Plepelec Josef aus Polstrau. Plochl Anton aus St. Lorenzen. Ru cs Jakob aus St. Anton. Schnuderl Franz aus St. Johann. Schwigl Peter aus Haidin. Sei n ko witsch Franz aus Polstrau. Sova Franz aus Gross-Sonntag. Stanek Alfred aus Pettau. Stöger Alois aus Kanischa bei Pettau. Winkler Johann aus Strass. Zorec Johann aus Kitzerberg. Zusammen 28. II. Clnssc. Babošek Franz aus Karčovina. Dreflak Johann aus Ober-Pulsgau. Eisenbach Albert aus Schönstem. Eisenbach August aus Schönstein. Forintos Bela aus Sümeg Mihalvfa in Ungarn. Gollob Ludwig aus Graz. II e r i c Martin aus Luttenberg. Jurančič Johann aus St. Andrä. Kozel Andreas aus St. Andrä. Kräber Friedricli aus Pettau. Krenčič August aus Wind.-Feistritz. K r i s c h a n Guido aus Pettau. Murko Johann aus Tristeidorf. 1 O s s o i n i g Josef aus Radkersburg. Ploj Franz aus Luttenberg. Potrz Rudolf aus Reichenburg. Požegar August aus Wcitschach. Rajh Peter aus Gross-Sonntag, j Riedl Koloman aus Sacile in Italien. Ilogozinsky Ludwig aus Pettau. Kues Thomas aus St. Anton. Rupnik Johann aus St. Peter. Schaller Alfred aus Graz. Schröfl Cajetan aus Pettau. Simonič Franz aus Juwanzen. I Sitter Gottfried aus Cirkovec. Strohmayer Johann aus Pettau. Tikvič Johann aus St. Lorenzen. Vidovič Jakob aus St. Barbara. Vojsk Alois aus Vučkovci. Wauda Vincenz aus Krottendorf. Weinhardt Gustav aus Pernegg. Wcixler Anton aus Wind.-Grau. Zusammen 33. III. (Jlasse. Arnuš Anton aus St. Urban. Cesnik Martin aus St. Veit. Fras Franz aus BiS. Grabner Victor aus Klagenfurt in Kärnten Grubbauer Franz aus Graz. Hauptmann Johann aus Wurmberg, llorvat Michael aus St. Urban. Jurca Adolf aus Pettau. Keček Andreas aus Paulofzen. Klemenčič Jakob aus Polstrau. Križ Anton aus Kann bei Pettau. Lerch Ferdinand aus Pettau. Metzinger Josef aus Pettau. Mihalkovič Josef aus Frankofzen. Perger Rudolf aus Gonobitz. Seidl Johann aus Pettau. StraSovsky Jaroslaw aus Franz. Streicher Emanuel aus Besca nuova in Istrien. Toplak Jakob aus Biš. Trautvetter Gustav aus Pettau. Werner Johann ausTeplitzin Böhmen. Werner Karl aus Ogulin in der Militärgrenze. Wesiak Josef aus Weitschach. Ž i t e k Vladimir aus Karlovitz in der Militärgrenze. Zusammen 24. IV.. C’lasse. Baumgartner Karl aus Pettau. Čeh Simon aus Podwinzen. Gajšek Andreas aus Schiltern. Goričar Rudolf aus Prassberg. II o r v a t Franz aus Moschganzen. Hvalec Matthäus aus St. Barbara. Janžekovič Vitus aus St. Margarethen. Kolarič Johann aus St. Marxen. Korošec Franz aus St. Marxen. Lešnik Martin aus St. Urban. Mahorič Simon aus St. Urban. Mathans Oskar aus Pettau. Merc Jakob aus St. Barbara. Munda Franz aus St. Wolfgang. Nedelko Franz aus Rakofzen. Petek Anton aus St. Lorenzen. Safošnik Jilasius aus St, Lorenzen. Schmidinger Josef aus Gross-Sonntag. Smreker Ernst aus Judenburg. Stermschegg Johann aus Pettau. Streicher Heinrich aus Besca nuova in Istrien. Šegula Franz aus Moschganzen. Šuta Franz aus St. Wolfgang. Toplak Anton aus Kartschowina. I Toplak Franz aus Podwinzen. Toplak Johann aus Ločič. Wesiak Johann aus Dreifaltigkeit. Woschnak Michael aus St. Martin. Zusammen 28. X. Kundmachung für das Schuljahr 1877/78. Das Däebste Schuljahr beginnt am 16. September 1877. Die Aufnahme in (las Realgymnasium findet am 14. September von 8—12 Uhr Vormittags in der Directionskanzlei statt. Die Prüfung der für die I. Classe sich meldenden Schüler wird am 15. September abgehalten. Bei derselben werden nach der Verordnung des h. k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 14. März 1870, Z. 2370, folgende Anforderungen gestellt: „Jenes Mass von Wissen in der Religion, welches in den vier Jahrescursen der Volksschule erworben werden kann, Fertigkeit im Lesen und Schreiben der Unterrichtssprache und der lateinischen Schrift, Kenntniss der Elemente aus der Formenlehre der Unterrichtssprache, Fertigkeit im Analysieren einfacher bekleideter Sätze, Bekanntschaft mit den Regeln der Orthographie und Interpunction und richtige Anwendung derselben beim Diclandoschreiben, Uebung in den vier Grundrechnungsarten in ganzen Zahlen “ Die Wiederholungsprüfungen finden gleichfalls am 15 September statt. Bezüglich derjenigen Schüler, welche in die III. Classe eintreten, haben sich deren Eltern ausdrücklich zu erklären, ob sie ihre Söhne an dem griechischen oder französischen Sprachunterrichte theilnehmen lassen wollen. Jeder Schüler, welcher in die Anstalt aufgenommen werden will, hat sich in Begleitung seines Vaters oder dessen Stellvertreters einzufinden; neu Eintretende haben den Geburtsschein als Beleg für das vollendete neunte Lebensjahr vorzuweisen. Bei der Aufnahme ist von jedem neu eintretenden Schüler eine Taxe von 2 fl. zu entrichten. Das Schulgeld, von welchem im 1. Semester der ersten Classe eine Befreiung nicht stattfindet, beträgt für das Semester 6 fl. Oefl'entliche Schüler können bei nachgewiesener Armut, lobenswerten Sitten und befriedigendem Fleisse von der Entrichtung des Schulgeldes befreit werden. Aut. Ficlina, Director. DRUCK D E K A C T [ K N-G E S EI. LS C H AI'T LEYKAM-JOSEFSTHAE.