*?/// t: $s- Reise > « r englischen Gesandtschaft an den Kaiser von China, in den Jahren 1792 und ,793. Alls den Papieren des Grafen von Macartney, des Ritter Erasmus.Gowee und andrer Herren zusammengetragen von Gir George Staunton Varontt/ Königl. Selretcire bey der chinesischen Gesandtsihast. Aus dem Englischen übersetzt von Ishann Christian Hüttner Mitgesahrten dieser Gesandtschaftsreise. Zweyter Band. Mit Kupfern. Zürich bey Heinrich G e ß n e r. l 7 4 y. Inhalt des zweiten Theils. M. Aus Versehen des Copisten ist der Fehler in das Manuscript gekommen und von dem Sczzer befolgt worden. Daß auf pag. i«y Fünftes Capitel, statt Drittes Capitel erscheint, und so geht der Fehler bis zum lczten Capitel fort. Der Leser beliebe sich also noch dieser Inhalts - Anzeige i» richten. Erstes Cavils. Fernere Reift der Gesandtschaft auf dein Flusse Pei-Ho nach der Hauptstadt von China. Abgang der Schiffe aus dem Meerbusen von Petschelli T. i — 91. Zweigs C »MI. DieGesandtschaft landet nicht weit vonTongt-schusu, reißt weiter durch Peking nach einem benachbarten Pallastc und kehrt iu die HaupMdt zurück S 91 — «38. Drittes Capitel. Reise nach der mitternächtlichen Grande von China. Ansicht der grossen Mauer S. 189 — 2,4, Viertes Capitel. vieise nach dem Sömmerhoflager des Chinesi-jchen Kaisers in der Tartarey S. 224 — 310. Fünftes Capitel. Zurückkehr nach Peking. Bemerkungen über das , was sich dort und in Z)uen-min-puen zutrug S. 3>c> — Zg«. Sechstes Capitel. Ablug aus Peking. Reise nach Han - tschu - su, . zum Theil auf dem Kaiserlichen Canale S. Z80 — 483. Siebentes Capitel. Han -- tschu - fu. Reise von hier nach Tschussann: eine andre von eben daher nach Canto». Fahrt der Englischen Gesandtschafts-schisse von Tschüs-sann nach Canton S. 484 — 57?. Inhalt. Achtes Capitel« Aufenthalt der Gesandtschaft in Canton und in Macao S. 53o «- «55» Neuntes Capitel.' Fahrt nach Os. Helena ; Vcmcttungen über diese Iüscl. Heimkehr S. 655—«7<< Anhang. Taftl, von der Bevölkerung und Grösse des ei-«cntlichen Chinesischen Reichs, bis an die grosse Mauer. Zn runden Zahlen nach Tschau-fa-dschins Angabe bestimmt ° S. 677.. Einnahme der kaiserlichen Schatzkammer in Peking, aus dcn Provinzen des eigentlichen Chinas. Von Hentstlben . S. 678. Verzeichnis der bürgerlichen Beamten in China, mit Bemerkung ihrer Zahl > Bedienungen und Gehalte S. 680. Die vornehmsten Offiziere im Chinesischen Heere. Ihre Zahl, ihr Rang und Gehalt S. 6'8s. Ungefährer Ucbcrschlag, des Chinesischen WchrsiandeS S. 633. Angade des Thees, welchen fremde und Englische Schisse aus Canton nach Europa geführt haben S. s'86. Uebersicht des theils in Englischen, theils in fremden Schissen von 477b hjs 1786 aus China gcsuhtten Thees S. 707. Uebersicht der Güter und des ungemünzten Silbers/ >welchcvon der Ostindischcn Comp. vom Jahr »77; b^s i?95 ins Land aus China eingeführt worden E. 708» Zahl der Schisse, welche von 1776 bis 1/95 6u5 <^hi',m angelommcn sind; ucbst ihrem Gehalle an Tonnen nach der Angabe ihrer Erbauer S. 725. . Verknlfxroise von dcr Commutationsatte, lmt Einschluß der Zölle E. 71». Erstes Capitel. Fernere Reise der Gesandtschaft auf dem Flusse Pei-Ho nach der Hauptstadt von China. Abgang der Schiffe aus dem Meerbusen von Petscheli. Auslander haben es von jeher schwer oder gar ge> fahrlich gefunden, ohne besondern Schuz ins Innre von China weit einzudringen; allein die jczigen Reisenden durften sich nicht nur auf das Beglaubigungsschreiben ihres königlichen Bevollmächtigten verlassen, sondern erhielten auch hon dem Monarchen, zu welchem sie auf dem Wege begriffen waren, soviel Aufmmtterung, daß sie nichts für ihre persönliche Sicherheit zu besorgen hatten. Wenn es den Chinesen an Gelegenheit man, gelte, sich an das Betragen und A'Ussere der Fremi den, durch öfteren Umgang mit Auswärtigen, zu ges wohnen, ohne sie langer seltsam zu finden; so wußte man doch, daß die bekanntlich wcitgetricbene Verfeme/ rung aller Stande dieses Landes, und der immer auf, gehobene Arm der Macht, welcher jeden, der etwa z« ungebührlichem Benehmen aufgelegt war, abschrekte, Zweyter Baud. A 2 Fernere Rcise dcr Gesandtschaft den gegenwartigen Ankömmlingen völlige Sicherheit ge, wahrten.' Am Bord der kleinen Flotte von Englischen Bris gantinen und Chinesischen Iunken/ die zum erstenmale zusammen segelten, kamen sie den fünften August 1793 des Abends in der Stadt Taku an, welche am Pcis ho, oder weissen Flusse liegt, und der erste beträchtliche Ort an der nordöstlichen Gränze von China ist. Hier fanden sie eine Menge Jachten, oder bedekte Barke», und Lasttahue, die so gebaut waren, daß man damit bequem über die Untiefen des Pei- ho lausen konnte. Auf diesen sollte die sämmtliche Gesandtschaft so weit den Fluß hinan gebracht werden, als er sich der Haupts siadt des Reichs näherte. Der Gesandte bestieg unverzüglich die für ihn zu, bereitete Jacht. Sie glich einigermassen den Reise-fahrzcugen auf den Englischen und Holländischen Ca, nalen, war aber wegen ihrer Bestimmung zu einer langern und ununterbrochenen Reise, mit mehreren Bequemlichkeiten versehen, und sorgfaltiger verziert. Das Vorgemach/ der Saal, ein Schlafzimmer und Cabinet, die dem Gesandten eingegeben wurden, nahmen den größs ten Thcil des Fahrzeuges ein. Im Saale stand ein Slaatssessel oder ein viercckigtes Sofa, wie man in den Häusern dcr vornehmsten Mandarinen findet: sie belegen selbige mit grossen Kissen und sitzen darauf, wenn sie denen, die etwas anzubringen haben, Gehör geben. «ach dcr Hauptstadt von China. H Vom Schanzdcckel dcr Jacht stand ein ctwa zwey Schuh breites Gchbret an beyden Seiten heraus, wors auf das Schisssvolk und die Bedienten vom Vorderstes ven nach dem Hintcrstcven kommen konnte«/ ohne durch die Zimmer gehen zu dürfen. Auf diese Gchbreter tras ten die Schiffer wenn man die Jacht über Untiefen/ oder durch dicken Schlamm mit Stcmmbaumcn fortpressen mußte. Das Schisssvolk hatte nicht weit vom Hinters theile des Fahrzeuges eine kleine Kajüte inne, wo im Winkel, um ein Götzenbild, auf einem Altare, Stabs chen mit Rauchwcrk bcsirichcn/ bestandig glimmend erhalten wnrden. Es folgten Kahne mit Mundvorrath und Köchen, die des Gesandten Tafel besorgten, das nn't er nicht ans Land zu steigen brauchte, oder verzögert würde, wenn Fluth oder Wind der Reise günstig waren. Ausser dieser waren noch sechzehn andere Jachten für das Gefolge Sr. Excellenz erforderlich, welche mcis siens einen grössern Umfang halten als die des Gesandten, weil sie mehrere Personen halten mußten. Die Lange viclcr von diesen Fahrzeugen betrug 8o Fuß: aber sie waren, ungeachtet ihrer Geräumigkeit, von so leichtem Holze und auf solche Art gebaut, daß sie nicht tiefer als 18 Zoll im Wasser giengen, ob sie gleich weit darüber herausragten. Die Cajüten waren hoch und luftig: über ihnen befanden sich Kammern für die Schiffer, und unter den Fußböden waren kleine Keller, wo ,nan allerlei Nothwendigkeiten aufbewahren konnte. tz Fernere Reise der Gesandtschaft In Absicht auf Verzierung unterschied sich die Jacht des Gesandten von den übrigen Fahrzeugen am meisten durch eine grössere Menge von Glasscheiben, womit ihre Fensicröfnungen geschmükt waren; da hinges gen die Rahmen der andern eine Art von Papier ausfüllte, welches vornehmlich in Corea gemacht wird, und zu welchem man einen öligten Stoff nimmt, wodurch das Papier mehr Festigkeit bekommt, wenn es auf diese Art dem Wetter blosgestellt wird, indem ihm Regen und andere Nasse weit weniger, als dem Europäischen Papiere, schaden. Da man in der Jacht, wo denschaftlichen Betragen eines einzigen Richters Einhalt zu thun. Umher stand eine grosse M'nge von Vediew ten und Neugierigen. 54 Fernere Reist der Gesandtschaft Bald nach der Rückkehr des Gesandten auf seine Jacht schickte ihm dcr Unterkönig ein köstliches Mahl, inglcichen drey andere Esseu, jedes aus vier und zwanzig Schüsseln bestehend , für die drey Herren, welche Se. Excellenz beim Besuche begleitet hatten. Warum dcr Untertönig den Fremden, die ihm ihre Aufwartung machten, seine Höflichkeit lieber auf diese Art belvieß, als daß cr sie dcn Tag über bewirthete, oder auf den folgenden einlud, dazu konnte man keinen Schlüssel weder in den Gebräuchen noch in den Meis nnngcn des Landes finden, ausgenommen etwa in einer Rücksicht auf den Rang dcr Herren, die sich beim Gesandten befanden. Hier kam es wenigstens, wie dies in Indien der Fall hatte seyn können, nicht aus der religiösen Bedenklichkcit mit ungeweihtten Ausländern zu csscn, her. Mein da in China selten über vier Personen an einem Tische sitzen, und da vielmehr die Gerichte bey ihren Ehrengclagcn öfters anf mehrere Tafeln gestellt werden, so konnte vielleicht dcr wtter, könig, um nicht dem Gesandten in irgend einer Sache worüber man sich nicht auolicß, zu nahe zu treten, oder auch aus Mangelhafter Kunde dcr Englischen Sitten, diese Art von Gastfreiheit gewählt haben, welche jedoch ganz überflüssig war, weil der Kaiser schon auf seine Kosten für die der Gesandtschaft nöthis gen Lebensmittcl gesorgt hatte. nach der Hauptstadt von China. 15 Der Gesandte erhielt, wahrend daß er vor Takl» lag , Besuche von den vornchmsien Mandarinen aus der Gegend / an denen man wenigere Eigenheiten und Vorurlheile ihres Volks entdeckte, als bci den Niedern Ständen. Ein geübter Verstand ist sicherlich nicht so sehr das Kind des Beispiels oder dasGeschöpf des Himmelsirichs mU> der Rcgierungsart, als ein solcher in welchem sich nichts der Einwirkung dieser machs tigen Ursachen entgegensetzt. Wie wahr die Bemerkung sey, daß der gemeine Mann gerade das werde, wozn man ihn mache, bestätigt sich genugsam durch die Wirkung, welche die beständige Furcht, worin der lastende Arm der Gewalt das Chinesische Volk halt, auf dasselbe hervorbringt. Wenn sie sich von diescm Zwange frey fühlen, so sind sie aufgeweckt und zutraus lich; im Vciscyn ihrer Obrigkeit hingegen, ausserordentl« lich scheu. Diese Wirkung offenbarte sich bey dem jungen Menschen, von welchem oben gesagt worden, daß er absichtlich in der Brigantine Endeavour aus Canton gekommen, um der Gesandtschaft seine Diensie als Dolmetscher anzubieten. Wenn man den Mandarine nen etwas mitzutheilen hatte, so bediente man sich sei? ncr zuweilen, aber er fürchtete sich so sehr vor ihnen / daß cr seine Sachen selten gut machte, und den Ton der Unterhaltung, welcher unter Leuten von einerley Range gebräuchlich ist und welcher in den Worten, die man ihm aus einer Europäischen Sprache umzip l6 Fernere Reise der Gesandtschaft deuten gab, herrschte, allezeit in den kriechendsten unu stimmte, der nur immer im Chinesischen für die alle« niedrigsten Leute vorhanden seyn konnte. Aber es genügte ihm an dieser Vorsicht zu seiner Sicherheit nicht, sondern, da er mit jedem Dienste, worin er sich bey Ausländern einließe, Gefahr zu laufen glaubte, sogab er seine Neigung', den Obcrhcrrn und die Hauptstadt seines Vaterlandes in dem bereits angetretene,, Amte zusehen, diesen neuen Besorgnissen Preiß, erstickte die Liebe zu dem Gewinnsie, welcher mit seiner Bei stallung verknüpft war, und beschloß sogleich wieder in dem Fahrzeuge, worin er gekommen war, nach Canton zurückzukehren. Da nun, nach allen nöthigen Ansialten, die Gesandtschaft im Stande war, den Flus hinan zu' reisen, und Mylord die gehörigen Befehle dazu ertheilt hatte, so wurde das Signal zum Segeln am Morgen des neunten Augusts gegeben. Zu den schon erwähnten Fahrzeugen, kamen nun noch andre für Mandaris nen von allerlei Graden, und für gemeinere Chinesen, welche allc'sammt die Gesandtschaft begleiten sollten und sich wenigstens eben so hoch bclicfcn, als die dazu gehörigen Ellropaer. In China gicbt man nicht Sigs nale durch Abfeurung einer^ Canone, sondern ma« schlagt in dieser Absicht mit hölzernen Hämmern aufcine Art.von rundem Becken aus Kupfer, welchem Metalle, um nach der Hauptstadt von China. '7 um es helltöncnder zu machen / Zinn oder Fink beii gemischt ist: es giebt ein Getös von sich, welches den Nahestehenden fast betäubt/ und in grosser Ferne gel hört werden kann. Dieses Instrument, welches di« Chiuvscn L u und die Europäer in China Gong nennen, weil es in andern Theilen von Asien so heißt, braucht man ordentlicherweise zu Wasser. Eben so giebt man auf dem Lande bei den meisten öffentlichen Vorfallen? heilen, besonders unter den Truppen, alle Zeichen mit zwey Stücken Holz, die man an einander schlagt, welches fast wie eine grosse Klapper schallt. Trom, meln, wie es scheint, sind beim Heere nicht gebrauche licli, aber in den Tempeln machen sie einen Theil deo religiösen Musik aus. Beinahe alle zur Gesandtschaft gehörige Jachten und Kähne hatten Europäer und Chinesen am Bord. Man hätte glauben sollen, daß aus einer Vermischung von Leuten, deren Lebensart, Bedürfnisse und Sprachen einander so fremde waren, viele Unannehmlichkeiten entstehen würden, aber man beugte ihnen durch Behutsamkeit und Ordnung vor. Die Mandarinen bestrebten sich bey jeder Gelegenheit den Fremden alle Bequemlichkeit zu verschaffen. Auch sogar in dem B« tragen der Chinesischen Soldaten und Schisser konnte man eine Leutseligkeit und ein zuvorkommendes Wesen wahrnehmen, die sich von blosser Pflichterfüllung sehr Z,ve»M Band. B i3 Fernere Reise der Gesandtschaft wohl unterscheiden ließen und zeigten, daß die neuen Ankömmlinge wenigstens «icht unwillkommen waren. Doch,hieß es freilich überall, daß diese Fremden fernher kamen, um dem Monarchen des Reichs ihre Hochachtung zu bezeigen, und keiner der niedrigsten Chinesen seufzte so sthr unter tem Drucke, daß er nicht an dem Vergnügen der Nation hierüber hatte Theil nehmen sollen. Die Annäherung der Gesandlschaft war ein Ereign ms, wovon sich das Gerücht schnell in die nahen Städte und Dorfschaften, die man hin und wieder aus den Barken sah. verbreitete. Schaarcn von Leus ten standen an den Ufern, und manche hatten schon eine lange Zeit auf den vorüberschiffenden Zug gewartet; abcr die eben so scheuen als neugierigen Weiber sahen durch die Thorwege, oder guckten über die Mauern, um ihre Augen an dem Schanspiele zu weiden. Zwar tauchten einige Matronen ihre winzigen Füßchen in den Flus, um besser sehen zu können, aber die jungem blieben mehrentheils in einiger Entfernung stehen. Was die Fremden betrift, so wurden diese beständig mit immer neuen Gegenständen ergözt. Die Gegend und das Aellssere der Leute hatten fast durchgchends einige Verschiedenheiten, wodurch sie sich von dem, was man sonst gewöhnlich sicht, ausuahmen. Und man war allgemein überzeugt, daß es der Mühe wohl werth sey, so weit zu reisen, um ein Land zu sehen nach der Hauptstadt von China. «s wo man sich in jeder Hinsicht so viel Neues Ulld Merks würdiges versprechen tonnte. Der gerade Fortschritt der Gesandtschaft auf dem Peiho war, wegen der vielen Windungen dicses Fluss ses, sehr langsam. Die Reise zog sich daher ungemein in die Lange, und wenn der Wind in cincr Gegend günstig war, so wurde cr widrig in der andern. Alle Flüsse oder Bache sireben unstreitig gerade von ihren Quellen nach der See zu, und beugen nur da aus, w» sich ihrer Gewalt unübersteigliche Hindernisse entgegen/ sicllcn. Wenn diese aus Felsen, oder erhabenen Strecken von festem Erdreiche bestehen, so verändert nicht leicht etwas in der Folge das einmal gebildete Flusbette: lauft aber das Gewässer durch ein beinahe . flaches Land und zwischen Ufern von einem so lockes rem Boden / daß sie dem Flusse, wenn er irgendwo anschwellt oder reissender wird, nicht widerstehen köns nen ; so ist zu vermuthen, der Strom werde sich dan» in neue und abschweifende Wege ergießen. Dies war hier der Fall, und zwar entstand so viel Unheil daraus, daß die Negierung bemüht gewesen zu seyn scheint, den Flus wieder in seine gewöhnlichen Gränzen einzus schränken; weswegen man ausserordentlich viel Erde an beiden Seiten aufgehäuft hatte, um die Ufer wie< der auszubessern, sobald das Wasser etwas davon wegschwemmte. Solche Hügel in Gestalt abgestumpft ter Keile findet man überall längs dem Peiho und si« Ho Fernere Neise der Gesandtschaft mögen zum Theil aus dem Schlamme des Flusses gemacht worden styn. Iezt sind die Ufer des Flusses höher als die anstosscnden Ebenen, welche sich bis zum fernsten Gesichtspunkte erstrecken ; und wegen derKrüm? munge» des Stroms durch die ganze Gegend, sahen die Masten der Schiffe auf dem Flusse weit und breit so aus, als ob sie sich in jeder Richtung über die Felder hin bewegten, indem das Wasser nicht zum Vorscheine kam. Auf den Feldern, wclche höchst sorgfältig bestellt waren, stand mehrcnthcils Aolcuz sm-ssdum, welches gemeiniglich in England Barbadischer Hirse (in Deutschs land Sorgsamen oder welscher Hirse) genannt wird, und unter den Getreide tragenden Gewachsen das grösie ist. Es treibt zehn bis zwölf Fuß hoch, und vermchrt sich, nach der niedrigsten Berechnung, huns dertfastig. Die Hauser, welche man auf der ersten Tagereise in den Dörfern am Flusse hin erbaut sah, schienen aus Lehm zu seyn, wie die oben bei der Mündung des Peiho erwähnten; aber bei näherer Untersuchung ergab sichs, daß sie aus Mauersteinen bestanden, welche schlecht gebrannt oder an der Sonne gedörrt, und nachher, gleich den Ziegeln auf den Dächern mit einer Lettcnfarbigen Bekleidung ohne Beimischung von Kalk, überwerfen waren. Ueberhaupt kann man in einer beträchtlichen Entfernung vom Flusse keinen am nach dcr Hauptstadt von China. 2^ dcrn als Seemuschclkalk, und gehauene Steine gar nicht, auftreibcn. Ein Kiesel ist hier eine Seltenheit. Bei einigen Städten und Dörfern standen Pyra? widen, die ungefähr fünfzehn Fuß hoch, aber in Lange und Dicke sehr von einander verschieden waren. Sie bestanden aus grossen Salzmassen, die man, so wie den Torf in einigen Gegenden von Europa, wenn er in Menge bewahrt wird, in dieser Gestalt aufgeschük tet hatte. Diese Massen waren blos mit gemeinen Matten bedeckt, welche jedoch hinreichten, sic vor der Zerschmclzung durch Ncgcn zu schützen, der übe« dies hicrhcrum nur sparsam und selten fiel. Demuns geachtet hatten die Felder im August gar nicht das Ansehn, als ob sie von der Sonne ausgedörrt wären. Nur wenig Wolken entdeckte man am Himmel. Die Grade der Hitze, welche man im Schatten jeden Mit» tag fühlte, sind auf den beiden Charten angegeben, wo der Weg verzeichnet ist, den die Gesandtschaft durch China nahm. Es wurde nichts bemerkt, woraus sich Feuchtigkeit der hiesigen Luft hatte vermuthen lassen, aber des Abends sah man Thau auf den Auen m der Nähe des Flusses. Mit einbrechender Nacht wurden die Ufer bunt erleuchtet, wozu man Laternen brauchte, deren durche sichtige Seiten aus verschiedenfarbigem, weissen, blauen oder rothen Papiere gemacht waren. Die bestimmte Anzahl von Laternen, welche man an den 22 Fernere Rcise der Gesandtschaft Spitzen der Masten auf den verschiedenen Fahrzeugen im Flusse angebracht hatte, bezeichnete den Rang der darauf befindlichen Reisenden und spiegelte sich samt dem Lichte der Cajütcn auf den Iunken im Wasser, wodurch eine fortbewegte farbenspielende Erleuchtung hervorgebracht wurde, für welche Art von Prunk der Chinese sehr eingenommen ist. In der Nacht war der Rumor fast eben so groß als am Tage, wozu das gellende Getös der Lu, Becken, die man bei allm geges benen und wiederholten Signalen anschlug, nicht we-nig beitrug. Das drohende Summen und die öftcrcu Stiche dcr grossen Mücken waren gleichfalls in der Nacht über die Maßen beschwerlich. Auf der folgenden Tagereise bemerkte man zum erstenmale eine Einzäunung, von beträchtlichem Umfange, welche den Parken bemittelter Leute in England glich^ Sie war die Wohnung des Ta - chwang oder des Kreisbefchlshabers. Seine Behausung unterschied sich durch dreifarbige Pforten und durch zwei daneben aufgerichtete Stangen, jede vierzig Schuh hoch, an denen Man zu Zciten die Kennzeichen der Würde des Vcsiz-zers befestigte, und des Nachts Laternen zum Staate oder zur Bequemlichkeit aufhieng. In dem eingefaßten Plaz sah man noch mehrere Gebäude, mancherlei Baume und verschiedene Schaafe und Pferde. Bis jezt hatte malt noch gar kein Vieh irgendwo erblicken können. OK skich die hiesige Gegend flacher Anger war und bes nach der Hauptstadt von China. 23 quem zu Weideland hatte umgcschaffcn werden können, so erblickte man doch fast keine eilizige Wiese und noch weniger Brachfelder. An einer Seite des Flusses stand em ansehnlicher Hain von hohen weitastigen Kiefern, an und in Wels them man etliche steinerne Grabmale sah, die zum Ans denken der darunter bestatteten Leute dienten: aber es war kein Tempel bei diesem Beerdigungsplatze er? baut. Obschon der Anblick von Schlummerstatten der Todten bei Ocrtern, die der öffentlichen Anbetung geweiht sind, einer ernsten, frommen Gemnthssiimmung mehr Schwung geben mag, so ist doch vermuthlich in-China die Rücksicht auf Gesundheit hinlänglich gewesen, diese beiden Platze völlig von einander zu sondern. Das gegenüberliegende Flußufcr war, cine weit« Strecke hinauf, voller Salzpyramiden oder Salzschober, eben so hoch wie die vorhinerwahnten. Die Menge dieses Erzeugnisses, welche zur Häufung solcher Lasten crfoderlich war, schien so ungeheuer zu ftyn, daß Herr Barrow auf die Gedanken kam, sie durch eine Art von Berechnung näher zu bestimmen. «Die Schober, welche ganz waren, belieftn sich auf zweihundert und zwei und zwanzig, der bcrcitS angebrochenen nicht zu erwähnen. Ein Durchschnitt jcdeS Sckobers enthielt siebenzig Sacke. Keiner von diesen Schobern war lve? niger als zweihundert Schuh in die Lange und einige erstreckten sich bis auf sechshundert. Angenommen nun, Ä4 Fernere Reist der Gesandtschaft daß die Mittellänge dieser Schober vier hundert Fuß betrug und daß jeder Sack darin zwei Fuß einnahm; so würden dann in jedem Schober zweihundert Durchschnitte oder vicrzehntauscnd Säcke und in den zweihundert und zwei und zwanzig Schobern über drei Mil« lionen Säcke Salz seyn. Jeder Sack enthielt ungefähr zweihundert Pfund Salz mithin waren in allen zusammen über sechshundert Millionen Pfunde.« Als unter Frankreichs voriger Regiermig einige Provinzen noch die Gabelle oder Abgabe vom Salze bezahlen mußten, so wurde ein genauer UcbcrsHlag gemacht, wie diel man jährlich, im Durchschnitte davon derbrauchte. Man nahm damals an, daß cnifjcdc Person dcs Jahres noch lauge nicht zwanzig Pfund kämen, wobei der vielfache Gebrauch, zu wclchcm es angewendet wird, mit in Anschlag gebracht war. Aber gesezt es wäre jedem Chinesen das Jahr hindurch die ganze Summe von zwanzig Pfunden nothwendig; so würde die ebenerwähnte Menge Salz für dreissig Millionen Leute ein Jahr lang hilu eichen, ohne die damals angebrochenen Schober und die kleinern Anhäufungen zu rechnen, welche vorher längs den Ufern des Flusses bemerkt worden waren. Dieses Bedürfnis wirft ansehnliche Einkünfte für die K>one bon China ab. Aber die in der Provinz Petschili darauf gelegten Zölle sind, wie man behauptet/ geringer, als was manche andere Theile des nach der Hauptstadt von China. 2g Reichs davon entrichten. In verschiedenen Bezirken der genannten Provinz, besonders um die Hauptstadt, soll eine Art groben unreinen Salpeters so hanfiq seyn, daß er, so wie an einigen Orten im Innern von Indien, anstatt des Seesalzes vom Volke gebraucht wird, weswegen er auch mehr den Nahmen des gemeinen Salzes verdienen mag, als das aus Meerwasscr vers fertigte. Das meiste in den Peiho gebrachte Seesalz kommt von den Küsten der beiden südlichen Provinzen Fo-tschien und Quantung, wo es aus dem Secwasser bes reitet wird. Hierzu wählt man grosse thom'ge Felder, welche völlig geebnet, glatt gemacht und mit ungefähr sechs Zoll hohen Rändern umgeben werden; in diese leitet man das Seewasser durch Schleusen oder pumpt es, wahrend der Fluth, mit Kettcnpumpen hinein, bis es ans zwei bis drei Zoll hoch steigt. Die Sonnenhitze in den Sommermonaten ist dann heftig genug, um die Ausdunstung der Wasserthcile zu befördern. Sie geht langsam und gleichförmig von statten, laßt grosse kubische Crystalle zurück und bildet die Art vo« Salz, welche in England unter dem Nahmen Baysalz bekannt ist. Am Ausflüsse des Peiho giebt es ähnliche Werke, die aber nicht von grossem Belange sind. Die nördlichere Lage kann gewiß der Verfahrungsart durch Sonnenhitze nicht so günstig seyn. In England und sogar in ewigen mittäglichen Gegenden Frankreichs muß 26 Fernere Reise der Gesandtschaft man sich der künstlichen Hitze dazu bedienen. Das Salz, welches jahrlich aus Quan-tung und Fos tschien in den Peiho geführt wird, crfodcrt an zweitausend Fahrzeuge, jedes zu zweihundert Tonnen. Wenn ein Bedürfniß allein so viele Junten wegnimmt, so kann man sich leicht vorstellen, wieviel Fahrzeuge auf dicscm Flusse zu sehen sind. Wirklich staunten die Neuangekommenen Reisenden nicht so sehr über die Menge von Städten und Dörfern, die man vom Pciho sehen konnte, noch über die vielen Leute, die sich herzu drängten, als über die zahlreichen Iunken, die man jeden Augenblick einholte, vorüber segeln oder in den Buchten beider Ufer vor Anker liegen sah. Von den mehrerwähttlcn Sc>lzpyramiden sah man den grossen Hafen, genannt Tien-sing, welches im Chinesischen wörtlich einen himmlischen Ort anzeigt; auch hat er ein Recht an diese Benennung wegen scis ner Lage in einem lustigen Erdstriche, in ergiebigem Boden, trockener Luft und unter heiterem Himmel. Er ist der allgemeine Handelsplatz der nördlichen Pros vinzen von China und steht am Zusammenflüsse zweier Ströme, über die er sich auf einem allmahligen Abhänge erhebt. Der Pallast dcs Befehlshabers liegt auf einer vorlaufenden Landspitze, von wo er eine auss gedehnte Wasserfläche überschaut, welche aus der Vereinigung dcr Flüsse entsteht, und mit Schissen von allerlei Grösse beinahe bedeckt ist. Viele davon gehen nach der Hauptstadt von China. 27 nie über die seichte Barre vor der Mündung dcs Pciho, sondern beschäftigten sich blos mit dem inländischen Handel, welcher auf den Canalen und grossen Flüssen im ganzen Reiche getrieben wird. Von den zwei Strömen, die sich bei Tensing verl einigen , hieß der eine, worauf die Gesandtschaft weis ter reisen sollte, Peiho, welcher Nahme auch beiden Flüssen nach ihrer Vereinigung gegeben wird. Den andern nannte man Iun- liang - ho/ oder den Getreidctragcndcn Fluß, wegen des vielen Walzens, welcher auf ihm aus der Provinz Schen-si kommt und den Pciho hinauf bis in die Gegend von Peking geht. Die gegenwartig auf der Reise begriffenen Auss lander fanden schon jezt, ob sie gleich noch nicht weit in China vorgedrungen waren, daß die Benennungen von allem, was ihnen bisher im Lande vorgekommen, nicht blos aus willkührlichen unbedeutenden Tönen oder Nahmen eines fremden Ursprungs bestanden, sondern in der Voltssprache eine Bedeutung hatten, woraus man das Wesen und die Eigenschaften der bezeichneten Sache erkennen konnte: ein Umstand, welcher vermuthen läßt, daß dieses Reich seit den frühesten Zeiten immer von demselben Völkcrstamme bewohnt wurde, der alle Mcnschcnalter hindurch die nehmliche Ursprache beibehielt, ohne sich merklich mit andern Nazionen zu ver/ mischen oder fremde Mundarten in die seinige cinzus verleiben. 23 Fcrncre Nelse der Gcsalldtschaft Neber den Zusammenfluß der zwey Ströme bey Ticnsing, war zur Bequemlichkeit der Fußgänger eine Schiffbrücke geschlagen, die sich öffnete, wenn Fahr« zeuge hindurch wollten. An den Kaien hin waren Tempel und andere schöne Gebäude aufgeführt, sonst aber sah man größteutheils kleine Kramladen, mglcichen Waarcnhauscr, grosse ummauerte Werfte und Magazine, in denen alles was zur Meerschiffahrt gehörig ist/ aufgehoben wurde. Die Wohnhäuser, in welche das licht nur durch innre Hofraume siel, stellten dem Auge von Aussen fast weiter nichts als kahle Mauern dar. Das neugierige Volk befand sich meistens in den Straft scn und auf den Schiffen, welche ganz im eigentlichen Verstände das Wasser der Stadt gegenüber bcdckten. Unter den Gaffern aber standen wcnig Weibsleute. Demüngcachcct war das Gedränge unsaglicl,, und zwar nicht blos von den Höhen bis ans Ufer hinab, sondern die Leute waren zu Hunderten sogar ius Wasser gewas det, um die Schisse, worauf sich die Fremdlinge befans den, mehr in der Nähe zu beschauen; allein da diesen das Gedränge nicht lastig werden konnte, so wurde das Volk weder von Soldaten noch Gcrichtsdienern zus rükgehalten. Doch mitten in der heftigsten Ncugier bes trugen, sich die Leute von selbst mit sehr viel Anstand und Ordnung. Nicht der geringste Wortwechsel schien unter ihnen vorzufallen/ und um einander nicht im Wege zu seyn/ nahmen die gemeinen Chinesen alle ihre nach der Hauptstadt- boss China. 29 Ctrohhüte, die sie gewöhnlich lragcn, ab, während daß die Jachten der Gesandtschaft vorüber fuhren: auf diese Art wurden ihre blossen Haupter zwar der siechenden Sonnenhitze ausgesetzt, aber die hintanstehenden Zus schauer hatten doch freye Aussicht. Die unvermerkte Erhebung dcsBodens auf jeder Seite/ vom Wasser an bis auf das äusserste Ende der Stadt, machte das Gans ze zu cinem grossen Amphitheater. Es war wirklich mit Köpfen besczt, dercn einer immer etwas hinter und über dcm andern hervorragte. D«e Gesichter zeigten sich alle, und man glaubte bis dahin noch nie eine so grosse Menge von Einwohnern beysammen gesehen zu haben. Die Gesandtschaftsfiotte hielt fast mitten in der Stadt, einer Art grossem Gczclte gegenüber, wo der Unterkönig den Gesandten erwartete. Ersterer war von Taku zu Lande gekommen, wo der Weg kürzer ist, als wenn man auf dcm schlangelnden Flusse reist. Der Gesandte gieng hier mit seinem ganzen Gefolge, mit aller seiner Bedienung, Musik und Leibwache ans Land. Er wurde vom Unterkönig und dem zu Ende des ersten Bandes erwähnten Abgeordneten empfangen. Hinter ihnen stand ein Trupp Chinesischer Soldaten unterm Gewehre, welche, wie der Hauptmann Parish umständlich anzugeben wußte, vornher auf folgende Art gestellt waren: Drey Militärmandarinen, oder Oberoffiziere. Zo Fernere Reise der Gesandtschaft Musik vor einem Zelte. Drcy Leute mit langen Trompeten. Ein Triumphbogen. Vier grosse grüne Fahnen: zwischen jeder grösseren vier kleinere, und zwischen jeder kleineren ein Bogenschütze. Sechs grosse rothe Fahnen : zwischen jeder grossen fünf kleine, und dazwischen Leute mit Luntenfiinten. Zwey grosse grüne Fahnen und dazwischen Soldas ten lnit Pallaschen. Ein Zelt mit Musik. Ein Triumphbogen. Wegen der grossen Hitze hatten mehrere Soldaten, ausser ihren Gewehren, auch Fächer, die überhaupt in China von beyden Geschlechtern und von allen Stan, den ohne Unterschied getragen werden. Und daß man sie hier auf der Parade hatte, wird denen nicht befremdend vorkommen, die zuweilen in andern Gegenden von Asien Offiziere unter Sonnenschirmen bey der Uebung ihrer Truppen zu sehen Gelegenheit gehabt habcn. Der Unterkönig führte den Gesandten mit den Vors nehmsten des Gefolges in das Gezelt, das am Ende einen verdunkelten Hintergrund oder eln Hciligthum hatte, wo man sich einbildete, daß die Majestät des Kaisers immer ihren Aufenthalt habe; mid es wurde den Fremden zu verstehen gegeben, dieser Majestät sey mit ehrfurchtsvoller Hochachtung zu huldigen, welches " nach der Hauptstadt von Chilli 31 sofort, wie seltsam man es auch finden mag, durch cine tiefe Verneigung geschah. Wie der Untcrkönig allein den Gesandten in Taku cmpfieng, war an keine solche Ceremonie gedacht worden. Als ftincr Weltmann vermochte er es wahrscheinlich nicht über sich, den Vorschlag zur Anerkennung dieser vorgeblichen ANgegem wart plötzlich einem Fremden aufzudringen, der eine solche Eigenschaft vielleicht bey keinem Sterblichen an-zunehm.'n pflegte: allein die Gegenwart des kaiserlichen Abgeordneten, dessen Gesinnungen offenbar mit den seinigcn nicht übereinstimmten, nöthigte höchst vermuthlich sogar einen so vornehmen und vcrehrungs-würdigen Herrn, als dcr Untcrkönig war, vor dem Auf-laurer vom Hofe auf scincr Hut zu scyn, und kcins von den gewöhnlichen Zeichen dcr unbegrauztcn Hochachtung gegen den erhabenen Beherrscher des Reichs zu übers gehen. Sobald Thee, Zuckcrwcrk und andre Erfrischungen herumgegeben, und die gegenseitigen Höflichkeiten vorüber waren, machte dcr Abgeordnete dem GesandlC« bekannt, daß sich der Kaiser auf seinem Landsitze zu Dsche-chol in der Tartarey befände, wo er den dreys zehnten des achten Mondes, oder den siebzehnten Cep? tember seinen Geburtstag zu feyern gedachte, und auch die Gesandtschaft zu empfangen wünschte. Obgleich der Gesandte überhaupt willig war, sich nach allen Wünschen des Kmscrs zu bequemen; so hörte er doch FZ Fernere Reist der Gesandtschaft - besonders mit Vergnügen, daß er nach der Tartarey gehen sollte, weil er dann auf der Gränze Gelegenheit hatte, die grosse Chinesische Maner zu sehen, wovon der berühmte Doktor Johnson, im Fcuer der Wißbes gicrdc, gesagt haben soll, der Enkel dessen, der sie zu Gesichte bekommen, könnte sich etwas darauf zu gute thun. Was der Abgeordnete noch ausserdem sagte, war nicht so angenehm. Die Gesandtschaft sollte bis nach Tongschu, zwölf Mcilcn von Peking, zu Wasser reisen, und dann sogleich über Land ihren Weg mit allen Geschenken bis nach Dschclchol fortsetzen. Freylich war bey vielen von diesen nicht zu befürchten, daß sie auf der Reise durch das Wcitcrschaffen leiden würden; aber man fand es augenscheinlich unausführbar, einige der kostbarsten und auserlesensten Geschenke., die von zarter Zusammensetzung, oder zum Theil aus zerbrechlichem Stoffe verfertiget waren, ohne Beschädigung über die Gebirge und hockrichten Wege der Tartarcy zu bringen. Alle Geschenke aus einmal dem Kaiser gleich nach Anknnst der Gesandtschaft in Dsche- chol zu überreichen, war durchans unmöglich, weil etliche der Maschinen, die aus sehr vielen Theilen bestanden, nothwendigcrweise hatten auseinander genommen werden müssen, damit man sie einpacken und aufs Schiff bringen konnte; und es erforderte einige Zeit sie wieder zusammen zu setzen. nach der Hauptstadt von China. 7? Zudem wünschte man auch sie zugleich in dem bewohn, testen Palasic des Kaisers aufstellen zu können, weil sie dort unler der Aufsicht des Doktor Dinwiddie und des Herrn Barrow, von Künstlern, welche damit umzugtt hei, wußten, in gehörige Ordnung gebracht, und dann nie wieder weggenommen werden sollttn. Solche Denks male Europaischer Geschiklichkeit und Kenntnis verdienten in ihrer Vollkommenheit aufbewahrt zu werden. Aber dem Kaiserlichen Abgeordneten misfiel alles was den mindesten Aufenthalt in der Nähe der Hauptstadt verursachen konnte, und es schien, als ob er WillenS wäre, daß Niemand von der Gesandtschaft hinein koms men sollte. Es hatte ihm an Gelegenheit gefehlt sich von dcr Verlezbarkeit wissenschaftlicher Instrumente richtige Begriffe zu verschaffen, oder sie gehörig schätzen zu lernen, und nichts als die Vermittlung des Unterköe Nigs rettete sie von dem Untergange, welchem der Ent, schlus des Abgeordneten sie wldmcte. Endlich wurde ausgemacht, daß man sie in einen Palast unweit Peking setzen wollte, wo dergleichen Sachen gemeiniglich einen Plaz fanden. In dieser Unterhandlung ließ der Abgeordnete übel? launigen Starrsinn unter einer ungewöhnlich sanften Miene hervorblicken. Seine verschrobene Denklmgsart schien auch durch Eifersucht gegen alle Fremden, und durch die erklärteste Verachtung derselben entstellt zu Zweyter Band. C 54 Fernere Reift der Gesandtschaft werden. Aber die Artigkeit und Verbindlichkeit des UnteMnigs ersezte das was dem Tartar abgieng, und der Gesandte mußte blos beHauern, daß das grosse Alter und die verschiedenen Abhaltungen des ersterer« nicht erlaubt hatten, ihm die Bestallung bey der Gesandtschaft zu übertragen/ welche dem leztern war gegeben worden. Der Gesandte war mit seinem Gefolge kaum wies der auf die Jachten zurlikgekehrt, als der Unterkönig, wie vorher in Taku, ein köstliches Mahl mit Wein, Obsi und Zuckerwerk, nebst Geschenken von Thee, Seide und Nesseltuch schikte. Ob gleich in leztern kein erheblicher Werth lag, so wurden sie doch mit so verbindlichen Ausdrücken und Grüsscn gesandt, daß man sie auf eine Art annahm, von welcher an, meisten voraus zu sehen war, der Gcbcr werde darüber Wohlgefallen habm. Es el> folgte gleichfalls ein reichliches Essen nebst Geschenken für die Soldaten, Musikanten, Künstler und Bedienten der Gesandtschaft. Zu den andern Beweisen seiner Aufmerksamkeit ges gen den Gesandten gehörte auch eine Schaubühne, welche ausdrücklich hier, Mylords Jacht gegenüber, aufgebaut war. Man hatte sie von aussen mit allerhand schimmernden in die Augen fallenden Farben verziert, welche, gehörig vertheilt, und zuweilen sich gegenseitig hebend, nach einer besonders zu erwerbenden Kunsier-fahrnis der Chinesen, eine lebhafte und gefällige Wir- Nach der Hauptstadt von China. 3? kung thun. Die inwendige Ausschmückung der Bühne war eben so wohl gerathen, und die Schauspielers« sellschaft stellte den ganzen Tag über bald Pantomimen, bald historische Stücke vor. Die Anzüge der Gauller waren von den alten Chinesen aus dem Zeitalter entt lehnt, wo die aufgeführten Personen gelebt haben solls ten. Die Unterredung nahcrre sich dcm Recitative, web ches von vielerlei musikalischen Instrumenten begleitet Wurde, und bei jedem Einhalten erhob sich ein lautes Getöse, woran das Lu-Becken keinen geringen Antheil hatte. Die Musik konnte man gerade über sehen, da sie am Ende der Bühne stand, welche zwar breit, aber nicht sehr lang war. Icdc Person, die zum erstenmal auftrat, sagte an was sie für eine Rolle habe, und wo das Stück spiele. Dem Anscheine nach war die Eins heit des Orts beobachtet, denn der einmal für die Handlung angenommene Schauplaz änderte sich nie. Weibliche Rollen wurden von Knaben oder Verschnitt tenen gespielt. Insbesondre siel eins von den Stücken etlichen auf, die sich beinahe ahnlicher Vorstellungen auf der EnM schen Schaubühne erinnerten. Ein Chinesischer Kaiser und seine Gemahlin wurden auf der Höhe ihres Glücks gezeigt: auf einmal empören sick die Unterthanen, es entsteht ein bürgerlicher Krieg, Schlachten werden geliefert, und endlich überwindet der Hauptalifrührcr, ein Anführer der Reuterei, seinen Landesherrn, erschlagt 36 Fernere Rclse der Gesalldtschast ihn mit eigner Hand, und treibt das Kaiserliche Heer In die Flucht. Die gefangene Kaiserin erscheint dann auf der Bühne in aller Angst der Verzweiflung, welche natürlich aus dem Verluste ihres GattcN und ihrer Würde, wie auch aus der Besorgnis für die Sicherheit ihrer Ehre erfolgen muß. Wahrend sie sich das Haar zerreißt und die Luft mit Klaggeschrei erfüllt/ tritt der Sieger auf, nähert sich ihr mit Ehrerbietung, redet sie sanft an, stillt ihreu Gram durch sein Beileid, spricht von Liebe und Anbetung, und bringt die Chinesische Fürstin, in weniger als einer halben Stunde, so wie Richard der Dritte Lady Annen im Shakespeare, das hin, daß sie ihre Thränen troknet, ihren verstorbenen Gemahl vergißt, und sich dem tröstenden Buhlen überlaßt. Das Stück schließt mit der Vermählung und ci-nem großen Anfzuge. Der Gesandte erhielt in Tiensing vom Geschwader in der Mündung des Flusses Nachricht. Es machte sich auf eine baldige Abreise gefaßt, da dcr Ritter Erasmus Gower die erbetene Anweisung an die Mandarinen erhalten hatte, welchen darum befohlen wurde, ihn mit dem Nothwendigen zu versorgen, er möchte zur Erholung seiner Lcute anhalten wo er wollte. Wirklich bot man ihm in Taku Mundvorrath auf ein Jahr an, gleich als ob man ihn schon in den Stand hatte setzen wollen zurück zu kehren, da es bekannt war, daß er auf seiner Herreise zehn Monate zugebracht hatte. «ach der Hauptstadt von China. 37 In der Brigantine Endeavour kehrten noch ausser dem Dolmetscher, welcher nicht das Herz hatte mit nach Peking zu reisen, zwei Missionaire nach Canton zurück, dic wegen »«angelnder Erlaubniß, vor der Hand nicht in die Hauptstadt kommen dursten. Da sie sich scholl don früher Jugend an der Forlpflanzung des Christen« thums in fremden Ländern gewidmet hatten, so waren sie vor einigen Jahren von den damals zn Paris btt findlichcn Vmstchcrn auswärtigerRcligionsbekehrungen, nach Macao abgcschikt worden, um von dort zn ihren Berufsgenosscn in Peking abzugehen. Sie kamen grade an als man überall im Reiche die Christen verfolgte, weil die Europäischen Vckchrer, oder ihre Lchrjünger, mit Grunde oder falschlich beschuldiget wurden, den Saamcn zu Unruhen ausgestreut zu haben. Die eifersüchtigen Priester der bereits in China herrschenden Nei ligionen schürten die Vorurtheile oder Leidenschaften der Mandarinen an, welches denn die Erneuerung von Befehlen zu W^ge brachte, die ehedem wider die Einführung neuer Scctcn oder ungewöhnlicher Lehren, aus dem Grunde, weil sie der Ruhe des Staats leicht gefährlich werden könnten / waren gegeben worden. Da nun die neuen Missionaire wegen jener Verfolgungen es noch 'chwcrer und bedenklicher fanden, ihre Reise unbemerkt durchs Reich zu machen, so wurden sie mittlerweile von den vornehmen Geistlichen in Macao zum Unterrichte der jungen Portugiesen gebraucht, welche Priester wer? 3» Fernere Reise der Gesandtschaft den sollten. Jedoch weit entfernt ihre ursprüngliche Bestimmung aus den Augen zu lassen, hatten sie eifrig jede Gelegenheit benuzt sich darauf vorzubereiten, und. Noch ehe sie Europa verliessen, Mathematik und Astronomie getrieben, um bei der Sternwarte in Peking angestellt werben zu können. Einer von ihnen war eine Zeitlang Schüler dcs berühmten Astronomen Lalande gewesen. Es war zu verlmuheu/ daß sie der Kaisepj ^ wenn er von ihren Fähigkeiten und Kenntnissen hörte,' in scincn Dn junger Mensch, reinllch und einfach gekleidet, von bescheidner Miene und anspruchloscm Betragen trat herein. Er war ein neubctehrter ausrichtiger Anhänger der Lchre Christi, und ein eifriger Schüler des Missionairs, der ihn aus dem Heidenthume seiner Voreltern wiedergebobrcn halte. Die Befehle seines geistlichen Vaters waren ihm heilig, und er lief bei seinem jetzigen Auftrage nicht geringe Gefahr, da er ohne Erlaubniß der Obrigkeit, weder in seiner Hcimath, noch an dem Orte, wo er sich jezt befand, dem Gesandten Briefe überbrachte. Denn es ist nicht nur untersagt eine solche Gemeinschaft mit Fremden zu pflegen, sondern sie ist auch sogar untcr den Eins wohncrn des Landes sehr erschwert. Hier ist durch keine Dliefposi für die allgemeine Bequemlichkeit des Chines fischen Volks gesorgt. Rcutende Ellboten bringen allein an den Kaiser aus jedem Theile seiner weitlaliftigcn Besitzungen mit einer Schnelligkeit Nachrichten, die kaum von den neuesten Europäischen Verbesserungen in dies scm Fache Übertrossen wirb. Depeschen laufcn hundert und fünfzig Englische Meilen in einem Tage. Abcr für die gewöhnlichen Berichte an die Regierung, und in ihren eigenen Gcschaften bedienen sich die Mandas rinen langsamerer Noten, von welchen man auch zu- nülb der Hauptstadt von Wna. 4i weilen aus besonde er Gunst, die Briefschaften anderer Leute mitnehmen laßt. Aber die vorsichtige Achtsamkeit der Chinesischen Regierung hält sorgfaltig über den aus-schliessenden Vorzug, dem Volke Nachrichten mitznthei, len oder zu verbergen, je nachdem es ihr rathsam dünkt. Die dem gesandten heimlich überbrachten Briefe kamen von einem der ersten Missionäre in Peking, dessen Aufmerksamkeit nicht blos auf geistliche Gegen? stände gerichtet zu seyn schien. Im ersten dieser Sendschreiben, welches aus Peking vom 7ten May 179; war, meldet der Briefsteller Sr. Excellenz, „daß die Nachricht von dcr vorhabenden Gesandtschaft dem Kaiser am dritten des vergangenen Decembers zugekoms wen sey, worüber er ausserordentlich erfreuet gewes sen und sogleich darauf Befehl ertheilt habe, daß der Hafen von Tiensing den dabei gebrauchten Schissen g?i öfnet werden solle ; er selbst (der Briefschreiber) freue sich über die Nachricht/ welche er an diesem Tage gehört (die aber voreilig war) daß dcr Gesandte sich Ticnsing nahe; er bat ihn seiner persönlichen Hochs achtung versichern zu dürfen, und sagte er sey entschlossen , das Versprechen zu halten, welches er den He« ren Cox und Microp in Canton gegeben / daß er alle Gelegenheiten/ die sich darbieten würden, der Englischen Compagnie und der Nazion überhaupt nützlich zu werden, angelegentlich ergreifen wollte; er habe auch, sos bald bie erste Nachricht von einer Brittischen Gesandts 4: Fernere Reist der Gesandtschaft schaft angekommen, keine Mühe gespart das Publikum, so viel ihm möglich geweftn, und, wie er hoffe, nicht ohne gutcn Erfolg, zur günstigen Aufnahme derselben zu vermögen; endlich sey er crbötig so lange sich Se. Excellenz aufhalten würden, ihm alle Diensie die in seiner Macht stünden, zu erweisen." Dieselbe Person meldete dem Gesandten in einem zweiten Briefe, welcher den 6tcn August, nur einige Tage vor der Ueberlieferung geschrieben war, ..daß der Chinesische Hof einem Portugiesischen Missionär (den er nannte) aufgetragen habe, sich gefaßt zu machen nach Dschechol zu gehen, wo er Dolmetscher bei der Gesandtschaft seyn und dem Gesandten in allem, was Ceremonien und Hofbrauch bctrafc, an die Hand gehen sollte; allem er (dcr Vriefschrcibcr) hielte cs für Pflicht, Se. Excellenz vor den Übeln Gesinnungen und denfeinds seligen Absichten des Mannes, an welchen jene Auf-fodcrung ergangen, gegen die Englander, lzu warnen, da man aus seinem Gespräche abnehmen könne, wie sehr er dem guten Fortgange der gegenwartigen Gesandtschaft zuwider scy; befände sich der Hof jczt in Peking, fo dürfte er hoffen, die schädlichen Eindrücke, worauf es bei den übereilten und ungcgründeten Reden des zukünftigen Dolmetschers abgesehen wäre? ganzlich zu hindern; auch die vielfache Verlaumdung und den seltsamen boshaften Verdacht, welcher durch verschiedene Briefe aus Canton und Macao verbreitet nach der Hauptstadt von China. 43 worden, als ob die Gesandtschaft heimliche Absichten hcge, zu widerlegen ; da sich aber der Kaiser in Dsche-chol aufhalte, wohin er lich das erste dort angebauete Getraidc, da aus den alten Chinesischen Büchern erhellt, daß man Maaße für trockene und flüssige Sachen ursprünglich nach der Menge von Kauliangkörnern, die hinein giengen, b« stimmte. Solchergestalt rechnete man hundert Kör« ner auf einen Chu, und vervielfachte oder theilte dieses Maas dann nach Zehenern. Für Entfernungen oder Langen, ingleichen für Gewichte nahm man eben? falls dieses Getraide zum Maasstabe an. Die Halme oder das Stroh desselben ist zu zäh und gedrungen, als daß man es so nutzen tönme, wie es anderwärts gebraucht wird. Aber manchmal macht man daraus ^robe Matten und nezförmigcs Gestänge für Wände und Decken die man wellern will. Der untere Theil des Halms oder Stengels, sammt der Wurzel, dient znm verbrennen, ausgenommen an solchen Orten wo man beydes zum Ausfüllen beschädigter Canal - oder Flußufer braucht. An gewissen Strecken werden beide Seiten des Flusses Peiho auch durch Brustwehren aus geHaue,, nem Granit vor der Gewalt des Stroms gesichert, und bei manchen Stellen schlicssen sich Kunstwege aus demselben Gcstcine an seine Ufer; ingleichen sind an den Seiten in gehörigen Entfernungen Schleusen zum Ab< lassen des Wassers angebracht, welches zur Wasserung der anstoßenden Grundstücke nach Gutbcfindeu vertheilt wird. Hicr und da haben sich Sand und Schlamm im Zweyter Vand. D 6o Fernere Reist der Gesandtschaft Flusse angehäuft, woraus kleine Werder entstehen, die ' ihn auf diese Art in zwey engere und seichtere Aerme theilen. Der Barbadische Hirse wuchs öftcrs in abwechselnden Reihen, zwischen denen eine kleinere Gctrai-dcart von niedrigerem Gestände, entweder das paulcum itaücum oder panlcum cru3 Zliiii stand, welche eine Zeit lang Schüzlinge ihres aufstrebenden Nachbars was rcn, bis daß er selbst geschnitten wurde, worauf auch jene die Reihe traf, an den Strahlen der Sonne, der sie nun völlig blosgestellt blieben, zu reifen und gehauen zu werden. Auf den kleinen Flecken, die man < nahe bei dem Rande des Ufers zufälligerweise ledig gelassen hatte, oder auf den Rainen der Ackerfelder, war zuweilen eine Art von Fernere Reise der Gesandtschaft Wie das Wechsclglück der Macht überhaupt in dielen Morgenländern häufig ist, so hatte auch Lassa schon einmal unter Napaul gehört, dessen Rajal) als oberster Landesherr sein Bildms auf die Münze von Lassa prägen ließ. Daß dieses Recht fortdauern vder wieder hervorgesucht werden sollte, wurde auch don dem dermaligen Rajah von Napmil in dem neuen Vertrage ausbedungen, welchen beide Mächte durch die Vermittlung eines Oberhaupts schlössen, der zwar unter Chinesischer Hoheit stand, sich aber in Lassa aufzuhalten pflegte. Die Ueberwuudenen waren vermuthlich Willens nur so lange ihre Zusage zu haken, bis sie anderweitigen Beistand bekommen könnten, uud wendeten sich daher an den Gencralstatthalter von Bengalen, welcher ihnen alle Theilnahme abschlug. Der Rajah von Napaul durch seiuen gelungenen Zug nach Lassa befeuert, that nachmals einen andern nach Diggurah, ebenfalls einem Bezirke in Thibet, und plünderte die Schatzkammer, welche dem Lama des Orts, emem der Oberpricster der Religion des Kaisers, zuständig war. Piese wiederholten Angriffe des Napaulischcn Najah auf die geistlichen Vater des kaiserlichen Glaubens uud wider die Schutzlander Sr. Chinesischen Majestät, bewogen ihn endlich diesen Schimpf zu rächen, ungeachtet der grossen Weite und Beschwerlichkeit des Weges, welchen das Heer zurück l gen wurde geglaubt, daß man weder zu sorgsam noch <»ach der Hauptstadt von China- 6? zu verbindlich seyn könnte, um von einer so guten Gelegenheit Vortheil zu ziehen und sich alle mögliche Nachrichten, sowohl von der Anzahl, den Sitten und Gebrauchen der Einwohner, als vom Handel, von den Manufakturen und den Naturerzeugnissen eis nes Landes zu verschaffen, mit dem man immer auf dem allerfreundschaftlichsten Fusse zu stehen wünschen mußte. " Der Generalgouverneur schrieb sogleich an Dhalas ty Lama, daß „der Englischen Compagnie nichts ans gelegener wäre, als die herzlichsieFreundschaft mit allen Indischen Machten zu unterhalten; und da sie von der , Weisheit dieses Verfahrens überzeugt wäre, so hütete sie sich die Vorschriften der Freundschaft durch feindselis ge Theilnahme an den Zwisten unter fremden Machs ten zu übertreten, es sey denn, daß sie sich wegen Selbstverteidigung oder muthwilliger Angrisse dazu genöthiget fände. And als der Rajah von Napaul um Truppcnbcisiand angesucht habe, so sey ihm eine diesen Gesinnungen gemäße Antwort ertheilt worden. Es könnte ihm (dem Dhalary Lama) nicht unbekannt seyn, daß eine alte Freundschaft zwischen den Britten und dem Najah von Napaul, wie auch zwischen dem Chinesischen Kaiser, dem Schutzhcrrn des Lama, und der Compagnie besiehe. Die Engländer trieben seit vielen Jahren mit des Kaisers Unterthanen Handel und hatttn sogar eine Faltorcy in dessen Reiche. Da sie ^l Fernere Reise der Gesandtschaft nun mit dem Kaiser verbunden waren und ver Lama bekanntlich bei Sr. kaiscrl. Majestät in grosser Achtung stünde/ so läge dem Generalgouvcrncur fthr viel daran, daß in des Lama's Ländern der Frieden fortdauere, und ein Krieg beendigt werde, welcher zulezt doch nur das Elend und die Bedrangniß seiner Unterthanen be« förderte. In dieser Absicht würde es den Gcneralgous vermur freuen, wenn seine freundschaftliche Dazwischen-kunft anf irgend eine Art znr Wiederherstellung der Eins tracht und des Friedens zwischen dem Lama und dem Rajah von Napaul etwas beitragen könnte; und er wünschte dabei als Freund und Mittelsperson zu Hans deln. Weil aber wegen der damaligen Regenzeit keilt Schritt zu dieser Vermittlung gethan werden könnte, so wollte er seinen Vorsatz aufschieben, bis die nasse Witterung vorüber wäre; dann würde er einen Vertrau-ten dorthin senden, um ihm seine Gesinnungen aus, führlich zu eröfnen, und er hoffe, daß durch seine Bemühungen der Frieden zwischen dem Lama und dem Najah von Napaul wieder hergestellt, und das gute Vernehmen zwischen ihnen befestiget werden würde. Diese vertraute Person würde in Begleitung einiger Sepoys kommen, die zn ihrer und ihrer Dienerschaft Schutze bestimmt wären, welches dcrGeneralgouverneur erwähne um die ungünstige Wirkung falscher Gerüchte zu verhindern." naH der Hauptstadt von China. 6 spart, vermittelst des Segels, dem Zieher die Arbeit. Das Segel ist weiter nichts als eine Matte, die zwi< schen zwei an jeder Seite des Karrns emporstchende Stangen ausgespannt ist. Dieser einfache Behelf ist nur anwendbar, wenn der Wind gerad in den Rücken desKarrns weht. Muthmaßlich verfiel iemand darauf, der seine Arbeit allein verrichten oder allen Gewinn für sich behalten wollte, oder auch der keinen Gehülfen finden konnte. Kunstvoll zusammengesezte, zu nach der Hauptstadt von China. 3? wichtigen Endzwecken bestimmte Maschinen erhaltet ordentlicherwcise ihren Ursprung in Ländern/ wo der Geist zur Anstrengung gereizt wird und wo die Erfindung , durch .die Aussicht auf große Vortheile angtt spornt, ihre Kräfte spannt/ um dieses oder jcncs Bes dürfnis zu vervollkommnen, zu vervielfältigen, oder wohlfeiler zu liefern / als es vorher geschehen konnte. An der Bauart der hier und da an der Scite des Peiho beobachteten Brücken war nichts auszusetzen. Zwar hatte man, um die Flußschiffahrt nicht zu Hins dern, kcine über den Peiho geschlagen; aber mehrere, md Fluth waren am Ankerplatze etwa acht bis neun Schul) unterschieden. Beide waren unregelmäßig und strömten von jedem Compaßsiriche) aber die stärkste Fluth drängte von S. O. und die starlste Ebbe von N. W. Am 6ten August, als am Neumonde, crs hob sich die Fluth um y Uhr 4a Min. des Vormittags sie stieg ic? Fuß und erreichte ihre Höhe um Nlhr, auf welcher sie, ohne Abfluß, bis Nachmittags um 4 Uhr blieb. Ein linder Ost blies wahrend der Zeit. Am folgenden Tagc wurde kein erheblicher Unterschied in den Stunden der Fluth wahrgenommen. Man beobachtete diese Umstände deswegen genauer, weil sie ein beruhn^ ter auslandischer Sternkundiger, welcher eine Theorie der Ebbe und Fluth ausarbeitete, zur Vollendung derselben , zuvcrlDg besi^mt zu haben wünschte. yy Fernere Reise der Gesandtschaft nach der :c. Am achten August stachen die Schiffe in See und liefen am zwölften durch die Strasse von Mi-a-tao. Aus dem Meerbusen segelten sie in Gesellschaft einer unermeßlichen Menge von Iunkcn vcrschicdncr Grösse; einige davon hatten vierflammige Masten / die regelmäßig spitz zuliefen, aber nicht durch Wände befestigt, sondern mittelst eines starken Sftuhrs unten in das Kielschwein gefügt, und mit großen Kielen oben in die Fischungen getrieben waren. Einige Segel darauf waren aus Matten, andre ausBaumwolle gemacht, Taue und Strickwerk aber meistens von Hanf, und, wie.es schien, gut gearbeitet. Nur die kleinsten Iunken liefen durch die Enge von Miatao. .Die andern hielten sich nördlich von den Inseln desselben Nahmens, ein Weg/ der ohnc.Zwcifc! durch Elfahrmig als der sicherste bei wahrt war. In Tentschufn verspürte der Ritter Erasmus Go/ wer die gute Wirkung der zu scinen Gunsten vom Un-terköuige in Petschcli erlassenen Befehle. Sein ganzes Schisssvolk wurde mit Gemüse, Schlachtvieh und Geflügel versehen. Von hier sczte er seine Reise weis ter fort, um die Pay Ki- fan- siu, zuweilen Si-us a - taobay genannt, zu untersuchen. Er langte hier am fünfzehnten August an und fand/ ,> daß die Bay von alle« Saiten für ein gehörig ausgerüstetes dichtesSchijfzum Ues bcrwintern hinlänglich sicher sey; sie war geräumig, die Tiefe neun bis zehn Faden, der Ankergrund zäh und sehr Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschu-fu 9l fest haltend. « Aber Brennholz und Trintwasser hatte man in dcr Bay ziemlich weither zu holen, ein Umstand, der dem Schiffsvolke auf dem Löwen / das so vcrmtt gert und kränklich war, hatte nachtheilig werden dürs sen. Fcrner hatte man wegen des öden Anbliks der umliegenden Gegend und wegen des dürftigen Zustans des der Einwohner, einigermaßen Ursache zu zweifeln, ob die Kranken und Genesenden im Geschwader mit ollen Nothwendigkeiten würden versehen werden kön« nen. Daher wurde beschlossen bis nach Tschnßan zu segeln, wo man eher hoffen durfte, thätige Unterstützung zu finden. Die Entfernung war gering, die Iahrszeit günstig, und es hatte sich bei der Herfahrt gezeigt, «daß die See in keiner Gegend der Welt so gefahrlos scy, als von Tschußan bis jn den Fluß von Tienfing." Zweites Capitel. Die Gesandtschaft landet nicht weit von Tong-tschu- fu, reißt weiter durch Peking nach einem benachbarten Pallaste und lehrt in die Hauptstadt zurück. Die bis hiehcr nach der Hauptstadt von China zurückgelegte Reise war dem Gesandten und seinem Gefolge weder beschwerlich noch unbequem gewesen. Wie konnte es ihnen anders als angenehm seyn , in jedem y'. Die Gesandtschaft landet bei Tong - tschu - fu vorkommenden Gegenstände eine Seite zu finden/ die cntwcd?r wegen ihrer Neuigkeit auffallend oder sonst anziehend war? Sogar die Einförmigkeit der Gegenden, durch welche sic gekommen, war ein Anblick, der in eis ncr so unabsehbaren Ausdehnung, kaum anderswo seis nesglcichen hat. Nach einer gewissen heiligen und ans genehmen Vorsiellungsart hatte man die ganze Gegend für einen Theil der Erde in ihrem ersten Werden ans sehen können, wo die Oberflache eben und fruchtbar blieb, wahrend Verzückungen die ganze übrige Vcste regellos und ungleich durcheinander schleuderten; des nen aber, die auf die Verfahrungsart der Natur achten, schien es gleichsam eine zweite Schöpfung, welche nach dem Ursprünge der höheren Erdgegenden entstanden und aus abgespültem von den Giesbachcn benachbarter Ges birge herabgcschwemmtem Lande zusammengesezt war, das sich zu den Füssen derselben angelegt und die See allgemach übermannt hatte. Gegen Westen am Ende dieser muthmaßlich so ans gestzten unermeßlichen Fläche liegt Peking, die jetzige Hauptstadt von China. Aus Tongtschufu mußte man hindurch reisen, um nach dem kaiserlichen Herbstpallaste, Z?U)en-minlyucn, oder immergrünender Garten genannt, zu kommen, wo einige Geschenke, die sich nicht sicher nach Dschechol mitnehmen ließen, liegen bleiben sollten. Wahrend der Vorkehrungen zur Reise in die Tartarey, wurde auch für den Gesandten und sein Gefolge ein und kommt in Peking an. 93 einstweiliger Aufenthaltsott in Pu- en , minl yuen zm bereitet. Da Fahrzeuge von der Grösse der Gesandtschaft^ jachten, die jezt vor Tongtschufu lagen / nicht bis Pee king kommen konnten, so hatte man fm die gelandeten Ankömmlinge einen Tempel oder ein Kloster unweit der erstcrn Stadt geräumt. Gepäck und Geschenke wur, den in zwei hierzu auf etliche Tage gcbauete Hauser niedergelegt/ welche aus starkem Bambusrohr aufge, führt und mit dichten Matten überall gegen den Regen gesichert waren. Ihre Lange betrug mehr als zweihunB dcrt Schuh. Sie standen einander gegenüber und wai ren mit einem starken Zaune umgeben / welcher an beis den Enden Thorwege hatte. Außcr den Wachtern, die ringsumher standen, waren auch Zettel angeschlagen, worauf jedem untersagt wurde, sich dem Orte mit Feuer zu nahern. Diese großen Niederlagen kosteten nicht mehr als einige Stunden Arbeit. Alles was die Ges sandtschaft bei sich hatte/ wurde in einem einzigen Tage aus etlichen und dreißig Schiffen genommen und sichey aufbewahrt. Aber alles hierzu erforderliche sowohl, als Leute, stehen in China dem Staate augenblicklich zu Befehl. Man bemerkte auch bei den Arbeitern eine Pünktlichkeit und Bereitwilligkeit, welche bewiesen, daß sie einer angemessenen Belohnung gewiß waren. Das zum Tempel gehörige Kloster, welches für den Gesandten imd seii, Gefolge zurecht gemacht war. 94 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschU'fu hatte ein freigebiger Andachtlcr für zwölf Priester der, Fo-Religion, die in China am gewöhnlichsten ist, schon vor einigen Jahrhunderten gestiftet. Gcgenwars tig wird dieses Gebäude mitnnter als eine Art von Tichaultry oder Carawansera gebraucht/ wo man vors nehme Retsende, die in öffentlichen Geschäften hier durch kommen, abtreten läßt. Die beträchtlichste Gottheit dieses Tempels war eine Vorsehung in weiblicher Ges sialt/ die in der Hand einen runden Teller mit darauf gemahltem Auge hielt. Diese Figur zeigte wirklich eis nige Grazie und Würde. Herr Hickcy, Mahler der Gesandlschaft, den wlv bereits im vorigen Bande angeführt haben, spricht folgendermaßen von diesem Gebäude: „es steht auf einem allmähligen AbHange, ungefehr eine halbe Meile vom Flusse und dicht an den Vorstädten hon Tongtschufu. Rundherum läuft eine hohe Mauer, worin eine kleine, dem Fluße gegenüberstehende Thüre, diesmal von Chinesischen Soldaten bewacht war: vor dieser hatte ma« ein Gezelt für Instrumentalmusik aufgeschlagen, welche spielte, wenn der Gesandte oder die vornehmern Personen des Gefolges vorüber giengen. Von dieserThüre führte ein Weg durch etliche Hosraume und niedrige Wirthschaftsgebäude in die Hallen, welche vornehmlich zum religiösen Gebrauche bestimmt waren. Sie trennten sich von den Wohnungen durch eine Mauer, die eine genau zirkelförmige Oesnung, ungefehr acht Schuh und kommt zu Peking an/ Y5 im Durchmesser, hatte, hinter derselben waren zwei gegen einander über siehende Betsale durch einen weiten Naum abgesondert und vor jedem befand sich ein kleiner auf hölzernen rothlackinen Säulen ruhender Eingang. Die Durchmesser dieser Säulen waren in Verhältniß zu ihrer Lange klein. Von der Basis bis ans Kapital liefen sie ein wenig spitz zu und leztcres war, die Vergob dung ausgenommen, nicht sehr verziert. Die Basis ruhete, wie bei der Dorischen Ordnung, blos auf dem Boden. 'Die Verhallen waren eben so hoch als das ganze Gebäude, und man hatte weder die Haupt? noch Querbalken des Daches verborgen. Sie enthielten verschiedene Statuen mannlicher und weiblicher Gottheiten, die zum Theil aus Holz geschnizt und bunt angestrichen, aber mchrentheils aus neueren Feiten und mittelmäßig gearbeitet waren; desgleichen etliche aus Porzellan." Die zahlreiche Begleitung des Gesandten füllte fast alle bewohnbare Tempelgebäude aus; nur ein.Priester blieb zurück, um die Lampen im Heiligthume zu be-wachen und Sr. Excellenz Vcfchle zu vernehmen: die andern hingegen begaben sich in ein benachbartes Klos sier und kamen nur zu gewissen Stunden in dieBethak len. Die Gemacher, welche sie verlassen hatten, waren zu dieser warmen Jahreszeit wegen ihrer Kühlung beü haglich. An einem Ende des Zimmers befand sich ein flaches Gestell von Brettern mehr als einen Schuh über den Fußboden erhöht/ wie man zuweilen in den Euro- 96 Dle Gesandtschaft landet bei Tong-tschu-fu Patschen Soldatenwachstuben sieht. Ein dicker wollener Zeug, nicht gewebt, sondern wie Hutfilz zu cinem festen Stosse gewalkt/ war über das Gcsiell gebreitet, und ausser einem Kissen, welches in der Nacht darauf gelegt wurde, halten die Priester weiter keine Betten. Die andern Volksllasscn in China haben wenig mehr, die gemeinen Leute wenigstens behalten die Nacht über die meisten Kleider an, welche sie am Tage getragen. Die abgesonderten Zimmer der Obern des Klosters waren jczt für die vornehmsten Personen in der Gesandte schaft bestimmt. In etlichen der andern Gemacher hatt ten die Priester unachtsamcrwcise Skorpione und Viel? fuße gelitten, Ungeziefer, von welchen einige im Gefolge, diedas südliche Europa nicht besucht hatten, blos aus Beschreibungen etwas wußten. Diese zum ersten« male in ihrcn Schlafkammern und auf ihrer Wäsche sehen zu müssen; machte sie schaudern, und der Umstand, daß solche Thiere in einem Lande erzeugt würs. den, schien ihnen schon eine hinlängliche Einwendung dawider zu seyn. Indeß war die Besorgniß grösser als die Gefahr. Denn wie schädlich sie auch an sich seyn mögcn, so fügen sie doch selten, an Orten, wo sie am häufigsten gefunden werden, jemanden Leids zu, und auch diesmal waren sie völlig harmlos. Die ihnen so günstige Hitze der Witterung, verursachte übrigens keine geringe Beschwerde. Fahrenheit's Thermometer stieg und kommt in Peking an. y? stieg in, Schatten bis auf sechs und achtzig; jedoch wurde die siechende Sonne von den Hoftamncn inners halb des Tempels durch Scgeltüchcr abgehalten, welche wagerecht zwischen den Gipfeln der Dacher ausgespannt waren. Von den Tüchern hiengen Seile herab/ an denen man sie in jede beliebige Richtung ziehen konnte, um die Luft an den Oertern einzulassen, von welchelt sich der Sonnenstrahl nach und nach entfernte. Die sämmtliche Gesandtschaft verfügte sich am Morgen nach ihrer Ankunft zu einer Gasterei, wozu sie von den Mandarinen geladen wurde. Man dachte es würde ein Frühstück seyn, weil es so zeitig verane staltet war/ aber die Speisen waren so erlesen und in solcher Menge, daß es dem aNervollsiandigsten Mahle nichts nachgab. Wiewohl Thee allemal bei oder nach jedem Essen gereicht wird, so macht er doch nie einen Hauptbestandtheil davon aus. Wo es in den neucrs bauten Niederlagen grade lcdig war, hatte man die Tafeln gedekt. Kein andrer bcdckter Ort wurde geraus mig genug hierzu befunden. Darf man nach diesem Vorfalle schließen, so schien es, als ob der Chinesische Brauch wolle, daß wenn ausserordcntliche Höflichkeit beabsichtigt wird, nächst dcm Hauptgegenstande dersels ben, auch die sämmtliche Dienerschaft, bis auf den Niedrigsten, bedacht werden müsse. Vermuthlich hält man das Einladen zur Theilnahme an den Ergötzungen M'pter Vant>. G y8 Die Gesandtschaft landet bei Tong - tschu- fu ' der Tafel für einen so wesentlichen Punkt in der guten Lebensart, daß er diesmal nicht vorbeigegangen werden durfte, obschon die kaiserliche Gastfreiheit jcde andere überflüssig machte. Auf dem breiten sandigen Ufcrrande zwischen dem Fluße und dem Tempel fanden sich die Leute in solcher Menge ein, daß man dort Buden ausschlng, worinn außer andern Gegenstanden, vornehmlich Obst und Getränke zu verkaufen waren. Jeder kleinere Krämer hatte seinen Steno mit einer vicreckigtcn hänfenen Decke überschattet, die blos in der Mitte auf einer in die Erde gcstckten Stange ruhete. Man kochte unter freiem Himmel und wegen etwaniger Unglücksfalle, die durchs Feuer hätten entstehen können, waren Eprützen ans v Wasscr gestellt. Diese Fcucrsprützen hatten beinahe dies selbe Einrichtung wie in Europa, und man sagt/ daß sie eben daher, zum Theil sogar aus europäischen Materialien in China seit der grossen Feucrcbrunst eingeführt worden sind, welche sich in Canton zu Lord An sons Zeit ereignete, und von dessen Matrosen, mittelst der Evrützen/ so glücklich gelöscht wurde. Vermuthlich werden die Chinesen den Europäern noch in andern Fortschritten und Bequemlichkeiten folgen, wenn beide Völker mehr Gemeinschaft mit einander bekommen; und man darf vermuthen, daß schon die Ausi fuhr der hierher gehörigen Artikel allein Englands Handel einen merklichen Schwung geben wird. und kommt in Peking an. 99 Seit dem Eintritte der Gesandtschaft ins Reich, hatte slc zwar, wie in Tong-tschu-fu, so überall, bei ihrer Annäherung Scliaarcn von Leuten erbiikt/ aber auch nicht einen einzigen Menschen im Aufzuge eines Bettln s, oder jemanden, der um eine milde Gabe angesprochen hatte. Man sah freilich / daß nicht wee nige von ihnen in Umstanden leben mußten ,. die sich der Dürftigkeit näherten, allein niemand schien in die Nothwendigkeit versezt oder gewohnt zu ftyn, Fremde um Hülse anzustehen. Doch war dies keiner der trübs seligen Zeitpunkte, wo die gewöhnlichen Hülfsmittel des Landmanns dergestalt verringert oder zerstört we« den, daß er sich zuweilen aus Mangel an Lebensunterhalt, sogar strafwürdiger Unthaten schuldig macht. Bei solchen Gelegenheiten aber entsteht ihnen der Kaiser von China niemals; er läßt seine Rcisböden öffnen ; er läßt den Bedrängten die Auftagen nach; er erscheint seinen U tterthanen fast wie ein Stellvenweser der gütigen Vorsicht und sieht vollkommen ein, um wie vicl mchr diese Kette seine unbeschränkte Herrschaft sichert, als Furcht vor Strafen. Er hat sich so eifttt süchtig über das ausschließliche Recht seinen Unterthan nen Gutes zu thun erwiesen, daß er es einsmals nicht nur ablehnte, als einige ansehnliche Kaufleute etwas zur Unterstützung einer mangelleidtnden Provinz beizutragen erbötlg waren, sondern auch unwillig da< rüber wurde. Gleichwohl nahm er das Geschenk einer loo Die Gesandtschaft landet del To"g-tschu«,f»l begüterten Witwe in Tiensing zur Bestreitung der Kriegs-Unkosten in Thibet an. Aber mit Beisettesetzung allgemeiner Drangsale, die jede weise Regierung zu heben oder zu lindern trachtet/ hat man fast in allen andern Landern stets den herzbrechenden Anblick, Menschen, durch zufälliges Misgeschict oder durch die Verarmung einzelner Familien dahin gebracht zu schen, daß die Hofnung ihres Unterhalts auf der mißlichen Hülfe derer beruht/ denen sie etwa begegnen, und in deren Willkühr es sieht ihnen eine Gabe vorzuenthalten. Der Gesandte hatte den Leuten, die auf den Jach-ten oder sonst bei der Gesandtschaft angestellt waren/ gelegentlich Geschenke gemacht; doch wurde nie darum gebeten und die Mandarinen hatten keine Kenntniß davon. Da die lezteren schon vorher einmal darauf bestanden, einige unbedeutende Sachen, welche sie für einen oder den andern in der Gesandtschaft eingekauft hatten, dem Kaiser anzurechnen, so giengen einige aus dem Gefolge selbst nach etlichen Kleinigkeiten/ die sie zu haben wünschten, in die benachbarte Stadt, wies wohl sie ihre Neugierde schon ohnedem zu einem solchen Ausflüge anreizte. Ein Paar Mandarinen nahmen sich die Mühe sie zu begleiten, vornehmlich suchte Wantads schin, der dort gebohren war, den Fremden Gefällig-keilen zu erzeigen. Er führte sie durch eine weitlauftige Vorstadt, welche bcwieß, daß sich Tongtschufu seit Errichtung der Mauer, die um die eigentliche Stadt läuft, und kommt in Peking an. "i vergrösscrt hat. Diese Mauer ist fest, besieht aus Ziegelsteinen , und ragt über die meistens aus Holz gebau-ten Häuser, welche sie einschlieft, hervor; an einer Seite wird sie vom Fluße bespült und an der andern durch einen breiten mit Wasser angefüllten Graben vertheidigt. Auf den Wallen war kein Geschütz, aber an den Thoren standen etliche aufwärts gerichtete Dreh-baßcn. Die Hauptstrassen waren gerade gebaut, mit breiten Quadern gepflastert, und zur Bequemlichkeit der Fußgänger an beiden Seiten erhöht. Eine queer über die Strassen gespannte Decke schützte sie vor der glühenden Hitze der Sonnenstrahlen. Gleichwohl gien-gen viele Arbeitsleute bis an die Hüften entblößt. Mehrere weitlauftige Gebäude enthielten mancherlei Getreys t>e, wovon immer, wie es hieß, Vorrath auf etliche Jahre für die Bedürfnisse der Hauptstadt aufgeschüttet wird. An den meisten Häusern befanden sich vom Laden oder Werksiätte, und man erblickte überall eine Betriebsamkeit, wie sie natürlich in der Nähe von Pes king zu erwarten war. Die Aussenseite der Laden fiit-terte von bunten Farben und Vergoldungen; jeder der-selben hatte sein prächtiges Aushangezeichen, und lange Inschriften lockten den Käufer herbei. Die vornehmsten Waaren bestanden aus Thee, Seide und Porzellan, alles Erzeugnisse der mittäglichen Gegenden, ferner aus man-nichfachem Pelzwerke, welches die Tartarcy größten-theils lieferte. Es war ein erfreulicher Anblick, auch tv2 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschu-fu Unter andern Englische Tücher, obwohl in vnbetrachtltt cher Quantität, hier zu finden. Die Ansicht von Engländern unterbrach, auf eine Weile, die gewohnten Berufsgeschäfte des Volks. Zwar waren schon mehrere Europäer, meistens Missioe Nare, hier durcbgereißt, aber, um nicht aufzufallen, hatten sic die lange landesübliche Tracht angelegt und ihre Bärte, nach Art der Chinesen , wachsen lassen. Die kurzen Röcke und glatten Gesichter der gegenwärtig gen Fremdlinge boten daher ein neues Schauspiel dar. Das größte Staunen aber erregte ein schwarzer Bedieni ter, welcher sich bei einem der Herren im Gefolge be? fand. Er war aus Batavia siatt eines Europäers, welcher heimkehrte, mitgenommen worden. Seine ra? benschwarze Farbe, das wollige Haupthaar und die Züge, die den Negern ganz eigenthümlich sind, machten, da man sich nicht entsann, hier landeinwärts jes Mals dergleichen gesehen zu haben, daß einige Leute bei-nahe zweifelhaft waren, ob er wirklich zu den Mensche« gerechnet werden könnte? und die Buden schrien, es müßte ein schwarzer Geist, Fanqui, seyn: aber eine freundliche Miene gewöhnte sie bald an seinen Anblick und sie bcschauetcn ihn fortan weder mit Furcht noch Misbehagcn. Auf den Strassen, wodurch die Gesellschaft gicng, erblickte sie hier und da an den Häusern Abbildungen einer Monofinsierniß, die ein paar Tage darauf ciw und kommt in Peking all. 103 fiel. Unter dem heitern lustigen Himmel dieses Erdstriches, wo jedweder seine meiste Zeit im Freien hinbringt, sind die Menschen mehr aufgelegt, die Erscheinungen am Himmel wahrzunehmen, welche sie nach und nach mit Ereignissen unter dem Monde zu verknus pfen pflegen, gleich als ob diese von jenen abhiengen. Da sie nun zufälligerweise manchmal zusammentrafen, so wurde der Glaube daran bestärkt uud die Eitelkeit des Vorhcrsagcns hatte gewiß an der vorgeblichen Wissenschaft der Stcrndeuterei Theil. Wenn man ferner dafür hielt, daß besonders Verfinsterungen auf die Vorfälle in der Natur und die Bcgegnisse der Menschen einen Cinflus haben könnten, so merkte man nothwendig weise mit ängstlichem Harren auf die Zeitpunkte, wo sich jene am Himmel ereigneten; und die Landesregie-rung, welche immer trachtet, ihre Macht dadurch zu begründen, daß sie dem Volke eine Meinung von ihrer höhern Weisheit und ihrem unablaßigen Bestreben für dessen Sicherheit und Wohlfahrt beibringt, hat auch hierinn seine Vorurtheile zu nützen gewußt, indem sie sich ausschließlich von allem unterrichtet, was Ctcrns kundige Beobachter über diesen Gegenstand mittheilen können. Diese Eröfnungen werden nachgehends, wie in den angezogenen Abbildungen, dem Volke zu einer solchen Zeit und mit so viel Feyerlichke'it angekündigt, daß dadurch die Verehrung der obwaltenden Macht, '04 Die Gesandtschaft landet del Tong-tschu-fu von welcher ihm dergleichen Kenntnisse unmittelbar zukommen, immer tiefere Wurzeln schlägt. Bei Sonnenfinsternissen ist es leicht zu erachten,» wie Schrcckenerrcgend die Vcl schwindung des grossen lichtkörpers mitten in seiner gewöhnlichen Laufbahn für den gewesen seyn muß, wclchcm die natürlichen Ursachen eines solchen Ereignisses und dessen bestimmte Zeitkürze frcmd waren; vielleicht möcht' cr wähnen, die Schöpfung nahe sich ihrem Untergange. Das Chinesi-scheVolk hat seit den frühesten Zeiten eine Sonncnverfin-stcruug für die Vorlaufcrin eines allgemeinen Mißvcr/ hängnisscs gehalten; und da man äusserst befiisscn ist, bei ihm die Meinung zu erregen, daß sein Wohlstand aus der Wcisheit und den Tugenden des Landcsbcherrs schers hel stieße, so gerath es auch in Versuchung alles Ausscrordenllichschelncndc einer Nachläßigkcit von Seiten der Krone bcizumcssen. Der Kaiser selbst findet es gerathen, sich in seinem Betragen diescm mißlichen Vorurtheile zu fügen. Er erkühnt sich nie, kurz ehe eine Finsterniß einfallen soll, etwas von Erheblichkeit anzufangen, und scheidet von seinen Hoficutcn, mit ei-ner Miene, als ober sie vorschlich vermiede, um seine bisherige Landesregierung strenge zu prüfen, ob etwa ein Versehen, auf welches die Finsterniß als eine Erinnerung bezogen werben dürfte, zu berichtigen sey, wobei er seine Unterthanen einladet, ihm unverhohlen Rath zu ertheilen. und kommt ln Peking an. ^5 Umcr dc» Mandarinen, welche die gegenwartige Gesellschaft nach Tongitschu-fn begleiteten, fthlte cs einigen im geringsten nicht an Einsicht in die wahre Entstehnng dcr Verfinsterungen. Sie wußten anch, daß Europäer am kaiserlichen Hofe, zur Berechnung derselben angestellt waren, glaubten aber, daß ihre eigenen Landslente sie ziemlich genau vorauszusagen verstünden. Gleichwohl konnte man aus keiner Spur in ihrer Unterhaltung schließen, worauf sich dergleichen Vorhcrsa-gungen gründeten. Zwar fanden sich unter den Chinei scn stete, ausharrende Veobachtcr, ohne jedoch, wie es schien, in die Bercchnnngslunde so tics eingedrungen zu seyn, als crfodcrlich isi, um eine verwickelte Ausgabe zu lösen. Selbst die Anfangsgründe der Rechenkunst waren nicht allgemein unter ihnen bctannt. In den Laden, wo die Gesellschaft einige Kleinigkeiten taufte, wurde das Abgeftzte richtig aufgemerkt und die verschiedenen Preise in gemeinen Chinesischen Schriftzeichen beigcfmjt, welche mit den Zahlwörtern oxdcrer Sprachen gleichgcltend waren: aber sie haben hierzu keine besondere Ziffern, nach Art derer, welche in Europa Arabische heißen, und auf derselben Linie, eine an die andere von der Linken gesezt, nach Zehnern wachsen; wo sie dann zu den gewöhnlichen Verrichtung gen der Rechenkunst passen. Die Chinesen bedienen sich zum Rechnen eines Bretchens, welches sie Swan-pan heißen, wo bewegliche Kugeln in mchrcrn Rei- ^6 Die Gesandtschaft landet bei Tong«tschu,fll hen auf Draht gesteckt und nach der Arabischen Ziffernsteigerung geordnet sind, indem die Kugeln der ersten Ncihe Einer vorstellen und die der andern sofort von der Linken zur Rechten jedesmal zehnfach grösser wers den. Diese zehnfache Vervielfältigung und Einthcilung der Grössen nnd Maße, die man bei den Chinesen fast in allen Sachen gebraucht findet, erleichtert ihnen jede Art von Zahlung ungemein. So hat zum Beispiel ei« Liang, welcher ordentlicherwcise eine Unze Silbers austragt, zehn Tschen, der Tschen zehn Fen, und der Fen zehn Ly. Die eingebiloettn Geldabtheilungen erstrecken sich noch tiefer hinab, aber allemal, wie bei den aufsteigenden Grössen, in zchnfälriqcn Verhältnissen. Ein Ly oder der tausendste Theil eines Liang ist eine wirkliche Münze aus sehr vermischtem Kupfer; sie ist rund und hat in der Mitte eine viereckigte Oefnung, um sie an eine Art von Bindfaden aufreihen zu können: so giebt man sie zu zehnen und Hunderten aus; oft werden auch noch wenigere abgenommen. Eine so kleine Münze ist für die niedern Volksklasscn bequem, weil sie damit von ihren Bedürfnissen so wenig als sie wols lcn, oder so viel ihre Umstände erlauben, einkaufen können, da man ihnen hingegen zuweilen einen höhern Preis dakür abfodcrn dürfte, wenn es ihnen an kleinem Gelde fehlte. Thee wird, wie Bier in England, in den Gasthausern aller Städte, auf den Landstrassenl und kommt in Peking an. !07 und an dcn Ufern der Flüsse und Canäle verkauft. Hier kostet eine Tasse nicht mehr als einen Ly und es ist nichts «"gewöhnliches, daß der belastete und müde Pilger seine Bürde niederlegt / sich mit einer Schale warmelt Thees erquickt und dann seine Reise fortsczt. Diese Lys, welche man mit einem Gesamtnahmen Tschen heißt, sind im Grunde die einzige Landesmünze von China. Die Regierung mag vielleicht überlegt haben / daß man sich zur gangbaren Münze eigentlich nur eines einzigen Stofs bedienen kann. Denn der relative Werth, zum Beispiel/ von zwei oder mchrern Metallen, wenn man jcdes besonders nimmt, verändert sich nach dem verschiedenen Verhältnisse, welches zu Zeiten zwi-scheu dem Aufkaufe desselben zu anderem Gebrauche als zum Ausprägen, und zwischen dem verkäuflichen Vor-rathe davon Statt haben kann, so daß vielleicht dann das Geldstück aus einem Metalle in der That mehr oder weniger gilt, als die aus dem andern geprägte Münze, ungeachtet beide Stücken, nach Maaßgabe des Preises, in welchem jcne Metalle stunden, als der Münzfuß ftstge'ezt wurde, ursprünglich denselben Werth hatten. Im genauern Verstände ist Silber bei den Chinesen eine Waare. Man münzt keins aus, sondern gießt es bei grossen Zahlungen in Massen, welche die Gestalt der Schmelzticgel haben, in denen es verfeinert wird, und prägt einen einzigen Schriftzug darauf, der das^ "5 Die Gclalldtschaft landet bei Tong-tschu.su gemeiniglich zehn Unzen betragende Gewicht der Barre andeutet. Der Werth des Silbers in der gangbaren Reichs-münze schwankt, je nachdem die kaiserliche Schatzkam-mer verhältnismäßig viel oder wenig von diesem M^ talle in Umlauf bringt. Spanische oder Speziesthaler Werden überall in Asien genommen und waren, wie im ersten Bande gedacht worden, dem Cochinchinesischen Lootsen eben so bekannt, wie dem Kaufmanne in den Laden von Tong-tschu, fu. Gold bekommt man im Handel und Wandel selten zu sehen, ob es gleich hier und da zur Pracht m Kleidungen und Gerathen gebraucht wird. Im Ganzen hat das Silber bisher in China bestandig in einem viel grössern Verhaltnisse zum Golde gestanden, als in Europa, ausgenommen, wenn fremde Kaufleute mehr als gewöhnlich von leztercm begehrten , so daß der Preiß davon steigen mußte. Indeß man glaubte, daß diese Wirkung auch dadnrch hervorgebracht wurde, daß der Kaiser eine so unsägliche Menge Goldes zur Verzierung der Lamatempel in der Tartarey und in China verwendete. Nach dem Ableben eines Landesherren von China verliert gewissermaßen die Münze, worauf sein Nahme geschlagen ist, ihren Werth. Denn der Stof derselben, welcher eine äusserst schlechte Beschickung hat, taugt dann beinahe zu nichts weiter: es haben sich daher viele alte Münzen im Lande erhalten. Man findet hier und kommt in Peking an. ^9 und da einen Chinesischen Liebhaber, welcher Münzen sammelt; aber niemand legt soviel Werth darauf, daß geschickte Gauner in Versuchung gerathen sollte», sie nachzuahmen. Deswegen kann eine ununterbrochene Folge davon, welche mit der Angabe der Landesbeherrs scher in den Jahrbüchern desReichs übereinkommt, für eine Bestätigung ihrer Geschichte angesehen werden. Eine solche Reihe, die zwar nicht vollständig ist, aber beträchtlich über die christliche Zeitrechnung hinausgeht, wurde mit nach Europa gebracht. Die Geschichtsm künden von China sowohl als die mündlichen Ueberlieferungen bekräftigen den natürlichen Hang der Chinesischen Kaiser ihren Nahmen und Ruhm durch die dauerhaftesten Denkmäler auf die Nachwelt fortzupflanzen; bisher aber hat jeder ncue Stamm, welcher den Thron von China bestieg, mit grausamer Staatsklugheit, nicht nur die übriggebliebenen Sprößlinge des vorigen Stammes ausgerottet, sondern auch die Gebäude umgestürzt, welche ihrem Andenken gewid? met waren. Mithin sind an den al Wels ches der Priester aufgeschlagen hält; zuweilen sind auch die Gegcnzcichen auf ein Blatt Papier geschrieben, das im Innern des Tempels angeklebt ist. Andere werfen vieleckigte Hölzer in die Luft/ an denen jede Seite ein besondres Merkmal hat; der Theil nun, welcher beim Herabfallen oben zu liegen kömmt wird ebenfalls mit seinem Gegenzeichen in dem weissagenden Buche oder Blatte verglichen. Ist der erste Wurf günstig, so fallt der Erkundi'ger dankbarlich aufsein Angesicht nieder und schikt sich sofort getrost zur Ausführung des beabsichtigten Geschäfts an. War es aber ein Miswurf, so versucht er noch einmal und die dritte Wiederholung giebt, auf jeden Fall dcu Aussthlag. Uebrigens scheint sich das Volk heutzutage wenig an seine Priester zu kehren. Demungeachtet stehen die Tempel immer für die offen, welche die Rathschlüsse des Himmels erforschen wollen. Sie statten Dank ab/ wenn das Oractel ihre Wünsche und kommt in Peking an. "5 begünstiget. Sie flehen aber nicht so oft, daß ein Anschlag, den sie im Sinne haben, glücklich in Erfüllung gehen möge, als sie losen, um zu erfahren, was der Ausgang davon seyn werde; und ihr Gottesdienst besieht mehr in Danksagung als in Gebet. Aber wenig Chinesen sollen durch ihre Andacht mehr als die Güter dieses Lebens zu erlangen streben. Gleichwohl lehrt die Religon des Fo eiue Seelenwande? rung uud verheißt den Menschen Seligkeit unter Bedingungen, welche anfänglich unläugbar in der Ausübung stttlichguter Handlungen bestehen sollten, aber nur zu oft mit Beisteuern zur Erbauung oder Ausbesserung von Tempeln, mit Unterhalt der Priester und mit der sirengen Beobachtung gewisser Gebrauche vertauscht werden. Wer sie verabsamnt, dem wird zur Strafe angedrohet, daß seine Seele in die Körper der nie, drigsten Thiere sinken und dort Quaalen leiden soll, die ihren Uebertretungen in der menschlichen Hülle ang« messen seyn werden. Indeß die Englander einige Relkgionsgebrauche der Chinesen beobachteten, gab ein Vorfall den lezteren Gclcgeubcit eine Europäische Feierlichkeit ähnlicher Art bei dem Lcichenbcq.iü.misse eines der zur Gesandschaft gehörigen Leute, welcher wahrend des kurzen Anfenft Halts derselben in Tomuschufu gestorben war, zu sehen. Er war cm e,findsamer und geschickter Künstler in Messing und andern Metallen. Er hatte Birmingham n6 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschll-su mit London vertauscht und verdiente sich sein gemächliches Auskommen, als er eben hörte, daß eine Sens dung nach China im Werke sey. Er war der Meinung, man hätte zu Peking in den Künsten vicle Fortschritte gemacht, wovon Europa wenig wüßte, und daß unter andern dort den Sachen ein firnisartiger Glanz ertheilt würde, welcher nie verblinde/ oder zum wenigsten weit spater seinen Schimmer verliere, als die in Europa verfertigten Lacke. Er glaubte, wenn er diese Verbest ftrungen in Erfahrung brächte, würde er seiner Familie ein gutes Auskommen verschaffen können, ob er sich gleich selbst keinen langen Genuß von den verborgenen Kunstgriffen vorhersagte, die er etwa entdecken dürfte. Er war über das Mittelalter hinaus, von schwachem Körperbau und mit vielerlei Uebeln behaftet. Aber es dauchte ihm nicht zu viel sein Leben auf einer gefahrs vollen Reise zu kürzen, um seinen Kindern ein Mittel bekannt machen zu können, das ihnen Wohlstand zus sicherte. Er bot der Gesandtschaft seine Diensie an. Wie der Gesandte in Madera merkte, daß die Gesund-heit dieses Mannes auf der Ueberfahrt bereits gelitten hätte; so rieth er ihm dringend zur Heimkehr, fand ihn aber fest entschlossen seinen Zweck zu verfolgen. Er sezte die Reise weiter fort und ob er gleich von den ansteckenden Krankheiten befallen wurde, wodurch viele junge rüstige Leute ihr Leben plötzlich verloren, so hielt er doch bis eine Tagreise vor der Hauptstadt und kommt in Peking an. "7 aus, wo er das Ziel seiner Wünsche zu erlangen Höfte. Aber sein Körper, von Strapazen und Krankheit nie-dergcdrückt, hatte nun keine Kräfte mehr zuzusetzen und er wurde ein Opfer seiner Vaterliebe. Er war ein stiller, nüchterner und redlicher Mann/ von sanften und gefälligen Sitten; alle seine Mitgefahrten bedauerten ihn/ und sein niedrer Stand kann ihn von keinem Platze in der Beschreibung einer Gesandtschaft aus-schliessen, zu welcher er gehörte. Er hieß Eades. Bei seiner Beerdigung waren nicht nur die meisten von seis nen Reiscgenosscn, sondern auch eine erstaunliche Menge Chinesen. Man unterließ keine Förmlichkeit, und die Bestattung wurde mit vielem Ernste und Anstande bes gangen, sowohl aus Achtung für das Andenken des Verstorbenen als auch um sich den Begriffen der Chinesen zu nahern, welche leicht die mindeste Geringschäl tzung oder Unaufmerksamkeit bei dergleichen ftyerlichen Gelegenheiten für Merkmale der Barbarei und Uns Menschlichkeit halten. Dieser Englander wurde mitten unter Chinesischen Gräbern beerdiget, zwischen welchen Cypressen standen: Der Ort war von Kirchen und Tempeln ganz entfernt; aber nicht weit von der Heerstraße, die aus Tong, tschu 5 fu gieng. Die Heiligkeif der Chinesischen Begrab-. nißplätze gründet sich auf nichts anders, als aus die Verehrung des Volks, welches weiß, daß die Nebers reste seiner Voreltern dort aufbewahrt sind. Das Volk >i8 Die Gesandtschaft landet bci Tong-tschu-fu Wacht über diese heiligen Ruheplätze mit aller erdenklichen Sorgfalt. Es besucht solche jährlich, verbessert die Risse/ wenn sich welche daran befinden, rauft den Lolch aus, der etwa darauf gewachscn ist und entfernt alles, wovon das Auge dort beleidigt werdcn fönnte. Unbeurbares Land zieht man allemal zu Begräbnissen vor, weil es da weniger Störung giebt; indesscn pflegt selbst der niedrigste Landmann für einen Ort Achtung zu tragen, über welchem ein Erdhüc^l bezeichnet, daß es die Stelle eines Leichnams ist, bis endlich mit der Zeit und durch die allmahlige Einwürkung des Wcttcrs, der Hügel von selbst in eine Flache mit dem umliegend den Boden sinkt. Die Gegend um Tona>tschu-fu ist auf mehrere Meilen welt flach und fruchtbar. Man verschafte einigen Herren aus dem Gefolge, die sie genauer in Augenschein nehmen wollten, Reitpferde. Diese Thiere waren stämmig und klwchenfesi; denn auf die Veredlung der Pferdezucht scheint man keine Sorgfalt zu wenden. Maulesel verkaufen sich weit theurer, als gemeine Pferde, weil sie weniger Futter brauchen und stärkere Arbeit vertragen können. Viele Pferde waren so regelmäßig wle Leoparden gefleckt, und die Menge solcher Sches cken entfernte allen Argwohn, daß sie durch eine künsts liche Farbengebung das Auge hintergiengen. Diese gefleckte Pfcrdebrut soll man, unter andern, dadurch hervorbringen, daß man Pferde von entgegengesezttn und kommt in Peking an. "9 Farben mit einander vermischt. Sattel und Zubehör standen an netter Vollendung eben so sehr der Englischen Arbeit dieser Art nach, als die Pferde selbst den den Arabischen Flugrossen. Als gedachte Herren aus-ritten, begegneten sie verschiedenen Chinesen zu Pferde, welche, aus Höflichkeit gegen die Fremden, bei ihrer Annäherung, abstiegen. Dies ist ein Merkmal von Hochs achtung, welches man hier allemal Vornehmem Widers fahren laßt, und auch andre Gegenden von Asien haben diese Sitte angenommen. So lassen sich der Hollands schc Gouverneur und seine Indischen Räthe in Batavia auf dieselbe Art von allen dortigen Einwohnern huldigen. Ueberhaupt sah man aus mehrern Proben in Java, Sumatra und Cochinchina, daß China in allen Landern, welche an das Chinesische Meer gränzen, den Ton an/ giebt. Zum Beispiel, jeder Landesherr im östlichen Asien macht auf das Vorrecht der gelben Farbe Anspruch, welche dem Kaiser ausschließlich zukommt. In China spürt man nicht selten eine Mischung der Abend - und Morgenländischen Sitten. So gab die Aerndtezeit in der Gegend von Tong-tschu-fu Gelegenheit zu bemerken, daß man das Getreyde zuweilen mit dem gewöhnlichen Europäischen Flegel drischt und die Garbe zuweilen von Ochsen austreten läßt, wovon Orientalische Schriftsteller Meldung thun. Auch rollen sie zu diesem Endzwecke eine Walze darüber. Bei jedem sols chm Verfahren machen sie eine Tenne von harter Erde '25 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschu>fu und Sand unter freiem Himmel. Zum Schwingen deS Getreydes hat man sich hier von jeher einer Maschine bedient, die genau derjenigen gleicht, welche, wie man sagt, erst seit Anfange dieses Jahrhunderts in Europa eingeführt und vermuthlich eine Chinesische Erfindung ist. Mais und kleiner Hirse waren die Haupterzeugnisse der Herbsierndte in diesem Orte. Man sah nicht viele Umzäunungen und wenig Vieh, das sie nöthig gemacht hätte. Weideland war eben so selten. DiezumAckcr-baue, zum Fuhrwerke und znm Echlachtcn erforderliche Thiere wurden meistens in Stallen gehalten und das Futter mußte für sie eingetragen werde». Das Pferdes futter bestand mehrentheils aus Bohnen und kleingeschnittenem feinerm Stroh. Man laßt die Gctreydewlirzcln und die gröbern Stauden häufig auf den Acckern zu Düngcr modern. Die Bauernhäuser standen nicht in Dörfern, sondern lagcn zerstreut umher. Sie schienen rein und bes quem zu seyn ; dabei hatten sie weder Zäune, Thorwe? ge noch eine andre sichtbare Vorkehrung wider wilde Thiere oder Diebe. Räubereien sollen selten seyn, wiewohl sie nicht mit dem Tode bestraft werden, ausgenommen , wcun sie mit großer Gewaltthätigkeit vers übt werden. Die Bauernweiber sind, außer daß sie ihre Kinder erziehen und das Hauswesen besorgen, ihs ren Familien noch von wesentlichem Nutzen, da sie die und kommt in Peking an. l" meisten Handthierungen treiben, welche sich zu Hause vornehmen lassen. Sie halten nicht nur Seidewürmer und spinnen Baumwolle, welcher sich beide Geschlechter des Volks allgemein zur Kleidung bedienen, sondern die Frauen weben auch fast allein im ganzen Reiche Aber fast alle ahmen den vornehmem Frauenzimmern nach, und hängen dem Vorurtheile an, waches die kleinen Füßchcn vorzieht, wodurch sie ihrer Gesundheit oder wenigstens ihrer Thätigkeit schaden; und ob sie gleich weder in so früher Jugend Hand daran legen, noch ihre Sorgfalt dafür mit so vieler Beharrlichkeit fortsetzen, wie Damen, bei denen Schönheit mehr zum Zwecke werden kann, so ist doch schon das, was sie thun hinreichend, sie krüppclhaft und ungesialt zu machen. Ungeachtet alles Verdienstes, welches diese Gehük sinnen um ihre Gatten haben, maßen sich die lezteren dennoch eine so ausserordentliche Gewalt über sie an, und halten sie in solcher Entfernung, daß sie ihnen nicht einmal immer erlauben mit ihnen bei Tische zu sitzen, hinter welchen sie dann wie Aufwartcrinnen stehen. Indeß wird diese Herrschaft durch die Grunds sätze des humanen Betragens in den verschiedenen Verhältnissen des Lebens gemildert, welche den Kindern frühzeitig in hohen und niedern Ständen beiges bracht werden. Der altere Theil der Familie lcbt insgemein mit dem jüngcrn. Wenn sich dieser zuweilen 122 Die Gesandtschaft landet beiTong-tschu-fu von Ungestüm, Heftigkeit oder Leidenschaft hinreißen laßt, so rath jener zur Mäßigung. Der Einfluß des Alters auf die Jugend wird von Naturgcfühlen, von Angewöhnung zum Gehorsame, von Grundsätzen der Sittlichkeit, die man den Landesgesetzen eingeimpft hat, und sowohl vou der beständigen Klugheit als den erlaubten Kunstgriffen der Eltern, unterhalten. Wer selbst nicht mehr zur Arbeit tüchtig ist, theilt denen, die sich dem reifern Alter nähern, oder nur erst seit kurzem zu den Erwachsenen gehören, die erlernten Vers haltungsregeln und die Weisheit mit, welche er sich aus der Erfahrung erworben hat. I>n gemeinschaftlichen Saale, wo der mannliche Theil der Familie zusammen kömmt, stehen faßliche Sittensprüche angeschrieben; und einer mindestens versteht sie den übrigen vorzulesen. Fast in jedem Hanse sieht man ein Ahnenverzeichniß der dermaligen Bewohner desselben hängen, und Beziehungen auf die Thaten von jenen kommen oft im Gespräche sor. In wie weit ihr Beispiel gut war, dient es zur Anreizun^ auf demselben Pfade fortzuwandeln. An ausgesezten Tagen besuchen die zu einer Sippschaft gehörigen Abkönlinlinge die Grabstätten ihrer Vorväter zusammen. Diese gemeinschaftliche Sorgsamkeit, verbunden mit mchrern Anlassen, verschwisiert und macht die weitesten Verwandten mit einander bekannt. Sie können sich einander nicht aus dem Gesichte verlieren, und werden selten gegen ihre beiderseitigen Angelegen und rommt in Peking an. 123 Heiken gleichgültig. Das Kind ist gehalten für seiner Eltern Unterhalt und Gemächlichkeit zu arbeiten und zu sorgen, so wie der Bruder für die Bedürfnisse seiner Geschwister, wenn sie in grossen Mangel gerathen, und wer sich hierin der Pflichtvergessenst schuldig mache« wollte, würde solchen Fluch auf sich herabziehen, daß der Zwang eines ausdrücklichen Gesetzes dazu nicht vonnöthen ist. Wer durch Zufall oder Krankheit in Trübsal gcräth hat ein Rccht seine Vlutsfreunde, wenn er auch nur im entferntesten Grade mit ihnen verwandt ist, um Unterstützung anzusprechen, auf die er sich, auch Kraft der Sitten, welche wcit stärker sind als die Gesetze, und wegen der Anhänglichkeit, die durch vcrtraw ten Umgang erzeugt und genährt wird, sichre Rechnung machen kann. Diese Sitten und Gebrauche erklären völlig die oben gemachte Bemerkung, welche Europäern unglücklicherweise sonderbar vorkömmt, daß einem keine solche elende Gegenstände aufsioßen, welche Mitleid erregen und bei Gelegenheit die Mildthätigkeit dcr Vorbeigehenden ansprechen. Man muß wohl erwägen, daß dieser Umstand nicht von der Menge öffentlicher Anstals ten für Nothleidende herrührte. Denn derWunschdes Persischen Monarchen, daß es Niemanden an etuem Zufluchtsorte in Hospitalern gebrechen möchte, geht bei den Chinesen nicht in Erfüllung. Doch sind solche Stiftungen da nicht so nothwendig, wo das Band, welches alle Zweige einer Familie umschlingt, dem leiden- 124 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschll-fu den Theile ohne Verzug und ohne Beschämung Hülfe vcrschaft. Allein Erwachsene sind selten so ungesund und Kinder so schwach, daß sie völlig außer Stande seyn sollten den Unterhalt, welchen man ihnen zukommen läßt, einigermaßen durch ihren Fleiß wieder auszugleichen. Bei den Manufakturen, welche zu Hause getrics l,cn werden, kann eine geringe Anstrengung öfters große Dienste leisten, nnd beim Feldbau hat m^n nicht nur locker» Boden, sondern auch überhaupt wenig Mühe. In dieser Gegeud von China pfiügt man mit Ochsen, weil es für Büffel zn kalt ist, welche man vorzieht, wo sie sich fortpflanzen lassen. Das Hornvieh tragt sein Joch um den Hals, und nicht um die Hörner wie auf dem festen Lande in Europa. Es waren einige Leute aus TonMschu'fu gedungen, die Geschenke und das Gepäck der Gesandtschaft nach Hung ija,juen, jenseits Peking nahe beim kaiserlichen Herostpallastc zu bringen. Da sich alle diese Sachen - bisher auf Seeschiffen und Flußkähnen befunden hak ten, so war man ihre Last wenig inne geworden. Iezt sollten sie von Thieren oder Menschen weiter geschafft werben. Diejenige,, Geschenke, welche durch die heftige Erschütterung von Wagen, die nicht in Riemen hiengsin, leicht halten beschädigt werden können, wölb tc man blos von Leuten tragen lassen. Einige Herren 'in der Gesandtschaft hatten ihr Gepäck mehr auf eine und kommt in Pckillg an. 125 Seereise als auf Fuhrwerk oder Träger eingerichtet. Bei der Vorbereitung aus ein fernes Land, wo sie nie zuvor gewesen waren, traf sichs, daß sie einige Sachen mitnahmen, die sie dort hätten bekommen können, und andre, welche sie sich blos zum Nothfalle anschaftcn, eigentlich aber nie branchen konnten. Als dieMandas rinen einen Ueberschlag gemacht halten, was zur Forts bringung des Gepäcks und der Geschenke erfoderlich stylt würde, so fanden sie, daß an neunzig kleinen Wagen, vierzig Schubkarren, über zweihundert Pferde und bei, nahe dreitausend Leute, zu Lastträgern, Treibern und Fahrknechten, nöchlg waren, ohne dabci das einzurcch-ncn, was sie für sich selbst und ihre Bedienung brauchs ten. Uebergrosse und schwere Sachen werden blos durch menschliche Kraft auf folgende Art weiter gebracht. Man befestigt zweistammige Bambusrohrsiangen an die Seiten einer Last. Wenn zwei Leute zu jeder Stange, das ist viere im Ganzen, nicht hinreichen, so bindet man noch zwei kürzere Qucerstabe an die vier Enden der zwei Seitenstangen. Die acht Enden der Queers siabe werden von acht Leuten auf die Schultern genoms men und mittelst anderer Bambusrohrstücken kann man die Kräfte von noch mehrern Personen in geometrischem Verhaltnisse anwenden, wo dann auf jeden Träger beim Heden und Fortbringen sehr beträchtlicher Lasten ein gleicher Grad des Drucks fällt. 126 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschu-fu Den Gesandten und drei Herren aus seinem Gefolge trug man in Sanftcn, deren sich mchrcntheils sehr vornehme Leute in China, selbst zu langen Reisen / bedienen. Die übrigen Herren waren zu Pferde, so wie alle Mandarinen, von welchen die angesehensten neben dem Tragsessel des Gesandten herritten. Die Chis nesischen Soldaten waren zu Fusse und machten Platz für den Zug. Die Bedienten und Gemeinen von Sr. Exzellenz Leibwache fuhren in plumpen, zweiradrigen Karren. Sanftcn, Wagen, Reuter, Geschenke und Gepak nahmen eine beträchtliche Lange der Heerstraße ein. Diese bildet für alle Reisenden und Güter, die von Morgen und Mittag nach Peking kommen, einen prachtvollen Zugang. Sie ist völlig flach ; in der Mitte lauft ein ungefähr zwanzig Fuß breites Pflaster hin; dies besteht aus weither gebrachten Granitquadern, welche zwischen sechs bis sechszchn Fuß lang und etwa viere breit sind. Auf beiden Seiten dieses Steinwegs befand sich eine ungcpsiastertc Straße, die so weit war, daß Wagen darauf hinfahren konnten. An vielen O« ten hatte man die Straße mit Bäumen, besonders mit ungemein dicken Eichen eingefaßt. Der Zug gieng bald über eine marmorne Brücke, deren Bauart den Materialien angemessen zu seyn schien. Ein Werk dieser Art ist alsdann für vollendet zu halten, wenn es dem, dessen Mangel es ersetzen soll, so nahe als möglich kommt, welches bei gedachter und kommt in Peking an. 127 Brücke, dem Ansehen nach, der Fall isi; sehr weit, dauerhaft und über ein Flüßchen gebaut, das nicht leicht übertritt, ist sie auch nicht viel höher, als die Strassen, welche durch sie verbunden wcrdeu. . Während der Reise stiegen einige Gemeinen der Leibwache, ihrer Einkerkerung in den langsam nacheinander fortrückenden-Wagen überdrüssig, ab und machs ten den Weg zu Fuße. Hierdurch erhielten die zahls reich wartenden Leute Gelegenheit die Ausländer zu sehen und ihre Gestalten, Gesichtszüge und Kleidung zu betrachten. Das Roth der Wangen, der Puder in den Haaren, und die Anzüge, wodurch dcr Glitt dcrumriß verrathen wurdc, errcgtcn besonders ihre Aufmerksamkeit. Die Witterung war ungcmcin schwül und Fahrcnheits Thermometer stand in den bcdcktcn Wagei» auf sechs und neunzig. Die Fußgänger litten zuwcile« vom Staube, von Ermüdung, von der Sonne und dem Zubringen des Volks. Verschiedene Zuschauer bemitleideten ihre Lage und machten Platz für sie, damit sie Lnft hätten. Nur etlichcn leichtsinnigen unwissenden Leuten dienten sie zum Ziele des Spotts. Unterwegs wurde des Frühstücks wegen in einem Dorfe angehalten. Das Gasthaus, wo man abstieg, hatte keine Achnlichkeit mit den neuern Gebäuden dies str Art in England. Keine Eleganz, keine Verzierungen; indeß waren die Zimmer zwar enge, doch sauber und kühl. Man hatte für Erfrischungen aller Art ge. ,28 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschll'fu sorgt. Von diesem Orte an, wo nicht zuvor, lauschte die Seele, bei jedem Fortschritte, mit ungeduldigem Harren, auf die Erspähung dieser Hauptstadt, welche für die größte in der Welt gilt. Weder umherliegende Landsitze noch kleine Villa's deuteten den Fremden die baldige Erblickung derselben an. Endlich traten sie in eine der östlichen Vorstädte ein. Die Straße, wodurch sie kamen, war gepflastert und voll Menschen. Sieges wahrte einen Anblick von betriebsamen Handwerkern, Kramern und Kaufern. Der Zusammenlauf des Volks schien nicht sowohl durch den erwarteten Einzug, als durch die Geschäfte der Leute verursacht zu seyn; das vorübergehende Schauspiel zerstreute sie nur einen Aus genblick, worauf sie sich gleich wieder zu ihren Verrichtungen wandten. Nach ungefähr fünfzehn Minuten, welche zur Durchreise dieser Vorstadt erforderlich waren, gelangte der Zug an die Ningmauttn von Peking. Das Abfeuern vom groben Geschütze kündigte die Ans kunft des Gesandten an und Erfrischungen wurden an einem Rastplätze dicht hinter dem Thore für die Ange, sehenern in der Gesandtschaft bereit gehalten. Dorts herum war die Mauer mit gehauenen an andern Ors ten aber mit Ziegelsteinen eingefaßt. Ueber das Thor ragte ein Wachtthurm von einigen Geschoßen empor, an deren jedem Scharten für grobes Geschüz gemahlt waren, wie zuweilen an die Seiten von Kaussarcheys schissen, und kommt in Peking an. I2Y Schiffen, die keines haben; von aussen geht, Wie bey Europäischen Befestigungen, eine halbzirkelförmi-ge Mauer um das Thor mit einer Seitenpforte, vcr-muthlich von neuerm Anbau. Die Stadtmauern erhoben sich etwa vierzig Schuh. Die Brustwehr hatte tiefe Einschnitte aber keine ordentlichen Stückscharten, auch sah man kein grobes Geschütz auf den Mauern; aber in den Merlons waren Oefnungcn für Bogenschuß tzen. Die Dicke der Mauern betrug unten etwa zwan? zig Schuh und zwölfe quer über die Terreplaine, wors auf die Brustwehr ruhcte. Von aussen war die Stadtmauer glatt, obgleich nicht völlig senkrecht, aber in-wendig schrägte sie sich beträchtlich ab, da die Steins reihen wie Stufen, eine über und hinter die andere gelegt waren, wie sie an den Egyptischen Pyramiden seyn sollen. Die Mauern hatten äussere viereckigte Thürme, welche ungefehr sechzig Ruthen von einander abstanden, und vierzig bis fünfzig Fuß von der Cu« tine hervor ragten. Einige Leute zu Pferde können mittelst innerer aus Erde gemachter AbHange die Walle hinan und oben neben einander herum reiten. Beym Eintritte sah Peking nicht wie europaische Hauptstädte aus / worinn die Gassen oft so lange und die Häuser so hoch sind, daß diese am Gegenende der Otraße an einander zu stossen und sich zu bedecken scheinen. Hier hatten wenig Hauser mehr als ein Zwcutev Pand. I iZo Die Gesandtschaft landct bci Tong-schu-fu Stockwerk und keins über zwey; da hingegen die da zwischen gelegene Straße weit mehr als einhundert Fuß in der Breite betrug. Sie war luftig hcll und lebhaft. Die Gasse war nicht gepflastert und wurde mit Wasser besprengt, um den Staub zu dämpfen. Quer über war ein leichtes schönes Gebäude aufgeführt, welches die Chinesen Pai.lu nennen, ein Wort, das man durch Triumpbogen übersetzt hat, obschon nichts Vo-genahnliches daran zu finden ist. Es war durchaus von Holz und bestand aus drcn wohlgebauten Pforten, deren mittclste die beyden anstossenden an Höhe unl> Weite übertraf. Diese hatten drey übereinander gcbau-te prachtvolle Dacher. Auf den Pfosten und O.uerba!< ken las man in grossen übcrgüldeten Wortzeichen, aus welcher Absicht der Pai-lu erbaut sey. Pfortcn dieser Art find auf Ehrendenkmähler gewisser Leute angesehen oder zur Erinnerung an besonders merkwürdige Vorfalle bestimmt. Die erste Straße lief schnurgerade Westwärts, bis sie von der östlichen Mauer des kaiserlichen Pallastes unterbrochen wurde: diese Mauer heißt die gelbe, weil das kleine Dach von übergesirnißten Ziegeln auf derselben die genannte Farbe hat. Verschiedene öffentliche Gebäude, die man zu gleicher Zeit zu sehen bekam und die unter dem Namen der Kaiserlichen begriffen wer-den, hatten die nemliche Dachung. Da sie nun durch keine Ranchfange unterbrochen, ferner an den Seiten kommt in Pckulg an. 131 und obern Rande sanft gekrümmt war, so that sic ei-nc gefälltere Wirkung, als lange gerade Linien hervor, gebracht hätten. Die Dacher hatten ansserdem valeric!) Vcrzici^nqcn, welche entweder Nachahmungen von wirklichen Geqenstanden, oder gewöhnlicher blosse Gei schövfe der Eillblldung waren; unter den reinsten Sone nenstralcn glänzte das Ganze wie Gold und traf das Augc mit einer Pracht, die es in diesem Tbeile der Gebäude zn suchen nicht gewohnt ist. In der Nahe des Thors standen erstaunlich grosse Relsmaaaz'ne. Wenn man slch von demselben links wendete, erblickte man längs der Stadtmauer ein emporragendes Gebäude, welches für ein? Sternwarte ausgegeben wurde, die in der vorhergehenden Dynastie Kaiser Uouglu, dem man die hauptsächlichsten Verschönerungen von Peking zuschreibt, aufgeführt hat. Die Vorderseite der mehresten Hauser in dieser Hauptstrassc haue Kaufladen, welche eben so anacsirie chen, vergoldet und ausgeziert waren, wie die ;u Tongtschufn, aber mit weit mehr Gepränge. Ueber einigen derselben befanden sich weite mit Eta-iden und Blumenstöcken besetzte Altane. Vor den Thmen hien, gen wchrere Laternen aus Horn, Nessellnch, Seide und P'ipicr. in Rahmen befestiget: es schien als ob die Chnuscn mit äusserster Anstrengung ihrer E'finl dullgottast dic Modelle davon zu vervielfachen gchM II2 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschu-su hätten. Vor den Laden so wohl als in ihnen, lagen mannigfaltige Waa«n zum Verkaufe. Ausser der Ankunft der Fremden trugen noch ver-schicdene Umstände dazu bey, eine so breite Strasse gedrangt voll zu machen. Ein Zug bewegte sich nach dem Thore zu und die weisse oder jlingfrauliche Farbe an den Begleitern schien nach Europäischen Begriffen / anfänglich eine Hochzeitfeyerlichkeit anzudeuten; aber der Anblick junger von Schmerz tiefgebeugter Manns-Personen zeigte, daß es ein Leichenbegangniß sey: man würde dies nicht so gleich aus dem Leichname abgenommen haben, welcher in einem stattlichen, viereckig-ten Sarge lag, worüber ein mit bunten, lebhaften Farben angestrichener Prachthimmel gehalten, und wovor Fahnen von gestreifter Seide getragen wurden. Hinterher kamen Sänften mit wcissem Zeuge überdeckt, Worinn die Verwandtinnen des Verblichenen sasscn; denn wer in China Weiß tragt, giebt dadurch seine Betrübniß zu erkennen, weswegen alle, die das Ansehen einer entgegengesetzten Gemüthsstimmung haben wollen, sich dieser Farbe in ihrem Anzüge emsig enthalten. Aus demselben Grunde vermeidet man sie bey Vermählungsgeprängen dergleichen bald nachher zum Vorscheine kam, wo die Braut, welche ihr Liebhaber bis dahin noch nicht gesehen hat, in einen vergoldeten und buntfarbigem Tragsessel gebracht wird, der mit Gewinden von künstlichen Blumen umhängen ist: hin- und kommt in Peking an. 133 tcrdrein folgen Anverwandte, Begleiter und Gesinde, mit Schmuck und Kleidern, worinn die Aussteuer, welche Eltern ihren Töchtern bey der Verhcurathung gcben, einug besteht. Der Troß wurde nicht wenig durch die angesehenen Mandarinen vermehrt, welche jederzeit mit grossem Gefolge erscheinen; und noch siar> ker durch die Kreise, welche das Volk um Versteigerer, Arzncyverkaufer, Wahrsager, Bankeisanger, Post scnspieler und Erzähler von Wundermarchcn, schloß, die den Zuhörern einige Tschen/ oder etwas Kupfers münze abschwatzten, welche vermuthlich andere Besiimi mungen hatte. Zu den Geschichtchen, die so eben der Einbildungskraft des gemeinen Mannes Unterhaltung gewahrten, wollte man versichern, daß die Ankunft der Gesandtschaft keinen unbedeuteten Beytrag lieferte. Vorgeblich enthalten die Geschenke, welche sie dem Kaiser mitbrachte, alles was in andern Ländern selten oder doch in China zuvor unbekannt war. Unter den eingeführten Thieren sollten, wie man im Ernste glaubi te, ein Elephant von der Grösse eines Affen und so wild wie ein Löwe seyn; wie auch ein Hahn, der mit Holzkohlen gefüttert würde. Alles war, dem Verlaut nach, davon verschieden, was man bis jetzt in Peking gesehen hatte, und anders geeigenschaftet, als diesels ben Sachen dort zu seyn pflegten. Der Anblick von Fremden, die so ausserordcntliche Dinge bey sich hatt ten, unterbrach die mancherley Verrichtungen dcr Leute, 154 Die Gesandtschaft iandct bci Tong-tschu-fu so lange der Zug vorübcr^ieng. Sie drängten sick 5au< fig hcr;u. D'e Chinesischen Eoldatcn, wclcke die Stel-lc der Gerichtsdicner vertraten, um das Nolk abzuhalten, hatten lange Peitschen, dic sie auf die Vordersten zu richten schienen, aber mit einer Geliildigk'it, die ihncn theils natürlich, theils eine Folge der laugcn An-gewöhnung an ihre Ueberlegcuheit war / wodurcl) zu? weilen das Vcrgnüaen der Alisübung davon v rmin, dert wird. Sie schlugen eigentlich mchrenlheiis auf die Erde Sobald die Gesandtschaft an die Morgeuseite der gelben Mauer gelangt war, setzte sl> ihren W<'g rechts au derselben fort und fand an der Nordseite weit weniger Gerausch, als iu der vorigen Etl'^'. Die Hau-ser hatten hier keine Laden, sondern waren ü'dlglich «u Wohnungen bestimmt, die sich von vorn durch mchts ausnahmen. Vor jedem Hause war eine M^mr oder Wli d. welche die Vorübergehenden verhiudeit' üi o,-n Hofraum zu sehen / worinn sich die Gass nchürc ösn.te. D'N dreyfachen Thoren gegenüber, die beynahe iu der Mit, te dieser nordlichen Seite der Pallasimauer sind, wurde Halt gemacht. Sie schien einen grossen Bezirk ein-zuschlössen, welcher nicht eben war, wie der Erdbo« den ausser der Mauer, sondern hin und wieder erhob er sich in steilen Bergen, und wo man die Erde dazu genommen hatte, waren breite und tiefe Hefnungen und kommt ill Peking an. 135 geblieben, die jetzt voll Wasser standen. Aus diesen künstlichen Weihern, deren Rand abwechselnd und UN-regelmäßig war, erhoben sich kleine Inseln mit maw cherley Gebäuden von gesuchter Seltsamkeit und mit zerstreuten Bauingnippen. Aus den Hügeln, welche in der Höhe von einander unterschieden waren, standen die Hauptpallaste des Kaisers. Das ganze hatte einigermassen das Ansehn von Bezauberung. Die Gipfel der erhabensten Hügel waren mit hochstämmigen Bäumen bepflanzt, in deren Mitte man Sommerhäuser und niedliche Seitellalkofen, gleich einladend für Einsamkeit und Vergnügen, angebracht sah. Einer davon wurde als der Schauplatz des letzten entsetzlichen Austritts in der Geschichte des Kaiscrstamms angedeutet, welcher diesen ganzen herrlichen Pallast erbaut und ausge? schmückt hatte. Ein Mann, den das Glück eine Zcits lang zu begünstige.« schien, gleich als ob er bestimmt gewesen wäre, Stifter einer neuen Regentenfolge zu werden, benutzte gegcn die Mitte des letzten Iahrhuns derts, die Ohnmacht und Ueppigkeit des Hofes/ vornehmlich aber jene Unthatigkeit, welche sogar weit mehr als die Ueppigkeit zum Untergänge der vorigen Dynastien beygetragen hatte, und gieng vor die Thore von Peking mit einem Hecre, das er anfanglich in der Hofnung anwarb, seinem Vaterlande bessere Zeiten zu verschaffen, nachher aber, vom Reiz der Beute gelockt, eysalllmen behielt. Der unglückliche Kaiser, nicht hin, II6 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschu-fn länglich unterstützt und eben so wenig genug z um Widerstände entschlossen, jedoch zu hochsinnig, als daß er sich von einem Feinde, der sein Unterthan gewesen War, hätte demüthigen sollen, erstach seine einzige Tochter, um diesen Abkömmling vor der besorglichen Eckmach zu retten, und endete sein eignes Leben am Stricke in einem der obenberührten Gebäude, das zn ganz andern Absichten aufgeführt war. Von diesem Orte/ wo man durch die Mauerpfore ten des Pallasts, einen Theil des innern Raums flüchtig überschauen konnte, erblickte das Auge, nordwärts gerichtet, durch eine bis an die Stadtmauer fortlau, fende Strasse, das grosse betrachtlich hohe Gebäude, worinn eine längliche Glocke von ungeheuerm Umfange hangt/ die von aussen mit einem hölzernen Hammer am geschlagen, einen Ton von sich giebt, welcher genau in der ganzen Hauptstadt gehört wird. Weiter hinaus, etwas westlicher, lag eins der nördlichen Thore, wel, ches sich von den dazwischenstehenden Gebäuden durch eine darüber errichtete Warte ausnahm. Jenseits der Thore des Pallasts, gerade nach Westen zn, zwischen der gelben Mauer und den nördlichen Gebäuden der Stadt, befindet sich ein See von etlichen Morgen im Umkreise, welcher dermalen, zur Herbstzeit, beynahe ganz mit dem schildförmigen Blatte der n^mplina ne-lumdu oder lienckvva, wie die Chinesen diese Blume nennen, überzogen war. Das Blatt dieser Pflanze hat, und kommt iu Peking an. !Z7 ausser den andern Zwecken, welche die Natur bey diesem Theile der Gewächse beabsichtigte. auch noch wegen seines Baues den Vorzug, daß es völlig den Etcn< gel umwächst, wodurch Blume und Frucht, die aus seiner Mitte spriesscn, vor jeder Berührung dcs Wassers, das ihnen nachtheilig werden könnte, beschlitzt Werden. Die Wurzel der Lienchwa treibt einen Stengel , welcher unausbleiblich von jeder Wassertiefe emporsteigt, ausgenommen im Falle einer plötzlichen Ueber-schwcmmung, bis er dic Oberfläche erreicht, wo sein Blatt sich ausbreitet, liegen bleibt und oben auf schwimmt, mitunter auch darüber hinausragt. Diese Pflanze, welche die strenge Kalte eines Pekinger Wins . ters aushalt, will kaum bey europäischer Ofenhitze fortkommen. Die Blume derselben ist eben so schön und duftend, als das Saamenkorn lieblich von Geschmack. Nun wurde die Reise westwärts durch die Stadt fortgesetzt. Man wies auf das Wohnhaus einiger Russen, und was noch sonderbarer war, auf einen Ort, wo sich eine Sammlung ausländischer Handschriften befand, unter denen eine arabische Copcy des Korans seyn sollte. Einige Mahometans / an ihren rothen Mützen kennbar, kamen zum Vorscheine. Unter den Zuschauern des neuen Auftritts bemerkte man einige Frauenzimmer. Angeblich waren die meisten gebohrne Tartarinnen oder von Tartarischer Abkunft. Sie hatten keine zusammengeschnürten Füsse wie die Chinesin lZ8 Dic Gcsandlschaft landci bci Tong-schu-fu nen, und ihre Schuhe mit breitem Zchcnraume so wie die mehr als zolldicken Solen, waren eben so plump, als die der achten Chinesischen Weibspersonen klein und dünn. Einige der ersiern erschienen wohl gekleidet mit feinen Gcsichtszügen und ikre natürliche Farbe durch Hülse der Kunst erhöht. Eln dick aufgetragener Fleck von Roth mitten auf der untern Lippe schien ihr Licblingsgcbrauch der Schminke zu seyn. Etliche von ihnen sassen in bedeckten Wagen, welche so wohl alS Pferde in verschiedenen Theilen der Stadt zu miethen sind. Andre Tartarinnen waren zu Pferde und ritten schrittlings wie Manner. Allerorten sah man Hands wertsleute mit ihrem Werkzeuge/ die Arbeit suchten, und Hausirer, die ihre Waaren feilboten. Verschied« ne Strassen waren enge und im Anfange derselben Tbo-re erbaut, bey welchen Wache stand, um, wie man sagte, jeden Aufruhr zu unterdrücken, der sich etwa ereignen möchte. Diese Thore werden allnächtlich ge< schlössen und blos im Nothfalle geöfuct. Der Gesandt-schaftszug gieng nun durch eine beynahe vier Meilen lange Strasse, welche sich von Mitttrnacht nach Mtts tag, so weit die Tartarstadt reicht, blos von einigen Paii lus oder Triumphgcbauden unterbrochen, erstreckt, worauf er bey vielen Tempeln, bey andern grossen Gebäuden und Magazinen, vorbeykam und in zwey guten Stunden, von der Zeit des Eintritts an der Ostfcite zu rechnen/ eins der westlichen Stadtthore erreichte. und kommt ill Pckmg an. 139 Nicht weit von diesem Thore, längs der Aussenscite von der westlichen Mauer, floß der kleine hicr zu einem ansehnlichen Graben erweiterte Bach, welcher ersi beynahe ganz Peking umzingelt, und dann seinen Lauf Nach Tl'natschufu nimmt, wo er in den Pciho fallt. Die Vorstadt, welche bey diesem westlichen Thore anfangt ist grösser, als die, wodurch man auf der Mon genseite kommt, daher sie über zwanzig Minuten e« foderte. Die Herren 5er Gesandtschaft hielten an der äussersten Vorstadt und theilten einander die Eindrücke mit, welche die Reise durch Peking auf sie gemacht hatte. S>e fanden zwar, daß sie nach einer so flüchtigen Ansicht kaum im Stande waren ein Urtheil darw ber zu fallen; allcin das ausgenommen was sie vom Kaiserlichen Pallaste erblickt hatten, entsprach nichts dem Begriffe, welchen sie sich vorher von der Chines fischen Hauptstadt machten, und sie glaubten, daß wenn ein Cbmese unpartheyisch seyn könnte, ihm das Anschauen der Schisse / Brücken, Platze, mancher öffentlichen Gebäude und der Aufwand von Reichthum in der Hauptstadt Grosbrittanniens mehr Wohlgefallen gewähren würde. Der Weg, welchen die Gesandtschaft nun nordwestlich von Peking einschlug, war mit derselben Alt von Granit gepflastert, woraus die Strasse von Tongs tschui fu bis Hieher bestand. Sie kam auf dieser Reis i4o Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschn-fn se durch Hai-tien, ein ofnes Städtchen, dessen Gebäude mchrentheils Kramladen und Wohnungen für Handwerker enthalten/ da der Hcrbsipallast des Kai, ftrs, oder Dueni min,yuen, welcher etwas darüber hinaus liegt, nicht weit davon ist. Hier war der Aufs enthalt einiger Italienischen Mißionare, die vom Hofe als Künstler gebraucht wurden, weßwegen sie muths maßlich in der Nahe desselben wohnten. Ausser den kebe,isbcdürfmssen waren in Hai-tien eine Menge Spielsachen und Tandeleycn zur Kurzweil reicher Muss sigganger beyderley Geschlechts zu verkaufen, sogar Vogelbauer mit allerley Insekten, zum Beyspiel der gellenden Baumgrille und einer grossen Art von Heu, schrecke. Zwischen Hai-tien und I)uenimina)tcn. Die Hollander, welche im letzten Jahr« Hunderte sich alles gefallen liessen, was man ihnen als hergebrachte Achtungsbezeugung vorgeschrieben hatte, in Hoflunig durch Handkingsvortheile dafür belolntt zu. werden, tlagtrn übcr verächtliches Betragen und über eine Entlassung bey der man ihnen nicht die mindeste Vergünstigung zusagte. Etliche Missionäre sollen ar.f einer Weltkarte gewiesen habcn, daß Holland nur ein kleiner Fleck sey, dessen Gewicht als Ctaat blosi mit seiner Grösse im Verhältniß stünde. Es ist möglich/ daß mau densely ben Maasstab bey England hatte anwenden wollen. Die Nachrichten, welche man den Chinesischen Mini, stern vioher von dcr wirklichen Beziehung der Euro, und kommt ill Peking an. 147 paischen Machte auf einander beygebracht, waren so irrig, partheyisch und schielend, daß die mehr oder weniger geäusserte Scheu, womit sich ihre Botschafter weigerten die Federungen der anmaßlichen Überlegenheit in Peking zu vollziehen, dort gleichsam eine Richt, schnür zur Bestimmung ihrer verhältmßmaßigcn Wichtigkeit abgeben konnte. Hingegen ist der Europaische Handel in unsern Zeiten so ausgedehnt und sieht mit den übrigen Weltgegcnden in so ununterbrochener Vers binduna, daß auch in den entlegensten Landern der Stellvmvcser keines einzigen Hofes etwas vornehmen kann, das von den andern als unbedeutend übersehen würde. Es laßt sich auch nicht wohl annehmen, daß der wahre Wohlstand eines Volks mit seinem auswatt tigcn Rufe und Range in keiner Verbindung siehe; ge-setzt aber es Ware so, so hatte man doch von der Gesinnung der jetzigen Chinesischen Minister zu besorgen, daß sie selbst die glöste A'.lfopferung von Würde mit kcmer unmittelbaren Vergünstigung auszugleichen geneigt seyn würden. Denn seit sich die Englander zu« erst an der Chinesischen Küste blicken lassen / hatte man Vorlirthcile wider sie eingesogcn, welche durch nachhes rige falsche Vorstellungen immer tiefer einwurzelten, wcßwegell es denn auch dem Brittischen Hofe vornehmlich darumzuthun war, mittelst einer fortdauernden diplomatischen Verbindung diese irrigen Begriffe nüch und nach auszurotten. Allein der neue ungünstige 148 Dic Gcsandtschaft landet bei Tong-tschu-fu Eindruck, den der Krieg in Thibet machte; hatte sie, Wie wir bereits erwähnt, vielmehr befestiget. Auch vcroffenbarte sich, obwol die gegenwartige Sendung sowohl mit Gastfrcyheit behandelt, als auch mit Auszeichnung und sogar Pomp empfangen wurde, doch fast bey jedem Tartarischen Anführer ein nur zu deutliches Mißtrauen in die Absichten dcrftlben, gleich als ob sie auf eine Theilnahme an der Tartarischen Her« schaft über Cbina abzwecktcn. Der Umstand, dasi die Neufranzösischen Grundsatze, welche nirgends mchr verabscheut und gefürchtet werden, als in China von den Mitgliedern der Regierung, eben so wie die Gesandtschaft von Abend her kamen, machte sie abgeneigt ihre Verbindung mit diescr Weltgegend zn erweitern, und Frankreichs Nachbarschaft schadete England, selbst in einer solchen Entfernung. Indeß wenn auch keiner von den neuen widrigen Zufallen, dic sich weder voraus sehen noch hindern liessen, statt gehabt hatte, so erwartete man doch nicht, daß die Vortheile, welche aus einer unmittelbaren Ver-bindung des Londner und Pekinger Hofs etwa entsprin, gen möchten, schnell zu verspüren seyn würden. Ei« gentlich konnte nichts anschlagen, als eine zu Gunsten der Engländer bcwürkte Aenderung in den Urtheilen über sie, sowohl bey den Chinesischen Machthabern, als auch bey dem Theil des Publikums, dessen Meynung einen unvermerkten Einfiuß auf seine Obern zu und kommt in Peking an. 149 haben pflegt. Hierbcy durfte man nur allmahlig zu Werke gehen, so dringend auch die Ausführung davon nickt allein in Hinsicht der Brittischen Ländereyen in H'^ostan, sondern auch des Englischen, und vielleicht dcs sämmtlichen Europäischen Handels mit China, seyn mochte. Trotz der Wirkung dcs Eindrucks, welchen der Anfang auf den Gesandten machen mußte, ließ er sich doch von keinem unglückwelssagenden Anscheine die Hofnnng eines endlichen guten Erfolgs rauben. Bey dem Vcrsuche ein freundschaftliches und nützliches Verkehr mit diesem argwöhnischen und zurückschreckenden Hofe anzuknüpfen, war es natürlich, daß man die Hauptschwicrigkciten im Anfange zu bekämpfen hatte. Um die Achtung und das Zutrauen eines solchen Hofes zu gewinnen, mußte man ihn durch geschickte Abgeords »ute und durch ein überlegtes, verbindliches, aber nicht wegwerfendes Betragen, für sich einzunehmen suchen. Es war äusserst wichtig, daß der Stellvertreter Sr. Majestät um allenfalls gnadig aufgenommen zn werden , bey dieser ersten Gesandtschaft in keine Unschick, lichkeit willigte, die man ihm vorschlüge und wodurch er die Würde seines Landesherrn, oder die Ehre seines Vaterlandes, in den Augen anderer Völker gefährden könnte. Vergab er hingegen zum erstenmale diesen beyden nichts, so konnten seine Nachfolger in der Zu< klmft vielleicht/ ohne unangenehme Ausdeutungen zu besorgen / sich den eingeführten Landcsgcbräuchen fügen. i5o Die Gesandtschaft landet bci Tong-tschu-fu Obgleich der Umstand mit der Russischen Gesandtschaft dem kaiserlichen Abgeordneten bekannt war, so Höfte er doch die nachgiebige Sinnesart des Brittischen Botschafters dahin zu vermögen, daß er seine Fode-rungcn, ohne sich weiter etwas auszubedmgcii, ein-gienge. Dies würde ihm, falls es gelungen wäre, bey den Reichsmimstern für kein geringes Verdienst gegolten haben, da sie an diesem uralten Anspruch auf Erhabenheit über andere Kolter fester hicngen, als selbst der Kaiser. Seine eigne Bestrebungen unterstützte er durch die der Mandarinen, welche am vertrautesten mit Sr. Excellenz waren. Diese erfüllten ih< ren Auftrag mit nicht geringer Uelierredungsgabe und Gewandtheit, indem sie die Sache zuerst mit Bemer-kunacn über die unterschiedlichen Völkergcbrauche einleiteten und zu verstehen gaben wie wohl Fremde thaten, wenn sie sich in jedem Lande, wo sie sich zufällig aufhielten, daruach bequemten; denn gienqcn sie beyspiels halber auf die Vorstellung beym Kaiser über, wobey die Ceremonie des Niedcrfallcns, wie sie sagten, natürlch verrichtet werden müßte; und da es unangenehm seyn würde, wenn man sich dabey ungeschickt benähme, so ware es gewöhnlich sie einige Zeit vorher zu üben. Sie hörten mit uicht geringem Befremden , daß nach dem Zcuguisse der Geschichte, einem Europaer (Timagoras), welcher als Abgesandter an einen machtigen Asiatischen König (von Persien) sich und kommt in Peking an. 151 zu. einem solchen Brauche verstanden, bey der Heimkehr zu seinen Landskuten (den Athenern) der Tod zuerkannt worden, weil er das Volk, welches ihn be> vollmachtigee, erniedriget habe; und daß in neueren Zeiten mindere Herablassungen strenge gerügt worden waren, weil das Betragen von Leuten, die in öffentlichen Bedienungen stehen, nicht sowohl ihnen selbst, als denen zugerechnet würde, deren Stelle sie vert treten. Diesemnach pflegten die gewöhnlichen Ccre, monien, womit Unterthanen ihre Landesherren ehren, von den Stellverwesern auswärtiger Machte nicht er< wartet zu werden, da cs eben so nothwendig als zweckmäßig sey zwischen dem, was ans Huldigung und Unterwürfigkeit geschahe und zwischen den freywilligcn Bezeugungen der Achtung uud Freundschaft einen Un» terschied zu machen. Sr. Excellenz nahm sich bey dieser verfänglichen Gelegenheit vor, alle i!)M offenstehende Wege einzuschlagen, um hierinn den angeblichen Wunsch des Kaisers , so weit cs ihm ohne Eingriffe in die Pssichtschul-digkeit gegen seinen eigenen Landesherrn möglich war, zu erfüllen. Sem Vorschlag gieng daher nicht dahin, daß er der landüblichen Niederwerfung überhoben seyn wollte, sondern, er erbot sich die ganze Ccrimonie nur mit einem Vorbehalte einzugchn, welcher die dadurch ausgedrückte persönliche Ehrerbietung gegen den Kaiser nicht vermindern, und doch -den Anschein von Huldi- 152 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschu-fu gung oder Unabhängigkeit bey ihm, als königlichem Stellvertreter entfernen würde, worinn seine Hauptcini Wendung bestünde. Die vorgeschlagene Bedingung war, daß ein Unterthan seiner kaiserlichen Majestät, in glet-chem Range mit dem Gesandten, vor einem mitge< brachten Gemälde Er. königl. Majestät im Slaatsges Wände, die nehmliche Cerimonie vollziehen sollte, wcls che man ihm selbst vor dem kaiserlichen Throne würde verrichten lassen. Dieser Antrag in einer so wichtigen Sache mußse nothwendigerweise schriftlich eiugereicht und genalt ins Chinesische übertragen werden, d^mit er nicht etwa irrig gedeutet oder mißverstanden würde und unwirksam bliebe. Der Gesandtschaft dollmetscher war zwar ein chinesisches Landcskmd, aber mit der Sprache des Pattastes völlig unbekannt, und da er sich wälirend seines vieljahrigen Aufenthalts in Neapel auf das Latein und Italiänisch schreiben legte, so hatte er die Fertigkeit, die zusammengesetzten chinesischen Charaktere zu schreiben, deren man nicht weniger als achzig tausend zählt, verloren. Selbst die europäische« Missionare in Peking, welche bey Hofe angestellt und der Landessprache mächtig sind, wagen es selten sie zu schreiben, wenigstens nicht Aufsahe an die Regierung, sondern sie nehmen dazu einen Eingebohrnen, der zunl Schreiber erzogen ist, und eröfnen ihm, was sie, gehörig vorgetragen, einzubcrichtcn wünschen. Der kai< serliche Abgeordnete welcher nichts geringcrs bezweckte, und kommt in Peking an. 153 als eine unbeschrankte Einwilligung in seinen Vorschlag, war ungeneigt von dem Gesandten schriftliche Bedingungen anzunehmen und wollte weder selbst hülfrciche Hand dazu leisten, noch mit seinem Vorwisscn andere beysiehcn lassm. Dieses Hinderniß hatte allenfalls durch die Zuziehung der europäischen Missionare überstiegen werden können. Deswegen hielt Se. Excellenz dringend an, daß man ihnen vergönnen möchte, ihn zu besuchen, da er wußte, daß sie grvsse Neigung dazu hegten. Sein eigner Dollmetscher kränkelte zuweilen; so daß es offenbar nothwendig wurde sich etlicher von ihnen für die sämmtliche Gesandtschaft in den tag, lichvorkommcnden Bedürfnissen, als Dollmetscher zu bedienen. Diese Missionäre hatten jetzt von ihren Obern und Freunden aus Italien Empfehlungsbriefe zu Gum stcn der Gesandtschaft erhalten, welches die wahrscheinliche Hofnung veranlaßte, daß d»eser oder jener eine treue Uebersctzung der nöthigen Vorstellungen zu besorgen wagen, und vielleicht auch im Stande seyn wurde , viel nützliche Nachrichten zu ertheilen. Nach vielfachem Anhalten von Seiten des Gesandten, würden verschiedene dieser Europaer zu seiner Excellenz gebracht, obwohl auf eine förmliche, behutsame Art/ in Gegenwart des kaiserlichen Abgeordneten und unter Anführung des portugiesischen Jesuiten, welcher in des Pckin-ger Missionars Briefe beschrieben worden war. Die, scr Mann schien die Wichtigkeit zu fühlen, welche der 154 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschu-fu geistliche Stand manchmal einhaucht, zumal da er nur erst vor kurzem zu der Würde des blauen Knopfes ge< langt war, die ihn übcr seine Ämtsgenossen erhob, welche nur weisse hatten. Demungeachtct war er zum Dollmetscher eines brittischcn Botschafters wenig geschickt , da er weder Englisch noch die am allgemein, sien im heutigen Europa geredete Sprache verstand; überdies verrieth er wahrend der Unterhaltung mit etlichen seiner Gefährten nur zu sehr seinen heimlichen Groll, indeß die Missionare aus andern Ladern cbm so sichtbar ihr Wohlwollen und ihren Eifer für das Bee sie der Gesandtschaft an den Tag legten. Ja sogar als sich bey dieser Zusammenkunft eine gute Gelegenheit darbot, anzuhalten, daß man die Gesandtschaft nach Peking möchte gehen lassen, wo man weit bequemer, als in Hung-ja, juen, Vorkehrungen zur Rcise nach Dschechol treffen köimte, redete er dem Abgeordneten zu, das Gesuch abzuschlagen, ungeachtet die andern Europaer einhellig damr waren. Nar noch ein emzi-gesmal erlaubten cs die umstände, dasi sich der Gesandte mit diesem Portugiesen ;l!sallilmn fand, wo Se. Excellenz bemüht war, ihm bessere Gestnumigcn vom brittischen Volke beyzubringen. Zwar stimmte er sei, nen Ton um und betheuerte seine D'enstwilligfeit, die auch von einigen sehr würdigen, ags seinem Vaterlans de gebürtigen Mannern erhättet wurde; allein die Chinesen zogen nachgchends den Hoilmecschcr Sr, Excel« und kommt in PckiN!) an. 155 lenz vor, dessen Aussprache, dü cr im Lande geboh, rcn war, ihncn lesser gefiel, als der auslandische Accent des Missionärs. Letzterer wußte sich beym Ges sandten viel damit, daß cr den Abgeordneten vermocht hatte, in Betref der von ihm gewünschten Abreise nach Peking, an den Kaiser zu schreiben, ohne dessen vorgangigen Bescheid hierin» nichts gethan werden könnte; aber der Anfscher des Pallasts zu Auen, min-yuen, der dem kaiserlichen Abgeurduettn a>, Rang und Macht überlegen war, schlug sich hierbcy ins Mittel, und der Abzug nach der Hauptstadt gieng augenbliklich vor sich. In Peking bezog die sämmtliche Gesandtschaft ein ge, ranmiges Gebäude oder Pallast das aus mehrern Gebäuden bestand und von einem chemaligcn Einnehmer der Gefalle und des Zolls in Canton, aus seinen Erpressungen vom Englischen Handel, wie die Rede gieng, ausgeführt, abcr von dcr Crone eingczogm worden war, da er in einem andern Amte naher bey der Hauptstadt die Eingcbohrncn auf diestlbe Alt beeinträchtigte. Die Bauart dieses Pallasts glich der, welche man len selbst, welche durchaus roth angestrichen waren. Auf diesem Saulengange ruyete der Theil des Daches, welcher gekrümmt über die Mauer hinaussiand und und kommt in Peking an. i5? an den Ecken in die Höhe gebogen war. Mittelst sols cher überdeckten Säulengangc konnte man, vor der Witterung beschützt, in alle Abtheilungen dieser weit-läufigen Gebäude gelangen. Die sämmtliche Anzahl der Säulen belief sich auf nicht weniger als sechshundert. An das Hauptzimmcr, welches jetzt der Gesandte inne hatte, stieß eine erhabenere Halle, zum Kammer« theater und Conzertsaale 6csti,nmt; dahinter waren Wohnzimmer, und ringsherum eine Galleric für die Zuschauer angebracht. Alle diese Gcbal'de hatten nicht mehr als ein G« schoß, nur eins ausgenommen, welches, wahrend des Eigenthümers Besitzzeit, dcn Frauen eingeräumt war. Es stand im innersten Vierecke. Vornan befand sich ein langer hoher Saal, dessen Fenster nlit Papier aus Corea überzogen waren, durch welches man von aussen keinen Gegenstand unterscheiden kann. Hinter diesem Saale erstreckte sich eine Gallcric ungefehr zehn Fuß hoch, die zu verschiedenen kleinen Zimmern führte, welche blos aus dem Saale Licht erhielten. Dies fiel durch innere Fenster aus Ccidenfior, welcher auf hob zerne Rahmen ausgespannt und theils in Stickerey, theils in Wasserfarben, mit Blumen, Flüchten, Vögeln und Insekten verziert war. Diese Abtheilung nahm zwar Weniger Raum ein, hatte aber eine geschmackvollere Einrichtung als die meisten übrigen. Hieran schloß sich ein kleiner Hintcrhof mit Wirthschaftskammern, 158 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschu-fu die, wie das Ganze, mit Hinsicht auf Zurückgezogen! heit angelegt waren. Auf einem der vordern viereckigten Platze befand fich eine mit Wasser angefüllte Vertiefung / in deren Mitte ein aus gehauenem Greine aufgeführtes Gemach stand, das genau die Gestalt einer bedeckten Chinesischen Barke hatte. Auf etlichen audern ofs.nen Platzen standen Baume und auf 6cm grösscstcn lag ein unges heurer Haufe von wild übcrcinandcr geworfenen aber befestigten Fclsstückcn; an einem Endc sah man eine kleine Gartcnaulage, die abcr dem Ansehen nach unvollendet geblieben war. Es hieß, der lctzte Besitzer dieses Pallastes habe die Frucht seiner Ucbelthaten nicht lange genossen, und ihm war ebeu jetzt, zur Püssung so vieler Vergthungen, sein Leben abgesprochcu worden. ' Hier traf sichs, daß man sogleich einen Pekinger Missionar zu sprechen bekam, welcher der Gesandtschaft zugethan war und sich anheischig machte einen solchen Ucberfttzer, als man brauchte, herbeyzuschaff^n Er brachte sofort einen Chinesischen Christen mit sich, der ihm selbst in diesem Geschäfte an die Hand zu gehen pflegte, uud der demselben völlig gewachsen war. Allein dieser Mann war ein Beweis, was für eine Sckeu man den Chinesen von Jugend auf einprägt, Mans nern, die Staatsämter bedienen, nur den mindesten Stof des Mißfallens zu geben, oder sich in vermeintliche Staatssachen einzumischen; und er fürchtete sich und kommt in Peking an. 159 besonders so-sehr vor dem Unwillen des kaiserlichen Abgeordneten, falls er seiner Handschrift auf die Epur kommcn sollte, daß man ihn nicht überreden konnte/ selbige überreichen z>.: lassen. In der That wußte man auch zuvcrlaßig, daß ehedem ein Chinese in Canton darum war hingerichtet worden, weil er in seiner Muttersprache eine 'Bittschrift für die Engländer aufs gesctzt hatte. Jedoch wurde diese Schwierigkeit mit Hülfe des jungen Menschen überwunden, welcher / Vorerwähntermassen, des Gesandten Edelknabe war. Dieser hatte die Chinesische Charatterschrift mit unges meiner Fertigkeit nachbilden gelernt/ und es auch so weit im Sprechen gebracht, daß er zuweilen den Dolk metscher machte. Wenn nun in der Folge Chinesisch abgcscißse Vorstellungen zu überreichen waren, so hatte man keinen andern Ausweg, als sie durch ihn kopiren zu lasscn. Dahin aber g/laügte man auf einem ziem? lich langweiligen W<'g. Das Fngliche Schreiben wur» de erst vom Herrn Hnttner für den Chinesischen Ge-sandtschafcsdollmetschcr, der die Urschrift nicht ver» stand, ins Lateinische übersetzt. Sodanil erklärte der Dollmeescher dem Chinesischen Ueberfttzer das Latein mündlich in der Landessprache des gemeinen Lebens, und letzterer kleidete den Sinn in die gehörigen Gei schäftsallsdrücke ein. Hiervon machte der Edelknabe auf der stelle eine reine Abschrift und der eigenhändige erste Entwurf des Chinesischen Nebersetzcrs wurde zu seiner Beruhigung in seiner Gegenwart vernichtet. i6o Die Gesandtschaft landet bei Tong/tschu-fu Sr. Excellenz Sendschreiben war an den Ho-tschung-tang Colao, crsien Rcichsminisier, gerichtet, und hatte zum Inhalt: daß „ Sc. Majestät der König „von Großbrittannien vornehmlich deswegen eine Gesandtschaft an Se. Majestät den Kaiser von China „geschickt habe, um den stärksten Beweis der besondern « Achtung und Verehrung gegen Se. kaiserliche Maje> «stat abzulegen und der Gesandte/ dem die Mitthei-«lung solcher Gesinnungen übertragen worden, mache «es sich zur ernstlichen Angelegenheit diesen Zweck sei-«ner Sendung eifrig und werkthatig zu betreiben; er «sey crbötig ssch jeder ausscrn Ceremonie zu fügen, ,, welche Sr. kaiserlichen Majestät Unterthanen und die «zinsbaren Fürsten an Dero Hofiager verrichteten, «nicht blos um das Aufsehen der Neuheit zu verhü-«ten, sondern auch um durch sein Beyspiel, zu Gun-nsien eines der größten und fernsten Völker des Erd-«bodens, die hohe und verdiente Meynung zu bewahr «ren, die man durchgangig von Sr. kaiserlichen Maje-«stat Würde und erhabenen Tugenden hege; er sey „entschloss-n auf diese Art ohne Anstand und Einwen-«dung blos mit einem einzigen Vorbehalte zu han, «deln, dessen Nothwendigkeit, wie er sich schmeichle, « Se. kaiserliche Majestät alsbald einsehen und denfel-»ben durch die Ertheilung der hierzu erforderlichen «Befehle, zn bewilligen geruhen würden, um den Ges «sandten von der Verantwortlichkeit für den dermalii gcn und kommt in Pckillg an. 56l iigen Demüchiglmgsgebrauch gegen S^'- kaiserliche M" ?d jestat zn befreycn; denn der Gesandte würde sich ge-»wiß die schwerste Rechenschaft zuziehe«/ wenn er zu :-der mindesten Vermuthung Anl^ß gäbe, als ob sein «jctzigcs Betragen dem grossen und erhabenen Range -»nicht angemessen gewesen, welchen sein Gcbieter, --dessen SteNe er vertrete, unter den unabhängigen 5» Beherrschern der Welt behaupte; diese Gefahr könne ^aber, zur vollkommenen Zufriedenheit beyder Theile/ z) vermieden werden, wenn Se. kaiserliche Majestät .) verordnen wollte, daß einer von seinen HMeuten, « der dem Gesandten am Nangc gleich wäre, vor Sr. , «brittannischen Majestät Gemälde in Lcbcnsgrösse und ^im königlichen Ornate, welches der Gesandte mit ?)sich nach Peking gebracht, dieselben Ceremonien ver< ^richte, die man von dem Gesandten vor dclN Thryne ^Sr. kaiserlichen Majestät verlangte." Man fügte zu diesem Aufsatze die gehörige Ueber-schrift und gab ihn dem kaiserlichen Abgeordneten, web chcr versprach, selbigen unverzüglich aushändigen zn iasscn. Den Inhalt schien er zu billigen. Des Kak sers Einwilligung zu diesem Vorschlage wurde weder von dcm Mißionare noch von den vornehmen Chines sen, weiche Wissenschaft davon hatten, im geringsten bezweifelt. Wirklich konnte die Ceremonie, welche mall Mn einem U'ttetthaycn Sr. kaiserlichen Majestät ex< Zweyter Baud. H 162 Die Gesandtschaft landct bci Tong-tschu-fll heischte, in einem gewöhnlichen Zimmer, ohne Aufsehen, statt haben, und würde kaum im Reiche bekannt oder weiter erzahlt worden scyn; hingegen das Niederfallen des Gesandten sollte bcy einer össcilllich.n Feierlichkeit in Gegenwart aller zinsbaren Fürsten und gros, sen Untersassen des Reichs geschehen und ware in den Zeitungen, welche unter Aufsicht der. Regierung ers scheinen, beschrieben worden. In dieser Meynung machte man ungesäumt Vori kehrungen zu der Reise nach dcm Orte, wo sich der Kaiser befand, Die Sachen, welche mit in die T>n'ta< rey genommen werden sollten, wurden svunmt dem Gepäcke der Gesandtschaft aus Hung-yelyuen nach Peking gebracht. Unter den crsiern befanden sich ftchs kleine Feldstücke, die vorzüglich gut gegosscn, schön geformt und auf leichte Gestelle befestigt waren. Die Artilleristen hatten sie neulich ve> sucht, um vorbereitet zu ftyn, ihre Uebungen in Gegenwart Sr. kaiserlich,-« Majestät zu machen. Jedes Stück wurde in Zeit von einer Minute mchreremal abgefeuert. Soviel Schnell ligkeit in diesem Theile der Kriegskunst bey Auslans dem mißfiel dem kaiserlichen Abgeordneten, wacher dadcy zugegen war. Er wollte behaupten, daß man in des Kaisers Heere dies auch könnte, uud ungeachtet cr dcm Gesandten zuvor so dringend empfohlen halte, alle Geschenke mit sich nach Dschechol zu nehmen , so war er doch fetzt der Meynung, daß die Nnd kommt in Peking an. 163 Fcl>i7>1ckc zurückbleiben könnten, da der Kaiser in kurzem nach Peking wiederkehren würde. Einige Fasichen mit Schicsipulver, die sich im Gesandtschaftsgepacke befanden, weil man es etwa zum Feuern gelegentlicher Salven, oder zur Uebung mit den Feldstücken und dem kleineren Gewehre der Leibwache, brauchen möchi te, hatten gleichfalls seinen Verdacht erregt. Er be> gchrte ihre Auslieferung und weil kein Werth darauf gesetzt wurde, so willigte man gleich darein. Aus seinem ganzen Betragen ließ sich leicht ersehen, daß er ängstlich besorgt war, die Chinesen möchten eine höhere Meynung von der Beherztheit des englischen Volks als von seiner eigenen fassen. Wirklich bewunderten die Eingebohrnen von ganzem Herzen eine Menge Sa? chen, welche mau entweder zum Verschenken oder zum Gebrauche vcrschiedner Personen in der Gesandtschaft mitgenommen hatte, und theils der Ncugierde des Volks zu Gefallen, theils um einen Geschmack an brir< tischen Manufakturen zu verbreiten, vorzeigte. Das meiste Gerath dessen man sich für die täglichen Bedürft nisse in England bedient, wurde auch in China gebraucht und verfertiget, stand aber gemeiniglich erst« rem an Gute und feiner Vollendung nach. Um engli, sche Eisen und Etahlwaaren bemühte man sich ausser-ordentlich, und wenn die ostindischen Compagnieschlffe mit der Zeit ungchmdcrt in den Hafen von Tensing ein-laufen dürfen, so werden sich die Bestellungen der Mas i64 Die Gesandtschaft landet bei Tong- tschu - f» nufaktursachen aus Birmingham und Sheffield / bloS für den Absatz in Peking, überaus vermehren. Diese Hauptstadt steht in keinem solchen Verhalt, Nisse an Umfang zum übrigen China, wie London zu Grosbrittanmen. Der vorzüglichste Theil derselben heißt die tartarische Stadt, weil er im dreyzchnten Jahrhunderte zur Zeit der ersten tartarischcn Dynastie, neu angelegt wurde. Er ist wic ein Parallelogram gcsiak let und die vier Mauern desselben stehen nach den vier Hauptweltgcgcndcn zu. Sie umfassen einen Raum von ungefehr vierzehn englischen O.uadratüleilen, in dessen Mitte sich der kaiserliche Pallast befindet, welcher innerhalb der gelbcn Mauer wenigstens cine Qua-dratmeile einnimmt. Das Ganze ist etwa um ein Drittel grösser als London nach seinem gegenwärtigen erweiterten Umkreise, dahingegen die fünfzehn eigentli-l chcn Provinzen von China, uncingelcchnct den erstaunlichen Zuwachs an Land von der grossen Mauer bis in die Nahe des Caspischcn Meeres, sich zu Gros« brittannien wie fünfzehn gegen eins verhalten. An die mittagliche Mauer der tartarischen Stadt schließt sich freylich eine andre an, welche zum Unterschiede die Chinesische heißt. Leute, die dann und wann in Geschäften aus den Provinzen nach der Hauptstadt kom> men, wohnen mcistentheils hier/ und die fthr verfallenen Mauern derselben enthalten ebenfalls einen erheb, lichcn Raum, der etwa neun Quadratmeilen betragt. und kommt in Peking an. 165 Indessen ist hicvon nur ein geringer Theil mit schlechten / auf einander gedrängten und unregelmäßigen Haus ftrn bebaut; das übrige sieht leer und etwas ist beackert. In diesem Bezirke ist die Sien,n ong-tan, oder die Erhöhung der ehrwürdigen Land-bau er, aufgeworfen. Nach einem alten Herkommen begiebt sich der Kaiser alle Frühjahre dorthin und leitet der Beschäftigung des Ackermanns zu Ehren / eigenhändig den Pfwg über ein kleines Feld. Nachdem Se. Majestät sich etwa eine Stunde lang unter den Hochgesangen zum Lobe des Ackerbaues, welche von den umringcndtn Landlcutcn angestimmt werden / hiemit beschäftigt hat, folgen die fürstlichen Personen am Hofe m,d die grossen Staatsbcdienten seinem Beispiele/ nehmen den Pflug wcchselsweise, und ziehen einige Furchen in seinem Beyseyn. Sie erscheinen alle, so wie der Kaiser selbst, in einem Auzuge der zu ihrer neuen Beschäftigung paßt Der Ertrag des also gepflügten Feldes wird sorgfältig eingesammelt und überwiegt, wie man im vollen Ernste behauptet, sowohl an Güte als Menge den jedesmaligen Ertrag aller andern Striche von gleicher Grösse. Die Fcycr dieser eindrucksvollen Festlichkeit, wie man sie billig nennen darf, wird in dem entlegensten Dorfe des Reichs bekannt gemacht. Dem Zwecke nach soll sie auch den niedrig? sten Hüttenbewohner aufheitern und ihn für das Mißlingen, welches eine häufige Folge der veränderlichen i66 Dic Gesandtschaft landct bei Tong-tschü-fu Iahrszeit ist, einigermaassen mit dcn Gedanken trösten, daß sein Beruf durch die Genossenschaft des Lan« desbeherrschers selbst aeadelt ist, welcher sonach in den zahlreichsten m.d „üblichsten Stand seiner Unter« thauen a:lf>cno>n>nen wird und auf ein gemeinsames Ziel mit ihnen yinzustrebcn scheint. Innerhalb dcr Ringmauern der Chinesischen Stadt ist auch der T»entan oder Him m clsküg e l aufgeworfen. An dem Hauptgebäude auf dieser Erhöhung erblickt man als Inschrift/ das einzige Wortzeichen Tien oder Himmel. Die runde Gestalt desselben ist eine Anspielung auf die scheinbare Wölbung der Himmelsttcste, so wie derTi-tan, ein der Erde ge-widmcter Tempel, ein Viereck ist, weil die alten Chinesen sich selbige vollkommen v'ereckig vorstellten. Zur Zeit der Sonnenwende im Sommer, wcn't die Hitze und Kra?'t der Sonne den höchsten Grad erreicht hat, kommt der Kalser in scyerlichem Aufzuge, ihr zu huldigen und für ihren wohlthätigen Emftuß zu danken; an dcr Winter - Sonnenwende hingegen werden ahnliche Ceremonien im Tempel der Erde vorgenommen. In keinem von beyden ist eine Versinnlichung. Doch giengcn wcuigsiens ctllche Chinesische Gesetzgeber von der Betrachtung des materiellen Aaseyns zu einer Grundursache über, der sie einen Namen beylegten; ltidcß andere noch Opfer geschlachteter Thiere hinzu-fügten, als ob das angebctttc Nescn an dcr Zersiö< und kommt in Pekinq an. 167 run/, dcs Lebens, das von ihm ausgieng, Gefallen tragen lömtte. Diese feyerliche Anbetung des Himmels und der Erde vollzicht der Kaiser ausschlicsscnd, und sie ist zu semer Bequemlichkeit nach Peking verlegt, wo er sich noch in mehrcrn prächtigen Auszügen öffentlich zeigt, an denen Klugheit eben so viel Antheil als Frömmigkeit Hal. Es giebt beynahe keine andere Schaugepran-ge in der Hauptstadt ausser diesen, welche zuweilen mit den religiösen Ceremonien oder Fonzioni Seiner Heiligkeit zu Rom verglichen werden. In Peking fins den übrigens wenige von den Umstanden, die zur Vers glösscrmig anderer Hauptstädte beytragen, statt. Peking ist lediglich der Sitz von der Reichsregies rung. Cs ist kein Hafen, kein inlandischer Handelss platz, odcr Mauufalturort. Hier versammelt sich kein stellvertretender Reichstag, keine Landstande, mit zahl< reichem Gcfolge, um die Maasnahmen der Crone zu unlerstützen, einzuschrankcn, oder zu prüfen. Wes dcr Vergnügungen noch Zerstreuungen haben sich hier nieder gelassen. Die vornehmsten^ Cladte Europens verdauten ihre Wohlhabenheit, ihre Grösse und ihre Bevölkerung meistcntheils dem Zuflüsse von Leuten/ die durch die Vorsorge ihrer Ahnherren, oder die Huld dcs Fürsten, ohne Arbeit begütert sind und im Mcnschcngewühlc Gelegenheiten aufsuchen, ihren Reichs thum aufs angenchmste zu verthun- Sie ziehen das ^68 Dic Gesandtschaft landet bci Toiig-tschu-fu vornehmste Einkolnmen von ihre» Pfsitzimgen al,f deni Lande nach sich. Entfernt von angstlichell Nahrungs, sora.cn, fre» von Habsucht und Ehrgeiz, vom Kum, mer des Lebens grossentheils unerreicht, und von keis ner Ungewißheit, die allen .lnternehmungen anhangt, gefoltert, sind sie, ihr Aufenthalt sey, wo er wolle, der angenehmste, nnterrichtetste Theil der Gesellschaft. Vjelc Verbesserungen und einige der bedeutendsten Ers findungen in den europäischen Wissellschaftcn sind die Fruchte ihrer Mnfsi. Unter ihnen findet man hanptt sachlich jene geläuterte und erhabene Denknngscnt, jes ne Geschliffenheit, wodurch sich der angesehene Mann auszeichnet. Sie sind aber, ihre Kenntnisse ausge« nommen, den andern Standen, von deren Fleifse sie sich'nähren, von germgeln Nutzen. Diese Menschen-gattling iji/ mit Einrechunug der Reichen und Müßigen unter dem hohen und niedern Adel, allenthalben in Europa zahlreich. Ihre Angehörigen, ihr Gesinde und die Leute, welche ihren vervielfachten Bedürfnissen und verschiedenartigen ErqölNichkeiten dienstbar sind, tragen nicht wenig zur Anfullnng der Hauptstädte itt allen enropäischen Reichen bey. Allein Umstände diei ser Gattung haben wenig Einfluß nuf Pekings Ausdehnung und Menschenmenge» Hier bewegen sich die Meisten entweder in ihrem genau angewiesenen Wirkungskreise, oder übernehmen Dienste und Mühwals tungen für die übrigen. Wurklich/ wenn man etwä lmd kommt in Peking an. i^ tzinige Atwerwandte dcs Kaisers ausnimmt, so giebt es dort nur wenige, deren einziges Geschäft es Ware, dem Vergnügen nachzugehen/ und die Zeit muffig zu-zubringen/ welche andere öffentlichen Aemtern oder der Sorge für ihren häuslichen Unterhalt widmen müssen. Unter den Chinesen findet sich nicht so viel Unterschied in den Glücksgütern als in den Standen. Alte Zieichsurkuuden bezeugen daß die Erde, gleich den an, dern Naturelemcntcn, eine lauge Zeit hindurch, von den Eingebohrnen fast gemeinschaftlich besessen wor.de« sey. Ihr Land war in kleine Bezirke gleicher Grösse abgetheclt; jeder derselben wurde gemeinschaftlich von acht laudbaucndcn Familien bestellt, die zusammen ein Dorf ausmachten, und ihnen gehörte der volle Ertrag ihrer Arbeit, ausgenommen ein bestimmter Theil der Erzeugnisse, den sie zum öffentlichen Aufwande hergaben. Es ist freylich wahr, dast nach einer Staats-erschültcrung, die in allen Chinesischen Geschichtbüs chcrn mit grossem Bedauern erwähnt wird und sich noch vor der christlichen Zeitrechnung zutrug, der Machträubcr alle liegende Gründe unter die Gehülfen seiner Siege vertheilte, und den'Ackersleuten aus dem Landcscrtragc nur eine Kleinigkeit zukommen ließ. Auch wurde Landeigcnthum erblich; doch mit der Zeit zerfielen die ansehnlichsten Güter in sehi- massige Gruud-stücke, indem jeder Vater seine Besitzungen gleichmässig unter seine Söhne vertheilte/ die Töchter aber 17° Dic Gesandtschaft landet ba Tong-tschn-ftl stets ohne Mitgäbe verchlicht wurden. Es traf sich höchst ftlten, daß nur eincm einzigen Sohne das ganze Eigenthum seiner abgeschiedenen Eltern znficl, und dies konnte schwerlich durch Seitenbeerbung anwachsen. Denn Landesbrauch und Naturgcheiß bewog die meisten Jünglinge zeitig zu heurathen. Ohne Nachkonu mcnschaft zu seyn, hielt man für eine Schande. Els tern, welche keine Leibcscrben hatt,.'»«, nahmen an deren Statt andrer Leute Kinder zu sich, die ihnen dann eigen zugchörten. Blieb eine verheurathete Fran uns fruchtbar, so durste man eine zweyte bey Lebzeiten der ersteren nehmen. Den Begüterten war es, wie fast aller Orten im Morgenlands, durch die Sitten vergönnt / Beyschläferinnen zu halten. Dcrcn Kinder wurden für so gut, als die von der Ehefrau angestt hen, für welche man «hnen Gehorsam und Liebe ei», flößte; auch ließ man sie an allen Vortheilen rechtniäst sig geborner Antheil nehmen. Alle diese Ursachen strebten beständig auf gleiche Vcrtheilung des Reichthums hin, welchen wenige dergestalt anHaufen konnten, daß sie aller eigenen Ans strengung ihn zu vergrössern überhoben gewcftn waren. Zudem giebt Wohlstand in China wenig Gewicht und keine Macht, auch ist Eigenthum, ohne öffentliche Bedienung, mcht immer sicher. Es ist keine erbliche damit verbundene Würde eingeführt, wodurch dasselbe Ueberlegenheit oder Vorzug erlangen tonnte und kommt in Peking an.' I?l Die von der Regierung an Unterbediente übertragene Machtvollkommenheit lastet oft schwerer ans unbeschirm-tc Begüterte, als auf Dürftige, welche weniger Gel« genheit zur Versuchung geben. Und es ist eine durchgängige Bemerkung unter den Chinesen, daß ansehe lichcs Vermögen selten über die Enkel hinaus in dcrs selben Familie beträchtlich bleibt, weil es entweder in zu viele Erbschaften zerstückelt/ durch Handelsun« tcrnehmungcn verloren, verspielt, vergeudet, oder durch raubsüchtige Mandarinen abgepreßt wird. Um die Staffeln des Ehrgeizes aufs neue hinansteigen zu können / muß man durch langen, mühsamen Fleiß, in der einheimischen Gelehrsamkeit, die allem zu Staats, anttern führt, sich auszuzeichnen suchen. Eigentlich sind nur drey Stande in China: Gelehrte, aus denen die Mandarinen genommen werden; Fcldbaucr; und Handarbeiter, worunter man die Haw delsleute mit begreift. In Peking allein wird die Hochs sie Würde der Gelehrsamkeit denen erchcilt, die sich bey öffentlichen Prüfungen in der Sittenlehre/ Staats-? künde und der damit engverbundencn Landesgeschichte, Wie solche von alten Chinesischen Schriftstellern vorgetragen werden, am geübtesten beweisen. Unter die, welche diese Auszeichnung erhalten haben, vertheilt der Kaiser alle bürgerlichen Aemter im Staat und je< der grosse Gerichtshof des Reichs wird aus ihnen be, setzt. Um diese Wurde bewirbt sich Niemand als wer t?2 Die Gesandtschaft landet siei Tong-tschu-fll bey ähnlichen Prüfungen in der Hauptstadt jeder Pro, vinz bestanden hat. Diejenigen/ wclche in Städten vom zweyten Range, oder in dem Hauptorte eines Kreises gewählt worden sind, dürfen sich in der vor, nehmsten Provinzstadt melden. Denen / die in der ersten und zweyten Classe abgewiesen worden, bleibt immer noch ein Recht auf Unterstellen, nach Maasga? be der Ordnung, in welcher man sie tüchtig befand. Bey solchen Prüfungen geht es überaus feycrlich, und, dem Anscheine nach, unparthcyisch zn. Unter dem Wehrsiandc sieht man vor ^rtheilung des Ranges ebenfalls dahin, ob sich einer bey der angestellten Probe in der Kriegskunst und in militärischen Fertigkeiten vorzüglich beweiset. Die grossen Gerichtshöfe in Peking haben dcr Be« qucmlichkeit wegen, unweit der südlichen Pforte des kaiserlichen Pallasis ihren Sitz. Von allem was im Reiche vorfallt, werden regelmässig Berichte dorthin erstattet. Es sind Kammern, die gleich unter dem Kaiser stehen, welchem sie alle Sachen von Wichtig, teit, nebst den Beweggründen ihres dabey ertheilten Gutachtens, vorlegen. Man hat einen Inbegrif von Gewohnheitsrechten, die aus dcn Schriften der frühesten Weisen des Reichs gesammelt, von nachfolgenden Gesetzgebern und Herrschern bestätigt, von einem Zeit? alter dem andern mit wachsender Verehrung überliei fert, und somit jenen Räthen als eine Richtschnur und kommt in Pckma, an. i?3 bey ihren Entscheidungen überliefert worden sind. Diese Gesetzsammlung scheint wirtlich der Gerechtigkeit den weitcstcll Spielraum zu geben und sie aus dcn rcilu sie» Quellen der Menschenliebe abzuleiten. Seine kaiserliche Majestät fügt sich gemeiniglich dcm Gutdünken dieser Gerichtsstühle. Einer von ih, nen hat auf die Fähigkeiten der Mandarinen zu die, sem oder jenem Amte zu sehen, und, wenn sie nicht tüchtig sind oder Ungerechtigkeiten verüben, auf ihre Absetzung anzutragen. Ein andrer muß über die Gebrauche und Sittlichkeit im Reiche hnlten, daher er von dcn Europäern Gerichtshof der Ceremonien ge« genannt wird, die er unter der Voraussehung anordnet, daß Beobachtung der aussern Formen nicht we-nig bcntragt die uebertretung höherer Pflichten zu hemmen. Das allerbeschwerlichste und verfänglichste ist das Gericht der Censoren; es bemerkt, ob die gangs baren Gcsctze beobachtet werden / wie die andern Ge, richtshöfc verfahren, und wie sich die fürstlichen Pcrs , sonen dcßgleichen die Staatsminister, ja sogar der Kaiser selbst, betragen. Es giebt noch verschiedne untergeordnete Richterstühle, als der der Mathematik, der Heilkunde, des öffentlichen Bauwesens, und der Gclahrtheit und Geschichte. Alles dies, bildet ein regelmässiges, zusammenhängendes Ganze, das sich in der grauen Urzeit verliert, mir wenigen Abänderungen Hkl'ch )cde Dynastie sottgedaucrt hat, und wenn eZ 174 Die Gesandtschaft landet bei Tong-lschll-slt etwa wegen des Eigensinns oder der Leidenschaften eines ober des andern Herrschers auflwrtc, immer wieder in den Gang gebracht wurde. Die Abwcichuns gen/ welche allenfalls seit der Thronbesteigung des ge< genwartigen Regcntensiammes voracfullei, sind, kommen daher, daß man in jedes Gericht eben so viele Tartarn als Chinesen aufgenommen hat. Das Gutt achten der ersteren soll allemal durchgreisen. Wirklich sind viele unter ihnen Leute von hervorstechenden Ans lagen, von Geistessiärke und feiner Lebensart, Der betagte Unterlonig von Petschili ist Tartarischer Abkunft. Im vorigen Iahchunderte setzte der Jesuit Gri-maldi, nach dem Zeugnisse des Gemclli Carreri, die angebliche Bevölkerung von Peking bis auf sechzehn Millionen an Ein andrer Missionar schrankt sie, we, nigsi.ns in der Tartal ischen Stadt, auf eine und eine viertel Million ein. Nach den zuverlässigsten Nachrich« ten, welche die Gesandtschaft erhielt, belief sich Pekings Volksmenge im Ganzen ungefehr auf drey Millionen. Die niedrigen Hauser dieser Hauptstadt schell nen für eine so erstaunliche Zahl fast unzulänglich; in< deß nimmt eine Chinesische Familie, wenigstens in dcn mittlern und niedern Volksstäuden, nur wenig Raum ein. Man findet keine überflüssigen Zimmer in ihre» Häusern. Ein Chinesisches Wohngebäude ist ordentlicherweise von einer sechs bis sieben Fuß hohen Mauer umgeben. In dieser Einfassung findct man oftmals und kommt ill Peking an. i?5 eine ganze Hausgcnossenschaft von drey Generationen mit allen ihrcil Webern und Kindern. Ein einziges kleines Gemach ist für die Angehörigen jedes Fami> licnzweiges hinlänglich, sie schlafen in verschiedenen Bettern, die bloß durch herabhangende Matten von einander gesondert sind. Zum Speisen dient ein ge-meinschaftliches Zimmer. Diese hmifige Sitte, nach welcher verschiedene Zweige eines Hauptstammes »mtcr dem ncmlichen Da-che beysammen wohnen, hat wichtige Folgen. Das Ansehen und Beyspiel der Bejahrten macht die Jüngern in ihrem Betragen bedachtig und gesetzt, und die ganze Gemeinheit kann, gleich dm Soldaten, die sich an eis „er Tafel beköstigen, wirkhschaftlicher und bequemer auskommen. Ungeachtet dieser Einrichtung muß sich dcr dürstige Arbeiter mit Gemüsen behelfen und kann nur selten oder spärlich Fleischkost geniessen, da der Arbeitslohn gewöhnlich überall in einem so niedrigen Verhaltnisse zu den Lebcnsmitteln steht, als sich der ge, meine Mann nur immer gefallen lassen will. Die Anhäufung der Menschen macht Peking nicht ungesund. Doch bringen die Chinesen viel Zeit in der freyen L"ft zn und legen, nachdem die Witterung ein, fallt, mehr oder weniger Kleider an. Die Luft ist trocken und erzeugt keine fanle Seuchen; Unordnungen aber, die dergleichen hervorbringen, fallen nicht oft vor. ,76 Die Gesandtschaft wlbct bei Tong-tschu-fu Man hält grosse Ordnung unter dieser Menge von Einwohnern mid Verbrechen sind etwas seltnes. Jeder zehnte Hausherr muß, ungefehr so wie vordem die Zehcntenmänner jn England, für die Aufführung der zehn anwohnenden Familien stehen, da man ans nimmt, daß sich seine Aufsicht so weit erstrecken könne. Innerhalb der Ringmauern wird lingemein strenge Poi llzey gehalten. Der Hauptstadt kommt die Pünktlichkeit und innere Sicherheit eines Feldlagers zu gute, aber sie ist auch unter gleichem Zwange. Bloß in den Vorstädten lösen die öffentlichen Dirnen ihre Erlaub? msischeine und lassen sich einschreiben. Doch giebt es nur wenige, da sie mit der geringen Anzahl lcdiger Mannspersonen und Ehemanner im Verhältnisse stehen , die sich von ihren Familien entfernt in der Haupt? stadt aufhalten. Von dem frühen Heurathen wohlhabender Jung-lmgc ist bereits gesprochen worden; den Armen räth die Klugheit an, sich früh zu varehlichen, weil die Kinder, besonders Söhne, gehalten sind chre Eltem zu ernähren. Was dringend anempfohlen und allgemein ausgeübt wird, erlangt mit der Zeit das Ansehn einer Rcligionopfticht, und in dieser Rücksicht fmdet auch die erwähnte Vereinigung statt, sobald sich nur die mindeste Wahrscheinlichkeit zcigt, daß eine künftige Familie ihr Auskommen finden werde. Allein diese Wraussetzung verwirklicht sich nicht immer, und Kinder, und kommt in Pc"'Ng an. i?7 der, in Umständen gcbohren, wo man sie nicht gehörig Mlfevz'ehcn kann, werden zuwcllcn von de>5 unglücklichen Urhebern ihres Daseyns verlassen. Als dieser unnatürliche und entsetzliche Schritt ;u,lst gethan Wurde, verleitete zuversichtlich blos herbe, unüber-steigliche Nothwendigkeit da;u. Nachg>'h"'ds wurde 'gmal davon sey ein Ta-dschin d. i. grosser Manu, von erhabenem Range; aber es war dem Mandarnl so wenig begreiflich, wie ein Kmo, durch Erbl'cch: fähig werden könnte eine solche Wurde zu besitzen , daß er mit einem erstaunten Blicke iunc hielt, den P'-'.scl, womit die Chinesen schreiben, niederlegte und ausrief, cr dürfe sich nicht erdrensten, ihn auf die angegebene Att zu beschreiben, weil der Kaiser gay und kommt in Peking au. 185 wohl einen grosscn Mann von einem kleinen Knaben unterscheiden könne. Da, wahrend sich der Gesandte in Peking aufhielt, einige von seinem Gefolge oft von dort nach dem nahegelegenen Kaiserlichen Pallaste in Geschäften reisen mußten, und immer durch andre Vorstädte, Thore und Strassen zurückkehrten, so erhielten sie Gelegenheit die mcisten Gegenden der Hauptstadt in Augelischcin zu nehmen. Sc. Excellenz fuhr in einem Englischen Wagen / welcher von vier Tartarischen ungefehr fünfthalb Schuh hohen Pferden gezogen wurde: zu Postillionen nahm er zwey Leute aus seiner Leibwache, die vordem in England dieses Gewerbe getrieben hatten. Dies war ein neuer AMick für die Chinesen, welche blos die niedrigen, plumpen, zweyrädrigen Wagen kennen, die nicht auf Springfcdern, sondern unmittelbar auf den Aren ruhen, und nichi viel besser, als die gemeinen Europäischen Karren sind. Wie eine prachtige Kutsche, die für den Kaiser zum Geschenke bestimmt war, ausgepackt und zusammengesetzt wurde, so erregte sie alls gemeine Bewunderung; jedoch mußte man den Kutt schersitz herunter nehmen lassen, denn als die Mandarinen bemerkten, daß ein so hoher Platz für den Kutscher bestimmt war, so äusserten sie das grösie Erstaunen, wie man daran denken könnte, irgend Jemanden eine Lage über dem Kaiser anzuweisen: So leicht ist es, in allem, waS sich auf die Persönlichkeit des en iZ<5 Die Gesandtschaft landet bci Tong-tschu-fu habenen Landesherrn bezieht, das Zartgefühl dieses Volks zu verwunden! Am Abend vor der Abreise des Gesandten aus Peking kam ein Mandarin von hohem Nange zu ihm und erkundigte sich, im Namen des Kaisers, aufs gnädigste nach seiner Gesundheit, die, wie Se. Majestät gehört hätte, seit einiger Zeit etwas mißlich gewesen ware, daher er ihm empfähle, kurze Tagereisen, so wie er selbst gewohnt wäre, nach der Tartarey zu machen, zu welchem Ende er mit seinem Gefolge in den Pallästen beherbergt werden sollte, die in bequemen Entfernungen auf diesem Wege erbaut^waren und Sl. Majestät selbst, wenn er nach Dschechol rcißte, zum Absteigen dienten. Das Planetarium konnte vor der Abreise des Gesandten nach der Tartarcy nicht völlig zusammengesetzt werden und Dr. Diuwiddie wurde zurückgelassen um über dieses verwickelte und nothwendige Geschäft bic Aufsicht zu führen. Verschicdner Ursachen halber blieben noch mehrere aus dem Gefolge und von der Bedienung der Gcsandschaft in Pctiug und in Puen-min, yuen. Etliche wurden durch Krankheit zurückgehalten, worunter sich einer der pflanzcnkundigen Gartner bcfand. Er sammelte vielerlcy Gewächst in der Provinz Pel-schilt, und von denen, welche er aufbewahrte ist hier ein Verzeichnis beygefügt, welches dem Botaniker nicht ganz unwichtig seyn wird. Conspermum liyiiopifo-lium — cine cmbere Sirs, Blitum, Cyperus odoratas. — —> irio, Scirpus» Panicum ciliare, — cms corvi» — glaucum. Poa. Briza eragrostis. Cynofurus indicus. Arundo phragraites. Loliuni. Rubia cordata. Cufcuta. Solanura melongena. — cine anbere 9lr(. * Lycium chlnense. Rhamnus. Eaonymus. Neriuin oleander. Asclepias sibiriea. Cynanchum, Chenopodium aristatum. mmm — scoparium. ^» — viride. Hemerocallis japonica Polygon um aviculafe. — lapathifolium. — tinctorium. — persicaria. Sophora japorica» Tribulus terrestris, Aren aria rubra. Euphorbia C3^padssias. — esuia. — tithymaloides. Potentilla. Nymphaea nelumbo, Leonurus sibiricus. Antirrhinum. Incarvillea. Sesamutn orientate. Vitex negundp, Lepidiuin latisoliujn. Sisymbrium amphibium. Cleome, Erodium ciconium, Sida. Hibiscus trionum. Dolichos hirsutus. Hedyfarum striatum. — cine aubm 2|rf. Astragalus, bxcx) Slrte«. kommt in Pclmg an. 18? Chenopodium glaucum Salsola altiifima. — cine andere 2lrt Tamarix. Statice limonluim sAsparagur. Sonchus oleraceus. Prenanthes. Bidens pilosa. — cine anbere Sirs. Artemisia capillaris. — integrifolia. Aster, jnjei) 2irten. Inula japonic«. . Chrysanthemum. Eclipta erecta. — prostrata. Impatiens balfamina. Typha latisolia, Xanthium strumarium. Amaranthus caudatus, — eine anöere Sirs. Acalypha. Sterculia platanifolia. Cucurbita citrullus. Salix. Cannabis fativa. Trifolium melilotus. Juniperus barbadenfis. Andropogon il'chsemum. — cine anbere 2lrf, Holcus, Cenchrus racemofus. Rottboella. Atriplex. Ailanthus glandulosus» Equisetum. Matricaria. Prunus armeniaca.. Avena. Lonicera caprifolium. Sempervivum tectorum. Malva, mehrere 21 rteit. Melifla, Apium. Corylus avdllana. Thlafpi. Brassica, Pinus. Fraxinus. Morus, 188 Die Gesandtschaft landet bei Tong-tschu-fu:c. 189 Fünftes Kapitel. Reise nach der mitternächtlichen Grän« ' ze von China. Ansicht der grossen , Mauer. 3)cr Gesandte verließ Peking am zweyten Septems ber 179;. in Begleitung der gewöhnlichen Anzahl von Chinesen und der mchrsien Personen seines Gefolges. Die Flache, worin diese Hauptstadt liegt, erstreckt sich beträchtlich nach Mitternacht und Morgen hin. Links, oder nach Abend zu, ficngen in geringer Entfernung die Berge an sich zu erheben, aber rechter Hand war die Gegend viele Meilen weit eine völlige Ebene bis an das Meer oder den Busen von Pctschili, welcher sich vom Fusse der Berge, den er ursprünglich benetzte, zurückgezogen zu haben schien. Die Strasse, welche über diese Flache lief, war mit ausnehmend hohcn Bruchweidcn (8nlix srn^iUg. I.m.) beschattet. Dcr Baum schien dem Boden am angemessensten zu seyn. Auf diesem Theile des Weges bediente sich So. Excellenz der Europaischen Kutsche und vermuthlich rollte jetzt zum erstenmale ein Englischer Reisewagcn auf der Strasse nach der Tartarcn. Mitunter nakm der Gesandte einige Mandarinen in sein Fuhrwerk. Anfanglich waren sie etwas besorgt/ der Wagen/ wel- lya Reisc nach der mittcrnachtl. Granzc v. China, cher hoch hieng und ihnen zu wankeu schien, möchte umwerfen; allein wie sie desselben völlige Sicherheit inne wurden, bezeugte» sie grosses Vergnügen über seine Leichtigkeit, Bequemlichkeit und Schnelle, so wie über die sinnreichen Epringfedcrn und die verschiedenen Einrichtungen zum Auf? m,d Niederlassen der Fen« sicr und Vorhänge, wie auch zur weiteren oder enge-ren Ocfnung der sogenanteu Nenedigcr Blenden. Der Boden neben dicscr fischen Strasse war ans sanglich wie jenseits Peking, ein fetter vortrcflich angebauter und mit denselben Gewachsen bedeckter Letten; aber ein Feld, woraus eine Art von Polygomim gepflanzt schien, wie man aus den regelmässigen Rei> hen desselben schloß, erregte besonders die Aufmerksamkeit der Fremden. Man sagte ihnen, daß die Blätter davon, eben so zubereitet und eingeweicht, wie die des Indigo, eine blaue Farbe gaben, welche dem ge-nannten Pflanzenstoffe, wo nicht gleich, so doch nahe käme. Es wäre zu wünschen, daß man in solchen Erdstrichen, wo, wie in dem Pekinger, die Indigo-fera nicht fortkömmt, versuchen möchte, ln wie fcrn die aus diesem Polygonum gezogene Farbe anstatt der aus dem Indigo gewonnenen vortheilhaft gebraucht werden könnte. ' Man sagte auch, daß die Knospen und zarten Blatter einer kleinen Art von Colutea oder Blasenbaum einen grünfarbenden Stof lieferten. Es findet sich kaum ein Gewächs in China, deft Ansicht der grossen Mauer. iy! sen verschiedenartige Nutzbarkeit im gemeinen Leben die Eingebohrncn nicht durch Versuche oder durch Zufall, in einer so langen Reihe von Zeitaltern, ausfündig gemacht hatten, so daß sie nun, für Dmge, die sie sonst unvermeidlichcrwcisc aus andern Gegenden he« holen müsitcn, Erzeugnisse ihres Vaterlandes zu gebrauchen wissen. Zum Beyspiel bedienen sie sich der Saamcnkörner, einer Art Fagara oder Sattelbaums anstatt des Pfeffers. In Ermanglung dcr Oliven, schlagen sie herrliches Ocl aus Apricosenkerncn, und zum alltäglichen Gebrauche, aus den Saamenkörnern des Sesams, des Hanfs, dcr Baumwolle, dcr Rübe, aus einer Art von Münze, und aus vielen andern. Wahrlich, man kann nicht sagen, in China wachse ein nutzloses Unkraut. Sie verfertigen Zeug aus den Fasern einer tauben Nessel, so wie Papier aus der Rinde verschiedener Gewächse, aus den Fibern des Hanfs, und aus Reisstroh. Eine Art von angebauter Clamor-tUca lwtzen sie anstatt der Gurken. Eine Art Distel genießt man dann und wann als ein schmackhaftes Ncbencssen zum Reis. Das Taschchcnkraut findet man zuweilen in ihrem Salat. Sie ziehen ihr schönstes Noth aus dem cartnamuZ oder der Bürstcnpflanze, weil dcr Gebrauch des Carmins bey ihnen nur selten ist. Mit dem Becher der Eichel färben sie schwarz u^d Eschenlaub dient ihnen bey der Seidenwurmzucht ai„ statt der Blatter des Maulbeerbaums. 192 Rcisc nach dcr mitternächtl. Granzc v. China. Ausser etlichen Weidenartcn und Pappeln / die um Grabmahler gepflanzt standen, sich man wenige Baunle auf diesen Flächen; Eschen und Maulbecrbäus me waren nur spärlich über die Ebnen zerstreut. Diejenige Weide, welche sich durch ihre ha^gendcn Fwci^ gc und Laub auszeichnet, zierte dle Ufer dcr Flusse und eine derselben, maaß eine Mannslange über der Wurzel, fünfzehn Schuh im Umfange. Am erste« Tage früh gleng die Reise über einen schmalen F!uß, der jedoch tief genug für kleine Kahne war, die in ziemlicher Menge daranf fuhren. Er strömte, wie alle übrigen dieser Gegend, südostwärts.' Von den Tarta, rischen Gränzen kommen gewisse Güter häufig auf dies sen Flüssen herab, und andre wurden von Dromedar rcn, oder zweihöckrichten Kameclcn gebracht, Thiere, die für stammhaftcr, rüstiger und schneller gelte,:, als das Kamee! mit einem Buckel. 3lnch ist der Dromes dar behaarter als dieses, und paßt mithin besscr für kalte Himmelsstriche. Eie waren oft mit Pelzwerk, dem föjllichsten Erzeugnisse dcr Tartarey beladen / wie, wohl man es auch der Muhe werth achtet, Güter von weit geringerer Bedeutung durch sie fortschaffen zu lassen. Man belastet sie sogar mit Holzkohlen nach Peking, wo diese Feurung vornehmlich zum zubereiten der Speisen gebraucht wird. Die Schaafe, welche auf den Angern weideten,.waren von derjenigen Gat, tung , die ganz kurze aber fieischigte und mehrere Pfund wagende Ansicht der grossen Maner. ^ biegende Schweife hat, worauf Chinesisch. Schweiger «ngtlnein viel halten. Ungefthr zwanzig Meiten von der Hauptstadt 5c,'ann t'as Land, gegen die Tartaren sich zu crhcben; al>ch änderte j-ch der Boden, wclcher im Aufsteigen sand'qer wurde, indeß Tbon und schwarzes Erdreich mall'ck ad, nahmen. Etliche Mcilen weiter hin, trattu die Rei-ftnden für diesen Tag in einem der Paläste ab, wel chc, wie zu Ende des vorigen Kittels erwähnt ,vvn dcu/ zur Pcherberguna. des Kaisers erbauet fmd. Er stand auf uncbcliem Bodc«', »ucht weit von dcm Fusse eines sanfttmporsteicicndct! Berges/ wc'cher sammt e weiter hinaus empc^r ragcndcn Berge waren theils mit Gehölz bcwachsen, theils öde. Die Gegenstände schienen hier alle in ihren, Natm-znstaill de und gleichsam durch ein glückliches Ungefehr m die? sem Orte zusammcngcscUt zu seyn. E"» Chmlslschcr Gartner mahlt nach der Natur, bemüht sich aber d..bcr>, ohne Vorschrift und Kunst, Emf^lt mit Allnnnh zu galten. Uuftm des Pallasts näherten sich die Berge emc ander und bildeten ungefehr einen meilenweiten Hohl« Zwcvtcv Van>' 3! 194 Ncisc nach dcr mittcrnachtl. Granzc v. China. Weg. Nicht weit von hier befanden sich einige mmcra-lische Quellen, welche des Kaisers Bäder heissen, cnt< weder wcil sie auf seine Kosten angelegt / oder von et-lichen aus seiner Familie besucht worden sind; viel? leicht auch/ weil er, überhaupt genommen, der Eigner von allem ist/ was Niemanden besonders angehört. Jenseit des Hohlwegs breitete sich cine weite Ebene aus, worauf mehrere Dörfer / zwey ummauerte Städte vom zweyten Range, und ein andrer Kaiserlii-cher Pallast standen. In den Lustgehegen um diesen Pallasi sah man verschiedene Spuren eines wcisscn Stoffs, dem Kalke gleich, wenn er, nach dem kunsi, gerechten Ausdrucke, zu Tage liegt. Alles was die gegenwärtige Gesellschaft von den Afrikanischen Inseln, dem festen Lande von Amerika; den südlichen Eylcmden und dem Asiatischen Continent, auf dieser Reise besucht hatte, qewahrtc ihr, scit sie England verlassen / nicht ein ein;igesmal den Anblick von Kallerde, welcher dort so gewöhnlich ist, nnd cbcn so wenig von Feuersteinen, die gleich Knoten oder Knorren im Holz, mehrcnthcils eine wagercchte Lage im Kalke haben. Die talkichttn Ctosse welche ihr auf dieser langen Reise etwa zu Gesichte gekommen waren, standen in sehr geringem Verhältnisse zu den Erzeugt nissen von vulkanischem Feuer, und zu dcn Granitmasi sen, welche die Gcsandschaft allerorten fand. wo sie hinkam. Jene waren in England gar nicht und diese Al'sicht dcr grossen Mauer. 195 nur selten zu sehen, eben so w?m'g als aus dem a/qcn?' wartigen W.'ge nach der T, mincralogischcr 5)ll.sicht, viele Aehnlich' kciten mit ihrem Vaterlands entdeckten. Jedoch hatten die meisten Berqe, bcy denen man auf dcr zweyten Tagereise vorbcykam, ctwas eigene thnmliches in ihrcr Gestalt und Lage, indem jeder auf einem besondern Giunde stand und sich einzeln ans dcr Flache emporhob, woranf diese Berge reacllos zer< streut warcn. Ihre Obcrfiachen j/>icnen mehrentheils glatt und von Ecken unterbrochen, die durch die Länge der Zeit abgerundet oder verkürzt waren, aber doch noch ihre regelmassigen Gestalten ln dem Grade behalten hatten, daß die Einbildungskraft versucht wurde / diese Massen mit riesenmassigen Cristallisationen zu vergleichen. In den Niederungen dieser Gegend wird viel Tac back gepflanzt. Den Ranch davon ziehen die Cbineser durch Bambusrohre ein, und diese Gewohnheit ist viel-leicht weit herrschender unter ihnen, als in allen an< dern Landern, da sie sich auf beyde Geschlechter und bis auf das zarteste Älter erstreckt. Die zehnjährigen und vielleicht noch jnnqeren Mädchen, welche aus den Häusern an der Strasse nenaierig nach dem Anblicke der Fremden liefen, sah man nie anders als mit lan? gen Tabackspfeisen im Munde. Man glaubt in Europa, diese Staude sey aus Ame- G iy6 Ncisc nach der Mitternacht!. Gräuzc v. China. rika in die sämmtliche alte Welt eingefübrt worden. Gleichwohl findet sich keine Ueberlieferung, daß sie von dorther nach China, und, wie man hat behaupten wollen, nach Indien gekommen sey, wo sie cbeufalls in unsäglichem Ueberfiusse angebaut und verbnwcht Wird. Fremde Gebrauche lassen sick weder in dicsein noch jenem Lande schnell einführen. Möglicherweise ist der Taback, so wie der Dschmsseng, an gewissen Orten der alten und neuen Welt einheimisch. Taback zu Pl!„r gemacht, wird gleichfalls von den Chinesen genommen. Ein Mandatin ist selten ohne sein buntes Schnupftabacksfiaschgcn, woraus er, wen« er Taback nehmen will, eine Priese auf die Ausscnsei-te der linken Hand, zwischen den Damn und Zeigesin« ger schüttet und sie so zur Nase führt; dieses wicdett holt er verschiedencmal des Tages. Der genannte Stof ist nicht der einzige, dessen man sich zur Befriedigung dieses künstlichen Bedürfnisses in China bcdicnt< Gepulverter Zinnober wird eben so oft dazu genome men, gleichwie Opium und andre würzhafte Sachen zum Rauchen. Jetzt war gerade die Zeit wo man den Taback M bereitete, welches meistens in freyer Luft geschah. Obgleich zu diesem Geschäfte in Wcstindien viels Gebäude erforderlich sind, so brauchte man doch hier fast gar keins, weil man nicht sehr zu besorgen hat, der Regen werde die gepflückten Tabacfsblatter beschäl Ansicht dcr grossen Mauer. i?7 bigcn. Man hieng sie hier, ohne Obdach, an dem Orte, wo sie gewachst«, auf Stricke zum Trocknen. Der Eigenthümer braucht zum Sammeln und Bereites seines Zuwachses blos die Beyhülfe der Hausgenossen, schaft. Diese Umstände beweisen wie wenig feucht hier der Himmel zu seyn pflcgt und wie allgemein Landeigenthum in kleine Tftcile gesondert ist. Zwar besitzen «inige Tartarische Familien in diesem Theile von China , für Lchndicnste zu Kriegeszeiten, Grundstücke, die gemeiniglich auf den ältesten Sohn erben; dergleichen Ländereyen aber giebt es nicht vicle, und keine soll sehr beträchtlich ftyn. Auf der dritten Tagereise schien die Bevölkerung etwas abzunehmen Die Strasse gicng durch eine kleine Stadt/ die mit einer Mauer umgeben war, worauf sich aber keine Canonen befanden; denn da man keinen Feind mit grobem Geschütz zu befürchten hatte, so hielt man sie für unnütz; daher dienten diese Walle hauptsächlich zur Sicherheit der im ganzen Umkreise eingesammelten Gefalle, welche von hier nach Peking gebracht wurden, sodann zum Sch»tz der öffentlichen Vorraihshäuftr, und zur Bewahrung dcr Gefängnisse. Zu diesem Behufe lagen hier Truppen / von denen auch viele mit Ausbesserung dcr Heerstrassen beschäftiget waren. Diese fand man an manchen Orten so steil und rauh, daß der Wagen des Gesandten ledig darüber hinweg gezogen werden mußte, indeß Sr. Excclleuz 198 Reise nach der Mitternacht!. Gränze v. China. in cinem Palankin weiter rcißte. Die Ansichten dieser Gegend waren angenehm und romantisch, wilde Zie, gen und wilde Pferde hüpften auf dcn Bergen herum und man sah Leute die jähen AbHange hinanklimmen um kleine Stückchen Erdreich zum Anbau ausfündig zu macbcn. « Die Gebirge, bemerkte Dr. Gillan, hatten », ordentlicher Wcise, von der See, eine sanfte Abda-« chulig acacu die Tarlarcy, fielen aber auf der an-, « dern Seite kurz ab, uud zeigten dort oft dem Auge » nackten Fcls, daher man sie mit den sogenannten u Hi^Mt-ä lis8 ^!po5 in der Schweiz vergleichen » konnte. Die Schichten der Berge lagen in folgen? « der Ordnung: die erste, welche man in den tiefsten »Theilen der wasserleeren Flußbette sah, bestand aus «Sand und Sandstein; die zweyte, unmittelbar da« „ über, war grobkörnichtcr Kalkstein von blauer Farbe » und voller Knoten; drittens kam eine unrcgclmassii „ gc und sehr oicke Lage verhärteten Thons, von bläu« « licher und zuweilen braunrother Farbe, die ihm vom „ Eisenkalke mitaetheilt worden; dieser war an einigelt « Stellcn in solchem llcberflusse, daß er dem Thone u das Anschcn von Ochcr gab und hier und da konnte „ man blos die letztcre Lage bemerken. In vielen Ge^ ,, gendcn unweit der Tartarey waren senkrechte Adern « von wcilftm und zuweilen von blau und weWm Spas » the. Auf dcm Gipfel der höchsten Gebirge zu ocydcn Ansicht dcr grossen-Mauer. ^^ «Seitender Strasse waren grosse Gramtmasscn, die «sich aber nicht bis herunter erstreckten." Am Fusse von einigen dieser Berge lief ein Fluß mittagwärts, und cine Trücke lag darüber, die auf ge, flochtenen und mit Steinen angefüllten Hürdenkörben ruhcte. Dergleichen Brücken sind in dieser Gegend g>.wohnlich, wo man sie schnell und mit wenigen Ko-sicn erbaut, da hingegen das-allerfesiesteWerk den Strös men , die von den überhangenden Höhen plötzlich herab« stürzen, mcht lange widerstehen würde. Je nachdem sich die Fluth,auszubreiten pflegt, macht man die Hür-dcnkörbe grösser oder kleiner. Sie sind durch senkrechte Pfahle befestigt, deren Zahl und Starke sich nach der Tiefe des Flusses und Geschwindigkeit der Strömung richtet.. In grossen 'chiffbaren Gewässern befin, det sich mitten kein Korbwcrt sondern Kahne mit fla-chcn Böden vertrete» dessen Stelle. Oben drüber we« den Bretcr, Flechtwerk und Kies gelegt. Wenn der Kaiser erwartet wird / erbauet man auf kurze Zeit an-dre Brücken, aus Furcht, die gewöhnlichen möchte« den ausnehmend grossen Reisezug und die schweren darübcrgchendcn Lasten nicht aushallen. Welter nach der Tartarey zu schien die Anzahl der Tartalischen Einwohner, in den Städten und Dor-fern durch welche die Reise gieng, jener der Chincsi, schcn fast glcich zu ftyn, und der Unterschied zwischen beyden Vollem in Absicht auf Charakter ulld Sutcn 20Q Rase nach der mitternächtl. Gränze v. China/ wurde weniger auffallend. Im ganzen genommen was reu die ersteren von starkem Gliederbau, hatten weni, gcr Ausdruck in ihren Gesichtszügen und zeigten nicht so viel Feinheit in ihrem Betragen, wie die letzterem Di? Tatarischen Frauenzimmer nahmen sich besonders dadurch ans, daß sie ihre Füsse in der natürlichen Grösse hatten, forlwachscn lassen. Zu,n Kopfputze braiichten die Weibspersonen beyder Völker „atürliche oder gemachte Blumen, die sie an jeder Seite über den Ohlvn trugen. Eine Frau »st nie so dürftig, daß sie dicfe Art vvn Schmuck vernachlässigen, odcr so alt, dast sie dieselbe bey Ceite setzen sollte. In dieser Hin-slcht wird tue Blumcnpfiege hier zu Lande allenthalben als cm regelmässiges Geschäft betrieben. Durch lange Uebung lllw manctirrlel) Ersuche haben die Chinesischen Gartner Mittel auofündig g macht, die Schönheit, die Grösse und den Geruch von vielen ihrer Blumen zu veledeln, zum Beyspiel, von den Anemonen, der Pao< nie, dcr Mamc^n^l und mehreren; einige wie die Tuberose, sind durch Missionare aus Europa eingefühlt worden. Dle Tatarische Sittenrohigkeit machte daß man schon auf dicftr Strasse, wie auf den Europäischen, Bcltlcr ansichlig wurde, die durch «hren schmutzige,» Auslug und dle Schaustcllllng eines natürlichen oder zus fälligen Gebrechens, auf das Mitleiden uud Almosen der Vorüberrciseuom stillschweigend Anspruch machte. Absicht dcr grossen Mauer. 2<>l Mit dem Mmgen dcr vierten Tagereise entdeckte Man auf dcu Scitcn dcr entlegenen Gcbürge ein hervorragende Lmic, eine schmale, ungleiche Spur, wie man zuweilen, nur unregelmassiger, von den Quarz«, dcrn auf den Abhängen dcr Schottischen Gncißgebürge M der Entfernung gebildet sieht. Daß diese Lime selbst bis auf die Tartarischen Bergspitzen fortsetzte / war schon hinlänglich die Aufmerksamkeit des Beschauers zu fesseln; abcr in kurzer Zeit konnte man auch gcnau unterscheiden, daß sich eine Mauer mit Zinnen da be-fand, wo man eine solche Anlage weder erwartet, noch für ausführbar gehalten hatte. So viel das Auge aus einem Standpunkt von dieser Festungsmauer umfassen konnte/ die langst Bergrücken, bald zu den höchsten Gipfeln hinauf, bald in die tiefsten Thaler hinabstieg/ zur Sicherung wichtiger Passe an vielen Orten doppelt und dreyfach stand und bis an den fernen Gesichts^ lrcis, fast alle hundert Ruthell, mit Thürmen oder starken Bastionen versehen war, mahlte sie der Einbildungskraft ein U'lternehlnen von erstaunlicher Grösse vor. Die Reisenden konnten nun nach ihrem eigenen Gefühle entscheiden , daß es nicht allein die zwar eben) fa^s beträchtliche Ausdehnung dieser Mauer war, die bey dencn, welche dlese ftynsollcnde Schutzwehr gegen die Tartarn bisher sahcn, eimn fo wunderbaren Eindruck gciuacht halte. Man staunt selten über eine bloft sc Wirkung ausdauernder oder vervielfältigter Arb,cij 4 202 Reift nach der Mitternacht!. Granzc v. China. die durch Anwendung gewöhnlicher Mittel vollendet werden kann. Aber das war eigentlich sv äusserst schwer zu begreifen, wie man an Oertcr die dem Anscheine nach unzugänglich sind/ die Baumaterialien zu einem solchen Werke führen, und es darauf vollenden kounte; diese Betrachtungen erregten hauptsächlich das Befremden und die Bewunderung. Die Höhe eines der erhabensten Bergrücken, worüber die grosse Mauer geführt ist, betragt, nach einer zuverlässigen Messung , fünftausend, zweyhundert und fünf und zwani zig Fuß. Diese Art von Befestigung, denn sie blos eine Mauer zu nennen, giebt keinen hinlänglichen Begrif von so einem Werke, soll sich, wiewohl nicht überall gleich vollendet, an fünfzehnhundert Englische Meilen erstrecken, weil die Granzlinie zwischen den gesitteten Chinesen und verschiedenen umherziehenden Tartarischen Stammen vordem so weit reichte. Man durfte jlch freylich nicht einbilden, das Schicksal von Völkern werde in Kriegszeiten auf dieser Schutzwehr beruhen. Ein vorzügliches Heer bietet immer jeder Art von Vertheil digung Trotz und keine Befestigung ist unüberwindlich, ob sie gleich den Fortgang des Feindes verzögert. Festungen schützen ein Land vor der Ueberraschung eines plötzlichen Uebcrfalls, und befestigte Mauern, die längs der Granzlinie erbaut sind, dienen zur Abhaltung schneller unerwarteter Einbrüche, und verhindern die Sttci- Ansicht dcr grossen Mauer. 203 fereyen einzelner Räuber mitten im Frieden. Selbst die tapfern kriegerischen Römer führten mehrere solche Schutzwehren in Brittannien gegen die rohen Picten auf. Es ist eine häufige Erfahrung, das; Völker, die in ihrer Civilisation bis zum Ackerbau vorgerückt sind, wenn sie an blosse Iägervölter gränzen, welche im Grunde vieles mit den Raubthieren gemein haben, sich durch die Errichtung starker Wälle gegen die beständig g«n Verwüstungen ihrer Nachbarn zu sichern suchen. Hierauf war es mit verschiedenen solchen Wälle» in EgYPten, Syrien und Medien abgesehen; ein Nach, folgec Mxauders führte einen, ostwärts vom Krischen Meere auf, und einen andern in Tamerlans Lande, welche beyde, so wie die Chinesische Mauer, wi< der die Schwärme der herumziehenden Tartaren dienen sollten. Wahrscheinlich erfüllten sie meistens auf einii ge Zeit den bey ihrer Erbauung beabsichtigten Zweck, und vielleicht so lange, bis die Umstände, welche eine solche Scheidewand zwischen zwey benachbarten Staa< ten erheischten, gänzlich aufgehört hatten. Ihr An-denken wird unter den gröstcn Denkmalern des mensche lichen Unternehmungsgeistes aufbewahrt; aber man mag nun auf ihre Ausgedchntheit über die Streckkll Landes sehen, dem sie eine Schuhwehr seyn sollten, oder auf die erforderlichen Baubedürfnisse, oder ends lich auf die Arbeit, welche zur Ueberwindung der örts lichen Cchlvicvigkcittn nöthig war, so können sie sich 264 Rcise nach dcr Mitternacht!. Gränze v. China. doch alle zusammen genommen, nicht mit dieser einzs-? gcn Chinesischen Mauer messen. Ihr gebührt auch in Hinsicht auf Dauer und Festigkeit der Vorrang. Freylich haben viele von den inwendigen und schwacher« Anhängseln dieser Mauer den Einwirkungen der Zeit erliegen müssen und zerfallen nun in Schutt; theilweise hat man sie auch ausgebessert: aber im ganzen scheint sie an den meisten Orten mit einem Grade von Sorgfalt und architektonischer Kenntniß aufgeführt zu seyn, welcher sie, ohne nachherige Anfmerksamkeit oder Zusätze beynahe zweytausend Jahre lang unversehrt erhalten hat. In der That scheint sie fast eben so unzerstörbar, als die felsigten und gebirgigten Bolls werke, welche die Natur selbst zwischen der Tartarey und China aufgeworfen hat. Wenn man zuerst angefangen eine künstliche Gränz« scheide zwischen diesen beyden Landern anzulegen, ist nicht genau aufgezeichnet, aber die Vollendung derselben ist eine eben so bewahrte Thatsache, als irgend eins von denen, welche uns die Geschichtbücher alter Reiche überliefert haben. Von diesem Zeitpunkte au, welcher ungefehr drey Jahrhunderte vor der christlichen Zeitrechnung fallt, sind die Begebenheiten des Chinesischen Kaiserthums regelmässig und ohne Lücken, so wohl in Staatsurkunden, als durch gleichzeitige Schriftsteller, aufbewahrt. Nirgendwo war die Ge< schichte so sehr ein Gegenstand öffentlicher Aufmcrk- Ansicht dct grossen Mauer. 2oF sümteit/ und nirgendwo beschäftigten sich mehr Gelehrte damit. Jede ansehnliche Stadt im Reiche hatte eine Art von hoher Schule, wo denen, die in der Gei schichte und Regicrungskunst Fortschritte machten, ge, lehrte Auszeichnungen ertheilt wurden. Historische Werke vervielfältigten sich durchgängig. Die Erzählungen der neuern Ereignisse waren der Rüge V0N Augenzeugen ausgestellt, uud die Sammlungen vergangener Begebenheiten hatten die Anfechtung wetteis fcrnder Schriftsteller zu besorgen. Nach allen diesen Umstanden kann man wohl nicht lange über den Zeit» punkt eines Unternehmens in Zweifel stehen, woran viele Hundcrttausende Hand angelegt haben müssen, tvek ches in den damaligen Jahrbüchern angeführt, und in denen jedes nachfolgenden Zeitraums wiederholt odcr berührt wild. Historische Beweiskraft gründet sich zuförderst auf den Glauben/ welchen die Angaben der Schriftsteller be» ihren Zeitgenossen finden; sodann auf ihre Einstimmung mit öffentlichen Urkunden, Denkmalern und andern Vorfallen und Umstanden, die der Leser weiß oder beobachtet hat. Ein solcher glaubwürdiger Schriftsteller verbürgt sich, aus den nehmlichen Ursachen, für die Wahrhaftigkeit seiner unmittcloarm Vorganger und solchergestalt führt man Behauptungen durch Cchlußfolgen, mit forschender Genauigkeit, so, weit die Kettenreihe ununterbrochen fortlauft, bis auf die entferntesten Verhandlungen zurück, wenn sic nut 2o6 Ncisc nach dcr mittcrnachtl. Granzc v. China. die mindeste Gewährleistung für sich haben. Dergleichen Echlußfolgcn sind die Stützen der Begebenheiten, welche man für wahr halt, ohne die unmittelbare Be, Wahrung der Sinne zu h.ibcn. Es scheinen keine andere Gründe vorhanden zu seyn, die unbezweifclt dar, thäten, daß z. B. die Römische Republik, die Schlacht bey yjctium und der Einfall Wilhelm deS Eroberers in England, wirklich statt gehabt haben. Von den zwanzig Jahrhunderten, während web cher die Chinesische Mauer, eben so zuverlässig ge< standen hat, diente sie wirklich jechszehn hindurch, zur Abhaltung der Tartarischen Horden, bis der gcs wältige Strom von Gengis Khan's Macht allen Wil derstand vereitelte. Indeß da seine Nachkommen ihrer Herrschaft wieder verlustig wurden, ehe uocl) hundert Jahre verflossen; so vertrieb man die Tartar« und hielt sie beynahe drcyhundert Jahre lang von China ab, bis sie, wahrend dcr Gewaltthätigkeiten einheimischer Empörungen im letzten Jahrhunderte, in dieses Land wieder zurück gerufen wurden, wo sie seitdem das Reich in einem ruhigen und blühenden Zustande behauptet haben. Ausser der Vertheidigung, welche den Chinesern die grosse Mauer zu Kricgszeiten darbot, gewährte sie ihnen noch einen andern Vortheil. Da sich nemlich ihre regelmassigen Sitten und festgesetzte Lebensart mit dem rastlosen Hange ihrer nördlichen Nachbarn zum Ansicht dcr grossen Maucr. 207 Herumstreifen nicht wohl vertrugen, verhinderte sie selbst m Friedcnszeiten die Gemeinschaft mit ihnen. Auch nützt sie, die vielen wilden Thiere, welche sich in den Tartarischen Wildnissen bergen, von den fruchtbaren Chinesischen Provinzen abzuhalten, die Gränze zwischen den beyden Ländern zu bestimmen, das Entkommen der Missethäter aus China zu verhindern und das Aus< wandern dcr Mißvergnügten zu vereiteln. Vor der Thronbesteigung dcs jctzt regierenden Ham ses scheint man wenige Anschlage auf auswärtige Er< oberungen gcfasit zn haben, und es ist jetzt noch ein Licblingsgcdanke der Chinesischen Staatskunst, die Unterthanen innerhalb der Neichsgranzen zu beschranken. Wer ohne Erlaubniß aus dem Lande gcht, setzt sich bry seiner Rückkehr scharfen Strafen aus. Aber die Wichtigkeit der Chinesischen Mauc«r hat grossentheils aufgehört, seitdem die Länder auf beyde« Seiten einem Oberherren angehören. Die Chinesen, bey welchen Wißbegierde mit der Neuheit des Gegeiu standes schwindet, betrachten sie jctzt mit völliger Gleichgültigkeit, und wenige Mandarinen, die sich bey der Gesandtschaft befanden, schienen etwas darauf zu achten. Doch mußte die Ansicht eines so ungeheuern Denkmals dcs menschlichen Fleisses unfehlbar die Auft merksamkeit derer erregen, welche bey ihrem Eintritts in China durch die grosse Mauer kamen. Indeß hat, Marco Polo, der erste Europaer, welcher eine Nach» 2o3 Rcisc nach dcr mitterunchtl. Granzc v> China. richt von diesem Reiche bekannt machte, ihrer nicht crs wähnt/ ob er gleich zu Lande nach dcr Chinesischen Hauptstadt reißtc, und dF)er wahrscheinlich aus der Tartarey über den Strich, den sie jetzt einnimmt, sei, nen Weg fortsetzen mußte. Aus diesem Stillschweigen hat ein gelehrter Italiancr, welcher die Reisen des Marco Polo aufs neue herauszugeben vorhat, Bedenks lichkeiten hergenommen ob denn wohl im drcyzehnten Jahrhunderte, wo der berühmte Venezianer den Hof des Tartarischen Beherrschers von China besuchte, die grosse Mauer wirklich schon erbaut gewesen sey? Daraus aber, daß er eine vorhandene Sache nicht berührte, war keineswegs auf ihr Nichtdaseyn zu schlickn, da ss sich auf dieselbe Gattung zuverlässiger Zeugnisse gründet, welche in allen andern Fallen für entscheidend gelten; ein solcher Schluß würde unstatthaft seyn, selbst wenn man annehmen dürft, daß Marco Polo wirklich durch die Gegend gereißt wäre, wo die Mauer gegenwärtig steht, und wenn er eine ordentliche Nach-! richt seiner Reisen gleich nach der Rückkehr, anstatt der vorhandenen unzusammenhängenden Bruchstücke, ans Licht gestellt hatte, die er lange nachher , fern von seiner Heimath, und muthmaßlich von seinen auf dcr Stelle gemachten Bemerkungen so wie von andern mitgebrachten Urkunden getrennt, Jemanden in die Feder sagte. Jedoch eine Copey die sich in dcr Büchersamm/-lung des Doge zu Venedig von Marco Polo's Wege durch Ansicht dcr grossen M«ncr.! oc'y l'urch China bcfindct, reicht zu die Schwierigkeit zu lvscn. Aus diesem Wege slcht man, daß er nickt, durch die Tartarey nach China reißre, soilder», lasi cs zuvorderst ostwärts von Europa dcr gewöhnlichen Caravan Nensirasse bis nach Can,arcand und,Chasck.^ar fo'gte, dlNli, südöstlich übcr dcn Gan.q,s naä) Bcnqalrn zu gicng, seine Rcise mittäglich von den Gcbu»'gcil in Thibet fortsetzte, mid so dic Cl)i>:esische, Provinz Cche»si erreichte, von wo cr d»rch die angrailzende Provin; «^chanjl n^ch dcr Hauptssc,dt gelaugte, ohne sich der Liinc, welche die grosse Mauer macht, zn üähcrn. i Die gcqenwärtigen Reiftndm siieacn eine sieil« Anhöhe zur Mauer hinauf, bis sie an das sogenannte mitt^.q'iche Thor kamen, wclchcs sich ans ein äusseres lmd mchr nördlich gelegenes, an der Tarlarische»? Seite, bezicht. Dieses südliche Thor war über die Heerstrasse erbaut, welche sich auf dem Gipfct einer mcii sicntheils nnzuqangljchcn Hügclrcihc erhob. Es stand in cincr für die Vertheidigung dcs Passes fthr vor-thcilba^ten Lage; die Gebirgsreihe war schmal und der Abhana davon jah. Die HeersirassV lief an ders.lbcn durch cinen hohlen Weg hin / an dcsscn Ende sich cm Soldalenpoilen befand. Der Halsptmann Parish bemerkt daß „Soldaten, 6 postcn gemeiniglich viereckjgls Thurme von unterschlehj « licher Grösse sind, worin stets einigt Mann Wache »liegen. Es ist wahrscheinlich, daß sie in KriscMK Hio Reise nach der mittcvnachtl. Granzc v. China. « ten zu Sammelplätzen der benachbarten Truppen g<, « braucht werden könntcn. Sie sind am Eingänge ccr „Hohlwege, auf schwer zugänglichen Höhen, oder « bey engen Passen über die Flüsse errichtet. Man fin>. « det sie von vierzig Schuh ins Gevierte und eben so « viel in Höhe bis auf vier Fuß ins Gevierte und sechs « Schuh hoch. Zwar sind nur wenige von der zuletzt ,, erwähnten unerheblichen Grösse und Weite, doch „ fand sich einer dieser Art auf dem Wege von Pe< I, king bis hichcr. Zu den grössern Thürmen steigt «mau auf einer Rcihe von Stufen hinan, die meh, « rentheils aus losen Steinen bestehen / und kommt « auf einen kleinen Bogen, der etwa, von unten an « gerechnet, bey der Mitte des Thurms befindlich ist. ,- Znr Gegenwehr scheint blos die oberste Fläche be-? ,, stimmt zu seyn, denn man findet sehr selten au den « Seiten Oefmmgen. Auf den Brustwehren der Fla, ,, che sind Zinnen. Diese Thürme bestehen meistens « durchaus aus dichter Mauer, ausgenommen die von « der ersten Grösse. Von unten sieht man/ daß sich oben ,> auf dem Thurme ein Gebäude befindet, welches zum „ Aufenthaltsort seiner kleinen Besatzung hinreichend » scheint. Hier ist auf der ciuen Seite eine gelbe ?i Fahne aufgepflanzt. Die Anssenseiten sind zuweilen » angestrichen und mit einem bunten Drachen verziert. „ Nahe beym Thurme sieht gemeiniglich eine Hütte ,. und vor demselben ein Gestell / woran einige Lanzen Allsichl dcr grossen Maucr. 211 i, und Muskctcli gelehnt sind. Diese Hütte stellt ein » Wachthaus oder eine Caserne vor. Nahe bey jedem » Posten ist eine leicht von Holz erbauetc und schwarz, ,, weiß und roth angestrichene Triumphpforte oder Pais ,, lu. Dicht daran befinden sich drey, vicr / fünf bis » sechs Erhöhungen von Mauerwerk, woran ebenfalls « Drachen gemahlt sind. In diesen ward ehemals et-5-ne Mischung von Brennmaterialien aufbewahrt, die ^ man zu Signalen brauchte, um schleunig Nachrich-» ten fortzupflanzen, jetzt aber dienen sie, wie man ,1 sagt, lediglich zur Zierrath. Ihre Gestalt ist unte« „ schiedlich, bald elliptisch, bald hemispharisch, bald «konisch, und sie stehen auf würfelförmigen Fuß-j- gestellen. « Wenn die Gesandtschaft bey solchen Posten vot< » beykam so traten sechs bis fünfzehn Mann heraus/ „ gewöhnlich aber unbewafnct. Oben auf dem Thurme „schlug einer das Lu?Becken, iudesi ein andrer eine «Salve aus drey klemm eisernen Töllcrn feuerte, die » von unten gerade aufwärts gerichtet waren. Diese „Soldatcnposten sind nicht immer glcichweit von einans «der entfernt. Am Flusse Peiho, vo>, seiner Mün-«dung an bis nach Tong,tschu-fu waren ihrer etwa „fünfzehn, abgerechnet die bey Tuna-ku und bey Tien» ,1 sing, so daß ungefehr einer auf drey;ehn Meilen „kam, aber auf der Strasse von Petmg nach der Tar-,«tarey findet man beynahe alle fluif Me.le.l einen." 213 Reise nach der mittttnachtl. Gränze v. China. > Von dem letzten dieser Posten gicng der Weg dnrch ein enges von einem klaren, schlangelnden Ba, chc bewässertes Thal. Nach und nach liessen die sich einander nähernden Berge beynahe nur noch für den Fluß und die Strasse Raum. Ueber letztere war ein Thurm mit einem Thorwege in der Mitte, und über jenen ein Bogen erbaut. Die Schlucht war ehedem durch Maucru geschlossen gewesen, die sich von dem Thurme an beyden Seiten nach Morgen und Abcnd zu bis aus die Berge hinauf erstreckten ; jetzt aber sind sie verfallen. Als man die Tarfarn noch als Feinde betrachtete, wurde dieser Paß von hier liegenden Trup' pen beschützt; und noch jetzt sieht man etliche Ucbcrrc, sie von Vcrtheidigungswerken, nebst einigen bewohn/ ten Hmisern. Hiernachst kam die Gesandtschaft erstlich durch eil? anders Thor, das sich näher bey der alten Tartarischcn Gränze befand, und dann durch einen Hohlweg, dessen Seiten senkrecht waren und aus hohen dicken Mauern bestanden; hierauf gclaiigte sie nach Ku-vi?ku, wo eine starke Besatzung lag, um einen Theil der hier vorbeygchcnden aussern Mauer zu decken. Diese war von Werten eingeschlossen , welche einerley Mittelpunkt hatten und mit der Hauptmauer in Velbindung sian< den. Man empfieng den Gesandten mit militärischen Ehrenbezeugungen / als er an die nördliche Gränze des eigentlichen Chinesischen Reichs gelangte. «Die Ansicht der grossen Maucr. 213 « Truppen waien, dein Hauptmann Parish zufolge, ), in zwey einander gegenüber stehenden Linicn gestellt. « Sie waren nach Compagnien formiert, dcren jede „ ihren Anführer, ihre Standarte und fünf Fcldfahnen » hatte. Beym Eingänge der von den zwey Linien ges ,2 bildeten Gasse, standen an jeder Seite Mandarinen/ 3, sodann Musik, Gezelte und Trompeten, Pailus oder «Triumphe Pforten, zwölf Compagnien nach einander an «jcder Seite; und am Ende ungefehr zehn klemeHeld-„stücke, die in Gestalt und Grösse unterschieden waren. » Die Parade jeder Compagnie war wie folget: Der Anführer, gememigll'ch ein Bogenschütze, Die Fahnen, Ein Mann mlt einem Pallasche an der Seite und mehrere so bewafnct, fünf Mann hoch. Fünf Fähnlein. Soldaten mit Luntenflinten und andre mit Seitenpallaschcn, fast von gleicher Zahl, fünf Mann hoch» Ein Mann mit Seilenpallasche und mehrere so bewafnet, fünf Mann hoch. Im ganzen waren cs zwölfhundert Mann. » Der 2, Raum zwischen den Compaguien war beynahe von « der Lange jedweder Compagnicfronte, die etwa si« ;, bcn Ruthen austrug." Nahe bey Kl»j pi-ku waren einige Breschen in der Mauer, wodurch das Besteigen und Untersuchen der, selben erleichtert wurde. Ihr verwahrlosetcr Zustand 214 Rcise nach dcr Mttternachll. Gränze v. China. schien den Fremden eine hinlängliche Gewährleistung zu seyn, baß man nicht scheel dazu sehen, oder es ihnen fm Unbesonnenheit auslegen würde, wcnn sie eis ner Neugierde Raum gabcn, welche der Ruf dieser einst so wichtigen Schutzwchr unwiderstehlich bey ih, ncn erregt hatte. Alle Herren der Gesandschaft nahmen sie in Augenschein: der Hauptmann Parish aber achtete ganz vorzüglich auf ihre Bauart und Verhältnisse. «Der Körper dcr grossen Mauer, bemerkte ,, er, bestand aus einer Aufschüttung von Erde, die an « beyden Seiten von einer ziegelsteinernen Mauer zu-? »sanumngchalten und oben mit einer Plattform von « gebrannten viereckigtcn Fliessm bedeckt war. Von ,, den einschliessenden, und über der Plattform empor-«steigenden Mauern, werden auch die Brustwehren ,, gebildet. Bey folgender Messung sind blos die Brü> »che übergangen: Engl. Cchul,. Zolle. « Höhe des Maucrwcrks bis unten an den Cranz. 20 0 «Vom unteren Mauerlranze bis an den Rand der Brustwehr. 5 0 «Völlige Höhe der Ziegelsteinmauer 25 c> » Die Fiegelsteinmauer ruhet auf einer Basis von « gehauenem Steine, die ungefehr zwey Schuh über « der Unterlage herausragt, deren Höhe unrcgclmassig „ist, so wie der Boden woraufNe sieht, indeß erblickß Ansicht dcr gwsscn Mauer. 215 „ man nicht mehr als zwcy Reihen Quadersteine über « der Erde, welche etwas über zwcy Schob betragen. Engl. Scliuh Zoll. «Obere Dicke der Brustwehr att ' beiden Seiten. 1 6 ?2 Am Mauerkranze. 2 z «Tiefe des Cranzes. 0 6 „ Vorragung des Mauercranzes. 0 6 «Untere Dicke der beyden Seiten, „ mauern, da wo sie auf der stei, « nerncn Basi<< ruhen. 5 o ,, Der Grund des Mauerkranzcs ist gleicher Höhe ,2 mit der Tcrreplcine der Mauer." „ Ga!l;liche Dicke der Mauer, eingerechnet die » Erdausfüllung, welche allenthalben cilf Schuh breit ist. Engl. Schuh. Zoll. „ Am Cranze. 25 6 « Wo das Mauerwerk die Basis be-- »rührt. 2l o « Breite der steinernen Basis. 25 0 » An vielen Orten befindet sich ein kleiner Graben «über dieser Basis hinaus." «Höhe der Merlons zwischen den »Schießscharten. 2 0 ^> Breite der Schießscharten in und „ auswendig. 2 0 »Raum zwischen ihnen von einem ^ Mittelpunkte zum andern. 9 o 216 Reise nach der Mitternacht!. Gränze v. Chitu,. » Hö''e der Cchartei'.öftiung. l c. » Breite derselben. 6 10 «Tiefe des Myana,^ der Schießscharte. 4 ^ u Raum zwischen zweyen. Y o « 3)ie »ll ei-e Sette der Schaslenöfmlna. ist glcicher «Höl)e mir der Terrtpleinc, und d»n ?ott schrägt sich „ die Schi,'ß''c!!a,'sc hinab, daß man eincn Feind nmcri « lialb weniger Rmben vl"l der Mauerbasts erkenaeil » fall», VieU fi.ldct man sie zuweilen häufiger. Nach ihrem Stand-»orte ftud auch ihre Grösse, Bauart und Verhältniß, « massige Lage zur Aauer, sehr verschiedet Der ersse « Thurm den man untersuchte, bestand aus einem Ges ,, schösse, welches'mit der Terreplcinc eben war, und „ darülser befand sich eine Brustwehr die dem Pcravet « der Mauer fass beylam. Unten hatte er in jede? Fronte « brey Schießscharten und oben in jeder Fronte der „ Brustwehr zwey« Folgendes ist die nähere Bestimm », muüg: Ansicht der grossen Mauer. 2'? Engl. Tcliuh, Zoll- ^, Lange von jeder Seite des Vier, ,, ecks an der Basis. 4" " »Lanqc jeder Seite, yben. 30 0 » Hohe der steinernen Basis. 4 ? ^ Höhe der Ziegelsteinmauer von deA. « Basis bis zum Crau;e. 28 4 « Vom Manertranze bis obcn an die «Brustwehr. ^ o « Ganze Höhe des Thurms. 37 4 ,2 Breite der unteren Schießscharten, 3 «, «Ihre Höhe. 3 0 « Die Schießscharten an- der Prustwehr waren eben so « groß als die der Mauer. «Dieser Thurm stcht nach der Tartarey zu, achk »zehn Fuß über die Mauer hinaus. An der Basis 5> gcht »nan von der vorgenannten Unterlage der Mauer » zu einer der Schießscharten hinein, welche in dieser « Absicht eine etwas weitere Oesmmg hat. « Der zweyte Thurm, den man genau betrachtete, ^ war vom ersten in Gestalt, Grösse und Anlage wc, „ sentlich unterschieden. Er bestand aus zwey Gcschoft „ sen und einer darüb.r befindlichen Flache. Der Fuß-^boden des untern Geschosses war gleich hoch >mt „ der Tcrrcplcinc auf der Mauer. Dies Geschoß be-,> stand aus einer viercckigttn und beynahe dichtcn M Masse von gehauenen Steinen:' gewölbte Gange Zi8 3u'ifc nach der mittcrnachtl. Gränze v. China. « durchschnitten es in Gestalt eines Kreutzes, wovon ,, jcdcs Ende auf eine grosse Fenstcrösmmg mitten in „ jcder Scite des Vierecks hinauslief. Mittelst zweyer „ von diesen stand es mit der Tcrrepleme der Mauer „ auf jeder Seite in Verbindung ; solchemnach über? ,, schauen zw.y Thurmfianken die Mauer. Zwischen «dem Eingänge und dem Mittelpunkte des Kauzes » ist eine enge Treppe, die mit der Richtung der Mauer „rechte Winkel bildet, und in das zweyte Geschoß „ hinaufführt. Man kann dies blos als ein einzelnes „ Gemach betrachten, welches aus drey parallel laufen-„ den und senkrecht mit dem Eingänge aufgeführten „ Bogen gebildet ist, die durch drey querübcrgehende ,, Wölbungen verbunden sind. Die mittleren sind in « der Durchschnittslinie des Thurms und haben eine « Richtung mit der Mauer; die andern stehen an /.-der » Seite parallel mit derselben. So bildet sich ein vier-„ eckigtes Zimmer, das aus drey gleichen, einander ,: parallel laufenden Bögen und aus drey Reihen von „ Communikations Bögen besteht, welche vier viereckigte, ,, ziegelsieinerne Pfeiler, um die Mitte herum, lassen, „ Die landen jedes Parallelbogcns sind für Schießschar, „ten durchbrochen, wovon drey auf beyden Seiten. « nach der Mauer zu gehen und wovon die mittleren ?, unmittelbar die Terrepleine der Mauer auf jcder Sei-,, tt überschauen, so wie die andern mit den Seiten der v Mauer in einer Linie stehen. Die Fcnsteröfnungcy Ansicht dcr grossen Maucr. ' ^9 „ in den andern Facen des Thurms sind nach Norden „ und Süden gerichtet. In der Brustwehr der Ober-' „ flache bcfmden sich zwölf Schießscharten , drey in je-,- der Fronte, und eine kleinere längliche Oefnung in ,, jedem Merlon. Demnach hat jede Fronte dieses «Thurms eine Fensieröfnung im niedern Stockwerk, x, und in dem zweyten drey; auf der Oberfläche aber « drey Schießscharten und fünf kleinere längliche Oeft „ nnngcn. Dieser Thurm ist vielleicht um deßwillen „ so stark bcvcul„ ZoN. «Höhe der Basis von Werkstücken. 4 o „ Fusibodrn des ersten Geschosses. 16 a ,, Höhe des Bogens im ersten Geschosse. 8 0 „ Dicke des Bogens. 1 I „Dicke des Fußbodens im zweyten „ Geschosse. 0 z »Höhe der Parallclbogen. 12 0 ^, Dicke der Parallelbogen. 1 Z x, Dicke des Fußbodens über dem 2, zweyten Stockwerk. o 4 ?22 Rcisc nach der mittcrnachtl. Gränze v. China. » Höhe der Brustwehr über der «Oberfläche. ' 5 o „ Ganze Höhe dcs Thurms. 48 2 »Hbere Lange einer jeden Seite dcs ^ Vierecks. 36 o « Lange einer jeden Seite dcs Vie« „ ecks an her Basis. 42 ? «Nähere Bestimmung des untern Geschosses: „Weite der sich durchschneidenden „ Bogen. 3 ? ,, Lange der sich durchschneidenden -? Bogen, 33 c? ,, Höhe der Bogen. 8 o » Weite der Schießscharten. 2 0 1, Höhe derselben. ' 40 „ Höhe der Thüiösnungen. 5 c» „ Weite der Hcfnmig für die Treppe. 2 o „ Höhe der Ocfnung. 4 « Weite der verbindenden Wölbungen. 5 7 „ Lange derselben. 5 0 v Ih« Höhe. 8 c> Ansicht dcr grosscn Mäucr. 22t » Lange dcr Ziegclsteinernen Pfeiler. 5 ? « Breite dcrsclbcn. 5 0 2, Weite der Ausdehnung der Schießscharten. 4 0 «Tieft dieser Ausdehnung. 2 6 « Höhe der Ausdehnung. 8 c> « Breite der Schießscharten. 2 ' o « Höhe der Schießschatten. 4 0 ,d Die Brustwehren, Schießscharten und kleineren O?ft « nmigcn sind eben so groß, wie beym erstere« „ Thurme. „ Die Schießscharten in den Zimmern und die ?: genannten Ausdehnungen im zweyten Stockwerk sind »alle gewölbt." « Die Ecken der Touren, Fensteröfmmgen nnd « Schießscharten / ferner viele hervorragende Ecken und «Treppen der Thürme/ wie auch die Werkstücke, „ welche sowohl den Thürmen als der Mauer zur « Unterlage dienen, find von starkem grauem Granit/ » der wenig Beymischung von Blende hat. Das übri' « ge besteht aus blaulichen Mauersteinen, die in cinzel? „ nen Reihen über einander liegen und gleichsam so » viele besondre Mauern ausmachen, als Reihen sind. « Ihre Grösse richtet sich nach dem Orte wo sie liegen. » An dcr Fronte der Mauer und Thürme sind sie fol< M gendcrmasscn: » Dicke der Ziegelsteine. 0 Z ^ » Breite. <> 7 ^ >. Länge/ ' 1 Z 2HH Reise nach der mitternächtl. Gränze v. China. »Die Steine der Mauer- und Thurmunterlage» un^ ,- terscheiden sich von diesen nur dadurch, daß sie ganz « viereckig und an jeder Seite fünfzehn Zoll lang sind. » An den Orten wo Steine von der gewöhnlichen ,, Grösse für die spilzzulaufenden Brustwehren nicht « würden gepaßt haben, machte mai» lleder ganz neue ,2 Steine, deren Grössc uud Gcstall sich für besondre « Stellen schickte, als daß man die gewöhnlichen « durch Abschlagen in die gehörige Forin brachte, wie » zuweilen nachlässige oder unkundige Baumeister ha< « ben thun lassen. Der Mörtel zwischen den Stein-,, lagen war über «inen halben Zoll dick und der ge? u löschte Kalk hatte nur eine sehr geringe Beimischung «erhalten, so daß seine ursprüngliche Weisse beinal) ,, unverändert war. « Wegen der blauen Farbe der Mauersteine ver-« muthcte man/ daß sie vielleicht nie gebrannt sonderil „ blos an der Sonnenhitze gedörrt seyn möchten, une „ geachtet sie dem Einflüsse der Zeit und des Wetters « so lange widerstanden haben. Man weiß aus Ver-,, suchen, daß ein Stück Lehm oder Ziegelerde sich im ,, Feuer zusammenzieht, und das immer mehr , je gröst « ser die Glut gemacht wird, daß es aber seinen ur, » sprüngllchen Umfang nicht wieder erlangt, wenn » man es aus der Hitze entfernt. Waren die Steine » der grossen Mauer blos an der Sonne erhärtet, so « würden sie sich zusammenziehen wam man sie an AuM dcr gwsscn Maun'. 223 «Holz-oder Eleinkohlenfeuer brächte; das geschah « aber nicht als man es versuchte. Auch sah man jetzt » noch einige Ziegelöfen nicht weit von oer grossen « Mauer, wo die Steine, welche man dazu machen, « vermuthlich gebrannt wurden. « Die arosse Mauer scheint nicht zur Verihcidis « gu„g wider grobes Geschütz bestimmt gewesen zu „ seyn , denn die Prustwehr kann der Gewalt einer « Canonenkugel nicht widerstehen. Aber unten an den ,i Schießscharten der Thürme bemerkte man kleine Oef-,) nnngen/ die denen glichen, welche man in Europa 12 für die Angeln der Drehbasscn macht. Dicse Ocft „ nungcn schienen gleich anfänglich bey Erbauung der ,, Mmicr angebracht worden zn seyn und man kann „ schwerlich eine an^re Veranlassung dazn ausfündig « machen, als die Verhinderung des Zurückprallens ).' dcr Geschütze. Dic Feldstücke, welche man in Chi-« na sieht, drehen sich gemeiniglich auf Angeln, zu „welchem Behufe diese Oefnungen sehr dienlich sind: „ und obgleich die Vmstwchren nicht Starke genug ,2 haben den Canonenkugeln zu widerstehen/ so können ,) sie doch kleineres Geschütz abhalten, dergleichen man » auf der Parade der Truppen in Kupekn bemerkte, u Diese Doppelhacken standen auf Gestellen und dreh? ,, ten sich auf Angeln herum. Erwägt man alles dics, « so wird cs nicht unwahrscheinlich, daß die anmaß-« liche sehr frühe Bckanischaft der Chinesen mit deil « Wirkungcn des Schicßpulvcrs, ci»igcn Grund habe."' 224 Rcisc n. d. mittcrn^Granzc v. Chi»a. Ansicht lc. Aus der umständlichen und sorgfältigen Schilde, Nlln, welche der Hauptmann Parish hier geliefert hat, kann man sich einen qeimucn Bcgrif von der Baukunst und Vcttheidigllngsart der Chinesen vor der CbriM 6)en Feitrcchnll„g machet, Wnn man diese G^an^btt festiqlmg «m 'Allgemeinen betta'cht.t, so b.weißt sie wie entschlossen und weitallssehend die Rcgicrlmg seyn mußte, welche sich in cm so erstaunliches Unternehmen einlassen konnte; man darf ferner davoi: auf den ausgebildeten Znstand der Gesellschaft schlicssen, welche die Hülfsmittel zn einem solchen Werke herbey^uschaf/ fm und es fortzuführen im Stande war, und endlich auf die Kraftausserung und Beharrlichkeit wormit es vollendet wurde. Sechstes Capitel. Neise nach dem So mmerho flag er des Chinesischen Kaisers in der Tartarey. Nie Linie welche die grosse Mauer bildet, wird noch immer als die Gränze zwiichen den Chinesen und Tartar« betrachtet. Obgleich, seit ihrer Vereinigung un5 ter einer unumschränkten Oberherrschaft, der Befehl des Monarchen allein, mit unbedingtem Gehorsame, Von allen seinen Unterthanen, ohne Unterschied, be,< folgt Reist n. d. Sommcrhofiagcr d. Chinesis. Kaistrs:c 225 folgt wird; so behalt doch noch jedes Volk seine besondern Begriffe von Vorrechten und Verfassungen, dte sich auf ihr bcydersciliges Vaterland beziehen. Sobald der Gesandte in der Tartarcy angekommen War, besuchte ihn ein Mandarin dieses Landes. Er gehörte zur Hofhaltung und wiewohl Wangta-dschin von gleichem Range mit ihm war, so wollte es doch letzterer kaum wagen, sich in seiner Gegenwart nieder, zusetze»; so groß ist die Ehrerbietung, w»lche die Chinesen gegen die Tartar« des Höfts äusserlich merken lasslU. Dcr geringste Tartar giebt sich auf vaterlän, dischcm Grund und Boden ein gewisses Ansehen. Einer dcr dorther gebürtigen Bedienten sollte auf Befehl der Chinesischen Mandarinen für ein Vergehen Ctrafe leiden, allein er sträubte sich mit vieler Hartnäckigkeit dawider / und rufte überlaut aus, daß auf dcr Ta« taiischen Seite dcr grossen Mauer kein Chinese befugt wäre, sich als einen Vorgesetzten von ihm zu betrachten. In den Dorfschaften jenseits der Mauer fand man noch etliche Chinesische Familien und Frauenspersonen mit kleinen Füssen, in deren Verstümmlung Niemand von Tartarischcr Abkunft je den Chinesen nachgeahmt hat, so oft es auch in andern Dingen geschehen ist. Wie die Reisenden weiter in die Tartarcy vordram gen, wurde auch das Wetter kühler, die Strassen rauher und die B»ge dürftiger beholzt. Ausser mancherley nicht grossen Kiefern, waren die Baume mehe Zweyter Vanl. P 226 Rctsc nach dcm Sommcrhvsiager rentheils verkrüppelte Eichen, von der sogenannten Englischen und Russischen Art, desglejchcn Espen, Ulmen, Hasel- und Nußbäume, sämmtlich zur Höhe von Sträuchern vcrbuttct. Diese alle wuchsen gemeiniglich an der Mittagsseite der Gebürgc und die andern Mi-gen wenig mehr als Dorngcbüsche mit eincr spärliche:; Bekleidung versengten Grases. In diesen Holzungen/ sagt man, hausen Baren, Wölfe und sogar Tiger. Auf del» Ebenen, oder vielmehr in den Thalem ist diejenige Art von Haftn häufig, welche, gleich ei-nigen andern Thieren der kältern Gegenden, ungeachtet sie zur Sommerszeit braun oder roth aussieht, im Winter weiß zu werden pflegt. Dieser Hase verdient auch Aufmerksamkeit wegen der ausserord.utlichen Lange seiner Pfoten und Zehen, welche er zusammen halt, wenn er über Cchuec springt, und dadurch eine Breite bili bet, die ihn nicht einsinken laßt. In der Tactarcy werden die Hasen selten gejagt, sondern so wie das andere Wild, in Netze getrieben: dies thun eine Menge Leute, welche einen grossen Kreis machen und allgemach nach der Mitte zu drangen, wähs rend sie beym Fortschreiten auf die Gesträuche schlagen und ein lautes Geschrey erheben. Zuletzt finden sich die Thiere in einem kleinen Raum, wo man sich ihrer leicht bemächtiget. Der Hund wird, vorzüglich in der Tartarey, ein treuer Gefährte des Landmanns. Er ist von kleiner des Chinesischen Kaiscrs ill drr Tattam). 227 Llrt und hat einen langen gekrümmten Schweif, dessen ihll der Eigensinn dcs Zeitgeschmacks nichr beraubt, und d^r insgemein auf die linke Seite zu lehnt, wie Linne von dem Haushunde bemerkt. Dcr Tattarische Hund bcklt selten am Tage. Die Aussichrcn, welche sich dcn gegenwärtigen Reisenden auf dicftm Wege anboten, waren oft anmuthig uud mahlerisch, aber beschrankt. Leute, die zum crsienmale eine gcbirgigtc Gegend zu übersteigen haben, psicgen zu erwarten/ daß sie sich bald auf beträchtlicher Höhe in Vergleichung mit den umgebenden Gegenstand dcn, befinden werden, tauschen sich aber mehrencheils. LcnMrassen ziehen sich ordentlichcrweise am Fusse dcr Gebirge hin mW erreichen scltcn die Gipfel, wodurch denn der Reisende gewöhnlich verurtheilt wird, seinen Weg im Grunde der Thaler fortzusetzen, in denen er ei» nen verengten Gesichtskreis und verdickte Luft hat. Die Bewohner der Dörfer/ wciche ill diesen Thals gründen zerstreut standen, waren häufig durch Kröpfe entstellt / ein Gebreche«/ welches in ahnlichgelegenen Strichen der Alpen einheimisch ist. Die Halsdrüsen fan» gcn in frühen Jahren an auf zu schwellen/ wachsen all-mahlig,' und erreichen bey einigen einen ungeheuern Um-fang. Die Geschwulst fängt gleich all der Ohrdrüse att und erstreckt sich meistens von einem Ohre zum andem untcr den Kinnbacken, wo alle Drüsen davon ergrissc.t werden. D. Gillan hielt dafür,, daß beynahe e, 228 Neise «ach dem Sommcrhoflagcr Sechstheil der Einwohner, die ihm zu Gesichte kamen, Mit dieser Verunstaltung behaftet waren, welche aber diesen Dorfieuten nicht so vorkommen soll. Beyde Geschlechter bekommen Kröpft/ aber die Wcibsleutc öfterer als die Manner, weil die letzteren mehr von den Hertern abwesend sind, wo die Ursachen verbot gen liegen, die, von was für Art sie auch seyn mö, gen, das Uebel hervorbringen. Uebrigcns schienen diese m'.natürlichcn Auswüchse bey denen die sie hatten, k«ncn hinderlichen Einfluß auf die Gesundheit im Ganzen oder auf die natürliche Thätigkeit des Körpers zu äussern- Ader die Gcistes.' kräfte waren bey vielen sehr dadurch geschwächt, und in einem gewissen Gradc vielleicht bey allcn. Manche sah man zu völligem Blödsinnc herabgcsunkcn. Der Anblick dieser Geschöpfe, welcher unfehlbar auf diejeni-gen, denen sie zuerst unter die Augen kommen, einen ernsten und sogar traurigen Eindruck macht, aussert teii ne solche Wirkung bey dcn Leuten, unter welchen dicst Unglücklichen, aufgewachsen sind. Letztere zeigen sich, im Ganzen betrachtet, aufgeräumt, und führen ein blos thierisches Lcben, gegen das gehalten, welches durch Nachdenken und Besinnung veredelt wird. Ha sie lediglich dem Naturtriebe oder der blossen Sinnlich? keit folgen, so sind ihre Handlungen, gesetzt auch sie würden andern noch so nachtheilig, ohne alle vorschliche Tücke unternommen und reihen zu keiner Ahndung. des Chinesischen Kaisers in der Tartarey. 22? Ihre Personen werden gewissermaßen für heilig geachtet und man unterhalt sie in den Familien mit besonderer Sorgfalt. Scy die Ursache der Kröpfe bey Mcn'chen, wel-che sie wolle, man kann nichts von dieser Art an Thieren wahrnehmen. Insgemein schreibt man die gedachte Erscheinung so wohl in Asien als Europa dem häufigen Gebrauche des Schncewassrs zu. Nun ist zwar bekannt/ daß zerlassner Schnee etwas mehr Kalkerde als das Rcgenwasscr und e'uen kleinen Zusatz von Sal^ peter und Seesalz 5 saure enthalt; aber die Erfahrung bewährt nicht, daß öfteres Trinken dcS Schneewassers in denjenigen flachen Landern, welche oft mit Schnee bedeckt sind, dergleichen Verhärtungen erzeuge. Wahrscheinlich liegt clne Mitursache dieser Wirkung in der besondern Beschaffenheit der Luft zwischen den Gebirgen. Die Strecke der Tartarey, wo dieses Gebrechen häufig angetroffen wird, hat viele alpenartige Ansich, ten, die denen in Savoyen und der Schweitz ung« mein gleichkommen. Auf diesem ganzen Wege zeigte sich kein Vutkanis sches Produckt. Wahrend der siebenten oder letzten Tagereise liefen die Gebirgreihen fast parallel mit der Strasse/ und bildeten beynahe horizontale Linien, web che aus ungeheuern Granitfelsen bestanden, die in Grösse sehr von einander unterschieden waren, und wie die Rückgratswirbel eines viersüssigen Thieres ne- 2Ia Reift nach dem Sommcrhl'ftager bcn einander standen. Diese Felsen warcn nur'oben mit dünnen Rasen bedeckt, hatten aber völlig kable Seiten, weil die vordcm daran hangende Erle beträchtlich herabaesunkcn war. Ungefehr mitten zwischen den obern Bergrücken und dem Tdalgrmide war ein scnl-rechter Fe!s oder eine alte Ruine, denn beym crsien Anblicke fiel man auf beydes. D" gesehene Gegc^ stand schien über zweyhundcrt Schuh hoch. oben merk-lich dicker als untcn uud unregclmasslg gestaltet. Auf seiner Oberfläche wuchs dichtes Gesträuch. Es war ziemlich weit bis dorthin, aber Jemand aus dem Gefolge verlics die Strasse und begab sich an den Ort um ihn genauer zu besichtigen. Was man gesehen hatt te, war weder ein verfallenes Gemäuer noch fester Fels, sondern verhärteter Thon, worinn sich grosse Stücken Kies bcfanden. Jener hatte vermuthlich festere Bestandtheile, als das Erdreich/ welches ihn ehemals umgab; dies war von den gewaltigen Brraströmcn weggeschwemmt worden, die alles übrige mit sich fort rissen und diese umgekehrte Pyramide als ein Denkmal stehen liessen, woraus man abnehmen konnte, wie hoch die ursprüngliche Oberflache der Erde an diesem Orte gewesen war; aber der Grund dcssclbeu bezeichnete die Tiefe der weggespülten Erde, denn die leichten und weichen Theilchcn wurden nach und nach dahin herabgeführt, wo sie die im vorigen Kapitel beschriebenen, ebenen und fruchtbaren Gefilde von Petscheli bildeten, dcs Chinesischen Kaisers in dcr Tartarcy. 231 indeß die härtern und schwerern Theile bald im Hers abgleiten aufgehalten wurden, und nun die rauhe Ober) flache der hohl.cn Bcrggcgendcn der Tartarey ausina-chen. Die Wegschwcmmung einer zweyhundcrt Fuß tiefen Erdlage von Höhen herab in Vertiefungen / die sich beyde so ausscrordcntlich weit erstrecken, ist eine grössere Veränderung auf dem Erdboden, als alle andre, welche die Urkunden des menschlichen Geschlechts auszuweisen haben. Man findet nicht, daß die plötzl» chen Fluchen , .wovon Berichte auf die Nachwelt ges kommen sind, bleibende Wirkungen zurücklicssen. Auch beweisen verschiedene Theile dcr Erde, daß sie ausser, ordentliche Wechsel erlitte« hat, scit dcr Lustkrcis derselben für thierisches Lcbcn passend geworden ist. Das felstgte Gibraltar ist nicht die einzige Erhöhung, in deren Innerem man Gebeine belebter Wcscn findet/ welche gelebt haben und wieder umgekommen ftyn müssen, ehe die Gebirge gebildet wurden, von dcnen jene Ueberresie nur einen Bestandtheil ausmachen. Die Tartarey hebt sich so sehr empor, daß einige Gegenden darinn, nach einer zuverlässigen Angabe, fünfzchntauscnd Fusi über die Flache der gelben See hervorragen. Es ist bekannt, daß die Luft in einer sol< chen Hohe um vieles kühler wird. Mitten in diesen Bergkette.« und ^in wenig jenseits der erwähnten umgekehrten Pyramide befindet sich eine etwas weitere Oefnm^g , in' der die gegenwartigen 2Z2 Reife nach dem Sommerhostager Reisenden das Thal von Dschechol erblickten, wohin Se. Kaiserliche Majestät ans seinen Chinesischen Staaten im Sommer geht und einen Pallast, genannt der Sitz anmuthiger Kühlung, bliebt, neben welchem sich ein Lusirevicr befindet, das der Garten unzähliger Baume heißt. Der Gesandte reißte mit Gefolge und Leibwache in gehöriger Ordnung nach Dschcchol zu. Die hineinführende Strasse konnte auf einem Hügel in des Kai, fers Garten gesehen werden und Se. Majestät nahm Wirklich von dort, ans Rengierde/ den Zug des Gesandten in Augenschein, w^c man letzterem nachher hin< terbrachte. Die Gesandtschaft wurde mit militärischen Ehrenbezeugungen unter einer Menge von Zuschauern zu Pferde und zu Fusse empfangen. Etliche Fußganger waren ganz gelb gekleidet und trugen gelbe runde Hüte: auch sah man verschiedene Knaben in demselben Anzüge. Dies waren alles eine Art von niedrigern Lamas oder Mönchen und Novitzen die zu den Tems peln einer Sekte des Fo gehörten, zu welcher sich der Kaiser bekennt. Ungeachtet ihres heiligen Standes und ihrer ehrenvollen Tracht schienen sie von dem umstehenden Haufen nicht sehr geschätzt zu seyn; anch blickte aus ihrem eigenen Wesen kein Selbstgefühl von Würde und eben so wenig Acht auf aussern Anstand hervor, worauf vornehme Chinesen insgemein sorgfaltig halten. des Chinesischen Kaisers in der Tartarey. 233 Die Haupt und Nebengebäude/ welche der Gei sandtschaft eingeräumt wurden, lagen an der Mittags« seite von Dsche,chol, welches zwischen ihnen und den Thoren des Pallasis mitten inne stand. Sie waren auf einem sanften AbHange erbaut und bestanden aus verschiedenen Hofraumen, einer immer höher als der andere, die durch Granitsiuffcn zusammenhangen. Das ganze bot Gelaß und Bequemlichkeit genug dar, und hatte eine angenehme Aussicht auf die Tartarischclt Gebirge, so wie auf Dschechol und einen kleinen Theil des Kaiserlichen Lustgartens. Das Städtchen bestand, ausgenommen die Hauser der Mandarinen, aus elcns den, voll Menschen steckenden Hütten. Auch waren die Strassen krumm, nicht gepflastert und staubig. Gleich darüber hinaus erhoben sich der Kaiserliche Gar, ten, die Pallasic und Tempel mit vieler Pracht. Hier sah man Elend und Prunk ohne Ucbergang. Die Hauptgebäude in diesem Theile dcr Tartarey unterschieden sich nicht sehr von den Chinesischen: die Vertheilung der Gemacher und Oerathschaften war eben so einfach. Die grosse Thüre eines jeden Gebaut des gicng in einen Saal, und dieser hatte rechter und linker Hand Nebenzimmer, in welchen an der Seite eine platte mit Filz und Kissen bedeckte Erhöhung war, worauf man bey Tage sitzen und in der Nacht ruhen konnte. Auch standen einige überfirnißte Tische und Stühle für Besuch da. Zwey vornehme Mandarinen 234 Rcisc nach dem Sommcrhofiagcr machten dcm Gesandten, bald nach seiner Ankunft ihre Aulwarcmlg und bcwillkommtcn ihn im Namen des KalscrS ; cln drtttcr Mandarin kam vom grossm Kolao, oder dcm erstcn M^nistcr, Hoitschung^tang. Desselbi.qcn Tages besuchte ihn der Kaiserliche Abgeordnete und gad chiu ohne Einleitung und Entschuls digung das Sendschreiben geöfnet zurück, welches ihm in Beziehung auf die Vorstcltungscerimonic versiegelt war eingehändiget wordcn, und welches er / nachdem man ihm dcn Inhalt dwon eröfnet, noch in Peking an Ho-lschung taug abinftrtlgen zugcsaqt halte, wie im vorhergchcndcn Capitcl erwähnt worden. Der 3lbs geordnete wollte nun glauben machen, daß er das Sendschreiben die ganze Zeit üdcr bey sich behalten, da er cs doch, wie zur Genüge bekannt war/ wirtlich nach Dschcchol abgesandt hatte, und der Inhalt dort war genehmigt worden. Warum man fetzt hierüber anderes Sinnes geworden, ließ sich schwer einsehen: allein verjährte Begriffe von Stolz und Anforderungen auf Vorrang erhielten wieder die Oberhand. Man muthmaßte allerdings, daß der Untertänig von Canton, welcher vor kurzem aus Thibet, wo er an der Spitze der Chmcsischcn Truppen gestanden, noch Dschechol gekommen war, sie wieder aufgeregt hatte., Er war ein ausgemachter Feind der Engländer/ und schilderte sie als ein zudringliches Volk, dem man nichts/ ohne Gefahr/ einräumen dürfe. Als Beleg des Chinesischen Kaisers in dcr Tartarcy. 235 hierzu, berief cr sich sogar auf den abgeschtcn Mandarin, wclcher, vorerwahulermassw, ehedem Hoppo, oder Ober-Zoll--und Gefallcinnehmer in Canton gewesen war. Dieser Schuldigcrfundcne Mann wurde ausdrücklich deswegen nach Dschcchol geholt und mahlte die Engländer unstreitig mit Farben die den Absichten und Vorurtheilcn dcs Unterlönigs zu statten kamen. So wurde der Colao, wie es scheint, überredet, cs würde von Nutzen seyn, wenn man dem Gcsandtcn die Huldigungseerimonic der Lehnsleute dcs Chinesischen Kaisers verrichten liesse, ohne daß die Chinesische Regierung im mindesten die Unabhängigkeit von dessen eigenem Landesherrn anerkannte. Demnach hielt man für rathsam, nicht eingcstandig zu seyn, daß Sr. Excellenz Schreiben an den Hof abgesandt worden, um sich der Nothwendigkeit zu überheben, einen Vors schlag zu beantworten, welcher zu billig war, um zurückgewiesen zu werden; und man versah sich, daß dcr Gesandte, wenn er einmal in Sr. Kaiserlichen Majes siat Gegenwart ware, nicht umhin tonnen würde, die gewöhnlichen Niederwerfungen, ohne Vorbehalt, zn verrichten. . Diese Umstände liessen Se. Excellenz angelegentlich wünschen, daß die Sache erörtert und abgethan werden möchte, bevor er nach Hofe gehen müßte. Wirklich begehrte der Colao daß er sich unverzüglich dorchin begeben sollte, damit er von ihm d-scheu zwey Tartarischen und zwey Chinesischen Staqtsi Mandarinen. Dem Englischen Minister wurde ein Stuhl gegeben. Der Kaiserliche Abgeordnete, mehrere andere Mandarinen und der Dollmetschcr, mußten die des Chinesischen Kaisers in dcr Tartarcy. -Iy ganze Zeit über stehen. Dcr Colao beobachtete die Förmlichst, nach dcm Endzwecke der Engl-seben Gesandtschaft zu fragen, worauf es nicht schwer war ihm Bescheid zn ertheilen/ da mall ihn auf Sr.,Majestät Brief an den Kaiser verwies und ihm zugleich eine Chinesische Ilcbcrfttzüng davon überreichte, welches ihm, so wie dcr Itchalt des Briefes selbst/ anqenehm zu seyn schien. darinen fanden, daß der Gesandte hiervon Wissenschaft hatte, mußten sie selbst die Schicklichkeit scmes Vorschlags fühlen. Sie frugen ihn daher, auf welche Art ihm wohl seiner Meinung nach seine Wicht vers siatte, seine persönliche Ehrerbietung dem Kaiser zu be-zeugen, ohne die Niederwerfung der Lehnsleute nach, zuahmen? Der Gesandte antwortete, daß er gegen seinen Landesherrn, an welchen er durch alle Bande der Treue und Anhänglichkeit geknüpft ware, bey der Annäherung, ein Knie beuge, und er sey erbötig seine Ehrerbietung gegen Se. Kaiserl. Majestät auf dieselbe Art an den Tag zu.legen. Ueber diese Erklärung schienen die Mandarinen unendlich vergnügt zu seyn und sagten, sie gedächten bald mit einer Entscheidung des Hofs zurückzukommen, ob er die gegenseitige vom Gesandten vorgeschlagene Cerimonie genehmigen, oder die Englische Hnldigung,' Zweyter V»nd° A 243 Reise nach dem Sommahofiager anstatt des Chinesischen Niederfallcns, annehmen wolle? Immittelst verbreitete sich die mit dem Colao im Pallaste gehaltene Unterredung fiugs durch Dschechol. Mehrere Leute, welche die Gesandtschaft blos als etliche unberathene Auslander betrachteten, die in der Gewalt des Hofes stünden, dcn sie zu besuchen ge-kommen, konnten nicht begreifen, wie sie sich erdreisten könnten, demselben Bedingungen vorzuschlagen oder in der Leistung des ihm schuldigen Gehorsams zu zö-gern. Andere weissagten zuversichtlich, daß man sie zu-rücksenden würde, ohne ihnen ein Gehör zu gönnen. Der Chinesische Dollmetscher, dessen innige Anhänglichkeit ihn äusserst theilnehmend an dem Erfolge dcr Gesandlschaft machte, äusserte einige Besorgniß, daß etliche von seinen, derselben zugesellten, Landsleuten, in Versuchung gerathen möchten, sich übel zu betragen und zu wähnen, daß man bey der jetzigen Lage der Sachen auf Beschwerden über sie wenig achten würde. Da man jedoch wirklich um diese Zeit dergleichen über die Lcbensmittel zu machen für nöthig fand, so wurde ihnen auf der Stelle abgeholfen , und der Mundvor-rath in der Folge sogar häufiger, als zuvor, herbey-geschaft. Indeß die Sache mit der Cerimonie noch unentschieden war, machten einige Herren aus der Gesandt-fthaft einen Ausflug in die umliegende Gegend von des Chinesischen Kaisers'in der T.M.M'y. , 243 Dsckcchol." Hierzu wurden sie von den Mandarinen nicht aufgemuntcrt, welche immer fürchteten, daß aus der ttnbcdachtsamkeit oder Ucbereilung der Auslander, oder auch ans dem Hange Fremde zu necken, welcher nirgend beym Pöbel ungewöhnlich ist, llnannchmlich-tciteu erwachsen möchten. Die jn'engcn Regierungs) grundsatzc m China lasscn die Mandarinen für alles Unheil haften was sie zu verhüten im Stande zu seyn schienen. Daher brauchte man die Vorsorge, das ge< mcme Volk eben so wenig in den eingeschlossenen Platz, worinn die Gesandtschaft '.vohnte, kommen, als die Bedienten und Untergebenen derselben/ ohne Erlaubniß zu den Thoren hinaus gehen zu lassm. Die Chinesen, besondcrs Geschäftsleute, dergleichen die Mandarinen meistentheils sind, wissen sich keinen rechten Bcgrif das von zu machcn, was man für Vortheil oder Vergnügen dabey haben könne., wenn man ausgeht, blos um sich Bewegung zu machen, Aussichten zu bctrachs ten, oder die Lage des Landes zu beaugenscheinigen, dafcrn es nicht aus militärischen, und mithin verdäch-tigen Absichten geschieht. Oa sie aber ein für allemal befehligt waren, für die Bequemlichkeit der Gesandt, schaft zu sorgen und ihre Wünsche zu erfüllen, sö schaf-ten sie endlich Pferde und Führer zu dieser kleinen Reise herbei. Die Gesellschaft war bald so hoch gestiegen, daß sie das Dschechlller Thal übersehen konnte, welches 244 Rcisc nach dem Sonmerhofiager sich zwischen den Bergen hinwindet und fruchtbar, abev nicht mit der Sorgfalt und Kunsierfahrenhcit bestellt ist, die sich innerhalb der Grai^'N des eigentlichen China's zciacn. Das Tbal war von «inem Flüßchen bewässert, welches zur Comnlcro5.it langsam hindurch« gleitet und viele Goldkörner mit sich fortrollt. Die benachbarten Berge, welche weder steil noch hoch warm, bestanden, wenigstens nach der Oberflache zu urtheilen, aus Thon und Kies. Sie stellten weder vorspringende noch zurückweichende Winkel dar, wle von mächtig herabstürzenden Bcrgströmen erzeugt werden, auch bik detcn sie kcine ordentliche Rcihe, sondern glichen, bey einem allgemeinen Uebcrblicke, einer durchwühlten Mees resftächc, worauf die zerschellten Wogen allerley Richs tungen uehmen , je nachdem sie von entgegengesetzten reisscnden Stürmen geschlendert , werden. Ucberhaupt liessen die Gestalt und die Bestandtheile dieser Berge im mindesten nicht nmthmasscn, daß sie ursprünglich der Einwirkung des Fcucrs ausgesetzt gewesen / wohl aber entdeckte man Spuren genug von ihrem langen Aufenthalt unter dem Wasser, welches diesen Theil der Erdfiachc in tragbaren Boden verwandelt hatte. Ob sie glcich übrigens vormals beholzt gewesen zu seyn schienen, so sah man doch in den obersten und offensten Gegeilden jetzt keine andre als verkümmerte Ges wachse. Bauholz war fast ,m ganzen Umkreise nicht anzutreffen. Die gegenwärtigen Bewohner mußten aufs des Chinesischen Kaisers in der Tartarey. 24Z empfindlichste für die Unvorsichtigkeit ihrer Vorfahren büssen, welche die alten Baume niedergehauen hatten, ohne d^sür j'.m^e anzupflanzen. Die sonach baumlecr gemachten Berge waren nicht im Stande viel Feuchtigkeit anzuziehen. Selbst die ärmsten Leute verliessen sich in ihren Gälten nicht anf etwanigcn Regen, sondern hatten durchgangig zur Bcnetzung derselben Brunnen gegraben. Die Schöpfcis mer worinn man das Wasser heraufzog, waren nicht aus Faßdauben, sondern aus Weidenzweigen zusammen, gesetzt, welche man so sorgsam und kunstreich verflochi ten hatte, dasi sie Flüssigkeiten zu halten tauglich wuri den. Die Garten brachten hauptsächlich Knoblauch und andre scharfe würzhafte Gewächse hervor, welche zum Hirse und andern Gemüsen, die des Landmanns vorzüglichste Nahrung ausmachten, als Beyesscn dienten. Von den Höhen herab ersah man mehrere stattliche Gebäude, in einer angenehmen Lage. Anfangs glaubte man, sie gehörten vornehmen Familien oder grossen Hofbedienten, allein es fand sich, daß es Las maklöster waren, welche ihre Stiftung den Kaisern des jetztregierenden Stammes verdankten. Beym Heimkehren erblickte die Gesellschaft, welche die Lusiparthie gemacht hatte, jenseits Dschechol, eine höhere Bergkette, und auf einem hervorragenden Orte eine umgekehrte Pyramide von Erde oder Bruchstein, genan derjenigen gleichend, welche wir schon auf der ^46 Ncisc nacl) dem Somnu'rhofiagcr letzten Tagereise von Peking aus, beschrieben haben. Einige Herren bezeugten Lust dorthin zu gcf>n und sse zu betrachten/ adcr die Vandal inen dcuttten ihnen in vollem Ernste an, daß dies nicht schicklich seyn würde/ weil man von der Höhe, worauf sie siühnde, in den Theil der Kaiserlichen Garten sehen köunte, welcher den Frauen des Pallasis eingegeben wäre, und diese zufälligerweise dort herumgehend wahrgenommen werden möchten, ohngeachtet der drey bis vier Meilen weiten Entfernung. Nun dachte die sämmtliche Gesandtschaft darauf, sich zur Vorstellung beym Kaiser in Verfassung zu se-tzcn. Dem Gesandten war angesagt worden, daß sich Se. Kaiserliche Majestät an derselben ehrerbietigen Huldigung genügen lassen würden, welche die Englän, der ihrem eigenen Landesherrn zu erweisen pflegten. Dieser Beschluß entriß den Gesandten einer drückenden Sorge und befrcycte ihn von der Nothwendigkeit lange bey sich zu überlegen, wo er, unter den vorliegen-den Umstanden, zwischen seiner Obliegenheit dem Begehren des Kaiserlichen Hofs zu widerstehen, und zwischen der Zulassigkeit des Nachgebcns, die Scheidungs-linie ziehen sollte. Man rannte sich zu, daß der Kaiser, ein verstandiger, glimpfiicher Herr, übersatt viel, leicht der kuechtischen Verehrung, weit geneigter als seine Rathgeber gewesen sey, die mehrerwähnte Ceri-, monie diesmal bey Seite zn setzen. des Chinesischen Kaisers in ocr Tartarcy. 247 Seine Excellenz sah wohl ein, daß der eben er« rungene Sieg ihn bey den Chinesischen und Tartari-schen Feinden der Englander nur noch gehässiger ma? cken würde, ungeachtet er die Achtung und Ehrfurcht des Volks im Ganzen fur cine Nation erhöhen mußte, der zu lieb eine so ungewöhnliche Ausnahme gemacht werden sollte; auch konnte es kaum fehlen, daß nicht dergleichen Gesinnungen bey jedem Handelst oder Staatsverhaltnisse zwischen beyden Landern, in Ansehung der äusseren Folgen, für England eine vortheilhafte Wir-kung haben mußten. Bey denen, welche sich bloß nach den Beyspielen vorheriger Falle richteten, erregte diese Ueberschreitung einer Regel, von der man bisher nie ges wichen war/ allerdings vielleicht Befremden und vielleicht Murren; aber es bewahrte die Versicherung des alt« sien Missionars in Peking, daß die Chinesen zwar ges wohnlich und hartnackig das Herkommen vorschützten, aber damit nicht allezeit Gegcngründen zu widerstehen vermöchten, die man mit Mässigung aber Beharrliche keit anführte. Der Geburtstag des Kaisers, zu welchem sich vi« le Gesandte und zinspsiichtige Fürsten in Dschechol eingefunden hatten, ficl auf den siebzehnten Septem« ber. Aber die Brittische Gesandtschaft sollte drey Ta< gc zuvor, am vierzehnten desselben Monats, vorgestellt werden. Mittlerweile wurden die nach Dschechol mitgenome 243 Rcisc nach dem Sommcrhostagcr menen Geschenke in den Pallast getragen, und man gak» dem Gesandten sehr höflich die Zufriedenheit dcS Kaisers darüber zu erkennen. Seine Ercellenz besuchte auch für sich den Colao, der nun durch keinen unentschiedenen Streit mehr in Verlegenheit gesetzt, ihn nicht aNein offen und verbindlich, sundern anch mit aller Achtung empfieng, welche sein Stand und Würde heischten. Nach einigen Höfiis chen Aeusserungen von beyden Seiten, that Ho-tschungs tang sehr wißbegierig mancherley Fragen über Europa, besonders über England, welche der Gesandte zu seiner Zufriedenheit beantwortete und ihn hierauf von der Schicklichkeit und Billigkeit seines bisherigen Betragens, so, wie von der Anfrichtigkcit und Redlichkeit der Gesinnungen Sr. Prittischen Majestät, in Absicht auf seine künftige Verbindung mit China, zu überzel» gen suchte. Er breitete sich über die friedfertigen und wohlwollenden Grundsätze seiner Regierung aus, deren grosser Endzweck die Erweiterung des Handels zi'.m allgemeinen Nutzen des Menschengeschlechts sey. Er nahm auch Gelegenheit beyläufig, aber nicht'als absichtlichen Beweis anzuführen, daß nach der Vertik gung des Mogolischen Reichs in Hindostan einige Kü, stcnprodl'nzen, die an die Brittischcn Besitzungen siieft sen, wegen innerlicher Zwiste, um den Schutz der Englischen Waffen angehalten hätten, welchen man ihnen auch zugestanden, ohne die eingebohrnen, zinspflichtü des Chinesischen Kaisers in der Tartarey. 24Y gen Fürsten zu vertreiben, die sich noch bis jetzt im Besitze ihrer Würden befanden; daß aber die Engläne der, in keiner andern Rücksicht, an den Streitigkeiten der benachbarten Lander Theil nähmen. Der Colao gab nicht den mindesten Anlas den vorgeblich geleisteten Beystand gegen die Einwohner von Thibet, ausführlicher zu widerlegen. Se. Excellenz sah sich genöthigt ungemein beHuts sam und verdeckt einige Aeusserungen fallen zu lassen, auf was Weise China von einer Verbindung mit Gross brittannien Vortheil ziehen könnte, es möchte nun durch die Einfuhr Europäischer Waaren seyn, die man jedoch nur eintauschte und deren Bedürfniß man nicht empfand; oder durch Einbringung von Baumwolle und Reis / die in etlichen Chinesischen Provinzen ebenfalls erzielt wurden; oder von edlen Metallen/ deren Anhäufung zuweilen den Nachtheil hatte, daß die Be< dürfnisse oder Bequemlichkeiten des Lebens dadurch uns verhaltnißmässig erhöhet wurden; oder endlich durch die Hülfe einer Seemacht, zur Vertilgung der Seeräuber an der Küste, wider die man gleichwohl mittelst der innern Verbindung auf Flüssen und Canalen Rath zu schaffen wußte. Die Chinesische Regierung bildete sich ein oder gab vor, die Ucbc:lcgenhcit und Unabhäl« gigkeit des Reichs sey so entschieden, daß es sich iu keine Unterhandlung mit Fremden auf die Grundlage wechselseitiger Vortheile einlassen könnte, da derglcis 25<2 Reise nach dem Sommcrhofiagcc chen bloß aus Gnade und Herablassung desselben gegen die Fremden statt habe. Der Gesandte war nicht abgeneigt selbst unter die, sen Voraussetzungen seine Unterhandlung anzufangen; aber der Colao erwiederte verbindlich/ daß sie, wahrend Sr. Excellenz Aufenthalte am Chinesischen Hofe, mehreremal Gelegenheit haben würden zusammen zu kommen. Die Unterredung endigte sich, wie sie anfieng, mit allem Anscheine von Herzlichkeit und beyderseitiger Zufriedenheit. Der Kaiser und der Colao schickten ihm bald hernach Obst und Zuckerwcrk zum Geschenke, und liessen es mit Höflichkeitsversicherutigen begleiten. Ausser einem artigen Betragen, verrieth Hos tschungNang auch einen hellsehenden geübten Verstand. Ueberhaupt schien er alle Eigenschaften eines vollende-ten Staatsmannes zu besitzen. Seine Würde und sein Ansehn hatte er freylich der blossen Gunst des Landes-Herrn zu verdanken, aber die beyfällige Zustimmung vornehmer und ausgezeichneter Manner, welche auf die Beschlüsse selbst der allerunumschranktesien Regies rungen Einfiuß haben, bcvestigte und erhielt ihn darinn. In dergleichen Verfassungen des Morgenlandes besorgt der Fürst nicht, wie in Europa, seine Würde durch Verbindungen mit den Unterthanen zu erniedrigen, und die vielen Kinder, welche die Asiatischen Beherrscher von mehrern Weibern und Bettgenossinnen haben, ver- des Chinesischen Kaisers in der Tartarcy. 251 Ursachen so zahlreiche Verwandtschaften mit der Crone, daß der daraus entstehende Einfluß durch wetteifernde Mirbewerbung verringert wird. Wenn sich aber ein solches Band an bereits vorhandene Macht knüpft, so erlangt letztere dennoch dadurch Stärke und Dauer. Eine Tochter des Kaisers ist mit einem Sohne Hos tschung-tangs vermahlt. Verschiedne von der Kaiserlis chen Familie und andre treue Rcichsunterthancn, nah-men diesen Umstand sehr zu Gemüthe, gleich als ob sie sich vor der Höhe gefürchtet hatten, wornach die Herrschsucht des Günstlings streben möchte. Einer ließ sich von seinem voreiligen Eifer so weit verleiten, daß er dem Kaiser eine Vorstellung überreichte, worinn er ihn ermähnte, seinen Nachfolger bekannt zu machen, weil dies zur Sicherheit beytragen und künftigen Zwi« sien vorbeugen würde. Wenn das Recht der Erstgeburth im Chinesischen Nciche gälte, so würde ein Enkel des Kaisers, von seinem ältesten verstorbenen Cohne, die erste Anwart, schaft haben; aber nach den dortigen Regierungsgrund? satzen ist die Thronfolge ganzlich der Wahl des regies renden Fürsten anheimgestellt, welcher, wie es sich schon oft gefügt hat, seine eignen Nachkommen und seine Familie ausschlicssen kann. Es war dem Monarchen höchst mißfällig, daß ihm ein Unterthan den Rath aufdrang, seine Wahl bekannt zu machen. Der R.athge-bcr wurde verhaftet und mußte am Leben büsscn, nach, 252 Reise nach dem Sommerhofiagcr dcm der Gerichtsstuhl/ welcher über ihn erkannte/ seis ne Kekheit zu den fluchwürdigsten Verbrechen gerech, net hatte. Demungeachtct hielt es der Kaiser nicht für undienlich, die Ursachen (in den Zeitungen der Hauptstadt) darzulegen, warum er den ertheilten Rath nicht befolgte. Sie gründeten sich auf die Gefahr, daß er durch die Nennung seines Nachfolgers / zu früh Herrschsucht in einer jungen Seele entflammen und eis ne Parthey erregen möchte/ die sich dem regierenden Landesherrn widersetzen könnte, wovon sich in seiner eignen Dynastie schon ein Beyspiel ereignet hatte. Dermalen hatte der Kaiser beschlossen, dasi wahrend dem er selbst die Crone trüge, sein Thronerbe unbekannt bleiben sollte. Aber bey dieser Gelegenheit kündigte er seinen Unterthanen an, daß er, nach einer damals beynahe fünfzigjährigen Thronbesitzung, sich aller Sorgen des Reichs zu entschlagcn gedachte, wen« er bis zu Ende seines sechzigsten Regierungsjahres lcd> te, welches 1796. fallen würde, wo er sein erhabenes Vorrecht, den zu ernennen, welchen er am tüchtigsten für die Thronfolge hielte, ausüben würde; woftrn sich aber sein Tod vor dieser Zeit zutragen sollte/ so wür, de man den von ihm bestimmten Nachfolger in einem gewissen Zimmer des Pallasis schriftlich aufgezeichnet finden. Indeß ist die Vorausbesiimmung der Sterblichen, wie es nach ihrem Tode gehalten werden sott, zu Zeiten so vergeblich/ daß man sich unter der Hand dcs Chinesischen Kaiftrs in der Tavtarey. 253 mit einer Geschichte von seinem eignen Vater Uong-tsching trägt, wonach derselbe dadurch zum Throne gelangt seyn soll, daß er wahrend der letzten Lebens? augenblicke seines Vorwesers, schnell in den Pallasi drang und in das Testament, welches auf die Erhebung cines andern abzweckte, seinen eignen Namen einrückte. Am Tage, da der Gesandte dem Kaiser vorgestellt wurde, waren die meisten von seiner Familie gegen» lvartlg, doch schien keiner eines ausgezeichneten Vorzugs zu gemessen, oder mehr als die Andern geachtet zu seyn. Desselben Morgens verfügte sich der Gesandte nebst dcn Herren in seinem Gefolge noch vor Tagesanbruch, so wie man ihm gesagt hatte, daß es hier sittlich scy, in dcn Garten des Pallasts bcyDsche-chol. Mitten im Garten stand ein geräumiges, Pracht, volles Gezelt, welches auf vergüldeten oder angestrichenen und überfirnißten Caulen ruhete. Die Zeltdecke folgte nicht den schräglaufenden Lcincn ihrer ganzen Lange nach bis an die Pflöcke, welche in der Erde steckten, sondern sie hieng beynahe von der Mitte der Leinen gerad herab, und nur ihr oberer Theil stcllte das Dach vor. Im Zelte war ein Thron errichtet, genau wie der im vorhergehenden Kapitel beschriebene' und in den Wanden des Zelts befanden sich Fenster, wodurch das Licht besonders dorthin fiel. Dem Throne gegenüber war eine weite Oefnung, vor welcher 254 Reise nach dem Sommer hostag er man eine gelbe ziemlich lange Plane ausgebreitet hatte. Das Gerath des Zelts, ohne Flitter und gesuchte Ziere rathen, verrieth Geschmack. Etliche runde Zelte waren gegenüber aufgeschlagen und ein längliches gleich dahinter. Das letztere stand zum Gebrauche des Kaisers da, im Falle er von seinem Throne dort abzutreten wünschte. Es hatte an einem Ende ein Sofa oder Bett. Die übrigen Verzierungen bestanden aus allerley Europäischen und Morgenlandischen Flinten und Säbeln. In eins der kleinerm vornaufgeschlagenen Zcl< te wurde die Gesandtschaft geführt, um dort die Ans kunft des Kaisers zu erwarten. Eöen so dienten einige andere zur Aufnahme der zinspfiichtigen Tartarfürsten und Abgeordneten aus andern tributären Staaten, welche sich zum Geburtstage des Kaisers in Dschcchol versammelt hatten, und an diesem Tage nach Hofe kas men um die Vorstellung des Englischen Gesandten glans zender zu machen. Etliche Zelte hatten auch die männlichen Abkömlinge von der Kaiserlichen Familie und die vornehmsten Staatsbedienten innc. Im grossen Zelte wollte Seine Kaiserliche Majestät auf dem Throne, welches für einen besondern Vorzug galt/ den Abgesandten des Königs von Grosbrittanien empfangen. Das Zelt ward nicht blos darum einem geräumigen Zimmer im Pallaste vorgezogen, weil man für die bey dieser Gelegenheit so häufig zusammenkommenden. Heute mehr Platz zu haben wünschte. Die Kaiser aus des Chinesischen Kaisers m der Tartarey. 255 der Tartarischen Linie beobachten zwar meistentheils die Gebräuche des zahlreichern, und gesitteter», jedoch unterjochten Volks, aber sie hegen nichts desiominder eine Vorliebe zu ihren eigenen alten Gewohnheiten, und finden Vergnügen daran, sie auf Tartarischem Grund und Boden gelegenheitlich auszuüben. Der Lieblings-aufcnthalt eines Tarlarischen Alleinherrschers pflegte in der beweglichen Wohnung eines Gezells zu seyn, und er mußte solches in der Regel einem Pallaste aus des hauenen Steinen und Zimmerholz vorziehn. Die zinspfiichtigen Oberhäupter, die Prinzen von Kaiserlichem Gcblüte und die vornehmen Hofmandaw nen bildeten zusammen keine unansehnliche Gruppe als sie vor dem Zelte dastanden und warteten. Ein jedweder war mit dem ehrenvollen Abzeichen des Ranges ges schmückt, dcn ihm der Kaiser verliehen hatte. Verschiedene Hofieute waren zum Theil in Engli, sches Tnch gekleidet, da sie bis dahin in Gegenwart Sr. Kaiserl. Maj. blos Seide oder Nauchwerk hatten tragen dürfen. Weil die zuletzt erwähnten Bedürfnisse neuerdings eben nicht seltner zu haben gewesen waren, so hieß es, die Verordnung, welche dcn Gebrauch Englischer Tücher bey Hofe verstattet, fty aus Verbindlichkeit gegen die Englische Gesandtschaft gemacht worden; auch suchte man sie Sr. Excellenz in diesem Gesichtspunkt vorzustellen. Der Vertrieb des gedachten Kunsierzeug/ nisses dürfte wahrscheinlich durch das Beyspiel dcr vor, 256 Reift nach dcm SomnmWager nehmen Mandarincn, die es künftighin zu ihrer Tracht machen werden, in Aufnahme kommen / ein Vortheil, den man blos durch Höflichkeit erhalten, aber in keinem Handelsverträge ausbedingcn konnte. Fürstliche Personen waren an cincr durchsichtigen rothen Kugel auf dcm Hute kennbar / wodurch die höchste von den neuen Ordnungen bezeichnet wild / so wie sie der Kaiser Mougtsching im jetzigen Jahrhunderte festsetzte. Von allen hier Anwesenden trug Niemand ein niedrigeres Merkzeichen als die undurchsichtige rothe Kugel / welche der zwoten Classe im Staate zu< ko.umt. Ehrenthaiber halten einige Pfaufedern, die in cinem länglichen Stücke Achat befestiget waren, und vom Hute herabhiengen. In dieser Würde sind drey Stufen, die sich nach der Zahl der Federn bestimmen lassen, welche Jemand zu tragen Erlaubms hat. Wem durch des Kaisers Gunst drey Federn zu Theil worden waren, der achtete sich dreymal groß und glücklich. Jene Fürsten hatten in ihren eigenen Bezirken wiederum einen Krals von Hofieuten zu Untergebenen, mid obgleich jeder von ihnen überflüssig seine Wichtigkeit fühlte, so verloren sie sich doch an diesem Orte unter dem grossen Haufen und ihre Grösse verschwand gegen des Kaisers seiner. Es war Hofgcbrauch aus Achtung für Se. Majestät eine beträchtliche Zeit auf. ihn zu warten. Deswegen verharrten etliche einen Thcil der Nacht hindurch im Gatten. Indeß wurde der dcs Chinesischen Kaisers in der Tartarcy. 257 der Kaiser nicht lange nach Tagesanbruch erwartet. Sonach waren die hiesigem Vcrsammlungsstunden sehr c'uftriu vo>, jenen, wo man unter solchen Völk.rn zu-sainmcnfommt, weiche die mannigfaltigen Stufen der Verfeinerung hinan bis auf den Zeitpunkt sorgloser Ueppigkeit gestiegen sind; und rufteu die vaterländische Iagobeschältigung der Tartaren ins Gedächtniß zurück, deren lä'.llche Ausfalle auf ihre Wildfuhren begannen, sobald ihnen nur der erste Sonnenstrahl zur Austreibung ihrer Beute leuchtete. Ehe der Kais" kam, füllte sich das kleine Zelt des Gesandten nach und nach mit Leuten, die ihn theils aus Ncugier, theils aus Höflichkeit besuchten. Unter ihnen befand sich einer von dcs Kaisers Brüdern , ein Mann von schlichten und ulwerküustelten Sitten / etwas über die gewöhnliche Grösse und über dem Mittelalter; deßgleichen zwey von dcs Kaisers Söhnen und zwey Enkel; die crsicrn wohlgebildete/ verbindliche und wißbegierige Nanner; die letztcrn jünger, groß und mi>z mein schön. Einer bon den zins-baren Fürsten hatte seinen Wohnort nicht weit von der Kaspischen See und sprach Arabisch. Da er vermuthlich etwas mehr von Europa wußte, als die üb> rigen, so schien ihn alles, was sich auf die Gesandtschaft bezog, zu intressiren; aber einen erklärten und besonderen Freund hatte sie an dem vcrehrungswürdii gen untcrkönige von Pct>sche,li, welcher so viel Ver, 258 Reise nach dcm Evmmcchoftagcr gnügen bezeugte, seine Vck.umtschaft mit dcm Botschaft ter wieder erneuern zu können, und in so achtungsvollen Ausdrücken von ihm mit den Personen, die ihn umgaben sprach, daß sie eine höchst vorthcilhafte Meynung von Sr. Excellenz zu fasscn anficngcn. Dic ganze Gesandtschaft schien im Beyseyn des Untertö.ugs mehr Zutrauen zu fühlen. Kaum tagte es, als der Schall von Instrumenten und dumpfhallendes Getön entfernter Menschen-stimmen die Mnaherung des Kaisers verkündigten. Bald erblickte man ihn, wie er hinter einem hohcn, steilen und mit Gehölz eingefaßten Berg.', gleichsam aus einem heiligen Haine / unter Voraustretung vieler Personen, die seine Tugenden und seine Macht m lauten Gesängen feyerten/ hervorkam. Er saß auf ei, ner Art von'offner Sanfte/ oder Triumphwagen, welchen sechszehn Manner trugen; neben ihm und hinterher giengen Leibwachen / Hauödienerschaft, Leute mit hohen Fahnen, Sonnenschirmtrager und Musik. Er war in einfaches, dunkelfarbncs Seidenzeug gekleidet und hatte einen sammetnen Hut auf, der von der Mütze d?s Schottischen Hochländers nicht sehr verschieden gestaltet war; vorn erblickte man daran eine grosse Perle, ausserdem aber schien er kein Kleinod oder Zicrralh weiter an sich zu tragen. Nach seinem Emtritte ins Zelt, stieg er sogleich auf dcn Vorocrsinfen/ die ihm ausschlicsscnd gcwik des Chinesischen Kaisers in der Tartarey. 259 met sind, d.n Tbron hinan. Ho itschungl tang und zwey der vornchmsien Personen vom Hofe warc« dicht neben ihm und sprachen allezeit mit ihm auf ihren Küleen. Nachdem die Kaiserlichen Prmzen, die zinsbaren Fücjien und Staatsminisicr an ihre angewiesene Oertrr im Zelte gegangen waren, führte der Vorsitzer dcs Gerichtshofs der Ceumomcn den Gcsandte«,, unter Nachtrctung seines Edelknabens und Chinesischen Dragomans, und unter Begleit tullg d.'s beoollmächtiglcn Ministers, nahe an den Fuß des Throns, linker Hand/ welche nach Chinesischem, den Sitten der Abendländer so oft entgegengesetzten Gebrauche, für die ehrenvollere Seite gehalten wird. Die Herren im Gefolge des Grosbotschafters, nebst vielen Mandarinen und umerbeanncn standen an der grossen Ocfnung des Zelts, von wo man die mehs resten, inwendig beobachteten Cerimonien, sehen konnte. Se. Excellenz trug einen sammetnen reich gestickten Anzug, mit dem diamantncn Zeichen und Sterne des Ordens vom Bade verziert. Zu demselben Orden gcs hörte der Mantel, den er darüber anhatte und welcher weit genug war, um ihm die Füsse zu bedecken. Bey Erwägung der Chinesischen Begriffe und Sitten wurde die Wahl der Kleidung gewissermassen erheblich. Weswegen sie auch hier erwähnt wird. Die besondre Aufmerksamkeit, welche dieses Volk durchweg dem Aust senscheine wiedmet, erstreckt sich sogar auf das Landi 26a Rcise nach dem Sommcrhofiagcr übliche der Tracht, welche auf fcycrliche Sittsamkcit berechnet ist. Zu diesem Ende sind ihre Gebcrdcn und Stellungen aufs möglichste von allem entfernt, was dcn nackten Umriß enthüllen könnte. Ueberhaupt findet man selbst unter dem wlldcsicn Volke wenig oder nic-wand, dem nicht ein inwohnendcs Gefühl ohne Bcs zug auf Schutz gegen rauhe Witterung' die Schickliche keit einen Theil des menschlichen Körpers zu bedecken, unter den Fuß geben sollte. Dies Gefühl, welches man Wohlstand benennt hat, weil es andcutct, was zu thun ansteht, wachst ordentlicherweise mit dem Fortschritte der Gesittetheit und Verfeinerung, wird aber vielleicht nirgendswo so weit getrieben, als unter den Chinesen, welche in ihren losen, wallenden Gewändern den Umfang und die Gestalt ihrer Glieds Massen fast ganz verbergen. In dieser Hinsicht giebt es kaum einen Unterschied zwischen den beyden Gei schlechtem. Das Chinesische Zartgefühl nimmt sogar daran Anstoß, wenn der Künstler die Menschengestalt nachbildet, wie sie nackt, oder nur mit solchen Kleidern erscheint, welche die Körperumrisse durchblicken lassen. Hierdurch sind Mahlerey und Mdnerkunst hier zu Lande , wenigstens in so fern sie die benannten Gegenstände umfassen, in ihrer Vcrvollkommung gehemmt worden. Auch floß daraus die Nothwendigkeit, daß die Missionare die Tracht der Cingebohrnen, als eine weit keuschere und sittsamere, denn die engen kurzen Kleider des heutigen Abendlandes, anlegen mußten. dcs Chinesischen Kaistrs in der Tartarcy. 26r Der weite Mantel, welchen der Gesandte als Ritter des Ordens vom Bade zu tragen ein Nechc hatte, näherte sich gewisscrmassen der Kleidung, welche die Chinesen am liebsten haben. Aus demselben Grunde trug der bevollmächtigte Minister, welcher ehedem eh, rcnthalber Doctor der Rechte auf der hohen Schule zu Oxford geworden war, einen scharlachnen Talar, der dem erwähnten Titel zukömmt, besonders da diese Würde in hiesiger Landesverfassung, wo man auf den durch Gelehrsamkeit erworbenen Stufen zu jeder bür< gcrlichen Stelle hmansteigt, nichts auffallendes hatte. Der Gesandte, vom Vorsicher des Cerimom'engerichts unterwiesen, hiclt die vicrcckigte, grosse und prachtige Büchse, von Gold/ mit Juwelen besetzt, worinn der Königliche Brief an den Kaiser lag, mit beyden Händen über den Kopf empor, und erstieg in dieser Stel? lung die wenigen Stufen, welche zum Throne führten.. Dort beugte er ein Knie und übergab Sr. Kaiserlichen Majestät die Büchse mit einer kurzen Anrede. Der Kaiser empfieng sie gnadig mit eigenen Handen und bezeugte «das Vergnügen, welches er über den Verweis fühle, den ihm Se. Britannische Majestät von „seiner Achtung und seinem Wohlwollen, durch Sen-«dung einer Botschaft, eines Briefes und seltner Genschenke, an den Tag lege; er, seiner Seits, hege „gleiche Gesinnungen gegen den Beherrscher Gros-„brittanniens und hoffe, daß die Eintracht zwi, 262 Reist nach dcm Sommcrhofiager «schcn ihren bcyderseitigen Unterthanen stets fortdauern „Werde." Diese Art den Vertreter des Königs von Großbrittannien aufzunehmen, wurde am Chinesischen Hofe für besonders ehrenvoll und auszeichnend angeschcn, indem Gesandten eben so selten vom Kaiser auf dcm Throne empfangen, als ihre Beglaubigungsschreiben ihm in seine eigne Hände von ihnen überreicht, letzte, re vielmehr einem seiner Hofleute anvertraut zu we« den pflegten. Diese an sich so unwesentlichen Ehren-bezcugungen sollten nichts desto weniger, nach der Auslegung dieses verfeinerten Volks, eine Aenderung in der Denkungsart ihres Hofes, die Engländer bes treffend, anzeigen, «nd machten einen günstigen E«n-druck auf ihre Gemüther. Nachdem sich der Kaiser noch einige Zeit mit dcm Botschafter unterhalten halte, gab er ihm, als das erste Geschenk von Ihm für Se- Majestät, einen Edelstein, wie ihn die Chinesen hiessen und ihn daher hoch ansctzten. Er war über einen Fuß lang und kunstreich zu einem seynsollenden Zepter geschnitzt, wie beständig einer auf dem Kaiserlichen Throne liegt und für ein Sinnbild des Wohlstandes und Friedens angesehen wird. Da nach dem Chinesischen Hofbrauche Gesandte, ausser den Geschenken, die sie in ihrer Herren Namen darbringen / auch selbst dergleichen überreichen müssen, dcs Chinesischen Kaisers in der Tartarcy. 26< so gesckiah dies sowohl von Sr. Excellenz, als von dem Minister ober W'terbotschaftcr, wie ihn die Chis nesen nannten. Seine Majestät gcruhete ihre achtungsvollen Gaben anzunehmen und machte ihnen dafür Ges gengeschcnke. Diese Spenden mochten wohl auf beyden Seiten nicht so viel Werth in den Augen der Ems pfangcr, als in denen der Geber haben; demungeach-tet machten sie cincn angenehmen Eindruck auf beyde, weil sie Zeichen der Ehrerbietung von dem einen Theile imd der Gunst und Gewogenheit bey dem andern waren. Se. Majestät behielt wahrend der Cerimonien ein vollkommenes, unbefangenes, heiteres und natürliches Wcscn bey. Anstatt des ernsten, düstern Anblicks, den man ihm zuweilen beygelegt hat, waren scine Augen weit geöfnct und hcll, und seine Miene unbewölkt. Diesen Anschein hatte sie wenigstens wahrend der gans zcn Unterredung mit dem Gesandten, welche wegen der unvermeidlichen Dollmetschung des auf beyden Sei-ten gesagten verlängert wurde, ein Umstand, der die Mittheilung ausnehmend langweilig machte. Da die hieraus erwachsende Unbequemlichkeit Sr. Kaiserlichen Majestät nicht cntgieng, so fragte er den Hoütschungltang, ob in der Gesandtschaft niemand Chinesisch könnte? und wie er vernahm, daß der Edels knabe dcs Botschafters, damals dreyzehn Jahr alt, allein etwas davon verstünde, so war der Kaiser so 264 Reise nach dem Sommerhoflager neugierig, den jungen Menschen auf den Thron zu rufen und ihn Chinesisch sprechen zu lassen. Ob nun das was er sagte, oder scine bescheidene Mü'ne, odcr sein ganzer Anstand dem Kaiser gcficl, gcnng er nahm einen von seinem Gürtel herabhangenden Areca'Mlß-beutel und gab ibn> selbigen. Beym Chinesischen Monarchen sind Bentcl die Ors densbandcr; er theilt sie als Belohnungen des Wohl-Verhaltens an seine Unterthanen aus, abcr nach den Begliffcll der Morgenländer, bey denen alles was der Landesherr an sich trägt, von überschwenglichem Wcr-the ist, galt des Kaisers eigne Tasche für einen Beweis persönlicher Gunst. Dies brachte dem jungen Glmst!i>,ge die Anfmerksamkeit und Liebkosungen viei ler Mandarinen zu Wege, indeß andere zu seinem gu< ten Giücke vielleicht scheel sahen. Die Arecatasche ist nichts weniger als kostbar, sondern blos aus einfarbiger, gelber Seide gemacht, worauf ein fünfklauiger Drache und etliche Tartanschc Ech'. iftzcichen gestickt sind. Nach den beschriebenen Ccrimonien wurden einige Hindubotschafter aus Pegu und Mahometancr von der Ka letzteren bürgerliche Mandarinen von Stande. 5>as 26F Reist nach dcm Sonmechoflagcr Porzclan bestand aus em;eluen Stücken wcnig von» dem ultterschicden, was aufgeführt zu wcrdcn pfiegt. Der Thee kam in Kugeln von allerley Grösse, die man mittelst einer klcbrichten Feuchtigkeit gemacht hatt te, welche die Blatter, ihrer Eigenthümlichkeit un-nachtheilig, verbaud, so daß dieses Kraut seinen ursprünglichen Geschmack nicht verlor. So kommt es aus der mittäglichen Provinz V"m:an, wird aber ge, Wohnlich -nicht nach England verfuhrt. In China schätzt man diese Art von Thee ausserordcntlich, aber die Angewöhnung übt eine solche Herrschaft über den Geschmack aus, daß die Engländer dcn ihncn längst bekannten Thee vorzogen. Unter dem Obste, womit der Grosbotschafter von Zeit zu Zeit beschenkt wurde, befanden sich Wcintraus ben von ungewöhnlicher Gestalt, indem sie noch länglicher als Oliven und ungefehr von der Grösse dieser Frucht, wie sie in Spanten wächst, waren. Unter den Chinesen findet fast bey oder nach jcd? lvcdcm Verkehre zwischen Höhern und Niedern eine Auswechslung von Geschenken statt; was aber don jenem kommt, trägt allein diesen Namen, dahingegen die Gabe der letzteren als eine Darreichung bc> trachtet wird. Noch jetzt belegt China die Gegengeschenke des Kaisers und ausländischer Machte mit den erwähnten Unterscheidungsnamen, kraft des offiziellen Sprachgebrauchs einer anmaßlichcn Ucberlcgcnhcit, des Chinesischen Kaisers in der Tartarey. 269 womit der Chinesische Hof bey solchen Vorfallen Staat macht, so wie vordem die Deutsche Reichskanzelley sich einer ahnlichen Sprüche gegen die andern Fürsten von Europa vermaß. Wenn aber der Kaiser von China seiner selbst Mcldmig zn thnn hat, vornehmlich in der Zusammenstellung mit seinen Ahnen oder Vorfahren auf dem Throne, so braucht er, nach der Sittenords nung des Landes, in allem was ihn selbst angeht, die allerbescheidensien und demüthigsien Ausdrücke; aus übertriebener Scheu vor besorglicher Selbstsucht befichlt das Herkommen sogar, daß man von sich selbst redend die allerherabwürdigendstcn Worte, aber die möglichen habcnsten von dcr Person des Angeredeten wah'en soll. Dcr nächste Zug von Höflichkeit war eine unmits tclbar vom Kaiser an den Gesandten und dessen Ge« folge ergehende Einladung, die Gärten oder den Park mn Dsche>chol zn besehen. Wie sie sich des Morgens, wo an diesem pünktlichen Hofe alte Verhandlungen begonnen werden, dorthin zu verfügen im Begriffe was ren: begegnete ihnen der Kaiser, welcher hielt um sich vom Gesandten begrüssen zn lassen und ihm zu sagen, 22 daß er jetzt in den Tempel Pn - ta la gienge um sei, « ne Andacht zu verrichten; indeß da sie nicht diesek ,> ben Götter anbeteten so wollte er Ce. Excellenz nicht «nöthigen ihn zn begleiten; er hatte aber seinen Mr> ,2 nisiern aufgeben mit ihm durch den Garten zu gehen." Der Gesandte hatte geglaubt, der Kaiser wmd^ 27" Reise nach dem Sommerhuflagcr seine Aufmerksamkeit zur^ Genüge bewahren , wenn ev einem vornehmen Hofmanne beföhle, ihn auf dcr vor, habenden Lustwandlung zu begleiten, fand aber, zu seinem Befremden/ den Ho,tschung-talig selbst, in einem Nebengebäude alls sich warten. Der Neichsvezier, er/ den das Volk beynahe wie einen zweyten Kai? scr ansah, erhielt jetzt Befehl einen Theil seiner Zeit den Bedürfnissen und Angelegenheiten der Regierung zu entziehen, um einen Fremden auf einem Gange zu begleiten/ der lediglich Ergötzullg und Neugier zu»n Zwecke hatte. Das Vergnügen, welches der Botschafter über ei/ nen Umstand fühlte, der vielleicht eine nähere Bekannts schaft veranlassen und sonach dem allgemeinen Ziele seiner Sendung günstig .werden konnte, wurde ihm durch die Anweselcheit des Thibctischen Feldherrn vers leldet, welcher sich zum Colao hielt, gleich als ob er besorgt hätte, der G-sandte möchte etwas bey ihm anss richten oder es möchte zwischen ihnen wegen des Felds zugs in Thibet zur Verständigung kommen. Auch der Bruder des besagten Heerführers, welcher viel in der Staatsverwaltung zu sagen hatte/ war nebst einem am dern Häuptlinge von grosser Bedeutung, gegenwärtig. Dlese Herren bemüheten sich Se. Excellenz und dessen Gefolge durch das Lustrevier von ungeheuerm Umkreise zu führen, das indessen doch nur einen Theil des grossen Gartens einnahm, indem der übrige der dcs Ch'.ncsischcn Kalscrs in der Tattarcy. 2?l weiblichen Hausgcnossenschaft dcs Kaisers gehörte, ulld eben so wenig von den Ministern als.von den Engländer!, besucht werden dürfte. Die Gesellschaft ritt durch ein grünendes Thal/worinn mancherley Baume, vornehmlich Wciden von ausnehmendem Umfange zerstreut standen; zwischen ihnen wucherte das Gras üppig empor ^ da ihm Vieh und Sichel nur wenig Ab/ bruch thaten. Ais man ans Ufer eines weiten, regellos gestalteten Sees gelangt war, wurden Jachten zur BeschiffMg desselben bestiegen; welche so lange ununterbrochen darauf fortfuhren, bis sie an eine über den schmalstm Theil des Sees gelegte Brücke gelangten, über welche hinaus er in ferner Dämmerung zn schwinden schien. Die Wasserfiache war stellenweise mit der Licnlchwa, oder, jener Lilienart überdeckt, welche, obenerwahntermasscn, auch in Peking wachst, nnb hier, obwohl unter einem nördlicheren Himmel und zu einer kühleren Jahreszeit, immer noch mit ihren ausgespreiteten Blättern und duftenden Blume« den See schmückte. Die Gesellschaft stieg bey einer Gruppe kleiner Pallaste ain Wasserrande aus, da man kein beträchtlicheres Gebäude daselbst erblickte. Von hier aus waren andre Häuser auf den höchsten Berggipfeln und etliche in den dunkeln Schluchten dcr tiefsten Thalgründe gleichsam begraben, zu sehen. Sie unterschieden sich von einandc.r ill Erfindung und Verzierung, da fast 272 Reise nach dem Sommcrhosiagtt die Anlage eines jeden auf den Ort und di'e umliegenden Gegenstände berechnet war; aber inwendig befand sich ordentlicherweise ein öffentlicher Saal, in dessen Mitte ein Thron siaild und daran stiessen einige Sei? tenzimmer: das ganze aber war innn^r nlit Europas sche>i Kunstwerken und mit seltenen oder merkwürdigen Naturerzeugnissen aus der Tartarcy möblirt. Zn den letztgenannten gehörte in einem der Lnsthauscr auf dem See ein Achat von ausserordcntlichcr Grösse und Schöni heit, welcher ein marmornes Fußgestell hatte. Vier Schuh lang, ist er vom Bildschnitzer zu einer Landschaft gemodelt worden, worauf Verse, von des Kai, sers Dichtung, eingcgraben stehen. Die besten Kunst? werke der Landsseingebohrnen schrankten sich auf Nachi bildungen von Naturgegenstanden, in Holz geschnitzt, ein; sie waren geschmackvoll zusammengestellt und mit WahrlM und Zartheit ausgeführt. An etlichen Wanden sah man Gemählde, welche die Iagderlustigungen der Tartar« vorstellten. In diesen erscheint der Kaiser allezeit zu Pferde in gestrecktem Sprunge, wie er das Wild mit Pfcttcn erlegt. Diese Gemählde halten dcn Probierstein Europäischer Kunstkritik nicht aus. Bau-me, Vögel, ein Theil der Landschaft und selbst Thiere waren gut gemahlt, die Menschengestalt abcr verzeichnet , ein Fehler den der Aüschaucr um so leichter enb deckt, je besser er mit ihr bekannt ist. Diese Stücke vcrsticsscn wider die Regeln der Verhältnisse und Per- spcktwe, des Chmcsischcn Kaisers in der Tattatty. -73 spcktive, denn obwohl die Chinesen zuweilen, mit Glück, einzelne Gegenstände treffend, ja oft lebendig, darstellen, so kann man dock, im jetzigen Zustande ihrer Künste, nicht mit Grunde behaupten, daß sie der E'fi idung und Zusammensetzung eines Gemähldes ge< wach'en wären. Unter andern hatte hier auch das schr nmtclmasini gearbeitete B'ldniß einer Europäerin« stolen Platz g.fimdcn. Eine gut gerathene marmorne Stalüe eines nackten Knaben, der auf seinen Knien und Händen ruhcte, sah man in einer Schlafkammcr; ferner sicinerne Fic'yuen nicht weit von Peking , nach welchen jcne Schilderungen hauptsächlich gemacht sind, weit vollständiger seyen, als die Dschc-choüschen; und es ware voreilig zu behaupten, das Was sich in dem einen Orte nicht findet, würde dem andern irrig zuaeschriedcn. Die Fremden durften sich keine Hofnung machen, etwas von jener Stadt im Kleinen zu sehen, falls dett gleichen auch in Dschechol vorhanden ist, welche vors geblich innerhalb der Einfriedigung des den Frauen m, Pallaste eingegebenen Gartens steht, und wo die Vorfalle des gemeinen Lebens so wie das Treiben und die Verwirrung der Hauptstadt treu vorgestellt seyn sol, leu; ciin' Tdarsache, die man auf das Wort eines ge? Wissen Missionars nachsagt, welcher zur Verzierung eines Pallasts dieser Art in dem Fraueureoiere des Gars tcns zu Uucn-miniyum, gebraucht worden seyn soll. Sein Bericht, ob man ihn gleich hat in Zweifel ziehen wollen, enthalt nichts unwahrscheinliches. Sollten sich nicht die von dem Weltgetümmcl ausgeschlossenen Frauen des Pallasics an einer Vorstellung von dem was darin vorgeht, ergötzen und sollte wohl der Kaiser ab, geneigt seyn ihre, und, in manchem Betracht, seine eigne Neugierde zu vergnügen? Als der Gesandte vormals Botschafter am Russischen Hofe war, sah er in einem der Kaiserlichen Pallastc zu Petersburg, die 276 Reise nach dem Sommcrho stager Nachbildung einer Stadt mit vielen Werkstatten, Waa, renlagern, und Handwerksleuten, nebst dem alltäglichen Gewirre des gemeinen Lebens, schr lebhaft zur Erlusiigung des Hofes vorgestellt, ungeachtet es dort nicht so viel Unterhaltung gewahren konnte/ da die Russischen Damen nicht, wie die in China, vom Ans blicke des wahren Weltlaufs abgesondert leben. Wahrend des Zugs durch die Gatten von Dsthes chol, welcher einige Stunden dauerte, bewies Ho< tschuug-tang grosse Aufmerksamkeit gegen den Gesandt ten, und zeigte überhaupt völlig die feine Erziehung und die Geschliffenheit eincs erfahrnen Hofmanns. Ebenso bewahrte sich dcr andre Minister in seinem Benehmen als einen freundlichen verbindlichen Mann, da hingegen» sein Bruder der Thibetsche Feldherr ges spannt, mld zurückscheuchend war. Auch suchte er das heftige Vorurtheil, welches er wider die Engländer eingesogen hatte, gar nicht zu bemänteln. Er hatte ohne Zweifel Gelegenheit gehabt, ihren kühnen unternehi mcndcn Geist m Canton kennen, zu lernen und die Ues bcrzeugung von ihren Reichthümern und ihrer Macht, welche sich vielleicht selbst mit dem Chinesischen Reichs messen durften / war muthmaßlich nicht der unbedcu? teudste Umstand, der ihm Anstoß gab. Der Gesandte strebte vergebens ihn durch gelegentliche Erwähnung seines kriegerischen Ruhms auf beßre Laune zu bringen. Man durfte natürlicherweise erwarten, daß er sich gei dcs Chinesischen Kaisers in der Tartarey. 277 schmeichelt finden würde, wie ihm, als cincm sachverständigen Richter soldatischer Uebungen der Vorschlag gethan wurde, cine Probe Europaischer Evolutionen von dcr Leibwache Cr. Excellenz mit anzusehen; allein er erwiederte in einem grämlichen Tone / daß er der, gleichen bereits von fremden Truppen gesehen; als ob cr es für ausgemacht hielte, daß ihm die Engländer hicrinn nichts Neues zu zeigen haben könnten. Er wollte ihnen auch wirklich in keinem andern Fache Verdiensie zugestehen. Wahrend daß die Herren im Gefolge die verschiedenen Gcbaude dcs Gartens durch, giengen, machten sie sich ein Vergnügen daraus, aus Höflichkeit gegen ihre Führer, so oft es Gelegenheit dazu gab, das was sie sahen, zu loben und sie be? zeugten sich gewiß nicht nachlassig, in die allgemeine Bewunderung der oben angezogenen mechanischen Kunst? werke mit einzustimmen, welche zu der in London vers fertigten und dort öffentlich gezeigten, merkwürdigen und kostbaren Sammlung, Coxens Museum genannt, gehört hatten: aber dcr General, welcher aus ihrem Beyfallc schloß, daß ihnen dieser Anblick neu seyn müst st, fragte sie frohlockend, ob dergleichen Kunstwerke auch in England zu sehen waren , und krankte sich nicht wenig, als er hörte, daß sie eben von dorther nach China gebracht wären. In der Unterhaltung des Gesandten mit Ho, tschung ltang erwähnte letzterer, daß cr von dcr Ans 278 Rcisc nach dem Commcchofiagcr ' kunft der Englischen Gesandtschaftschiffe in Tschnssat» Nachricht erhalten hatte. Der Botschafter nahm dicse Gelegenheit in Acht, zn bitten, daß der Caftitän Mas ckinlosch, nachdem er so glücklich gewesen, seine Hochachtung dem Kaiser zu bezeugen, Erlaubniß erhaircn möchte, sich wieder nach seinem Schiffe zu verfügen; aber der Feldherr, welcher dem Colao nicht von der Seite wich, mengte sich sogleich darein und rief aus, es sey nicht rathsam ihm zu verstatten, daß er eine Reise durch das Chinesische Reich unternehme. Der Gesandte fand sich genöthiget, es vor der Hand hiers bey bewenden zu lassen/ gieng aber den Colao drini gend an, ihm hierüber nächstens eine kurze Unterredung zu gönnen. Der ausscrordcntliche Zudrang von vielfältigen Geschäften gerade um diese Zeit hatte dem Colao zur Entschuldigung dienen können, warum er dermalen eine Zusammenkunft ablehne, aber sein Uebels befinden hinderte ihn noch mehr daran. Ermüdet durch die heutige Bewegung fühlte er aufs neue die Anwandlung von der er schon langst gepeinigt zn we« den pftegte. Deswegen ließ er den Gesandten ersuchen, er möchte ihm seinen Englischen Arzt zusenden, bey dem er sich über seinen Zufall Raths erholen wollte. Doctor Gillan folgte dem Boten in das Haus des Cos lao, wo er einige der auserwahltesten Aerzte vcrsanu melt fand, die damals am Hofe waren und mit angsts lichcr Sorgfalt ihren erhabenen Kranken abwarteten. des Chinesischen Kaisers in der Tartarcy. 279 ,, Der Colao war, nach Dr. Gillans Berichte/ in ctlil « chen der grossen» Am,-und Beingelenke mit heftigen " Schmerzen behaftet. Aucli fühlte er grossen Schmerz » am Unterleibe und man sah eine mächtige Geschwulst, « die sich am Ringe des äusscm schrägen Muskels « auf der rechten Seite anfieng und längs der herabstei-« gendcn Seite fortgicng. Alle diese Uebel hatten ihn „ oftmals befallen, aber selten zu gleicher Zeit. Die « Schmerzen in den Gelenken, Schenkeln und im Nu-„ cken kamen insgemein um di,: Frühlings und Herbst, „ zeit, aber die Schmerzen des Unterleibes uud die Ge, „ schwulst stelltelt sich öfterer ein, waren jedoch von « kürzerer Dauer. Dic Geschwulst erschien und vcri « schwand zuweilen mit einem male, war aber am an, « hallendsten und schmerzhaftesten nach irgend einer „ ungewöhnlichen Anstrengung. Diese Umstände ließ « sich der Arzt vom Colao selbst erzählen, welchen je, ,1 dennoch die Vorlegung so vieler Fragen befremdete, « da sie die andern Heilkundigen nicht nöthig erachtet ,) hatte». Sie richteten sich vornehmlich nach dem „Zustande des Pulses, indessen Kenntniß sie sehr » weit gekommen zu seyn vorgaben. Nach ihren Be-,, griffen hat ein jeder Theil des Körpers seinen eigen-« thümlichcn Puls, woraus man sieht, an welchem « Orte das Uebel aufzusuchen sey. Ihnen galt der « Puls als des thierischen Lebens bester Dolmetsch, ^ welcher jedes Befinden des Körpers ausdeute, und ^8° Reise nach dem Eommcrhl'sta^r « durch den man aNein sowohl das Wesen als don » Sitz und die Ursache dcs Ucbcls ausfündig machcn « könnte, ohne a»f andre Umstände bcv dem Kranken „ zu merken. Nach einer vollen Untersuchung der Pul« « se des Colaos/ hatten sie glcich anfangs enlschicdcn, « daß seine gan,^e Unpäßlichkeit von einem bösartigen „ Dampfe oder Geiste Herlame, der sich in sein Fleisch » ergossen hatte, oder darinn erzeugt würde; diescr « wandere von einem O'te zum andern nnd errege alle, « mal da, wo er sich niederlasse. Schiner;, 3"fo!ae „ dieses Wabns von dem Wescn und der Ursache dcs « Uebels, bestand die Hcilart in der eiligen Anstrcjl « bung des Dampfcs oder Geistes, und diescs sollte » dnrch Answege bewirkt werden, die man ihm zm« „ Entkommen gerade auf den leidenden Theilen öfnete. „ Dies hatte man öfters vorgenommen und unter d»m « qualvollsten Schmerze dcs Kranken viele tiefe St« „ cke mit goldncn und silbernen Nadeln, welche beyde « Metalle allein daz» gebraucht werden dürfen, gsmacht. „ Demungcachtet nahm das Uebel immer wieder semen » vorigen Lanf, ein Umstand, wclchcr, laut der unbe, « zweifelten Andeutung der Pulse, ganzlich der Hart-« nactigkeit dcs Geistes Schuld gegeben wurde, wel-» chcr entweder, trot; aller Bestrebung ihn zu verjagen, « thcilwcise im Körper verblieb, oder wenn er aus sci-„ nem ursprünglichcn Sitze war vertrieben worden, „ sich wieder in andcrn Teilen verstärkt erzeugte. Die dcs Chinesischen Kaisers in der Tartarep. 231 „ Aerzte hatten in der Behandlung dieser Krankheit « vergeblich alle ihre Gescliicklichkcir erschöpft. Die zm « erst gefühlten Schmerzen zeigten sich immer aufs ,, neue und waren jetzt heftiger als jemals. Die er< « wähnten, Herren schlugn, dieselbe Hcilungsart für ,, da? Schneiden und die Geschwulst am Unterleibs « vor, welche Erscheinungen sie in dem nemlichcn « L'chte mit dem Stechen in den Gelenken betrachteten, ^ weil nehmlich alles dies aus einer Quelle flösse. » Aber der Colao. welcher bcsorgte, daß ein wesentlis ,2 cher Theil des Körrers verletzt werden möchte/ könn, « te nicht dahin gebracht werden, es geschehen zu laft « sen; und es war sein Glück, daß er hicrinn unbe? „ weglich anf seinem Entschlüsse beharrte. „U "tec solchcn Umstauden wünschte der Colao das x> Gutdünken eines E^lglischen Arztes über seine Krank-«Kelt zu vernehmen. Sobald die ersten Cerimonien «nach Dr. Gillans Eintritte vorüber, und Thee, Obst «und Backwerk hinweggenommen waren, zeigte ihm «der Patient erst seinen rechten und dann seinen lin, „kcn Arm, die cr nacheinander auf ein Kissen stützte, „um ihre Pulse desto bemerkbarer zu machen. Dcr „Doctor fügte sich dcr Sitte und den Vorurtheilen des )) Landes, damit er dem Patienten oder den Aerzten «durch mindere Achtung auf diesen vorläufigen !lm< «stand, als sie für nöthig hielten, nicht anstössig wcr> „den möchte, und fühlte die-Pulse an beyden Acrmcn 282 Rcist nach dem Sommcrhostagcr «mit vielem Ernste, mehrere Minuten lang. Zu glci, »chcr Zeit sagte er ihnen, daß die Europäischen Aerz- »te selten den Puls an mehreren Theilcn des Körpers „untersuchen zu müssen glaubten, weil sic wüßten, „daß alle Pulse untereinander und mit dem Hcrzen, «vermöge des Blutumlaufs, in Verbindung Miden, „so daß man nach Erforschung einer einzigen Pulsader 7, den Zustand aller übrigen bestimmen könnte. Her «Colao hörte diese Behauptung mit Erstaunen an, „und bic Aerzte zeigten eben so viel Befremden über «so etwas ungewöhnliches. Man sah ihnen bey ihren „Aeusserungen über das Gesagte Betroffenheit und Ver- «wirrung an. Auf des Doctors Begehren und um «sich selbst zu überzeugen, legte der Colao den Zeige- »finger seiner rechten Hand an die Pulsader der linken „Schlafe und denselben Finger der linken Hand au „den rechten Knöchel/ worauf er zu seiner grossen Ver- »wunderung fand, daß die Schlage seines Pulses übers „all gleichzeitig wären. Er drückte seine Zufriedenheit »über die Gewährleistung der geschehenen Nersiche, „rung, durch einen so einfachen und leicht zumachen- «den Versuch, aus. Hierauf sagte ihm der Doctor, I, daß man, um über seine Krankheit ein wohlgtgrüw „ detes Urtheil falten zu können, von dcn innern Em- ,-pfmdung?« und äusser« Vorfallenheiten unterrichtet „seyn müsse. Dies bewog den Colao anf alle Fragen „ des Doctors zu antworten, und nach gehöriger En . ' des Chinesischen Kaisers in der Tartarey. 283 «kundiaung ergab sichs, daß er mit zwen verschiedet ,,ncn Uebeln bchaftct scy. Das eine war Gliederreift „s",, welches ihn zuerst in den Tartarischen Gcbürgen -.befiel, wo cr lange einer kalten rcgnichtcn Wittes „rung blosgcstcllt gelesen war; es fand sich nachher «zu verschiedenen Zeiten wieder ein. Das zweyte, „wic sich bey Untersuchung der Theile offenbarte, war «ein völliger Bruch. Hatte cr sich, wie scinc Aerzte »riechen, den erwähnten Nadelstichen unterzogen, so „würden nach aller Wahrscheinlichkeit, die schlimmsten ,:Folgen daraus entstanden seyn. «Der Colao ersuchte den Doctor das Gutachten „über seine Anwandlungen, nebst der Linderung^ und »Heilart, die er vorschlüge, zu Papiere zu bringen. »Er schenkte ihm ein Stück Scidenzeug, und hatte „die Güte zu sagen, des Doctors Begriffe waren nn, „streitig klar und vernünftig, aber so neu und ve« „schieden von den im Morgenlande gangbaren Grund-n sätzcn, daß sie von dem Bewohner eines andern Pla> „netcn zu kommen schienen." Obgleich der Colao kllrz darauf Nachlaß von sei, nem beschwerlichsten Schmerze verspürte, so konnte sich doch der Gesandte einige Zeit lang noch keine Unterredung mit ihm verschaffen. Er beschloß daher ihm zu schreiben und aufs ueue anzuhalten, daß der Capii tan bald abzureisen und in Tschussan sein Schiff aufzusuchen Erlaubniß bekommen möchte, deßglcichen auch 284 Reist nach dcm SMNM'hoflager um den Schiffsoffizicren des Capitans Vergünstigung zum Verkaufe »hl er eigenen Waaren, und dem Capita-ne Verstattung des Einkaufs einer Fracht für sein Schiff ans den um Tschussan gelegenen Provinzen, auszuwirken. In Dschcchol befand sich gcradc kcin der-trauter Missionar, welcher wie in Peking, eine gehös rige Uebersctzung des Briefes halte besorgen können; aber der Dollmctschcr wußte Jemand, der dcn ihm wörtlich erklärten Inhalt desselben in gutes Chinesisch einzukleiden verstand; von dieser Uebcrschung machte dann der Edelknabe, wie vorher, eine Abschrift und beurkundete sie mit Unterzeichnung seines Namens. Man versah sich nun in dieser Sache keiner Schwierigkeit weiter; demungeachtet zeigte sich eine in Absicht auf die Ueberscudung. Der Kaiserliche Abgeordnete, welcher immer noch die Hauptbcsorgung der Gesandt-schaft hatte, würde dcn eingehändigten Brief, so wie er es mit dem vorigen gemacht hatte, zu befördern oder abzugeben versprochen, aber zuversichtlich den Cola» der Mühe ihn zu lesen überhoben haben. Sein Widerwillen gegen die Engländer war vermuthlich durch eine ihm neuerlich zugeflossene Unannehmlichkeit nicht vermindert, woran, wie man untcr der Gesandtschaft auszubreiten suchte, sie mischuldigerwcise Schuld seyn sollte. Der Kaiser hatte durch Zufall erfahren, daß sein Bildniß in der grossen Cajnte des Botschaft tcrs auf dem Löwen hicnge, und sich dadurch geschmei- dcs Chinesischen Kaisers in dcr Tartarcy. 283 chelt gefnnden. Wie cr indessen verschiedne Fragen an den Abgeordneten darüber that, um zu hören, ob l""e Aehnlichkeit getroffen scl); nahm er aus dessen ausbcugcnden Antworten ab/ dasi cr es nicht gesehen habe, indem cr, trotz der ausdrücklichen Befehle, nicht am Bord gewesen. Er wurde also augenblicklich Wegen seines Ungehorsams um eine Stufe erniedriget, Welche Gewalt die Crone von China nicht nur besitzt, sondern auch sehr häufig über alle Neichswürden aus- . üöt. Der Abgeordnete war nun auf eine undurchsich-tige weisse, anstatt einer hellblauen Kugel, und auf eine Krahenfedcr, anstatt einer Pfauenfeder/ die er am Hute befestiget trug, herabgesetzt. Da er aber immer noch vom Ho-tschungitang geschützt wurde/ so behielt er sein Ansehn und seine Stellen. Man konnte keinen Chinesischen Bedienten finden, der Muth genug ge< habt hatte, ohne seine Erlaubniß einen Brief zu befördern. Kein Europaer konnte allein in des Colao's Haus gelangen oder gar bis zu ihm selbst vordringen. Wer der Chinesische Dollmetscher, wiewohl er eine Englische Uniform anhatte, übernahm die Ausrichtung. Er fand freylich Hindernisse und wurde sogar unterwegs vom Pöbel verhöhnt, doch erreichte er das Haus des Colao und gab den Brief gehörigen Orts ab, von wo er fördersamst an die Behörde Übermacht wurde. Mittlerweile war mit dem siebzehnten September die Feyer des Kaiserlichen Geburtstags herangerückt 286 Reise nach dcm Sommerhosiaqcr Der Gesandte wurde, nebst seinem Gefolge, zu dicscr Crrimonie, so wie zu der vorhergegangenen, vor Son, nenailfgang abgerufen. In gewisse,« Betrachte dauerte die Festl'chlcit mehrere Tage lang. Dcr crstc war für eine feycrliche, heilige und unterthanige Huldigung der höchsten Majestät dcs Kaisers bcstimntt. Die C^ rimome fand nun nicht in einem Zelte statt; auch hatte sie nichts mit einem Gasimale gemein. Die Plins zen, Zinssürsten, Botschafter, grosscn Staatsbedienteu und vornehmsten Mandarinen waren in einer geraum migen Halle versannuelt und wurden auf ein besondres Zeichen in ein inneres Gcbmide geführt, welches wenigstens einem Tempel ähnelte. Es standen vornchmi lich grosse musikalische Instrumente darinn, unter dc-ncn sich Ilcihcn von cylindrischen Glöckchcn befanden, die von verzierten Gestellen gerad hcrabhicngen, und allgemach von einem Ende zum andern kleiner wuri den, desgleichen dreyeckigte Stücken Metall/ die eben so wie die Glöckchcn geordnet waren. Zum Klänge dicscr Instrumente sangen Verschnittene ein langsames, feyerliches Lied; und hatten solch eine Gewalt nber ihre Stimmen / daß man in der Entfernung Harmonie katönc zu hören glaubte. Die Ucbcrgange von einem Tone zum andern wurden durch durchdringende und helltönende Cymbelschlage geleitet, und diejenigen un< ter dcn Herren dcs Gefolges, welche Musik vcrstan, den, bezeugten über ihre Ausführung grosses Wohlg« bcä Chinesischen Kaisers in der Tartarey. 287 fallen. In Wahrheit das Ganze that eine erhabene Wirkung. Während dieser Hymne fielen bey gewissen Losuugszeichen, deren neun gegeben wurden / alle Ans . wcscndm neunmal auf ihr Gesicht nieder/ ausser dem Gesandten und seinem Gefolge/ welche sich tief ne,g? ten. Er aber, zu dessen Ehre dies geschah/ blieb, gleichsam als ob er die Gottheit nachahmen wollte, die ganze Zeit über, unsichtbar. Dcr schaurige Eindruck/ welchen man durch diese offenbare Verehrung eines Mitmenschen auf die Ge, müiher dcr Mwcscnden zu machen vorhatte, sollte durch keine unmittelbar darauf folgende Auftritte von Ergötzlichkeit und Vergnügen vertilgt werden / m«m verschob sie daher auf den morgenden Tag. Dennoch hielt man es nicht für unschicklich bis dahin einige Tempel, welche der Kaiser in der umliegenden Gegend aufgeführt hatte / zu besuchen. Sun-ta-dschin, einer von den Hoflcuttn, welche den Zug durch den Garten mitgemacht hatten, bot sich verbindlich an, den Ge, sandten zu begleiten. Dieser Tartarische Fürst war vor kurzem zum Range eines Colao erhoben worden, wie man die erste Classe von Mandarinen nennt, de-rcn das Reich nicht über scchse zählt. Er hatte unlängst einige mit den Russcn entstandene Zwistigkeiten an der Gränze ihres Landes, ausgleichen müssen. Er sagte, daß cr zu Kiachta mit einem Russischen Gene? ral/ welcher, so wie dcr Gesandte/ cm rothes Hr. 288 Reift liach dcm Sommcrhofiagcr densband nebst einem Sterne getragen, Unterhandlung gen gepflogen und in kurzer Zeit mit ihm eine völlige Ucbereinkunft getroffen habe. Wie cr hörte, daß Se. Excellenz vordcm selbst als Botschafter von Sr. Majc< stat nach Rußland gesandt worden sey, so fragte er sehr angelegentlich nach dem Reichthume, der Macht, und den StaatsMchten des dortigen Hofes. Auch gab cr auf viele Fragen Bescheid, die man an ihn aus Ncugierdc übcr China that. Die Unterredung wurde interessant und gcwisscrmasscn vertraulich. Er war so verständig als artig und die Art von enger Freundschaft, welche sich jetzt zwischen ihm und dem Gesandten entspann/ war in der Folge von grossem Nutzen. Auf dem diesmaligen Lustritte., welchen sie zusams men machten, wurden unterschiedliche Tempel besehen/ von denen einige auf sauften Anhöhen, andre auf plattem Voden und etliche sogar auf dem Gipfel ho/ her Berge standen / welchen letzleren man sich nur auf felsigtcn schwer zu ersteigenden Stufen nahern konnte. In einem dieser Tempel sah man nicht weniger als fünfhuudert übergüldcte Bildsaulen, über Lebensgrösse, von verstorbenen und ihrer Heiligkeit halber, berühmt gewordenen Lamas, die mit unter in den zwangvollen und ungemachlichen Stellungen abgebildet waren / wcl» che sie, aus überschwenglichem Andachtscifer und aus einem geheimen Strebm nach Bewunderung, angelobt, und des Chinesischen Kaisers in der Tartarcy. 28y und bis an ihr Ende ausharrend beybehalten hatten. Aber die allererhcblichste Anlage war cm prachtvoller Tempel des Fo, oder der sogenannte Pu-taüla, web cher aus einem grossen und mchrern tlcincn Gebäuden bestand. Das vorzüglichste war eine grosse vier-ecklgte Kathedrale, deren jedwede Seite etwa zwey-hundert Schuh lang seyn mochte. Sie unterscheidet sich von allen andern Gebäuden in China und gleicht von aussen ungemein der Vorderseite eines Europäischen. Man konnte ihre betrachtliche Höhe aus den eilf.Reihen von Fenstern abnehmen/ welche eben so vicle übereinander siehende Geschosse voraussetzten. Die Vorderseite war schön und von seiner Ausführung, aber einfach und schmucklos. Das viereckigte oder Hauptgcmäuer des Putala schließt ein Quadrat ein/ auf dessen Mitte die goldne Kapelle errichtet ist, ein Name/ den sie vermuthlich von ihren Materialien, worin das Gold häufig ist, bekommen hat. Die Gemächer des äussern viereckigten Gemäuers standen un, tcn durch einen weiten Säulcngang, und oben durch Gallcrien, in Verbindung. Mitten in der Kapelle war eine mit Geländer umgebene Erhöhung / worauf man drey reich verzierte Altäre und drey Bildsäulen des Fo, seiner Frau, und seines Kindes, von übermenschlicher Grösse erblickte. Hinter diesen Altaren befand sich, im Dunkeln, das Behältniß des Heiligthums, von einer einsamen Lampe dämmernd erleuchtet, gleich als ob Zweiter Uand. 3 2ya Reise nach dcm Sonnucrhofiagcr man religiösen Schauer dadurch hätte erregen wollen. Wie sich die Fremden näherten/ wurde der Vorhang, welcher ein wenig beu Seite gezogen war, zugemacht, um den Schrein vor ungeweihctcn Äugen zu verbergen. Hierauf stiegen sie sogleich in den oberen Tdeil der Kapelle, um das weit hervorragende, mit Platten gedeckte Dach zu sehen; dieses, so wie die Statuen auf den Altaren unten, sollten von dichtem Golde seyn. In der That schien der Kaiser, welcher sonsi ebeil nicht für verschwenderisch gehalten wurde, im Baue und in der Verzierung dicscs Tempels keine Kosicn gc^ spart zu haben. Es waren nicht weniger/ wie achthundert Lamas bcy dcm Putala- tempel angestellt. Die Gesellschaft traf vicle von ihnen mit lrcuzweis unterge, schlagenen Beinen in Reihen auf dem Fußboden der Kapelle sitzend an, indesi sie etwas mit tiefer Stimme von Papicrblattcrn absangen, worauf einige herablaus fendc Zeilen in Tartarischer Sprache sehr sauber geschroben waren. Einige hatten von ihrer Kindheit an im Tempel gedient. Sie beschäftigten sich alle mit Verrichtung der äusseren Gebrauche der Religion, wcl>' che dadurch ohne Zweifel mit mehr Pomp erschien; man sagte aber, daß wcn.'ge von ihnen, durch ihr strenges Leben, oder durch sorgfaltigere Erziehung, den Einfluß über das Volk erhalten halten, welcher zur Aufrechthaltung des Friedens und der guten Ordi nung in der Gesellschaft anwendbar wäre/ und wo- des Chlllcsischcn Kaistrs in der Tartarey< 29' durch sie die bürgerlichen oder zeitlichen Zwecke religiös scr Emnchtungcn erfüllt haben würden. Es könnte i" der That nicht schwer fallen sich die kostspielige An, dacht zu entrachscln/ womit der Kaiser den Fo verehrt, wcnil man annehmen wollte, wie einige thun, die um lh'l sind, daß er, nach Erwagm^ der grossen Lange und des beyspiellosen Glücks seiner Regierung, nach und nach angefangen, sich einzubilden/ seine Licblingss gotchcit habe geruhet sich in seiner Person zu verkörpern. Es ist allerdings nichts ungewöhnliches, Schwär, mere») mit den glänzendsten Anlagen verschwistert zu findcn. Was man aber auch immer von der Statt? haftigkeit der Gründe halten mag , aus denen man dies scm grossen Mcinherrn einen so seltsamen Gedanken beygcmcssen hat, so ist doch gewißlich in seiner Regies rung eben so viel Geistesstarke und Umfassungskraft als persönliche Thätigkeit und rastlose Aufmerksamkeit wahrzunehmen; Eigenschaften wodurch er nicht nur die manichfachcn Theile eines ungeheuern Reichs zw sammengehaltcn/ sondern noch dazu einen Strich Lan-dcs unterjocht hat/ welcher sich vierzig Längengrade nach Westen erstreckt/ und seinen Erbländcrn beynahe an Ausdehnung, wenn auch nicht an Güte und Volksmenge, beykommt. Bey ihm geschieht es nicht minder aus Staats, tlughcit, als aus Eitelkeit, daß er seine vornehmen Lehnsleute, die Befehlshaber der Provinzen und die 2Y-H Rcisc nach dem Sommcrhoftagcr Anführer seiner Hecre Ž zu gewissen Zeiten nach Hose kommen läßt; denn hier empfängt er ihre wiederholte Huldigung und entfaltet vor ihnen allen Pomp seiner Grösse wozu ihre eigne Gegenwart und die anwesenden Botschafter von auswärtigen Fürsten nicht wenig beytragen; hier theilt er an die ersteren neue Würdcil Ulld Belohnungen aus und läßt, nach der Rückkehr m ihre Provinzen, in chrcn Gemüthern einen Eindruck von einer Macht, die ihren Ehrgcitz zurückzuschrecken, und von einer Freygebigkeit, die ihre Anhänglichkeit zu fesseln vermag. Die Truppen, welche am erstey Tage der Gcburtsfcycr aufzogen, beliefen sich, nach der Berechnung des Hauptmann Parish, beynahe auf achtzig tausend Mann. Mandarinen mochten etwa zn zwölftauftnd gegenwärtig seyn. Während einiger folgenden Tage wurden manchem ley Lustbarkeiten in Gegenwart des Kaisers, den sein Hofstaat umringte, angestellt. D-e Zuschauer selbst bildeten ein in dicAu^en fallendes Cchal.spicl; aber es gebrach ihm an dem eigenthümlichen Glänze und an der belebenden Munterkeit, welche in den Fusammenlünf-ten beyder Geschlechter herrschen. Für Augen, die an solche Gesellschaften gewöhnt siud, scheinen Versammi lungen von Männern allein, einen Anstrich von Geschäftsbetriebe nicht von Vergnügen zu haben. Auch wurden in Dschechol keine Belustigungen oder Turniere gegeben, an denen die Hoficule oder die Gaste Theil dcs Chincsischcll Kaisers in der Tartarey. 295 genommen hätten. Hicr gab es kcinc Pferderennen oder andre Uebungen zn Pferde, deren man sich zu den Tartarn hatte versehen können. Die Vorstellungen waren allesammt Chinesisch. Leute die sich auf irgmd etwas vorzüglich gut verstanden, die durch natürliche Geschmeidigkeit, durch Stärke oder fortgesetzte Bemühung ausserordcntliche Kunstfertigkeiten erworben hatten, waren zu diesen Lustbarkeiten hicher geholt worden. Einige Chinesen hatten durch anhaltende Uebcmg mit a'.ifrechtcm Körper auf einem Drahte gehen gelernt; andere hielten eine Leiter gerade wahrend sie sich zwischen den Sprossen derselben durchwanden; andere bewegten leichte in Schwingung gesetzte Sachen mir Gleichgewicht; und noch andre wußten einen so schnei lcn Gebrauch von ihren Händen zu machen / daß sie, das Auge des Zuschauers berückten. Alle diese träte« nacheinander auf und gewahrten sogar denen Ergötzung, welche ähnliche Vorstellungen ges.hen hatten, wenn sie überlegten, was für Hindernisse bey solchen Anstrengungen überwunden werden müßten. Aus demselben Grunde wurden auch die nachfolgenden Ucbun« gen der Burzclbäume und der künstlichen Stellungen von einigen bewundert. Unter den gcgcbcncn Spielen war keines, das durch den Wettstreite zweyer Partheyen ein Ilttresse bekommen hätte, ausser das Ringen, vermuthlich das älteste von allen und wobey jeder darnach zu trachten schien, seinen Gegner, ungeachtet bei- ^94 Rcise nach dcm Sommcrhoftager den die langen Gewander und plumpen Stiefeln im Wege seyn mußten, empor zu heben und sodann platt auf die Erde zu legen. Dieser Zweck wurde zuweilen durch wobl angewandte Muskelstarke erreicht. Die Einwohner der mannigfaltigen und weit nm< her ausgebreiteten Provinzen des Kaisers kamen in abgesonderten Gruppen und in ihren Nationaltrachten zum Vorschein. Alles was ihre gcwöhlMchen El Höhlungen oder ihre Lebensart eigenthümliches hatten, wurde hier aufgeführt. Verschiedene von ihnen tanzten mit Anmuth und reihenden Stellungen. Mch wurde gcsmigcn uii0 man sah eine ersiauülichc Verschiedenheit von musikalischem Instrumenten. Die Tonlünstkr gcsie, len sich meist in langsamen klagenden Weisen beynahe wie die des Schottischen Hochlandes/ und spiclccn sie in genauem Feitmasse. Herr Hüttner, welcher von der Muslck urtheilen konnte, bemerkte, « daß ihre „ Tonleiter von Europäern, unvollständig genannt « werden würde, indcm die Chinesischen 5'ccordc ihre „ Ordnung verlassen, und Moll munter Durtöne, oder „umgekehrt/ »Nischen, ausgenommen etwa bey den » Weisen, wo eine Glocke den rechten Ton anschlagt." H. H. bemerkte ferner, „ daß die Chinesen in ihrer ,, Insirumentalmusick eine Unkunde der Halbtöne ver-„ riechen und vom Contrapunkte eben sowenig zu wist „ sen schienen, als von gleichzeitigen Stimmen. Die „ Melodie blieb immer eintönig, so viel auch der Spie- dc.s Chinesischen Kaisers ill dcr Tartarcy. 295 „ ler seyn mochten, wiewohl dann und wann, einige „ Instrumente die niedern Oktaven nahmen, indeß sich „ die andern in dcr obern hielten, welches wenigstens ,- einen Anstrich von Harmonie hatte." Nach den Ton-tlmstlern traten einige hundert, in olivenfarbne Nbcke gekleidete Leute em Gesandten einige Stanzen für Ee. Majestät, wie auch etliche seltne kostbare Edelsteine, die er hauptsächlich deswegen schätzte, weil sie achthundert Jahre lang in seiner Familie verblieben wa-rcn; und er gab sie als ein Unterpfand bestandiger Freundschaft. Er liebte auch das Mahlen und das Zeichnen, und beschäftigte diejenigen Missionare, welsche einig!: Fertigkeit in diesen Künsten besassen, beständig damit. Ja er war fthr eigen in der Bildung dcr Chinesischen Schriftzüge, wozu man/ so wie bcym Mahlen, Pinsel braucht. Er war mit den Abschriften, welche der Edelknabe des Botschafters auf gedachte Art vor den Chinesischen Aufsätzen gemacht hatte, zu-fticdcn/ und da er hieraus schloß, er müsse auch dcy Za«, Reise nach dem Sommcrhosiagcr Pinsel in andern Arbeiten zu führen verstehen, 'so schickte er in der Folge, und verlangte die Zeichnungen zu sehcn, welche der Edelknabe von Chinesischen Gegenständen gemacht hatte, weil der Kaiser da beurtheilen konnte, ob sie getroffen waren. Der junge Mensch, kein gutcr Zeichner, wnrdc sehr betreten über diese Zumuthung, las aber leichte Gegenstände aus, z. B. das Blatt sammt der Blume, der dort zu Lande so beliebten Nennvhar, und die Tasche, welche der Kaiser die Gnade gehabt hatte, ihm zu schenken. Der Gedanke gefiel Sr. Kaiserlichen Majestät, welcher ihm seine Freude darüber durch andere Geschenke zu crkcn? n?n gab. Nach gecndigtcu Festlichkeiten schickten sich die Tar-tarischen Fürsten bald zur Heimreise an. Sie waren die Häupter von zahlreichen Stammen und konnten eine grosse Menge Truppen ins Feld stellen. Zu Kriegszeitcn wmdcn sie oft aufgeboten und wußten ihre angewieseueu Ctandörter, Rang und Obliegenheit unter den weltberühmten Fahnen der Tartarey. Ihre Ländereyen oder Lchen waren eigentlich auf die Erstgeburt erblich, aber seit kurzem war der Erde, nach dem Ableben seines Vorfahren genöthigt, einc Art Bestallung vom Kaiser nachzusuchen, welcher sie aber selten und nur unter besondern Umstanden versagt. Diese Tartarischcn Fürsten hcurathcn gemeiniglich Kaiserliche Töchter oder Nichten, und wegen dieser Befrcundung 5 des Chinesischen Kaisers in der Tartarey. 3<>: besitzen sie auch einen höheru Rang bey Hofe. Ihre Erziehung geht mchrcntheils auf soldatische Beschaftis gungcn und ihre Waffen sind Vogcn und Säbel, aber vicle von ihnen kcnucn die Geschichte und Erdbcschrcb bung ihres Vaterlandes. Sie verehren den Kaiser um so mehr, da sie ihn für einen Abkömmling des Kublai Khan halten, welcher im dreyzchntcn Jahrhunderte China eroberte. Wie seine Nachkommen im vierzehnten Jahrhunderte von dem Throne dieses Reichs vertrieben wurden, flohen sie in das Land der Mantschus/ welches in der östlichen Tartarcy liegt/ und aus ihren Zwischenheurathen mit den Eingcbohrncn entsprangen die Vogldoi Khans/ welche im vorigen Jahrhunderte nach China eindrangen und den gegenwärtigen Regie« rungssiamm stifteten / welcher bisher ungcmeines Glück gehabt hat. Ihre vicr ersten Regierungen, wovon die letzte im Jahre 1793. noch uicht zu Ende war, haben einhundert und neun und vierzig Jahre gewahrt; und man wird vielleicht unter allen in der Geschichte bekannten Fürsten nicht im Stande seyn vicr aus derseb ben Linie auf einander folgende zu finden, die so law ge auf dem Throne gesessen hatten, ausgenommen etwa die vier letzten Könige der vorigen Französischen Mo-narchie, welche einhundert und drey und achzig Iahrc regierten, obschon der letzte und beste Beherrscher aus diesem Hause durch einen unzcitigen Tod hinweggcraft wurde. Aber die vier Chinesischen Kaiser, cb sie glcich äc>3 . Reise nach dem Sommcrhofiagc'r über cm Volk rcgicrtcn, trclchcs erst während ihrer Thronbesitzung völlig unterjocht wurde, und noch nicht ganzlich besänftiget isi, haben nicht nur lange, sondern auch niit einem Glück geherrscht/ das vielleicht nicht Seinesgleichen hat. Die crstc von diesen Regierungm hub zwar in cincr Minderjährigkeit an, hatte aber alle die Kraftäusserung und den Nachdruck cim-r neuen Dy< nastic; und die Nachfolgenden zeichneten sich nicht mini der durch Weisheit/ Beharrlichkeit und Thätigkeit aus. Auf die letzte fallt noch überdies der Glanz lyrer Siei ge. Das Jahr 1759,, welches in den Brittischen Jahrbüchern billig das ruhmwürdige heißt, war es auch für Tschen,Lu!lg. In diesem Jahre vollendete er die Unterjochung dcr Eleuten, welche cincn grossen Theil der vordem sogenannten unabhängigen Tartars) besassen» Nach den gegenwartigen Geanzliilicu der Besitzung gen des Kaisers, so wie sie auf den Russischen Landkarten anerkannt werden, enthalt jcdes dieser Reiche uns gefchr eine Oberfläche von vier Millionen O.uadratt meilen, oder beynahe cin Eilflhcil des Erdballs, das ist, so viel als 1 ^ von Europa. Beyde grosse Reiche siosscn bey. einigen Stellen an einander, und machen, zusammengenommen, nicht viel weniger als cin Fünft theil von der Erde aus, doch ist, bey den Russischen Staaten/ der ungeheure, unwirthbare Strich eingerechnet, welcher vom Eismeere bcgranzt wird und in einem grossen Verhältnisse gegen den übrigen bewohnbn deä Chinesischen Kaistrs in der Tartarcy. I°5 rcn Tbcil di.scs Ruches sieht. Aber die gesan-.mtcn Chinesischcn Besitzthümer haben eine für Menschen bei qneme und wnnschenswerthe Lage. Die meisten liegen in dem herrlichsten Theile des gemassigtcn Erdgürtcls vom fünfzigsten Grade nördlicher Breite herab. Nur ein kleiner Theil geht gegen Mittag über den Wendel zirtcl hinaus und das ganze Re^ch ist nicht m^ fähig die nützlichsten Er;e«gniss>: hervorzubringen, sondern hat anch wirklich einen Ueberfiuß daran, und ist reicht lich im Besitze der zum veredelten Lebensgenüsse erforderlichen Künste. Was den Aufenthalt des Kaisers anlangt; so richtet er sich nach dem milderen Himmelsstriche und bringt den Winter in seinen Chinesischen den Sommer aber in den Tartarischen Provinzen hin- Die Hauptstadt seines Erdreichs ist Mukden / welche er ausnehmend verschönert und erweitert hat/ und wo er unsägliche Schatze aufgehäuft haben soll/ gleichsam immer noch der Macht mißtrauend, die er über China besitzt, wo man ihn fnylich nur als einen Auslande ansieht. In ganz Wen zeichnet man sich nicht sowohl durch das Gcburtsl^d als durch seine Ab-fiammnng aus. Obgleich der Kaiser Tschen-lung auf der Stammtafel dcssen, der den ätzten glücklichen Eine fall nach China that, in der Neihe der vierte ist/ und obgleich die drey vorhergehenden Asccndenten alle in Peking gebohrcn warm / so. nennt sic doch der un? 3"4 Rcise nach dcm Sommcrhoftagcr terthan durchgangig Tartar»/ welchen Volksnamen sie in der That selbst gern führten. Ihre vorzüglichsten Minister, ihre vertrauten Diener, die Anführer ihrer Heere, die meisten ihrer Weiber, Bettgenossinnen, Mi-terbedicnte und Verschnittenen sind aus diescr Nation. Jeder Knabe in China, von Tartanschcn Eltern oder Abkunft, erhält von seiner Geburt an eine ausgesetzte Summe, und wiU> unter die Diener des Monarchen eingezeichnet. Aus diesen besteht seine Leibwache, welcher er seine persönliche Sicherheit vertrauet. Ein sols cher anscheinend patthcyischer und unkluger Vorzug der Tartar» wurde beim Anfang der Dynastie für durchaus nothwendig erachtet, zu einer Zeit, wo das Land noch nicht völlig erobert war und wo man i« die Treue der Ucberwundenen noch kein Zutrauen setze« konnte. Indeß wurdc dies eine Quelle von noch gross screr Abneigung, welche wiederum die Fortdauer der Maasregel crfoderte, wodurch jene crzcugt worden war. Seit die Tartar« und Chinesen einem gemein-schaftlichen Oberhaupte gehorchen/ haben keine veräns dertcn Umstände ihre Vereinigung zu bewirken oder de« an Haß gränzenden Geil? der Widersetzlichkeit zu überwinden vermocht, welcher schon langst zwischen zwey Völker« obwalten mußte, von denen das eine, aus Kriegern bestehend, immer Einfalle zu machen suchte, und das andre, gesittet, beständig seine Nachbarn abi zuhalten sircbtt. Noch bis jetzt ist es eine alltägliche Vcmn'Z des Chinesischen Kaisers in der Tartarey. 3°5 Bemerkung in den Provinzen, wo jene Eindränger e Lchre von erblichen Rechten, welche so lange die Stütze anderer Thronen gewesen ist, scheint den Gemüthern der Chinesen nicht eingeimpft zu seyn, da sie die Macht allein, eine etwas unbeständige Stütze, für den Grund allcS Ansehens halten. Unterdessen Hai ben die Tartarischcn Fürsten der jetzigen Dynastie die ihrige standhaft und strenge zu behaupten verstanden; und der Wunsch, die Festigkeit und Einförmigkeit ihrer Regierung auf immer zu sichern/ hat sie veranlaßt, ihre Nachfolger selbst, und mit beständiger Rücksicht hierauf, zu wählen. Der jetzige Kaiser faßte vor eil Zw»!«ter Band. U o 06 Reise nach dem Sommcrhofiagcr Niger Zeit einen Entschluß, dcr nicht aller Orten dieselbe Wirkung haben würde, nehmlich, daß er zu einer gewissen Zeit.seine Regierung niederlegen wolle. Es war noch lange bis dahin, aber seine feste Ges sundheit gab ihm Hofnung es zu erleben. Dies sollte ihn in den Stand setzen, ohne alle Gefahr der Thronbesteigung desjenigen entgegen zu sehen, den er sich znm Erben aussuchen würde, und der, cr möchte nun sein leiblicher oder angenommener Sohn seyn, sowohl aus kindlichem Gehorsame, welchen in China nicht einmal der Thron erschüttern kann, als auch aus Dankbarkeit und Liebe, sich anheischig gemacht haben würde, dem Beyspiele und Rathe seines Verwesers zu folgen. Und vermuthlich wird Tschenlung das Vergnü? gen gehabt haben, in einem andern die Würde und Macht zu geniessen, die er ihm verlieh/ ohne ihrer selbst beraubt zu scyn. Von den vielen Söhnen des Kaisers sind mir noch viere am Leben, dcr achte, der eilfte, der fünfzehnte und siebzehnte. Der eilfte, welcher Befehlshaber von Peking war, blieb wahrend seines Vaters Abwesenheit dort. Die andern hielten sich in Dschechol auf und von ihnen waren, wie man sagte, die beyden jüngsten die hofnungsoollcsten. Sie bezeugten sich auch artig in ihrem Acusscren, thaten gern über andre Lander Fragen, und vctrach fettn die dorther gekommenen Ers fiudungen und Verbesserungen mit forschendem Auge. des Chinesischen Kaisers in der Tartarcy. 3^7 L)a sich der Kaiser, seines hohen Alters wegen, Nicht mehr, wie er sonst nach seiner Geburtsfeyer gewohnt war, am Treibjagen wilder Thiere, in den Tare tarischen Wäldern erholen konnte, so beschloß er unverzüglich nach Peking zurückzukehren, wohin man übers einkam, daß der Botschafter vor ihm abreisen sollte. Ehe der Gesandte Dschechol verlies, empfieng er, durch den Kaiserlichen Abgeordneten, vom Ho-tschung-tang eine Antwort auf das Schreiben, welches er ihm vor einiger Zeit hatte überreichen lassin. In selbiger wurde dem Gesandten zu wissen gethan, daß dem Kauffatthcyschlffe Hindosian sowohl Waarenabsatz als Frachteiilkauf in Tschussan vergönnet seyn sollte, wo die Hauptmandarinen über die etwanigen Betrügcreyen der Eingebohruen wachen würden; ferner, da obbemeld, tes Schiff grosscntheils mit den Geschenken für den Kaiscr beladen von Europa ausgesegelt ware, so sollte es bey seiner Rückkehr keine Abgaben zu bezahlen ha, ben, welches eine Erlassung war, um die man nicht angesucht hatte; jedoch könnte man dem Kapitän Mackintosh zu jetziger Zcit nicht füglich verstatten, nach seinem Schisse zurückzureisen, sondern die Geschäfte desselben mußten einstweilen noch in den Handen des. rcr bleiben, denen sie bisher anvertraut gewesen wären. Für den Cana! woraus diese Antwort fioß, war sie in allem weit günstiger, als man erwartet hatte, ausgenommen in Rücksicht auf die Verweigerung an» Zo8 Reist nach dem Sommerhoflager Ende, welche vermuthlich den Vorstellungen des Thi< betischen Feldherrn beygemessen werden mußte, in deft sen Gegenwart dicsc Sache gerade zur Sprache gekommen, war. Der Groll, den er gcgcn die Englander hegte, schien noch nicht vermindert zu seyn und viel/ leicht hatten sie nichts so sehr zu ihrem Vortheile in China zu wünschen, als daß er weiter keinen Einfluß auf die Beschlüsse des Kaisers haben, und nie wiederum als Unterkönig nach Canton zurückgeschickt werden möchte , weil er dort nur die Brittische Faktorcy drücken, oder von dem Charakter und dem Vctragcn der Euglans der ungünstige Berichte an dem Hof machen dürfte. Nach der Beobachtung des Hauptmann Parish, ist die geographische Breite von Dschechol 41°. 53/. N. In der kurzen Zeit, wahrend welcher sich die Gesandtschaft dort aufhielt/ war die Witterung ungemcin troi cken und die Luft heiter. Pflanzen, die auf der Reist zwischen Peking u.Dsche-chol in der Tartarey einacsammclt wurden. Seduui Dianthus Tribulus terrestris Linn. Casila procumbens, Os- beck & Thunberg. Sophora japonica Polygonum lapathifoJium Linn, Euonymus Rhamnus, biet Sirs en. Capsicum. Solan urn nigrum Linn. Phyfalis alkekengi L, Hyosciamus niger L. Campanula, jtucö 51rfen. Convolvulus, jtve»; SJrfcm des Chinesischen Kaisers in der Tattarey. 309 Lin. — cine cmbzxt 21rf, Berberis. Convallaria multiflora Lin. — verticillata L, Asparagus. Crafsula spinofa L. . — einc anberc 2lcf. Sambucus nigra L» Sambucus umbellata Bupleurum. Swertia rotata L. Ulmus* Chenopodium, turct) 5IrfCtt. Afclepias sibirica L. V!tis heterophylla. Thun- berg. IVloraea Chinenfis L, Ixia Chinenfis L# Valeriana. Amethystea cseruka L. Veronica, Jtt>C\) Sfrten. Syringa vulgaris L. Quercus» $alix. Pinus* Echium» Cistus. Sanguisorba ofiicinalis L* Rubia cordata Thunberg, Scabiosa leucantha L. — cine an&ccc Sirs* Aristida, Arundo«, Avena. Briza eragrostis L, Poa. Panicum crus corvi L. — glaucum L. — italicum L, — viride. L. — ciliare, Retz. obs. — cine onbere tyxL Saccharum. Cyperus irio L. — cine ant)«rc 5ltf. Nicotiana# Allium. Morus. Fraxinus. Aster. Pseonia, Matricaria^ Polygonum fagopyrum Lyfimachia. Siebentes Kapitel. Zurückkehr nach Peking. Bemerkungen über das was sich dort und in Puen' min-yuen zutrug. Vo erstaunlich viele Fremde konnten sich m'cht lange ohne Unbequemlichkeit in Dsthechol aufhalten. Von denen, welche zur Feyer des Kaiserlichen Geburtstags hingekommen waren, reiscten die vornehmsten am ein und zwanzigsten September in unterschiedliche Gegend den ab, und an demselben Tage brach auch der Engs lische Gesandte auf. Unter denen, die so wie er, süds Warts relßten, befanden sich Botschafter aus Pegu und aus einigen andern Königreiche»/ welche an die Chinesischen Provinzen stossen. Die Gründe, wodurch die Beherrscher jener Staaten bewogen wurden, haus fig Stellvertreter nach dem Pekinger Hofe abzufertigen, hatten durchaus nichts mit den Ursachen der gcgens wartigen Sendung gemein. Was sie an Ländereyen besassen, war nicht nur in Ausdehnung und Volks-menge unendlich gerinqfügigcr als China/ sondern auch wegen einer schwachen/ unbeständigen Regicrnng und zahlreicher innerer Spaltungen, nicht wohl im Stande es mit diesem grossen Reiche aufzunehmen; ausserdem konnten sie sich nicht darauf verlassen , daß andre Fürsten, aus Eifersucht, das Gleichgewicht Zurückkehr n. Peking. Bcnm'kllngcn übcr das:c. Iil Asiens zu erhalten, ihnen Unterstützung gewahren würden. Daher war es den ihnen zu einem allgemeinen Grundsätze von Staatsklugheit geworden, ihre Besitzungen, durch Tributentrichtung und Huldigung des Kaisers, für eine Art Chinesischer Lehne anzuerkennen/ um theils eine genauere Einmischung, theils in dem Falle ihrer Widersetzlichkeit, die Gefahr zu vermeiden, sich bey einem so ungleichen Streite, gänzlich unterjocht zu sehen. Man hatte diesen Botschaftern einige Unter, Mandarinen zugesellt und zu ihrer Beköstigung, wah-rcnd sie sich im Rciche aufhielten, eine zwar massige, doch nicht unschickliche Summe ausgesetzt. Aber die Mandarinen, eingedenk wie schwer es einem Fremden allemal gemacht wird, und wie viel er aufs Spiel setzt, wenn er sich über etwas beschweren will, verbargen die Geringschätzung nicht, welche sie für die genannten Fremden empfanden, und betrugen sich oft ungcbürlich gegen sie. Ja, weil diese Mandarinen selbst nur eine sehr spärliche Besoldung vom Hofe zogen / so bedachten sie sich nicht lange, die jetzt so günstig dargebotene Gelegenheit für ihren Vortheil zu benutzen und den ihrer Vorsorge ancmpfohlnen Personen ein beträchtliches von dem ausgesetzten Gehalte, betrügerisch zu entwenden. Da aber die letzteren, glücklicherweise für solche Umstände an die Strapazen eines Soldatenlebens gewöhnt/ und nicht Leute von so verfeinerten Empfindungen waren, daß ihnen die Erniedrigung sehr nahe 312 Zmückkchr nach Peking, hatte gehen sollen, so erwuchs vielleicht ihre Haupti krankling aus dcr vorzüglicheren Behandlungsart der Englischen Gesandtschaft. Dicse war, nach wie vor/ mit Gepränge umgeben. Ba ihr jcht hie nach Dschechol genommenen und dort zurüclgelass.>ncn Geschenke nicht mehr zur Last fielen, so wurde beschlossen, schneller als vorher« zu reisen/jei doch in einigen Kaiserlichen Pallasien anzuhalten, wo alles zur Bequemlichkeit des Gesanoten und seines Ge? folgcs in Bereitschaft stand. Die jetzt ausgebesserten Heerstraßen liessen sich leichter bereisen ; aber eine davon ward für den all^'.nlgcn Gebrauch des Kaisers aufbes wahrt. Diese hatte man völlig eben, trockn und glatt gemacht. Zu beyden Seiten derselben befanden sich Vertiefungen mit Wasser angefüllt, woraus man sie, damit sich oer Stand legte, dann und wann bei sprengte. In gleicher Richtung mit der Kaiserlichen Strasse lief eine andre, die zwar weder so breit, noch immcr so sorgfältig gefegt, aber bequem und sicher war. Ueber sie reißce die Kaiserliche Dienerschaft und auch der Englischen Gesandtschaft erlaubte man sich ihrer zu bedienen. Kein andrer Reisender durfte ausserdem den beyden privilegirten Strassen nahe kommen sondern mußte, einen so guten Weg , als er konnte, aufsuchen. Ungeachtet es nur eine kurze Zeit her war, daß die Gesandtschaft über diesen Strich nach Dschcchol zu rcißte, so wurde doch der Wechsel in der Luft bei Bemerkungen über das was sich dort:c. ZiZ rcits merklich und die Kalte weit fühlbarer als sie es in Europa unter gleicher Breite und zu derselben Jahrs-zeit zu seyn pflegt. Sie fiel in Wahrheit auf den Körper mit einer Scharfe, die man selten in England empfindet. Wie die Gesandtschaft in Ku-pi-ku angelangt war, in dessen Nahe sie bereits die grosse Mauer besichtiget hatte, wurden einige Herren durch unersättliche Neu-gier angelockt, dieses alte Bollwerk noch einmal zu besteigen. Hier kam ein abermaliges Beyspiel von der ausscrordentlichen Argwöhnigkeit der Regierung oder wenigstens der Leute zum Vorschein, welche ihr unter-geben sind. Den Riß, durch welchen diese Reisenden zuvor gegangen waren, um auf die Mauer zu steigen/ hatte ma,: nun, in ihrer Abwesenheit, mit Werkstücken und Schutt zugefüllt, so daß kein Durchweg möglich war. Ucberhaupt schienen die Tartarischen und Chine< fischen Bedienten in beständiger Verlegenheit, halb aus der Vesorgniß die Fremden, denen sie Achtung beweib sen sollten, zu beleidigen, wenn sie sich herausnahmen, ihre Handlungen einem wirklichen Zwange zu unterwerfen ; und halb aus der Furcht zur Rechenschaft gezogen zu werden, daß sie Auswärtige zu viel Kenntniß vom Lande hätten schöpfen lassen. Die Schlauheit dieser Leute äusserte sich vornehmlich dadurch, daß sie unter der Hand die Aufmerksamkeit der Fremden von merkwürdigen Gegenständen abzuleiten suchten und ih,' ZI4 Zuruckkchr nach Peking, nen anscheinend zufällige Hindernisse in den Weg warfen; darum versagten sich einige Herren der Gesandt, schaft häufig, theils aus Klugheit, theils ans Schonung gegen ihre Kegleiter, gelegentliche Abspränge von der kandsirasse und Erkundigungen, die an sich volls kommen unschuldig waren. «Zu Anfange dieser Reise starb ein Mann von des Gesandten Leibwache, welcher sich vermuthlich in Obst übernommen hatte. Er verschied in einem der Kaiserlichen Pallaste; aber dies empörte das ausserordentlis che Zartgefühl der Chinesen, welches stc überall beweis sen, wo von ihrem erhabenen Landesherren die Rede ist; und sie hielten es für ordnungswidrig, daß man jemanden innerhalb ciucs Kaiserlichen Gutes seinen Geist hatte aufgeben lassen. Daher besohlen die Ane führcr der Gesandtschaft den Leichnam dieses Euro, paers gleich als ob er noch lebte, in einem Palaukinc von dort wegzuschaffen, und sein Tod wurde erst weis tcrhin auf der Rcise bekannt gemacht. Ein Untergebener von Jemand aus dem Gefolge, welcher mit Dysenterie behaftet war, hielt in einem Chinesischen Wirthshause und entschloß sich einen Arzt des Ortes um Rath zu fragen. Dieser fügte zu der Lehre vom Pulse noch eiue Rede über die verschiede, nen Stimmungen des menschlichen Körpers hinzu; und da er unseligcrwcise den Zufall seines Patienten dem Vorwalten der kalten Safte beylegte, so verordnete er Vcnmkllngcn über das was sich dort :c. 315 ihm starke Doftn von Pfeffer / Cardemon und Ingwer, die er in heisigemachtem Schau-tschu, oder gebranntem Wasser nehmen mußte, eine Arzney, welche alle Wahrzeichen seiner Krankheit dergestalt vermehrte, daß er mit grosser Mühe noch lebendig Peking erreichte. Die Zurückkehr des Gesandten und seines Gefolges in dieser Hauptstadt war ein freudenvolles Ereig-niß für die vorigen Gefährten seiner Reise, welche er dort zurückgelassen hatte. Ihre Lebensart war in der Zeit sehr eingezogen gewesen. Zwar bezeugten viele Missionare dasselbe Verlangen nach ihrer Gesellschaft, womit Verbannte ihre Landsleute in der Fremdc aufsus chen: auch kamen demnach im Anfange taglich etliche Vater zu den Engländern; aber gerade diese genaue Bekanntschaft bewirkte vielleicht, daß die unglaubliche Eifersucht der Chinesengegen beyde erregt wurde. Der lange Auftnthalt der ersteren schützte sie nicht vor dem allgemeinen Mißtrauen das man gegen Auslander hegt; und nichts konnte gefährlicher oder muthwilliger ftyn als die Anschlage, die man den Engländern hauptsächlich in Briefen aus Canton und Macao beylegte. Als> bald beschlossen die Regierungsmitglicder in Peking, daß man die alten und Neuangekommenen Europäer daselbst so wenig als möglich zusammen lassen wollte. Aus dem nichtigen Vorwande, die Bedienten der ers steren zu verhindern, daß sie nicht etwa von den im Hotel des Gesandten während seiner Abwesenheit/ zus 2i6 Zm'ückkchr nach Peking, rückgclassenen Sachen, etwas entwenden möchten', verstattete man allein demjenigen Missionare noch ferner dorthin zu gehen, welcher angestellt war, die von Sr. Excellenz daheim gelassenen Personen, mit Nothwendigkeiten zu versehen / und ihre übrigen Geschäfte zu besorgen. Auch lockte ihre fremde Tracht zudringlichen Pöbel herbey/ so oft sie sich in die Stadt wagten. Es wurs den ihnen keine angesehene Mandarinen zu gegeben, die ihnen beym Ausgehen Achtnng hätten zusichern können; auch fehlte es ihnen an Chinesischen Dolmeschcrn zum Auslegen, wenn sie etwas hörten oder sahen. Jedoch war ihr Hotel von so weitem Umkreise, daß sie sich Bewegung darinn machen konnten und keinen persönlichen Zwang in ihrer Lage fühlten. Auch giengen etliche von ihnen nach Duen-min-yuen, wo die Zusams mensetzung verschiedner Maschinen und die Anordnung etlicher vorzüglicher Geschenke ihr Veysein ersoderten. Doctor Scot, welcher zurückgelassen worden war, um für einige von der Leibwache und etliche Bedienten, welche darnieder lagen, Sorge zu tragen, nahm sich ihrer sehr angelegentlich an. Ingleichen gab ihm ein andrer Umstand etwas zu thun. Gleichwie in China und überall, das Bedürfniß den Menschen zum Nachsinnen ermuntert, so erstrecken sich auch seine Erfindung gen selten über die bestimmte Gelegenheit, welche sie erzeugte. In China ist sowohl die innere Bedeckung als die äussere Tracht meist von dunkler Farbe, welche Bemerkungen über das was sich dort :c. Ii? zu ihrer Erhaltung oder Auffrischung keines öftern Wa-schcns bedarf, ja öfters dergleichen gar nicht verträgt. Mes was weiß ist, wird blos als Trauer getragen. Solche Kleider können nie zu unsauber seyn, indem das Herkommen denen die vorgeblich höchst bekümmert seyn sollen, alle Sorgfalt oder Schmuck ihres Acusscru untersagt. Der enge Europaische Anzug muß, der Ge< sundheit und Reinlichkeit halber, oft gewechselt werden, aber die weite Tracht der Morgenländer, macht zwar oft, bey rauher Witterung mehr Kleidungsstücke nöthig , verstattet aber sie länger zu tragen. Da ihre Tische, wegen des Firnisses, womit sie durchgängig überzogen sind, weder Nässe annehmen, noch vom Staube verdorben werden können, so bedient man sich keiner Tischtücher. Eben so wenig brauchen sie Vcltü-cher. Leinwand ist bey ihnen nicht gewöhnlich und die meisten machen nur wenigen Gebrauch von weiß baun» wollenem Zeuge. Das grobe Zeug, welches sie insgemein tragen, läßt sich in alkalischer Lauge einweichen, wenn man es waschen oder von den Unsaubcrkeiten reinigen will, die sich hineingcscht haben. Das hierzu-genommene Alkali ist eine weisse Substanz, die um Peking in Menge gegraben wird; und ausser derselben sind sie ordcntlicherweise keiner andern bedürftig, aus-genommen zur Reinigung der Haut, wofür es dem Chinesen nicht an einer Menge schönmachender Sachen fehlt. Aber dieses Chinesische Alkali ist für feine Lein- Zi3 Zurückkehr nach Pcking. wand zu scharf und zerfrißt ihr Gcwebc sogleich. Um ihm diese schädliche Eigenschaft zu benehmen, verfuhr also Dr- Scot klmsimässig, nahm eine gehörige Menge O^l, vermischte es mit Alkali und machte zu seinem und seiner Gesellschafter Gebrauche sehr gute Saife. keincnzeug, welchem Europa seine jetzige Freyheit von allen aussätzigen Krankheiten zu verdanken haben soll, wird unter den Chinesen wahrscheinlich allgemein aufkommen , so bald sich ihr Handel und ihre Verbindungen mit ocn Europäern vermehren. Der Aussatz ist die einzige Seuche wofür in China ordentliche Siech-Häuser errichtet sind, wcil er zu ansteckend ist, als daß man die damit behafteten Personen unser die übrige Gesellschaft kommen lassen durfte. Saife wird dann vermuthlich bald nach dem Lins ncn, als ein nöthiges Zubehör, eingeführt werden. Was man zur Verfertigung derselben nöthig hattc, wu« de so wie fast alles/ woran es der Englischen Gesandtschaft gebrach, auf Kosten der Chinesischen Regies rung angcschaft. Jedoch mußte man den Nutzen und das Bedürfniß davon den Mandarinen sehr umstands lich auseinander setzen. Wenn man um etwas angei sucht hatte, so wurde es zwar nie geradezu abgeschla-gen, aber dennoch nicht immer zugestanden. Zuweilen gcriethcn sie auch in Unruhe uud Bcsorgniß, daß man von einer erbetenen Sache ungebührlichen Gebrauch machen dürfte. Einer von den Gesaudtschaftsmahlern Bemerkungen über das was sich dort ll. 5i9 kat sich eine Stasseley aus, um die mit Rahmen eim gefaßte Leinwand, worauf er das Bildniß eines Mift sionars mahlen wollte, daran zu befestigen. Die Mandarinen / welche sich unbeachtet der Einfachheit einer Slasscley, keinen Begriff vom Gebrauche derselben machen konnten, und vermuthlich besorgten, daß sie eine Art mathematischen Instruments seyn möchte, mittelst desscn man soldatische Plane oder Messungen machen, oder auch die Bevcstigungen und Walle der Hauptstadt aufnehmen tonnte, waren nicht zu vermögen, ein solches Instrument verfertigen zu lassen. Etliche in der Gesandtschaft wollten das Nöthige für ihr eignes Geld anschaffen, abcr man hatte beständig ein wachsames Auge aus sie und stellte ihnen ihr Kaufgeld wieder zu; auch setzten sich die Verkaufer einer kör-perlichen Straft aus. Zum Verwände einer solchen Strenge machte man zwar die Gastfreundlichkeit, wcl. chc heische, daß der Fremde aller Unkosten überhoben sey; allein sie schien von dem allgemeinen Plane einer eifersüchtigen Aufmerksamkeit nicht ganz unabhängig zu seyn. Zu dieser politischen, voreingenommenen Eifersucht gesellte sich eine andre Beunruhigung, obwohl der vcrs anlassende Theil sehr unschuldig dabey war. Auf einem der Hofräume im Gesaudtschaftshotel standen künstlich im Chinesischen Geschmacke über einander gethüriw te Felsen als Verzierung, an denen man auf die rund Z2o Zurückkchr nach Peking, herum laufende Ringmauer steigen tonnte, ob sie wohl hierzu nicht bestimmt waren. Von hier aus waren dann und wann die Frauenzimmer der benachbarten Häuser zu sehen. Man sag^, daß etliche Personen von der Gesandtschaft, m Sr. Excellenz Abwesenheit, bey müssigen Stunden, auf diesen Mauern hermuge, gangen waren, wozu sie aber durch keinen ungebührs lichen Bcwegungsgrund verleitet wurden. Dieser zufällige Umstand, welcher für eine Unschicklichkeit gehalten wurde, war der Nachbarschaft anstössig, hörte aber sogleich auf, als Vorstellungen darüber geschahen. Um diese Zeit erscholl ein verworrenes Gerücht in Peking von dem kurzen Streite über die Vorstel-lungscerimonie, welcher in Dschechol so bald war bcy5 gclcgt worden. Einige siaatskluge Leute schlössen hier, aus/ daß des Gesandten Aufenthalt jetzt nicht nur vorüber sey, sondern auch daß er nicht nach der Hauptstadt zurückkehren dürfen, vielmehr, wie die Bolscyaft ter, welche zu gleicher Zeit aus der Tartarey giengen, seine Reise fortzusetzen genöthiget seyn würde, ohne durch dieftlbe zu kommen. Die Ankunft Sr. Excellenz in Peking machte diesen Vermuthungen ein Ende. Sei» Einzug in die Stadt war mit den gewöhn« lichen Ehrenbezeugungen begleitet und cr empfieng/ wie vorher/ Besuche von den vornehmsten Mandarinen, die zum Theil im Gesandtschaftshotel auf seine Ankunft warteten. Er, seiner Seils, sah mm wohl ein, daß er Bemerkungen über das l^as sich dort lc. Z2i «r nicht langer umhin könne ein Ziel für seine Sendung zu bestimmen. Das beständige Verbleiben eines fremden Ministers in China war dort zu Lande noch etwas völlig unbekanntes. Aus dem Grundsatze, daß fremde Gesandte Gaste wären, deren Anfwand der Wohlstand gebiete auf öffentliche Ko.^en zu bcsireiten, gieng die Folge hervoc, daß man ihren Aufenthalt so viel als möglich abzukürzen suchen müsse. Die unge-mein grossen Ausgaben, welche der Kaiser wegen der glänzenden Behandlung der Englander machen mußte, waren ein Grund mchr gegen die Verlängerung des Besuchs, welche ein Mißbrauch der Gastfreundschaft, die ihnen widerfuhr, gewesen seyn würde. Es möchte den Stolz und die Vorunheile des Chinesischen Volks zu sehr beleidiget haben, wenn man ihm so geradezu bey dieser ersten diplomatischen Sendung den Vor< schlag hatte aufdringen wollen, daß es seine alten Begriffe in Absicht auf öffentliche Gäste aufgeben und sie, ungeachtet ihres fortdauernden Aufenthaltes innerhalb der Gränzen des Reichs, auf ihre eigene Unkosten sollte leben lassen. Daher beschloß Se. Excellenz / anzusuchen, daß man ihm nach dem grossen Feste zu Anfange des'Chinesischen Jahres im Februar, abzus reisen erlauben möchte. Alles, was er billigerweise auszurichten hoffen konnte, oder warum er anhalten sollte, ließ sich wahrend dieser Zeit zu Stande brin, Len, und piclleicht hätte sich ein freundschaftlicher und I22 Zmückkehr nach Pckiug. enger Verkehr zum Nutzen bcyder Volker entspinnen können. Jedoch erfuhr-Se. Exccllcnz, daß ihm bald ei:; Vorschlag zu seiner Abreift gethan werden dürfte, und daß die Lente, welche zu Yuen? min-yuen zurückgclaft sen worden war,en, um die zarten / als Geschenke mitgcbrüchten Maschinen, zusammcnzllsctzcn, getrieben würden, ihre Arbeit zu endigen, damit sic nicht etwa unvollendet bleiben möchte. Dr. Dinwiddie hielt sich fast unausgesetzt dort auf, um über die Leute, wclche die mannigfachen/ schwer einzuvasscnden Theile des Planetcriums zusammenfügten, die Aufsicht zu führen. Herr Barrow gicng ebenfalls dort ab und zu, um die gesannntcn andern Geschenke in Ordnung bringen zu last sen. Während dieser Zeit halte cr oft Veranlassung zu bemerken, wie sinnr.ich und geschickt die Chinesischen Arbcitsleute sind. Zwey von ihnen nahmen die beyden prächtigen Cronlenchtcr von Glas, welche dem Kaiser zum Geschenke gesandt worden waren, herab, um sie vorlheilhaftcr zu hangen. Erst trennten sie ein Stück von dem andern, dann setzten sie alles wieder in knrs zer Zeit ohne Mühe und Irrung zusammen, obglcich das Ganzc aus vielen tausend kleinen Theilchcn best nt>, und ob sie gleich nie etwas von der Art zuvor gesehen hatten. Wie es sich fand, daß in der Kuppel des Planetariums ein Stück Glas wahrend des Fortschaffens zerbrochen war, so schnitt ein andrer Chinese Bemerkungen übn- das was sich dort :c. 323 einen schmalen Streif von der Kante einer gekrümmten G'asscheibe ab, um es zu ersetzen. Die Englisch.'« Künstler bey der Gesandtschaft hatten sich vergeblich bemüht das Glas mit Hülfe eines Diamants n>,ch die> scr krummen Linie zu schlmden. Der Chinese ließ nicht sehen, wie er es machte; aber man sagte, er habe zuvor die Spitze eines glühenden Eisens über, die zu trennende Oberfläche gezogen, und dadurch seinen Zwcck crrcicktt. Die Erfindung dieses Künstlers war um so auffallender, da es keine andre Glashütte im Rciche giebt als zu Canlon, wo der Vnfcrtiger nicht ctwa die rohen Bestandtheile, Feuerstein oder Sand u id Soda zum Flusse bringt und sie durch das gehörige Verfahren zu Glase macht, sondern sich begnügt zeri brochnc Stücken Glas, die er sammelt, zu schmelzen und sie nach den jedesmaligen Bedürf-Mn, in neue Gestalten zu modeln. Die Chinesen scheinen in Wahr« heit mit dem größten Rechte auf den Ruhm Anspruch zu machen, selbst die Werkzeuge erfunden zu haben, welche zu den allerersten und nöthigsten Künsten des menschlichen Lebens erfodcrlich sind. Was die gemeinen Werkzeuge, als den Hobel und Ambos anbelangt, so wird der gelehrte und aufmerksame Reisende beob? achtet haben< daß sie in Indien und Europa, in als tern und neuern Zciten immer, genau von derselben Gestalt, und fast ohne andre Abweichung, als etwa 234 Zurückkchr nach Peking, m der Roheit der Bestandtheile und in der Vollendung, befunden werden, welches ihren gemeinschaftlichen Ursprung und beynahe eine knechtische Nachahmung andeutet. In China allein haben diese Werkzeuge etwas Eigenthümliches in ihrer Form und unterscheiden sich oftmals nur an einem geringfügigen Umstände; doch allemal sieht man es ihnen an, daß, sie mögen nun ihrem Zwecke besser oder schlechter entsprechen, in keinem andern Lande das Musier dafür zu suchen sey. So ist zum Beyspiel die Flache oben auf dem Ambose anderer Hrten platt und ein wenig abschüssig, bey den Chinesen aber in der Mitte ausbauchend. In den Schmieden unweit Peking auf der Strasse nach Dschechol/ wo dlese Sonderbarkeit wahrgenomi men wurde, erregte auch eine andere die Aufmerksamkeit der Reisenden. Der Blasebalg Europaischer Schmi« de ist ordentlicherweise scheitelrecht. Der Wind wird zum Theil durch das Gewicht der Maschine herausgedrängt, die dazu ausdrücklich schwer gemacht ist; soi dann öfnet man oder hebt sie mittelst der Anstrengung des Arms, welche der vorhin nützlichen Stärke entge, genarbeitet, empor, und indessen hört der Windzug auf. Aber in China ist der Balg wagerecht. Wenn die Wucht der Maschine dem Schmid nie von Nutzen ist, so ist sie ihm eben so wenig zur Last. Es hat seinen Vortheil, daß die Arbeit sonach immer gleich-massig und niemals zu groß ist. Der Blasebalg sieht Bemerkungen über das was sich dort lt. 325 wie ein Kasten aus, in dem eine bewegliche Thüre so genau eingepaßt ist, daß, wenn sie herwärts gezogen wird, eine Leere im Kasten entsteht, worein sodann die Luft durch eine Oefnung, die ein Ventil hat, uns gcstüm einströmt und einen Windzug durch eine entges gcngcsetzte Ocfmmg hervorbringt. Dieser dauert fort/ wenn man die Thüre hineinwarts nach dem Gegenende des Kastens zu stößt, indem die durch den vermindere ten Raum zusammengedrängte, Luft zum Theil durch dies selbe Ocfmmg herausgetrieben wird. Wenn man anstatt einer beweglichen Thüre inwendig einen Stampfe! anbringt, so wird die Luft zwischen dem Stämpfel und den beyden Enden dcs Kastens wechselsweise zusams mengepreßt und beydcsmal auf dieselbe Art herausges drangt. Dieser doppelte, oder immerwehende Blase« balg läßt sich eben so leicht behandeln wie der gewöhn, liche und leistet zweymal so viel. Das Modell von einem Chinesischen Blasebalge den man sich aus einer Beschreibung nicht so leicht vorsiels len kann, wurde Mit nach England zurückgebracht und wird Liebhabern vorgezeigt werden. Der gemeine Hobel des Chinesischen Tischlers laßt sich so wie der Ambos an einigen Kleinigkeiten unter-scheiden, welche bewähren, daß die Erfindung landcigen-thümlich ist. Nicht nur das Hobeleisen ist anderS befe, siiget, sondern auch der Hobel selbst wird anders ges halten. Anderwärts dienen seine beyden Enden dazu, I 26 3l!Nlckkchr nach Peking. daß man jedes in eine Hand nimmt, und nun auf die Flache des zu glättenden Holzes preßt; aber auf dem. Chinesischen Hobel befinden sich zwey besondre Hands haben wodurch der Gebrauch desselben vielleicht beques mcr gemacht wird. Die Geschichtbücher worinn die Chinesischen Beg« benheitcn aus den frühesten Zeiten aufgezeichnet sind <, schreiben die nützlichsten Erfindungen in der Gesell, schift den ersten oder ältesten Landesherr« zu. Viel wahrscheinlicher ist es, daß sie die allinähiiche Frucht von Bestrebungen mehrerer unbekannter Individuen waren, die bey ihren Arocittn das Bedürfniß einer künstlichen Hülfe dicscr Art empfanden und es zu befriedigen suchten; wiewohl nachfolgende Gcschschtschrei-j ber, da es ihnen nicht gelang, die wahren Erfinder zn ergründen, die Namen der Aufmunteren und Beförderer von jenen Künsten unterschoben. Jedoch darf man mit Grunde glauben, daß nicht nur die Erfittduni gen der frühgefühlten Nothwendigkeit sondern auch die der Zierde nnd Verfeinerung unter den Chinesen des grauen Alterthums gang und gäbe waren. Die Jahr, bücher des Reichs verbürgen sich dafür und es erhalt Bestätigung, wenn man das natürliche Fortrücken dieser Erfindungen u»d den gegenwärtigen Standpunkt der Chinesischen Künstler überlegt. Bey der ersten Entde, ckung und Einführung einer Kunst, wird sie linkisch gehandhabt- wenn gleich Werkzeuge beyhclfen, und Bemerkungen über das was sich dort:c. 327 liiuthmaßlich tvcilt sic lange auf dieser Stuft, bis sie endlich zur zweyten Ctafcl fortschreitet, wo sie veredelt wird, und wo der Künstler im Staude ist den möglichsten Vortheil von jedem Werkzeuge und Maschinenwerke , das dazu dienlich ist, zu ziehen. Der Punkt der Vollkommenheit ist, wenn der Künstler so viel Fett tigkcit erlangt hat, daß er seine Arbeit mit wenig odcr ungeschickten Werkzeugen nnd mit geringer, oder ohne alle Beyhülfe verrichten kann. Dies ist der Fall des Chinesischen Verfcrtigers irdncr Gefasse, des Webers, Gold l Silber-Elfcnbemarbeiters und der mehrestcn andern im Lande gewöhnlichen Handthieruna.cn. Diese Ausbildung ist das äusserste was die Kunst vermag und beweißt am besten, wie langc sie schon muß getrieben Worden scyn. / Man darf sichs nicht befremden lassen, daß die Chinesen die Verfertigung des Schießpulvers und die Buchdruckcrkunst schon lange erfunden hatten, ehe noch die Europaer etwas davon wußten. Was das erstere betrift, so laßt sich leicht vermuthen, daß in dcn kans dcrn, wo die Natur am häufigsten Salpeter erzeugt, der einer von den Hauptbcstandthcilen des Schießpul-vcrs ist, auch die Vcrbrcnnlichkeil desselben am ersten beobachtet werden müsse, und etliche auf diese Beobachtung gegründete Versuche führen natürlich auf die Zusammensetzung, welche so heftige, und schnelle Wir< kungen hervorbringt. Salpeter ist das naturliche und I28 Zurückkchr «ach Peking.' tägliche Erzeugniß von Cbina und Indien, und dk Kenntniß des Schießpulvers scheint desweqen dort mit den entferntesten aufgezeichneten Begebenheiten gleiche zeitig zu seyn.. Bey den Chinesen ist es immer zu sehr nützlichen Dingen gebraucht worden, als zum Sprengen von Felsen, zur Wegräumung grosser Hindernisse, und zu Lustbarkeiten vermittelst ciuer erstaunlichen Veri schicdenheit von Feuerwerken. Man brauchte es auch zur Vertheidigung, nachdem man den muthmaßlichm Weg des Feindes untergraben hatte, um ihn in die Luft zu sprengen. Abcr man wies seiner Kraft keinen Weg durch starke mctallne Nöhrcn an, wle man bald nach seiner Erfindung in Europa that. Doch fanden diejenigen, welche sich dieser Erfindung zuerst bedienten die Wirkungen davon nicht so entscheidend, daß der Zeitraum, wo sie zuerst aufkam, in der Geschichte genau wäre aufgezeichnet worden. Und ob man gleich hierinn den Europäern nachgeahmt und es in den Morgenlandischen Heeren zu brauchen angefangen hat, so werden ihm doch noch zuweilen andre Arten Krieg zu führen vorgezogen. In Absicht auf den zweyten Gegenstand, oder das Drucken, wie wichtig auch die Wirkungen davon in Europa sind, so ist es doch einleuchtend, da der Endzweck desselben blos in die Abschriften eines und desselben Aufsatzes zu vervielfältigen, daß man sich lediglich in einer Gesellschaft, welche viele keser hervorbringt^ Bemerkungen ubcr das was sich dort:c. 32? darum bestreben konnte. Nun mußte die Zahl dersck ben ohne Zweifel vermehrt werden, sobald man zu drucken anficng; aber an einem Orts/ wo ihre Anzahl/ aus andern Ursachen, welche auf die Verstärkung der gesitteten und gelehrten Stande wirken, sehr ansehnlich ist, führten die mancherlei) Bemühungen ihrem Geschmacke Nahrung zu verschaffen, natürlicherweise auf eine so einfache Erfindung, als die Chinesische Buchs druckerkunst ist. Sie besteht aus nichts mehr, als daß die Formen der Schriftlichen auf gedrungenes Holz erhaben ausgeschnitten, nachgchcnds mit einer schwa» zen zähen Substanz besirichen und verschiedenen Papiers blättern, welche an sich selbst eine vorläufige sinnreiche Erfindung sind, untergelegt werden, so daß jedes Blatt einen Abdruck der Schriftzügc, auf die es gepreßt worden, enthalt. Die Kunst, eingegrabene Arbeit zu verfertigen war bey vielen Völkern des Alterthums, den Reichen'und Machtigen zu gefallen, so vervollkommnet worden, daß der hier beschriebene Druck der Schrift-zeichen, welcher sich der eingegrabenen Arbeit so sehr nähert, leicht bald darauf erfunden werden konnte, so bald nur der sinnreiche Kopf hoffen durfte sich durch die Menge von Lesern belohnt zu sehen, Der Gesellschaftliche Zustand der Chinesen scit den frühesten Zeit-altern machte daß erstaunlich viele Leute lasen. Nicht fo, wie in der übrigen Welt, wo Tapferkeit und soldatische Anlagen, zuweilen mit natürlicher WohlredeW 53° Zurückkchr nach Peking. heit vergesellschaftet, ursprünglich dcr Gmnd allcr Reichthümer und Grösse waren, indcß Gelehrsamkeit fast blos zur Erhohlung diente, konnte man sich im Chinesischen Reiche lediglich durch die amsige Erlernung aufgezeichneter Cittcnsprüchc, merkwürdiger Begebenheiten , und Regierungsgrundsatze, den Weg sowohl zu Macht und Ehre als auch zu jeder Stelle im Staate bahnen. Darum wurde die Nothwendigkeit so viclfa, cher Exemplare für alle mittlern und höhern Stande der Gesellschaft in dem bevölkertsten allcr Nciche, die frühzeitige und natürliche Muttcr derselben Vnchdru-ckcrkunst, welche noch jetzt bcy ihnen in Ausübung gebracht wird. Das Papicr, welches die Chinesen zu ihren Schriften nehmen, ist zu dünn und schwach, als daß man es auf beyden Seiten bedrucken könlite. Das geschnitzte Brett, worauf das Papier gelegt wird, um den Abdruck auf einer Fläche zu empfangen , cnthalc gemeiniglich die Cchriftzügc zweyer Blattseitcn. Wcnn das Papier abgezogen ist, wird es dcrmasftn zusammenges falzt, daß die weißgcblicbcncu Scitcn über cmandcr zu liegen kommen. Dcr Falz bildet die äussere Kante, welche sonach doppelt ist, indeß alle einzelne Kanten, gegen die Gewohnheit Europaischer Buchbinder, durchs siochcn und in einen Band zusammengeheftet sind. Wenn die Ausgabe abgedruckt ist, werdcn die Holz-schnitttafcln gesammelt, und man findet gemeiniglich Bemerkungen über das was sich dort :c. 3Zi in der Vorer nnerung bemerkt, wo sie aufbewahrt sind, falls eine zweyte Ausgabe erforderlich würde. In Europa hat man zuweilen dafür gehalten, die beweglichen Lctttrn waren eine vorzüglichere Erfindung als die Dnickart der Chinesen; jcne sind aber selten zu Büchern in einer Sprache anwendbar, die, wie die ihL rig,', uns unsäglich verschiedenen Schriftzeicken besteht, wcnn man jcdwcdcs als den Buchstaben eines Alpha-bcls bctrachtct. Der Setzer in einer Druckerey ver^ theilt lcichr die vier und zwanzig Buchstaben einer Alphabetischen Sprache. Er sieht auf einmal wo jeder zu finden isi. Mit einem Vlickc unterscheidet er sie. Ceinc Haiide erlangen sogar die Fertigkeit/ ohne Hins slcht sse schücll auf^unchlncn , so .vie man mit den Fins sscrn die Tasten eincs Claviers finden lernt, ohne das 3lngc darauf zn richten. Gäbe es viele Tausende solcher Tasten / so leuchtet ein/ daß man sich kcine gleie che Fertigkeit erwerben könnte, ja- die Tasten würden nicht einmal erreichbar seyn. Dieselbe Unmöglichkeit luüßte sich zeigen / wenn man mit achzig tausend be« weglicken Lcttcrn drucken wollte, welche Anzahl für die sämmtlichen von einander unterschiedenen Charac-tcre, aus denen die Chinesische Sprache besteht, erfors derlich ftyn würde. Freylich sind die Chinesischen Künstler noch nicht darauf verfallen/ für jeden kleinen Strich oder Grundzug, woraus diese Character M sammcngesetzt sind einzelne bewegliche Lettern zu schnis Z32 gurückkehr nach Peking. tzen, Ivie vor einiger Zeit in Deutschland geschehen iff.' Möglicherweise könnte ein solcher Versuch gelingen, ungeachtet der Schwierigkeit, welche aus den winzigen Formen / die für jeden Zug erforderlich seyn würde, entstehen müßte: diese ist jedoch in eincm Falle, wo alle Lettern nicht nothwcndigerweise so klein zu seyn brauchten/ von einem sehr sinnreichen und gelehrten Manne beym Drucke des Persischen in Bengalen, übe« wunden worden. Aber eine andre Schwierigkeit wür/ de sich vorfinden, wie man nehmlich die mancherley Züge, welche ein Chinesischer Character enthalt, wenn sie dusch einzelne Formen nachgeahmt würden, im Se< tzen vereinigen wollte, wofür man beym Drucke Euros päischer Sprachen, in denen die Buchstaben desselben Worts einander selten berühren, nicht besorgt seyn darf. Wenn die nehmlichen Schriftzüge öfters vorkonu men, wie in öffentlichen Kalendern und Zeitungen, so begnügen sich die Chinesen dafür besonders gcschmti tene Formen an die erforderlichen Hrte in die Holzta/ seln einzusetzen. Zeitungen kommen in Peking, unter Aussicht de» Regierung, öfters heraus. Die vielerley Amtsbcsetzun-gen im Reiche, die vom Kaiser zugestandenen Gunst-bezeugungen, allcs was er öffentlich vornimmt, seine Erlassung der Abgaben in Gegenden, die durch Theu, rung oder durch sonst ein allgemeines Mißgeschick lei. Bemerkungen über das was sich dort lc. 333 den, seine Belohnung ausserordcntlicher Dienste, an» gekommene Gesandtschaften und erhaltener Tribut, nehmen einen betrachtlichen Raum in den öffentlichen Blattern ein. Seine häusliche Wirthschaft oder sein Privatleben werde,, selten, oder nic erwähnt. Zuweilen werden sonderbare Begebenheiten, Beyspiele von hohem Alter und die Strafen von Vergehungen, deren sich Mandarinen schuldig gemacht haben, eingerückt. Dann und wann findet man auch Wciber die Ehebruch, ein strafbares, aber nicht todeswürdigcs Verbrechen begangen haben, angeführt, vermuthlich um andre von dergleichen Unregclmassigkcitcn abzuschrecken. Als China Krieg führte, fand man seine Siege und unter-drückte Empörungen angekündigt. Die Nachrichten von allen andern Wclthändeln schränken sich gänzlich auf China ein. Ausser den vorzüglichen Werken der Chinesen/ welche durch den Druck unendlich vervielfältiget werden, geben die leichteren Schriften des Landes der Presse keine unbeträchtliche Beschäftigung. Obgleich die Chinesische Waise in der Englischen Einkleidung von einem sehr achtungswürdigen dramatischen Dichter sehr mag verbessert worden seyn, so ist sie doch keine uns günstige Probe von einem Chineschcn Trauerspiele; und die angenehme Geschichte, welche unter der Auft sicht eines gelehrten und fähigen Bischofs, vor mehre, ren Jahren aus Licht trat/ ist ein Beweis, daß diß 334 Zurückkchr nach Pcking^ Chinesischen Romane voll anziehender Einfalt sind. Ausserdem hatte der Eifer für das Christ nchum die Missionare bewogen zum Besten ^'rn»thaftcr Les^r, mehrere Werke in Chinesischer Sprache herausgeben zu lassen, worinn die oun ihnen gepredigte Grundsätze be-wiesen wurden. Ungeachtet der wachsamen Policy Chinesischer Obrigkeiten werden dennoch Bücher welchen sie ihre Billigung versagen, heimlich in China gedruckt und ausgebreitet. Es ist nicht leicht den Gang eines Handels zu hemmen, oder auch nur allemal zu entdecken/ welcher, ausser Papier und Buchdrücke:schwarze, kaum etwas weiter bedarf, als einige platte Stücken Holz und ein Messer, um die Schriftformcn darauf auszn, schneidet!. Die Bücher, welche auf solche verstohlne Weise herauskommen, beleidigen vornehmlich die Wohls anstandigkeit und entflammen die Einbildungskraft junger Leute. Wider die Regierung, sagt man, ist kcins gerichtet. Jedoch versicherten die Mandarinen, daß es seit langen Zeiten, eine Parthie im Lande gäbe, deren Hauptgrundsatze sich auf Widerwillen gegen Al< leinherrschaft gründeten und die der Hofnung lebten, selbige einst umzustürzen: ihre Zusammenkünften wür-den im größten Geheim gehalten und Niemand gestüns de ein, etwas von ihnen zu wissen. Aber man sagte, es sey eine Art von Inquisition errichtet, um sie ausfündig zu machen. Sobald Jemand in den Verdacht Bemrrkungcn übcr das was sich dort :c. 335 von derlei) Grundsätzen geriethe, wurde er hinwegges rafft, oder aus dcr Gesellschaft vertrieben, ungefehr wie vor Zeiten diejenigen, welche man in einigen Rös misch Katholischen Königreichen des Iudenthums bes schuldigte. In den politischen, moralischen und historischen Werken der Chinesen sind keine abgezogenen Begriffe von Freyheit enthalten, welche sie verleiten könnten auf ihre Unabhängigkeit zn dringen. Man sagt, daß die Franzosen ans Eifer für di< Fortpflanzung demokratischer Grundsatze, ihre Bekanntmachung der Rechte des Menschen in eine Sprache Indiens übertragen und sie dort vertheilt hatten. Es ist zwar nicht Wahlscheins lich, daß sie in der Men, demüthigen und gefaßten Sinnesart des schwächlichen zartgebauten Hindu's eine Gährung verursachen werde; aber sie dürfte andre Wir-kungen unter dem Chinesischen Volke haben, welches empfänglicher für solche Eindrücke ist und eine zu uns ternchmungcn mehr aufgelegte Gemüthsstimnumg besitzt. Sein Stamm ist kraftvoller. Sein mehr nach Norden zu liegender Erdstrich giebt ihm Fähigkeit wie Entschlossenheit. Die Schinesen beschäftigen sich mehr mit dem Feldbau als mit Handthicrungcn und werden daher von einem unerschrockener» Geiste bestell. Viele Gemüther unter ihnen sind auch nicht völlig mit ihrer Lage zufrieden, in welcher sowohl ihre Ha^.be als auch ihre Personen beständig der Gnade des Mandammu ZI6 ZiN'ückkchr nach Peking, siandes preiß gegeben sind. Körperliche Straft/ welche em jcdcr unter ihnen bey dem Winke eines Obern gewärtig seyn muß, und zuweilen sogar die Furcht vor derselben, ist im Standc, dafern das G^nüth nicht gänzlich dadurch herabgewürdiget wird, einen ungeduldigen unauslöschlichen Widerwillen zu erregen. Die Darlegung seiner Unschuld berechtiget den Leiden-ben nicht immer sich auf eine höhere Macht zu berufen. Der Grundsatz, daß Untergeordnete ihren Obern die gehörige Willfährigkeit leisten müßten , sieht gemeiniglich der Abhelfung angebrachter Beschwerden im Wege: zuweitgetriebene und vervielfältigte Unterdrückungen bringen freylich die bis zur Verzweifiuug Leidenden dahin, daß sie sich endlich empören, und dadurch Aufmerksamkeit erzwingen, worauf der Beamte seiner Stelle entsetzt und oft sehr scharf bestraft wird. Wenn ihm aber seine Ungebührlichkeiten gegen die Unterthanen meistens unbestraft hingehen, so muß er das mindeste Verschen gegen dic Regierung mit der unerbittlichsten Strenge abbüssen. Er ist auch dem Ungemache ausgesetzt, für Ereignisse, die selten in seiner Macht stehen, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Auf den allgemeinen Satz hin, daß es ihm obliege, über die Sitti lichkcit des Volks zu wachen, wird er in vielen Fallm für den Verbrecher angesehen, weil er Vergehungen nicht vorbauete, die ganz ausser seinem Gesichtskreise Zagen. Solchergestalt sind die Mandarinen durch ihr gutes Bemerkungen übcr das was sich dort :c. 337 gutes Betragen »licht vor Ungnade geschützt und cm-' psindcn den bangen Zustand dcr Unsicherheit. Gewiß-lich ist diejenige Verfassung die festeste/ in der eine grosse Menge Unterthanen fühlen, wie dies in Gros-brittannicn dcr Fall ist, daß ihr eignes Wohl von der Allfrechthaltmig derselben abhängt, So clwas scheint man sich nicht allgemein in China zum Grundsatze gemacht zu haben. Ohne über die Befugnis cncschcldcn zu wollen, ob sie ihre Beherrscher andern dürftn, sind viele Chinesen geneigt in einem solchc.» Wechsel glücklis licherc Aussichten zu suchen. Solche Leute sind aufgc-legt an den Empörungen Theil zu nehmen, welche sich bald in dieser bald in jener Provinz ereignen. Es ist aber hauptsächlich die Furcht vor dem Mißlingen, wek che das Zusammenrotten in grossen Haufen verhindert. Sollte die persönliche Anhänglichkeit für den Kaiser, welche man wahrend der Regierung des jctzigcn Hau-ses sehr geftisscutlich zu erhalten gesucht hat, wegen irgcnd eines allgemeinen Landesunglücks, dessen Verursachung oder Vernachlässigung ihm zur Last gelegt wird / aufhören, so hemmt keine Erwägung seincs gerechten Anspruchs auf den Thron, wodurch anderwärts Monarchen so sicher gestellt sind, die Geneigtheit des Volks ihn zu nöthigen, daß er cincm andern Platz mache. Der allgemeine von dm Chinesischen Sittcnlehrern eingeschärfte Spruch, daß man dem Fürsten gehorchen Nlüssc, dürfte sich nicht in jeder Brust wider die neue Zweyter Band. M 338 Zurückkehr nach Peking. Lehre des heiligen Rechts und Verpflichtung dcs Widerstandes gegen UnterdrücklMg, behaupten können, wiewohl sie schon aus dem Lande, wo sie zuerst aufkam , wieder verdrängt wordcn zu seyn scheint. Wirklich hat sich die behutsame Chinesische Regierung, da sie voraussah, wie gierig die Lehre von dcr Gleichheit bey jungen Gemüthern in den mindern Volksständen, die sich am ersten durch ein so schmeichelhaftes, mige-wohnliches Licht blenden lassen möchten, Eingang sin-dcn würde, schon sehr frühzeitig wider die Eiuführung derselben vorzusehen angefangen. Bis jetzt ist die grosse Grundlage der Sicherheit und Ruhe im Reiche das patriarchalische System gewesen / welches / wie vorher gedacht, in China beständig von allen nach einander folgenden Generationen die jederzeit den ältesten Famis lienhauptcrn gehorchten, befolgt wurde. Die Klugheit und Erfahrenheit womit letztere den Abkömmlingen m ihrem Betragen unter den Arm greifen, können von ihnen die Übeln Folgen dcr Begebenheiten abhalten, welche zu Misvergnügen und Abneigung Anlas ges ben; und aus Mistraucn gegen Neuerung befieissigen die alteren sich selbst ein Beyspiel der Fügung in icd-wede Lage dcs Lebens, worinn sie versetzt worden, zu gewahren. Die natürliche Verehrung gegen das Alter, verbunden mit einer Anhänglichkeit gegen Anvcrwandj te, welche frühe Wurzeln geschlagen und dnrch die tägliche Betrachtung empfangener Dienstleistungen zus Bemerkungen über das was sich dort :c. 359 'genommen hat, ist zwar ein sanfteres, aber oftmals starker fesselndes Band dcs Herzens/ als gewaltsame Zwanggcsctze. Dic Buchdrnckerkunst, welche vermuthlich scholl sehr zeitig im Chinesischen Reiche ausgeübt wurde, bat mit dazu beygetlage»,, daß es sich bis jetzt beynahe gleichförmig erhalten kat. Durch sie sind gewisse feste Grundlatze von Recht und Sittlichkeit die als cben so viele Damme und Schranken wider den innern Aufruhr" menschlicher Leidenschaften dienen, und die V" gchrlichkeiten der Menschen im Gefühl ihrer Macht tin Zaume haken, allg.mein verbreitet und von jedem Stande der Gesellschaft angenommen worden. W"M in den Vcrfa'"'UNgen an.qranzeuder Lander, wo dies nickt Statt findet, die mindeste Veränderung vorgeht, so reißt Gelingen, wie ein Ctrom, alles mit sich fort und zerstört alle vorigen Einrichtungen der Gesellschaft Aber in China überleben Stiftungen und Meynungen die Trümmern der Staatswcchscl. Dcr Landesherr kanil abaesctzt und seine ganze Familie vernichtet werden, aber die Sitten und der Fusiand des Volks bleiben nnveranderk. Selbst den Thron stützen Grunds sahe, welche die Presse ausstreut. Sie mahlt die Tugenden seines Besitzers mit glänzenden Farben allen Unterthanen vor. Sie gewahrt ihm den ungeheuren Vortheil ihre Gesinnungen nach seinem Willen zu lenken. Seine Pallaste, seine Garten, ftine Pracht errege,! 34° Zm'ückkchr nach Peking. keine Scheelsucht gegen einen Fürsien, dem man die allererhabensten Eigenschaften zuschreibt, und so vorstellt, als ob cr uuabläßlich sich mit Beförderung der Wohlfahrt seines Volkes beschäftige. Die ihm zn Ehren verrichteten Cerimonicn sind keineswegs blos nichtssagende Förmlichkeiten / sondern darauf abgesehen, dem Volke Hochachtung und Pflichtgefühl gegen ihn einzufiössen. Am Kaiserlichen Geburtstage versammelten sich alle in Peking wohnhafte Mandarinen, angethan mit ihren Staatskleidern, im grossen Pallasie, nnd verrichteten vor dem Throne die hergebrachten Niederwerfungen. Zn gleicher Zeit glimm-te Rauchwcrk von Sandele und Roscicholz anf dcinsel-ben; desgleichen wurden Fleischspeisen nnd Getränke dargebracht, als ob er, wiewohl abwesend, davon ^gemessen könnte. Herr Barrow war dabey als dieselben Fcycrlichi feiten in Vucn-min jyuen vorgenommen wurden, und erfuhr, daß sie an diesem Tage überall im Reichs Statt hatten, wobey die Leute durchweg Achtung gaben ihr Gesicht nach der Hauptstadt zu kehren. An Neu und Vollmonden zünden die Beamten der Hofhaltung in allen Kaiserlichen Pattasien dergleichen Rauchwerk vor dem Throne an und bringen Spenden dar. Solcher Pallasie giebt es sehr viele im Reiche. Der Pckinger sieht mitten in der Tartarischen Stadt. Vlmcrkllllgcn über das was sich dort :c. 341 Obgleich diese Residenz auf einer Sandcbcne gebaut ist, von der man die Tartarischen Gebirge nur in der Ferne erblicken kann, so umschlossen doch die Mauern, die den Pallast, dessen Nebengebäude und Lustgarten enthalten, alle Abwechslungen im kleinen, welche die Natur mit spielender Hand auf der Erdoberfläche hervorgebracht hat. Berge und Thaler, Weiher und Flüsse, jähe Stürze und sanfte AbHange, sind in Oer-tern angebracht, wo die Natur keine beabsichtigte, und zwar in so treuen Verhaltnissen und mit solch ei-ncm Einklänge, duß ein Beschauer, hatte er nicht die allgemeine Einförmigkeit der anstossendcn Gegend vor sich, einige Zeit unentschlossen bleiben möchte, ob er sie für wahre Erzeugnisse der Natur oder für gelungene Nachahmungen derselben halten sötte. Diese Welt im kleinen ist auf das Geheiß und zur Behaglichkeit eines Einzigen, aber durch die saure Arbeit von vielen Tausenden, geschaffen worden. Die Tempel von Peking reichen nicht an seine Palläste. Des Kaisers Religion ist in China fremd und ihre Cerimonien wurden am prachtvollsten in der Tars tarey begangen. Die Mandarinen, die Gelehrten, welche man zu den verschiedenen Befehlshabern im Reiche nimmt, und aus denen die höhern Stande be-, stehen, beten den Confucius nicht an, sondern vereh ren ihn vielmehr, und kommen zur Ehre und Feyrung seines Andcnkcus in einfach aber wohlgebauten Sälen 342 Zm'ückkchr nach Peking, zusammen Die zahlreichen niedere» Stande dcs Volks fiud nickt sowohl abgeneigt als ausser Stande viel zur Aufführung grosser und kostbarer Gebäude für die oft ftntlichen Rcligionsübungen beyzusteuern. Zudem wid? men sie viel Aufmerksamkeit dieser Art ihren Hausgöttern. Jede Wohnung hat ihren Altar und ihre Oö-tzn. In ihrcn mythologischen Schriften fiil!>ct man Abbildungen von denen, welche über ihr Leben und Eigenthum / wie auch über äussere Gegenstände wachen / mit denen sie in Beziehung gerathen können. Im Lu lisch iu oder dem Gölte des Donners, sind dic Heftigkeit dieser für unwiderstehlich gehaltenen L"ftt erschcimmg und die unerreichbare Schnelligkeit dcs Blitzes/ so wie ihre vereinten Wirkungen, durch eine scheuslichc in Wolken eingehüllte Gestalt abgebildet. Sein Kinn endigt sich auf einen Habichtsschnabcl, um die fressenden Wirkungen dcs Donners anzuzeigen, und seine Geschwindigkeit wird durch Vogelflügel angcdcm tet. In ciner Hand halt er einen Donnerkeil und m der andern einen kurzen Stock, um damit mehrere um ihn stehende Pauken zu schlagen. Zuweilen findet man ihn mit Adlcrsklaucn die Axe eines Radcs anpackend, vorgestellt, auf dem er mit noch grösserer Geschwindigkeit, auf den Wolken hinrollt. In dem Original dieser Schilderung sind die fürchterlichen Wirkungen dieses gräßlichen Geistes unterhalb der Wolken / durch erschlagene und umher liegende Thw Bemerkungen ubcr das was sich dort lc. 343 rc, wie durch umgeworfene Häuser und mit der Wur, zel ausgerissene Baume, veranschaulicht. Unweit Peking nehmen die Garten und kustreviere von I?uen-min-yuen einen ziemlichen Ctrich kandes ein, dessen Umkreis, dem Herrn Barrow zufolge, wenigstens zwölf Englische Meilen betrug. Dieser Mann sah mehr davon als alle andre in der Gesandt, schaft, und hielt den Ort für «sehr anmuthig. Die „ grossen und ergötzenden Naturauftritte waren so „kunstreich getrennt, v^bunden, oder geordnet, daß ,, sie ein Ganzes ausmachten, dem man eben so we-«nig Unpäßlichkeit als nichtssagenden Wirrwar von 3- Gegenständen ansehen konnte, sondern eben das rcgcls «massige Verhältnis, welches meist in völlig natürll> -- chen Landschaften herrscht. Runde oder cyformige, ,, viereckigte oder längliche Rasenplatze mit kurz bis auf -, die Wurzel abgcschorncm Grase, waren hier nirgend. «wo zu finden. Auf die anscheinende Vergrößerung « des Umfangs eines Grundstücks mittelst geschickter „ Vertheilung dcr Gegenstände, welche seine Hberflas « chc schmücken sollen / verstehen sich die Chinesen uns « gemein wohl. Zu diesem Behufe waren' lange, wu« «chernde Vaume vom tiefsten Grün im Vorgrunde, «wo man seinen Standpunkt flilr die Aussicht nahm, „ gepflanzt; indeß die entfernteren an Grösse und Far-„ bcndunkel allmahlig abfielen. Durchgängig ruhte dcr „ Gesichtskreis auf verzettelten unregelmassigcn Ban,m 344 Zurückkchr nach Peking. „ gruppen, deren Laub sowohl durch die mannigfalti-»tigen Baumarten, als auch durch die verschiedenen «Iahrszciten, in denen sie grünten, Abwechslung gel «wahrte. Oft wanden sich Gewächse, dem Anscheine „nach alt und verkrüppelt, mühsam durch Risse von «Felscn, die man entweder gleich Anfangs dort vorgefunden, oder absichtlich herangeführt halte. Auch «schienen die Chinesen wohl zu wissen, was Berwick «lung und Pcrstccktheit wirken. In Uncn-min-yucn «war elne Mauer aufgeführt, welche durch die Zwci-«ge eines Hickigls in gewisser Entfernung gesehen, »ein prächtiges Gcbäude zu seyn schien. Die aiige-«legten Gewässer hacien keine abhängigen Ufer, nach „Art der Abdachung an einer Fesiung, sondcin waren «hier und da mlt künstlichen F.licn umringt, wcsche «dem Anscheine nach an lhrem ursprünglichen Orte « standen. «Der einzige Umstand, welcher das Malerische „in der Chinesischen Landschaft verdarb, waren die ,, Steifheit und die schreyenden Farben ihrer Gebäude. «Aber die wellenförmigen Dacher sind eine Ausnahme «von dem ersten Theile der Beschuldigung und das »Hervorstehen derselben, wirft einen vortheilhaftcn «Schalten auf die Säulen, worauf sie ruhen. Einige «von den hohen Thürmen, die der Europaer Pagos «den nennt, schicken sich gut zu Ansichten, und stehen «daher meist auf erhabemn Oertcrn, Bemerkung übcr das was sich dort:c. Z45 «Obgleich die Chinesen richtige Begriffe von der -.schönen Klmstgattncrcy haben und in der höchst vor/ «theilhaften Vcrtheilung allcr Gegenstande Geschmack «beweisen, so sind ihnen doch nicht nur die Grund, nsatze der Perspektive und der Abstufungen von Licht 2, und Schatten ganzlich unbekannt, sondern sie cmpfin-«den auch nicht einmal die Wirkung davon, wie mal: „aus ihren Gemälden abnehmen konnte- Desgleichen, „als etliche Bildnisse von der Hand der beßtcn Euro-»vaischen Künstler, unter den Geschenken für den «Kaiser, vorgezeigt wurden« wunderten sich einige «Mandarinen über die Abwechslung des Lichts und ,-Cchaltcns, und fragten/ ob die abgebildeten Persos ,) nen an der reckten Scitc von anderer Farbe waren, «als an der linken? Sie hielten den Schatten der «Nase für eine grosse UnvoNkommcnheit im Gemälde, 2, und etliche mcynten, er befinde sich dort durch einen «Zufall. Ein Italiänischer Missionar am Hofe zu Pe-«king, Namens Casiiglione, der ein trefli'cher Mahler «war, wurde vom Kaiser befehliget, etliche Gemälde «für ihn zu verfertigen; doch bedeutete man ihm zu «gleicher Zeit, nach Chinesischer Manier, und nicht «nach Europäischer, die man für unnatürlich hielt zu „arbeiten. Daher sieht man in den Stücken, welche »den Pallasi verzieren sollen, ein Haus regelmässig « über das andre, bis oben an das Gemälde hinauf «gezeichnet, und dic Figuren dcs Vor- und Hinten 546 FurücMhr nach Pckiug. «grnnds sind alle von derselben Grösse, gleich als ob »man der Natur und dem Auge hatte Trotz bieten „wollen. Er mahlte auch eine regelmässige Folge dcr «sämmtlichen Handlhierungen, die in China getrieben «werden. In diesen war die Wahl und der Vertrieb «dcr Farben unvergleichlich, aber aus Mangel am gc-«hörigen Schatten hatte das Ganze kcine Wirkung. »Indeß finden die Chinesen mehr Wohlgcfallel, daran, „als an allen andern Proben der schönen Künstc, die «man aus Europa einfuhren könnte." , Die Chinesen halten wirklich den Schatten fur eine Zufälligkeit/ welche nicht aus der Natnr anf em Gemählde übergetragen werden sollte, dem sie etwas von dem Glänze und dcr Einförmigkeit scincr Falben benimmt. Eben so finden sie in Hil,sicht dcr Darstcli-lung von Gegenständen in verschicducn Entfernungen kein Wohlgefallen an derjenigen Zeichnung, welche die Dinge, so wie sie dem Auge vorkommen allmah^ lig, je nachdem es davon ist, verkleinert ai'giett, son, , dern an der, wo alles in natürlicher Grosse erscheint, so wie sichs dcr Verstand denkt, ohne auf den Irr^ thum des Gesichts zu achten, welcher jedoch zur Schön-heit und Treue einer Landschaft nothwendig ist. Die üble Wirkung von Gemählden, die nach sols chen Begriffen gearbeitet sind, nn-ß dem Fortrücke«; - dieser Kunst hinderlich werden. Anstatt der Schilde-rcyen findet man die Häuser mit Sittensprüchen aus< Bemerkungen über das lvas sich dort lc. 347 gc^'crt, welche fthr niedlich ai:f Holz oder Seide ge-nnu)ll sind u id den Kunst.veiken dcr besten Meister vor-gezogen wcldcn. Obschon die Chinesen in dcr Gruppi, rung, so wle in jeder Art von Zusmmnenschung und Zelchüunq zurück sind, so stellen sic t^ch einzelne Ge-gcu'Müde mit E'folg dar. Vor allem sind sie glückliche Mahler für Naturgeschichte, deren Reiche sie nicht nur mir qctleucn Ullnissen, sondern auch mit den ursprünglichen Fügen und Stellungen und mit einer so weit gchendcn Genauigkeit vorstellen/ daß ein Chine-sttchcr Mahler zuweilen die Schuppen auf einem zu zeichnenden Fische zahlt; dabey hat das Ganze eine L'.'bhaftigkcit der Farben/ die mu so erstauncnswürdi-gcr ist/ da sie blos von einer geduldigern und sorgsamern N.'ibung derselben Farbensioffe herkömmt/ wcl, 6)e in Europa gebraucht werden. Einige Europaische Kupferstiche sind von ihnen kopirt und mit einem Erfolge kolorirc worden / welcher den Beyfall der beste« Kenner erhalten hat. Ein gcwisscr Herr in London, berühmt wegcn seines Geschmacks besitzt jetzt eine in China verfertigte, kolorirtc Cop>.y eines Kupferstichs/ welcher eines der Studien des Sir Jos. Reynolds zum Gegenstände hat; und halt sie nicht für zu unbe, deutend / um sie in scmer Sammlung von kostbaren Gemählden aufzustellen. Auch beobachtet Herr Barrow/ «daß die Nachahs »mungskunst der Chinesen langst Aufmerksamkeit erregt 548 Zuruckkchr nach Peking. ' »hat; aber das wcnigL Verkehr, welches sie mit a»/ «der» Völkern haben und der Mangel an Mfmunte-«rung von ihrer eignen Regierung, welche sich auf „den Grundsatz ihrer Staatsklugheit gründet, daß »man Ueppigkeit niederhalten und Arbeitsamkeit, be? «sonders im Landbaue, befördern müssc, scheinen die ^ Hauptgründe zu seyn, welche die Ausbildung der «schönen Künste in China verhindert haben. So fügt «er hinzu, ist auch ihre Kenntniß der Bildner?!) in »Absicht auf Form, Stellung und Verhältniß, man, »gclhaft. Sie besitzen zwar die Kunst in Stein, Holz »und Elfenbein mit einem Meissel oder mit andern 25Instrumenten ausserordentlich scharf und rein zu schni-«tzen; allein ihre Arbeiten sind öfters verschroben und »unnatürlich. Der menschlichen Gestalt fehlt es oft „an gehörigem Verhältnisse, woran ihre Abneigung „gegen die Zergliederungskunde zum Theil Schnld „seyn mag. In der Darstellung eines Löwen sind sie, »ebcn so wenig glücklich. Zwey grosse bronzene Fis «guren dieses Thieres stehen auf marmornen Gestellen „vor einem der Thorwege, durch die man nach der „Audienzhallc in 3)uenlmin,yuen geht. Das Metall „war in kleine Stücken gegossen worden, die man „sehr kunstreich zusammengefügt hatte, ungeachtet in „einer Figur wohl hundert vcrschicdne Stücke sind; ,>aber sie sind so gänzlich dem ungleich, was sie vor-^stcllcn sollen, daß man sie beynahe fnr gewappnete Bcmerklmgcn über das was sich dort lc. 349 .-Ritter mit solchen Perücken halten möchte, als zur «Zeit König Carls getragen wurden." Jedoch kann man den Löwen für ein Geschöpf der Einbildungskraft unter den Chinesen ansehen. Es ist keiner im Lande zu finden. Man hat nie einen weder als Geschenk für den Kaiser noch als einen für Geld gezeigten Gegenstand der Neugierde dorthin gebracht. Die Chinesischen Löweiistatücn waren vermuthlich schlecht te Nachahmungen schlechter Zeichnungen von diesem Thiere/ dessen wirkliche Ueberlegenheit an Starke und dessen vorgeblicher Edelnnith es weiter bekannt gemacht haben, als es gewandert ist. Der grössere und gewaltigere Elephant, Welcher meist im Gefolge der Macht ist, bcfilldct sich auch in dcn Pallastcn des Kaisers / wo man ihn eben so sehr Wegen seiner Gelehrigkeit und Starke, durch die er nützlich werden konnte, als wegen seines ungeheuern Umfangs und sonderbaren Baues schätzte. Er ist das einzige vierfüssige Thier mit einem Rüssel, ob diesen gleich sehr vicle Insekten haben, und unter andern die gemeine Fliege, von der man zuweilen sagt, daß sie ihrem ungeheuern Feinde einen Sieg abgewinne. Einzelne Elephanten/ beyderley Geschlechts wutt den aus der Gegend des Aequators nach China gebracht und etliche wurden nordwärts vom Wendczirkel aufgezogen/ bey welcher Gelegenheit man beobachtete, daß, so scheu sie auch bey ihrer Vuhlschaft sind, ihre 55o Zurückkchr uach Pckiüg. ' Begattung nach Art der andern vicrfüssigm Thiere geschieht, ungeachtet eines anscheinend beyderscillg un-gemächlichen Baues, der sich jedoch gew-ssen Bedürfnissen fügt. Die Chinesischen Elephantm sind kleiner als die Cochl'nchuiesischcn und vo'l hellerer Farbe. Das Getreide, womit man sie füllet - ist Reis und Hirse, ob sie gleich in ihrem wilden Zustande, so wie die Giraffe oder der Camelftarder, das Camecl uud die Ziege sich häufiger von dem Laube dcr Bäume nud Gesträuche als mit Gctrcidekornern und Grasblättern nähren. Die Hausbcanttcn nebst dcr übrigen Dienerschaft in den Kaiserlichen Pallästen sind alle, oder meistens, Leute, welche vor dem Jünglingsalter ausser Stand gesetzt wurden Manner zu werden, oder seit diescr Zeit aufgehört haben, welche zu seyn. Zuversichtlich konnte nichts als die O.ual einer versiandcsvcrrüctendcn Ei-fcrsucht den ersten Gedanken zur Verstümmluug des einen Geschlechts an die Hand geben, um es zum un, beargwohnten Aufseher des andern zu macken; und nichts geringeres als dcr äusserste Mißbrauch unbeschrankter Macht konnte einen so grausamen und unnatürlichen Vorsatz ins Werk richten: Doch konnten vielleicht auch andere Ursachen den ferneren Gebrauch und die Vervielfältigung solcher Wesen veranlassen. Da sie zn keinem Geschlechte mehr gehören, von bey, den verabscheut und verachtet werden, keine Kinder Bcnlcrkllngen über das was sich dort:c. 351 zeugen können, weder lieben noch geliebt werden, und keine Empfindungen für Blutsfreundschaft haben, so laßt sich denken, daß sie durch das erkünstelte Band der Dienerschaft mehr gefesselt werden und dem Fürsten/ der sie hält/ mit der unbegranztesten Anhänglichkeit ers geben seyn müssen. Auf.mglich Diener von der niedern Art und ohne Anspruch auf Gewicht, leihen sie sich bereitwillig und knechtisch den Gelüsten und heimlichen Ergötzliche.itcn des Herrn, wodurch sie sich allmahlig Vertraulichkeit und Guust erschleichen, Von dieser Stufe sind sie/ wie die Chinesischen Jahrbücher durch unaufzahlbare Falle beurkunden, mitunter zu Macht und Anfthn hinaligestiegcn / und sobald sie sich auf dieser Höhe erblickten, liessen sie gleichsam ihre Rache an der Menschheit für das Unrecht ans/ das sie kör-Perlich erlitten halten und waren oftmals die Ursachen von Bedrängnissen, welche beynahe den Staat mit sich ins Verderben stürzten. Bey mehcrcn Gelegenheiten waren sie, mit wenig Ausnahmen, vom Hofe verjagt worden. Als Kangschi / der Grosvatcr Tschcn-lungs noch minderjährig war, wurden bey sechs tausend ders selben abgedankt, aber seit der Zeit haben sie sich wies der vermehrt und sind jetzt, wenigstens ,n Peking und Auen, miln yuen , im Besitze der mchresten Unterdes dienungen. Die Tüchtigkeit zu dergleichen Aemtern wird durch das erlangt, was man in einigen Theilen von Europa 352 Zlmttkkchl nach Peking. zur Verbesserung der Stimme, mit Aufopferung der Vaterschaft, vornimmt. Ab" um die Aufsicht über die Hoffrauen zu bekommen oder sich ihren Zimmern na? hen zu dürfen, muß das seyn, was die Türken/ ohne Rücksicht auf Gesichtsfarbe, einen schwarzen Eunuchen genannt haben sollen, das heißt, be» dem alle Spuren des Geschlechts vollkommen vertilgt sind. Der Europaische Leser wird mit Befremden vernehmen , daß die hierzu nöthigen Verrichtungen, so viel Behutsamkeit sie an sich erfodern, auch sogar an erwachsenen Chinesen ohne üble Folgen und ohne Lebensgefahr vorgenommen werdcn. Dics ist um so ausserordentlichcr, da die Wundarzneykunst so wenig in China verstanden wird, daß M5n nicht einmal Blut durch Oefnung einer Ader laßt, und Anatomie nicht nur unbekannt, sondern auch verabscheuet ist. Jedoch muß man bemerken, daß sich die Chinesen von allerley Zufallen schneller erholen und geringerer Gefahr dabey ausgesetzt -zu scyn scheinen, als die mchrcstcn Europaer. Co hat man auch beobachtet, daß dic Hindus bestandig und schnell von beträchtlichen und gefährlichen Wunden geheilt werden. Die Europäischen Wundarzte dort sind oft über die leichte Cur der Se-poys im Englischen Dienste bey Krankheiten, die man für ausnehmend furchtbar hält, erstaunt. Die helle rct-nc Luft in China und Indien mag allerdings bey sols chen Gelegenheiten von günstigerem Einflüsse seyn als das Bemerkungen über das was sich dort ;c. 253 das cnluin neduU^ s^äum wovon Tacitus in der Ve> schrcibung Groebrittannicns spricht. Aber die Lebens- . art thut ohne Zweifel das meiste zur allgemeinen Lei; bcsbeschaffenhelt und zu ihrer Empfänglichkeit der E-'lk zündung und des laltcn Brandes, wenn, wie man sagt< die festen Theile aufgelöst sind. Die Cl)l!'-esen und Hindus pflegen insgen,ein ailf keine 3irt auszu> schweifen. Den Hindus der niedrigsten und zahlreichsten Caste ist, ausser dem Rindfleische, kein anderes untersagt; aber sie und die Chinesen genicsscn weit weniger chicrifckc Kost und trinken viel spärlicher heisse und gcgohrne Wasser, als wenigstens die nördlichen Europäer. Die Verstümmlung kann in jedem Alter von der Kindheit bis in's vierzigste Jahr statt fmden. Man glaubt/ daß Binden in eine beißende Feuchtigkeit getaucht hierbey meistens dem Messcr vorgezogen werden. Man hat den Patiencen oftmals ein paar Tage darauf denl Anscheine nach wohlbehalten und als ob ihm nichts widerfahren wäre, ausgehen sehen. Wcnn sol-chcmnach ein Erwachsner in einen schwarzen oder völ< ligc,n Ennnchen verwandelt ist, so sieht man gemeiniglich, daß sein Bart bald nachher auszufallen anfangt/ bis eudlich nichts mehr davon übrig bleibt. Er schrumpft in demselben Verhältnisse zusammen und in wenig Jahren ist sein Gesicht gefurcht wie « die „ runzllchtc llxholdiim, durch Alier vcrziMfacht." 354 Zurückkchr nach Peking. Diese Beschreibung stimmt mit der des Chrysosiomus überein, welcher sagt, «als man die Schminke von « dem Gesichte des Eunuchen Eulrcpius weggewaschea, „ so habe es häßlicher und runzlichter als das einer »alten Frau ausgesehen." Claudian bemerkt sogar, daß zwischen der Jugend und Abgelebtheit solcher Leute kein Mittelraum sey. Der vorderste Aufwarter der Frauen in Puen-min,yuen schien dies wohl zu wisse»,. Wiewohl er noch nicht drcyssig Jahre alt war, so liest er sich doch nie fthen ohne sein Gesicht über und über geschminkt und seinen übrigen Körper gleichsam aufgez künstelt zu haben; dabey trug er die schrcyendsicn Fars ben und hatte an seinem Gurte allerley Quasten und Kleinodien hangen. Er war wenigstens sechs Schuh lang und sehr dick, aber übel gebaut und von schlechtem Wüchse. Eine Mädchcnstimme konnte kaum feiner oder schwacher seyn. Wenn sich Jemand über die Volksstufe empor, schwingen will und sich zur Verstümmlung bequemt so wird er gleich in einen der Pallaste aufgenommen, und erhalt dort eine Bedienung die ihm sowohl die Vortheile als auch die Wichtigfeit eines Mannes aus ben höhern Standen verleiht. Es benimmt ihm nichts von seinem Titel, cr mag nun einen Besen oder ein Bund Schlüssel tragen. Doch wird ihnen sehr selten die Ehre einer Kugel auf dem Hute, welche eigentlich das Amtszeichen der Bürgerlichen und militärischen Mandarinen ist. Bemerkungen über das was sich dort :c. 355 Der Einfluß dieser entmannten Pallastbewohncr isi oft weit grösser als ihre eingestandene Macht/ mid man weiß Falle/ daß vornehme Mandari.ien, die ih-nen etwas in den Weg gelegt hatten, auf ihr.' Veian-.' lassung, in Ungnade geriethen. Wohlwissend wie vicl zuweilen von ihrem Geschwatze und ihren Vorsiclwn gen wahrend sie sich um den Kaiser ihren Herrn mit zwanglosen Dienstleistungen beschäftigen, abhang n kann, treiben sie ihre Schamlosigkeit sogar bis zur un-gebührlichen Behandlung einiger Zweige aus seiner Fa, milie. Wie sich eincs Tages ein etwan ach^ehnjähriger Prinz und Enkel des Kaisers unter denen befand, wel, che die aus England mitglbrachtcn Geschenke besehen wollten, so stieß ihn ein Verschnittener zur Thüre hinaus und sagte, es würde sich besser für ihn schicken in der Schule zu scyn als in diesem Saale herumzulungern. In dem Pallaste ist eine Schule für diese Prinzen, worinn sie hauptsachlich in der Chinesischen und Man-schu j Tartarischen Sprache, wie auch in der Geschichte/ in den Gebrauchen und Ceremonien beyder Lander unterrichtet werden. Die Beschäftigung der Verstümmelten im Inneren des Pallastes soll sich seit des Kaisers höherem Alter schr verringeret haben. Die anerkannte Kaiserinn ist schon seit einiger Zeit todt und der Kaiser achtete sehr wenig auf einen lächerlichen Vorschlag, nach jhrem Ableben 256 ZlMlcktchr nach Peking, wieder zu heurathcn. Verschiedene von den Gesellschaft terinnen seiner Jugend waren / dem Verlauten nach, nicht mehr. Nach dem Tode eincs Kaisers, sagt man, wcrdcn alle scine Frauen in ein gewisses Haus innerhalb dcr Mauern dcs Pallasies gebracht, w» sic ihre übrigen Tage, abgesondert von der Welt, verleben. Dies Gci bäude hcisit der Pallast der Keuschheit. Es giebt in China etliche heidnische Nonnen, web che ein Gelübde thun Iuugfraucn zu bleiben, weshalb sie, trotz den darwidcrlaufendcn allgemeinen Gruntst^ tzen der Ctaatsklugheit und Sittci'.lchrc in dicfcm Rei^ che, eben so bewundert werden, wie Jemand, der in dcr Ausführung einer sehr schweren Cache glückliche Beharrlichkeit bewiesen hat. Beym Regierungsantritte eincs neucn Kaisers briw gen, wie man behaupten will, die vornehmsten Leute im Reiche ihrc Töchter nach dem Pallaste, d^'.mit er wählen möge. Diejenigen, welche behalten werdcn, bringen ihj rer Familie .nicht wenig Ehre und Ruhm. Neben denen , welche für den Kaiser auserkohrcn werden / giebt man auch den Prinzen seines Geblüts andere, zu Weibern oder Beyschläferinnen. Letztere werden in China eben so betrachtet l^ie die Magd in dcr Schrift. Da die im Pallaste angestellten Missionäre die Mißlichkeit ihrer dortigen Lage wohl fühlen, und einsehen, wic leicht man gegcn Lcutc Verdacht erregen Vl'mcrkungcn übcr das was sich dort :c. 357 kann, deren Zweck ci'nc Umänderung dcr Religion und Meynungen im Reiche ist, so fürchten sie sich weit mehr einem Verschnittenen zu mißfallen/ als einem Mandarinen, weil jener nicht nur hochfahrender und eigensinniger/ sondern auch dcn niedrigen Leidenschaft ten der Tücke und Rachsucht ergebener ist. Jeder Missionär sucht sich in dcr Gunst der gcsammten Kaiserlichen Familie und andrer Höflinge zu erhalten; welches er durch ausscrliche Demuth und durch allerley kleine Dienste bewirkt, die er ihnen in der Ausübung seiner besondern Kunst leistet; auch zuweilen durch die Schenkung irgcn) einer Europäischen Sache, die er besitzt und woran sie etwa Wohlgefallen gefunden haben; dabey dankt er allemal für die Ehre, welche sie ihm e« zeugen, dieselbe anzunehmen. Die Missionare rede« gemeiniglich knieend mit dcn Prinzen vom Geblüte. Bey den Herren, welche die Geschenke in Men-min-yuen anzuordnen hatten, befanden sich beständig Missionare, theils um zu dollmetschcn, theils um sich die Beschaffenheit und dcn Gebrauch der dort aufges stellten Instrumente erklären zu lassen. Gedachte Herren wurden mit vieler Artigkeit im Pallasie behandelt. Täglich besuchte sie ein Mandarin und fragte sie, ob sie zufrieden warcn, oder ob sie, ausser dem, was man ihnen brachte, noch etwas anderes za haben wünschten? Einer von ihnen gicng ordentlicherweise dreymal 558 Zurückkehl nach Peking, in der Woche nack Peking, wozu jedesmal ein einspänniger Wagen für ihn bereit stand. Zuweilen begleitete ihn ein Mandarin mit seinem Bedienten, aber oft ließ man ihn allein fahren. Alle Morgen schickte man zu ihm und ließ sich erkundigen, ob er an dies ftm Tage in die Stadt gehen wollte? Als die verschiedenen Maschinen und Instrumente endlich zusammengesetzt, gehörig geordnet und sammt den andern Geschenken, ringsherum in dem Audienz-saale und auf beyden Seiten des Thrones so Vortheil, haft als möglich vertheilt waren; machten sich alle zur Gesandtschaft gehörige Personen, die sich damals in Vuen-min-yuen befanden, fertig, von dort zurück-zukehren: aber plötzlich fiel es dem Hauptkastratcn die, ses Pallastes ein, brkannt zu machen, dast ein Befehl vom Kaiser gekommen wäre, die Geschenke anders zu stellen und sie alle an ein Ende des Alldienzjaals zu bringen, «damit Se. Kaiserliche Majestät sie ohne „die Ullbeql,cmlichkeit ftinen Kopf umzudrehen, vom «Throne sehen könnte." So lauttte der Vorlvand zu dieser neuen Anordnung. Und da sie vou Wichtigkeit schien, so wurde befohlen, daß die hergebrachte Sitte, sich allcr Arbeit drey Tage vor und drey Tage nach dem Kaiserlichen Geburlsfeste in jedem Pallaste zu enthalten, diesmal nicht beobachtet werden sollte. Kaum war der Gesandte nach Peking zurückgekehrt, als man ihm ansagte, daß der Kaiser nicht Bemerkungen übcr das was sich dort :c. Z5Y mehr weit von Puen-lminjyuen scy; zu gleicher Zeit wurde ihm zu verstehen gegeben, man erwarte es, als zur gewöhnlichen Etikette gehörig/ daß er Sr. Kais.rl. Maf. einige Meilen entgegen reißte. Der Ge* sandte hatte um diese Feit peinigendes Gliederreisscn, welches ihn überhaupt, seit er nach China gekommen war, oft gequält hatte. Die Mandarinen, welche bemerkten, wie viel Se. Excellenz damals litt, und wie unfähig er zu ungewöhnlichen Anstrengungen sey, schlugen ihm vor, um die Strapazen der Reise zu thei, leil, daß er diese Nacht auf seinem alten Landhause bey Puen-min-yucn übernachten sollte, von wo er dann am Morgen darauf nicht mehr weit haben würde. Dies setzte den Gesandten in den Stand, Sr. Kaiserlichen Majestät auf die beabsichtigte Art seine Aufmerksamkeit zu beweisen. Er schlief daher folgende Nacht mit seinem gewöhnlichen Gefolge von Engläm dern und Chinesen im Landhause. Am nächsten Mo« gen waren alle vor Sonnenaufgang in Bewegung. Sie schlugen eine Strasse ein, welche neben der aus-schließlich fur den Kaiser bestimmten, hinlief. Ein seichter Graben theilte diese Wege, welche beyde durch bunte Laternen, deren jede auf drey triangelweise in die Erde gesteckten und nach oben zusammenlaufenden Stangen hieng, erleuchtet waren. In weniger als zwey Stunden gelangte der Zug auf den allgemeinen Versammlungsplatz. Man führte He Gesellschaft in o 60 Zm'lkMhr nach Pcki!!^ einen geräumigen Saal, wo Erfrischungen siandm uud nachdem sie davon genossen hatte, begab sie sich an dc>, Ort, wo der Kaiser vorbcykol'Mlen sollte und dieses Zeichen ihrer ergebenen Achtung wahrnehmen, konnte. Ihr Standort war auf einem grünen Ufcr lini kec Hand von der Strasse. Ihr zu bcyden Seiten standen eine Menge Mandarinen, Leibwachen „nd Fahnenträger: viele der letzteren hatten ihre Fahnen zusammengerollt mid quer über des Kaisers Strasse gelegt, gleich als ob sie alle andre hindern wollten darü« ber zu reisen. Meilenweit, bis wohin das Auge rei-chen konnte, sah man den Weg mit Truppen besetzt. Wcil sich der Gesandte nicht wohl befand, hatte man dicht an ber Strasse ein Zelt für ihn aufgeschlagen, damit ihm, wahrend er auf Se. Kaiserliche Majestät Wartete, nichts Mossen möchte. Ehe sich der Kaiser näherte, kamen verschiedene Schwadronen Neuter und Bogenschützen mit ihren Köchern. Bald darauf erblickte man einen Palankin oder Tragstssel, w:e oben beschrieben worden, aber mit einem glanzenden gels ben Zeuge überzogen und mit Spicgclglassenstern geschmückt. Dieser wurde von acht Leuten getragen, und acht andre giengen dicht nebenher um jene gleich ablösen zu können. Dem Sessel folgte ein Trupp gelb-« gekleideter Reuter, Pikenircr, Fahnen- und Schildträger- Drinnen saß der Kaiser. Sobald er den Ge< sandten erblickte, hielt er, und ließ ihn auf das vers Bemerkungen über das was sich dort ll. 361 bindlichsie grüssen; anbe» wünschte er, daß sich Se. Excellenz unverzüglich aus der feuchten Morgcnkalte hinwegbegeben möchte, welche dem Uebel, welches ihm, wie er horte, anwandle, so ungünstig sey. Der Smlfte folgte ein zweyradrigter, plumper, nicht hangender Wagen, welcher sich in seiner Bauart dm-ch nichts von den gemeinen landüblichcn Flchrweri kcn unterschied, aber mit gelbem Zeuge überzogen und lcdig war, gleichsam zum gelegentlichen Gebrauche des Kaisers bestimmt. Wenn man einen solchen Karrn mit den bequemen, leichten und geschmackvollen Wagen vergleicht, die als Geschenke hierhergebracht wurden, so sollte man glauben, daß sich schwerlich National-vorurthcile lange gegcn die osscnbar vorzüglichere Be< quemlichkeit derselben halten tonnten; und es ist daher möglich, daß Englische Wagen, so wic Uhren und Tuch, mit der Zeit ein Waarcnartikcl in China wett den dürften. Hinter dem Kaiserlichen Wagen kam unmittelbar eine Sänfte, worinn der grosse Colao Hotschlmgtang saß. Wahrend der Kaiser über den Graben zum Gesandten schickte, sprangen verschiedene Mandarinen hinüber und warfen sich vor dem ersten Minister auf ihre Knie, um ihm ihre Achtung zu bezeugen. Man bemerkte, daß weder ein andrer Minister, noch jemand von des Kaisers Familie unmittelbar in seinem Zuge oder nur zu schcn war. Daher mußte olM Zweifel Z62 Zuruckkchr ,;^ch Peking. die Aufzeichnung dessen / welcher sich barmn befand, um so grösser scheinen; dafern nicht etwa Bequemlichkeit oder irgend ein Zufall diese Trennung Sr. Kaiserli, chen Ma/estät von seinen übrigen Hofleuten verursachte. Der Gesandte, welcher sich nach seinem Ausflüge nicht besser befand, kehrte unverzüglich nach Peking zurück, während der Kaiser nach Menimin-yuen weiter rcißte. Ihn verlangte sehr die Geschenke zu besehen, welche der Gesandte dort gelassen hatte, als er nach Dschechol gicng. Seine Kaiserliche Majestät betrachtete sie mit einer weit grösseren Aufmerksamkeit, als sich von jemand vermuthen ließ, der die Mühe geachtet hatte „seinen Kopf darnach zu wenden." Wirklich schien er an den meisten Gefallen zu tragen und ließ Silber unter die Arbeitslcute austheilen, welche sie in Ordnung gebracht hatten. Es wurden mit verschiedenen Instrumenten und Maschinen in seiner Gegenwart Versuche angestellt. Man beobachtete weite Gegenstände durch das Telcscop und schmolz Metalle in dem Focus von Parker's grossem Brenn, spiegel. Es konnte dem philosophischen Scharfblicke des Kaisers schwerlich entgehen, auf was Weise Europäischer Kunstsinn mit einer und derselben Sache, mit Glase, so verschiedenartige und ausscrordcntliche Wirkungen hervorzubringen erfunden habe. Das Modell des Royal Sovereign, eines Kriegsschiffes von hundert und zehn Kanonen, erregte seine Aufmerksam« Bemerkungen über das was sich dort lc. 363 kcit ungemein. Er that viele Fragen an die Herren der Gesandtschaft / welche anwesend waren, über die verschiedenen Theile dieses Modells, so wie überhaupt über die Brittischcn Schisse. Aber man konnte leicht sehen, daß es den Dolmetschern sehr schwer fi.'l, die mehrcsten Kmlstausdrücke umzudeuten, welches oft fenbar den Kaiser abhielt, mehrere Nachfragn zu thun. Denn die Neugicrde, welche er bey dieser Ges legenheit äusserte, und seine Herablassung im Gcspra, cl)! mit Privatleuten, liessen muthmasscn, daß tte laug, wellige und ungenügliche Arl, womit man sich durch Dolmetscher gegenseitig verstandlich macht, mehr dazu beytrügen, als hergebrachte Hofförmlichkeit oder Gleich, gülligleit gegen Europa, den öfteren persönlichen Ver-kehr zwischen dem Kaiser und dem Gesandten zu ven hindern. Ucbcrhaupt war es in der Lage des Botschafters schwer zu enträthscln, was der Kaiser damals sür Ge, danken über ihn und über sein Volk im Herzen hegen nwchte. Jedoch hatte er Ursache sich zu schmeicheln, daß die Eifersucht, welche man gegen die Engländer wegen ihrer vermeintlichen Theilnahme am Thibetischen Krie» ge gefaßt hatte, nach und nach seit Ankunft der Gesandtschaft, aus dem Gemüthe des Kaisers vertilgt worden sey- Inglcichen versicherte man den Freunden des Gesandten, daß der Feldherr der Chinesischen Truppen m diesem Kueg, welcher seitdem eine andre IÜ4 Zurückkchr nach Pckillg. Niederlage erlitten haltt, nicht langer Unlerkönkg il» Canton bleiben würde, weil er, wcgcn seiner erklärten Feindschaft wider alles was Englisch hicsse, durchaus nicht tüchtig sey, die Brittische F^ctorcy daselbst und andre Engländer untcr sich zn haben. Uebrigens schien die Vermuthung gegründet geling, daß der Kaiser Zwi? scheu den gegenseitigen Abschilberungcn, die man ihm von den El»glm,dcrn gemacht hatte, geschwankt habe. Iüdcsscn war dirs das ersie mal, daß je welche an scineni Hofe erschienen. Und man hat die Bemerkung gemacht, daß zuweilen Vornrthcile gegen Abwesende durch ihre Gegenwart erschüttert und allmählich verdrangt werden. Sie hatten zuversichtlich unter den vornehmen Staatsbcdientek und Mandarinen Freunde gewonnen, wiewohl ihnen diese nur gelegentlich von Nutzen seyn konnten. Durch sie erfuhr der Gesandte, daß der von ihm mitgebrachte Brief des Königs von Großbrittannien in einem geheimen Nathe erwogen worden sey, deßglcichen auch die Art, mit der man sich gegen die Unterthanen desselben in Zukunft betra< gen wolle. Dieser Sitzung hatte der crsie Minister den Thibotcr Feldherrn und den schuldigbcfundcncn Hoppo aus Canton beywohnen lassen, um ihre Aussage und ihren Nath zu hören, weil sie nehmlich befugte Richter über das Betragen und die Sinnesart dcr in diöstm Hafen handeltreibenden Ausländer sey», müßten/ eigentlich aber, wie man glaubte, um das Bcmcrlungcn übrr das was sich dort:c. Z6Z Gutachten des Colao gegen die günstigere Absicht des Kaisers zu verstärken. Bey dcn Eingebungen solcher krlttc blieb nicht vicl Wahrscheinlichkeit übrig, jetzt irgend einen Vortheil erhalten zu können, wenn des Gesandten Absehen unmittelbar dahin gegangen wäre. Allein es schien ihm weit schicklicher, sogleich dem Colao seine zn Anfang diescs Kapitels erwähnte Absicht bekannt machen zu lassen, daß er nemllch wünsche b^yin Kaiser um Erlaubnis znr Abreise aus Peking, im Februar, nicht lange nach den, Chinesischen Ncn-jahre/ anz, gethan habe/ denn sonst würde ihm der längere Auft „ enthalt derselben in jeder anderen Rücksicht sehr ani « genehm seyn." Man konnte sich nichts verbindliche res und schmeichelhafteres denken, als die Ausdrücke, Welche der Hotschungtang damals in seinem eigenen Namen gegen den Gesandten brauchte. Der Dolmetscher, welcher zwar ein gebohrner Chinese, aber nicht lange an das Acussere und an die Sprache seines Ho^ fcs gewöhnt war, schloß hieraus, daß es völlig bey Er. Excellenz stehen würde so lange als er es für zwecki dienlich hielte, zu bleiben. Der Colao entließ den Gesandten diesmal/ ohne ihm im geringsten merken zu lussen, daß des Kaisers Antwortschreiben auf Sr. Majestät Brief fertig sey und ihm folgenden Tages übergeben werden sollte/ welches dort für bin Losungszeichcn zum Aufbruche angesehen wird. Aber sobald er nach Peking zurückgekehrt war, Zweyter V! chin und Wang-ta-dschin zu ihm um ihm zu sagen, daß er eine Einladung vom Ho-tschung: tang zu einer Unterredung des nächsten Ta< gcs im grossen Pekinger Pallaste erhalten würde. Sie fügten hinzu, es sey wahrscheinlich, ob sie sich gleich das Anschn gaben, es nicht gewiß zu wissen, daß ihm des Kaisers Antwort an den König von England übcr< liefert werden würde, in welchem F^lle sie ihm rie-then, daß er sogleich um Erlaubnis bitten sollte, das mit zu seinem Herren zurückzukehren. Es war offenbar, daß sie Befehl erhalten hatten, dicscn Rath zu ertheilen; und sie betrugen sich augcnschcmllch mit ei< nem ihnen ungewöhnlichen Zwange, während sie sich mit dem Gesandten unterhielten; auch konnte man ihnen einige Niedergeschlagenheit anfthcn. Des nächsten Morgens früh machte der Kaisellii che Abgeordnete dem Botschafter seine Aufwartung und sagte ihm, daß ihn der Colao im grosscn Audienzsaale deS Pekinger Pallasts zu sprechen wünschte, so bald sich der Gesandte nur ankleiden konnte. Ob sich Se. Excellenz gleich damals gerade unpäßlich befand, so wollte er doch nicht unterlassen zur anberaumten Zeit au Ort und Stelle zu seyn, und ver< fügte sich, unter gehöriger Begleitung, bald darauf nach dem Pattaste, wohin er durch einen beträchtlichen Theil der Tartarischen Stadt seinen Zug nehmen muA Bemerkungen übcr das was sich dort :c. 571 te. Um den Pallaft laM cine hohe Mauer, durch welche er übcr weitlauftige Hofraume, längs Caualen mit stehendem Wasser/ und über Granitbrücken mit marmornen Geländern, an den Fuß einer Halle geführt wurde, wo er des Kaisers Antwortschreiben in einer grossen mit gelbscidenem Zeuge überdeckten Rolle fand, die auf einem, mit gleichfarbigen Vorhängen verzierten / Staatssessel lag. Dieser wurde nachgehcnds förmlich in der Mitte über drey TrcppenabtheilmMN in die Halle hinaufgetragen / indeß der Colao und die/ welche bisher neben dem Sessel gestanden hatten, sammt dcm Gesandten und seinem Gefolge die Seiten-stufen hinan stiegen. Die Halle, ein einzelnes aber von vielen andern umringtes Gebäude, war schr gc? raumig und prachtvoll, obwohl nur von Holz auf ci, nem Fundament von Granit; sie hatte von innen und aussen Vergoldungen und schimmerte von der glücklich, sien Verschmelzung gefalliger und höchst lebhafter Farben. Man stellte die Briefrolle mitten in die Halle, von wo sie nachher in das Gesaudtschaftshotel geschickt werden sollte. Ueber den Inhalt der Antwort ließ man sich nicht heraus, aber was für gnadige Gesinnungen oder Be-willigungen sie auch immer enthalten mochte, so wa, ren sie wenigstens muthmaßlich weder dem Colao noch seinen Genossen zuzuschreiben, deren hartnäckige Ablehnung der von auslandischen Ministern gewöhnlichcrwcise 372 Zmäckkchr nach Peking, übcrgcbenen Geschenke, nach Morgenlandischen Sittnr ein hinlänglicher Bewcis ihrer Abgeneigtheit war. Indeß wie dem Ho-tschung,tang gesprächsweise die Punkte bekannt gemacht wurden, welche die E^lischs Ostindische Compagnie in China zn erlangen wünschte, so begehrte er, daß man ihm eine kurze Darlegung derselben zukommen lassen möchte, welche, wie er sagte , sogleich in Erwägung gezogen werden sollte, ohne jedoch sich anheischig zu machen, daß er sie unterstützen wolle. Es war mindestens nicht imdienlich die Ml forderungen bekannt werden zu lassen, weil sie zur Antwort auf die so oft bey Hofe gemachten Versicherungen dienen konnten, daß die nach Canton kommenden AusH lander, so wenig sie es verdienten, in Absicht auf Gerechtigkeit und Menschlichkeit, nichts zu wünschen üb, rig hatten/ daß aber die Gesandtschaft gewisse der Res gierung feindselige Absichten befördern wolle. Daher verhieß Se- Excellenz einen Aufsatz über gedachte Federungen ohne Verzug einzureichen. Immittelst schien es zu den bestimmten Feyerlichi keiten des Tages zu gehören, daß dem Gesandten die Schönheiten des Pallasis gezeigt würden, welches der Colao im Begriffe war mit eben der Artigkeit zu thun, mit welcher er den Garten bey Dschechol gewiesen hatte; da sich aber der Botschafter wegen seiner Unpäßlich-keit hinwegbegeben mußte, so ließ er den bevollmäch< tigten Minister und die andern Herren des Gefolgs in Bcmcrkungen über das ivas sich dort lc. Z73 der Gesellschaft des Colao, welcher sie durch viele verschiedene Gebäude führte, die sämmtlich nach einem regelmassigen Plane und beynahe eben so angelegt was rcn wie die schon vorhin gesehenen Kaiserlichen Pallä-st<' / nur weit geräumiger und prachtvoller. Sie waren alle theils zu öffentlichen Feyerlichkeiten, theils zur Schau bestimmt. Des Kaisers Wohnzimmer im ins nern Pallaste wurde blos aus der Ferne angedeutet. Dcsselbigen Abends brachte man die Kaiserliche Antwort auf des Königs Brief feycrlich in das Ge-sandtschaftshotel. Zugleich wurden auch mehrere Ki-sicn mit Geschenken vom Kaiser an Se. Majestät geschickt, welche ohne Zweifel aus den besten Artcn drr unterschiedlichen Landes- und Kunsterzeugnisse des Reichs erlesen waren. Ingleichen kamen Geschenke für den Gesandten und sein ganzes Gefolge; auch hörte die Aufmerksamkeit des Kaisers nicht blos bey den alle« untersten gegenwärtigen Bedienten auf, denen er einen kleinen Beweis seiner Milde geben lies, sondern sie erstreckte sich auch auf die sämmtlichen abwesenden Matrosen und Offiziere der Gesaudtscha/tsschiffe. Visher waren noch keine ausdrücklichen Anweisuns gen zur Abreise Sr. Excellenz gegeben worden und man konnte aus der letzten, in Puensmin-yuen von Seis ten des Kaisers geschehenen Erklärung abnehmen, daß es hierinn nicht bis zu einem unbedingten Befehl konu men würde. Jedoch, so schwer und vielleicht vergeb^ Z74 Zurückkehr nach Peking, lich es gewesen seyn würde, wenn man, der Neigung des Colao entgegen, langer hätte bleiben wollen, so war doch dem Gesandten bisher sehr wenig Zeit gelassen worden, den Zweck seiner Sendung zu veför, dern, und er wünschte natürlich/ etwas länger bleiben zu können, um vielleicht die Regierung allgemeiner für selbige einzunehmen. Mittlerweile kam der, selbe Freund, von dem man schon zuvor unter der Hand wcgcn der Antwort Nachricht erhalten hatte/ und welcher nicht nur den Pekingerhof völlig kannte, sondern auch einigermassen von den wachsenden Bei drückllngen des Handels und der fremden Kaufleute in Cancon unterrichtet war. Dieser versicherte, »die » Chinesen hatten keinen andern Begriff von einer G« «sandtschaft, als daß es ein Besuch sey, welcher mit «Geschenken bey einem feyerlichen Feste abgestattet x, würde, und nie langer als dasselbe, währe; daher «hatte keine von dcn vielen Gesandtschaften, die im „vorigen und jetzigen Jahrhunderte an sie wären ges »schickt worden, über diese Zeit hinaus bleiben dürs «fcn, und daß man, unter der gegenwärtigen Regie? «rung, den Botschafter der Portugiesen, welche das „ allerbegüllsiigtste Volk wären, in neun und drcyssig «Tagen entlassen hatte; die Chinesen pflegten sich nur „selten mit fremden Völkern in Verträge einzulassen, «sondern wenn man etwas mit ihnen zu verabhandeln „haltt/ so müßte mau erstlich durch eine Gesandtschaft^ Bemerkungen über das was sich dort:c. 375 «die ihnen schmeichelhaft wäre, einen guten Grund «dazu legen, und dann langsam darauf fortzubauen «suchen, denn es liesse sich viel von ihnen erhalten, „ wenn man oic Zeit in Ackt zu nehmen und es klug-»lich anzufange« wisse, aber nichts mit einemmale. «Es sw wahr, die Unterdrückungen der medrigern ^»Beamten und anderer, welche mit den Auslandern «in Cancon zu thun hatten, waren allmählich ang« «wachen, und müßten, dafern sie nicht von mächtiger « Hand abgehalten würden, mit der Zeit so unerträgs « lich werden , daß kein andrer Ausweg übrig bleiben ,- könnte. als entweder den Handel daselbst gänzlich « anzugeben , oder zuletzt eine Gesandtschaft zu schi< ,, cken, die darüber Vorstellungen thäte; je eher diese »nun unternommen worden, desto besser; und Ware «die gegenwärtige Votschaft zeitiger angelangt/ ehe ,, noch die Französischen Unruhen die Chinesischen Mis ,, nister und Gerichtshöfe auch lgegen die mindeste Neue, „ rung abgeneigt semacht hatten, so würde sie um »so minder Schwierigkeiten im Anfange zu überwin» „ den gehabt haben; indeß hätte die jetzige Sendung «einen solchen Eindruck im ganzen Reiche gemacht, „ daß , trotz aller einstweiligen Hindernisse, gute Fob ,2 gen für die Enqlander daraus entspringen müßten, « und daß die Unterdrückungen in Zukunft wenigstens » stille stehen würden; denn die Chinesische Regierung, »sey zwar, nach ihrer Beschaffenheit und Verfahs 3?6 Zm'ückkchr nach Peking, «rungsart, neuen Vorschlägen zu Anfange entgegen, „aus Besorgnis, in der Eile etwas sich nachtheiliges «einzuräumen, oder scyadliche Verfügungen zutreffen; «aber sobald nur die ansiössige Neuheit der Sache « verschwunden sey, könne man fie wieder in ernsthaftere «und unbefangene Anregung bringen; dies liesse sich in «kurzem durch Briefe abthun , welche sich beyde Mos « narchcn mit den alljährlichen Schissen zusenden könni «ten, worm Far keine Unschicklichkeit läge, da der » Verkehr nun einmal unter ihnen geziemend geöfnet «sey." Zuletzt rieth er, daß man auf keinem länge-ren Aufenthalte in Peking bestehen solle. Eine Begebenheit, die dem Gesandten eben zu Obren gekommen/ aber dem Rathgebcr unbn von offnen, einnehmenden Sltten und schien wenigstens nicht die Leidenschaften oder Vorurtheile des Abgeordnet«-» am nehmen zu wollen. Die Auswahl eines Mannes von so hoher Würde zur Begleitung der Gesandtschaft, > wurde von den Chinesen für eine ausgezeichnete Ehren, bczeugung gehalten, und als solche auch Sr. Excellenz angekündiget. Morgens am siebenten October verfügte sich Ho< tschungtang mit andern Colaos in ein offnes Gebäude innerhalb der Thore von Peking, wo er feyerlich vom Gesandten Abschied nehmen wollte. Letzterem wurden hier verschiedene gnädige Aeusserungen Sr. Kaiserlichen Majestät mitgetheilt und all seine stcllvcrwesende Mmi ster beobachteten alles was in der Chinesischen Höflichkeit Herkommens war. Sie hofften, Se. Excellenz Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil ic. 333 würde mit der Art zufrieden seyn, womit die Gesandtschaft wahrend ihres Aufenthalts unter ihnen be-handelt worden sey und versicherten, daß alles ange? lvaudt werden sollte, wie auch wirklich geschah, seine Reise bis an den Hafen, wo er sich einschiffen würde, gemächlich und angenehm zu machen. Auf einem Tische lagen zwey gelb überzogene Stücken Bambusrohr, in denen zwey Rollen Von gelbem, velinartigen Papiere steckten, auf deren einer die Kaiserlichen Geschenke vett zeichnet waren, auf der andern aber eine Antwort aus die Forderungen stand, welche unlängst vom Botschafter überreicht worden waren. Hatte man auch einige Hofnung hegen dürfen, daß in der Antwort diese Fo< denlngen zugestanden wurden, wozu weder die Gesins Nungen der zu Rathe gezogenen Leute noch die Eilfe« tigkeit, womit man einen Entschluß darüber gefaßt hatte, aufmunterten, so würde sie doch völlig durch das Stillschweigen des HotschungtanH hierüber, ve« nichtct worden scyn, welcher sich ein Verdienst darauS gemacht hatte, wenn der Bescheid günstig ausgefallen wäre, eine so angenehme Eröfnung über sich zu nehs men. Beyde Rollen wurden im Beyseyn des Gesand, ten, einem Mandarine vom fünften Range, welcher dazu niederkniete, mit gelben Banbern auf den Rücken gebunden und von ihm zu Pferde bis an den Fluß getragen/ wo sich Se. Excellenz einschiffte. Vorrang erzeugt dort zu Lande eine solche Entfernung, daß 584 Abzug aus Peking, zwey Chinesische Begleiter der Gesandtschaft, von keinem geringen Grade, sich ebenfalls kniend vom Colao beurlaubten. Obwohl der Dolmetscher als Gesandtschafts« ftcretair für die Chinesische Sprache war vorgestellt worden, so mußte er doch allemal siehend mit dem Colao reden; ja der hoffartige Feldherr des Thibeter Heers zwang ihn einst kniend zu sprechen. Nachdem der Gesandte von des Kaisers Mi) nistern geschieden war, nahm er, unter Begleitung seines vorigen Gcfolgs von Englandern und Chinesen, seinen Zug durch eins der östlichen Pckin-Zer Thore, wo er mit den gewöhnlichen Ehrenbezeugungen begrüßt wurde, und dann reißte er gerade nach Tongschufn, um sich dort auf dem Pei. A H 2^6 Abzug aus Pckmg. Rang und die Bedienung dessen, der nicht mehr war, ersehen konnte. Unmittelbar vor dcm Leichname gien-gen die männlichen Verwandtei?, jeder von einem Freunde unterstützt, welcher das Ucbcrmaaß des Herze-leids, dem sie sich/ nach dem Anblicke des Gesichts zu urtheilen» überlassen zu wollen schienen, zurückhielt. Ueber die Leidtragenden hielt man Sonncuschirme mit tief herabfallenden Vorhängen. Wenn der Zug bey Begräbnißplätzen und Tempeln vorüber gicng, braun, ten einige Pcrsoncu desselben runde/ meisicus mit Ziun, blattchen überzogene Stücken Papier an: diese solicn sich nach der Voltsmeynung, so wie dicMun^c für den Charon um in die Elysaischen Felder hinübergeschl zll werden, wahrend der nächsten Abstufung des Daseyns, in die Mittel verwandeln lassen, durch welche man sich die Erfordernisse dieses neuen Lebens verschaffe« kann. Ungeachtet der philosophischen Grundsätze der gelehrten Chinesen, wovon jcdcr mit der Vernunft streitender Begriffe so wie die Wirklichkeit aller Wcsen, die sich nicht auf die Sinne zurückführen lasscn, ausgeschlossen ist, so geben sie doch zuweilen im taglichen Leben den gangbaren Ideen des schwachen Pöbels nach. Unter andern ist das Volk besonders abergläubisch und zum Wahlen geneigt, in Absicht auf die Zeit, und den Ort der Todtcnbcstattung. Bevor man sich über diese wichtigen Punkte vereinigen kann, werden öfters die Sarge dcr Reichen von ihrer letzten Wohnstatle em- Reist nach Han-tschu-fu, zmn Theil lc. Z87 fernt gehalten, und man sieht viele in Häusern oder Gär-i ten unter vorschliessenden Obdächern, um sie, wähl cud des Ausschubs, vor der Witterung zu schützen; abcr Nothwendigkeit zwingt den Armen viele seiner hichcr gehörigen Bedenklichkeilen zu überwinden und die Ueber, reste seiner Freunde auf einmal und mit wenig Cere, nwnie ihrem endlichen Ruhcorte zu übergeben. Wie verschieden auch die Gemüther bey Vermag ilmgen gestimmt zu seyn pflegen, so laßt sich doch, ungeachtet des damit verbundenen Prunks und Aufwand s / die Fcyer derselben nicht mit dem Pompe dcr Beerdigungen, bey Leuten von demselben Stande, vergleichen. Zum Gepränge der Verchelichung gabcn wahrscheinlich die Eltern den ersten Anlas. Sie wünschten natürlich einer Vereinigung, wozu sie selbst wähl, tcn, Wurde zu verleihen, und selbige durch eine Festlichkeit auszuzeichnen, welche das Band heiliger und fester machte. Aber der Instinkt, wodurch die Geschlechter vereiniget werden, erfodcrle nicht die Bey-hülfe öffentlicher Feste. Das Gehcimnißvolle facht vielmehr dessen Flammen an, und wird zur Begehung der dabey üblichen Gebrauche vorgezogen. Wiewohl der chelose Stand des einen oder des andern Geschlechts bey den Chinesen nicht für verdienst/ lich gehalten/ und Beständigkeit als die einzige Art dcr Keuschheit von ihnen empfohlen wird; so erhalten doch die Vorschriften des aussen Wohlstandes grosscn 288 Abzug aus Peking. Vorschub durch das Betragen' und die Dcnkungsart aller wohlerzogenen und gebildeten Lcl'.tt. Man beobachtet zwar viel Aehulichkeit zwischen dem Chinesischen und den» nahen Hindosianischen Hcvdcnthume, aber jenes scheint von diesem keine der anstössigen Stclluns gen entlehnt zu haben, welche man zuweilen, als einen Theil der ursprünglichen Zeichnung, sogar an den Aussensciten der Indischen Tempel cingegraben findet. Zwar hatte ein Herr in der Gesandtschaft diesmal bey der Rückkehr aus Peking Müsse einen kleinen offenen Tempel, der an der Seite der Hcersirasse stand, und den er vorher bey der hastigen Reise nach der Hauptt siadt übersehen hatte, in Augenschein zu nehmen. Die darinn befindliche Figur sollte, seiner Meynung nach, den Lingam der Hindus, oder den Hcydnischcll Gartengott vorstellen. Jedoch war es blos eine schlichte kurze Säule, die auf dem Nucken eines plump ge< schnitzten Thieres von der Eydech,'engattung stand, und sollte, ihrer Bestimmung nach, vermuthlich bloß eine Chinesische Denkschrift aufbewahren, womit beynahe eine ganze Seite derselben angefüllt war. Wenn man aus den freyen alltaglichscheinenden Ausdrücke« einiger der geschmackvollsten Schriftsteller des Alte« thums, aus den unsittlichen Figuren, die sich an alten Gebäuden, z. B. in Pompeii, vorfinden, aus einigen Ueberbleibseln anstossigcr Verehrung in einem vernachs lassigten Theile desselben Landes/ und endlich aus der Ncisc nach Han - tschu - su / zum Theil zc. 339 schamlosen Sitte etlicher entlegener Horden von Wils den, schliessen dürfte, daß Wohlanstandigkeit sich nicht auf ein übermächtiges/ angebohrnes und nothwendiges Naturgefühl gründe; so muß man wenigstens eingeste-hl» , daß sie eine sehr glückliche Erfindung der Gesellschaft lst, welche zwar die Lasterhaftigkeit nicht entfernen , aber doch ihre äussere Schändlichkeit über-schleyern/ und den natürlichen Genüsse» Adel und Feinheit mittheilen kann. Und diese Art von Scheintugend haben die Chinesen fast eher, und in einem hos Hern Grade, als die mehresten übrigen Völker besessen. Als die Gesandtschaft in Tong-tschu-fu ankam, wurde sie in dem Tempel, welcher ihr schon zuvor zum Aufenthalte gedient hatte/ und nun abermals zu ihrer Aufnahme vorbereitet war/ freundlich aufgenommen. Die vornehmsten Mandarinen der gedachten Stadt, welche Abends mit buntfarbigen Laternen ers leuchtet war/ machten dem Botschafter ihre Aufwartung. Vor dem Tempel fand er bereits Truppen in allerhand Monturen paradieren, welche zwar zum Theil wohlausgesonncn und von gefalliger Wirkung aufs Aw ge, aber dem Anscheine nach passender für die Schaus bühne, als für das Schlachtfeld waren. Weiberröcke und Wämmser, beyde gestopft und durchnäht, zu atlaß-nen Stiefeln mit dicken Papiersohlen getragen, hatten ein gemischtes Ansehn von Plumpheit und Weichlichkeit, die sich anscheinend nicht wohl zu einer soldati- Iyo AbM aus Peking, schen Lebensart reimen; allein diese heilige Wohnung war zur Genüge durch den Schirm des Men so schickte ihn der Kaiser/ als er es hörte, unverzüglich mit dcr verbindlichen Aeusserung zurück, daß er von keinem Privatmanne zwcymal Geschenke anzunehmen pflege. Hie Gesandtschaft wurde nicht langer als einen Tag in Tongtschufu aufgehalten. Die Gewässer des Peiho waren wirtlich schon niedrig und wurden es noch immer mehr. Nur noch ein paar Tage länger und sie hatten dann vielleicht so wenig tragen können / daß nicht einmal die Jachten fiott gewor< den waren; wenigstens würde es dann eben so unbes quem gewesen seyn, in kleinen, offenen Kähnen, als zu Lande weiter zu reisen. Die jetzt bestiegenen Jachten waren von möglichst leichter Bauart, ganz so wie es die Bequemlichkeit dcr Reisenden ersoderte. Oberhalb befanden sich keine Cajütcn fürs Volk und unter dem Fußboden ließ sich wenig Gepäck aufbewahren. Sie waren etwa sicbenzig Z94 Abzug/ aus Peking. Schuh lang, und fünfzehn breit, von platten Böden und sanken kaum zehn Zoll ins Wasser. Dcmungeach« tet mußten sie am zweyten Tage nach dcs Gesandten Emscdissling, mit Gewalt über einige Untiefen im Flusse gezogen werden. Ansscr der im Anfange dieses Kapi? tels erwähnten Ursache, welche die Verringerung dcs Flußwassers verursachte, trug noch eine andere nicht so beständige, in dieser Iahrszeit dazu bey. Das Wetter war seit einigen Monaten überaus trocken gewesen, und kaum hatten ein oder zwey Regenschauer den durch Verdunstung erfolgten Verlust seit dem I»ls lius wieder ersetzt. Von der Zeit an sah man selten eine Wolke. Um die Erndtezeit weiß man gemeiniglich so wenig von Regen,, daß das Getreyde öfters auf einer offnen Tenne in freyem Felde, wo es gemähct worden isi, ausgedroschen, oder vom Strohe geson-dert wird. Fahrenheits Thermometer, der im August selten unter vier und achzig stand, fiel jetzt zuweilen bis auf fünfzig. Auf den bisher meist mit Kau-liang odcr hohen Korne bedeckten Feldern sah man nun eine andre Art von Hirse stehen. Die kürzern Halmen desselben unterbrachen nicht so sehr die Aussicht, welche, so wie die Reisenden das westlich von Peking liegende Gebirge hinter sich liessen, aus einem ebenen, lustigen, reichbesiclltcn und mit Dörfern bebauten Lande bestand. Die Gesandtschaft war auf ihrer Reise kaum eiy Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil lc. ZY5 ^aar Meilen fortgerückt, als Wan-ta - dschin dem Botschafter meldete, daß der Colao Sun-ta-dschin so eben einen Brief vom Kaiser erhalten hatte/ dessen Inhalt er ihm mitzutheilen wünschte. Zu gleicher Zeit bemerkte Se. Excellenz, daß sich Sun-ta-dschins Jacht der seinigcn sehr schnell näherte. Da ihm der Ge< sandte die Ungelogcnhcit ersparen wollte, sein eigenes Fahrzeug verlassen zu müssen, so verfügte ex sich selbst zu ihm und leitete die Unterhaltung mit seinem neuen Reisebegleiter durch Erwähnung der Höflichkeiten ein, die er von ihm im Pu-tasla, und im Ganen zu Dschechol empfangen hatte, wofür ihm Se. Excellenz abermals dankte; hicrnachst cröfnete er ihm, wie sehr er sich freue, daß Sun-ta-dschin ernannt worden sey, ihm die Ehre der Begleitung auf dieser Reife zu erzeis gen. Der Colao empsieng den Gesandten mit allen Zeichen von Achtung und äusserte seine höchste Zufries denheit darüber, daß die Wahl diesmal auf ihn gefallen sey. Sodann las er einen Theil von des Kaisers Briefe vor, worinn es hieß, daß er, ^» Sun-ta^ ,1 dschin die Gesandtschaft unter seiner besondern Wfs „ sicht haben, und daß der Botschafter nebst seinem „ Gefolge auf der Reise nach Tschussan mit aller gczie-„ menden Auszeichnung und Aufmerksamkeit behandelt „ werden sollten, worauf er an besagtem Orte Corge « zu tragen hatte, daß sie sicher ihre Schisse erreich-,- tep, falls aber diese schon forlgesegelt wären, daß Zy6 Abzug ans Peking, «sie auf die nehmliche Art und in derselben Absicht, « nach Canton geleitet würden." Es war leicht zu er, achten, daß er seine geheimen Verhaltungsbcfehle, die vielleicht in demselben Schreiben enthalten seyn mochten / nicht mittheilen würde; aber schon daraus, was er sagte, lies sich abnehmen, daß der Brief, worinn der Gesandte den Ritter Erasmus Gower ersucht hatte, auf die Ankunft der Gesandtschaft in Tfthussan zu warten, ihm nicht war Übermacht worden. Man hatte den Brief, welcher Englisch geschrieben war, offen an. den Minister übergeben. Dieser konnte in Peking nies mand, ausser den zur Gesandtschaft gehörigen Personen, auftreiben, der ihm den Brief zu übersetzen vcr/ standen hatte. Aus allen Umstanden lies sich vermuthen, daß dieser Brief weiter nichts enthielt, als was der Botschafter ihm angezeigt hatte und es war schwer zu errathen Was für zwcydeutige Nachrichten oder ge< fährliehe Befehle dem Ritter Erasmus, Gower jetzt noch hatten zugefertigct werden können: demungeachtet zeigte sich der erste Colao so argwöhnisch darüber, daß er ihn bisher bey sich zurückbehalten hatte. Jedoch fand Sun-ta-dschin die Wahrheit der Auslegung, welche ihm der Botschafter von dem Briefe gab, bald so einleuchtend, daß er die Nothwendigkeit der schnellen Beförderung desselben anerkannte und versprach, an Se. Kaiserl. Majestät zu schreiben, den Brief ohne Weiteren Aufschub abzusenden. Der Botschafter gieng Reise nach Han-tschu -fti/ zum Theil :c. ZY7 bald darauf in seine Jacht zurück/ wo ihm Sun-tae dschin in einer kleinen halben Stunde den Gcgcnbesllch abstattete. Die Unterhaltung wurde nun ungezwungen ncr und da er während derselben erfuhr, daß des Ge, sandten Aufenthalt am Russischen Hofe drey Jahre ge, wahrt habe, so konnte er nicht absehen was für öffenk liche Geschäfte ersterer in einer so langen Zeit dort abzuthun gehabt haben könne? Sein Btfremden führte zu einer Erörterung der Art, auf welche die Europai, schen Völker mit einander im Verkehre stünden, um dessen willen die verschiedenen Landesherren meistens theils Botschafter an den Höfen der andern zu unter, halten pflegten, durch welche die gegenseitige Freund, schaft aufrecht erhalten und jeder Anlas zur Elfersucht am besten verhindert würde/ die ausserdem durch zufal« lige Mißverständnisse erregt werden könnte. Sun ta-dschin schien seine Fragen nicht blos aus eigner Neugierde zu thun, sondern auch um an den Kaiser alles einzubcrichten, was er über die Engländer und andre nach China handelnde Völker aus den Ge, sprachen mit dem Gesandten aufsammeln konnte. Daß die Sendung ungcmein die Aufmerksamkeit des Kaisers beschäftigen mußte, war aus dem taglichen Briefwech, sel offenbar, den er über sie führte. Und da der Haupt-gegensiand der Botschaft war, die Vorurtheile der Chi, ncslschen Regierung gegen die Englander aus dem Wege zu räumen, so sah der Gesandte leicht ein / daß, ZY8 Abzug auS Peking, wahrend er, durch einen so aufrichtigen Canal, im Grunde schr vertraut mit dem Kaiser sprach, weit mehr zur Erreichung seines Endzwecks geschahe, als bey dem gezwungenen Verkehre während seines Aufenthalts bey Hofe möglich war. Diese gegenseitigen Besuche wurden oft wiederholt. Ans ein gegebenes Signal näherten sich die beyden Jachten und klammerten sich an einander, wodurch die/ welche hinüber steigen wollren. Zeit erhielten es auf einmal zu thun. Wenn sie zusammenkamen las ihm Sun>ta-dschin oft Ctellen aus des Kaisers Briefen vor, in denen bald diese, ba!d jene gnädige Aeusserung über Se. Excellenz oder dessen Gefolge, auf Veranlassung der von ersterem erstatteten Berichte über ihr Betragen und ihre Dcnkungsart, enthalten war. Vermuthlich, wie Sun« ta-dschin einmal dahinter kam, daß die von dem vorigen Abgeordneten gemachte Abschilderung ihres Betra, gcns, verschroben und grundlos sey; erregte cine sol, che Verdrehung grossen Unwillen bey ihm, und dieser that auf einen Mann von seiner Sinnesart hinlängliche Wirkung, um in dem, was er von ihnen berichtete , wenigstens so günstige Ausdrücke zu brauchen, als ihm seine eigene Beobachtung und sein Urtheil nur erlaubten. Ausser dem ihm natürlichen Edelmuthe, hatte vermuthlich seine Liebe zu gelehrten Kenntnissen die kleinlichen Nationalvorurtheile lautern helfen, welche er etwa durch seine Erziehung oder aus den in sei- ' Rcise nach Hau - lschu - fu, zum Theil tt. 399 ncm Wirkungskreise gangbaren Vorstcllungsartcn und Meynungen angenommen hatte. Er besaß alle Gelehrs samkcit, welche nur Chinesische oder Mantschu Tarta-riscbe Bücher darboten. Unter allen Mandarinen/ die dcm Gesandten vorkamen, war cr der einzige/ der eine Büchersammlung auf der Reise mit sich führte. Er bettug sich mit Artigkeit, wiewohl cr cs für uothwcn« hielt, sireng über die ausschließlichen Rechte seines Vorrangs zu wachen. Er war nicht nur ein Colao, sondern trug auch das Ehrenzeichen eines gelben Mantels, welcher seine übrigen Kleider, wie ein Spencer, bedeckte. Ein solcher kleiner Mantel ist dic höchste jctzt in Cdina übliche Auszeichnung, welche dcm/ der sie hat, gleichsam eine Art von heiligem Gepräge aufdrückt. Die Ordcnsgcisilichen in Dschechol/ denen nichts Achtung verschaffen konnte, da sie Unwissenheit und Armuth mit Pöbclhaftigleit und unordentlichem Betragen verbanden, waren um nichts mehr angestt hcn , wenn sie gleich ganz in diese Farbe bekleidet giem gen; aber ein Laye, welcher nur etwas gelbes in sett ncm Anzüge hat / ist dadurch zur tiefsten Verehrung aller Stände berechtiget. Wte wohl Tschau - ta - dschin und Wan-ta-dschin den Titel grosser Mann führten, so hüteten sie sich doch gegenwartig zu seyn/ wenn der Gesandte den Sun, tal dschin besuchte, weil sie in dessen Gegenwart würden haben stehe« müssen, und als der Drllumschcr 4°o Abzug aus Peking, einmal wagte sich vor ihm niederzusetzen / wurde e? glcich von ihm an seine Schuldigkeit erinnert. Die 'Untcrinandarinen und Chinesischen Soldaten, welche dic Gesandtschaft begleiten mußten, nahmen sich nun nicht mehr heraus, wie sie vorher unter dem Obers befehle des Kaiserlichen Abgeordneten zu thun pftea/ ten, die Herren des Gefolges zu hindern, weun diese aus den Jachten steigen, und sich hier oder da am, Ufer umsehen wollten. Die letzteren waren selbst auf ihrer Hut, daß sie nicht unvorsichtig handeln oder die Reisefahrzeuqe aufhalten möchten. Die Gegend von Tol:gtschufl, bis nach Tiensing war ihnen freylich nicht neu, obgleich die Abwechslung der Iahrszcit und die Bestellung des Feldes ihren Anblick einigermassen verändert hatten. Die Gefilde lagen wegen des langanhaltcn-den Regenmangels ausgedörrt; aber das Flußbette war an vielen Stellen durch die allmählige Anhäufung des Erdreichs auf dessen Boden und durch neuaufgeworfcne Damme gegen Uebrrschwemmungen über das anstossende Blachfeld erhöhet worden, und dieses konnte daraus , mittelst angebrachter Schleusen, wie aus einem erhöhten Canale, durch die leichte Arbeit weniger Hände, bewässert werden. Wo der Fluß mit der um< liegenden Gegend in gleicher Höhe war, brauchten die benachbarten Landleute eine mühsamere Methode zur Ackerwasserung. Es stellten sich nemlich zwey Bauern auf zwey Vorsprünge des Ufers, jeder in seiner Hand einen , Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil:c. 40t einen Srrick haltend, die unten an einen Echöpfkorb geknüpft waren; diesen schwenkten sie eine ziemliche Zeit hin und her/ bis die erhaltene Schnellkraft hint reichte, das Wasser in eine nicht weit vom Flußufer gegrabene Vertiefung zu schleudern, aus der es durch kleinere Canäle an beliebige Orte geleitet werden konnL te. Zuweilen macht man auf einem eingeschlagenen Pfahle eine lange, zu ungleichen Hälften abgetheilte Stangc an einer Axe beweglich. Hiernachst befestigt mau einen Schöpfeimer an die Spitze des kürzeren C'ndcs, welcher sich leicht in den Fluß senken, und wenn er angefüllt ist, durch eine geringe, unten an dcm langem Theile der Stange angebrachte Kraft htt ben läsit, worauf man ihn gemachlich / ungeachtet der Wasserschwere, in die Sammelgrube ausgiessen kann. Den Anwohnern des Peiho sah man die Dürftige feit in ihren Kleidern und Wohnungen sehr stark an; aber ihre durchgangige Aufgeräumtheit zeugte, daß ihnen kcln Mangel an unumgänglichen Erfordernissen das Leben verbitterte, «nd daß sie ihre Umstände nicht als eine Folge ausdrücklicher Ungerechtigkeit ansahen, deren Bewußtseyn die Bedrückten selten ruhig seyn läßt. Auch kam ihre Armuth nicht von der Unfruchtbarkeit ihrer Ländereyen her, welche sie betriebsam anbaueten; aber die Volksmenge war zu überhäuft, als daß jede Hausgenossenschaft ein so grosses Stück Feld hatte bekommen können, wie zum Erwerbe aller 402 Abzug aus Peking. Bequemlichkeiten des Lebens erfoderlich ist. Für Vieh) und Pferdezucht ließ man nicht viel davon übrig, vermuthlich weil man hierüber eben so wie Adam Smith dachte, „daß ein nur massig fruchtbares Kornfeld, »weit mehr Nahrung für den Menschen erzeugt, als »die beste Weide von gleichem Umfange; denn wie-»wohl die Bestellung des ersteren viel mehr Arbeit er-« heischt, so ist doch auch der Uebcrschuß nach Abzug »der Aussaat und des Unterhalts der Bearbeiter, «ungleich ansehnlicher". Nur hier und da giebt es kleine Schaafhecrdcn. Weit mehrere kommen, gleich Wie Hornvieh, aus der Tartarcy. Was man von dem letzteren in China anzieht, hat fast kein anderes Futs ter, als das Getreydesiroh, welches man, wie Spreu, klein schneidet. Ein sehr spärliches Cchüffelchen von Fleischkost dient dem gemeinen Manne als Beyesscn zum Gemüse. Von Milch, Käse und Butter, den Hauptbehelfen des Hirtenlebens, wissen die Chinesen nicht viel; und wie man vernahm, daß die Herren der Gesandtschaft das erstgenannte von diesen Nahs rungsmitteln zu erhalten wünschten, so bedürfte dieser Jahreszeit war der Kau-liang beynahe eingearndet. Das erste was tur Landmann hierauf vornimmt/ ist/ das cr die Wurzeln aushackt/ und da die Cbin scn übcr^li genau methodisch verfahren, weil sie aus der Erfahlnng wisse", w,e viel die Vertheilung der Atbcit fruchtet, so gchrn sie dabey mit folgender Ordnung zu Werke. E'lnr gcht in gerader Linie vor^ lv.nls ltlld hackt zu beyden Seiten eine Reihe Slops peln ans. Em zweyter folgt dann, um die daran hangende Erde abzuschütteln und die Stoppeln, m Häufchen zu legen, indeß ein dritter den Boden zwii schen den Reihen aufbricht. Ein einziger Büffel reicht dann hin den Pflug durchzuziehen. Zuweilen verbrennet man die gesammelten Stoppeln auf der Stelle und streut die Asche davon umher. Wenn es an Feuerung fehlt/ so fügt es sich auch/ daß man sie zu diesem Gebrauche mit nach Hause nimmt. Da das Erdreich nie brach liegt"/ so verrichten Pflüge von der einfachen Art alle Dienste/ die man von einem solchen Werkzeuge nur erwarten kann. Wo der Voden besonders locker ist, wird es Männern und Weibern leicht ihn mit dem Pfluge umzuwenden, indem sie sich davor spannen. Ein Pflugmesser ist bey einem solchen Pfluge unnöthig, da es keinen Rasen zu durchschneiden giebt. Die Pfiugschaar/ welche den Boden öffnet/ krümmt sich unten, wodurch die Stelle des Streichbrets vertreten wird, um die Erde umzw 404 Abzug aus Peking, wenden. Zuweilen besteht dieser Theil aus Cisen, öfters aber aus der Holzart, welche, ihrer Harte halber, Eisenholz genannt wird. In drey Tagen gelangten die Jachten an den Ort bis zu dem sich Ebbe und Fluch erstrecken. Erstere, sammt dem schnelleren Laufe des Flusses/ machte/ daß der Zug am folgenden Tage nach Tiensing kam. Der Kaiserliche Abgeordnete, welcher bisher mit der Ge< sandtfchaft gereißt war, aber aus Scheu vor dem ans wcsenden Sun-ta, dschin, sich ktin Ansehen bey ihr anmaßte, schied hier völlig von ihr, oder entfernte sich vielmehr, ohne weder Abschied zu nehmen noch denen, die dazu gehörten, Gelegenheit an die Hand zu geben, ihm für Dienste zu danken, die er sich wohl bewußt war, nicht geleistet zu haben. Die Gesandtschaft schlug hier auch einen andern Weg ein. Anstatt durch den unteren Arm des Pei-Ho in die See zu laufen, wendete sie sich rechts nach Süden zu und fuhr bey der Mündung des Flusses Huen ho vorüber, weelcher, wie der Peiho von dem Tartarischen Gebürge herabsirömt und in das grosse Becken zu Tiensing fällt. Die Iachtensiotte brauchte drey Stunden, ehe sie durch die Menge der daraufli« gendcn Iunken kommen konnte, und schiffte den bes reits erwähnten Fluß Z)un,liang-Ho hinan, auf dessen Ufern sich die Himmlische Stadt eine beträch tli, che Strecke ausbreitete. Auf einem bon diesen Usern Reist nach Han-tschu-fu, zum Theil lc. 405 hatte man ein einstweiliges Gebäude, ncbst einem statt/ lichen Landungsplätze und Triumpfthose zum Emvfan? ge des Gesandten, errichtet, und Erfrisch.ugen aus Backwerk und Obst bestehend, angcschaft. Der Zu-drang neugieriger Leute wstr so groß als da er yccher durch Tiensiug reißtc. Hinter der Stadt und den Vorstädten, s«) weit das Auge tragt, breitet sich eine sandige El'ene a>.:s, ganz mit unzahlbaren kkinen Grabern bedeckt. Es war der öffentliche Gottesacker, dessen Gränzn oar-um so viel Raum einnahmen weil die Chülesen ans Achtung für ihre Todten nie neue Graber an ci.iem Orte machen wo man anf der Oberfläche die Sporen eines vorigen entdecken kaun. Der Fluß V"n< liang: ho, ^^ Z)u,ho, oder kost, licher Fluß genannt, war uilweit Tiensing zwischen zwey künstlichen Erddämmen eingeengt/ die man beträchtlich hoch aufgeworfen und, gleich einem Glacis, bis auf die Wasserflache abgeschrägt hatte. Hben walen sie zu schönen Kiespfaden eingerichtet, denen zu beyden Seil ten schattende Reihen von Weiden / hohen Pappeln zitternden Espen und zwischendurch Obstbäumcn, vor, nehmlich von der Pfiaumenart, standen. Die Gegend längs diesen Ufern war wie ein Garten angebaut/ da mehrentheils Küchengewächse darauf erzeugt wucdcn. Der Strom rann hier so gewaltig, daß es acht/ zehn bis zwanzig Zieher zu jeder Jacht bedürfte, um 4o6 Abzug aus Peking, ihm zu widerstehen; dennoch machten sie in einer Stunde oft nicht über eine Meile: allcm die Anmuth der Landschaft gewahrte einigermassen Schadloshaltung für die langsamen Fortschritte. An andern Orten dehnte sich der Fluß bis auf achtzig Schuh aus und die Hef, tigkeit des Stroms lies sich leichter überwinden. Die Schiffer auf diesem Flusse und die Bewohj nerschaft der angranzenden Gegend trugen sich allge, mein. mit einer Ueberlieferung, daß der Strom ehedem unendlich tiefer und breiter gewesen sey, als gegens wartig; weil vor Zeiten ein grosser Arm des gelben Flusses durch diesen Canal in das geräumige Becken bey Tiensing gefallen ware; da er hingegen jetzt ganz über hundert Meilen von Hier, in die gelbe See einströmt. Alle drey bis vier Meilen stehen Wachthauser, in denen Truppen liegen, um den einlandischrn Handel und die Reisenden gegen Seel und Strassenrauber zu schützen. Der Chinesische Soldat trägt zwar seinell Säbel an der linken Seite, aber die Spitze davon hangt vorn herab, weshalb er ihn mit der rechten Hand, hinterrücks zieht. Der Boden hieherum ist sandig und anscheinend ausgedörrt; aber man darf nur einen Fuß tief graben, so trift man auf Wasser im Ueberfiusse. Cai näle von unterschiedlicher Grösse, die theils in den Fluß laufen, theils aus demselben auf das Ackerland Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil:c. 407 abgeleitet sind, befinden sich in geringen Entfernungen von einander. In dieser Gegend war es merkwürdig, wie sehr sich die Höhe des Thermometers in der Nackt von jener am Mittage unterschied. Der Fahrenheitische stand zuweilen bey Sonnenaufgange nicht höher als vierzig und gegen Mittag näherte er sich an achtzig. Diese Wechsel hatten auf die Gesundheit einiger in der Gesandtschaft Einfluß, obwohl das Uebclbcfinden etlicher Gardisten mehr von llebcrfüllung und Mangcl an Bewegung herkommen mochte. Im Vorüberschissen bey einigen Dörfern sah man verschiedene Weibspersonen an ihren Hausthüren, auf Rocken und Radern Baumwolle spinnen. Einige die sich an Zartheit der Gesichtszüge und Farbe nicht sehr von den Männern unterschieden, halfen mit erndten. Herr Hickev, welcher als Mahler die Menschengestalt besonders studiert hatte, machte die Bemerkung, daß « das allgemeine Gepräge des Acusscren an diesen H) Frauenspersonen das Gegentheil von dem sey, was ,2 man sonst für anmulhig und schön halte. Ihre Ko-„ pfc waren dick und rund, und ihre Statur klein, «dem Anscheine nach nicht über sechs Kopftangen. ,, Vom Halse herab sey ihr Wuchs ganzlich durch ihre « weite Tracht versteckt, sie trügen Pumphosen von der ,, Hüfte an bis über die Wade hinunter und ihre Knöchel >- und Füsse waren mit Gebinden umwunden." MuW 4^8 Abzug aus Peking. maßlich verrichteten die besser gestalteten keine solche grobe Arbeit. Eine Sitte, die in China herrschend seyn soll, must die Schönheit in den niedern Volksclassen vermindern. Mar? versichert, daß wohlgebilde« te oder gutgebaute Madchen in ihrem vierzehnten Iah-re, für die Mächtigen und Wohlhabenden, den Eltern abgehandelt oder abgenommen werden. Zufalligerweii se kamen etliche von diesen der Gesandtschaft zu Gesichte, welche dieselben sowohl wegen der Weisse und Zartheit ihrer Farbe als wegen der Gefälligkeit und Regelmassigkeit ihrer Züge, reihend fand. Etllche von denen, welche nicht ungescheut ausgiengen, aber doch von Neugierde angetrieben wurden ihr Haus zu ver, lassen um die sonderbaren Ausländer vorüberfahren zu sehen, wurden von den Mannspersonen zurückge« scheucht, als ob sie Tadel verdient hatten, daß sie sich der Ansicht von Barbaren zur Schau stellten. Ausser den kleinen Augen, welche man insgemein den Chinesen beyderley Geschlechts beylegt, haben, jagt Herr Hickey, « die meisten Mannsleute stumpft, „aufgestülpte Nasen, hohe Wangenbeine, dicke Lip-« pen und eine dunkle trübe Gesichtsfarbe. Ihr Haar „war durchaus schwarz, aber so dick und stark, daß ,, sie das Haar der Europäer mit dem Haare oder der „ Wolle der kleineren Thiere verglichen. Die Chine? „ sen tragen oft Schnurrbarle und suchen den Bart «auf dem Kinne wachsen zu machen, der in gerann « Linien herabhangt." Reift nach Han-tschu-fu, zum Theil:c. 409 lEine thatige Heiterkeit schien jetzt/ wo es Crndtes zeit war, beyde Geschlechter zu beleben. Sie schienen sich bewußt zu seyn / daß sie zu ihrem eigenen Vortheil le arbeiteten. Viele Bauern sind Eigenthümer d?s kandbs, das sie bestellen. Es giebt hier keine grosse und gewinnsüchtige Landeigner, die ihre Erzeugnisse anzuhäufen oder ausschließlich zu verhandeln suchen und mit der Last ihres Reichthums den ärmeren Ackerst mann so lange niederhalten, bis er endlich ein blosser Tagelöhner wird. Die Gelegenheiten etwas zu verdienen , welche der nahe Fluß darbeut, sind den Landleben ein kleiner Ersatz für die Unterdrückung der Mandarinen, von denen sie öfters gezwungen werden, um geringen Lohn, die der Regierung zugehörigen Kähne auf den Ufern fortzuziehen. Der Fluß krümmt sich durch eine üppig angebaues te Ebene / die blos vom Gesichtskreise beschrankt wird. Kaultang und andre Hirsearlen schienen immer noch, so wie am Pei-Ho, das Haupterzeugnis zu seyn. Fast in jedem Dorfe umschliessen dichte Faune von Kau-liangjstengeln die Häuser; vermuthlich um die Kalte abzuwehren, welche jctzt schnell zunahm, ungeachtet es nur erst um die Mitte des October war. Diese Dörfer sind manchmal von dem Umfange einer Europäischen grossen Stadt, werden aber um deswillen bey den Chinesen nicht für ansehnlicher gehalten, wofern sie nicht eine Ringmauer haben und zu 4io Abzug aus Peking. einer der drey Ordnungen gehören, worinn die Ctad- te des Reichs ahgethcilt werden. Ob die Jachten gleich stromauf nur langsam fortrückten/ so gieng doch selten eine halbe Stunde vorbey, ohne daß ihnen eine Stadt oder ein Dorf zu Gesichte kam. Die Wände der Dorfhäuser bestanden meist aus Klebwerk; auch aus Stücken Lehm, die über-hin in der Sonne gedörrt oder zwischen Bretern zu Wanden gemodelt und damit zusammengehalten wurs den, bis die Wände zur Ertragung eines Daches g« nügliche Harte erhalten hatten; mitunter auch aus ge> fiochtenen Ruthen die mit einer Bekleidung von zähem L^ttcn überwerfen waren. Die Häuser hatten insgemein Stroh, und nur selten Rasen - Dacher. Die ZiM5 mer werden durch Gitterwerk von einander geschieden, daS man mit breitem Papier überhangt, worauf entweder Gottheiten gemahlt oder Sittensprüche geschrieben sind. Den rund um das Haus laufenden Hof oder leeren Raum schließt Hürdenwerk oder hochstang-licher Kauliang ein, und aus dem Ganzen blickt eine Anordnung und Nettigkeit, welche von der sorgsamen Betriebsamkeit der Inhaber zeugt und hinlänglich ist den Beschauer mit der Rohigkeit des Stoffs auszusöhnen / den man zu diesen Wohnhäusern genommen hat. Die Mauern dcr Städte reichten insgemein über die Hauser hinaus, und waren ordeutlicherweise Vier- Reise na'ch Han - tschu - fu, zum Theil lc. 411 ecke, deren Seiten nach den vier Himmelsgegenden zu standen. Die Thore hiessen das OMche, Westliche, Mitternächtliche oder Mittagliche, je nach ihrer wahren Richtung: und diese Unterscheidunasnamen standen über dem Eingänge in Stein eingebauen. Die Strassen waren gemeiniglich enge und man sat) in den Städten weder grosso Oefnungcn noch viercckigte Plas He. Die wenigen stattlichen Gebäude gehörten entw« der dem gemeinen Wcsen oder dienten den vornehm^ sien Regicrungsbeamtcn zur Wobnung. Die Chines» schen Aufwandsgesetze bestimmen sowohl die Wohnart als anch die Tracht der Reichen. Es ist in diesem Staate ein Grundsatz, den man anderer Orten bey weitem nicht allgemein will gelten lassen, daß je geraus miger die Gemacher der Ve.lnöliel.den sind/ desto eins geschränkter müssen die Stübchen der Unbegüterten seyn. Je glänzender daher die ersteren haushalten, desto be/ Nlitleiduligswürdigcr werden die umstände der letztem seyn, weil nur wenig Zeit zum Erwerbe der Lebenscr-fordcrnisse übrig bleiben kann, wenn die Arbeit zur Hcrbeyschaffung des Überflüssigen sehr viel wegnimmt. Die Hauser, ,m Durchschnitte ganz einfach gebaut, haben nur ein Erdgeschoß, uud sind auf einem Grunde von Sandstein oder Granit erbaut, welche man aus den nächsten Steinbrüchen holt. Die Mauern bestanden meistentheils aus Backsteinen. Zu diescn wählt man die Erve sorgfaltig, und brennt sie mit kleinen 4ie MM aus Peking. Steinkohlen oder mit Holz in schmalen Oefen, eben so wie d« Ziegel, womit die Dacher in abwechselnd hoh, len und gewölbten Reihen, furchen-und Rückenwelse gebildet und mit einem Kitte von Thon verstrichen sind/ gedeckt werden. Das gewöhnliche Zimmerholz nimmt man vom Lerchenbanlne, welcher in solchen gebürgigen Ocrtern wachst, wo sich entweder der Kälte oder Jähe wegen nichts andres bauen laßt. Die Fenster sind klein und werden aus Papier, nicht aus Glas gemacht. Eisen findet sich so wenig in ihren'Gebäuden, baß man kaum einen Nagel sieht. Anstatt der Dielen ist der Fußboden mit Marmorquadern belegt, oder mit erhärteter Erde. Bey prächtigen und öffentlichen Gebäuden läuft eine Reihe von Säulen, die aus ganzen Stämmen des erwähnten Baumes gemacht sind/ parallel mit den auffern Mauern, so daß sich ein freyer Gang dazwischen bildet. In diesem Falle ruht die Haupclast des Dachs auf den Mauern und nur sein heroorlaufender Theil auf den Säulen. Gewisse Ge< bäude haben zuweilen doppelte oder dreyfache Dächer, die nur einige Schuhe getrennt über einander stehen. An allen öffentlich.» Gebäuden nnd an den meisten P^l.istl'n gehen dieHaupt, thürcn und Fenster nach Mittag zu. Die vornehmsten Anlagen sind eine Aus dienzhalle wo man Beschwerden anhört und Gericht halt; ein Collegium fur Studenten, wo sie feyerlich geprüft werden und Chrenstusen bekommen; Tempel Reise nach Han - tschu - fu, zum Thcil ic. 413 zur öffentlichen Anbetung für unterschiedliche Seelen; Getreydehauser, um wider Hungeisnoth gesichert zu seyn; und eine öffentliche Büchersammlung. Die ge» meinen Häilscr sichcn an den Strafn, ohne mit Säulen versehen zu scyn / anstatt deren bey denjeni^ gen, welche Läden haben, zwey lange, angestrichene und oergüldcte Stangen heraushangen, an denen fesk gemachte Brcter dcm Vorübergehenden, wenn er lesen kann, in grosscn goldenen Schriftzügen, und dem Un-gelehrten dura) bildliche Anspielungen zu wissen thun, was er hier bekommen kann. Inwendig sieht man / nur wenig Schmuck und ganz einfache Gcrathsch asten. Alles hölzerne ist roth angestrichen und überfirnißt. Die Hauptstrassen und einige;3lllssengegenden dieser Städte stelltcn das Gewühl und die Geschäftigkeit des Handels dar, welche zum Theil der nahe Fluß erzeugte, auf dem beständig Waarenschisse fuhren. Viele ankerten auch vor den Dörfern und Städten. Jede Stadt ist vermeynllich unter dem Schutze gewisser Sterne oder Gestirne. Von letzteren rechnen die Chinesen acht und zwanzig, ob sie gleich, aussen dem eine Eintheilung von Sternen haben, welche den Zeichen dcs Thicrkrcises entspricht und von ihnen die zwölf Sonnenruhen genannt wird. Beym ersten Aufdämmern der bürgerlichen Gesellschaft, als sie noch nicht so zusammengesetzt und zahlreich war, und jedweder nicht nur weniger Beschäftigung, sondern auch 414 Abzug aus Peking, hinlänglichen Unterhalt von geringerer Landarbeit hat, te, ist es nicht befremdend, wenn der Chinese unter seinem heitern Himmel, einen Theil der Zeit mit Betrachtung der glänzenden Licktkörper über sich hinbrachte. Was er von ihnen weisi, hat er keinem andcrn Volke zu danken, wie man aus ihren Chinesischen N^ mcn stcht, die sich auf Gebrauche und Begebenheiten des Landes selbst beziehen. Auf etlichen ihrer alten Münzen befinden sich die Caraclere, welche die Son-nenruhen bezeichnen Durch anhaltende Beobachtung kamen sie bald auf die wahre Anzahl der Tage in einem Sonüenjahre, so wie zur Kenntnis der andem Perioden und Erscheinungen am Himmel; aber kurz darauf verstrickten sie sich in den Irrwahn der Cternl deuterey, deren prächtige Vorherverkündigungen und Verheißungen ihnen den Geschmack an den mühsamen Arbeiten und an der bescheidenen Wissenschaft der Astronomie benahm. Ihre Sterndeuter, gleich den Europaischen, besitzen die Keckheit, jede Veränderung des Wetters, das ganze folgende Jahr hindurch, vor, aussagen zu wollen; aber die ersteren bemerken auch noch was für Tage, zu jeder nur ersinnlichen Unternehs nmng, glücklich oder unglücklich sind. Das Volk ist so sehr für derley Begriffe eingenommen, daß es darinn durch die geringste Uebereinstimmung des Vorhergesagten Mit der Begebenheit bestärkt wird; indeß die häufigen Täuschungen blos für Beweise gehalten werden, daß Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil lc. 415 der Deuter unwissend, nickt aber, daß die Kunst un-zuverlässig fty. Man berathet sich bey vielen neuen Orakeln, rb sie vielleicht zusammentreffen werden. Was solchenlllach die Leichtgläubigkeit derer / die sich durch dergleichen Betrügcreycn hintergehen lassen, heilen sollte, hat gerade die Wirkung, denen, die sie ausüben, mehr Kunden zu bringen. Ihnen vcre schaft dies eben so viel Nutzen, als ihre Besrager Kosten und Herzensangst dabey haben. Im Grunde ist es eine freylvilliZe Abgabe des Aberglaubens. In Chma hat die Religion kcin Recht eine Taxe einzufodern. Sie verordnet Cerimom'en, welche noth» wcudigcrweise einigen Zeitaufwand erfodern und dringt alif Opfer an Neu ^ und Vollmonden, im Frühjahre und Herbsie, wie auch am Neujahre, welche mit Kosten verknüpft sind. Viele' Ausschweifungen fallen besonders bey der letzterwähnten Veranlassung vor, ob sie gleich auch ihr Gutes mit sich bringt. Bekannte erneuern ihren abgebrochenen Umgang; beleidigte Freun? de versöhnen sich, und alles fangt gleichsam von einer neuen Zeitrechnung an. Der ärmste Huttenbewohner rüstet sich voller Erwartung einige Monate vorher auf einen, obgleich nur kurzen, Zwischenraum, wo er seines Lebens gemessen will, nachdem er die Last vessels ben so lanqe mühsam getragen hat; jedoch giebt es während dem keine gewissen Tage oder festgesetzte Zeiten zum Ausruhen von der Arbeit. Man muß dn 4i6 Abzug aus Peking. her schliessen, daß die einmal gewohnten Anstrengungen des Volks keiner öftern Erhohlung bedürfen. Vielleicht können die Chinesen im Durchschnitte massige Arbeit ohne Unterbrechung besser aushalten, als viele niedere Volkssiände in Europa. Ausser einer bessern und gesündern Erziehung, bleiben sie länger unler der Aufsicht ihrer Eltern.' Im Ganzen genolw men, sind sie dem Trmike nicht ergeben; sie hcura, then zeirig; sie sind den Versuchungen des Ausschwei, sens nicht so sehr ausgesetzt; sie sind Krankheiten, welche die Quellen des Lebens vergiften, weniger uni terworfen und ihre Lebensart ist ordentlicher und ei>:5 fölmiger. Beobachter haben ans zuverlässigen Thatsachen berechnet, daß die reichen Europäer, ungeachtet der zerstörenden Ueppigkeit, welcher sie sich überlassen/ und ungeachtet der Uebel, die sie sich durch Ucberneh-mung, Unthätigkeit und Lasterhaftigkeit zuziehen, eins ins andre gerechnet, ungefehr zehn Jahr langer leben , als die unter ihnen stehenden Volksklassen, welche durch übertriebene Strapazen vor der Zeit hinfällig werden, aus Armuth sich weder den gehörigen Unter, halt noch angemessene Bequemlichkeiten verschaffen köm nen, den Ungewittern und den Gefahren des Lebens mehr blosgcstellt sind, und nicht nur weniger Sicherungsmittel gegen beyde in den Händen haben, sons bern auch wenigere M"sse und Erfodernisse zur Heis lung Reise nach Halt-tschu-fu, zum Theil lc. 4'7 lung von Krankheiten besitzen, womit sie doch weit Icichter befallen w.rdem Die Chinesen haben keinen Sonntag und nicht cilv mal cine Wochenähnliche Zcitabthcilung. Demungeach-tet stehen die Tempel täglich für den Zutritt der Andach, tigm offen. Leute dieser Art hablN zur Unterhaltung ibrcr Geistlichen von Zeit zu Zeit Stiftungen gemacht, «b sie sich gleich nicht hoch belaufen; aber die licgem den Gründe entrichten keine Kilchenzehnten Unter der vorigen Regierung ist an die Stelle der Kopflage eine Abgabe vom Landeigenthumc getreten, weil sie den Vernwgensllmstailden des Uiitetthaiun angemessener ist. Von dem meisten was eingeführt wird und von allen Artikeln des Ueberflusses muß ein Impost bezahlt wer> den; da aber die Abgabe auf den ursprünglichen Preis der Sache geschlagen ist, so wird sie beym Verbrauche nicht bemerkbar. Güter, welche aus einer Provinz in die andere gebracht werden, bezahlen auch einen Dnrchj gangszoll. Ieve Chinesische Provinz, vergleichbar mit «mem Europäischen Königreiche, ift hauptsachlich wegen irgend eines besondern Erzeugnisses berühmt, das man nach den andern, die es brauchen, ausführt j dies erhöhet den gedachten Zoll um ein beträchtliches und bildet den grossen inlalidischen Handel des Reichs. Geschenke von zinsbaren Fürsten ,md Kaiserlichen Vasallen, ingleichen was man an Gütern von reichen Verbrechern einzieht, ist bey Aufzahlung der Quellen Zweytcr Vand. A h 418 Abzug aus Peking. des öffentlichen Schatzes nicht' zu übergehen. Der Zoll auf Reis wird mit diesem Erzeugnisse selbst bezahlt; und so in ähnlichen Fallen. Wttl die sämmtlichen Ge-treydearten die Hauptnahrung einer grossen Menge des niederen Volks sind, so tragen sie keinen Zoll; hierher gehört der Waizen, dem jedoch die Chinesen durchgan-gig den Reis vorziehen. Auf diesem Theile der Reise sah die gegenwärtige Gesellschaft Walzen zum erstenmale in der Gegend von San-tschu wachftn. Ec stand etwa zwey Zoll über die Erde heraus, aber ausnehmend gedeyhlich, ungeachtet seit drey Monaten kcin Regen den Boden, welcher trocken und sandig war, benetzt hatte. Er war schr sorgfaltig grübchenweise gesaet, wie man seit geraumer Zeit in einigen ThcileN Englands zu säen pflegt. Die Ausstreuung des Saamens mit der Hand ist bey den Chinesen nur in einigen Fallen gebräuchlich und hatte ihnen immer einen anschülichcn Verlust an Aussaat, wie auch eine kleinere Erndte zuwege gebracht, weil das Gctreyde, bey dieser Verfahrungsart, nur zu leicht an manchen Oertern in Büscheln wächst, wähs rend an andern der Boden kaum bedeckt ist. Wenn aber die Saamenkörner in besondre Gruben geworfen werben / so kann der Landmann auch seine weibliche Genossenschaft sammt den Kindern anstellen, da die Arbeit keine Starke erfodert. Ein Herr in der Gesandtschaft berechnete, daß die Aussaat allein, welche Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil:c. 419 in Cbma durch die angezogene Saeart erspart wird, beym Ausstreuen aber verloren gehen müßte, z»m Unterhalte aller Europäischen Unterthanen Grosbrittan« niens hinreichen würde. Die Cbinescn ziehen auf ihren Feldern nie Furchen und Nucken, sondern lassen das Gctrcyde auf ebel ncr Flache wachsen. Zugegeben, daß es sich verlohnt/ auf gm»; plattem Lande den Regen durch Furchen ab, zuleiten, so bildet man sich doch irrigerweise ein der Anwachs sey grösscr, wenn man die Furchlücken rund-lich gemacht und dadurch die Oberfläche ausgedehnt hat. weil man auf einem solchen Rücken nicht mehr Pflanzen anbringen kann, a!s von dessen Grunde wach-ftn, indem sie senkrecht aufschiessen; überdies ist es schädlich zur Anhäufung dieser Rücken das Erdreich aus den Furchen hinwcgzunehmen/ denn meisientheils sieht das, was darinn wachst, sey es Korn oder Gras, spärlich, verkümmert und hinfallig aus. Dem Ackersmann ist es nicht gleichgültig, nach welcher Himmelsgegend zu die Reyhcn der Saatgrübchen laufen, wie man schon aus den feyerlichen Verfügungen absehen kann, welche in Betref des jahrlichen Brauchs, kraft dessen der Kalser selbst einmal pflügt, getroffen sind. Die Vorschrift lautet, „er soll «sein Gesicht mittaMarts wenden/ sodann mit der «rechten Hand den Pflug aufnehmen, und in dieser «Richtung eine Furche ziehen". Welches aber die 42° Abzug aus Peking, beste Richtung für die Reihen sey, dürfte sich wohl blos nach der Gelegenheit des Orts bestimmen lasse«. In einigen Theilen von England hat man die Erfahrung gemacht, daß wenn auf einem zu Grase benutzt ten Felde die Furchrücken von Morgen nach Abc^d gicngen/ die Mittagsseite ohne Ausnahme grimcr, bedeckter und gcdcyhlicher war, als die Nordseite des Rückens. Ein Versuch würde vielleicht dort lehren, daß die Richtung von Nordwesten nach Südosten die beste sey/ weil die scharfen und durchdringenden Winde, welche in Grosbrittannien den Gewächsen so hinderlich sind, wahrend des Frühlings und der Sommermonat the fast nie von dorther wehen. Wenn die breite Seite des äussersten Rückens nach Nordosien zu stünde, von wo die kalten und verderblichen Winde kommen, so würde sie grossen Theils das Getreyde mitten im Felde schützen; dahingegen wenn die Reihen diesem Compaßstriche ausgesetzt sind, jene schneidenden Winde Canale finden, durch jeden Theil des Ackers zu blasen, so daß nicht allein die Aehrcn sondern auch die Wurzeln des wachsenden Getrcydes darunter leiden. Ausser dem Waizcnmehle, woraus man die wci-chen, über Dampf gebackenen, Brödtchen oder Fladen macht, welche im ersten Theile erwähnt worden sind, braucht man auch viel davon zu den in Europa sogenannten welschen Nudeln / die in China für sehr schmackhaft gehalten werden. Rcisc «ach Han-tschu-su, zum Theil lc. 421 Bey jeder Hütte befindet sich ein kleiner Flecken, zum Anbau von Küchengewachsen, und um jede laufen etliche Schweine und etwas Federvieh, besonders Eni ten. Viele der letzteren werden ausgebreitet, eingrsal-zen und getrocknet und dann als ein Waarenartickel in viele grosse Städte versandt. Die Kunst junge Ens ten durch künstliche Hitze auszubrüten, ist unter diesem Volke seit langer Feit ganz gewöhnlich. Der Strauß, welcher seine El)er in den Sand legt, um sie von der Sonne ausbrüte» zu lassen, konnte sie gewiß nicht das zu veranlassen, da dieser Vogel, so viel man weiß, nicht in China zu Hause ist, aber vielleicht war es das Crocodil, wovon man kleine Artcn in einigen südlichen Flüssen des Reichs findet. In dieser Gegend stand auf mehreren Flecken ne-bcn den Waizeufeldern Buchlvaizen, der jetzt in voller Blüthe war. Man braucht diese Art von Polygonum wie das andre Getrcyde und das Mehl davon ist über, aus fein und weiß. Die Herren im Gefolge hatten hieherum überftüft sige Müsse Streifzüge Landeinwärts zu machen da die Jachten flußauf gegen einen heftigen Strom fahren Nlußtcn, welcher nach Nordosten zu lief. Die Mani darinen trieben mit Gewalt Leute genug zum Ziehen der Reisekahne auf, aber die Bezahlung der Crone stand in keinem Verhältnisse mit der Arbeit und viele von ihnen suchten dieser Beschwerlichkeit los zu wer- 4t5 Abzug aus Peking, den, sobald sie nur Gelegenheit zum Entkommen finden konntcn. Oft wechselte man einen Trupp Zleher in der Nacht, blos um einen andern zu überrumpeln und zur Frohnc zu zwingen. Ein Oberaufseher, schreitet ge-gemeiniglich gleich einem Negerntreiber in Wcsiindien hinter ihnen mit einer Gcissel her, um ihren Echritt zu beschleunigen und sie nicht entlaufen zu lassen. Am achtzehnten October trat die Gesandtschaft in die Provinz Schan-tung. Ihre sämmtlichen, ans der vorigen Provinz gebürtigen Begleiter wurden hier ge? wechselt und andre vertraten ihre stelle bis nach Hans tschu fu. Des Nachmittags kam man bey zwey Stads ten vorbcy, vor denen beyden, so wie überhaupt vor allen Städten am Flusse, sehr v«ele Junten und Barken vor Anker lagen. Da auf diesen Tag der Vollmond fiel, so wurde die ganze Nacht mit religiösen Cerimonien hingebracht. Fast ununterbrochen von Mitternacht bis zur aufgehenden Sonne feuerte man Canoncn ab; ließ unter lars mender Musik und dem Anschlagen etlicher hundert Lul Becken Feuerwerke aufstiegen, und hielt Stäbchen mit Rauchwerk bestrichen, glimmend. Was sich von dieser Provinz an die beyden Sei) ten des Flusscs schließt, scheint völlig eben zu seyn. Neben dem Waizen und Hirsen wuchs hier auf einigen Feldern Taback, aber hmifiger die alljährliche Paumi woüensiaude. Letztere wird stark in dieser und der ani Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil:c. 4-3 ' stosscnden südlichen Provinz Kiangnan gebaut; auch vernachlässiget man sie nicht in denjenigen mehr nach Norden zu gelegenen Oertern, wo die Wolle vor dem Anfange dcr scharfen Fröste zur Reife gebracht werden kann. Der Pflanzer in diesen Gegenden pflegt zuweilen die Spitzen der Vaumwollenblatter abzustutzen um die Wollencapseln zu vermehren und zeitiger hervorzurufen; so weiß man in Westindien aus Erfahrung, daß die Rosen schneller und zahlreicher ausbrechen wenn man am Stocke das äusserste der Aeste beschneittelt. Das Land erzeugt nicht so viel Baumwolle als die Chinesen brauchen; dem» die gemeinen Leute beyderley Geschlechts kleiden sich durchgängig darein. Deswegen ist die Einfuhr derselben aus Bombay sehr beträchtlich. In Canton wird sie für Silberthaler verkauft, die man im Handclsumlaufe für Wechsel auf England umsetzt; und der Chinesische Kaufmann erhalt die Pias ster wieder für Thee, Seide und Porzellan, welche Waaren von dort nach Europa ausgeführt werden. Neben der Baumwolle sieht man auf andern Feldern Indig wachsen, mit dessen Blau die baumwollenen Zeuge, welche der gemeine Mann tragt, meist im gam zen Reiche gefärbt werden. Am 22ten October hielten die Jachten vor Lin s sin-tschu einer Stadt vom zweyten Range, in deren Nähe eine schöne Pagode von neun Geschossen stand. Diese Gebäude, welche der Eingtbohrne Ta nennt, 424 Abzug aus Peking, sind am zahlreichsten in dcn gebirgigten Theilen des Landes, wo man fie häufig auf den Gipfeln errichtet findet. Sie erheben sich ordentlicherwcise hundert und zwanzig bis hundert und sechzig Schuh, eine Höhe < die vier bis fünf Durchmessern an der Basis gleich kommt; ihre Stockwerke oder Gallerien find gemeimg.' ltch hon ungleicher Zahl, als fünf, sieben oder neun, sie werden nach oben zu immer kleiner, und haben jedes ein hervorspringendes Dach. Bey Lmifinl tschu verliessen die Jachten den Eus ho/ welcher von seinem Westlichen Ursprünge einen Nordöstlichen Lauf nach diesem Orte nimmt. Hiev fiießt er mit dem Kaiserlichen oder^ grossen Canale zusammen, welcher in ziemlich gerader Linie nacli Mitt tag zu gegraben ist. Diese Anlage, die gröste und älteste in ihrer Art, welche sich von hier bis nach Han-tschu'fu, mitunter ausbcugcnd, in einem Raume ungefehr von fünfhundert englischen Meilen (an hundert Deutsche) und nicht nur durch Berge und über Thaler, sondern auch quer über Flüsse und Seen, erstreckt, muß in L«'n,sin-tschu entweder begonnen oder aufges hört haben; und die eben erwähnte Pagode, ober Ta, deren niedrige Lage es nicht wahrscheinlich macht, daß fie zu einem Wachtsthurme oder Obelisk, wofür man gewöhnlich solche Gebäude anIeht, bestimmt gewesen, hat vielleicht ein Denkmal der Unternehmung oder Vollendung dieses Canals seyn sollen, welcher nicht Reise nach Han - tschu - fu, znm Theil lc. 425 nur von grossem Erftndungsgeisie zeugt, sondern auch dem ganzen Reiche allgemein nützlich ist. Dieses grosse Werk unterscheidet sich sehr von e» Europäischen Canalen, welche mehrenthcils in gerader Linie/ innerhalb enger Gränzen, und ohne Strombc-Wegung angelegt sind/ dahingegen sich der Chinesische oft in seinem Laufe krümmt/ von ungleicher und zus weilen beträchtlicher Weite ist, und fast durchgängig Fall hat. Die Strecke zwischen dem Bette dieses Kunffftusses und dem des Eu-Ho ist ungefehr dreyßig Fuß tief durchstochen , damit das Gewässer des ersteren einen sanft ien Abschuß in den letzteren haben möge. Der Fall desselben wird nachgehends durch Fluththore gehemmt. Welche an den nöthigen Ocrtern des Canals, aber selten näher als eine englische Meile aneinander erbaut sind, weil das Wasser fast überall nur langsam strömt. Man findet auf diesem Canale keine solche Schleusen, wie auf den Europaischen. Die Fluththore sind einfach in ihrer Bauart, lassen sich leicht regieren und können für weniges in baulichem Stande erhalten wers den. Sie bestehen blos aus ein paar einzeln über eini ander niedergelassenen Bretern, für die man in zwey von beyden Ufern hervorspringende dicke Bollwerke aus Werkstücken Fugen eingehauen hat. Zwischen den Pfeilern oder Bollwerken ist gerade soviel Raum gelassen, M zum Durchzuge der gröstcn Schiffe, die den C^ 426 Abzug aus Peking, nal befahren, erfodcrlich ist. Da es ihm nur an wenigen Orten ganz am Falle fehlt, so sollen diese Fluch-thore, sammt andern die auf ftincn Ufern angelegt sind, dazu dienen, daß man die Wasserinengc dämm nach Belieben handhaben könne. Es erfodnt einige Geschicklichkeit um die Fahrzeuge ohne Zufall hindurch zu steuern. Deswegen ragt eine ungeheure Rudcrsians ge von der Seite des Schifs, mittelst welcher es ciuer der Schifteute höchst sorgsam regiert. Auch stehen Soldaten auf beyden Bollwerken mit herabhangenden Wülsten, aus gestopftem Leder, um etwanigen Schaden zu verhüten, den die Schilfe leiden würden, wenn sie, wahrend ihres schnellen Durchschusses gerade an die Werkstücke rennen sollten. Man legt leichte gezimmerte Brücken von einem Bollwerke zum andern, um darüber gehen zu können, welche sich bequem weg nehmen lassen, wenn Fahrzeuge unten hindurch gchen wollen. Man öfnct die Fluths thore nur zu gewisse:, Ctuuden , wo alle in der Zwischenzeit dabn) eingelaufene Kähne gegen einen kleinen Zoll, den man zur Ausbesserung der Fluchthore und Ca? nalufcr anwendet, Durchlaß erhalten. Der Abzug des Wassers bey Öffnung der Thore ist nicht sehr beträchtlich, weil der Fall selten viele Zoll beträgt; auch wird der Verlust durch die auf beyden Scitcu in dm Canal geleiteten Bache bald wieder ersetzt. Aber bey einer bc< trachtlichen Entfernung zwischen dcnZluththoren ist der Rcise nach Hau-tschu-fu, zum Theil lc. 427 Fall zllwcilcn übcr ein bis zwey Schuh; ing!eichcn bcy einem rcisscndcrn Stromgange. Dft bemerkte man, daß der Canal m den Betten ehemaliger Flüsse lief/ denen er an Ungleichheit der Tieft/ an Krümmung des Laufs, und an der Weite seiner Oberfläche bey^ kam / ausgenommen wo ihn ein Fluthlthor einengte. Wo die umliegende Gegend so beschaffen war, daß man, ohne den Canal zu überfüllen oder zu verseich< ten, in seinen Ufern Schleusen, zum Ein < oder Auss lasse des Wassers machen konnte, wie der Fall in den südlichen Provinzen war, da brauchte es nur weniger Fluththore; und überhaupt tyaf man ihrer dcs Tages nicmal mehr als sechs an. Wie die Gesandtschaft nur ein wenig über Lini sin-ischu hinaus war, trug sich ein rührender Vorfall zu, den sie unschuldigerweise veranlaßte. Es hatten sich viele hundert Leute aus den benachbart:« Städten und Dörfern an die Ufer des Canals hinab gedrängt, um die Fremden vorbeikommen zu sehen. Sie waren in grosser Anzahl auf einige Fahrzeuge getreten, die an der Seite des Canals bcy einander standen. Da das hervorragende Hintertheil eines Kahnes zu voll war, so brach es herunter und mehrere Leute hatten das Unglück in den Canal zu fallen. Der Kamps und das laute durchdringende Angsigeschrcy derer die nicht schwimmen konnten, schien die Aufmerksamkeit der unbeschädigten Zuschauer von dem vorübereilenden Scham .423 Abzug aus Peking spicl nicht abzurufen oder Kahne zum Beystände der Unglücklichen herbeyzubringen die in Gefahr waren zu ertrinken. Ein einziger Nachen ruderte an den Wrack, schien aber mehr darauf bedacht zu seyn dcn Hut von einem der herabgestürzten aufzufischen, welcher auf diese Art beynahe das Ovfer seiner Ncugierde geworden ware, als ihn selbst zu retten. Man kennt die starken Bande und die grosse Anhänglichkeit der Verwandtschaften in China; dcmungeachtet hatte allgemein ne Menschenliebe die Herzen der anwesenden Menge nicht genugsam erwärmt, um Bangigkeit zu errege» und jede andere Rücksicht durch das Verlangen einer unmittelbaren Rettung der gefährdeten zu verdrängen, oder um auf die unfühlbahrsten in einem so bedenkli> chen Augenblicke so mächtig zu wirken, daß sie jeden kleinlichen Vortheil gegen die Erhaltung eines Neben-menschen fahren liessen. Abends am 25. October kamen die Jachten bey der Stadt Tong - Huang - fu an , ein Name der sich znm Theil auf den gelben Fluß zu beziehen scheint, von welchem die Stadt doch entfernt liegt, so daß man vermuthen kann, der genannte Strom müsse bey einer seiner zufälligen oder künstlichen Umwandlungen ehemals nahe bey diesem Ölte geflossen seyn. Unweit der Mauern desselben standen bey breyhuns dert Soldaten unter dem Gewehre, die gewöhnliche Anzahl welche ben Zug der Gesandtschaft bey Garni- Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil:c. 429 sonsiadtcn salutirte. Dies geschah hier als es schon dunkel war. Jeder Gemeiner hatte in der Hand eine Laterne/ wovon das Licht/ durch die verschiedenfarbig gen Ncsseltllchftiten scheinend, eine angenehme Wirkung auf dem Wasscr hervorbrachte. Nahm eine Stadt bey, dc Seiten des Canals ein, so paradirten Soldaten auf dem eiucn und dem andern User. An manchen Orten wo man sich des Gesandten Landung versah / sielen die Soldaten, nach einem Commandoworte, auf die Knie, um ihn zu bewillkommen. Der gereißte Eu, ropaer erinnerte sich hierbcy an die Pilgrimme, welche um Segcn flehen. Von Ticnsing aus war die Gegend, wodurch bie Gesandtschaft fuhr, so weit das Auge reichen konnte, völlig platt/ mit Städten, Dörfern und Meyereycn überstreut und wohl bestellt; aber man konnte nirgends einen natürlichen Hügel erblicken und auf dem Erdbo-den lag auch nicht das mindeste Stcinchen. Es war eine Fortsetzung der niedrigen wassergerechten Ebenen Petscheli's, und ohne Zweifel durch dieselben Ursachen hervorgebracht; im Ganzen aber eine Landschaft/ die sich in ihrer Zusammensetzung und Ansicht von deli mehrsten Theilen der Erde unterschied. Jetzt sah man zum erstenmale erhabenes Land und nach Morgen zu Hügel. Bald nachher kamen in blauer südwestlicher Ferne, die Gipfel von Bergen zum Vorscheine. Die östliche Provinz Schan -tuna, bedeutet, ihe 43o Abzug aus Pcking. rem Namen nach, wie er mit CharMrcn ausgedrückt wird, Oesilichcs Gebirge. Wirklich bildet eine Gebirg-reihe von Granit wclche, obenerwahntermassen, von dem Corea gegenüberstehenden Vorlande, sich nach Westen erstrcckt, und tmrch den gröstcn Theil dieser Provinz bis nach Petscheli geht, wo sie sich in eine niedrige und ebene Oberfläche verliert, die erhabene und auffallende Ansicht von Schan-tung. Diese festen Masscn wenigstens müssen von der ersten Bildung der Erde an da gcwcscn seyn; und wenn sie je allein eine Insel ausmachten, die nur durch einen schmalen Canal vom ftsicn Lande getrennt war, so muß dieser Canal, mit der Zeit, durch die allmählich von den jetzt nacks ten Gipfeln und Seiten gedachter Berge herabgeschwemmte Erde zugcfüllt worden seyn, welche in Vctt biudung mit einem ähnlichen Bodensatze auf der andern Seite endlich die grosse fruchtbare Pläne erzeugte, die sich gegenwärtig dort ausbreitet. Am fünf und zwanzigsten October gelangten die Jachten an den Theil des Canals wo er am höchsten ist, und wo man ungefähr zwey Fünftel von seiner völligen Lange zurückgelegt hat. Hier fallt der Fluß Luen, der gröste den der Canal aufnimmt/ mit reissen-dem Strome hinein, so daß er einen rechten Winkel mit dem Laufe des Canals bildet. Ein starkes Bollwerk aus gehauenem Steine stützt die entgegengesetzte Westliche Küste und das Gewässer des Flusses Reist nach Han-tschu-fu, zum Theil zc. 431 bricht sich mit Gewalt daran / worauf es theils in den Nördlichen theils in den Südlichen Arm dcs Canals strömt. Dieser entweder nicht genug bekannte oder verständliche Umstand gab dcr Behauptung, daß, wenn man Ruthen hier in den Fluß würfe, sie sich bald trennten und in entgegengesetzten Richtungen schwön^ men, einen Anstrich von Wunder. Ohne Zweifel sah der Urheber das Canals, mit dem umfassenden Auge eines Erfinders, von dieser erhabenen Flache aus, die Möglichkeit, eine so erhebliche Verbindung zwischen den verschiedenen Theilen dc^ Chinesischen Reichs anzulegen, wenn er die Abi schüssigkcit dcs Bodens von hier nach Norden und Süden masse und die von den Höhen an beyden Seiten herabkommenden Gewässer in einen grossen und nütz-lichcn Canal vereinigte, sodann einige Fluththore bars auf anbrachte um den schnellen und unnützen Abfluß dcs Wassers zu hemmen, und den unvermeidlichen Verlust desselben, welchen die Ocffmmg dcr Thore zum Durchlässe der Schisse verursachen würde, aus dem reichen Strome des Luen zu ersetzen suchte, der höher als der höchste Theil des Canals gelegen ist, und sich verhalt, nlsmässig in seine beyden Aermc ergießt. Bey diesem Orte steht ein artiger vergoldeter Tempel Luen-Huang-Miau genannt, d. i. der gelbe Tempel des Flusses Luen. Als die Gesandtschaft ein wenig weiter cms dem 432 Abzug aus Peking, südlichen Arme des Canals fortgereißt war, kam sse' in die Nahe des Orts wo der Liu tze, oder der be,' rühmte Chinesische Fifthcr-vogel gezogen und so abge, richtet wlrd, daß er sich gewöhnt seinen Besitzer mit Fischen in M?nge zu versorgen. Es ist eine Art von Pelican, welcher dem gemeinen Schling - Raben ähnelt ; aber Herr Dr. Shaw, dem man einen zur Untersuchung gab, bezeichnete ihn folgendermassen: „ der » braune Pelican oder Schlingrabe, mit weissem Hak „ sc; der Leib unten weißlich und braungefieckt; run-« der Schweif, blaue Augenzirkel und gelber Schnabel." Auf einem grossen See nahe bey diesem Theile des Canals nach Morgen zu sieht man Nachen und Flössen zu lausenden, die blos für diese Art von Fis scherey bestimmt sind. Auf jedem derselben sitzen zehn bis zwölf solcher Vögel, die auf ein erhaltenes Zeis chen des Eigenlhümmers ins Wasser tanchcn, und es ist erstaunend, wenn man sieht, wie ungemein groß die Fische sind, mit denen sie zwischen ihren Schna, bcln zurückkehren. Sie schienen so wohl abgerichtet zu s»'yn, daß es weder eines Ringes uoch Stricks um ihre Halse bedürfte, um zu verhindern, daß sie mehr von ihrer Beute verschlangen, als ihnen der Herr zum Futter und zur Aufmunterung lassen wollte. Der Nachen welchen die Fischer hierzu brauchen »st überaus leicht ges baut und sie tragen dieses Mittel ihres Lebensunterhalts oft mit den darauf Mcnden Vögeln nach dem See. Gegen Zletse nach Han-tschu-fu, zum Theil :c. 433 Gegen Westen wird dieser See durch einen hohen Und breiten Erdwall vom Canale gesondert, dessen Flache beträchtlich höher steht als das Gewässer des ersteren. Die ungeheure Menge Erde, welche zu dieser längs am See hinlaufenden Verdammung erfodcrt wurde/ muß mit ungemeincm Aufwande von Arbeit und Kosten zusammengebracht worden seyn Diele El-dmasse stemmte sich zu beyden Ceilen an Mauern von Werkstücken; und, damit die Gewalt des Canalwas-sers den Wall nicht nicderreisse / hat man Schleusen darin angebracht, wodurch das überflüssige Wasser enb wcder unmittelbar in den See/ oder auf das fiache Land und zuweilen in Gräben abgeleitet wird, die mitten in den Wall gemacht sind und zu Wasserbehältern dienen. Die letztere Anlage schien zum wenigsten einige praktische Kenntniß der Hydrostatik vorauszusehen. Denn man hielt das Wasser in den Gräben meist in einer Mittelhöhe zwischen den Flachen des Canals und des Sees, oder zwischen dem ersteren und dem ansiosscnden niedrigen Lande, wodurch der Druck gegen die beyden Ufer vertheilt wurde und von beyden weniger Widerstand erfodcrte. Die Wassermenge im Behälter widerstrebt dem Wasserkörper von gleicher Höbe im Canale und die Wassertiefe im See wacht allen Druck des Wassers im Behälter unwirksam, wenn es nicht höher als die Oberfläche des Sees steht. Auch machte der Graben im Walle, daß man nicht so viel Zweyter Band. E ^ 4Z4 Abzug aus Peking. Erde aus der Ferne herbeyzufahren hatte ; denn auS den Charten der Jesuiten von der Gegend, durch welche der Canal gezogen ist, ergiebt sich/ daß ein über-aus grosser Theil desselben aus Seen und Morasten bestand, von welchen jetzt mehrere ausgetrocknet zu seyn scheinen, und so wie der Wall selbst sorgfaltig angebaut sind. Auf vielen hundert Morgen Landes/ welche in dieser Gegend noch Moorgrund sind, und den See um, geben, wachst die bereits in diesem Werke erwähnte Blume kien s chwa oder n)?mpI,Xa newmba I.. Bey den Chinesen hat dieses Gewächs sicts in so hohem W-sehn gestanden, daß sie es nun für heilig halten. Sein Gebrauch ist aber dieser Ehre wegen nicht blos auf den Schmuck oder auf unnütze Zwecke eingeschränkt; denn man findet es unter den Gerichten auf der Tafel. In der Blüthe ist es ausserordentlich schön und die Chinesischen Seen sind meist damit bedeckt. Seme Saamenk5rner sehen in Grösse und Gestalt fast eben so wie eine Eichel aus, schmecken aber weit besser als Mandeln. Sie wachsen aus der ebenen Oberfiä, che einer Substanz, welche die Form emcs dicken umgekehrten Kegels hat. Man schneidet die Wurzeln vertheilen, wirft man in den R isfcldern mehrere schmale kehmdämme auf und schneidet sie so in verschiedene kleine Quartiere. Mittelst eines Canals in jedem Damme kann man das Wasser nach allen beliebigen Quartieren des Feldes leiten. So wie der Reis heranwächst verliert sich das Wasser, theils in der Erde theils durch Verdunstung, und das reife Getreyde steht nun auf trockner Flur. Man crndtet, besonders in den mittäglichen Provini zcn, zum erstenmale gegen Ende des Mays oder im Mange des Iunius. Dies geschieht mit einer Sichel, welche Zähne hat wie eine Säge, und krumm ist. Die Garben werden von dem Orte wo sie gehauen worden, weder mit Rindern noch auf Karren fortges schafft; sondern man legt sie regelmassig in Gestelle, deren je zwey und zwey, von dem vordem und hin-tern Ende einer Bambussiange herabhangend, auf der Schulter an den Platz getragen werden, wo man das Getreyde von seinen Halmen sondern will. Hierzu nimmt man weder allein den Flegel, wie in Europa, noch wird der Reis blos von Ochsen ausgetreten, wie bey andern Morgenlandern die Gewohnheit ist, sondern manchmal schlagt man die Garbe an ein auf, recht stehendes Bret oder gegen die Seite eines grost Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil lc. 433 sen, zn dieser Absicht eingebeugten Zubers, dessen Rü, cken und andre Seiten weit höher als die vordere sind, damit sich die Körner nicht verzetteln können. Wenn es gewannet worden ist, schafft man es in die Scheune. Um die Reishülse hinwegzunehmen befestigt man ein grosses, starkes, irdenes Gesäß, oder ein ausges höltcs Stück Stein, in Form den andern Orten ge< brällchlichen Filtrirsteinen gleichend, unbeweglich 1n den Boden, und schlagt auf die hineingethanen Kö« «er mit einem kegelförmigen Steine, der an einem Hebel befestiget ist, auf welche Art sich die Hülse, obs wohl zuweilen nur unvollkommen, absondert. Um den letzteren Stein in Bewegung zu setzen tritt mehren, theils ein Mann auf das Gegenende des Querbalkens oder Hebels, woran erhängt. Derselbe Zweck wird erreicht, wenn man den Reis zwischen zwey flache runs de Steine bringt, von welchen dcr obere sich auf dem andern, aber in solcher Entfernung herumdreht, daß die dazwischenkommenden Körner nicht zerknirscht wers den. Wassermühlen thun dasselbe im grossen, indem an ihren verlängerten Radaxen verschiedene Aerme herausstehen, welche auf die Gegenenden der Hebel fallen und sie eben so empor heben / als ob man da« auf träte. Zuweilen werden zwanzig solche Hebel zu, gleich im gehen erhalten. Wenn man ble Körner aus dem Strohe gesondert hat, wird dasselbe hauptsächlich 44o Abzug aus Peking. zu Häcksel geschnitten und den wenigen Rindern, die der Chinesische kandbau fodert/ als Futter vorgeworfen. Wenn die erste Erndte völlig vorüber ist, bercicct man den Boden unmittelbar zum Empfange einer andern Aussaat. Zuerst zieht man die Stoppeln aus, legt sie m kleine Häufchen zusammen, verbrennt sie, und streut die Asche davon auf dem Felde herum. Dann verfqhrt man, wie oben gesagt worden. Man ärndtet ordemlicherweise spat im October oder Anfang Novemhcrs zum zweytenmale. Das Getreyde behandelt man wie zuvor, aber die Stoppeln werden nun nicht dem Feuer übergeben. Man wendet sic mit dcm Pfiu-ge abwärts und laßt sie in der Erde verrotten. Dies und ocr Schlamm, wachen .die Bewässerung auf den Feldern bewirkt, sind die einzige Düngung, welche ges tvöhnllchermassjll beym Reisbau Statt findet. Aber das Land, welches durch Ueoerfluthung des Meeres in der Nah? v.on.Seegesiaden, odcr durch Flusse und Canale solchergestalt befruchtet worden ist, dient nicht allein zur Rcisnutzung. Man gewinnt darauf eben so gut vortrefiiches Zuckerrohr, wobey aber die Vorsicht nöthig wird, das Wasser abzuleiten, wenn die jungn, Rohrschösse aus der Erde hervorkommen. Zufrieden mit zwey Reiseinfuhren und einer Zw ckcrrohr-Erndte deS Jahres,, läßt der Chinesische Landmann gewöhnlich das Land bis auf den folgenden Frühling ruhen, wo er dieselbe Bestellung wiederhM Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil:c. 44,. So erndtet ein Menschcnaltcr nach dem andern von dem nehmlichen Boden/ ohne im geringsten daran zu denken / daß er ein Jahr lang brach oder unbenutzt bleiben müsse. Da wo die Jachten fetzt den Canal beschisstcn, war er so hoch, daß in seinen Ufern viele Schleusen, welche auf Bogen von Werkstücken rubelen, zur Abs lasslmg des übel flüssigen Wassers in die nahen Moräste, hatten angelegt werden können; aber die nächst, folgende Gegend war ganz das Gegentheil. Man bemerkte weder einen Hügel noch eine plötzliche Erhös hung in der Landschaft; sie schien.dem Huge immer, noch eine Ebene, hatte slch aber unvermerkt so hoch über. ihre vorige Flache gehoben, daß der Canal zum wn nigstcn zwanzig Fuß tiefer als seine Umgehungen lief. Das HLasscr, welches .er hier p.erlohr, wurde durch den weiten daranstosscnden See Wi^tschang-Hu. ersetzt, der zwischen den Provinzen Schan-tung und Kian-nan die Gränze bildet. Dieser Umstand crinner, te den Gesandten an den grossen Russischen Canal, womit er wohl bekannt war. Letzterer lauft gleichfalls in bestimmter Entfernung mit dem See Ladoga paral-l lel, von welchem er durch einen grossen Damm ges trennt wird, aber stellenweise Zufiuß daraus bekömmt. Morgens als die Sonne aufgieng, hatte man eine herrliche Aussicht auf den See Wiitschangihu von, einem so hohen StMldpunktc; seine Ufer mit hölzernen 442 Abzug aus Peking. Häusern eingefaßt, Pagoden aus sanften Abbangen da? hinten, und die Wasserfläche wie bedeckt mit Fahrzeu, gen, die sich in allen Richtungen durchkreutzten und auf das verlchiedenartigste mit Stangen, Nachen platschen, Rudern oder Segeln fortbewegt wurden. Unstreitig e« schien er unter einer solchen Ansicht sehr vortheilhaft. Die Leute, welche diesen See beschissen/ leben großem theils von der Fischerey. Sie wirb auf unterschiedliche Art getrieben; aber am allgemeinsten vielleicht mit Netzen. Ein minder bekanntes Verfahren ist, daß man an eine Seite des Kahns ein flaches Weißangestriches ms Bret befestiget, so daß es einen Winkel ungefähr bon fünf und vierzig Praden macht und mit der Kante nach dem Wasser zu sieht. In mondhellen Nachten giebt man dem Kahne eine solche Lage, daß der Mond/ schein auf das weisse Bret fällt, welches dadurch wie wogendes Wasser aussieht; wenn nun die Fische darnach wie in ihr Element springen, zieht der Schisser das Vret an einem Stricke herauf und schleudert die Fische in den Kahn. Die Chinesen üben angelegentlich jede erprobte Weise des Fischfangs, um sich dadurch den Mangel am Fleische von vierfüssigen Thieren zu vergü, ten. Dies bekommt der gemeine Mann selten eher zu essen, als bis ein Thier verunglückt oder an einer Seuche stirbt. In solchen Fällen übersteigt die Chine-fische tzßlust jede Bedenklichkeit; es sey Ochse/ Cameel, Schaaf oder Esel: alles ist ihm gleich willkommen. HM «ach Han-tschu-fu, zum Theil lc. 443 Man kennt hier feinen Unterschied zwischen reinem und unreinem Fleische. Der Chinese kann leicht begreifen / daß ein Volk, das beständig von Gewachsen lebt, Schaudern und Eckel empfinden muß, wenn man ihm zuerst den Vorschlag thut/ ein belebtes Geschöpf zu ver, Nichten, um sich an seinen edelsten Theilen zu weiden; tvenn er sich aber einmal eine solche That hat gefallen lassen, so halt er den Vorzug, welchen man einem Thiere vor dem andern giebt, für blosse Sache des Geschmacks oder der Laune. Vicrfüssiae Thiere, welche bey Wohnhausern etwas für ihre Nahrung z« sin, den wissen, als Schweine und Hunde, liefern das meiste Fleisch für die Tafel und werden öffentlich vers kauft. Von denen, die nicht Vermögen genug besitzen, um wählerisch zu seyn, weiß man, daß sie zur Befriedigung ihres Appetits manchmal nichts undurchsucht lassen. Sogar das Ungeziefer, welches unsaubere Leute anfeindet, wird von ihnen wiederum zur Beute gemacht. Dem Wassergeflügel stellt man sehr nach und fangt es auf dem See Wi-tschang-hu durch eine besondere list. Man läßt ledige Gefäße oder Kürbisse auf dem Wasser herumschwimmen, damit sich die Vögel an sol, che Gegenstände gewöhnen mögen. Der Fischer nimmt dann eins von diesen leeren Gefasscn auf seinen Kopf, und watet langsam in den See auf eincn Vogel zu; diesey 4^4 ' Abzug aus Peking. ergreift er mit erhobenem Arme und zieht ihn unter das Wasser hinab, ohne die übrigen zu stören oder zu schrecken, von denen er mehrere eben so berückt bis er den mitgebrachten Sack, mit seiner Beuie gefüllt hat. Der Gedanke ist an sich selbst nicht so seltsam, wie der Umstand, daß. in der neucn Welt die EingcbolMcn von Carthagena am See Clenega de Tesias, nach ub loas Berichte, genau auf dieselbe Methode verfallen sind. Manche Leute in China verschaffen sich ihre,n Um terhalt auf eine Art, die nicht im Grossen ausführbar seyen, oder beträchtlichen Gewinn bringen würde. Aber solchcrley Menschen denken an weiter nichts, als an ei< nen massigen Broderwerb. Die Gewinnsucht, den Kunstfleiß ins Grosse zu treiben und durch neue Ersinn duugen sehr/ viele mit einer Sache zu versehen, wird in China nirgendwo, als in grossen oder in Seeistäd-ten gefunden. Demungeachtet giebt es fast in jedem Dorfe etliche, welche sich die Bedürfnisse der Leute in der Gegend zinsbar machen um Reichthum zu erwe« ben. Läden, wo man Geld auf Pfander leiht, sind überall gemein. Die Landesgefttze verstatten sehr hohe Zinsen auf Darlchne. Diese Art zu borgen setzt gewiß grosse Unwirthlichkeit beym Volke oder grosse Ungewiß, heit über den Ausschlag seiner Bemühungen voraus. Der leichte Landbau und die überflüssigen Erndten, werm kein Unglücksfall dazu kommt/ setzt sie an vielen Reise nach Han-tschu-fu, zum Thcil :c. 445 Orten in den Stand solche Lasten zn tragen, ob sie gleich oft mit der äusserst,.',! Dürftigkeit kämpfen müssen. In einigen Gegenden am Canale machten die Seen und Momste, daß man das Land fast gar nicht am bauen konnte. Aber wo es nur einen trocknen Fleck gab, sah man ihn mit ärmlichen Hütten von Klebwerk bebaut, deren Einwohner sich meistens von der Fische-rey nährlen, da der nahe Canal ihnen Gelegenheit darbot, einen Theil ihrer Fische gegen andre Erfordernisse umzutauschen. Auf diese unbestellten Moräste folgte bald eine Ges gcnd voll anmmhiacr Verschiedenheit: man sah reiche Ebenen, kleine und grosse Hügelreihen/ zwischcn denen Berge und Thäler abwechselten, mit unter misch ten zahlreichen und wohlgebauten Dörfern. Es wimmelte von Meuschen und jedes Stückchen Land war benutzt. Einige Felder waren mit dem sogenannten Wmiderbanl me, liic'luuäi bewachsen, aus dessen Körnern man in Westindien das Krenzbaumöl macht, welches zur Arz< nei dient; aber in China wird es als eine schmackhafte Speise und nur selten zu Curcn gebraucht. Doch stand auf den meisten Feldern Baumwolle, deren Schoten sich nun öfncten und zum Pflücken reif waren. Hier wurde der Canal weiter und floß südwärts; seine Strömung betrug etwa zwey Meilen in der Stunde. Der Hauptcanal schickte hier mehrere Aerme aus sich, auf denen, so wie auf den fernen Landseen, verschiede? ne Fahrzeuge unter Segel erschienen. 446 Abzug aus Peking. Hiernächst war der Canal wieder durch Niederungen geleitet, die daraus bewaßert werden konnten, aber von Seen und Moorglünden unterbrochen wurden. Das Auge ruhete hier blos auf etlichen kleinen schlecht gebaueten Dörfern, einigen Weidenbäumen und Reis« feldern, aber bald kündigten eine zusammenhangende Kette von Städten und schönen Dörfern, eine Menge von Kähnen und Schissen, und unsägliches Menschen, gewimmel, die Nahe des gelben Flusses an, in de« sich der Canal südwestlich mit einem sanften Abfalle ergießt. Mehrere der größten Fahrzeuge warteten hie« herum auf die nächsibevorstehende Segelzeit, um die Kaüerlichen Gefälle nach der Hauptstadt zu führen. Andre hielten dies auch für den besten Ort zum Wars ten, weil er in gewissem Betrachte ein Mittelpunkt ist, womit jeder Theil des Relchs in regelmässiger Verbindung sieht, weswegen er sich am besten zum Umsätze der Waaren schickt. Am zweyten November trafen die Jachten in dem Theile des Canals ein, wo er sich mit dem gelben Flus. se vereinigt. Dieser hat seinen Namen von dem gelben Schlamme, womit der Strom so häufig vermischt ist, daß er mehr wie aufgelößte Erde als Wasser aussieht. Auf de, nächsten Küste und auch sogar zum Theil gegen über, steht eine sehr grosse und volkreiche Stadt. Hier ist der Canal etwa drey Viertel einer Engl. Meile streit und giebt einen herrlichen Hafen für Schiffe ab. Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil lc. 44? Weder dieser Canal noch ein andrer in China ist auf Unkosten oder zum Vortheile von Privatleuten ane gelegt worden; sondern er steht untcr der unmittelbar ren Aufsicht der Regierung, die sichs zum Grundsatze gemacht hat, für eine bequeme Verbindung unter den verschiedenen Theilen des Reichs zu sorgen, weil dadurch der Handel und Feldbau des Landes befördert und die Staatseintünfte, wie auch der Wohlstand des Volks vermehrt werden. Die erstaunliche Schnelligkeit womit der gelbe Fluß an dem Orte strömt, wo die Jachten und Last, kahne der Gesandtschaft quer über fahren sollten, erfos derte, nach den Begriffen der Chinesischen Cchifieute, daß man dem Flußgotte ein Opfer darbrachte, um ci< ner sichern Uebersahrr gewiß zu seyn. Deswegen veri sammelte sich der Schifsherr mit dem Volke der Jacht auf dem Vordersteven, nahm «men zum Schlachtopfer bestimmten Hahn in seine Hand, drehte ihm den Kopf ab, und warf selbigen in den Strom, aber mit dem hervorsprudelnden Blute des Rumpfes weihete er das Schif, indem er das Verdeck, die Masten, den Anker und die Cajütenthüren damit besprühte, wie auch etliche Federn desselben Thieres daran aufsteckte. Dann wurden einige Napfe mit Speisen herbeygebracht uud in einer Linie auf das Verdeck neben einander gesetzt. Vor diese stellte man eine Tasse mit Oel, eine andre mit Thee/ wiederum eine mit gebranntem Wasser uilb 443 AbM aus Peking, eine vierte mlt Salz. Während dcm machte der Schifs-herr mit erhabenen, zusammengelegten, Handen / drey tiefe Verbeugungen „nd fiehctc mit lciscmurmelnder Stimme zur Gottheit. Hierzu schlug die Mannschaft gewaltig auf das eherne Lu-beckcn, hob angezündete Nmlchcrstäbchen gen Himmel, verbrannte Papiere^mit Zinn l oder Silbcrblattchen überzogen und lics eine Menge Feuerfrosche los. Hierauf brachte der Cipitan dcm Flusse das Traukopfer dar,, indem er an der Sel« te des Vordcrthcils das Flüssige vvn den genannten Schaalen ausgoß und zuletzt auch das Salz hineinschüttete. Nach geendigten Cerimomcn nahm die Mannschaft die Napfe mit den Speisen hinweg nnd that sich gütlich damit; hierauf stach man voll Zuversicht mit der Jacht in den Strom. Sobald sie ans andre llfer gelangt war, dankte der Schifsherr dem Himmel mit drey Verbeugungen oafür. Ausser dem täglicher Anbeten und Opfern auf einem Altare, welcher an der linken, oder ehrenvollen Seite der Cajüte in jedem Chinesischen Fahrzeuge errichtet ist/ werden die obenbeschriebenen Ccrlmonien auch noch verrichtet wenn man einen Fahrwind. crbit< ten oder eine drohende Gefahr abwenden will. Auf dem Orte des Vorderthcils wo die Hauptfeyerlichkei-ten vor sich gehen, laßt man nicht gern Jemanden vom Schiffe sitzen, oder etwas Unsaubres vornehmen. Der Hauptgrund, welcher diese Leute zu glauben vermochte, Rcisc nach'Hcm-tschu-fu, zum Theil ic. 449 vermochte, daß sie durch dargebrachte Opfcr die trüben Gewässer besänftigen ober gewinnen könnten, lag vermuthlich blos darinn, daß ihre Voreltern bey ahnli, chen Gelegenheiten eben dasselbe gethan hatten; aber der Ursprung des Gebrauchs ist dunkler und verrath nicht viel Ausbildung bey denen, die ihn zuerst einführten. Einige Velrachtungen können allerdings zu der Muthmassnng führen, daß die Anrufung unsichtbarer Wesen überall denselben Grund gehabt habe. Wenn sich Jemand eine unumschraukte Gewalt über viele ver-schast hatte/ und sein Einfluß eben so wohl in seiner Abwesenheit als Gegenwart empfunden wurde; so hielt man es für dienlich um seine Gewogenheit durch allere ley Geschenke zu werben, von denen man vermuthete, daft sie ihm angenehm seyn würden. Solchcnmach näherte man sich deml-tthsvoll entweder dcm Landesher, ren selbst, oder wenn er nicht zugegen war, seinem Thron, oder auch dem Hauptgebäude des Orts, mit gefalligen Geschenken: ein gewöhnlicher Nothbehelf schwacher Köpfe, wenn sie sich die Zuneigung der Machtigen erwerben, oder ihren widerrechtlichen Eins griffen zuvorkommen wollen. Dachte man, ihm gefiele Gold, so wurden die Eingeweide der Erde geplüne dert; sah man aber, wie bey den übermüthigen Fürs sicn und Eroberern der Vorwelt der Fall gewesen seyn soll, daß sie nach den schwelgerischen lind grausamma« 45o Abzug aus Peking. chenden Vergnügungen der Tafel gelüsteten, so bereitete und brachte man blutige Opfer auf ihren Altar. Da man wußte, daß die moralischen Ereignisse im Leben, welche die Wohlfahrt des Volks betreffen, vom Willen des Landesherren abhiengcn, dessen Unterthanen an der fernsten Gränze des Reichs, ohne ihn zu sehen, das Gewicht seines Ansehens fühlten; so schloß man, daß auch die physischen Ereignisse durch ein vorstellbares, obgleich unsichtbares Wesen geleitet würden, dessen Gunst und Schutz man sich durch dieselben Mittel verschaffen könnte, welche bey der moralischen Weltreglerung Statt fanden. Diese Mittel oder Spenden waren zuweilen, einer besondern Classe von Leuten, Diener des Altars ge-nannt, übertragen, welche «inen grossen Theil der Opfer zu ihrem eigenen Gebrauche verwandten. Wie aber das Volk selbst diese Cerimonie zu verrichten an, fieng, so verzehrte es auch den Rest des Opfers, nacht dem es dem unsichtbaren Geiste etwas davon darge, bracht hatte, und widmete ihm ausschließlich blos ei, nen kleinen aber wesentlichen Theil, als das Oel und Salz. Die natürliche Eigenschaft des ersteren, daß es wenn man viel davon auf heftig bewegtes Wasser gleßt, dessen Oberfiäche sogleich ebnet, wurde als eine B« siarkung der übernatürlichen Macht des angerufenen Geistes unv seiner Zufriedenheit über das dargebrachte Opfer angesehen; und da man glaubt, daß Salz fast Reise nach Han - tschu - fu, zum Theil zc. 45r .allen Arten von Speisen einen grossen Reiz leihet / so hielt man dafür / daß es ihm ohne Zweifel angenehm seyn würde. Die Chinesen schienen bey ihren Opfern aus einem Gesichtspunkte mit andern Völkern ausgegangen zu scyn und deswegen ihnen darinn zu gleichen. Wenn z. B. die Juden ein Geflügel opfern wollten, so gebot das kevitische Gesetz: ,, und der Priester solls zum Altar «bringen und ihm den Kopf abdrehen, daß es auf ,) dem Altar angezündet werde, und sein Blut ausblu, „ tcn lassen an der Wand des Altars. Und seinen ,- Kopf mit seinen Federn soll man neben dem Altar „gegen den Morgen auf den Aschcnhaufen werfen." Demselben Volke war befohlen: «Alle deine Speiseo-»pfer sollt du salzen und dein Spcisopfer soll nlm« „ mermchr ohne Salz des Bundes deines Gottes seyn.. „ denn i" alle deinem Opfer sollt du Salz opfern." Classische Profanscribenten erwähnen als etwas ge, wöhlillches, daß sich die alten Europqer bey ihren Opfern des Oels und Salzes bedienten. Virgil sagt/ Ameas habe Oel auf die geschlachteten Opferthiere gegossen ), Oleum fuu6on3 2räöntI!)U3 extl3." Ovid nennt unter dcn Opfern der allen Bewohner Itae lims die „ puri luciäa mica saÜs" und Horaz spricht von der „ ZAÜenre mica " 455 Abzug aus Peking. als von einer Sache, welche die ailsgebrachten Zimtes besänftige» sollte. Indeß findet man, daß neben diesen Opfern gewaltige Anstrengung erfodert wird um der Gewalt des gelben Flusses zu widerstehen und um grosse Iachlcu sicher an das gegenüberliegende Ufer zu steuern. Wie die Gesandtschaft dies unternahm, war der Wind günstig. Ihre Fahrzeuge wurden von leichtse-gelnden Kähnen fortgezogen; überdies halfen ,hre eigene grossen Segel und Nuderstangen nach. Einige stemmten sich wider den Strom ohne schr aus ihrer Richtung zu kommen; indeß andre v,)N ihm mit Heftigkeit beträchtlich weiter hinab, als der gegenseitige Punkt'lag, gerissen wurdcn, mW mit nicht geringer Arbeit an die Mündung dcs Canals, auf die sie zugesteuert waren, zurückgezogen werden mußten. Es giebt fast keinen andren Fluff in der alten Welt, welcher durch eine so weite Strecke Landes strömte und solche Fluchen in die See ausgösse, als der gelbe Fluß. Herr Varrow, dessen Tagebuch, so w-e das dcs Gesandten weit öfterer bey diesem Werke gebraucht worden sind, als man sie angezogen findet, hat vcrs sucht einen Ucberschlag der eben genannten Punkte zu machen. „ Dle Quellen des gelben Flusses, sagt er, „ sind zwey Seen mitten in dem Gebirge desjenigen „Theils der Tartarey, welcher unter dem Namen Kos «konor bekannt ist. Beyde liegen etwa unter dc,n Reise nach Han - tschu - fu, zum Theil :c. 453 ,, fünf und drcyssigstcn Grade Norder Breite und neum «zehn Grade Westlicher Lange von Peking. Nachdem « sich der Fluß durch diese Gegend der Tartarcy erst «in einer östlichen Richtung ungefehr zweyhundert und « vierzig Meilen, denn nordwestlich etwa ein hundert, «und wiederum östlich zweyhundert und fünfzig Mei« « len gekrümmt, und wahrend dieses Laufs eine Men< « ge Gewässer aufgenommen hat / so tritt er in die «Provinz Sehen-si ein; von hier lauft er Nordwärts «parallel mit der grossen Mauer, durch welche er im « neun und dreyssigsten Grade Norder Breite geht; ,, hierauf kommt er in die Landschaft der Drtu Tar? >, tarn, die er von den Mongu Tartar» scheidet: sos « dann flicsit er nach Norden zu bis auf den fünf und «vierzigsten Grad Nordcr Breite/ in cincm Laufe von ,, vierhundert Engl. Meilen. Von den Gebirgen der „Tartarcy und denen in Schen-si ergiesscn sich unzähs ,- ligc- kleine Bache in ihn, fast nach allen Strichen des « Compasses zu. Sodann halt er sich zwcnhundcrt »Meilen östlich, durchströmt die grosse Mauer aufs »neue, fallt nach Süden herab etwa zweymal so weit, ,,, a!s eben erwähnt wordcn, theilt die Provinzen Schen, « si und Schämst, und kommt day» nach Honan in denn „ selben Parallelkreise unter welchem er entsprang. « Hier nimmt er das Gewassor eines grosseu Sees auf, « sireul)t durch den nördlichen Theil dieser und der ,2 angranzcnden Provinz Kiane nan in einem genau öst 454 Allzug aus Peking, «lichen Laufe, fünfhundert und sechzig Englische Mei-,- len weit, worauf er seine ungeheure Wassermenge » in die See ergießt, der er seinen Namen mittheilt. „ Dieser Umweg betragt gut zwey tausend ein hundert ind fünfzig Engl. Meilen. 23on da, wo ihn der Ca-„nal durchschneidet, ist es nicht mebr als siebenzig ,, Meilen bis ans Meer. Er ist beynahe eine ganze „ Engliscke Meile breit, doch in der Mitte so gar nicht «tiefer als neun bis zehn Schuh; aber, obgleich die »Gegend, durch welche er hier stießt, vollkommen x, eben scheint, so stürzt doch das Wasser mit einer « Schnelle hindurch, die sich stündlich auf sieben bis „ acht Engl. Meilen erstreckt. Ueberhaupt hängt die ,, Geschwindigkeit eines Flusses nicht sowohl von der »Abschüssigkeit der Gegend ab, durch die er lauft, «als von dem Stosse den er bey seiner Quelle » bekömmt, so wie von der Enge dcs Bettes auf web « ches er dort eingeschränkt ist, oder von der Gewalt, «womit sein plötzlich angeschwollener Ctrom durch ,, diese Ufer gedrangt wird, wie aus Major Renneis « Bemerkungen über den Ganges erhellt. H, Um alle Möglichkeit der Uebertreibung zu entfern » nen> nehme man an, die Breite des gelben Flusses ,, aN dem Orte wo die Gesandtschaft darüber gicng, » betrage nur drey Viertel einer Engl. Meile, die Ties ,, ft im Durchschnitte fünf Fuß, und die Geschroindig, «keit seines Laufs jede Stunde vier Meilen. Hieraus Reffe nach Hau - tschu - fu, zum' Theil lc. 455 ,, folgt, daß allstündlich aus diesem Flusse in den geb » ben See eine Wasscrmasse strömt, welche 418, 176, „ oQQ Kubik Fuß, oder 2, 563, 000, 000 Etübchen ,, Wasser gleich ist, und eilfhundertmal mehr ausmacht/ «als man weiß, daß der Ganges ins Meer ausgießt. « Um sich nur einigermassen einen Bcgrif von der ,, Menge der aufgelößten Erde machen zu können, wos « mit das Wasser des gelben Flusses gcsattiget ist, «stellte man folgenden Versuch an. Ein Stäbchen „und drcy Viertel scincs Gewässers/ das man mitten „aus dem Strome geschöpft, wo er in einer Stunde »sieben bis acht Meilen lief und neun Fuß tief war, „ ließ einen Satz zu Boden fallen der zusammengedrückt «und in die Form eines Mauersteins gebracht, zwey « Kubikzoll und ein Drittel enthielt. Dieser Bodensatz „war ein feiner fetter gelblicher Letten, der/ wenn «man ihn trocknete und zwischen den Fingern rieb/ „ in den zartesten Staub zerfiel. Martini bemerkte die „ausserordentliche Schlammigkcit des gelben Flusses, « bedachte aber nicht wie überaus wenig Stoff hinreicht, „ eine grosse Menge Wassers zu färben, und nahm dess „ wegen an, daß der Schlamm des Flusses zur Re-«gcnzeit ein Drittel des Ganzen austtagcn müsse. „Eben so haben einige, welche Cgypten bereißten, die « Mcuge des Schlammes im Nilwasser zur Zeit der ,- Ueberschwemmung auf ein Zwanzigtheil der gesamms «ten Flüssigkeit gesetzt: aber Shaw/ welcher genauer 456 Abzug aus Peking. « ist. ließ ein bestimmtes Maaß Wasser alls dem Eg»»-,1 tische» Flusse verdunsten und fand, daß der Ucbcrrest „ blos der hundert und zwanzigste Theil des Ganzen „ ausmachte." „ Das Wasser des gelben Flusscs enthielt nach der « eben erwähnten Probe an Schlamm nur den zwey ,, hundertsten Theil vom Ganzen. Freylich mußte bey ,) einem versuche dicscr Art ein beträchtlicher Theil des >, Schlammes vcrlorcn gehn. 3lber nach obiger Anga, „ be der alifqclößten Erde, welche in dem Wasser des ,i gelben Flusses schwebt/ muß jede Stunde eine Mens « ge Schlamm von z, 420, ooo, ooo Cubik Zoll oder ,) 2 < c>oo, 000 Cubik Fuß; täglich aber 48, ooo , c>c>c> „ Fuß und 17, 520, 000, c,oo jahrlich in die See gtt « schwemmt werdeu. Ntmmt man nun an, die mittles » re Tiefe der gelben See fty zwanzig Klafter, ob ,2 man sie gleich selten so tief faud, so würde die Er-„ de, welche der gelbe Fluß mit sich führt, wenn man «sie zusammenkaufen könnte, in siebenzig Tagen eine ?: Insel von einer Englischen Quadrat Meile, bis an « die Oberflache des Mecrs hinauf, ansetzen. Wenn »man diese Berechnung fortsetzen will, so kann man « finden in welchem Zeitraume das a>lbe Meer selbst ,) durch den beständigen Satz des gelben Flusses allein ,1 aufgefüllt werden dürfe; denn wenn man annimmt, « daß sich dieses Meer nordwärts von diesem Flusse « erstreckt und die Busen von Petscheli und Lea,tong Reise nach Han - tschu - fu, zum Theil :c. 457 « einschließt. so würde die Anzahl der Quadratmeilen «auf dieser Obeiftache ungefehr auf 125/ °oo sieigen; « und multiplicirt man diese mit der Anzahl von Tagen « (siebenzig) die zur Bildung einer Quadratmeile erfo-« derlich sind , so kommt man 8 , 75° / ooo Tage oder „24, OQo Jahre." Be» dieser Berechnung wird freylich vorausgesetzt, daß sich die vom gelben Flusse herabgeschwemmte Erde nie verringere, welches vielleicht nicht der Fall seyn kann; „wenn man aber den ungeheuren Lauf betrach? „tet, den dieser Fluß nimmt, die Geschwindigkeit mit » derber von den Tartarischen Gebirgen fallt, und al-« lcs was ihm entgegen kömmt mit sich fort reißt, fett ,, ner die häufigen Ueberschwemmungcn, welche seine „grösseren Fluchen und seine vermehrte Schnelligkeit, „ nach heftigen Regengüssen, in der ungeheuren Stre-» cke lockeren Landes, durch die er fiießt, verursachen; x>so wird möglicherweise noch viele Zeitalter hindurch «eine eben so grosse Menge Erde, wie jetzt, von ihm « herabgcführt werden." Indeß die Jachten sich dem gelben Flusse nähert ten, wurden mehrere Briefe zwischen dem Kaiser und dem gegenwartigen achtungswürdigen Führer der Ge< saudtsehaft gewechselt, auf dessen Vorstellung auch der Brief an den Ritter Gowcr, den Ho,tschungi tang zu-rückbehalten hatte, sogleich nach Tschussann abgefertigt werden mußte, da es der Kaiser ausdrücklich befahl. 453 Abzug aus Peking. Sun-ta-dschin theilte oft aus den Kaiserlichen Schrc« ben gütige und verbindliche Aeusserungen gegen den Gesandten mit. Letzterem wurde auch hinterbracht, daß diese Aeusserungen eine Folge der Berichte über das Betragen und die Gesinnung der Gesandtschaft wären/ welche der Minister dem Kaiser abgestattet und darinn erklart hatte/ er sey nach der sorgfaltigsten Beob< achtung überzeugt, des Gesandten Absicht wäre wirk, lich keine andre als die, seinem Vaterlailde Vortheile im Handel zu verschaffen, den die Europäischen Völker für etwas höchst wichtiges hielten, ungeachtet et in den Augen des Chinesischen Staatsmanns unbedeutend seyn und der Ungelegenheit ciner so fernen Reise nicht werth scheinen möchte; auch fände er weder in dem Betragen noch in oen Gesinnungen der Engländer etwas, dessen Annahme dem Volke, mit welchem sie sich in einen Verkehr einzulassen wünschten, nachtheilig werden könnte. Zuweilen begleitete der Kaiser seine gnadigen Ausdrücke mit Geschenken getrockneter Speisen von seiner Tafel nach morgenländischer Sitte, um seine persons che Zufriedenheit an den Tag zu legen. Er versicherte in seinen Antworten aufSunita-dschins Briefe, „daß 21 er selbst die größte Achtung für den Gesandten und „dessen Volk hege, obwohl beyde anfanglich mancher-2, ley Verdacht unterworfen gewesen wären; er sey »auch Wlllcns ihren Handel zu schützen, welcher Sr. Reise nach Han - tschu - fu, zum Theil ic. 45? 5 Excellenz so sehr am Herzen zu liegen schiene; er hat, >, te zwar einige Bitten abschlagen müssen, nicht so » wohl weil sie an sich selbst ungeziemend gewesen wä-»ren, als weil sie eine Neuerung machen würden, die » er bey seinem hohen Alter, wenigstens nicht auf ein-»mal einzuführen für rathsam hielte: was die Ge, « schäfte im Canton anlange, so waren die nähern « Verfügungen darüber mchrentheils dem Ausspruche „ oder Gmöünken des Unterkönigs überlassen/ welcher, 1, als man ihn förmlich über die zu gebende Antwort „ um Rath gefragt hätte, nicht sehr geneigt gewesen » das abzuschaffen, wozu er vorher seine Einwilligung «gegeben; aber da Se. Kaiserliche Majestät einen Bel » weis ablegen wollte, wie sehr er auf die Wunsche ,> der Englander in dieser Rücksicht achte, so habe er ,2 eine Aenderung in der Verwaltung gedachter Pros 2, vinz getroffen und dazu einen Herrn ernennt, wcl? ,, cher aus seinem Geblüt und ungcmein gerecht und »gütig gegen Ausländer sey. Auch habe er bereits »dem neuen Unterkönige, wclcher seinen letzten Posten »als Befehlshaber in Tsche-tiang/ worin Tschussau » gelegen, noch nicht verlassen , auf das gemessenste « anbefohlen, die Einrichtungen im Hafen von Caw x, ton zu untersuchen und abzuändern, und den Bedrüs ^ cklmgen worüber sich die Engländer dort beklagten, „ ohne Aufschub ein Ende zu machon." Ueberdies sag-te Sun,ta5t>schin dem Gesandten noch, man könnte 46o Abzug aus Peking, vielleicht glauben, er wolle aus Neigung gegen Se. Excellenz, dem Kaiserlichen Schreiben die möglichstgün-siige Auslegung geben, aber das wesentlichste was er gesagt, wäre mit des Kaisers eigenen Worten geschehen; der neue Unterkönig von Canton hielte sich noch in Han- tschu- fu der Hauptstadt von Tschekian anf, und da er ihm den Gesandten dort vorstellen wollte, so wür-l dc er von ihm die völlige Bestätigung der jetzt erhalte« nen Versicherungen bekommen. Briefe an den Kaiser oder von ihm wurden mit Reutern abgesandt, welche sie in einem flachen Beutel oder Korbe um den Leib gebunden trugen. Unten am Beutel hiengen Schellen, um die Ankunft des Neuters an jedem Orte anzukündigen/ wo ihn ein andrer ablös sen mußte. Dies geschah ctwan alle zehn bis zwölf Meilen. Sobald die Jachten in die Provinz Kiannan ein, getreten waren, erzeigte der dortige Unterkönig der Gesandtschaft eine Ehre, woran man bisher nicht ges dacht hatte. Die Schifzieher / welche anfänglich auf dem Peiho, als der Gesandte zuerst nach China kam, und bisher auf seiner Rückreise waren gemiethet wors den, trugen schlichte blaue Kleider aus baumwollenen;, Zeuge / oder wohl gar nur die elenden Lumpen der ärmsten Dorflcute. Jetzt liessen sie sich in einer neurn, vollständigen und rothcingefaßten Montur mit cimnt schönen Hute, welcher oben einen flachen rothen Knopf Rcise nach Han-tschu-fU/ zum Thcil:c. 461 hatte, sehen, cin Putz, den sie allemal ihren Nachfolgern überliessen. Uebrigens pasite er auch mehr zum Ansehen der Jachten und Barken. Schön und bequem gebaut, mit Kaiserlichen Flaggen beehrt/ mit Wimpckt und andern Schisszierden geschmückt, und unter einer gerauschvollen aber in der Ferne nicht unangenehmen Musik, segelten die Gesandtschafts-fahrzeu.^', etwa vierzig in allen, regelmässig hotter einander. Sie rück-ten zwar langsam fort, besonders wenn sich ein Süd-Westwind erhob, aber die Luft war denn ungemcin angcs nehm. Ein grauer halbenthüllter Himmel ließ zu gleicher Zeit nur so viel Sonnenstrahlen, hindurch als erfoi derlich waren, das Wetter noch anmuthiger zu mas chen. Dieser Auftritt wurde lebhafter und anziehender, nicht allein durch den Anblick andrer Schisse die sich einander auf dc« Canale mit vollen Segeln begegn« ten, sondern auch durch die Uferansichten von Stabs ten und Dörfern, von Landlcuten, die das Feld baue, ten oder ärndtcten, von Wachthausern die bey An< nähcrung der Gesandtschaft ihre Flaggen aufsteckten, und von Soldaten die den Zug mit Abfeueruug mehi rerer Canonen bewillkommtcn; hierzu kamen die zahls reichen Zuschauer, welche sich an die Ufer des Canals drängten, um die Vorüberfahrenden Ausländer zu sehen. Auf der mittaglichen Seite des gelben Flusses fiei« , gen die Jachten an schneller zu reisen, weil der Strom 46; AbM aus Peking, des Canals, nachdem cr diesen Fluß verlassen, reisten, der war; weswegen man hier auch mehrere Fluththore errichtet hatte. Von hier zog sich der Canal am Ufer des Sees Paol yng hin, dessen Oberfläche weit niedriger als die des Canals war, welchen ein starker Damm, dem oben beschriebenen gleich, vom See trenne te. Auf diesem See wird starke Fischercy getrieben, vornehmlich mittelst der Liutze oder Chinesischen Schling, raben, die man in dcr wissenschaftlichen Sprache durch den Namen pelicanuä 1inens,3 unterscheiden kann. Man richtet sie hier ab und schickt sie aus dieser Gegend nach allen Theilen des Reichs. Ueber den See hinaus war das Land wiederum so mit Lachen und Morasten bedeckt, daß man hier nichtS von dem gewöhnlichen Ackerbau sah. Doch wuchs die Lienchwa von selbst und in grossem Ueber-fiusse. In dergleichen Gegenden geben die Chinesen neue Beysoiele ihres Fleisses und Erfindungsgeisies. Sie machen Flösse oder Hürden aus Bambusrohr, Welche sie auf dem Wasser schwimmen lassen oder über die Moraste legen. Diese Flösse überwerfen sie mit Erde, woraus sie allerhand Gewächse erzeugen, so wie dies im Kleinen mit gutem Erfolge zu Schisse geschieht, wo man Samereyen aus benetztem Erdreiche hervor, keimen laßt und wie sogar mit angefeuchteten und in Rahmen gespannten Stücken Flanell bewirkt werden kann. Auf diese Art spriessen, zum Beyspiel, Senf, Neise nach Han - tschu - su, zum Theil ,c. 463 körner schnell auf und gew^ren teuten, die lange vom Lande entfernt gelebt haben, cinen sehr angcnehl Men Anblick. Ausser dieser Art sich aus dem Wasser eine Ernd, te zu verschaffen, isi man eben so bcfilssen in China auf den Seen / Flüssen und Canälen dergleichen nützliche Absichten zu erreichen. Man pflegt die Pflanzen, welche von den Betten derselben hcraufschiessen, vors nehmlich die Lienchwa oder Wasserlilie; man fangt auf mancherley Weise die darauf schwimmenden Vögel, die darunter lcbcnden Fische/ oder die andern Thiere, welche sich auf dem Grunde befinden; man leilet bes fruchtende Bäche daraus auf die nahen Gefilde; und endlich gewahren diese Gewässer eine wohlfeile und be« queme Verbindung zwischen den verschiedenen Land« schaften des Reichs. Solchergestalt kann man sowohl das viele Land/ welches zu breiten Heerstrasscn erforderlich seyn würde / als auch die grosse Arbeit, die man aufs Machen und Ausbessern derselben wenden müßte/ zum Ackerbau sparen. Noch mehr Land wird dadurch erübriget/ daß man nicht so viel Zug-und Lasivieh zu ernähren hat, welches ausserdem fürs Reisen und Fortschassen auf den öffentlichen Strassen nothwendig seyn würde. Hieraus wirb klar, daß jenes Element, in Rücksicht auf Nutzbarkeit einer eben so grojsen AuSs dehnung von festem Lande in diesem Reiche gleich geachtet werden kann. 464 Abzug aus Pckmg. Unter allen Gegenden, welche die Gesandtschaft bisher bereißt hatte, sahen gewiß dicse Moraste am - dürftigsten ans und schienen am wenigsten zum Bewohnen anzulocken. Blos solche Oerter, wo die Leute durch allsserordentliche Ueberschwcmmungen ihrer Woh< nung und ihres Erwerbs beraubt werden, oder unett wartete Widerwärtigkeiten tonnen den Emgebohrnen vermögen/ nach der Tartarey auszuwandern uud sich dort unter einem Volte niederzulassen, gegen welches man allgemein eingenommen ist. Oblchon viele Haupts Mandarinen und die meisten Unterkömge entweder in-der Tartarey gebohren sind oder daraus hcrstammen, und wenigstens mitunter feine sittliche Bildung und achtungswürdige Grundsatze haben, so hält doch der Chinese die Tartarn insgemein für Barbaren. Ills Beleg hierzu führt man den Zug an, welcher seit vier Jahrhunderten volkskuudia. ist, daß die Mongolischen Tartarn, wie sie zuerst Peking eingenommen hatten, für sich selbst Zelte zum Wohnen anfschlugen, aber ihre Pferde in die Pallaste der Chinesischen Kaiser legten. Mitten in diesen Gründen, wodurch so eben die Neise gieng, stand eine Stadt vom dritten Range, deren Mauern oben am Cranze nur um ein weniges höher waren, als die Canalfiache, welche eine zwanzig Fuß erhabene und zwcyhlindert Schuh breite Wasserte« ttmg bildete, deren Strömung jede Stunde drey Mei< len betrug. Hieraus kann man sich einen Begrif vo« der Reise nach 'Han-tschn - fu, zum Theil lc. 465 der Stärke der einschlicssenden Dämme mid von der unsäglichen Arbeit machen / die ein solches Werk gekostet haben muß. Bald nachher befanden sich die Jachten vor einer schönen Stadt, in der diejenigen Häuser/ welche einer Terrasse auf den Canalufern gegen über standen, sämmtlich ein Stockwerk über dem Erdgcsckoße hatten und sauber geweißt waren. Die Einwohner trugen sich besser, und die Frauenspersonen waren blonder! und schöner gebildet, als die mehr nach Norden zu wohnen, den. Der Canal ficng nun allnlählig an seinen Stroms gang zu verlieren nnd da sich hier das Land südwärts erhob/ so hatte man ihn, um die gehörige Fläche zu erhalten, eine Strecke von sieben bis acht Meilen hin, durch, an zwanzig Foß tiefer graben müssen. Zu Ende derselben gelangte die Flotte an eine Stadt der ersten Ordnung, welche Kennzeichen von grossem Alterthume an sich trug. Einige Mauern und Gebäude lagen in Trümmern, überwachsen mit Moos, Gras und Sträuchen. Sie schien immer noch einen beträchtlichen Handelsverkehr zu treiben und es lagen nicht weniger als tausend Fahrzeuge von allerley Grösse dicht bey derselben vor Anker. Eine Besatzung von zweytauscnd Mann, zum wenigsten, trat unters Gewehr, mit Fahnen und Musik und in einem Aufzuge, aus dem man hätte schliesscn sollen sie gienge zur Musterung. Zwentcv Vand. G ^ '466 Abzug aus Pcking Die umliegende Gegend war platt und gut mit Reis und Maulbeerbaumen angebaut. Letztere schienen von den gemeinen Europäischen Maulbeerbaumen nicht unterschieden zu seyn. Die Zwei, ge wurden beständig abgestutzt, damit die jüngeren Schösse desto lustiger hervorsproßten, deren Laub weit zärter/ wie auch feiner in seinem Gewebe und nahrhafter für den Seidenwurm ist, als die starken Blatter auf den altern Acsien. Einige dieser Baume trugen, wie man sagte, weisse, andere hingegen rothe oder schwarze Beeren; oft aber gar keine. Mit der grösten Sorgfalt gezogen und verpflegt standen sie in Reihen gepflanzt, die etwa zehn bis zwölf Schnh aus einan-der waren, in Beeten von einer feuchten, aber nicht unter Wasser zu setzenden lehmigten Erde, die man ungefehr einen Fuß dick auf den unteren Boden streu« te. Die Baume werden öfters ausgeschnitten oder zu Zwergbaumen gemacht, um beständig aus ihnen junge Schößlinge und zartes Laub hcrvorzulocken, welches, Wenn es auf dem schwarzen Maulbecrbaume gewachsen ist, für sastvoller gehalten wird. Die Chinesen pfropfen ihre Bäume nicht, aber auf etlichen grössern Ae-sien bemerkte man den Eichennlistcl. Um den Raum zwischen den Reihen nicht unbenutzt liegen zu lassen, besäet man ihn mit Reis, welchen man durch gegrabes ne Furchen bewässert. Die Seidenwürmer werden in kleinen Häusern ge- Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil:c. 467 halten / welche man mitten in diesen Pflanzungen aufgeführt hat, wo sie von allem Geräusche entfernt sind, denn die Chinesen glauben, daß sog^r dus Bellen ei-nes Hundes den Würmern einigermassen schädlich sey. Doch werden auch etliche von Stadtern gepflegt, welche sich Maulbecrbaumlaub von den Pflanzern kaufen. Die Eyer legt man auf Papier, wo sie bis zur Brüt« zeit bleiben. Sobald diese eintritt, feuchtet man die Eyerpapiere mit etwas Wasser an/ und kurz darauf kommen die Würmer zum Vorscheine Die natürliche Milde des Himmels ist hmlanglich dies zu" bewirken. Die Chinesen kennen und brauchen den Thermometer nicht; Erfahrung ist ihre einzige Führcrin. Blos dann bedienen sie sich der künstlichen Hitze, wenn sie die Brut zeitiger als gewöhnlich haben wollen. Man er, stickt die Insectcn allemal ehe die Seide abgewunden wird; darum legt man die Cocons in einen Korb oder in ein durchlöchertes Gefäsi und laßt heissen Wassers dampf daran gehen, so daß er freyen Spielraum zwischen allen Cocons hat. Wenn die Seide losgewun? den ist, dient die Puppe den Chinesen zur Speise, eben so wie der Regenwurm und die Raupe der Sphinxmotle. Man kann jedoch nicht sagen, daß die Chinesen diesen sonderbaren Geschmack allein haben, da eine grosse Raupe, welche sich von der Palme nah«, in etlichen Westindischen Inseln für sehr leckern gehalten wirb. Drey Tage nachdem die Jachten über den gelben 46Z ^ Abzug aus Peking. Fluß gegangen waren, kamen sie an den Ctrom Paw tse: kiang, welcher dem ersteren an Grösse gleichen, wo nicht ihn übertreffen soll. Er war hier an zwey Meilen breit. Die Quellen dieses Flusses befinden- sich in der nehmlichen Gebirgskette, aus welcher der gelbe Fluß entspringt/ welchem er sich nachgehcnds einmal bis auf ein paar Meilen nabert. Der Panltse,kiang hestcht, nach Herrn Barrow's Angabe, «aus zwey besondern Aermen, welche sich » etwa achzig Meilen von einander trennen, und sieben-«zig Meilen weit parallel südwärts laufen, worauf ,, sie sich zwischen dem sechs und zwanzigsten und sie-,, ben und zwanzigsten Grade Nordcr Breite, just an »der Gränze von Mun-nan und Se,tschuen, vercintt « gen. Hierauf wendet sich der Fluß nordöstlich und « geht gerade durch die letztere dieser Provinzen, nimmt „ das Gewässer der zahlreichen Flüsse auf, welche aus ,2 dieser und einer andern Provinz O.ui-tschu genannt, « in ihn fallen, fließt dann in dieser Lage etwa scchs « hundert Meilen fort und tritt in die Provinz Hu-« quang, im 31". N. B- ein. Durch die letztgenannte ,, Provinz windet er sich schlangenartig und sammelt « das Wasser dcr verschiedenen Seen auf, welche httr-„ herum hausig sind. Ws Huquang strömt er durch die „Provinzen Honan und Kiangsi, beugt sich ein we-»nig von Osten nach Norden und sireicht, obgleich Reise nach Han-tschu-su, zum Theil :c. 469 «ein gewaltiger Strom, sanft durch die Provinz Kian, ,, nan hin, worauf er sich im 32°. 3?. B. in die See « ergießt, welche östlich das Reich bespült. Von dort « nach Huquang ist es ctwa achthundert Meilen, woher «sich ergiebt, daß tne Lange des Flusses ungefehr „ zwey tausend zwey hundert Meilen betragt. An dem « Orte wo die Gesandtschaft darüber schiffte/ belief sich „sein Stromgang, auch wo er am heftigsten war, „ nicht über zwey Meilen in einer Stunde, er war aber „ viel tiefer als der gelbe Fluß." So entspringen diese zwcy Chinesischen Ströme in denselben Gebirgen, gehen bey einander einmal fast dicht vorüber, trennen sich nachher wieder bis auf fünfzehn Breitengrade und fiicssen endlich zwey Grade aus einander in dieselbe See: in welchem Laufe sie zwischen sich eine Strecke Landes umfassen, die in der Länge über tausend Meis len betragt, und ihnen nicht wenig Reichthum und Fruchbarkcit verdankt, ob sie gleich durch ungewöhulii che Zufalle sehr anschwellen und mitunter viel Schaden thun mögen. Dieser Strich begreift den vornehmsten Theil des Chinesischen Reichs in vorigen Zeilen, und liegt in derjenigen Gegend des gcmassiglcn Erdgürtels, welche in Europa so wie in Asien ein Schauplatz der berühmtesten Leute und der glänzendsten Thaten, so die Geschichte der Nachwelt überliefert hat, gewesen ist Um den Canal auf der andern Seile des 3)tschu-fu scheint eine überaus grosse Stadt zu seyn. Die Häuser waren im Ganzen wohl gebaut und schön verziert. Den Einwohnern, welche mch) rentheils Seide trugen, sah man Heiterkeit und Wohl^ stand an, ob es gleich hieß, sie bedauerten noch immer, daß der Hof aus Nanking, nicht weit von ihnen, welches ehedem die Hauptstadt des Reichs war, verlegt worden sey. Wirklich konnte nichts als sehr wichtige Staatsursachen, den Landesherr» bewogen ha« ben die nördlichen Gegenden von Petscheli an der Taft 474 Abzug aus Peking, tarischen Gränze diesem Theile seines Kaiserthums bor, zuziehen, auf den die Natur alle Vortheile dss Himmelsstrichs/ des Bodensund der Erzeugnisse mit reich-licher Hand ausgesiruet Hat, ja wo sie selbst durch Fleiß und Erfindungsgeist noch reihender geworden ist. Saultschu-fu hat von Reisenden den Namcn des Chi< nesischen Paradieses erhalten. Bey den Eingebohrnen ist es ein gemeines Sprichwort, „ dcr Himmel sey «über ihnen, aber auf der Erde hatten sie Sau-«tschu-su." Den Herren im Gefolge schien es auch als ob die Frauenzimmer in Sau-tschu-fu schöner, blonder und bessergeklcidet wären, als die mehresien von denen, die sie im Norden von China gesehen hatten, wo die Nothwendigkeit in freyer Luft einen nicht so fruchtbar ren Boden mühsam zu bearbeiten, mit ihren Männern die Hartesten Strapazen zu theilen, ferner eine spärliche und schlechte Kost und wenige Müsse, welche ihnen für die Sorgfalt ihres Acusseren übrig bleibt, zur Bräunung ihrer Farbe und sowohl zur Vergröberung als Entstellung ihrer Gesichtszüge beygetragen haben kann;-dahingegen die hiesigen Weibspersonen seltner der Hitze ausgesetzt sind, und in einem südlichern Erdstriche, dreyssig Grade vom Aequatoc, leben. Die Sautfchu-fuer Damen haben zuweilen eine kleine schwarz atlaßne und mit Juwelen besetzte Haube auf, welche sich vom abspitzt, und bis zwischen die Augenbraunen läuft. Sie tragen auch Cristaltne ober goldne Ohrgehänge. Reise nach Han-tfchu-fli, zum Theil :c. 475 Nicht weit von Sau-tschulfu liegt der jchöne See Tai chu, den eine Kette von mahlerischen Bergen um? giebt. Er versorgt die Stadtbewohner nicht nur mit Fischen sondern dient ihnen auch zum öffentlichen Bei lustigungs, und Erhohlungsorte. Viele Lusikahnc wur« den von einem einzigen Mädchen gerudert. Jeder Kahn hatte eine niedliche überdeckte Cajüle und diese Schifferinncn sollen sich auf mehr als eine Art ihren Unterhalt erwerben. Der See trennt die Provinzen ^Kiangnan und Tschekian, von deren Hauptstadt die Gesandtschaft nun nicht mehr weit entfernt war. Jenseits Sau-tschulfu stellte die ganze weite Gegend einen Wald von Maulbeerbaum-pfianzungen dar/ zwischen denen man nur hier und da einen Talkbaum sah. Aus der Frucht der letzteren, den Linne ciown 36» diteruni nennt/ gewinnen die Chinesen eine Art von vegetabilischem Fett, das sie sehr häufig zu ihren Lichter« brauchen. Diese Fruckt sieht von aussen beynahe wie die Epheubeere aus. Wenn sie reif ist, platzt die äussere Haut, scheidet sich in zwey, oder noch öfterer, in drey Theile, fällt ab, und enthüllt eben so viele Kerne, deren jeder einen eigenen Stiel hat, und mit einem fteischigten schneeweissen Stosse bedeckt ist, welcher herrlich mit den Baumblattern absticht, die, zu jetziger Jahreszeit, halb violet - halb scharlachfarben sind. Der weisse fieischigte Stoff trennt sich von den Kernen, wenn man sie zerstößt und in Wasser kocht. Die Lichi 4?6 ' Abzug aus Peking- tcr aus diesem Fette sind gedrungener als die, welche man ans Utlschlitt macht, auch haben sie nicht den mindesten unangenehmen Gernch. Aber mit Wachs oder Wallrathlichtern sind sie nicht zu vergleichen. Ues berhaupt kennt man die letztere Substanz in Chiua eben so wenig, als das Thier, von welchem sie genommen wird. Desgleichen ist die Kunst Bienenwachs zu bleis chen nicht sehr in China bekannt und man nimmt oicse Art von Wachs vornehmlich zu Salben und Wund, pflastern. Das Wachs zu Lichtern wird gemeiniglich von Insecten erzeugt, die sich vornchmllch vom Liguster nähren, wie im Kapitel von Cochinckina gesagt worden. Es sieht schon von sich selbst weiß aus und ist so rein, daß es nicht raucht; aber man sammelt cs nur sehr sparsam, weshalb es selten und theuer ist. Es werden anch wohlfeile Lichter aus iinschlitt gegossen , und sogar aus solchem Fette, welches zu diesem Gebrauche nicht fest genug seyn würde, wenn man es nicht mit der härteren Substanz des Talkbaums oder mit Wachs überzöge. Diese Lichter sind zuweilen roth, gefärbt. Zu Dachten nimmt man verschiedene Sachen. Braucht man sie in Lampen, so sind sie von ,^mian-tku3, welcher unverbrennbar ist, oder man nimmt dazu die aitennZia und den car6üU3 niarnug, Won aus auch Zunder gebrannt wird; aber zu Lichtdachten wählt man ein leichtes zündbares Holz, m dessen untes lem Ende eine Vertiefung gemacht wird, womit may Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil;c. 4?? onC>rc Slrte«. Schoenus aculeatus. Lycopus europseus. Verbena officinalis. Veronica anagallis. Agrimonia, Rosa. Nimphaca nelumbo, Tliea. Stratiotes. Marchantia« Hypnum. Chara. • Phyllanthus. Croton sebiferum, Agyneia iinpnbes. Najas marina. Valisneria fpiralis. Menispermutn trilobum. Thunberg. Andropogon. Cenchrus. Ficus pumila. de Pteris serulata, Hort Kew. — — Semipinnata, Pteris caudata. Afplenium. Woodwardia, Polypodium hustatußt Thunberg. — falcatum Thunb. 482 Abzug aus Peking. Reise nach Han-tschu-fu, zum Theil lc. 483 Kyllinga monocephala. Justicia procumbens. Ilex. Trapa. PaspaLum. Polygonum lapatifoHum, — — dumetorum. — — atnphibium. — ■— perfoliatum. Trichomanes chinensis. Marsilea quadrifolia. — — natans. Azolla filiculoides, Lamarck. Lycopodium cernuum. DavallLa chinensis Smith» Triticwn. Morus alba» — — nigra. Fagus castanea, Viscum» Nicotiana tabacunn — eine andre Art. Thuya penfilis, cine neue Art. — eine andre Art Laurus oamphora. 484 Han-tschu-fu. Neuntes Kapitel. Han-tschu-fn. Neise von hier nach Tschl«ssium; eine andre von ebendaher nach Canton. Fahrt der Englischen Gejandtschafcs-schiffe von Tschuffann nach Canton. "!)er grosse oder Kaiserliche Canal endigt sich in der Vorstadt von Han-tschu-fu, in einem weiten unregelmas-sigen Becken, welches durch die Gewässer eines west^ lich vor der Stadt liegenden Sees noch mehr angefüllt wird. Aus diesem ist auch ein ziemlicher Canal rund um die Stadtmauern geleitet, in denen sich mchrerc Bogen für kleinere Canale befinden, welche durch die Hauvtstrasscn laufen. Han ltschu-fu liegt zwischen dem Becken des gross sen Canals und dem Flusse Tscheu-taugltschang, wel« cher sechzig gute Meilen von hier nach Morgen zu in das Meer fallt. Bey hohcr Fluch wächst dieser Fluß der Stadt gegen über bis zu einer Breit« von beynahe vier Meilen an. Zur Ebbzelt hingegen ist hier ein schönes ebenes fast zwey Meilen breites Gestade, welches sich nach der See zu so weit ausdehnt, bis das Auge es nicht mehr erreichen kaun. Auf diesen, Flusse treibt Han-tschu-fu einen grossen Handel mit Waaren, die es theils nach den südlichen Provinzen ausführt, theils von dorther empfangt. Die Güter Reise von hier nach Tschussann; :c. 485 pflegt man durch vicrradigte in eine Linie an einan-der gestellte Wagen ein und auszuladen, so t^ß eine bequeme Höfdte gebildet wirb, welche man durch Vermehrung oder Verminderung der Wagcnanzahl/ leicht verlängern oder verkürzen kann, je nachdem es die Entfernung der Fahrzeuge vom Ufer crfodcrt. Das- Becken des grossen Canals und der Fluß stehen in keiner Verbindung zu Wasser. Deswegen müßen alle Waaren, welche von Süden hcc zur See in den Fluß geführt werden, so wie alles was von dc„ Landsccn und Flüssen aus Tschekian und Fotschcnn kommt, in der erwähnten Stadt abgeladen werden, ehe sie weiter nördlich gehen können. Dies macht Han-tschU'fu zum allgemeinen Stapelplatz der Güter, welche die mittäglichen und mitternächtlichen Provinzen gegen einander auswechseln. Auch ist sie so voller Menschen, daß man ihre Einwohnerzahl für nicht viel geringer als die der Hauptstadt halt. Indeß sieht man, ausser den Mauern, weiter nichts prachtvolles daran. Die Hauser sind niedrig und haben über dem Erdgcschoße nur ein Stockwerk. Die Strassen sind in der Mitte mit breiten glatten Quadern und an der Seite mit flachen Feldsteinen gepflastert, im übrigen aber enge. In den Hauptgasscn sieht man lauter Kaufmannsgewölbe und Waarenhauser, von denen viele den prächtigsten dieser Art in London nichts nachgeben. Es scheint hier ein starker und weitausgcbreiteter Haw 486 Han-tschu-fu. del mit Seidenwaaren und kein geringer mit Rauch, werk und Englischen Tüchern getrieben zu werden. Man konnte des ungeheuren Gedränges wcgm kaum durch die Strassen kommen und die Leure schienen sich nicht etwan um der Fremden oder um einer öffentli-chen Angelegenheit willen versammelt zu haben, son? dern giengen sämmtlich ihren eigenen Geschäften nach. Hinter den langen Tafeln in den Laden findet man Männer aber nie Weibspersonen stehen. Die geblüm« ten und gestickten Atlasse / so wie alle anorc Zweige der Seidcnfabrik/ sind blos die Arbeit der Weiber, welche sich hier in ungeheurer Menge damit beschäftigen. Die Mannspersonen waren meistens blmt angezogen und schienen in gemächlichen Umständen zu seyn. Mode oder eigner Geschmack ändern selten die Kleidung in China, sondern was sich für jeden nach seinem Stande schickt oder zur Iahrszcit paßt, bleibt gemeiniglich, wenn nicht andre Umstände eintreten, immer dasselbe. Sogar an den Anzügen der Fraueni zimmer findet wenig Abwechslung statt, ausgenommen etwa in der Anordnung der Blumen in den Haaren oder des übrigen Kopfputzes. Sie tragen ordentlicher-weise über seidenes Netzwerk, welches bey ihnen die Stelle der Leinwand vertritt, eiue seidene Weste und seidene Unterbeinkleider, die bey kalter Witterung mit Pelz vorgestossen oder gefüttert sind. Hierüber tragen sie ein weites atlaßnes Gewand, welches sich in der » Reise, von hier nach Tschussann; :c. 48? Mitte reizend in Falten schlagt und mit einer breiten Binde zusammengehalten wird. Jedes von diesen Klei, dungssiückcn ist insgemein von einer andern Farbe, durch deren Wahl und Abfall die Frauenzimmer vor-nchmlich ihren Geschmack beweisen. Ob sie gleich Wohlbeleibtheit bey Mannern für eine Schönheit ach-ten, so betrachten sie sie doch als einen augenscheinlichen Fchl bey ihrem eigenen Geschlechte und bestreben sich schmächtig und schlank zu bleiben. Sie lassen die Nägel an ihren Handen wachsen, verringern aber ihre Augenbraunen bis auf eine Bogenlinic. In Han-tschu,fu kam die Nachricht an, daß der Löwe mit dem Ritter Erasmus Gower am sechzehnte« October aus Tschussann abgesegelt ware, ehe ihn deS Gesandten Brief erreicht hätte, den der Kaiser auf Elln-ta-dschins Vorstellung abfertigte. Hatte man das Schreiben am vierten desselben Monats abgesandt, wo es der Colao Ho «tschung-tang in dieser Absicht erhielt, so würde es gewiß nach Tschussann gelangt seyn, ehe der Ritter Erasmus Gower abgicng, und es würden dadurch die Verhaltungsbcfehle widerrufen worden seyn, welche ihm vorher, unter der Vorausse-zung eines langern Aufenthalts in Peking, vom Botschafter gegeben wurden, nehmlich eine entferntere Seereise zu unternehmen und sich nicht eher als im May in der Nahe vom Canton einzufinden. Wie leicht hatte nicht die Besorgnis des bevorstehenden Südwest 488 H, den Ritter Gower gelangen zu lasse,,, wem, er in ih« Nachbarschaft käme. Das Kcmssartheyschlss in Tschussann wartete noch auf seinen Capita«, welchen der muc Untcrkönig nicht verhinderte, so wie der vorige gethan, sich nach dem« selben zu begeben. Es wurde auch beschlossen / daß die mchrcsten Herren im Gefolge, welche bey der Herreise darauf gewesen waren / in diesem Fahrzeuge wieder zurück kehren sollten: ferner ließ man die Geschenke des Kaisers an Se- Majestät darauf schassen so wie es die von Sr. Majestät für den Kaiser am Vord gehabt hatte. Daher mußte sich die Gesandtschaft hier theilen und ihre Reise auf verschiedenen Wcgen fortse, tzen. Dcr Gesandte wandte sich mit der grössern Hälfte nach Canton zu/ und da Tschang/ta-dschin eben seine Stalthalterschaft in dieser Provinz antreten woll-te, so beschleunigte er seine Abreise, um ihn zubeglei-ten; indeß Sun-ta>dschin eben so bereitwillig war, mit dem Obrisien Benson und den andern Herren, welche sich an Bord des Kauffahrcrs verfügten / nach Tschüs» sann abzugehen. Die hierzu nöthigen Vorkehrungen crfodcrtln ei/ nen Aufenthalt von etlichen Tagen in Hanitschu-fu. Bey dieser Gelegenheit schrieben einige Hcrren an ih, re Freunde in Europa/ weil sie glaubten, das Kauft fattheyschiff könnte eine Ladung in Tschusann erhalten 4ya Han-tschu-fll. und von dort unverzüglich nach Europa absegeln, das Kriegsschiff aber aus Canton abgegangen seyn, ehe des Gesandten Gegenbefehle dort angekommen wären. In diesem Falle würde der Ritter Gower, mit dem nordöstlichen Monsuhne kampfend, durch die Strasse von Formosa nach den Japanischen Inseln gesegelt seyn. Er konnte vielleicht auch den Kauffahrer dort begegnen, da er selbst wegen seines nördlichen Laufes gegen den Monsuhn nothwendigerweise nur langsame Fortschritte machen müßte. Man gab daher dem Cas pitan Makintosch einen Brief an den Ritter Gower mit/ von gleichem Inhalte mit dem, welcher ihm schon unter Einschlüsse an die Geschäftsträger der Compagnie in Canton war zugefertigct worden. Wahrend der Zubereitungen in Haultschuifu lud Wan-taidschin den Herrn Barrow und etliche andre a«s der Gesandtschaft mit seiner gewöhnlichen Gutmüthigkeit ein/ eine Lustfahrt über den See Siihn zu machen, welcher nur ein wenig westlicher lag. Hier? zu wurden gleich eine schöne bequeme Reisebarke und ein hinterher rudernder Kahn zur Kocherey beygeschasst. Sie speißten Fische, wovon der See wimmelte. Er war mehrentheils seicht, aber das Wasser vollkommen durchsichtig und der Boden Kies. Eine ungeheure Menge Lustkahne segelten darauf. Man sah blos Mannspersonen, weil die Frauenzimmer in diesem Theile dcs Reichs bey dergleichen Gelegenheiten nicht Reise von hier nach Tschussaun; ic. 49' zum Vorscheine kommen. Der See bildete eine schöne Wasserfläche, die etwa drey bis vler Meilen im Durchmesser hatte und gegen Mitternacht, Moraen und Mittag von einem Amphitheater mahlerischer Berge umgeben war, zwischen derem Fusse und dem Raudc des Sees der schmale Streif ebenen Bodens auf eine gefällige Art, die zur Lage paßte, genutzt zustyn schien. Er war mit Häusern und Garten der Mandarinen verziert, wie auch mit einem Kaiserlichen Pallaste, mit Tempeln, Klöstern der Ho-schang oder Fo-Priester, und mit vie> lcn leichten, artigen Ctcinbrücken, die über Arme des Sees gelegt sind, welche in die tiefen Schluchten hin--einlaufen undsich mit den Bachen vermischen die aus den Bergen herabricseln. Auf den Bergkoppen standen auch Pagoden, unter denen eine vornehmlich Aufmerksamkeit erregte. Sie war auf dem AbHange einer kühnen in den See hervorspringenden Halbinsel errichtet und hieß Lui-fung-ta, oder Tempel der donnernden Winde. Es standen noch vier Geschosse davon, aber oben war alles in Trümmern. Die modernden Cranzleisten, von denen eine Art doppelter Krümmung hervorragte, trugen etliche Merkmale einer bestimmten Ordnung an sich. Ietzb Wuchsen Gras, Gestrippe und Moos darauf. Epheu, welcher an dergleichen Stellen in Europa einheimisch ist, sah man hier eben so wenig, als an andern Orten in China. Di»,'l sehr häufig und machten einen Ab> sah mit dem tiefen Grün des emporstrebenden Lerchen^ balMls, so wie mit den glänzenden Blattern des bus schichttn und weit ausgebreiteten Camphcrbaums, wo, bon, wie schon erwähnt worden sich eine jungc Pfiaiu zmig im botanischen Garten zu Batavia befindet. Dies ist die emzige Art der Lorbccrgaltung, welche in China wachst, wo sie grosses und kostbares Zimmerholz liefert. Man bedient sich dessen zu den best-n Gebäuden aller Art/ wie auch zu Schifsmasien/ und es sieht in zu hohem Preist/ als daß man mehr als die Zieste davon abschneiden sollte, um die Avothckerwaas re, genannt Camphcr, welche daraus bereitet wird, zu erhalten. Zu diesem Behufe kocht man die Aesie, Zo6 < Han-tschu-fu. Zweige und Blätter in Wasser, auf dessen Oberfläche man den Camphcr wie Oel schwimmen sieht; auch hängt er sich wie Leim an den Stab/ womit man umrührt. Dann mischt man den leimartigen Stoss mit Thon und Lehm, thttt das Gemisch in ein irrdnes Gefäß, und befestigt ein andres eben so grosses luftdicht darüber; hiernachst wird das untere Gefäß über ein gelindes Feuer gesetzt, so daß der Camphcr allmählig durch den Thon und Lehm dringt, und an die Seiten des oberen Gefasses anfliegt, wo cr eine Masse bildet, welche die Gestalt der Höhlung hat, in der er sich ansetzte. Dem< ungeachtet ist er nicht so rein und weit schwacher als der Campher, welcher Stückenweift unter den Zasern des Stammes, gleich dem Harze an verschiedenen Kieferar-ten/ gefunden wird. In der grossen, aber schlechtbes völkerten Insel Borneo, wie auch in Japan, fällt man den Campherbaum blos um diese köstliche Waare zwischen den Splittern des Holzes zu finden, so wie in Louisiana gewisse Baume blos um der Früchte willen niedergehauen werden, welche sie auf den Wipfeln tra, gen. Der Campher aus Borneo und Japan ist rein und so ungemein stark, daß sich sein Geruch und seine Eigenschaften andern verdickten Oelcn leicht und in einem hohen Grade mittheilen, welche dann für wahren Campher ausgegeben werden. Diese verfälschte Waare verkauft der betriebsame Chinese unendlich wohlfeiler, als er die ächte Substanz aus Borneo oder Rcisc von hicr uach Tschussann; :c. 50? Japan einhandelt. Dcr Talkbamn sieht mchrentheils nahe an den Ufern dcs Flusses und dcr Camphcr wett ter davon. Der ^rbor vitN wuchs äusserst häufig und bis zu einer erstaunenden Höhe in dem Thale, worinn die Stadt Y n-tschu-fu steht. Jenseits dieses Orts wurde der Fluß so seicht, daß die Barken nicht an. ders als durch das Ziehen der Schiffer selbst vom Flecke gebracht werben konnten; und in dem kiesiglen Flußj bette, welches mit der grünen Conferva überwachsen war, mußten zuletzt eine Menge Bauern einen Canal für die Barken macken Unter den Kieselsteinen bcfans den sich auch kleine Quarzstücken. Wahrend dieses Verzugs naheten sich den Fahri zeugen der Gesandtschaft zwey junge Leute von feinem Anschn, welche den Botschafter zu sehen wünschten, und ihm deswegen von Hanitschu-fu aus gefolgt was ren. Sie hatten die Ehre mit demselben Posten von dem Könige der Liuku Inseln bekleidet zu seyn. Ihr Anzug bestand aus einer sehr feinen Art von Schawl / welche in ihrem Lande verfertigt, mit einem schönen Braun gefärbt und mit Eichhörnchenfcllen gefüttert war; übrigens hatten die Kleider beynahe einen Chinesischen Schnitt. Sie trugen Turbane, dcr cine aus gelbem, der andre aus violettem Seidcnzeugc, wel> ches niedlich um den Kopf gewunden war. So viel man sehen konnte, hatten sie weder etwas leinenes noch baumwollenes an sich. Diese jungen Leute wa- zo8 Han-tschu-fu ren zwar von etwas dunkler Gesichtsfarbe, aber gut ge< bildet, wohlerzogen, gesprächig und mitthcilsam. Sie gedachten von Han-tschu-fu, wo sie eben angekommen waren, nach Peking zu reisen, denn ihr Herr schickt unausgesetzt alle zwey Jahre Vlbgeordnete mit Tribut an den Kaiser und laßt ihn seiner Treue versichern. Sie landeten im Hafen Emu,) in der Provinz Fo-tschen, ausser welchem ihr Volk sich keinem andern nähern darf. Sie verstanden Chinesisch / hatten aber eme eigene Landessprache. Sie sagten / ihres Wissens hatte nie ein Europäisches Schis in ihrcn Inseln angelegt; wenn sie aber kämen, so sollten sie wohl aufgenommen werden; der Verkehr mit Auslandern sey nicht unters sagt; sie hatten einen schönen Hafen, weit geyug für die grösien Schiffe und nicht weit von ihrer Haupt, siadt, welche weitlauftig und volkreich wäre; sie baue-ten eine grobe Art von Thee, die aber bey weitem dem Chinesischen nicht bcykame; sie bearbeiteten viele Kupfer und Elsenbergwerke/ hatten aber nie Gold-oder Silbererz entdeckt. Wenn diese Inseln einmal abhängig seyn sollen, so müssen sie, ihrer geographischen Lage nach, entweder den Chinesen oder Japanern zugchören. Die letzteren bekümmerten sich nicht um sie, aber die ersteren schickten erst eine Gesandtschaft an sie ab, um ihre Starke und Lage auszukundschaften, und dann liessen sie dieselben durch emu» Heneszug unterjochen und zu Reise von hicr nach Tschussann; :c. 5c?y einem zinsbaren Claate machen. Wenn der Fürst stirbt, so wird sem Nachfolger vom Chinesischen Kaiser gcwisscrmassen erst eingesetzt oder bestätigt. Bald nachdm die Gesandtschaft ihre Reise fortzus - seftcn angefangen halte, wichen die Berge ein wenig vom Flusse zurück / welcher weiter und zu gleicher Znt ticfer wurde. In den Thälern längs dem Flusse wuchs vornehmlich Zuckerrohr, das damals fast reif und ungefehr acht Schul) hoch war. Es hatte schon ein Jahr gestanden und da die Absätze / obwohl durchaus von gleichem Durchmesser/ langer wie die Westindischen waren / so enthielten sie vermuthlich mehr Saft als diese. Die Absätze der ersteren waren insgemein sechs Zoll lang, dahingegen die letzteren selten über viere wachsen. Die Zuckerpflanzungen einzelner Besitzer in China schränkten sich auf einen sehr kleinen Raum ein, und der Bau einer Zuckcrmühle war zu kostspielig, als daß man auf jeder Pflanzung eine hätte errichten köns nen. Wer hier das Rohr anbaut/ hat nichts mit dem Absondern des Saftes daraus und mit dem Zuckersie-den zu lhun. Die Zuckelsieder reisen im Lande herum und führen die nöthigen Gcrathe be») sich, welche aber cin Westindischer Pflanzer für mchinreichcnd und verächtlich halten würde. Es hat keine grosse Schwierige keit mit diesen Gerathen zu reisen, da man sich den mehresten Pflanzungen an einem Flusse oder Canale nahern kann. Etliche Bainbusrohrstangen und Mattm 5i° Han-tschu-fu. geben dem Siedcr auf ein Paar Tage hinlängliches Obdach; hier befestiget er an einem Ende einen grossen Kessel, richtet darunter einen Heerd fürs Feuer ei»/ und bringt ciuen Rauchfang an ; etwan in der Mitte werden zwey Walzen schntclrecht in ein Gestell gesetzt.-Diese sind zuweilen aus hartem Holze lmd oft aus Stein. Im ersteren Falle hat man etwa acht bis zehn Zoll der oberen Enden zu schrägen Kämmen ausgekerbt, die in einander greifen; und im zweyten Fall sind hölzerne Ringe mit darinn befindlichen Zahnen, um die oberen Ende» der Steinwalzen gelegt. An der eis nen Cylinders, welche über das Gestell herausragt, sind zwey gekrümmte Stangen befestigt, wodurch die Walzen herum gedreht werden, ohne daß die ersteren an das Gestell stosscn. An das Ende dieser Stangen schirrt man zwey Büffel, welche wie in einer gewöhnlichen Ochsenmühle herumgehen. Solchemnach zerquetscht man das Rohr zwischen den Walzen, und der herausgeprcßte Saft lauft durch eine Röhre in den Kessel. Das zuckerlcere Rohr dient dann zum Verbrennen, und man kocht den Saft so lange bis er dicklwird und sich zu körnen anfangt. Ein Zuckersieder sucht bey mehrern Pflanzern auf einmal Arbeit zu erhalten, damit er seine Siedcrey mitten in ihren Feldern aufschlae gen und alle nach einander bedienen kann, ohne seis ncn Standort andern zu dürfen. Wahrend er arbeitet, tragen die Bedienten und Kinder des Pflanzers bestäns dig Zuckerrohr in die Mühle. Reise von hicr nach Tschussann; lc. 511 Das Zuckerrohr wird sehr regelmässig in Reihen gepflanzt und die Erde sorgfaltig über den Wurzeln angehäuft. Die Leute, welche um diese Jahreszeit in dergleichen Feldern arbeiten, pflegen in China so wie in Wcstindicn rund und fett zu werden, und wenn das Zuckerrohr reif wird, vermißt man eine Menge Cbinei sischer Leibeigenen und Müssiggänqcr/ welche sich in diesen Pflanzungen verbergen und ganz darinn leben. Unter den Wurzeln des Zuckerrohrs hält sich ein grosser wcisser Wurm auf, welchen die Chinesen in Hel sieden und als einen Leckerbissen essen. Unweit dieser Pflanzungen befanden sich auch etliche Haine von Appelsinbaumen, welche Früchte von sehr mannigfaltiger Grösse und Farbe hervorbrachten. Einige waren kleiner als die Portugiesische Appclsine, und etliche so dick wie die grösten Westindischen, aber die süsscste und saftigste, welche man allen andern vor, zieht, ist eine tiefroche Frucht, die sich sehr leicht da« an unterscheiden laßt, daß ihr Fleisch nur durch einige dünne Fasern mit der Schale zusammenhangt. Die Rci> segesellschaft wurde mit allerley Obst fast im Ucbcrfiusse versorgt. Insgemein bestand der Nachtisch aus Wein-trauben, Appclsinen / Acpfcln, Birnen, Castanien, Wallnüsscn, Granatäpfeln, Melonen und cinec Art von Datteln. Es fehlt den Chinesen an einigen Europäischen Früchten, als an Stachelbeeren, Johannisbeeren, Himbeeren und Ol'ocn; sic haben aber andre 512. Han-tschll-fll. im Ueberfiusse, z. B die Sittschi ^nd Latscht, welche in Europa nicht wachsen. Die Si>tsc:)i ist eine platt te, weiche, röthliche Frucht m^t einr''röthl:chen Schas le, unter welcher cin dünnes säuerliches Flcisch und in der Mitte ein Kern ist. Sie hat die Gestalt eincr Ap-pelsine von Mittchil'össe und sieht aus, als ob sie von einem runden Gewichte breit gedrückt worden wäre. Die Latscht ist nicht viel dicker als eine grosse Kirsche und hat eine Schaale voll weicher Stacheln. Das Fleisch schmeckt herbe und bebeckt einen vcrhallnißmaft sig grossen Kcrn. Sie wird oft eingemacht und nimmt dann einen süßlichen Geschmack an. Die Tannen mit hohen Zapfen haben Kerne, welche man in China eben so gern ißt wie in Welschland. Jeder Berg, welcher entweder zu steil oder felsigt ist, um anders genutzt zu werden, wird bis obenhinaus mit allerley Tannen bepflanzt, oder noch häufiger mit Lerchenbäumcn,. deren Holz man am liebsten zum Bauen nimmt. Jetzt sah man zum erstenmale, auf den Erdwallen zwischen den Nutzgarten und den Appelsinpfianzungen, den Thee wie eine gemeine Claude worauf nicht diel Sorgfalt gewendet wird, wachsen. Ueberall in China wo man ihn ordentlich anbaut, wachst er aus dem Caamen, der in Reihen, ungefehr vier bis fünf Schuh auseinander gestreuet wird, und in einem Erdreiche, das man von Unkraute rein halt. Selten säet man ihn auf Reist von hjer nach Tscklilann; tt slz aufplatten oder marschigen Boden , der für den Neis blcibt. Erstaunliche Strecken hügllchtcn Landes stnd damit besonders in der Provinz Fo? tschen bepflanzt. Man hindert den senkrechten Wachsthum dcs Thccs, um seine Blatter desto bequemer einsamM'ln zn können , welches znerst im Frühjahre und dann noch zwey'nal im Sommer geschieht. Seine langen, dünj nen Aeste spross, n beynahe gerade aus der Wurzel, ehne daß ein naklcr Stamm dazwischen ist. Er ist buschig wie ein Rosenstok und die ausgebreiteten Blätter der Biumcn ähnelen gewissermaßen denen der Rose. Alle Erkundigungen die man hierüber einzog kamen darinn übcrcin/ daß ftine Eigenschaften erst) lich von dem Boden worinn er wachst, dann von dem Alter der Blatter, wenn sie gesammelt werden, und endlich von ihrer nachherigcn Behandlung ab) hangen. Die dicksten und ältesten Vlattcr, welche am wenigsten gcschazt und für die niedr gsten Volks, stände bestimmt sind, werden oft viel ohne vorgans.ige Zubereitung verkauft, und haben noch den Gewächs? gcschmak an sich, welches den mehrcsten stischen Pflanzen gemein ist / aber in kurzer Zeit verschwindet indeß der wesentlichere Geschmak, welcher /edem Gw Wachse eigenthümlich ist, am längsten unverrina/rt bleibt. Di« Zurichtung der Blätter che sie dem Käu, fcr übergeben werden, ist nicht uubttra l>llich. ^„ Zwcpter Vaud. K k si4 Hant-schu-s«. des Blatt geht durch die Finger einer Frauensperson, welche es aufrollt, so daß es beynahe dieselbe Gestalt bekömmt, welche es hatte, ehe es sich beym Wachsen ausdehnte. Es wird nachgehcnds auf irdene oder eiserne Platten gelegt, welche weit dünner sind, als man sie anderwärts zu machen versteht. Man behauptet in China zuversichtlich, daß hierzu keine Kupfcrplatten gebraucht werden. Wirklich macht man hier gewöhnlich beynahe kein Geschirr aus diesem Metalle, daß man hauptsachlich zu Münzen nimmt. Die irdenen oder eisernen Platten werden über ein Feuer von Holzkohlen gestellt, welches alle zmülge< bliebcne Feuchtigkeit aus den Blattern zieht und sie trvckcn und kraus macht. Die Farbe und Scharfe des grünen Thees soll daher kommen, daß man die Blätter sehr zeitig abpflückt, wenn sie, gleich unrei< fem Obsie, gemeiniglich noch herbe und grün sind. Der Thee wird in grosse mit ganz dünnem Bl:y gefütterte Kisten eingepackt, und mit den getrockneten Blättern eines grossen Gewächses umlegt. Es ist leider wahr, daß der Thee in diese Kisten eben so durch die blossen Füsse der Tagelöhner getreten wird, wie die europäischen Bauren mit ihren hölzernen Schuhen die Weintrauben treten, in welchem letzteren Falle jedoch der Saft durch die nachhm'ge Gährung gcremiget wird. Unbeachtet dieses unsauber« Verfaß Reise von hier nach Tschuffann; ». 515 tens der Chinesischen Packer l-eben doch die höhern Stände des Landes den Thee eben so sehr wie tiaS Volk und sind sehr delikat darinn. Guter Thee ist in Pccking theurer als in London. Zuweilen wird er, wie schon erwähnt worden, in Kugeln zusammenge, preßt. Auch macht man häufig eine starke schwarz« Essenz davon. Man legt dem Thee, welcher allgtt mein im ganzen Reiche getrunken wird, viele Tugem den bey. Ein warmer Ueberguß auf/etes würzhafte Kraut must natürlich allen ana/uehm scyn, die von Gtrapa^en erschöpft sind/ da er gewöhnlich eine starke Ausdünstung verursacht, wie auch leuttn welche nicht gut verdauen. Vielleicht ist ein: der bcsten Eigenschaften desselben, dcß wer einmal Geschmack am Thee gefunden und sich daran gewöhnt hat, sietsmin deren Gefallen an geqobrncn und berauschenden Gc< tränken findet. Armc L ute brauchen dieselben Blatt ter zu mehrern Aufgüssm. Dies Gewächs wird in verschiedenen Chinesischen Provinzen erzeugt, aber nie nördlicher als dreisslg Grade vom Aequator. Zwi, schen diesem ParaNelkoise und der ScheiDungslinie zwischen dem gemasslqten Erogürtcl und dem heissen, kommt es am besten fort, wiewohl man es auch südl licher in der Chinefichen Prooin; Punnan findet. Es wurden dem Gesandten einige Theestöcke und andere hauptsächlich in China gedeihende Gewächse ver, 556 ' Hant-schll-fü schafft, welche er nach Bengalen schickte, weilsieba, Wie man ihm gesagt hatte, in einigen Gegenden mit Erfolg angepflanzt werden könnten. Man verbraucht so unbeschreiblich viel Thee in China, daß wenn die Bestellungen aüsEurop.auch mit einrmmale aufboren sollten, die Verfoufpre:se desselben in China um drßwillen noch nicht merklich fallen würden, obwohl die Pfians zer, welche gegenwärtig die Camoner KauflcUte mit Thee zur Ausfuhr versorgen, einige Unbequemlich, lichkeit davon fühlen dürften. Ein dem Tbee sehr gleichendes Gewächs blühele jetzt an den Seiten der Berge bis auf die Gipfel, wo das Erdreich fast nlchts anderes, als kleines, zerschelltes Gestein zu seyn schien, das durch disHu terkönig waren häusig die Beschwerlichkeiten, welche hon den Ausländern, besonders von Engländern, in Canton gefühlt wurden. Er gab aus natürlicher GutmüthiMt einem solchen Anbringen Gehör, und Tschau, ta,dschin, dem er sein Zutrauen geschenkt hatte, und auf dessen Ergebenheit der Bothschafter rechnen konnte, nahm über sich ihm die Sache uns ter vier Augen auseinander zu setzen und anzuempfehlen. Es konnte auch von Nutzen seyn, daß dergleichen Vorstellungen in des Unterkönigs ge< Heime Bcrichte während der Reise eingerückt und ohne Zumischung anderer Sachen Sr. kaistll. Ma/. bekannt würden. Der Unterkönig und der Gesandte wurden bald benachrichtigst / daß^alles zur fernern Reift in He? 522 Hant-schu-fu. reitschast sey. Beyden Vorkehrungen dazu war jedoch eine kleine Schwierigkeit vorgefallen. Ein so zahlreicher Zug hatte selten diesen Weg gemacht. Es war nichts leichtes eine. gehörige Anzahl von Pfers den auf einmal in einem Lande aufzutreiben, wo man keine zumFeldbau braucht, wo die niedrigsten Volkss stände zu Fusse reisen, und die höhern in Palankis nen von Menschen getragen werden. Die Leibgar, disten des Gesandten mit ihren hochrothen Fedcrbü-schen und blitzenden Gewehren wurden für Leute von Stande gehalten, die man nicht zu Fusse gehen laft sen könnte. ll'berhaupt dachten die Chinesen sie müßs ten für Jedweden in der Gesandtschaft entweder ein Pferd oder e-'nen Wagen besorgen. Der Mangel an Pf'-rden wurde durch Canften ersezt an die man Bambusrohrstangen befestigte, und sie so von Menschen forttragen ließ. Indessen zeigten manche von dicscn in ihren zerrissenen Kleidern Strohhüten und Cohlen ihre Magerkeit so sehr, sahen auch um so weil schwacher ans, als die welche von ihnen getra, gen wurden, daß viele der letzteren, über den Abstich errö-thend, ihre bcqemen Lagcr verliessen, und die Reise zu Fusse fortsezten. Der Weg lief anfänglich über Anhöhen, dann in enge Thäler, und durch niedriges morastiges Reislaud, über einen Damm, der zwischen zwey Mauern von Werkstükengemacht und mit sei- Reise von hier nach Tschussan; ic. 52? nem Kies von den nahen Gebirgen überstreut war. Da man sichln dieser Gegend keiner Wagen bediente, so war dcr Damm enge, aber demungeachtct eben und glatt. Gegen Mittag von der Strasse erhoben sich einige theils runde, theils konische, jähe Hügel, die von einander abgesondert und mit Gras und Ge< firäuche bewachsen, aber so regelmässig gebildet und so gleichförmig vom Gipfel bis zum Fusse abgedacht waren, daß sie aussahen, als ob die Hand eines Künstlers sie gemodelt hätte. Sie bestanden aus blauein grodköruigte» Kalksteine. Jenseit derselben waren Gruben, wo ein köstlicher weisser schimmernder Stein häufig brach. Er enthielt den allerreinsien Quarz und die Chinescr brauchten ihn beym Porceb lainmachen anstatt des Petuntse. Auf dieser kleinen Landreise welche fern von ab len grossen Heersirassen lag, legte man keine Meile zurük, ohne auf ein Derf zu siossen, auch war nicht ein Flck unangebaut gelassen, ausgenommen nakte Felftn oder senkrechte Höhen. DieDörfer hatten keine Mauern waren aber beym Ein-und Ausgange mit schönen Thorwegen versehen. Es schien als ob man die felsigten Oerter von der Erde, welche dieselbe« ehemals bedekte, entblößt hatte, um sie auf Plätze zu schaffen, wo sie den Gewachsen bequemer Nahrung zuführen könnte. Wo die Seite des Hügels oder Bers 524 Hant-schll-fu. ges nicht beynuhe senkrecht auf die ebne obere Flache der Erde abfallt < ist der Abhang in mehrere übereinander angebrachte Terrassen getheilt/ welche auf angehäuften Feldsteinen ruhen. Daher ist es nichts ungewöhnliches einen ganzen Berg bis oben hinan völlig angebaut zu sehen. Auf diesen Abstufungen zieht man Gewächse von allerley Art, als Hülsenfrüchte, Getreide, Yams, süsse Ecdbirnen, Zwiebeln, Möh< ren, Rüben und viele andere Küchengewächse. Oben auf dem Berge ist ein kleiner Teich gegraben, worein sich das Regenwasser sammelt, welches durch Kai näle von einer Terrasse zur andern an den Bergscis ten hinab geleitet wird. Ist ein Ort zu rauh, uns fruchtbar, steil oder hoch, um andre Gewächse zu tragen, so bepflanzt man lchn mit der Camellia Sesam qua und allerhand Tannen, besonders mit dem Ltsai, oder wcisscs Kraut genannt wird, und eine Aehnlichkeit mit - ^------hat; es fällt angenehm auf die Zunge und wird sowohl von Ein-gebohrncn als Fremden für ein schmakhastes Gemus sc gehalten. In den Gegenden bevölkerter Städte sin- Rcise von hier nach Tschllssan; tt. 527 det man allezeit viele Morgen bamll vepfi«nzt uno in den Frühsiunden hielt es Alanchmal schwer, sich durch die Hausen von Schud'und Zieh-karren zu drangen, welche damit beladen dcn Tdorcn von Pccring und Hantschufu zueilten. Es schcmt am besten in den mitternächtlichen Landschaften fortzukommen, woman es zum Winter verbrauche einsalzt und dann in Fast ser geschlagen in die mittäglichen Gegenden verfuhrt um es dort gegen Reis umzusetzen. Dieses Getreide und das genannte Zugemüse sammt einer Würzung von Knoblauch oder Zwiebeln und hinterher ein Aufguß von grobem Thee, geben öfters dasganzc Mahl für den Chinesischen Landmann oder Handwerker ab. Der Ackersmann hier zu Lande weicht den auszustreuen-den Saamcn allezeit erst in siüssigen Dünger ein, bis er quillt und Keime treibt, weil ihn, wie er versi« chert, die Erfahrung gelehrt hat, daß dadurch nicht nur der Wachsthum beschleunigt, sondern auch die Pftanze vor den in der Erde befindlichen Insekten bewahrt wird. Dies Verfahren sichert vielleicht die weissen Rüben in China gegen die Fliegen, welche an< derwarts das Gedeihen det selben so häufig hindern. Auch die Wurzeln der Gewächse und Hbsibäume bei gicßt man hier mit fiüssigcm Dünger, weil dadurch die Zcitigung und Kräftigung derselben befördert wers den soll. Nach dem Zeugnisse des römischen Schrisk fig Hant-scku-flt. fiMrs, welcher weiter oben angeführt worden ist, that man dasselbe i>, Itallett, woülach die Aepfelbum me und Wcinsiocke weit lustiger wuchsen. Der Gctrndedau, welche? dic Hauptangelegens heit der Ch ueflsche,» Landwirth'chaft ist, wild insgemein mit wenig Dmger betrieben und ohne das Land brach liegen zu lassen. Es giebt unläugbar Gewächse/ dcmn zu ihrem Fortkommen nichts als Luft nö hig ist, wie eine Art des Epib?ndrons; so bleiben Zwie> belngewächsc und sattige Pfi^nzcn am best n im Sani de, n-cht zu g30c.ckcn, daß sehr viele bloß im Wasser crzcußt werden: ausserdem aber gewahrt Fruchtcrde die dcstc Nahning für Gewächse, trotz alles dessen, was der theoretische kandwirthschaftslehrer dawider einwenden mag, ist es gewiß, daß man, in der Anwendung den Boden so mengen und versetzen müsse wie es sich am besten für die anzubauenden Man, zen sch'ken will. Dies laßt sich mehrcnthcils durch ew Zuthat von Dünger bewirken, der ordentlicher Weise ein Gemisch von thierischen und Gewächssioft sen ist, die bereits in Fäulniß übergegangen sind. So bildet s?ch ein Schleim, welcher, seinen übril gen Eü'flllß nicht in Anschlag zu bringen, dem Bas den, der ihn empfängt, eine eigenthümliche Beschaft ftnhelt nnttheilt, indem Thonland dadurch geschmei, digcr, Rcisc von hier uach Tschlissann; ic. 5^9 biger, sandiges Erdreich zäher und beyde sowohl in gehöriger Wärme als Feuchli^k.it erhalten werden. In Ermangelung des Mlsts hat man zuweilen mit E. folge allerley Erdarlcn zcisammcnMNischt. So bewährt sich dcr Mcrgcl, welcher insgemein aus Ka^kerde und Thon besteht, und für sich allein dem Wuchst hinderlich ist, in gewissen Landstrichen, als treftlcher Dünger, und ein Boden von strengem Lehl me, k^nn durch Mischung mit Sand und Wasser zu einem recht guten Pflanzenlande gemacht werden. Die Egypter elkainUen s
fu. Kette sammt dcn Hebern darüber laufen. Diese Aeri me, welche die Gestalt eincs ^ haben, sind rund und glatt gemacht, so daß der Fuß darauf ruhen kann. Die Achse dreht sich auf zwey aufrecht stehenden Stil-ken Holz, die durch ein Mlttelholz an einander bcvesti-get werden. Wenn die Maschine fest gemacht ist, treten Leute auf die herausstchellde» Achsenarme, wahrend sie sich an das Mittelholz hallen / und setzen dadurch die Kette in Schwingung, so daß die daran lies findlichen Heber beständig eine Meuge Wassers herauf, bringen. Man bedient sich der Ketteupumpe um Felder auszutrocknen, Wasser aus einem See oder Bchäl, ter in den andern zu schaffen / oder es aus Flüssen und Canälen bis auf eine gewisse Hühe zu heben. Diese Maschine wirb ebenfalls durch emen Bussel oder ein anderes Thier bewegt, das man an ein grosses, wagerechtts Kammrad schirrt, welches die Achse der Walzen, worüber die Heder laufm, berührt. Sie kam den dermaligen Reisenden nur m Tschussan vor. Ms» dreht auch eine kleme Maschine dieftr Art blos mit der Hand; es wird nemlich eine Rolle und eine Kurbel, gerade wie beym gemeinen Schleifsteine, an ein Ende der Axe von der Kettenpumpe bevtt st igt. Durch das ganze Reich bedient man sich dersels ben. Kein Landmann ist ohne diese tragbare Maschi, ne, weil er sie eben so nöthig braucht wie der Euros Reise von hier nach Tschussalm; :c. 5;? päische Bauer seinen Spaten. Die Verfertigung der, selben beschäftiget eine grosse Menge Handwerksleute. Auf dieser ganzen kleinen Landreise traf man keine» Flek an, der nicht sorgfältig bebaut gewesen ware. Viele Gegenden hatten nur schlechten Boden, aber die Leute waren in demseibcn Grade betriebsam ihn trags bar zu machen. Wo die künstlich aufgehäufte Erde nicht mit dem Pfluge gelockert werden konnte, bediente man sich an dessen Statt der Hacke. In der Feldbestellung herrscht ungemeine Sauberkeit; man sieht kein Unkraut. Obgleich 0er in England gewöhnliche Pftug; welcher zugleich Grübchen für den Sahnen bohtt, in etlichen Kreisen des Cyineslschcn Rcichs eingeführt seyn soll, so kam den jetzigen Reisenden doch nur ein sehr einfacher zu Gesichte. Man spannt einen einzigen Büffel davor m»o ihn zu handhaben bedarf es nur einen Ma,,». Auch hat er nur einen Grif, aber keinen Pftl^schaar/ weil es in China kein Raseniand durchzuschneiden gicbt. Auf den grossen chitiesi.chcn Landstrassen ftylt eS zwar nicht an Witthshaus^rn, aber man bereime bicse Gegend so wenig, daß in der Stadt, wo die Oesundt, schaft Abends eintraf, kein Orc zu finden war, in dem man sie füglich hatte beherbergen kölmen. Die Stadt lag an den Ufern des Flusses, woraus sich die Relsegeselk schaft folgende!» Tages einschiffen sollte. -Mittlerweile hatte lUv.n jür sie das öftVlttUchs Gebäude, in dlm di! N4 Hant-schu-ftt jungen studierenden Leute aus der Gegend geprüft wur, den, hergegeben und es in der Geschwindigkeit hinläng, lich bequem dazu eingerichtet. Diese gelehrten Prüfungen geschehen, wie man sagt, all eit öffentlich. Die vielen Zuhörer, wie auch der Bcfeh'shaber und die vornehmsten Regierungsbtt dicnte» aus der Gegend > welche anwesend sind, müssen durchaus verbmdern, daß die R'chter keinen par, thcyischen Ausspruch thun können. Es werden denen, die sich dazu melden, wie auf den englischen hohen Schulen, theils mündliche theils geschriebene Fragen vorgelegt. Wer besteht, hat ausser der Belohnung ges lehrter Würden, noch den Vortheil, daß er durch bitt selben zu allen Stellen und Auszeichnungen des Staats hinauf steigen kann. Ja wem, sie auch ihren Hauptzwek nicht erreichen, so erwerben sie sich doch wahrend dieser Beciferung Geschiklichkcit zur Verwaltung nützlicher Ges schatte nnd vermehren den allgemeinen Vorrath an Kenntnissen der Gesellschaft. Ferner, da es auf diese Art bey Mm steht, sich zu heben, so fühlt man den Druck der Grossm nicht so sehr, von deren MachtNics mand ausgeschlossen ist. Od es wohl den begüterten jungen Leuten leichter wird, Unterricht zu erhalten, als den Kindern der Armen, so findet sich doch mit, unter ein Kopf, der Krast genug hat, diese Ungleich, hei.' zu überwiegen; und auch die welche am wenigsten Reise von hier nach Tschussann; :c. 5^s Hofmmg haben, daß es ihnen gelingen werde, schmeis cheln sich mit der Möglichkeit. Ferner muß die hertt schcndc Meynung, daß Verdienst zu Macht führe, et, was beytragen, ihr Achtung »nd Gehorsam zuzusichern/ dafcrn sie nicht gröblich gemisbraucht wird, wowiber Fähigkeiten und Kenntnisse nicht allemal Bürgen sind. In dcr That sagt eine solche Verfassung der Gesellschaft grosse Vortheile zu, und kann nur in dem Falle fehl, schlagen, wenn die Versuchung zu Verbrechen grösser ist , als die guten Grundsatze und die Gefahr in ihrer Aufopferung betreten zu werden. Der arme gemeine Mann in China, dein kein W.'g frey ist, sich zu beschweren, oder sein Urtheil überdie ihm zunächst vorgesetzten Ob« ren laut werden zu lassen, ist grossentheils genöthiget, sich ihrer Willkühr zu fügm, und Fremde die in der, selben Lage sind, müssen eben darauf gefaßt seyn. Das her nuzte der Gesandte /cde Gelegenheit, die ihm seis ne Bekanntschaft mit dem Unterkönige^und die Rechts schassenheil desselben darboten , ihn z» überzeugen, wie nothwendig cs sey die Auslander in Canton gegen die Unterdrückungen des Hoppo, oder des Zolleinnehmers und der übrigen Unterbeamtcn, welche über ben Hani del in diesem Hafen die Aufsicht haben, zu schützen. Der Unterkönig hütete sich Versprechungen zu machen, war aber aufrichtig Willens, wie es schien, soviel Gus tes, als möglich, zu bewirken. s^6 Hant-fchu-fu. In der Folge sagte der Unterkönig dem Gesandten ein-ma,, ersähe im voraus, wieviele Leute sich inder Provinz wohin er gicnge, bestreben würden, ihn gegcn die brit, tische Nation eillzuuehmel,, aber seiner Meynung nach erfodere nicht nur die Gerechtigkeit sondern auch die Ehre seines Vaterlandes, daß man die Englander bcft str behandle. Aber obgleich das ihm übertragene An-sehcn beträchtlich fty, und man glauben möchte, erbe, sitze grossen Eiufiuß, so habe doch seine L^ge ihre Schwie, rigkeitcn. Ausser den Cantoner Beamten, deren Vor/ theil es wäre die Abstellung der von ihncn vcrursach-ten Beschwerden zu hindert,/ und welche mit den Auslandern meistens verächtlich und ungerecht verführen, hätten diese auch noch voreingenommene Feinde bey Ho/ fe, vornehmlich seinen eigenen Vorfahren, welcher eine Abschnssmlg dervon ihm geduldeten Mwbrauche fürTa, del halten möchte. Zu all? dem geselle sich noch ein Umstand von Wichtigkeit, den er nicht v.rgessen könne, nehmlich die unbedingte Art, womit der erste Minister Hotschungtan»; die Sachen, um welche Se. Excellenz bey Hofe angesucht, abgeschlagen habe. Er wisse nicht, wie diese abschlagliche Antwort bcymgroßbrittannischen Hofe von ihm vorgestellt werden möchte, wenn er aber trachten wollte, denselben zu einer Ahndung anzureizen, so würde der Untertänig für jede den Englandern mitts lenveile erwiesene Gunst bei seinem Höft mit dem Leben Reile von hier nach TMssann. s?7 haften müssen, weswegen er über diesen Punkt völlig beruhigt zu seyn wünschte. Dcr Gesäte war nicht ganz gewlß, ob sich diese Be orgniß beim Unterkömge selbst erzeugt hätte. Sie tonnte vielleicht aus eincr ho, Hern Quelle fiiessen, war aber auf jeden F^ll ein Bei weis, daß die grosse Macht der Engcllandcr in Indien und ihre ausgebreitete Stärke zur See hinlänglich/ selbst in dem hoffartigen Chinesischen Rciche gefühlt wurde, um eine behutsame Aufführung gegen sie rath- fam zu machen. Mylord gestand dem Untertänige, daß er unentschieden gcwesen sey, was für Gesinnungen er dem Höft und den Ministern von Pcking gegen sein Vaterland beilegen sollte; aber nach den feierlichen Ve« sichcrmigcn, welche ihm sowohl der Kaiserliche Mini, ster, der ihn bis Hantschufu begleitet, als auch er selbst, der Uiucrkönig, über die wahre Denkungsart des Kai, sers gegeben hätten, sey cr versichert, man werde sich das Pcste dcr Britten in China besonders angelegen seyn lassen, welches er auch bereits in dem Berichte von Hantschusu über seine Unterhandlung dcr Englischen Regierung angezeigt hätte, welche sich ohne Zweifel auf die Erfüllung der ihm gethanen Verheissungcn verlassen würde. Dann fragte der UnterköniF den Gesandten, ob er ihn bevollmächtigen könnte, zu versprechen, daß tcr König, zum Beweise seiner fortdauernden guten Gc- sinnungei bald an Se. kaiserl. Majcsiät schreiben und niederm« einen Minister nach China schicken wollte, ^8 Hant-schu-flt. nicht mit dem Pompe und Aufwande der jetzigen Gesandtschaft , sondern blos als eine Bestätigung der un-verringerten Freundschaft Sr. britannischen Majestät. Auf diesen unerwartete» Vorschlag war der Gesandte so frei zu antworten, daß der König vermuthlich keinen Anstand nehmcn tvürbc, an den Kaiser zu schreiben, um ihm den Empfang seiner Geschenke zu melden, und ihm für die ehrenvolle Aufnahme der Gesandtschaft zu dans ken; denn ob dieselbe gleich dadurch ihrem Endzwecke nicht näher gebracht wäre, so hoffe er doch, daß dieser mit der Zeit noch erreicht werden könnte; indeß wären beide Reiche zu entfernt von einander, und Seereisen zu ungewiß, als daß man den Zeitpunkt bestimmen könnte, wenn eine neue Gesandtschaft ankommen würi dc. Veim Schlüsse des Gesprächs sagte der Unterkönig, er wolle sogleich einen Eilboten nach Hofe mit einem Berichte von dieser Unterhandlung abschicken und Be, merkungen hinzufügen , welche den Kaiser sicherlich ganz befriedigen würden. Man hatte sich kaum eingeschifft, als ein gewaltis ges Windhund Regcnwetter die Weiterreise bald oe« zögerte, bald gänzlich hinderte. Nach geendigten Güst sen fand sichs, daß der Fluß sehr angelaufen war; da es aber stromabgieng, so wurde die Reise schnell fortge, setzt. Bei der Stadt Koangsin ü fu trat wiederum kaltes,, feuchtes und trübes Witter ein. Auch hatte die Ge, gend ein wlldls Ansehn. Auf beiden Flußufern sian, Reise von hier nach Tschussann; :c. s?5> dcn zuweilen grosse nackte Fclsenmassen von ungeheu, rcr Höhe, die den rangen Naturscenen glichen, welche man in den Chinesischen Zeichnungen für übertrieben gehalten hatte. Der Fcls bestand aus einem dunkeln rothen Sandsteine, den man zuweilen in regelmässigen Blöcken zum Bauen, wie in einer Stemgrube brach. Der Fluß war nun so breit und tief geworden, daß die bedeckten Barken der Gesandtschaft, die man bis-her nothwendigerweise in seichtem Wasser hatte wählen müssen, gegen grössere und bequemere Jachten gcweche selt wurden. Bei widrigem Winde, und wenn sich de? Fluß krümmte, oder wenn die Gesandschaftsfiotte sonst ver? zöaert wurde, pflegten verschiedene Herren im Gefolge ihre Fahrzeuge zu verlassen und an den Ufern der Ka< näle und Flüsse zu Fusse zu gehen, oder landeinwärts zu streifen, um alles, was ihnen vorkam, zu beobacht ten, und um so viel als möglich zu erfahren. Zwei von ihnen, welche selten einen Tag, os,ne solche Aus-fälle vorübergehen liessen, wurden einmal sehr unsanft von einem Mandarinen, der etliche übermüthige Soldaten bei sich hatte, verhindert und bedeutet, sich auf ihre Fahrzeuge zurückzubegeben, oder er würhe sie, im Weigerungsfalle, mit Gewalt dahin senden. Tschautai dschin und Wantadschin, denen dies hinterbracht wun de, woLten die Soldaten von den ihrigen platt auf die Erde legen, sie fest halten und mit einem Stücke ge, )4o Hant-schu-fll. spalteuen Bambusrohrs ichlasten lassen, welches die gewöhnliche Landessirafe für kleine Vergebungen ist. Doch gelang es den Herren, welchen man so übel be, gegnet war, einen Nachlaß dieses Urtheils für die Soldaten zu erhalten. Aber Tschantadschin klagte beim Uns terkönige über den Mandarinen, der hierbei am meisten gefehlt hatte, und dessen Betragen bei dieser Gelegen, heit nichts als muthwilliger Mißbrauch seines Ansehens gegen Leute war/ die er, als Auslander für schutzlos hieit. Fürwahr die Landleute in seinem Spren< gel konnntcn sich nicht viel Hoffnung machen, daß er sie mit Sanftmuth regieren würde; indessen machte der Unterkunig seiner ganzen Herrschaft dadurch ein Ende, daß er ihn absetzte und überdieß körperlich beck strafte. Bambusschlage, so schimpflich fie einem Europäer auch vorkommen mögen, werden jedem, der kein Mandarin ist, auf sehr geringfügige Veranlassungen zuerkannt; und ein Unttrkönig kann niedrigere Beamte nicht nur ihrer Würde berauben, sondern sie auch, ohne die Form, lichkeitcn eines gerichtlichen Verfahrens , auf jede be, liebige Alt, ausser am Leben, bestrafen lassen. Sehr viele Chinesen sind durch ihre Lage so herabgewürdigt, daß sie hei solchen Gelegenheiten kaum erwas mehr, als die körperlichen Schmerzen in Anschlag bringen. Bei der überall hervorleuchtenden Absicht dcr Neuerung Ruhe uud Wohlfahrt der Untetthanen zu befördern, Reise vdn hier nach Tschussann; lc. 54' scheint man niä)t die mindeste Rückstckt auf ihre per-sönliche Sicherheit genommen zu baden. Verbrechen, worauf der Tod sieht, werden zwar in Gerichtshöfen untersucht, aber es ist keine Jury geaenwättia, welche die Thatsache selbst gehörig prüfte. Mündliche Aussa, ge hat bei den Richtern wenig Gewicht, dafern sie nicht durch beiläufige Umstände, oder schriftliche Be< weise, erhärtet wird, wiewohl man in unbedeutendem Fallen dem Beklagten zuläßt, sich durch einen feicrli, chen, mit religiösen Ceremonien begleiteten Eid zu rek nigen. Indcß hat mau sich manchmal zur Erzwingung eines Geständnisses oder der Namen von Mitschuldigen, der Tortur bedienr. Die, welche zu diesem Mit, tel greiftn, handeln um so mehr unweise, da sich we, der Klugheit noch Unschuld allezeit gegen Verdacht und Anklage sicher stellen können, und mithin ein Uebel dulden müssen / das vcrhalluissmasslg weit ärger ist als Lebensstrafe, welche ihr vorgebliches Verbrechen, wenn es erwiesen wäre, nach sich ziehen würdc. Todesstrafen werden selten ohne Bestätigung des Kaisers vollzogen, ausser wenn in dcn Provinzen ein Aufruhr ausbricht, in welchem Nothfalle die Unterkö-nige den Befehl dazu ertheilen. Verbrecher, die das Leben verwirkt haben, werden, so oft cs sich nur thun läi't, nach Peking gebracht, wo das Urlheil von dem dazu bestimmten Gerichtshöfe abermals durchgesehen wird; denn das Reichbhcrkolnmen bcfichlt/ unter der 542 Hant-schu'fn. Voraussetzung, der kandcshttr sey die Menschenliebe selbst, daß ec seine Räthe förmlich befrage, ob er dm Urcheilsspruch, ohnc Gefahr für den Staat, unerfüllt lassen dürfe. Die Venn theilten werden alle zusammen hingerichj tet, und ihre Zahl/ welche selten über zweihundert steigt, ist für ein so ungeheures und bevölkertes Reich sehr ge> ringe. Aber in den meisten Fällen wild auf Geldstrafe Nlld Gefängniß, aufZüchtigung und Verweisung erkannt, ausgenommen bet Verbrechen g gen dcn Staat odcr den Kaiftr, und wenn Blut vergossen worden »si, wo weder Verzeihung noch Ausgleichung statt haben kons nen: auch wird zwischen Mord und blossem Todschlage kein Unterschied gemacht. Auf Dicbstahl steht el'cn so wenig der Tod als auf Strassenraub, dafern man nicht persönliche Verletzung und Grausamkeit erweisen kann. Die Milde dieser Strafen scheint zu beschkinis gen, daß die Vergehmlg nicht häufig seyn müsse; und es verhält sich wirklich so, ausgenommen wcnn eine HunZerSnoth wülhtt, wo auch die härteste Strafe das Verbrechen nicht zu hindern vermag. Die Suvgsamkeit der Chinesischen Regierung ist gewiß löblich und ihre Verfügungen so wohlwollend als weife, aber da sie auf keine andre Hilfsquellen zur B« fnedigung der Landesbedürfnisse, als ihre eigenen ProZ vinzcn denken kann, und ihre Maasregeln nicht immer gewissenhaft ins Werk gesetzt weiden, auch dies« auf Mist von hier nach Tschllssann; :c. 54? keinen Fall die geübte Wachsamkeit betriebsamer Kauft leute in Europa ersetzen können, denen ihr Porcheil bes fiehlt, das was der Gesellschaft wirklich abgeht, ober vermuthlich mangeln könnte/ herbeljuschass.'n: so bricht Hungcrsnoth öfterer in einer Chinesischen Provinz aus, als in einem Europäischen Königreiche. In den verschiedenen Fällen, wo Todesstrafe statt findet, hält man das Erdrosseln für weniger beschimpfend als die Enthauptung, weil die Trennung irgend eines Gliedes vom Körper für außerordentlich erniedri, gend gehalten wird. Kl'inc Verbrechen werden mit dem Tscha bestraft, welches die Europäer meistens Kang nennen. Es bcsteht aus einer übergrossen hol« zernen Tafel, in deren Mitte ein Loch für den Hals des Verbrechers ist, und zwei kleinere für seine Hände. Es ist eine Art von bleibender Echaudscule, worinn der, welcher sie anhat, gehen kann und die er zuweilen ganze Wochen und Mon.ile lang tragen muß. Man laßt ihn umher gehen, wenn er Krä'tte genug dazu be, sitzt, aber gemeiniglich ist er froh sich an eine Mauer oder an einen Baum stützen zu können, um seine unbes queme und schimpfliche Last zu ertragen. Wenn sich ein Bedienter ober Gerichtstuener einer obrigkeitlichen Person emvidet, der Verbrecher habe zu lange geras stet, so scklagt er ihn mit einer Gcissel, die aus lede« nen Ricmcn gemacht ist, bis er aufsieht» Man will von Beispielen wissen, wo eilt Msssthä, 544 Hant-schll-fu. ter Erlaubniß erhalten hat, eincn andern zu miethen, dcr Strafe fur ihn litt. Die Gefttze, welche auf Vcri liunfc und Gcrechtiqleit beruhen, verstatten dies aller-dil'gs nicht/ obwohl die Handhaber derselben es lhun wöacn; aber es läßt sich in China eher als andercwo glauben, daß ein Sohn, aus kindlicher Liebe, Schmer, zen über sich zu nehmen erbotig sey, um sie seinem Vater zu ersparen. Die Ordnung und Verwaltung der Gefängnisse soll ausnehmend gut seyn. Schuldner und Missethäter werde«, besonders verhaftet, weil man es für unklug und unsittlich halt, einen Missethäter in der Gesellschaft von Leuten zu lassen, welche aus Unvorsichtigkeit oder Ün-glück ins Gefängniß gerathen sind. Auch trennt man die Geschlechter sorgfältig von cinander. Der Schuld? ner bleibt nur auf bestimmte Zeit in Gewahrsam; Ivcnn aber die Gläubiger, nachdem ihnen sein ganzes Etgcm thum übergeben worden ist, immer noch unbefriedigt sind, so muß er gewärtig seyn, daß man ihn zwinge, auf eine Zeit öffentlich ein Joch um den Hals zu tragen, damit ftine Familie bewogen werde, wenn sie es im Stande ist, seine Schuld abzutragen und solchcrge? sialt seinen Schimpf zü tilgen. Kann er aber nicht zah< len, weil er sein Geld im Spiele oder durch sonstiges Misverhalten verschwendet hat, so setzt er sich einer körperlichen Strafe und der Verweisung nach der Tars tarei aus. Unter Reise von hier nach Tscklssann; u. 545 Unter gewissen Umstanden kann man sich in China selbst verkaufen: z. B. wenn man eine Schuld an die Krone abtragen / einem bedrängten Vater belstehen, oder nachdem er gestorben ist, ihn gehörig beerdigen will. Wer sich wahrend seiner Leibeigenschaft unbescholten aufführt / erhält dadurch nach zwanzig Jahren ein Recht auf die Wiedererlangung seiner Freiheit. Im Gegenfalle bleibt er Lebenslang ein Sklave, so wie seine Kinder, wenn diese nemlich anfänglich in den Vertrag mit eingeschlossen waren. Leute, welche dem Kaiser betrügerischerweise etwas sckuloig bleiben, werben erdrosselt; wenn aber Unglück sie dazu zwingt, so ve« kauft man ihre Weiber und Kinder, sammt aller ihrer Habe, und sie selbst schickr man nach dmpeln ehrentholber eine Blende eingeräumt hat. Ein «?ol5atenposten schützt diesen Paß. D'cser Bcrg ist b«s auf die höchste Koppe beholzt, von wo sich dem Auge auf einmal ein über die Massen ausgebreiteter u>ld reicher Anblick darbeut. Eine sanft te, cbenmässiye Abdachung, die sich rundumher auf mehrere Meilen weit ausdehnt, fast gänzlich mit lebhaft tem Grün bekleidet, und mic Städten, Dörfern und Ac^rhöfen bekrönnt ist, liegt gleichsam, nach Herrn Barrows Ausdrucke, dem Anschauer zu Füssen, in^ deß ferne unabsehbare Ebenen nnt Bergen, die aus dem Gesichtskreise emporsteigen, die Landschaft schlieft sen. Doch erblickte man nördlich einen wüsten, veröl deten Landstrich. Die Hügel, weiche über die Ebene zerstreut laaen, liessen in Veralrichung mit der unge, Heuren Höhe, von der man sie überspannte, wie Heuschober, ein Anblick, welchen ausserdem noch sehr viele Chinesische Hügel haben. Die Stadt Nani gan-fu, welche man so eben verlassen hatte, kam der Reileges stllschast von ihrem jetzigen Standpunkte wie ein Haus fen Reise von hier nach Tschussann; tt. s6i sen Ziegel vor, während der vorbelströmnde Fluß ei, ner glänzenden Linie gleich. Ein Berg der sich ,o sehr über die umliegende Gegend e»hebt, muß „och weit mehr über die Obclßache der See hervorragen. We, nigstens ist er tausend Schuh höher als der Ursprung des Kankiang , oder des Flusses, welchen die Gesandt, schaft, von dtm See Poyang aus / beschifft h«tte. Und dieser strömt so reisscnd, daß sein Gefalle in ei, ner geraden Lange von etwa dreihundert englischen Meilen / im Durchschnitte bci jeder Meile auf zwanzig Schuh? angesetzt werden, kann / welches zusammen sechstausend Fuß ausmacht: nimmt man nun hierzu die Erhöhung von tausend Schuhen über der Fluß, quelle, so findet sich, daß der Gipfel t>es Berges sieben tausend Schuh über die Flache des Poyangs hinaus, geht. Dieser See ergießt mit beträchtlicher SchneNig, keit eine ungeheure Menge Wassers in den Fluß Z)antses kiang, wclchc von dort wenigstens dreihundert Meilen zu laufen hat, ehe er in die östliche See fällt, und in dieser Entfernung kann sein Abhang nicht weniger als tausend Schuh betragen. Dieser Berechnung M folge ist der Berg achttausend Fuß über die Meeresftäi che erhaben. Die Bergstrasse wimmelte V2N etlichen tausend Baw ren, welche in grossen Krugen Ocl nach Nangaflfu tru. gcn, von wo es zu passer nach den nördlichen Pro> Zweyter V»md. N n 662 Han-tschu-fu. dinzen des Reichs geht. Auch sah man hier einige zwar kletne,aber rüstige und behende Pferde. Der Vordertheil war nicht schön, aber übrigens waren sie gut gestaltet und hatten einen so feinen und -schmächtigen Glteder, bau wie Hirsche. Bei Nanschufu, der Grenzstadt dieser Provinz, ungefehr achtzehn Meilen von dem Bergpasse, standen bequeme obwohl nur kleine Barken, so wie sie der noch seichte Fluß unweit seines Ursprungs erfoderte, in Bereitschaft, um die Gesandtschaft und ihr Gepäck zu empfangen. Dieser Fluß, genannt Pekiang, fließt etwa zweihundert und sechszig Meilen weit, bis er die Stadt Canton erreicht. Von dort läuft er ungefehr noch acht, zig Meilen und fällt dann in daS Chinesische Süds meer/ wo er von Ausländern den Namen Bocca Tii gris erhält. Ehe er Canton bespült, fließt er grossentheils durch zwei Reihen von Kalkbergen, deren einige um mittelbar vom Flusse emporsteigen, andre aber weiter von den Ufern stehen und bald enge bald breite Ebenen dazwischen bilden. Auf den Gipfeln, welche im Ani fange rauh und schroff waren, wuchs vornehmlich die Sesanqua und Lerchenbäume, öfters an Flecken, Wo es. nicht wenig Arbeit und Geschick erfodert haben mußte, sie zu pflanzen. Der Boden war meist Sand mit etwas Thon vermischt und hatte in seinen Bestand- Reise von hier nach Tschussann; lt. s6; theilen verschiedenes mit dcn unterhalb befindlichen Granitfiözen gemein. Hierherum lagen in den schm« len Thälern kleine niedliche, mit angebauten Flecken umgebene, Häuser zerstreut, denen man sich allem An< scheine nach, nicht anders als vom Flusse her nähern konnte. Im Flußbette erblickte man mehrere Stemhau, fen zwischen Pfähle welche eingeschlagen waren, so daß eine Art von Damm entstand in dessen Mitte sich hier und da kleine Schleusscn bildeten, wodurch das Wasser reift send strömte: in diese legt man geflochtene Kölbe, die innwenbig mit spitzigen, einander gegen überstehenden Stäben versehen sind, welche den Fischen zwar Einlaß geben, aber ihren Rückgang verhindern, wodurch dtr Eigner dieser FaNen ihrer habhast wird. Sobald die Berge an beiden Seiten des Flusses weniger rauh wurden, sah man auf ihren Abhängen Taback gepflanzt, eine nicht sehr gewöhnliche Methode in China, wo man lieber die Erde zu Terrassen an, häuft, wenn es nur die minbeste Abdachung giebt. Mitunter waren jedoch die Berge öde, abschreckend, und ohne die kleinste Spur von Grün. Felsen auf Fll, sen in allerley abenteuerlichen Gestalten gethürmt b« drohen den Reisenden, welcher unter ihren überhängen/ den Häuptern hinsegelt. Fünfe der auffallendsten von diesen Klumpen wurden von den Chinesen die fünf Pferdeköpfe genannt. Einer derselben zeichnete sich am Gipfel durch Schichten von allerlei farbigen Steinen aus, s<54 Han.tschu-fll. Andre Hügel bestanden hauptsächlich aus Kohlenbergwerken , die gleich über dem Flusse anfiengen und wo die Kohlen zu Tage lagen. Ein horizontaler Stollen war in die Seite des Hügels geführt/ aus dessen Eingänge die Kohlen sogleich in Barken geladen wurdetN Diese Kohlen sind weich, bröcklicht, seifigr und leicht zu zermalmen, so wie die, welche man zuweilen in England Culmkohlen nennt. Da die Chinesen keine, Camine haben, sondern ihre Feuerung in zugemachten Oeftn brennen, so setzen sie mehrellthcils erst ihre Kohlen einmal dem Feuer ans, ehe sie damit heitzen, und zu diesem Ende find nicht weit von den Bergwers ken tiefe Gruben gegraben. Es gehört mit zu der Chis nefische« Wirtschaftlichkeit, welche vielleicht durch die ungeheure Bevölkerung nothwendig gemacht wird, baß man den Kohlenstaub nicht verloren gehn läßt. Es giebt Leute, die sich ihren Unterhalt damit verdienen, daß sie diesen Staub sammeln, ihn halb mit weicher Erde aus Moorgründen vermischen, dem Gemenge die Gestalt von Mauersteinen geben, und sie in der Sonne gedörrt nach Gegenden abführen, wo es an Kohlen gebricht. Sobald der Fluß tief und breit genug geworden war, gab m«n der Gesandlschaft anstatt der Barken grössere und bequemere Jachten. Das Wasser tzermehti te sich hier durch das Einströmen eines andern bei trächtlichen Flusses von Nordwesten. Wo sie sich vers Nelse von hicr nach TWssanll; tc. s6s einigen, stand die Stadt Tschatschufu, mit angenehmen romantischen Umgebungen. Auf den Feldern wuchs Reis und Taback, aber auf den Abhängen Baumwolle und die Sesanqua. Die Kahne, welche von einem Theile der Stadt zum andern fahren / werden hauptsachlich von Frauenzimmern gerudert, die meist jung und sauber gekleidet sind, offenbar, um die Aufmerke samkeit der Vorüberkommenden zu erregen. Man hatte schon dieselbe Sitte vorher auf dem See Taihu beobacht tet, wo es viele Mannspersonen gab, die von ihren Familien abwesend waren. Der Handel zweier schiffbarer Flüsse zog eine Menge Fremden desselben Ge> schlechts nach Tscha,tschu-fu. Die zu thätigen Mad, chen in den Kähnen hatten nicht diese zweifache Hands thierung erfohren, weil sie von ihren Eltern gewichen, oder von diesen / Misverhallcns wegen, verlassen wo« den waren; sondern die Eltern selbst, welche auf die Keuschheit ihrer Töchter gar keinen Werth legen, als insofern selbige dazu beitragen kann sie an vermögen, de Ehemänner mit Vortheil abzulassen, sind gar nicht abgeneigt, wenn sich k-ine solche Aussicht zeigt, ihre Mädchen der einen Beschäftigung aufzuopfern, wobei sie die Vortheile der andern einerndten können. Man stattet dle Frauenzimmer, absonderlich in den niedern Ständen, mit wenig andern Grundsätzen als dem aus, daß sie ihrtn Vatem und Gatten unbedingt ge> horchen müssen. Man sagt ihnen dor, daß sie auf 566 Han-tschu-fll. diese alles Gute und Böse ihrer eigenen Handlungen werfen können, ohne an abgezogene Begriffe von Tu, gend zu denken. Die Manner kümmern sich eben so wenig um Weiberkeuschheit, ausgenommen wo ihr eis gener Genuß mit ins Spiel gezogen wird. Dies leidet vermuthlich einige Ausnahmen in den höhern Chinesi-schen Ständen der Gesellschaft. In Wahrheit findet man öfters einen grössern Unterschied unter verschied« nen Standen desselben Landes, als unter denselben Standen in verschiedenen Landern. Die Chinesischen Frauenspersonen, was Standes sie auch seyn mögen, haben mehrentheils nicht einmal den Vortheil, daß sie lesen können, und sind von aller Kenntniß ausgeschlossen, d«e sich durch Erfahrung erwerben laßt. Ihre Unwissenheit, Unersahrenheit, Abgezogenheit und Scheu vor denen, die sie als ihre Vorgesetzten ansehen, ma-chen sie grossentheils untüchtig, die Freundinnen oder Geiellschaftermnen ihrer Gatten in Mussestunden zu werden. Selbst für ihre körperlichen Reitze pflegt der Mann nach und nach den Sinn zu verlieren, und man fühlt weniger Abscheu vor unnatürlichen Gelüste«/ welche zwar von den Chinesischen Sittcnlehrern wie sich's gebührt, gemißbilliget, aber selten oder gar nicht von der Gerechtigkeit geahndet werden, besonders, wenn der Verbrecher ein Mandarin ist. Wo das zweite Geschlecht nie in die Gesellschaft der Manner kommt, da kann gegenseitige Ausbildung, feiner Geschmack Reift vou hler nach Tsckussann; tc. 567 uud Empfindung, wahrhaft höfliches Betragen, der Zauber einnehmender Unterhaltung und Verfeinerung der Leidenschaften nicht statt haben, da muß das Unachtsame Benehmen der Männer bald in grobe Scherze und ausgelassene Anspielungen ausarten. Was das äussere Betragen der Chinesen anlangt, so ist nicht zu läugnen, daß sie viele Ceremonien lieben. Diese bestehen darinn, daß man den Körper auf alle« lei Att dreht, die Knie bald beugt bald spannt, den Kopf neigt und die Hände zusammenthut oder trennt: Geberden, welche bei ihnen für die feinste Lebensart gelten, indeß Völker, die darinn nicht geübt sind, nach ihren Begriffen, kaum besser sind als Wilde. Wenn aber der Chinese diese Ceremonien eine nach der andern hergemacht hat, wirft er bald den Zwang weg und wird vertraulich. In seinem Betragen gegen Fremde merkt man ihm keine Schüchternheit an, sondern er naht sich jedem mit einem zuversichtlichen leichten Wes scn, als ob er seine Ueberlegenheit kennte und wüßte, daß in feinem Bezeugen und Aeusseren weder etwas mangelhaftes noch ungeziemendes zu sehen sey. Dies in Gewohnheit übergangene Selbstvertrauen entsprang zuerst aus dem Bewußtseyn , daß sie in allen Arten von Verdienst ihre Nachbarn weit übertrafen. — Ehe ihr Land von den Mongolen überfallen wurde und als Europ« noch in Finsterniß lag, fand sie Marco Polo, weicher China besuchte, auf bcr höchsten Stufe 565 Han-tschu-fu. don Alisbildung, worinn sie es gewiß nicht nur ihren Erobern, sondern auch ihren Europaischen Zcitgenos, sen zuvor thaten; seitdem aber sind sie nicht fortgcgan, gen, indeß sich die Em,Picr täglich in Sitten, Künsten und Kenntnissen aller Art veredelt haben, so daß China nicht mehr so viel Bewunderung bei ihnen eri regen ka,n, als bei den ersten Reisenden, die ihre Nachrichten von diesem Lande bekannt machten. G" gen das Ende der Gesandtschaftsreise fanden tue Chi< ne»en selbst, daß die Engländer in etlichen Stücken einen Vorzug V0L ihnen hatten. Vielleicht Haben die Chinesen auch durch ihre Vermischung mit den Mantt schu Tartarn gelitten, weil sie sich unier dem Joche der alleruübegra.iztesten Macht, die nur ein Fürsi besitzen k.inn, herabgewürdiget finden müssen; besonn ders da sich der gemeine Tartar gewissermasscn für einen Theillichmer an der grossen Macht seines Lundes, Herren hält, und dadurch für den Druck welchen er selbst von ihm empfindet, schadlos gehalten wird; ets wa so wie die Schloßbcdicntcn eines grossen LKfiändis schen Güterbesihers auf die übrigen Landlenle m,d wie die Hansneger eines Pflanzers in Jamaika auf die Feldncgern tief herabsehen, obgleich die cincn wie di« andern selbst Sklaven sind. Aus ahnlichen Ursachen maßten sich dic Einwohner der Küster.provinz Canlon, wclche glaubten, daß die dorthin handelnden Ausländer weniger von der Regies Rclse von hier nach Tschussalln; zc. 569 rung beschützt waren als sie selbst, eine Art von Ue-berlegenheit über dieselben an. Aber der Einfluß des ausgebreiteten Englischen Handels zeigt sich schon einige Tage vor der Ankunft der Jachten in Canton; denn auf dem Flusse und an den Ufern hörte man zuweilen daß die Chinesen versuch« ten einige Englische Worte mit einzumischen. Viele den Fluß hinabführende Lastkahne waren mit Gütern beladen, welche nach England gehen sollten. FreUich war der Fluß auch an manchen Orttn voller ungeheuren Flössen von Lerchen 5 und Campherbaumcn, die nach den mittleren und nördlichen Gegenden des Reichs giengen, da diese zu fiach und zu gut angebaut sind, als daß sie viel Holz hervorbringen könnten. Manch/ mal hatte man mch^ere Flössen zusammengebunden, so daß sie sich in dcr Länge über hundert Schuh erstreckten. Auf ihnen erhoben sich an mehreren Orten Mai sien, in deren Segeln man jeden günstigen Windhauch auffing, der den Fortgang stromauf befördern konnte. Wo dics nicht geschah, wurden sie von Leuten gczogcn, die sich z:i ihrer Beköstigung einstwcistn Cajüten darauf erbauet halten. Zuweilen zieht man Küchengewächse auf diesen Flössen und halt sich Hausthiere. Aus den Cajuten schwärmten Kinder fast wie Bienen aus einem Stocke. Das Volk war auch mit Fischcrgerathschaften verschen, und man sah grosse Netze dar^n hcraufzichen,, wie von dem Vcrdecke eines Kahns. 57o Han-tschll-su. Auf einer Seite des Flusses befand sich ein unge, heurer Fels von grauem groben Marmor, den man et< wa an sechshundert Schuh hoch schätzte. In einer grossen Schlucht desselben, dicht über dem Wasser, wo man nur mit dem Kahne hinkommen k Comp. geschickter Bote das Kriegsschiff der Gesandtschaft noch zeitig genug erreicht habe, ehe der Ritter Erasmus Gower, der nun sein Schiff verproviantirt hatte, wiederum weiter nach Norden gesegelt sey,, und daß es in der Bocca Tigris läge. Es hatte Tschussann am i8tcn Oktober verlassen. Wahrend des ungefehr sie-benw och entliehen Aufenthalts daselbst hatte sich die Mannschaft beinahe gänzllch von der rothen Ruhr er-h?lt, wovon sie lange angefochten gewesen. Ausser dem Vortheil? der Luft und Leibesübung kamen ihnen auch die frischen und gesunden Lebcnsmittel zu gute. Man ließ ihnen Fleischkost, be ondcrs Geflügel/ wie auch Küchengewächse um ein Billiges zukommen. Vornehmlich machte man ihnen erträgliche Preise, wen» sich kein Beamter mit hineinmischte, der gemeiniglich Sporteln von dem Höcker erpreßte / welche am Ende der Käufer tragen mußte. Alle Art von Obst war im Neberflusse und wohlfeil. Thee stand, hier in geringe, rem Preise als in andern Chinesischen Provinzen. Ei, nen Monat vor ihrem Aufbruche erhob sich ein fürchter, liches Donnerwetter, wodei die Blitze so niedrig kamen, daß sie längs den Canonen Oefnungcn zu glei, Reise von hier nach TiHussann; :c. s?^ ten scheinen und in so heftigen Schlagen fortdnucrten, daß Jedermann vom Verdecke gescheucht wurde. Wäh< rend dieses ganzen Unwetters kam der Wind aus dm nördlichen Himmelsstrichen da er doch in den vorhe« gehenden Mo«aten immer entgegengesetzt gewesen war: aber das sämmtliche Schiffsvolk bertrachtete dieses Ereigniß als einen Kampf der beiden Monsuhne, wer sich behaupten würde. Indeß fieng der Südwcst Mon< sühn bald an wieder herrschend zu werben. Das Wett ter war nachher mistet und der Wind veränderlich bis zu Ende des Septembers, wo sich ein starker Nord« Ost erhob, der etliche Tage darauf sich zu einem mit-telmassigen Lüftchen ebendaher vcrminbcite, und man glaubte der neue Monsuhn habe sich für diesmal gesetzt. Der Ritler Erasmus Gower wollte dann seine Reise auf die Art fortsetzen, wie der Gesandte ihm bei Tiensing vorgeschlagen hatte; allein er mußte, aus vorerwähnten Ursachen crst nach dem Flusse bei Canton steuern. D» er aber nichts von der Aenderung der Umstände ahndete, wclche auch eine Aenderung in seiner Bestimmung nöthig machte, so nahm er sich vor> mit dem ehesten die Fahrt nach Nordosien wieder zu verfolgen. Man bewies ihm die größte Achtung als er aus T'chl'isann absegelte, weil er so gute Ordnung uni ter seiner Mannschaft gehalten hatte. Der Löwe sei gelte ohne Gcfakr und schnell, sowohl durch die Ins stlll von Tschussann «ls durch die Eng? von Formosa, 574 Han-tschll-fll. nnd ankerte am 2Zten Oktober unweit der Diebsinseln. In derjenigen von diesen Inseln, welche Samcoct heißt, fand man Wasser in hinlänglicher Menge für den Verbrauch des Schiffs. Auf dem Gipfel dersel-ben ist ein ungeheurer Klumpen von Granit Felsen, von wo man eine ausgedehnte Ansicht der verschiedenen Fahrwasser durch die Diebsinseln hat. Hier spähen hie Chinesischen Lootsen nach den Schissen, welche von der See her auf ihre Häfen zusteuern. Die gegraphi, sche Breite der Insel ist 22° 9/ M. Und nach einer mittleren Angabe aus nmen Beobachtungen der Son, nenftrne vom Monde, ist die geographische Länge der, selben i!2° 4!/ O. von Greenwich. Von diesem Orte schickte der Ritter E. Gower «an die Abgeordneten in Canton/ welche ihn in Zeit von etlichen Tagen mit Arzneien und andern Noth, wendigkeitcn versorgten; dann richtete er seinen Lauf gleich durch die Strasse von Formosa zurück, fand aber daß ihm der Nordost Monsuhn, welcher «ben in seiner größten Stärke war, grade entgegen wehte. Am 4ten November hatte er einen schweren Sturm nicht weit von Pedra Branca zu bestehen. Ueberhaupt dauerte das stürmische Wetter fort, so lange das Schiff dies, mal zur See blieb; die Wogen waren kurz und gebroi chen, hoben sich aber, ehe man sichs versah. Die Segel zerrissen unaufhörlich und konnten kaum wieder sy geschwind ausgebessert werden. Auf diese Art wur, Reise von hier «ach Tschussann; :c. 57s de das Kriegsschiff etliche Tage an der Chinesischen Küste umhergeschleudert ohne eine Meile weiter zu koms men. Dann stach es nach Formosa hinüber, wo es mit keiner so heftigen Strömung zu streiten hatte, und rückte wirklich um etwas fort, aber die Witterung war so rauh, daß ihm bcide Topmasten brachen, wodurch es genöthigt wurde, nach den Diebsinseln zurückzukehs ren, um während der Ausbesserung, wenigstens einls gerwassen beschirmt zu seyn, und mit neuer Anstrengung weitcr segeln zu können. Mehrere Seeräuberschiffe, mit Chinesen bemannt, liessen sich hier herum verspüh, ren; sie hatten vor kurzem etliche Chinesische Fahrzeuge genommen und die benachbarten Inseln geplündert. Diese Seeräuber pfiegen die starken Leute unter denen, Welche sie nehmen, zu Leibeigenen zu machen; die ans dern bringen sie um, versenken dann die Junten und stecken die Hauser an, nachdem sie alles was in ihren Augen einen Werth hat, daraus fortgeschafft haben. Am 2isten November stieß der Löwe auf eine Brigantine, welche, wie sich bei der Untersuchung auswies, dassclbige Schiff war, zu dem die fünf Leute gehörten, welche die Gesandtschaft, im vorhergehenden Februar, auf d«r vulkanischen Insel Amsterdam gefunden und verlassen hatte. Dem Ritter E. Gower wa? der Krieg zwischen Großbrittannien und Frankreich von Canton aus zu Obren gekommen; daher nahm er die Brigantine als eine rechtmässige Prise, indem sie auf der Isle 576 Han-1schll-sls. de France ausgerüstet war und dorthin gehörte. So war mit einander die Hofnung vereitelt, daß die Bri, gantine nach der Insel Amsterdam zurücklehnn würde, um Perron mit seinen Gefährten, nebst der Ladung ' von Fellen an Bord zu nehmen, welche sie für dieses Fahrzeug dort sammelten. Sollte es nun den armen Leuten je gelingen, von diesem wüsten, engbeschränks ten Landstrich wegzukommen, so kann es nicht anderS geschehen, als wenn ein Schiff, welches sich entschlieft sen kann, sie mit fortzunehmen, durch irgend eine« , glücklichen Zufall dort anlegt. Noch ehe der Löwe dcn erlittenen Schaden wiedet ausgebessert hatte, kamt» dem Ritter E. Gower die Briefe des Gesandten zu , »ach denen er, anstatt wieder die Monsuyne zu streb,«, der Pocca Tigris zu steucrte. Dcr Kapitän Mackintosch langte auch eher in Canton an, als er vermnthet hatte. Die Mandarinen! und Einwohner in Tschussann waren überaus willig gewesen, die ihn betreffenden Bcfthlc des Kaisers zu erfüllen. Ihm sowohl als seinen Offizieren wurden bes sondre Freiheiten beim Einkaufe der Schiffsladung zus gestanden. Thee und Seide waren in weit niedrigerm Preise als an andern Orten. Allem die Handelsleute in Tschussaun hatten sich nicht vorbereitet auf einmal so viel Guter für Europa herbeizuschaffen als das Sch'ss Hindofian, welches ganzer zwölfhundert Tonnen lUd, Reise von hier nach Tscbussann; tt- 577 lud/ erlodcrcc; eben so wenig konnten sie ihm die da« rauf befindlichen Europäischen Waaren abnehmen, well che sich mchr sür eine grössere Scadt schickten. Daher erwarteten sie beinahe iür alles was sie licsern konnten/ baares Geld, womit sich der Befehlshaber des Kauft fahrtheyschiffs nicht versehen hatte. Es schien ihm daher rathsam nach Canton zu segeln, wo ihm für diese Reise dieselben Vergünstigungen und Freiheiten wie in Tschussan versprochen worden waren. Es :hat ihm leid diese Ctadt verlassen zn müsscn und die Einwohner bedauerten es ebenfalls, da sich seine Offiziere und Mannschaft ausnehmend behutsam gegen die Chinesen betragen hatten, so baß beide Theile mit einander zu. frieden waren. Der Kauffchrer hatte eben so wie das Linienschiff den Vortheil seine Reise mit günstigem Mom sühne nach Canton zurückzulegen. Aber die Strasse von Formosa ,st insgemein so stürmisch, daß auch jetzt der Kavitain Mackintosch sich beinahe nicht erinnerte, jemals rauheres Wetter gehabt zu haben, als jetzt wah? rend seiner Fahrt nach dcm Flusse bei Cantou. Bemerkte Gewächse in den Provinzen Klangst und Canton. Kyllinga triceps Panicum italicum Arundo bamboo Eriocäulon Thea Gossipium Hybiscus syriacus Camellia sesanqus. Zwc»ter Band. O 0 578 - Han-tschll-flt. Elseagnus pun gens Jlex, eincneueSJrf Azalea indica Convolvulus sericeus ——----— battatus •--------------medium -------------- obscuru* Nauclea orlentalis Lonicera Sphenoclea zeylanica Bladhia japonica Illecebrum sessile Gardenia florida Asclepiadea, Jtt?ep 2Jrfett Burmannia, etne ntue Sirs. Tradescanntia. , Allium. (yonvallaria japonica '-^) a p^beandica. Polj^gon Lttl^gbpy r am, >fu. zog der Gesandte ein Flaschchen mit Phosphorus auS der Tasche, zündete dadurch eine Lunte an und erreichte den gewünschten Zweck. Die sondelbare Erscheinung, daß jemand Feuer bei sich tragen könnte, ohl,e dadurch beschädigt zu werden, fiel dcm Unterköntge auf. Der Gesandte gab ihm eine allgemeine E'k.älm'g davon und schenkte ihm das Fläschchen , welchen kcincn gerim gen Werth in seinen Augen hatte. Dieser geringfügige Vorfall leitete ein Gespräch über andre wissenschaftliche Gegenstände ein, woraus hinlänglich klar wurde, daß die Chinesen, ungeachtet ihrer Geschicklichkeit und Am sielligkeit zu gewissen Künsten, in vielen physikalischen und nützlichen Kenntnissen hinter den Abendlandern zui rück sind. Es war dem Gesandten nicht unangenehm bci dieser Gelegenheit einiger neuerer Europäischer Erfin< düngen erwählen zu können, die bei der ersten Erzählung einen lebhaften Eindruck auf die Einbildungs< kraft wachen mußten z. B. die Art mit einem Luftbsl, lon mit verdünnter Lust gefüllt, emporsteigen zu köns tun; das Verfayrcn um unterbrochenes Leben wieder zu erwecken; und die Wiederherstellung des Gesichts durch Staarstechen. Der Doktor Dinwidbie hielt Vor> lesungen über die Elektricität und andre Gegenstände der Phyl'ik, wobei sich die englischen Kaufleute nnd etliche Chinesen, die ein wenig Englisch verstanden^ einfanden: letztere erstaunten über einige Versuche, ob ße gleich die Spräche und Erklacung des Vorzeigers Aufenthalt der Gesandtschaft in Canton lc. 583 nicht völlig fassen konnten. Die Ueberzeugung, daß die Europäer tiefere Kenntnisse besäßen, brachte ihnen natürlich Bewunderung, Achtung und gute Behandlung bei den Eingebohrnen zu Wcge. Doktor Gillan war Mehrern Mandarinen, die sich wegen ihrer Krankheiten bei ihm Raths erholten, von grossem Nutzen und et, liche Leute in hohen Bedienungen kamen ausdrücklich nach Canton um ihn zu befragen. Die Arzneikunde ist in China überaus vernachlassks get, da es weder öffentliche Schulen noch Lehrer dafür giebt. Wcnn ein junger Mensch Arzt werden will/ so steht ihm kein andrer Weg, die nöthige Kenntniß zu erlangen, offen, als bei einem ausübenden Arzte in die Lehre zu gehen. Hierbei erhalt er Gelegenheit das Verfahren seines Lehrherrn zu beebachten, in dessen Gesellschaft Kranke zu besuchen und von seinen Kennts nissen und Geheimnissen so viel zu lernen als jener ihm mitzutheilen für gut befindet. Der Gewinn von die, sem Berufe erhebt sich selten über die Gefchicklichkeit des Ausübers. Was der gemeine Mann nach der ein, geführten Taxe bezahlt, soll etwa drei bis vier Groschen ausmachen, die er in Kupfermünze abtragt; die Mam darinen geben etwa viermal soviel. Wcnn die letzt« ren von hohem Range sind, so haben sie Aerzte in ihrem Hause, die beständig bei ihnen wohnen und sie auf Reisen begleiten. Des Kaisers Aerzte, so wie die meh< rcsten seiner Bedienten sind Verschnittene. Die Arznek 592 Han-tschu-fl». künde hat bei den Chinesen nicht wie mehrentheils in Europa verschiedene Zweige. Der Arzt, Wundarzt und Apotheker vereinigen sich alle in derselben Person. In der Behandlung der Wunden ist man noch wcit mehr zurück als in den übrigen Theilen der Wissenschaft. Glie-derablösnng ist ihnen bei gefährlichen Brüchen und beim kalten Brande gänzlich unbekannt. Der Tod folgt schnell auf dergleichen Zufälle. Ungestalte Leute gicbt es, sonder Zweifel, in China; aber es müssen ihrer sehr wenige seyn, oder sie müssen sehr abgeschieden le, ben, weil die Gesandtschaft, ihre ganze Reise über, vom mitternächtlichen bis ans südliche Ende von China, keinen einzigen Menschen dieser A^t zu Gesichte bckam. Da Vie Pokken, besonders wenn sie in einander fiiessen, grosse Sterblichkeit verursachen, und da man bemerkte/ daß jeder Mensch ordentlicher Weise sie nur einmal bekömmt; so hielten die Chinesen für dienlich ihre Kinder von Kranken ansteckcn zu lassen, die nur gelind damit behaftet schienen. Da dies von gutem Erfolge war; so kam bei ihnen nach und nach die Eine impfung auf. Die Chinesischen Jahrbücher thun dieser nicht eher Erwähnung als um die Zcit, welche etwa zu Anfang des zehnten christlichen Jahrhunderts fällt. Meistentheils verfahren die Chinesen bei der Blaltereins impfung auf folgende Art. Sobald die Krankheit irgend, .wo ausbricht, sammeln die Aerzte reife Materie aus gutartigen Blattern. Diese trocknen und reiben sie z» Aufenthalt dcr Gesandtschaft in Canton ic. 591 Pulver, welches in einem engvcrschlosscncn Por;ellang.F sässe aufbewahrt wird, damit keine atmo-phartsch^ Luft dazu kommen kann: auf diese Att hält es sich viele Jahre. Wenn der Patient durch Arzneien die mehren, theils öffnend sind, gehurig vorbereitet worden ist, und eine Zeit lang vorgeschriebene spärliche Kost genossen hat, wählt man einen glücklichen Tag um etwa Poki kenpulvcr auf feine Baumwollen zu streuen und sie in die Nasenlöcher des Patienten zu stccken. Wcnn Blindheit ober röche A"gen in China häufiger find als a» i derswo, welches die Gesandtschaft nicht bestimmt zu erfahren Gelegenheit hatte, so kann es vielleicht mit daher kommen, daß man diePokkenmaterie in zu grosi ser Nahe des Sehnervs einimpft, wohin sich die dadurch verursachte Entzündung sodann ausdehnt. Ein Arzt darf zu kciner schwangeln Frau gerufen werden, noch weniger sich mit der Gcburtshülfe abgeben, welche bei einem Manne, nach dem einstimmigen Gefühle beider Geschlechter in China anstössig ist. Es giebt Bücher über diese Kunst für Hebammen, worinn sich Abbildung«, von dem Zustande und der Lage des Kindes zu unterschiedlichen Zeiten der Schwangerschaft, wie auch Verhaltungsregeln und Heilungsmittel für jeden muthmaßlichen Fall bcftndcn; aber das Ganze ist mit vielen abergläubischen Gebrauchen untermischt. Viele Aerzte benutzen, wie ander Orten, die Dun/ kelheit, worinn dkse Kunst eingehüllt ist, ingleichen /92 Han-tschu-flt. die Unwissenheit und Leichtgläubigkeit des Volks, um durch den Verkauf von Wunderarzncien und besondern Geheimnissen, Geld zu gewinnen. Sie theilen Zettel aus, worinn die Wirksamkeit ihrer Mittel durch die Bcyfügung verbürgter Curcn verkündiget wird. Aber es war der Sekte Taotse oder den Schülern des bereits erwähnten Cao, könn aufbehalten, sich vermcsscntlich den Besitz eines medizinischen Geheimnisses zuzuschrei, ben, das fie nicht sterben liesse. Für die, welche alle Genüsse des Lebens hatten, blieb allerdings nichts als der Wunsch übrig, beständig in demselben fortzudauern. Deswrgen haben sich einige Chinesische Kaiser wirtlich mit dem Gedanken g?tragcn, daß eine solche Arznei möglich sey. In völliger Gesundheit vertrauten sie sich diesen religiösen Empirikern an und thaten tiefe Füge von dem gerühmten Unscerblichkcitstranke. Die Mischung bestand nicht blos aus unschädlichen Grund, theilen, sondern vermuthlich aus Mohnesscnzen und an? dern trocknen oder flüssigen Sachen / die eine vorüber-gehende Erhitzung der Einbildungskraft bewirkten und für einen Beweis ihrer lebendigen Kräfte galten. Aufs gemunlert hierdurch nahmen sie den Trank häufig, und erzeugten in kurzem Mattigkeit und Niedergeschlagen-heit; oft wurden auch die getauschten Patienten Opfer des Betrugs und der Thorheit mitten in der Blüthe ihrer Jahre. Es Aufenthalt der Gesandtschaft in Canton lc. 59? Es giebt in China keine Lehrer für die Wissen, schasten, welche mit der Arzncykunde in Verbindung stehen. Der menschliche Körper ward dort nie anders, als insgeheim zergliedert. Zwar kamen manchmal Bus cher heraus, in denen der innere Bau desselben , ab, gebildet ist, aber sie sind erstaunend unvollkommen, und man schlagt sie vielleicht öfter nach, nm den Na, men des Geistes zu erfahren, unter dessen Schutze ir, gend ein Theil des Körpers steht, als um seine Gestalt oder Lage zu betrachten. Man hat Ursache zu zweifeln, ob die Naturge, schichte, Physik oder Chemie, als Wissenschaften in China sine grössere Vollkommenheit als die Anatomie erreicht haben, ob es gleich mehrere Abhandlungen über besondere Gegenstände in denselben giebt- Die Chinesen haben auch eine sehr bänderreiche Encyclopädie, worinn viele dorthin gehörige Thalsachen und Be, obachtungen anzutreffen sind, aber aus den wenigen Untersuchungen, welche die Gesandtschaft Müsse oder^ Gelegenheit hatte während ihres kurzen Aufenthalts im Lande zu machen, bemerkt sie keine Cpurcn eines alli gemeinen Systems wodurch einzelne Thatsachen und Bei merkungen wären verbunden und gegen einander gchal, ten, die gemeinschaftlichen Eigenschaften von Körpern durch Versuche bestimmt, dahin einschlagende Künste auf gleiche Art behandelt, Regeln gcbMs, Schlüsse Zwciicr B.md, P p 594 Han-tschu-fu. aus Aehnlichkeiten abgezogen, oder wo Grundsätze zur Errichtung einer Wissenschaft wären festgestellt worden. Für einige fehlt es sogar am Namen. Die Chiinsische« Bücher sind wohl von Verfahrungsarten, wodurch allerley Wirkungen in chymischen und mechanischen Küni sten hervorgebracht werden können; und wer zu gleis cher Zeit in der Sprache und Sache bewandert wäre, würde vielleicht/ wenn er sie läse/ glv„.n Nutzen da« aus schöpfen. Wenn das Erzeugnis einer Kunst oder Manufaktur dem allgemeinen Endzwek zu entsprechen scheint, so ist der Chinesische Erfinder selten neugierig oder wohlhübend genug/ entweder nach Verschünerung oder nach wirklich» Vervollkommnung zu streben. Der Nutzen des Metalls zu den gewöhnlichen LcbensbeF dürfuissen hat die Chmescn bewogen es in dcn Eing« weiden dcr Erde aufzusuchen/ wo sie auch alle die sogei nannten vollkommnen/ ausgenommen/ die Platina, gefunden haben. Vielleicht fehlt es ihnen an Kenntnis oder Mitteln den wohlfeilsten und kürzesten Weg zur Conderur.g der edlen Metalle von den beygemischten Stoffen einzuschlagen und das Erz von andern völlig zu läutern: aber, wenn «s wirklich ihre Absicht ist, sie ohne Zusatz zu erhalten/ so gelingt es ihnen vollkon« inen, und sie verstehen dieselben deracsialt zu mischen, daß sie dadurch jeden gewünschten Endzwek erreichen. Gold / Welches man in Ci)ina mehr wegen seiner Sel' :enhcil als Nutzbarkeit schätzt, soll in ellchm Chinesin Aufenthalt der Gesandtschaft in Cantön:c. sys fchen Bergwerken vorhanden seyn, die man jedoch nie zu bearbeiten erlaubt; aber kleine Goldkörner werden in den Provinzen Uunnan und Setschuen aus dem Sande der Flüsse und Bergsiröme gesammelt, welche denselben von den Höhen mit sich hcrabschwemmen. Dies Gold ist blaß, weich und geschmeidig. Etliche Mandarinen und viele vornehme Frauen tragen goldNt Armbänder, sowohl zur Zierde, als auch weil sieglauben allerhand Krankheiten dadurch von sich abzuhalten. Man schlägt hier das Gold zu Blattckon, um es auf Papier zu klcbcn und dann in den Dreyfüssen zu ver-brennen; sodann anch um die Bildsaulen der Götter zu vergolden. Die Seiden und Sammctweb«r braui chen es in ihren Gewirken und Stickercyen. In Can, ton macht m^n auch Kleinooien davon, welche von den Chinesen nicht getragen, aber in Europa als Astatisch« Zierrachen verkauft werden. Ausser dem Gebrauche des Silbers bey der Bezahlung für andere Waaren, wo es nach seiner Schwere genommen wirb, spinnt man es wie das Gold, zu Fäden, und braucht es in den Seiden und Baumwollenmanufakturen. Zur Glockeni speise mischen sie mehr Zinn mit dem K'wfcr, alsan< derwarts geschieht, daher ihre Gloken helltönender aber spröder, als die Europaischen sind. Ihr weisses Kupfer, welches sie Petung nennen, hat ein schönes silber artiges Ansehen und ist von sehr dichtem Korne. Es nimmt eine ftinc Politur an und man macht viele s96 HantMl-sll. niedliche dem Silber sehr nahe kommende Dinge da« aus. Nach einer genauen Untersuchung hat man bes funden, daß es auS Kupfer, Zinn und etwas Silber be-z steht: manche Stüken enthalten auch Eisentheilcheu und Nickel. Tu 5 te-nag ist eigentlich Zink, das aus einem reichen Erze oder Salme gezogen wird. Man pulverii sirt das Erz, vermischt es mit Holzkohlenstaub, und sezt es in irrdnen Gefässen über ein gelindes Feuer, worauf das Metall wie Dampf emporsteigt, und sich nachgehends im Wasser Verdikt. Der Galmei woraus dieser Zink genommen ist, enthält sehr wenig Eisen, auch weder Bley noch Arsenik, die so gemein im EuroZ päischen Galmei sind : wegen dieser beygemischten Thei« le erblinden daraus gemachte Zusammenfttzungen so leicht und lassen sich nicht so fein poliren wie derChi-nesische Petung. Man sagte auch dem Doktor Gillan in Canton, baß die Leute, welche ben Pctung verfett tigen, das Kupfer in so dünne Platten als möglich bringen; daß sie diese glühend machen, und das Feuer so lange vermehren bis die Platten, vor Weichheit ge, wisscrmasscn dem Schmelzen nahe sind. In diesem Stande hangt man schwebend über den reinsten Rulenag oder Zink, welcher in ein sublimirendes Gefäß über ein starkes Feuer gethan wir5. Auf diese Art durchdringt der Dampf die glühenden Kupferbleche, so daß er darü« hängen bleibt und bey der ihnen bevorstehenden Schmeli zung nicht leicht verstiegt oder vertalcht wird. Wenn Auftnthalt der Gesandtschaft in Canton te. s97 «an es denu abkühlen lläßt so bekommt es nach und nach einen weit höheren Glanz und ein gedrungeneres Korn als das auf die Europäische Art zubereitete. Mit dem Eisenerze wissen dic Chinesen in ihren Schmelzöl fen nicht recht umzugehen ; das Metall wird weder so weich, noch so hämmerbar und geschmeidig wie das briltische Eisen. Alles was aus den Händen des Schmidts kommt, ist ungcmein spröde und plump; auch hat es keine Politur. Jedoch verstehen sie vortreftich das Eisen zu giessen und ihr Eisenblech ist gemeinigs lich viel dünner, als man es ln Europa zu verfertigen weiß. Das Zinn, welches die Chinesen einführen/ wirb grossentheiis zu möglichst dünnen Blättchen gemacht, die man auf viereckigte Stücken Papier klebt und vor den Götzenbildern verbrennt. Mittelst des Analgama aus Zinn und Queksilber macht man kleine Spiegel in Canton aus den zerbrochenen Stücken Glas von als lcrley Europäischen Glaswaaren. Die Glaskorallen und Glasknöpfe von verschiedenen Gestalten und Farben werden gröstentheils in Venedig gemacht und sie gehören unter die Ueberbleibsel des grossen und bei, nahe ausschließlichen Handels, den die Venediger vor dem nach Asien führten. Die Chinesen tragen sehr häusig Brillen, welche sie um den Kopf binden. Man macht sie auS C^yiiall, daß die Cantoner Künst, ler iu dünne Blatter schneiden; sie thun dies mit einer Att vou stählernen Sage, die auS zwey bis drey zn 593 Hant-schll'fll. sammengedrehten feinen Eistndrahten besteht, welche man wie eine Bogensehne an die Enden eines bieqsa. wen kleinen Bambusrohrs befestiget. Sie winden ein Ende dieser Sehne auf und legen den Drath um den Theil des Krystalls, in den der Einschnitt gemacht werden soll, und das ganze Stück Crystal! wird dann zwischen zwei Angeln befestigt. Denn sägt man es von einander etwa so wie die Europäischen Uhrmacher kleine Stükchen Metall theilen. Unter dem Crystalle befindet sich ein kleines Gefäß mit Wasser in das der sandigt« Crystallstaub fällt, wahrend der Drath hin und hcr fährt. Mit diesem Gemisch werden der Drath und die Krinne, welche er schneidet, öfters angefeuchtet. Man kann das Crystall mit dessen Staube eben so schneiden und poliren wie der Diamant mit dem seinigcn. Die Brillenmacher, welche nichts von Optik zu verstehen schienen, hatten die Augengläser nicht nach den verschie, denen Mangeln des Gesichts bald erhöht, bald verlieft, sondern überliessen es ihren Kunden zu wählen was sich am besten für sie schiken möchte. Die wenigen Iu, welirer in Canton, welche Diamanten schlissen, bedienten sich dazu dcs Diamant spaths,und da dieser einen Zu, sah von grauem Granite hat, so wähnte man die Masse enthielte nichts anderes und zweifelte, ob das wahrer Diamant seyn könne, welcher dem blossen Granite wiche? In Canton versteht nian ausserordentlich wohl Europäische Sachen nachzumachen. Man bessert Aufenthalt der Gesandtschaft in Canton:c. 599 Uhren aus und macht sogar neue, kopiert Gemählde und illuminirt Zeichlnmgen mit dem besten Erfolge. In Canton werden grobe seidene Strümpfe zum Gebrauche der Fremden gestrickt oder gewirkt / denn die Inländer selbst tragen keine, ausgenommen etwa jun, ge Chinesen, welche insgemein gern die Europäischen Moden nachahmen. Die in Canton verfertigten Spiele fachen, welche man unter dem Namen der E^uilibristen und Burzelbaummanner oder Stehaufchen kennl, sind zum Theil mit Quecksilber angefüllt. Man braucht dies Metall zuweilen in denselben Krankheiten, die in Europa damit gelheilt werden; aber die gemeinen Chinesen stehen in dem Wahne, daß es die Fähigkeit des einen Geschlechts zerstöre und Unfruchtbarkeit bei dem andern verursache. Die ausnehmende Bevölkerung des Landes scheint zn beweisen, daß man sich dieser Arznei entweder nicht lMlf.g bedient, oder, daß ihr die genannten Wirkung-en irrig zugeschrieben werben. Die Chines.n zeugen wirklich viel Kinder und verheu, rathen sich zeitig, welches unlaugbar viel zur Begrüne bung der Patriarchalischen Lebensweise, die schon bey eincr andern Gelegenheit in diescm Werke erwähnt wor/ den ist, beytragen muß, wodurch sicherlich Laster und Ausschweifungen aller Art im Zaume gehalten werden Sogar oas Klnderauösetzfn beweißt, daß die Bevölkerung l)icr grösser ist, als die Mittel des Lebensuntcr-Halls. Wenn ein Kcicg in China ausblicht, so hat 6oo Han-tfchll'fu. man nicht sehr die Verminderung der Volksmenge zu fürchten. Als die westliche Tartarey im Thibeter Kriege erobert wurde, waren von gebohrnen Chinesen gar keine gemeine Soldaten und nur wenige Offiziere das bey. Nicht verheurathet zu seyn ist sogar im Soldas tenstande bey den Chinesen etwas seltenes. Zuweilen bringen ausserordentliche Dürre oder grosse Uebe« schwemmungen eine Hungersnoth in dieser oder jener Provinz zu weg, welche Seuchen erzeugt; aber sonst ent, sieht keine Verringerung der Einwohner aus moralischen Ursachen,noch weniger von Auswanderung oder Schiffarth auf ftrnen Meeren. Die Manufakturen, deren Bes schaftigungen sich nicht immer mit der Gesundheit ve« tragen, wo die bestand igen Einschränkungen auf einen Ort und manchmal in einer zusammengepreßten, faulen Luft nachtheilig seyn muß, und deren Errichtung in Städten die Manufakturisten zu Unregelmassigteiten verleitet, stehen in sehr geringem Verhältnisse zu dem Chinesischen Landbaue. Ueberhaupt scheini die Volks, menge hier durch nichts, als die Bedürfnisse des Un< terhalts, eingeschränkt werden zu können. Und zur Gewinnung desselben wird hier gewiß mehr Land, als anderswo, benutzt. Die ganze Oberfläche des Reichs ist mit sehr unbedeutenden Ausnahmen, der Erzeugung menschlicher Nahrungsmittel gewidmet. Es giebt hier weder Wiesen noch Hutungen; auch findet man keine Felder mit Haser, Bohnen oder weissen Rüben zum Aufenthalt der Gesandtschaft in China:c. 6oi Futter des Viehes besäet. Man sieht wenig andere Parks oder Garten, als die Kaiserlichen. Die engen Landstrassen, deren noch dazu nur wenige sind, neh-men nicht viel Raum ein/ weil der Hauptverkehr mittelst der Flüsse und Kanäle geschieht. Man weiß nichts von Gemeinwiesen; noch weniger von Landstrichen, die durch Vernachlässigung, Eigensinn oder zur Iagdbelus sikgung grosscr Güterbesizer unbebaut liegen bleiben. Kein Akerland liegt brach. Unter einer heiffen befrucht tenden Sonne wird dcs Jahres meistens zweymal ges erndtet, weil man sich mit der Bestellung nach dem Boden richtet und das was ihm abgeht, durch den Zu< sah anderer Erdarten, durch Dünger, durch Benehung und durch sorgfältigen klugen Fleiß aller Art zu ersez-zcn sucht. Die Arbeit der Landleuto leidet selten durch die Nothwendigkeit, den Reichen und Mächtigen zu fcöhnen oder durch Verrichtungen, die keinen wahren Nutzen haben, Unterbrechung. Selbst die Soldaten in China beschäftigen sich meistens mit dem Feldbau, ausgenommen die kurze Zcit über wenn sie aufdenWa^ chen sind, und wcnn sie geübt, oder sonst zu etwas gebraucht werden. Die Menge von Lebensmitteln wird auch dadurch vermehrt, daß man mehr Arten von Thieren und Gewächsen zur Nahrung anwendet/ als in andern gewöhnlich ist. Und sogar in der Zubereitung ihrer Lebensmittel verfahren die Chinesen mit einer ek genen Witthschaftlichlcit. Erwägt maa aA diese Urs^ 62« Han-tschu-su. chen, so wird vielleicht die Behauptung, daß jede Chinesische Quadratmeile im Durchschnitte an ein Drittel mehr Einwohner,'nehmlich über dreihundert enthält, als man auf dieselbe Ausdehnung, selbst in dem volk, reichsten Lande von Europa, rechnet, nicht befremdend seyn. Doch hat man in einer Westindischen Insel eine Volksmenge gefunden, welche beide übertrifft. Tschautadschin; ein Geschäftsmann von Zuverlässigkeit, welcher sich vorsah/ ehe er etwas behauptete, und es gemeiniglich auf anerkannte Quellen gründete >, übergab dem Gesandten , auf dessen Bitten, eine Uebersicht der Einwohner in den fünfzehn Provinzen des eigentlichen Chinas, die aus einem Collegium in der Hauptstadt genommen war, und hier im Anhange nebst den Quadratmeilen und Morgen Landes in jeder Prol vmz beigebracht ist. Die Grösse des Reichs, welche sowohl nach astronomischen Beobachtungen als nach wirklichen Messungen bestimmt ist, umfaßt über zwölft mal hundert tausend Quadratmeilen, mithin mehr denn qchtmal soviel als Frankreich. In jeder Unterabtheilung eines Distrikts zeichnet allemal der zehnte Hausvater die Anzahl der Köpfe regelmässig auf. Diese Verzeichnisse werden V amten eingereicht, welche so nahe wohnen, daß sie i u Stande sind, Hauptfehler darinn zu verbeft sern, u?id diese sämmtlichen Verzeichnisse sendet man nach Peking in das grosse Archiv. Obgleich die allge« Weine Summe genau aus diesen Verzeichnissen genom- Aufenthalt der Gcsandfchaft in Canton lc. 603 men ist, welche, wie man sieht, nicht sehr irrig seyn, und einzeln' betrachtet wenig Zweifel erregen können, so ergiebt sich doch eine so grosse Volksmenge daraus, daß man sie kaum glauben wird- Sogar bei ganz zu, verlasslgen Berechnungen, die aber ins Unendliche gehen, zum Beispiel bei der Würdigung des Umfangs ungeheurer Körper, oder des Abstandes der Fixsterne, braucht es einen Kopf, der in derlei Sachen bewaw dert, oder wenigstens an Behauptungen dieser Art gcü wvhnt ist, um allc Zwcifel darüber fahren zu lassen. Wenn man aber, wie billig, manche Fehler oder auch wohl Uebertreibungen in der Angabe der Chinesischen Bevölkerung nicht zu genau nehmen will, so gewährt der Ausschlag ein erhabenes und anziehendes Schauspiel, wo man einen so grossen Theil des ganzen menschlichen Geschlechts erblickt, welcher in ein viel um< fassendes bürgerliches System zusammen verbunden ist. und ungeachtet der beträchtlichen Ausdehnung des Reichs, gelassen einem grossen Landesherrn Gehorsam leistet; ein Volk, das weder seine Gesetze, Sitten noch Sprache ändert, aber in allen Rücksichten wesentlich von jcder andern Nation unterschieden ist und mit der übrigen Welt weder in Verbindung zu treten noch feind/ liche Anschlage wider sie auszuführen trachtet. Von dec Bevölkerung der Chinesischen Tartaren, konnte man nichts Zuverlässiges in Erfahrung bringen» K'in Chinese pficgt über Dschechol bmauszukDminen, 6c>4 Han-tfchu-fu. ausgenommen einige Offiziere, die ihr soldatischer Be, ruf dorthin geführt, odcr Leute, die auf Lebenslang in die Tartarey verwiesen werden. Die Chinesen b« trachten dieselbe immer noch als Ausland und jenseits Dschechol soll sie auch nur spärlich bevölkert seyn. Die öffentlichen Einkünfte des eigentlichen Chintt fischen Reichs sollen sich auf nicht viel weniger als zweyhundert Millionen Unzen Silbers belaufen/ die etwa sechs und sechzig Millionen Pfund Sterling, oder ungefähr viermal so viel als die Einkünfte Grosbrite tanniens und dreymal soviel als die Französische, vor der letzten Staatsumänderung, ausmachen mögen. Mit dem was die Auftagen einbringen, werden alle bürgerliche und militärische Ausgaben, und alle zufällis ge, ausserordentliche Unkosten, sogleich im Orte aus den Provinzialkassen beslritten; das übrige sendet man «ach der Kaiserlichen Schatzkammer in Peking. Dieser Ueberschuß betrug im Jahre 1792. an 36,614,323 Um zcn Silvers oder 12,224,776. Pfund Sterling nach eii ner Berechnung in runden Zahlen / die man nach einer von Tschautadschin erhaltenen Angabe machte, welche im Anhange abedruckl ist. Entsteht ein Aufruhr oder ereignen sich andre Vorfalle, die ausserordentliche Unkos sien erfodern, so bringt man sie mehrenthcils durch neue Auflagen in dcn nahgelegenen oder in solchen Provinzen auf, welche den Aufwand mit verursacht habea. Aufenthalt der Gesandtschaft in Canton tc. 60s In der Verwaltung dieser ungeheuern Staatseim künfte werden die Gelegenheiten zu Veruntreuungen nicht oft vernachlässiget, wie man aus den häufigen Summen schliessen kann, welche dem Kaiser, wegen solcher Vergehungen , anheim fallen. Ueberhaüpt versichert man / daß Bestechung und Erpressung in den meh-resten öffentlichen Bedienungen etwas Gewöhnliches seyen, so daß sich die Beamten ein grosses Vermögen erwerben sollen, wenn die öffentlichen Besoldungen auch noch so mittelmassig ausfallen. Unter den Tabek len im Anhange befindet sich eine, worauf die Gesetze angegeben sind, welche der Kaiser den hauptsächlichsten Regierungs 1 Finanz, und Justiz, Beamten giebt: in Absicht auf die letztere hat man zu bemerken, daß ungeachtet in jeder Stadt ausdrücklich ein Oberrichter ernannt ist/ peinliche Verbrechen zu untersuchen, doch alle bürgerliche Händel von den Ober l ober Unterbefchlsi habern der Oerter geschlichtet werden / in dcnen sie vor, fallen, ohne daß rechtskundige Richter besonders dazu bestimmt wären. Was die Auftagen anbelangt, so scheinen die Chi< nesen sich besser zu befinden als die mchresien Euro, päer, vorausgesetzt, daß Silber Eigenthum vorstellt, und in demselben Verhaltnisse zu den vcrzchrbaren Er) zeugnissen unter jenen als unter diesen steht; denn, wenn man alles, was der Staat einzunehmen hat, in ein Kopfgeld verwcnde'te/ so würde es, nach der Be- 6a6 Han-tschll-sll. völkerung des Chinesischen Rcichs, nlcht über fünf englische Schilling auf jcden Kopf zu stchcn kommen; dahingegen, nach demselben Maasstade, Mr Irlän« der acht Schilling an die Regierung zahlen würde; jeder Franzose, unter det monarchischen Verfassung, sechszehn Schillinge, und jeder Einwohner in Gros, brittannien zum wenigsten vier und dreissig Schillinge. Man war nicht im Stande genau zu erfahren, wie hoch sich die Einkünfte aus der Tartarey beliefen. Nächst dem was der Kaiser von seinen dort;gen Krone gütern zieht, bezahlen ihm die Chefs einen Tribut, wek cher öfters gesteigert wird, wenn sich ihre Umstände bessern. Güter, welche aus der Tartarey, oder durch dieselbe/ nach China gebracht werden, zum Beyspiel Pelzwerk und Leder, müssen bey der grossen Mauer eis nen geringen Zoll erlegen, aber alle Chinesische Güter, die nach der Tartarey gehen, sind zollfrey. Die besten Nachrichten nber die Chinesische Land, macht erhielt man von Wantadschin, der selbst ein Offizier von Range war, und nichts übertrieb, obwohl vielleicht in seinen Angaben nicht die Sorgfalt und Genauigkeit herschte, an die sich Tschautadschm band. Der erstere versicherte, das ganze Chinesische Heer, mit Einschluß der Tartar«, belaufe sich auf eine Mlssion Mann zu Fusse und auf achtmal hundert tausend zu Pferde. Nach dem was die Gesandtschaft selbst wahrend ihrer Reise durchs Reich von Besatzungen in grossen und Auftnthalt der Gesandtschaft in Canton lc- 607 kleinen Städten und Soldat.nposten, die nicht weit von einander standen / beobachrete, schien in der Berechnung des Fußvolks nichts unglaubliches zu seyn, aber sie traf wenig C^vallcrte an. Wenn die l tztere wirklich so zahlreich ist, wie oben erwähnt worden, so muß der größte Theil derselben in der Tartarey oder sonst in Provinzen tcs Reichs stehen, durch welche die Gesandtt schaft nicht kam. Unter den Truppen, besonders unter denen zu Pferde, sind eine Menge Tartar«, welche hohern Sold erhalten, als ihre Chinesischen Kriegsgefahren. Die Hauptoffizicre dcs Heers, auf dle man Vertrauen setzt, sind ebenfalls Tartarn. Man nimmt aus keiner von beiden Nationen einen Soldaten in den Dienst auf, wenn er nicht gesund, stark und ansehnlich ist. Ein Chinesischer Reuter bekommt jeden MondesiMonat drey und drey Zehntel Unzen Silber, welche schwerer als die Europaischen sind, und fünfzehn Maas Reis, deren^ Grösse nicht näher bestimmt wurde. Ein tarta-rischer Reuter erhält auf dieselbe Zeit sieben Unzen Sili ber und zwanzig Maas Reis. Ein Chinesischer Soldat zu Fusse bekömmt auf die genannte Zeit eine Unze und sechs Zehntel Silbers und zehn Maas Reis; aber ein Tartarischee Infanterist zwey Unzen Silber m,b zehn Maas Reis. Jeder Soldat erhält auf kaiserliche Kosten sein Gewehr nebst Zubehör und ein Oberkleid. Der Kaiser macht ihnen, ausser dem Colde und den 6c>8 HüN-tschÜ-fll. Rationen^ bei besondern Gelegenheiten noch Geschenke, z. B. weNn sie sich verheurathen, oder wenn ihnen Knaben gebohren werden. Bcym Ableben ihrer Eltern erhalten sie eine «Trösiungsgabe", ss wie ihre nach, gelassenen Familien, wenn die Soldaten selbst sterben. Die Tartarn haben weit mehr Hang zum Solda, tenleben als die Chinesen. Die harte Erziehung, die rauhen Sitten, die Thätigkeit, die Neigung zum Her, umziehn, die ungebundnen Grundsätze und die unregel, massige Lebensart des ersicrn machen ihn geschickter für den Soldatensiand und für Kriegsdienste / als die Ruhe, Ordnung, Häuslichkeit, Sinnigkcit und Sitti» lichkcit des letzteren. Wie die Tartarey das natürliche Vaterland der Krieger zu seyn scheint, so bringt Chis na mehr Gelehrten hervor. Diese legen sich vornemlich auf die Sittenlehre und Staatskunde, welche von den Chinesischen Gesetzgebern und Wellweisen öfters zusanu men abgehandelt werden. Es ist wenigen ihrer besiett Schriftsteller gelungen, die Sittenlehre in ein so angenehmes und lehrreiches Gewand zu kleiden, daß die Chinesen eben so viel Wohlgefallen daran finden, als Englische Leser/ zum Beispiel, an den Bemerkungen eines Johnson in seinem Rambler oder Rasselas. Nächst den Vorschriften über Lebensweisheit und über alles was dazu führt, halten die Chinesen am meisten anch euf vaterländische Geschichte, weil ihr Reich für sie der Aufenthalt d. Gesandtschaft in Canton u. in Macao. 625 der Erdball ist; ferner auf die Kemttniß der himmli, schen Körper, deren Bewegungen ihnen zu gleicher Zeit in die Augen fallen mußten. In Betreff der G« schichte ist schon mit einigen Worten erinnert worden, mit wie unablässiger Ordnung man alle Begebenheiten bey ihnen aufzeichnet, und wie diel Sorge man tragt, sie auf die Rachwelt zu bringen, ohne daß so viel übernatürliche Vorfalle hinzugemischt sind, als di» Glaubwürdigkeit der ersten Nachrichten von den mei«< sten Völkern untergraben haben. In Absicht anf die letztem kann nichts so sehr Neugier und Bewunderung erregen, als der Anblick, den man in China mittelst einer fast immer heitern Luft von dem azurnen mit Sternen vergüldeten Firmamente hat. Die Wechsel des Tages und der Nacht, des Sommers und Win« ters, und die Ab, und Zunahme des Mondes sind zu auffallende Erscheinungen, als daß sie nicht sowohl in den rohen als verfeinerten Zeitaltern der Gesellschaft Aufmerksamkeit erwecken sollten. Der Hirtc bey seinen Heerden und der Ackersmann bey seiner Feldbestellung müssen sich oft in der Nothwendigkeit befunden haben, den gestirnten Himmel um Rath zu fragen. Man btt merkte, daH die Bewegungen der Himmelskörper, die verhaltnißmäffige Wärme der Luft und die Reife der Erdfrüchte in Beziehung auf einander stünden. Dies mit Gewißheit bestimmen oder die Wiederkehr der Jahrs« Zweiter Band.^ tz q 6io Han-tschu-flt. zelten vorhersehen zu können, war so nützlich und eu wünscht, daß man sich öfters bemühe«, diesen Vortheil zu erlangen und Lehrbegriffe der Sternkunde und Zeitrechnung zu entwerfen. Die Folge der Ideen oder der menschlichen Ereignisse war zu ungewiß und unres gelmassig, als daß sie zum Maaße der Zeit angewandt Werden konnte, man mußte sie daher blos nach dem unveränderlichen Umschwünge der Gestirne festsetzen. Die erste Eintheilung der Zeit nahm man ohne Zweifel von dem Zwischenraume der auf, und untergehenden Sonne her, die nächste von den Mondsvcränderungen und die letzte von der Rückkehr der Sonne in die Nähe derselben Fixsterne. Anfänglich glaubte man, daß der letzte Zeitraum, oder ein Jahr, zwölf völligen Mon? desveränderungen gleich wäre. Es fand sich aber, daß wenn man diese Abtheilung nur etwa scchszehn Jahre zum Grunde hätte legen wollen, die Jahreszeit, welche für den Sommer berechnet war, im Winter ges fallen seyn würde: deswegen dachte man auf allerley Mittel, wie man durch die gelegentliche Einschaltung eines Monats, ben Calender berichtigen, oder eine grössere Uebereinsiimung in dem berechneten Verhalts Nisse der Sternbahnen zu einander finden könnte. Die überschüssigen Stunden nach den Tagen, während welcher die Sonne denselben Fixsternen gegenüber zurückzukehren, sie zu verdunkeln oder sich unter sie zu mis schen schien, liessen sich unter einem Himmel/ welcher Auftnthalt der Gesandtschaft in Canton tt. 6n der Sternkunde so günstig ist, in kurzer Zeit bestimmen; worauf man, um in Rücksicht der wiederkehrenden Jahreszeiten Ordnung in die Zeitrechnung zu bringen, aller vier Jahre einen Tag hinzufügte. Aber es mäst sen viele Menschenalter verflossen seyn, ehe man einen Zeitraum ausfündig machen konnte, in dem die ungleie chc Wiederkehr der Sonne und des Mondes so genau berechnet war, daß am Ende desselben die Nemund Vollmonde nicht nur an dem nehmlichen Tage, sondern auch anderthalb Stunden innerhalb der Zeit fielen, wo sie im Anfange des Zeitraumes eingetreten waren. Zur Kennmiß eines solchen Cyclus konnte man nur durch die öftere Wiederholung sehr genauer Beobachi tungen gelangen. Es müssen viele Kreislaufe dieser grossen Himmelslichter vorgefallen ftyn und unzählige Conjunktionen Statt gehabt haben, ehe man gewiß sagen konnte, daß sie nach neunzehn Jahren an deml selben Tage sich wieder ereignen würden. Der geringe Unterschied zwischen den wiederkehrenden Zeitpunkten dieses Cyclus wurde zum Theil durch die Erfindung eines andern von sechzig Jahren oder von siebenhun« bert und zwanzig Kreisungen des Mondes verringert; hierzu kam die festgesetzte Einschaltung von zwey unb zwanzig Lunationen, und ansanglich glaubte man, daß auf dicse Art die verhaltnißmassigen Lagen der Sonne und des Mondes zu einer völligen Uebereinstimmung ge, bracht wären; abcr selbst nach der Annahme dieses Zeitt k'.H 'HiM«tschil'fli. raums fie! das Chinesische Neujahr beständig um ttwas später, welches die Chinesen nachher von Feit zu Feit berichtigten. Dieser Cyclus hatte einen gedoppelten Nutzen: erstlich vertrat «r d:e Stelle einer Zeitrechnung und dann war er die Berichti.qungsperiode für eilt Mond, Sonnen Jahr. Jedes Jahr des Cyclus zeiche net sich durch die Vereinigung zweyer Charaktere aus/ die von einer solchen Anordnung einer ungleichen, m gegenüber siehenden Spatten befindlichen Anzahl vonWc« ten ausgewählt ist, daß die nehmlichen zwey Charaki tere auf sechzig Jahre lang nicht wieder zusammentrefs ftn können. In der ersten Spalte stehn zehn Worte, in der andern zwölf: die letzteren sind dieselben, wos mit man die zwölf Stunden oder Abtheilungen des Tas ges bezeichnet, dere» eine zwey Europaische Stunde« betragt. Der erste Charakter der ersten Spalte ven bunden mit dem ersten Charakter der zweiten Spalte, bezeichnen das erste Jahr des Cyclus: so geht es fort bis zum Ende der ersten Spalte, die nur zehn Charak tere hat; sodann wird der eilfte Charakter der zweiten Spalte zu dem ersten der ersten Spalts gerechnet und bedeutet das eilfte Jahr des Cyclus; ferner verbindet man den zwölften oder letzten Charakter der zweyten Spalte mit dem zweyten der ersten Spalte und zeigt dadurch das zwölfte Jahr an. Der dritte Charakter der crsten Spalte wird in gerader Ordnung zu dem ers sten der zweiten Spalte gerechnet, um das dreyzehnte Aufenthalt der Gesandtschaft in Canton tt. si? Jahr anzudeuten; und in dieser Folge kann der erste Charakter sowohl in der ersten als zweyten Spalte vor dem Verlaufe von sechzig Jahren / oder vor dem ersten Jahre des zweyten CyclusMHttche wieder zusammentrcf-fen. Das Jahr i7y?< nach der christlichen Zeitrechnung ist das 54ste Jahr des 68sten Chinesischen Cyclus, woraus klar wirb, daß der Anfang desselben zweytausend zweyhundert und sieben und siebcnzig Jahre vor Chri§ sti Geburt fallc; dafern 'man nicht etwa annehmen »ill, daß die Urkunden und Jahrbücher des R?ichs, Welche dies bezeugen , durchaus verfälscht worden sind, und daß man dem Anfange des Cyclus ein weit höhe, res Alter gA, als er wirklich hatte. D«s ist aber eben so unwahrscheinlich , als wenn man sagen wollte, daß die Zeitrechnung der Olympiaden, zum Beyspiel, viele Menschcnaller vor den ersten Olympischen Cpie-len begonnen hatte. Die Hindus anf der Halbinsel von Indien bedie< nen sich gleichfalls dieses Cyclus von sechzig Jahren zur Zeitbestimmung von vielen ihrer Begebenheiten, ingleichen die Siamese« auf der Küste des östlichen Asiens. Einige Spuren von Verbindung der ersteren mit txn Chinesen kaun man daraus folgern, daß das Hindu Sonncn'Iahr mit der Winter-Sonnenwende anzugehen pfiegte, welches in China noch geschieht: und man fins det in Urkunden angezeigt, daß die Chinesen von Cans ton aus nach dem Persischen Meerbusen und in dai ^4 Han» tschu.su. rothe Meer schifften, so daß sie die Küste entweder, wirklich im Gesichte behielten oder doch nicht weit da, von entfernt waren. Die Chinesischen IahMcher schränken sich nicht blos auf die Erzählung derStaatsvorfälle ein, sondern bemerken auch ungewöhnliche Erscheinungen am Him, wel, oder Naturveränderungen, die sich im Reiche ers eignet haben. Sie thun verschiedener Conjunctionen der Planeten Erwähnung, aber-ein berühmter Astronom, Cassini, behauptet, daß eine der ältesten darunter sich nicht zu der Zeit zugetragen habe, welche von den Chinesen angeführt wird; indessen widerspricht ihm geradezu ein nicht minder geschickter und gelehrter Schriftsteller, Bailly. Wirklich vertragt sich die Glaud, Würdigkeit der Beobachtung mit einiger Unbestimmtheit in Beschreibung der Zeit, wo sie gemacht wurde, denn die Unvollkommenheit des damaligen Calenders muß ihren Einfluß auch auf diese Berechnung gcaussert ha» ben. Wenn in der Erwähnung dieser Erscheinungen am Himmel die äusserste Bestimmtheit herrschte, so hätte man argwöhnen dürfen, daß sie in der Folge zu< rück berechnet worden wären, um das hohe Alterthum einer Nation glaublich zu machen, welche schon so ftühs zeitig zu dergleichen Beobachtungen geschickt war. Nach dem jetzigen Stande der Sternkunde unter den Chines sen zu urtheilen, ist es am wahrscheinlichsten, daß, wenn sie jemals Verfinsterungen voraussagen konnten, Aufenthalt der Gesandtschaft in Canton tc. 6is 6l<5 HM'tschU-fll. In den Chinesischen Urkunden wird ein Vorgang berührt, dessen Ueberlieferung die Gesandtschaft noch bis auf diese Stunde im Lande vorfand. Der machtige Gelbe Strom soll einmal aus seinen Ufern getreten seyn, und durch seine erstaunliche Ueberschwemmung eine fürchterliche Verwüstung unter den Anwohnern veri ursacht haben. Der Name und andere Umstände des Mannes, welcher über sich nahm, die Gewässcr abzu-klten, und den Fluß künftig in seine Ufer einzuschran, ten; die Mittel, welche er dazu anwandte, und die Zeit, in der er alles ausführte, werden so umständlich hererzahlt, daß die ganze Ueberlieferung einen grossen Anschein von Wahrheit gewinnt. Wahrend gedachter Mann hiermit beschäftigt war, soll er eine Charte von den Gegenden, durch welche der gelbe Fluß lauft, entt worsen haben, die noch itzt im Schuking, einem der heiligen Bücher in China, aufbehalten ist. Das M terthum dieser rohen Karte erhellt aus der Theilung, welche dieser grosse Fluß damals von seinen Gewässern machte, so bald er in die Provinz Kiannan trat, wo er in zwei gleich grosse Arme gesondert wurde, davon einer gerade nach Norden zu lief, und in den Meeri busen von Petschali fiel, der andre aber denselben Lauf perfolgte, welchen der ganze Fluß jetzt nimmt. In im Chinesischen Geschichte findet sich keine Nachricht »on einer allgemeinen Fluch, Aufenthalt der Gesandtschaft in Canton tc. 617 Wiewohl die Chinesen in der Sternkunde nicht wohl bewandert sind, so stellen sie sich doch so gut sie können, die eingebildeten Kreise am Himmel vor, als die Ekliptik, welch« sie die gelbe Strasse hcissen, die Equinoctiallinie und einen Meridian. Ganze Gestirne werden auf ihren Charten nicht durch Bilder dargestellt, sondern durch Iwischenlinicn verbunden. Sie wissen von fünf Planeten, denen die Grundstoffe gleichzahlig sind, woraus, ihrer Meinung nach, alle Körper be< stehen, ncmlich: Feuer, Wasser, Erbe, Holz und Mei lall, welche sämmtlich unter dem Schutze eines Plane, ten stehen. Wenige Chinesen scheinen sich die Bewegung der Erde vorstellen .'zu können , sondern sie wähnen, daß sich die Sonne durch die Fixsterne schwinge. In ihrem Laufe durch die gelbe Strasse werden vornehmlich vier Punkte bemerkt, welche die vier Iahrszeiten ans deuten. Der Tag wird, wie bei den alten Egyptern, blos in zwölf Theile getheilt, deren jeder zwei Europäische Stunden ausmacht; die erste fallt Nachts eilf Uhr. Diese Fcitabtheilungen werden ziemlich genau durch «ine angezündete, aus dem Kerne emes Baumes ge< machte Kerze, gemessen, welche sich so regelmässig ver, zehrt, daß jede der zwölf gleichen Abtheilungen genau ein Zwölftel der vier und zwanzig Stunden brennt. Die allmählige Bewegung des Sandes und das Herab, tröpfeln von Feuchtigkeiten hat man gleichfalls zu diu s«m Behufe angewandt 6i8 Han-tschu-ftt. Die Chinesen benehmen sich oft sehr ungelenk und machen sich viel Mühe, um diese oder jene gesellschaftliche Bequemlichkeit zu bewirken. Zur Ankündigung der Stunde hat man sogar in Peking kein besseres Mittel, als daß ein Mann, der auf den Fortgang der Zeit nach einer der angegebenen Arten, wachsam achten muß, die jedesmalige Stunde mit einem Hammer auf einer grossen Glocke anschlagt. Ausser ihren Sprach-charaktcren haben sie keine andern, um die Ziffern so ab< gekürzt auszudrücken, wie mit den arabischen Figuren geschieht, welcher sich die Europäer bedienen, um der mühsamen Bezeichnung derselben mit Buchstaben übe« hoben zu seyn. Wenn es anders überhaupt ausfühtt bar ist, ohne Arabische, oder ahnliche Züge im Rechs Ncn fortzukommen, wo einzelne Zahlzeichen besondre Stellen ersodern, so muß es wenigstens sehr beschwer/ lich und langweilig seyn. Die Chinesen fühlen ein solches Bedürfniß zwar weniger, da sie mit dem Swan/ pan rechnen, ohne dabei zu schreiben. Wenn sie aber in ihren Schriften Zahlen anzuführen haben, so drüs ken sie dieselben mit ihren eigenen Charakteren aus, von denen jeder, ohne eine besondre Stelle zu haben, eine ganze Zahl bebeutet: und ob dies gleich minder langweilig ist, als wenn man dieselben Zahlen mit Buchs staben schreibt, so kommt es doch bei weitem nicht dee ,kurzen Uebersicht bei, welche die arabischen Zahlenzei« chen gewahren. Die durchgängige Multiplikation und Aufenthalt der Gesandtschaft in Canton «. 615 Subdivision aller Quantitäten durch Decimalproportios nen erleichtert die Rechnungen der Chinesen, und macht, daß sie nicht nöthig haben auf Abkürzungsmethoben de« selben zu denken. Als die Gesellschaft noch in ihrer Kindheit war, Wo drückende Bedürfnisse den Erfindungsgeist des Menschen scharfen, sah der Chinese nichts um und ne< ben sich, das ihm die Verbindlichkeit ausgelegt hätte, die Beschaffenheit dcr Linien und Oberflächen genau zu betrachten, und aus der Betrachtung oder Ncbeneinan-Herstellung ihrcr Eigenschaften Folgerungen zu ziehen. Die Ucberschwemmungen dcr Chinesischen Flüsse stiegen nicht so hoch und wahrten nicht lange, als daß man ihre Wcite und Tiefe hätte berechnen müssen / welches der Fall in Egyplen gewesen seyn soll, wo man gtt meiniglich annimmt/ daß die Feldmeßkunst entsprungen sey. Weder in ältern noch in neuern Zeiten haben die Chinesen, so wie andre Völker, mit den übrigen Erd, bewohncrn in einer Verbindung gestanden, daß sie ihr Beispiel nachgeahmt oder ihre Entdeckungen angenom< men hätten. Man sagt, etliche Chinesische Kaiser hät* ten unter den bei Hofe angestellten Missionaren beträchtt liche Fortschritte in mathematischen Kenntnissen gemacht; «ber gesctzt auch die Missionare hätten Mussestunden genug gehabt, so würde doch vermuthlich weder ihr« Klugheit noch die des Staates zugelassen haben, daß «an dem Volke diese Wissenschaft mittheilte, da Mißhandlungen derselben noch mehr aufmunterten. Die Commissionairs sahen ein, wie gut es seyn würde, wenn sie sich durch der Compagnie eigene Diener e« klären könnten, weil sie sich auf diese verlassen dürften, und suchten daher die Erlernung der Chinesischen Sprache in der Faktorei sehr eifrig anzuempfehlen. Die Kenntnis der Sprache eines Landes, wo man hinhandelt, muß allezeit in so fern nützlich seyn, daß man sich dadurch gegen die ttebervorthcilungen sichern kann, die ein Auslander überall erwarten muß. Es gilt vornehmlich in China, daß die Schuld sich stets vor der Entdeckung fürchtet. Der bedrückende Theil wünscht das Lautweroen seiner Ungerechtigkeiten zn verhüten, und ein räuberischer Erpresser kann leicht erschreken, wenn man in verständlicher und furchtloser Sprache eine Klage wieder ihn anbringt. Für einen Frein? Zweiter Band. R r ,^ 625 Han-tschlt-sll. den hielt es wirklich sogar in Canton, clncr Chinefi, schen Stadt schwer, Chinesisch zu lernen. Ein Roth-walsch, das hierzu Hause ist, wird von allen Ständen geredet, ausser von den Mandarinen, die niemals in der Provinz gebohren sind, und gegen die man sich im Sprechen und Schreiben, der allgemeinen Landessprache bedienen muß. Es ist zu Anfang diefcs Werks erwähnt worden, daß man verbot, sie Fremden zn lehren. Dies war unter andern ein Punkt, worüber sich der Gesandte beym Unterkönige beschwerte, welcher es kaum glauben konnte, weil die Regierung oder die Einwohner von Canton dadurch einen überdachten Entschluß an den Tag legten, den Fremden das Mittel zur Führung ihrer Geschäfte, und die Kenntniß zu rauben, durch die sie am Beßten in den Stand geseht würben, die Gn setze und Gebräuche des Landes zu befolgen. Es muß aber einigermassen ermunternd für ang« henbe Lehrlinge, seyn, daß viele Cantoner, angelockt durch den Vortheil des Verkehrs mit den fremden Faki toreicn, im Stande sind, soviel von den Europäischen Sprachen zu lernen, als hinlangt, um sich im gemeis nen Leben verständlich zu machen, wie wohl sie eine' Schwierigkeit zu überwinden haben, wovon Europäer, welche Chinesisch lernen, nichts fühlen. Die Töne etlicher Buchstaben, welche sich in den mchresien Alphabeten befinden, z. B. das L. 0. K und X. sind der Chinesischen Sprache gänzlich fremd. Die Sprach, Auftnthalt der Gesandtschaft in Canton :c. 627 Werkzeuge eines gebohrnen Chinesen sind nicht geübt sie Zuzusprechen. Wenn er den einen von diesen hervor? bringen will, kommt gewöhnlich ein andrer heraus, der dem Redeorganc geläufig ist; anstatt des K sagt der Chinese mchrentheils d, und begeht dadurch manch, mal lächerliche Fehler. So hört man öfters Chinesische Reishändler etwas zum Verkaufe ausbieten, was wenige Leute geneigt seyn dürften zu erhandeln. Um die feinen Tonunterschiede von Worte, dle beinahe einerlei klingen, aber sehr verschiedene Bedeut lungen haben / fassen zu können, muß man ein sehr zartes Ohr haben, so wie cs eine überaus biegsame Stimme erfodert, um sie genau nachzuahmen. Ein Ausj lander, welcher sich diese Verschiedenheiten völlig zu eigen machen will, sollte anfangen sie frühzeitig zu ler, nen, wenn seine Sprachwerkzeuge noch geschmeidig und scharf sind. Indessen hilft der ganze Zusammenhang eines Satzes oft wesentlich zum Verständnisse der eigentlichen Wortbedeutungen. So wird einem Engländer kaum erinnerlich seyn, daß er in der Unterhaltung zweifelhaft gewesen, ob jemand den Begriff der Sonne 8un, oder den eines Sohnes/ 8on. habe mittheilen wollen, obgleich beide Wörter auf dieselbe Art ausg« Krochen werden. In den Chinesischen Gesprächen b« dient man sich auch sehr häufig sinnverwandter Wörter, wie vorher bemerkt worden ist, um zu verhindern, daß der beabsichtigte Sinn nicht zweifelhaft bleibe. Scheint ,623 Hall-tschu-ftt. aber bas, was man durch irgend ein Wort hat sagen wollen / dennoch schwankend zu scyn, so ist der letzte Ausweg, mit dem Finger den Schriftcharakter desselben i'n die Luft, oder sonst wohinzuziehen, und so den wahi ren Sinn, dcn man in Gedanken hatte, zu bestimmen. Wer Chinesisch lernt, wird auch nicht mit viele« grammatischen Regeln, Conjugationen vder Decima« tionen behelliget. Er braucht weder Substantive, Ads jektive oder Verba, noch Uebereinstimmung des Oes schlechts, der Zahl und des Casus zu beobachten. Diese Sprache giebt in Wahrheit einen lebendigen Beweis ab/ daß dcr mühsame Bau und die verwickelte Zusamt mensctzung des Griechischen und Arabischen durchaus nicht weder zur völligen Mittheilung der Ideen über alle im Leben vorkommenden Dinge, noch zum Zauber der Wohlrcdenheit, noch zum Wohlklange eines Verses nothwendig sind. Der Anfang und das Ende der Wo« te werden nicht, wie in dem einzigen griechischen Werke über tausendmal geschieht, durch die Zeiten der auss gedruckten Handlung, oder durch die Zustande, in del nen man die «wähnten Dinge will gedacht wissen, verändert. Sehr wenige Partikeln bezeichnen das Vers gangene, Gegenwärtige und Zukünftige; und man be< dient sich dieser Hülfswörter nicht einmal, wenn die bezweckte Zeit aus andern Umständen mit Gewißheit er, sehen werden kann. Wenn der Chinese anzeigen will, er gedenke Morgen zu verreisen, so sagt er nie, daß er Aufenthalt der Gesandtschaft in Canton tt. 629 morgen abreisen werde, weil die Erwähnung des lHAgenden Tages hinreicht anzudeuten, daß seine Reise zukünftig seyn müsse. D^'e vielfache Zahl erhellet aus der Hinzufügung eines Wortes, ohne welches man allezeit die einfache versteht. Wcder das Gedächtniß noch die Redorganen werden mit der Aussprache meh< rerer Töne zum Ausdrucke der Gedanken belastet, als unumgänglich sind, ihren Unterschieb zu bezeichnen. Die Sprache ist durchgchends einsylbig, und eine Syft be deutet allezeit einen ganzen Begriff an. Jede Sylbe kann durch einen Europaischen Mitlauter vor eiiem Selbsilauter und zuweilen vor einem sogenannten fiiesi senden Buchstaben ausgesprochen werden. In einer solchen Wortordnung findet sich nichts von der Harte auf einander folgender Mitlauter, die einen Uebelklang geben, und die Sprache wird dadurch eben so weich und wohlklingend , wie jedem das Italiänische vor-kömmt, weil die Consonanten selten, und die Vocalendungen häufig sind. Die ersten Laute, welche der Mensch hervorbrachte , waren vermuthlich Ausrufungen, die aus einzelnen Tönen oder aus einer Sylbe bestanden. Die Nahmen, wodurch wahrscheinlich der Mensch zuerst andre Thiere unterschied, wenn er sie in ihrer Abwesenheit bezeichnen wollte, waren Versuche, das eigenthümliche Getön die, str Thiere nachzuahmen. Und noch jetzt hat die Chine, fische Benennung einer Katze ziemlich viel Aehnlichkeit 6?o Han-tschu-fu. mit dem Geschrey derselben. Wie man sich ganz na, türlich im Sprechen bemühcte die Stimmen nachzuaA men, so verfiel man auch darauf, einen groben Niß von der gemeinten Sache zu machen. Es ist bemerkungs, werth, daß die Wurzelwörter der meisten Sprachen, wenn man sie von den angehängten Buchstaben trennt, welche ihre Beugungen, nach der Conjugation oder Declination bezeichnen, eiusylbig sind. Von jedem Grundwerte ist immer so viel beibehalten, als nothwens dig. ist, den Sinn und die Hcrleitung des Zusammen, gesetzten daraus zu schlicssen, welchcs auf diese Art viel- sylbig wird. Da aber die Chinesischen Sprachlehrer einsahen, wie viele Unbequemlichkeit aus der Länge und Mischung von Lauten entstehen müssen, so schränk, ten sic alle ihre auch noch so bedeutsamen Worte auf einzelne Töne ein, und behielten blos in der Schrift eines viclbedeutcnden zusammengesetzten Charakters, wenigstens einen Theil jedes einzelnen Charakters bei, der eine einzige Idee vorstellte. Im Chinesischen gicbt es eine bestimmte Ordnung für die Wortfolge jedes Satzes. Oiese ist in allcn Sprachen verschiedentlich vom Gebrauche festgesetzt wori den, gründet sich aber auf keine Regel oder natürliche Ideenorbnung, wie man zuweilen geglaubt hat. Denn obgleich ein Satz aus mchrern Ideen besteht, die durch> mehrere Worte ausgedrückt werden müssen, so find doch diese Ideen alle gleichzeitig, und bilden gleichs Aufenthalt der Gesandtschaft in Canto« :c. 6?i sam ein Gemälde/ wovon man jeden Thcil mit eincm Blicke Übersicht. Die Chinesische Gedankenfolge, wie sie in Worten ausgedrückt erscheint, ist oft die einfach, ste und kunstloses die man sich nur denken kann, und genau so wie sie beym Ursprünge der Gesellschaft sich dargeboten haben mag. Wenn man zum Beispiel fragt, so wiN mau öfters wissen/ ob etwas so oder ans ders scy. Colchcmnach sagt der Chinese manchmal, wenn er sich erkundiget, wie sich sein Freund befindet, chau pu c hau, welches wörtlich hlißt: wohl, nicht wohl ? Wcnn ein einzelner Ch.rakter wiederholt wird, so ist zuweilen die dadurch bezeichnete Sache doppelt zu verstehen, manchmal a^ch in einem ausgedehnten Sinne. Der einfache Charakter von Mu bedeutet eil ueu Baum; der doppelte, ein D'ckigt, und der drey, fache, ciucu Wald. Es giebt im Chinesischen kaum fünfzehnhundert besondre Laute. In der geschriebenen Sprache sind wenigstens achtzig tausend Characktere, oder Schriftzügc: eine Zahl, welche mit der ersteren dividirt, beynahe jedem ausgedrückten Tone, im Durchschnitte fünfzig Bedeutungen oder Charaktere giebt. Durch dieses Mißs Verhältnis wird die Chinesische Sprache mehr dem Ansehen nach, als in der That, zweideutig und ungewiß. Johnson's Englisches Wörterbuch liefert Beispiele von Wortern, die mehr als hundert Bedeutungen has bcn, und doch entsteht dadurch keine Verwirrung im 6?2 Han«tschll-fu. Englischen; ware das aber der Fall, so würde man den Sinn nicht so genau bestimmen können, wie im Chinesischen, wo jede Bedeutung ihren eigenthümlichen Gchriftcharalter hat. In jeder Sprache richtet sich die Anzahl von Wor, ten/ oder wenigstens von Bedeutungen derselben nach dem Grade der Bildung, welche das Volk, bei dem sie einheimisch sind, erreicht hat; einigermassen auch nach der Bevölkerung des Landes und nach den darinn blühenden Künsten. Daher darf es niemand befremden, daß in dem Chinesischen Wörtcrbuche zum wenigsten acktzigtausend Charaktere stehen. Wenn jede Bedeu? tung der englischen Wörter als ein besonderes Wort be, trachtet und die erstaunlich verschiedenen Ausdrücke der verschiedenen Künste und Beschäftigungen mit dazu genommen würden, so dürfte vielleicht die Englische Wortmenge der Chinesischen nicht viel nachgeben. ^ Ursprünglich wollte man mit den Chinesischen Ch" rackteren mehrentheils entweder wirkliche Gegenstände nachbilden, oder sie sollten bedeutsame Ideenzeichcn ftyn: so zog man einen Zirkel, um die Sonne, und einen Halb? zirkel, um den Mond anzudeuten. Ein Mann wurde durch eine aufrechte Figur dargestellt, und die ausser« Glieder bemerkte man mit Linien. Offenbar waren diese Nachbildungen zu schwer und langweilig, als daß man nicht bald auf einfachere, leichter zu machende Züge hätt te fallen sollen. Von der ganzen Menschengestalt ist Aufenthalt der Gmndrschafc in Canton:c. 6z? nun weiter nichts mehr übrig geblieben, als das untere Ende, bestehend aus zwei Linien, die. einen Winkel mit einander bilden. Die ursprünglichen Formen lassen sich noch, obgleich sehr verwischt, in einigen hierogly, phischen Charakteren ahnden, un0 mul« kann ihre allmähliche Abänderung in mehreren Chinesischen Büchern wahrnehmen. Unter den jetzigen Charakteren sind nur sechs, die aus einem einzigen Striche bestehen; insge» mein haben sie viele Striche, und es giebt sogar Charaktere von siebenzig Zügen. Ihre Form hat sich nicht so leicht verloren, wie ihr Laut, welches man daraus abnehmen kann, daß in aNcn Küstenländern des Chi? nesischen Oceans oder des östlichen Asiens Chinesisch geschrieben, die wirklich geredete Sprache abcr nicht verstanden wird; so wie diesclbcn arabischen 3'sscrn und dieselben Musiknoten durch ganz Europa, ungeachtet eS mannigfaltige Sprache,-, hat, verständlich sind. In der Anordnung der Chinesischen Charaktere laßt sich eine gewisse Planmassigkeit verspüren, zufolge wel, chcr man glauben sollte, das Ganze wäre sogleich ein fertiges Gebäude gewesen, und nicht, wic andere Sprachen , erst n«ch und nach vervollkommnet worden. Die Hauptnaturgegenstände werden durch etwas über zweihundert Charaktere bezeichnenderen jeder gemeiniglich nur ein paar Striche hat, beinahe wie der Bischof Wib kins in di>'m sinnreichen Buche von einer allgemeinen Sprache oder von dem wahren Schriftcharakter, sems <^4 Han-tschu-flk Eintheilungen gemacht hat. Diese kann man für die Gattungen oder Wurzeln der Sprache ansehen, wos rinn jedes andere Wort oder jede Art, systematisch zu sprechen, auf ihre gehörige Gattung Beziehung hat. Das Herz ist eine Gattung, dessen Darstellung mittelst einer krummen Linie, gewissermassen der FortN des Gcgeuliandes entspricht / und die hierauf Bezug habenden Arten umfassen alle Gedanken/ Leidenschaften und Stimmungen, wodurch das Gemüth des Menschen, erschüttert wird« Bei jeder Art befindet sich ein Zei» chen / das auf die Gattung oder das Herz hindeutet. Der Gattung Hand sind die mehresten Gewerbe und Handthierungen untergeordnet; so wie sich unter der Gattung Wort alles befindet, was Sprache, Fleiß, Schreiben, Verstehen und mündliches Berathschlagen betrift. Ein wagcrechter Strich bezeichnet Eins, und ein hindurchgezogener Querstrich erhöht ihn zur Zehne, wie unter allen Völkern, die nach dieser Zahl ihre Ei< ner wicderhohlen. Die fünf Elemente, woraus, wie der Chinese glaubt, alle Körper in der Natur bestehen, geben eben so viele Gattungen ab, deren jede eine grosse Menge von Arten unter sich begreift. Da man in jes dem zusammengesetzten Charakter oder in jeder Art bald das abgekürzte Gattungszcichen unterscheiden lernt, so wirb dann das Chinesische Wörterbuch brauchbar, worinn die zusammengesetzten Charaktere unter ihre Wurzeln geordnet sind. Letztere findet man zu Anfange Aufenthalt der Gesandtschaft in Canton:c. 6?s des Wörterbuchs in einer Ordnung/ welche, gleich der des Alphabets, unveränderlich ist, und dem Anfänger bald gelaufig wird. Unter jeder Gattung sind die Arten nach der Ml ihrer Striche gestellt, einen oder wenige mehr abgerechnet, woraus man die Wurzel er, kennt. So findet man bald die Art. Bcdcutung und Aussprache werden mit andern gemeinüölichen Wor, ten angedeutet, wovon das erste den Sinn und das andere den Laut bezeichnet. Findet sich kein gewöhn, liches Wort, um genau denselben Ton mitzutheilen, so werden zwei Worte angegeben und dabei bemerkt, daß man den Millauter des erstcrn zu dem Selbstlaut kr des zwciten gesellen müsse, um gerade den nöthige» Ton zu bekommen. Viele Chinesische Charaktere sind ungemein sinn, reich zusammengesetzt, und man kann daraus sowohl auf die Meinungen als Sitten des Volks schliesscn. Der Charakter, welcher Glückseligkeit ausdrückt, enthalt verkürzte Zeichen von Land und Kindern, der physi» schen und geistigen Quelle ihres Genusses. Diesen Charakter sieht man, auf mannigfaltige Weise verziert, beinahe in jedem Hause angebracht. Zuweilen schreibt ihn der Kaiser eigenhändig und schickt ihn als einen Beweis seines Wohlwollens, den man überaus hoch« schätzt.« er geruhete auch dem gesandten dergleichen zu senden 6? die etwas gegen einen Chinesen, besonders Mord begangen haben, innerhalb ihrer Mauern bestrafen; und, was den Portugiesen nicht minder an-stößig ist, sich manchmal in abgöttischen Umgängen durch , die Stadt sehen lassen. Setzen sie sich wider dergleii chen Dinge , so halt der Mandarin, welcher in dem Fort, das man von Makao aus sieht, kommandirt, sogleich die. Zufuhr der Lebensmittel auf, bis sie sich alles gefallen lassen. Die Chinesen haben zwey Götzentempel in Makao, deren einer am südlichen Ende der Stadt sehr auffallend Aufenthalt der Gesandtschaft in Canton lc. 6s i unter einem verworrenen Haufen von ungeheurcl, Granit, Massen gelegen ist. Da die Erde, worein diese Massen ursprünglich begraben gewesen zu seyn scheinen, mit der Zcit durch viele Regengüsse herabgcschwemmt Wurde, so müssen die Felsen in ihre jezige Lage wild durch einander gestürzt seyn. Der Tempel besteht aus drey über einander befindlichen besondern Gebäuden, die man blos auf einer Windeltreppe ersteigen kann, welche in den Fels gehauen ist. Man kann diese Ge< bände von weitem nicht sehen, weil sie von sehr dick/ belaubten Bäumen beschattet sind. Ein wenig unterhalb dem höchsten Orte in der Stadt befindet sich in Felsen, die vermuthlich auf gleiche Art zusammengebracht wurden, Camoens's Hole, welche ihren Namen der Volksüderlicferung zu Makao verdankt, daß der Portugiesische Dichtcr dieses Namens, welcher gewiß eine beträchtliche Zeit in Makao wohnte, hier seine berühmte Lusiade schrieb. Diese merkwürdige Höhle ist jezt mitten in dem Garten, welcher zum Hause eines der Englischen Faktoren gehört, der hier wohnt, wenn seine Geschäfte ihn nicht nach Canton rufen : auf seine Einladung kehrte in diesem Hause der Gesandte mit zweyen von seinem Gefolge, wahrend sie sich in Makao aufhielten, ein. Von hier aus konnte man einen sehr weiten Umkreis übersehen. Bey der Auszierung des Gartens hat man alle Vortheile zu nutzen gewußt, welche der Ort darbeut. Der Boden 6s2 Han - tschu - fll. wechsele seine Oberfläche beständig, und ist mit einer Menge schöner Gestaude und Asiatischer Obstbaume bepflanzt, die in eine so täuschende Unordnung gebracht sind, daß man sie für den ursprünglichen Zuwachs des Ortes halten möchte. Die Gange sind längs den Ab, hangen , neben Hainen und unter hangenden Felsen hingeleitet ; bald stossen sie aufeinander, bald durch-kreuzen sie sich, welches in Absicht auf Verschiedenheit und Erhohlung die eigentliche Grösse des Gartens zu erweitern scheint. Diesem Garten gegenüber, mitten im Hafen, ist eine kleine runde Insel, die vordem den Jesuiten von Makao zugehörte. Auf dieser waren eine Kirche, ein Collegium/und eine Sternwarte erbaut. Sie ist von Natur romantisch, und, gleich den andern Eylanden in der Nachbarschaft von Makao, mit ungeheuren Fels-Wacken bedeckt, die unordentlich durch einander geworfen sind. Unter diesen wand sich ein beschatteter Pfad rings herum öis auf den Gipfel der Insel/ welche ganz rcgelförmig ist. Die Basis dieses felsigten Kegels wird von einem Stücke ebenen Landes umgeben, das dreyßig bis vierzig Ruthen weit, und theils zu einem Botanischen , theils zu einem Küchengarten benutzt war; durch die aus den Felsen quillenden. Bäche wurde es gut bewässert. Die ganze Insel wird durch eine gemauerte Brust-Vshr vor dcv See geschützt. Me Anlagen, sammt der Allfenlhalt der Gesandtschaft in Canton lc. 6sz Gesellschaft, der sie zugchörten, gcriethcn in Verfall; und der Ort hat nur lwch einige Spuren seiner ehe>' maligen Reize. Der Hafen, w9rinn diese kleine Insel liegt, heißt der Innere, zum Unterschiede von der ge, genüber befindlichen oder ausser« Bay, welche offener nach der See zubist, und wo die Schiffe, besonders während des Nord-Osi Monsuhns, dcr rauhen Wit, terung blos gestellt sind. Es ist eine allgemeine Bei merkung der seckundigcn Leute in Makao, daß oieseBay sich seit einigen Iahrm verseichtet. Sie öfnet sich nach der einen Seitein ein von vier Inseln gebildetes Becken, worinn Lord Anson ehemals sein Schiff ausbesserte, aber jezt würde keins von derselben Grösse hier einlaw fen können. Der Gesandte erhielt bald nach seiner Ankunft in Makao, Briefe aus England und Batavien, wodmch seine nächste Bestimmung ausser allen Zweifel gesetzt wurde. In den erstem meldet man, die Englische Regierung habe keine Nachricht von einer Flotte erhab ten, die aus Frankreich nach Ostindien gesegelt ftye, und die heimkehrenden Chinafahrer, ohne Geleit, in Gefahr setzen könnte; auch erforderten Umstände die Gegenwart der brittischen Kriegsschisse an anderen Orten, so daß keine Convoy zum Schutze der zuiück, kommenden Kaussahrer aus China ausgesegelt wäre. Allein die Depesche», aus Batavia brachten die Nach< richt, «daß ein feindliches Geschwader, bestehend aus 654 Han-tschu-sll.' „ einem Kriegsschiffe von 64, einer grössern Fregatte u von 40, und einer kleinern von 20 Canonen , aus « der Moritzinsel in der Strasse von Sunda angelangt ,, scy , welches den Iudienfahrer Prinzeß Royal ge« „ nommen, und ihn alsbald in ein Kriegsschiff ver, „ wandelt hätte ; ja man fürchte, daß in kurzem eine » noch weit grössere Macht sich dortherum zeigen wer-» de.» Man erfuhr nicht lange darauf die Wegnahme des Iüoielifahrers Plgot/Und die Gefahr, welche der drey Millionen Pfund Sterling werthen, und dcr Conn pagnie zuständigen, Fracht dlvhete, die auf'fünfzehn, von Canton nach England bestimmten , Schissen be, findlich war, bestimmten den Gesandten augenblicklich, alle Klugheitsgründe und muthmaßlichen Vortheile, die ihn hatten bewegen können, sich langer in den Chi» nesischen Seen zu verweilen, zu übersehen, und im Löwen, welcher eigentlich zu seiner Reise bestimmt war, die Kauffartheyftotte heim zu begleiten, damit ihre so kostbare Ladung wenigstens den Schutz eines Linien, schiffes haben möchte. Da dieser Entschluß bald in verschiedenen Asiatischen Häfen erscholl, so begaben sich zwey reich beladene Schiffe, einS aus Manilla, das andre ein Portugic< sisches, ebenfalls unter den Schutz des Löwens. Wie sich alle Schiffe segelfcrlig bey Makao versammelt hat) ten, gieng der Gesandte an Bord des Löwen, und lies von den Personen, die ihn nach China begleitet Allfcnthalt der Gesandtschaft in Canton ic. 6ss hatten, niemand weiter zurück, als Herr Heinrich Baring, jetzt Superkargo in Canlon, und den Chinesischen Dolmetscher, welcher unter dem Namen und Anzligc eines Engländers, bey Sr. Excellenz bis zur Einschiffung geblieben war. Dieser rechtschaffene nnl> fromme Mann schied mit grosser Innigkeit und tiefer Rührung von seinen bisherigen Reisegefährten, und begab sich sogleich in ein Kloster, wo cr scinc Chine, fische Kleidung wieder anlegte, um unverzüglich in die westlichen Provinzen ChinaS abzugehen, wo es gleich von Anfang seine Absicht gewesen war, sich dem Diensie und Unterrichte seiner armen Mitchristen zu widmen. Eilftes Kapitel. Fahrt nach St. Helena ; Bemerkungen über diese Insel. Heimlehr. 2)ie m Canlon für die Ostindische Compagnie be-ladene Flotte stieß am siebenzehnten März 1794 zum Löwen unterhalb der kleinen Insel Samkock, nichl weit von Makao. Hierzu kamcn noch, wie im vorigen Capitel erwähnt worden, ein Spanisches und ein Por, lugiesischcs Schis. Da den Fahrzeugen, von denen fast jedes einige Canonen führte, solche Vechaltungs, befehle gegeben waren, baß sie den Löwen unterstützen sollten, so hatten sie zusammen . sich mit ieder Macht des Feindes, die er ihnen in den Asiatischen Mm n 6s6 Han-tfchu-fll. - entgegen sehen konnte, messen dürfen. In dem Falle lines Treffens, wies der Ritter Erasmus Gower allen Englischen- Schiffern, denen cr Befehle zu ertheilen bevollmächtiget war, ihren Standort an. Der Epai nische Capitain, welcher in der Seemacht seines Vae terlandes gcdienet hatte, das zu dieser Zeit in gutem Verständnisse mit Grosbrittanien war, kommandirte beynahe ein eben so wohl ausgerüstetes Schis, als einige der Englischen Indiensahrer waren. Er schien daher betreten, daß man es nicht in die Schlachtlinie nehmen wollte, gleich als ob der Befehlshaber vessel, ben kein Zutrauen verdiene; aber sobald dies dem Ritt ter Erasmus Gower zu verstchen gegcben wurde, v« handelteer den braven, patriotischen Spanier, denn das war er wirtlich, mit aller möglichen Herzlichkeit und Achtung , und wies ihm einen Standort ay, mit dem er völlig zufrieden war. Da die Flotte südwärts steuerte, so traf sie mehr Chinesische Junten, als andre Fahrzeuge an. Die eri sieren laufen gewöhnlich mit einem Monsuhne aus, und fahren mit dem andern nach Hause zurück. Weht der Nordöstliche, so segeln sie nach Manilla, Banka, und Batavia; fahren aber mit dem Südwestlichen nach Canton und Emouy heim. In den Tropischen Brei, ten sieht man das Quecksilber nie sehr von seiner ge, wohnlichen Höhe weichen, ausser wenn sich grosse Be, wegum Fahrt nach St. Helena i Bemerkungen lc. 6s/ lvegungeu im Dunstkreise ereignen. Zu Ende des Märzes fiel es etwas über ein Zehntel eines Zolles, und das stürmische Wetter, welches darauf folgte, be, schädigte eines von den Schiffen etwas. Dasselbe trug sich im Anfange des Aprils noch einmal zu. In dcr Strasse von Banka bekam der Ritter Eras, mus Gowcr die Nachricht, daß die feindliche Flotte ein unentscheidcndes Scharmützel mit etlichen bewasn« ten Illdienfahrern gehabt hatte, die man aus Bengalen den Holländern in Vatavia zum Beystande gesandt. Hierauf sey der Feind zwar verstärkt worden; da er aber gehört, daß die Chmafahrer von einem Linien» schiffe begleitet würden , so habe er gefürchtet, eine ihm überlegene Macht zu finden, und sey aus der Gegend fortgesegelt, wo er lediglich ««beschützte Kduffarthey, schisse anzutreffen vermuthet hatte. Drey ausgerüstet« Bengalische Schiffe sticssen bald nachher zum Löwen, und würden von beträchtlichem Nutzen gewesen seyn, wenn der Feind langer verzogen hätte. Unweit der Strasse von Bauka traf man ein G«i schwadcr von kleinen Fahrzeugen an, das aus ein« Schnau und zehn Malayischen Proas bestand. Erstere führte vierzehn Sechspfünder / und jede der Letzteren vier bis acht Dreypfünder. Der Capitain der Schnau war ein Mahometans, dem Anschein nach aus Arabien gebürtig, und die Mannschaft sowohl der Schnau als Zweiter Band. T t 6s8 Han-tschU'sll. der Proas bestand aus Malayen. Alle diese Fahrzeu» ge waren voll Leute / und auf den Verdecken lag eine Art Traubenkugeln, die aus Kieselsteinen in Kyrbwerk gefaßt, bestanden. Dies Geschwader hatte vermuthlich kriegerische Absichten gcgen einen besondern Feind, oder gieng überhaupt auf Seeräukrey aus. Indessen hatte der Ritter Erasmus, Gower eine zu wichtige Sorge übcr sich, als daß er sich durch irgend einen sol< chen zufälligen Umstand hätte aufhalten lassen / oder sich der Gefahr emer Verzögerung aussctzcn sollen, blos um tue Absichten dieser Leute zu untersuchen, und, wofern es nöthig ware, Anstalten zu ihrer Bestrafung zu machen. Es gehört mit zu den Vorzügen der Eui ropäischen Meere, daß wenigstens die Unterthanen grosser Machte sicher durch sie hinsegeln können , ohne wider die Corsaren der Barbarey weiteren Schutz als einen Paß nöthig zu haben. A«f den Chinesischen Meeren kann blos Stärke die Schiffahrt sichern. In der Strasse von Sunda versorgte sich die Flotte mit dem nöthigen Holz und Wasser an der Seite von Java, welche aus Ursachen, die im ersten Bande die, ses Werks angegeben worden sind/ der von Sumatra vorzuziehen ist. Die Brigantine Schakall, welche die Thee-Talk-und Firnißbaumchen am Bord hatte , die der Doktor Dinwiddie nach Bengalen bringen sollte, wurde in Fahrt nach St. Helena Bemerkungen tc. 659 der Strasse zurückgelassen / und begleitet die von hier aus bewafnctcn Indienfahrer. Am i9ten April stach die Flotte bey schönem Wetter und mit gutem Winde in See. Sie befand sich bald in dem qrossen Indischen Ocean/ welcher wenig weder von festem Land noch von Inseln unterbrochen wird, und wie die Winde von Südosten her den allgemeinen Gesetzen ihrcr Bewegung zufolge, in demselben Bre tengrade stets unverändert und regelmäßig verharren. Die Flotte segelte meh, entHeils in einer Linie, zuweilcn etwa zwanzig Grade/ und dann fünfundzwanzig Grade südwärts vom Aequa« tor/ und verschiedene Grate nordwärts von dem Curse welchen dieselben Schiffe auf ihrer Herreise aus Europa zu verfolgen nöthig gesunden hatten. Auf dieser Heims fahrt konnte man sich nichts ununterbrochener und anM nehmer denken, als Witterung und Sch'ssarth einen ganzen Monat über wann, wahrend dessen man über den grossen Indischen Ocean von den westlichen Vors ländem der Inseln Java und Sumatra aus segelte, bis die Flotte sich dem Meridiane dcr ungeheuren In, set Madagascar und der südlichen Küste von Afrika näherte. Hier umwölkte sich die Atmosphäre, und der Wind wandte sich von Nordosien gerade auf den ent, gegengesetzten Strich. In einem Seebarometer, wek cher so schwebte, daß die Bewegung der See keinen Einfluß auf ihn haben konnte, ficl das Quecksilber plötzlich über einen Viertelszoll. Bisher war es auf 65o HaNltschll'sll> dieser Reise nie mehr als ein Zehntelzoll gefallen; jedoch hatte man bemerkt, daß auf diese lleine Veränderung allezeit ein angemessener Wechsel der Witterung ge, folgt war. Da sich dieses Instrument als ein so zu, verlaßiger Verkundiger bey jeder Gelegenheit bewährt hatte, so war sein Ansehn schon bey den Schifsossi-zieren begründet, und sie sahen taglich darnach. Wie nun diesmal das Quecksilber um ft viel liefer fiel, als man es je bemerkt halte, erregte dies nicht wenig Un, ruhe, und man nahm die gehörige Vorsicht gegen den erwarteten Sturm, welcher sich sehr schnell zu nähern schien. Kaum hatte man alles in Bereitschaft gesetzt/ als das Wetter mit einem der fürchterlichsten Donner» schlage, die man je gehört hatte, und mit sehr hells leuchtenden Blitzen, ausbrach. Die Luft war so ver« dickt, daß man nicht von einem Ende dhs Schifs bis zum andern sehen konnte. Der Regen strömte herab, aber es regte sich kein Wind. Als es sich einige Minuten darauf etwas aufklarte, erblickte man das Com«« pagnieschiff Glatton, welches mit aus Canton gesegelt war, ungefähr eine Viertelmeile vom Löwen; der Be, sanstop und die kleinern Masten des ersteren waren herabgebrochen, und der Besans mast durch den Blitz zerschmettert. Dieser schlug in das Hintertheil des Schifs ein, wie der Capitain und seine Ossiziere bey Tische fassen. Etliche von ihnen wurden sehr betäubt, und an einigen Theilen des Cörpers erschüttert, keiner Fahrt nach St. Helena: Bemerkungen:c. 661 aber «wesentlich beschädiget. Der Blitz war an dem Klingeldrahte, welcher in die Cajüte des Schifsarztes gieng, hinabgefahren, und hatte, da er hier Wider, siand gefunden, die Stückpforte heraus gesprengt. Wie es sich aufzuklären anfieng, stieg das Quecksilber nach und nach wieder. Am 23 May wurde das Wetter wiederum düster und umwölkt. Das Quecksilber fiel tiefer als vorher. Die Nacht war stürmisch, und der Wind zuweilen so heftig, daß auf dem Löwen einiche Segel theils zerschlitzt, theils weggerissen wurden , und er steuerte blos mit dem Focksegel und dem Sturm, Stagsegel. Mo« gens fand sichs, daß die Flotte aus einander getrieben war. Der Sturm dauerte fort, das Quecksilber fiel immer tiefer, und es folgte nun eine außerordentliche heftige Windsbraut. Auf dem Schiffe Hindosian brach der Fockmast ; auf dem Kriegsschiffe rissen noch mehrere Segel, und es lag bey, mit beschädigtem Besansma-sie. Frühmorgens sah man nur noch fünf Fahrzeuge bon der ganzen Flotte. Bey so stürmischem, Wetter schiffte sie um das Vorgebürge der guten Hofnung, und steuerte auf die Insel St. Helena zu, welche ein so kleiner Flecken im südlichen Theile des Atlantischen Oceans ist, daß, wenn man sich nicht genau in dem Fahrwasser derselben halt, sie ungemcin leicht verfehlt werden kann: und wenn sich ein Schiff einmal westwärts von derselben befindet, so 6sH Hüll-tschu-fu. kann es nicht anders wieder darauf kommen/ als hurch einen ungeheuren Umweg nach Süden zu , weil man einen Südöstlichen Curs erreichen nmß , in welchem der Passatwind gemeiniglich auf St. Helena zu weht. Am 18 Iuny fanden sich alle Schiffe der Flotte wieder zusammen / und es stiessen auch uoch zwey Kriegsschiff?, Namens Samson und Argo , aus Europa dazu. Nun hatte man St. Helena vor sich / deren hohe Seiten so abschreckend und unwirthbar aussehen, daß wenn sich hicr herum , wie zum Exempel bey Tristan und Akunha eine Gruppe von Inseln befunden hatte/ man diesem anscheinenden Fclsenklumpen gewiß den Namcn der unzugänglichen Insel gegeben , und auf ihr zu alle« lctzt eine Landung vorzunehmen versucht haben würde. Beym Segeln auf die andre Seite der Insel blieb die Flotte einen Pistolenschuß von ihrer steilen fclsigten Küste entfernt/ um den Ankergrund in der Rhede dem Thale gegenüber nicht zu verfehlen , dessen Reize, wie sich ein sinnreicher Reisender ausdrückt, im Schoosse des Schreckens liegen. St. Helena liegt im südlichen Theile des Atlantis schen Oceans/ viele Langewund Breitengrade weit von allem festen und Insellande : man kann es für den Gipfel eines grossen Gebirges halten, dessen Wurzeln im Grunde des Meeres vergraben sind. Ueber denn selben erhebt sich die Insel in hochstrebenden Kuppen, die man häufig umwölkt sieht. Die Asche eines Fcuer- Fahrt nach St. Helena; Bemerkungen tt. 56? fchlundes bedeckt noch einen Theil derselben, und das Ganze ist vermuthlich von der erstaunlichen Gewalt des Feuers aus dem Wasser hervorgcschleudert. So weit man indeß die Insel untersucht hat, ist noch kcNle Spur von Schmelzung entdeckt worden. Man hat noch keine Flöze von Mineralen, unb w?nige von Ge-sicin in ihren Eingeweiden entdeckt. Der Gipfel der Insel ist bchölzt, aber so kalt, daß Früchte oaraufkaum reif werden. Klare Wasscrbache fiiessen von den höchsten Spitzen gerade in die Thaler herab, zu deren Fruchtbarkeit sie beytragen. In der Nachbarschaft dieser Insel weiß man nicht viel von Stürmen, und eben so wenig von Gewittern / woraus man schließt, daß in dem Dunstkreis derselben wenig elektrischer Stoss zerstreut seyn müsse. St. Helena hat nicht völlig acht und zwanzig Meilen im Umkreise. An der ganzcn Nordküste hin können Schiffe ihre Anker zu allen Iahrszeiten ganz sicher fallen lassen; aber die übrigen Küsten schrägen sich so steil ab, daß der Ankergrund sehr tlcf und deswegen unzuverläßig ist. Die Fluch erhebt sich selten über viert-halb Fuß , aber die Brandung ist manchmal fürchterlich , daher sich beym Anlanden und Einschiffen öfters Unglücksfalle ereigneten, bis vor kurzem ein Kay an, gelegt wurde, welcher nun das Mund Zugehen völlig sicher macht. 664 Han-tschu-slt. Dieser kleine Erdficck wurde vor mehr als zwey, hundert Jahren von den Portugiesen entdeckt. Ihnm nahmen es die En-gländer; dicse wurden von den Hol, ländern überfallen, und daraus vertrieben; zuleztbcach, ten es die Englander wied:r an sich/ nachdem sie jene gleichfalls überrumpelt hatten. Die steilen Höhen zwi, schen den Niederungen, in denen die Leute Z/ösiintheils wohnen , machen, daß man nur langsam und mit Mühe von einem Theile der Insel zum andern kommen kann. Die Pflanzer an der Südseite der Insel halten eine Reise nach der Nordseite, wo der Sitz der Regi.rung ist, für ein wichtiges Unternehmen. Etliche unter ih) nen machen bey dieser Gelegenheit dem Gouverneur ihre Aufwartung , welches man dort zuweilen " nach Hofe gehen" heißt. Es giebt Ansiedler in St. Helena, welche nicht so weit gereißt sind. Gegenwärtig hat der Gouverneur Signale durch die ganze Iistl eingeführt, durch welche man sogleich Nachricht erhalt, wenn sich Schiffe nähern, es fty woher es wolle. Da St. Helena in dem Fahrwasser der aus Indien und China nach Europa segelnden Schiffe liegt, so dachten die Vorsteher der Ost- I. Comp. darauf, diese Insel in solchen Stand zu setzen, daß man hier, besonders auf der Heimreise Erfrischungen und Bequem, lichkeiten fände. Dies hat keine kleinen Unkosten erfo, dert. Ehe die Insel bewohnt war, soll sie kaum etwas anders von selbst hervorgebracht haben, was dem Fahrt nach St. Hcw gen Seereise mit den mehresten Artcn von Erfrischung gen zu versehen, deren sic benöthiget sind. Die lezte-rcn/ wenn man die Reisenden und Mannschaften der hier ankernden Schiffe rechnet/ «nachen oft eine sogrosse Anzahl aus, als alle Einwohner zusammengenommen. Die vornehmsten Offiziere, die Reisenden, und die Kranken bleiben gemeinigilch auf dem Lande, so lauge ihre Schiffe hier verweilet,. Wirthshäuser giebt es nicht/ aber jedes Haus nimmt Fremde auf, welche man wahrend ihres Aufcn!l>',lrs behandelt als ob sie zur Familie gehörten. Für die Bequemlichkeiten, wcl< chc der Wüth den Gasten verschaft, ist cinc maßige Vergütung festgesetzt; dcncn, welche aus dcn Schissen bleibcn , laßt man frisches Fleisch und Gemüse, welche nach langer Seekost so angenehm als gesund sind, um festgesetzte Preise zukommen. Man versorgt sie auch Mit Wasser und Holz für die übrige Reise. Im Jahre 1794 hatte sich die Insel »och nicht lange von einem grossen Unglücke erhohlt. Dieselben allgemeinen tlrsat chen, welche die Dürre in St. Iago verursachten, wie im ersten Theile erwähnt worden, breiteten ihren vtr, 666 Han-tschll-flt. verblichen Einfluß, vermuthlich über das Atlantische Meer aus, und thaten in St. Helena ungemeinm Schaden. Man rechnete, daß dreytausend Stück Rin, der, aus Mangel an Futter und Wasser fielen. Diese Landplage dauerte drey Jahre wie an der Küste von Afrika, aber theils wegen der natürlichen Hülfsquellen Hes Landes, theils wegen der Ansialten der Regie, rung, wurde sie weniger in St. Helena gefühlt, als auf den Inseln des grünen Vorgebürges, und wie die Gesandtschaft dort war, konnte man fast keine Spur mehr davon entdecken. Die Thaler grünten nun wie, der, so wie die höheren Gegenden , welche nicht zu sieil waren, um die Nasse, womit sie erfrischet worden, zu behalten. Die Gärten waren überall wo man sie angelegt hatte, zum grossen Vortheile der Eigenthümer gediehen. In denen der Besatzung wuchsen yin< längliche Gemüse, sowohl für die kranken als gcsun, den Soldaten. Zu diesem Ende verstattete der menschene freundliche Gouverneur, welcher aus Vergehungen Nu< zen fürs gemeine Beßte ziehen wollte, daß Soldaten, die etwas verbrochen hatten, ihre Strafen mit Arbeit im militärischen Garten ausbüssen durften. Etliche Obstbäume, die man in die Insel einge-führt hatte, waren von einer gewissen Inseckte zerstört worden ; man giebt aber zum Anbaue derer , wel« che dieses schädliche Thier nicht anzutasten pflegt, Aufmunterung ; so zieht man den AMbaum mit allen ' Fahrt nach St. Helena; Bemerkungen:c 667 seinen Unterarten. Die zwey Arten der Musa kommen auch vorlreflich fort. Der Boden ist fruchtbar und bringt manchmal, wenn das Jahr gut ist, zwey Ernd-ten. Aber Baumwolle , Indig und Zuckerrohr wollen hier nicht treiben, wiewohl man einigen guten Kaffee erzeugt hat. Beym Landhause des Gouverneurs ist tin Botanischer Garten angelegt / für desscn Besorgung die'O. I. Compagnie einen geschickten Gärtner hierher gesandt hat; auch findet man hier schon eine überaus mannigfaltige Sammlung von Bäumen, Pflanzen und Blumen, aus verschiedenen und oft entgegengesetzten Himmelsgegenden. Die umgebende See liefcrt eine Menge schmackhafter Fische, und man.hat an den Km sien siebenzig besondre Arten, mit Einschluß der Schildkröte, gefangen. Walisische werden sehr häufig um die Insel gesehen, und man glaubt, der Wallfischsang würde hier zu grossem Vortheile der Nation getrieben werden können. Der Landbau wird hauptsächlich durch Schwarze verrichtet. Sie wurden als Leibeigene von den ersten Europaischen Ansiedlern hierhergebracht, und man fin, det selten, daß sich Weisse zu gemeiner Arbeit herablast sen wollen, wenn schwarze Sklaven vorhanden sind, denen sie übertragen werden kann. Sie waren lange unter der unbegranzten Herrschaft ihrer Eigenthümer, bis man der O. I. Comp. vorstellte, daß diese Gewalt gemisbraucht würde, worauf man die schwarzen un, 668 Han-tschu-fll. ter den unmittelbaren Schutz der Obrigkeit versetzte, und allerley Verfügungen ihnen zu Gunsten traf, wos durch ihr Wohlstand und ihre Sicherheit ungemein viel gewonnen haben. Obwohl diese Verfügungen den Herren/ welche Sklaven hielten, anfänglich beleidigend gewesen scyn müssen, so haben sie doch ihren wahren Vortheil nicht geschmälert; drnu ehe sie eingeführt wutt den, verlor man, im Durchschnitte, alle Jahre zehn Sklaven auf jedes hundert, welche mit schweren Unkosten wieder ersetzt werden mußten, da sie sich hingegen nach der jezigen Verfassung von selbst fortpflanzen. Alles fernere Einbringen von Sklaven in die Insel ist verboten. Es giebt auch ausser den Leibeigenen, einige freye Schwarze. Da durch ihre Betriebsamkeit der Preis der Sklavenalbcit fiel, so nahmen etliche Sklavenbesis zer einmal an den freygelassenen Schwarzen Aergerniß, und halten Einfluß genug, sie in einer grossen Jury so abzuschildcrn , als ob es ihnen an Mitteln zum Brodi erwerbe fchle: weswegen sie auf die lezt dem gemeinen Wesen zur Last fallen müssen; allein bey der Untersuchung fand sichs, daß alle Schwarzen, welche alt ge, nug waren zu arbeiten, sich wirklich aus eine oder die andre Art beschäftigten, und daß seit etlichen Jahren keiner von ihnen weder eines Verbrechens angeklagt worden, noch wegen seines Unterhalts der Pflanzung zur Last gefalkn war. Durch die menschenfreundliche Fahrt nach St. Helena; Bemerkungen tt. 669 Verwendung der Compagnie hat die Regierung sie nun« mehro unler ihren unmittelbaren Schutz genommen, und beynahe auf einen Fuß mit dcn andern fnpcn Einwohnern gesetzt, welche sowohl in peinlichen Fäls len als auch in bürgerlichen Händeln das Recht haben, von einer Jury gerichtet zu werden. ^ Wahrend die Schisse in der Rhede vor Anker lie« gen, und die Einwohner die Bedürfnisse derselben bey-zuschaun haben/ oder ihre Gaste bewirthen, und mit den Neuigkeiten beschäftiget sind, welche die Ankömm, linge aus der Fremde bringen , hören einstweilen alle unter ihnen obwaltende Streitigkeiten auf; wenn aber nach Verlauf der Zeit, wo Schisse ankommen, die Niederlassung geschäftlos wird, und nicht mehr über ferne Vorfalle zu sprechen hat, sollen innere Spaltun, gen zuweilen wieder erwachen. Allein um die Gemüther von Familienzwisten abzuwenden, sucht die Regierung ihre Aufmerksamkeit mit soldatischen Uebungen, hauslichen Erhohlungen und Schauspielen zu beschaft tigen. Die Hauptniederlassung auf St. Helena hat den besondern Vortheil, daß sie vor Stürmen geschützt ist, und doch hie Kühlung der Windseile genießt. Der Südostwind weht beständig in das Thal hinab, und macht, daß es eben so angenehm als gesund ist, dort zu wohnen. Der angebaute Theil der Insel ist so fruchtbar, und die Milde der Lust so wohlbehaglich, daß 6?o Han»tschu-fil. man vielleicht schwerlich einen Ort finden dürfte, w» Leute, die nicht an Weltvcrgnügungen hangen, oder bereits altern und derselben überdrüßig sind, ihre Tage in grösserer Gemächlichkeit, Gesundheit und Zu, friedcnhcit hinbringen könnten. Die Berge an den Seiten dieses glücklichen Thals sind, so wie die zunächst der See, ausnehmend jäh, und man hat verschiedene Zickzacke zu machen, um hinan zu kommen. Es ist grausend von den Höhen aufs Meer hinab zu sehen. Ein unglücklicher Bootss knecht, erzählt man hier, welcher in seinem Frohmuthe von dieser Höhe auf das Verdeck seines Schifs , das in der Rhede gelegen, werfen wollen, habe den Stem von der überhangenden Iahe mit so unaufhaltsamem Schwünge geschleudert, daß sein eigener Körper davon ergriffen worden, und er gerade in den Abgrund Hins unter gestürzt sty. Während der Löwe jezund in zwans zig Faden oder hundert und zwanzig Fuß vor Anker lag, machte ein daranf befindlicher Matrose, welcher aus den Sandwich Inseln gebürtig war, etliche kühne aber glückliche Versuche. Er sprang öfters vom Rande des Schifs ins Meer, nach Silberthalern, die man in dieser Absicht hinein geworfen hatte. Er fieng sie auf, ehe sie den Grund erreichten, weil sie wegen ihrer platten Oberflächen, so zitternd und schwankend her« absanken, daß er sie bald erreichen konnte. Man sah ihn sogar zwey Thaler, welche zugleich, einer vom Fahrt nach St.Helena; Bemerkungen lc. 671 Vordertheile des Schifs, und einer vom Hindertheile herabgeworfeu wurden , auf einmal erHaschen. Ueber, Haupt zeigte er in allem ausserordentliche Flinkheit. Er ließ manchmal zwey Europäer zu gleicher Zeit Speere nach sich werfen/ die er, so bald sie ihm nahe kamen, entweder wcgschleüderte oder ergriff. Diesen so übe« aus gewandten Mann fand der Ritter Erasmus Gotver in der Republikanischen Brigantine Amelin, als er sie nahm. Er bcgab sich, dem Anscheine nach, willig an Bord des Löwen, vermuthlich weil das Schis grösser war, konnte aber, ungeachtet er schon etliche Monate darauf verweilt hatte, noch kein Wort Englisch, eben so wenig wie französisch, und vielleicht wußte er nichts von den Machten, denen er gedienet hatte, noch daß sein Oberherr jezt ein anderer sey. Er hatte ein offenes Gesicht, und keine unangenehmen Züge ; auch war er von heitrer freundlicher Laune. Waren seine Geisteskräfte eben so wie die seines Kör< pers geübt worden, so dürften die ersten möglicherweise eben so ausgebildet gewesen seyn wie die lezteren: denn muthmaßlich soll der Mensch seiner Natur und Orga«f Nisatlon nach alle andre Thiere in beyven übertreffen. Als die Flotte gehörige Erfrischungen eingenoms men halte, um die Reise fortsetzen zu können, obschon der Mundvorrath wegen der vorhergehenden Dürre seltner und theurer war, so segelte sie am ersten Inly aus St. Helena. Die Conroy wurde durch die Schisse 672 Han-tschu-fu. Samson und Argo verstärkt ; ausserdem stiessen noch drey Indienfahrer aus Bengalen, zwey aus Bombay und ein Walifischfanger aus der Südsee zu ihr. Die Abweichung der Magnetnadel war um diese Feit in St. Helena scchszeyn Grade sechszchn Minuten nach We< sten, da sie wahrend der zehn vorhergehenden Jahre um zwcy Grade weiter gerückt war. D>e Flotte simerte Nordwestlich nach dem Aequa, tor zu, und durchsegelte ihn im 24sien Langengrade wieder von Greenwich. Der Süd - Ost oder Passat, wind dauerte von St. Helena nicht nur bis zur Linie, sondern auch bis 12". N. B. wo die Schiffe etwa zehn Tage lang durch eine Windstille aufgehalten wurden. Endlich erhob sich der Wind von Norden her, und nachdem er in Osten bald hier bald dort gestanden hatte, wchete er nach und nach stet von Süden und Westen. Immittelst giengen einige aus dem Gefolge der Gesandtschaft an Bord des Indienfahrers Ceres, um einen sogenannten Seestuhl zu erproben, der nach eis nem Muster verfertiget worden war, welches der Rite ter Joseph Senhouse dem Collegium der Geograph. Lange vorgelegt hatte. Ob sich das Schis gleich ziem, lich bewegte, so änderte der Stuhl doch seine wag« rechte Lage nicht, und man konnte ferne Gegenstände mit dem Telescope sehr bequcn» im Auge behalten Ob Fahrt nach St. Helena; Bemerkungen tt. 67? Ob ein solches Instrument je die Vollkommenheit erreichen werde, daß man die Trabanten des IuplterS mit einem Fernglase in allerley Wetter darauf beob, achten, und aus ihren Verfinsterungen und Erhcllun, gen die geographische Länge berechnen kann, dürfte billig bezweifelt werden, da bis jezt noch kein Mittel entdeckt worden ist, das Instrument so einzurichten, daß es bey schnellen Stössen des Schiss in zerschellten verworrenen Wogen, nie aus seiner wagerechten Lage gebracht werde. Indeß kann ein solcher Stuhl in leib, lichem Wetter bey solchen Beobachtungen von wesent, lichem Nutzen seyn, und muß auch in den bewegtesten Wellen die Observation mit einem Sextanten erleich, tern, welche, ausserdem, wenn man nicht recht geübt Und gewandt ist, unter dergleichen Umstanden keine geringen Schwierigkeiten hat. Am 21 July sah man Nordöstlich.eine Flotte in der man bald eilf Schiffe zählen konnte, worunter fünfe von beträchtlicher Grösse schienen. Diese hattem sich von vorn in eine Schlachtlmie geordnet, und steuerten auf die Convoy zu, während die andem Schiffe beylegten. Sofort bildeten die drey Kriegs^ schiffe Löwe, Samson und Argo eine Schlachtlinie vorweg, und die Kauffahrer wurden befehliget sich unter dem Winde zu halten. Da die geheimen Gig» nale nicht beantwortet wurden, so glaubte man es Zweyter Band. U u 6/4 Han>tschu«sll. mit einem Feinde zu thun zu haben. Das Wetter war sehr neblicht, und eine grosse Wolke, welche Regen herabgoß, senkte sich zwischen die bcydkn Flotten, so daß eine die andere mehrere Minuten lang nicht sehen konnte. Sie waren vorher nicht weit von einander gewesen, und da sie gerade Flotte gegen Flotte steuer, ten, so erwartete man alle Augenblicke daß das Treft sen mitten im Nebel und Regen beginnen würbe. Man räumte daher im Löwen alles was im Wege war, auf die Seite, und warf manches über Bord. NichtS blieb auf den Verdecken zurück als Pulver, Kugeln uud Canonen. Die Stücken auf dem untern Verdecke wurden zu den Pforten hinaus gerückt, und die Trommel rief jedermann an seinen Ort/ wohin sich alle sogleich ver, fügten. Die Aerzte stiegen hinab in den Verbindeplatz, welchen insgemein die Canonenkugeln nicht erreichen, um für diejenigen Sorge zu tragen, welche etwa im Gefecht verwundet werden möchten. Die Reisenden sollten sich stellen, wo sie es für gut befänden, aus, genommen ein Knabe, den sein Vater, welcher anwe, send war, zu einer solchen Lage für zu jung hielt, und ihn deswegen mit den Wundärzten in den Verbinde« platz hinunter senden wollte. Der junge Mensch stellt« sich zwar nicht gleichgültig bey dieser Gefahc, konnte aber den Gedanken nickt ertragen, daß er sich ihr entt ziehen sollte, indeß sein Vater blos gestellt war, und bat daher ernstlich um Erlaubnis bey ihm zu bleiben. Fahrt nach St. Helena; Bemerkungen lc. 675 Aber dieser Streit, zwischen Zärtlichkeit und Kmdef« liebe war bald entschieden / als der Nebel sich zer, streute / und die Schisse näher kamen, welche man sogleich alle für Englische erkannte. Es waren In, dienfahrer unter dem Geleite des Kriegsschisses ^i-Kance das die neu ausgegebenen Signale hatte, welche dem Ritter Erasmus Gower noch nicht mitgetheilt won den waren / so daß er sie nicht kennen konnte. Die nach England steuernde Flotte segelte mit veränderlichen Winden, und setzte ihre Reise nicht sehr geschwind fort. In der Mitte Augusts kam sie bey den Azoren vorbey, wo das Spanische und Por, tugiesische Schif sich von ihr trennten, und gerade nach ihren eigenen Küsten zu steuerten. Am zweyten September, wo die Flotte Irlands Südliche Küste erblickte, sprach sie auch mit einem Dänischen Schiffe, welches von einem Geschwader sieben Französischer Kriegsschiffe angehalten worden war, denen des Ritter E. Gowers weit schwächere Schiffe, vor wenigen Tagen, wie die Berechnung zeigte, so nahe vorüber gesegelt seyn mußten, daß nur ein paar Meilen dazwischen waren. Als er sich nachgehends dem Englischen Ca, Nale näherte, kostete es ihm Mühe sich genugsam im Süden der Scillg Eylande zu halten, und dann der Strömung zuwiderstehen, welche die Schiffe nach Norden zu treibt, wovon der Major Rennal die Ursachen am siebt. Im Brittischen Canale Nachts den fünften Scp- 766 Han-tschüs member wurbe die Convoy mit einem male durch den Anblick einer zahlreichen Flotte grosser Schiffe, mit aufgespannten, vollen Segeln, beunruhiget, die ihr grade entgegen steuerte. Es war die grosse Flotte des Grafen Howe. Der Sturm tobte bey düstrer Nacht. Waren solche Schiffe, in ihrem pfeilschnellem Laufe, auf die kleinern gestossen, so würden die lez:ern weit mehr dadurch gelitten haben, als durch ein feindliches Seetreffen. Doch griffen blos die Master und Raaen einiger Schisse aneinander, welches beträchtlichen Schae den that. Folgenden Tages ankerte der Löwe im Hafen zu Portsmouth / wo der Gesandte sammt den andern Reisenden ans Land gieng, nachdem sie beynahe zwey Jahre abwesend gewesen waren, während welcher der erstere die Befriedigung gehabt hatte, seinem Vater, lande in einer eben so'neuen als schwierigen Lage zu dienen' Die Auftritte und Gegenstände, welche der Gesandtschaft vorgekommen waren, liessen in den Gee mütheru vieler dazu gehörigen Personen einen angei nehmen und dauerhaften Eindruck zurück, den sie mit keinem der vorigen Begebenheiten ihres vorigen Lebens vergleichen konnten. 67? A n h a n g. i. Tafel, vender Bevölkerung und Grösse des eigentlichen Chinesischen Reichs/ bis an die grosse Mauer. In runs den Zahlen nach Tschau? ta, dschins Angabe txstimmt. Provinzen. Bevölkerung. cn Meilen. Engl. Akres. Petscheli - 38,000,000 58,949 37,727,360 Kiang > nan / Z 2/000,020 92,961 59,495,040 zwey Provinz? Kiang- si — IY/O0O O00 72/176 46,192,640 Tschekiang — 21,000,000 39,150 ,25,056,000 Fo^tschtn — 15,000/000 53,480 94,227,220 Hupc Huquang 14,000,000 144,770 92,652,^02 Hu» nan — lg,000,000 Ho - nan 25,000,000 65,104 41,666-560 Schan'tung 24,000,000 65,104 , 41,666,56a Schan,st- 27,000,000 55,268 35,371,520 Schen»si- 18/000,000 154,008 98,565,120 Kan, su - 12,000.000 Se,tschwcn 27,000,000 166,30a 126,752,00a Canton — 21,000,000 79,456 50,851,840 Quang - si — 10,000,000 78,250 50,280,020 Vu-nan — 8,000,000 107,969 69,100,160 Koei <> tschu. 9,000,000 64.554 41,31456c» 333,000,000 l 5,237,9^ i 8)0,7^60 6/8 Anhang. Einnahme der kaiserlichen Schatzkammer in Peking, auS den Provinzen des eigentlichen Chinas. Von demselben. Provinzen. Tehls,oder Unzen, Silber. Zusammen (Tchls.) Maasse Reis und anders Get«vde. Bevöl, terung Milli, onen. Petscheli 2,520,000 Land 437,000 Salz 7y,ooo aw dere Taxen. 3,036/000 Keine Klang? nan 5,200,000 Land 2,120/002 Salz yiQ/QooTaxe 8,210,000 1,440,000 32 Kiang, si i,9Ov,c>Qc> Land 22O,ocx> Taxe 2,120,000 795,000 Tsche- kiang Z,IQQ,OOQLaNd ^2v,cxx) Salz 190,000 Taxe 3,810,000 l 780,000 21 Feilschen l,iio,oo«3Land 87/QQoSalz za/OQvTaxe 1,277,000 Keine 1? Hu,pe Hu, nan l,goo,oookand 10,000, Taxe i,z 10,000 100,000 14 Hu s quang l/Z 10,000 Land 35/OooTaxe l,345, ooo 100,000 Anhang. 679 3,200000 ganb i3.ooo^a^Č 3,213/000 230,000 ©cOantung 3/44O/OOo£ant>' 130^00 ©alj 30.000 Jaye 3,600,000 360,000 24 en 640^000 £ant) 30/Oco £fl£e 670,000 fitint €an * ton 1,280,000 ganD 50,000 ©alj 10,000 £ 50,0006015 30,000 £ajrc 500,000 Io §>u*twm 210,000 £ont 310,000 220,000 g 120^000 JanD 10,000 8,ocx> 56 Der Tao:quen , ober Gou verneur von mehr als ei, ner Stadt der erstenOrd, nung und von den unter sie gehörigen Herrschaft ten. 3,ooc> 253,000 184 Der Fwquen, oder Gom verneur blos von einer 149 IZQ5 Stadt der ersten Orb, nung, und von ihren Zu-behörden. Der Kiu/quen/ oderGou^ verneur einer Stadt vom zweyten Range. Der Sien,quen ober Gou» vernmr einer Stadt vom dritten Range. Der Siwdschu, ober Vor, steher der Gelchrsam, keit und der öffentlichen Prüfungen. — 117 Der Cho < tao, oder allge< meine Aufseher. 8ac, Z,ooc> 149,00» l,c> 62 Der Tsunping— — 2,402 148,8ao 121 Der Fusien — — l, 30a 157,30«, '65 DerTschamsien— — 800 132,00a 373 DerDschiu,fi— — 600 223, 8os 425 Der Taut,se — — 40c? 170, Ooo 825 Der Ssjau, fu — — I2o 264, QQc» 168a Der Sien/sun— — 160 268,800 3622 Der Pa, sun — — 130 47c>,87c» 44 Die Korn und Provisions, lieferanten, vom ersten Range, genannt Sifau sun. 320 14,080 Die Korn und Provisions, lieferten vom zweyten Range/ genant Siensun. 160 52 80a >l, 974,450 Anhang. 68? V. Ungefährer Ueberschlag, des Chinesischen Wehrsiandes. 1,000,000 Infanterie, monatliche Löhnung: zwey Unzen Silbers oder zwey Tehls, mit Einschluß der Provisionen. — — 800,000 zu Pferde, monatliche töhnung vier Unzen , mit Ein schluß der Zehrung. — Wenn 800,002 Pferde, jedes zu 20 Unzen genommen, 16,000,000 Tehls kosten, so wird der jährliche Verlust, wenn man ihn zu io pro Cent ansetzt, betragen — Des Jahrs einmal Monluren für l,8OQ/Qoo Mann, jede zu vier Tehls angesetzt — — Ausbesserungen, ober neue Artickel an Waffen /Zubehör, Zufällig, keilen u. s. w. auf jeden Mann ei, nen Tehl gerechnet. — Tehls. 24000,000 38,400,000 l, 600,000 I, 200, 000 l, 8, 000 Transport- Zusammen 73,000,00» -1,974,45«, 74,974,45" 634 Anhang. Aus, und Einfuhr der Engländer und anderen Europäer, nach und von <5l>lna. Vor etlichen Jahren führte die O. I. Comp. in ihren Schiffen jahrlich kaum über 120,000 Pfund an Englischen Gütern nach China auS. Der Privathandel betrug beynahe eben so viel. Die Bilanz für Thee und andere Güter wurde in Silber bezahlt. Seit der Communikationsakte ist die Ausfuhr nach und nach ani gewachsen, aber lange noch nicht so sehr, als es ge, schehen könnle. Im Jahr 1792 wurde an Bley, Finn, wollenen Zeugen , nebst Pelzwerk und andern Artickeln, die man Privatleuten überläßt, beynahe für eine Million Pfund Sterl. Waare in sechszehn Compagnieschiffen aus England nach Canton geführt. Die Bestellungen von wollenen Zeugen betrugen fur das darauf folgende Jahr allein 250,000 Vf. mehr als in dem vorhergehen, den. * Was im Jahr 1794 aus China nach England eins geführt wurde, betrug auf der Stelle über 1,500,000 Pfund ausser Fracht und andern Unkesien, und brachte vermuthlich mehr als 5,000,000 Pf< ein. Der rechtmäßige Handel aus den brittlschen Be< sitzungen in Indien nach Canton im Jahr 1792 belies. sich beynahe an sieben Millionen Pf. Steil./ ausserdem Opium, wovon fast für 250,000 Pf. verstohlener weise eingebracht wird. Die rechtlich gelandeten Güter be, Allhang. HZ)- stünden auS Baumwolle, Zinn, Pfeffer, Sandelholz, Elfenbein und Bienenwachs. Im Jahre 1792 wurde aus Canton für nicht mehr als 330,000 Pf. Waare nach Indien eingfschift, so daß eine ungemein grosse Bilanz zu Gunsten Indiens blieb/ welche mit klingender Münze ausgeglichen wird. Für Indien handelt man vornehmlich rohe und gezwirnte-Seide, ordinairer und kandirter Zucker, Tutenag, Alaune, Porzalän, Kampher, Nanking, Quecksilber und Turmerik, ein. Die andern Europäischen Nationen hatten im I. 1792 überhaupt für 220,000 Pf. Güter nach Canton eingeführt, und von dort für mehr als 600,000 Pf. hinweggenommen. Unter den eingebrachten Sachen befanden sich viel brittische Manufakturen. VI. Angabe des Thees, welchen fremde und Englische Schiffe aus Canton nach Europa geführt haben. Das Verzeichnis der ersteren ist aus den Tagebüchern ge, nommen, welche von den Englischen SuperkargoS nach England geschickt wurden: das der lezteren aus den Fakturen sicher angekommener Schiffe. 68s Was von China alljährlich ausgeführt wor, den bis zum März. 1772 1773 1774 1775 - 1776 - 1777 - 1778 - 1779 -l78c> - Mittelzahl v. 9 Jahren. Anhang. Fremde Schisse. Pf. Thee. 8 befrachtet mit 9,407,564 ---------- 13,652,738 ---------- 13,838,267 ---------- 15,652,934 ---------- 12,341,596 - " 16,112,02c» ---------- 13,302,665 > 11,302,266 ---------- 12,673,781 11 12 i5 12 13 15 11 10 107 Schisse. Pfund: ,18,783,811 12 — Pf. 13,198,201 Den besten Nachrichten zufolge welche man hat einziehen können, verbrauchen die fremden Nationen Emopens jährlich an Thee höchstens 5,500,000 Pfund- Nach Grosbrittanien und den darunter gehörigen Ländern müssen zum wenigsten durch Schleichhandel eingebracht werden seyn 7,698,201 Pfund. Die Europäischen Ausländer verzehren höchstens 5,500,00» Pfund' Grosbrittanien und die dazu gehörigen Länder verkaufen wenigstens 13,338,140 Pfund. Mithin wenn man 700,000 Pf. auf jedes Schis rechnet, so wurden bestandig 38 grosse Schisse zum Handel mit China gebraucht werden, da hingegen oben nur 8 angegeben find, welche gröstentheils klein waren.—Eine Flstte segelte aus, wenn die andre heim kehrt. In dem obigen Anschlage ist der Thee nicht mit eingerechnet, welcher von Privatleuten theils mit, theils ohne Erlaubnis nach Europa gebracht wird. Man Weiß aus guten Handen, baß Englische Schiffe öfters loan bis 3000 Klsten Thee durch Schleichhandel ein, geführt haben, wie auch, daß fremde Capitäne sehr Anhang. 687 Englische Schiffe Engl. und Fremde Schisse zusammen befrachtet mit Pf. Thee. Pf. Thee. X3----------k 8/733 176 8 ---------. 3/762,594 4 ---------- 2,095,424 5 ---------- 3/3?4'4i6 % ---------■ 5'549/oS7 9 ---------• 6,i99283 7 ---------- 4/311,358 5 ---------- 4,061,830, 28 ----- 22,119,847 24 ----- 22,385/914 20 ------- I7,6OO/86I 19 ------- 17/748/358 17 ------- 16,176/01* 21 ------- 21,661,087 24 ------- 19, sol/948 18 ------- 15.613/624 15 ------- 16,735^11 86 — «Pf. 169,543^62 21 — SPf. 18/838/140 79 ©d)iffe. tPfunD. 5^/759/45l 9 — $Pf. 5/639^939, 688 Anhang, viel Thee mitzubringen pflegten, womit sie entweder zur See Schleichhandel trieben, oder den sie/ wegen der grossen darauf gesetzten Strafe, in die See werfen mußten. An 1000 Kisten durch Schleichhandel einge, führten Hyson Thees verliert der Staat mehr als 20,000 Pf. Sterl. Aus folgender Angabe sieht man , was die O. I. Comp. zehn Jahre lang alljährlich von verschiedenen Theearten, im Durchschnitte vom März 1773 bis Sep, tember 1783 jährlich zu verkaufen pflegte: Hierzu ist der Privathandel, welcher unbedeutend war, nicht ge? regnet. Bohea - — — 3,o75,3 z.b.^ imPf. b. 8. 25imPf. Ersparnis Pf. S. P. EinegewöhnlicheFaml'lieverbrauchtdesJahrswenigstillsi5Pf.Bohea—2.7.pr.Pf.also 1.18. 9. Abzug der Taxenzulage — — io. 6. Die Familie erspart mithin nach diesem Plane jahrlich — 1. 3. 3. Ane gewöhnliche Familie verbraucht jahrlich wenigstens?). Pf. Bohea. Sch.2.P. 7. pr.Pfoder 1.18. 9. Abzug der Taxenerhöhung — — 1^. Hierdurch erspart die Familie jährlich — — 1, 2. 9. Anhang. sy? Eine Mittelfamilie trinkt jährlich l2Pf.Congu und Si>,glo S. P. Ersparnis, erspart auf ein Pf. Congu 4.4.«'. S. P. d°. ^. Smglo 3.6.»'.l2.Pf.z n.pr.Pfod.2.7. 7. il. 2. im Durchschnitte 3 11 5». Hyson 3. Pf. S. 6. P. 8. l. - - 25. Pf- 3. 7. Abzug der Haustaxe. 1. r. Nach diesemPlanewird die Familie ersparen Pf. 2. 6. S. P. Pf. Sterl.S. P. d°. 8 Pf. Congou und Ginglo — »» das Pf. zu 3. ii< 1. ". 4» lmd 8 d". Hyso« -. 6. 8. — 2. 13. 4. 4. 4- 8. Abzug der Haustaxe. i. n 6. Die Familie wird nach dem vorgeschlagenen Plan erlpas ren jährlich — 2. 13. 2. Eine gewöhnliche vornehme Familie wird jahrlich auf 16 Pf. Hyson ersparen - -" St.S.P. das Pf. zu 6. 8. oder — -. ^ 5. 6. 3. Abzug der Haustaxe »» 2. 2. — Die Familie erspart jährlich nach diesem Plane 3. 4. 8. Eine gemmeine begüterte Familie 24 Pf, Hyson das Pf zu Schil. 6 P. 8 oder 8 Pf. Stl. Abzug der Haustaxe — — — z 12 Durch diesen Plan wild die Familie jährlich ersparen 4 io Die Einwohner von 286,296 Häusern zu Schil. 10 P. 6 taxirt sparen jährlich 28 3 überhaupt 404,39) Pfund. d". --- 211,48; --- l6 Q --» 22 9--- 240,561 --- d°. --- 38,324--- 21 0 .--- 46 Q --- 88,145 --- d°. ----- 25,919 ----- )i 6 ----- 53 2 — 68/9QI —> d°. ----- 67,652 ----- 42 0 -— 64 8 ---- 218,741 ---- d". — 52,423 — 70 0 — 90 0 — 235,813 — Es ersparen die Einwohner von 682, 077 Häusern, die in England und Wales taxirt sind 1,256,554 Pf.Stl. d°. — 317, 923 b". nicht taxirt in b°. — -^ — b°. — — d°. — w Schottland und Irland u. s. Nk 694 Anbana. Anhang. 6yf Obgleich in diesem Plane angenommen worden, daß jährlich nur iZ Millionen Pfund Thee verbraucht we« den, so hat man dock grosse Ursache zu glauben , daßiF bis 2o Millionen Pfunde wirklicher Thee getrunken Werden würden, wenn er in leidlichem Preise stünde: denn es ist hinlänglich bekannt, daß des Jahres viele Millionen Pfunde Eschen, Schlehen und andre Blätter gefärbt und für Thee verkauft werben, ob es gleich in drey Parlamentsakten, nehmlich in den Jahren 1724, 1730, und 1776 , verboten worden ist. Fast in allen» Hausern des Königreichs trinkt man Thee ; aber auch die, welche keinen trinken, werden mehr Vortheil geniessen, als die erwähnte Taxe betragt. Denn sic werden ihren Theil an den drey Vierteln des Prosits auf die grössere Menge Thee haben, welche die O. I. Comp. absetzt; es wird ihnen mit zu gute kommen, daß eine sehr beträchtliche Summe Geldes jährlich im kande bleibt , welche gegenwärtig an Ausländer für widerrächtlich und verstohlen eingebrachten Thee bezahlt wird; endlich wird die Nation durch den Bau und die Ausbesserung einer grossem Menge von Schiffen, durch die Anfertigung von Masten, Segeln, Tauwerk, durch die Bcyschaffung von allerley Schifsbedürfnissen , und auch durch die Anstellungen von mehr als 2400 neuen Matrosen, gewinnen. In dem Grade, als Schiffarth, Handel und Gewinn der Engländer zunehmen; müssen. 696 MM. wenn man diesen Plan ausführt, Verkehr und Profit bey andern Nationen in Verfall gerathen. Nothwendige Anmerkungen zu dem f^lanc der Abschaffung de,s Zolls und der Accise von dcm Thee, y?clchcn die D. IComp. einführt. Die Unterzeichner der Assecaranzen auf Lloyd's Caft ftehaufe wissen sich nicht zu erinnern daß ein ausländisches Schiff, welches von China nach Europa ge« segelt, von 1772 bis l/83, verloren gegangen wäre; mithin, sind die oben angegebenen Quantitäten Thee von den fremden Schiffen gewiß nach Europa gebracht lporden.. Höchsiwahrscheinlichc Berechnung der Menge nähren und gcmachrcn Thees, welcher in GrosbriltanieN und Irland getrunkcu wird. Beynahe alle arme Leute in denManufiktursiädten und an den Seekusten trinken beständig Thee, wie auch der grössere Td^il der Einwohner fast in allen andern Städten und Dörfern, besonders aber alle höhere Stans de. Dcr ärmste vetbrauchr wöchentlich anderthalb bis zwey Unzen oder fünf bis siebenlhalb Pfund jährlich» Auf den Küsten von Dorsetshire, Devonschire, Corn« wall. u.s.w. können die Armen Dünnbier nicht erschwingen, und trinken daher verstohlenen eingebrachten Bohea Thee, ohne Zucker und mit abgcnohmener Milch vermischt. Diese Lcule, schon elend genug, würden es noch mehr Anhang, 697 werden / wenn man ihnen dies wohlfeile gesunde Gel tränk nehmen wollte. Nach Dr. Price ist die Menschenzahl fünf Millionen in England und Wales; nach dem Prediger Howlett 9 Millionen ; nach Edmund Burke sechs Millionen, oder etwas drüber. Gcfttzt nur sechs Millionen wäre die wirkliche Volksmenge und die Hälfte davon waren Kinder und Leute die keinen Thee trinken / welches g« wiß viel zugegeben ist, so blieben doch noch drey Millionen Leute, von denen zum wenigsten jeder sechsthalb Pfund Thee trinkt. Sonach würden 16/520.000 Pfund Thee in Engt land und Wales verbraucht, und 1,500,000 alljährlich/ besonders nach Irland, ausgeführt. 18/000,000 Pf. Thee. Es werden jedoch ausserdem noch etliche Millionen Pfund Thee jahrlich m Irland, Schottland und Westindien getrunken. Folgende Angabe, welche mir wichtig zu seyn scheint, kommt beynahe mit dem vorhergehenden überein. Thee, welcher alle Jahre aus den Waarenlagern der Compagnie für den Verbrauch im Lande gekauft Wird. —. — >» 4,5QQ>Qvc? Pf. Thee, jährlich , besonders nach Irland , ausgeführt ^ ^ — - 1,500,000 Pf. Thee, durch Schleichhandel eingebracht, und j« 6y8 Anhang. Dorsetschire, Devonsch, und Cornwall gemacht, ungefähr - ---- — — 4,000,000 Pf. Thee/ im Hampschire und Sussex/ etwa 3,000,000 Thee in Kennt — — etwa 2,000,000 Thee in Essex, Suffolk und Norfolk, etwa 3,000,000 18,000,000 Pf. Ausser den vorerwähnten 1,500,020 Pfunden, wers den in Irland, Schottland und dem Norden von England, wie auch in Wesiindien, noch etliche Millionen Pfunde darüber verthan : so daß alles was über 13,300,000 Pf. steigt, nachgemachter Thee ist. In den Jahren 1724 , 1730 und 1776 wurden Par, lamentsakte gemacht, vermöge, welcher alle die bestraft werben sollten, welche man überführt, daß sie Thee gestärkt oder geändert, oder daß sie aus Eschenblättern Schleenblättern oder Süßholz, vorgeblichen Thee gemacht halten. Vermuthlich hat« das Parlament da< wals starke Proben von dergleichen Misbräuchen in Händen, wenigstens könnte es selbige gehabt haben, oder kann sie noch erhalten. Im Jahr 1745 wurde «inem Ausschusse des Hauses der Gemeinen aufgetragen, den Schaden zu untersuchen welchen der Schleichhandel brächte. Der Ritter Stephanus Theod. Jausen gab den Bericht desselben mit Anmerkungen heraus. Ges genwärtig herrscht dieses Uebel gleichfalls. Die Schaz-kammer lasse nur die Zoll, und Accisebeamten in Gros, Allhang. 6yy brittanien einen Anschlag machen, wieviel fi? glauben daß wahrer und gemachter Thee des Iabrs in ihren Sprengeln verbraucht werde, ferner wie viel Leute wohl Thee trmtm mögen, und was ihnen sonst noch für Bei obachtungen dabey nöthig scheinen; dann wird sichs vermuthlich ausweisen, daß sie mit meiner Berechnung übereinstimmen. Wenn die Englander drey^ehn Millionen, oder mehr, Pfund Thee einführten, und eben so viel um gej ringere Preise verkaufen, wie der Plan anrath, so würden Ausländer in demselben Grade weniger einbringen können, und das Geld, welches man ihnen leiht, würde den Englander für Anweisungen auf Eng-land um vi?l weniger Disconto als jezt geschieht, be< zahlt wcrden. Die erstaunlichen Nnkosien in Indien müssen bald aufhören, und man kann hoffen, daß, wenn ge, hörig verfahren wird, die Einkünfte, sammt der gei wohnlichen Ausfuhr von England, nach Anschaffung der Schifsfrachten und Versorgung der andern Nieder, lassungen, nicht nur hinreichen werden einen Theil der Wechselschuld in Indien abzutragen , sondern auch 5OQQ0Q Pf. nach China jährlich zuschicken. Wenn der Preis des ungemünzten Silbers in England so hoch bleibt wie er jezt ist, und das aus China zu remittirende baare Geld so schwer auszutreiben ist, daß es wahrscheinlich nicht langer als dieses Jahr (1783) 720 Anhang. dauern wkb / so könnte die Compagnie ein Theil ihrer Chinesischen Frachten gegen Scheine aufnehmen. Sobald die Bill paßiert ist, sollte man «n der Stille ttn Schif nach China mit Verhaltungsbefehlen an die Superkargos schicken; desgleichen einen Botschafter über Land nach Bengalen, Madras und Bombay, mit B" fehlen, China mit so viel baarem Gelde und Gütern als möglich auszuhelfen, ohne Wechsel zuziehen, wie» wohl auch unter gewissen Umstanden gegen Wechsel. Folgendes sind die Kosten der aus China gefühtt ten Waare von 1773 bis 1782 jahrlich, den Dollar zu 5 Schil. 3 p. oder der Tehl zu 7 Schll. 3 p. gerechnet« 6,ovo,ooo Pfund Bohea. 3,ooO,oc>c> — Congou. ZQo,QQo — Sautschong. 3,Q,O00 — Single. 700,000 —' Hyson. 13,000,000 Pf. — 722,245 Pf. Sterl. H,oc»a Pikols rohe Seide, der Pikol(das ist 125 Pfund) 275 Tehls — —' 200,000 Pf. Strk Ho 000 Stück Nanking — — 3,100 — — Chinesisches Porzelän und Sago für 20 Schiffe — — — 2c»,c,c»c» Pf. — Kosten aufWaaren für die Facktorey 945,345 Pf. ^- . Und für St. Helena — — 54,655-------' Angelegtes Capital auf ein Jahr 1,000,000 —> AlchänH. 70 l Diese Artikel können mit Vortheil vermehrt werden. Jährliche Ausfuhr von Europa nach China, ungefähr — — — iaa,ooc» Pfeffer aus Benloolen nach China 20,000 Baumwolle, Sandelholz u.s.w. aus Bombay nach d«. — — 30,000 Geftzt Bengalen schikte in Friedenszeit baar - ^ ^_ 500,000 Pf.St. Ferner Wechsel und Certifikate für 350,000 — 1/000,000 Von dem Thee, welcher 1783 und 1784 theils angekommen ist, theils noch erwartet wird, vorausgesltzt aller bestellte Thee komme an, bleiben nach einem kleinen Verkaufe im März 1784 folgende Quantitäten. Bohea i2,340>oQa Pf. oder2jahrlicherBedarf Congou 6,640,000 ober 2 d°. — s Jährlich zu Souchong 380000 oder 1 3/4 Iahrd". l 13,000,000 Singlo 5.260,000 oder 1 3/4 Jahr d<>.j Pf-gerech, Hyson — 880,000 oder i 1/4 Jahr d«. I. Es steht zu erwarten, daß 25,500 000 Pf. Thee in England vor dem September 1784 noch nicht abgesetzt seyn werden, welche 13,000,000 Pf. aufs Jahr zurechnen , beynahe bis zum September 1786 excluse hinreichen möchten: daher, wenn >auch ein betrachtlicher Theil nicht vor 1785 ankäme, so würbe er doch nach Zeitlich genuF eintreffen. 702 Atlhtlllg. Vermuthlicher Verkauf. Quantität. . Voller Ertrag. Preis, nach Abzug,Die anftdem. für 2 » /der abge setzt > Bohea 6,000,000 Pf. das Pf. zu 1 S. 10 p. 550,000 1 8 ^- das Pf. ^werbe Men> Congu z,000/000 »» 28 400,000 2 5 ^- — d^. -^ ? a Sauchong 300.000 — ) 6 52,500 3 3 2^ ^ dv. — 42 Singlo z,000.000 — 36 525,000 3 3 2i_ ^ d d". — 5 bis 7 1,737,500 Pf. Sttrl. 13,000000 Pf. 112,937 -------------Difconts 6l/2 pro Ct. 1,624.563 Im Durchschnitte 2 Vch. 6 p. aufs Pf. Anhang. 70? Koste», auf die Einsuhr, berechnet nach Mittelzahlen von 10 Jahren bis aufs Jahr 1782. Der Silberthaler zu Sch. 5 P. 3 oderdesTehlszu 7 3 Zölle, wie sie im Jahr 1783 waren 27 Pf. ia p.pr.Cent. Fracht und Wartgeld — 28 Pf. aufjedeTone. Kvsten auf Waaren — 5 Pf. pro Cent. Der Ertrag des Verkaufs von loIahren elns ins andre gerechnet bis Sept. 1782. 3«8 59« Pf. Sterl. Nach Abzug des Disconto 976,366 Pf. 293,670 — — -« — ^ 194,100 —. — ». — — 48 800 — — - — - 845,160 — — ». ». »^ 131,206 oder 4 und 1/8 pro Cent Profit aufs Capital. 976,366. Ertrag des Verkaufs von 13 Ml. Pf. Thee nach anger« thenen Preisen: nach Abzug desDisconto 1,624 563. Kosten von 13 Millionen Pf. Thee nach denselben Preisen, und Berechnungen wie oben 722,240 Pf.St. Zoll frey « - - o Fracht und Wartegeld die Tonne Pf. 28 425,400 Kosten auf Waaren -» Pf. 5 pro Ceneo8l,2oo 1,228,840 Profit ». - - - 395,72; yder 12 und i/3 pro Cent aufs Capital. 1,624,563 704 Anhang. Wenn die Einkünfte und der Handel mit Ausschlüsse des Thees, 8 pro Cent betragen, so würde der Profit auf den Thee also vertheilt styn: Die Compagnie das Publiciren, Auf das Capital — 32,800 98,400 d«. ^ — 66,125 193,375 d°. -^ - 98,925 296,774 Profit vom Verkaufe eines Jahres jetzt - - Pf. iz i,20a — 4 Pf. 1/4 pro Cent. 13,000,000 Pf. mehr —264,500 — 8 Pf. l/4 -- Profit von Sterl. 13,000,000 Pf. Thee/-395,700 12 Pf. 1/3 — Wenn der ganze Profit aus dem Handel und den Einkünften vom Thee erforderlich scyn sollten eine Dis videndc von 8 pro Cent für die Eigenthümer zu machen, die Wcchsclschuld auf 1,500.000 Pf. herabzusetzen, die einzelnen Contraktschulden der Compagnie abzutrae gen, und wenn das Publikum sich gefallen lassen sollte aller Theilnahme zu entsagen bis diese Zwecke erreicht find, so wird die Compagnie, zu diesem Behufe den Profit der Extraquantität erhalten, welche vermuthlich vom 1 Sept. 1784 bis zum 1 März 1788 verkauft wer« den wird, und sich auf 915,000 Pf. bcläuft. Sollte das Pfund von jeder Art Thee, den Bohea ausgenommen, 6 »ence mehr beym Verkaufe einbringen, ci.s im Plane Anhang. 70s Plane angesetzt ist, welches wohl geschehen könnte, so würde der Profit jährlich, 175,000 mehr betragen, oder mobiger Zeit — 525,000 1,450,000 Pf. Wenn der Thee nach dem Vorschlage verkauft wird, dürfte er vermuthlich bis zum i März 1788 eintragen 5,690,000 Pf. D". d«. nach der gewöhnlichen Art 3,420,000 Pf. Abzug der zu bezahlenden Taxen 1,030,000 Pf, 2,390,000 Pf. Man könnte mehr a!s gewöhnlich erhalten bis zum ersten März 1788 —^ 8,300,000 Pf. Vermuthlich wird bis zum 1 März 1788 mehr als angenommen werden , bezahlt worden nehmlich: Für Fl-acht und Wartegeld von 32 Schiffen, die im Jahr 1787 mit dem Ueberschusse von Thee ankommen können. - - - 700000 Pf. Impreß auf 20 Schiffe in den Jahren 1786 und 1787 '-» - ^ — ° 40,000 Pf. 740,000 Pf. Für Wechsel zum Einkauft d?r Extraqu^titatThee. der im Jahr 1785 ankommen kann? diese würden zufallig seyn ungefähr im Ilmy 1786 — 350,000 Pf. D". d°. in 1786 in t>5. d°. in i?87 4>o>QOo Pf. 800,000 Pf. Zweyter Band. P y 70s Anhang. Waarenkosien auf diesen Thee — ioo Qoo Pf. 1,640/020 Pf. Würde denn vermuthlich auf den 1 März mehr als beym bisher gewöhnlichen Verkaufe des Thees bleiben I,6ÜO/0O0 Pf. Wenn das Pfund von allen Arten Thee, Boheaauss genommen, für 6 pence höher abgesetzt werden sollte, als in diesem Planeist angenommen wordeu; so wird eben, falls übrig bleiben - - 525,000 Pf. 2,185,200 Pf. M. Richardson. Ostindisches Haus. Den 14 Sept 1733. Hieher folget die Tabelle N". VII. pag. 707. Anhang. ?<>z VIII. Uebersicht der Güter und des ungemünzten Silbers, welche von der Ostindischen Comp. vom Jahr 1775 bis 1795 ins Land aus China eingeführt worden . Jahre. EnglischeGü Ungemünztes Zusammen tcr besonders Silber. genommen. wollene ZeuF. ! ! 1775 99,11? 99/liz 1776 107/848 88,574 196,422 1777 116,281 116,281 1778 lc? 2,694 102,694 1779 104,846 104 846 1780 107,482 107,482 i78l 141,734 i4i,734 1782 lc)6/l2) 106,125 1783 120,085 120,082 1784 177,479 177,479 '785 270,110 704,253 974,363 1786 245,529 694 961 940,490 1787 368/442 6^6,369 995333 1788 401,199 469,408 «70,607 1789 470,480 714,233 l,i84,7l3 1790 541,172 ,------------. 54i,t?2 1791 574001 377,685 951,686 1792 630,219 680.219 1793 760,030 760,030 1794 744,140 —^— 744,140 1795 670,459. -------. 670,459 Pf. Sterl. 6,909,468 3,676,010 l°,585,478SK 709 Anhang, IX. Zahl der Schiffe, welche von 1776 bis 1795 aus China angekommen sind; nebst ihrem Gehalte an Tonnen nach der Angabe ihrer ErHauer. Zahl Tonnen der nach An< Schiffe, gäbe der j776 — 5 — 3/951 *] 1777 — 8 — 6/310 1778 - 9 - 7/211 1779 — 7 ~ 5<429 1780------------—■ 1781 - 17 ~ i3>ff7 1782 — 9 — 7-090 1783 — 6 — 4,928 _ 1784 — ?3 — 10.347 ' 178? — 14 — H/103 J 1786 — 18 — 14/465! 1787 ~ 28 — 2o,9f 4 " 1788 ~ 29 — 21,77f 1789 — 27 — 20,663 1790 — 21 — 18/091 1791 — 25 — 19,964 1792 — 11 — U/454 579? — 16 — 14:171 1794 - 18 - i7/4s9 i79r — 21 — 20,244 „ 8 Jahr,48,476 Tonnen 6,059 un Durchschnitte. 'Etliche davon sollten im 1.1780 angekommen seyn. Wahrend dieser Zeit nmrden > i7,3l2,484PfundTl>eea.!f"em '^stel, Lande a« Europa aufgtt ! kauft. Hier ist dasSckifMars,wek ches unwcitMarqatc scheiterte, nicht mit eingerechnet. 9 1.164,774 Tonnen 5 18,308 im Durchschnitt. c in dl^s^nI.wurden 3,212,225 ^ Pf. Thee auf dem festcn Lande ^ von Europa gekauft. In den lezlen Jahren waren viele Schiffe sehr groß^ und hatten mithin mehr Tonnen. Anhang. x. 71V Thee, welchen die O. I. Comp. seit dem Anfange der Commutationsakle im Jahr 1734 dew 1 Sept. bis zum 1 März 1797, mit Einschlüsse des Privatverkehrs, abgesetzt hat: verglichen mit dem Verkaufpreise und den zu entrichtenden Zöl>en von denselben Quantitäten vor diese«? Akte, desgleichen was dem Könige an Zoll auf den Thee, seit dem 1 Sept. 1784 bis zum 1 März 1797 abgegeben wordcn. Nerkauspreise von derCommnt.Akte, mit Einschluß der Mf, Bohea 47,861,460 Pf. verkauft für 3,878,942 — 4 Cch. 33/4 p. — 10,322,127 Congou 83,72l,233 ------------ 13,357,902 — 6 — 101/4------28,685112 Sauschang 13/633,013 ------------ 2,809,727 — 8 — 7/8------5,502,928 Singlo 51,212,761 ------------. 7,i9975i — 6 — 81/2------17,177,614 Hyson 19,865,218 ------------ 5,568,721 — 11 — 105/3------11,805,322 " 216,273.635 Pfund. 32315,041 Sterl. 73 491,079 Pf.St. Taxe hierauf------------ 4,832,189 Pf, Sterl. 7ll Anhang. Völlige Kosten des Verkäufers 37,647,23V Bilanz zum besten des Publikums 35,847,849 ln 14 1/2 Jahre, welches im Durchschnitte jährlich 2,471,988 (*) Pf. St.macht. Würde nach dem alten Preise und Zolle gekostet haben — 73,491,079 Pf.Sterl. Königlicher Zoll vom Thee, welcher seitdem 1 Sept. 1784, wo die Commutationsakte ihren Anfang nahm, l,<6 t»nl 1 War< i7<)7 verkauft worden ist. (" Diese ober eine ahnliche Summe muß jährlich theils an Fremde für waliren Thee theils an die Verfettiger des vorgeblichen T>)<">'' szahlr worden sepn, weil der Einkauf des Thees sich Nicht vermehrt hat. Vom 1. Sept. 1784 bis zum l März 1785 — 130,174 Vvm 1. Sept. 1785 ------ 1786 — 292,19z 1786 — — 1787 — 314/945 1687 1788 — 316,646 ------- 1788 ------- 1789 — 3°/,3l7 ------- 178Y ------. 1790 — 326,817 1790 ------- i79l — 340.17c) .------ 1791 ------- 1792 — 344,239 ' 1792------- 179z — 351,710 —----- 1793------- 1794 --- 334/576 —.---- 1794 '------ 1795 — 380,805 ------- 1795 >------ 1796 --- 636,971 >—----. 1796 ------- 1797 — 7o5,572 4<8Z2,i89 Anhang. 7i5 Vom I Sept. 1784 bis zum I März !795 btt trug der Zoll 12 Pfund iv Schill pro Cent. Vom März -— 1795 bis — März 1796 —' 20 Pfund ic> Schill pro Cent. — — 1797 war der Zoll 30 Pfund Sterl. pro Centvon jedem Thee wovon das Pfund mit 2 Schill. 6 pence oder drüber bezahlt wird. ENDE. pag. 6l7 na. 3 sollen is Schiffe stehen. sH'/' 5/)<^?//55/-eN7^/. 6^ c 4^?^/^ V l I. Uebersicht des theils in Englischen, theils in fremden Schiffen von 1776 bis 1785 aus China geführten Thees. 607 G 1776 H 1777 -S 1778 H 1779 K i78c> H i78l Z 1782 ^ i73Z H »784 ^ '785 V H> V V O C Z V O __»_2 880,100 Preußische -^- — — — —-—"— — —— — -— — --—-— — — -2 3,329.800 Spanische -Summe der 12^.12,841,500 1^ 16,112,000 15 13,302,700 n 11,^02,300 10 12,673,702 10 11/725,600 5 7385,800 16 14 630,200,21 19,072,300 18 17,531,100 fremde Sch'ss?. , , ! ! « ! l EnglischeSchif 5 3,402,4158 5,673^434 9 6,392,7887 4 37-/02^-' Kc,l,cr 17 1,592,3,9 c) ^^.^^ ^ 4,133,29513 9,916,7601410583,628 des Plivachan5 17^^6,243,91521 21,785/434 24 19,695,488 18 15,674321 1012,673,70027 23.3 «3,419 14 14243531^22 18/768,495^34 28,989/060 32 28.114,728 1786 1787 '788 1789 l7'>c> 1791 1792 1793 ^794 i795 Genuesen - 4^,6,212,4001 1747,7002 2,890,9002 2.589000— ----- 1 1^91,3301/1/559,7301 756,130 3 4 578 100 2 2,0920002 2>4 4 179,600 5 5 106 900 z ,,32^,5002 2,0513303 2,9385302 2,4,7,2004 4,096/800 1 466,60a 1 382,260 3 1/728/900 1 292,100 1 294,300 2 442,100 4 784.000 2 1,540670 — -.— ——---—__-'-—,-—--- — --I 393.870 Summe der l 695.0005 1,181,8602 750,9004 1,188,80014 3,093,200 — - - 3 ,,363.2006 1,533,4007 1,974,«30 7 1,438,270 . ^^.«."- --— — — — 1 499300— ----- 3 743/lOQi 5.070 fremden Schiffe - -- ------2 313,400- ----- ,1 - - 3 40:- - - i Enaliscke" ^- ------------- 1 260- - - 2 578930 2 289,470^ 17,460 VchiffemltEin-!l3 tb,16,410,900 14 11,347/020 15 14.323,900 ,5 11.064,700 21 10,267,400 10 3,034 660 12 6,294 930 19, 9,4^3,200 12 5,436.930 14 5 577 200 schluß dcs Pri 18 iz 480,691 27 20,610,919 29 22,296,703 27 « oi4l,745?2i 17,991 032 25 22,369 620 11 13,185 467 16 16 005 414 18 20728,705 21 23,733,810 vathandels. ^ ^.29,391,691 4» 31,957,939 44 36.425 603 42 3i,2°6,445'42 28 258,432 35 25,404.280^23 9,480,397 3s 25,408.6 4 zo 26,165.635 35 29,311,010 HppNNDlX. lfut. Dle meyresten dttser fremden Schtssen legelttu nach China, ehe dle CommutatlonSaltt paßlette, welche im September »784 ms Werk gerichtet wurde. ^M^ 5^5