Nr. 772. II. 1874. Kirchliches VcràmM-àtt für die Lavanter Diöcefe. Inhalt: I. Erklärung der österreichischen Erzbischöfe und Bischöse über die dem Reichbrathe vorgelegten, die Kirche betreffenden Gesetzentwürfe. — II. Reskript der Congregatio sacr. Rituum, betreffend die Nuptial-Messe. — III. Ministeri«! Erlaß, betreffend die Eheschließungen der Ausländer, insbesondere der italienischen Staatsbürger in Oesterreich. — IV. Milde Sammlungen für die durch eine Feuersbrunst verunglückten Bewohner des Ortes Kammern im Bezirke Leoben. — V. Diöcesan-Nachrichten. 1. Erklimm^ der österreichischen Erzbischöfe und Bischöfe über die dem Reichsrathe öorgelegte», die Kirche betreffenden Gesetzentwürfe. Am 2. Mai 1872 haben neunzehn Erzbischöfe und Bischöfe, welche der Zustiinmung ihrer zu Wien damals nicht anwesenden Amtsbrüder vollkommen sicher warnt, gegen die Aufhebung der mit dem heiligen Stuhle geschlossenen Vereinbarung im Namen der Gerechtigkeit, der Kirche und der Gesellschaft, Verwahrung eingelegt. Der an das Herrenhaus gelangte Gesetzenttvurf .über die äußeren Rechtsverhältnisse der katholischen Kirche, bringt in seinem ersten Artikel folgende Bestimmung: „Das Patent vom 5. November 1855 ist seinem vollen Inhalte nach aufgehoben." Da dieses Patent es war, wodurch die vereinbarten Festsetzungen zum Staatsgesetze erhoben wurden, so soll denselben nun die Grundlage des bürgerlichen Rechtes gänzlich entzogen werden; aber die Forderung der Gerechtigkeit ist dadurch nicht aufgehoben und ans sie berufen, wie am 2. Mai 1872, so auch jetzt, sich die Unterzeichneten. Die Rechte, welche bisher durch das Patent vom 5. November 1855 noch geschützt waren, erfahren durch den in Verhandlung stehenden Gesetzentwurf mehrfache beklagenswerthe Eingriffe, und es werden in demselben nicht einmal jene Befugnisse geachtet, welche das Gesetz über die allgemeinen Staatsbürgerrechte der Kirche zuerkennt, wenn anders die Selbständigkeit in Verwaltung ihrer inneren Angelegenheiten, die der 15. Artikel ihr zusichert, nicht ans ein leeres Wort hinauskommen soll. Allein den innersten Kern des kirchlichen Lebens bedrohen die Grundsätze, bei welchen die Rechtfertigung jener Anträge gesucht wird. Ohne Zweifel ist der Motivenbericht nicht bestimmt, Gesetz zu werden; doch er ist die den Anträgen von Amtswegen beigefügte Erläuterung: von derselben keine Kenntniß zu nehmen, kann daher den Bischöfen, für deren Amtsbereich der Entwurf Gesetzeskraft erlangen soll, keineswegs gestattet sein. Sie haben seit Gründung des Reichsrathes über die Rechte und Aufgaben der Kirche sich schon fünfmal gemeinsam ausgesprochen, nämlich am 6. Mai 1861 und am 28. September 1867, in an Seine Majestät den Kaiser gerichteten Adressen, am 30. Mürz 1868 und am 9. März 1869 in den Zuschriften an die damaligen Herren Minister-Präsidenten Seine Durchlaucht den Fürsten Karl von Auersperg und Seine Excellenz den Grafen Taaffe, dann in dem schon ertvährten an Seine Excellenz den Herrn Minister von Stremayr gerichteten Schreiben. Die Grundsätze, zu welchen sie sich in dieser Reihe von Kundgebungen bekannten, sind die Grundsätze der katholischen Kirche stets gewesen und werden es immerdar bleiben, 1 weil sie aus der Sendung und dem Zwecke derselben nothwendig hervorgehe». Die Unterzeichneten iverdc» zn jeder Zeit, und auf jede Gefahr hin, daran festhalten. Die Regierung eines kleinen Landes hat vor wenigen Wochen die große Wahrheit ausgesprochen, welche für das Verhältnis; zwischen Staat und Kirche maßgebend ist. Der Minister von Larisch bemerkte nämlich in dem Landtage von Anhalt: Der Staat habe auf das irdische Leben, nicht auf eine Sphäre einzuwirken, deren Zielpunkte im Jenseits liegen. — Kann man dem Staatsbürger die Pflicht auslegen zu glauben, daß er von dem Thiere nur der Stufe nach verschieden und die Religion im besten Falle eine schöne, mitunter sehr nützliche Dichtung sei? Die Regierung, welche zugibt, daß dies weder möglich noch U'iinschenswerth sei, gerüth mit sich selbst in Widerspruch, wenn sie auf allen Gebieten des Verlangens und Strebcns die höchste Gewalt in Anspruch nimmt. Man muß Gott mehr als den Menschen gehorchen! Vor der Macht dieses Wortes fiel das Heidenthnni, .wiewohl ihm ein Weltreich, dem bisher nichts gleich und nichts ähnlich war, beschirmend zur Seite stand. Allein der Christ soll Gottes Willen und seine ewige Bestimmung nicht nur höher stellen, als die Wünsche und Befehle der Menschen, sondern mich höher als die Begierde» des eigenen Herzens: deswegen hat das Christenthnm nicht nur die Götzenbilder gestürzet, sondern auch den christlichen Staat und die christliche Familie gegründet. In dem christlichen Staate gehorcht man der Obrigkeit selbst, wenn sie hart oder ungerecht verfährt, um des Gewissens willen: also mich dann, wenn man ihr ungestraft trotzen könnte. Was für den Leib das Herz, das ist für die christliche Familie die christliche Ehe. Geweiht durch das Sakrament und befestigt durch das Pflichtgefühl, gebietet sie den wandelbaren Begierden, und die sittlichen Milchte, die bei ihr heimisch sind, wirken auch jenseits des Kreises der häuslichen Gesellschaft. Es.sind diese beiden Gründungen, welche dem Fortschritte, der zum Socialismns führt, das Christenthnm am meisten verhaßt machen. Wenn der Mensch den Beruf, hat, Gott über Alles zu lieben und sein Leben auf Erden der entscheidnngsvvlle Vorhof eines nimmer endenden Daseins ist, so versteht es sich von selbst, daß das Staatsgesetz nicht für alle seine Pflichten und Aufgaben die oberste Richtschnur sein könne. Allein eben weil der Christ ein Gesetz hat, welches mit den Farben der Gränzpfähle nicht wechselt, fühlt er sich im Gewissen verpflichtet, ans dem weiten Gebiete der bürgerlichen Rechte und Rechtsverbindlichkeiten die Staatsgewalt als die höchste anzuerkennen und ihr einen Gehorsam zu leisten, der außer dem Bereiche des Christenthumes ganz unbekannt ist. Wenn das Staatsgcsetz von den Christen Huldigung und Opfer für Roin's Götter forderte, so wiesen sie die Zumuthung mit Abscheu zurück; dagegen zahlten sie den heidnischen Kaisern unweigerlich Steuern und Gaben, fochten in den Heeren derselben als tapfere Krieger, zollten ihren Verordnungen in allen weltlichen Dingen unverbrüchlichen Gehorsam und blieben den Verschwörungen und Aufständen ferne, welche den Thron des Römerreiches so oft mit dem Blute der Imperatoren befleckten. Die heidnischen Kaiser hatten also über die Schranken, welche die christliche Ueberzeugung ihrer Herrschermacht zog, sich wahrlich nicht zn beklagen; wie sollte dies bei den christlichen Fürsten der Fall sein? Die Lehre von der Staatsgewalt, als der obersten, welcher jede andere untergeordnet sei, ist aus der Feindschaft gegen das Christenthnm, als eine ihrer würdige Tochter hervorgegangen. Sic ward aber nicht ersonnen, um den Glanz des Thrones zu erhöhen, sondern um einer Weltanffassung, die ihr Siegesfest über den Trümmern des Thrones wie des Altares feiern will, den Staatsbürger mit Leib und Seele dienstbar zn machen. Deswegen ist es eine Unwahrheit, wenn diese Partei die Staatsgewalt geradezu als die höchste verkündet: sie ist ihr dies nur in so weit, als dieselbe sich in ihren Händen befindet, oder doch ihre Wege bahnt und ihre Geschäfte verrichtet: womit die Regierung eines sehr mächtigen Staates sich soeben eifrig befaßt. Richtig ansgedrückt lautet der Satz: Dem Staate ohne Gott und König gebührt die höchste Gewalt: bis er fertig ist, gebührt sie Jenen, die den Ausbau der neuen Gesellschaft am kräftigsten fördern. Da es sich so und nicht anders verhält, würden die österreichischen Bischöfe ihrer Sendung ungetreu werden, wenn sie der Behauptung, die Souveränität, das heißt die oberste Gewalt des Staates, ftevcfcve sich auch auf die Kirche des Staatsgebietes, nicht mit voller Entschiedenheit entgegenträten. Diese Behauptung ist nicht allein unrichtig, sondern, wenn inan nicht von der Läugnung Gottes und der Unsterblichkeit ausgehen will, so gebricht ihr sogar die innere Folgerichtigkeit. Diese Behauptung muß jeder Christ, welcher die Tragweite derselben einsieht, als mit seiner Ueberzeugung unverträglich zurückweisen Aber die Männer, auf deren Banner die Abschaffung des Christenthumes geschrieben steht, weisen sie nicht minder zurück: denn nicht die jeweiligen Staatsgesetze, sondern die Grundsätze, nach welchen sie die Gesellschaft umstalten wollen, gelten ihnen als das Höchste und sie halten sich vollkommen berechtigt, Wühlerei, Verhetzung und offene Gewalt in Bewegung zu setzen, um die Einrichtungen und Gesetze des Staates ihren Plänen dienstbar zu machen. Ist dies gelungen, so gelten sie ihnen allerdings für unverletzlich und Wer denselben keinen blinden Gehorsam zollt, ist ein Aufrührer, ein Hochverräter. Indem also die Bischöfe für die oberste Gewalt, die der Kirche in ihrem Bereiche gebührt, die Stimme erheben, vertreten sie den Glauben an Gott und die Unsterblichkeit, das Chriftenthnm uns das höchste Gesetz der Frei-thätigkeit. Aber auch für die Zukunft des Vaterlandes stehen sie ein. Welche Prüfungen Oesterreich noch zu erfahren habe, wissen wir nicht: dies ist aber gewiß, daß Gefahr und Bedrängnis; in demselben Maße wachsen wird, als die Feindschaft gegen das Christenthum und die Tugenden, die in seinem reinen Lichte aufkeimen, auf den Staat und die Familie Einfluß nimmt. Ein laut redendes Beispiel bietet die neue Schnleinrichtung dar. Je genauer sie im Sinne ihrer Urheber durchgeführt wird, desto schneller entweichen aus der Schule Religion und sittliche Scheu, Gehorsam, Fleiß und Ordnung; überdies hat der Lehrer, der sich zum Sendboten der modernen Weisheit berufen glaubt, zum Unterrichte in den Anfangsgründen des Wissens weder Lust noch Geschick. Das Gesetz über die äußeren Rechtsverhältnisse der katholischen Kirche stellt zwar nirgends die Behauptung auf, daß dem Staate auch ans dem Gebiete der Kirche die oberste Gewalt gebühre; es enthält aber mehrfache Bestimmungen, welche nur vom Standpunkte dieser Ansicht aus sich als folgerichtig erweisen. Zum Theile beziehen sie sich auf Dinge, welche an sich betrachtet von geringer Bedeutung sind, so daß sich nicht abschen läßt,' welchen Vortheil die Regierung davon erwartet. Aber auch dann sind jene Verfügungen von Wichtigkeit, weil sie auf Grundsätze hindeuten, deren durchgreifende Anwendung den Bestand der Kirche in Frage stellen würde. Dabei überschreiten sie fast immer nicht nur die durch das Concordat, sondern auch die durch den fünfzehnten Artikel der Staatsbürgerrechte gezogene Grenze, weil sie fast immer die Selbständigkeit der Kirche in Verwaltung ihrer inneren Angelegenheiten gänzlich verkennen. Das bürgerliche Gesetzbuch sagt: „Einem Gesetze darf in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhänge und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet." Rechtskraft hat dieser Ausspruch freilich nur für die im bürgerlichen Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften: er drückt aber eine Wahrheit ans, die sich aus der Vernunft ergibt, und daher so weit als die Vernunft Anwendung findet. Innere Angelegenheiten einer Gesellschaft sind offenbar jene, welche sich auf ihre Mitglieder als solche beziehen. Dies gilt vom Staate, aber nicht minder von der Kirche. Die Staatsbürger haben gegen die Staatsgewalt und gegen einander Rechte und Verbindlichkeiten, welche denselben entweder als solchen zukommen oder aus den von ihnen übernommenen Aemtern und Verrichtungen hervorgehcn und Alles, was sich auf diese Rechte und Verbindlichkeiten bezieht, gehört in das unbestrittene Gebiet der inneren Angelegenheiten. So verhält es sich auch mit den Mitgliedern der Kirche in ihren Beziehungen zur Kirchengewalt und zu einander: die große Verschiedenheit, welche allerdings obwaltet, ergibt sich aus der Natur der Gegenstände, um die es sich handelt. Die Kirche ist gegründet, um durch Verkündigung der ewigen Wahrheit und Ausspendung der Geheimnisse Gottes die Erlösten zu dem, der sie erlöst hat, zu führen. Die Ansprüche und Pflichten Aller, die sie in ihren Schoos aufnimmt, sowie die besonderen Rechte und Verbindlichkeiten, welche mit den von ihr verliehenen Aemtern verbunden sind, erhalten dadurch ihre Eigenthümlichkeit. lieber diese Ansprüche und Pflichten urtheilen Jene, welche die Kirchenverfassung dazu beruft. Wenn also gelehrt, ermahnt, gebetet wird, wenn der Priester die Sacramente l* ausspeudet, wenn der rechtmäßige Borsteher die Erfüllung oder Nichterfüllung der übernommenen Verbindlichkeiten nach Maßgabe des Kirchengesetzes beurtheilet und in Folge dessen auf Entziehung der Kirchengemeinschaft oder eines kirchlichen Amtes erkennt, was geschieht dabei, wodurch der Bereich des katholischen Gemeindelebens überschritten würde, und wie könnte eine inner demselben liegende Angelegenheit den inneren nicht beigezählt werden? Für die Bedürfnisse des Gottesdienstes und die Erhaltung ihrer Diener kann auch die Kirche Gottes äußerer Hilfsmittel nicht entbehren und abgesehen von den Zeiten der Verfolgung ivard ihr gesetzlich erworbenes Vermögen sogar von den heidnischen Kaisern gegen Eingriffe geschützt. Allein cs liegt ihr ferne, die Zwangsgewalt, welche bei der bürgerlichen Rechtsordnung Wache hält, mit dem Staate theilen zu wollen; sie verlangt für ihr Eigenthnm blos den Schutz, der jeder zu Recht bestehenden Gesellschaft gebührt. Ohne Zweifel nimmt die Kirche durch die ihr obliegende Lehrtätigkeit auch ans die äußere Thätigkeit Einfluß: sie trägt ja ihren Kindern nicht blos eine Theorie der Pflichten vor, sondern sucht sie auch zu getreuer Erfüllung der erkannten Pflicht zu bestimmen. Wenn also die Staatsgewalt sich die Befugniß zuschriebe, Alles, dessen Wirkungen auch äußerlich wahrnehmbar sind, von den inneren Angelegenheiten ausznscheiden und in Folge dessen darüber willkürlich zu verfügen, so wäre der Kirche das Recht auf die ihr obliegende Wirksamkeit abgcsprochen: denn nicht sie, sondern die jeweiligen Träger der Staatsgewalt Hütten zu entscheiden, in tuie weit noch verkündet werden dürfe: Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit! Der Aufklärung ist dies eine verhaßte Rede: tuo sie aber die Herzen durchdringt, dort ist die Zukunft der Gesellschaft gesichert. Wie §. 1 in Folge der bisherigen Verhandlungen lautet, heißt es in demselben „die Staats-gesetze und die innerhalb derselben geltenden kirchlichen Vorschriften". An anderen Stellen ist der Ausdruck „Kirchengesetze" in „die im Staate geltenden kirchlichen Vorschriften" um geändert worden. Zwar gibt es einzelne Kirchengesetze, welche nicht in allen Theilen der christlichen Welt Geltung haben (das Hinderniß der Heimlichkeit hat in England und vielen anderen Ländern keine Geltung) und in diesem Sinne könnte man ivohl von den in Oesterreich geltenden Kirchengesetzen sprechen. Doch in der Fassung des §. 1 ist der beabsichtigte Sinn zu deutlich dargelegt, um einen Zweifel möglich zu machen. Die Kirchengesetze sollen inner dem Staatsgebiete eine Verbindlichkeit denselben nachzukommen nur in so ferne begründen, als sie durch das Staatsgesetz gutgeheißen sind, also gleichsam inner den Grenzen desselben liegen. Dadurch wird der Staatsgewalt offenbar das Recht zugeschrieben, ihr mißfällige Kirchengesetze außer Kraft zu setzen, das heißt die Verbindlichkeit, denselben Folge zu leisten, aufzuheben: sie vermag aber nichts, als zur Anwendung und Ausführung solcher Kirchengesetze ihre Hilfe zu versagen. Nimmt sie mehr in Anspruch, so muthet sie den Katholiken zu, mit den alten Sophisten zu sprechen: Das Gute ist nicht durch sich selbst, sondern durch das Staatsgesetz gut. Nein, das Gute ist durch sich selbst gut! hat schon Sokrates sammt allen besseren Heiden geantwortet. Es ist nicht sehr lange her, daß cs für liberal galt, die Trennung der Kirche von dem Staate anzuempfehlen. Jene, welche dabei keine für das Christenthum freundlichen Hintergedanken hatten, sind nun plötzlich anderer Meinung geworden: denn sie finden, das dadurch herbeigeführte Berhältniß wäre für die katholische Kirche viel zu vvrtheilhaft. Die Männer des sogenannten Rechtsstaates legen nämlich, wenn es die Kirche betrifft, niemals das Recht in die Wage, sondern stets nur den Nutzen, welchen sie für ihre Partei von der Sache erwarten. Die Kirche bleibt unberührt von den Strömungen der Tagesmeinung. Sie verkennt nicht, daß es Zustände gebe, durch die eine Trennung von Staat und Kirche nach Nordamerika's Vorbild zum Gegenstände berechtigter Wünsche werde; aber nicht in der Trennung, sondern in dem freundlichen Zusammenwirken von Staat und Kirche sieht sie das von Gott gewvllte, den Aufgaben der Gesellschaft entsprechende Berhältniß, und um jedes Mißverständnis; nach Möglichkeit ferne zu halten, hat sie den christlichen Fürsten auf die Auswahl der Vorsteher und Lehrer des christlichen Volkes einen weitgehenden Einfluß gestattet. In Oesterreich ist er durch die Vereinbarung mit dem heiligen Stuhle in seinem vollen Umfange aufrecht erhalten und sogar erweitert worden. Das apo- statische Schreiben vom 5. November 1855 verordnet ausdrücklich, daß einem Geistlichen, der feilte Seiner Majestät genehme Person fei, eine Pfarre oder andere kirchliche Pfründe nicht solle verliehen werden. Der Gesetzentwurf über die äußeren Rechtsverhältnisse der katholischen Kirche verfügt aber §. 6 vergl. 5 wie für die Canonieate so auch für die weltgeistlichen Seelsorgerpfründen: der Bischof habe im Falle freier Verleihung wie auch einer nicht vom Kaiser oder den landesfürstlichen Behörden ausgehenden Präsentation die dafür ansersehene Person der Landesbehörde anzuzeigen. Dieser stehe es zu, dem Bischöfe ihre Einwendungen unter Angabe der Gründe initzutheilen; werde Berufung eingelegt, so habe der Cultnsminister zu entscheiden ; werde binnen 30 Tagen keine Einwendung erhoben, so könne die Jnstituirung des betreffenden Geistlichen vor sich gehen. Diese Maßnahme wird auch ans die Verweser incorporirter Pfründen ausgedehnt, von welchen in dem apostolischen Schreiben vom 5. November 1855 nicht die Rede ist, und zwar ans gutem Grunde. Ihre rechtliche Stellung, auf welche hier Alles ankömmt, ist nämlich von der eines wirklichen Pfarrers wesentlich verschieden. Sie sind und bleiben Pfarrverweser, und können daher zu jeder Zeit entfernt werden, ohne daß sie sich über die Verletzung eines ihnen zuständigen Rechtes zu beklagen haben. Ferner ist durch gedachtes apostolisches Schreiben eine Anfrage bei der Staatsregiernng zwar nicht ausgsechlossen, allein auch nicht vorgeschrieben. Gänzlich unbekannt ist demselben die auf dreißig Tage angesetzte Frist, bis zu deren Ablauf auf die Aeußerung der Regierung zu warten ist. Die Unterzeichneten glauben nicht, daß die Besorgnisse, welche in dieser Verfügung sich kundgeben, durch das von der Pfarrgeistlichkeit bisher eingehaltene Benehmen gerechtfertigt seien. Ueberdies wird eine genauere Bestimmung der für den Einspruch anzuführenden Gründe durch die gegenwärtige Sachlage zu einer Forderung der Gerechtigkeit gemacht. Das päpstliche Schreiben erwähnt der stattgehabten traurigen Ereignisse und deutet dadurch an, daß der heilige Stuhl Geistliche im Auge habe, welche Seiner Majestät ans politischen Gründen mißfällig seien. Allein näher wird nicht darauf eingegangen, weil es im Jahre 1855 ganz undenkbar schien, daß der Eifer, womit ein Priester die Pflichten eines Seelsorgers erfülle, zu einer Einwendung gegen ihn Anlaß geben könne. Wie aber die Dinge nun stehe», kann cs geschehen, daß ein Mann, welcher seine Pflichten gegen die weltliche Obrigkeit auf das Treueste erfüllt, als Feind der Regierung verdächtigt werde, weil er in der Schule Glauben und Sitte zu wahren sucht, von der Lesung wühlerischer Tagesblätter abmahnt oder über die Civilehc Dasjenige sagt, was die Kirche seit den Zeiten der Märtyrer lehrt und die österreichischen Bischöfe saturni denen der ganzen Welt bezeugen und verkünden. Dies wäre eine Ungerechtigkeit, welche zu beabsichtigen der Regierung Seiner Majestät wohl ferne liegt. Daher ist es unerläßlich, zu verordnen, daß die Landesbehörde nur aus Gründen, die auf Thatsachen beruhen und sich auf rein bürgerliche und politische Dinge beziehen, eine Einwendung machen könne. Diese höchst billige Beschränkung enthält das päpstliche Breve vom 22. Junius 1857, welches der württembergischen Regierung das Recht zugesteht, ihr mißfällige Geistliche von Erlangung eines Beneficiums auszuschließen, und sogar das badische Gesetz fordert die Angabe des Grundes, aus welchem ein Geistlicher als in bürgerlicher oder politischer Beziehung mißfällig bezeichnet werde. Können die Unterzeichneten darauf zählen, daß die Regierung Seiner Majestät keine anderen Einwendungen erheben werde als solche, die thntsächlich begründet sind und rein politische und bürgerliche Dinge betreffen, so werden sie, so lange das apostolische Schreiben vom 5. November 1855 in Kraft verbleibt, sich ganz im Sinne desselben die Gewißheit verschaffen, daß der zum Pfarr-amte Ausersehene Seiner Majestät nicht mißfällig sei. Sich bei Bestellung der Pfarrer einer weiteren Beschränkung zu unterwerfen, fühlen sie sich nicht ermächtigt. Da auch von Einwendungen wegen Unsittlichkeit die Rede ist, so bemerken die Unterzeichneten, daß sie ihrer Pflicht, den Gemeinden nur würdige Seelsorger zu geben, sich vollkommen bewußt sind. Ohne Zweifel ist cs nicht unmöglich, daß sittliche Gebrechen des Anznstellenden ihnen verborgen bleiben, und ist die Landesbehörde in der Lage, sie darüber aufzuklären, so werden sie derselben zum Danke verpflichtet sein. Durch §. 8 wird von der Regierung das Recht in Anspruch genommen, die Entfernung eines Seelsorgers zu verlange», wenn er sich eines Verhaltens schuldig gemacht habe, das sein ferneres Verbleiben in dem kirchlichen Amte als der öffentlichen Ordnung gefährlich erscheinen lasse. Allein die Geistlichen unterstehen in Betreff von Handlungen, wider welche die Strafgesetze des Staates gerichtet sind, dem weltlichen Gerichte, und das österreichische Strafgesetzbuch ist ja nicht s o unvollständig, daß in demselben wider Jemanden, welcher durch sein Benehmen der öffentlichen Ordnung Gefahr brächte, keine Bestimmung könnte gefunden werden. Scheint es also der politischen Behörde, daß irgend ein Pfarrer durch sein Benehmen die öffentliche Ordnung gefährde, so steht es ihr frei zu veranstalten, daß er vor das Strafgericht gestellt werde. Die Maßregelung wirb auch auf alle zeitweilig angestellten Geistlichen ausgedehnt und zwar mit Einschluß der Hilfspriester, bei welchen das angedrohte Einschreiten keine andere Folge hätte, als daß der Pfarrer sich derselben bei den vom Staate ihm anvertrauten Verrichtungen nicht mehr bedienen könnte. Uebrigcns hängt die Versetzung zeitweilig angestellter Geistlicher von dem Ermessen des Bischofes ab, und wenn Schwierigkeiten entstehen, welche auf die seelsorgerliche Thätigkeit des Priesters störend einwirken, so kann dies ein Grund sein, denselben anderswo zu verwenden. Doch einer rechtmäßig erworbenen Pfründe darf kein Geistlicher ohne das durch das Kirchenrecht vorgeschriebene Verfahren entsetzt werden. Die Gegenseite erhebt, so oft es ihr zweckdienlich scheint, einen Jammerschrei über die Willkühr, unter deren tyrannischen Joche die niedere Geistlichkeit schmachte. Die halbamtliche Begründung des Antrages findet das Vorgehen der Bischöfe vielmehr zu gelinde. Allein die Regierung Seiner Majestät kann den Vorstehern der Kirche doch nicht zumuthen, die wider sie geschleuderten Verleumdungen wahr zu machen, indem sie ohne hinreichenden Grund ein Urtheil der Absetzung aussprechen! Der Heiland, dessen Diener wir sind, hat selbst und durch seine Apostel die Pflichten gegen die bürgerliche Obrigkeit deutlich verkündet. Wir wissen sehr wohl, daß der Seelsorger auch in dieser Hinsicht der christlichen Gemeinde durch Wort und Beispiel vorleuchten solle und in aufgeregten Zeiten doppelt verpflichtet sei, nicht zur Gefährdung, sondern zur Sicherung der öffentlichen Ordnung beizntragen. Allein zu solcher Zeit ist es nicht immer leicht, jeder ungerechten Verdächtigung auszuweichen. Wir werden, wenn solche Fälle Vorkommen, Eines und das Andere in die gewissenhafteste Erwägung ziehen. Wenn ein Katholik die Kirche verläßt, um zu anderen Religionsgesellschaften überzugehen, so hat er zwar aus der Gemeinschaft der Gläubigen sich bereits selbst ausgeschlossen; doch kann es vorzüglich bei einem Priester nothwendig sein, dein Aergernisse dadurch ein Gegengewicht zu geben, daß der Bann über ihn verhängt und so die Verwerflichkeit seiner Handlung der christlichen Gemeinde vor Augen gestellt wird. In Folge eines von dein Hause der Abgeordneten beschlossenen Zusatzes soll aber nach §. 18 von der kirchlichen Amtsgewalt nur gegen Angehörige der Kirche Gebrauch gemacht werden. Der Zweck ist offenbar zu verhindern, daß wider Katholiken, die ihrer Kirche untren geworden, der Bann ausgesprochen werde. Allein dadurch, daß man erklärt eine rechtmässig übernommene Verbindlichkeit nicht erfüllen zu wollen, ist man von derselben nicht befreit. Dies in Abrede stellen hieße so viel als das Vcrtragsrecht läugnen und die Bande der Gesellschaft lösen. Die Staatsgewalt mag erklären, daß sie die Pflichten, die man durch den Eintritt in die Kirche und den Empfang der Weihen übernehme, als blosse Gewissenspflichten betrachte, in deren Beurtheilnng sie sich nicht mische; aber daß dadurch gar keine Verbindlichkeit begründet werde, kann sie nicht behaupten. Selbst wenn man den Katholiken nichts als eine nothdürftige Duldung gewährt, muß man ihnen doch das Recht zugestehen, von der Wahrheit ihrer Religion überzeugt zu sein und daher den Abfall von derselben als eine verwerfliche Handlung anzusehen. Diese Ueberzeugung durch einen Spruch zu bethätigen» der im Staate nicht die mindesten Folgen hervorbringt, sollte selbst von protestantischen Regierungen ohne Anstand gestattet werden: loie kann die Regierung eines Landes, dessen Herrscherhaus sanimi einer so großen Mehrzahl des Volkes katholisch ist, dawider ein Verbot erlassen! Heber die Heranbildung der Kandidaten des geistlichen Standes wird zwar auf ein später zu erlassendes Gesetz verwiesen; bei der Wichtigkeit der Angelegenheit finden aber die Unterzeichneten sich bemiod; bestimmt, darüber einige Bemerkungen zn machen. Wenn irgend Etwas, so gehört doch die Heranbildung der Priester und geistlichen Führer der christlichen Gemeinde zu den innersten Angelegenheiten der Kirche. Wenn die Staatsgewalt wünscht, der Priester möge die erforderliche Bildung besitzen, so sind die Bischöfe mit ihr vollkommen einverstanden und haben sich deshalb in den Versammlungen von 184!) und 1856 bereit erklärt in die theologischen Studien nur Solche anfzunehmen, welche das Gymnasium mit hinreichendem Erfolge zurückgelegt haben. Doch für die Einrichtung der theologischen Studien must stets die Natur und der Zweck derselben entscheidend bleiben. Das Christenthum beruht auf der göttlichen Offenbarung. Die Offenbarung ist unnütz, wenn man über den wahren Sinn derselben keine Gewißheit hat; die Ueberzeugung, daß der Geist Gottes die Kirche bei Auslegung der ihr anvertrauten Offenbarung vor jedem Jrrthnme bewahre, wurde daher im ersten Jahrhunderte wie im neunzehnten als die unerschütterliche Grundfeste des Christenthnmes anerkannt. Der Lehrer der Theologie würde somit seiner Aufgabe ungetreu, wenn er von der durch die Kirche bezeugten Wahrheit abwiche. Der menschlichen Vernunft ist bei Entwicklung, Gliederung und Begründung der Kirchenlehre ein weiter Spielraum aufgethan und die Hilfswissenschaften der Theologie sind so reich und ausgedehnt, daß der fleißigste Gelehrte sie nicht zn bewältigen vermag. Doch es gibt eine Partei, welche von der wissenschaftlichen Theologie verlangt, daß sie eine unkirchliche sei, und dieser dürfen die Bischöfe auf de» Unterricht derer, welche sie zu Priestern des neuen Bundes weihen werden, nicht den geringsten Einfluß gestatten, Ueberdies gebietet die Wichtigkeit des Berufes, für welchen die Hörer der Theologie vorbereitet werdest, daß man dieselben zn getreuer Benützung ihrer Studienzeit anleite. Fast Alle treten nach Empfang der Weihen sogleich in die Seelsorge und sind daher sogleich berufen, das Saerament der Buße zu verwalten, das Wort Gottes zn verkünden, den Sterbenden beizustehen. Sie müssen also die Kenntnisse, deren man dazu bedarf, schon mitbringen: folglich ist es unerläßlich den Unterricht so zn ordnen, daß im Laufe der vier Jahre alles für den Priester und Seelsorger Unentbehrliche vollständig vorgetragen werde; es ist unerläßlich sich durch Prüfungen von dem Fortgange der Stndirenden zu überzeugen. Die Umrisse der theologischen Wissenschaft köitnen und sollen so dargelegt werden, daß sie den Empfänglicheren zu tieferem Eingehen anregen; mehr aber als eine Vorschule der Wissenschaft kann keine Facultät für ihre Hörer sein. Zudem sind für den Beruf des Priesters die entsprechenden Kenntnisse zwar nothwendig, aber nicht hinreichend: es muß die Kraft und Reinheit der Gesinnung hinzukommen, durch welche die Kenntnisse für den, der sie besitzt, und die Gläubigen, die er zu Gott leiten soll, fruchtbringend werden. Die Einrichtung der theologischen Lehr- und Bildungsanstalten ist hierauf berechnet. Daß sie ihrem Zwecke nicht entfremdet werden, ist für die Kirche eines Lebensfrage und die Unterzeichneten werden die Sache stets als eine Lebensfrage behandeln. •Wir beabsichtigen keineswegs in alle Einzelheiten des Entwurfes einzugehen: es ist die Wahrung der leitenden Grundsätze, welche wir vor Allem im Auge haben. Doch können die Festsetzungen, die er in Betreff des Patronates und des kirchlichen Vermögensrechtes enthält, mit völligem Stillschweigen nicht übergangen werden. Das Kirchengesetz unterscheidet folgerichtig zwischen dem Patronate über ein Gotteshaus und dem einer Pfründe; doch am tiefsten greift das letztere in das kirchliche Leben ein, weil es das Recht mit sich bringt dem Bischöfe einen Priester zn präsentiren, welcher wenn die Pfründe eine Pfarre ist, vielleicht die Seelsorge von mehreren Tausenden zu leiten hat. Den katholischen Gemeinden ihre Seelsorger zu geben, liegt aber offenbar ausser dem Gebiete der Staatsgewalt: mithin ist das Patronat ein von der Kirche verliehenes Recht und muß darum nach den Kirchengesetzen beurtheilt werden. Dagegen lag für den Staat ein dringender Anlaß vor, sich mit den Verbindlichkeiten der Patrone zu beschäftigen. Die Entstehung der dinglichen d. H. der an dem Grundbesitze haftenden Patronate reicht sehr weit zurück. Die Grnndherren nahmen hinsichtlich der Gotteshäuser und der Anstellung der Seelsorger Rechte in Anspruch, von welchen sie behaupteten, daß sie mit ihrem Güterbesitze verbunden seien. Als ihre Forderungen eine kirchenrechtliche Grundlage erhielten, so ergab es sich wie von selbst, daß auch die von brni Patrone zu tragenden Lasten als am Grundbesitze haftend betrachtet wurden. Daß die Inhaber dinglicher Patronate sich ihren Verpflichtungen nicht entzogen, war für die Seelsorge und die Pfarrge-meinde von Wichtigkeit und sobald die landesfürstliche Gewalt wieder erstarkte, wurden die dem Patrone als Rechtsverbindlichkeit obliegenden Leistungen durch Verordnungen festgesetzt. Ans dem Gesagten erhellt, in wie fern die Bischöfe der Staatsgewalt ein selbstständiges Verfügnngsrecht in Patronatssachen zugestehen können. Insbesondere muß daran festgehalten werden, daß der Bischof die Pfründen seines Kirchcn-sprengels frei zu verleihen hat, in so weit er dabei nicht durch ein rechtmässig erworbenes Patronatsrecht beschränkt ist. Das Kirchengut soll nach den Kirchengesetzen verwaltet werden. Sv >vill es die Gerechtigkeit, so will cs die mit dem heiligen Stuhle geschlossene Vereinbarung, so will es die der Kirche zugesicherte Selbstständigkeit in Verwaltung ihrer inneren Angelegenheiten. Daß dadurch der Staat an dem für ihn wünschenswerthen Einflüsse nichts verliert, hat die Erfahrung von achtzehn Jahren hinlänglich bewiesen und Alles, was in dieser Beziehung dem Staate und nicht blos den Kirchenstürmern zum Vortheile gereicht, kann inner dem Rahmen des Kirchenrechtes ohne Schwierigkeit erreicht werden. .So schreibt §. 54 nach der neuesten Fassung der Staatsgewalt das Recht zu: wenn sich mit Sicherheit annehmen lasse, daß ein kirchliches Vermögen zu seinem Zwecke nicht vollständig benöthigt werde, das Ueberflüssige anderen kirchlichen Zwecken zuzuwenden. Das Recht wird dadurch in Anspruch genommen, daß man statt: „im Einvernehmen mit dem betheiligten Ordinariate" gesetzet hat: „nach Einvernehmung des betheiligten Ordinariates." Kann die Staatsgewalt nachdem sie den Bischof gehört hat, jedes kirchliche Einkommen, das sie für überflüssig hält, jedem Zwecke widmen, der kirchlich ist oder von ihr für kirchlich erklärt wird, so ist der Willkür ein weiter Spielraum geöffnet. Ganz im Einklänge mit Billigkeit und Zweckmässigkeit verfügt das Kirchengesetz: eine Verminderung kirchlicher Einkünfte könne nur aus dringenden Gründen durch die rechtmässige kirchliche Obrigkeit vorgenommen werden. Ist aber das Vorhandensein des Ueberflüssigen so unbestreitbar, wie §. 54 voranssetzt, und stehen die Bedingungen der Stiftung nicht im Wege, so wird es wohl nicht schwer sein in der durch das Kirchengesetz vorgezeichnetcn Weise zu erwirken, daß darüber zu Gunsten eines anderen der Unterstützung bedürftigen kirchlichen Zweckes verfügt werde. Durch die Investitur erwirbt der mit dem Beneficium Beliehene das Recht die Einkünfte desselben zu beziehen. Da in Oesterreich die Einkünfte der ledig stehenden Benefizici! dem Religionsfonde gehören, so geht von der Verwaltung desselben die Uebergabe aus. Ist der Landesfürst oder der Reli- gionsfond Patron, so vertritt dabei die Staatsbehörde auch den Patron. Was die Regierungsvorlage §. 7 über die Einführung in den Pfründenbesitz vorschrieb, entsprach dem zu Recht Bestehenden; doch das Hans der Abgeordneten hat Aenderungen vorgenommen, die eine Erklärung nothwendig machen. Der kirchliche Obere verleiht wie das Kirchenamt so mich die mit demselben verbundenen Rechte in Betreff des Kirchengutes. Die Förmlichkeiten, mit welchen die Einführung in den Pfründenbesitz vollzogen wird, lassen gar manche Verschiedenheit zu; nur dürfen sie nichts enthalten, wodurch der Schein entstünde als ginge die Verleihung der das Kirchengut betreffenden Rechte von der Staatsgewalt aus. Sonst müßten die Bischöfe dawider als gegen einen Eingriff in das kirchliche Vermögensrecht Einsprache thun. Die Unterzeichneten bedauern den Ausdruck einer der katholischen Kirche feindlichen Richtung herausheben zu müssen. Die Ministerialverordnungen vom 20. Junius und 13. Julius 1860 über Veräußerung und Belastung des Kirchenvermögens erhielten Verordnungen über die Fälle, in welchen die genannten Rechtsgeschäfte der Genehmigung von Seite des heiligen Stuhles bedürfen. Der §. 51 des beantragten Gesetzes bestätigt diese Vorschriften mit einziger Ausnahme Dessen, was sich ans die Zustimmung des heiligen Stuhles bezieht. Dies hat ganz das Ansehen als wollte man dem Oberhaupt« der katholischen Kirche keinen Einfluß auf Oesterreichs kirchliche Angelegenheiten zugestehen. Darin läge aber eine Läugnnng der Kirchenverfassung, die in allem Wesentlichen auf göttlicher Einsetzung beruht. Das durch das Concordat begründete Verhältniß wurde mit der sorgfältigsten Schonung aller dem Staate gebührenden Rechte festgesetzt. Wenn man die Veränderungen, welche das Gesetz herbeiführen