Wahlspruch: Was wir begehrt« von der Zukunft Fernen« Sah Brot und Arbeit uns gerüstet stehen, Sah unsere Kinder in der Schule lernen Und unsere Greise nicht mehr betteln gehen. ©. Herwegh Televlion Nr. 2325. Der Scheckkonto 38.415 Cifenbahner Zentralorgan des Österreichischen Eisenbahn - Personales. Redaktion: Wien VA, Zentagafse Nr. 8. Redaktionsschluss: Zwei Sage vor dem Erscheinen de» Blatte». Sprechstunden sind jeden Tag mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage von 10 Uhr vormittags dir ty84 Uhr nachmittags. Jnsertionspreis: e oder deren i aftrag Rabatt. tzrscheint jeden U 10. und 20. im Monat. Die einspaltige Millimeterzeile oder deren Raum 14 Heller, Bei Iahrerauftrag Rabatt. Abonnements-Bedingungen: Halbjährlich..............................- Kr. 2-83 Ganzjährlich.............................. » 5-76 Für das Deutsche Reich ganzjährlich Mk. 6-—. Für das übrige Ausland ganzjährlich 9 Franken. Rr. 24 Wien, de« 20. August 1912. 20. gahrg. Sie Staatsbahnsinanzen und der bürgerliche kisenbuhnerverrat. „Hat sich die Lage der Staatsfinanzen und die Bilanz der Staatsbahnen im besonderen so gebessert, dah der Zeitpunkt gekommen war, um die restlichen 17 Millionen für die Eisenbahner flüssig zu machen? Diese Frage mutz entschieden mit Nein beantwortet wer-d e n." (Abgeordneter Heine in einem Zirkularartikel.) Je Weiter die Herren vom Natiönalverband imb die zu ihrer Verteidigung aufgebotenen Schriftleiter das groteske Bemühen fortsetzen, ihre gegenüber dem Antrag Tomfchik aufgeführte Verräterrolle zu verteidigen, desto klarer wird die ganze schandbare Erbärmlichkeit. ihres Verhaltens enthüllt. Vor ein paar Tagen erst las man die Prognose, die der Herr Heine, den die Nationalverbandspresse überall als den „sachverständigen Eisenbahnfachmann" aufmarschieren läßt, der finanziellen Entwicklung unserer Staatsbahnen stellte, und die in der unseren Ausführungen voran gestellten Behauptung gipfelte. „Die finanzielle Lage der Staatsbahnen ist heute genau so schlecht wie im Herbst 1911", so sagt Herr Heine, und es konnte schon deshalb den 17 Millionen-Antrag Tomschik von den bürgerlichen Parteien nicht zugestimmt werden. Und die übrigen nationalverbändleri-schen Schwätzer, immer so seicht und gedankenarm wie der andere — wiederholen wie dressierte Papageien zungenfertig dasselbe armselige Sprüchlein. „Es ist", wie der Dichter sagt, „keine Spur von einem Geist, und alles nur Dressur." Aber die kretinmäßigen Argumente werden nicht nur von der einfachen Logik widerlegt, dagegen sprechen jetzt auch die ziffernmäßigen Beweise. Vor ein paar Tagen veröffentlichte nämlich das Eisenbahnministerium so wie alljährlich den Bericht über die Ergebnisse der Staatseisenbahnverwaltung im Jahre 1911. Die Resultate, die daraus über die finanzielle Entwicklung entnommen werden können, verdienen im Zusammenhang mit der „sachverständigen" Meinung des Herrn Heine und im Zusammenhang mit der immer wieder gegen den 17 Millionen-Antrag ins Treffen geführten Bedeckungsfrage eingehend gewürdigt zu werden, weil sie zeigen, daß auch diese Ausrede leere und inhaltslose Windbeutelei war. Die Entwicklung unserer Staatsbahnen ist nämlich, wie der offizielle Bericht zeigt, auf dem besten Weg und die Staatsbahnfinanzen wären durch die 17 Millionen Kronen Mehrausgaben für das Personal nicht im geringsten katastrophal erschüttert worden. Der Betriebsüberschuß im Jahre 1911 hat 186% Millionen Kronen betragen und sich gegenüber dem vorangegan-genen Jahr um 32% Millionen erhöht. Im Jahre 1910 war noch ein Staatszuschuß von 95 Millionen Kronen erforderlich, der sich nach den vorliegenden Abrechnungen per 1911 nur auf 58 Millionen Kronen belaufen und somit um etwa 37 Millionen verringern wird. Der Besserung entsprechend wird sich das Anlagekapital der Staatsbahnen im Jahre 1911 mit 3 30 Prozent verzinsen, während sich die korrespondierende Ziffer im Jahre 1910 nur auf 2°76 Prozent stellte. Weit größer sind die Unterschiede zugunsten des Jahres 1911, wenn man die Ergebnisse des Jahres 1909 heranzieht, in welchem sich das Anlagekapital mit 1'75 Prozent verzinste und der Staatszuschuß sich auf 114 Millionen, der Betriebsüberschuß auf nur 68'8 Millionen Kronen belief. Daß diese Entwicklung eine konstante Aufwärtsbewegung darstellt, geht am besten daraus hervor, daß sich der S t a a t s z u s ch u ß, den die Staatsbahnfinanzen erfordern, seit dem Jahre 1909 ganz nennenswert und bedeutend vermindert hat. Er betrug im Jahre 1909 Milli 114.655 1910 o n c n K 95.356 tonen 57.936 Daß die günstige Entwicklung auch weiterhin anhält, beweisen die bisher ermittelten Ziffern der Einnahmen im ersten Halbjahr 1912. Bis zum I u n i hatten die Staatsbahnen gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres eine Mehreiunahme von 27 Millionen. Hiebei ist aber zu berücksichtigen, daß die Abrechnungen für die Zeit vom April bis Ende Juni erst provisorische sind. Nachstehend veröffentlichen wir eine Darstellung der Einnahmen der Staatsbahnen im ersten Semester 1912. Sie betrugen Gegenüber dem befinititien Erfolge im Jahre 1911 Millionen Kronen Im Jänner. „ Februar „ März . „ April , „ Mai . . „ Juni . . + 16 4'5 1-5 5-4 7-2 6-6 Insgesamt Jänner bis Ende Juni . . + 26-8 Die gesamten Transporteinnahmen der Staatsbahnen haben im ersten: Semester dieses Jahres 36CT2 Millionen Kronen gegen 338'4 _ Millionen Kronen derselben Vorjahrsperiode, also, wie schon erwähnt worden ist, um 26'8 Millionen Kronen ütehr betragen, wobei die definitive Einnahmenbercchnung aber erst bis Ende März gediehen ist. Wenn die definitive Abrechnung abgeschlossen sein wird, dann wird sich für das erste Halbjahr allein wohl eine endgültige Mehreinnahme von wenigstens 30 Millionen Kronen ergeben. Die Mehreinnahme des Jahres 1912 wird, wie man annimmt, wahrscheinlich 50 Millionen Kronen übersteigen. Da die Jahre 1910 und 1911 eine Steigerung von 108 Millionen Kronen ergeben haben, so würde die Einnahmenerhöhung der österreichischen Staatsbahnen in den Jahren 1910 bis 1912 die bedeutende Summe von rund 160 Millionen Kronen erreichen. Mit dieser Entwicklung gestaltet sich aber auch der Betriebskooffizient, über dessen Höhe fortwährend geklagt wurde, wesentlich geringer, da er eine sinkende Tendenz aufweist. Er betrug: 1903 Im Jahre 1910 r o z e n t 1911 87-48 79-60 7000 Im Lichte dieser amtlichen Ziffern besehen, wird also der an den Eisenbahnern verübte Verrat noch einmal in den schärfsten Konturen sichtbar, denn sie sind eine schlagende Widerlegung der Behauptung, daß die 17 Millionen Kronen nicht aufzubringen gewesen wären. Das Argument, das von der Regierung vorgebracht wurde, und das in allen nationalverbändleri-fchen und christlichsozialen Blättern und Versammlungsreden mit beharrlicher Dummheit wiederholt wird, bricht in seiner ganzen Jämmerlichkeit zusammen, wenn man der Rechnung ein klein wenig nachgeht. Der S t a a t s z u s ch u ß. der aus Steuergeldern für den Staatsbahnbetrieb zu leisten Ast, hat sich von 95 Millionen Kronen im Vorjahr auf.58 Millionen Kronen im letzten Berichtsjahr 1911 vsrpygert. Was wäre also geschehen, wenn das Haus den Arttrag Tomschik angenommen, und hie Regierung gezwungen hätte, budgetmäßig 17 Millionen Kronen mehr für die Eisenbahner auszugeben? Der Staatszuschutz würde sich in diesem einen Jahre um diese 17 Millionen erhöht, er würde somit anstatt 58 Millionen Kronen 75 Millionen Kronen betragen haben. Er wäre also noch immer um 20 Millionen Kronen geringer gewesen, als im Vorjahr, wo der Staatshaushalt, ohne daß sein Bankerott erfolgt ist, 95 Millionen zu tragen imstande war. Bedenkt man überdies, daß die vorhandene Besserung unserer Staatsbahnfinanzen, wie aus dem offiziellen Bericht ersichtlich ist, hauptsächlich auf die durch die wirtschaftliche Konjunk- tur bedingte V e r k e h r s st e i g e r u n g zurück-zufllhrcn ist, so kommt hiebei auch die größere A u s n ü tz u n g d e s P c r s o n a l s i n B e t r a ch t. das also wesentlich an der Sanieruung der Staatsbahn-finanzen mitgewirkt hat. Erwägt man, daß unser Staatsbahnbetrieb ja nur buchmäßig passiv ist, und daß in Wirklichkeit die Staatszuschüsse nur ^dazu dienen, um die Kosten der eisenbahupolitischen Sauwirtschaft von früher zu bezahlen, so hat man es auf der Hand, daß an den Leibern der Bediensteten voll erspart werden muß, was die korrupte und unfähige Bureaukratie von früher her gesündigt hat. Dieses System und dieser Weg, der da ein-geschlagen wird, ist durch den national-verbändlerischenundchristlichsozialen Verrat glorreich sanktioniert worden! Aber das alles hindert natürlich die National-verbändlcr nicht, den alten hundertmal nach allen Seiten widerlegten Blödsinn mit eiserner Beharrlichkeit zu wiederholen. „Die Antragsteller Tomschik und Genossen", so schreibt der Abgeordnete M a r k h l im letzten „Deutschen Eisenbahner", „hätten sich eben um eine andere Form der Bedeckung nmsehen misten", wenn sic wollten, daß der Antrag angenommen werde. Ja, warum hat der feine Herr Markhl nicht nach der „anderen Form der Bedeckung" gefragt, als im Vorjahr 95 Millionen Kronen auf dem Staatsbahn-betrieb daraufgezahlt wurden, wenn er heute, wo die Summe einschließlich der angesprochenen 17 Millionen Kronen nur 75 Millionen, also um 20 Millionen Kronen weniger ausmachen würde, darum so besorgt ist? Wahrlich, je mehr im „Deutschen Eisenbahner" von den nationalverbändlerischcn Mauldreschern zu Worte kommen, desto üppiger wächst das blödsinnigdemagogische Gefasel ins Riesenhafte, und keine logische Beweisführung vermag die Gaukler davon abzuhalten, sich immer wieder aufs neue zu blamieren. Freilich der „Deutsche Eisenbahner", der jetzt einfach den nationalverbändlerischen Abgeordneten das gar nicht leichte Geschäft der Reinwaschung überläßt, spürt-es, wie die Ausreden immer dümmer und verworrener werden, und so nennt er den Antrag Tomschik, krampst’ Haft bemüht, noch einen letzten Trumpf zu finden — „unlauteren Kundensan g". Das ist die Logik, bei der der nationale Kretinismus angelangt ist: „unlauterer Kundenfang" ist es, wenn man für die Wünsche armer Eisenbahner 17 Millionen Kronen budgetmäßig sichcrftellen will, „unlauterer Kundenfang" ist jede Arbciterforderung, mit der man ernst macht, „unlauterer Kundenfang" ist überhaupt jede wirkliche Sozialreform. „Unlauterer Kunden-fang" ist es, wenn der Betrogene seinen Betrüger erkennt und dessen Praktiken durchkreuzt. Das ist bet: Gaunerjargon, in dem jetzt die reichsbünd--lerische Sprache geführt wird. Und je lauter und je öfter er wiederholt wird, desto deutlicher erkennt man die ehrenwerte Falschspielergesellschaft,, mit der matt es heute zu tun hat! Habt Mt! Stillgeftanden und kusch! Die zusamrnengeschnauztc „Deutsche Arbeiterpartei". „....Euch aber ziemt es stets, das Maul zu halten." H. Heine. Wer noch ein wenig Sinn für Humor hat. der kommt, wenn er jetzt die letzten Wochen hindurch die Vorkommnisse in dem deutschnationalen Lager ver-, folgt hat, ganz ausgiebig auf seine Rechnung. Schweiß-i triefend geben sich die guten Leute, die von der nationalverbändlerischen Unternehmerschutztruppe als „Arbeiterführer" auf Gimpelfang ausgeschickt wurden, die. redlichste Mühe, den Schwindel zu verbergen, aber immer wieder bricht das kunstvoll aufgebaute Lügengebäude zusammen. Als zuerst durch den Eisenbahnerverrat die nationalvcrbändlerische Arbeiterseindlichkeit' Der „Eisenbahner" erscheint in einer Anklage von 50.000 Exemplaren. «ller Welt klar wurde, da kam nun die „Arbeiterpartei" vor dem Krach zu retten — der kunstvoll arrangierte Austrittsschwindcl, um zu zeigen, daß „man" vom Nationalverband unabhängig ist. Und nachdem begreiflicherweise speziell unter den deutschnationalen Eisenbahnern die Erbitterung gegen den Nationalverband trotz aller Bcschwichtigungsartikel nicht fernzuhalten war, so blieb natürlich nichts übrig, als daß man in der sogenannten deutschnationalen Arbeiterpresse ein wenig den Mutigen spielte und so tat, als ob man dem Nationalverband einmal ganz gehörig die Meinung sagen wolle. Als alte Gaukler, die wissen, was gut ist, hatten selbstverständlich die Nationalverbändler gegen den Austrittsschwindel nichts einzuwenden. Aber das Geschimpfe in der nationalen „Arbeiterpresse", das die Herren Schriftleiter im Interesse ihrer stutzig gewordenen Schäflein losließcn, ist ihnen jetzt zu toll geworden. Dafür, daß die nationalen „Arbeiterführer" mit Hilfe der Fabrikantengelder ins Parlament gewählt wurden, und dafür, daß die nationalen Arbeiterblätter und Sekretariate vom Unternehmergcld erhalten werden, sollen sie sich beschimpfen lassen? So nahmen sie denn ihren ungebärdigen Unterlauf ganz gehörig bei den Ohren und kanzelten sie sogar vor der Oefsentlichkeit wie dumme Jungen herunter — wir haben die Droh-epistet der „Ostrauer Zeitung" an einer anderen Stelle abgedruckt. Der öffentlichen Abkanzelung waren selbstverständlich private Nasen vorausgegangen und die Macher des Nationalverbandcs scheinen ihren Kreaturen, den Machern des Arbeiterschwindels, die Hölle sehr heiß gemacht und Wahlhilfe sowie Geldzuschuß gekündigt zu haben; denn die so Zusammengeschnauzten versandten an ihre Vertrauensmänner das folgende bittende, auffordernde und beschwörende Zirkular, das ein Zufall unserem Reichenberger Parteiblatt, dem „Vorwärts", in die Hände gespielt hat: Zur Instruktion! In der am Dienstag den 25. d. M. zu Wien abgehaltenen Sitzung der Reichsparteileitung wurde die Haltung der Deutschen Arbeiterpartei zum Deutschen Nationalverband und zur Wehrvorlage besprochen und beschlossen, die Parteivertrauensmänner aufzu-sordern, in der Agitation die äußerste Vorsicht obwalten zu lassen. — Die scharfe Kampfesweise gegen den Nationalverband wurde einstimmig verurteilt. Wenn wir auch heute nicht mehr dem Nationalverband angehören, verbietet es doch die Selbstachtung und unsere allgemeine nationale Uebcrzeugung, den Nationalverband in solcher Weise anzugreife n, wie es in jüngster Zeit von einigen Parteigenossen und auch von einigen Parteiblättern geschah. Wir sind beauftragt, unseren Parteivertrauensmännern aus das ^entschiedenste mitzuteilcn, daß wir auch weiterhin , die Wehrvorlage in Wort und Schrift in entschiedener, aber sachlicher Weise bekämpfen werden, daß aber dabei Angriffe auf den Nationalverband zu unterbleiben haben. In den nächsten Tagen wird ein genau ausgearbeitetes Referat über die Wehrvorlage an unsere Parteivertrauensmänner herausgegeben werden. Bis dahin mögen sie sich alle gedulden. Wir bitten Nochmals, nicht störend in die Arbeiten der Parteivertretung einzugreifen und sich weiterer Ausfälle zu enthalten. Feuilleton. Wenn die Uhr verschwände. Eine Perspektive. Von Fritz Müller (Zürich). „Gesetzt den Fall, aus Zellerstadt verschwänden alle Uhren . . ." „Erlauben Sie, das ist ja gar nicht möglich." «Ich setze ja den Fall, es wäre möglich." „Schön, dann würden die verschwundenen Uhren im Handumdrehen ersetzt sein durch. . ." „Jedoch ich setze den Fall, sie würden nicht ersetzt . * „Dann — hm — dann . . ." „Hören Sie, ich will es Ihnen sagen, was dann wäre. Darf ich es erzählen?" „Gewiß, legen Sie los!" „Also, wenn in Zellerstadt die Uhr verschwände, die Uhr am Bahnhof und im Postgebäude, die Uhr am Kirchturm und am Kandelaber, die Uhren in Len Häusern und den Westentaschen — wenn in Zellerstadt die Läden aller Uhrmacher polizeilich fest verschlossen und versiegelt wüLden — wenn jede Art von Uhr verschwände, die aufdringlichen und die zierlichen, die blödsinnigen und die manierlichen, die traulichen vom Schwarzwald und die verrückten Kugeluhren mit den Pudeln und den Adlern und den Löwen — so wäre das eine Revolution, wie sie . . ." „Eine Revolution?" „ . . . eine Revolution, wie sie Zellerstadt noch nicht erlebt hat. Eine Revolution von einer Tiefe, wie sie keine Stadt jemals erlebt hat. Die französische Revolution wäre ein Kinderspiel, eine Oberflächenwirkung gegen die Uhrenrevolution von Zellerstadt. Das ganze Stadtbild würde sich verändern. Von Grund aus umgekrempelt würden alle Menschen . . ." „Umgekrempelt? Im guten oder schlechten Sinn?" „Das sollen Sie dann selber sagen, wenn ich fertig bin mit der Erzählung. Also umgekrempelt, sagte ich, nicht wahr? Sie müssen also denken, mit einem Schlag müßten alle Uhren . . ." „Wann, zum Beispiel? Wir haben heute den letzten Mai — vielleicht am ersten Juni?" „Gut, sagen wir am ersten Juni. Am ersten Juni würden also alle Zellerstädter früh erwachen wie gewöhnlich . . „Die aber ihren Wecker eingestellt . . „Die würden vorerst weiter schlafen ... ich rede noch von ihnen. Die anderen aber würden auf den Nachttisch blin- Gleichzeitig ersuchen wir alle Vertrauensmänner, uns von wichtigen Vorgängen in den Wahlkreisen zu unterrichten und verbleiben mit Parteigruß Deutsche Arbeiterpartei für Oesterreich Wien VI; Matrosengasse 9. Wien, am 25. Juli 1912. Hoffentlich haben die Vertrauensmänner, die ihre Mäuler nicht zügeln konnten, den Befehl des Herrn E r t l aus der Matrosengasse kapiert und auch kapiert, daß „Selbstachtung und unsere allgemeine nationale Ueberzeugung" bürgerliche Wahlstimmen und gutes, bürgerliches Geld bedeuten, daß also die heiligsten Güter, die Grundlagen der Partei in Frage kommen, wenn nicht jeder Vertrauensmann sich in Wort und Schrift genau nach dem chm' zugesandten Referentenschimmel richtet und den wackeren National-verband schont. Uebrigens scheint man die drei „Arbeiterführer" schon wieder in den Nationalverband zurückgepfiffen zu haben, lieber eine Rede, die Abgeordneter Heine kürzlich in Bodenbach-Altstadt gehalten hat, wird nämlich in dcutschbürger-lichen Blättern berichtet: Einem der „Deutschnationalen Korrespondenz" vorliegenden ausführlichen Bericht über die Rede, die Abgeordneter Heine kürzlich bei einer Tagung deutscher Arbeiter in Bodenbach-Altstadt gehalten hat, entnehmen wir, daß Heine.auch über das Verhalten der Deutschen Arbeiterpartei zum Nationalverband gesprochen und erklärt hat, es ses kein Zweifel, daß die Deutsche Arbeiterpartei sich im Herbst wiedeifmit dem Nationalverband v er-einigen werde. „Wir nationalen Abgeordneten , sagte Abgeordneter Heine, „müssen dies wünschen, weil es einen großen nationalen Verband ohne Mitwirken der nationalen Arbeitervertreter auf die Dauer nicht geben kann." Selbstverständlich. ' Die Kretins, die sich noch immer, nachdem der ganze Schwindel so sonnenklar enthüllt ist, am Nasenring wie in einem Zirkus als Paradearbeiterpartei herumführen lassen, merken es so und so nicht. Also, wir sind auch für die Wiedervereinigung. Sie eekasmittelteaenrag, ihre Ursachen und ihre Abwehr-mittel *). Gewerkschaftliche, politische und genossenschaftliche Organisationen. Die herrschende Teuerung hat die Lebenshaltung der Arbeiterschaft und insbesondere jener Schichten, deren Lohnertrag in fest umschriebenen Grenzen sich bewegt, wie dies bei dem Eiseirbahnpersonal der Fall ist, tief herabgesetzt. Alle Kulturbedürfnisse müssen deshalb von den breiten Schichten der Bevölkerung auf ein Minimum eingeschränkt werden, weil eine Bedeckung im Haushaltungsbudget nicht gefunden werden kann. In den meisten Fällen muß rundweg auf jedes solche Bedürfnis verzichtet werden. *) Wir eröffnen hiermit eine Artikelserie, mit denen wir den Genossen zugleich Material für Referate bieten wollen. zeln: „Kreuzteufel, wo ist meine Uhr?" Sie würden einen viereckigen hellen Fleck mit einem Hacken an der oberen Viereckskante auf der Wand entdecken: „Zum Henker noch einmal, wer hat denn unsere Schwarzwälderin...? Sie würden in der ganzen Wohnung umeinanderlaufen: „Das ist ja ein Skandal, einfach ein Skandal!" Sie würden am Telephon die Kurbel drehen: „Bitte Fräulein, die Polizei!" — „Bedauere, belegt und über hundertmal vorgemerkt", würde das Fräulein sagen. — „Ja, was ist denn los. fehlen denn auch anderswo...?" — „...die Uhren meinen Sie, nicht wahr? Gewiß, mein Herr, gewiß, soweit ich aus den Telephongesprächen seit etwa einer halben Stunde ersehen konnte, gibt es in Zellerstadt von heute morgen ab keine Uhren mehr . . . Schluß ... es läutet grab ein anderer nach der Polizei, mein Herr." „Hm, es ist ganz interessant, sich das alles vorzustellen — jedoch —" „Und dann würden sie die Köpfe aus den Fenstern stecken, weit hinaus, um die alte Kirchturmuhr da drüben sehen zu können. Aber es wäre keine Uhr mehr da. Und der Turm, der alte, würde sich stellen, als hätte er gar niemals eine Uhr gehabt. Und dann würden sie finden, daß das Dienstmädchen noch gar nicht in der Küche ist und Kaffee kocht. An die Türe würden sie mit zornigen Knöcheln klopfen: „Was ist denn, Fanny, wollen Sie bis Mittag schlafen?!" — Und schlaftrunken käme es aus der Kammer: „Gnä Frau, is es denn schon so spät — der Wecker ist ja gar nicht — Jetzmaria, gna Frau, der Wecker is nicht da, der Wecker is gestohlen . . . „Hm, ja, so ungefähr möchte das wohl alles sein, mein Herr, wenn — verstehen Sie — wenn ..." ... „Und dann würde sich allmählich ein _ merkwürdiger Humor ein stellen, ein zeitlosen .Humor sozusagen — man würde ganz gemütlich Kaffee trinken — nicht mehr mit dem gehetzten Blick auf Uhren, dje ihre Zeiger mit unverschämter Schnelle auf 8 Uhr schnellen, wenn es eben erst K8 Uhr war — man würde lächelnd sagen: „Wozu die Eile, wozu die alte Eile? Es geht ja allen heute so. Und wenn wir wirklich in die Schule, ins Geschäft zu spät kämen heute, es könnte ja kein Mensch konstatieren. Mag ja sein, daß der Prinzipal wie ge- wöhnlich an der Eingangstür stünde mit gefurchtem Gesicht und mit der rechten Hand den vernichtenden Griff in die Unke Westentasche machte, um festzustellen, daß Herr Mojer wieder fünf Minuten über 8 Uhr u. s. w. Mag ja sein, daß er das wollte, der Herr Chef. Indessen, es bliebe doch beim Wollen. Leer bliebe seine sehr strenge Hand, und er würde finden, daß seine goldene Kette völlig zwecklos in der Westentasche endigte." Ein Theaterbesuch, eine kleine Reife, der Ankauf eines guten Buches, der Besuch eines Konzertes, die Benützung eines Bades, eine größere Wohnung oder sonst ein Schmuck oder Luxusartikel, und wie die Dinge sonst noch alle heißen mögen, die zum Leben nötig sind, werden in dem Kreis der arbeitenden Bevölkerung, insbesondere bei kinderreichen Familien immer seltener und die Zeit ist nicht mehr fern, wo diese Dinge in das Reich der Fabel gehören. Jede Hausfrau hat alle Hände voll zu tun, um die Schläge, die die Regierung und die mit ihr verbündeten Agrarier und Kartellisten uns täglich versetzen, etwas abzuschwächen und zu lindern. Die Löhne reichen in den meisten Fällen selbst für die primitivste Verköstigung nicht mehr aus. Wie viel Lebensfreude, Arbeitslust und Arbeitskraft, Gesundheit und Lebensglück werden durch diese Hungerpolitik eingesargt? Ilm wieviel Jahre wird dadurch nicht unser Leben abgekürzt? Um wie viel früher werden wir dadurch nicht arbeitsunfähig? Von Jahr zu Jahr nimmt in unserem Reich die Kindersterblichkeit zu, der Bevölkerungszuwachs, die Kraft und Gesundheit der arbeitenden Bevölkerung ab. Durch die furchtbare Teuerung aller Nahrungs- und Bedarfsartikel, sowie durch das Wohnungselend wächst die bittere Not ins endlose, wachsen die Unsittlichkeit, der Alkoholismus, das Verbrechen und die Kriminalität zu einer ernsten gesellschaftlichen Gefahr heran. Dadurch, daß die breiten Schichten der Bevölkerung ihre Lohnkrone ausschließlich für Lebensmittel- und Wohnngszwecke verwenden müssen, sinkt die Produktivität der Industrie, des Gewerbes, des Handels und des Verkehrs und der Industriearbeiter wird als Konsument und als Verkäufer seiner Arbeitskraft extra noch mit Arbeitslosigkeit bestraft. Die Industrialisierung wird dadurch gehemmt und die Steuerkraft und die Steuerquellen des Staates versiegen. Nur eine Industrie wird durch die Hungerpolitik unserer Regierung gehoben, die des Totengräbers. Als gangbare Geschäfte können nunmehr die Spitäler, die Irren- und Siechen-Häuser und die Arreste betrachtet werden. Die Zahl der Kunden, die Produkte dieser herrlichen Weltordnung sind, wächst von Tag zu Tag, so daß sie nicht mehr alle untergebracht werden können. Unsere natürlichen Ausfuhrtore (die Balkanstaaten) wurden durch die famose Handels- und Zollgesetzgebung zur Freude der Agrarier gründlich verrammelt. Die schwarzgelben Fahnen wurden von unseren Regierungsgebäuden entfernt und überall durch grüne ersetzt. Alle großen Staats- und Völkerfragen' werden von dem Gesichtswinkel aus betrachtet, welche Preissteigerung das „heilige heimische Schwein", der „nationale Ochse" und die „patriotischen Brotsrüchte" erfahren. Die Not des Volles wird von der Regierung als wichtiges politisches Tauschmittel benützt, um ihre sogenannten „Staatsnotlvendig-feiten", wie: mehr Soldaten, größere Schiffe und viele Kanonen in die Regierungsscheune zu bringen. Unsere bürgerlichen Abgeordneten, insbesondere die Agrarier und sonstigen Lebensmittelwucherer und Kartellisten sind gute politische Geschäftsleute. Sie bewilligen dem Staat alles auf Kosten der Lebens- „Wenn er aber die Sternwarte anriefe?!" „Die Sternwartuhr ist auch verschwunden. Und die Sonne differiert ja gleich um ganze Viertelstunden gegen Em E Zet." „Wenn er aber telephonisch oder telegraphisch von Berlin die rechte Zeit . . ." „Die mitgeteilte Ziffer würde im Telephondraht glatt verloren gehen, und in der Depesche wäre es eine weihe Stelle — verstehen Sie doch endlich: Zellerstadt ist zeitlos. Zeller-stadt ist abgefchnitten von dem Tick und Tack der Uhren aller Welt. Mag es weiter über die ganze Erde ticken — Zellerstadt ist eine reine Insel, und weit drüben übern Ozean erst beginnt die Welt, die einen Tick hat." „Ja, aber..." „Und dann würde der Geschäftsreisende Mauermeier aus den Bahdhos kommen, um den D-Zug nach Berlin zu besteigen. Aber er fände zuerst ein schreckliches Durcheinander auf dem Bahnhof. Aufgeregte rote Mützen liefen durcheinander. Züge stünden unter Dampf, ohne auszufahren. Von draußen führen keine Züge ein. Denn am Weichbild von Zetterstabt wären den einfahrenden Lokomotivführern spurlos alle Uhren weggekommen. Mit ihren Plaids und Reisetaschen stünden gestikulierende Gruppen von Reisenden da und führen alle Augenblicke aus alter Gewohnheit zwecklos mit den Händen in die Westentaschen, wo die Uhren ausgewandert sind. Und der reisende Mauermeier würde nervös fein Kursbuch blättern. Und auf einmal würde es ihm entfallen, daß alle Kursbücher in Zellcrstadt sinnlos geworden wären. Und er würde den dicken „Hendschel" in die Ecke feuern. Und die anderen Reisenden würden es mit ihren Kursbüchern gerade so machen. So was ist ansteckend, wissen Sie. Und ein ganzer Haufen Kursbücher würde in einer Bahnhossecke liegen. Und einer — es wäre ein Philosoph — würde sagen: „Gott fei Dank, daß diese Schurken, die die Menschen oft genug geärgert und herumgejagt haben, endlich einmal da sind, wo sie hingehören." „Aber erlauben Sie mal, so ein Kursbuch kostet » . .“ „Und auf einmal würde sich die Spannung lösen. Und die Leute würden plötzlich zu schimpfen aufhören und nicht mehr unaufhörlich sagen: „Herrgott, wenn ich nun nicht dorthin komme!" — „Und der Anschluß an Bitterfeld, der ist jetzt auch beim Teufel!" — Alles das hätte gar keinen Sinn. Denn es würde ihnen einfallen, daß cs allen geradeso ginge. Und erlösend würde es über sie kommen: „Kinder, man ganz ruhig, bitte — es wird auch so am Ende gehen — die Welt, die steht ja noch, und die alte Sonne draußen (da würden sie OTT Sorget dafür, datz der „Eisenbahner" auch vom reisenden Publikum gelesen werde! "MI , Nr. 24 ' Witzn, Dienstag rmt, •» *as viel besser wäre." „Und das wäre?" "Sich selber. Sich selber hätten sie gewonnen, die Zelter, ftäbter. Denn sehen Sie! Jetzt hätten sie die Zeit, vorher aber hatte die Zeit sie," .Ja, aber ». „Und eine Zeit würde kommen, loo^te Leute draußen sagen wüßten: „Herr im Himmel, Habens doch die Zellerstädter schön." Und die Zellerstädter wurden sagen: „Ja, Kinder, sagt mal, wer hindert euch im Grunde denn, es gerade so schön und gut zu haben? Und dann würde eine Stadt nach der anderen ihre Uhren in das Pfefferland verschicken. Und eine Aera würde dann Heraufziehen, eine Aera . . . Und das toäre dann in Wahrheit der Beginn der goldenen Zeit." Besucht r;- — Ansturm abwehrcn können. Dieses Mittel sind: a) die politische, b) die gewerkschaftliche Organisation und c) die Selbsthilfe, die Genossenschaften. Würde die Arbeiterschaft sich mehr um die Politik kümmern, den Ursachen nachgehen, die Unrecht uud Elend erzeugen, sie würden bald die Quellen aller Leiden erkennen und in die Lage versetzt werden, Gegenmittel anzuwenden. Wenn die Arbeiterschaft bei den Wahlen in den Reichsrat, in die Landtage und Gemeinden einheitlich als Klasse auftreten würde, möchten die gesetzgebenden Körperschaften ganz anders anssehen und etwas ganz anderes leisten, als wie es bisher der Fall war. Wenn wir in der Förderung unseres Klasseninteresses einig wären, so könnten wir all den Dingen, intercsscs einig wären, so könnten wir all den Dingen unter denen wir stöhnen und seufzen, bald ein Ende machen. Wenn wir alle einig wären, wie klein würde dagegen die organisierte Macht des Klassenstaates sein. Die Ketten, die wir uns selbst an die Hände schmieden, konnten wir weit von uns werfen. Unsere Rechte würden größer, unser Einfluß stärker, unsere Lebenshaltung höher werden. So aber müssen wir sagen, daß der größte Teil der Arbeiterschaft diesen Zustand, unter dem er und die Seinen keuchen, aus Boshaftigkeit, aus Unverstand, aus Neid und aus all den Lastern, die uns der kapitalistische Staat als Erbteil vermacht hat, selbst geschaffen hat. Wir müssen daher bessere politische Aufklärung und bessere politische Organisationen schaffen, um all das, was in der Politik und in der Gesetzgebung gegen unsere Klasse unternommen wird, mit Erfolg abwehrcn zu können. Als zweites, und zwar als Universalmittel gelten die Gewerkschaften. Diese sind die Grundlagen aller proletarischen Bestrebungen. Die Gewerkschaft ist der Schlüssel zu jedem sozialen Aufstieg, das Werkzeug der Verteidigung und des Angriffes und ist die Kriegsschule des Proletariats. Sie regelt Angebot und Nachfrage, schafft neue Rechte und erweitert die vorhandenen. Die Hauptaufgabe der Gewerkschaften besteht darin, für ein gutes Tagewerk einen guten Tag--lohn zu erkämpfen. Sie sicht darauf, daß die Lebenshaltung kontinuierlich wächst und wird dadurch einer der größten Kulturfaktoren der Gesellschaft. Wenn der Großteil der geistigen und manuellen Arbeiter einmal den Wert und die Bestimmung der Gewerkschaften richtig erkennen würde, so hätte er ein Mittel allerersten Ranges, die Ausbeutung in all ihren Formen zu lindern. Ein solches Mittel zu schaffen, muß der Lebenszweck jedes einzelnen Bernfsgenossen sein. Jeder in einer Gewerkschaft organisierte Eisenbahner muß ein Agitator, ein Sendbote des Geistes sein, der uns alle erfüllt und up>r ■Erlöier sein wird. Was konnten die Eisenbahner fern, wenn sie alle einig wären! Wenn wir nicht wüßten, daß um uns Verräter herumschleichen, Feiglinge, die nach armseligen Gründen grübeln, um unsere Reihen zu lüften. Das Parlament würde einen anderen Respekt vor uns bekommen und es sich nicht im Traume einfallen lassen, einen einmal gefaßten Beschluß, wie dies bei der letzten Tagung der Fall war, wieder rückgängig zu machen. In diesem Beschluß spiegelt sich unsere Schwäche wider. Dieser Beschluß des Parlaments ist indirekt eine glänzende Aufforderung an alle noch fernstehenden Eisenbahner zum Beitritt in die Organisation. Eine gute Gewerkschaftsorganisation soll die Lohnkrone erhöhen und damit der Konsumtion und Kaufkraft ihrer Mitglieder zum Steigen zu verhelfen. _ Als drittes und wichtiges Mittel, die Teuerung abzuschwächen, sind die genossenschaftlichen Organisationen da: die Konsumvereine, die Produktiv- assoziationen, in unserem Fall die Lebensmittelmagazine. Genau betrachtet, sind die Genossenschaften gar keine eigenen und selbständigen Gebilde des Proletariats, sondern nur wichtige Hilfsmittel für die Gewerkschaften und die politischen Organisationen. Auf einer Reihe von Parteitagen, Gewerkschaftskongressen und auf einer Unzahl von Verbandstagen und Generalversammlungen wurden diesbezügliche Beschlüsse gefaßt, in welchen es den Arbeitern zur Pflicht gemacht wird, sich nicht nur in den bestehenden Organisationen, sondern auch genossenschaftlich zu vereinigen. Denn die Erfolge, die die Gewerkschaften und politischen Organisationen zu erzielen in der Lage sind, werden erst durch die Tätigkeit der Genossenschaft (Lebensmittelmagazin) richtig gewertet und kommt der Erfolg erst zum bleibenden Ausdruck. Eine Gewerkschaft, die neben ihren Aufgaben nicht auch noch die Genossenschaftsbewegung fordert und unter» stützt, Hot ihre sozialen Aufgaben und Verpflichtungen nur halb vollbracht. Dies hat gar bald ein Großteil der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter erkannt und sie gingen mit Eifer daran und gründeten innerhalb einer kurzen Zeit über das ganze Reich Konsumgenossenschaften. Nur vor unseren Berufsgenossen, den Eisenbahnern, scheint die grandiose Konsumentenorganisations-bewcgung in den letzten Jahren in Oesterreich und in der ganzen Welt spurlos vorübergegangen zu sein, ohne daß sie etwas daraus lernten, ohne sich dieses Vorbildes zu bedienen. Wäre dies der Fall, so müßte eine Bewegung in ganz Oesterreich unter den Eisenbahnern entstanden sein, ihre eigenen Lebensmittel-Magazine sq auszubauen, daß sie ein wertvoller. nur Lokale, irr welchen der „Eisenbahner" sozialpolitischer Faktor in dem Leben des Eisenbahners und seiner Familie sein müßten. Was die Lebensmittelmagazine gegenwärtig sind und was sie sein sollten, wollen wir in einem zweiten Artikel zeigen. ______________________ !f v * E, M. Betrogene Betrüger. Eine Abkanzelung der dentschnationalen „Arbeiter. Partei" durch ihre Nährväter. Die deutschen Unternehmer haben sich die deutschgelbe Arbeiterpartei als Avantgarde gegen die Sozialdemokratie geschaffen. Sie kauften sich ein paar obskure Leute, denen sie den Titel „Arbeiterführer" verliehen, gaben ihnen Gehalt und Geld zur Gründung von gelben Blättern, verhalfen ihnen mit ihrem Geld und mit terroristischem Druck auf die Arbeiter auch be> den letzten Wahlen zu drei Mandaten und erwarteten von ihnen nun, daß sie der Sozialdemokratie den Garaus machen werden. Den Gelben wiederum biente die. Rolle der Erretter des Bürgertums vor der Gefahr der Sozialdemokratie als Mittel zu fortgesetzten Erpressungen. Wenn wo eine Reichsratswahl ist, sofort sind sie mit der gelben Kandidatur da, die sie sich dann abkaufen lassen, oder, wenn es zu diesem Abkauf nicht kommt, lassen sie sich die Stichwahlhilfe teuer bezahlen. Aber das wird dem Bürgertum und den Unternehmern zu dumm, zumal die Vernichtung der Sozialdemokratie so lange auf sich warten läßt. Anderseits wissen die Deutschgelben aber sehr wohl, daß sie den geringen Anhang unter den Arbeitern nur solange erhalten, als sie ihnen Vortäuschen, daß sie „auch" Arbeiterklassenpolitik machen. Tun sie das nicht, so verlieren sie auch diesen, und aus den Unternehmerterrorismus allein können sie ihre parlamentarische Existenz nicht bauen. Aber schon das Getue, als ob sie Arbeiterinteressen vertreten würden, behagt den Unternehmern nicht. Sie werfen den Gelben vor, daß sie sich „im Schlepptau der Sozialdemokratie" befinden und drohen ihnen mit Entziehung der klingenden Gunst. Man muß sagen, die Lage dieser gelben Lumpenkerle ist nicht gerade beneidenswert. , Nun ist in Mähren im Wahlkreis Neutitschein eine Nachwahl. Die Gelben wiederholen das Manöver und drohen den Bürgerlichen mit einer eigenen Kandidatur. Das geht dem allmächtigen Protektor der Gelben, dein Eisenwerksdirektor Schuster in Osirau, über die Hutschnur und er läßt nun gegen sic eine saftige Verwarnung in feinem Blatt, der „Ostrauer Zeitung", los, die einen ausgezeichneten Beitrag zum Verständnis des Wesens der Gc.ben liefert, so daß wir sie aus^ugswei'e folgen lassen. Das Blatt schreibt: Ais vor wenigen Jahrei? erst, zur Zeit oer Gründung der deutschen Arbeiterpartei, im deutsch-bürgerlichen Lager Von unseren nationalen Arbeitern gesprochen wurde, da klang ctuS allen Urteilen ein gewisser Stolz und eine ehrliche Freude Freudig half man daher der jungen Partei Sei ihrer Werbetätigkeit und neidlos wurde ihren Wortführern bereits bei den letzten Neichsratswahlen ein entsprechender Anteil an der Vertretung des deutschen Volkes in der gesetzgebenden Körperschaft eingeräumt. Man» für Mann stimmte ba8 deutsche Bürgertum in drei Wahlkreisen für die nationalen Arbeitervertreter und die Folge war, daß die bekanntesten unter ihnen, die Herren Seidl, Knirsch und Farhner, in das Parlament ihren Einzug hielten. * Es ist also durchaus nicht lange her, ixifo die ersten Gehversuche der deutschen Arbeiterpartei die bereitwilligste Unterstützung de» deutschen Bürgertums fanden, und doch wollte es alsbald scheinen, als ob ein recht merkwürdiger Dank die selbstlose Hilfe lohnen sollte. Man erinnerte jic!) nur der immerwährenden Konflikte innerhalb des Dentscheu Nationalverbandes, bei denen zumeist die drei Vertreter der deutschen Arbeiter ihre Hand im Spiele hatten, bis endlich vor ein paar Wochen unter recht theatralischem Getue die Herren Seidl, Knirsch und Fahrn« ihren Austritt aus dem Nationalverband vollzogen. Auch damals, als der großen parlamentarischen Organisation unter freiheitlichen Abgeordneten seitens des fahnenflüchtigen deutschen Ar-beitersraktiönchenS allerlei naseweise Lehren und Ermahnungen erteilt wurden, schwieg man noch. Einerseits waren diese Tiraden wirklich nicht ernst zu nehmen, anderseits war man immer noch geneigt, unsympathische Manöver als den Ausfluß einer zwar kläglich ungeschickten, aber doch eben nicht direkt böswilligen Taktik zu betrachten. Seit ein paar Tagen drängt sich aber der Eindruck auf, als ob die kleine jugendliche deutsche Arbeiterpartei ihre Aufgabe verkennen und allen Ernstes sich dazu berufen fühlen würde, durch Großmannssucht und Stänkeret in die Reihen unseres Volkes neue Verwirrung hineinzntmgcn. ES liegt nicht nur ganz offenbar System in den Hetzver-suchen der deutschen Arbeiterorgane, sondern es geht einfach über alle Begriffe, was die Herren „Schriftleiter" dieser Blättchen den deutschfreiheitlichen Parteien gegenüber sich heranSnehme». Wenn die vom deutschen Bürgertum and purem Idealismus mühselig grosigepäptzelte „Deutsche Arbeiterpartei" etwa glaubt, daß sie mit politischer Erpressung Glück haben wird; wenn die mit Hilfe des deutschen Bürgertums ins Parlament hineingebrachten deutschen Arbeiterführer weiter meinen sollten, das; sie mit den unverschämten Drohungen in ihren Blattern der Partei oder sich selbst dienen, so liegt unserseits kein Anlaß vor, die Elemente zu verwarnen. Wir begnügen un6, ein für allemal festzustellen, daß die junge Partei, die unter der Patronanz des deutschen Bürgertums erstand, und auf die wir in der Sorge um da» Wohl des deutschen Volkes große Hoffnungen fetzen, Anstalten trifft, den Weg des Verrates zu betreten.. Vermerkt sei der schamlose Verrat nur deshalb, weil ja wieder einmal Wahltage kommen werden, und dann wird sich ja zeigen, wem zur Vernunft verhelfen wurde: dem deutschen Bürgertum, das sich wieder einmal um eine nationale Handlung betrogen sieht, oder aber Leuten, die geglaubt haben, durch Skrupellosigkeit alles da8 ersetzen zu können, was ihnen an Treue und VcrantwortungZbewußtsein man-gelte. arrstteat! "DG Es ist fein Zufall, daß eine ähnliche Verwarnung auch das Karlsbader Unternehmerblatt, das dortige ,„Badeblatt", an die Deutschgelben erließ: , WaS nun die Wahlhilfe anbelangt, so meinen wir, daß dies erstens unbedingte Pflicht, und zweiten? verdanken die drei Abgeordnete» der Deutschen Arbeiterpartei ' ihre Mandate nur den Bürgerlichen; drittens kennzeichnet die Deutsche Arbeiterpartei den Grad ihres nationalen Empfin-; dens damit sehr deutlich, indem sie ihre nationale Tätigkeit materiell eingcschätzt wissen will. f . Materiell eingeschäht wissen will — das Karlswader Blatt drückt sich sehr zart aus — das heißt: mit klingender Münze bar bezahlt haben will. Die Drohungen sind deutlich genug: auf die Deutschgelben, bereit Partei vom Unternehmertum „mühsam aufgepäppelt" wurde, setzten die Ausbeuter und politischen Gegner der Arbeiterklasse „große Hoffnungen" und sie gaben ihnen Geld und Mandate. Dafür sollten sie ihnen im Kampfe gegen die Sozialdemokraten helfen. Wenn sie nun diese „ihre Aufgabe verkennen" und, anstatt den Arbeitern in den Rücken zu fallen, sich anschicken, „naseweise Lehren" auszuteilen, eine gewisse Selbständigkeit zu erringen, mehr Mandate zu verlangen, als ihnen gnädigst zugebilligt werden, so ist das ein Verrat, den die Ausbeuter durch ihre Presse mit der Entziehung der Gunst und Gnade, die Geld und Mandate bringt, bedrohen. Da die Deutschaelben von dem Blatt des Herrn Generaldirektors Dr. Schuster bedroht werden, daß ihnen der Stuhl vor die Tür gesetzt werden wird, wird man sie bald einschwenfen, parieren und gehorsam kuschen stehen. _______________ EsrialvolM und Nation. Es ist das Schicksal der bürgerlichen Gesellschaft, daß sie aus den Problemen, die sie nicht zu lösen ver-jmag, nicht herauskommt. Zur Zeit, als die angewandte iTechntf den Produktionsprozeß Englands zu revolutionieren begann und mit dem Untergang des alten (Handwerks eine überschüssige Zahl von arbeitenden Menschen schuf, bic der Degeneration in die Atme betrieben wurden, erstand bekanntlich der englischen (Bourgeoisie ein neuer Apostel in der Person des jPfassen Malt h u s, der die Heilslehre verkündete, (daß die Erde nicht Platz für alle habe, denn viel schneller als die Existenzmittel vermehre sich die Zahl wer Menschen. Aber nicht allzu lange vermochte der .moderne Kapitalismus mit diesen Argumenten dieser (angeblich wissenschaftlichen Entdeckung auszurommen. (Heute steht die bürgerliche Gesellschaft bereits vor einer anderen Frage, die eigentlich ein umgekehrtes Problem darstellt. Der Geburtenrückgang ist den letzten Wochen ein immer wiederkehrendes jtit ... •Schema in allen Blättern und Zeitschriften. _ Denn (man hat aus den.Ergebnissen der Statistik in fast (allen Kulturländern herausgefunden, daß die Anzahl wer Geburten nicht mehr wie früher eine Vermehrung (aufweise, sondern im ständigen Rückgang begriffen (sei. Und die bürgerliche Nationalökonomie bemüht sich (grau in grau die Gefahren zu schildern, die für die (Volkswirtschaft, den Staat und die Nation daraus (erwachsen, wenn die Geburtenfrequenz weiterhin diesen .Entwicklungsverlauf beibehält. ! Ohne Zweifel handelt es sich, wenn die Abnahme wer Geburten mit einem Rückgang der Bevölkerung (in einem Lande gleichbedeutend ist, um ein schweres (soziales Problem, das mit der Zeit zu den schwersten (wirtschaftlichen und nationalen Erschütterungen führen kann. Wir sagen ausdrücklich nationalen (Erschütterungen, weil es in einer Zeit, wo, wie das (in Oesterreich der Fall ist, das Bürgertum vor lauter (nationalen Forderungen gar nicht zur Ruhe kommt, (immerhin wertvoll ist, zu zeigen, wie das nationale 'Problem in letzter Linie in die große soziale Frage muSläuft. In Frankreich, wo der Geburtenrückgang (seit vielen Jahren schon die ernstesten Bedenken her-jvorruft, droht die Dezimierung der Nation tatsächlich wie wirtschaftliche Bedeutung des Landes, und damit (auch die soziale Seite der Bevölkerung ernstlich zu 'gefährden. Nun zeigt sich aber auch in anderen 'Staaten, wie in England, Deutschland und j£> e st e 11 e i ch, eine Abnahme der Geburtenanzahl, (eine Erscheinung, auf die, was unser Reich anbelangt, Dr. H ainisch schon im Jahre 1909 als eine zu gc-iwärtigende Tatsache hingewiesen hat. Wenn nun aber gerade jetzt, bei der Feststellung dieser überall wahrnehmbaren statistischen Ergebnisse die Erscheinung Isclbst im Zusammenhang mit der Teuerung der letzten iJahre und der dadurch 'bedingten erschwerten Lebens-'Haltung gebracht wird, so scheint es uns dennoch, als ob (nicht darin die hauptsächliche Ursache zu suchen wäre. („Die rückläufige Bewegung der Geburten tritt", wie (Harnisch wohl sehr richtig bemerkt, „in der ganzen (Kulturwelt hervor", und sie hat wohl mehr ihren (Grund in der bewußten Vorbeugung, die bei jedem (Volk auf höherer Kulturstufe und mit dem Wachsen wer Zivilisation überhaupt wahrzunehmen ist. Auch -B e b e l hat mit gutem Recht in seiner „Frau und der Sozialismus" auf die durch die Tatsachen unwiderlegt (gebliebene Erscheinung hingewiesen, daß die Fruchtbarkeit gerade in wirtschaftlich schlecht situierten und (sozial tief stehenden Ländern ziffernmäßig die ..höchsten (Resultate zu zeitigen pflegt. Nicht darauf kommt es also an, wie man dem Geburtenrückgang selbst vorzubeugen vermag. Freilich fällt es uns, wie feinem mit einigem sozialenVerstand-nis ausgestatteten Menschen, nicht ein, den Einfluß der sozialen Verhältnisse auf die Anzahl der Geburten überhaupt zu leugnen, denn zumindest hängt, wie statistisch wiederholt erwiesen wurde, die Ehefrequenz von sozialen Umständen ab, was ja gewiß auch auf die Geburtenanzahl nicht ohne Einfluß ist. Aber was bei der einmal feststehenden Tatsache, daß jede nach aufwärts gerichtete Kulturentwicklung zu einer ziffernmäßigen Geburtenverminderung führt, weit wichtiger erscheint, das ist die so sehr zeitgemäße Frage, wie man die Lebensenergie hebt und die Leben s-g r e n z e so weit als möglich hinausschiebt. Denn was für ein Volk als ökonomischer Verlust in Betracht kommt, das ist weit weniger die Frage der Ungebetenen, als die Zahl jener, die für die Volkswirtschaft verloren gehen, ehe sie die natürliche Grenze ihrer Lebensdauer erreicht haben. Gewiß haben jene recht, die da behaupten, daß sich die durchschnittliche Lebensdauer nicht über die Grenze, die die Natur selbst gesetzt hat, hinaus verlängern läßt. Aber es ist trotzdem keine Frage, daß die Differenz ausgeglichen wird, und die Bevölkerungszahl in einem Lande auf gleicher Höhe erhalten werden kann, wenn es gelingt, die Sterblichkeitsziffer herabzudrücken. Den Beweis dafür liefert uns England, wo mit Ausnahme von Irland die Anzahl der Todesfälle seit 1897 bis 1911 konstant zurückgegangen ist, so daß bei gleichzeitig abnehmender Geburtenanzahl die Bevölkerungszahl annähernd die gleiche geblieben ist. Wie stehen aber die Dinge dagegen in O e st erreich? Die Geburtenfrequenz ist bei uns gegenüber anderen Kulturstaaten eine noch immerhin große, denn für die Jahre von 1901 bis 1910 rechnet man den Zuwachs der Bevölkerung durch Lebend-geborene auf 36'3 Prozent. Aber unsere Volksverluste resultieren aus einer übermäßig hohen Sterblichkeitsfrequenz, die andere Knlturstaaten überragt. So sind uns in denselben angezogenen Jahren 1901 bis 1910 nicht weniger als 24'4 Prozent der Bevölkerung durch Todesfälle verloren ge-gange n. Dagegen verlor Deutschland in derselben Periode nur 2Ö'2 Prozent seiner Volksangehörigen. Diese Erscheinung kann keinen Kundigen überraschen. Während England mit seiner günstigsten Mortalitätsziffer die höchsten Arbeitslöhne und damit die günstigsten sozialen Lebensbedingungen, aber auch die besten hygienischen Einrichtungen besitzt, hat Oesterreich nachweisbar zwar die höchsten Lebens mittelpreise, rangiert aber in Bezug auf Arbeitereinkommen und sozialen und hygienischen Maßnahmen überhaupt auf einer viel tieferen Stnse. Man kann daher gerade bei uns einen Satz zur Erklärung der vielen Todesfälle heranziehen, den der angesehene deutsche Nationalökonom Gustav Schmollet ge prägt hat: „Jeder Silbergroschen" sagt er, „um den der Scheffel Roggen steigt, kostet so viel Menschen mehr das Leben". Faßt man alle diese Erwägungen zusammen, dann ergeben sich aus dem überall wahrnehmbaren Geburtenrückgang zwingende Forderungen, die heute gerade jene Leute zu erfüllen hätten, denen um das Wohl ihrer Nation angeblich so unendlich bangt. Zwingender als je ergibt sich heute die Pflicht, M c n-s ch e n ö k o n o m i e zu betreiben, und den raschen Verbrauch an Menschenkraft und Gesundheit mit allen Mitteln, die uns Kultur und Wissenschaft an die Hand geben, hintanzuhalten. Wie das geschehen kann, dafür hat unsere gewerkschaftliche Arbeit überall den besten Beweis geliefert, denn alles, was sie der Arbeiterschaft an mehr Lohn, kürzerer Arbeitszeit und besseren hygienischen Arbeitsbedingungen gebracht hat, hat das Leben gesünder und lebenswerter gemacht. Denselben Weg, den damit die Arbeiter zu ihrem Schutz und damit zu maligem einen© chutzder Nation betreten haben, hat vor zwanzig Jahren Professor schränkt. Ihr Nationalismus kommt sich im Gegenteil nur groß und ideal vor, wenn er sich an irgendeiner traßentafelfrage austoben kann. Sozialpolitik im Interesse der Nation und der Kultur zu betreiben, daß ist heute der Arbeiterklasse allein überlassen, die den wachsenden Widerstand der Bourgeoisie wird überwinden müssen! Sie Feigen der Sertoeltnngs-korruptis». Halten Sie sich nur immer an das Gesetz und wieder an das Gesetz. (Kaiser Franz Josef in einer Ansprache an eine Vcamtendeputation anläßlich seines 60jährigen RegierungSjudiläums.) Tie Lehre, die Kaiser Franz Josef den Beamten, die ihm während seines Negierungsjubiläums huldigten, mit auf den Weg gab, sollte in allen Staats- und Gemeindekanzleien über die Tür geschrieben werden, denn ihre Erfüllung ist die Grundlage einer geordneten Verwaltung. Wo in einem konstitutionellen Staate das Gesetz nichts gilt, die Macht der streitenden Parteien die Entscheidungen der Verwaltung bestimmt und die Beamten nicht über den Parteien stehen, sondern in das Getriebe. der Parteien bei ihren Entscheidungen eingreifen, dort: unterhöhlt die Verwaltungskorruption den ganzen Bau. Das trifft auf republikanische Staatsformen ebenso. zu wie auf monarchische. Die südamerikanischen Republiken bieten für diese Tatsache das abschreckendste Beispiel und ihre Korruption ist die Ursache unausgesetzter Revolutionen, in denen eine Raubclique gegen die andere zieht. Die Verwaltungskorrnption ist besonders vom bürgerlichen staatserhaltenden Standpunkt aus verwerflich, dersti sie; zerstört jede Achtung vor der Staats- und Gemeindeautorität und jede Achtung vor dem Gesetz. .: Wo das Gesetz von feinen Auslegern und Durchführern nicht geachtet wird, dort hat es auch feinen Anspruch auf Beachtung durch die Staatsbürger. Eine allgemeine Demoralisation reißt ein und führt zur Obstruktion ' und zu nutzlosen Ausschreitungen aller Art, welchen die ■ schuldbeladene Verwaltung nicht mehr mit der nötigen: Autorität entgegentreten kann. Das Merkmal einer jeden geordneten Verwaltung ist die peinlichste Achtung vor der Verfassung, welche die staatsbürgerlichen Freiheiten und' Rechte bestimmt. Preßfreiheit, Versammlungsrecht, Koalitionsrecht, Redefreiheit dürfen nicht auf der schwankenden Grundlage vielseitiger sich widersprechender Behandlung beruhen, sondern müssen überall im Geiste des Gesetzgebers gehandhabt werden, ohne von dem Wohl- und Uebelwollen der Regierung und der behördlichen Organe abzuhängen. Die Handhabung dieser Freiheiten muß das Gefühl der Rechtssicherheit auslösen, dann ist die Verwaltung in Ordnung. In Oesterreich bestand diese Rechts-sicherheit seit Jahrzehnten nicht, denn die Partei, welche ■ die Macht besaß, hatte die absolute Freiheit, währendj neue, unbequeme Parteien sich erst den Genuß des geltenden Rechtes erkämpfen muhten. Mit der Koautwns-freiheit ist dies heute noch der Fall und da die Herr- j ichenben suhlen, daß eine Demoralisation durch die ein-, seitige Auslegung zugunsten der Unternehmer beginnt, j suchen sie nach Ausnahmsgesetzen, um das bestehende Koa-j litionsrecht ganz zu beseitigen. ^ ; Ganz dieselbe Haltung nehmen Verwaltung und! herrschende Parteien dem Wahlrecht gegenüber ein. Zwar ( besitzen wir das allgemeine Wahlrecht für den Reichsrat, aber die Verwaltungskorruption hat gegen me neuen; Wähler die alte Privilegienvertretung zürn Teil wieder.; hergestellt und einen Zustand allgemeiner Nechtsunsicher-, heit geschaffen. Mit dem erschwindelten Mandat ist jedoch die Verwaltungskorruption beim Wahlrecht noch nicht Be- ! endet. Der bürgerliche Abgeordnete erhalt auch die Mittel, • um durch staatliche Geschenke an die Wähler auch diese zu i korrumpieren und sie dadurch an den korrupten Abgeord-j ncten zu fesseln. Der Fall Kroy beweist, daß man auch daS < Mandat zur eigenen Vorrückung ausnützen kann. . Die Verwaltung beeinflußt aber nicht nur die Rechte, sondern auch die Pflichten der Staatsbürger. Sie verteilt Konzessionen, Rückvergütungen, Prämieip und ©teuer- _ - v . . m.. , ■ , . , Nachlässe an die Grundbesitzer und Jndustriebarone und Dr. H e r k n e r dem deutschen Burgertum gewiesen, berf0[gt einflußloseren Kreise unausgesetzt mir - als er den von den Slawen in Nordböhmen Be» | Steuervexationen und ungerechten Erhöhungen^ Es gibt drängten Deutschen riet, zur Erhaltung des Deutschtums Sozialreform zu betreiben, und dafür zu sorgen, daß die damals grassierende Kindersterblichkeit eingednmmt, und das durchschnittlich geringe Lebensalter der deutschen Arbeiter durch Hebung ihrer sozialen Lebensbedingungen erhöht werde. Herk n e r s Schrift über „D i e Z uk unf t d e r D e u t s ch-ö st e r r e i ch e r" ist eine durchaus im bürgerlichen Sinn gehaltene Schrift, aber sie ist so wertvoll, und enthält so viele goldene Worte, die gerade heute in der Zeit der nationalen Ueberschwenglichkeiten von jedem, besonders aber von unseren Deutschnationalen gelesen werben sollte. „Soziale Reform" war schon damals nach Herkners Meinung „ein Gebot der n a t i o-nalen Selbsterhaltun fl", und der Satz verdiente gerade heute in mancher ©emeindestubc, wo gute nationale Stadtväter sitzen, über den Eingang zu stehen: „Von Gemeinde wegen etwa armen Müttern zu erschwinglichen Preisen nach Soxleth etwa sterilisierte Kindermilch zu liefern, erscheint uns auch vom nationalen Standpunkt aus als ein viel verdienstlicheres Werk, denn Stadtpolizisten h la prussiene zu uniformieren, auf Gemeindebäder die Aufschrift zu setzen: »Hier darf nicht tschechisch gesprochen werden« und durch ähnliche Stücklein mehr die Autonomie der Stadt in Gefahr bringen". Freilich davon wollen unsere heutigen Nationalen kaum etwas wissen. Sie stimmen im Parlament gegen jede Sozialreform und gegen jeden Antrag, der im Interesse der Arbeiter gestellt wird, und sie sind im sonstigen öffentlichen Leben die enragierten Gegner einer jeden gewerkschaftlichen Forderung, weil sie den Profit schmälert und die Freiheit der Ausbeutung b» Steuervexationen ....- ___ eine nationale Verwaltungskorruption, die Millionengefälligkeiten erweist und den Beamteneinfluß verschiebt. Es gibt eine politische Korruption, die genehmen Elementen zu Mandaten, Ernennungen, Pensionserhöhungen, und Auszeichnungen verhilst. Es gibt eine wirtschaftliche j Korruption, welche die einzelnen Ressorts mit Protemons*; findem der einzelnen Abgeordneten und Parteien füllt, ( es gibt eine finanzielle Korruption, welche den Steuerapparat zugunsten gewisser Gruppen . und zu ungunfien der großen Masse spielen läßt. Da ist gegenwärtig eine Kommission zur Verwaltungsreform am Werke. Diese, Kommission wird tote Arbeit leisten, solange sie nicht tu der Lage ist, den Umfang und die Art der Verwaltungskorruption festzustellen, einer Korruption, die überall das-Gesetz erschlägt und überall an Stelle einer unparteiischen Verwaltung die Fütterung der Cliquen , und Kotierten setzt. Von allen österreichischen Fragen ist vielleicht die Frage der Verwaltungsreform die wichtigste. Ohne sie werden wir aus dem finanziellen Sumpf nicht., herauskommen, ohne sie werden die Staatsbahnen, die ärarischen Waldungen und die Monopolbetriebe nie größere Rem- V erträgnisse abwersen, wird nie eine anständige Bezahlung der Staatsbeamten, Eisenbahner und Staatsarbeiter durchgeführt werden. Ohne sie werden wir nie verfassungsmäßige Rechtssicherheiten und nie ein von der Verwaltung unbeeinflußtes Parlament und gerechte Handhabung bet Verteilung und Einhebung der Steuern erhalten. Wird es aber zu einer solchen Verwaltungsreform kommen? Wir glauben nicht daran und am allerwenigsten glauben wir, daß die aus alten Füchsen bestehende Kommission für die Verwaltungsreform dieselbe durch-sichren wird. Die Korruption in der Staatsverwaltung ist eine Lebensbedingung der kapitalistischen Parteien im fapi* ■ talistischen Staat. Die politische Verwaltungskorruption ( ist notwendig, um das aufsteigende Proletariat i>ameber-j Zuhalten, die finanzielle Korruption ist in der Mhängig-keit des Staates von den großen Geldgebern bedingt und die wirtschaftliche Korruption ist bedingt durch die parlamentarischen Kapitalistenvertreter, die ohne Korruption ihre politische Existenz aufgeben müßten. So groß der Sumpf ist, in welchem wir stecken und so viele Gefahren er gerade vom Standpunkt des Staatserhaltenden und Patrioten selbst in sich birgt, die Verwaltungskorruption wird nur an jenem Tage bezwungen sein, an welchem das Proletariat stark genug ist, die Zügel der Staatsmacht selbst zu ergreifen oder die kapitalistischen Parteien zur Anerkennung einer unparteiischen Verwaltung zu zwingen. Wir müssen zu einer vollständigen Selbstverwaltung kommen. Die Beamten dürfen nicht mehr durch Ernennung von oben, sondern durch Wahl von unten eingesetzt und befördert werden. Heute sind die Beamten noch ein volksfremder Körper und insoweit es sich um die große hungernde Masse derselben handelt, schließt sich diese immer rfioch an die korrupten kapitalistischen Parteien an. Wenn sie aber auf Grund eines gleichen Wahlrechtes gewählt werden, werden sie sich als Teile des Volkes betrachten und die vom Volke errungenen verfassungsmäßigen Freiheiten und Rechte beachten lernen. Der Beamte wird im Namen des Volkes entscheiden und amtieren, und das Vertrauen zwischen Volk und Verwaltung wird diese zur Blüte bringen. Soweit wir noch von einem solchen Zustand entfernt zu sein scheinen, so sicher wird und muß er kommen. Tie Patrioten unterwühlen selbst die Grundlagen des kapitalistischen Staates durch ihre Verwaltungskorruption und je unsicherer das JRecht wird, je tiefer der Kapitalistenstaat in den Sumpf der Korruption treibt, um so näher rückt die Zeit des Volksstaates heran.____________________ Lohn- und ArbeilrreitverMnisse der britischen Eisenbahner in der amtlichen Statistik. Das britische Handelsministerium hat es bisher dreimal unternommen, die Lohn- und Arbeitszeitver-bältnisse der wichtigeren Industrien statistisch zu erfassen. Nachdem die Ergebnisse dieser derartigen Erhebungen für die Textil- und Bekleidungsindustrie, das Baugewerbe, die Holzverarbeitungsindustrie, Landwirtschaft, Schiffbau, Maschinenbau und die Metallindustrie bereits im Vorjahr in der „Labour Gazette" veröffentlicht wurden, folgten die Daten für den Eisenbahndienst erst in der vorigen Nummer dieses Jahrganges. Ein Vergleich mit früheren Erhebungen ist leider nicht beigegeben, weil diese schon in den Jahren 1886 und 1891 erfolgten, aber die „Railway Review", das Organ einer der mächtigsten britischen Eisenbahnerorganisationen, veröffentlichte soeben eine Aufstellung über eine gleichartige Erhebung im eigenen Wirkungskreis, und zwar allerneuesten Datums, so daß wohl ersichtlich ist, welcher Veränderung die Löhne und die Arbeitszeit dev britischen Eisenbahner in den letzten Jahren unterworfen waren. Die amtliche Statistik umfaßt nahezu alle Kategorien der Eisenbahnbediensteten, nämlich Lokomotivführer, Heizer, Personenzugs- und Lastzugsbegleitung, Signalleute, Verschieber, Gepäckträger, Streckenarbeiter, Magazinsarbeiter und Portiere. Die Mehrzahl der angeführten Bediensteten waren Zeitarbeiter in regulärer Beschäftigungsdauer: sie haben eine sechstägige Arbeitswoche, die Sonntagsarbeit wird ihnen als Ueberzeit-arbeit entschädigt; nur die Portiere erhalten keine solche Entschädigung. Die Zahl der in diese Erhebung inbegriffenen Bediensteten beläuft sich auf 401.437 (Oktober 1907), davon waren 365.901 erwachsene und 35.536 jugendliche Personen. Die durchschnittliche wöchentliche Lohnrate stellte sich auf 24 Schilling 4 Pence für Erwachsene und auf 11, Schilling 3 Pence für die Jugendlichen. Durch verschiedene Bonifikationen erhöht sich aber schließlich der Lohn für Erwachsene auf 24 Schilling 6 Pence und für Jugendliche auf 11 Schilling 4 Pence. Die durchschnittliche wöckjentliche Lohnhöhe war in den einzelnen Bedienstetenkategorien wie folgt: Eoljitratc ohne Lohnratc mit DurchschnittS- flatcßotie Bonifikation Bonifikation lohn Schill. Pcnce Schill. Pence Schill. Pence Lokomotivführer............40 — 40 3 45 11 Lastzugsbegleiter . ... 28 2 28 2 31 2 Persouenzugsbegleiter . . 27 8 27. 9 29 3 ©ißtmtlcutc............... 24 8 25 4 27 6 Heizer.................... 23 9 23 10 27 5 Verschieber............... 23 9 23 9 25 7 Gepäckträger.............. 20 — 20 9 21 10 Streckenarbeiter...........20 — — — 21 8 Magazinarbeiter .... 19 5 19 5 21 2 Portiere.................. 18 8 18 8 19 9 Die höchsten Löhne wurden in den nördlichen Grafschaften gezahlt, niedriger waren sie in Irland, bedeutend niedriger aber als in England, in Wales überhaupt stellten sich die Löhne der Eisenbahner in Schottland. Außer den oben erwähnten Bonifikationen in Geld-betragen, wurden auch noch Pauschalien für die Uniformen gegeben und zum Teil entweder Wohnungen unentgeltlich oder zu reduziertem Mietzins beigestellt. Die Beträge für Uniformpauschalien beliefen sich im Ge-samtdurchschnitt auf 4 Pence per Woche, im einzelnen betrugen sie bis zu 7 Pence per Woche; es erhielten solche jedoch nur Zugsbegleiter, Signalleute, Verschieber, Portiere und Vorarbeiter. Die Mietzinsbeiträge beliefen sich im Gesamtdurchschnitt auf 1 Penny per Kopf und Woche, im einzelnen kamen sie jedoch auf 1 Schilling 10 Pence zu stehen. Der größte Teil der Bediensteten war zu einer Krankenunterstützung berechtigt aus Fonds, zu welchem die Eifenbahngesellschaften ebenfalls beitragen, ein kleiner Teil aus solchen Fonds, welche von den Eisenbahngesellschaften allein bestritten werden. Die Er-holungsferien von zwei Drittel der Bediensteten bewegten sich jährlich von drei bis sechs Tage bei Fortbezug des Lohnes. Die Arbeitsstunden einer vollen Woche (ausschfteß. lich der Mahlzeiten) betrugen für erwachsene Sechstage arbeitet im Durchschnitt 58 Stunden, für Jugendliche B8Q Stunden, Die Arbeitszeit war im allgemeinen länger in Schottland und kürzer in den nördlichen Grafschaften Englands, als im übrigen Großbritannien. Von den erwachsenen Personen arbeiteten 50 Prozent 60 Stunden und darunter, 24 Prozent 54 bis 56 Stunden und 10 Prozent unter 54 Stunden. Sehr merkwürdig ist allerdings, daß trotz des ausgebreiteten Kinderschutzes in England für die Jugendlichen und Kinder eine höhere durchschnittliche Arbeitszeit resultiert, als für die Erwachsenen und noch dazu im Eisenbahndienst. Es feien hier schließlich noch die wichtigsten Ziffern über die Löhne und die Arbeitszeit einzelner Kategorien von Eisenbahnbediensteten aus der Erhebung der vorerwähnten Eisenbahnerorganisation für das Jahr 1911 angeführt, die nach Städten borgenommen wurde. Es ergeben sich daraus im Durchschnitt für die einzelnen Kategorien als höchste, beziehungsweise niedrigste Lohnrate sowie als längste, beziehungsweise kürzeste Arbeitszeit wie folgt: Kategorie Höchster Lohn Niedrigster Lohn Schill. Pence Schill. Pence Portiere.....................21 9 17 1 Gepäckträger................. . 21 3 18 1 Verschieber 26 3 21 8 Versonenzugsbegleiter... 30 — 26 10 Güterzugsbegleiter .... 29 2 27 7 Sinnalleute.................... 27 - 24 8 Lokomotivführer............. 41 9 39 9 Heizer 24 8 23 3 Längste Arbeitszeit Kürzeste Arbeitszeit Stunden per Woche Portiere............................... 63 9 60 2 Gepäckträger............................ 64 3 59 6 Verschieber.............................59‘1 50 5 Personenzugsbegleiter ....... 66 5 58-7 Güterzugsbegleiter . .............. 62 9 59'9 Signalleute............................. 62 3 51 0 Lokomotivführer.........................62'5 59 4 Heizer ................................ 62 4 600 . B. Hie Akkordarbeit in den kisenbahn-werkstötten!* Die Form der ArbeitZentschädigung ist fiir den Arbeiter nicht minder wichtig als die Höhe der Entschädigung seiner Arbeit. Wer beurteilen will, ob für eine Arbeit entsprechender Lohn gewährt wird, dem wird die Form der Entlohnung nicht gleichgültig sein können. Die Frage: ob Akkord- oder Zeitlohn, hat denn auch in den gewerkschaftlichen Organisationen in Deutschland stets eine gewisse Rolle gespielt, und wenn sie in der Presse und in Versammlungen der Gewerkschaften während der letzten Jahre weniger im Vordergrund stand, so Bildete sie in den Organisationen der Arbeiter in staatlichen Betrieben um so mehr einen Gegenstand der lebhaftesten Erörterung. Die Befürworter des Akkord(Stück)lohnes sind in Arbeiterkreisen an Zahl gering, wahrend die Unternehmer den Akkord bevorzugen' und die Zahl der in Akkord Arbeitenden sich fortwährend vergrößert. In den industriellen Großbetrieben wird fast ausschließlich in Akkord gearbeitet und die Vorteile, die dem Unternehmertum daraus erwachsen, sucht der Staat aus seinen Betrieben ebenfalls herauszuziehen. So hat das Akkordwesen in allen deutschen Eisenbahnbetrieben Eingang gesunden zum ungeheuren Schaden der in diesen Betrieben beschäftigten Arbeitermassen, die in ihrer übergroßen Mehrheit seit einigen Jahren andauernd den Ruf ertönen lassen: Fort mit der Akkordarbeit! Das System der Akkordarbeit hat besonders in den Eisenbahnwerkstätten zu ganz unhaltbaren Zuständen geführt und zu gewaltiger Erregung unter den Arbeitern Anlaß gegeben, die sich zuweilen in Versammlungen, in der Presse, besonders aber in der privaten Unterhaltung — wo die langen Ohren des Verräters nicht hinreichen — in kräftigen Worten zu erkennen gibt. In unzähligen Petitionen, Bittschriften und Eingaben forderten die Eisenbahnwerkstättenarbeiter die Beseitigung der Akkordarbeit, ohne bisher den gewünschten Erfolg erzielen zu können; der Widerstand der Eisenbahnverwaltungen hat sich bisher stark genug erwiesen. Und es ist auch nicht zu erwarten, daß in absehbarer Zeit die Akkordarbeit in den Eisenbahnwerkstätten beseitigt wird, vielmehr wurde in neuerer Zeit von den Eisenbahnverwaltungen verschiedener deutscher Staaten erklärt, daß an der Akkordarbeit prinzipiell festgehalten werden müsse, weil sie notwendig sei, um die Arbeiter zu fleißiger Betätigung anzuhalten. Wir wollen hier nicht untersuchen, inwieweit und ob überhaupt diese Motivierung berechtigt ist: darüber ist das Urteil von den Eisenbahnarbeitern bereits gefällt. Es soll lediglich unsere Aufgabe sein, in nachstehendem einen Beitrag zu liefern zur Erkenntnis des Wefcns und der Systeme der Akkordarbeit in den Eisenbahnwerkstätten. Hiezu sind einige Ausführungen über das- Werkstättenwesen der Eisenbahnverwaltungen vonnöten, und da im großen und ganzen die Einrichtungen der preußischen Staatseisenbahnen auch bei den übrigen deutschen Staatsbahnen Anwendung finden, seien diese Einrichtungen hier kurz skizziert. Die Hauptaufgabe der Werkstätten befiel)! in der Instandhaltung der Lokomotiven und Wagen/ daneben wird ihnen auch die Instandhaltung des Inventars und die Instandhaltung, zuweilen auch die Neuanfertigung der baulichen und maschinellen Anlagen - übertragen. Sie sind in Abteilungen — Wagenwerkstätten und Lokomotiv-werkstätten — eingeteilt, jede solche Abteilung untersteht einer Anzahl Werkmeister, von denen jedem eine Anzahl Werkführer unterstellt ist, welche die Aussicht über etwa je 50 Arbeiter zu führen haben. Diese bilden eine Kontroll-abteilung. Der Werkführer ernennt die Vorarbeiter und teilt ihnen die erforderlichen Arbeitskräfte zu. _ Die Arbeiten werden, mit geringen Ausnahmen, gemeinschaftlich in Akkord- oder Stücklohn ausgeführt (Kolonnenakkord). Das äußerst komplizierte und zeitraubende Lohnrechnungswesen, wie es bisher bestand, gab zu sehr vielen Klagen seitens der Arbeiter Anlaß, besonders weil es ihnen nicht * Wir entnehmen diesen Artikel dem „W e ck r u f", Organ für die Interessen der Eisenbahner Deutschlands, und behalten uns vor, auf die speziellen österreichischen Verhältnisse in einem separaten Artikel noch zurückzukommen. Die Redaktion, ermöglichte, sich selbst von derRichtigkeit der Lohnberechnung-zu überzeugen oder sich ihren Verdienst selbst ausrechnenj zu können. Die Lohnberechnung in den Werkstätten gefjtj in folgender Weise vor sich: Der Werksührer führt über; die ihm unterstellten Arbeiter und Arbeiten ein Kontroll-! Heft, in welchem für jede Person ein Konto angelegt ist,) auf dem die tägliche Arbeitsdauer vermerkt wird. Bei dem, Konto der Arbeiter und Handwerker ist auch zugleich bemerkt, bei welchem Vorarbeiter (Kolonnensiihrer) sie gearbeitet haben. Auf dem Konto des Vorarbeiters wird die Anzahl der täglich geleisteten Arbeitsstunden und gleichzeitig der Geldwert aller von seiner Kolonne geleisteten. Arbeiten gebucht. Für einzelne, nicht in Kolonnen Arbeitende, ist ein besonderes Konto angelegt. Für jeden Arbeiter ist ein Grundlohn festgesetzt, der mit dem Dienstalter steigt, während für alle Arbeiten, die häufiger wiederkehren, Stückpreise normiert sind, die in die Stückpreisverzeichnisse eingetragen sind. Für Arbeiten,' die nicht im Stückpreisverzeichnis verzeichnet sind, setzt der Werkführer, eventuell auch der Vorstand des Werkstättenamts die Entschädigung fest. Den Arbeitern steht ein Recht zur Normierung der Preise nicht zu. Die Berechnung des Arbeitsverdienstes aus Grundlohn und erzieltem Akkordlohn sei durch folgendes Beispiel erläutert: Eine Kolonne von drei Mann hat in einem Monat insgesamt Mk. 368-94 verdient: Vorarbeiter (Kolonnen* sichrer) A hat gearbeitet 200 Stunden zum Grundlohn von 50 Pf. für die Stunde, Arbeiter B hat gearbeitet 180 Stunden zum Grundlohn von 45 Pf. fiir die Stunde und Arbeiter C hat gearbeitet 190 Stunden zum Grundlohn von 40 Pf. für die Stunde. Der Grundlohn wiirds also betragen insgesamt: für A 200X50 Pf. = Mk. 100— , B 180X45 „ ----- „ 81-10 „ C 190X40 „ -- „ 76 - Zusammen Mk. 257 10 Da der erzielte Akkordverdienst Mk. 368 94 beträgt, ist als wirklicher Verdienst jedes einzelnen zu rechnen das 368-94/25710 — l-435fache. Danach erhält cm Lohn ausgezahlt: A 100-— x 1-435 = Mk. 143-50 B 81-10 X 1-435 = „ 116-38 C 76— X 1-435 = „ 109-06 1, Das ergibt zusammen Mk. 368'94 Daß eine solche Lohnberechnung dein Arbeiter die Kontrolle mindestens sehr erschwert, leuchtet ohneweiters ein. Doch darin erschöpfen sich nicht die Klagen der Arbeiter. Bei der Berechnung des Anteils an dem Gesamt* verdienst der Kolonne ist, wie das Beispiel zeigt, nicht die geleistete Arbeit, sondern der mit dem zunehmenden Dienstalter steigende Grundlohn maßgebend, dem der Stücklohn als bestimmter Prozentsatz hinzugerechnet wird,! so daß für gleiche Arbeit ungleicher Lohn gezahlt wird/ was besonders von den jüngeren in der Vollkraft chrer: Leistungsfähigkeit stehenden Arbeitern und. Handwerkern als eine Ungerechtigkeit empfunden wird. Hinzu kommt, daß bei der Art der Lohnberechnung die Werkführer in der Lage sind, den Verdienst der Arbeiter nach ihrem Ermessen zu „regulieren" und daß sich die Reparaturarbeiten über-Haupt für die Festsetzung von Ltücklohnen nicht eignen, weil sie stets verschieden und die daraus zu verwendende Arbeitszeit sich im voraus mit Sicherheit nicht fest-steilen läßt. Die vielen Klagen über das Akkordwesen haben nun dazu geführt, daß der Minister v. Breitenbach eine Unter-, suchung des Akkordversahrens anstellen ließ. Er setzte eine Kommission ein, bestehend aus sechs 3iegierungsräten,‘ einem Werkmeister, zwei Werkführern und vier Arbeitern. Das Ergebnis der Beratungen dieser Kommission wurde in einer Denkschrift niedergelegt. Es wird darin anerkannt, daß in mancher Beziehung Verbesserungen nötig sind und es werden entsprechende Vorschläge gemacht, die vom Minister anerkannt nun zur Ausführung gelangen sollen.^ So heißt es in der Denkschrift unter anderem: „Die dasj Lohnwesen der Werkstättenarbeiter betreffenden Bestirn-j mungen sind gegenwärtig teils in den Lohnordnungen,! teils in der Finanzordnung, teils in einzelnen Ministeriol* erlösten, teils in Verfügungen der Eisenbahndirektionen^ und der Werkstättenämter enthalten, so daß die Ueber»; sicht erschwert ist und deshalb unrichtige Anwendungen Vorkommen können. Dazu kommt noch, daß die die Lohn-, sähe enthaltenden Lohnordnungen außer den Zahlen«, angaben noch umfangreiche Vorschriften über die Berechnung der Lohnausgaben enthalten, die für die Arbeiter überhaupt ohne Wert sind und durch ihre Menge die Klarheit der die eigentliche Lohnberechnung betreffenden Bestimmungen beeinträchtigen. Um es den Arbeitern zu erleichtern, sich über die für die Berechnung ihres Lohnes maßgebenden Vorschriften und Festsetzungen ausreichend zu unterrichten, hat die Kommission die Herausgabe einer neuen Werkstätten-Ordnung angeregt." ^ Dieser Anregung soll stattgegeben werden. Damttj wird zwar an dem Prinzip der Lohnberechnung nichts! geändert und wir befürchten, daß auch die Uebersicht und' Klarheit der neuen Lohnordnung nicht lange bestellen wird, weil solange das Akkordsystcm besteht, ununterbrochen Aenderungen in der Lohnordnung vorgenofmnen werden.' Auch die Klagen über die verschiedenen Bestimmungen betreffend das Aufrücken der Arbeiter im Lohn-einkommen fanden in der Kommission Anerkennung und ihrer Anregung entsprechend wird nun das Lohndienst-^ alter für den ganzen Staatsbahnbereich möglichst ein heitfich bestimmt werden. Die Kommission anerkannte aber auch, daß die Ab stellung der hauptsächlichsten Klagen über die Wirkungen des Akkordverfahrens eine tiefgreifende Umgestaltung erfordern würde. Da aber die Akkordarbeit als Anreiz zu fleißiger Arbeit als unbedingt notwendig gehalten wird, so kam man schließlich darauf, ein anderes System der Akkordarbeit, das „Stückzeitverfahren" probeweise einzuführen. Dabei sind im wesentlichen vier Grundsätze maßgebend: Zunächst wird für jede im ©tüctoerfahren' verkommende Arbeit die auf sie zu verwendende Durchschnittszeit als Norm festgesetzt; zweitens werden an Stelle, der bisherigen Lohnstaffeln neue Lohnstaffeln gebildet, und zwar auf der Grundlage des im letzten Jahre tatsächlich erzielten Stücklohnverdienstes. Um den Arbeitern auch fernerhin die Möglichkeit zu geben, ihren ^.besonderem Fleiß und ihre besondere Geschicklichkeit zu betäticjeit, wird die normale Zeit um einen gewissen Prozentsatz verlängert und dann zur Stückzeit gemacht, gleichzeitig aber 'dementsprechend der Lohnsatz nach der Staffel entsprechend vermindert. Unter normaler Zeit bleibt also dann die Arbeitszeit zu verstehen, die im Durchschnitt ein Arbeiter unter Aufwendung seiner vollen Arbeitskraft zur Ausführung der Arbeit gebraucht. \ , Die Lohnberechnung ist bei diesem Verfahren nicht einfacher als bisher, und ob überhaupt für die Arbeiter 'Vorteile daraus zu erwarten find, erscheint sehr fraglich. !Das Kolonnensystem bleibt bestehen mit all seinen Nachteilen und Unannehmlichkeiten. Die Berechnung des 'Lohnes im Kolonnen- oder Gruppenakkord wird nach dem Stückzeitverfahren in der Weise vorgenommen, daß dem einzelnen Arbeiter der erzielte Zeitgewinn nach der von jedem einzelnen geleisteten Stundenzahl berechnet wird. Im Einzelakkord wird der Lohn des Arbeiters berechnet durch Multiplikation der für die Arbeit festgesetzten Stückzeit mit dem ihm zustehenden Lohnsatz; zum Beispiel für die Ausführung einer Arbeit ist die Stückzeit auf zwei Stunden festgesetzt, der damit beauftragte Arbeiter hat nach seinem Lohndienstalter einen Äundenlohn von 40 Pf. Er erhält für die Arbeit 2X40 — 80 Pf., ganz gleich, ob er wirklich zwei Stunden auf die Arbeit verwendete oder ob er sie etwa in 1% Stunden fertigstellte. Er bekommt aber auch nicht mehr als 80 Pf., wenn er mehr als zwei Stunden auf die Arbeit verwendete. Im 'Gruppenakkord ist ebenfalls der Lohnsatz des einzelnen Arbeiters entscheidend für die Höhe seines Akkord-Verdienstes. Ist zum Beispiel für eine Arbeit die Stückzeit ouf 25 Stunden festgesetzt und diese Arbeit wird von fünf Mann gemeinschaftlich ausgeführt, so daß jeder fünf Stunden daran arbeitete, so würde bei der Annahme eines Lohnsatzes von 60 Pf. für A, 58 Pf. für B, 54 Pf. für C, 50 Pf. für D und 48 Pf. für E sich folgende Lohnberechnung ergeben: A 5 Stunden !l 66 Pf. --- Mk. 3 — L 5 Ü 58 „ u * 2-90 C 5 04 p —“ f, 2-70 D 5 ä50 , = 2-50 E 5 „ ä 48 „ = .. 2'40 Zusammen 25 Stunden Gesamtlohn Alk. 13‘50 Die fünf Arbeiter hätten in diesem Falle nur ihren Lohnsatz verdient. Würden sie aber dieselbe Arbeit in 20 Stunden fertigstellen, so würde sich für jeden ein Zuschlag zum Lohnsatz von 25 Prozent ergeben. Nun soll zwar eine Begrenzung des Ueberverdienstes nach oben nicht stattfinden, aber die Stückzeiten sollen grundsätzlich so festgesetzt werden, daß jeder Arbeiter bei normaler Leistung etwa 20 Prozent seines Stundenlohnsatzes als Ueberverdienst erzielt. Auf die Lohnsätze im allgemeinen hat das Stückzeitverfahren keinen Einfluß, die Stückzeiten werden sich ebensogut wie bisher die Stücklöhne „regulieren", das heißt, wenn den Werkführern der Verdienst der Arbeiter zu hoch erscheint oder wenn besonders „gespart" werden soll, herabsetzen lassen. Dieses Stückzeitverfahren ist zunächst ' in einigen Werkstätten probeweise angewendet worden und soll, wenn es sich vorteilhaft erweist, vom 1. Oktober 1912 ab in allen Werkstätten der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft zur Einführung kommen. Die Eisenbahnverwaltung verspricht sich davon erhebliche Vorteile nicht nur für die Verwaltung, sondern auch für die Arbeiter. Als besonders wertvolle Wirkung wird es bezeichnet, daß auch hiebei dem fleißigen und geschickten Arbeiter noch immer Gelegenheit geboten sei, durch größere Leistungen sein Lohneinkommen zu erhöhen. In dem Maße, in dem er die regelmäßige Stückzeit zur Arbeitsausführung abkürzt, erhöht sich sein Anspruch auf Lohn. Die Kommission ließ sich hiebei von dem Gedanken leiten, daß die regelmäßige Stückzeit in entgegenkommender Weise nicht nach der möglichen Leistung eines besonders leistungsfähigen Arbeiters, sondern nach der Probeleistung mehrerer Arbeiter durchschnittlicher Veranlagung bemessen werden soll. Ein solches Verfahren hätte sich ohne Schwierigkeiten auch bei der bisherigen Festsetzung der Stückpreise durchführen lassen, doch wurde von den Arbeitern darauf kein besonderer Wert gelegt. Wenn die Ermittlung einer Stückzeit (oder bisher eines Stückpreises) in entgegenkommender Weise erfolgen soll, darf nicht der Werkführer mit der Uhr in der Hand neben den Probearbeitern stehen und sie zur Ausnützung ihrer äußersten Leistungsfähigkeit antreiben. Sollen wirklich Durchschnittsleistungen ermittelt werden, so muß den mit Probearbeiten beauftragten Arbeitern mindestens das Vertrauen auf ihre Pflichterfüllung entgegengebracht werden. Einen Vorteil gegenüber dem bisherigen Verfahren hat dieses Stückzeitverfahren jedenfalls. Es wird das planmäßige Lohnsteigen niit zunehmendem Be-schäftigungsalter der Arbeiter bei dem neuen Verfahren dadurch sichergestellt, daß jeder Arbeiter die für die Arbeitsausführung festgesetzte Stückzeit nach dem Lohnsätze vergütet erhalt, der feinem Beschästigungs- oder Lohndienstalter entspricht. Hiebei wird zwar häufig gleiche Arbeit ungleich entlohnt, doch dem im zunehmenden Staatsdienste geltenden Grundsatz, wonach Beamte, Hilfsbedienstete und Arbeiter allgemein ein mit dem zunehmenden^Dienstalter bis zu einem Höchstbetrage ansteigendes Einkommen erhalten, wird darin Rechnung getragen, und gegen diesen Grundsatz läßt sich stichhaltig nichts einwenden. Vollkommen und auf einfache Weise würde aber der Zweck erreicht durch Beseitigung des Akkords und Gewährung fester mit dem Beschästigungs-alter steigender Lohnsätze an die Werkstättenarbeiter. Daß gerade diese der Akkordarbeit als Ansporn zu fleißiger und ordnungsmäßiger Arbeit bedürfen sollen, ist eine Behauptung, die jeder positiven Grundlage entbehrt, wohingegen sich nachweisen läßt, daß die Akkordarbeit die gegenteilige Wirkung bei den Arbeitern hervorrief. Anzuerkeunen ist bei dem neuen Verfahren, daß es eine der schwerwiegendsten Klagen der Arbeiter gänzlich zu beseitigen geeignet ist. Bisher hatten Lohnerhöhungen bei den Werkstattarbeitern entweder keine Wirkung, wenn nicht auch die Stückpreise erhöht wurden, was in der Regel nicht der Fall war, oder sie hatten eine nachteilige Wirkung für einen Teil der Arbeiter, wenn sie zum Beispiel nur einem Teil der in einer Kolonne Zulammenarbeitenden gewährt wurden, denn mit der Erhöhung des Grundlohnes erhöhte sich für die davon Betroffenen auch prozentual der Akkordverdienst, was ohne Erhöhung der Stückpreise selbstverständlich nur auf Kosten der übrigen am Akkord beteiligten Arbeiter möglich war. Da es in dem neuen Verfahren keine Stückpreise gibt, die Stückzeit aber nach dem jedem Arbeiter zustehenden Lohnsätze vergütet wird, so erhöht sich der wirkliche Arbeitsverdienst ohneweiters auch mit jeder Erhöhung des Lohnsatzes. Jede Verbesserung der Lohnstaffel, sei es im Anfangs- oder Höchstlohn, sei es in den Zulagesätzen oder Aufrückungszeiträumen, übt bei diesem Verfahren ohneweiters und unabhängig von den Stückzeiten ihren Einfluß auf das Lahneinkommen aus, was bei dem bisherigen Stückpreisverfahren ausgeschlossen war. Trotz dieser und noch weiterer von der Eisenbahnverwaltung erwarteter Vorteile stehen die Werkstättenarbeiter dem neuen Akkordverfahren äußerst pessimistisch gegenüber. Und das mit Recht. In dem von der Eisenbahnverwaltung ausgesprochenen Grundsatz, daß die Akkordarbeit nötig sei, um die Werkstättenarbeiter zu fleißiger und ordnungsmäßiger Arbeit anzuhalten, liegt ein Mißtrauen gegen die Arbeiter, das durchaus nicht geeignet ist, bei den Arbeitern Vertrauen zu dem neuen Lohnsystem zu erwecken. Das bei der Eisenbahn eingewurzelte Begünstigungssystem wird durch das neue Verfahren nicht beseitigt, dagegen werden' neue Nachteile für die Arbeiter entstehen, deren Tragweite zurzeit sich nicht abschätzen läßt. Jedes Akkordsystem hat seine Nachteile für die Arbeiter. Vorteile insbesondere für die Unternehmer, deshalb werden die Eisenbahnarbeiter nach wie vor an ihrer Forderung, Beseitigung der Akkordarbeit, festhalten. Wie in Preußen, so hatten, sich auch die Parlamente der süddeutschen Bundesstaaten, Baden, Bayern, Württemberg, wiederholt mit der Frage der Akkordarbeit in den Staatsbetrieben zu befassen. Keine der Regierungen und der Parlamentsmehrheiten zeigte jedoch Neigung zur Beseitigung der Akkordarbeit, in einem Falle nur hat sich auch ein sozialdemokratischer Abgeordneter den Standpunkt der Regierung zu eigen gemacht: er berief sich später darauf, daß seine Auffassung über die Akkordarbeit sich mit der Ansicht vieler Eisenbahner decke. Die Entgegnungen, die ihm aus Eisenbahnerkreisen zuteil wurden, haben jedoch bewiesen, daß auch die süddeutschen Eisenbahner in ihrer übergroßen Mehrheit entschieden den Standpunkt vertreten, daß die Akkordarbeit in den Eisenbahnwerkstätten abzuschaffen sei. Wenige Bevorzugte, die bei dem Akkordsystem, das der Begünstigung in jeder Hinsicht Vorschub leistet, auf ihre Rechnung kommen, finden dieses Entlohnungssystem sehr ideal. Daß ihr Vorteil den Schaden Tausender ihrer Kollegen bedeutet, vermögen sie in ihrer egoistischen Verblendung nicht einzusehen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß das neue Stück-zeitverfahren demnächst auch in den Werkstätten der außerpreußischen Staatseisenbahnen zur Einführung gelangen wird. Manches Unrecht würde dadurch aufgehoben, manche Klage beseitigt, doch das System kapitalistischer Ausbeutung bliebe erhalten und die Forderung nach Abschaffung der Akkordarbeit wird dadurch in Deutschland nicht verstummen. Sie finge der KanrleMener. Seit mehreren Jahren bemühen sich die Kanzlei-diener aller Bahnen, einige bescheidene Wünsche der Erfüllung zuzusühren. Aber alle Bemühungen waren bisher ergebnislos, und zwar sowohl bei den Staatsbahnen als auch bei den Privatbahnen. Dazu sind die in Frage stehenden Wünsche der Kanzleidiener solcher Natur, daß sie ohne nennenswerte finanzielle Mehrbelastung _ leicht zu erfüllen wären. Es handelt sich um d i e B e s r e i u n g von den Reinigungsarbeiten und um die Ueberstellung einer Reihe Kanzleidiener zu Kanzleigehilfen. Die Befreiung der Kanzleidiener von den Reini-gungsarbeiten ist eine Sache, die nicht allein im Interesse der Kanzleidiener liegt, sondern auch im Interesse der Betriebe und außerdem der Bahnverwaltung Vorteile in Aussicht stellt. Der Kanzleidiener in den Zentral- und Lokalämtern der Bahnen kann in keiner Richtung mit dem „Pfeifendeckel" beim Militär verglichen werden, wie dies leider von vielen Organen der Bahnverwaltungen geschieht. Die Art der Dienertätjgkeit bei den Bahnen darf nicht im landläufigen Sinne des Wortes „Diener" beurteilt werden. Der einzig richtige Ausdruck für die Dienstart der Kanzleidiener bei den Bahnen ist „Kanzleikräfte". Das „Dienen" im landläufigen Sinne des Wortes kann für diese Bediensteten nur insofern in Anwendung gebracht werden, als man danNt die Tätigkeit des „Speifenholens" für die Beamtenschaft und die Befriedigung sonstiger persönlicher Bedürfnisse der Beamten be-zeichnet. Aber diese Verrichtungen bilden die geringste Tätigkeit eines Teiles der Kanzleidiener — ein Teil verrichtet sie überhaupt nicht — ihre eigentlichen und daher Hauptarbeiten sind die Verrichtungen von Kanzlei-geschästen. Ein Beweis dafür ist die große Zahl von Kanzlei dienern, die auf den Bahnen beschäftigt sind. Alle diese Kräfte könnten selbstverständlich nicht hinreichend Verwendung finden, falls sie nur Dienerdienste int landläufigen Sinne des Wortes leisten würden. Soweit reicht die Verschwendung auf deu Bahnen nichr Die Kanzlei-dien er find alle hinreichend beschäftigt und nicht nur das, sie haben auf den meisten Posten so viel Arbeiten zu leisten, daß man ruhig von Arbeitsüberbürdung sprechen kann. Es ist daher nicht schwer, die Behauptung nachzuweisen, daß die große Mehrzahl der Kanzleidiener nicht Diener, sondern Kanzleikräfte sind, die mit vollein 91 echt beanspruchen, daß sie entsprechend ihrer eigentlichen Dienstleistung von der Verrichtung der Reinigungsarbeiten befreit und in die Kategorie der Kanzleigehilsen überstellt werden. Die Befreiung von den Reinigungs-arbeiten hat aber noch eine andere Seite. In uniercm gesellschaftlichen Leben bestellt die Einrichtung, da» die in Rede stehenden Reinigungsarbeiten von Frauenhanden besorgt werden. Man kann dagegen einwenden, dag es nicht immer so bleiben muß, daß es auch anders werden könne. Aber eine Tatsache ist doch nicht aus der Welt zu schaffen, nämlich die, daß der Mann, der diese Arbeiten verrichten muß, sie mit Widerwillen und nur dem Zwange gehorchend, verrichtet, weil er sowie alle in unserer Zeit lebenden Menschen der Ansicht huldigen, daß diese Arbeiten von Frauenhanden zu besorgen sind. Man mag diese Ansicht als Vorurteil bezeichnen, aber sie besteht und diesem Umstand muß Rechnung getragen werden. Denn die Frage steht so, ob die Verrichtung der Reinigungs-arbeiten durch Männer statt durch Frauen vorteilhafter ist, ob sie in diesem Falle den Interessen der Betriebe Rechnung trägt. Diese Frage ist nicht schwer zu beantworten. Es gibt keinen Zweifel darüber, daß die mit Reinigungsarbeiten vertraute Frau diese Arbeiten rascher, exakter und vom Standpunkt des Unternehmens betrachtet, auch billiger leisten wird als der Mcntn, der sie als etwas Widerliches, nicht in seine Sphäre fallende Arbeit empfindet, leisten kann und leistet. Die Erhaltung der Räumlichkeiten und der Jnventarstücke wird ebenfalls dadurch gewinnen. Dazu kommt, daß die Beamtenschaft^ welcher der Kanzleidiener das Essen besorgt und sonstige Bedürfnisse befriedigt, nicht mehr mit Ekel daran wird denken müssen, daß der Mann, in dessen Händen soeben das Butterbrot war, vordem einen Spucknaps oder das Staubtuch in denselben Händen hatte. Also auch für sanitäre Verbesserungen und zur Förderung des Appetits der Beamtenschaft würde die Befreiung der Kanzleidiener von den Reinigungsarbeiten beitragen. Schließlich würden die Kanzleidiener die für Reinigungsarbeiten aufgewendete Zeit zur Verrichtung anderer Arbeiten verwenden können, was gewiß auch nur im Interesse des Unternehmens gelegen wäre. Und dazu kostet die ganze Maßnahme eine ganz geringe Summe, die sich zweifellos rentieren würde. Bei allen Aemtern sind heute schon Reiniguugsfrauen beschäftigt, welche die Instandhaltung der Fußböden und die Reinigung der Stiegen und Gänge zu besorgen haben. Diesen könnte ohneweiters die Bureaureinigungsarbeit übertragen werden und der hiefür aufzuwendende Betrag sowie die notwendige Vermehrung des weiblichen Personals kann die Lösung mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit der Kosten absolut nicht in Frage stellen. Wozu noch kommt, daß wieder einige jener bedauernswerten Witwen nach Bediensteten, die verunglückten, eine kleine Verbesserung in ihrem traurigen Dasein erfahren würden. Die ganze Sache wäre also ohne besondere Schwierigkeiten zu lösen, wenn nur einiger guter Wille vorhanden wäre. Das gleiche ist bezüglich der Forderung wegen Ernennung einer Reihe Kanzleidiener zu Kanzleigehilfen zu sagen. Einzelne Bahnverwaltungen wenden ein, daß sie dann keine Kanzleidiener mehr hätten. _ Dasselbe Argument müßte bei den heutigen Verhältnissen ins Treffen geführt werden. Denn die große Zahl der Kanzleidiener, die fast ausschließlich Beamtenarbeiten verrichten, sind eben heute nach ihrer Dienstverrichtung keine Kanzlei-diener mehr. Wozu also die Phrase. Und dann handelt es sich vor allem nicht darum, daß alle Kanzleidiener zu Kanzleigehilsen zu ernennen sind. Die Forderung nach dem Beschluß der Reichskonserenz lautet, daß fähige Kanzleidiener, die die Prüfung abgelegt haben und verwendbar sind, zu Kanzleigehilsen ernannt werden. Es handelt sich also nicht um alle Kanzleidiener, sondern um jene, die nach der Art ihrer Beschäftigung und ihrer Verwendbarkeit mit Recht den Anspruch darauf erheben können. Wir wollen hier nur einige von den vielen herausgreifen, die dabei in Betracht kommen, die Kanzleidiener der Einnahmenkontrolle bei der Südbahn. Diese Bediensteten vergehen reine Beamtenarbeit, ja noch mehr, sie sind für die Sudbahn ein unerläßlicher Behelf zur Sicherung der Einnahmen. Die Leute müssen vielseitige kommerzielle Kenntnisse besitzen, denn ohne diese ist die Kontrolle ^und Rangierung der Einnahmenbelege nicht möglich. Ihre Tätigkeit ist reine Beamtenarbeit, und doch sind sie nur im Range eines Kanzleidieners. Kanzleidiener m derartiger Verwendung gibt es aber in sehr vielen aemtern der Bahnen und die weitaus größte Anzahl der Kanzleidiener verrichtet Kanzleiarbeiten, welche diese Forderung vollauf rechtfertigen. Es ist ein großes, soziales Unrecht, welches an diesen Bediensteten verübt wird. Dis Talente und die Fähigkeiten dieser Kanzleidiener werden von den Bahnverwaltungen auf das äußerste ausgenützt, und die so ausgemergelten Bediensteten finden keinerlei Anerkennung und Berücksichtigung im Vorwärtskommen. Es liegt doch auch im Interesse der Bahnverwaltungen, für den Nachwuchs beim Kanzleipersonal geschulte und praktische Kräfte zu haben. Die Kanzleidiener, die sich jahrelang praktisch betätigt haben, die jeden Faden im Kanzleifache kennen, die sind der geeignete Nachwuchs und es müßten daher die Kanzleidiener auch aus diesem Grunde hinsichtlich dieser Forderung berücksichtigt werden. An dem ablehnenden Standpunkt der Bahnverwaltungen in diesen beiden so leicht zu regelnden Fragen ist aber nicht nur die Einsichtslosigkeit und der Mangel an gutem Willen seitens der maßgebenden Faktoren bei den Bahnen schuld, sondern auch die Kanzleidiener selber. Und zwar aus dem Grunde, weil die große Mehrheit derselben bisher diesen berechtigten Forderungen gegenüber nicht jenes tätige Interesse entgegengebracht hat, als dies eben zum Durchsetzen jeder Forderung nötig ist. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß die Kanzleidiener diese Aende-rungen nicht gewünscht haben. Im Gegenteil, es gibt auf den Bahnen -keinen Kanzleidiener, der nicht schon in irgendeiner Art diese Forderungen zum Ausdruck gebracht hat. Gewünscht und gefordert haben sie alle, diesbezüglich wurde der gemeinsame Wille aller Kanzleidiener sehr oft und sehr lebhaft zum Ausdruck gebracht. Auch vertreten wurden diese Forderungen auf jede nur mögliche Art und hat das Eisenbahnministeriuin beispielsweise durch berufene Organe die Forderungen als berechtigt erklärt. vM dieser Hinsicht ist also schon alles das geschehen, was überhaupt geschehen konnte. Aber eines mangelt noch immer, und zwar das Allernotwendigste. Nämlich, daß die Kanzleidiener auch endlich darangehen, ihren Forderungen einen entsprechenden, fühlbaren Nachdruck zu verleihen. Das kann aber nur damit geschehen, wenn die Kanzleidiener aller Bahnen endlich begreifen, das; auch sie mir ein Glied in der Kette der Eisenbahner smd, das ohne Zusammengehörigkeit mit allen anderen Gliedern dieser großen Kette hilflos und machtlos ist. Sie müssen sich endlich Mann ftir Mann der großen Organisation an* schließen, in derselben wirken und arbeiten und durch das geschlossene Vorgehen in der Geiamtoraanisation dartun. 1 : ------------------------------------- daß sie den eisernen Willen haben, ihre Forderungen nicht nur zu erheben, sondern sie mit der organisierten Macht des Gesamtziersonals auch durchzusetzen. Das soll keine Phrase sein, wie sie die Gegner unserer Organisation hinzustellen versuchen. Wenn die Bahnverwaltungen einmal sehen werden, daß alle Kanzleidiener einig und geschlossen sind, dann werden sie es auch nicht mehr wagen, die Forderungen der Kanzleidiener mit einigen unstichhältigen Begründungen abzulehnen oder sie als berechtigt anzuerkennen und trotzdem nicht durchzuführen, sie werden dann endlich offen Farbe bekennen müssen. Sie werden erklären müssen, ob sie die Sache machen oder nicht. Im ablehnenden Falle müssen sie mit dein ernsten, organisierten Widerstand des Gesamtpersonals rechnen und es kommt dann darauf an, wer der Sieger in diesein Kampf ist. Darüber kann es natürlich keinen Zweifel geben, das; in einem solchen Kampf stets das Personal den Sieg davontragen wird. Es handelt sich also nur um das Vorhandensein der Voraussetzungen für Kampfes- und Siegesmöglichkeiten und die mitschaffen zu helfen, ist eben die Aufgabe der Kanzleidiener, wollen sie ihre berechtigten Forderungen durchsetzen. Die Kanzleidiener müssen daher auch vor allem dafür Sorge tragen, daß mit der Eigenbrötelei im separaten Kanzleidienerverein aufgeräumt wird. Gerade der Bestand dieses Vereinchens ist für die Bahnverwaltungen der Beweis dafür, daß die Kanzleidiener uneinig sind und daß sie bei dieser Uneinigkeit keinen ernst zu nehmenden Widerstand zu erwarten haben. Man muß sich die Sache bezüglich des Wertes dieser separaten Kategorienorganisationen nur bis an die äußerste Wirkungsmöglichkeit ausdenken und man wird sofort darauf kommen, daß diese Vereinigungen selbst dann, wenn sie die besten Absichten haben, nichts anderes als Scheinorganisationen sind. Was soll der Kanzleidienerverein für Schritte unternehmen, wenn er seine Forderungen mit Deputationen und Petitionen nicht durchsetzt? Selbst wenn er das äußerste Kampfmittel in Anwendung bringen würde, wäre dasselbe wirkungslos, weil einzelne Kategorien zu ersetzen sind. Zu was also die Eigenbrödelei, wenn sie keine Vorteile bringt, wenn sie vielmehr zum Schaden der Kanzleidiener und zum Schaden des Gesamtpersonals wirkt. Die Bahnver-waltungen müssen sehen, daß die Kanzleidiener vor allem in ihrer Organisation einig sind. Notwendig ist natürlich auch, daß jeder einzelne im Betrieb diese Einigkeit in feiner persönlichen Tätigkeit und in seinen Bestrebungen jederzeit zum Ausdruck bringt. Das letztere ist insbesondere bei den Kanzleidienern notwendig, damit die Vorgesetzten der Kanzleidiener endlich begreifen lernen, wie sie die Kanzleidiener zu behandeln haben, damit sie im Kanzleidiener einen gleichwertigen Menschen erblicken, der dem Unternehmen genau so wertvolle und unentbehrliche Arbeiten leistet wie der Vorgesetzte und der daher mit kollegialer Achtung, mit Duldung und Entgegenkommen zu behandeln ist. Diese Aenderung in der Lage der Kanzleidiener kann nur die entsprechende Betätigung jedes einzelnen nach dem Willen der Gesamtheit schaffen. Die Voraussetzung hiefiit ist wiederum einzig die Zugehörigkeit zur Organisation des Gesamtpersonals- die in diesem Sinne wirkt und erzieht. Die Kanzleidiener haben also eine Reihe von Aufgaben zu lösen, wenn sie ihre Lage verbessert haben wollen. Außer den hervorgehobenen Forderungen haben sie auch eine Reihe anderer Wünsche, die zum Teil Forderungen des Gesamtpersonals sind und die ebenfalls einer dringenden Erfüllung harren. So die zweijährige Fristen in allen Gehaltstufen bis zu der Endgehaltstufe von 2000 Kr., die Regelung der Quartiergeld-, Wohnungsund Monturfragen u. s. w. Zum Durchsetzen dieser Forderungen sind die Kanzleidiener aller Bahnen ebenso notwendig, wie das Gesamtpersonal zum Durchsetzen der speziellen Forderungen der Kanzleidiener notwendig ist. Darum sollen sich die Kanzleidiener Mann für Mann der Gesamtorganisation anschließen und sich in derselben betätigen. I _........gB—BEB—B ÜÜ—E Inland. Die Aenderung des Organisationsstatuts der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Oesterreich. Die Reichsparteivertretnng hat im Auftrag des Innsbrucker Parteitages einen Entwurf zur Aenderung der Organisationsbestimmungen der Partei ansge-arbeitet. Die wichtigsten Aenderungen der bisher gültigen Bestimmungen sind folgende: Die Aufnahme in die Partei wird geregelt. Die Bezirksorganifation entscheidet darüber. Die Grundlage der Parteiorganisation ist der politische Verein. (Bisher war der politische Verein als Grundlage a n z u st r e-b e n.) Die Statuten der Lokal-, Bezirks-, Kreis- und Landesorganisationen dürfen dem Statut der Gesamtpartei nicht widersprechen. Das Verwaltungsjahr beginnt für alle Organisationen am 1. Juli und endet mit 30. Juni. Vezirksorganisationen, respektive Kreis- und Landesorganisation, ebenso der Klub der deutschen Reichsratsabgeordneten und die Vertreter der Partei in den Landtagen, Gemeiudevertretnngen und anderen öfentlich-rechtlichen Körperschaften haben alljährlich bis längstens 20. Jnli einen Bericht über ihre Tätigkeit an die Reichsparteivertretung zu erstatten. Der Parteitag ist alljährlich von der Parteivertretung einzu-berufen. Das Verfahren für die Wahl der Delegierten wird durch die Statuten der betreffenden Organisationen geregelt. Anträge zum Parteitag sind mindestens drei Wochen vorher (auf Aenderung des Organisationsstatuts sechs Wochen vorher) der Reichsparteivertretung zu übersenden, die sie im Zentralorgan zu veröffentlichen hat. Die Aufgaben des Parteitages werden genauer festgesetzt. Der Parteitag wählt eine „erweiterte Reichs-parteitiertretuug" aus 20 Personen, davon sind 10 die. Reichsparteivertretung, 10 die Kontrolle. Die Reichs-Parteivertretung wählt einen Vorsitzenden, drei Stellvertreter, zwei Sekretäre und den Kassier. Diese sechs Personen bilden den V o r st a n d. Die Reichspartei. Vertretung bestimmt den Chefredakteur und den Administrator des Zentralorgans. Die engere Reichsparteivertretung besorgt bte Parteigeschäfte, bestimmt und kontrolliert die prinzipielle Haltung der Vartemroane, ernennt die Angestellten der Partei und ihrer Unternehmungen u. s. w. Zur Teilnahme an Reichskonferenzen sind alle diejenigen berechtigt, die an den Sitzungen der erweiterten Parteivertretung oder der Landesparteivertretungen teilnehmen können. Die Aufstellung von Kandidaten erfolgt bei allgemeinen Reichsratswahlen durch die Reichskonferenz, und zwar auf Grund von Vorschlägen, die im Einvernehmen zwischen der engeren Parteivertretung und der Bezirksorganisation, beziehungsweise einer Vertrauensmännerkonferenz des Wahlbezirkes festgestellt werden. Erfogt ein solches Einvernehmen nicht, fo erstattet jede der beteiligten Körperschaften ihren begründeten Vorschlag in der Reichskonferenz und diese trifft die endgültige Entscheidung. Bei Nachwahlen entscheidet über die Kandidatur, wenn eine Einigung zwischen dem Bezirk (der Vertrauensmännerkonferenz) und der Parteivertretung nicht erfolgt, eine Kommission, die ans je drei Vertretern beider Teile besteht und deren Vorsitzenden der Klub der Reichsratsabgeordneten zu wählen hat. Ihre Entscheidung ist endgültig und erfolgt mit Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit durch den Vorsitzenden. Die Vorschriften betreffend die Aufstellung der Kandidaten für die Landtags-, die Bezirks- und Gemeindevertretungen und alle anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften werden durch die Statuten der Landes-, beziehungsweise der Kreis- und Bezirksorganisationen festgestellt. Parteimitglieder, die den Bestimmungen deS § 2 betreffend die Mitgliedschaft nicht entsprechen oder sich eines groben Verstoßes gegen die Grundsätze oder die Interessen der Partei oder einer ehrlosen Handlung schuldig machen, sind aus der Partei auszuschließen. Zur Entscheidung hierüber wird ein Schiedsgerichtsverfahren geschaffen und geregelt. Das Schiedsgericht kann erkennen auf Ausschließung aus der Partei überhaupt; Ausschließung aus der Organisation, die den Antrag gestellt hatte, unter Zuweisung des Mitgliedes an eine andere Organisation: Erteilung einer Rüge oder einer Verwarnung: Aberkennung des Rechtes, bestimmte Funktionen auszuüben, für eine bestimmte Zeit oder für immer. Dringlichkeit der Strafrechtsreform. Auf die baldige Durchdringung der S t r a f° g e f e tz r e f o r m, deren schädigenden 58 e st i nt* mungen für die Eisenbahner wir in unserem Leitartikel der vorigen Nummer aufzeigten, scheint die Regierung besonderes Gewicht zu legen. Es wird nämlich darüber berichtet: Die im Juni im Herrenhaus eingebrachten sechs Regierungsvorlagen über die Reform des Strafgesetzes, der Strafprozeßordnimg und deS Gesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Hausrechts sowie über die Bildung der Geschwornenlisten bilden einen über 1100 Paragraphen umfassenden Gesetzeskompler, dessen Durchberatung unter Anwendung der Vorschriften der heute geltenden Geschäftsordnungen der beiden Häuser des Reichsrates in absehbarer Zeit kann: zu erhoffen wäre. Infolgedessen wurde, vorläufig allerdings in unverbindlichster Weise, der Gedanke angeregt, für die Erledigung dieser Gefetzesvorlagen ein abgekürztes Verfahren e i n z u f ii h t c n, das eine zcitgerechtc Verabschiedung der Strafrechtsreform — von unvorhergesehenen Zwischenfällen, wie einer vorzeitigen Auflösung des Abgeordnetenhauses abgesehen — ermöglicht. Uebcr die Details dieses abgekürzten Verfahrens für die Beratung und Beschlußfassung sind allerdings noch keine Abmachungen getroffen worden, da hiezu ein Einvernehmen beider Häuser erforderlich ist, das herzustellen infolge der Unterbrechung der Beratungen des Reichs-rates nicht möglich war. Tie österreichischen Staatsschulden. Noch dem letzten Ausweis der Staatsschulden-kontrollkommission hatte Oesterreich Ende 1911 12.4 6 0 6 Millionen Schulden. Zur Verzinsung dieser Zwölfmilliardenfchuld ist jährlich ein Betrag von 4842 Millionen erforderlich. Oesterreich hat bekanntlich 27'9 Millionen Einwohner; es entfallen also ans den Kopf der Bevölkerung Kr. 4 3 7-7 3 Staatsschulden. Das ergibt per Kopf ein jähr-l i ch e s Z i n f e n e r f c> r d e r n i s v o n K r. 3 4'8 0. Auf den Kopf der Bevölkerung gerechnet, hat Oesterreich so ziemlich die höchste» Staatsschulden in Europa. Unsere Verschuldung wird natürlich noch weiter emporschnellen; seit 31. Dezember 1911 hat die Regierung ohnedies wieder eine Viertelmilliarde Schulden gemacht, im Herbst wird dem Abgeordnetenhaus die Rechnung für den patriotischen Eifer der dentschsreiheitlichen und christlichsozialen Bewillignngspatrioten präsentiert. Das heißt: es werden neue Schulden gemacht. Die 13. Milliarde werden wir bald überschreiten. Wenn so weiter gewirtschaftet wird, kommen wir bald zum Ende, denn Verwaltung, Staatsschulden und Militär verzehren heute schon mehr als die Hälfte; steigert man die Rüstungen aber so fort, gehen in wenigen Jahren zwei Drittel der S t a a ts-e i n n a h m e n dafür auf. Die todsichere Aussicht auf den Staatsbankerott hält die Machthaber freilich nicht ab, die Militärlasten fortwährend zu steigern. Die großen Herren glauben eben, daß die Steuerschraube dem Volk noch etwas intensiver angesetzt werden kann. .... * Eine mißglückte Verteidigung deS Nntionalverbandes. In der „Oesterreichischen Volkszeitnng" veröffentlichte der deutschradikale Reichsratsabgeordnete Doktor Ritter v. Mühlwerth einen Artikel zur Verteidigung des Nationalverbandes, der aber das strikte Gegenteil de» wirken muß, wenn er aufmerksam gelesen wird. Wir wollen hier eine Probe dieser Stilübung unter die Lupe nehmen. Herr Mühlwerth schreibt: Alle schimpfen sie übet ihn (den ?iaiionaluetI>anb). D. Red. d. „V."), die Sozialdemokraten, die Schöneriancr und die Slcritalcn! Den einen ist er zu regierungsfreundlich, den anderen zu schwarz-gelb und zu wenig deutsch, den dritten zu wenig katholisch! Und weil sie alle schimpfen, so meine ich, daß er doch noch etwas taugen mutz, dieser Deutsche Nationalverband>, und daß die Politik- die er gemacht hat- doch nicht gar so miserabel gewesen fein mutz, denn sonst würden die Gegner nicht immer schimpfen, sondern ihn unbeachtet lassen und sich keinen Deut um ihn kümmern. Sagt doch schon ein altes, gutes, deutsches Sprichwort: „Die' schlechtesten Früchte sind cs nicht, woran die Wespen nagen!" Gar so bedeutungslos scheint er also nicht zu sein, dieser Nationalverband, weil er den Gegnern so sehr im Magen liegt. Eine wunderbare Begründung! Nach diesem Schema läßt sich vieles rechtfertigen. Die Nutznießer der Teuerung können zum Beispiel sagen: Alles schimpft über die Teuerung, daher muß sie doch etwas ganz Vorzügliches fein. Und die Aerzte werden sehr erstaunt sein, zu erfahren, daß eigentlich jene Speisen die besten sinh, die den Leuten im Magen liegen bleiben. Der parlamentarische Tätigkeitsbericht. Soeben ist das zweite Heft des Berichtes über die Tätigkeit der deutschen sozialdemokratischen Abgeordneten im österreichischen Reichsrat (Verlag der Wiener Volks^ buchhandlung Ignaz Brand u. Komp.) erschienen. Es behandelt den vom 5. März bis zum 5. Juli 1912 reichenden Abschnitt der XI l. Legislaturperiode. Durch ihre Gründlichkeit, Uebersichtlichkeit, lichtvolle und kritisch leitende Darlegung der parlamentarischen Vorgänge sind diese Berichte längst für jeden unentbehrlich geworden, der sich ernsthaft mit den parlamentarischen Vorgängen befaßt, genau die Tätigkeit unserer Fraktion verfolgt lind den Zusammenhang der Ereignisse unter den wechselnden Eindrücken des Tages nicht verlieren will. Doppelt unentbehrlich aber sind sie für alle Funktionäre der Partei und der Gewerkschaften, denen diese musterhaft zuverlässigen und an Daten fo reichen Berichte zur Rüstkammer der Abwehr gegnerischer Anfeindungen und Entstellungen werden. Namentlich das vorliegende Heft aber hebt sich in seiner Darstellung der bedeutungsvollen Debatten, von denen es handelt, der Debatten über die Dienstpragmatik und die Wehrvorlagen hervor. Und doch möchten wir beinahe als die wichtigsten Abschnitte des Heftes diejenigen bezeichnen, die von den Ausschüssen reden. Denn gerade die für die Gestaltung der Gesetze oft entscheidenden Aiisschnßberatungen, die in der Zeitung selten eine ausführliche Wiedergabe finden können, entziehen sich nur zu oft der allgemeinen Aufmerksamkeit. Der ungemein wohlfeile Preis des Heftes, 30 H. bei einem Umfang von 69 Seiten, macht es jedem Parteigenossen znr Möglichkeit und daher auch zur Pflicht, diesen unentbehrlichen Behelf sich mizuschafsen. * ,> Pläne des ScharsmacherttimS. Die Leitung der „Vereinigung der Arbeitgeber Oesterreichs" versendet an ihre Mitglieder ein Rundschreiben, das die Ueberreichung einer Massen* und Sturmpetition um noch mehr gesetzlichen Schutz für die Arbeitswilligen vorbereiten soll. Die Petition soll der Regierung im Herbst überreicht werden. Nach dem Wahlsieg der deutschfreiheitlichen Scharfmachersöldlinge in den Jndustriegegenden der Sudetenländer im vorigen Sommer sehen die Scharfmacher offenbar ihre Zeit gekommen. Aus dem Rundschreiben geht aber auch hervor, wie unnötig ihr Verlangen ist, denn es wird darin mit Befriedigung festgestellt, daß die Behörden und ihre Organe, also die Polizei und Gendarmerie, infolge des steten Drängens der Scharfmacher seit einiger Zeit ein schärferes Vorgehen bei Streiks üben. In der Tat ist festzustellen, daß das äußere Bild der Lobnkämpse dem in Preußen, Sachsen oder anderen Polizeistaaten gewohnten immer ähnlicher wird. In Bezug auf die Anpassung behördlicher Unparteilichkeit an die Bedürfnisse de§ Kapitals ist Oesterreich langst in die vorderste Reihe der modernen Kulturstaaten eingerückt. ■ # ' Deutschradikales Lumpentnm. Das künftige Jahr wird sowohl in Oesterreich als auch in Deutschland gekennzeichnet sein durch große Kämpfe zwischen Kapital und Arbeit, da in diesem Jahre zahlreiche Tarifverträge ablaufen, deren Erneuerung nicht glatt von statten gehen wird. Die Scharfmacher, die nicht nur Abgeordnete aufkaufen, sondern auch die bürgerliche Presse bestechen, lassen jetzt schon gegen die Arbeiterschaft in ihren Zeitungen Stimmung machen. So zum Beispiel auch in der „Ostdeutschen Rundschau", des zuckersüßen Wolf, dem führenden Organ der Deutsch-radikalen, die sich, wie der 3000 Kronen-Heine, gar zu ; gern bei Wahlen als „Arbeiterfreunde" aufspielen. Das edle Blatt schreibt unter anderem: j Ron der Arbeiterschaft werden immer weil ergehende Forderungen aufgestellt, die schließlich zum Ruin der Unternehmer führen und jegliche Unternehmungen unrentabel machen müssen Wir haben cs hier nicht mehr mit an und für sich friedliebenden Menschen ,u tun, die sich Wirt-schaftliche Vorteile erringen wollen, sondern mit aufgehetzten Massen, die an den Grundlagen unseres Staates rütteln. Statt ein scharfe» tlu&imlim#gtfcl# »um Schul» der friedlichen Bürger zu schaffe», werden dem Umsturz immer weitere Konzessionen gemacht. Wer sich außerhalb der bestehenden Gesetze stellt und diese mißachtet. für den« müssen Sondcrgcfetzc erlassen werden, so unsympathisch auch manchem dieses Wort erklingen mag! Möchte es einem opferfreudigen Volk in Erinnerung an die großen Ideale, für die unsere Vorfahren kämpften und starben, gelingen, im Jahre 1913 den inneren Feind (lies: die Arbeiter) glorreich zu schlagen, zum dauernden Nutzen des Vaterlandes (lies: der Kapitalisten), wie einst den äußeren Feind, der unsere Heimat bedrückte. Sehr treffend bemerkt zu dieser Scharfmacher-' gemeinheit die „Volkstribüne": Gut gebrüllt, Ochse!...' Die dreckigen Kerle reden vom Hetzen und vom Revo*' Intionismus — sie, die immer damit spielten, nun aber plötzlich zn Staatsstützen sich machen und als Ordnnngs-' männer eine Rolle spielen wollen! Gibt es ein ärgeres' Lumpengesindel als jenes ist, das einmal vom „Revo* lntionsniachen lebte und nun dem Absolutismus seine Visitkarte überreicht? Der Minister müßte ein Schurke sein, der sich derartigen Ueberläusern und Renegaten zur Seite stellte. Ein zehnfacher Raubmörder ist noch immer um hundert Prozent ehrlicher wie solch ein germanischer Berufsrevolutionär, der mir dorthin läuft, wo ihm ein Beutel mit Gelft aeseiat wird!... J Wir sehen, wie sich die ganze Mente, bestehend aus 5en zweifelhaftesten Charakteren, aus Sieben, Leichenschändern, Renegaten, Wortbrüchigen, Verrätern und profitgierigen Subjekten, zusammenfindet in dem einen Gedanken: die Arbeiterschaft ihrer schwer errungenen Rechte zu bftcmben, sie wieder zn Knechten zu machen der sogenannten Herren, die sich amnaßen, eine Art Vorsehung für „ihre" Arbeiter zu spielen. Leider wird dem schändlichen Treiben der diversen Unternehmerverbände, deren feilen Presse und der gesamten reaktionären Menge von seiten eines großen Teiles der Arbeiterschaft noch viel zu wenig Beachtung geschenkt. Wir müssen aber wach bleiben, damit wir von den Ereignissen nicht überrascht werden. Darum, Arbeiter, höret... j Arbeiter, beherzigt, was man euch immer sagt: Organisiert euch und steht fest zusammen, denn derjenigen, die euch moralisch morden wollen, werden immer mehr! MMl* Ausland. Alkohvlverbot auf norwegischen Eisenbahnen. Der Storthing hat, wie das „Oesterreichisch-urtgarische Eisenbahnblatt" mitteilt, vor einigen Tagen mit 61 gegen 59 Stimmen einen aus den Kreisen der Mäßigkeitsstreber stammenden Vorschlag angenommen, wonach die Reisenden mitgebrachte berauschende Getränke von mehr als 2 / Prozent Alkoholgehalt in den Eisenbahnzügen nicht verzehren dürfen. Diese Maßregel bezieht sich also sowohl auf Spirituosen wie auf Bier. Anlaß zu dem Beschluß gab der Umstand, daß wiederholt Klagen laut wurden, daß Reisende von betrunkenen Mitreisenden belästigt worden sind. Indessen kamen bereits bei den Verhandlungen int Storthing starke Bedenken zum Vorschein, indem verschiedene Abgeordnete ihre Zweifel darüber ausdrückten, wie die Schaffner feftstellen sollten, ob ein Reisender starkes oder alkoholschwaches Bier — ixelch letzteres zulässig ist — in der Flasche habe. * Erfrischungsgetränk? für das preußische Fnhrpersonnl. , Das „Oesterreichisch-ungarische Eisenbahnblatt" schreibt : Die königlich preußischen'Eisenbahndirektionen haben jüngst angeordnet, daß dem im Dienst befindlichen Lokonwtiv- und Zugbegleitpersonal zur Erleichterung seiner Dienstausführungen zu Zeiten langandauernder, ungewöhnlicher Hitze aus deu größeren Bahnhöfen dürft-stillende _ Getränke _ unentgeltlich verabreicht werden. Kostenfrei sind Erfrischungsgetränke an das Fahrpersonal abzugebeu: a) wenn das Thermometer drei Tage hintereinander vormittags 10 Uhr 25 Grad Celsius und mehr im Schatten anzeigt, vom vierten Tag ob bei gleicher Temperatur; b) wenn das Thermometer an sieben auseinander folgenden Tagen vormittags 10 Uhr 20 Grad Celsius und mehr im Schatten anzeigt, vom achten Tag ob bei weiter andauernder Temperatur. — Diese Erfrischungen können noch mindestens vierstündiger Dienstleistung einmal, nach mindestens achtstündiger Dienstleistung zweimal unentgeltlich verabreicht werden. * Wachstum der deutsche» Gewerkschaften. Nach den Feststellungen des Kaiserlichen Statistischen Amtes, die kürzlich im „Reichs-Arbeitsblatt" veröffentlicht wurden, weisen die Arbeiterorganisationen der verschiedenen Richtungen und Färbungen in den beiden letzten Jahren folgende Mitgliederzahlen auf: Ende 1911 1910 Freie Gewerkschaften 2,400.018 2,128.021 Hirsch-Dunckersche Gctoerfvercine . . , 107.743 122.571 Christliche Gewerkschaften................ 350.674 316.116 Unabhängige Vereine....................... 763.935 711.177 Wirtschaftsfriedliche Vereine (Gelbe) . ,V 162.262 121.126 Lokalorganisierte Gewerkschaften . . 7.133 — Mas an diesen Zahlen sofort in die Augen springt, das ist ein erfreuliches starkes Anwachsen der freien Gewerkschaften. Konnten sie doch das Jahr 1911 mit der stattlichen Mitgliederzahl von 2,400.000 abschließen. Sie haben seit Schluß des Jahres 1910 nicht weiger als 271.997 Mitglieder gewonnen nnd stehen dem Unternehmertum als eine achtunggebietende Macht gegenüber. Die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvercinc dagegen sind um 14.828 Mitglieder zurückgegangen. Bei ihnen nimmt nur die Bedeutungslosigkeit zu. Wenn die christlichen Gewerkschaften, die man-nach den Vorgängen der letzten Zeit kaum noch ols Gewerkschaften mitzählen kann, einen Mitgliederzuwachs von 34.459 zu verzeichnen haben, fo will das int Vergleich zu dem Anwachsen der freien Gewerkschaften nicht viel sagen, Die Lokalorganisationen kommen ihrer verschwindend kleinen Mitgliederzahl wegen gar nicht mehr in Betracht. Sie sind nichts als kümmerliche Uebetbleibfel vergangener Zeiten. Was sich unter der Bezeichnung „Unabhängige Vereine" und „Wirtschaftsfriedliche Vereine" präsentiert, daS mögen wohl Vereinigungen von Arbeitern fein, aber Gewerkschaften sind es nicht und wollen es nicht fein. Es handelt sich bei diesen Organisationsgebilden zumeist um die sattsam bekannten Gelben, diese ausgesprochenen Feinde der modernen Gewerkschaften. Die englischen Eisenbahnen im Jahre 1911. Trotz Eisenbahnerstreik und sonstiger Erschütterungen des Wirtschaftslebens weist das letzte Betriebsjahr die höchsten bisherigen Ergebnisse auf, was auf das gute Wetter und die Krönuttgsseier zurückgesiihrt wird. Die Länge der Strecken war 37.685, die der Geleise 37.830 Kilometer, eine Ausdehnung der Strecken gegen das Vorjahr um knapp 50, der Geleise um 426 Kilometer. Die Einnahmen betrugen 2598-7 Millionen Mark (+ 66 9 Millionen), wovon fast genau die Hälfte auf den Güter-, 42 Prozent auf Personen-, 8 Prozent ans gemischten Verkehr entfielen. Der Reinertrag war 992 53 Millionen (-+- 25 05 Millionen) = 3 67 (3-59) Prozent des eingezahlten Kapitals von 27.049-3 Millionen Mark. Die Dividende war 3-62 (3 48) Prozent. Doch ist wohl anzu-nehrnen, daß in dem großen Ausgabenposten von 1606-2 Millionen ein ansehnlicher Posten „Abschreibungen" enthalten ist, der einen Teil be§ Gewinnes versteckt (+, 4184). Was amerikanische Eisenbahnkapitalisten verdienen. Der Reingewinn bei der Canadian P ac i si c--B ah n übertrifft im verflossenen Jahr 1911 mit 32-7 Millionen Dollars jenen des Vorjahres um 6 Millionen Dollar?. Die Bruttoeinnahmen haben sich um rund 19 Millionen, die Ausgaben um 12 5 Millionen Dollars, die Nettoeinnahmen aus den Eisenbahn- und Schiffahrtslinien um 6 6 Millionen Dollars vermehrt. Auf neue Rechnung werden 17-6 Millionen gegen 11-8 Millionen im Vorjahr vorgetragen. Imponierende Zahlen. Die zahlenmäßigen Berichte über die Entwicklung der Arbeiterbewegung, die in den letzten Tagen von der Generalkommission der Gewerkschaften und dem sozialdemokratischen Parteivarstand in Deutschland erstattet worden sind, ergeben ein Gesamtbild, das auch dem Gegner imponiert. Fast zweieinhalb Millionen gewerkschaftlich, fast eine Million politisch Organisierter, rund anderthalb Millionen Abonnenten der sozialdemokratischen Tagespresse — das sind Ziffern, die sich sehen lassen dürfen, mit denen feine andere Bewegung in der Welt auswarten kann. Nimmt man die 4V-. Millionen sozialdemokratischer Stimmen dazu, die bei den letzten Reichstagswahlen abgegeben worden sind, die 110 Abgeordneten, die int Reichstag, die 224, die in den verschiedenen Landtagen sitzen, schließlich noch die Tausende von Stadtverordneten und Landgemeindevertretern, denkt man an die Fortschritte der GenossenschaftSßctoegnng,_die unermüdliche Bildungsarbeit, die von den verschiedensten Organisationen geleitet wird, fo versteht man am Ende auch die Worte unwillkürlicher Bewunderung, die schon so oft dem Munde der entschiedensten Gegner entschlüpft sind, versteht insbesondere dos Wort eines süddeutschen Ministers von der „großartigen Kultnrbewegung", dessen Wahrheit mit so tiefer wirkt, je mehr man es von der ändern Seite her verunglimpft. Der berechtigte Stolz, mit dem die deutsche Arbeiterklasse ans die machtvolle Entwicklung ihrer Organisationen blickt, kann nur gesteigert werden durch das Bewußtsein, daß oll dies geschaffen worden ist unter den denkbar schwierigsten Verhältnissen, im Kampfe mit fanatisch-skrupellosen, vor keinem Mittel zurückschreckenden Gegnern, unter dem Druck der Ausnahmegesetze, der VerwaltungSpraris, der Klassenjustiz. Man versteht die Gegner wahrhaftig nicht, die sich alle diese Erfolge zu erklären suchen mit der gedankenlosen Papageienphrase vom „Terrorismus", der die Massen Zusammenhalten soll und der nur durch drakonische Gesetze bekämpft werden müßte, um das ganze stolze Gebäude in Schutt und Asche zu verwandeln. Nicht mit Druck und Gewalt sind die Organisationen der Arbeiter errichtet worden, sondern im Kampfe gegen sie. Man versuche e§, sie nach den Methoden des Scharfmacherturns zu bekämpfen — ach, man hat es schon so oft versucht! — das Ergebnis wird stets dasselbe bleiben: noch mehr Organisierte, noch mehr Freunde der Arbeiterpresse, noch stärkerer Arbeitseifer, noch engerer Zusammenhalt! * Gründung einer Gewerkschaftsbank in Deutschland. Die deutschen Gewerkschaften sind unzufrieden mit den Banken, mit denen sie bisher in Geschäftsverbindung stehen. In Streikzeiten zeigen diese oft Abneigung, aus die Sicherheit der von den Verbänden hinterlegten Staats-, Eisenbahn- U. s. w. Papiere hin Vorschüsse zu1 geben. Namentlich beim Kohlenarbeiterstreik war das der Fall, so daß die örtlichen Verbände sich manchmal an die Bankabteilung der Großeinkaufsgesellschaft der Konsumvereine wenden mußten. Ent Plan, diese Bank auch zur Gewerkschaftsbank zu machen, wurde wieder aufgegeben. Jetzt wird empfohlen, daß alle Gewerkschaften ihre Fonds — es handelt sich bei den großen Verbänden um zusammen etwa 100 Millioen Mark — auf genossenschaftlicher Grundlage vereinigen, um eine Bank zu gründen. Diese sollte den gewöhnlichen Geld-verkehr regeln und den Gewinn zurückerstatten, vor allem aber in Fällen von Kämpfen unter billigen Bedingungen Vorschüsse geben. Zurzeit werden drei verschiedene Pläne in Gewerkschaftskreisen erwogen. Aus dem Gerichtssaal. Der Müllhcimer Eisenlmhnunfall bot Gericht. Von der Strafkammer II des Landgerichts Freiburg sind nach dreiwöchiger Verhandlung der Lokomotivführer Platten und der ZugSführer Bär wegen fahrlässiger Tötung in rechtlichem Zusammentreffen mit fahrlässiger Körperverletzung und mit Gefährdung eines Eisenbahntransports verurteilt worden, und zwar Platten zn einer Gefängnisstrafe von 2 Jahren 4 M o n a t e n mit Anrechnung von 10 Monaten Untersuchungshaft, Bär zu einer G c f ä n g n i s st r a f e v o n 7 M o n a t e n. Der Mitangeklagte Heizer ist von der erhobenen Klage frei-gesprochen worden, jedoch wurden ihm die ihm selbst erwachsenen notwendigen Auslagen einschließlich derjenigen der Verteidigung auferlegt. Mutz in jedem Zug ein Abort sein? Am 20. August 1911 fuhr der Nähmaschinenhändler Rudolf 8a mal aus der Nordwestbahn von Wlkawa nach Jungbunzlcm. Vor der Station Dobrowitz hatte er das Bedürfnis, den Abort aufzusuchen. Da aber ein solcher in seinem Wagen nicht war, ersuchte er den Kondukteur, ihn in einen Wagen mit Abort zu bringen. Aber im ganzen Zug war kein solcher. In der Station war der Aufenthalt nur kurz und Herr 6 a m a l mußte entsteigen, ohne die Notdurft verrichtet zu haben. Darauf verspürte er heftige Beschwerden, die mehrere Tage anhielten, so daß er den Arzt rufen mußte. Er klagte daS Bahnärar beim Prager Handelsgericht auf Zahlung van 1000 Kr. an Schmerzengeld und 20 Kr. an Heilkosten. Der Vertreter des AerarS gab wohl das Fehlen eines Abortes in jenem Zuge zu, bestritt aber die Kompetenz deS Gerichtes und die körperliche Verletzung, wie der § 1 deS Gesetzes über die Haftung der Bahn voraussetzt. Der Senat unter Vorsitz des LandesgerichtSrateS Weih beschränkte sich auf die Begründung der Ansprüche des Klägers und fällte nach Anhörung der Zeugen, des Sachverständigen im Eisenbahnwesen und des Professors Bnkovsky ein vorläufiges Urteil, durch welches die klägerischen Ansprüche als begründet anerkannt werden. Dieses in der Judikatur bisher einzige Urteil besagt, daß in dem Fehlen eines Abortes in jenem Zuge eine Unregelmäßigkeit des Verkehre- liege und dies nach dem Gutachten des ärztlichen Sachverständigen auf pathologische Veränderungen schädlich wirkte, wodurch der Gesundheitszustand des Klägers erschüttert wurde. Demnach seien alle im § 1 des zitierten Gesetzes normierten Bedingungen gegeben. Verpflichtung der Eisenbahnverwaltnngen zur Beleuchtung der Bahnschranken. Bisher haben die Eisenbahnverwal-tungen es stets abgelehnt, die Bahnschranken bei Straßen-übergängen zu beleuchten, indem sie behaupteten, daß sie dazu gesetzlich nicht verpflichtet wären, sondern daß die Kosten der Beleuchtung der Wegübcrsehungen als polizeiliche Auslage ausschließlich von den Gemeinden zil tragen seien. Mit dieser Begründung hat zum Beispiel die Südbahn die Beleuchtung des Bahnschranken? bei der Wegübersetzung beim Bahnhof Toblach seinerzeit abgclehnt. Nun veröffentlicht die Röllsche Sammlung eisenbahnrichterlicher Entscheidungen eine Entscheidung des Obersten Gerichthofes, in Welcher die Verpflichtung der Bahnverwaltung zur Beleuchtung des Schrankens bei verkehrsreichen Uebergängen ausgesprochen und die Nichtbeachtung als ein die Schadenersatzpflicht begründendes Ver-fchulden erklärt wird. Verkehrsverhältnisse, welche die Beleuch, tung erfordern, wurden vom Obersten Gerichtshof schon in dem Umstand erblickt, daß die betreffende Wegübersetzung durchschnittlich jede Nacht von zwei Automobilen passiert wird. In den Entschcidungsgründcn wird ausgeführt: Die Beleuchtung des Bahnüberganges ist nicht zu verwechseln mit der davon wesentlich verschiedenen Beleuchtung der den lieber-gang über die Bahn verhindernden Schranken. Bei herab-gelassener Schranke ist die Beleuchtung des Ueberganges, dessen Passierung dann nicht möglich, beziehungsweise nicht erlaubi ist, zwecklos, dagegen ist die Beleuchtung der geschloffenen Schranke notwendig, um die herankommenden Fuhrwerke auf dass der Ueberschreitung des Bahnkörpers enigcgenstehende Hindernis aufmerksam zu machen. Wenn also für den in Rede stehenden Bahnübergang eine befonedere Vorschrift zur Beleuchtung nicht bestand, fo gestattet dies keineswegs den Schluß, daß die Bahn auch zur Beleuchtung der geschlossenen Schranke nicht verpflichtet gewesen sei. Letztere bildet zur Nachtzeit unter allen Umständen ein die Sicherheit der Passanten gefährdendes Hindernis, während der Bahnübergang unter Umständen auch ohne Beleuchtung ebenso ungefährlich passierbar sein kann wie die unbeleuchtete Straße selbst. Die Verpflichtung der Bahn zur nächtlichen Beleuchtung hcrabgclasfcncr Bahnschranken ergibt sich zweifellos aus,dem § 17 der Eisenbahnordnung, und in der Unterlassung dieser Beleuchtung liegt ein Verschulden derselben, für welches die Eisenbahn-untcrnehmung hastbar ist. (Mitgeteilt vom Landesver-kehrSrat.) MU. (So weit es die Naumverhältnisse gestatten, werden wir an dieser Stelle von Zeit zu Zeit durch bewährte Mitarbeiter fachtechnische Fragen einer Besprechung unterziehen.) Elektrischer MerihtchAbeLmÄ Md ferne Maß- Von Ingenieur P. M. Grempe, Berlin. (Nachdruck verboten.) Die bedeutende Zunahme der Elektrizität im Eisenbahnwesen muß eS mit sich bringen, daß auch unter den Eisenbahnern immer häufiger die gebräuchlichen elektrotechnischen Maßeinheiten genannt werden. Ueberall wo Elektrizität verbraucht wird, hären wir die Bezeichnung«!: Volt, Ampere u. s. w. Viele, die nicht schon in der Schule eingehend darüber aufgeklärt worden sind, können sich aber keine rechte Vorstellung davon machen, war eigentlich darunter zu verstehen ist. Nun ist eS allerdings richtig, daß wirklich populäre Erklärungen der elektrotechnischen Maßeinheiten verhältnismäßig schwer zu geben sind, zumal daim, wenn man nicht an der Hand von Demonstrationsmitteln Erleichterungen für die Auffassung schaffen kann. Es liegt also in der Natuur der Sache, daß der Laie, will er sich einigermaßen damit vertraut machen, eine gewisse Aufmerksamkeit entfalten muß. Da wir aber sehen, daß nun auch im Eisenbahnwesen der elektrische Betrieb an Bedeutung gewinnt, so wollen wir versuchen, im Folgenden das Nötige über elektrische Maßeinheiten möglichst allgemein verständlich zu behandeln. Man pflegt gewöhnlich durch das Hilfsmittel des Vergleiches schwierige Sachen dem Verständnis nahe zu bringen. Hiebei geht man von möglichst allgemen bekannten Dingen und Erscheinungen aus, um dann die entsprechenden Nutzanwendungen in bezug auf die erklärenden Fragen zu ziehen. Aber schon das Sprichwort sagt: Jeder Vergleich hinkt! Dieser Satz ist ganz besonders auch bei der Frage der Popularsierung der Begriffe elektrischer Maßeinheiten am Platze. Es fei daher ganz allgemein an den Vergleich erinnert, durch den man eine elektrische Stromleitung einer Wasseranlage gleich erachtet. Die Wasserleitung arbeitet zum Beispiel mit einem Druck von 4 Atmosphären, das heißt also, für jeden Ouadrat-zentiineter wird ein Druck von 4 Kilogramm enwickelt. Eine Wasserleitung, die 8 Atmosphären arbeitet, entwickelt also den doppelten Druck. ES ist allgemein bekannt, daß ein Rohr von großem Durchmesser mehr Wasser liefert, als ein enges Rohr. Es ist auch ohneweiters einleuchtend, daß hiefür auch noch der größere oder geringere Druck ein maßgebender Faktor ist. In der Elektrotechnik mißt man nun die Stromstärke nach Amperen. Unter der Stromstärke ist in der Praxis diejenige Menge Elektrizität zu verstehen, welche in der Zeiteinheit durch den Querschnitt eines elektrischen Leiters fließt. Bei der theoretischen Entwicklung des elektrischen Maßsystems gilt als Zeiteinheit eine Sekunde. Die Spannung des elektrischen Stromes wird nach Volt gemessen. Daher pflegt der Elektrotechniker zu sagen, daß die Anlage eine Spannung von so und soviel Volt hat. Früher hatten die Verteilungsnetze, die in den Städten ic. den Konsumenten die elektrische Energie für Licht und Kraftzwecke zuführten, meist 110 Volt. Jetzt kommt gewöhnlich eine Spannung von 220 Volt in Frage. Mit wesentlich höherer Spannung arbeiten aber schon die elektrischen Straßenbahnen, und mit noch bedeutend gesteigerter Stromspannung wird der Betrieb der elektrischen Vollbahnen bewirkt, wie wir später noch auseinandersetzen werden. Für die elektrotechnischen Maßeinheiten gilt daS fo* genannte Ohmsche Gesetz. Nach diesem ist der Widerstand eines Stromkreises gleich dem Verhältnis seiner elektromotorischen Kraft zu seiner Stromstärke. Die für die Praxis V" ; ,, rvsv---.t in Betracht kommende Einheit des Widerstandes ist somit derjenige Widerstand, in dem 1 Vott (Einheit der elektrischen Kraft) 1 Ampere (Einheit der Stromstärke) liefert. Diese Widerstandseinheit heißt 1 Ohm. Das Ohmsche Gesetz sagt also: 1 Volt — 1 Ampere X 1 Ohm. Man kann diese Einheit auch so ausdrücken: , nr . „ I Dolt 1 Amperes = Es kommt nun darauf an, mit dem elektrischen Strom Arbeit zu leisten. Diese kann darin bestehen, daß wir eine elektrische Glühlampe zum Leuchten bringen, elektrisches Bogenlicht erzeugen, einen Fahrstuhl auf- und niedersteigen lassen, eine Melkmaschine elektrisch antreibcn, einen Straßenbahnwagen oder eine elektrische Lokomotive dahinrollen lassen. Diese elektromotorische Kraft ist also der Effekt, den wir durch eine Elektrizitätsanlage erzielen wollen. Der elektrische Strom soll uns in jeder Sekunde eine bestimmte Arbeit leisten. Die Größe derselben mutz gemessen werden. Hiefür gilt der Grundsatz, daß dieser Effekt gleich ist dem Produkt aus der elektromotorischen Kraft und der Stromstärke. Für die Zwecke der Praxis rechnet man nach Watt und versteht hierunter die Einheit der elektromotorischen Kraft, die den Effekt, von 1 Watt erzeugt, wenn sie den Strom 1 Ampere durch den Stromkreis treibt. ES ist daher 1 Volt X 1 Ampere gleich 1 Watt. Aus dieser Definition (Begriffsbestimmung) wird erklärlich, daß man in der Elektrotechnik die Bezeichnung Watt oft durch „Volt-Ampere" ersetzt, da beide Begriffe gleichbedeutend sind. Da nun die Einheit Watt verhältnismäßig klein ist, so rechnet man gewöhnlich nach Kilowatt. Herunter sind mithin 1000 Watt zu verstehen. Entnehmen wir nun diese Menge eine Stunde lang ununterbrochen aus einer elektrischen Leitung, so haben wir die Kilowattstunde. Diese kann natürlich auch dadurch zustande kommen, daß wir irgendeinen an die Leitung angeschlossenen Apparat, zum Beispiel eine elektrische Lampe, nach Bedarf ein- und ausschalten. Wir müssen jetzt natürlich die jeweils erzielten Brennzeiten resümieren. Sobald wir 60 Minuten lang 1000 Watt aus einer Leitung entnommen haben, erhalten wir die Kilowattstunde. In der Praxis ist die Berechnung verhältnismäßig einfach. Es sind nämlich Apparate erbaut worden, die, ähnlich wie die Gasuhren, die Ablesung der jeweils verbrauchten Elektrizitätsmenge bequem ermöglichen. Der Tarif der Elektrizitätswerke wird auf der Grundlage des Kilowatt aufgestellt. So kostet zum Beispiel in Berlin die Kilowattstunde 40 Pf., sofern die gewöhnlichen Beleuchtungszwecke in Frage kommen. Die öffentlichen Elektrizitätswerke pflegen aber den Strom, der für wirtschaftliche Zwecke (Fahrstuhlbetrieb, Maschinenantrieb) verwendet wird, im Interesse einer guten Ausnutzung des Werkes billiger abzugeben. Hiefür ist der Gesichtspunkt maßgebend, daß jedes Elektrizitätswerk groß genug bemessen sein muß, um den Konsum bewältigen zu können. Nun ist aber erfahrungsgemäß bei öffentlichen Elektrizitätswerken der Konsum in den ersten Abendstunden am größten. Das erklärt sich daraus, daß mit dem Eintritt der Dämmerung überall künstliche Beleuchtung gebraucht wird. In allen Fabriken, Comptoirs, Läden 3c. sowie auch auf Straßen und Plätzen wird nun elektrischer Strom für Lichtzwecke verbraucht. Sobald dann die verschiedenen Arbeitsstätten geschlossen werden, fällt der Stromkonsum ab. DaS erklärt die Tatsache, daß normal bei öffentlichen Elektrizitätswerken die Zeit vom Eintritt der Dunkelheit bis gegen 9 Uhr die Hauptbelastung des Werkes bringt. Nach 8 Uhr schließen die meisten Geschäfte ihre Pforten, so daß zu dieser Zeit gewöhnlich schon wieder eine Stromabnahme zu beobachten ist. Jedes Elektrizitätswerk arbeitet nun, ist es allein auf diesen Lichtkonsum angewiesen, technisch recht unökonomisch. Die Kraftanlagen müssen anSreichen um den Hauptkonsum während weniger Stunden bewältigen zu können, werden doch aber während der übrigen Tages- und Nachtzeiten nur wenig ausgenützt. Bei Gleichstromanlagen hilft man sich allerdings dadurch, daß man sogenannte Akkumulatorenbatterien aufjtellt. Hierunter sind elektrische Kraftsammler zu verstehen. Mit Hilfe dieser Akkumulatoren speichert man also elektrische Energie für die Hauptverbrauchszeit auf. Während der Stunden geringen Stromkonsums werden diese Akkumulatorenbatterien mit elektrischer Energie „geladen" oder „aufgefüllt". Aber trotz dieser Kraftsammler muß man im Interesse der Wirtschaftlichkeit eines Elektrizitätswerkes für öffentliche Stromabgabe Wert darauf legen, daß möglichst während des ganzen Tages (und wenn es geht, auch während der Nacht) Stromentnahme stattfindet. Aus diesem Grunde erklärt es sich, daß allgemein der Brauch herrscht, elektrische Energie für Kraftzwecke wesentlich billiger abzugeben. Hiefür wird gewöhnlich die Kilowattstunde mit zirka 16 Pf. berechnet. Elektrische Energie zum Antrieb von Fahrstühlen, Maschinen rc. wird ja in zahlreichen Betrieben während des ganzen Tages gebraucht. Man hat also durch die Abgabe billigen Stroiüs für diese Zwecke die Möglichkeit, das Elektrizitätswerk während eine? großen Teiles deS Tages ausnützen zu können. Es kommt hinzu, daß natürlich der Konsum für Kraftzwecke an jeder Verbrauchsstelle gewöhnlich verhältnismäßig groß ist, sofern man den Verbrauch an Strom für den einzelnen Beleuchtungsartikel in Vergleich stellt. Da anderseits, namentlich während des Sommers, viele der Betriebe, in denen elektrischer Strom für Kraftzwecke verbraucht wird, schon zu der Zeit Geschäftsschluß Eintreten lassen, zu der erst künstliche Beleuchtung erforderlich ist, so leuchtet eS ein, daß die an und für sich billige Abgabe elektrischen Stroms für wirtschaftliche-Zwecke gerade im Interesse der Rentabilität jedes Elektrizitätswerkes liegt. Immerhin würde aber selbst eine derartige PreiS-reduktion nicht auSreichen, um elektrische Energie zum umfangreichen Betrieb von Verkehrsanlagen (Straßenbahnen, elektrische Vollbahnen) verwenden zu können. Für diese Zwecke mutz die Energie noch billiger abgegeben werden. Die Straßen-bahnen, als die größten Konsumenten her öffentlichen Elektrizitätswerke, werden daher gewöhnlich mit einem Tarif bedient, der mit zunehmender Größe des Konsums erhebliche Rabattsätze aufwcist. Zum Teil sind auch besondere elektrische Betriebsstationen hiefür errichtet. Auch für den Betrieb von Vollbahnen werden gewöhnlich eigene Elektrizitätswerke errichtet. Da sich der elektrische Strom durch Kabelleitungen auf große Entfernungen hin bequem fortleitcn läßt, so sucht man die Elektrizitätswerke für diese Zwecke möglichst zu errichten. wo die Voraussetzungen für eine besonder billige Krafterzeugung gegeben sind. Daher bevorzugt man für Werke dieser Art die Nähe von Wasserfällen, Stauweihern. von Braun- und Steinkohlenablagerungen. Durch derartige Maßregeln wird es möglich, die nutzbare Kilowattstunde mit erheblich weniger als 10 Pf. abzugeben. Nun wird in der Technik meist mit dem Begriff der Pferdestärke operiert. ES wird sich also fragen, wie verhält sich hiezu die Leistung einer Kilowattstunde? Unter einer Pferdestärke versteht man bekanntlich diejenige Kraft, die in der Lage ist, in einer Sekunde 1 Kilo 75 Meter hoch zu heben oder umgekehrt 75 Kilo in der Zeiteinheit um einen Meter anzuheben. Die allgemein gebräuchliche Abkürzung für Pferdekraft ist bekanntlich IIP. Für eine populäre Darstellung der elektrotechnischen Maßeinheiten dürfte somit die Umrechnung der Pferdestärke das instruktivste Bild geben. Ein Kilowatt leistet nun in der Sekunde 102 Kilogrammetcr, da? heißt also, 1000 Watt vermögen eine Arbeit zu leisten, die gleich ist der Beförderung eines Kilos auf eine Höhe von 102 Metern in der Sekunde. Wird diese Arbeit ununterbrochen während einer Stunde geleistet, so haben wir wieder die Einheit der Kilowattstunde und wissen, daß wir damit während einer Stunde in jeder Sekunde 102 Kilo um einen Meter heben zu können. Diesem Effekt würde die Beförderung einer Last von 102 Kilo auf 3600 Meter in der Stunde gleichkommen. Rechnen wir nun umgekehrt die Einheit der Pferdestärke auf da? elektrische Maßsystem um, so ergibt sich, daß sie der Größe von 736 Watt entspricht, einer Einheit, die man auch mit 0-736 Kilowatt angeben kann. Nehmen wir ein Beispiel aus der Praxis: Wir messen an einer Verbrauchsstelle mit dem Amperemeter 20 Ampere Stromstärke und stellen mit dem Voltmeter 110 Volt fest. Demnach haben wir einen Effekt von 20 X HO — 2200 Watt — 22 Kilowatt. Rechnen wir diese Leistung in Pferdestärken um, so ergibt sich: 2200 :736 — 3 24 Pferdestärken. Nach dieser Auseinandersetzung ist die Umrechnung jeder vom Volt- und Amperemeter abgelesenen Zahl in Pferdestärken leicht durchzuführen. Bei Ueberlandzentralen wird der Strom allerdings mit wesentlich höheren Spannungen als die bisher erwähnten weitergeleitet, da die Verluste an elektrischer Energie mit zunehmender Spannung entsprechend geringer werden. Leitungsanlagen von 20.000 bis 30.000 Volt Spannung sind schon vielfach auSgeführt worden. Aber auch Anlagen von 50.000 und 60.000 Volt find in Europa in Betrieb, während Amerika mit einigen Unternehmungen, die sogar mit 100.000 Volt arbeiten, an der Spitze steht. Diese hohen Spannungen werden im Elektrizitätswerk nicht sofort von der Dynamomaschine erzeugt. Ihre Höhe wird vielmehr mit Transformatoren erreicht. Vom Werk werden alsdann auf große Entfernungen hin elektrische Kräfte fortgeleitet, an der Verbrauchsstelle mit Hilfe von Transformatoren wieder auf niedrige Spannungen gebracht und dann für BeleuchtungS- und Arbeitszwecke verwendet. Nach diesen Auseinandersetzungen wird es unseren Lesern in Zukunft nicht schwer fallen, der Entwicklung deS elektrisch betriebenen Eisenbahnwesens daS erforderliche Verständnis und Interesse entgcgenzubringen. Hebet die Gesichtspunkte, die zur Zeit für den elektrisch betriebenen Eisenbahnverkehr in Preußen maßgebend sind, sei Folgendes hervorgehoben: Bisher war für Fernbahnen die elektrische Zugförderung unter Verwendung von Gleichstrom zu kostspielig. Nachdem man aber zum Wechselstrom übergegangen ist, ist eS auch möglich geworden, der Frage der Elektrifizierung von Vollbahnen näherzutreten. Hiezu wird man sich in Zukunft deS sogenannten einphasigen Wechsel-stroms bedienen. Dieser gestattet, elektrische Kraft mit sehr hoher Spannung und daher praktisch fast unbegrenzter Größe auf weite Entfernungen zu übertragen. Man kann so den Triebfahrzeugen durch eine einfache oberirdische Fahrleitung den Strom ähnlich wie bei Straßenbahnen zuführen. Hiebei können auch Triebmaschinen verwendet werden, die sich in vollkommenster Weise den wechselnden Bedingungen des Bahnbetriebes anpasfen. Für Stadt-, Vororte- und Städtebahnen soll wie bisher der Gleichstrom von niedriger Spannung benützt werden. Gegenüber dem Dampfbetrieb hat die elektrische Zugförderung eine Reihe von Vorzügen. Diese liegen teils auf wirtschaftlichem, teils auf technischem Gebiet. Besonders kommen hier in Frage: geringe? Gewicht der Antriebseinrich-tungen, wesentliche Ersparnisse an Brennstoff, dichte Zugfolge, geringere Unterhaltungskosten der Triebsfahrzeuge, verminderte Aufwendung von Fahrmannschaftcn und Ersparnisse bei den Unterhaltungskosten des Oberbaues. Ferner kann der Personenverkehr durch Einlegung von Triebwagenfahrten in Fahrplanlücken mit verhältnismäßig geringem Mehraufwand verbessert werden. Endlich läßt sich auch die Betriebssicherheit verbessern, indem die Züge zur Streckensicherung herangezogen werden. Besondere Bedeutung würde der Uebergang zum elektrischen Bahnbetrieb in größerem Umfang dadurch gewinnen, daß an vielen Stellen elektrische Energie zum geringen Preise verfügbar wurde. Dieses würde wieder Landwirtschaft und Großindustrie fördern, sowie der Klein- und Hausindustrie neues Leben zuführen. Auch würde die Darbietung wohlfeiler, bequemer und gesundheitlich einwandfreier Kraft-, Licht- und Wärmequellen die Lebensbedingungen der Bevölkerung verbessern. Aus diesen Gesichtspunkten heraus will die Verwaltung der preußisch-hessischen Staatsbahn die Einführung und den Ausbau deS elektrischen Betriebes im Eisenbahnwesen jetzt energisch betreiben. Vorläufig wird allerdings die Auswahl der zunächst in Frage kommenden Strecken von bestimmten militärischen Gesichtspunkten aus geleitet sein. Da man noch nicht genügend übersehen kann, inwiefern die neue BetriebS-form auch den militärischen Anforderungen zu genügen vermag, so werden nur solche Eisenbahnlinien für den elektrischen Betrieb hergerichtet, die für die Zwecke der Landesverteidigung keine besondere Bedeutung haben. Für die Wahl der in Preußen zuerst elektrisch auS-gebauten Vollbahnlinie Bitterfeld-Dessau war die Möglichkeit der bequemen Ausnutzung der hier gelegenen Braunkohlenfelder entscheidend. Dieser Brennstoff wird in den bei Bitterfeld gelegenen Gruben im Tagbau gewonnen und auf den Trcppenrosten der Wasserrohrkessel deS Kraftwerkes verfeuert. Wenn auch vorläufig die Beschickung der Kessel noch von Hand durch kleine Kippwagen erfolgt, so wird doch bald der fortschreitende Ausbau des Kraftwerkes auch hier den mechanischen Betrieb durchführen. Dann werden die Eisenbahnwagen als sogenannte Selbstentlader auf einer Rampe unmittelbar in daS Kesselhaus gefahren. Die Braunkohle wird nun in die über den Kesseln befindlichen Hochbehälter ’SO. August 1012___________________________Veile 9 entleert werden. Von hier auS wird der Brennstoff dann selbsttätig den Treppenrosten zugeführt. Zur Stromerzeugung dient eine Turbodynamo von 3750 Kilowatt-Ampereleistung. Die Dampfturbine hat ein Hochdruckrad mit drei GcschwindigkeitSstufen und neun Druckstufen im Niederbruckteil. Die StromcrzeugungSanlage liefert Einphasenwechselstrom von 3000 Volt Spannung bei 15 Perioden in der Sekunde. Dieser Strom wird in zwei Transformatoren auf 60.000 Volt umgcformt und mit dieser Spannung dem Unterwerk zugeführt. Die hier zum erstenmal verwendeten Kabel für 60.000 Volt Betriebsspannung haben sich durchaus bewährt. Diese einpoligen Kabel sind an der Bahnstrecke Muldenstein-Bitterfeld in Kanälen aus Formsteinen entlang geführt. Auch die Hochspannungsfrcileitung läuft parallel der Bahnstrecke entlang und besteht auS zwei Kupferseilen, die aus Isolatoren mit Metalldach angebracht sind. Der im Unterwerk Bitterfeld mit 60.000 Volt Spannung anlangende Strom wird hier wieder mit Hilfe von zwei Transformatoren auf die Fahrdrahtspannung von 10.000 Volt nmgeformt. Da auf dieser Strecke der gesamte Personen-- und Güterverkehr elektrisch durchgeführt werden wird, so hat man zwei Bauarten von Lokomotiven vorgesehen: die eine dient für Schnell» und Personenzüge, während die andere für Güterzüge bestimmt ist. Sowohl die Versuchs- als auch die Betriebsergebnisse haben gezeigt, daß beide Lokomotivarten gute Leistungen liefern. Man hat höhere Geschwindigkeiten als beim Dampfbetrieb zurzeit üblich, erreicht. Man hat dabei die gute Lauffähigkeit der elektrischen Lokomotiven zweifelsfrei festgestellt. Ohne Störungen verkehren seit Monaten bereits auf dieser Strecke Bitterfeld-Dessau, die übrigens in der kurzen Bauzeit von einem Jahr elektrisiert worden ist, fahrplanmäßige Züge mit elektrischem Betrieb. Die Zuverlässigkeit der neuen Betriebsart ist damit erwiesen. Diese wird manche Umwälzung im Eisenbahnbetrieb zeitigen. Die Möglichkeit einer wesentlichen Abkürzung der Fahrzeiten tritt deutlich als in betriebstechnischer und wirtschaftlicher Hinsicht bedeutender Fortschritt hervor. Im Gegensatz zum Dampflokomotivbctrieb beweist diese Anlage, daß man beim elektrischen Betrieb auch minderwertige, billige Brenstoffe (Braunkohle, Torf u. s. w.) verwerten kann. Hiezu kommt noch die Möglichkeit, auch Wasserkräfte für die elektrische Betriebs-form rationell auSnützen zu können. Da man jetzt elektrische Energie auf große Entfernungen in der üsrlir, erwähnten Weise gut übertragen kann, so vermag man die Kraftstation dort zu errichten, wo man für die Energicerzeugung die günstigsten Bedingungen findet. Die Verwendungsstelle für den elektrischen Strom ist nicht maßgebend, da eben der Hoch-spannungSsirom die gute Fortleitung auf außerorgentlich große Strecken ermöglicht. Beim Dampfbetrieb bleibt trotz der gewiß bemerkenswerten Vervollkommnungen der Lokomotiven die wirtschaftlich unvorteilhafte Krafterzeugung auf jeder Verbrauchsstelle. Demgegenüber kann Me elektrische Betriebsform durch ihre einheitliche Krafterzeugung mit Hilfe großer Anlagen von bestem Wirkungsgrad wirtschaftlich vorteilhafter arbeiten. Daß der elektrische Antrieb den Fortfall aller Rauch- und Ruß-belästigungen bringt, ist sicherlich ein Moment, daS ihm ganz besonders die Sympathien der Eisenbahner und fccS reisenden Publikums einbringen wird. Streiflichter. Ein merkwürdiger Erlaß des f. k. Eiseiilmhnmiiiiste-rinmS. (Schädigungen des Zugbegleitungspersonals.) Das k. k. Eisenbahnministeriüm hat mit Erlaß, datiert vom 6. August 1912, folgendes verfügt: Ministerialerlah vom 6. August 1912. / Die im Gegenstand gepflogenen Erhebungen haben ergeben, daß die bezüglich Einhebung der Ersahbeitrüge geltenden Vorschriften äußerst lax gehandhabt werden. Die k. k................werden ausgefordert, durch strikte Handhabung der Vorschriften auf eie Hcrabmiudc-rung der der Staatseisenbahnverwaltung erwachsenden Schäden einzuwirken und eine schonende Behandlung des Bahneigentums herbeizuführen. Weiters wird verfügt, daß an Stelle des Absatzes 11 des Artikels 29 der Instruktion 36, nachstehende Bestimmung handschriftlich einzusetzen ist: „Bedienstete haben, sofern sie nicht Nachweisen können, daß sie an dem Bruch von Fenstern oder Spiegelscheiben kein Verschulden trifft, im allgemeinen den vollen Ersatz-bctrag zu leisten." Diese Ersatzleistung wird jedoch, sofern Billigkeit*» gründe zutreffen, auf ein Drittel des vorgeschricbenen Ersatzbetrages herabgesetzt, wenn der Bruch von Fcnster-oder Spiegelscheiben anläßlich einer Dienstverrichtung erfolgt oder der Betreffende Bedienstete für durch dritte Personen gebrochenen F e n st e r- oder Spie-g e l t a f e l n ersatzpflichtig gemacht ln i r d." Int übrigen werden die Bestimmungen des § 33 der Dienstordnung durch die vorstehende Verfügung nicht berührt. G ü l l S d o r f in. p. Die strikte Handhabung der vorstehenden Bestimmungen bedeutet für einen nennenswerten Teil des Zugbeglei-tungSpersonalS eine neuerliche Verkürzung ihres Einkommens, ein weiteres Glied in der Kette der Schikanen und unschuldigen Verfolgungen. Es mutz gesagt werden, daß dieser Erlaß ohne Rücksicht und jedenfalls auch in Unkenntnis der für die Frage in Betracht kommenden Verhältnisse erstellt und hinausgegeben wurde. Jedermann, der nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen beim Zugbegleitungsdienst genau vertraut ist, wird beim Durchlesen dieses Erlasses das Empfinden haben, daß die ZugSbcglciter die Fensterscheiben und Spiegel absichtlich demolieren müssen, um der Staatsverwaltung MchrauSlagen zu schaffen. Die Art. wie dieser Erlaß erstellt wurde und insbesondere der Umstand, wie Absatz 11 des Artikels 29 der Instruktion 36 ergänzt wurde, ist, gelinde gesagt, eine grobe Rücksichtslosigkeit, die daS ZugbeglcitungS-personal unter keinen Umständen ruhig hinnehmen kann. Die Herren, die derartige Erlässe fabrizieren, sollen sich erst selbst einmal bemühen, am wirklich richtigen Ort zu sparen. DaS Sparen könnten sie bei einigem guten Willen gerade von den Bediensteten des niederen EisenbahnpcrsonalS lernen. ES muß gesagt werden, daß sich das Zugbegleitungspersonal bin redlichste Mühe gibt, der Staatsbahnverwaltung sparen zu helfen. Aber dafür kann doch der Zugsbegleiter nicht verantwortlich und nicht ersatzpflichtig gemacht werden, wenn die Reisenden die.Spipgel.^u^ Fensterscheiben zertrümmern, odep /' Wien, Dienstag •mm ——,—— t V Wenn andere unborhcrgesehene und daher tmbdrmeiblidjc Um» stände derartigen Schaden verursachen. Man denke sich nur jetn Wenig die zutreffenden, tatsächlichen Verhältnisse. Ein mit Reisenden überfüllter Wagen, wo jeder Schritt während -der Fahrt Kollusionen der zusammengedrängten Reisenden Nmter sich und mit Seitcnwänden und Fensterscheiben naturgemäß bedingt. Dazu daS Hasten und Jagen beim Ein» und AuSsteigen» die Manipulation mit allen möglichen Gepäckstücken, es müßten rein Wunder geschehen, wenn da nicht Fensterscheiben zertrümmert würden. ES ist nun selbstverständlich, daß sich jeder Kondukteur sofort im eigenen Interests energisch bemüht, den Täter festzustcllcn. Aber trotz der aufgewendeten Energie ist eS sehr oft nicht möglich, und dafür soll der Kondukteur bestraft werden, er soll zum Schadenersatz verhalten werden. Die Leute, die derartige Erlässe fabrizieren, dürften wirklich noch nie mit der Eisenbahn gefahren sein, denn sonst müßten sie wissen, daß das reisende Publi-!um in solchen Fällen eine geradezu bewunderungswürdige Solidarität zu entwickeln vermag. In solchen Fällen kann der findigste Detektiv nicht herausbringen, wer der Täter ist. Würden die Reisenden wissen, daß der Kondukteur ersatzpflichtig ist, so würde sich in den meisten Fällen der Täter selbst melden. Da werden also in Zukunft die Kondukteure die Unbeliebtheit der österreichischen Bahnberwaltungen noch schwerer als bisher büßen müssen. Und noch mehr! Wenn die Gläser durch Erschütterungen und Verschubmanipulationen zerhaut werden, was leider nicht immer sofort festgcstcllt wird und in Fällen überhaupt nicht sofort festgestellt werden kann, werden auch die Kondukteure die Kosten zu ersetzen haben. Mit einem Wort, die ZugSbcgleiter werden künftig in allen Fällen, in denen sich die Täterschaft nicht zweifellos feftfiellen läßt, entweder die vollen oder ein Drittel der Kosten für zerbrochene Schäden zu tragen haben. Wirklich ein sehr merkwürdiger und für da? k. k. Eiscnbahnministerium beschämender Standpunkt. Die Macher diese? Erlasses scheinen überhaupt vergessen zu haben, daß wir in einem Rechtsstaat leben, in dem es ein Gesetz gibt, wonach nur derjenige für den an-gestiftetcn Schaden auszukommen hat, dem die Täterschaft zweifellos nachgetviesen wurde. Aber daß jemand zur Ersatzleistung, wenn auch nur zur teilweisen, verhalten wird, weil ein anderer Schaden stiftete» der nicht zu eruieren ist, war noch nicht da. Diese rücksichtslose Bestimmung zu erfinden, war den ganz Gescheiten im Eisenbahnministerium Vorbehalten. Das Zugbegleitungspersonal wird sich diesen neuesten Naubzug auf ihre Taschen nicht gefallen lassen, es wird sich in jedem einzelnen Fall energisch zur Wehr setzen. Es wird gezeigt werden, daß einzelne Macher im Eisenbahnministerium nicht die Macht und das Recht haben, immer und immer wieder in der rücksichtslosesten Weise das Einkommen des Personals zu schmälern. Dafür wird Sorge getragen werden. Eine gelbe Eisenbahncrorganisation. Die gründende Versammlung einer gelben Eisenbahncrorganisation fand, wie daS Aussiger „Volksrecht" schreibt, am Sonntag den 11. August für da§ Personal der sattsam bekannten Aussige Teplitzer Eisenbahn statt. Die zuwiderste Sache von der Welt war nämlich immer dem Generaldirektor E n d e r e S von der H. T. E. eine richtige GewerkschaftSorganisation der Arbeiter. Deshalb geht sein Sinnen und Trachten Tag und Rächt dahin, wie er der gewerkschaftlichen Tätigkeit auf dieser Bahnlinie den Boden abgraben könnte. Bei den Beamten ist ihm sein seiner Plan bereits restlos geglückt. Diese Herren ließen sich tatsächlich übertölpeln, sie traten auS dem österreichischen Eisenbahnbeamtenverein auS und gründeten einen gelben Beamtcnverein nur für die A. T. E., der an Harmlosigkeit nichts mehr zu wünschen übrig läßt. Bei den Beamten ist die Betriebsverwaltung jetzt Hahn im Korbe. Aber damit konnte sich natürlich Herr EndereS nicht zufrieden geben. WaS ihm mit den Beamten gelungen ist, das will er nun auch bei den Unterbeamten, Dienern und Arbeitern erreichen. Zwar besteht schon ein gelber Verein der Wcrkstättenarbeiter, aber mit dessen Tätigkeit scheint man noch lange nicht zufrieden zu sein. Ungemein interessant und lehrreich ist das Schriftstück, mit welchem die Direktion für den neuen Kriecherverein Pro paganda macht. ES lautet: Geleitet von dem Gedanken, daß bei den immer schwieriger werdenden LebenSvedingungen für die meisten jener, welche auf feste Dienstbezüge angewiesen sind, wirtschaftliche Erfolge nur durch Zusammenschluß erzielt werden können, und angeregt durch die Erfolge des Vereines der Beamten 'der A. T. E. haben die Unterzeichneten Beschlossen, einen Verein der Unterbeamten, Diener und Arbeiter der k. k. priv. Aussig-Teplitzer Eisenbahngcsellschaft mit dem Sitz in Aussig ins Leben zu rufen. Ueberzeugt, daß die von diesem Verein anzustrebenden Erfolge nur dann voll und ganz erreicht werden können, wenn sich der Verein der kräftigen Unterstützung seitens unsere? DicnstgeberS erfreut, haben wir von der beabsichtigten Vereinsgründung die Direktion der A. T. E. verständigt. Diese hat uns jede mögliche Förderung unserer Vereinzwecke in Aussicht g e st e l l t. Der Verein soll, fern von jeder Politik, satzungSgemäh einen VereingungSpunkt für Unterbeamte, Diener und Arbeiter der A.-T. E. bilden, persönliche Beziehungen unter ihnen vermitteln und damit daS Bewußtsein der Zusammengehörigkeit stärken. Er soll auf die Wahlen in die bei der A. T. E. best eh eM den Wohlfahrtseinrichtungen entsprechenden Einfluß nehmen, und die geistigen und wirtschaftlichen Belange seiner Mitglieder wahren und fördern. Allgemeine Wünsche, welche auf eine den Dienstnehmern günstige Aen-derung der bestehenden Rechte und Pflichten auS dem Dienstvertrag abzielen, können vom Vereinsvorstand entweder unmittelbar oder durch die Personalkommission bei der Direktion der A. T. E. vertreten werden. Zur Erreichung der Vereinszwecke dienen zwangSlose Zusammenkünfte und vom Vorstand einberufene Versammlungen der Mitglieder. Rach Möglichkeit werden den Mitgliedern entsprechende Räume zur Verfügung gestellt und mit periodischen Zeitschriften auSgestattet. Der Verein gründet eine Rechts-schn prasse, eine Kleiderkasse und sonstige Wohl-fahrtSeinrichtungcn. Der Mitgliedsbeitrag wird mit 2 0 H. monatlich festgesetzt. Die Leitung deS Vereines obliegt einem aus 18 Mitgliedern bestehenden Vorstand, zur Unterstützung deS letzteren werden in den größeren Personalstationen Ortsausschüsse Bestellt.’ Dieser Einladung sieht man eS wohl deutlich genug an, daß sie nicht von Arbeitern, sondern vom Unternehmer oder dessen Auftraggebern versaßt worden ist. Daß eS sich hier nicht um einen Arbeiterverein handeln kann, der, wie es in der Einladung heißt, „wirtschaftliche Erfolge nur durch den Zusammenschluß erzielen will", geht auch daraus hervor, daß eS unter allen vierundzwanzig Personen, die zu der Versammlung Einladen, nur zwei wirkliche Arbeiter gibt. Alle anderen bekleiden einen „höheren" Rang. Der Verein will eine Rechtsschuhkasse gründen. Gegen wen soll sich der Rechtsschutz richten? Gegen die Verwaltung, nacht wahr? Deshalb hat diese den Verein auch gegründet. Es ist von dem Verein auch die Gründung einer Klciderkasse nach dem Muster jener de? Beamtenvereines in Aussicht genommen. Diese Kasse besorgt die Anschaffung von Dienstuniformen und Zivilkleidern, die in monatlichen Raten beglichen werden können. Mit diesem Mittel sucht der Herr EndereS auf dem indirekten Wege durch die Beamten einer selbständigen Regung unter dem Personal entgegenzuarbciten. Die eventuellen kleinen Vorteile, die auS dieser Kasse entspringen, müssen die Mitglieder mit dem Verlust ihrer Selbständigkeit bezahlen. Der gute Mann wird ja wahrscheinlich über die Qualität der von diesen Kassen gelieferten Unterhosen sehr genau unterrichtet sein. Ist ihm doch das als Sportsmann, als Ballonfahrer — in dieser Eigenschaft kann er wenigsten? alle Welt, nicht nur seine Untergebenen, von oben herab betrachten — sehr leicht möglich. Und auch in Teplitz, Bei der großen Demonstrationsversammlung, dürfte er Gelegenheit gehabt haben, die Dichtigkeit besagter Unterhosen zu erproben. — Zum Schluß möchten wir noch da? Komitee zur gründenden Versammlung dieses wahrhaften Unterhosenvercincs hier verewigen: Arnold Adolf, MagazinSmcister, Beitler Franz, Bahnrichter, Böger Friedrich, MagazinSanfseher, Fiedler Wenzel, Weichenwärter, Franzl Gustav, Kondukteur, Hampel Anton, Lokomotivheizer, Hofmann Karl, Wagenmeister, Hönig Anton, Lokomotivheizer, Horejschi Wilhelm, Lokomotivführer, Ja-kubek Johann, Bahnmeister, Kunert Wilhelm, Oberheizer, Laube Emil, Kanzleigehilfe, Sichinet Adolf, Lokomotivführer, Mladey Josef, Werkmeister, Paul Josef, Kanzlist, Pietschmann Franz, Oberbauarbeiter, Richter Joses I, Oberkondukteur, (Basum Josef, Stationsmeister, Schade Franz, Kondukteur, Schiepek Franz, Maschinenmeister, Taft Josef, Bahnwächtcr, Thcil Adolf Platzmeister, Wagner Josef, SignalmeijRr und Wagner Vinzenz, Stationsdiener. Fast durchweg? Hausbesitzer. Einer von ihnen, der Herr Horejschi, hat auch bereit? die Allüren eines solchen angenommen. Der Manu sagte einst wörtlich in einer Generalversammlung des Lokomotivführer-vereineS: „Daß wir in Oesterreich eine Wohnungsnot haben, daß die Wohnungen allerorts teuer sind, das ist keine Frage. Aber daß man die ganzen Hausbesitzer, alle jene, welche sich mit Mühe und Not ihr eigenes Heim gegründet haben, damit die Kinder sagen können, wir sind keine Zigeuner, dort wohnen meine Eltern, dort bin ich zu Hause, daß man sagt, diese Leute sind Wucherer, da? geht doch nicht." Und solche Leute, die sich nicht scheuen, alle jene, die keine eigene Bude besitzen, in verblümter Form als Zigeuner zu bezeichnen, alle Mieter herabzusetzen, sollen in dem neuen „Arbeiterverein" das große Wort führen. Alles in allem kann gesagt werden: Alle Unicrbeamten, Diener und Arbeiter sind zu bedauern, die sich diesem Pimperl-verein anschließen. Wie nennt man wohl solche Wesen, die sich in heroischer Geduld daS Fell über die Ohren ziehen lassen, und die unter dem neuen VereinSbanner, einer Unterhose, gegen den roten Feind stürmen? Die HeizhauSzustände in Brünn I. In Brünn scheinen Verhältnisse einzureißen, welche auf die Dauer unhaltbar sind, deswegen wir hierzu schon jetzt Stellung nehmen, um eine k. k. Direktion darauf aufmerksam zu machen, bevor das Personal selbst 'gezwungen ist, diesbezüglich bei der k. t Direktion vorstellig zu werden. Seit dem Regime des Herrn Fuchs exi-stiert hier nichts mehr anderes als die Tantiemenfrage. Obzwar sich auch die anderen Herren mit dieser Frage und-auf diesbezüglichen Berechnungen oft halbe Tage beschäftigen, ist Herr Fuchs doch infolge seines angeborenen Geschäftssinnes in dieser Angelegenheit die treibende Kraft. Da wir jedoch auf dem Standpunkt stehen, daß auf der Eisenbahn wohl gespart werden könnte, aber nur in den höheren Regionen, erlauben wir uns nachstehend ein Bild von der hiesigen Tantiemen» hascherei zu geben. Seit dieser Herr F u chs in Brünn ist, hat die TurnuS-kommisjion aufgehört zu funktionieren und Turnusse werden nur von ihm erstellt. Dann werden die Vertrauensmänner so lange bearbeitet, und zwar wenn e? nicht anders geht, mit der Drohung der Versetzung, bis sie sich die Unterschrift abpressen lassen. Es gibt aber noch eine andere Methode des Turnus-machcnS. Man beruft Leute in die Turnuskommission, welche willfährig sind und selbst den v o r s ch r i f t s w i d r i g st c n Turnus unterschreiben. Diese Leute werden dann belohnt, indem man sie ohne Rücksicht auf die RangSliste den Aclteren vorzieht und ihnen bessere Dienstleistungen gibt. Obzwar die Turnusvertrauensmänner eine vom k. k. Ministerium angeordnete Vertretung des Personals in der Turnuskommission sind, hat sich Brünn dennoch noch nicht bemüßigt gefunden, deren Wahl auch dienstlich durchführen zu lassen. Wiewohl im April d. I. Stimmzettel ausgegeben und zurückgenommen wurden, hat ein Skrutinium nicht stattgefunden, so daß die Einberufung dieser Vertrauensmänner eine .willkürliche war. Betrachten wir nun die Arbeit der letzten Turnuskommission, so finden wir, daß die Tantiemenhascherei ihren Einfluß sehr zur Geltung zu bringen verstanden hat. Bei Turnus I finden wir, daß in zwei Fällen nicht einmal die vorgeschriebenen Ruhezeiten eingehalten werden. Turnus II ist im ganzen genommen ein Schandfleck für Brünn, denn ^ obzwar dieser Turnus 13 Tage währt, hat man dennoch keine einzige Nacht, das ist von 6 Uhr abends bis 6 Uhr früh, frei, infolgedessen im ganzen Jahre keine Nacht frei. Außerdem wird in diesem Turnus, mit Ausnahme von vier Touren, bei sämtlichen Touren die maxi-male Dienstzeit von zwölf Stunden überschritten, so daß er in diesem Turnus von 18stündigen Touren, ja auch 20stündigcn und mehr, nur wimmelt. Alles dies bei einer Durchschnittsdienstzeit von 10 Stunden 45 Minuten täglich ohne Verspätungen gerechnet; als Entschuldigung könnte man höchstens ansühren, daß weder Herr Fuchs noch der Herr K o r t s ch a k weih, waS eS heißt, 18 bis 20 Stunden auf einer GebirgSstrecke auf der Lokomotive zu stehen. Turnus III ist nur für ein Personal bestimmt, daS sich nicht als Menschen fühlt, nachdem man in diesem TurnuS keinen freien Tag hat (zu was denn so einen LuxuS?) und die kürzeren freien Zeiten zum schlafen braucht. Man fährt immer zwei Nächte hindurch und die dritte wird auch noch angegriffen. Das Schöne bei diesem TurnuS ist, daß von die;em zwei Formen existieren, und zwar eine Form für die Direktion und daS Ministerium mit 13 Partien und eine Form mit 12 Partien, wie er geleistet wird, obzwar in Grußbach dieser TurnuS in der Direktionsform mit 13 Partien auSge-hängt ist. Turnus IV (Lokalzüge) ist eigentlich der idealste für Herrn Fuchs, denn in diesem fährt das jüngste Personal und mit diesem kann man machen was man will. Infolgedessen kann dieser öfter ohne Befragen deS Personals von ihm geändert werden, wie eS faktisch geschehen ist. DaS zieht natürlich immer eine Schädigung des Personals nach sich. Eine ganze Nacht frei zu sein, erscheint ihm auch in diesem Turnus als LuxuS. TurnuS V (Tischnowitz) ist nur für Leute mit schlecht ausgebildetem Familiensinn. In diesem TurnuS ist man mehr in Tischnowitz frei als in Brünn, und damit da§ Personal dort nicht Langeweile hat, wird es dort, weil man den Pumpenwärter erspart, zum pulsieren verwendet. Die Berechnung der Dienststunden in diesem TurnuS überlassen wir der k. k. Direktion, nachdem jeder Tag mehr als 18 Dienststunden umfaßt, wobei wir aufmerksam machen, das; eine Ruhezeit unter 10 Stunden zu Hause und eine solche unter 6 Stunden in Tischnowitz nicht als Ruhezeit, sondern als Dienstzeit gerechnet wird. Außerdem sind noch etliche 10 Partien mit der Führung der Erforderniszüge beglückt und diese Leute haben das zweifelhafte Vergnügen, ihre Familie beinahe nicht zu kennen, nachdem sie jeden Tag von früh bis abend? im Dienst stehen und ihre Kinder nur immer, mit sehr seltenen Ausnahmen, schlafend sehen können. Für diese Leute gibt es keinen freien Tag im Monat. Eine seltene Ausnahme bildet es schon, wenn sie einige Tagesstunden frei sind, und dies alles infolge der künstlichen Personalnot, welche wieder eine Folge der Tantiemenhascherei ist. Obzwar in Brünn genügend viel Schlosserheizer sind, welchen die Prüfungen abgcnommen werden könnten, um der Personalnot ein Ende zu bereiten, tut man dies dennoch nicht, um auf Grund der Instruktion (im Notfall Mehrdienstleistungen) das Personal auSbeuten zu können. Die Ausbeutung geht sogar soweit, daß man nicht einmal kranke Leute verschont. Da ist zum Beispiel ein Anwärter auf der Verschubsreserve, welcher eine halbseitige Gesichtslähmung erlitten hat. Dieser Mann soll nun jeden Tag in das Spital zur elektrischen Massage gehen. Aber selbst diesen Mann zwingt man Ibmal im Monat, wenn er 24 Stunden frei hat, eine Nebendienstleistung zu machen und er kann natürlich dann nicht in die Ordination, so daß sein Leiden veralten und er ein Krüppel bleiben kann. Dies hätten auch die Herren Maschinenmeister am Gewissen (wenn sie eines haben), aber diese Herren denken mit dem Personal machen zu können was sie wollen, ohne Rücksicht auf die Instruktion, und wehe dem, der nicht willfährig ist, der ist ihrer Rachsucht verfallen und wird dann angeschwärzt. Nun glauben wir bewiesen zu haben, daß solche Verhältnisse unhaltbar sind, denn anders wird mit dem Personal weder schriftlich noch mündlich verkehrt, als sie werden strenge Bestraft. Soll es nun nicht zu einem spontanen Ausbruch der Unzufriedenheit des Personals kommen, so wird eine k. k. Direktion wohl gezwungen fein, dieser Tantiemenhascherci einen Damm zu setzen, damit diese Tantiemenbäume nicht bis zum Himmel wachsen, denn der Krankenstand ist wahrhaftig groß genug, um auch einer k. k. Direktion auffallen zu können, und um deren Ursachen zu erheben. Sollte die Wahl nicht unter Beiziehung der Vertrauensmänner dienstlich durchgeführt werden, dann verzichtet das Personal auf eine Vertretung in der Turnuskommission, besteht auf der diesbezüglichen Instruktion, und wendet sich dann im schriftlichen Weg direkt an eine k. k. Generalinspektion um Abhilfe. Großes Eisenbahnunglück auf der Rittnerbahn in Tirol. Am Samstag den 10. d. M. um K5 Uhr abends, stieß auf der Rittnerbahn ein von Klobenstein am Ritten kommender Rollwagen, auf welchem sich acht slowenische Obcrbauarbeiter be-fanden, mit dem fahrplanmäßigen, von Oberbozen kommenden Zug zusammen. Die Folgen waren entsetzliche. Z w e i Ä r-beiter waten aus der Stelle tot, zwei wurden schwer und die anderen vier leicht verletzt. UcBcr das Unglück erfährt die „Innsbrucker Volks-Zeitung" folgende?: Acht Oberbauarbeiter der Rittnerbahn wollten mittels eine? Rollwagens, so wie immer, Samstag um zirka %5 Uhr abends von Klobenstein nach Oberbozen fahren. Knapp nach mobcnitcln führt die Bahmrnffe durch einen kleinen Fichtenwald und macht dort eige scharfe Kurve. Von den acht Oberbauarbeitern saß ein Teil, während die anderen stehend auf dem Rollwagen Platz genommen hatten. Nachdem die Trasse an dieser Kurve etwas Gefälle hat, wurde die Bremse angezogen. Als der Rollwagen gerade die Kurve passieren wollte, kam von der entgegengesetzten Seite (von Oberbozen her) der um 3 Uhr nachmittags von Bozen abgehende Zug in voller Fahrt dahergesaust. (Von Oberbozcn bis Klobenstein ist das Terrain der Bahnlinie eben, infolgedessen fahren die Wagen ohne Motor, nur mittels Hochfpann-leitung wie die Straßenbahn.) Infolge der Kurve bemerkten die beiden Leiter des Zuges und des NoHwclgens den verhäng--niSvollen Irrtum erst, als sie auf zirka 10 Meter nahe aneinander gekommen waren und eS zu spat war. Mit furchtbaren Gewalt erfolgte der Zusammenstoß. Me acht Arbeiter wurden vom Rollwagen heruntergeschleudert. Drei gerieten unter den Wagen und erlitten so schwere Verletzungen, daß zwei aus der Stelle tot waren. Der dritte erlitt, außer verschiedenen kleineren, schwere Verletzungen am Kopfe. Eine Wunde, welche vom Auge und der Schläfe bis über die Wange zum Mundo reichte, mußte sofort zugenäht werden. Ein vierter erlitt mehrere kleinere Verletzungen und einen komplizierten Bruch de? rechten Fußes; die anderen vier erlitten leichtere Per» lcbungen. Sofort wurde Hilfe requiriert und den Verletzten Verbände angelegt. Mit dem Zuge, der um 8 Uhr abends in Bozen cinlangt, wurden die zwei Schwer- und drei Leichtverletzten (der vierte und die Toten blieben in Klobenstem) nach Bozen transportiert. Die Freiwillige Rettungsgcsellschaft, welche in einer Stärke von sieben Mann ausgerückt war, erwartete am Rittnerbahnhof den Zug, um mittels Wagen und zwei Räderbahren die fünf Verletzten in das Krankenhaus zu bringen. In anerkennenswerter Weise warteten Aerzte auf die Verletzten, um ihnen Linderung zu bringen. Wie wir heute erfahren, ist das Befinden von vier Verletzten zufriedenstellend, nur der fünfte gibt zur Besorgnis Anlaß. Wer schuld an dem schweren Unglück ist, weiß man noch nicht. Wahrscheinlich hat ein Signal nicht funktioniert, das die Abfahrt des ZugeS von Oberbozen anzeigen sollte. Um diese Zeit gingen über den Bozener Talkessel schwere Gewitter nieder, welche wahrscheinlich eine Störung der Leitung herbeiführten. Stiefkinder der Sübbahn. Im Jahre 1800. wurden auf jahrelanges Dränge» seitens der Organisation die sogenannten Magazinspartieführer stabilisiert, und zwar mit 800 Kr. AnfangSgehalt. Da fast alle daran Beteiligten jahre-lange Dienstzeit hinter sich hatten, infolgedessen im Taglohn schon ziemlich vorgerückt waren, gab ihnen die Südbahn-verwaltung sogenannte Personalzulagen als Ausgleich zwischen dem niedrigen Anfangsgehalt und dem schon erzielten Taglohn-vcrdienst, in der richtigen Voraussetzung, daß man doch niemand nach zehn- bis zwanzigjähriger Dienstzeit gleich um 50 bis 60 Prozent im Einkommen verkürzen kann. Am 1. Jänner 1010 wurde bei den k. k. Staatsüahnen der Anfangs-geholt der Magazinsdiener auf 800 Kr. erhöht und die Südbahn tat dies ebenfalls prompt. Aber, o weh, dafür wurden die Personalzulagen martialisch reduziert, und zwar so, daß heute die ältesten Magazinsdiener wohlgczühlte 84 H. per Monat, die jüngeren überhaupt keine Personalzulage mehr erhalten, wodurch der Verdienst der alten Magazinsdiener im Laufe der Jahre statt größer, immer kleiner geworden ist. Außerdem wurden infolge Erhöhung de? Anfangsgehaltes die Wartefristen durch die sogenannte UcBcrlcitung von zchei auf drei Jahre erhöht. Bei einer deputativcn Vorsprache diesbezüglich erklärte Herr Sektionschef Dr. Weber selbst, dies einzusehen. «nan müßte diesem Uebelstcmd durch früheres Avancieren abhelfen, aber geschehen ist bis jetzt noch nichts. Warum hatte man bei den Wagenschreibern eine Einsicht, indem man dieselben, abgesehen von ihrer Ernennung zu Kanzleigehilsen, auf die 1000 Kr. Anfangsgehalt stellte, ebenso gleichzeitig auf die 1100 Kr. avancieren ließ? Die Magazinsdiener beneiden ihre Kollegen Wagenschreiber durchaus nicht um ihre Besserstellung, meinen aber, daß man nicht mit zweierlei Matz messen soll. So ein armer Magazinsdiener mutzte zwei bis Lrei und mehr Jahre als Arbeiter, Bremser u. s. w. schusten, 'bevor er Partieführer wurde, brachte bis zur Stabilsierung seiner Kategorie fünf bis zehn und mehr Jahre als Partieführer zu und nun nach fo vielen Dienstjahren wird er in den Bezügen mit den ganz jungen Dienern auf die gleiche Stufe gestellt. Der Dienst der Magazinsdiener ist gewitz auch verantwortungsvoll und anstrengend und soll auch dementsprechend bezahlt werden. Ganz dasselbe ist der Fall bei den Magazinsaufsehern. Die älteren MagazinZauffeher haben durch die Bank eine zehn- bis fünfzehnjährige Dienstzeit hinter sich und stehen mit wenigen Ausnahmen noch im Ansangsgehalte. Wie bitter mutz es so einen armen Teufel berühren, trotz feiner umfangreichen, verantwortungsvollen Dienstleistung sehen zu müssen, wie Leute, die ein Jahrzehnt später in die Dienste der Eisenbahn getreten sind und nicht halb soviel Verantwortung sowie Dienstkenntnisse zu besitzen brauchen, im Gehalte voraneilen. Trotz der Kenntnis dieser Uebclstände, trotz der Vorsprache einer Deputation fand man es nicht der Mühe wert, diese Fragen in den heurigen Personalkommissionssitzungen zur Sprache zu bringen. Den Nachkauf bis zu fünf provisorischen Jahren hat man gewährt, die Magazinsdiener und Magazins* aufscher bis zum letzten Mann sind auch nachkaufsberechtigt, aber mit was dieselben diese 500 bis 800 Kr. aufbringen sollen, wenn sie anderseits so stiefmütterlich behandelt werden, bleibt noch ein Rätsel. Zum Schlutz meinen die Magazinsdiener und -Aufseher, wenn man schon keine Verbesserungen auf der Südbahn allein vornehmen will, soll man doch zumindest zu vermeiden trachten, schreiende Ungerechtigkeiten an einzelnen Gruppen zu begehen. Die Wahlen in den Arbeiterausschuh des Staatsbahndirektionsbezirkes Innsbruck. Die Wahlen in den Direktion?* arbeiterausschutz Innsbruck brachten unseren Genossen einen nahezu vollständigen Erfolg. Es sind als Arbeiteransschuhmit-glieder der sozialdemokratischen Liste und bis aus zwei alle Ersatzmänner dieser Liste gewählt. Bei der Wahl dieser zwei Ersatzmänner scheint es sich — wir entnehmen unseren Bericht vorläufig aus dem Amtsblatt und werden das gegnerische Stimmenverhältnis gelegentlich nachtragen — um irgendeine Zufälligkeit! Ausscheiden des Kandidaten aus der Dienstgruppe oder ähnlichem, zu handeln, das mit der geringen Anzahl von 73 Stimmen zur Wahl dieser zwei Ersatzmänner führte. Die sechs sozialdemokratischen Kandidaten dieser Gruppe hatten je 215 Stirnen. Es wurden gewählt: Für die Bau- und B a h n e r h a 11 u n g als Mitglieder : Johann U n t e r r a i n e r, Zimmerer, Kitzbühel; Johann Maier, Vorarbeiter, Lietzen; Johann B e ck, Brückenschlosser, Feldkirch, und Franz S ch i e g l, Vorarbeiter, Meran. Als Ersatzmänner: Leopold N a g I, Brückenschlosser, Feldkirch; Joses Einöder, Zimmerer, Saalselden; Johann L e ch u c r, Oberbauarbeiter, Salzburg, und Peter Gaubinger, Ober-bauarbtiter, Milten, mit 871 Stimmen. Für die W e r k st ä t t e n und Zugförderung alS Mitglieder: Johann G e i g l, Dreher, Salzburg; Johann Brand, Vorheizer, Würgt; Ferdinand Roitner, Schlosser, Feldkirch, und Johann R a ch o i n i g, Tischler, Meran. Ms Ersatzmänner: Franz M o o s ha m m e r, Hilfsarbeiter, Salzburg; Georg Herbst, Kohlcnarbeitcr, Saal-felden; Johann Gfchwandtner, Vorheizer, Wörgl, und Otto Wolf, Schlosser, Feldkirch, mit 518 Stimmen. Für den Verkehrs- und Stationsdienst als Mitglieder: Josef Ha na, Magozinsarbcitcr, Salzburg; Ferdinand UIlmann, Magazinsarbeiter, Wilten; Karl Glück, Magazinsarbeiter, Meran, und Martin Unterwege r, Schwarzach-St. Veit. Als Ersatzmänner: Adalbert Hufnagel, Fahrdienstarbeiter, Bludenz, und Johann Ueber-masser, Stationsarbeiter, Zell am See, mit 215 Stimmen und zwei nicht der sozialdemokratischen Kandidatenliste au« gehörende Ersatzmänner mit 73 Stimmen. Korrespondenzen. Nieder-Lindewiese. Wenn heute ein Arbeiter gezwungen ist, in irgendeinem Gasthaus einzukehren, um sich Hunger und Durst zu stillen, und wenn er sein sauer verdientes Geld verausgaben will, muh er auch für selbes etwas Anständiges bekommen. Er mutz aber sehr häufig die Wahrnehmung machen, datz dies nicht der Fall ist. Sonntag den 4. August l. I. kehrten einige Eisenbahnarbeiter gegen Abend bei der Gastwirtin Jung ein, um sich ein Nachtmahl zu kaufen. Zwei derselben verlangten je ein Gulasch. Als ihnen dasselbe aufgetragen wurde, sahen sie, datz.anstatt Fleisch, nur Sehnen und Knochen, und anstatt des Saftes einfach ein Paprikawaffer verabreicht wurde. Da so etwas nicht zu genietzen ist, stellten sie es der Frau Wirtin zur Verfügung, obwohl sie es schon bezahlt hatten, erhielten aber das verausgabte Geld nicht wieder zurück, und obendrein erklärte Frau Jung, diese Leute als betrunken und wies selbe aus dem Gasthaus mit den Worten: „Schauts, datz Ihr hinauskommt!" Seit einiger Zeit verkehren bei der so liebenswürdigen Frau einige Kurgäste, um dort zu speisen, und da glaubt jedenfalls Frau Ju^g, diesen Gästen das Fleisch und der Arbeiterschaft nur Sehnen und Knochen verabreichen zu müssen. Bezahlen lätzt sie sich es aber von einem wie von dem ändern, da gibts keine Ausnahme. Wiy sind aber der Meinung, datz die Arbeiterschaft, welche das ganze Jahr im Orte ist und in diesem Gasthaus verkehrt, ebenso gut, wenn nicht noch besser, zu bedienen wäre, wie Leute, welche nur ein« oder zweimal dort ein- und ausgehen. Ueberhcmpt sollte die Arbeiterschaft solche Lokale ganz meiden, wo nur das Geld, aber nicht der Arbeiter gern gef eben wird. Wir geben uns der Hoffnung hin, datz sich die Frau Jung für die Zukunft gegenüber der Arbeiterschaft bessere Umgangsformen aneignen wird, wenn nicht, müßten eben die Konsequenzen daraus gezogen werden. Kmttclfeld. (Wie man Eisenbahner für den Reichsbund fängt.) In letzter Zeit gaben sich der Verkehrsbeamte A p P e l, der Lokomotivführer R i e b l e r, und der Magazinarbeiter, Transiteur und angehender Magazin-auffeher Schickelgruber alle erdenkliche Mühe, um dem Reichsbund auf die Beine zu helfen. Bei allen erdenklichen Gelegenheiten wurden den Arbeitern und anderen Bediensteten Beitrittserklärungen mit dem Ersuchen um Ausfüllung zugesteckt. Besonders Herr Appel fügte häufig das Versprechen bei, oatz er schon sorgen werde, datz jene, welche Reichsbundmitglieder werden, bei ihren Prüfungen sicher durchkommen. Da mutzte nun das Malheur passieren, datz der auf solche Art gewonnene Verschieber Reiter bei feiner Prüfung einen glanzenden »Durchfall" bekam. Da soll nun so einem zugkräftigen Reichsbundwerber wie Herrn Appel das „Renommee" nicht zum Teufel gehen? I Die nationale Beamtenschaft setzt nämlich alles daran, alle jene Streber» seclen, welche auf dem Rücken anderer rascher vorwärtSkom-uten wollen, sowie alle politisch Blinden einzufangen, um sich so eine willige Wählertruppe zu sichern. Die Herren wissen nur zu gut, datz man die Eisenbahner für alle Machtpläne mißbrauchen kann, die einmal Reichsbündler geworden sind. Die vormalige Machtstellung der bekannten „deutschen" Clique im Lebensmittelmagazin könnte doch nur durch so eine zusam-menaesangene Hilfstruppe wieder zurück erobert werden. Das ist eben des Pudels Kern. Wären diese Feldherren nur wieder oben angelangt, sie würden auf ihre verführten Helfershelfer gerdadefo herunter spucken wie aus ihre offenen Gegner. Datz cs aber angesichts der schäbigen Haltung des Nationalverbandes beim 17 Millionen-Antrag — in dem doch der Härten-ausgleich, die zweijährige Vorrückung, die Nachtdienstzulagen und eine gute Lohnautomatik finanziell gedeckt wären — noch Leute gibt, die sich fernerhin als willige „Leiterhalter" für ihre Peiniger gebrauchen lassen, fordert eigentlich zur Verachtung heraus. Sollte doch gerade in diesem Wahlkreis jeder versührte Eisenbahner jener Stunde fluchen, in der er sich von jenen stramm deutschfreiheitlichen Neunteufel-Zutreibern aus Beamtenkreisen zu einem blinden Stimmvieh für seine Feinde gebrauchen Uetz. Da nun in Knittelseld Gemeinderatswahlen in Sicht sind, benötigen die Herren Reichsbund-macher ja auch wieder Stimmvieh, um kommunale „Würden" zu erlangen. Ob sich diesmal gar viele Eisenbahner von dem kandidierenden Klüngel abermals missbrauchen lassen werden, steht noch dahin. Schliefet euch alle ihr Gesoppten und Betrogenen unseren Reihen an und es wird besser werden, trotz aller Liebediener und Verführer. Prerau. Als unser heißgeliebter Vorstand Q u i c z a l a mit dem blauen Bogen bedacht wurde, da gab eine Deputation den anderen die Türklingeln die Hand, damit ja ein waschechter Tscheche auf den Stationsvorstandsposten komme der die Leiden des tschechischen Personals sühlt. Die Direktion gab diesem Betteln nach und beglückte uns mit den Herrn 8 e d a aus Mährisch-Ostrau, der nicht nur tschechische Gefühle polnischer Art, sondern auch eine ©partout mitbrachte, die sich einmal bitter rächen wird. Damit nun die breite Öffentlichkeit sieht, wie es mit dem tschechischen Gefühl bei diesem Herrn aussieht, wollen wir einige Beispiele seiner Gefühllosigkeit preisgeben. Am Hauptbahnhof waren feit jeher zwei Weichenwächterposten, die aber dem Herrn Seda derart in die Augen stachen, daß er sie einfach auflief; und die Leute auf andere Posten versetzte, was wieder jüngere Bedienstete verdrängte, die man ganz einfach entließ. So kamen sechs Leute ums Brot. Die Brücke ist unbewacht, das Ueberschreiten der Geleise ist gestattet, bis jemand überfahren wird. Der Blocksignal-diener der Nordfeite hat die Ehre, sich die Augen bei Nebel auszurenken, um zu sehen, ob die Kontakte und Wechsel frei sind. Der Herr Stellvertreter H w i z d a l darf jetzt statt der Wächter die Scheibe heruntertragen und die Stelle bezeichnen, wie weit ein Zug fahren darf, und die fechs Mann sind ersetzt. Das tschechisch fühlende Herz des Herrn Seda ist beruhigt solange, bis ein Malheur geschieht. Damit aber ja niemand sagen kann, daß es Herr Seda nur auf die Aermsten abgesehen hat, so suchte er auch unter den Bessergestellten Versuchskaninchen und er fand diese in den drei Ueberwachungs-beamten. Er fand nämlich, daß diese drei Herren per Nacht 2 Kr. Nachtdienstzulage bekommen, die ihnen, seiner Meinung nach, nicht gebührt, und er brachte es zustande — wie, das bleibt fein Geheimnis — datz die Ueberwachungsbeamten statt 2 Kr. jetzt nur 1 Kr. bekommen, fo datz bereit Familien monatlich 10 bis 11 Kr. durch das gefühlvolle Vorgehen des Herrn Seda entzogen werden. Damit aber niemand meint, Herr Inspektor Seda habe speziell auf das Stationspersonal sein Auge gerichtet, entließ er auch 80 Mann der Zugbegleiter, obzwar der Verkehr um kein Jota geringer ist als im Winter. Also Leute, die der Meinung sind, eine sichere Exi, stenz gefunden zu haben, die ihre frühere, oft bessere Stellung ausgaben und von denen manche a konto der „sicheren" Existenz heirateten, liegen vor lauter tschechischem Gefühl am Pflaster, mit der angenehmen Hoffnung, verständigt zu werden, wann sie gebraucht werden, werde man sie verständigen. Ja, , ja, Leutchen, geht zum Seda in den Dienst, der hat ein gefühlvolles Herz für tschechische Untertanen und erst für die deutschen, nicht zum reden. Damit aber diese Leute ersetzt werden, kam der Herr Seda aus die Idee, die fliegenden Partien aufzulösen und als Reservisten zu verwenden, welches System nicht nur disziplinwidrig, sondern direkt zum Schaden der Anstalt ist. Die Züge können nicht vollbelastet werden, da Reservisten fehlen. Die Erforderniszüge können nicht verkehren, da die fliegenden Partien aufgelöst sind. Die Fracht wird infolgedessen um 12 bis 24 Stunden verspätet. Als Beispiel der Disziplinwidrigkeit diene folgendes: Ein Signalmann von einem Oberkondukteur wird für einen Zugsführer, der krank oder in Urlaub ist — wenn tc überhaupt aus Urlaub gehen kann — als Zugsführer verwendet, die Partie des Oberkondukteurs fahrt fliegend und wird wegen Reservisten-mangel aufgelöst und der Cbcrkonduttcur wird seinem Sig-nalinann — der als Zugssührer fährt — als Reservist zttge-teit. Weigert er sich dagegen, regnet es Strafen, und die Taxe ist nicht gering, 5 Kr. und Androhung mit Disziplinarunter-suchung wegen Dienstverweigerung. Wo sind da die Rechte der Bediensteten, welche der § 40, Punkt 2, der Dienstordnung gewährleistet? Am Papier! Die Direktion kümmert sich nicht darum und Herr Seda ist von seinen tschechischen Gefühlen so vollgesogen, daß er überhaupt von Rechten der Bediensteten nichts wissen will. Darum, ihr Deputierte, der Gemeinde, trachtet, den Mann zum Ministerium zu bringen, was sein Wunsch ist, so wie ihr ihn nach Prerau gebracht habt, sonst könnte eS euch passieren, daß bei den heurigen Ge-meindewahlen ihr die Gefühle des Bahnpersonals zu fühlen bekommt! Luiidenburg. Der „Deutsche Eisenbahner" bringt in seiner Folge 21 einen Bericht über die Klage ihres Kameraden G o 11 xd a l d gegen den Genossen GodaY, welche Klage auch in der zweiten Instanz mit einem Freispruch des Ge» nossen Goday und Verurteilung des Klägers zur Tragung sämtlicher Kosten endete. Nachdem sich die Kameraden in ihrer Berichterstattung gar zu frech benehmen und daS Sprichwort „Wer Butter auf dem Kopf hat, foll nicht auf die Sonne gehen" vergessen, wollen wir den Sachverhalt schildern, wobei wir jederzeit für die Wahrheit unserer Schilderung einstehen. Aus der Klage des Kameraden G o 11 w a l d gegen den Genossen Goday ist folgendes hervorgegangcn: 1. Der Reifende Fischer hat bei der Verhandlung zugegeben, dein Genossen Goday gesagt zu haben, datz er dem Gottwald 1 Kr. gegeben hat und ohne Fahrkarte gefahren ist. Ob er dies im Scherz gesagt oder ob er dem Gottwald die Krone wirklich gegeben hat, datz zu untersuchen ist nicht unsere Sache. Die Beschuldigung ist eine schwerwiegende, und wenn sich Gottwald reiit fühlt, dann mühte er den Reisenden fisch er und nicht den Goday klagen. Den Reisenden i s ch e r zu klagen» schien dem G o 11 w a I d zu riskant, folglich hat er den Goday geklagt und ist dabei abgeblitzt. 2. Bedenklich bei der ganzen Sache ist, datz sich Gottwald mit dem Reisenden, welcher ihn so schwer beschuldigt hat, vor der Klageüberreichung ins Einvernehmen gesetzt hat. Man hat gesehen, wie der Reisende Fischer den G o t t w a l d fast bis zu seiner Wohnung begleitet hat. Er äutzerte sich dann: „Dem G o 11 w a l d darf nichts geschehen und wenn mein halbes Vermögen daraufgehen sollte." Das läßt viel sagen. Der Reisende Fischer hat bei der Verhandlung behauptet, daß er in Guttenseld eingestiegen ist, während er dem A odaY sagte, datz er von Markersdorf komme. Es kamt erwiesen werden, daß der Reisende in Guttenfeld nicht ein* gestiegen ist, weil es auch erwiesen werden kann, daß er itl Nikolsburg von rückwärts, vom Wagen des Go11wald, gekommen ist. In Guttenfeld konnte er in den Wagen, welchen Gottwald bediente, nicht einsteigen, weil dieser Wagen als letzter auf der offenen Strecke stehen bleibt, folglich mußte er schon früher entsteigen und es ist eine Frechheit, zu behaupten, daß der Reisende bei einem anderen Kondukteur als Gottwald gefahren ist. Wenn sich die Kameraden gar so viel darauf einbilden, datz die bahnämtlichen Erhebungen die Haltlosigkeit der Anzeige ergeben haben, so muh hier gesagt werden, daß die Sache ganz anders ausgefallen wäre, wenn seitens des Bahn-aintcs die Erhebungen energischer gepflogen worden wären. Man hat noch Nikolsburg berichtet, hat den Reisenden 6 Kr. Strafe zahlen lassen und die Sache war für die Bahn erledigt. Nachdem es erwiesen war, daß der Reisende ohne Karte gefahren ist, fo wäre es Pflicht der Bahn gewesen, zu ermitteln, mit welchem Kondukteur der Reisende gefahren ist, um ihn zur Verantwortung zu ziehen; wenn et nicht mit dem Kameraden Gottwald gefahren ist, so müßte eben ein anderer, wenn auch ein Genosse, bestraft werden. Weil wir gerecht sind, verlangen wir eine ernste bahnamtliche Unter» uchung, die wir nicht zu fürchten haben. Der Artikelschreiber wagt von Denunziation zu fnfel.n, und da fragen wir, ob eS nicht gerade der Kamerad Go11wald war, welcher sämtliche Kondukteure des Zellerndorfer Flügels der Bestechlichkeit beschuldigt?, ohne den Mut aufzubringen, einen Beweis zu erbringen. Der gute Kamerad hätte mit Freuden zugegriffcn, wenn er jemand etwas Nachweisen konnte. Ist es nicht eine bodenlose Gemeinheit, die Behauptung aufzustellen, daß unsere Genossen Reisende III. Klasse in der II. Klasse führen? Wir erklären den Schreiber des Artikels als einen ganz gemeinen Verleumder, infolange er nicht den Beweis für feine schurkische Behauptung erbringt. Den „Reichsbündlcrn" wächst der Kamm, sie brüsten sich damit, daß sie bei der Direktion einen großen Einfluß haben, daß ihre Vertrauensmänner in den Bureaus sitzen und versprechen den Bediensteten persönliche Vorteile int Dienste, wenn diese dem „Reichsbund" bcitrcte.it, und sie fühlen cs gar nicht unter der „teutfchen" Würde, slowakische Magazinarbeiter für den „RcichSßund" anzuwer-ben. O, armes Deutschtum, was haben die Kameraden aus dir gemacht! Da» Losungswort „Deutsch sein heißt frei fein" könnte für Luiidenburg passend mngcschricbcn werden in: „Deutsch sein heißt frech sein bis zur Bewußtlosigkeit". Schließlich möchten wir noch bemerken, datz der Artikel« schreibet: von einem Siegesfest schreibt, von welchen einige in schwankender Gangart nach Hause geführt worden sind. Wir haben es nicht notwendig, wegen einer so kleinlichen Sache ein Siegcsfest zu feiern, unsere leitenden Genossen hat noch niemand in schwankender Gangart gesehen, wir waren aber schon Zeugen davon, datz Oberkameraden nach Hause getragen werden mußten. Meran. (Deutsch nationale Eisenbahn er-Versammlung.) Kürzlich fand hier eine Versammlung der hiesigen Ortsgruppe des Reichsbundes Deutscher Eisenbahner statt, zu welcher vollgezählt 37 Personen erschienen. Nach einer vorgenmmnenen Sichtung waren davon sieben deutsche Handelsangestellte, dann bemerkten wir acht Jungen von der Deutschen Jungmannschaft und fünf Herren des Deutschen Bürgervereines. Also: 7 + 8 + 5 — 20, bleiben also samt dem Referenten E r 11 und feiner Gemahlin 17 Eisenbahner übrig. Davor; waren noch einige von Bozen, so datz nach Abzug dieser genau 12 deutsche Meraner Eisenbahner übrig blieben. Wir wollen ja nicht neidisch fein! Zwölf Mann muß ein Verein haben, um wenigstens den Ausschuß besetzen zu können. Doch nun zur Sache. Nachdem die Versammlung eröffnet war, ergriff der „Sozialpolitiker" Ertl (wie ihn die „Merancr-Zeituitg" nannte) das Wort, um die Haltung feiner Parteigenossen in der Abstimmung über den Antrag Tomschik zu rechtfertigen. Hierauf verzapfte er den hundertmal widerlegten Unsinn: „Die Sozialdemokraten lehnen das Budget ab, ergo dessen bekämen die Eisenbahner gar keine Gehälter." Dann weiter meinte der Referent, er verfolge genau die Politik, da er infolge seiner Reisen stets in den Eisenbahn-Kupees Zeitungen finde, die er dann eifrig lese. — Ein sonderbarer Sozialpolitiken Nahezu 10 Uhr taar'3, als die Versammlung beginnen konnte, und um 11 Uhr begannen bereits die ersten Besucher zu flüchten. Auch unserem Berichterstatter ging der „sozialpolitische Saft" in die Glieder; er verließ um 12 Uhr die Tischrunde und weiß daher nicht, ob am Schluß noch so viel Mannen beisammen waren, datz sie aus vollen Kehlen die „Wacht am Rhein" anstimmen konnten. Erfreulich ist, daß die Haltung der bürgerlichen Parteien an den Eisenbahnern nicht spurlos vorübergegangen ist. Die Abneigung gegen dies« Parteien ist deutlich wahrzunehmen; das bewies diese Versammlung. Wenn nun die Herren vom Reichsbund dennoch über diese so kläglich verlaufene Versammlung in gewohnter Weife auffchncideit werden, so darf das niemand wundern. Die Phrasendrescherei und Aufgeblasenheit ist das Lebenselement des Deutschradikalismus. Weinzierl bei Krems a. d. Donau. (Achtung, Eisenbahner!) Bei uns fristet ein Greisler namens I. Krenn sein Dasein von den Kreuzern der Kundschaften, die meistens aus Eisenbahnbediensteten und Arbeitern bestehen. Dieser Greisler ist auch von Beruf Steinschleifer, nur hat er, seit er Greisler geworden, sehr wenig in seinem Beruf gearbeitet. Jetzt, nachdem die gesamte* Steinarbeiter deshalb ihre Abrechnung und ihr Arbeitsbuch genommen, weil die Firma Miller an sie das Ansinnen gestellt, Streikbrucharbeit für eine Firma in Marbach an der Kleinen Krems, bei welcher sämtliche Arbeiter in Streik getreten sind, zu leisten, ist dieser Greisler und Steinschleifer I. Krenn feinen Berufskollegen, obwohl er der Steinarbeiterorganisation angehört hat, in den Rücken gefallen und hat bei dieser Firma zu arbeiten angefangen. Nachdem er außerdem sich in einer Weise über Arbeiter und Eisenbahner als Kundschaft geäußert hat, die den gesamten Stand tief beleidigt, da er sich verächtlich über die Organisation ausdrückt und sagt, eS sei ihm lieber, wenn kein Eisenbahner bei ihm einfauft, machen wir die Eisenbahner hiemit daraus aufmerksam. Tut diesem Herrn den Gefallen, ihn mit eurer Kundschaft zu verschonen, bis er sich gebessert hat und Abbitte leistet. Saaz. Ein sehr intelligenter Herr ist der Lokomotivführer Franz SuchY der Heizhausexpositur in Saaz. Es waren vor einige» Tagen einige Heizer und ein Lokomotivführer im Gasthaus „zur Kettenbrücke" in Saaz, da erschien auf einmal S u ch t) im halbtrunkenen Zustand und beschimpfte, ohne jeden Anlaß, in Anwesenheit anderer Gäste die Heizer, die er miserable Taglöhner, Ochsenknechte u. s. to. nannte. Er sagte: „der Heizer ist bei mir ein Schubfetzen, an dem sich der Lokomotivführer die Schuhe abwischf. Dies zeigt eine sehr große Bildung deL genannten Herrn. Wenn die Heizer nicht mehr Anstand gehabt hätten, so hätte es ganz leicht passieren können, daß Sucht) ein zweitesmal es sich wohl überlegt hätte, mit solchen Flegeleien die Heizer zu belästigen. Wir machen aber den sehr feinen Herrn aufmerksam, sich in Zukunft wohl zu hüten und derartige Bengeleien bei sich zu behalten, denn es passen solche Ausdrücke, wie er gebraucht hatte, viel besser auf seine eigene Person, dem jedwege Bildung ganz und gar fehlt. Wir geben dem Sucht) den guten Rat, sich bessere Manieren anzueignen. Sollte dies jedoch nicht der Fall fein, >«», , wir nächstens deutliche^ komme» Kufstein. Einen kaum erschlichen Verlust erleiden die Eisenbahner Kufsteins durch das Scheiden ihres so beliebten und geehrten Bahnarztes, des Herrn Oberbezirksarztes Doktor Lenz. Nicht nur als tüchtigen Arzt, sondern auch als edlen Menschenfreund lernten ihn die Eisenbahner während seiner langjährigen Praxis kennen, der nicht nur bestrebt war, Krankheiten zu heilen, sondern auch Elend und Not lindern zu helfen. Bei diesem Anlaß sei auch seiner werten Frau Gemahlin gedacht, deren übergroße Mildtätigkeit und Menschenfreundlichkeit bei den Eisenbahnern stets in guter Erinnerung bleiben wird. Daher erachteten es auch die Südbahnbediensteten als besondere Pflicht, diesen so pflichttreuen Arzt bei seinem Abschied besonders zu danken. Eine Deputation aus mehreren Mitgliedern des Zugspersonals und Stationsbediensteten begab sich ins Hotel „Drei Könige", wo Herr Dr. Lenz logierte, und -Gemeinderat Walter drückte in kernigen und warmen Worten ihm im Namen aller Eisenbahnex den innigsten und tiefgefühltesten. Dank aus. St. Peter in Krai». (Der Zustand der Personalhäuser der Südbahn.) Angeblich wegen verschiedener, chon seiten der in den Personalhäusern der Südbahn wohnenden Bediensteten vorgebrachten Bitten und Beschwerden betreffs Schäden in den Wohnungen, hat sich die Gcneraldirektion veranlaßt gesehen, eine Kommission, bestehend aus höheren Direktionsbeamten zu entsenden, welche die diesbezüglichen Bitten und Beschwerden auf ihre Stichhältigkeit prüfen sollten, um sodann das notwendige veranlassen zu können. Die Kommission, unter Leitung des Herrn Inspektor P r a t n e r der Vaukommission, kam tatsächlich am 11. März l. I. nach Sankt Peter in Krain, besichtigte die Wohnungen, nahm die Bezüglichen Bitten und Beschwerden entgegen, fand dieselben auch als berechtigt und versprach, den Beschwerden wegen Nässe in den Wohnungen, wegen der offenen und gemeinsam benützten Aborte, den Fenstern ohne Jalousien, den steinernen, schneckenförmig gebauten Stiegen ohne Griffstütze und ohne Beleuchtung, den Dachbodenabteilen ohne Fenster ec. ec. teils durch die Bahnerhaltungssektion sofort und die übrigen aber ehebaldig st Rechnung zu tragen. Nun ist jedoch schon ein halbes Jahr seit der Kommissionierung verflossen, aber von einer Behebung der von den Mietern angeführten Schäden ist noch immer nichts zu merken, nicht einmal die Bahnerhaltungsscktion hat es für nötig befunden, bis nun den erhaltenen Auftrag betreffs Anfertigen der Jalousien oder Roulcaux an den Schlafzimmerfenstern durchzuführen. Wahrscheinlich, weil dieselbe ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Instandhaltung des Tennisspielplatzes und der Errichtung eines Springbrunnenbaffins hinter dem Sektionsgebäude, lenken zu müssen glaubt. Für solche Extravaganzen, welche doch bloß zur Ergötzung beschäftigungsloser Individuen dienen, sind die Machthaber der Südbahnverwaltung stets zu haben, den vitalsten Forderungen der Wohn-partcien gegenüber aber scheinen sie gleichgültig zu sein. Zu bedauern sind eben die armen Eiscnbahnproletarier, welche gezwungen sind, solche, jeder Hygiene hohnsprechende sowie der einfachsten Sicherheitsvorkehrungen entbehrende Wohnungen zu beziehen. Hervorzuheben wäre noch, daß sich die Südbahnver-waltung mit ihrer Humanitätsduselei nicht schämt, von den Mietern der nassen Wohnungen, denen nicht nur die Möbel total ruiniert werden, sondern auch die Gesundheit gefährdet wird, genau denselben Mietzins einzuheben, als wie von den Mietern der trockenen Wohnungen. Einer hochlöblichen Generaldirektion sei aber hiemit auf das eindringlichste ans Herz gelegt, die Bediensteten mit solchen Foppereien, als die Kommission eine war, nicht die Ruhezeit zu kürzen, Oder ist das Abhalten von Kommissionen Selbstzweck? Klagenfurt. (Süd bahn, Haup tbahnho f.) Man sollte meinen, daß sich unter den Zugsbegleitern nur Leute befinden, welche den vollen Wert der Organisation anerkennen; doch ist dies in Klagenfurt nicht der Fall. Hier sind derlei Individuen genug, welche über die Organisation und das Vor. gehen der Vertrauensmänner schimpfen, ja sogar über Beschlüsse, welche sie mit ihrer eigenen Unterschrift anerkennen, losziehen und dieselben nicht beachten. Insbesondere warnen wir den Herrn Joh. Maurer, nicht zuviel über die Organisation loszuziehen, wie er es schon einigemal machte. Genannter ist der erste, der dort dabei ist, wo Vorteile auf anderer Kosten zu holen sind. Zum Dank für alles, fällt er dann seinen eigenen Kollegen in den Rücken, wie bei seinem Beitritt zum Südbahnerverband; denkst du daran? Deshalb Hem Maurer nur kaltes Blut bewahren und die Organisation hübsch in Ruhe lassen. Diese hat nicht genug unterschätzbare Errungenschaften zu verzeichnen, was Maurer natürlich hoch und teuer bestreitet. Ausgeschlossen ist es selbstverständlich, daß jeder einzelne seinen eigenen Nutzen aus der Organisation ziehen kann, wie es Herr Maurer beim Südbahnerverband erwartete. Gleichzeitig machen wir das gesamte Zügbegleitungspersonal aw merksam, aus ihrem-Winterschlaf und Gleichgültigkeit aufzuwachen und sich der Organisation anzuschließen, beyn nur die kann uns in der kommenden Zeit sichere Erfolge bringen. Ncudek im Erzgebirge. Samstag den 27. Juli wurden von der Verschubpartie vom Zug Nr. 1676 Verschiebungen vorgenommen. Als mehrere Wagen auf das Geleise 7 abgestohen wurden, kam eine Wagenpartie, welche nicht gebremst sein mochte, entgegenrollt.. Der Anprall war so heftig, daß drei Wagen beschädigt wurden. Hievon wurden zwei ineinander-gebohrt und ein Räderpaar entgleiste. Auf alle Fälle wird man jetzt die Schuld dem Personal zuschreiben wollen. Wir gelangten aber zu einer ganz anderen Ansicht. Bekanntlich werden im Bedarfsfall im Magazin Leute beschäftigt, welche nur einige Tage am Oberbau gearbeitet haben; wird dann ein Ersatz beim Fahrpersonal notwendig, so kommen bi|fe Leute, weiche gar keinen Dunst vom Verschubdienst haben, auch zum Fahren. Durch solche Hilfskräfte wird der Dienst derart erschwert, daß solche Vorkommnisse nicht ausgeschlossen sind. Nach unserem Gutdenken und auch instruktionsgemäß ist nur ein gut geschultes Stationspersonal zum Verschub zu verwenden. Bei uns m Neu-dek dürfte es sich ganz so bewahrheiten, wie vor kurzem sich ein Beamter geäußert hat. Im Magazin und zum Fahrdienst dürfen nur deutschgesinnte Arbeiter verwendet werden. Also Nationalität dürfte hier die Hauptrolle spielen, Verkehrsicherheit ist Nebensache. Wir hoffen, daß mit solcher blöden Protektionswirtschaft aufgeräumt wird. Weiter würden wir empfehlen, die älteren Arbeiter, welche schon jahrelang am Oberbau bcschaf-tigt sind, zum Stations- und Fahrdienst zu verwenden. Stur dann können solche Karambole vermieden werden. teilen die Eisenbahner neidig sind, sei hier gleich bemerkt, daß wir in Oderberg auch schon das Kilo Fleisch um 8 H. teurer zahlen müssen, wahrscheinlich Akonto dieser Zubesserung. Das-'elhe ist bei der Aufbesserung des Ouartiergeldes zu ersehen, wodurch mit Gehalt die Summe von 1200 Kr. erreicht wurde und wir zur Zahlung der Personaleinkommensteuer gelangten. Alles in allem eine Reforüi zuungunsten des Personals, von welchem aber immer eine strengere und reellere Dienstesabwicklung verlangt wird. Wir haben wieder einen Beweis, daß wir einzig und allein auf unsere Kraft angewiesen sind, wenn wir unsere Lage verbessern oder aber doch das erhalten wollen, was unsere Organisation durch schwere Arbeit erkämpft hat. Vor zwei Jahren fand in Wien eine Reichskonferenz, betreffs Nnführung der Verschubzulagen ä 24 Kr. statt, an der auch Oderberg durch einen Delegierten vertreten war. Heute sehen wir, daß dann, wenn die Minderheit der sozialdemokratischen Abgeordneten nicht durchdringt, daß das Elend und die Not immer größer wird. Ja, selbst unter den hiesigen Deutschnationalen hört man ja mm ern, daß sie ihre Stimme bei der Wahl so unüberlegt abgegeben haben, denn heute sieht jeder mit offenen Augen und jeder spürt es am eigenen Körper, daß, weil man Dr. Licht gewählt hat, es von Tag zu Tag lichter und lichter im Magen wird. Oberberg. (Die Verschubprämien.) Anfangs Mai laufenden Jahres wurde vom k. k. Eisenbahnministerium verlautbart, daß in einzelnen Stationen versuchsweise eine provisorische Verschubprämie auf drei Monate gewährt wird, über die sämtliche in Betracht kommenden Direktionen Aufzeichnungen genauestem? zu führen haben, um es nachher einer Direktorenkonferenz vorzulegen, ob selbe obligatorisch einzuführen sind oder nicht. In diesem Sinne wurde auf der Nord-Bahnstrecke die Station Oderberg und Lundenburg beglückt. Ob die Konferenz schon stattgesunden hat, ist uns nicht bekannt. - aber eines möchten wir gleich betonen, wenn sich der deutsche Nationalverband so wacker eingesetzt hat. damit die Eisen-Bahner ja nicht einer anständigen Aufbesserung teilhaftig wer-,dcn, so möge er sich auch dafür mit allen Kräften einsetzen, damit diese Wohltat der Verschubprämie nicht für das Personal eingeführt wird. Jetzt bitten wir. kaltes Blut zu bewahren, denn wir lvollen wahrheitsgetreu Mitteilen, wie hohe Prämien für den .Pkonat Mai zur Auszahlung gelangten: Die erste und höchste .Prämie war 1 Krone 4 Heller, dann kamen solche zu 76 H., 142 H.. 26 H., 25 H.. 21 H.. 18 H.. 16 H., und die kleinste zu jage junb schreibe 3 Hell e.r, Damit uns aber nicht in anderen Welt, Nabresina. In Nabresina geht das Gerücht herum, daß Herr Stationschef Doügan eine Prämie von 50 Kr. für denjenigen auSsetze, welcher ihm den Einsender des letzten Artikels namhaft macht. Wir glauben die Wahrheit dieses Gerüchtes chon aus diesem Grunde nicht, da der Entgang von 50 Kr. die Finanzen des Herrn Dougan nicht wenig erschüttern würde. Trient. (Aus der M a l e b a h n w e r k st ä t t e.) Eine Ehrenmann mit Strupfen scheint der Magazinsdiener Kraus zu sein, der den ganzen Tag in der Werkstätte herumsucht und beim geringsten Anlaß die Arbeiter in der Kanzlei verändert. Benötigt ein Arbeiter eine Fahrkarte, erhält er keine, oder Kraus trägt sich an, das Ansuchen zu schreiben, wofür er dann beim Ausfolgen der Karte die Hand hinhält. Sollte Kraus seine Schnüffelei nicht lasten, werden wir ihm den Kopf noch mehr waschen. Znaim. (Vom Fahrdienst.) Es ist eine Lust und Freude, Arbeiter im Fahrdienst zu sein. Seit zirka zwei Jahren wurden Leute als Arbeiter im Fahrdienst massenhaft aufgenommen. Die Leute drängten sich auch hinzu, um bei den heutigen schlechten Zeiten eine sichere Existenz zu haben. Kaum waren einzelne ausgenommen, wurden _sie auch schon von unseren wackeren Teutonen, den Reichsbündlern, überrumpelt, dem Reichsbund beizutreten, indem sie angeblich von seiten der Beamten mehr Protektion hätten, speziell bei dem deutschradikalen Gemeinderat und durch des Abgeordneten Teufels ®naben ernannten Vorstandsstellvertreter Haluska, und daß dieselben auch hiedurch früher angestellt würden. Aber weit gefehlt. Der Herr Abgeordnete Teufel sorgt nur gut für seinen strammen Agitator Haluska, daß derselbe außertourlich avanciert und daß er alten, verdienstvollen Beamten, die nicht deutschradikale Agitatoren sind, vorkommt; aber um die armen Teufel von Arbeiter kümmert sich niemand, weder der Abgeordnete Teufel oder der Vorstandstellvertreter Haluska. Pardon! Herr Haluska sorgt wohl für sie, aber in anderer Form, nämlich, daß sie, wenn sie von einer anstrengenden Tour zuhause kommen und einige Stunden frei haben, am Bahnhof erscheinen müssen und zu ihrer Erholung mit Gurkensäcken im Magazin schupfen dürfen, um dann wieder gckraftigt den Fahrdienst anzutretcn. Was Wunder, wenn so ein armer Mensch dann auf der Bremse schläft? Diese Kategorie von Arbeitern in Znaim ist gewiß genug ausgeniitzt, und dies haue bis jetzt jeder Vorstand eingesehen, und die Leute zu nichts anderem kommandiert, nur Herr Haluska steht das nicht ein. Da der Herr Vorstand D o u b r a b a im Urlaub war und der Herr H a l u s k a der Gewaltige in der Station war, hatte er sofort die Idee, die armen Teufel noch besser auszunutzen und sie ins Magazin zum Gurkenverladcn zu schicken. Er muß doch sein außertourliches Avancement wieder einbringen, und es an dem armen Personal abschinden. Er scheint gar nicht ruhig schlafen zu können, da er fortwährend nachdenkt,, üm dem Personal einen Possen zu spielen. Hiefür ist der beste Beweis, daß das Znaimer Personal seit 1. Mai 1912 fünfmal Turnuswechsel hatte. Das Personal wurde auch des seit mehreren Jahren bestehenden freien Tages tm Monat beraubt. Da sich von den Herren Gewaltigen um die Arbeiter im Fahrdienst niemand kümmert, und die Armen der Aermsten dem Reich»-bund fahnenflüchtig werden könnten, muß sich hoch jemand um sie bekümmern, und somit besorgt dies der Reichsbimdobmann Strunz, der sich vor jeder Tour die Fuße ms Direktionsgebäude abläuft, um angeblich zu intervenieren. Wahrscheinlich aber bei einem Kanzleidiener, das sieht man zumindest an seinen Erfolgen, So wurde auch den Arbeitern vorgemacht, auf Intervention des Obmannes Strunz wurden alle zu Aushilfs-kondukteuren ernannt, aber o wehl Da werden die Armen noch lange warten müssen, speziell dann, wenn die Herren Teutonen einen Verrat nach dem ändern an den Eisenbahnern begehen, wie bei dem 17 Millionen-Antrag. Diese armen Leute spuren es am eigenen Leib, daß sie am Leim gegangen sind, und daß sie hiedurch nur dem Herrn Haluska. vielleicht auch mit der Zeit Herrn Strunz, helfen, aber sich selbst me, und es durfte sich das Sprichwort bewahrheiten: Die größten Kälber Wahlen ihre Metzger selber. Wenn sich die Znaimer Arbeiter im Fahrdienst nicht bald eines besseren besinnen, und sich Mann für Mann der einheitlichen großen Organisation anschließen, bleibt ihre Ernennung zum Aushilfskondukteur wohl noch lange aus und Herr Haluska dürfte noch früher Inspektor werden und sie als Inspektor zum Gurkenverladen kommandieren. Mit den großen Maulreißereien des Strunz beschäftigen wir uns das nächstemal gründlicher, Znaim. (Ein netter Germane.) In der Station Znaim hatte seit Bestand der Nordwestbahn, der bereits pensionierte Wagenmeister Holub den Dienst allein und anstandslos versehen, es waren auch vom Personal keine ^Beschwerden zu hören. Das Personal hat seine Sachen pünktlich und genau bekommen, daher herrschte unter dem Personal in dieser Hinsicht die vollste Zufriedenheit. Aber die Sache mußte anders kommen. Herr Holub verunglückte und wurde infolgedessen pensioniert. Wie bereits erwähnt, hatte der Genannte den Dienst über 30 Jahre allein gemacht. Herr Holub war pensioniert, und an dessen Stelle kam nach dem bekannten Sparsystem der k. k. Staatsbahnen, an Stelle eines Unter? beamten zwei Personen, und zwar ein Beamter, ein Adjunkt und ein Diener. Seitdem der Herr Adjunkt Brunner, so der Name des feinen Herrn, dieses Bureau über sich hat, bekommt das Personal überhaupt nichts in Ordnung. Ah, Pardon, etwas bekommt man doch! Stöße, daß man an die Wand stiegt, unv zur Tür hinausgelvorfen kann man auch werden. Also kurz zur Sache. In der Station Znaim besteht eine Milchpliale des Lebensmittelmagazins in Wien, Nordwestbghn. Dieser Herr B r u nner dürfte beim Verkehrsdienst zu große Zähigkeiten an den Tag gelegt haben, dafür mußte man ihm einen ruhigen Posten verschaffen, damit derselbe sein Gehirn nicht zu stark anstreugen muß. Dieser Rohling in der Gestalt eines Ad-junkten, hat die Verrechnung über die verausgabte Milch, und cs wird dem Personal jedem Ersten bei der Kasse das Geld hiefür in Abzug gebracht. Es besteht der Usus, daß dem Personal die verdorbene Milch, wenn es rechtzeitig angemeldet wird, nachträglich vom Adjunkten Brunner zur Hälfte oder zur Gänze rückvergütet wird, aber dieser feine Herr mißt nicht mit gleichem Maß. Hier ein Beweis: Einem Kollegen ist auch die Milch einigemal zerronnen und derselbe meldete es. und es wurde ihm angedeutet, er möge nach dem Ersten kommen, es wird ihm rückvergütet. Der Kollege ging auch tatsächlich nach dem Ersten zum Adjunkten Brunner, um seine Rückvergütung. Aber der Mensch denkt und Herr Brunner lenkt. Er kam gerade recht an. Herr Brunner schrie mit ihm wie wahnsinnig, und als sich der Kollege das nicht bieten ließ, und sein Geld verlangte, wollte ihm Brunner aus der Kanzlei hinauswerfen. 2>er Kollege ging selbst und ging auch gleich zum Herrn Vorstandstellvertreter Haluska, um sich zu beschweren. Aber bei Herrn Haluska nützen Beschwerden, wo es sich um einen deutschradikalen Adjunkten handelt, nichts. Der Bedienstete ging mit dem Bemerken fort, er werde sich sein Recht anderweitig suchen. Um aber der Sache gewiß zu fein, erkundigte sich derselbe unter den Kollegen über den Vorgang mit der Milch und erfuhr, daß die schlechte Milch teils halb und teils ganz vergütet werde. Da er meinte, wenn er Beweise bringe, werde er seine Vergütung doch bekommen, ging er neuerdings zu Herrn Brunner. Dieser war darüber so erzürnt, daß sich ein gewöhnlicher Diener nochmals getraut zu kommen und sich seines Rechtes zn wehren, daß er ihm neuerdings hinauswerfen wollte. Da es der Kollege nicht angehen ließ, bekam er von dem Adjunkten Brunner einen Stoß in die Brust, daß er an die Wand flog. Das sind so rechte Hausknechtsmanieren. Wo dieser Herr Brunner seine Bildung genossen hat, wissen wir nicht, vielleicht irgend an einem Meierhof. Oder ist dies die deutschradikale Kultur? Es nimmt uns nur Wunder, daß ein Diener so viel Bildung besitzt und sich zurückhalten konnte, so mancher andere hätte sich vielleicht vergehen und hätte den unkultivierten Adjunkten eine Ohrfeige versetzt, daß derselbe unter den Tisch gekollert wäre, und daß er dort über den Umgang mit Menschen hätte Nachdenken können. So ein Bediensteter hätte dann noch den kürzeren gezogen und wäre wegen Subordination auf das schärfste bestraft worden. Wir sind aber jetzt auch neugierig, ob der vernünftige Diener von der k. k. Direktion rehabilitiert wird und ob dieselbe dem Adjunkten Brunner es beibringt, wie ein Vorgesetzter mit Untergebenen zu verkehren hat. Sollte dies nicht der Fall sein, dann müßten wir schon zur Selbsthilfe greifen. Pafsau, Bayern. Sonntag den 18. August fand die feierliche Eröffnung des in Passau, Bayern, für die österreichischen Bediensteten vom Oesterreichischen Bauverein tn Passau gebauten Heimes statt. Knittelfeld. (A u s d e r k. k. W e r k st ä t t e.) Die Werk-stättenleitung in Knittelfeld scheint manchmal selbst über den Rahmen der Korruption, die dort herrscht, noch hinauszugehen. Es leisten sich die Vorgesetzten Dinge, in welchen ge nach Möglichkeit versuchen, einer den ändern an Brutalität im Verfahren gegenüber'den Bediensteten zu überbieten. Jedermann erinnert sich noch an die am 21. April stattgehabte Generalversammlung de Lebensmittelmagazins und an die Sprengung der Versammlung durch die Feuerwehr unter der Leitung des Hauptmannes Hugo K o s m a t s ch, Oberkom-missärs der k. k. Staatsbahnwerkstätte und Leiters der Abteilung 2 im Direktionsbezirk Villach. Dieses kosakische Aus-einandertreiben der Versammlung hat selbstredend die üp* liehen Nachspiele bei Gericht zur Folge gehabt. Wir haben ja über die Vorkommnisse beim Gerichts bereits berichtet und darauf verwiesen, welche Ungehörigkeit und Widersinnigleit in der Gesetzesauslegung dabei gehandhabt wurde. Wir machten dabei insbesondere aufmerksam, daß doch eine Feuerwehr selbst dann, wenn sie Versammlungssprengerin war, noch immer nicht als Amtsperson zu betrachten ist. Der Kessel-schmied T i m i s ch l wurde nach § 4SI zu 48 Stunden Jrrcst verurteilt, da er angeblich die Absicht hatte, den m Feuer-wehruniform steckenden ShSerhneiftet; ® d) o t> e r i »ttr oem Regenschirm zu stoßen. Wohlgemerkt: Nicht gestoßen ist worden, eine Verletzung war nicht merklich, ja nicht einmal eine Berührung hat stattgefunden, sondern die bloße Absicht soll „befanden" haben! Und dieses merkwürdige Urteil wurde von dem Senat in Leoben bestätigt. Oberkommissar Hugo Kos-m a 11 cf) wurde ebenfalls nach § 431 zu 24 Stunden Arrest, eventuell zu 10 Kr. Geldstrafe, zum Ersatz von Schmerzensgeld und zur Tragung der Prozebkosten verurteilt. K os-matsch hat nämlich einen dort dienstlich anwesenden Beamten des Lebensmittelmagazins erheblich oerletzt, so daß er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Kos matsch wollte die aufgelaufenen Kosten nicht bezahlen und mußte selbstredend mit aller Energie dazu verhalten werden. Der Herrscher von Kwittelfeld schnaubt darob vor Wut und kühlt seine Rache an dem Kesselschmied Timrschl, dessen uumittel-barers Vorgesetzter er ist, verlangt denselben zu sich in die Kanzlei und erklärt: „Nachdem Sie 48 Stunden Arrest erhalten haben, sind Sie mit heutigem Tage entlassen. Sie dürfen aber unter gar keinen Umständen mehr die Werkstatte betreten, holen Sie ihre Dokumente morgen und verlassen Sie sofort die Betriebsräume!" Ein solches Vorgehen ist zumindest ungehörig. Wir wollen nicht darauf verweisen, daß sich m der Wrekstätte Gesinnungsgenossen des Herrn Ko s m a t s ch befinden, die wegen ganz anderer Verbrechen acht Tage im Arrest gewesen sind und welche unter der Protektion dieses Herrn dank der Strafe zu Werkführern ernannt wurden Wir erlauben uns nun die Anfrage an die Direktion in Villach, ob sie dieses Kosakenstückchen ruhig geschehen laßt oder ob sie T i tn i s ch l wieder zurücknimmt, beziehungsweise seine willkürlich verfügte Entlassung aufhebt; oder, wenn sie schon für die Bediensteten gleiches Maß gelten läßt, Kosmat s ch, der ebenfalls nach § 431 verurteilt wurde, sofort aus dem Betrieb entläßt? Wir machen die Direktion in Villach aufmerksam, daß die Arbeiterschaft ihre Ruhe nicht mehr so w>rd bewahren, sondern ihrem Unmut in Hinkunft freien Lauf lassen wird. Denn wir haben das Empfinden, daß der ö'ssll T t nt ijch l nur ein Versuch ist und wenn derselbe genügt, cm braiomschc» Regiment in dem Betrieb eingeführt werden zollte, das für die Arbeiter zur Qual und für die Verwaltungsbehörde zur Schande gereichen müßte. Wir legen nahe, unverzüglich ein. zugreifen, ehe die Arbeiterschaft selbst gegen solche Unzukömmlichkeiten zur Wehr greift. SUa. (Nochmals die Kasernenverhältnisse des Maschinenpersonals.) Im vergangenen Monat zirkulierte unter dem Personal das Gerücht, daß die erbärmlichen, von der Südbahn für teueres Geld gemieteten Lokale ausgelassen werden und die kleine Villa, rechts an der nördlichen Einfahrt in Ala, die bisher von einer Firma Leinkauf gepachtet war. als Kaserne für das Maschinenpersonal hergerichtet werden würde, und zwar mit 1. Juli 1912. Das Personal war froh, von den alten Wanzenburgen befreit zu wer-den, unterließ daher in Erwartung der Uebersiedlung jede Kritik dieser Räumlichkeiten. Der 1. Juli ist in Land gezogen und alles bleibt beim Alten. Den ganzen Sommer uoer sollen wir uns wieder von den Wanzen, Gelsen und anderen angenehmen Tierchen martern lassen. Da keine Aenderung tn Aussicht steht, so wollen wir der Oeffentlichkeit denn doch Mitteilen, welche Lokale einem ermüdeten Personal zum Aus-ruhen zur Verfügung stehen. Die Kasernen für das Maschinenpersonal sind in zwei Häusern untergebracht, die in der X in stazione liegen, vom Heizhaus wenigstens acht Minuten ent* ferni, was bei kurzen Ruhezeiten entschieden zu weit ich In Kaserne Nr. 1 befinden sich die Zimmer im Gasthaus „Dante , 2. Stock. Außer dem ganzjährigen Gasthauslarm, finden den ganzen Sommer hindurch Konzerte, Theater- und Kinovor-tellungen statt, welche mit echt südlicher Lebhaftigkeit begleitet und applaudiert werden. Daß bei solchen Anlässen die Nacht-ruhe nicht sonderlich gefördert wird, ist einleuchtend. Die Küche, dies zur Kaserne gehört, wo man frisches Wasser holen ober sich waschen könnte, wird von der ?lttfräumerin einfach ab-gesperrt. Als Trinkgcfäß in dcr Kaserne dient eine alle, zerbrochene Konsumflasche. Das einzige gute an dieser Kaserne ist, datz die Zimmer hoch und lustig sind. Kaserne Nr. 2 befindet sich gegenüber dem erwähnten Gasthaus „Dante" im 1. Stock eines uralten Bauernhauses. Das erste Zimmer mit drei Betten und zwei Fenstern, Luftraum 77-76 Kubikmeter; das zweite Zimmer mit sechs Betten und einem Fenster, Luftraum 87 Kubikmeter; das dritte Zimmer mit fünf Betten und einem Fenster, Lustraum 79-95 Kubikmeter. Jedes Fenster hat nur eine lichte Weite von l'lö Meter Höhe und 70 Zentimeter Breite. Daß bei so kleinen Fenstern von einer ordentlichen Lüftung keine Nede sein kann, ist einleuchtend. Und wie notwendig brauchen wir Lüftung in diesen Räumen! Denn die Zimmer liegen über einem Viehstall — bitte, einem wirklichen Stall, tn dem Kühe, Esel u. s. w. untergebracht sind. Daß sich da Ungeziefer und wirklich intensive Gerüche verbreiten, ist begreiflich. Kommentar überflüssig. Eine weitere Zierde dieser Zimmer sind die Oesen. Man sichtS denselben an: sie waren nirgends mehr verwendbar, altes Eisen, für eine Führer- und Heizerraserne aber gut genug! Ein Rohr weit, eines eng. Trotzdem man mit Lehm alles verschmierte, wäre im vorigen Jahr ein Kollege bald im Rauch erstickt. Trotz der angeführten Uebelstände wäre cs noch eher zum Aushalten, wenn die unglückliche Lage der Schlafräume durch eine größere Räumlichkeit der Betten und Zimmer wettgemacht würde. Aber da fehlts eben grob. Der Herr HeizhauSIciter M a r u s; n i g hört nichts von den Klagen und sicht nichts von dem Dreck in den Kasernen. Er sicht nicht, das; daS Personal gezwungen ist, sich in Betten zu legen, welche nur notdürftig aufgebettet sind, für die abends ankommenden Partien gar nicht. Die Wäsche wird monatelang nicht gewechselt, die Decken jahrelang nicht ausgeklopft, vom Ausheben dcr Matratzen keine Spur, Bodcnreiben ist LuxuS. Dies alles in einer südlichen Gegend, wo man in puncto Reinlichkeit ctwaS mehr Sorgfalt anwcndcn sollte. Der Abort ist außer dem Hause, auch keine besondere Annehmlichkeit bei der Nacht; er ist aber wegen des fürchterlichen Gestankes und der Unmenge Flicgen selten benutzbar. Herr Marnßnig, vom Personal wiederholt aufmerksam gemacht auf diese Zustände, stellt sich jedeSmal ganz erstaunt und behauptet, das erstemal von schlechten Betten u. s. w. zu hören. Noch nie habe sich ein Mensch bei ihm beschwert. Treibt man den Herrn in die Enge, dann hat die die ganze Schuld die Jsabella — das ist nämlich die Auf-räumeriu. Was es mit dieser Jsabella für eine Bewandtnis hat, daß sie trotz der strengen Befehle des Herrn HeizhciuS-leiters keine bessere Ordnung hält, wissen wir nicht. Zum Schluß möchten wir dem Herrn M a r u ß n i g empfehlen, in der Diensteinteilung genau nach dem Status vorzugehen. Bevorzugung Jüngerer aus irgendwelchem Grunde ist zu unterlassen, sonst kommen wir deutlicher!! Von der Maschinell* direktion fordern wir, das ewige kleinliche Hinausschieben der Errichtung einer menschenwürdigen Schlafstelle für das Ma-schinlMpersonal einmal aufzugeben. Von uns wird der Dienst tadellos verlangt, sonst regnets Geldstrafen. Wir verlangen von der Gesellschaft ein reines, von Ungeziefer freies Bett in einer ruhigen Gegend, nicht zu weit vom Heizhaus entfernt. Um jedoch die Reinlichkeit aufrecht erhalten zu können, gehört ein Heizhausleiter her, der für Ordnung auch ein Verständnis hat. Bei dem Herrn, der jetzt in Ala diesen Titel trägt, fehlt diese Eigenschaft ganz und gar, wie die angeführten Mißstände deutlich zeigen. brachte einige krasse Fälle über das gegenwärtig bestehende System der Gehör- und Sehvcruiögensvrüsung vor und meinte, daß c5 Sache de* Personals sein werde, mit diesem System zu brechen, dar geeignet ist, die Existenz zu gefährden und wünscht den Lokomotivführern zu allen ihren Forderungen den besten Erfolg. Nach einer lebhaft durchgeführten Diskussion fand die Versammlung der vom festen SolidaritätS-gefühl durchdrungenen Lokomotivführer der Süd- und Staatsbahn ihren Abschluß. Görz. Am 6. August fand int Saale des Hotels „zum goldenen Hirschen" in Görz eine von den Süd- und Staats-bahnent zahlreich besuchte Versammlung statt. Die Tagesordnung lautete: 1. Dcr Verrat der bürgerlichen Abgeordneten an den Eisenbahnern. 2. Eventuelles. Als Referenten waren die Genossen D u s e f auS Wien und KopaS aus Triest erschienen. Dcr Vorsitzende flrentzar erteilte zum Punkt 1 der Tagesordnung dem Genossen K o p a c daS Wort, welcher in slowenischer Sprache die gegenwärtige Lage der Eisenbahner Oesterreichs auSeinandersetzte, welchen Ausführungen alle Anwesenden mit größter Aufmerksamkeit folgten. Nach l^stündi-ger Rede deS Genossen KopaS nahmen alle versammelten Eisenbahner den von feiten dcr Abgeordneten der bürgerlichen Parteien im Parlament vollbrachten Verrat mit größter Entrüstung zur Kenntnis und verurteilten diesen mit lebhaften Pfuirufen auf dc3 schärfste. Hierauf ergriff Genosse DuLek daS Wort, um in deutscher Sprache zu referieren. DaS Referat des Genossen Suscf wurde von den Anwesenden deutschen Eisenbahnern ebenfalls mit größter Aufmerksamkeit verfolgt und mit Beifall ausgenommen. Hierauf wurde vom Schriftführer Genossen Mozetiö in slowenischer und deutscher Sprache eine Resolution vorgelesen, die die Haltung der bürgerlichen Parteien scharf verurteilt und die von den Versammelten einstimmig angenommen wurde. Sodann wurde die Versammlung um M12 Uhr nachts vom Vorsitzenden Genossen K r e m z a r geschlossen. Sterzing. (Eine ch r i st l i ch so z i a k e Eisen-b a h n e r v e r s a m m l u n g.) Der Verrat der christlich» soizalen Abgeordneten, welchen dieselben durch das Nieder-stimmen des 17 Millionen-AntrageS des Abgeordneten Genossen To in sch ik begangen und dadurch die Erfüllung der als berechtigt anerkannten Forderungen der Eisenbahner auf längere Zeit hinaus wieder zunichte gemacht haben, löste selbst unter den Mitgliedern deS christlichsozialen VerkehrSbundeS einen starken Unwillen ans und wurde seitens der Zentral-leitung dieser Organisationen allen christlichsozialen Abgeordneten, welche gegen den Antrag Tomschik gestimmt hatten, daS entschiedene Bedauern im schriftlichen Wege ausgesprochen. Nachdem der Vertreter des 16. Wahlkreises, der ReichS-ratsabgeordnete Pfarrer Meixner, schon als Kandidat versprochen hatte, für die Interessen der Eisenbahner einzutreten und auch als gewählter Abgeordneter in mehreren Versammlungen deS VerkehrSbundeS sich als Eisenbahnerfreund auSgab, Bei der Abstimmung des Antrages Tomschik sich aber auf die Seite der Eisenbahnerfeinde stellte, so wurde der genannte Abgeordnete seitens der Ortsgruppe Sterzing des VerkehrSbundeS eingeladen, an einer Versammlung dieses Vereines teilzunehmen und sich Betreffs seines Vorgehens zu rechtfertigen. Diese Versammlung, zu welcher auch mehrere Ge-noffen erschienen waren, fand am Sonntag den 28. Juli in Sterzing statt. Genosse B e r g e r aus Frcmzensfefte erhielt zuerst das Wort und schilderte die Kämpfe der Eisenbahner, vom Jahre 1905 ausgehend, zu welchen dieselben infolge der anhaltenden Steigerung dcr Lebensmittel- und WohnungS-preife gezwungen waren. Durch den Umstand, daß die Südbahnverwaltung mit Zirkular 385/A ox 1907 versprochen hat, alle Verbesserungen in den Bezügen deS StaatSbahnpersonalS in dem gleichen Ausmaß und mit dem gleichen Tag auch auf der Südbahn einzuführen, sind wir Südbahner an den Erfolgen der Staatsbahner auf das lebhafteste interessiert und verfolgen deren Kämpfe mit größter Aufmerksamkeit. Im Jahre 1911 befaßten sich alle größeren Parteien mit dcr Lage der Bediensteten und Arbeiter der Staatsbahn und es wurde von den Deutschnationalen und Tschechischnationalen ein Betrag von 62 Millionen Kronen, und von den Sozialdemokraten 69 Millionen Kronen von der Regierung zur Aufbesserung dcr Bezüge dcr Eisenbahner verlangt. Durch ein Uebereinkom-men der Parteien kam eS zu dem bekannten 38 Millionen-Antrag, welcher im Abgeordnetenhause einstimmig angenommen wurde. Die Regierung hatte aber mit dcr Begründung, daß kein Geld da fei, um einen Betrag von 21 Millionen Kronen zugestanden. Die Eisenbahner konnten mit dieser Regulierung nicht zufrieden fein, und es machte sich eine allseitige Erregung unter denselben bemerkbar. Die Deutsch-nationalen und Christlichsozialen brachten, um zu zeigen, daß sie den Sozialdemokraten in der Fürsorge um die Eisenbahner voraus sind, am 5. März l. I. geharnischte Interpellationen an den Eisenbahnminister ein, in welchen sie die Aufwendung der restlichen 17 Millionen für die Aufbesserung der Gehalt- und Lohnbezüge der Staatsbahner forderten. Bevor aber die obengenante Interpellation dcr Christlichsozialen überreicht wurde, weilte eine Abordnung des Verkehrsbundes im ABgeordnetenhause und wurde derselben von dem Obmann der Ehristlichsozialen Vereinigung, dem Abgeordneten Schraffl, die Bestimmte Versicherung gegeben, daß die Partei geschlossen für die Forderungen der Eisenbahner stimmen werde. Was den Christlichsozialen aber ein gegc&cncS Versprechen gilt, kam schon Bei der ABftimmuug im Budgetausschuß am 17. Juni l. I. zum Ausdruck, welcher Verrat dann bei der denkwürdigen Abstimmung im Plenum des Abgeordnetenhauses am 2. Juli I. I. besiegelt wurde. Unter den Abgeordneten, welche gegen die Eisenbahner gestimmt hatten, Befand sich auch der Herr Pfarrer M e i x-n c r, dem es somit mit dem früher gegeBenen Versprechen, für die Eisenbahner einzutreten, nicht ernst gewesen sein kann. Da der restliche Betrag von 17 Millionen auf Grund der im Staatsangestelltenausschuß gemachten Berechnungen ausschließlich nur den niederen Schichten dcr Eisenbahner, den Unterbeamtcn, Dienern und Arbeitern, zugute gekommen wäre, so sind durch die Ablehnung des Antrages Tomschik gerade die ärmsten Eisenbahner um die so dringend notwendige Aufbesserung ihrer Bezüge gebracht worden. Wenn der Staat für die HeereSrüstvngen und andere unnötige Zwecke Hunderte von Millionen ausgcBen kann, welche zum größten Teil auS dem arbeitenden Volk herausgezogen wei> den, so muß er für seine eigenen Bediensteten auch noch Geld übrig haben. Um die Lebenshaltung der Eisenbahner zu t>cr bessern, ist eine stramme Organisation notwendig, um damit einen Druck auf die Verwaltung ausüben zu können. (Lebhafter Beifall.) Hierauf ergriff der christlichsoziale Abgeordnete Pfarrer Meixner daS Wort und betonte die Schwierigkeit, die darin bestehe, die Versamlung zu überzeugen. daß er ein Recht hatte, gegen den Antrag des Sozialdemokraten Tomschik zu stimmen. (Den schrldigen Mann gcht’s Grausen an!) Auf dem drei Viertelstunden langen Weg von Telfes nach Sterzing haBc er im Geiste schon eine Rede zu seiner Recht-fertigung gehalten. Die Eisenbahner sollen froh sein, daß der Staat nicht den vollen Betrag von 38 Millionen gegeben habe, weil dann die Höhergestellten (Beamten) mehr bekommen hätten. Man müsse schauen, daß die Niedergestellten mehr bekommen, was auch bestimmt durchgeführt werde. (Herr Meixner muß die Anhänger seiner Partei unter den getraut, entgegen den allbekannten Tatsachen der fo in* Gesicht zu Magen.) Dann gebrauchte er Ausrede, daß kein Geld "da sei. (Für Volksforderunc VersarnmlungsberichLe. _ . Wien IX. (Sektion Zugsbegleiter.) Die Sektion Zugsbegleiter der Ortsgruppe Wien IX hielt am 16. L. M. in Herrn Kritsch Weinhalle im IX. Bezirk eine gut besuchte Versammlung ab. zu der auch eine Anzahl von'Kollegen erschienen war, die gegnerischen Organisationen angehören. In der Versammlung, die einen äußerst würdigen und sachlichen Verlaus nahm, wurde eine Reihe wichtiger ZugS-Begleiterfragcn beraten. Genosse Jnnerhuber berichtete über die letzte Aktion beim Bahnamt, welchen in einem Memorandum elf Fragen lokaler Natur behufs Regelung unterbreitet wurden. Ein Teil der borgelegten Wünsche wurde vom Bahnamt erfüllt, ein anderer Teil wurde nach Möglichkeit zu erfüllen, versprochen. Hierauf erfolgte die Aufstellung der Kandidaten für die Neuwahlen in die Turnus- und in die Per« fonalkommisfion. Die vorgefchlagenen Kandidaten fanden einstimmige Annahme. Genosse Schober erstattete einen ausführlichen Bericht über seine Tätigkeit in der Personalkommission und wurde ihm für fein Wirken von der Vserarnrnlung die Anerkennung und das Vertrauen ausgesprochen. Genosse Jnnerhuber legte ferner mehrere Anträge zur Entscheidung der Versammlung vor, unter anderem wegen Systemi-sierung der Bremser und wurden alle Anträge einstimmig angenommen. Adolf Müller, der in Vertretung der Zentrale erschienen war, beantwortete eine an ihn gestellte Anfrage wegen der ABlehming der 17 Millionen Kronen durch die bürgerlichen Parteien im Parlament. Seine Ausführungen fanden die Zustimmung aller Anwesenden. Schließlich nahm die Versammlung noch einen Antrag einstimmig an, wonach die Zugsbcgleiter gegen den neuesten Erlaß des Eisenbahnministeriums wegen der Ersatzpflichtigkeit für geBrochene ScheiBcn energischen Protest erheben und die Zentrale aufgefordert wird, alles Zweckentsprechende dagegen zu unternehmen. Krems an der Dvirini. Die Ortsgruppe Krems an der Donau hielt am Sonntag den 11. August 1912 in Fürth und Emmcrsdorf an dcr Donau Versammlungen aB, Bei welchen Genosse Hofbauer auS Wien referierte. Beide Versammlungen waren gut besucht. Die Referate wurden mit großem Beifall ausgenommen. Graz, Südbahn. (L o k o m o t i v f ü h r e r v c r f a tn m* “ 30. Juli fand im Volkshcim eine fehr zahlreich besuchte Versammlung der Süd- und Staatsbahnlokomotiv-sührer statt, die sich mit bett Anträgen für die am 4. und 5. September in Wien tagende Reichskoitferenz der Lokomotivführer Oesterreichs beschäftigte. Als Referent war der Sekretär des Lokomotivführervereines, Genosse Franz Ruzieka aus Wien erschienen, der in seinen Ausführungen die unzulängliche Einschätzung deS LokomotivführerstandeS von feiten »er Bahnverwaltungen zur Sprache brachte und erklärte', daß c§ höchst an dcr Zeit wäre, den gerechten und schon ziemlich alten Forderungen deS Lokomotivpersonals endlich Rechnung tu tragen. Das tn hohem Grade unangebrachte UeBerprüsungs-svstem des Hör- und Sehvermögens wurde besonders ae> brandmarkt. Das Thema über „variable Bezüge" und die damit zusammenhängenden Turnusverhältnisse, die gesetzwidrigen, für das die Bahnen benützende Publikum höchst gefahrdrohenden Überschreitungen der Dienstnorinen, zu welchen ein Teil des Personals von den Tantiemen haschenden Vorgesetzten verhalten wird, während eS nebstbei von den leider noch immer existierenden K i I o m e t c r j ä g e r n auS Brotneid ausgenützt wird (Früchte des bestehenden Besoldungssystems), löste bei den Versammelten den schon so oft ergangenen Ruf nach Pauschalierung dcr variablen Bezüge au S. Nachdem Genosse Ruzicka noch eine Reiche von Härten, die dem Loko-motivpersonal anhaften, ins Treffen geführt hatte, richtete er an die Fachkollegen den Appell nach festem Zusammenschluß aller in die Organisation und eifrigem Besuch der Versammlungen. LandtagSäbgeordneter und Obmann der Ortsgruppe I, ____________ . ..... . . .. , Genosse Kollegger. von den Versammelten lebhaft begrüßt» Eisenbahnern wirklich für sehr dumm halten, daß et sich der Wahrheit] er die faule) fei. (Für Volksforderungen ist nie] Geld vorhanden, während Bei den Regierungsforbcrungcij noch nie noch der Bedeckung gefragt wurde.) Wegen de» Standpunktes der Regierung, erklärte Pfarrer Meixner^ das Budget nicht zur Saintion vorzulegen und wegen dev Drohung mit dem § 14 hätten die Eisenbahner die 17 _$Zil*: Iioiteu doch nicht früher bekommen, auch wenn dafür gestimmt worden wäre. (Wenn die RegiermtgSlakeieit die Parlaments* rechte nicht zu wahren verstehen, ist dies allerdings begreif.! lieh. Dos also ist die Berühmte Politik der „freien Hand'J wenn den Ehristlichsozialen schon der leiseste Wink der Re« gicrung Befehl ist!) Herr Abgeordneter Meixner führte! dann noch den alten demagogischen Trick betreffs der BudgeM Verweigerung ins Treffen und sagte, daß, solange die Sozial»' demokraten das Budget verweigern, die bürgerlichen Partetcni immer gegen die Forderungen der Sozialdemokraten stimmen! werden. (Da? wird der gute Mann trotz feiner schrecklichere Drohung nicht erleben, daß die Sozialdemokraten für eit, Budget stimmen werden, solange mit demselben die ©teuer-' geldei: zum größten Teil auS dem armen, auegcschimdcuctr Volk hcraukgeprcßt werden. Das kann eine Parte, tun, derenj Programm nur in dem Rufe „Hoch Lueger!" oder „Heil! j besteht nicht ober die Sozialdemokratie mit ihrem großem wirtschaftlichen Programm, welches wir dem Herrn Meixner; zum Studium empfehlen.) j Die Genossen Berger und B e r t f ch stellten die fadenscheinigen RcinwaschungSverstiche des Herrn Abgcord-j neten Meixner ins richtige Licht und zeigten auf den Weg/ wo die 17 Millionen leicht zu haben gewesen wären, wenn, es den bürgerlichen Abgeordneten ernst wäre mit ihren Vcr-> sprcchungeu.^n @eno^en Berger und 83 eit sch in die Enge getrieben, beteuerte der Herr Abgeordnete nochvta.S feine Liebe zu den Eisenbahnern und versprach, daß er schon sorgen werde, daß die Eisenbahner die 17 Millionen Kronen erhalten werden. Wenn im Herbst, nach Zusammentritt des Parlament?, bon feinen $[ubfoItcßcn bic Cifcn6m)ncrfroQC nicht in Verhandlung gezogen werden soll, so wird e r eS sein, ber int Klub den Antrag stellt, daß die Etsenvabnersrage it« Parlament einen günstigen Abschluß finde. D ieseS zw.eite öffentliche Versprechen deS Herrn Reich*-ratSaBgcordneten Meixner müssen wir UNS wieder gut merken! t Testhcn. (EifcnBahtterverfam m l u n g.) Am 5. August 1912 wurde in Teschen eine Eiseubahiterversamitf Ittna abgehalten, die der Obmann Genosse W englo rz leitete. Genosse W a w r c e z k a referierte über die Lage dcr Angestellten dcr K. O. E. B. und Verglich dieselben mit den Singe-teilten der k. und k. StaatSBahuen, tooBti er betonte, daß die Angestellten der K. O. E. B. noch weit mit dem Geholt gegen-Über den Angestellten der k. und k. Staatsbahnen zuntcksteheit. Weiters berichtete der Referent, daß die Direktion _ über die von den Angestellten dcr K. O. E. B. im Februar dieses Jahres überreichten und zugesprochenen Forderungen fciuioeggmg und bloß eine Familienzulage bewilligt hat, wobet die kinderlosen Ehepaare, wie auch die ledigen Angestellten gar keine Entschädigung erhalten haben. Redner erörterte, daß die Eisenbahner "bei den überreichten Forderungen weilet verbleiben. Zum Schluß seiner Rede appellierte dcr Redner an die Anwesenden, dieselben sollen unter den Nichtorganisierten Eisenbahnern tüchtig agitieren, damit dieselben unserer Organisation Iieitrctcn, denn je größer die Macht, desto mehr kann man erringen. Im gleichen Sinne referierte in politischer Sprache Genosse Chobot. Die AuSfuhrungeu beider Referenten tourbett von ben Anwesenheit mit Beifall auf genommen. Es mclbctc sich ein Genosse zum Wort, welcher «uSfichrte, daß bei der bewilligten Familienzulage die kinderlosen und ledigen Eisenbahner verkürzt seien. Die Zulage sei auch nur für 3 Kinder bewilligt, und zwar nur l»S zum 10. Lebensjahr. Wer das Unglück hat, mehr als drei Kinder zu haben, bekommt für die anderen Kinder nichts. Die Zulage ist tn die Pcnitott nicht eingerechnet. Redner forderte die nichtorganisterten Bediensteten dcr K. O. E. B. auf, beizutrden und von den u6cr« reichten Forderungen nicht aBzulaflen. Genosse 91 o 11 m a n n Besprach ausführlich den Zweck und Nutzen der gewerkschaftlichen Organisation. Ein zweiter Genosse forderte die Ober-bauarbeiter auf, dieselben sollen dcr Organisation beitreten, dann wird die Direktion ihre Wünsche auch mehr Berücksichtigen. Zum vierten Punkt: „Stellungnahme zu unserer erhaltenen Familienzulage" wurde nach längerer DeBatte nachstehende Resolution einstimmig angenommen: „Die bei der am 5. August 1912 ttißcnbc o?fi:utliche Versammlung dcr anwesenden EisenBahner der K. O. E.». sprechen ihr Bedauern darüber aus, daß die Direktion über die mündlich wie auch schriftlich versprochenen Forderungen der Bediensteten hinwegging und anstatt die Lohnfrage im allgemeinen zu regeln, eine Zulage nur einem kiemeti Xetl bewilligte. Die versammelten Eisenbahner der K. O. E. von der österreichischen Strecke nehmen die Bctoiutgte u-a’ milienunterftützung zur Kenntnis, bestehen jedoch nach wie vor auf den von ihnen üßerreichten Forderungen und ersuchen die löbliche Direktion in Budapest, die Geduld der Eisenbahner nicht länger auf die Probe zu stellen, und die Lohnfrage der Bediensteten und Arbeiter endlich einer Regelung zuzusuhren, um so mehr als die bewilligte Familienunterstützung einen großen Teil der Bediensteten unberücksichtigt ließ. Die teuren LebenSmittelprcise stellen jedoch an leben einzelnen Bediensteten erhöhte Anforderungen, die nur ausgeglichen werden, wenn eine a 11 g c tn et ne -l u ft besserung und Regelung der Bezüge erfolgt. Miihrisch-Schönberg. (Iub iläumSve r s«m mIung.) Montag den 9. August 1912 abends fand im Saale deS Herrn Wolke eine allgemein zugängliche Versammlung der 'hiesigen Ortsgruppe der Eisenbahner statt, die einen guten Besuch auf. wies. Diese Versammlung wurde auS Anlaß des L0,al,rigen Bestandes der Ortsgruppe veranstaltet und war als Referent Genosse Rudolf Müller aus Wien erschienen. Ihm sowohl als auch Genossen Retter, der ebenfalls vor 20 Jahren sich mit aller Tatkraft für die Gründung der hiesigen Ortsgruppe cinfehte, wurden herzliche Ovationen gebracht. Emgeleitet wurde bic Versammlung von unserem Arbeiter-Gesangverein „Morgenröte" mit bent Freiheitschor „Das frei Wort", wofür stürmisch gedankt wurde. Dann ergriff Genosse M u 11 e r das Wort und schilderte in grofcangelegtet zweistündiger Rede bin Werdegang der Eisenbahncrorganisatton, jene der Gruppe Mährisch-SchönbergS im besonderen und die Verfolgungen, welchen jene Männer auSgefeht waren, die unerschrocken und erhobenen Haupte» für die Sache der Eisenbahner emgetreten sind. Mit einem Appell zur Einigkeit und Solidarität, um das Errungene scstzuhaltcn, schloß Redner unter stürmischem Bei-fall die Versammlung. Genosse Chcilaupek überBrachte die herzlichsten Glückwünsche der GcwerkschaftSkommisston. Hierauf brachten die Sängerinnen und Sänger noch zwei mit freudiger Zustimmung aufgenommene Chöre zum Vortrag womit die Jubelversammlung ihr Ende erreichte. Mögen die Worte deS Genossen Äüller Widerhall im Hetzen der Eisenbahner finden und zum AuSBau der Ortsgruppe Beiträgen. ^ j Branowitz. (Eine Versammlung deS ReichS, Bundes.) Sonntag den 11. August hielt die Ortsgruppe LuudenBurg deS ReichSbundeS deutscher Eisenbahner in Auspitz eine Wanderversammlung aB, die trotz anstrengender Agitation nur von Itz Mann, zumeist Bea,qitr^nd^Uyterbecmite« besucht ,.V-r Cisettlmtzttev." W. August 1012 Nr. 24 ,: Seite 14 ________ Wien, DienStaa », mmmmmmm .................. Äa-, Veweist, Welcher Beliebtheit sich der NeichSbunb er-k.reur. Der Referent, Kamerad Lorenz nu5 Wien, sprach über ^Zweck und Nutzen der Agitation" und hielt eine Brand-rede gegen seine eigene Vertretung im Parlament, indem er den Deutschen Nationalverband wegen der Abstimmung über den 17 Millionen-Antrag anf das heftigste angriff und erklärte, daß die deutschen Eisenbahner bei kommenden SB«H. lenfntjsen werden, was sie zu tun haben. Sollten 1te vielleicht gar auf den Gedanken kommen, sozialdemokratisch zu Wahlen? Allerdings war der Radikalismus des Herrn Lorexz nur deshalb so groß, weil er wußte, daß unser Obmann. Genosse Hack, geladen war, weshalb er während ferner Rede erklärte, demselben da? Wasser von der Mühle nehmen zu wollen. Zum Schluß seines Referats forderte er dre wenigen Anwesenden auf, der Organisation der deutschen Eisenbahner beizutreten aber es fand sich niemand, welcher an dem verfahrenen Karren mitziehen wollte. Dann kam Genosse Hack zum Wort, welcher die Angriffe widerlegte und den Ver-rat des Deutschen Nationalverbande? in daS richtige Licht sehke. Insbesondere ärgerte es den Herrn, als Genosse Hack an der Hand deutschnationaler Blätter nachwieS, baß" die deutsche Arbeiterpartei und mit ihr auch die deutschen Eisenbahner nur von der Gnade deS Deutschen Nationalverbande? abhängen, was die Polemik zwischen der „Volkswacht" und der „Mährisch-Ojirauer Zeitung" beweist. Sodann sprach Herr Kogelböck über WohnungSsürsorge, wobei er uns den Vorwurf machte, gegen den Bau von Kleinwohnungen zu sein. Dieser Gemeinderat von Brünn scheint zu vergessen, daß die deutschen Sozialdemokraten BrünnS bei der Gemeinde bittlich wurden, ihnen als Baugenossenschaft einen Baugrund zu überlassen, damit durch Herstellung von Kleinwohnungen der Woh-nungSmifere abgeholfen würde. Herr Gemeinderat R o g e l° b ö ck könnte sich den Dank der deutschen Sozialdemokraten Brünn? erwerben, wenn er sich für daS Projekt unserer Bxünner Genossen einsetzen würde, ihr bereits dazu gegebenes Wort auch einzulöscn, wie eS von deutschen Männern zu fordern wäre. WeitcrS sprach noch Herr v. Pelikan, welcher in ganz ungerechtfertigter Weise die Sozialdemokratie angriff, ohne jedoch in irgendeiner Weise Beweise zu liefern. Da sich die wenigen Anwesenden sukzessive entfernten und zu den Zügen eilten, mußte die Versammlung geschlossen werden. Diese Versammlung hat gezeigt, in welchem Lager die Eisenbahner der Strecke Lundenburg-Brünn stehen und daß die» Selben nicht mehr länger gesonnen sind, sich mit nationalen Zhrasen vollstopfen zu lassen, sondern daß sie wissen, wohin sie gehören: nur einzig und allein in die sozialdemokratische Gewerkschaft, welche jederzeit für alle Bedienstetenkategorien eingetre-tcntst. Graz. sDi e konstituierende ©eneralbet» fifnt rn l u n q des Dispositionsfonds der Heizer er Südbahn.) Am Donnerstag den 1. August 1912 tagte in den Juliensälen in Graz die konstituierende Generalversammlung des Dispositionsfonds der Heizer der Südbahn, zu «er aus Wien, W i e n e r - N e u st a d t, Mürzzuschlag, Bruck a. d. Mur, Leoben, SN a r b u r g, Villach, Bozen, 'Lienz und Graz 12 Delegierte erschienen waren. Die Orts-gruppe Graz war durch Genossen Landtagsabgeordneten K o l» l egg er vertreten. Aus Marburg waren auch mehrere Genossen -als Gäste erschienen. Genosse Gerngroh begrüßte im Mamen de? Proponentenkomitees die erschienenen Delegierten und Gäste. Bei der Wahl ins Präsidium wurde Genosse Rudolf Prasch (Mürzzuschlag) zum Vorsitzenden und Genosse Johann G o g g (Graz) zum Schriftführer gewählt. Die Tagesordnung war folgende: 1. Bericht der Proponenten. 2. Vorlesung der Statuten. 8. Wahl des Vorstandes. 4. Festsetzung der Beiträge und Unterstützungen. 5. Anfragen. Zum ersten Punkt der Tagesordnung nahm Genosse Gern groß das Mort und brachte einen ausführlichen Bericht über die Tätig-'Feit des Komitees und über den Mitgliederstand und die ein-!gelangten Beiträge. Als Mitglieder zum Dispositionsfonds find bis jetzt beigetreten: Wien 29, Wiener-Neustadt 33, Glogg-«itz 9, Mürzzuschlag 55, Bruck 28, Leoben 13, Graz 43, Marburg 21, Villach 22, Unterdrauburg 9, Lienz 27, Bozen 12 und Triest 12, insgesamt 308; davon sind 83 Lokomotivheizer, 96 Hilfsheizer, 14 Oberheizer und 5 Schlosserheizer. Bei 110 Mitgliedern ist derzeit keine Eigenschaft angegeben. An Beiträgen eingelangt sind von Wien Kr. 28’77, Wiener-Neu-stadt 55 Kr., Gloggnitz Kr. 8-75, Mürzzuschlag Kr. 64-70, Bruck Kr. 2163, Graz 43 Kr., Marburg Kr. 1640, Villach und Unterdrauburg Kr. 30-61, Lienz 27 Kr., Bozen Kr. 19'60 und Leoben Kr. 12-73, im Ganzen Kr. 315-19. Hievon wurden aus-gegeben: für Anschaffung von Büchern, Schreibmaterial, Drucksorten, Postporto und Delegationen der Betrag von Kr. 109-37 und verbleibt somit ein Kassenstand von Kr. 208-82. Der Bericht wurde mit Befriedigung zur Kenntnis genommen und konnte zum zweiten Punkt der Tagesordnung: „Vorlesung der Statuten" übergegangen werden. Genosse Gerngroß verlas die Statuten und besprach einige Paragraphen derselben, worauf sich eine längere Debatte entspann, an der sich die Genossen Rudorfer, Prasch, Gogg, Kosinka und Landtagsabgeordneter Kollegger beteiligten. Hierauf wurden die Statuten einstimmig angenommen. Zum dritten Punkt der Tagesordnung: „Wahl des Vorstandes", «mpfahl Genoffe Gogg im Namen der Heizerversammlung, welche zu diesem Zweck am 22. Juli abgehalten wurde, folgende -Genoffen in den Vorstand zu entsenden: Johann Gerngroß, ^Lokomotivheizer, Obmann, August 21 u f f, Hilfsheizer, Stellvertreter; Vinzenz Schunko, Lokomotivheizer, Kassier, !Lgnaz Schalla, Oberheizer, Stellvertreter; Johann Gogg, Lokomotivheizer, Schriftführer, Franz K o d r i t s ch, HilfS-cheizer, Stellvertreter; Gottfried Klaudrath, Lokomotivheizer, und Martin I u k o n v i c, Hilfsheizer, Ausschüsse; Max Waste, Lokomotivheizer, SlloiS Löscher, Hilfsheizer, und Johann Zifko, Hilfsheizer, Ersatz. Die Wahl der vorgeschlagenen Kollegen erfolgte auch ohne Debatte einstimmig. 'Beim vierten Punkt: „Festsetzung der Mitgliedsbeiträge und jUnterstützungen" wurde eine lebhafte Debatte abgeführt, bei welcher kleinere Meinungsverschiedenheiten auftauchten. An ifccc Debatte beteiligten sich die Genossen Gerngroß, :P r af ch, Gogg, Rudorfer, Ko s i n k a, Stern, Kür-6> o S und Kollegger, worauf dann folgender Beschluß einstimmig angenommen wurde: Der Beitrag ist per Quartal mit 1 Kr. festgesetzt. Die Unterstützung ist wie folgt festgesetzt: Für jeden versäumten Tag auswärts 12 Kr., für jeden versäumten Tag im Domizil 6 Kr. Wird ein Mitglied in diversen Vertretungskörpern von der Direktion einberufen und von ihr entschädigt, so wird dem Betreffenden nur bis zu dem [obigen Betrag die Unterstützung abgerundet. Beim vierten [Punkt: „Anfragen", konnte leider nicht lange verweilt werden, ®a hie Zeit schon zu vorgeschritten war. i Bei dieser Generalversammlung wurde über so manche llebelltände der Heizer Klage geführt und man konnte sich jein Bild vor Augen führen, wie stiefmütterlich der Heizer. Stand seitens der Verwaltung behandelt wird, und welche Arbeit stvir noch zu leisten haben. Was an Ausbeutung der Heizer eleiftet wird, jetzt allem ähnlichen die Krone auf. Wenn man ie Normen über Dienst und Ruhezeit ansieht, s» kann man wohl keinen anderen AuSspruch tun, als daß sie für die Heizer weit über jenes DienstauSmatz hinauSachen, welches man von die seit Mit Rücksicht auf deren Gesundheit fordern kann- und Last.der. Vater dieker Normen wohl keine Rücksicht auf den Dienst der Heizer genommen hat. Wer aber glaubt, daß sich die Verwaltung damit begnügt, die Heizer nach den vorgeschriebenen Normen auSzubeuten, der täuscht sich. Ihr genügt nicht der Dienst von 18 Stunden auf der Lokomotive mit einer darauffolgenden zehnstündigen Ruhezeit, und daß die Vorbereitungen auf der Lokomotive vor Abfahrt des Zuges, die bis zu drei Stunden Zeit in Anspruch nehmen, von dem Heizer verrichtet werden müssen, sowie daß nach Ankunft des Zuges der Heizer das Feuer in Ordnung zu bringen, den Mechanismus zu reinigen und die Stopfbüchsen zu verpacken Hat, was auch jedesmal drei Stunden und darüber in Anspruch nimmt, auch diese Zeit muß sich der Heizer von seiner kurzen Ruhezeit abkargen. Nicht genug, daß diese Arbeit auf Konto der Ruhezeit gemacht werden muß, der Heizer bekommt auch keine Bezahlung dafür. Sein Lohn ist sehr häufig Schikanierung und empfindliche Strafe. Am schwersten saust die Geisel der Andeutung auf die Aushilfsheizer nieder, die eS nicht selten trifft, daß sie den ganzen Tag im Heizhaus zu den verschiedensten Arbeiten herangezogen werden, um abends, statt der Ruhe zu pflegen, auf die Lokomotive gestellt zu werden. So ein armer Teufel muß oft ohne Essen einen Dienst bis zu 24, ja 36 Stunden versehen und wir könnten genug konkrete Fälle anführen, daß Aushilfsheizer 48 Stunden im Dienst waren. Daß bei solchen Zuständen nicht nur das Personal, sondern auch der Dienst leidet, braucht wohl nicht erwähnt zu werden. In diesem Fall arbeitet der Heizer wie eine Maschine, für sein Tun und Lassen kann er nicht mehr verantwortlich gemacht werden. Daß solche Uebelstände heute noch bestehen, ist bedauerlich und es ist gewiß, daß sich die* Heizer derartige Zustände für die Dauer nicht gefallen lassen können. Sie müssen mit allen Mitteln gegen dieses System nnkampfen, um eS zu brechen. Um aber wirksam gegen diese Uebelstände ankämpfen zu können, ist eS notwendig, daß die Heizer durch den dauernden Anschluß an die Organisation und durch den Beitritt zum Dispositionsfonds eifrig für ihre Interessen und die Interessen der Gesamtheit eintreten. Der Vorstand des Dispositionsfonds der Heizer der Südbahn ersucht die Genossen und Kollegen, alle Zuschriften in Angelegenheiten deS Dispositionsfonds an Genossen Johann Gerngroh, Graz, Reffelgaffe 7, einzusenden. Die ^Abrechnungen der Beiträge sind an Genossen Vinzenz Schunko Graz, Eggenbergergürtel 32, einzuscnden. Meran. (Sozialdemokratische Eisenbahnerversammlung.) Im krassen Gegensatz zur geschilderten deutschnationalen Versammlung stand die am 15. d. M. stattgefundene öffentlich« sozialdemokratische Eisenbahnerversammlung im „Englischen Hof", zu welcher weder Handels» Angestellte noch Jungmannschaften als Statistiker herangezogen werden mußten und bei welcher sich trotzdem die Lokalitäten als viel zu klein erwiesen, da zirka 120 Eisenbahner erschienen waren. Nach der Eröffnung der Versammlung und der Wahl des Präsidiums, in welcher die Genossen G o b e S als Vorsitzender und Erhart als Schriftführer berufen wurden, ergriff der Referent Genosse Duschek aus Wien das Wort, um in großzügiger und interessanter Weise den Verrat der bürgerlichen Parteien, insbesondere des Deutschen Nationalverbandes, dem auch der hiesige Abgeordnete angehört, in der Frage deS 17 Millionen-AntrageS Tomschik zu schildern. Die Versammlung zollte dem Redner wiederholt Beifall und dokumentierte ihre Uebereinstimmung mit dem Referenten durch einstimmige Annahme der vorgeschlagenen Resolution. In seinem Schlußwort forderte der Vorsitzende zur Mitarbeit am Ausbau der Organisation auf. Landes. Am 6. d. M. hielt die hiesige Ortsgruppe des ReichSbundeS deutscher Eisenbahner eine öffentliche Versammlung ab. zu welcher der .Sozialpolitiker" Ertl aus Wien als Referent erschienen war. Erschienen waren 65 Personen: Reichsbündler, DerkehrSbündler, Unorganisierte und 23 Genossen, welche eS sich nicht nehmen ließen, die Versammlung zu besuchen. Um 9 Uhr betrat Herr Ertl in Begleitung der Rcichsbundordonnanz Westiak mit einem erregten „Heu!" den Saal. Ein gedämpftes „Heil!" wider-hallte von einigen Tischen. Mit zitternder Stimme begrüßte hierauf der ReichSbunoobmann W e st i a k die Anwesenden, erklärte die Versammlung für eröffnet und bat um-Vorschläge für ein Präsidium. Der Vorschlag eines ReichSbÜndlorS wurde, obwohl sich bei der Abstimmung sehr wenig Hände emporreckten, angenommen. Unsere Genossen wollten dem Reichsbündler die glückliche Stunde des Erscheinens ihres Sekretärs nicht verderben und enthielten sich eineS Gegenvorschlages. Herr Ertl erhielt daS Wort. i „Liebwerte Kameraden l" klang eS nun heuchelnd in den Saal. 216er schon bei den ersten Worten wurde Kamerad Ertl von einem ergrauten, pensionierten Eisenbahner unterbrochen. Der alte Kollege vertrug die Verdrehungskunst ErtlS nicht. Herr Ertl suchte Schutz bei unseren Genossen und bat, daß sie den Mann beruhigen sollen. Als sich der Alte von seinen Anschauungen nicht abbringen ließ, schrie Herr Ertl um die Gendarmerie und er bat, dieselbe verständigen zu wollen, worauf er nochmal? an unsere Genossen appellierte. Unser Obmann meldete sich hierauf zum Wort und erklärte dem Kameraden Ertl, daß er sich zunächst selbst beruhigen und sich in seinem Referat nicht immer unterbrechen solle, denn Herr Ertl vertrage nicht einmal ein stille? Kopfschütteln und unterbreche durch einen sofortigen Angriff aus den betreffenden Kopsschüttler stets sein Referat und damit auch die Ruhe. Verdutzt über diese Zurechtweisung, fuhr Ertl dann in seinem Referat fort. Er machte der Regierung den Vorwurf, daß sie von Jahr zu Jahr» den berechtigten Wünschen der Eisenbahnbediensteten nicht Rechnung trage und ihnen ein im Jahre 1908 offiziell gegebenes Versprechen gebrochen'hat. (Also nicht die bürgerlichen Abgeordneten haben Verrat geübt, sondern die Regierung hat ihr offiziell gegebenes Versprechen gebrochen.) Um den Anwesenden nicht zuviel von der gegenwärtigen Erregung zu erzählen, griff er in das AnfangSftadium der Eisenbahnerbcwcgung. Damit er über den 17-MiÜionen-Antrag des Genossen Tomichik leichter hinwegkam, bediente sich Ertl bei von der „ReichSpost" er-sundenen Schwindels vom Richtausbezahlenkönnen der Bediensteten,'Gei Ablehnung des Budgets, und daß die Eisenbahner nicht nur d» 17 Millionen durch die Sozialdemokraten nicht bekommen hätten, sondern daß auch die Bediensteten nach dem Vorgehen der letzteren nicht einmal ihren Gehalt mehr hätten bekommen können. Er bezeichnet« dann den Antrag deS Genossen Tomschik als einen demagogischen, weil er zu spät eingebracht worden sei und deshalb auch nicht mehr angenommen werden konnte. Aber auch die übrigen Parteien hätten seiner Ansicht nach einen Fehler begangen, weil sie versäumt hätten, die Stellung eines solchen Anträge? rechtzeitig einzubrmgen. Um aber seine Kameraden nicht doch noch durch ungeschickte Verdrehungen zum Nachdenken zu verleiten (denn Herr Ertl widersprach sich nämlich deS öfteren) kam er zum Schluß seiner Ausführungen, bei welchen er seine Kameraden aussorderte, fest zum Neichsbund zu halten, denn nach st eS Jahr werden sie alles daransctzen und er kann seine Kameraden sogar versichern, das; sie dann die restlichen 17 Millionen doch noch zum Durchbruch bringen werden. Herr Ertl hat sich in der Denkfaulheit seiner Kameraden auch nicht getäuscht, denn eS wurde ihm für daS inhaltlose Gewäsch von einzelnen Beifall gezollt. Unser Obmann Genosse Kleck meldete sich hierauf zum Wort und widerlegte die demagogischen Ausführungen Eetls. Ar legte den Anwesenden die greifbaren Widersprüche auseinander und zersetzte somit Herrn ErtlS Lügengewebe. Er befragte Herrn Ertl,wo dessen Aufmerksamkeit zur angeblich richtigen Zeit war, warum er alS bezahlter Sekretär nicht feine Kameraden zur rechten Zeit erinnert habe, daß sie den Antrag rechtzeitig Einbringen sollten, jetzt andere der Demagogie zu beschuldigen und sich im richtigen Augenblick um die Sache gar nicht zu kümmern, sei nicht ehrenhaft, bas sei Demagogie und könne nur von Dummköpfen ungestraft hingenommen werden. Genosse Kleck führte iveiterS den Gegnern der Sozialdemokratie vor Augen, welche Gefahren den Eisenbahnern rwch weiter drohen, wenn sie so gleichgültig und gedankenlos den bürgerlichen Parteien nachlaufen und sich als Stimmvieh gebrauchen lassen. Er führte ihnen ihre eigene Schuld vor Augen und den Verrat, welchen sie selbst an ihren eigenen Interessen begehen und eiferte sie zum Nachdenken über ihre ganze Irreführung an. Während der Rede de? Genossen Kleck war e? im Saale so stille geworden, daß man eine MauS hätte laufen hören können. Mit gespannter 2lusmerksamkeit verfolgten die Anwesenden jedes Wort, denn vortrefflich wußte unser Obmann das Stroh in den Neichsbundköpfen brennend zu machen, sodaß selbst Herrn Ertl die zustimmende Haltung seiner Kameraden aufsallen mutzte. Herr Ertl war ganz paff, wich in seinen weiteren Ausführungen den Worten des Genossen Kleck ganz aus. Er schweifte in Amerika und Australien herum, um sich mit den dortigen Demokraten zu beschäftigen, wobei er durch Zwischenrufe entsprechend an die vorliegende Sache erinnert wurde. Er ging dann zum 2. Punkt der Tagesordnung über und versprach seinen Kameraden die _ Herbeiführung einer Aenderung in derjenigen Fahrbegünstigung, durch welche sie am Schluffe eines jeden Jahres ein Entgelt bekommen sollten, um sich die Fahrten selbst bezahlen zn können, wobei er sich rühmte, daß bas eine Eroberung des Reichsbundes sein werde. Es ist dies natürlich nicht? anderes als neue Versprechungen und eine Wichtigtuerei, mit welcher Herr Ertl seine Kameraden über den jetzigen Verrat leichter hinwegtäuschen zu können glaubt. Eine schamlose Tat leistete sich während der zweiten Ausführung des Kameraden Errl der Vorsitzende, Reichsbundobmann W e st i a k, der den erwähnten, ergrauten Eisenbahnerveteranen, welcher seinen Gefühlen keinen Zwang aufzuerlegen vermochte ^md sich noch einige Zwischenrufe erlaubte, eigenhändig aus dem Saal führte. Der alte Kollege leistete keinen Widerstand, er hatte von Herrn Ertl schon genug gehört. Vielleicht legen sich die Reichsbündler das nun als einen Erfolg ihrer Versammlung auS. Aus den Organisationen. Das große Eisenbahnerfcst in Nordbvhmen. anläßlich des 20jährigen Bestandes unserer Organisation. ^ Das von den Ortsgruppen Aussig, Schreckenstein, Tetschen und Bodenbach anläßlich deS 20jährigen Bestandes der Organisation am 4. August l. I. veranstaltete Eisenbahnerfest verlief in der denkbar schönsten Weise. In eigener Regie geführt, erforderte daS Gelingen desselben die Durchführung mannigfacher Vorarbeiten, die von Aussiger und Schreckensteiner Genossen in dienstfreien Stunden geleistet werden mußten. Unter Leitung der beiden Obmänner, Genossen Paul und Josef Schiller, wurde bereits geraume Zeit vorher mit großer Umsicht dafür gesorgt, den Kollegen aus dem Tetschen-Bodenbacher Gebiet sowie allen übrigen Festteilnehmern den Aufenthalt am Festplatz, der idyllisch gelegenen Pfarrwiese in Wolfschlinge, so angenehm als möglich zu machen. Noch waren die Vertrauensmänner mit der Regelung und Anordnung verschiedener Details beschäftigt, als schon die ersten Gäste erschienen. Unter ihnen Genosse Schwab aus Wien, der Obmann der Eisenbahnerorganisation, welcher die Grüße der Zentrale überbrachte. Vertreten waren auch die Ortsgruppen: Trautenau, A u p e r s ch i n, 2 i 2 $ o ti und die Sekretariate P r: a g und B c> d e n v a ch. Genosse Schrammel hatte ein Begrüßungstelegramm, das Brunner' ©tirciaiiat ein Begrüßungsschreiben gesendet. Es dauerte nicht lange und der Festplatz begann sich zu füllen, noch ehe der eigentliche Festzug mit den Teilnehmern von Tetschcn-Bodenbach eintras. Derselbe nahm beim „Volks-keller" in der Pokauerstraße Aufstellung und bewegte sich unter Vorantritt einer Musikkapelle über Krammel und marschierte um 3 Uhr auf den Festplatz ein. Vom herrlichsten Wetter begünstigt, begann nun ein regeS Leben und Treiben, das bis in die nur allzu früh hereinbrechende Dunkelheit währte. Begrüßungen alter Bekanntschaften gab's in Menge und Helle Freude malte sich auf allen Gesichtern über das Gelingen de? Jubelfestes. Genosse Paul als Finanzminister hatte den ganzen Tag über bis spät in die Nacht alle Hände voll zu tun. Die ihm beigegebenen Gehilfen Grünzner und L i s ch k a unterstützten ihn nach Kräften in der Ausübung seines Amtes. Genoffe Josef Schiller sorgte dafür, daß der technische Apparat überall rechtzeitig funktionierte und keine Mängel erlitt. Die Genossinnen und Genossen, welche den Marken-und Warenverkauf, als auch jene, die die Leitung der Kinderspiele übernommen hatten, leisteten ihr Bestes, so daß überall alles tadellos klappte. Die Kapelle Kotschka verschaffte in ihren Darbietungen den Festteilnehmern einen wahren Kunstgenuß. Hier sei auch der künstlerischen Leistung des Genossen A mler mit gedacht, dessen Unglück, das ihm im Betrieb zustieß und beide Arme kostete, kein bleibendes Hindernis war, seinen Kunstsinn wciterzubetätigen. Er erfand eine Posaune, die er mit den Füßen bedient. Die Solos, die er auf unserem Feste damit zum Vortrag brachte, zogen sämtliche Teilnehmer in Bann und werden in dauernder Erinnerung bleiben. Derartige künstlerische Leistungen eines im Dienste des Kapitals seiner Glieder beraubten Menschen können nur unter Älassen-genossen wahre Wertung erfahren. Unser Klassenstolz gebietet uns. Genossen 2l m l c r zu seinem Können an dieser Stelle zu gratulieren. Auch die von einigen Genossen der Aussiger Ortsgruppe zusammengestellte Hauskapelle, „welche _ in der Bayrischen Bierstube „zur sauren Gurke: konzertierte, verdient Lob und Anerkennung. Es war wohl das schönste Fleckchen des Festplatzes, das den angenehmsten Aufenthalt bot. Alles in allem, das Gedenkfest nahm einen würdevollen Verlauf und werden die wenigen Stunden Beisammenseins von Tausenden Gleichgesinnten gewiß die nachhaltige Wirkung haben, solche Feste größeren Stils den kleinen lokalen Veranstaltungen vorzuziehen. Allen Genossinnen und Genossen, die ihre Arbeitskraft für die verschiedenen Funktionen bereitstellten, besonders jenen aus anderen Berufen, die die Eisenbahner unterstützten, sei hiemit im Namen der veranstaltenden Ortsgruppen der Dank ausgesprochen. ______ Mauthausen. Die Zahlstelle Mauthausen gibt ihren Mitgliedern bekannt, daß sich in ihrer Bibliothek sehr viele neue Bücher befinden, welche mit Rücksicht auf ihren lehrreichen Inhalt fleißig gelesen werden sollten. Dem. Genossen Ferdinand Kuttelwascher wird für die Spende von vielen schönen Romanen der herzlichste Dank ausgesprochen. Wels. Am Samstag den 10. August fand im Gasthof „zum Bayrischen Hof" die Generalversammlung der Ortsgruppe Wels statt. In den neuen Ausschuß wurden folgende Genossen gewählt: Leopold Polndorfer, Obmann, F r i e d-wagner, Stellvertreter; Lehn er Kassier; weiters die Genossen K o n r a d, K o z e l, B r a n d l in a y r, W i I d h a g e r, Sageder, Oberndorfer, Ecker, Sturm und Kaiser, Sämtliche Genossen wurden einstimmig gewählt. Der Tätigkeitsbericht des Obmannes sowie der Kassenbericht wurden mit Befriedigung zur Kenntnis genommen. Der Bibliothekar bedauerte, daß die Bibliothek nicht besser benützt wird. Genosse Kaiser berichtete über, die Kontrolle und, beantragte für den scheidenden Ausschuß das Absolutorium. Wurde durch Erheben bon_ den Sitzen ausgedrückt. Genosse I a k u b e tz aus Linz hielt einen sehr lehrreichen Vortrag über das Thema: ausständigen 17 Millionen und die bürgerlichen Par-leien" und besprach die geplante Verschlechterung des Koalitionsrechts. Genosse Vogl sprach im selben Sinne, ebenso auch Genosse 8 a d e $. Letzterer brachte auch die kürzlich durchgeführte Wahl in den Arbeiterausschuß zur Sprache. Schluß der Versammlung um 11 Uhr 40 Minuten abends. Zuschriften in Vcreinsangelegenheiten sind zu richten an Leopold Poln-dorfer, Grünbachplah 10; in Geldangelegenheiten an Franz Lehne r, Kaiser Josefsplatz 49. Budtveis. Die Mitglieder des Sterbefonds werden aufmerksam gemacht, daß Mitglied Nr. 235, Thomas Kulhan, am 3. August gestorben ist. Es sind daher 20 §. zum Sterbefonds zu erlegen. Sporitz. Es diene den Mitgliedern zur Kenntnis, daß die Monatsversammlungen ab 1. September 1912 immer am ersten Sonntag nach_dent 1. eines jeden Monats stattfinden. Fällt der 1. an einem Sonntag, so wird die Versammlung an demselben Sonntag abgehalten. Mit dieser Aenderung wird den Wünschen der Mitgliedern Rechnung getragen. Ferner wird laut Ansschuß-/itzungsbeschluß den Mitgliedern bekanntgegeben, daß die Fachzeitung »Der Eisenbahner“ wegen Uebersiedluna des Kolporteurs vom 1. September l. I. per Schleife an jedes Mitglied gesendet wird. Es werden daher die säumigen Mitglieder ersucht, bis dorthin ihre Beiträge zu begleichen, widrigenfalls sie ihre Ansprüche verlieren. Saaz. Das BereinSlokal befindet sich im Gasthaus „zur goldenen Krone", Mlynarfchen. Verschiedenes. (Hu harmloses Rätsel. In Fürchtegott Haarbeutels langem Philisterton. Wie heißt der Mann, den alle lieben, Die guten Deutschen doch zumeist, Und der doch nie etwas betrieben, Was irgend groß und tüchtig heißt? • Mir, ich gesteh's, ist er zuwider, Denn überall drängt er sich ein, Läßt in den Sorgenstuhl sich nieder. In jedem Haushalt mutz er sein. Die Kanzel hat er auch betreten. Er exerziert, sitzt zu Gericht, Er liest an Universitäten Und hat im Staatsrat viel Gewicht. Schlafmütze nennt sich seine Krone, Und fragt ihr, was er sinnt und tut? Er blinzt und lächelt nur zum Lohne, Wenn jeder stets wie alle tut. Wenn einer macht mit hundert Schritten, Was man mit einem Sprunge kann. Das sind ihm alte, gute Sitten, Das sieht er sich behaglich an. Doch willst du Großes, Eignes schaffen. Da wird der Stumme plötzlich laut, Er wird dich schmähn und dich beklaffen, Bis allen Menschen vor dir graut. Und willst du fassen ihn beim Kragen — Gleich über dich fällt alles her, Du wirst gescholten und geschlagen, Denn alle lieben ihn zu sehr. Ein Kerl so lappig und so schmächtig, So gänzlich ohne Witz und Mark, Und dennoch herrscht er fast allmächtig: Wer ihn Besiegt, ist löwenstark. O lag er lieber doch zerschlagen. Zerquetscht auf einer Eisenbahn! „Wie heißt er denn?" Ich will's euch sagen: Es ist — Der alte Schlendrian. Fr. S a l l e t. Der Redakteur. Alster liebe Gott die Menschen schuf und diese sich nach dem Sandenfall vermehrten, da mußte er bcitan denken, an sie die Berufe auSzuteilen. Er fetzte Schuster, Schneider, Hausbesitzer, Ratenagenten, Millionäre u. s. w. ein, und als er sein fertiges Werk betrachtete, nickte er befriedigt mit dem Kopfe und sagte: Es ist gut. Da sah er in einer Ecke des Weltalls einen Menschen stehen, der sich bescheiden im Hintergrund hielt und für den kein Beruf mehr übrig geblieben war. Der liebe Gott zog nachdenklich feine Stirn in krause Falten, rief den Menschen herbei und sagte: Ich habe schon alle Berufe vergeben, was soll ich aus dir machen? Dann nahm er ihm vor allem die Bescheidenheit und ersetzte sie durch das Bedürfnis, feine Nase keck in alle Dinge hinein» tuftetfen. Sodann stattete er diesen Menschen mit Schere, Phantasie und Kleptomanie aus, gab ihm die Sehnsucht nach Sensationen, versah ihn mit einer dicken Haut und einem ausdauernden Sitzfleisch, und als dies alles geschehen war, nannte er als neuen Berus dieses Menschen: Sei Redakteur! Aber der liebe Gott hatte durch die verschwenderische Ausstattung dieses Wesens mit Eigenschaften einen schweren Mißgriff getan, denn der Redakteur wurde übermütig. Da beschloß der liebe Gott, ihm zwei Geißeln auf den Hals zu laden, die ihm fein Dasein verbittern und ihn mitunter rasend machen sollen: den Staatsanwalt und den sich jede Kürzung seines Artikels verbittenden Einsender. Damit ward der Redakteur schwer gezüchtigt. Seine Feder (lies auch: Schere, Phantasie und Kleptomanie) stumpfte sich ab, fein Jdeenstrom wurde gewaltsam im Laufe gehemmt. Die dicke Haut wurde von den Einsendern bis zur Grenze ihrer Widerstandskraft gereizt, das Sitzfleisch kam in Unruhe und der Redakteur lernte das Fluchen und begann, an Gott und seine Barmherzigkeit zu zweifeln. Jetzt erkannte zwar auch der liebe Gott, daß er einen verfehlten Beruf geschaffen hatte, aber es war nicht mehr viel zu machen. Den L-taatsanwalt mußte er unter allen Umständen als eine gottgewollte Einrichtung bestehen lassen, aber zur Erleichterung ihres Schicksals schus er für die Redakteure den Papierkorb. Das ist die wahrheitsgetreue Entstehungsursache der Redakteure, Staatsanwälte, Einsender und — Papierkörbe. Ausgaben der Tagediebe. Der Schneideriünstler Potrct hat vor einigen Tagen ein Hochzeitskleid einer französischen Gräfin ausgestellt, das die Kleinigkeit von 75.000 Frcs. gekostet hatte. Im Anschluß daran wird mitgeteilt, daß dieser Kleid bei weitem nicht die kostspieligste ^Toilette darstellt, die jemals für eine Dame gemacht worden ist, trotzdem man auch für den Preis dieser Robe schon ein sehr schönes Landgut mit einem prächtigen Park erwerben könnte. In erster Linie sind es die Schauspielerinnen und Tänzerinnen, die das größte Kontingent stellen. Für eine der luxuriösesten Schauspielerinnen gilt die Engländerin Frau Langte), deren Toiletten, die sie in ihrem Glanzstück „Das Halsband der Königin" trug, den Wert von 100.000 Mi betrugen. Die Dacht, auf der sie ihre Reifen im Sommer unternimmt, ihr Rennstall, haben einen Wert von Millionen. Eine Schauspielerin, von der man in Paris sehr viel spricht, Mademoiselle Delysia. hat auf ihrem Kleid einen Cpalfchmuck, dessen Wert die bescheidene Höhe von 1K Millionen Mark beträgt. Aber sind nicht nur die Schauspielerinnen, die einen solchen Luxus treiben, es sind auch die Frauen bekannter amerikanischer Großkaufleute, die sich eingebildete Werte anhängen, von deren Kaufziffern der einfache Mensch sich kaum eine Vorstellung machen kann. Die Frau des amerikanischen Silberkönigs, Frau Mackie, bezahlte für ihr letztes Frühjahrskleid, das sie auf einer Gartenpartie trug, die Kleinigkeit von 300.000 Mk„ und die Spitzen, die sie auf einen Abendmantel nähen ließ, kaufte sie für 123.000 Mk. Das teuerste Kleid aber, das die Welt überhaupt kennt, war das, welches die bibamische Prinzessin Maigna zu ihrer Ausstattung von ihrem Vater, dem Herrscher Kiantung, bekam. Es besteht aus lauter Rubinen und hat den Wert van nahezu 8 Millionen Mark. Diesem wahnsinnigen LuxuS auf der einen stehen Not und Massenelend auf der anderen Seite gegenüber. Und das heißen die Frommen „göttliche Weltordnung"! Literatur. Hochverrat! In die Anfänge unserer Arbeiterbewegung führt uns eine ganz hervorragende Veröffentlichung zurück, der Wiener Hochverratsprozetz, der Bericht über die Schwurgerichtsverhandlung gegen Andreas Scheu, Heinrich Ober-winder, Johann Most und Genossen, welchen Heinrich Scheu neu herausgegeben hat, der einst mit feinen beiden Brüdern in der ersten Linie unserer Arbeiterbewegung gestanden war. Schon die Veröffentlichung dieses hochbedeutsamen Prozeßberichtes wäre ein großes Verdienst um unsere Arbeiterbewegung, es wird bedeutsam gesteigert durch wertvolle Beigaben, die uns die Bedeutung dieses Prozesses, seine Stellung in unserer Arbeiterbewegung auf das Deutlichste zeigen und die uns zurückführen in die Anfänge unserer Bewegung, Personen und Ereignisse uns näher bringen -und uns verständlich machen. Mehr wie vier Jahrzehnte sind verflossen, seitdem dieser Prozeß geführt wurde, wenige leben noch, die die Erinnerung an jene Zeiten haben: unsere Bewegung ist eben weit über ein ‘ Menschenalter gediehen und deshalb ist die Erinnerung an die Anfänge des Sozialismus in Oesterreich, an die ersten Kämpfe, die er zu führen hatte, an die Strömungen, die ihn zu beeinflussen suchten, fast vollständig erloschen. Die österreichische Arbeiterbewegung unterscheidet sich von der reichsdeutschen durch den wichtigen Umstand, daß sie nicht eine fortlaufende ununterbrochene Entwicklung darstellt, daß in Deutschland das Sozialistengesetz den Zusammenhang zwischen der Bewegung vor und nach dem Ausnahmsgesetz nicht unterbrochen hat, während in Oesterreich die Zeit des Ans-nahmszustandeS zur tiefgehenden Trennung der ihm voran-gegangenen und der ihm folgenden Bewegung führte. Die Bewegung vor dem Ausnahmszustand hatte infolge der zahlreichen Spaltungen eine ganze Reihe von Abschnitten. Zahl' reiche Personen, die in der ersten Zeit der Bewegung gewirkt haben, sind ihr später entfremdet worden, und neue Männer, deren Geschichte nicht bis in die Anfänge der Arbeiterbewegung zurückgeht, sind an ihre Stelle getreten. Das sind die Gründe, warum in der deutschen Arbeiterbewegung die Geschichte der eigenen Bewegung in weit höherem Masse bekannt ist wie das bei uns der Fall ist. Gerade deshalb müssen wir es freudig und dankbar begrüßen, daß eines der wichtigsten Oueltcnrocrfe für die Geschichte unserer Partei den Genossen wieder zugänglich gemacht wird. Im Antiquariatsbuchhandel hatte der Hoch-verratsprozeß den Charakter einer hochbezahlten Rarität erhalten, unerschwinglich waren die Preise, die für die wenigen in den Handel gekommenen Exemplare gefordert mürben. Zahlreiche Arbeiterbibliotheken und Arbeiter, Die sich dieses für die Geschichte der Partei fo wichtige Werk anschaffen wollten, mutzten darauf verzichten, weil nur außerordentlich feiten ein Exemplar zu erwerben war und dann der Preis gar zu stark mit feinem Umfang im Widerspruch stand. Nun ist dieses Werk, das fo viele Besitzen wollten daß aber den meisten nur dem Namen nach Bekannt war, wieder in einer neuen und wie wir gleich Bemerken können, ausgezeichneten Ausgabe erschienen. Es ist ein Werk von fast 900 Seiten, das reichliche Belehrung in der Partei verbreiten wird. Das elegant ausgestattete Werk umfaßt 870 Seiten und kostet 8 Kr. — 7 Mk. Es kann auch in zwei Raten L 4 Kr. — Mk. 3 50 von der Parteibuchhandlung in Wien, VI, Gumpen-dorserstraße 18, bezogen werden. Bei Einsendung der ersten Rate erfolgt schon die Zusendung des Buches. Um auch gänzlich Unbemittelten die Anschaffung des Wiener Hochverratsprozesses zu ermöglichen, veranstaltete die Wiener Volksbuchhandlung eine Ausgabe von 27 Lieferungen zum Preise von je 24 H. — 20 Pf. Bestellungen nehmen alle „Glühlichter"-Kolporteure und Parteibuchhandlungen entgegen. Jin Zeichen Nousfeaus, dessen 200. Geburtstag auch in Deutschland besonders rege begangen wurde, steht das Augustheft des „Strom", der neuen von E. Pernerstorfer, Stefan Graßmann und Arthur Rundt geleiteten Monatsschrift, die im Verlag Oesterheld u. Komp., Berlin W. 15 und Wien V, erscheint. Zur Einleitung werden ein paar charakteristische Auszüge aus Rosseaus Werken, zum Beispiel feine Ansichten über Natur und Kultur, Freiheit und Gleichheit, über die Revolution, den Eigenwert der Jugend 2c„ und aus den Briefen, zum Beispiel an die Frau v. Epinay, an Friedrich den Großen u. s. w., veröffentlicht. Willi Dünwald ist im Anschluß hieran mit einem interessanten Aufsatz über Rousseau vertreten. Die regelmäßige Bildbeilage bringt diesmal ein Porträt von Rousseau. Das literarische Schaffe» der Moderne dagegen wird durch zwei hübsche Skizzen Peter Altenbergs und durch eine Novelle von Norbert Jaqnes: ..Der Sprung von der Kommandobrücke". vertreten. Der Düsseldorfer Schriftsteller H. H. Schmitz veröffentlicht eine lustige Satire „Von meiner Lunge und Franz Werfel eine Anzahl Gedichte, die ein sympathisches Talent verraten. „Der Strom" kostet jährlich nur 3 Mk. (Kr. 350), fo daß ein Abonnement im Verhältnis zur Viel, seitigleit des Gebotenen sehr zu empfehlen ist, zumal der Abonnernentpreis niedriger sich nicht denken läßt. Auf Wunich versendet der Verlag Probenummern gratis. Von der „Neuen Zeit" ist soeben das 46. Heft.des 30. Jahrganges erschienen. Aus dem Inhalt des Heftes heben wir hervor: Verstaatlichung und Sozialdemokratie. Von Gustav Hoch. — Die neue Taktik. Von Karl Kautsky. (Schluß.) — Die neue Armee. Von Ernst Säumig. (Schluß.) —.Roseveits neuer Nationalismus und die radikale Bewegung m den Vereinigten Staaten. Von L. 83. Boudin (Newyork). literarische Rundschau: Paul Louis, Le Syndicalisme coutre l'Etat. Von G. Eckstein. , Die „Neue Zeit" erscheint wöchentlich emmal und ist durch alle Buchhandlungen, Postanstalten und Kolporteure zum Preise von MI. 3 25 per Quartal zu beziehen; jedoch kann dieselbe bei der Post nur per Quartal abonniert werden. Das einzelne Heft kostet 25 Pf. Probenummern stehen jederzeit aut Verfügung. Eingesendet. (Für diese Rubrik übernimmt Me Redaktion leine Verantwortung.) (Wahrheit). „Nichts im Leben schmeckt seiner, als ein Schälchen mit echtem „Kathreiner", so klang es jüngst in einem Lied aus, und der Beifall, den das Lied dem Sänger eintrug, war wohl der beste Beweis dafür, daß er den anwesenden Hausfrauen aus der Seele gesprochen ober richtiger „gesungen" hat. Die Wahrheit bleibt es doch: Kathreiner ist der beste Kaffee und was auch feit 21 Jahren den Hausfrauen als , noch besser" empfohlen würbe, bas hat sich auf bie Dauer alles nicht bewährt. Wie viele kehrten zu Kathreiner zurück, die anderes probiert! Kathreiner ist nicht nur überaus gesund und billig, er ist auch wohlschmeckend und dem Bohnenkaffee derart ähnlich, daß man ihn auch ganz pur trinken kann. Und wieviel Geld wird dabei erspart! Was der Sänger also gesungen und was uns in den Straßen der Pilz verkündet, ist und bleibt die Wahrheit: Kathreiners Kneipp Malzkaffee bringt Glück ins Haus. Ausweis des Vereines „MeNblchimheim", Wien. Richtigstellung: Stockerau 10 Kr. Sprechsaal. An die geehrten Ortsgruppenfunktionäre und Mitgliedes unseres Vereines! (betrifft bie9tad)jenbung öerSeitungen.) Wir bringen allen Ortsgruppeusunktionären und Mitgliedern zur Kenntnis, daß wir von nun ob bte Nachsendung des „Eisenbahners" -e. an jene Mitglieder, die mit ihren Beiträgen länger als sechs Wochen tnt Rückstände sind, nicht mehr besorgen. Von Expedition zu Expedition müssen gegen 2000 Exemplare extra nach-gesendet werden. Diese besondere 2Mmi4niIation kostet durch die Saumseligkeit der betreffenden Mitglieder, die sich ein Gewohnheitsrecht daraus gemacht haben, Taufende von Kronen. Es wird künftighin solchen Mitgliedern nur das letzte Exemplar, von wo ab die Zahlung wieder beginnt, uachgeschickt. Damit neue Mitglieder von einer Abrechnung zur anderen nicht aus ihr (Vach* blatt warten brauchen, empfiehlt es fick, das; die Aufnahmsscheine der Neuaufgenommenen sofort an uns eingesendet werden. Um Störungen in der Zusendung zu vermeiden, bringen wir allen Mitgliedern zur Kenntnis, nach jeder Uebersiedlung sofort die Adreßänderung an uns bekanntziigeben. ___________ An die geehrten Ortsgrupvenfnnktionare und Mitglieder! (Betrifft die Frankierung der Briese.) Nachdem sich die Fälle fortan mehren, in welchen wir für zu wenig nmrüerie Briefe Strafporto zu zechten haben, so daß die Summe dafür allein ungefähr 1000 bis 1200 Kr. jährlich aus machen dürfte, ersuchen wir dringendst alle Funktionäre und Mitglieder, auf die richtige Frankierung Bedacht zu nehmen. Zur Richtschnur möge dienen, daß ein Bögen dünnes Briefpapier mit vier Setleit und einfaches Kouvert ungefähr 20 Gramm wiegen, und ein solcher Brief mit 10 H. frankiert werden kann. Jede weitere Beilage übersteigt schon obiges Gewicht, und ist jeder .solche Brief mit 20 H. zu frankieren. Wir machen aufmerksam, daß wir in Hinkunst gar nicht oder zu wenig frankierte Briefe, welche von der Post mit Strafporto belegt werden, einfach nicht mehr annehmen. Die A d m i n i st r a t i o n. Achtung! Vertrauensmänner der Vnhncrha!tunz§-arberter Wiens! Donnerstag den 22. d. M. nach Arbeitsschluh im Scr« einslotal, XV, Lohrgasse 13, außerordentliche Vollversammlung der Vertrauensmänner. Tagesordnung: Eine Aktion der BahnerhaltungS-arbeiter. Vertrauensmänner, die verhindert sind, muffen einen Stellvertreter delegieren. Signalmeister Mährens! * Die nächste Zusammenkunft findet diesmal in Olinüh, 12 Uhr mittags, im Hotel Austria am 1. September statj. Kommt alle zu dieser Besprechung! An die Lokomotivführer der Buschtiehrader Eisenbahn! Am Freitag den 23. August I. I. findet in Koinotau eine Konferenz der Lokomotivführer de? Buschtiehrader Eisenbahn statt. Tagesordnung: 1. Stellungnahme zu der am 4. und 5. September I. I. in Wien stattfindenden Netchökon-ferenz, beziehungsweise zu dein von dem zu diesem Zwecke gewählten Arbeitskomitee ausgearbeiteten Elaborat. 2. Even, tuclle.. Pflicht eines jeden Heizhauses ist eS, diese wichtige Konferenz fo zahlreich als möglich zu beschicken. Lokal und Beginn der Konferenz werden den Heizhäusern brieflich bc kanntgegeben.___________________ O/fene Anfragen. An die k. k. Nordwestbahndirektion! Die Oberbauarbeiter der BahnerhaltungSsektion Tetschen gestatten sich die Anfrage zu stellen, ob cs einet löblichen Direktion bekannt ist, daß ihnen der Erholungsurlaub verweigert wird. Nachdem in anderen Bahnerhaltungssektionen derselbe bereits gewährt wird, dürfte eS bloß an der hiesigen BahnerhaltungSsektion liegen, daß uns der Urlaub verweigert wird. Wir ersuchen eine löbliche Direktion, der hiesigen Bahn, erhaitungsfektion die Weisung zu erteilen, die Erholungs-, urlaitbe sofort gewähren zu wollen. Die Betroffenen. An das k. k. Eisenbahnministerium in Wien! Die Gefertigten erlauben sich die Anfrage zu stellen, ob dem k. k. Eisenbahnministerium bekannt ist, daß in den strengen Turnus der Znatmcr Personenzugsbegleiter ein Güterzug eingeschoben wurde, wiewohl gesonderte Güterzugs-« und Perfonenzugspartien bestehen. Das betroffene ePrsonat „Der Etsettvayuer. Wien, Dienstag bittet um dringende Abhilfe, da es der Ansicht ist, keine Güterzüge führen zu müssen, da in ihrem Turnus keine Reserve vorgesehen ist, und in allen anderen Direktionsbereichen bei getrennten Partien auch der Dienst der Güterzugsbegleiter von dem der Personenzugsbegleiter getrennt ist. Das Personenzugspersonal der Station Znaim. Parteigenossen! Bestellet euch jeder sür eure Familie ein Paket fehlerfreier Reste, enthaltend: Prima Kanevas für Bettüberzüge, starken Hemdenoxford, Zefir sür Hemden und Kleider, Blaudruck, Blusen- und Kleiderstoffe, Leinwand ;c. Alles in Prima Qualität. 40 Meter um 16 Str., beste Sorte 40 Bieter um 18 Kr. per Nachnahme. Die Länge der Reste beträgt von 4 bis zu 14 Metern und kann jeder Rest bestens verwendet werden. Für Wiederverkäufer glänzender Verdienst. Mit Parteigruß Leopold Wlöek, MiiieBer 70 in Nachod Nr. 17, Böhmen. Mitglied der politischen Drtä« und Fachorganisation. 1 kg graue, nute, geichlissenc 2 K, besjere 2 K4<); prima ftnlbtueifte ü K HO; weifte