»843 ^er Geiz und ber Neid. «^^er Geiz einst mit dem Neide strich Durch das Gefilde; — sie begaben sich. Gleichviel zu wem! (doch war's ihm nicht Gewinn 5) Zu dir, zu mir, zu Jenem — kurz und gut, Sie gingen, ich weiß nicht wohin. Wie es der Reiher in der Fabel thut. Zwar Brüder, liebte keiner doch den andern; So schweigend denn auch heute wandern Sie durch das Feld. Der Geiz. gebückt, Sieht nach dem Kasten oft, der seinen Nacken drückt. Dem eisernen, für den er allzeit zittert. — Der Neid auch sicher sah ihn an, erbittert, Daß nicht auch er so viele Thaler trug. Herr Geiz, der Nimmersatte Thor, Sprach unterwegs zu seiner Qual sich vor: »Ich habe wahrlich doch noch nicht genug!" M>t gift'gem Vlicke schielt' hingegen Der Ncid das Geld an, biß die Lippen sich. Und sprach (er hätte bersten mögen!): „Er hat zu viel, denn weniger hab' ich.« So, Jeder voll von schnöden Wünschen, geh'n sie; — Auf einmal die Begierde seh'n sie, Die Göttinn, die aNein j dem seiner Züge die sprechendste Ähnlichkeit mit dieser Leiche verrath.' Amclot legte die Hand auf Athurs Schulter, und sah mit kaltem Höhne in sein Auge: „Du sprichst irre, armer Junge! so wenig meine Liebe Aehnlich-kcit hat, mit der irgend eines Menschen, eben so wenig hat ihr Gegenstand auf der Erde seines Gleichen.« „Lebe wohlAmclot,« erwiderte Athur, mit seltsamer Eile sein Barett ergreifend, „ein banges, unheimliches Gefühl, wie ich'S noch nie gcahnr, treibt mich auS Deiner Nähe; lebe wohl! wenn die blutige Geschichte zu Ende ist, werde ich wieder zur Armee zurückkehren, oder — an den Hof, Du aber, wenn Du sie noch am Leben willst erblicken, so fliege nach London." 168 «Und wer," fragte Amelot mit verächtlichem Lachen, „soll die Dame seyn?" „Johanna Gray!" — TagS darauf war Amelot auf der Rückkehr nach London begriffen. __ (Beschluß folgt.) Feuilleton. (Mißgeschick eineS Millionärs.) Der Speculant D. in Paris hatte seit langer Zeit ei-nen glänzenden Platz eingenommen unrer den Heroen des „SteigenS und Fallens." Sein Credit schien auf festem Grunde zu beruhen, alle seine Un» ternehmungen waren von Erfolg gekrönt, er gab herrliche Feste, die Clienten und Schmarotzer dräng» ten sich ohne Unterlaß an seiner Schwelle. Ader wie manches Gestirn sahen wir nicht gleich diesem glänzen, und dann plötzlich verschwinden. Auch D. sah an einem schönen Tage den Sturm kommen, und entschloß sich mit seiner Beute zu retten. Die Hand aufthun, wenn man gewinnt, sie schließen, wenn Man verliert, immer gewinnen, nie verlieren, das ist die Moral einiger dieser Herren. Der Speculant stand also an diesem Morgen mit dem Gedanken auf, sich nach Sonnenuntergang aus dem herrlichen Paris zu entfernen, um auf diese Weise den lachen lichen Zumuthungen seiner Gläubiger zu entgehen. — Das Wichtigste war vor der Hand, nichts ahnen zu lassen, um ss mehr, als man schon an» sing, den Stand seiner Angelegenheiten zu wittern. Ein Unglück läßr sich auf der Börse nie lange verbergen; die Eingebornen des Ortes haben ein durchdringendes Auge, ein feines Ohr, und eine gewandte Hand; nichts entgeht ihnen. D. hatte ein Hotel in derChaussöe d'Antin, aber er ließ sich von einer Postchaise erwarten in einer kleinen Villa des Faubourg St. Germain, dem wahrhaften Aufenthalt eines großen Herrn von ehedem, von Außen einfach, glänzend von Innen, geheimnißvolles Asyl schleichender Intriguen. Während des ganzen Tages realisirte der Banquier feine Gelder, und stopfte fein Portefeuille; aber hatte er schlecht gerechnet, oder war er genöthigt gewesen, das Eingehen einiger Summen abzuwarten, genug die Nacht überraschte ihn m dem Cabinet seineS splcnditen Hotels. Er war nicht auf die Börse gekommen; seine Abwesenheit hatte seine Clienten unruhig gemacht; von allen Seiten strömten sie herbei, und während die Gläubiger sein Haus betraten, hatte er nur Zeit, sich durch eine heimliche Treppe zu retten. Die Nie« derlage war officiell; D. flüchtete mit Waffen und Gepäck. Man verfolgte ihn, aber er hatte einen Vorsprung, auch wußte man mcht, nach welcher Seite er sich hingewendet. Indessen eilte der Ban-queroUtier, sey es, daß er keinen Wagen gefunden, sey es, daß er sich von dem Nachtdunkel hinlänglich beschützt glaubte, zu Fuß mit großen Schritten nach St. Germain, wobei er mit Macht ein enor-meS Portefeuille an scineBrust drückt, welches nicht weniger als eine Million enthalt. Plötzlich hört er, UNtcr den Ncvcrberen des Carrousselplatzes vorüber- gehend, eine Stimme, welche seinen Namen ruft. Er hat die Stimme erkannt, man hat seine Spur gefunden, dennoch ist er noch immer im Vortheil. Von der Furcht gestachelt, fiiegr er schnell wie der Blitz durch den Hof des Lourre, und steht vor dem Ponr des Ans. Diese Brücke einmal überschritten, hat die Gefahr aufgehört, denn cs ist ihm leicht, sich in den engen Gassen der Vorstadt zu verlieren, und die Verfolger wissen nichts von seiner Villa. — Auf dem Pont des Arts besteht die löbliche Einrich-tung, daß der, die Brücke Ueberschreitende einen Sou zu entrichten hat; eine Gewohnheit, welche auch ei« kllnuun Eingang gefunden. Kaum hat D. den Fuß auf die Brücke gesetzt, als der wachha» bende Invalide ,hm die Passage versperrt. Mein Herr, reder er ihn an, Sie vergessen zu zahlen! __ Bei diesen Worten steht der Flüchtling unbeweglich, niedergedonnert. Sie vergessen zu zahlen! Welch ein Donnerfchlag für einen Banqueroutier? __ WaS ist das? stotterte Hr. D., dann sich fassend und bedenkend, warum es sich handle, lacht erver« ächclich; ein Anfall von Zorn folgt auf den Anfall des Schreckens, er sucht in der Tasche semeS Gi» lets, und findee nichts. Ich habe keine Münze! ruft er. — Geben Sie einen Thaler, man wird Ihnen zurückgeben, antwortet der Kileger. — Aber ich habe meine Boise vergessen; auf cm Andermal, braver Junge. — Nein, nein, wir credit,ren nicht. — Aber wenn ich nun einmal kein Geld be« mir habe! __ So gehen Sie über eine andere Brücke. — Unmöglich, dieß ist der gerade Weg und ich bin pressirt. — Ihre Geschäfte kümmern mich nicht, ich kenne nur meine Pflicht als Einnehmer. __ Aber ich wiederhole Euch, die Augenblicke sind kostbar. Es handelt sich vielleicht um mein Vermögen! Und eines Sous halber chicanirt Ihr mich! Laßt mich hinüber, guter Mann; morgen gebe ich Euch fünf Franken, zehn Franken, einen Louisd'or. __ Wir können einen solchen Handel nicht eingehen. Aber ich bin kein Abenteurer, ich möchte Euch um einen Sou nicht betriegen. Hier ist meine volle Brieftasche. Und da ich doch einmal diese elende Abgabe zahlen muß, hier ist eine Banknote von tausend Franken, gebt mir Gold zurück, wenn Ihr welches habt. — Ich kann Ihnen weder Gold noch Silber zurückgeben, ,ch habe nicht so viel. — Dann ist es nichr meine Schuld und ich gehe hinüber. — So wenig als wenn Sie gar nichtS besäßen. Ich wiederhole Ihnen, man geht hier nur hinüber, wenn man zahlt. — Wohlan, so bchalter die Banknote und Ihr seyd bezahlt, denke ich! Taufend Franken um über eine Brücke zu gehen! Die Debatten härten sich vielleicht noch verlängert, da diese ungewöhnliche Belohnung Scrupel ,'n dem Invaliden erweckte, auch wollte dieser neue Einwürfe machen, als des Banqueroutier Verfolger ankamen; sie hatten ihn endlich eingeholt. ___ So rettete die Abgabe eines Sous zwanzig Familien vom Nuin, und an der Barriere dieser Brücke hielt man den Mann fest, der eine Million in der Tasche trug, und über einen Kreuzer nicht gebieten konnte. Hth. Verleger: Ignaz Atoiö Edler v. Kleinmayr.