Wahlspruch j Was wir begehren von der Zukunft Fernen! Das! Arat und Arbeit uns gerüstet stehen, D-tz unsere Kinder in der Schule lernen, Und unsere Greise nicht mehr betteln gehen. ®. Herwegh. LeleMon Nr. 2325. Jer Scheckkonto 38.418. Umbahner Zentralorgan des Oesterreichischen Eisenbahn-Personales. RedaMon: Wien VA, gentogiffle Mr. 5. Redalitlo„»schluß: Zwei Tage vor dem Erscheinen de» Blatte». Sprechstunden sind jeden Tag mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage von 10 Uhr vormittags bis V84 Uhr nachmittags. Insertionspreis: Die zweimal gespaltene Slonvareillezeile oder deren Raum 40 Geller. Bei Iahresauftrag Rabatt. Abonnements-Bedingungen: Halbjährlich...............................Kr. 288 Ganzjährlich............................... 5-7(3 Für das Deutsche Reich ganzjährlich Mk. 6'—. Für das übrige Ausland ganzjährlich 9 graniten. erscheint jeden 1„ 10. und 20. im Steint. M. 20. Men, de» 16. Mi 1911. 19. Zchrg. Der moralische Setfel der deutsche« Aationalirmus. Die Flucht der nationalen „Arbeiterführer" »ns klerikale Lager. » . . . Wir brauchen keine Extraabgeordneten, was vielleicht Herr E r t l anstrebt, um dann ins christlichsoziale Lager mitzumarschieren." (Aus einem Briese der Ortsgruppe Reichstädt des „RcichSbundes deutscher Eisenbahner" Dom 11. Dezember 1900, Geschäftszahl Nr. 79/9.) Emile Zola hat einmal gesagt, daß der, der im öffentlichen Leben steht, sich daran gewöhnen müsse, leben Morgen eine Kröte zu verschlucken. Aber bei allem großen Verständnis für die moralische Fäulnis unserer Zeit konnte der Dichter des französischen Realismus noch nicht vorausahnend begreifen, daß uuter Umständen auch eine Kröte die reinste Delikatesse ist gegenüber den Brechreizmitteln, die seit den Tagen des chauvinistischen Nationalismus der Öffentlichkeit unausgesetzt serviert werden. Der deutsche Idealismus, der seit Fichte auf die deutschradikalen Schriftleiter gekommen ist, hat sich ja manches schon gefallen lassen muffen, ohne daß er dagegen mit einem lebhaften Pro-teft auf die Reversfeite der deutschen Jungmannen sich zur Wehre setzen konnte. Nun oder, wo dein käuflichen Gelegenheitsverhältnis, das die deutschradikale Partei mit den kapitalistischen Scharfmachern unter-halt, der garstige Zwerg mit dem Wasserkopf „Deutsche Arbeiterpartei" entsprungen ist, wird der Unrat unmer stärker. Man muß zwei Kröten jeden Morgen derschlucken können, wenn man die Verpestung des öffentlichen Lebens auf die Dauer ertragen will. ; Es ist jetzt ein Jahr her, wo wir auf Grund eines Briefwechsels des Neichsbnndes deutscher Eisenbahner n,it einigen feiner Ortsgruppen in diese dentschnatio-iialc „Arbeiterorganisation" hineinleuchteten und ein ^ild zeigten, das sonst nur hinter den Kulissen verborgen gehalten wird. Und wenn damals die Ortsgruppe Reichstädt im Verein mit der Landesleitung für Böhmen über ihren Bundesobmann Herrn Ferdinand E r t l den Verdacht aussprach, „erwerbe 'ns ch r i st l i ch s o z i a l e Lager marschiere n", so klang für uns damals, wir gestehen es offen, diese Anschuldigung übertrieben, und in der lauteren 'lbsicht, auch dem Gegner Recht werden zu lassen, erklärten wir damals Herrn E r 11 persönlich für einen jntegren Charakter. Reumütig müssen wir heute im-l«:e damalige Auffassung revidieren. Man weiß ja, Wieviel Wasser seit den Tagen des „Rütlischwnres" von Eger in den Wein des nationalen Radikalismus 8etan wurde, der heute längst schon matt wie eine abgestandene Limonade geworden ist. Und vor kaum länger als Jahresfrist war es Herr Ferdinand E r t l, öer in fachgemäßer Erkenntnis, daß die deutfchnatio-Ucile Politik nie eine Werbekraft unter den Arbeitet: tt Hessen habe, nach links srondierte und mit reiner, Nationaler Klassenpartei Klassenpolitik zu vertreten ^'kündigte. Wie sehr w i r recht hatten, als wir damals Herrn Ertls reumütigen Kanossagang voraus-[aQten, das hat die letzte Vergangenheit mit schlagender Beweiskraft bestätigt. Die Leute, die in der deutsch-nationalen Partei von den Fabrikanten als Führer ?usgehalten werden, verfolgten Ertls Plan mit Innerem Mißbehagen, und fo mag gerade an jenen Hellen, die das Kokettieren mit der sozialen Frage als gefährliches Experiment betrachteten, über die Heimkehr des verlorenen Sohnes mehr Freude ge-’etrfcht haben als über Neunundneunzig Gerechte, als *!“n fah, daß Herr Ertl durch feine Wahüverbung Scharfmacherkandidat in Neunkirchen alle an feine r Cyfpit geknüpften Bedenken zerstreute. Herr E r t l ^e,lich hat bei dieser Wahlwerbung nicht nur nichts gewonnen, sondern auch alles verloren. Wer da nämlich sah, wie sich alles, was vom Kapitalismus abhing, von der „Neuen Freien Presse" angefangen bis zum Lieferanten der Würstel, die die Neunkirchner Industriellen bezahlt hatten, redlich bemühte, für diesen seltsamen Kandidaten Stimmung zu machen, der wußte cs, daß die Scharfmacher beglückt waren, daß der dentfchradikaje „Klafsenkämpfer" den Weg von der Arbeiterpartei so rasch wieder auf die bürgerlichen Pfade des deutschen Nationalverbandes zurückgefunden hatte. Begreiflich genug, daß vor dem Urteil der Wähler gerade dieser Kandidat so leicht befunden wurde, daß der Durchfall geradezu vehement wurde. Herr ErtlhattedenBallastseinerUeber-zeugung weggeworfen und sank leicht und spurlos in die Tiefe. In Schlesien ging es dem engen Freund und Verbündeten des Herrn E r t l besser. Auf den Krücken der Klerikalen humpelt der deutschradikale „Arbeiterführer" Ferdinand Seidl ins Parlament, uud voll von überströmender Dankbarkeit an die Römlinge, die er einst mit glübendem Haß verfolgt hatte, schwört heute Herr Seidlauf die Gemeinbürgfchflft mit den Christlichsozialen. Auch die Zeiten sind einmal gewesen, wo noch das grimmige „Los von Rom" die Werbekraft in der deutschnationalen Agitation befaß. Und so hat auch Herr Ertl die Streitaxt begraben, und in einer Versammlung in Hernals nahte er vor etlichen Tagen den Christlichsozialen mit folgender bußfertigen Erklrung: Er habe es daher nicht glauben können, als ihm mit» geteilt wurde, datz seilte Parteigenossen bei der Stichwahl in Wien die Sozialdemokraten unterstützt haben, und sei, als er diese Mitteilung bestätigt fand, über die Vorgangsweise seiner Parteigenossen empört gewesen. Er müsse hier bemerken, datz seine Parteigenossen, über deren Verhalten bei den Stichwahlen er öffentlich daö Bedciu'ern nusspreche, in diesem Falle verpflichtet gewesen wären, den sogenannten Getzmanniten ihre Stimme zugeben. Er nahm auch Stellung gegen die Liberalen, wobei er bemerkte, datz die Judenliberalen jetzt übermütig geworden seien und die Herren Dorn, Hock u. s. w. sich jetzt als die »Herren von Wien" aufspielen, wobei sie behaupten, datz der »Sieg von Wien" ihr Wort sei. Cr bleibe bei der Ansicht, datz die Deutschnationalen bei der letzten Stichwahl in Wien verpflichtet gewesen wären, für die Christlichsozialen zu stimmen, um so mehr, als diese eine deutsche Partei seien und inan lhnen das Deutschtum nicht absprechen könne Zu den Christlichsozialen gewendet, schloss er: Ich hoffe, datz unreinen Weg zu gemeinsamer Arbeit finden werden! Man muß jetzt schon sagen, daß seine Parteigenossen Herrn Ertl genau kannten, als sic den Verdacht niederschrieben, er werde einst „in das L a g e r d e r ch r i st l i ch s o z i a l e n P a r t e i m a r-schiceren". Herr Ertl wünschte es, daß in Wien die Deutschnationalen für Herrn Kunschak und die übrigen „Geßmanniten" stimmen sollten, „weil diese eine deutsche Partei seien", und da diese verblendet genug waren, Herrn Ertls Wahlparole nicht zu folgen, hofft er wenigstens, daß man noch „e i n e n Weg zu gemeinsamer Arbeit finden w c x i> e". Das ist der „deutsche Männerstolz", der in demselben Moment, wo sich das. Wiener Bürgertum mit Abscheu von der klerikalen Gewaltherrschaft ab-wandte, bereit ist, der Reaktion ans dem Hinterhalt beiznspringen, der vor Rom mit den Steiß wedelt und für ein lumpiges Mandat den letzten Rest an Freisinn verschachern will! Wird einem nicht zu Mute, als ob mau eine Kröte verschluckt hätte? Vor ein paar Wochen erst wurde das Deutschtum, für das man auf der Hochwacht zu stehen vergab — wenn man den Jargon der Radikaldeutschen beinhalten will — „an die Tschechen verhandelt", weil man dafür einige Mandate in einer Personalkommission eintauschte. Und nun soll auch der Freisinn wie ein zerschlissenes Wrack verklopst werden! Wir wissen nicht, wie weit Beständigkeit und G c s i n n un g s t ü ch t i g k e i t bei den Mit- gliedern des Reichsbundes deutscher Eisenbahner gefestigte Grundsätze sind. Es ist jetzt an ihnen, zu sagen, wie sie über solche taktische Froutändernngeu denken. Denn schließlich und endlich sind sie als Sachwalter mit daran interessiert, wenn der nationale Freisinn — und was noch drum und dran ist — am Schindanger der Geschichte verendet! War lehre« mt$ Me letzten Reichrmtrwahle«? Die beachtenswerten Erscheinungen, die mit den letzten Reichsratswahlen verknüpft sind, lassen es in mehrfacher Richtung angezeigt erscheinen, daß man post festum deren Lehren prüft und auf ihre Konsequenzen hin untersucht. Vor allem muß wohl die Tatsache von vornherein festgehalten werden, daß diese Wahlen nicht bloß politische Wahlen im engereit Sinne genannt werden können, sondern daß ihnen auch weitreichende wirtschaftliche Bedeutung zugemessen werden muß. Und das nicht bloß deshalb, weil schließlich von dem Standpunkt aus, daß gerade dieses Parlament berufen fein foll, wichtige wirtschaftliche Fragen, wie Sozialversicherung, Straf-g c f e tz r e f o t m und Handelsverträge zu lösen, die politischen und wirtschaftlichen Momente gar nicht zu trennen sind, sondern auch weil sich aus den unmittelbaren Erscheinungen der letzten Wahlbewegung selbst wertvolle Lehren für unfere Organisation schöpfen lassen. Daß den Wahlen in Wien und Niederöfterreich politisch der Inhalt zugrunde liegt, daß durch sie die Säulen des Klerikalismus zerschmettert wurden, ist ja sicher ein Ereignis, das in der Kulturgeschichte des Reiches verzeichnet werden soll. Was bei den Wahlen in Wien und Niederösterreich wirksam gewesen ist, das war sozusagen die gemeinsam in allen Bevölkerungsschichten vorhandene Empfindung, daß es R e st e aus vor märzlichen Zeiten zu überwinden fl i 11, die nicht bloß die Kampfe der Arbeiterschaft behindern, sondern die jede andere Gesinnung in den Kreisen des Bürgertums mit schweren wirtschaftlichen Nachteilen bedrohten und die alles in Acht und Bann taten, was nicht in Kadavergehorsam ruhig zusah, wie eilte Gesellschaft idealloser Beutemacher allen Einfluß und alle Macht für ihren . persönlichen Vorteil ausnützte. Für die Schnelligkeit, mit der diese Erkenntnis sich in den Kreisen des Bürgertums durchsetzte, luar der s^it Luegers Tod vorhandene Mangel einer starken Persönlichkeit entscheidend, die, so wie das früher immer geschah, die unterschiedlichen kleinen Streber hätte in Schach halten können. So Überwucherte einfach der Streit, indem die Enthüllungen über die Schandwirtfchaft immer zahlreicher wurden, die Phraseologie von früher, mit der bekanntlich das in fozialoplitifchen Dingen indifferente Kleinbürgertum zu einer Partei der Gewerberettung formiert worden war. So war der Zerfall einer Partei, der jede programmäßige Unterlage fehlte und die mit den Bedürfnissen der Bourgeoisie selbst in Widerspruch geriet, einfach unvermeidlich geworden. Anders aber gestalteten sich, wie wir gesehen haben, die Dinge in B ö h nt e n, M ähre u und Schlesien. Dort hat der Klerikalismus nie einen festen Boden besessen, und das Bürgertum, das, wie in den industriellen Nordböhmen, seit den Achtzigerjahren mit der Sozialdemokratie int Kampfe liegt, hatte andere Sorgen und Wünsche. Der N a t i o-nalismns, der in den Sudetenländern die Bourgeoisie in seinen Lager sieht, hat ja auch einmal seine Tage gehabt, wo er gegen die klerikalen Ueberhebnngs-perstiche in der Zeit der „Los von Rom" - Bewegung revoltierte. Aber ans der Zeit der Jugend, wo für eine kleine Periode ideale Freiheitstrüume die deutsche lö“ Der „Eisenbahner" erscheint in einer MnNaae von 46.000 Exemplaren. Seite 2 „Der Gisenvahttrr." Nr. 20 --------- ^Mannesbrust schwellten, hat der Nationalismus sehr rasch den Weg zu den wirtschaftlichen Erfahrungstatsachen zurückgefunden. Was die Erfahrung aus allen vergangenen Wahlkämpfen in den Sudetenländern dem Bürgertum bei gebracht hatte, war die Erkenntnis, daß aus jedem Zwiespalt, der das Bürgertum trennt, niemand anderer als die sozialdemokratische Arbeiterschaft Nutzen ziehen könne und daß sonach nur die Sozialdemokratie als ernstlicher Machtfaktor in Befracht gezogen werden könne. So hatte die besitzende -Klasse, soweit sie unter den Fahnen des „deutschen Freisinns" geschart war, die Wahl entweder f ü r den idealen und geistigen Fortschritt gemeinsam mit der Arbeiterschaft zu gehen oder aber unter Verzicht auf -ihr politisches und nationales Programm lediglich wirtschaftliche Interesse n p o l i-tik zu betreiben, indem sie mit der Reaktion, die Don Wien aus ihre Fühler a u s-str eckte, rechtzeitig Frieden schließt. Daß sich der „deutsche Freisinn" in den Sudetenländern ganz für das letztere entschieden hat, unterliegt nach den Tatsachen, die wir bei diesen Wahlen kennen lernten, keinem Zweifel. Wir haben in Gegenden, wo cs vielleicht für n;anchen merkwürdig erscheinen mag, Mandate verloren, weil innerhalb der bürgerlichen Klassen alle politisch e n D i f f e r e n z p u n k t e v o l I st ä n d i g a u s-gelöscht waren, weil der Wahlkampf, den das Bürgertum gegen die Arbeiterschaft vereint geführt hat, reiner, wirtschaftlicher Klassenkampf war. Daß in diesem von rein materiellen Interessen diktierten Standpunkt der „deutsche Freisinn" durch kein ideales Hochgefühl wankend gemacht wurde, dafür wird jener Konipromißvorschlag des Nationalverbandes als dauerndes Zeugnis aufbewahrt werden müssen, der es nach den: ersten kühnen Vorstoß am 13. Juni fertig brachte, den deutschbürgerlichen Wählern zu empfehlen, „überall dort, wo cm Sozialdemokrat mit einem Bürgerlichen in die Stichwahl komme, unbedingt nur für den Letzteren zu entscheiden." In Wien, wo der Klerikalismus seine Gewaltherrschaft etabliert hatte, hat ein Teil des Bürgertums den Weg zu einem jugendlichen Idealismus gesunden, der uns fast an die begeisterten Märztage, die Geburtsstunde des bürgerlichen Freisinns, erinnert — und so kam die christlichsoziale Niederlage, die den 20. Juni zu einem geschichtlichen Tag machte. Draußen aber wirkte der Klassenegois-mus ungestört und ohne jedes Hemmnis, was sowohl den Deutschfreisinnigen die Stimmen der Klerikale» wie auch umgekehrt den Klerikalen die Stimmen der Deutschfrcisinnigcn gebracht hat. Es mag nun als ausgemacht gelten, daß in diesem Verhalten ein ganz schamloser Verrat der freiheitlichen Interessen gelegen ist. Darüber, daß die paar Mandate, die die Nationalen den Sozialdemokraten abgenoinmen haben, eine offene Absage an alle 5k u l t u r f o r d e r u u g e n in sich schließen, ist ja sicherlich kein Zweifel, der aber, Feuilleton. Der Schnauzl. Von Karl S ch ö n h e r r. Nahe dein „Spridrigwäldchen", in der „Buit'n", ist eine kleine Froschlacke; wer den Mund recht voll nehmen will, mag sie, wie cs der Besitzer tut, auch „Waldsee" nennen. Dort an der Froschlacke hinter dem dichten Erlenbusch hat ein Kärrner vorgestern abends sein Hündchen geschlachtet. Heute noch ist das ganze Dorf gegen den rohschlächtigen Kärrner auf. Aber wer hat denn nur auch das Lügengesätzlein erfunden: „Jedes Hascrl findet sein Graserl?" Ein jemand hat so den armen Mann mit der Stube voll Kinder getröstet. Und der drauf mit einem tiefen Seufzer: „Ach ja, war' alles recht! Aber meine Kinder, Gott sei’S geklagt, die essen kein Gras!" Im „Spridrig" draußen, wo der Karrnerwagen steht, denkt euch, da hätte cs nicht einmal ein Mäulchen voll Gras gegeben, so glatt gerupft waren Acker und Wiese. Die Kärrner« linder hätten es vielleicht gegessen, denn die waren wie hungrige Wölfe. Unter der schmierigen Plache des W«gens stecken sie zu fünft die zausigen Köpfe hervor und schreien wie die hungrigen Raben: „Vater, o, Muetter, o! Kochen ... sicd'n und brat'n ,., ess'n Das Kleinste, so ein weißblondes Schimmclchen, das war der ärgste Schreihals. Schrie so arg, daß selbst der Schnauzl, der drei Schritt- vor dem Karren liegt und scharfe Wacht hält, nur so verwundert aufschaut. Ihm knurrt ja auch sein Hundc-magen. Wenn da jedes so schreien wollte! Die Mutter kauert vor dem Karren auf dem Boden; sic hat die hochgezogcnen Knie mit den Armen umspannt und späht wie ein Raubvogel die Gegend nach Nahrung ab; um und um nichts; keinen Erdapfel in der Furche, kein einziges Maiskölbchen haben die Bauern bei der Fechsung vergessen. Denn eS ist ein hungriges Jahr, und die geizigen Bauern muß man nur kennen. Der Vater scheucht die zausigen Schreihälse mit dem Stock in den Wagenfond zurück. „Und du, kleiner Schimmel ... kein' Muckser mehr!" Drücken sich die Kinder auf ein Weilchen ins Stroh und kichern untereinander: „Der Vater, ha! Der hat ein' guten Schncllsiedcr! Mit dem ist gleich 'kocht!" Der Vater tut nur so grob. Gäb' ihnen auch lieber zu essen. „Aber wenn nichts da ist — da sied' oder brat'l" wenn er irgendwie bestehen sollte, vollständig beseitigt wird durch das Verhalten, das jetzt von den Radikalsten unter den Deutschen an den Tag gelegt wird. . Schon während den Wahlen war es der Führer der deutschen Arbeiterparteilcr in Schlesien, Herr Seidl, der ganz offen ins klerikale Lager schwenkte, indem er sich verpflichtete, alle freiheitlichen Punkte aus seinem nationalen Programm zu streichen. Und Herr E r t l, der Obmann der deutschen Arbeitnehmerverbände Oesterreichs, tat noch ein übriges, indem er in Wien seine deutschnationalen Anhänger aufforderte, überall n u r für die Christlichsozialen und gegen die Sozialdemokraten zu sti ,n° m e n. Daß dieses schamlose Ansinnen von einem großen Teil des Wiener nationalen Bürgertums zurückgewiesen wurde, das schmerzt Herrn E r t l heute noch so tief, daß er in einer Versammlung in Hernals erst vor einigen Tagen sein tiefes Bedauern darüber und zugleich die Hoffnung ausdrückte, „d a ß s i ch lv o h l iv e r d c d e r W e g z u e i n e r g c m e i n-samcn A r b e i t in Z u k u n f t f i n d e n I a s s e n." Und in der „O st d c u t s ch e n R u n d s ch a u" jammert Herr Seidl aus Schlesien, „daß die Erfolge, die in den Sudeten das deutsche Bürgertum gegen die Sozialdemokratie errungen habe, in Wien d u r ch d i e unvernünftige Haltung eines Teiles des deutschen Bürgertums wieder verdorben wurden." Die Politik des deutschen Freisinns in Oesterreich stimmt also diesmal m i t d e r v o n d e n d i v e r s e n S ch a r f m a ch e r o r g a n i s a t i o n e n a u s g e-g e b e n e n Parole, unter keinen Umständen einen Sozialdemokraten zu unterstützen, wunderbar überein. Und alles, was jetzt so ein deutscher „Arbeiterführer" über die Wahlen zu sagen hat, klittgt wie ein vom „Verband der Industriellen" ausgegebenes Coni-muniguo! Aber so schamlos all dieser nackte Verrat an den freiheitlichen Idealen des deutschen Bürgertums erscheint, die Arbeiterschaft wird daraus nur lernen müssen.. Sie wird sich darauf einrichten müssen, in der Zukunft Sieg eallein un da us ureigen st er Kraft zu erobern. Was die besitzenden Klassen dauernd verbindet und zu einer Einheit gegenüber den rein wirtschaftliche» Forderungen der Arbeiterklasse macht, ist ihr K l a s s c n i n t c r e s s e, das bei den letzten Wahlen in die greifbarste Erscheinung trat. So schön die Siege von Wien und Niederösterreich sind und so bedeutungsvoll sie für die weitere Entwicklung sein mögen, darüber hinaus muß die Tatsache voll gewürdigt werden, da ßdieFeindedes Arbeiterschutzes und dcs Aufstiegcs der Arbeiterklasse überhaupt angefangen haben, ihre Reihen unter Hinwegsetzung über alle politischen Meinungsunterschiede zu schließen, um so den Widerstand und den Einfluß der Arbeiterschaft zu brechen. Für die organisierte Arbeiterschaft ist die Lehre aus diesem Wahlkampf unabweisbar, daß alle St x ei f t c gesammelt werden müssen, die Er späht scharf feldeinwärts nach seinem ältesten Buben aus, den er auf Bettel und Dieberei ausgeschickt hat. Jeden Augenblick muß er kommen, und der kommt gewiß mit vollen Taschen. Denn für den Lixilex gibt cs nicht Schloß noch Riegel; der schlüpft durch jedes Kellerloch. Der Lixilex ist ein junger Meisterdicb. ES währt kein Vaterunser lang, da wagen sich die zausigen Köpfe wieder unter der Plache hervor; zuerst zaghaft, das weißblonde Schimmelköpfchen, dann die anderen der Reihe nach ... eins ... Avet ... drei ... vier ... „Vater, o, Muetter, o, wenn kocht's denn amal ..." Der Vater greift wieder nach seinem „Schnellsieder"; im Nu verschwinden die Köpfe. Die Mutter späht wie ein Raubvogel nach Nahrung aus. Um und um nichts. „Da sied' oder brat'!" Feldwärts kommt der Lixilex. Der kommt wie gerufen. „Der Lixilex! Kinder! Der bringt Zehrung Der bringt alle Tasch'n voll'" schreit die Mutter. Da geht cs im Karren kunterbunt durcheinander; ein Geschrei und ein Kreischen wie von jungen Raben. Der Vater mustert den nähcrkommenden Lex mit scharfen Augen. Läßt seine prüfenden Blicke an dem dürren Jungen auf- und niederschweifcn; dann fängt er an die Stirn zu runzeln; denn nirgendwo erspäht er an den Taschen des Lixilex eine Ausbuchtung, die auf Beute schließen ließe. Dafür hat der Kärrner einen guten Blick. Der Junge hat es nicht eilig mit dem Näherkommen; mögen die Kinder noch so schreien und die Hälse aus dem Karren strecken. „Lixilex! Lauf! Lauf! Was hast kriegt, Erdäpfel und Brot ... und Speck?" „An Dreck!" schreit ihnen der Junge entgegen. „Den Buckel voll Schläg' Hab i kriegt!" Und bedeutscht den Vater: „In der Kellerlucke beim Kürbisbauer bin ich stecken blieben, und da haben si>- mich gedroschen, der alte Kürbis und die Kürbisin I Aber schon ganz anders!" Und reibt sich den schmerzenden Rücken. Nun drischt ihn der Vater. Die erbosten Kinder ballen unter der Plache hervor die Fäuste gegen den Lex und eifern den Vater an: „Vater! Nur fest; mit dem Schnellsicderl" Das kleine Schimmelchen wirft gar einen alten Hafen-decke! nach dem „Jungen. Aber der nimmt das Leben nicht schwer. Streckt die Zunge heraus, lacht zu den Schlägen und freut sich wie ein Schneekönig, daß Schimmelchcns Wurfgeschoß sein Ziel verfehlt hat: „Schleck' auf... Schimmelkopfl" Die Mutter späht wie ein Raubvogel die Gegend nach Nahrung ab. Um und um nichts! „Da sied' oder brat'l" wir noch oft zum. erfolgreichen Widerstand benötigen werden, wenn ei ne We It von Feinden ge» schlosse» gegen uns zieht. Me 9*fet unfern neuen Verkehrs-totge. Durch den Ausbau unserer neuen Alpenbahnen ist für den größten Teil von Mitteleuropa die kürzeste Verbindung mit dein mittelländischen Meer hergestellt worden. Wenn man diesem neuen Schienenstrang folgt, bewundert man die Baukunst unserer österreichischen Ingenieure. Früher verschlossene, weit abgelegene Berge, Hügel uni Täler sind dem Weltverkehr geöffnet worden. Der rauhe, kaum zugängliche Gebirgsstock der Hohen Tauern wurde mit Hilfe der elektrischen Bohrmaschine bezwungen; fast zehn Jahre wühlten Arbeiter aus aller Herren Länder in den Eingeweide» dieses Bcrgriesen, Transportarbeiter schafften mit ihren Materialwagen ungeheure Erbmassen ins Freie, um Nord und Süd durch einen Riefentunnel zu verbinden. Touristen und Vergnügungsreisenden, wie auch der Geschäftswelt ist der Zutritt in ein früher unzugängliches Alpengebiet erleichtert worden. Aber mit welchen Opfern an Menschenleben und an Gesundheit wurde dieser neue Verkehrsweg gebahnt! Dem Landessanitätsreferenten in Salzburg, Dr. Franz Stadler verdanken wir cs, wenn wir in der Lage sind, diese Opfer heute zu zählen. In einem Bericht, der im Auszug des „Oesterreichischen Sanitätswesen" veröffentlicht wurde, hält Dr. Franz Stadler den Arbeitern, die beim Bau des Tanern-tnnnels ihr Leben einbüßten, eine pietätvolle und warmgefühlte Nachrede. Mit vielem Verständnis schildert er die großen Gefahren, von welchen die Pionniere der Arbeit beim Bau dieses Tunnels umlauert waren. Er selbst empfand, was es heißt, im Innern eines Berges die verdorbene Luft zu atmen und hat mitansehen können, lvie Arbeiter, sei es durch herabfallendes Gestein getroffen oder von einem Materialwagen überfahren oder auch von einer Benzinexplosion in Stücke gerissen, ihr Leben einbüßten. Es ist eine allgemein bekannte Erfahrung, daß der Mensch gegen Gefahren um so mehr abgestumpft wird, je zahlreicher sie ihn bedrohen. Diese Wahrnehmung konnte auch beim Bau des Tauerntunnels gemacht werden. Obgleich ringsum von Gefahren umgeben, bewegten sich Arbeiter und Ingenieure mit einer geradezu fatalistischen Sorglosigkeit und einer seltenen Ruhe inmitten all dieser Gefahren. Zu den nahezu alltäglichen Unfällen gehörten Quetschungen, besonders an Händen und Füßen, in deren Gefolge nicht selten Zellgewebsentzündungen sich entstellten. Auch Verstauchungen und Verrenkungen waren ziemlich häufig zu beobachten. Weit ernster und schwerer waren die Verletzungen, die durch Dynamit, durch den Zugsverkehr Bleiben ihre Augen plötzlich an dem wachehaltendcn Schnauzl hangen; begehrlich aufleuchtend wie Habichtsaugen. Das merkt der Kärrner. Er sicht die Mutter eine Weite nur so groß an. Ganz angstvoll. Dann sagt er drohend, langsam: „Du! Alte! Halt' deine Augen im ZaumI" Seine Blicke funkeln wie ein bloßes Messer. Die Mutter hat ja nur den Schnauzl ein bißchen fixiert. Aber der Kärrner kam davon ganz aus dem Häuschen. Eine richtige Angst hatte ihn gepackt: „Auf, Alte! Ins Dorf! Wir zwei ... Ich und du! Und begegnen wir einem Bäck' ... ich reiß' ihm sein' Brotkorb weg ... und find' ich kein' Kcllerluck'n offen ... i renn' mit dem Schädel ein Loch durch die Mauer!" „Und der Schnauzl halt' schon Wach’ vor dem Karren ... gelt, Schnauzl, bis wir kommen ..." Und er streichelt das Hündchen und kraut ihm das zottige Fell und tut ihm schön, wie noch nie. Es fehlte nicht viel und der harte Kärrner hätte wässerige Augen bekommen. Der Schnauzl wedelt und heftet seine klugen, schwarzen, bläulich schillernden Aeuglein ganz vorwurfsvoll auf seinen Herrn, als wollte er sagen: „Hab' ich vielleicht einmal nicht Wach' gehalten? Tat’ schon bitten!" V Sie torkeln selbander dem Dorfe zu, er und sie; alles liegt still. Die feuchten Herbstnebel krochen über die Gasse. Sie tappten von Haus zu Haus, von Tür zu Tür. Niemand öffnete. Die Bauern lagen schon in den Federn oder hinter dem Ofen. Ja, wenn es gegen den Spätherbst geht, werden die Bauern faul wie Murmeltiere. Und wo sich ein Fenster austat und man sah das Karrnerpaar, da hieß es: „Schert euch; Diebsleuten gibt man nichts!" Und klirr das Fenster wieder zu. Kein Bäcker mit Brot kam des Weges; keine Kellerlucke war offen. Und mit dem Schädel durch die Mauer ist leichter gesagt als getan. Also wieder heim, ohne Zehrung und Futter. Die Karr« ncrin redet kein Wort und läßt den Kopf hängen; der Kärrner geht in der herbstlichen Dämmerung neben ihr her und hört ihr zu. Schon von weitem vernahmen sie den wilden Chorus der Kinder: e „Vater, o, Muetter, ol Sieden .... braten .... essen Je näher sie kamen, desto wilder schwoll das Geschrei-Nur der Schnauzl liegt unentwegt drei Schritte vor dem Karren und lugt schauf ausspähend ins Weite; ein guter, ein getreuer Wächter. Als Vater und Mutter an den Karren kamen, gellt ihnen das Getobe der Kinder entgegen. Sagt die Mutter \° vor sich hin: „Wie fett der Schnauzl ist!" SU23P’ Besucht nur Lokale, in welchen der „Eisenbahner" aufliegt! **^31 . Nr. 20 „Dev Sette 3 und durch das Auftreten Von Knallgestein hervorgerufen wurden. Die Zahl der schweren Verletzungen, die während des Baues des Tauerntunnels aus der Nordseite vorgekommen find, belief sich auf 1692; hievon waren 27 tödli ch. Die meisten tödlichen Unglücksfälle ereigneten sich durch Ueberfahreuwerden im Tunnel, und zwar durch die meist frei nusfcchrcitden, beladenen Rollwagen. Insgesamt fanden auf diese Weise zehn Personen ihren Tod. Dr. Stadler hebt hervor, das; in der Mehrzahl der Fälle die Getöteten und Verletzten selbst nicht frei von Schuld waren, da sie die Verkehrsvorschristen außer acht ließen. Viele dieser Unglücksfälle entstanden durch das verbotene Aus- und Abspringen während der Fahrt, was mit Rücksicht auf die ungenügende Beleuchtung des Tuu-Nels durch Grubenlichter besonders gefährlich war, und durch das nnbefngte, freie Ausfahren aus den: Tunnel. Durch Dynamitexplosionen wurden sechs Personen getötet. Infolge Vergiftung durch Kohlenoxydgas tarnen drei Arbeiter ums Leben und ebensoviele Durch Knallgestein. Ein Arbeiter wurde durch den elektrischen Strom, mit dem er bei der Arbeit durch Berührung eines Kabels in Kontakt kam, getötet. Vier tödliche Unglücksfälle wurden durch Absturz her-vorgerufen. Die schweren Verletzungen, die außerdem vorkamen, lassen wir außer Betracht. Alle diese Unfälle ereigneten sich aus der Nordseite des Tanerutunnels. Aber auch auf der Südseite, gegen Kärnten hin, famett 174 schwere Unfälle vor, von welchen acht eilten tödlichen Ausgaug hatten. An: schrecklichsten waren Wohl jene Unfälle, die tief im Innern, fünf Kilometer von der Einfahrt in den Tunnel durch Einatmung von Kohlenoxyd erfolgten. Die Leute fielen wie die Fliegen und im günstigsten Falle kamen die Arbeiter erst nach stundenlanger Bewußtlosigkeit zu sich. Daß hier Kohlenoxyd sich bilden konnte, ist der Verwendung des Benzinmotors als Transportmittel zuzuschreiben. Im Innern des Tunnels, wo zwei- dreihundert Arbeiter in einem engen Raum arbeiten, bilden sich solche Lustverhältnisse daß, wenn Benzin dazukommt, d-ie physikalischen Voraussetzungen für die Entstehung von Kohlenoxyd gegeben sind. Die Untersuchungskommission hat dies ganz genau festgestellt und den Schluß gezogen, daß Benzinmotore bei Tunnelbauten nur dort ange-wendet werden können, wo für eine genügende Ventilation und Lnfterneuerung vorgesorgt ist. Mit dem Tunnelbau nur in unmittelbarem Zusammenhang stand ein Elementarereignis, demzufolge 26 Arbeiter ihr Leben einbüßten, und zwar durch den Niedergang einer Lawine. Die Tunnel* arbeiten waren schon beendet, als eine größere Zahl von Arbeitern damit beschäftigt war, zum Schutze der Fundamente einer Eisenbahnbrücke das Bett des An-lausbaches auszupflastern. Bei dieser Arbeit, die anfangs März 1909 in Angriff genommen wurde, standen 39 Arbeiter in Verwendung, von denen die meisten schon durch Jahre beim Bahnban beschäftigt waren. In der Nähe der Brücke hatten sie zwei Koä>- Und mustert gierig das Hündchen. Da wurde der Karrncr gar wild, (schreit und tobt, daß ihm die Halsadern wie kleine Stricke schwellen: „Fett oder nit fett!" Langt nach seinem Stock und haut seine Alte, daß sie tanzt. Dann wildanf gegen die Kinder: „Still .... auf der Stell'! Oder schlag' euch alle tot!" Aber die Kinder sind nicht mehr still. Nur um so länger recken sie ihre Hälse aus dem Karren und schreien wie offene Rebellen: „Schlag' zu ..., mit dein' Schnellsieder! Schlag' uns ab! Ersparst das Ess'n!" Läßt der Karrncr den Stock langsam sinken; setzt sich neben dem Karren auf den Boden; beginnt zwischen den Zähnen zu pfeifen. Die Mutter weiß nichts Gescheites anzufangen; zählt mechanisch die zausigen Köpfe: „Eins, zwei, drei, vier .... eins, zwei, drei vier ... Und wo ist der fünfte? Der kleine Schimmelkopf ist nicht da; der wildeste, ungeberdigste Schreihals. Die Mutter tritt näher; ficht unter die Plache. Da sitzt das Schimmelchen zusammengekauert im Karrenstroh; nagt und saugt — woran denn nur? „Jesus Maria! An alten Leberfleck nagt'S an, das Schimmelköpfll" Und Mutters Stimme schnitt wie ein Messer. Da läßt der Karrncr allgemach das Pfeifen sein; steht auf. Langsam, schwer und ungeschlacht, als hielte ihn der Boden gewaltsam fest. Endlich steht er auf den Beinen. Bläst sorgsam jedes Stäubchen vom Aermel; jeden Grashalm streicht er umständlich von Joppe und Hose, als ob es bei seinen zerlumpten paar Fetzen auf einen Grashalm ankäme. Aber ich meine, er wollte nur Zeit gewinnen. Endlich, endlich schickt er sich zum Gehen an: „Schnauzl, komm!" Der Schnauzl zuckt auf; sieht befremdet seinen Herrn an. Das ist nicht mehr geredet; das geht ans Leben. Aber der Schnauzl erhebt sich pflichtschuldigst; studiert ängstlich seines Herrn Miene; schleicht scheu an ihm vorbei und drückt sich an die Mutter. Springt an ihr hinauf, leckt ihr die Hand, tut >hr schön. Aber die Mutter sagt: „Geh' nur, Schnauzl!" Schiebt ihn von sich und wendet sich, als wollte sie toeinen. Der Kärrner etwas freundlicher: „Komm' Schnauzl! Wir geh’n ein Hafer! suchen .... im Wald .... ein Haserl ....'' Ach du mein Gott! Ein Haserl! Der Schnauzl ist nicht dvn gestern. Das merkt doch jeder Hund, das; es heute nicht feine Nichtigkeit hat. Aber er ging. Wird der Schnauzl nicht Hütten aufgestellt, die beide auf einer Böschung standen, die eine 6 bis 8 Meter tiefer als die andere. Als diese Leute am 7. März 1909 vor Beginn der Arbeit in den Kochhütteii ihr Frühstück verzehrten, ging aus einer Höhe von ungefähr 2000 Metern eine Lawine nieder, die beide Kochhütten und die darin weilenden Arbeiter verschüttete. Bei den Rettnngs-arbeiten, die rasch in Angriff genommen wurden, konnten die 13 Arbeiter, die in der oberen Kochhütte waren, gerettet werden, während die übrigen 26 Arbeiter, die in der tiefer gelegenen Kochhüttte sich aufhielten, zugrunde gingen. Die Hütte, die vom Zentrum der Lawine erfaßt worden war, wurde mit allen Arbeitern in das Bett des Aulaufbaches hinab-geschleudert und von den nachfolgenden Schneemassen viele Meter hoch bedeckt. Sechzehn Arbeiter wurden noch am selben -Tage tot aufgefunden, während die Leichen der zehn anderen erst am dritten Tage geborgen werden konnten. Der Anblick dieser in ihren Arbeitskleidern auf dem Boden wie schlafend liegenden toten Arbeiter — sagt Dr. Stadler — war ein erschütternder. Lauter brave Leute, die zumeist durch viele Jahre beim Bahnbau beschäftigt waren, und mit Rücksicht auf ihre Verwendbarkeit, nach Restrin-gierung der Arbeiterzahl, zurückbehalten wurden. Den typischen Gefahren des finsteren Tunnelloches waren sie so oft glücklich entgangen und nun mußten sie hier, bei einer anscheinend gefahrlosen Arbeit ihr Leben lassen. Ein zweiter Gruppenunfall, der nur indirekt mit dem Tunnelbau im Zusammenhang stand, ereignete sich im März 1906 durch den nächtlichen Brand einer Baracke. Es waren 29 Arbeiter in der Baracke untergebrncht, die am Tage darauf weiterziehen wollten, weil sie keine Arbeit fanden. Bei dein wahrend der Nacht ausgebrochenen Brande fanden vier Arbeiter den Tod durch Ersticken, während fünf Arbeiter schwere Brandwunden erlitten, von welchen einer nach fünf Tagen an den Verletzungen starb. Neben den Gefahren der Betriebsunfälle waren es die ansteckenden Krankheiten, die die Arbeiter bedrohten, wie Bauchtyphus, Blattern, ägyptische Augenkrankheit und Masern. Der Bauchtyphus, welcher fünf Arbeiter befiel, muß durch den Genuß infizierter Nahrungsmittel hervorgerufen worden sein. Die Blattern wurden im März 1905 an zwei aus Kalabrien eingewauderten italienischen Arbeitern beobachtet. Sie wurdeu ins Jsolierspital gebracht; um die Verbreitung der Blatter,, zu verhüte», wurden alle Arbeiter geimpft. Von Masern wurden 26 jugendliche Arbeiter, zumeist Mazedonier ergriffen. Die Versorgung der Arbeiter mit gutem Trinkwasser begegnete vielen Schwierigkeiten, die Wohl gleich hätten überwunden werden können; erst als eine größere Anzahl Arbeiter infolge Genusses schlechten Wassers erkrankt war, entschloß man sich für eine hygienische Trinkwasserleitnvg zu sorgeu. Eine große Kalamität entstand durch den W o h- folgen, wenn der Herr ihn ruft? Demütig, mit eingezogenem Schweiflein trippelt er neben dem Kärrner her; scheu, bang an dem finsteren Ranne hinaufblinzelnd, aber immer hart an seiner Seite. Hinter dem Erlenbusch neben der „Waldsee-Froschlacke" hält der Kärrner still; sieht sich schnaufend um. Das Hündchen mit der großen Angst in den Augen bleibt auch stehen. Pflicht- -schuldigst. Und tut zärtlich wie noch nie. Springt und wedelt an seinem Herrn hinauf; schmiegt und drückt sich an ihn; leckt ihm die Hände; noch einmal .... und noch einmal. Wenn cs seinen Herrn nur jetzt ein bißchen froher machen könnte. Das Hündchen mit der großen Angst in den Augen macht seine drolligsten Kunststücke vor; sonst hatte sein Herr dazu immer gelacht. Aber heute ist schon einmal alles umsonst. Der Kärrner schaut finster wie eine Wetterwolke. Bis zur „Waldseelacke" dringt das Gekreisch der hungrigen Naben: „Vater, o! Muetter, oj" Er greift nach dem Stechmesser. Zieht der Schnauzl den Schweif ein; legt sich platt auf den Boden; springt wieder winselnd auf; will fliehen und bleibt doch wieder. Wird der Schnauze!' von seinem Herrn geh'n! Nein. Da bleibt er, und soll er daran sterben. Sagt der Karner tief auf schnaufend: „Schnauzl! Es muß sein! Das Schimmlkopfl nagt an ein' alten Leberfleck!" Und sticht das Hündchen mit dem Messer. Fällt das Köterlein hin und wedelt noch. Als wäre ihm nun leichter, da das Blut zu fließen beginnt. Der Karrncr hält cs nicht aus. Läuft ein Stück weit in das Birkcnbergerwäldchen und hebt zu fluchen an, daß sich Baum und Sträucher biegen. Wünscht der ganzen Menschenbrut einen einzigen Hals, und der sollte ihm unter fein Messer kommen. Als er nach einer Weile wieder näher kam, lag der Schnauzl ruhig, den Kopf ein wenig zur Seite geneigt; so lag er da und war tot. Nun ja! Wenn es sein muß! * * * Als der Vater heimkam, da waren die Kinder froh. Der Vater hatte ein „Haserl" heinigebracht, schön ausgeweidet, ganz weidmännisch. Der Schnauzl habe das Häschen aufgejagt, und der Schnauzl werde bald nachkommen; jage nur noch ein' bißchen im Walde herum, so zu feinem Vergnügen. „Der Schnauzl ein Hasl' ’funden ... bet Schnauzl", weint und lacht das Schimmelchen. Bald brennt vor dem Karren ein lustiges Feuer. Leuchtet wie ein Freudenfeucr in die neblige Herbstnacht des „Spridrig". Die Kinder tanzen um die Pfanne, in der das „Häschen" schmort; jauchzen und wackeln mit den zausigen n u n g s m a n g c I. Man hätte glauben sollen, daß bei der Konzentrierung von über zweitausend Arbeitern auf einen engen Raum, die rechtzeitige Beschaffung von Wohnungen etwas Selbstverständliches sei. Dennoch scheint niemand daran gedacht zu haben. Im ersten Baujahre, als noch wenige Arbeiter beschäftigt waren, reichten die in der Ortschaft Böckstein befindlichen Privatquartiere vollkommen aus. Als aber dann die Zahl der Arbeiter anwuchs, nahm die Wohnungsnot schlimme Dimensionen an. Die Privatquartiere von Böckstein, wie auch die Privatbaracken im Anlauftal wiesen eine haarsträubende Ueber-süllnng ans; in kleinen dumpfen Kammern wurden primitive Lagerstätten in solcher Zahl gefunden, daß man den Raum kaum betreten konnte. Die kleinen Wohnungen waren zumeist vou Arbeiterfamilien gemietet; für ein Zimmer betrug der Monatszins 60 Kr.; für Zimmer und Küche 70 Kr. Um diesen Zins zu erschwingen, mußten viele Bettgeher ausgenommen werden. In einzelnen aus 25 bis 28 Quadratmeter Bodenfläche bestehenden Zimmern wurden zwei, ja selbst drei kinderreiche Familien, mit zusammen bis zu 20 Köpfen vorgefuudeu. Jetzt erst, als die Wohnungsnot so schreckliche Formen ange-nommen hatte, griff die Landesregierung ein und es wurden in aller Eile 28 Arbeiterbaracken, 20 für ledige und acht für verheiratete Arbeiter aufgeführt. Daß die Wohnungsnot so groß werden konnte, ist auch dadurch zu erklären, daß im Anlauftal wegen der beschränkten örtlichen Verhältnisse die Errichtung von Wohnhäusern durch die Privatspekulation sehr erschwert war; die Herstellung von solchen Wohnhäusern aber im Gasteinertal wurde durch die Gemeinde Bad-Gastein verhindert, „weil sie die Niederlassung von größeren Arbeitermassen in die Nähe des Kurrayons mit allen Mitteln hintanzuhalten suchte". Damit also die noblen K u r g ä st e von Bad-Gastein durch den Anblick arbeitender Menschen in ihren ästhetischen Gefühlen nicht verletzt werden, durften in d i c f c m schönen Tale keine A r b e i t e r w o h n b a r a ck e n gebaut w e r-d e n. Daß unter diesen Umständen nicht eine Epidemie ausgebrochen ist, ist geradezu ein Wunder zu nennen. Allerdings war die Sanitätsbehörde ehrlich bemüht, für hygienische Zustände zu sorgen. Wenn man bedenkt, daß über 2000 Arbeiter der verschiedensten Nationalitäten aus einem verhältnismäßig engen Raum durch Jahre beisammen lebten und eine schwere, mit Schmutz verbundene Arbeit zu verrichten hatten, so kann man sagen, daß die ganze Bauaktion verhältnismäßig günstig abgelaufen ist. Der Tauernbahn, diesem Wuuder der modernen Technik, sieht man es jetzt nicht an, daß so viele Arbeiter dort leiden und zugrunde gehen mußten. Wenn es irgendwo zutrifft, so kann man wohl hier mit Recht sagen: Der Weg des Fortschritts führt über Leichen. Daß es A r b e i t e r l e i ch e n sind, versteht sich von selbst. _________ Küvfen. Ja, wenn man ein Haserl hat... da ist leicht gesotten und gebraten. Der Vater hockt abseits. Seine Augen flackern. Die Mutter hebt von Zeit zu Zeit den Deckel von der Pfanne; wendet den Braten um, und wischt sich zwischendrein über die Augen; denn sie hat zum Feuern grünes Holz genommen; das macht so viel Rauch. Schlägt auch den Kindern mit den Kochlöffeln auf die Finger; denn die Rangen können es kaum mehr erwarten. Wollen das „Häschen" halb roh aus der Pfanne greifen. Die Mutter sieht ihnen zu und seufzt vor sich hin: „So schön Pratzel geben hat er können . . . und wachsam .. . Tag und Nacht immer drei Schritt vor dem Karren!" Und wischt sich heftig über die Augen, denn der Abendwind blies ihr den Rauch von dem erlöschenden Feuer gerade mitten in das Gesicht. Der Vater sitzt abseits. Die Kinder neigen jedes Beinlein glatt und sauber wie Elfenbein; nur das Schimmelköpfchen läßt ein winziges Fleischstückchen an dem letzten Knöchelchen hängen. Ein kleines, kleines Bröcklern will es für den Schnauzl sparen; der Schnauzl war ja so brav und hat das Häschen aufgejagt. Kleinschimmelchen steht vom Essen auf, rafft mit seinen fettigen Patschhändchen alle Beinlcin. zusammen und lockt und ruft in den Wald hinein: Snauzl ... Snauzl! Jetzt ist er nit da, weil i für chti einmal Knöchelen hätt’ ... Snauzl ... Snauzl ..." Ader da wurde der Vater wild: „Marsch ins Stroh! Kein' Mukser mehr! Oder schlag' euch alle tot!" Da forchten sich die Kinder und krochen nacheinander in den Karren; hinter ihnen die beiden Alten. Schliefen auch bald ein. Sollen die Aerzte hundertmal anders sagen — mit vollem Magen schläft fich'S doch besser. Der Vater hatte, eine unruhige Nacht. Immer wieder fuhr er schlaftrunken aus dem Karrenstroh. Er horte im halben Schlafe den Schnauzl bellen. „Was er nur heut' hat ... ", murrt er zwischen Schlafen und Wachen und steckt den Kopf unter der Plache hervor: „Pst! Schnauzl! Sei still!" Bis ihn die kalte Nachtluft anwehte und vollends munter machte. Da besann er sich: „Ach, ja so! Der bellt nimmer!" Und warf sich schwer fluchend wieder aufs Ohr. Und cs war eine lange Nacht. MN" Sorget dafür, datz der „Eisenbahner" auch vom reisenden Publikum gelesen werde! *"^253 Re gesetzliche Regelung der Arbeitr- seit der EismbMer im Aur!a«de. , Gesetzliche Vorschriften betreffend die Arbeitsdauer der im Zugsverkehr bediensteten Eisenbahner bestehen in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Großbritannien, der Schweiz, Italien und in den Vereinigten Staaten von Amerika; aus diesen Vorschriften foll hier das Wichtigste wiedergegeben werden. In F r a n k r e i ch darf die Dienstdauer der Loko-motivführer und Heizer durchschnittlich 10 Stunden im Tag nicht überschreiten: an einem Tage darf sic nicht länger als 12 und an neun aufeinanderfolgenden Tagen zusammen nicht mehr als 90 Stunden währen. Innerhalb von je neun Tagen müssen auch die Hauptruheperioden 9 Stunden ausniachen. Auf jede Dienstzeit muß eine Hauptruheperiode folgen und zwischen den einzelnen solchen Ruheperioden dürfen nicht mehr wie 17 Stunden liegen. Als Hauptruheperioden gelten die, welche ununterbrochen 10 Stunden dauern, wenn sie der Bedienstete an seinem Wohnort verbringen kann, sowie die von mindestens 7stnndiger Dauer, die auswärts verbracht werden. Von zwei aufeinanderfolgenden Ruheperioden muß eine mindestens lOstündig sein. Eine mindestens LOstiindige Ruhe ist im Streckendienst durchschnittlich alle 10 Tage zu gewähren. Nur wenn der Lokomotivführer oder Heizer nicht auswärts schlafen muß, braucht die LOstiindige Ruhezeit bloß einmal in 14 Tagen eintreten. Dem Lokomotivpersonal im Bahnhofdienst ist eine LOstiindige Ruhezeit alle 15 Tage oder eine 24stündige Ruhe alle 10 Tage zu gewähren; falls jedoch der Lokomotivführer die Mafchme allein bedient, so hat er auf eine Ruhezeit in gleicher Dauer alle 12 oder 8 Tage Anspruch. Von jedem 30- oder 24stündigen Ruhetag werden 10 Stunden in die 90stündigen Pausen eingerechnet, die sich innerhalb von 9 Tagen aus der täglichen Ruhe ergeben müssen. Wenn das Lokomotivpersonal verhalten wird, den Dienst auf den Bahnhöfen abzuwarten, so wird ein Viertel der Wartezeit als Dienstzeit ange-rechnet. — Die Dauer der Dienstzeit anderer Zngs-ibcbicustctcr darf an einem Tage nicht 12Yß und innerhalb 14 Tagen nicht 140 Stunden überschreiten. Auf jede 12%ftiini)igc Dienstleistung muß am nächsten oder zweitnächsten Tag eine mindestens 12stündige Ruhe folgen. Falls die Zugsbediensteten (ausgenommen Lokomotivführer und Heizer) die Nächte nicht auswärts verbringen müssen, so kann die durchschnittliche tägliche Arbeitsdaner auf 11 Stunden verlängert nnd die durchschnittliche Ruhepause auf 9 Stunden verkürzt werden. Ein Ruhetag von 24stündiger Dauer ist durchschnittlich alle 15 Tage zu gewähren. ■— Die tägliche Maximalarbeitsdauer der Stationsbediensteten betrügt 12 Stunden; die zwischen den Arbeitsperioden gelegene Ruhezeit darf nicht weniger als 9 Stunden ausmachen. Im Monat ist ihnen ein ganzer Feiertag einznräuinen, an dessen Stelle aber auch zwei Halbfeiertage treten können. Auf Stationen mit Tag- und Nachtbetrieb dürfen Bedienstete nicht mehr als 14 aufeinanderfolgende Nächte beschäftigt werden; beim Uebergang vom Tag- zum Nachtdienst oder umgekehrt, ist eine mindestens 24stiindige Ruhezeit zu gewähren. In Belgien ist lediglich vorgesehen, daß den Eisenbahnern allwöchentlich ein ganzer Tag freigegeben werden müsse; an einem^Kalbfeiertag darf die Zahl der Arbeitsstunden fünf nicht überschreiten. Die tägliche Dienstdauer ist unbeschränkt. In den Niederlanden ist für die Eisenbahner, deren Dienst anhaltender und anstrengender Art ist, eine durchschnittliche lOstiindige und für die weniger angestrengten Personen eine durchschnittliche 12stiindige tägliche Arbeitsdauer vorgesehen; 16 Stunden darf die Arbeitsdauer an keinem Tage überschreiten, auch nicht 168 Stunden innerhalb 14 Tagen. Wenn dem Arbeiter um Mittag am Dienstplatz vier oder mehr Stunden Ruhe gewährt werden, so wird die Hälfte dieser Zeit als Arbeitszeit gerechnet. Abgesehen von den kürzeren Pausen steht jedem Arbeiter zwischen zwei Dienstperioden eine mindestens lOstiindige ununterbrochene Ruhezeit zu; in besonderen Fällen kann dieselbe auf 9 oder 8 Stunden reduziert werden. Weibliche Personen dürfen in den Stunden von 10 Uhr abends bis 5 Uhr früh nicht beschäftigt werden. Alle zwei Wochen tritt ein 24stündiger Ruhetag ein und von den 24 Stunden müssen mindestens 18 auf den Sonntag fallen; statt dessen kann ein 24stündiger Ruhetag alle drei Wochen nnd außerdem ein 30stündiger Ruhetag neunmal im Jahre gewährt werden. Ausgenommen hiervon ist das Lokomotiv-, Signal- und Weichenwärterpersonal, das nur alle vier Wochen eine L8stündige Sonntagsruhe und dazu noch 13 andere LOstiindige Ruhetage hat. Durch Miuisterialverordunng können die Bestimmungen über die Dienstdancr nnd die Ruhetage für kleine und unbedeutende Stationen anßer Wirksamkeit gesetzt werden; Abweichungen sind ferner dort zulässig, wo es der Verkehr erfordert, doch muß der zuständigen Behörde innerhalb von acht Tagen davon Mitteilung gemacht werden. , In Großbritannien wurde das Handelsministerium durch Gesetz ermächtigt, auf Beschwerden der Arbeiter über zu lange Dienstdauer oder ungenügende Sonntagsruhe die Verhältnisse bei der betreffenden Bahn zu untersuchen und, wenn es notwendig ist, die Gesellschaft zur Ausstellung einer entsprechenden Dienstordnung zu verhalten. In der Schweiz gilt für die Bediensteten der vom Bunde konzessionierten oder betriebenen Verkehrsanstalten im allgemeinen der llstündige Maximalarbeitstag. Die tatsächliche ^Dienstleistung des Lokomotiv- und Zugpersonals muß innerhalb 14 aufeinanderfolgenden Stunden beendet fein, jene der Schlagwürterinnen innerhalb von 12 Stunden und die der übrigen Kategorien innerhalb von 15 oder 16 Stunden. Weint es der Verkehr erfordert, so kann die Dienstperiode aller Eisenbahner auf 10 Stunden verlängert werden. Die tägliche Ruhezeit beträgt für das Lokomotiv- und Zugspersonal 10, für das übrige Personal 9 Stunden; sie kann an einzelnen Tagen reduziert werden, aber an je drei aufeinanderfolgenden Tagen darf sie zusammen nicht weniger als 30 oder 27 Stunden ansmachen. Dienstleistung in der Zeit von 11 Uhr nachts bis 4 Uhr früh wird ein-'und ein viertelfach angerechnet. Außer den Nachtwächtern darf kein Bediensteter innerhalb eines Monats mehr als 14 Nächte hindurch beschäftigt werden. Allen Bediensteten sind jährlich 52 Ruhetage freizugeben, wovon wenigstens 17 auf Sonntage fallen sollen. Die Ruhetage haben 24 Stunden zu dauern, wenn ihnen eine normale Dienstpanse vorherging, und 32 Stunden, wenn das nicht der Fall war. Auf den Hauptlinien haben alle mit mindestens neun Jahren beschäftigten oder mindestens 31 Jahre alten Bediensteten auf einen achttägigen Urlaub Anspruch; anderen Bediensteten wird ein kürzerer Urlaub gegeben. In Italic« darf die durchschnittliche Daner des täglichen Dienstes der Lokomotivführer und Heizer, einschließlich der Reservetage und Ruhetage, nicht über 10 Stunden währen. Intervalle bis zu anderthalb Stunden werden in die Dienstzeit eingerechnet, ebenso ein Teil der Wartefristen der Mannschaften von Reserve-lokomotiven. Die Dienstzeit muß in eine insgesamt 17stündige Periode sollen, der Ruhepausen vorhergehen und folgen müssen. Die einmalige Dienstleistung darf nicht über 13 Stunden, und falls sie durch kurze Ruhepausen unterbrochen ist, nicht über 14 Stunden dauern. Die vorhergehenden und nachfolgenden Ruhepausen müssen, wenn sie daheim verbracht werden, mindestens 10-, und wenn sie auswärts verbracht werden, mindestens 7stündig sein. Dem Lokomotivpersonal sind monatlich zwei volle Tage (24 Stunden) freizugeben. Ein Verschieben der freien Tage ist Zulässig, aber um nicht mehr wie drei Monate. Die durchschnittliche tägliche Dienstdauer der Zugs-führer, Schaffner und Bremser beträgt 11 Stunden, ebenfalls unter Einrechnung kürzerer Pausen und eines Teils der Wartefristen. Die Dienstleistung hat innerhalb eines 17stündigen Zeitraumes zu liegen, ausgenommen, wenn sie durch eine mindestens 4 Stunden dauernde Ruhe unterbrochen ist, in welchem Falle die Zeit, innerhalb der die Dienstleistung zu endigen hat, auf 19 Stunden verlängert werden kann. Die tatsächliche Arbeitszeit darf 15 Stunden niemals überschreiten. Die auf jeden Dienst folgende Ruhe hat mindestens 7 oder 8 Stunden zu wahren. Dem Zugspersonal sind jährlich entweder 12 32stündige oder 18 24stündige Ruhetage freizugeben; eine Verschiebung der Ruhetage ist statthaft. Das Sta-tions- und Skreckenpcrsonal hat unter gewöhnlichen Umständen den 12stündigen, bei anstrengender Arbeit den lOstiindigen Arbeitstag; die ununterbrochene Ruhezeit hat 7 oder 8 Stuuden täglich zu dauern. Nachtdienst darf nicht öfter als 20mal im Monat und, wo Tag- und Nachtdienst abwechselt, an nicht mehr als 7 aufeinanderfolgenden Nächten geleistet werden. In den Vereinigten Staaten von A m e r i k a darf die tägliche ununterbrochene Dienstdancr des Verkehrspersonals nicht länger als 16 Stunden währen, woraus eine mindestens lOstiindige Rnhe zu folgen hat. Dauerte der Dienst m i t U n t e r b r e ch u n-g e n 16 Stunden, fo besteht nur auf eine 8stündige Pause Anspruch. Im Signaldienst tätige Bedienstete dürfen auf Strecken mit Tag- und Nachtbetrieb bis zu 9 Stunden und auf Strecken mit Tagbetrieb allein bis zu 13 Stunden beschäftigt werden; bei dringendem Erfordernis kann die Dienstdancr des Signalpersonals an drei Tagen der Woche um je 4 Stunden verlängert werden. Weitere Ausnahmen kann die Aufsichtsbehörde zulassen. Diese Zusammenstellung ergibt deutlich, daß selbst in den Ländern, wo die Arbeitsdauer der Eisenbahner gesetzlich geregelt ist, die Zahl der Dienststunden so ausgedehnt werden kann, daß das Personal ermüden muß und Unfälle die Folge sein müssen. F. Irr vii!. dkutsche GewerMMr-km-mß. Eigener Bericht. Dresden, Anfang Juli. * Ein imponierendes Bild rnhiger Kraft bot der in der vorigen Woche in der sächsischen Hauptstadt versammelte Kongreß, auf dem 388 Delegierte nicht weniger als zweiein viertel Millionen organisierter Arbeiter vertraten. Deutschlands Proletariat marschiert heute an der Spitze der Arbeiterschaft der ganzen Welt und trotz allen brutalen, rechts- und gesetzwidrigen Verfolgungen, trotz wüstestem Unternehmerterrorismus und gemeinster Hetzerei und Verleumdern jener zur Arbeiterzersplitterung abgesandten christlichen, nationalen und direkt gelben Auch-Arbeiterparteieu wächst die freie Gewerkschaftsbewegung in immer stärkerem Maße, während die Verräter mit Schmerz erkennen müssen, daß die Arbeiter Deutschlands immer deutlicher ihr ehrliches Handwerk durchschauen. Rückhaltlos stellen sich in dem Lande des unverhüllten Klassenkampfes die Organe der Herrschenden ans die Seite des Kapitals. Lange nicht den schärfsten, aber einen interessanten Beweis dafür liefert die Internationale Hygieueansstellung, die eben jetzt Tausende von Fremden nach Dresden zieht. Man hat zurst die Gewerkschaften, deren ganzes Wirken ja der Kampf um Hygiene ist, znr Beteiligung an der Ausstellung eingeladen. Als aber die Gewerkschaften die Absicht erkennen ließen, die schandvollen Zustände in der Heimarbeit der Oesfentlichkeit vorzuführen, vereitelte man ihre Beteiligung, obgleich sie zu jedem Entgegenkommen bereit waren; so wollten sie ihre Ausstellung der Genehmigung eines Richterkollegiums von unparteiischen Sozialpolitikern unterwerfen und den Unternehmern in der von den Gewerkschaften zu erbauenden Halle Platz für ihre allfälligen Gegenausstellungen einräumen. Alles umsonst: das Heimarbeiterelend und die Berufsgefahren wollte man nicht haben, nur die Unternehmer dürfen sich in kontrollosen Reklamen rühmen, wie herrlich weit sie es gebracht. Es war einer der packendsten Momente auf dem Kongreß, als ein Sprecher des Fabriksarbeiterverbandes, dem auch die chemischen Arbeiter angehören, nachwies, mit welcher Gewandheit der Oesfentlichkeit von den Blei-farbenfabriken die traurige Wahrheit der gewaltigen Gefährlichkeit und Schädlichkeit dieser Betriebe ins Gegenteil verkehrt wird! DaS Kapitel von den Behörden mußte der Kongreß fast bei jedem Punkt feiner reichen Tagesordnung be- I sprechen. Und es geschah stets mit Ernst und mit Beweisen! In einem Buch von 180 Seiten legte die Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands ihren Auftraggebern Rechenschaft über die letzten drei Jahre, in die auch der größte Arbeitskampf fiel, den Deutschland bisher gesehen: die Riesenaussperrung der Bauarbeiter im Sommer 1910. Aber nicht nur Kämpfe im In- und Ausland — der schwedische Delegierte Söderberg ver« sicherte feierlich, daß Schwedens Arbeiter nie die starke Hilfe der Deutschen vergessen werden — nahmen die Generalkommission in Anspruch, sie fand neben ihrer die ganze Bewegung umfassenden Tätigkeit noch die Möglichkeit, eine eigene sozialpolitische Abteilung einzurichten, an deren Spitze sie ihr Mitglied Robert Schmidt, den bekannten Organisator der Holzarbeiter und Berliner Neichstagsabgeordneten, stellte. Im mündlichen Bericht des Genossen L e g i e n spielte die zur Ausbildung der Gewerkschafter alljährlich in Berlin abgehaltene sechswöchige G e« w e r k s ch a f t s s ch u l e eine große Rolle. Ihre Vereinigung mit der „Kriegsschule" der Partei erscheint beiden Teilen noch verfrüht; die Anträge einzelner Banar-beiterortsgruppen, dem wegen seines Ueberganges zur ©chutzzöllnerci' ans der Partei ausgetretenen Schriftsteller Ealwer das Lehramt zu nehmen, fanden keine Unterstützung. lieber die Maifeier debattierte der Kongreß gar nicht, durch Nichtunterftiitzimg von Anträgen auf unbedingte Arbeitsruhe am 1. Mai gab der Kongreß kund, daß er an dem jetzigen mit der Partei vereinbarten Zustand festhält. Legien hatte schon in seiner Eröffnungsrede, die nachdrücklich daran erinnerte, welchen Schikanen gerade die Dresdener und sächsische Arbeiterbewegung aus-gesetzt war und wie sie trotz alldem groß und tief geworden ist, auf die schweren Kämpfe hingewiesen, die das stahlhart organisierte Unternehmertum den Gewerkschaften, Ivo nicht früher, fo beim Ablauf der Tarifverträge auf* drängen wird. Mit der Generalaussperrung, aber noch über das schwedische Beispiel und Experiment hinaus, muß in der Tat unbedingt gerechnet werden. Der Rüstung für dieses Ringen dient ein Antrag der Berliner Metallarbeiter, die Kosten besonderer Kämpfe künftig nicht durch Sammlung, sondern durch Umlage auf die Zentralverbände aufzubringen. Einen Solidaritätsfonds wie die österreichischen Gewerkschaften haben die deutschen bekanntlich nicht. Nicht nur Kriegsrüstungen betreiben die deutschen Gewerkschaften. Der Dresdener Kongreß hat beschlossen, in Gemeinschaft mit den Genossenschaften eine Volksversicherung ins Leben zu rufen, die frei fein wird von allen kapitalistischen Profitgelüsten und deren Grundsatz dem Publikum gegenüber ist: Kein Beitrag darf verloren gehen! Bei den privaten Versicherungen geht bekanntlich sehr viel verloren, nicht: nur für Dividenden und Profite, sondern vor allem in Fällen, wo der Versicherte nicht weiterzahlen kann. Dem Zwecke, das Proletariat widerstandsfähig und kampfkräftiger zu machen, dienten auch die von Genossen Deichmann eingeleiteten Beratungen über Heimarbeit und Hansarbeitsgesetz, die die Forderungen der Gewerkschaften an die Gesetzgebung formulierten. Robert Schmidt gab hier eine scharfe, aber zutreffende Beurteilung des „großen Werkes" der Reichsversicherungsord-uuug, dieses Werkes der Arbeiterentrechtung, der Witwen-und Waisen nicht Versorgung. Ein noch ungleich dümmeres gesetzgeberisckies Planen gegen die deutsche Arbeiterklasse enhüllte das glänzende Referat des Rechtsanwaltes Genossen Heine-mann (Berlin) über den Vorentwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuch. Schon heute steht das kämpfende Proletariat, wie miinniglich bekannt, unter Ausnahms-recht: Der § 153 der Gewerbeordnung ahndet Vcrrufs-crklarungen der Arbeiter gegen ihre Klassenverräter, ahndet die bloße „Ehrverletzung" gegen einen Streikbrecher mit monatelangem Gefängnis — während allen anderen Klassen Verrufserklärungen gestattet sind und selbst Beleidigungen des Reichskanzlers mit Geldstrafen gebüßt werden können. Zur Majestätsbeleidigung gehört nach dem Gesetz die Absicht — beim Streikbrecher genügt es, daß er sich gekränkt fühlt. Und wie empfindlich ist das Ehrgefühl dieser Herren! Das Reichsgericht hat wiederholt entschieden, daß das Streikpostenstehen nicht verboten werden kann: nun dann erläßt matt einfach eine Polizeiverordnung und bestraft jeden, der überhaupt vor einer bestreikten Firma stehen bleibt. Und so ins Endlose. Aber der neue Vorentwurf ist noch ein ganz anderes Gewächs. Er bedroht geradezu jeden Schritt der Arbeiter im Lohnkampf als Erpressung und die liebliche, Skala: Gefängnis, Arbeitshaus, Zuchthaus zeigt allerorten das soziale Verständnis der Verfasser des Vorent«-Wurfes. Es besteht allerdings nicht allzuviel Aussicht, daß dieses Werk Gesetz wird, aber würde diese Gefahr vorhanden sein, so könnte es zu den allerernstesten Dingen kommen. Das bewies die lange Debatte, in der namentlich der im Vorentwurf vorgesehene völlige Raub des Koalitionsrechtes an allen Arbeitern von Verkehrs-uttd sonstigen öffentlichen Betrieben als äußerste Zumutung, die jemals einem reife» Volke gestellt worden ist, bezeichnet wnrde. In gründlichster Weise erörterte Genosse Hut* breit, der Redakteur des Organs der Generalkom-i Mission, die Arbeitslosenversicherung und die Arbeitsnachweisfrage. So ist festzustellen, daß eine Reihe deutscher Städte die Arbeitslosenversicherung, einige auch das einzig richtige Genfer System (Zuschüsse zur Arbeitslosenkasse der Gewerkschaften und allenfalls direkte Unterstützung der Nichtorganisierten) eingeführt haben. Natürlich zeigen sich auch hier Ten”: denzen, durch gewisse Nebeneinrichtungen, Ersatzbetriebskassen 2C. die Sache gegen dies Gewerkschaften nutzbar z» machen. Die Arbeitsnachweise sind wieder, nach längerem Stillstand, zu einer Hauptfrage des Arbeiterlebens gc°: worden. Das ist den Unternehmerverbänden zu danken, dic an Stelle der paritätisch von Arbeitern und Unter-! nehment verwalteten gemeindlichen Nachweise ihre Zwangsnachweise stellen, deren Hauptzweck erwiesenermaßen, die Ausmerzung.aller unliebsamen Elemente aus der Arbeit ist. Der Führer der Berliner Metallarbeiter, Genosse Cohen, brachte hierfür klassische Nr. 20 „Dev @ifcttV»V|iicv.u Seite 5 . —< Vcispieie Vor und Nedner ans dem Nuhrrcdier, aus Mannheini-Ludwigshafen und Hamburg desgleichen. Erwähnen wir noch die erfreuliche Mitteilung Legiens, das; bereits 12.000 Landarbeiter freigewerkschaftlich organisiert sind, stellen wir fest, das; die Erklärung des Vorsitzenden ©’ch’Fi’rf’e (Stuttgart), des Leiters der größten Gewerkschaft der Welt, des Deutschen Metallarbeiterverbandcs, am Schluß des Kongresses: das; die Gewerkschaften eins sind mit dem ums Preußen-Wahlrecht kämpfenden Proletariat, großen Beifall fand, so haben' wir einen knappen Uebcrblick gegeben. Zielbewußt und kraftvoll marschieren die deutschen Gewerkschaften vorwärts, in unzertrennlicher Einigkeit! ________________ Untere Selesiettenlonfert«. lieber die (Fortsetzung.) Tätigkeit des Prnger Sekretariats erstattete Sekretär Genosse Brodecky einen ausführlichen Bericht. Er besprach eingehend die Bewegung auf der B. E. B. und A. T. E., die dort erreichten Erfolge sowie die Durchführung der Einreihung auf der k. k. B. N. B., St. E. G. und Cc. N. W. B. Er verweist auch darauf, daß die tschechischen Genossen in Böhmen einen sehr schweren Stand haben, denn einerseits müssen sie geschlossen Front machen gegen die nationale Demagogie, anderseits aber der Streit zwischen den Antonomisten und Zentralisten die Situation verschlechtert. Trotzdem ist wesentlich kein Mitgliederabgang zu oerzeichnen. Bisher ist es gelungen von der Eisenbahnerorganisation die separatistischen Bestrebungen mit Erfolg abzu-haltcn, er hoffe dies auch für die Zukunft versprechen zu können und schließt mit dem Appell, die tschechischen Vertrauensmänner mögen ihn in seiner Arbeit durch Aufklärung der Mitglieder unterstützen. Genosse Koranda verweist in seinem Bericht über daS Brünncr Sekretariat auf den Zentralbericht, bespricht die zurzeit der Gründung des Sekretariats in Brünn bestandene und die heute bestehende Situation. Das mährische Sekretariat hat wohl einen Mitglicderabfall zu verzeichnen, jedoch verlor es nur deutsche, aber keine tschechischen Mitglieder. Die Ursachen liegen in den nationalen und kulturellen, oft auch nur in lokalen und persönlichen Verhältnissen. Dies müsse sich ändern. Die Genossen Vertrauensmänner müssen sowohl das Landes-als auch das Zentralsekretariat auf das kräftigste unterstützen. Die Entwicklung der Eisenbahncrorganisation in Mähren hemmte wesentlich die durch den Streit zwischen Antonomisten und Zentralisten geschaffene Situation, und wenn irgendwo, so war cs in Brünn der Fall, die Stellung des Sekretärs eine ungemein heikle und verantwortungsvolle. Indem Genosse Koranda für die bisherige Unterstützung allen dankt, wünscht er, daß mit dem Sekretariat seitens der Ortsgruppen Mährens Fühlung genommen werde, zum Zwecke eines gedeihlichen Zusammenwirkens, im Interesse der Eisenbahner aller Kategorien. Genosse Kaczanowsky berichtet für das Lemberger Sekretariat, baß die Organisation in Galizien Forschritte gemacht hat, trotz der vielen und verschiedenen Gegner und trotz der in Galizien herrschenden sprichwörtlichen Vergewaltigung der arbeitenden Schichten der Bevölkerung. Die Allpolen haben sich viel Mühe gegeben, eine gelbe Organisation zu gründen, ooch bisher ohne Erfolg. Genosse K o p a c berichtet für das Sekretariat in Triest, daß in diesem Sekretariat leider ein Rückgang der Mitglieder zu verzeichnen sei. Er bespricht ausführlich die Ursachen des Mitgliederabfalles und erwähnt auch die vielen Interventionen und Versammlungen, die das Sekretariat durchführte, beziehungsweise abhiclt. Genosse KrauS, als H a u p t v e r t r a u c n s m a n n 'n Falken au berichtet schließlich, daß gegenwärtig die nationalen Beamten eine ungeheure terroristische Agitation gegen die Gewerkschaft entwickeln, daß aber für die Zukunft die Aussichten dennoch gute sind. Genosse Rudolf Müller besprach den Administrationsbcricht eingehend, die Mitgliederbewegung und konstatiert, daß trotz oller unverminderten, zum Teile sogar verstärkten Leistungen, trotz aller im verflossenen Jahre neuerdings erzielten, nicht Unbedeutenden Erfolge für verschiedene Kategorien, die Organisation dennoch einen Mitgliederverlust zu verzeichnen hat. Die Ursachen sind in der politischen und wirtschaftlichen Situation, _ in der unzweifelhaft zunehmenden nationalen Bewegung, in dem Streit der Antonomisten und Zentralisten, Vielleicht auch in Mängeln der inneren Organisation, hauptsächlich aber darin zu suchen, daß viele indifferente Eisenbahner meinen, jetzt sei in absehbarer Zeit auf größere Erfolge nicht zu rechnen, und deshalb «ustrcten. Ein schwerer gehler unserer Organisation ist die immer steigende Fluktuation der Mitglieder und das Fehlen jeden Mittels, dieselbe hintanzuhalten oder auch nur einzudämmcn. Trotz des Rückganges der Mitglicderzahl haben die Einnahmen eigentlich nur durch öie Verringerung der Bei-trittsgebühren und sonstigen Einnahmen eine unwescnt-t'che Verminderung erhalten, hingegen sind aber die Gesamt-ousgaben der Organisation bedeutend gestiegen. Es betrugen me Gesamteinnahmen der Organisation im Jahre 1909 «r. 484.096-42, dagegen im Jahre 1910 Kr. 471.494-54. Die Leistungen sind jedoch gegenüber dem vorletzten Jahre gc-Uiegen. Es betrugen die Ausgaben im Jahre 1909 insgesamt «r. 454.23532, im Jahre 1910 dagegen Kr. 468.42629. Rcchtsschutzkostcn der Zentrale beliefen sich im Jahre 1910 auf Kr. 84.104-86, sie waren um Kr. 7861-42 höher als im vor-uusgegangcncn Jahre. Außerdem verausgabten die Ortsgruppen im eigenen Wirkungskreis an Rcchtsschutzkostcn K'r. 1784-45, so daß sich eine Gesamtsumme von Kr. 85.979-61 Viitcr diesem Titel ergibt; für Unterstützungen wurde ein Ge-soinibetrag von Kr. 59.334-0-2 verausgabt. An Versnmm-mugskosten wurden im ganzen Kr. 31.018-62 aufgcwendet, die Ausgestaltung der Bibliotheken der Ortsgruppen erforderte bsu Betrag von Kr. 8893-92. 49.236 Bücher im Werte von Verschlechterungen hiutanhnlten. Den Eisenbahnern droht große Gefahr seitens des rfcucti Sozialversicherungsgesetzentwurfes, wo man ihnen bereits erworbene Rechte schmälern will, so durch die Zusammenlegung der Rente mit der Pension ec.; gewiß sott dies nur für die neu in Eisenbahndienst tretenden Personen gelten. Aber führen wir denn nicht auch unsere Kämpfe für die Nachkommen, und ist es nicht eine schwere Gewissensfrage, ein solch wichtiges Recht für die Nachkommen verlorengehen zu' lassen? ES droht weiter den Eisenbahnern noch schwerere Gefahr vom neuen Strafgesetzentwurf, durch welchen man ihnen ihr wirksamstes Kampfmittel, die passive Resistenz, vollständig unmöglich machen will. Hierzu kommt die gegenwärtige allgemeine schlimme Situation. Für das Abenteuer in Serbien werden von den Regierungsparteien neue Steuern bewilligt werden und die. Belastung der Bevölkerung wird die höchste Spannung erreichen, so daß die Eisenbahner int Falle eines Kampfes alle Sympathien verlieren müßten. Für die Regierung wird der Grundsatz gelten: Zuerst gebt uns neue csiencrn, Hunderte von Millionen für den Militarismus, dann haben wir vielleicht auch einen Brosamen für die Eisenbahner. — So wollen wir Erfolge nicht erringen. ES wirft sich auch die Frage auf, ob unsere jetzige Organisationsform unzulänglich ist? Dieser Meinung könnte man werden, wenn man sich bei deren Beantwortung von den Gründungen separatistischer Vereine, wie einzelner Kategorienvereine ec., leiten ließe. Nun ist es aber für jeden Einsichtigen klar, baß derartige Vereine bisher keine Erfolge erzielen konnten. Und wenn sie Erfolge erzielen würden, so würde das nur auf Kosten anderer Kategorien gehen, und solche Erfolge körnten-nicht von Dauer sein und tragen Neid und Zwiespalt in die Reihen der Eisenbahnerschafi. Unsere alle Kategorien umfassende Organisation hat Kategorienkonferenzen im weitestgehenden Maße abgehalten, wo die Forderungen und Wünsche jeder einzelnen Kategorie genauest beraten und eingehend behandelt wurden. Wenn aber einmal die Förderungen für eine Kategorie endgültig aufgestellt wurden und für diese die! Situation klargestellt wurde, möge man an diesen Forderungen , festhalten und sic zu erreichen suchen. Die Kategorienkonferenzen sind gut, sie können ersprießlich wirken, aber sie dürfen nicht an Maß und Ziel verlieren. In Katcgorien-konferenzett sei auch das Vertrauensmännersystem auszubauen: ui^d so ein Verbindungsmittel zwischen Ausschuß und Mitglieder oder ganzer Kategorien zu schaffen. Der Ausbau unseres Vertrauensmännersystems ist dringend nötig. Bei den letzten Erfolgen haben die Dienerkategarien und Arbeiter schlechter abgeschnitten als die Unterbeamten k., daher fei jetzt das Augenmerk mehr auf diese zu richten. Unsere jetzige Organisationsform trägt allen Bedürfnissen Rechnung und ist gewiß zweckentsprechend. Die Sekretariate iverden immer mehr ausgebaut, und kommt nun zu den bestehenden noch das Sekretariat für die Nordwestbahnen mit Genossen Krützner als Sekretär. In Westböhmen arbeitet Genosse Kraus sowieso werktätig und mit Erfolg. Was unserer Organisation fehlt, ist ein starres ... Bindemittel, , mit welchem die einmal gewonnenen Mitglieder an die Organisation gefestigt werden. Die Zentrale hat nach einem solchen Mittel geforscht und kann nach reiflicher Erwägung eine Hintcrbliebenenunterstützung als solches empfehlen. Es wird uns der Borwurf gemacht, daß durch diese Einführung die Kampfstellung und der Äampfcharakte'- unserer Organisation leiden würden. Mit nichteu! Denn gerade durch die Einführung der Hinterbliebenenunterstützung hofft man neue Mitglieder zu erlangen, die Mitglieder an bi-'. Organisation zu binden und so unsere Kampfesposition numerisch und finanziell zu stärken. Alle unsere Gegenvereine haben schon solche Einführungen, und weil nun wir darangehen, ebenfalls ein Bindemittel für die Mitglieder zu schassen, schreibt zum Beispiel der „Deutsche Eisenbahner", unsere Einführung sei finanziell nicht zu halten und nur zu dem Zweck gedacht, die Mitglieder an die Organisation zu ketten, ihnen die Bewegungsfreiheit zu nehmen. Und gerade weil die Gegner so sehr gegen diese Einführung sind, sollten unsere Genossen darüber um so ernster Nachdenken und sie werden finden, daß die Neueinführung gut, nützlich und unbedingt nötig ist. Aus der Hinterbliebenenunterstützung ziehen alle Mitglieder einen bedeutenden finanziellen Vorteil, sie wird daher ein gutes Agitationsmittel bilden und uns auch die einzige Möglichkeit bieten, die Aufklärung auch unter Indifferente, wenn sie einmal in der Organisation sind, zu tragen. Der Referent bespricht sodann noch weitere Vorteile der Hinterbliebenenunterstützung und meint, es sei nur die Frage zu entscheiden, ob die Einführung fakultativ oder obligatorisch einzuführen wäre. Er sei für die obligatorische Einführung, weil diese allein den gewünschten Erfolg bringen kann und weil nur bei der obligatorischen Einführung für die Mitglieder bedeutende Unterstützungsquoten geleistet werben können. Referent schließt: Unsere Organisation ist nicht nur eine Organisation der Gegenwart, sie muß auch eine Organisation für die Zukunft sein. Deshalb müssen wir uns bei jedem zu unternehmenden Schritt Unsere Verantwortung voll bewußt sein. In ruhigen Zeiten müssen wir die Organstaiion ausbauen, innerlich stärken, in erregten Zeiten aber Klugheit mit Vorsicht paaren und so wirksam die Interessen der Mitglieder verfechten. Im Interesse Ihrer Forderungen, im Interesse der Organisation bitte ich, der obligatorischen Ein-führung der Hinterbliebenenunterstützung zuzustimmen. (Beifall.) Rudolf Müller: Genosse Tomschik hat als wie ein kundiger Arzt diagnostiziert, an was unsere Organisation krankt und hat unter mehreren Heilmitteln uns besonders die Einführung der Hinterbliebenenunterstützung anempfohlen. Er hat die Situation richtig erkannt und richtig beurteilt. Wir gehen, wirklich einer schweren Zeit entgegen. Man ist daran, die zweijährige Dienstzeit einzuführcn. Da werden sehr viele Unteroffiziere gebraucht, die trüber dienen und diesen Unteroffizieren soll nach einer Mitteilung der „St. k. Wiener Zeitung" bei Anstellungen in staatlichen Betrieben, insbesondere auf den Eisenbahnen, vor allen anderen der unbedingte Vorrang zu-gesprochen werden. Erst jene Posten, die durch solche weiterdienende Unteroffiziere nicht mehr besetzt werden könnten, würden fomit in der Zukunft für die anderen Sterblichen überbleiben. Was das heißt, ist leicht zu ermessen, wenn ich anführe, daß nach Minister Schönaich 75 Prozent der weiter-dienenden Unteroffizieren aus Bauernsöhnen bestehen. Diesen sollen zunächst alle Stellen Vorbehalt: n sein, die nicht Hoch- Seite 6 .---------------------------------------------------------------------- schulbildüng ober eine besondere fachtechnische Ausbildung erfordern. Die Absicht der Regierung sei hier unverkennbar die, ^ die Eisenbahnerschaft mit militärischem Geist und militärischer Disziplin zu durchsetzen und die Posten der Vorgesetzten mit möglichst konservativen Elementen zu besetzen. Diesem Be-! streben müsse unsererseits durch Hebung des Klassenbewußt-! seins entgegen gearbeitet werden. Schon am letzten Eisenbahnerkongretz wurde beschlossen, datz ttlle Genossen, die Mitglieder irgendeines Unterstützungs-Vereines sind, auch Mitglieder der Gewerkschaftsorganisation . bleiben müssen, und daß sie den gewerkschaftlichen Gedanken ' weiterzuverbreiten verpflichtet seien. Bisher sei ein Erfolg hierin noch nicht zu verzeichnen. Was nützt schlietzlich auch dies alles, wenn die Leute und oft auch unsere Mitglieder den ursächlichen Zusammenhang zwischen unserer Organisation und den erzielten Erfolgen nicht begreifen und nicht erfassen. Deshalb wäre e? zweckmäßig, datz die Zentralorganisanon über große Ereignisse im politischen und gewerkschaftlichen Leben Musterreferate auöarbeitet und in Broschürenform an die OrtSgruppenvertrauensmänner hinausgäbe, so daß dann diese als Kollege zu Kollege aufklärend sprechen können und Mißverständnisse aubleiben. Damit wäre die Schlagkraft der Organisation gewiß gehoben. Was wir verhüten sollen, sei die Verflachung in einer Nur- Fachsimpelei, durch die wir sehr viel an Sozialismus verlieren. Wir brauchen in unseren Reihen mehr Enthusiasmus. Die Begeisterung hebt man durch Gesang, es sei daher die Pflege des Arbeiterliedes sehr zu empfehlen. Die Hinterbliebenenunterstützung sei gewiß ein gutes Mittel, die Mitglieder an unsere Organisation zu binden und die Fluktuation einzudämmen. Deshalb sei sie auf das wärmste zu empfehlen. Wir müssen aber im allgemeinen unseren eingeschränkten Eisenbahnergesichtskreis verlassen und große Sozialpolitik mit der ganzen übrigen Arbeiterschaft führen. Es ist ein besonderes Augenmerk der Lebensmittelteueruug zuzuwenden. es ist anzustreben, daß die Personalkommissionen im gesetzlichen Weg analog den Geyilfenausschüssen «usgebaut werden und daß durch sie Tarifverträge abgeschlossen werden. Die vielen Kategorienkonferenzen seien schädlich, weil zu viel und unerfüllbare Forderungen ausgestellt werden, und da die Organisation diese Forderungen nicht durchzusetzen vermag, wird sie für schwach und unnütz gehalten und die Mitglieder treten aus. Auch werden durch diese Konferenzen die Leute zu sehr auf Kleinigkeiten gelenkt und vergessen hierbei auf das Große. Wir müsten daher zurück zur ziec- und tlassenbewußten gewerkschaftlichen Arbeit. Machen wir uns groß und stark numerisch, festigen und einigen wir uns innerlich, dann sind uns weitere Erfolge und der Sieg sicher. (Beifall.) Brodecky (Prag, tschechisch) schließt sich den Ausführungen von Tomschik und Müller an. Kol leger (Graz): Ich habe erwartet, daß diesmal die Zentralleitung mit positiven Vorschlägen kommt, wie unsere Organisation ausgebaut werden könne. Ein Miltel dazu sei nach der Meinung von Tomschik die Hinterbliebenenversicherung. Viel wichtiger sei, daß einmal das System der Vertrauensmänner vollkommen ausgebaut werde, ohne das sonst auch die Hinterbliebenenversicherung schlafen werde. Mit einer solchen Versicherung werden wir aber auch höchstens Invalide und aste Leute an die Organisation fesseln. Auch werde infolge der mit dieser Neueinführung notwendig gewordenen Erhöhung der Beitragsleistung den schlechtbezahtten Lohnarbeitern die Angehörigkeit zur Organisation geradezu unmöglich gemacht. Der Redner wünscht, daß der Antrag auf Einführung einer Hinterbliebenenversicherung abgelehnt werde. Hendl (Wien) ist der Meinung, daß sich die Vertrauensmänner mit Unrecht gegen de» geplanten Versicherung»-zweig aussprechen. Die Mitglieder, die über die Sache genügend aufgeklärt wurden, seinen entgegengesetzter Meinung. Auch teile er die Befürchtungen des Genossen Kolleger nicht. Gerade auf der Südbahn bestehen schon eine Menge von Sterbe- und Kranzvereinen. Unsere Mitglieder mögen dann diese auch sonst die Gewerkschaft schädigende Vereine verlassen und sie zugrunde gehen lassen. Er habe von den Zugsbegleitern der Südbahn den Auftrag, für den Antrag zu stimmen. Schober (Wien) wünscht, daß speziell zu der Einführung der Hinterbliebenenunterstühung Generalredner bestimmt werden. Es wird hieraus ein Antrag angenommen, sich auf je zwei Pro- und Kontraredner zu einigen. Zur Fortsetzung der Debatte über die Einführung einer Hinterbliebenenunterstützung werden als befürwortende Redner Schober (Wien) und W eis er (Linz) und als den Vorschlag bekämpfende Redner Tantsin und B e ck (Floridsdorf) gewählt. Schober (Wien): Die Frage, die zur Debatte steht, beschäftigt uns schon seit Jahren und muß endlich einmal gelöst werden. Wir brauchen ein Mittel, das die Leute mehr-materiell für die Organisation interessiert: eine Hinterbliebenenversicherung. Alle anderen Organisationen haben schon solche Bindemittel, wie. Reiseunterstützung, Kranken-und Arbeitslosen- und auch Hinterbliebenenunterstützung. Sogar die Gegner der Einführung geben zu, daß ein Bindemittel zwischen Mitglieder und Organisation notwendig sei, da uns der große Mitgliederwechsel jede Agitation und jede Aufklärungsarbeit ungeheuer erschwert. Und fragen wir uns, warum kommen die Indifferenten nicht in die Organisation? Weil sie die erkämpften Erfolge nicht zu würdigen tvissen und ihnen die Organisation materiell zu ivenig bietet. Auch ist unrichtig zu sagen, daß wenig Bemittelte den erhöhten Beitrag nicht leisten werden wollen. Gerade das Gegenteil ist wahr. Man möge mehr Positives gewähren, dann werden sie zu uns kommen. Beck (Floridsdorf) meint, daß die Einführung dieser Versicherung mehr Schaden als Nutzen bringen werde. Auch leide darunter der Kampfcharakter der Organisation. Wir haben als Mitglieder zwei Drittel schlecht bezahlter Arbeiter, die wir durch die Erhöhung der Beiträge aus der Organisation ausschalten. Eine Hinterbliebcnenversicheruiig würde aber auch die geistige Verflachung der Organisation fördern, da viele Mitglieder einfach mit der Aussicht auf die finanziellen Leistungen, die sie von der Gewerkschaft zu erwarten haben, ihre Beiträge zahlen würden, ohne sich weiter um andere. Fragen zu bekümmern. Der Reimer sieht in der Fluktuation einen natürlichen Zustand, von dem alle Gewerkschaften heimgesucht werden. Weiser (Linz) erkennt in dem Ausbau der Versicherung ein Mittel, die Gleichgültigkeit unter den Mitgliedern zu beseitigen. Der Egoismus ist einmal eine menschliche Eigenschaft, mit der jeder, der praktische Arbeit leisten will, rechnen muß. Der Redner teilt auch die Befürchtungen nicht, daß eine Erhöhung der Beiträge unter gleichzeitiger Erweiterung der Leistungen einen Abfall von Mitgliedern verursache. Die Er-sahrungen haben eher das Gegenteil bewiesen. T a n t s i n (Floridsdorf) ist der Ansicht, daß die1 Stärke der Gewerkschaft durch die Einführung dieses Unterstützungs-zweiges leiden werde. Unsere Scharfmacher lauern nur auf den Augenblick, in dem es möglich sein loerdc, die Organisation niederzureiten. Wir müssen daher alles vermeiden, was uns schwächen könnte. Der Redner stellt den Antrag, daß bei der Abstimmung über diese Frage die Zweidrittelmajorität entscheiden soll und daß die Hinterbliebenenunterstützung mir fakultativ eingeführt werden solle. Brodecky (Prag) erklärt namens der tschechischen Eisenbahner, daß diese prinzipiell gegen eine Hinterbliebenen-Unterstützung nichts einzuwenden haben. Sie werden sich aber mit Rücksicht auf den Konflikt mit den Separatisten der Abstimmung enthalten. „Der Msenvayner." Weigl (Wien) meint im Schlußwort, daß man mit Unrecht glaubt, die Zentrale, als solche habe ein besonderes Interesse, die Neueinführung durchzudrücken. Dem sei nicht so. Schon im Jahre 1903 und im Jahre 1905 befaßten sich die Delegiertenversammlungen mit dieser Frage, und da damals ein Beschluß wegen der zu hoch veranschlagten Beiträge nicht zustande kam, wurde die Zentrale angewiesen, diese Frage zu studieren und darüber dann Bericht und geeignete Vorschläge zu erstatten. Dies sei hiermit geschehen. Die Entscheidung liege in der Hand der Delegierten. Die tatsächlich vorhandene übergroße Fluktuation gibt gewiß zu denken, und keiner von Kontrarednern war imstande, ein besseres Mittel anzugeben, mit welchem der Fluktuation zu steuern wäre. Daß unsere Organisation durch die Neueinführung den Kampfcharakter verlieren würde, seien leere Worte, die niemand glaubt. Auch die Schlechtgestellten werden die Organisation nicht verlassen, wenn sie für die Mehrzahlung mehr geboten erhalten. Diese sind gerade an der Hinterbliebenenunterstühung interessiert. Auf Grund eines reichen Ziffernmaterials erörtert nun Genosse Weigl die finanzielle Seite des Projektes und stellt auf Grund der vorgebrachten Ziffern die vollständige finanzielle Sicherheit des Fonds fest. Diese Berechnungen seien natürlich nur für eine obligatorische Einführung maßgebend. Bei fakultativer Einführung müssen die Berechnungen erst gemacht werden, es ist aber schon heute klar, daß dann die Leistung keine so hohe sein wird können, als sie gegenwärtig^bei obligatorischer Einführung vorgesehen und gesichert ist. Schon deshalb müsse er die obligatorische Einführung befürworten. Er schließt: Tatsache ist, daß sich unter den Eisenbahnern eine große Zahl befindet, die Mitglieder bürgerlicher Unterstützungsvereine sind, so daß nicht einzusehen sei, weshalb diese nicht in ihrer Fachorganisation versichert sein können. Gerade die bürgerlichen Unterstützungsvereine seien der Herd der Agitation gegen uns. Falk (Triest) ist namens der Südbahner gegen die obligatorische Einführung der Hinterbliebenenversicherung. Bei der hierauf vorgenommenen namentlichen Abstimmung wird der Antrag der Zentralleitung auf Einführung einer obligatorischen Hinterbliebenenunterstühung für die Angehörigen verstorbener Mitglieder abgelehnt. Dagegen stimmen 123 Delegierte, die ‘28.461 Mitglieder vertreten, dafür 68 Delegierte die 14.725 Mitglieder vertreten. In der Debatte über Organisation und Taktik sprechen noch Falk (Triest), Holztrattner (Wien), Glüttig (Döbling), Haiti ng er (Linz), Weiser (Linz), Engel (Brünn), Schlesinger (Brünn), Schiller (Aussig), Schiller (Bodenbach), H ö ch t l (Znaim), S ch r ä f f l (Jn-zersdorf), Grüll (Wien), Kopar (Triest), Burkert (Jägerndorf), Klueka (Krakau), Zaptetal (Sankt Pölten), M.attl (Floridsdorf), Kolleger (Graz). Nack) einem Schlußwort des Genossen T o m s ch i k wird die Debatte über diesen Punkt geschlossen und über die vorgelegten Anträge abgestimmt. Angenommen werden folgende Anträge: 1. Die Zentralleitung wird beauftragt, bei wichtigen und aktuellen Fragen, die die Eisenbahner betreffen, die Herausgabe von billigen Broschüren im Format der „Lichtstrahlen“« Broschüren zum Zweck der Agitation zu veranlassen. 2. Für das Sekretariat in Brünn ist ein beratendes Vertrauensmännerkomitee aus Vertretern der Brünner Ortsgruppen einzusetzen, und wäre das Statut hierzu von der Zentrale auszuarbeiten. 3. Die Zentralleitung wird mit Rücksicht darauf, daß die derzeitigen provisorischen Bestimmungen der Personalkommis-sionen und Arbeiterausschüsse in nächster Zeit in definitive übertragen werden, beauftragt, Statuten, beziehungsweise eine Geschäftsordnung für die Personalkommissionen und Arbeiter» aüsschüsse auszuarbeiten und diesen Entwurf den organisierten Mitgliedern der Zentralpersonalkommission und dem Zentralarbeiterausschuß zur Beratung und Begutachtung vorzulegen. Alle anderen Anträge wurden abgelehnt oder der Zentrale überwiesen. Genosse Tomschik: Da der Antrag der Zentralleitung auf Einführung einer Hinterbliebenenversicherung abgelehnt wurde, weil sie obligatorisch verlangt wurde, legt die Zentrale den Eventualantrag vor, es sei diese Unterstützung als fakultative Einrichtung einzuführen. Da dafür aber eine neue Berechnungsgrundlage notwendig geworden sei, werden die weiteren Vorschläge neuerdings den Ortsgruppen unterbreitet werden. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Zur Erledigung des III. Punktes: Wahl der Zentralleitung und Kontrollkommission wurde über Vorschlag des Wahlkomitees Josef Schwab einstimmig wieder als Obmann gewählt. In den Zentralausschuß wurden gewählt die Genossen: Konstantin Kneidinger, Josef Wabitsch, Franz S ch i m o n, Alois Bukovsky, Eberhard H e i d e r, Alois Beck, Rudolf Müller. Wilhelm Brodecky, Johann Hartman n, Josef Sommerfeld, Emil Pohl, Josef Garon, Josef Schuster, Karl Schmied und Rudolf Weigl. „ , In die Kontrolle wurden gewählt: Adolf Kotrba, Anton R i e g e l b a u e r, Franz S o w a, Franz Babowskh, Josef Anfried; in die Ersatzkontrolle: Josef Gollerstepper, Anton F r a n e k und Rudolf Redl. In die Provinzkontrolle wurden entsendet für Ober-vsterreich Genosse H a t t i n g e r, für Mähren Genosse Schlesinger, für Kärnten Genosse P i r t e r, für Böhmen Genosse Prohaska. In das Prager Verwaltungskomitee erscheinen gewühlt als Mitglieder die Genossen: Josef Livora, Josef Feiler, Jaroslav S v o b o d a, Josef Severin, Josef Z a m o st n f, Jan P o k o r n y, Ferdinand Cihulek; als Ersatzmänner die Genossen Josef B e n d>l, Josef M a r t i n o v s k y, Josef N i e-dermertel, Ladislaus Svoboda, Franz Hejna, Josef Valek, Franz Jirgl und Josef K r i i. In die Kontrolle wurden gewählt als Mitglieder die Genossen: Anton B z o ch, Franz Mrüzek. Josef Zahradnik; als Ersatzmänner die Genossen: Karl Zaruba, Rudolf Balaban und Johann Wiener. Vor Uebergang zum Punkt IV beantragt Genosse Bro-beeil), zuerst Punkt V und dann Punkt VIII der Tagesordnung in Verhandlung zu ziehen, welcher Antrag nach kurzer Debatte angenommen lvurde. Die Verhandlungen fanden ihre Fortsetzung mit einem Referat von Dr. Leopold Kntz über das neue Strafgesetz. In dem Entwurf sei die bedingte Entlassung aus der Strafhaft und bei Jugendlichen (Tätern im Alter von 14 bis 18 Jahren) sogar die Slrafnachsicht und das Institut der Rehabilitation vorgesehen. Es soll es dem zu einer Strafe Verurteilten ermöglichen, nach Ablauf von mindestens fünf Jahren die Löschung der Strafe zu verlangen, so daß er als unbescholten zu gelten hat. Aber der Entwurf gibt im § 56 Behörden, die zur Verleihung von Stellen oder öffentlichen Funktionen be-rufen sind, das Recht, die Bekanntgabe einer durch Rehabilitation getilgten Verurteilung zn verbangen. Diese Bestimmung würde der Rehabilitation jeden Vorteil nehmen und ist daher zu verwerfen. Die Eisenbahndelikte, die Gefährdungsdelikte des Entwurfes bilden eine wesentliche Verschlechterung des Strafgesetzes. Nach dem geltenden Strafgesetz muß der Richter auch die besonderen Verhältnisse des Eisenbahndienstes be» Vit. M urteilen. Wenn der Angeschuldigte auch eine bestimmte ^n< struktionsbeftimmung übertreten hat, muß doch der Richter beurteilen, ob im gegebenen Falle die Instruktion überhaupt durchführbar ist, oder ob der instruktionswidrige Vorgang, wie dies so oft vorkommt, ständige, dem angeklagten Eisenbahner von den Vorgesetzten zum Gebot gemachte Praxis sei. Der neue Entwurf bestraft jedes pflichtwidrige Verhalten, daher auch jede Uebertretung der Instruktion. Dies zeugt von einer vollkommenen Unkenntnis der tatsächlichen Abwicklung _ des Eisenbahnbetriebes und mutz deshalb entschieden zurückgewiesen werden. Nach Besprechung der Strafsätze bespricht der Redner die im Entwurf neu auftretenden Delikte der Betriebsstörung und Betriebsgefährdung. Nach § 431 wird schon mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft, wer den Betrieb einer Eisenbahn-Schiffahrt, der öffentlichen Post, des Telegraphen oder Telephons gefährdet oder stört. Es ist da gar nicht notwendig, daß die Gefährdung oder Störung, wie es das geltende Gesetz fordert, aus Bosheit oder durch Uebertretung von Vorschriften herbeigeführt wird. Nach dem Entwurf wäre es auch strafbar, wenn die BetriebSgeführdung durch Anwendung der dienstlichen Instruktionen geschieht. Aach dem Entwurf ist demnach die passive Resistenz ein strafbares Delikt, sie könnte sogar als Verbrechen bestraft werden. Auch die bloße Verabredung der passiven Resistenz würde nach dem Entwurf strafbar sein. Der Redner führt aus, daß die passive Resistenz ein gewerkschaftliches Kampfmittel ist, das nur im äußersten Falle angewendet wirb, wenn Die öffentliche Meinung hinter dem Personal steht. Eine Bestrafung sei durchaus nicht zn rechtfertigen. Dr. Ä a tz schließt mit dem Appell an die Delegierten, in ihren Ortsgruppen über die die Interessen der Eisenbahnerschaft und der Organisation schwer schädigenden Bestimmungen des Strafgesetzentwurfes genau aufzuklüren. (Lebhafter Beifall.) Der Referent schlägt folgende Resolution vor, die ohne Debatte einstimmig angenommen wird: „Die Delegiertenkonferenz der organisierten Eisenbahner Oesterreichs (Juni 1911) erblickt in dem von der österreichischen Negierung im September 1909 veröffentlichten Vorentwurs eines österreichischen Strafgesetzbuches den Versuch einer ganz ungerechtfertigt strengen und den tatsächlichen Verhältnissen des Eisenbahnwesens nicht entsprechenden Kodifikation der Gefährdungsdelikte, die eine Verschlechterung des geltenden Rechtes bedeutet. Die Bestimmungen des Entwurfes über die Störung öffentlicher Betriebe haben offenbar den Zweck, den Eisenbahnbediensteten die Koalitionsfreiheit zu rauben und selbst die streng instruktionsmäßige Dienstleistung als Lohnkampfmittel mit Strafe zu bedrohen. Die Delegiertenkonferenz spricht sich daher mit Entschiedenheit gegen die bezüglichen Bestimmungen des Entwurfes aus und erwartet, daß die sozialdemokratische Fraktion des Abgeordnetenhauses die Gesetzwerdung jener verwerflichen Bestimmungen verhindern wird." Hierauf geht der Kongreß zur Erörterung einer alle Arbeiter aus das lebhafteste interessierenden Frage über. Der Separatismus und die Eisenbahner war der nächste Verhandlungsgegenstand. Als erster ergriff hierzu Abgeordneter Genosse Tomschik das Wort, der ausführte: Seinerzeit hat man dem nationalen Bedürfnis Rechnung tragend die politischen Organisationen nach national autonome Gruppen durchgeführt. Damit war man ^ aber tschechischerseits nicht zufrieden, sondern trug den national-autonomistischen Gedanken auch in die Gewerkschaften und so kam es überall zu Auseinandersetzungen und dann Spaltungen der Gewerkschaften. Wir Eisenbahner sind bis jetzt hiervon verschont geblieben. Wir haben auch stets, soweit als nur möglich, den Wünschen der tschechischen Genossen Rechnung getragen, sowohl sprachlich als auch finanziell. So wurde bei uns den tschechischen Genossen durch das Verwaltungskomitee in Prag die möglichst weitgehende Selbstverwaltung gegeben, für die tschechoslawischen Mitglieder wurden die Gewerkschaftsbeitrage der Gewerkschaftskommission in Prag abgeführt und das Prager Komitee hebt für die tschechoslawische Partei von den tschechischen Genossen die Parteisteuer ein. Wir hatten gegen die politisch-nationale autonome Stellung nichts einzuwenden, wir taten aber alles, um das Hineintragen dieser Bewegung in unsere zentralistische Organisation fernhalten, im Interesse aller Eisenbahner. Dennoch zeigen sich Anzeichen, daß auch wir von dieser Bewegung nicht verschont bleiben sollen. In Brünn findet sie den Ausgangspunkt. Viele tschechische Gewerkschafter blieben nämlich der Erfahrung treu, daß nur eine zentrale gewerkschaftliche Organisation das richtige Kampfmittel gegen das international und zentralorganisierte Kapital sein kann, sie blieben aber aufrichtige Anhänger der tschechoslawischen autonomen politischen Partei. Und nur, weil sie in der Gewerkschaftsfrage eine andere Meinung hatten, und in der autonomistischen Trennung der gewerkschaftlichen Organisation eine Schwächung der proletarischen Macht erblickten, wurden sie aus der tschechoslawischen Parteiorganisation ausgeschlossen. Diese ausgeschlossenen Parteigenossen gingen nun daran, eine neue tschechische, internationale politische Organisation zu gründen, gründeten ein Tagblatt und stellten im letzten Wahlkampf auch eigene Kandidaten auf. Dies machte die Situation noch gespannter. Ganz mit Unrecht warfen die Autonomisten uns deutschen Genossen vor, wir hätten die neue Organisation finanziell unterstützt und schlugen in ihren Blättern, insbesondere in der „Rovnost" einen Ton an, der alles eher als unter Genossen zu dulden ist. Wir haben zu allem geschwiegen — zum Glück verstanden unseren deutschen Genossen die aufreizenden tschechischen Artikel nicht — und stets den Standpunkt eingenommen, uns in diese Streitigkeiten nicht zu mengen, weil wir immer noch hoffen, daß die tschechischen Genossen noch selbst zur Einsicht kommen werden, daß sie solch einen verbrecherischen Bruderkrieg nicht führen dürfen und daher die allen nottuende Einigkeit wiederfinden werden. Nun will man auch an der selbst von der tschechoslawischen Parteileitung als einzig richtig erkannten zentralistischen Organisationsform der Eisenbahner die Schaufel anlegen und sie untergraben. Redakteur B e h i n j e arbeitet an der Zerschlagung unserer einzigen Organisation in Mahren, der Abgeordneten Vanök agitiert für eine separatistische Eisenbahnerorganisation und so geht es fort. Wir müssen abbr sagen, bis hierher und nicht weiter! Wir alle sind mit Freuden bereit, mit den tschechischen Genossen auch weiterhin wie bisher Schulter an Schulter zu kämpfen, wir wollen und müssen die Einigkeit zu erhalten trachten. Uno wenn gesagt wird, wir könnten getrennt marschieren und vereint schlagen, so sage ich, daß eine Trennung schon eine Schwächung und Entfremdung bedeutet und daß man getrennt sehr leicht geschlagen wird. Wir haben gemeinsame, gleiche Feinde» wir müssen und können nur vereint siegen. Was wir hier wollen, ist, daß endlich zwischen unö Klarheit, volle Klarheit geschaffen wird, und daß die Wühlarbeiten eines Vanök e tutti qunnti endlich ihr Ende finden. Entweder erklären sich die tschechischen Genossen Eisenbahner für eine separatistische Organisationsform, dann wollen sie un» dies als Männer offen sagen und wir scheiden in Frieden, wolle» sie unserer bisherigen gemeinsamen Arbeit treu bleiben, dann mögen sie dies mit allem Nachdruck erklären und alles aufbieten, daß die nörglerische Wühlarbeit gegen unsere gemeinsame Organisation aufhört. Als Brüder vereint wollen wir dann wie bisher auch weiter siegreichen Kämpfen entgegengehen, komme, was da wolle. (Großer Beifall.) (Schluß folgt.) üeichrionferesr der Kamleidiener der k.!. ötaatstahuen. Am Sonntag !>.en 11. Juni l. I. fand in Wien eine Konferenz der .ttanzleidiener in Saloinons Gasthaus statt, welche von 26Delegierten besucht war. Genosse B a r t a eröffnete um 9 Uhr vormittags die Konferenz und stellte fest, daß die Kanzleidiener aller Direktionen der k. k. Staatsbahnen bei dieser Konferenz vertreten seien, worauf er Genossen M ül I e r als Vertreter der Zentrale sowie den Genossen Sommerfeld als Mitglied der Zentralpersonalkommission herzlich begrüßte und folgende Tagesordnung bekannt gab: 1. Zweck der Konferenz. 2. Besprechung über die im Fahre 1910 angebrachten Anträge und Forderungen und bereit Resultate. 3. Beschlüsse über die nächsten Anträge und Forderungen. 4. Wahl eines Hausvertrauensmannes. i. Eventuelles. Zum ersten Punkt der Tagesordnung besprach Genosse B a r t a den Zweck der Konferenz und wies darauf hin, daß es bei den Kanzleidienern von großer Notwendigkeit fei, öfters Konferenzen abzuhalten, damit den tätigen Genossen einerseits die Möglichkeit geboten ist, sich gegenseitig kennen zu lernen, anderseits, daß nicht Anträge in den einzelnen Staatsbahndirektionen eingebracht werden, welche sich nicht decken oder die neue Forderungen enthalten, wie wohl die alten noch nicht erledigt sind. Genosse B a r t a hält es nicht für notwendig, die alten eingebrachten Anträge noch einmal zu verlesen und zu besprechen, erklärte aber im vorhinein, dagegen Stellung nehmen zu müssen, daß die Kanzleidiener der N. W. B. neue Anträge eingebracht haben, welche die alten direkt auf den Kopf stellen würden. Was die Enthebung der Kanzleidiener von der B u r e a u r e i u i g u u g betrifft, so kann hiervon ab-solut nicht Abstand genommen werde». Die Nemu n e-rationen sollen in Hinkunft gleichmäßig verteilt werden, nicht so wie heute, daß einige Kanzleidiener 10, andere 20 und 30 Kr. bekommen, es müsse unbedingt daran festgehalten werden, daß bei solchen Anlässen nicht Schädigungen der Kollegen entstehen und nur Gerechtigkeit Anwendung findet. Auch ist es in der letzten Zeit vorgekommen, daß Bedienstete, die nicht der Katcgoyc der Kanzleidiener angehörten, zu Kanzleigehilfen ernannt wurden. Diese Posten gehören für Kanzleidiener, welche hierzu die Eignung besitzen. Ein großer Teil der Kanzleidiener ist 'aus Krankheitsrücksichten oder wegen Mangelhaften Hör- und Sehvermögens von seinem Dienst abgezogen und dem Kanzleidienft zngewiefen worden. Diese Kanzleidiener hatten in vielen Fällen in ihrer früheren Kategorie Aussicht Itnterbcmntc zn werden: Es müsse daher dieser Vorgang entschieden bekämpft werden. Was den Dienst anbelangt, so kommt es zum Beispiel in Prag bei der B. N. B. vor, daß die Kollegen von 6 Uhr früh bis 4 Uhr nachmittags und viermal im Monat von 6 Uhr früh bis 6 Uhr abends ohne eine Mittagspause ihren Dienst versehen müssen. Wenn wir schon Heberstnnden machen müssen, so verlangen wir unbedingt eine Entschädigung hierfür, welche mindestens per Stunde 1 Kr. beträgt, da auch die Herren Beamten für Ueberftnnden separat entlohnt werden. Der Tele-lNaphendienst soll fiir die Kanzleiöiener abgeschafft werden oder es sollen dieselben 2 Kr. Entschädigung für den Bereltsschastsdienst bekommen. Ein großer Teil der Kanzleidiener führt Klage, daß auch Sie Behandlung einzelner Vorgesetzter viel zu wünschen übrig läßt. So rst zum Beispiel in Prag bei der B. N. B. ein Ober-revident Schiller bei der Abteilung I, welcher die Kanzleidiener schikaniert und beschimpft. Ein anderer Herr, Adjunkt K a h l h o f e r, geht von einer Kanzlei in die andere, sekkiert die Leute, und wenn er nur einen kleinen Mangel entdeckt, so schreit er mit den Kanzleidienern herum. Es wäre besser, wenn dieser Herr sich um rem Amt kümmern würde und die Kanzleidiener in Juche ließe. ^ Nach Genossen Barta meldet sich ein Kollege von der Zeiitralwagendirigierung zum Wort und brachte drei Anträge zur Verlesung: 1. Es soll für die Kanzleidiener ein eigener Status geschaffen werden. 2. Schaffung eines einheitlichen jUtels: Amtsdiener. 3. Ein Antrag betreffs der Einführung zweijähriger Vorrückungsfrifteu. Es melden sich die Genossen Isar aus Villach und ^ w o b o d a aus Prag zum Wort, welche entschieden Gegen die ersten zwei Anträge auftreten, da es nicht Migeht, immer neue Anträge einzubriugen, bevor nicht me alten ihre Erledigung gefunden haben. Außerdem wuffe man mich im Auge behalten, daß nicht einige Kollegen andere Forderungen aufstellen, da dann die ^al,»Verwaltung leichtes^ Spiel haben würde, überhaupt u>chts zu erledigen, weil sie auf die Uneinigkeit der J-cutc selbst Hinweisen könnte. Wir haben eine gute Organisation und können nur solche Forderungen auf-neuen, wo wir von feiten der Masse die Zustimmung vcwcu. Der dritte Antrag sei ohnehin in der Zentral« Personalkommission eingebracht und von allen, übrigen ^vienerkategorien gefordert. Nach den beiden Genossen sprach Genosse S o m-? e r f e I d, welcher bemerkte, daß die Forderungen nur ?Qnn Aussicht auf Durchführung haben, wenn sich auch “on einem entsprechenden Hinterhalt gedeckt sind. Es ist »iter allen Umständen daran festzuhalten, daß nicht «nner neue Anträge eingebracht werden, da ja ohnehin 'M Eisenbahniuinisteriuni 1400 Anträge ihrer Erledi-Qwift harren. Die Hauptforderungen der Kanzleidiener glichen aus sieben Anträgen. Wenn diese Anträge durch-fietnhrt wären, so könnten die Kanzleidiener zufrieden Es ist auch darnach zu trachten, daß wir für unsere ^ache die Amtsdiener im Eisenbahnministerium gewinnen. Wenn wir diese Leute einmal gewonnen haben, i? bedeutet das fiir uns schon einen halben Erfolg, weil ukh die Dienstverhältnisse der Amtsdiener mit denen der irnem^iener intendifizieren, Solange die Amtsdiener q,n Ministerium noch Die Spuckschalen auslceren und die Aufräumearbeiten machen, fo lange werden es auch die , 9’\3leidiener bei den Staatsbahndirektionen machen t‘“Isert. Zum Schlüsse bemerkte Genosse Sommer-" I d, daß die Organisation bei den Kanzleidienern erst nderthalb Jahre alt sei, und daß es daher auch nicht "glich war, in dieser kurzen Zeit alles zu erreichen. Genosse S w o b o d a wendete sich in heftiger Weise gegen das Zertisikatistenwesen bei Besetzung der Kranz-leidienerposten. Weiters trat er dafür ein, daß alle Kanz-leidiener, sowohl die der Bahnämter, als auch die der Bahnerhaltungen, mit einer einheitlichen Uniform zu beteilen seien. Genosse Isar gab bekannt, daß die Kanzleidiener von Villach, die durchwegs organisiert sind, ein Memorandum wegen einer Teuerungszulage eingebracht hätten, das bis heute aber noch keine Erledigung von der Staatsbalmdirektion gefunden hat. Es wird auch allgemein Klage über das Substitutenwesen in Krankheitsfällen und Urlauben geführt. Genosse C a l o u d aus Olmütz teilt mit, daß in ihrer Staatsbahndirektion die Kanzleidiener schon von den Aufräumearbeiten enthoben seien. Da der Herr Negierungsrat selbst erklärte, er stehe auf dem Standpunkt, daß der Kanzleidiener nicht zum Aufräumen gehöre, sondern nur zur Beförderung der Akten. Der Innsbrucker Delegierte beschwert sich ebenfalls wegen der Aufräumearbeiten und dem Bereitschaftsdienst. So wurden aus allen Direktionsbozirken Beschwerden der Kanzleidiener zur Kenntnis gebracht. Schließlich kam mich die einmütige Auffassung zum Ausdruck, daß es für die Kanzleidiener unbedingt notwendig sei, ein Mandat für die Zentralpersoualkoiniuission zu bekommen, damit mich das Eisenbahnministtzrium erfahre, wie es eigentlich unter dieser Kategorie zugeht. Genosse Adolf Müller faßte die ganzen Forderungen in einem einstiindigen Referat zusammen und präzisierte die Stellung der Zentrale zu diesen. Zum Schluß verwies er noch auf die Wichtigkeit der bevorstehenden Neichsratswcchlen. Der Innsbrucker Delegierte stellte den Antrag, daß an den alten Anträgen, welche beim Eisenbahn-ministerium eingebracht sind, unbedingt festzuhalten ist, und zwar: 1. Zweijährige Vorrückuugsfrist bis zum Endgehalt. 2. Ernennung fähiger Kanzleidiener zu Kauzlisten. 3. Ein Ausgleichsarrangement. 4. Enthebung der Kanzleidiener von der Vureaureinigung. 5. Festsetzung der Amtsstunden. 6. Abschaffung der grauen Uniform und einheitliche Uniformierung. 7. Ucberstellung aus der Gruppe B in die Gruppe A. Ueber diese 7 Anträge wurde abgestimmt und es gelangten dieselben einstimmig zur Annahme. Zum 4. Punkt der Tagesordnung wurde Genosse B a r t a wiederum einstimmig zum Hauptvertrauensmann gewählt. Beiin 5. Punkt wurde die Notwendigkeit eines Korrespoudenzsonds besprochen. Nach einem kräftigen Schlußwort, in dem die Kollegen aufgefordert wurden, über den Verlauf der Konferenz in ihren Direktionsbezirken zu berichten und fleißig an einer guten Durchführung des Vertranensmännersystems weiter zu arbeiten, schloß um 2 Uhr nachmittags Genosse Barta die,Konferenz. Bon der PersonallommWm der Eödbahn. Protokoll über die mit Donnerstag den 27. April 1911 in Wien stattgcfnndenc Beratung der Gruppen des Fahrpersonals des Verkehrs, Sektion für Nutcrbeamte und für Diener der Personalkommission betreffend allgemeine Angelegenheiten des Zugbegleitungspersonals. Gegenwärtig: Vorsitzender: Herr administrativer Direktor kaiserlicher Rat Dr. Gustav Fall; Vorsitzender-Stell-vertreter: Herr Maschinendirektor-Stellvertreter Dr. Ingenieur Karl Schloß; Sekretär der Personalkommission: Herr Direktionssekretär Dr. Moritz Leonore Domenego; von der administrativen Direktion: Herr Bahnkommissär Dr. Albert Grabscheit); von der Verkehrsdirektion: Herr Inspektor und Bureauvorstand Franz Pülleritzer; Herr Direktionskontrollor Edmund Saulich; Schriftführer Herr Bahnkonzipist Dr. Emil Thurner und ferner als Experte der Ersatzmann in der Personalkommission Kondukteurzugsführer Max Säckl. Von der Sektion für Unterbcamte die gewählten Mitglieder: Zugsrevisor Robert Scherbaum, Oberkondukteur Wilhelm Scheibein, Oberkondukteur Josef Skorjanee, ferner das ernannte Mitglied für Unterbeamte Zugsrevisor Joses Nowotny. Von den Sektionen für Diener die gewählten Mitglieder: Andreas Storp, Oberkondukteur in Graz; Leopold Aninger, Kondukteurzugsführer in Villach; Ferdinand Lackner, Kondukteurzugssührer in Lienz, und das neuernannte Mitglied Franz Böhm, Kondukteurzugsführer in Wien. Nach vorhergegangener ordnungsmäßiger Konstituierung der Personalkommission beschließt dieselbe, den erschienenen gewählten Ersatzmann Max Säckel als Experten der Beratung beizuziehen. Hierauf schlägt das Personalkommissionsmitylied Robert Scherbaum folgende Tagesordnung vor: Tagesordnung für die am 2 7. April 1911 stattfindende Person alkom missionssitzung der Zugsbegleiter. 1. Ueberreichung eines neuen Gchaltschemas, wie selbes bei der am 27. und 28. Jänner 1911 stattgefundenen Reichs» konferenz beschlossen worden ist. 2. Regelung der Fahrgebühren (bei Nachtzeit die anderthalbfachen Gebühren und die Ruhezeit bis zu 0 Stunden auswärts als im Dienste). 3. Die Anrechnung der anderthalbfachen Dienstzeit für die Zugsbegleiter. 4. Regelung der Dienst- und Ruhezeiten, das ist 30 Prozent Dienst, 25 Prozent Ruhezeit auswärts und 45 Prozent Ruhezeit in der Heimat mit zwei 36stündigen Ersatzruhetagen im Monat. 5. Durchführung der wiederholt vorgebrachten Forderung, Regelung und Erhöhung der Ouartiergeldrr, den gegenwärtig bestenhenden ortsüblichen Verhältnissen entsprechend. 6. Urgenz der automatischen Ernennung der Konduk-teurzugssührer zu Oberkondukteuren bei Erreichung der Gehaltsstufe von 1400 Kr., falls die Ernennung nicht schon früher erfolgt. 7. Alle jene Kondukteure (Diener), die seinerzeit mit 600 Kr. Jahresgehalt angestellt wurden, sollen zwei Schen-kungSjahre erhalten; für alle Zugsbegleiter (Unterbeamte und Diener), die seinerzeit mit 000 Kr., beziehungsweise 720 Kr, angestellt wurden, soll ein Schenkungsjahr und für jene Kondukteure (Diener), welche bei der Ueberleitung vom 1. Oktober 1907 länger als zwei Jahre im Anfangsgehalt von 720 Kr. gestanden sind, ein weiteres Schenkungsjahr gegeben werden. - 8. Kürzung der Vorrückungsfrisien der KoudukteurzugS-führcr und Oberkondukteure von 1200 Kr. auf 1300 Kr. und von 1300 Kr. auf 1400 Kr. um je ein Jahr. 9. Antrag auf Abänderung der Substitutionsgebühren, Oberkondukteure, welche in einer auswärtigen Station zum Stationsdienst verwendet werden, haben denselben Anspruch auf Diäten, wie alle übrigen Unterbeamten, und zwar: von 2000 Kr. Jahresgehalt aufwärts per Tag 6 Kr.; unter 2000 Kr. Jahresgehalt per Tag Kr. 4-40; Kondukteure von 1100 Kr. aufwärts per Tag 4 Kr.; Kondukteure unter 1000 Kr. per Tag Kr. 3'30; Kondukteuraspiranten und AuöhilfLkondnk-teur 3 Kr.; Uebernächtigungsgebühr für Oberkondukteure per Tag Kr. 2°50; Uebernächtigungsgebühr für Zugsführer per Tag Kr. 2-50; Kondukteure^ Aushilfskondukteure, Kondukteur* afpirantcn und Bremser 2 Kr. Die Unterbeamtcn haben diese Gebühren bei Substi* tntionen. Wird ein Oberkondukteur als ZugSrevisorsubstitut ver< wendet, so sind ihm per Tag 4 Kr. als Diäten auszubezahlen. Jenen Bediensteten (Zugsbegleiter), welche in der eigenen Station zum Stationsdienst verwendet werden, soll eine Gebühr vo tt2 Kr. per Tag ausbezahlt werden. 10. Urlaube für definitive Bedienstete, Zugsbegleiter bis zu einer Dienstzeit von 10 Jahren 14 Tage, über 10 bis 15 Jahre 21 Tage, über 15 Jahre 26 Tage. Eventuelles: Zweimal find im Jahre am Sitze des Be» triebsinspektorats Zugsführerprüfungen abzuhalten; als Beisitzer sollen ein Oberbeamter, der Verkehrsdirektor und ein Beamter des Betriebsinspektorats fungieren. Zweimalige Ernennung der Kondukteurzugsführer zu Obcrkonduktcurcn jährlich, uud zwar am 1. Jänner und am 1. Juli, so daß halbjährig die Oberkondukieurposten besetzt werden. Erbauung von Personalhäusern. Einstellung von Pack« meistern zu allen Fern- und ungarischen Personen- und Schnellzügen. Monturen. Herabsetzung deren Tragzeit. Fund-gegenstände. Behandlung derselben. Dienstwägen. Signalhörner ic. Zum 1. Punkt der Tagesordnung führt Genosse Scheibein einleitend aus, daß sich in den letzten Jahren die LebenSverhältnisse infolge der auf allen Gebieten zunehmenden Teuerung neuerdings zu ungunsten der Eisenbahnbedien-steten, speziell der Unterbeamtcn und Diener, gestaltet haben, weshalb diese Bediensteten, da ihnen ein sonstiges Mittel zur Herstellung deS erforderlichen Ausgleiches gegenüber dieser neuerlichen Belastung nicht zur Verfügung stehe, gezwungen seien, an ihre Verwaltung, als die Dienstgeberin, um Gewährung einer zeitgemäßen und ausreichenden Besoldung heranzutreten. In diesem Sinne habe die am 27. und 28. Jänner 1911 stattgesundcne Reichskonferenz der Zugsbegleiter ein neues Gehaltschema beschlossen, dessen Einführung auf allen österreichischen Eisenbahnen angestrebt werde. Dasselbe wird gleichzeitig vom Personalkommissionsmitglied Robert Scherbaum dem Vorfreuden Überreicht und lautet wie folgt: Gehaltschema fiir das Zuzbealcitimgöpcrsonalc, «velcheS Bel Hugrmrde-lcgung der S»ji»hrigcn Dienstzeit erreicht werden soll. £ E Erreicht nach Tienstjohreu Kategorie --2 2 * 6 8 10 12 u 10 18 20 28 24 r o n e 1t Kondukteure F 8 Jt 1100 1200 1300 im 1600 1600 1700 1800 1000 2000 R R Kondukteure Z 1100 ") 1200 ***) 1300 Ober- kondukteure • 3. - 1400 1600 1800 2000 2200 2400 2600 2800 3000 R *) Anstellung nach längsten? ein und einem halben Jahr. **) Nur Kondukteure, die längstens im fünften Jahre nach ihrer Anstellung die Prüfung mit Erfolg abgelegt habe», rücken unmittelbar tn die Wehaltstufe Bon UtiO Kr. vor. ***) Alle jene Kondukteure, welche zu dieser Dienstzeit die Pruiung nicht bestanden haben, rücken automatisch in die fflrlm’.tstuse von 120V Kr. und dann nach mit Erfolg abgelegter Prüfung zum nächsten BorrückungSt-rinin in die nächsthöhere Gehaltstufe zum Unterbeamtcn vor. Zur Begründung dieses Schemas beruft sich Redner daraus, dah in den Nachbarstaaten Oesterreichs für Zugsbe-gleiter durchwegs höhere Anfangs- und Endgehälter _ sowie bessere Vorrückungsfrifteu normiert seien, als wie bei uns; zum 'Beispiel betrage bei den königlich-bayerischen Staatsbahnen der Anfangsgehalt der Oberkondukteure 1800 Mark, der Endgehalt 2700 Mark zuzüglich der Quartier-, beziehungs-weife Wohuuugsgeldzulage; noch günstiger stelle sich dort die Bezahlung der Kondukteure, deren Anfangsgehalt 1400 Mark und deren Endgehalt 2000 Mark betrage. Der Packmeister beziehe dort einen Anfangsgehalt von 1700 Mark und erreiche einen Endgehalt von 2300 Mark. Redner ist daher der Ansicht, das; das beanspruchte Gehaltschema auch ohne weitere Begründung nicht als Übertrieben bezeichnet werden könne. Nicht so günstig, aber mit Rücksicht auf die gleichen TenernngSverhältnisse dennoch besser als bei uns, seien die Verhältnisse in der Schweiz. Der Anfangsgehalt eines Zugs» führers betrage dort 1900 Frcs., er rückt jedes Jahr um 100 Frcs. bis zum Endgehalt von 2500 Frcs. vor. Hierzu komme, das) einem bereits beschlossenen und mit 1. Jänner 1912 in Kraft tretenden Bundesgesetz zufolge mit Rücksicht auf die Teuerungsverhältnisse eine Erhöhung der Gehaltsbezüge von 350 Frcs. bis 450 Frcs. cintrcten werde, wobei betont werden müsse, dah die Nebenbezüge der Zugsbegleiter in der Schweiz günstiger seien als bei uns. Mit Rücksicht auf diese in den Nachbarstaaten beste* henden weit besseren Verhältnisse und in Anbetracht des Umstandes, dah der gegenwärtig für Kondukteure, Zugsführer und Führer normierte Anfangsgehalt von 900 Kr. schon im bestehenden Taglohnausmah überholt werde, müsse seitens der Zugsbegleiter im Sinne des Beschlusses der Reichskonferenz die Forderung nach Erhöhung deS Anfangsgehaltes auf 1000 Kr. und des Endgehaltes auf 2000 Kr. für die Dienerkategorie als völlig berechtigt bezeichnet werden. PersonalkommissiouSiuitglied Scherbaum unterstützt die Ausführungen des Vorredners und bemerkt erläuternd, daß das in der Schweiz für Zugsführer geltende Schema, demzufolge die Vorrückung in den Endgehalt in 6 Jahren statt» finde, für unsere Verhältnisse selbstverständlich nicht das erstrebenswerte Ideal darstelle, weil durch dieses System jede Ambition ertötet werden müsse. Der Herr Vorsitzende Doktor Fall erwidert, das; er dem Herrn Generaldirektor von dem vor-gebrachten Wunsche und den zur Begründung desselben angeführten Daten Mitteilung machen werde, macht jedoch gleichzeitig darauf aufmeksarn, dah die Verwaltung den Standpunkt einnehme, Aeubcrungeit des Schemas nur parallel mit den k. k. Staatsbahnen vornehmen zu können. Die Verwaltung werde allerdings, falls die k. k. Staatsbahnen eine Aeuderung des Schemas beabsichtigen sollten, dagegen kaum eine Opposition erheben. Nach dieser Sachlage wäre die Agitation wegen Einführung des neuen Schemas in erster Linie auf die k. 1. Staatsbahnen au verlegen« Das VertvaltungskommisfionSmrtgNed Echeibein unterbreitet zu Punkt 2 der Tagesordnung folgende Anträge: Variable Bezüge. Bezahlung der Dienststunden für Oberkondukteure, Pack-meister, Zugsführer, Kondukteure und Bremser eine Stunde Vor der fahrordnungsmäßigen Abfahrt bis eine halbe Stunde nach der wirklichen Ankunft. Bei der Rückfahrt ebenfalls eine Stunde vor der fahrordnungsmäszigen Abfahrt bis eine halbe Stunde nach der wirklichen Ankunft als „im Dienste". Pausen bii5 zu G Stunden sind in der auswärtigen Station als Dienst* stunden git verrechnen. In jenen Stationen, wo eine längere Uebernahms- oder Uebergabszeit besteht, ist die faktische Zeit als „im Dienst" zu bezahlen. Reservehalten in der Heimatstation wird mit 10 H. per Stunde für die Kondukteure und mit 12 H. für die Zugsführer entlohnt. Die Nachtstunden von G Uhr abends bis 5 Uhr 50 Minuten früh werden mit 50 Prozent Aufschlag entlohnt. (Selbstredend bei „im" und „ohne" Dienstfahrten und Ruhezeiten auswärts.) Die Schulstunden sollen als Dienststunden entlohnt werden. Zur Begründung dieser Forderung verweist Redner darauf, das; infolge der technischen Fortschritte im Eisenbahnwesen, insbesondere der Einführung von neuen außerordentlich leistungsfähigen Lokomotiven, die Belastung der Züge gegen früher verdoppelt, die Fahrzeit jedoch bedeutend gekürzt worden sei, woraus für die Zugsbegleiter einerseits eine viel intensivere Arbeitsleistung, anderseits eine sehr weitgehende Kürzung in dm variablen Bezügen resultiere. Gelegentlich der am 18. November 1009 stattgefundenen PersonalkouunifsionS-sitzung, betreffend allgemeine Angelegenüeiten des Zufche-gleitungSpersonals, habe Herr Inspektor Pülleritzer mitgeteilt, daß die Einführung der neuen Fahrgebührentabelle der f. $. Staatsbahnen für die Oberkondukteure der Südbahu ein Mehr-crfordeririS von 50.809 Kr. verursachen lruürde. Diese vom Direktionskontrollor Herrn ©rnjlich ausgearbeitete Berechnung sei von einigen Kollegen des Redners dahin überprüft worden, ob sie tatsächlich für alle Stationen zutreffe, was jedoch für Innsbruck nicht der Fall fei, da sich verschiedene Ungleichheiten ergeben hätten. Redner überreicht eine Tabelle, welche die fUittgesunde Verschlechterung des Fahrverdienstes im Jahre 1010 gegenüber dem Jahre 1909, beziehungsweise den Rückgang für daS Innsbrucker Zugbegleitungspersonal zeigt. Inland. Die Einberufung des ReichSrateS. Wie nunmehr fe|'t« stellt, wird der Reichsrat für Montag den 17. Juli einberufen. Die Thronrede wird Dienstag den 18. Juli durch den Kaiser gehalten werden. Die Geldgeber der Deutschradikalcn. Obwohl man es bisher auch schon wußte, daß die Herren Deutschraditalen die gut gehaltenen Kostgänger der Fabrikanten sind, leugneten das die Herren Führer immer, wenn man nicht gerade in der Lage war, die Photographie einer eigenhändig über eine empfangene Summe ausgestellte Bestätigung ihnen unter die Nase zu halten. Nun meldet sich aber ein Scharfmacherblatt, das „Wiener Montags-I o u r n a I", daS seine vornehmste Aufgabe in der Bekämpfung der Sozialdemokratie erblickt, und bestätigt es, das; die Deutschradikalen auf die Unternehmergelder angewiesen sind. Die von uns unter gleichzeitiger Reproduktion der Empfangsbestätigung mitgeteilte Tatsache, daß der mittlerweile in letschen zum Abgeordneten gewählte deutschradikale Herr Heine vom Verband der nord-böhmischen Industriellen 3000 Kr. erhalten habe, hatte nämlich auch das Schönererianische „Alldeutsche T a g b l a t t" seinen Lesern mitgeteilt. Dagegen wendet sich nun das in Diensten der Scharfmacher stehende Wiener Montagsblatt mit folgenden Worten: „Letzthin druckte gar das Wiener Hauptorgan der ,letzten Mohikaner' einen Artikel eines sozialdemokratischen Blattes ab, das die höchst sensationelle Mitteilung brachte, Me Industriellen haben die Wahl Heines in Tetschen unterstützt und zu diesem Zwecke gar eine Bestätigung Heines über "•000 Kr. im Faksimile reproduzierte. So dumm es von dem sozialdemokratischen Blatte ist mit derartigen Selbstverständlichkeiten Aufsehen erregen zu wollen, die Dummheit des fchönerianifchen BlalteL überragt sie noch, damit «die Radikalen blamieren zu wollen. Woher de»» füllten die Radikalen dns Geld fiie die Wahlen nehme», wen» nicht von de» Industriellen?" Der» Geständnis aus kompetenten Munde w rd man sich gut merken müssen. Selbstverständlich findet es das genannte Unternehmerorgan, daß die Dentschradi-kalen ihr Geld von den Unternehmern e r-halten. Selbstverständlich ist es daher auch, daß die Deutsch radikalen eine a u s g e h a l< tc n c W a ch- und Schließgesellschaft f ü r die Kassen der Kapitalisten sind. Dcutschnationale in Bodenbach ermorden einen sozialdemokratischen Arbeiter! Die Deutschnationalen haben nun auch noch einen Mord fertiggebracht. Der Kutscher der Aussiger Arbeiterbäckerei, Uhibolf H o n a k, wollte sich nach der Stichwahl in Bodeubach in seine Wohnung nach Schönborn begeben. Er war in Gesellschaft einiger Genossen, blieb aber unterwegs etwas zurück. In diesem Augenblick begegneten ihm drei Leute, die „Heil!" riefen und ihn dann höhnten, weil das Städtemandat verloren ging. Genosse Honak debattierte mit diesen Burschen, als plötzlich einer von ihnen, Josef Jans a, ein Messer zog und Honak niederstach. Dann liefen die Burschen davon. Der Lärm hatte die anderen Genossen veranlaßt, umzukehren. Sie fanden Honak sterbend; er konnte ihnen nur noch den Hergang der Sache erzählen, dann verschied er. Die ChristlichsozialkU für eine nette Auflösung des Reich:, rate S. Die Berliner „Garmama", die fortwährend in genauer Fühlung mit den Absichten der Wiener christlichsozialen Parteileitung steht und deren Wiener Artikel vielfach direkt von den Führern herrühren, enthält Ausführungen, die beweisen, das; die Christlichsozialeu schon jetzt eine Auflösung des'Abgeordnetenhauses vorbereiten wollen. Im Laufe eines Artikels über die Niederlage der Christlichsozialeu in Oesterreich, sagt das leitende Blatt des klerikalen deutschen Zentrums: „Das Kabinett Bie-nerth durfte nicht lange mehr bestehen, das Kabinett nicht und auch nicht der neue 9l eichsrat, mit dem noch w.,.iig'er zu arbeiten sein wird, als mit dem alten. Es heißt, für neue Wahlkämpfe bald gerüstet zu i e i u, es heißt, sofort an die Agitation heranzugeheu, damit iit Wien itttb auch im Land die große Niederlage wieder wettgemacht wird." ^ , ,-x nfle* Eisenbahner." i . " " >— Wem haben die Deutschbürgerlichen geholfen? Vier Jahre lang haben die Deutschuatioualen, Christlichsozialen und Agrarier im Bunde mit den polnischen Schlachzizen das Parlament beherrscht und durch ihre zu Ministern avancierten Führer regiert. Wem haben sie geholfen? Zuerst den M i n i st e r st r e b e r n. In dieser Zeit wurden folgende deutschbürgerlichen Führer versorgt: Dr. March e t (deutschfreiheitlich) 24.000 Kr. Pension; Dr. von Derschatta (deutschnational) 16.000 Kr. Pension; Heinrich Pr ade (deutschnational) 8000 Kr. Pension; Dr: Schreiner (deutschnational) 8000 Kr. Pension; Dr. G e ß m a n n (christlichsozial) 20.000 Kr. Pension; Dr. E b e n h o ch (christlichsozial) 16.000 Kr. Pension. Dazu kommt noch ein halbes Dutzend Tschechen und Polen. 46 pensionierte Minister stecken jährlich 868.960 Kr. Pension ein. Auch den Offizieren haben sie geholfen, indem sie die Offiziersgehalte um 6% Millionen jährlich erhöht haben. Jetzt bekommt mit Zulagen ein Feldzeugmeister 42.000 Kr., ein Feldmarschalleutnant 27.000 Kr., ein Generalmajor 23.000 Kr. it. s. w. Am besten aber haben die bürgerlichen Parteien für den Rothschild und die anderen Eisenmagnaten gesorgt. Die haben bei der Anschaffung von Kriegsschiffen, Panzerplatten, Kanonen u. f* w. ungezählte Millionen profitiert. Als die Sozialdemokraten diese reichen Leute höher besteuern wollten, haben es die Deutschnationalen, Agrarier und Christlichsozialen verhindert. Für das Volk aber haben diese Geldsackpolitiker nichts geleistet. Alles füt den Geldsack! Das war ihre Losung. Deutfchradikale Rachsucht. Im Ascher Bezirk ist bekanntlich der Deutschradikale v. Strairsky gegen den Sozialdemokraten H i l l e b r a n d unterlegen. Darob fürchterliche Wut im Lager der Teutonen. Rache um allen Preis und fei es durch Vernichtung von Arbeiterexistenzen, ist die Parole der Edlen. Die Behörden gehen den Deutsch-radikalen in der Ausführung der Rachegedanken bereitwilligst an die Hand; so wurden, wie die „Arbeiter-Zeitung" meldet, unlängst in Fricdensrcuth bei Asch fünf Genossen verhaftetundin Ketten geschlossen dem Kreisgericht Eger ei «geliefert. Gegen sie wird nämlich eine Untersuchung wegen Verbrechens des Raubes geführt. Was haben die Genossen verbrochen? Sie sollen einige deutschradikale Flugblätterverteiler, die allzu ausdringlich ihre Weisheit an den Mann zu bringen hofften, etwas verklopft und ihnen die Flugblätter w öiQ g c n o m m e n habe n. Das Wegnehmen der Flugblätter qualifiziert die Staatsanwaltschaft in Eger als Raub! Läßt deshalb Arbeiter verhaften, in Ketten legen und wie Mörder in die Gefängnisse werfen. So arbeiten Behörden für die bürgerlichen Parteien in unserem so gepriesenen Rechtsstaat. Neue Staatöbahndircktioncn in Böhmen. Die bürgerliche Presse meldet: Die bereits vor längerem geplante Errichtung der neuen Staatsbahndirektiou in Pardubitz wird demnächst erfolgen. Gleichzeitig mit der Aktivierung dieser Staatsbahndirektion wird auch die Staatsbahndirektion in Reichenberg errichtet werden. Die Uebernahme der Agenden der neuen Staatsbahndirektionen soll am 1. Immer 1912 erfolgen. Die Niederlage der Christlichfozialen — eine Fügung Gottes! Nicht wir, eine der gefallenen christlichfozialen Größen, ist auf den lustigen Gedanken gekommen, in ihrer einfach zerschmetternden Niederlage eine Fügung der Vorsehung zu erblicken. Und versteht sich: eine Fügung zu Nutz und Frommen der Geßmaunite». Der gute Mann schreibt nämlich int christlichsozialen Zentralorgan: „Wir wurden besiegt — nein, wir wurden rechtzeitig von der Bühne ab- und hinter die Kulissen gedrängt, weil auf der Bühne in der nächsten Zeit höchst riskante Dinge Vorgehen werden. Wir wurden in die Lage versetzt, just nur auf uns selber bedacht fein zu können. Jetzt, da die Parteien, die an der Krippe sitzen, ihre Existenz riskieren." Großartig: weil die Christlichsozialen Steuern und Kanonen bewilligen sollten, hat der Herrgott Tic ans dem Parlament hinausgewischt und sich dazu der freiheitlichen Wählerschaft bedient. Uns wundert nur, warum die Vorsehung, die, weil sie die Christlichsozialen so väterlich beschützt, mit den Geßmännern fehr enge Verbindungen haben muß, nicht gleich nach Ausschreibung der Neuwahlen zu verstehen gab, was sie vor hat. Die Christlichsozialen hätten in diesem Fall viel erspart: das Kandidieren, das Agitieren, das viele Geld für die Irreführung der Wähler und die Blamage bei dem Durchfall! Im übrigen glauben wir nicht recht daran, daß sie nicht zum Schluß bei dem hochpatriotischen Werk, Kanonen und Steuern zu bewilligen, nicht mittmt werden. Der 82. Sozialdemokrat gewählt. Die Wahlen sind nun zu Ende. Der vierte Wahlgang, der für die galizischen Wahlen noch vorgesehen ist, ist nur eine seltene Ausnahme und kommt praktisch fast gar nicht vor. Die Wahlen haben noch die Wahl des Genossen W i t y k, des 82. sozialdemokratischen Abgeordneten, gebracht, während der zweite ruthenifche Sozialdemokrat Genosse Ostapczuk, der in eine aussichtslose Stichwahl gelangt war, unterlegen ist. Ausland. Der Streik der Seeleute. Die Seeleute in England, Belgien und Holland befinden sich seit dem 14. Juni im Streik. Sie fordern einen monatlichen Mimmallohn, eine Lohnerhöhung, Bezahlung der Ueberstunden, bessere Beköstigung, vollzählige Bemannung, Verbesserung der Mannschaftsräume an Bord, Abschaffung der Shipping-master, Abschaffung der ärztlichen Untersuchung in den Shipping Offices u. s. w. Ueberall wird die Berechtigung der Forderungen anerkannt. Selbst solche Leute, die der Arbeiterbewegung nicht sympathisch gegenüberstehen, verurteilen die Zustände, unter denen die Seeleute leben müssen. Difc Reeder lehnen jedoch jedes Entgegenkommen ab, soweit sie nicht doch schon, durch empfindliche Verluste dazu genötigt, gezwungen worden sind, Zugeständnisse zu machen. Tatsächlich sind schon in verschiedenen Häfen von den Reedern erhebliche Schenererhöhnngen zugestanden worden. Der Kampf ist hart und das Ende noch nicht abzusehen. Die Reeder arbeiten in Gemeinschaft mit der Polizei und staatlichen Beamten an der Nicderringung der >> Streikend'«?. Durch Import von Streikbrechern sucht man die streikenden Schiffsmannschaften zu ersetzen, meisten-nur notdürftig und dann noch mit solchen Leuten, die noch nie aus See waren, noch niemals vorher ein Schis! betreten haben. Selbstverständlich erfordert ein solcher Kampf, der sich über mehrere Länder erstreckt und einen großen Teil der Schiffahrt berührt, außerordentliche Aufwendungen an finanzieller Unterstützung. Ein solcher Kampf erfordert nicht nur die Solidarität aller Transport- und Verkehrsarbeiter in moralischer, sondern auch in finanzieller Hinsicht. Wir fordern deshalb alle Organisationen der Transport- und Verkehrsarbeiter auf, foweit es in ihrer Macht steht und soweit es ihre Kassenverhält-nisfe erlauben, schnell zu helfen und ihren kämpfenden Brüdern zur See durch praktische Solidarität tatkräftig zur Seite zu stehen. Alle Geldsendungen sind unter Angabe „Für die streikenden Seeleute" zu adressieren: H. Jochade, Berlin SO. 16, Engelufer 21, II. Mit brüderlichem Gruß: Der Zentralrat der I. T. F.: I. Döring, P. M ii 11 c r, O. S ch u nt c, n n, L. 93 r u n ti e r, H. Jo ch a d e. Die Pennsylvania Railroad gegen das Organisa-kionörccht der Eisenbahnwerkstättenarbeiter. Agitatoren der American Federation of Labor und der Union der Maschinisten, Wagenbauer, Kesselmacher und Schmiede bemühten sich in letzter Zeit, die Werkstättenarbeiter der genannten Eisenbahngesellschaft zu organisieren, was dieser einen solchen Schrecken einjagte, daß sie sofort den Beitritt zu einer Union mit Strafe Bet' Entlassung bedrohte. Protestierende wurden auch tatsächlich sofort entlassen, aber es wurde ihnen gesagt, sie könnten ihren Arbeitsplatz wieder einnehmen, wenn sie ihre Mitgliedschaft in der Union wieder aufgeben würden. Die entlassenen Mitglieder hielten jedoch überall große Protestversaiuntlungen ab und am 5. April fand in Pittsburg, Pa., eine Konferenz statt, an der sich Vertreter der Metallarbeiter, Grobschmiede, Maschinisten, Kesselmacher, Wagenbauer und der großen Brotherhoods der Lokomotivführer, Heizer, Schaffner, Zugbelgeiter, Eisenbahntelegraphisten sowie der Federation of Labor beteiligten, um gemeinschaftlich über die notwendigen Abwehrmaßnahmen zu beraten. Die Kompagnie wollte jedoch gegenüber dieser Kundgebung keine Schwäche zeigen, sondern sie entließ in Pittsburg nach und nach 4000 Angestellte, darunter auch solche, die sie mit 36 Jahren als zu „alt" bezeichnete. Darauf kam es am 20. Mai i,i;m Streik. Frauen als Bahnwärter. Aehnlich wie bei uns in Oesterreich wird auch in Deutschland überall „gespart", nur nicht da, wo es notwendig ist. Der deutsche Kaiser erhält eine Gehaltanfbefserung von 3% Millionen Mark jährlich, während die Helden, die ihm seinen Kaiserthron aufgebaut und mit ihrem Blut festgeschweißt haben, hungern und betteln müssen, so daß die öffentliche Mildtätigkeit die öffentliche Bettelei des Kornblumenrummels für sie inszenierte. Und nun kommt eine Meldung aus Bayern, die von einem erschreckenden Mangel cm kaufmännischem Verständnis zeugt: Die bayerische Eisenbahnverwaltung reformiert, um den Betrieb sparsamer zu gestalten. Natürlich wird nicht an den Gehältern der oberen Beamten gespart, sondern die schlechtest bezahlten Arbeiter sollen durch Mehrarbeit Ersparnisse ermöglichen. Zurzeit ergeht an die Bahnwärter der bayerischen Staatseisenbahn der Auftrag, daß ihre Frauen den Dienst versehen sollen. Der Bahnwärter selbst soll auf der Strecke arbeiten und die Frau soll jeden Tag fünf Stunden Posten stehen, wofür sie den glänzenden Lohn von 9 P s. f ü r d i e Stunde erhält. Wenn die Frau den Dienst aus irgendeinem Grunde nicht versehen kann, soll der Bahnwärter auf einen anderen Posten versetzt werden. Viele Bahnwärterposten sollen überhaupt eingezogen werden. Daß die Unfallziffer sinkt, ist wenig wahrscheinlich! Frauen als Bahnwärter! Das ist eine Frauenemanzipation von oben, die — ganz so ist wie meist die Dinge, die dem deutschen Volk von oben beschert werden. Maßregelungen organisierter preufiischer Eisenbahn-arbcitcr fanden in letzterer Zeit mehrere in Hamburg statt. Nicht nur, daß die Arbeiter wegen der ihnen gesetzlich anstehenden Teilnahme cm gewerkschaftlichen Organisationen von der staatlichen Eisenbahnverwaltung brotlos gemacht werden, wird ihnen auch noch die Erlangung anderweitiger Beschäftigung durch besondere Kennzeichnung der Entlassungszeugnisse erschwert. Das Führungszeugnis eines Entlassenen, der sechs Jahre im Eisenbahndienst tätig war, trägt folgenden Vermerk: „...Seine Leistungen waren genügend. Ihm ist das Arbeitsverhältnis gekündigt worden, weil er dem Transportarbeiterverband angehört, Verstoß gegen § 23 der gemeinsamen Bestimmungen für die Arbeiter aller Dienstzweige der Staatseisenbahnverwaltung. Im übrigen war seine Führung befriedigend." Leider läßt sich gegen eine solche Brand-marknng nichts unternehmen, da die Eisenbahnen und ihre Betriebe in Preußen nicht den Gewerbegerichten unterstehen und die ordentlichen Gerichte in früheren Fällen schon „für recht erkannt" haben, daß solche Kennzeichnung zulässig ist! Aus dem Gerichtssaa!. Der „Schuldige" an dem ZttgZznsannnenftost bei Komotan. Brüx, 00. Juni 1011. Wenn man Laien, Bauern oder Arbeiter, zu Richtern über den angeklagten Lokomotivführer Zabe gemacht hätte, f° wären sie wohl schon vor Monate», am erster. Verhandlungstag, zu einem frei sprechenden Urteil gekommen. Menschen, in deren Köpfen noch für anderes als für Paragraphen Platz ist, hätten sich nach einer Stunde überzeugt, das; nicht der Lokomotivführer Zabe an dem Zugszusammenstotz bei Storno tan die Schuld trägt, sondern das System der A. T. (£. Freilich, die Richter, vor denen Zabe stand, waren Berufsrichter, von denen kann man nicht verlangen, dast sic fo rasch zu einem freisprechenden Urte" gelangen, da sie doch gewohnt sind, immer schuldig zu sprechen-Und so schleppte sich denn der Prozeß monatelang hin, 3l'r Qual des schwerkranken Angeklagte'-.. In der letzteil Verhandlung am 18. Mai erstatteten die Sachverständigen ein ®ul* Str. SO „Her Gts-ttdahne».- '&U»fL »chte«, da» b«t Angeklagte« glänzend entlastete, da» ab« ge- radezu vernichtend war für die Verwaltung der A. T. E. In dem Gutachten wurde auSgeführt, daß der Unfall nur möglich war, weil alle in Betracht kommenden Faktoren ihre Pflicht nicht erfüllten. Wenn auch nur eine» der damals im Dienst stehenden Organe seine Pflicht voll und ganz erfüllt Hütte, I)iitte sich der Unfall nicht ereignen können. Alle haben sich auf den Lokomotivführer verlassen. Dieser habe seine Pflicht erfüllt. Wenn c* — was aber nicht bewiesen wurde — weiterfuhr, ohne dass las Signal auf „frei" stand, so könne dies nur erklärt werden durch eine momentane Störung in dem Funktionieren seines Gehirnes. Im Anschluß an dieses Gutachten wies der Verteidiger des Angeklagten, Herr Dr. _ Hübsch aus Aussig, darauf hin, daß Zabe an Rückenmarkschwindsucht leide, durch welche Krankheit bekanntlich das Sehvermögen oft gestört wird. Um nun sicherzustellen, ob der Angeklagte schon zur Zeit des Unfalles an dieser Krankheit litt und dadurch sein Sehvermögen geschwächt war, möge man ein ärztliches Gutachten einholcn. — Der Gerichtshof gab dem Antrag des Verteidigers statt und vertagte zum Zweck der Einholung des ärztlichen Gutachtens die ‘ Verhandlung. In der heutigen Verhandlung wurden zunächst drei ärztliche Zeugnisse verlesen, in denen die Vermutung ausgesprochen wird, daß Zabe schon zur Zeit des Unfalles rückenma. kleidend war. — Das ausführliche gerichtsärztliche Gutachten kommt zu demselben Schlug. — Damit war das Beweisverfahren geschlossen, cs folgten die Plädoyers. Der Staatsanwalt erklärte, die Anklage aufrechtzuerhalten. Er meinte, das Sachverständigengutachten sei nicht verwendbar, weil cS dem Urteil vorgegriffen habe, indem es sagte, das; Zabe vom bahntcchnischen Standpunkt aus kein Verschulden treffe. — Wenn das Sachverständigengutachten das Gegenteil auSgeführt hätte, wäre natürlich der Herr Staatsanwalt ganz damit einverstanden gewesen. '— Einen großen Teil seines Plädoyers verwendete der Staatsanwalt dazu, die Belastungszeugen zu verteidigen, deren Glaubwürdigkeit ihm wohl selber sehr fadenscheinig Vorkommen mochte. Er verwahrte sich dagegen, das; die Zeuge« falsch ausgesagt hätten, auch von einer Beeinflussung von oben könne keine Rede sein. Auch wenn der Angeklagte tatsächlich an Sehstörungen gelitten habe, sei er schuldig! ES werde ja auch der betrunkene Kutscher verurteilt, der im Zustand der Trunkenheit jemand überfahre. Der Angeklagte müsse von seinen Sehstörungen gewußt haben. Weil er trotz seines Leidens den Dienst versah, so sei er schuldig zu sprechen. Der Verteidiger Dr. Hübsch wies überzeugend nach, wie wenig glaubwürdig die Belastungszeugen seien, deckte Widersprüche in ihren Aussagen auf und schilderte noch einmal ausführlich die Betriebsanarchie bei der A. T. E. Alle anderen Diensthabenden gehören eher auf die Anklagebank als Zabe, der geradezu ein Held an Pflichterfüllung sei. — Da alle Tatsachen, auf denen die Anklage aufgcbaut ist, unrichtig sind, beantragte er die Freisprechung Zabes. Nun hatte sich der Gerichtshof, und vor allem der Vorsitzende Stöger, offenbar schon ganz aufs Verurteilen eingerichtet. Wie sollten sich nun die Richter herauswinden? Ganz einfach: sie sprachen Zabe frei, nahmen aber als feststehend an, daß die Signale auf „Halt" standen, Zabe also doch die Vorschriften verletzt habe. Nur weil er krank ist, wahrscheinlich schon damals an Sehstürungen litt, wurde er freigesprochen. — Wäre ", nicht krank, er wäre trotz des Sachvrständigengutachtens schuldig gesprochen worden. Dcutschböhmen wäre vann freilich reicher”6" ^U^iaintum' 6e,‘,er besagt, um ein Klassenurteil , 'Erblindung als Unfallsfolge. Am 17. April 1910 fuhr der OberkondUktcür der Südbahn Heinrich Birtic als Zugs-fuhrer nnt dem Schnellzug Nr. 1601 von St. Peter nach lrrrvC\'r " ln seinem Dienstwagen, welcher mit Koffern vollständig beladen war, tätig war. siel einer dieser Koffer herab und traf ihn am linken Auge. Da Birtic keine bedeutenden Scherzen verspürte, setzte er seine Arbeit fort, bemerkte jedoch binnen kurzem einen kleinen Schatten vor dem w m .'*Uß.c4 welcher ihn bei der Schreibarbeit hinderte, so a,; Birtic, da dieser Schatten durch mehrere Wochen nicht vergehen wollte, sich schließlich am 28. Mai 1910 veranlaßt MH, sich beim Bahnarzt Dr. Geiger krank zu melden, welcher rns Laibacher Krankenhaus zur Untersuchung sandte, wo wirtic durch einige Tage verblieb und auch später noch viederholt zur Visite und Untersuchung seines Augcö erschien, j ,ar, der Zustand seines Auges sich jedoch immer mehr ver-lchlimmerte, begab sich Birtic im September 1910 nach »"agenfurt zum Primarius Dr. Purtscher, welcher nach Untersuchung seines Auges eine Abhebung der Netzhaut fest-getlte und erklärte, daß dies möglicherweise durch einen Stoß «der Schlag geschehen sein konnte. Erst hierauf erstattete , 1 r t i si die Anzeige von seinem Unfall vom 17. April 1910, wvrde jedoch von der Bcrufsgenossenschaftlichen Unfallversicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen mit seinen Ansprüchen abgewicsen, da diese sowohl die Ereignung seines Unfalles als auch, auf Grund der von ihr eingeholten Gutachten, den Zusammenhang zwischen dem angeblichen Unfalle Md der Verletzung des Auges, welche mittlerweile zu einer Etnahe ^ vollständigen Erblindung geführt hatte, bestritt, ist r t i c klagte nun durch Dr. H a r p n e r beim Schiedsgericht. ,,mch Durchführung des Beweisverfahrens, in welchem sämt-iche Acrzte einvernommen wurden, und nach genauer Unter» mchung des Birtic stellten die Sachverständigen Professor r". Königstein und Dozent Dr. Hanke fest, daß bei irtic eine beinahe totale Netzhautäbhebung am linken Mge eingetreten sei. wie solche entweder infolge einer Ge-lchwulst oder eines Unfalles bei Leuten in mittlerem Alter Preten können Es gelang, eine Reihe von Momenten fest« «Mellen, auf Grund deren die Sachverständigen, ganz im . egensatz zu dem Gutachten, das die beklagte Anstalt vorgelegt latte zu dem Resultat kamen, daß der Zusammenhang ?„sichen der Netzhautabhebung und dem Unfall höchst wahr-uheiulich sei, zumal ein einfacher Schlag oder Stoß auf den t °hf gelegentlich genüge, um eine solche Abhebung der Netz» fnw!* herbeizuführen. Das Schiedsgericht nahm denn auch ! wohl die Ereignung des Unfalles als auch den Zusammen» , P als erwiesen an und sprach Birtic eine N a ch-puhjung von Kr. 1 0 58 • 7 6 und für die Folgezeit eine oprozentige Rente, monatlich Kr. 159-90, zu. 3n ^..Unfall infolge unbeleuchteten Stockwagens. Am - Jänner l. I. hatte der Kondukteur Eduard Bauer um Uhr cifrends einen Teil des Zuges 65, bestehend aus einer o cirrenos einen Len ces yugee- 65, bestehend aus einer Schreiben des Stundenpasses benötige und der Zug eine cevne noch nicht brauche. Der Zug hielt nun bei dem auf „Halt" stehenden SluSfahrtSfemaphor an. Bauer hatte den Stundenpaß eben zu Ende geschrieben und wollte sich vom Fußtritt der Lokomotive entfernen, als im selben Augenblick von rückwärts eine Verschubgarnitur in Bauers Zug hinein-fuhr, weil deren Lokomotivführer Ferenz wegen Fehlens der Schlußsignale den Zug Bauers nicht gesehen hatte. Infolge des Anpralles erlitt Bauer selbst mehrfache Verletzungen, ferner wurde der Heizer Müller der Lokomotive des anderen Zuges an die Tenderbremse angeschleudert. Nach einer von der Polizeidirektion eingeholten Note der Generalinspektion kam als schuldtragend für den Unfall in erster Linie Eduard Bauer in Betracht, weil er auf den Stock des Zuges keine Schlußlichter gegeben hatte, in zweiter Linie der Zugsexpcdient Ringel h ose r, weil er den Zug expediert hatte, ohne sich von dem Vorhandensein der Schlußlichter zu überzeugen. Wegen dieses Vorfalles hatte sich vor dem Bezirksgericht Josefstadt in Strafsachen Eduard Bauer ob Uebertretung nach § 482 St.-G. zu verantworten. Ringel Hofer war kurz vor der Verhandlung gestorben. Der durch Dr. H a r p n c r verteidigte Angeklagte gab an, er habe, da das Zeichen zur Vorfahrt bis zum Semaphor durch den Verschieber gegeben wurde, nicht voraussehen können, daß die Garnitur bereits als Zug zu betrachten sei. Er war vielmehr der Ansicht, daß noch verschoben werde, zumal er von Ringelhofer nicht abge. fertigt war. Wenn er seinen Zug als Verschubgarnitur auffaßte, habe er Schlußlichter nicht benötigt, übrigens war cs ihm unmöglich, die Schlußlaterne anzubringen, weil in dem Augenblick, als ihm Ringelhofer den Stundenpaß ein» gehändigt hatte, der Zug über Auftrag des Verschiebers sich in Bewegung setzte, so daß er knapp Zeit hatte, aufzuspringen. Der über Antrag des staatSanwaltsckiaftlichen Funktionärs geladene Sachverständige, kaiserlicher Rat Liebl, gab an, daß die Verantwortung Bauers nach den Umständen ihre Richtigkeit haben mag und daß ihm in diesem Falle kein direktes Verschulden zur Last falle. Vom Verteidiger geführte Zeugen gaben an, daß dem rückwärtigen Zuge die Aussicht nicht wegen des Fehlens der Schlußlichter, sondern wegen einer Kurve und Verstellung von Zwischengeleisen mit Waggons benommen war, woraus der Sachverständige die Schlußfolgerung zog, daß auch beim Vorhandensein von Schlußlichtern der Unfall sich ereignet hätte, da er in diesen hiervon unabhängigen Verhältnissen seine Ursache hatte. Im Hinblick auf dieses Ergebnis des BeweiS-verfahrens, trat der staatsanwaltschaftliche Funktionär von der Anklage zurück, worauf der Richter den Freispruch Bauers verkündete. Streiflichter. Ein Schwabenstreich der k. k. Staatsbahndirektion Linz. Ein gediegenes Stücke! passierte kürzlich bei der Wagendirigie-rung in Linz, die aus untertänigster Devotion sich unsterblich blamierte. Der Bahnarzt in Aschbach. Nicderösterreich, wollte sein Pferd dem Pferdefleischhauer in Linz senden und bestellte daher beim Bahnamt in Aschbach einen Wagen. Das Bahnamt wendete sich nun um einen solchen an die Linzer Wagendirigie-rung, die, weil Schloß Wallsce in der Nähe von Aschbach ist, der Meinung war, es handle sich um einen Wagen für Hofpferde. Trotz einer Aufklärung von Aschbach ließen sich aber die Herren in Linz von ihrer Meinung nicht abbringen, und es wurde je ein Spezialwagen für Luxuspferde aus' Prag und Salzburg und ein Güterwagen mit Requisiten als Reserve nach Aschbach dirigiert. Man denke sich nun die Heiterkeit, als dieser Wagenpark in Aschbach einlangte. Alles lachte, als man den für den Pferdefleischhauer bestimmten Gaul des Bahnarztes in den .Hofwagen Verlud — in Linz sollen die Herren von der Wagcndirigierung aber nicht besonders geistreiche Gesichter gemacht haben, als die Hofsendung mit der alten Mähre einlangte.... Bremsinstrukteure bei den k. k. Staatsbahnen. Wie die k. k. Staatsbahndirektion Villach in einem Zirkular mitteilt, sieht sie sich veranlaßt, vorläufig einen Bremsinstrukteur einzustellen, dessen Aufgabe es sein sollte, die Zugsbegleiter in der Handhabung der Bremsen zu überwachen, bei wahrgenommenen Anständen durch Belehrung einzuwirken und selbe zu rapportieren. Begründet wird die Notwendigkeit dieser Neu-einführung damit, daß die Fülle des Zugreißens sich mehren, was auf eine mangelhafte Bedienung der Bremsen seitens des hierzu berufenen Personals zurückzuführen sei. Man muß es der Direktion Villach lassen, sie hat sich über die möglichen Ursachen des Zugreißens den Kopf nicht zerbrochen, und die Schuld daran kurzerhand dem Zugspersonal in die Schuhe geschoben. Dazu bedarf es wahrhaftig keines Scharfsinnes. Das Zug» reireißen ist bekanntlich eine Erscheinung, die im Bahnbetrieb reißen ist bekanntlich eine Erscheinung, die im Bahnbetrieb Sicherheit und Regelmäßigkeit des Verkehrs, als auch die persönliche Sicherheit der Zugsbegleiter arg zu beeinträchtigen. Welch katastrophale Wirkung ein Zugreißen unter Umstünden zur Folge haben kann, dafür lieferte uns im Vorjahr das erschreckende Ereignis auf der Vrermerbahn hinlänglichen Beweis. Die Gefahr des Reißens ist hauptsächlich bei den Güterzügen vorherrschend und wächst in demselben Maß, als der Zug an Länge und Bruttobelastung zunimmt. Aber auch andere Umstände können mitbcstimmend hierfür sein. Die Dienstobliegenheiten der Güterzugsbegleiter sind mannigfach in ihrer Art. Zu diesen gehört in erster Linie die Bedienung der Bremsen. Zweck derselben ist es, die Geschwindigkeit des Zuges zu regeln, beziehungsweise denselben ganz zum Stillstand zu bringen. Ebenso ist die Streckenkunde eine der unerläßlichen Vorbedingungen für die Ausübung dieser Dienstobliegenheit der Zugsbegleiter. Es ist Erfahrungstatsache, daß beispielsweise kurze Horizontalen in Gesällstrecken eine große Gefahr des Reißens in sich bergen, die nur durch eine richtige und zweckentsprechende Handhabung der Bremsen herabgemindert werden kann. Das Verständnis für eine zweckmäßige Bedienung der Bremsen und die Streckenkenntnis dem deuZug begleitenden Personal beizubringen, kann nur das Produkt einer eingehenden Belehrung und praktischen Einschulung sein. Run kommt es aber häufig vor, daß bei gesteigertem Verkehr durch Einleitung von Erforderniszügen oder großer Bruttobelastung eines Zuges, speziell in Strecken mit größeren Neigungsverhältnifsen, der normierte Stand der Zugsbegleiter nicht ausreicht. In diesem Fall wären disponible ZugSbe-gleiter der Domizilstationen zur Verstärkung heranzuziehen. Nun trifft es aber oft zu, daß solche nicht vorhanden sind, oder der Entfernung wegen ihre Beistellung nicht zeitgerecht bewerkstelligt werden kann. Im letzteren Fall werden ganz einfach Magazinsarbciter zu diesem Dienst kommandiert. Nun sagt aber der Artikel 4, Punkt 1 der Instruktion 20 der Verkehrsvorschriften: „Zum Zugbegleitungsdienst dürfen nur Personen verwendet werden, die sich vorher über die ihre Dienstesverrichtungen betreffenden Bestimmungen und Vorschriften genaue Kenntnis verfchafft, dieses durch eine Prüfung nachgewiesen haben, und nach entsprechender Einschulung zur Ausübung -dieses Dienstes für befähigt erklärt wurden." Wie es aber mit dieser Prüfung und Einschulung in Wirklichkeit der als Verstärkung zum Bremserdienst kommandierten Magazins-arbeiten vielfach bestellt ist, beweist zur Genüge die Tatsache, daß schon zu iviederholtenmalen von den Delegierten in der Personalkommission darauf hingewiesen wurde, daß zur aushilfsweise« Verwendung als Bremser bei Güterzügen, vielfach Leute herangezogen werden, die selbst der primitivsten Voraussetzungen für die Ausübung dieses Dienstes bar sind. Diese State mit auf Liesen Dienst bezughabenLm vorsthrkftt» zu beteilen, da» scheint man nicht immer für notwendig z* finden, ja, e» Hai siet sogar schon zugetragen, dah solch« Leute nicht einmal im Besitz einer Dienstfahrordnung waren,; und es ist schon vorgekommen, daß solchen als Verstärkung bei^ gestellten Leuten von Diensthabenden bedeutet worden ist, c»j dem Zugsführer nicht zu sagen „dah ihnen diesen Dien st fremd ist und sie das erstemal hierzu verwendet werden". Also ohne die geringste Kenntnis jedweder Vorschriften werden solche Leute als Verstärkung zw einem Dienst befohlen, dem die Beförderung von Hab und Gut; der Parteien anvertraut ist, zu einem Dienst, der von jedem einzelnen Zugsbcglciter ein so großes Maß von Kenntnissen^ und Fähigkeiten beansprucht. Diese Rücksichtslosigkeit und Außerachtlassung der primitivsten Gebote der Verkehrssicherheit steigert sich geradezu zum Verbrechen. Wie sich solcherart der ohne jede Einschulung als Verstärkung im Bremserdienst verwendete Magazinsarbeiter das Verständnis für die zweckdienliche Handhabung der Bremse, der Streckenlage, der Bedeutung der Signale lt. s. w. cmcignen sollte, das wissen die Götter. Ob die Verwendung von Magazinsarbeitern in Gemüsegärten und zu Hausarbeiten zum Nutz der Vorstände und zum Schaden der Verwaltung geeignet ist, den Mangel an Kenntnissen für die aushilfsweise Verwendung im Zugsbegleiterdienst zu ersetzen, wollen wir bezweifeln. Die sachgemäße Bedienung der Bremsen erfordert von den Zugsbegleitern die gespannteste Aufmerksamkeit, die einerseits der Bewegung des Zuges, anderseits der Strecke gewidmet werden muß. Daß dieser Anforderung aber nur ein Personal gerecht: werden kann, das ausgeruht ist und nicht über das Maß des: menschlichen auSgonützt wird, liegt auf der Hand. Das steht aber im Widerspruch zu den bekannten Oekonomisierungsbestre-: bungen der Verwaltung, die darauf gerichtet sind, das Personal in unmenschlicher Weise auszunützen. Die fortwährende Verschlechterung der Fahrturnusse und die Verwendung der Ber» stärkungSbremser tagsüber zu Magazinsarbeiten ii la Unz-markt-Frisach sind schlagende Belege hierfür. Mögen durch dieses fluchwürdige System Hundcrttausende von Kronen an Schaden erwachsen, wenn nur anderseits an PersoualauS'lagen paar hundert Kronen erspart werden können! Eine weitere nicht zu unterschätzende Rolle in puncto Verkehrssicherheit spielt die Verbindung der Wagen untereinander. Laut Vorschrift sollten die Wagen derart gekuppelt wer-! den, daß die Pufferscheibenentfernung nicht mehr als dreij Zentimeter beträgt. Ja, wenn es nur mit der Vorschrift allein! gedient wäre; man vergießt dabei aber ganz, daß es notwendigj ist, auch die Möglichkeit zu schaffen, sie befolgen zu können. Diej Pflege der Kuppelgewinde wird vielfach vernachlässigt und außer, acht gelassen, obzwar die Erfahrung lehrt, je mehr Spielraum die Wagen untereinander haben, beziehungsweise je länger sie: gekuppelt sind, um so größer auch die Gefahr des Reißens besteht. Wie sollte auch eine systematische Pflege der Kuppel-1 gewinde möglich sein, fehlt es doch an der ersten Voraussetzung1 hierzu, an Personal. Und alle diese Mängel sollten in den Augen der k. k.; Staatsbahndirektion V i l l a ch die Einstellung eines Brems-. instrukteurs ersetzen. Nicht menschenwürdige Fahrturnusse, nicht die praktische Erprobung und Einschulung des zum Bremscr-dienst herangezogenen Personals, auch nicht die Instandsetzung der Kuppeln, wozu Personal erforderlich ist, sollten der Gefahr des Zugreißens steuern. Nein, die Herren beim grünen Tisch wissen das viel besser: Die Einstellung eines Bremsinstrukteurs sollte das Mirakel zur Lösung des Problems sein. „Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube." Genernlversnminliing des Pensionsinstitutes der österreichischen Lokalbahnen. Am 24. Juni hatte im Saale des Ersten österreichisch-ungarischen Beamtenvereines, I., Wipplinger-ftraße 25, die 18. ordentliche Generalversammlung des Pensionsinstitutes der österreichischen Lokalbahnen stattgefuudcn. Auf der Tagesordnung war: 1. Mitteilung des Vorsitzenden. 2. Vorlage des Berichtes des Vorstandes und des Rechnungsabschlusses für das Jahr 1910. 8. Bericht der Revisoren. 4. Beschlußfassung über die Punkte 2 und 3. 5. Die traditionelle Statutenänderung. 6. Eventuelle Anträge. Bei Punkt 2 wurde von seiten der Vertreter der Lokalausschüsse der Wunsch ausgesprochen, dem Rechnungsabschluß statistische Tabellen über die Diensteigenschaft der Versicherten, über die Hohe der Versicherungssumme, über die Dauer der Mitgliedschaft sowie über die Höhe der Pensionen der Witwen re., kurz über alles, was zur Information und Aufklärung der Mitglieder dienlich sei, beizulegen. Nach der Stimmung im Vorstand ist leider sehr wenig Aussicht, daß dem Wunsche der Mitglieder Rechnung getragen wird. Bei Punkt 5 der Tagesordnung lag ein Antrag des Vorstandes vor auf Abänderung des § 4, Absatz 2, sowie § 11, Absatz 1, und der mit diesen Paragraphen zusammenhängenden Paragraphen, dann §9, Absatz 2. Als Grund, warum diese Anträge eingebracht wurden, gab der Vorstand an, daß die 7prozentigen Beiträge der Mitglieder sowie der 7prozentige Zuschuß der Bahnverwaltungen Nicht genüge, um den durch die Versicherungstechniker ermittelten Abgang von Kr. 203.626-13 zu decken, daher es notwendig sei, die Beiträge sowie die Zuschüsse von 7 auf 8 Prozent zu erhöhen. Nachdem die Vertreter der Bediensteten sowie ein großer Teil der Delegierten der Bahnverwaltungen sich nicht überzeugen konnten, warum das Institut mit 7prozentigen Beiträgen passiv sein sollte, da andere Institute mit geringeren Beiträgen ganz gut florieren, wurde dieser Antrag mit großer Majorität abgelehnt. Es wurde ins Treffen geführt, daß die Gehaltserhöhungen an der Unterdeckung schuld seien. Abgelehnt wurden alle Anträge, die eine Verbesserung des jetzigen Statuts, respektive eine Besserstellung der Versicherten bezwecken sollten. Außerdem wurde eine Abänderung des § 89, Punkt 7, dahin vorgenommen, daß die Generalversammlung dann beschlußfähig sei, lucnn so viel Delegierte und Vertreter anwesend sind, daß sie drei Fünftel der gesamten Stimmen vertreten. Sollte dies nicht der Fall sein, so wird eine Stunde darauf eine neue Generalversammlung abgehalten, die unter allen Umständen beschlußfähig ist. Wir werden später über die Statutenänderung ausführlicher berichten. Wie Eisenbahnbedienstcte im Krankheitsfall behandelt werden. Am 20. April 1911 sah der Pumpenwärter Vodicka in Absdorf den Lokomotibführeranwärter Franz Rejcha auf der Lokomotive des Zuges Nr. 75 sitzen, so daß er ihm scherzweise zurief, wie er sich unterstehen könne, anstatt zu arbeiten, zu sitzen. Unterdessen blieb die Lokomotive stehen, Rejcha stieg ab, krümmte sich vor Schmerzen, mar ganz blaß und Schweißperlen tropften ihm über die Wangen. Er ging zu seinem Vater ins Pumpenhaus und klagte über riesige Schmerzen im Unterleib. Sein Vater riet ihm, nach Haus? zu fahren und Rejcha bat sich warmes Wasser zum waschen aus, um mit Zug 322 nach Haufe zu fahren. Unterdessen wurde ihm immer schlechter, so daß sein Vater um den Arzt ging. Es war dies um 4 Uhr nachmittags. Der Arzt war nicht zu Hause, so daß der Vater des Erkrankten den diensthabenden Assistenten Walter ersuchte, er möge auf einem Fahrrad einen Mann um den Arzt nach Stetteldorf senden, wo sich dieser in seiner freien Zeit gewöhnlich aufhielt. Dem wurde willfahrt und der Bote traf auch den Dr. Nagler an. Statt daß sich aber dieser aus seinen Kutschierwagen gesetzt hätte, um in Absdors scjner Pflicht als Arzt und Mensch nachzukommcn, kam er erst um 7 Uhr abends, ordnete einen russischen Tee mit etwas Rum an, verschrieb Tropfen, und nachdem er noch angeordnet hatte, dem Kranken Eisstücke schlucken zu lassen und erklärt hatte, die Sache sei gar nicht gefährlich, ging er fort. Erst als er das zweitemal kam, sah er, daß die Sache doch gefährlich sei. Ob- WM die Wohnung des Dr. Nagler nur 6 Minuten bon der Wahn entfernt ist, dauerte es eine halbe Stunde, ehe er Zant, als er das zweitemal geholt iverden mußte. Jetzt ordnete er sofortige Uoberführung ins Spital an. Leider waren aber schon ■die meisten Züge abgegangen, so daß es ziemlich lange dauerte, bis der Kranke ins Krankenhaus kam. Er wurde mit dem Zug Nr. 324 nach Wien überführt, und zwar nicht ins Krankenhaus, sondern in die Wohnung seines Schwagers. Dies war nach 12 Uhr nachts. Sein Schwager mußte sich zunächst um einen Arzt bekümmern, was noch ziemlich lange dauerte. Als der Wiener Arzt Dr. Redlich kam, konstatierte er eine Blinddarmentzündung und daß eine Operation notwendig gewesen sei, die aber schon zu spät ii-at. Nejcha wurde ins Krankenhaus zu den Barmherzigen Brüder überführt, wo er mit riesigen Schmerzen bis Samstag den 22, Aprit bis %S Uhr abends lag und einen schmerzvollen Tod fand. Es steht außer jedem Zweifel, bas; dem Lokomotivführeranwärter Nejcha noch hätte geholfen werden können, wenn Dr. Nagler rechtzeitig seine Pflicht getan hätte und wenn er die Erkrankung ernst genommen hätte. Aber da es sich nur um einen Eiscnbahn-bediensteten handelte, li-f, sich Dr. Nagler Zeit. Es wird Sache der Vertrauensmänner der Eisenbahner im Kranken* kafsenauSschust sein, aus genaue Untersuchung dieses Falles zu bringen und darauf zu bestehen, daß Dr. Nagler alle Konsequenzen aus seiner Gewissenlosigkeit zu tragen Habe. Eine Deputation beit Lokomotivführeranwüriern bei der EtaatSbnhndirektion Wien. Unter Führung des Personal-ioinmissionsiuitgliedes Genossen Bart h sprachen am 11. Mai die Lokomotibführeranwärter Adler, Brauner und Felder meier beim Herrn Ministerialrat £6 o l i 8 k a vor, um im Namen ihrer Kollegen dahin zu wirken,daß alle Anwärter, die im Juli dem ad hoc-Erlaf; entsprechen, auch ernannt werden. Genosse Barth führte aus, daß der Ernennung nichts im Wege stehen könne, da doch von der k. k. Nordbahndirektion 200 Lokomotivführerposten zur Normierung der $. k. Staatsbahndirektion Wien abgegeben wurden. Herr Ministerialrat Kolisko erklärte, von diesen 200 Posten nichts zu wissen, versprach aber, Erhebungen pflegen zu lassen und dem Personal gern entgegenzukommen. Die freien Lokomolivführerstellen sollen ausgeschrieben werden, damit nicht -wiederum Präterie-rungen Vorkommen können. Korrespondenzen. Wien I. Herr Josef Kitchbcrgcr ist ein Pracht-rxemplar eines indifferenten Lokomotivführers, deswegen verdenk er, der breiten Öffentlichkeit vorgestellt zu werden. Die Organisation haßt er im allgemeinen, aber die armen Teufeln bon Kohlenarbeitern insbesondere. Eine allgemein bekannte Tatsache ist es, das; der Kohlenplatz von Wien I dem Loko-motivperfonal genug Anlaß zu Klagen gibt. Erstens die unglückliche Anlage des Kohlenplatzes, weiters geschieht die Verladung in der primitivsten Form, dann die überlangen Arbeitszeiten der Kohlenarbeiter und viele Mängeln lokaler Natur bringen es mit sich, daß das Verladen der Tender ziemlich viel Zeit in Anspruch nimmt. Doch Herr Josef Kirch-b erg er kennt nur eine Ursache, welche allerdings seiner Beschränktheit alle Ehre macht, nämlich: die Kohlenarbeiter sind schuld, daß es am Kyhlenplatze nicht geht, sie wollen nichts arbeiten, weil sie organisiert sind. Während nun der größte Teil der Lokomotiveführer von Wien I genug Einsicht und Urteilsfähigkeit aufbringt und die wahren Ursachen kennt, sich daher den Kohlenarbeitern gegenüber menschlich benimmt, fühlt sich Herr Josef K i r ch b e r g e r berufen, so oft er am Kohlenplatze mit feiner Maschine erscheint, den Antreiber der Kohlenarbeiter zu spielen. Es gibt mit diesem Herrn am Kohlenplatze immer Plänkeleien; bei einem derartigen Anlaß verwahrte sich nun der Vertrauensmann der Kohlenarbeiter gegen den Ton, welcher er de» Arbeitern gegenüber anschlagt und forderte ihn auf, sich in der Ansprache des Wortes „Herr" zu bedienen. Nun, da kam er aber schön an; was, zu einem Tagwerker soll ein Lokomotivführer Herr sagen? Daß wäre noch schöner. Herr Kirchberger machte über diesen Vorfall Anzeige bei der Heizhausleitung und der Kohlenarbeiter wurde mit einer 1 Kr. bestraft, und zwar mit einer wahrhaft salomonischen Begründung, nicht wegen der Anmaßung des Titels i?crr> sondern, weil er es unterlassen hatte, ohne Aufforderung des Lokomotivführers beim Verladen laut zu zahlen. Mit diesem Straferkenntnis wurde nun die wacklig gewordene Autoritär des Herrn Kirchberger gepölzt. Allerdings wurde auch die Frage der Ansprache gestreift, doch meinte die Heizhausleitung, der Titel Herr kommt erst dem Unterbeamte» zu. Es herrscht nun tatsächlich die mittelalterliche Gepflogenheit bei den k. k Staatsbahnen erst im Dekret des Itntcrßcflmlen den Titel „Herr" anzuwenden. Zum Schluß möchten wir Herrn Kirchberger und die assistierenden DeputationSmitgliedcr, welche mit ihm bei der Staatsbahndirektion vorsprachen, um die Kohlenarbeiter wegen ihrer Faulheit zu denunzieren, atiraicn, die Stiefelsohlen zu sparen. Wären sie weniger borniert und haßerfüllt, so müßten sie wissen, daß die ©iaatsbahndirettion durch die Arbeits- und Leistungsausweise des Heizhauses genau über das Arbeitspensum eines jeden Kohlenarbeiters informiert ist, daher dein engherzigen und von einem sehr begrenzten geistigen Horizont zeugenden Angaben solcher Leute keinen Wert böimißt. Den Koblenarbeitern können diese kleinlichen Bosheiten und Gehässigkeiten nicht viel schaden, sie sind im Gegenteil nur geeignet, ihnen stets die Notwendigkeit und Unentbehrlichkeit der gewerkschaftlichen Organisation vor Augen zu halten. Ojcrnoiuit!. sSt reckenwächterelend.) Es klingt nahezu unglaublich, wenn man in den Versammlungen der Streckenwachter hört, bis zu welchem Grade die Herren der k. k. Bahnerhaltuugssektionen das ihnen unterstellte Personal sekkieren, plagen und strafen. Recht- und schutzlos ohne jede Hilfe stehen die Wächter in der Bukowina da, angewiesen nur auf die Gnade einzelner Bahnerhaltungspaschas. Rechtfertigungen müssen mit vielfachen Beweisen belegt werden und dann nützen sie noch nichts, nur wenn der Streckenwächter zufällig Zeugen angibt und die Herren beim grünen Tisch ans der Rechtfertigung ersehen, daß es für sie mit einem Skandal enden konnte, Iasicji sie die bereits diktierten Strafen fallen. Die Bahnerhaltungen in der Bukowina sind noch Abteilungen, in welche sehr wenig Licht und Sonne hineingeleuchtet haben. Die Zustände bei diesen sind meistenteils geheimnisvolle. Erst wenn die Erbitterung des Personals bis zur Verzweiflung getrieben ist und cs zur Explosion kommt, bekommt man manche Tat der sauberen Gesellschaft vor die Augen. Die Dienstordnung, das oberste Gesetz bei der 9^ahn, wird nur dann bei der Bahnerhaltung gkhandhabt, wenn es zuungunsten des Personals geschehen kann. In der Bukowina gibt es Streckenwärter, welche den Erholungsurlaub seit acht bis zehn Jahren nicht ausgenützt haben, weil diese einen solchen nicht bekommen können. Wird ein Erholungsurlaub verlangt, muß ein gestempeltes Gesuch vorgelegt werden, dieses wird des öfteren von der k. k. Bahnerbaltungs-fektion beanständet und zwei oder dreimal dem Wächter zur näheren Begründung zurückgestellt. Geschieht einmal das Malheur, daß so ein Gesuch in die k. k. Betriebsleitung sich hineinverirrt und erhält von dort der Streckenwächter den Urlaub bewilligt, dann gestattet der Herr Sektiousvontand es nicht, den von der Betriebsleitung bewilligten Urlaub an« zutreten, mit der Motivierung, der Wächter solle alles nochmals dokumentieren. Wi: wissen es genau, daß laut Ministerialerlass den Vorständen das Recht zusteht, im eigenen Wirkungskreis den untergebenen Bediensteten einen Urlaub bis zu acht Tagen zu geben, dazu gehört kein gestempeltes Gesuch. Aber bei uns in der Bukowina sind noch immer kleinasiatische Zustände. Die k. k. Bahnerhaltungssektion in Jtzkany hat den Bahnmeistern für Urlaube speziell einen hektographierter. Wisch herausgegeben, um damit die Wächter irrezuführen. Derselbe lautet: K. k. Bahnerhaltungssektion Jtzkany. Bahnmeister........................ Mündlich borgebrachtes Urlaubsgesuch bis zur Dauer von drei Tagen. 1. Vor- und Zuname des GesuchstellerS. 2. Diensteigenschaft desselben. 3. Stationierungsort. 4. Dauer des angesuchten Urlaubes. 8. d. i. vom .... 101 . bis inkl....................101 , 6. Reiseziel. 7. Nähere Begründung und Zitierung von Beilagen. 8. Bemerkung wegen allfälliger Substitution. am........................101 . Unterschrift des Bahnmeisters. Bei Retournierung solcher Urlaubsgesuche heißt cs: »Der Punkt 7, laut beiliegenden Urlaubsgesuches des N. N. ist näher zu begründen, respektive anzuführen, wozu N. 91. den Urlaub benötigt." Oder, um den Amtsschimmel weiter reiten zu lassen: Der Punkt 8 ist gänzlich unverständlich und daher aufzuklären. Die Herren in der BahnerhaltungS-fektion führen eine rege Korrespondenz mit den von den Wächtern eingebrachten gestempelten Gesuchen. Ein sehr krasser Fall möge da als Beispiel dienen, wie die Be- diensteten, wenn sie Urlaube in sehr dringenden Fällen verlangen, von den Vorgesetzten behandelt werden. Es geschah im Jahre 1900 im Monate Mai oder Juni, daß der Ablöfe- wächter A. S. im Dienste war, während seine Frau draußen im Garten beschäftigt war. Sechs kleine Kinder blieben im Hanse allein ohne welche Aufsicht. Von was könnte ein Wächter eine Aufsicht bezahlen, wenn er kaum mit den 900 Kr. sein Auskommen finden kann? Die Kinder spielten mit Feuer und eines verbrannte sich und starb in kurzer Zeit. Die Frau des AblösewächterS wurde durch die Staatsanwaltschaft angeklagt und die arme Mutter mußte zu dem Verlust ihres Kindes »och eine Arreststrafe abbußen. Der Ablösewächter S. legte ein gestempeltes Gesuch vor, um seinen Erholungsurlaub zu verlangen, damit er zu Hause bei den Kindern bleiben könne, weil die Frau Arreststrafe abbüßen muhte. Der Urlaub wurde nicht bewilligt, und S. mußte ein Weib für die Kinder aufnehmen und hierfür täglich j$r. 1-00 nhlen. So schaut unserer Herren Gerechtigkeit aus. Wir önuten sehr viele solcher trauriger Geschichten erzählen, bleiben diesmal bei der einen. Die Streckenwächter in der Bukowina führen bittere Klage über llebcrbürimngcn im Dienste. Sie muffen 16 Stunden Dienst machen und haben darauf 12, beziehungsweise 10 Stunden frei. In 24 Stunden muß viermal auf Streckenkontrolle gegangen werden. Ein jeder Kontrollgang hin und zurück macht vier Kilometer ans. Wir haben ganz unparteiisch nachgerechnet und gefunden, daß das Gehen in den Dienst und zurück und die Kontrollgänge im Laufe von 10 Stunden Dienst nicht weniger wie bis 80 Kilometer ausniacht und fragen gleichzeitig, wie lange so ein Ablosewächter solche Hunzereien bei der Bahn ciushalten kann? Die Streckenwächter haben am 26. April und 11. Juni 1011 große Versammlungen gehabt und verlangen einen Dienstturnus von 12 Stunden Dienst und 19, beziehungsweise 16 Stunden frei. Die k. k. Bahnerhaltungssektion in Czernowitz und Jtzkany operieren mit einem erbärmlichen Straf-shstein. Den Vorrang hierbei verdient allenfalls der Inspektor W o l a k in Czernowitz. Dieser Herr leidet wahrlich an einer Strafwut und müßte, wenn matt von der k. k. Betriebsleitung eine unparteiische Gerechtigkeit erwarten könnte, Herr W o I a I als Kranker ins Spital abgeführt werden. Bezüglich der Strafausmaße gibts beim Herrn Inspektor Wolak keinen Pardon. Kommt beispielsweise ein Streckenwächter von der Provinz in die k. k. BahncrhaltungSsektion nach Czernowitz, um sich mündlich zu rechtfertigen und, gegen das diktierte Strafausmaß zu protestieren, wird im neuerlich Strafe diktiert, weil er nach Czerstowitz gekommen sei. Beweist der Streckenwächter, daß er unschuldig gestraft wurde, wird ihm die Strafe nachgesehen, und gleichzeitig der Mann für etwas anderes als schuldtragend befunden, und das bereits gestrichene Strafausmaß aufs zweite überschrieben. Meldet der Streckenwächter den Rekurs gegen das ungerechte Strafausmaß an, dann sägt der Herr Inspektor Wolak: Wenn sie einen Rekurs gegen die Strafe machen werden, so kommt das immer in meine Hände, und. ich werde mit dem das machen, was mir gefällt. Wenn die Streckenwächter protestieren, daß die Angaben der Nachtkontrolle nicht immer auf Wahrheit beruhen, und daß die Strafen ungerecht sind, bekommt man zur Antwort: Der Bahn- meister ist beeidet und ich schenke ihm das Vertrauen und was er sagt, ist bei mir heilig. Wir fragen gleichzeitig bei der k. k. Betriebsleitung an, haben die Streckenwächter in der Bukowina keinen Diensteid abgelegt, nur die Bahnmeister? Wie weit die Lumperei bei den Nachtkontrollen Platz greift, wollen wir durch einiges aus den Briefen, welche uns die Streckenwächter eingesendet haben, in die Öffentlichkeit bringen: Am 22. Jänner 1911 hat der Gebäudemeister Joses Schneider, der Liebling des Herrn Inspektors W o l a k. aus Czernowitz, seine erste Nachtkontrolle von der Station Kuezurmare zu Fuß bis zur Station Volksgarten vorgenommen. Der Wächter auf 281 hat ihn überhaupt nicht gesehen. Beim Posten 280 wurde der Wächter, als er zum Signalisieren des Zuges hinauskam, durch das Bellen des Hundes aufmerksam gemacht, daß jemand hinter den Stall geschlichen ist. Bei der Annäherung des Wächters nahm jemand schleichend über das Ende der Strecke Reißaus. Erst in. der Früh bei der Streckenbegehung Nr. 2 hat der Wächter am Grenzpflock „Nachkontrolle Schneider" ausgeschrieben gefunden, felbstverständlich war es die Nachtkontrolle, welche sich beim Stalle herumschlich und sich überzeugen wollte, ob der Wächter den Zug signalisieren wird. Beim Posten 228 hat der Wächter sehr stramme Hunde, die haben den Herrn Gebäudemeister keinen Schritt weiter gehen lassen, so daß Schneider dem Wächter zurief: „Nehmen Sie Ihre Hunde weg, sonst erschieße ich sie." Schneider hat sich begleiten lassen. Bei Posten 227 ist er vorbeigeschlichcn, Damit ihn der Wächter nicht sehen soll. Auch beim Zugsmeldeposten Nr. 16 machte er dasselbe, erst am Wächterposten 225 ist Schneider ins Dienstzimmer um 1 Uhr 50 Minuten nachts hineingckommett und bis 3 Uhr früh gesessen. Er hat ins Dienstbuch hineingeschrieben: „70 Minuten im Dienstzimmer gewartet, kein Wächter am Posten, Streckenbegehung nicht gemacht". Bei Posten 223 war eben Dienstwechsel. Im Dtenstzimmcr war niemand, weil * der Wächter in seiner Wohnung war, Schneider ist leise ins Dienstzimmer hineingegangen und hat inS Dienstbuch hineingeschrieben: „Wächter nicht am Posten, ©trcctenbcgeljung nicht gemacht, Handrampe gesperrt". Dann ist er wieder ganz still weggegangen und Hot auch die Tür des Dienstzimmers offen gelassen, um keinen Lärm zu machen. Sämtliche Wächter bekamen je 1 Kr. Strafe, der Wächter auf dem 221 sogar 5 Kr. Strafe, dazu muß die Schnellzugsprämie 2 Kr. 3U< gerechnet werden, welche auch verloren geht. Vom 25. auf 26. Februar l. I. würbe zwischen den Stationen Nepolokutz und Luzan die Glockenscklaglinie und Telephonlinie ausgeschaltet, um damit ja die Wächter irrezuführen. Solche Manöver erlaubt sich der ©cbäubenteister Schneider. Am 7. Mai 1011 ist Schneider auf der Lokomotive des Zuges 494 gefahren und hat wegen Streckenbegehung die Wächter angezeigt, wurde aber von diesen Wächtern bei den Rechtfertigungen lügenhafter Angaben überwiesen. Wir mußten eine Portion der sauberen Taten des Schneider an den Tag bringen, um öffentlich zu zeigen, wer Schneider ist. Das nächstemal, Herr Schneider, werden wir mit ihre" Schweinereien aus Hadikfalva kommen, dann werden sie sich nicht in die Fäuste lachen. Auch der Bahnmeister Pfeiffer treibt unerhörte Sachen mit dem Denunzieren der Strecken-Wächter. Wir erinnern diesen Herrn au das Jahr 1902, wo er suspendiert wurde, es ist noch nicht alles über sie bekannt, Herr Pfeiffer I Die Streckenwächter verlangen Um-zäumung der Wächterhäuf er. In den Wächterhäusern sollen Kohlenöfen und die Kohlenkisten bei den Wächterhäusern aufgestellt werden. Statt Bodenleitern sollen Stiegen hergestellt, an den Wächterhäusern sollen Vorgänge angebaut, Türen und Fenster sollen repariert und die Keller nicht aus verfaulten Schwellen gebaut werden, da sonst alles Eingewinterte erfriert. Weiters verlangen die Streckenwächter, daß die k. k. Bahnerhaltungsfektion in Jtzkany Strafzettel einführt. Auch machen die Streckenwächter die k. k. Betriebsleitung darauf aufmerksam, daß trotz mehrmaligen Versprechens seitens des Herrn Hofrates Tschiggfrey die Amtsblätter noch immer nicht den Streckenwächtern zur Einsicht zugänglich find. Großes Elend herrscht bei den Streckenwächtern in der Bukowina. Um andere Zustande in euren Reihen schaffen p tönnen und euch davor zu bewahren, un schul bi g g ep t a g t und gestraft z u werben, rufen wir' euch zu: Streckenwächter in ber Bukowina, hinein in bic allgemeine Z entralorganisation, benix nur mit dieser werdet ihr euch helfen können! Mlhkisch - Ostrau - Okerfurt. (Wie sich deutschnationale Vorgesetzte, eine R a u g s e i n t c i l u n g vor stellen.) De>. Maschinenmeister Stieb er des Heizhauses M ä h r i s ch - O st r a u ber k. k. Nordbahn ist ein großer Dcutschiiatioimler Wahlmacher und Wahlzutreiber. Seine Parteiagitation macht vor den Toren des Heizhauses nicht halt. Sie setzt sich innerhalb des Heizhauses in eine Protegic« rung deutschnationaler Bediensteter und in eine Zurücksetzung Andersgesinnter um. Wiewohl durch einen Direttions-erlaß bestimmt ist, daß die Turnusse rangSgemäß zu besetzen sind, besetzt dieser Maschinenmeister Slieber willkürlich und er findet hierbei au dem Vorstandssteklvertreter des Heizhauses, dem Herrn Oberkommissär Aufricht, insoweit eine Stütze, als dieser bei Beschwerden die Vorgangsweise S t i e b e r s deckt, die nicht stichhältigen Ausreden desselben gelten und es bei dessen ungerechten Anordnungen bewenden läßt. Es wird da Aufgabe der Direktion sein, die rangsgemäße Diensteinteilung im Heizhaus Mährisch-Ostrau zur tatsächlichen Einhaltung zu bringen, lieber die Stimmung, die unter dem Mährisch-Ostrauer Maschiuenpersonale herrscht, kann bei der Direktion tein Zweifel bestehen. Als Herr Inspektor K l i in-kowiez am 25. Mat in Ostrau war, hat er diesbezüglich eigene Wahrnehmungen gemacht. Das Personal demonstrierte, als man selben den in einer Versammlung abgelehnteu Turnus auf oktroyierte und man tut nicht gut daran, daß man dieses noch obendrein durch Duldung von Ungerechtigkeiten bei der Diensteinteilung reizt. Klustergrab. lieber deutschnationalen Fanatismus Brachte die Teplitzer „Freiheit" bei den Reichsratswahlen in Kloster-grab zwei Artikeln, wo die deutschnationale Kultur so recht gekennzeichnet wurde. An einem sachlichen, ruhigen Wahlkampf, wie wir Sozialdemokraten ihn führen, finden bic Deutschnationalen keinen Gefallen. Hier in Klostergrab waren es bie dcutschnationalen Eisenbahner, die sich zu dieser unwürdigen Rolle hergaben. Schon bei der Anlegung des Wahl-fatasterS war es der deutschnationale Kondukteur Franz Löbel, welcher einige Genossen in der gröbsten Weife insultierte und einen großen Skandal auf der Gasse provozierte, um ben Genossen bie Arbeit zu erschweren. Diesen Herr» würdig zur Seite stand Kondukteur W. W ü r z e b e s s e r. Als unsere Genossinnen Agitationsbroschüren verteilten, wurden sie von Würzebcfser roh empfangen. Er warf ihnen die Broschüren vor die Füße und gebrauchte dabei das Zitat aus „Götz von tierlichinqen". Die Palme aber verdient unstreitig der Kondukteur W. t)t u t f, der an seine WohnungLtür einen Zettel befestigt hat, auf dem folgendes zu lesen war: „Achtung! Da ich Mitglied des Reichsvundes deutscher Eisenbahner, des Deutschen Bundes und des Deutschen Schulvereiues bin, verbiete ich jeden sozialdemokratischen Werbeagitator den Eintritt, widrigenfalls ich von meinem Hausrecht Gebrauch mache. Die Mitglieder des ReichSl'iindes glaubten, daß sie ganz allein das Recht haben, Wahlarbeiten zu verrichten und gezeichneten unsere ruhige und ernste Agitation als eine Frechheit. Kaum wurden bei der Hauptwahl die Stimmzettel verteilt, als auch die Reichsbündler mit der Verteilung der Klebezettel für ihren „Arbeiterkandidaten" Hans Knirsch eit,c fieberhafte Tätigkeit entfalteten. Dieselben scheuten sich nicht, an sozialdemokratische Mitglieder ihre Klebezettel anzubriN' gen. Auch der Reichsbündler Kondukteur W. K. leistete fleißiü Wahlhilfe. Als unser Genosse Beer bei der Hauptwahl nicht Stimmen auf sich bereinigte und eine Stichwahl nötig wurde, da ging erst recht die Verleumdung auf Sozialdemokraten und Tschechen los. Ein Bild deutschnationaler Kultur legle ber Kondukteur E. M. zutage. Zwei sozialdemokratisch6 Mielsparteien, beide Eisenbahner, wurden von seiner Gattin mit dem Hinauswurf gedroht. Seine Gattin brauchte wiederholend die Worte: „Das rote Kapitel muß hinaus." AuÄ Herr M. hat sich wiederholt vor Zeugen geäußert: „Einct't jeden Sozialdemokraten soll man ein Loch in den Kopf bohre» und dann hineinsch " Als der Sieg des Häuptlings der Gelben verkündet wurde, zogen ganze Trupps jodelnd uno heulend durch die Straßen, man glaubte in ein Jndianer-dorf versetzt zu sein. Sogar Schulkinder wurden mit nationalen Fähnchen beteilt und zogen vor das sozialdemokratisch^ Lokal, um durch Heilrufen unsere Genossen zu provoziere«-Im Siegesräusche kamen zwei Reichsbündler, die Kondukteure F. Sch. und H. K., vor die Wohnung des Genossen H. u"„ riefen provokatorisch: „Rotes Parlament, kommt heraue- ihr rotes Gesindel, wann's Kttrage habet" u. f. tti> Das |l kurz geschildert das Bild Klostergrabcr Wahlen. Nun, bcutschimtioiialen Kameraden, ihr braucht nicht stolz auf diesen Sieg zu sein, denn derselbe ist mit Hilfe der Polizei und n» Hilfe der 626 chriftlichfozialcn Stimmen errungen tnordet • Es wird bic Zeit kommen, wo in ganz Deutschböhmen, get'0^ so wie Heuer mit ben Schwarzen in Wien, abgerechnet werden wirb. St. Pölten. (Unser deutscher S ü g c n f ch n n '•) Als Antwort auf die Jauchenspritze des „Deutschen Eisen bahnet" vom 20. Juni l. I., Seite 5, unter der ©pitzmi1 „Sozialdemokratische Acmterfiimulicruug" sei folgendes de Tatsachen entsprechend richtiggestellt: Es ist eine Lug ' daß die sogenannten roten Oberbouzen der Direktion pc Vorschlag machten, die Häuservertrauensmänner für ? Provisionsfondshäuser zu wählen, sondern die Direnio tpoltic in St. Pölten dasselbe einführen, was sie bereits überall in den ProvisionZsondshäusern anderwärts seit Jahren mit gutem Erfolg eingeführt hat. Also, Sie Neichs-bundmacher, das ist etwas anderes. Aber dankbar sind tuir Ihnen doch. Jetzt haben wir es schwarz auf weife, daß in Ihren Airgen alles schlecht ist, was die Sozialdemokraten in die Hand nehmen oder sich daran beteiligen, auch wenn es sich Um eine Sache handelt, welche sich anderwärts schon Jahre hindurch als gut und nützlich für die Mieter sowie für die Verwaltung erwiesen hat. Die Bediensteten können sich nun ein klares Bild timt der Wahrheitsliebe dieser „Treudeutschen" machen. Ferner muh der Skribler selbst zugeben, daß die Verwaltung bisher nicht so war, wie sie hätte sein sollen, und Ucbelständc vorhanden sind, welche einer Remedur bedürfen, zum Beispiel, daß die Mietzinse nicht hereingebracht wurden. In diesem Fall hat der Schreiber vergessen, festzustellen, daß es die Schuld des Gcbäiidciiicislers war, welcher bezeichnenderweise zu seinem Anhang zählt. Wahrscheinlich wollte er seinem Volks- und Gesinnungsgenossen nicht wehe tun. Also men culpa. Ebenso hat der Schreiber vergessen, zu betonen, daß die Parteien auf der Westseite, welche bei schlechtem Wetter statt einer Wohnung eine Schwimmschule hatten, es doch nur den roten Oberbonzen zu danken haben, datz die Verwaltung veranlaßt wurde, die Wohnung insiandzusetzen und ihnen eine Entschädigung zu zahlen. Auch ist es sehr bezeichnend für den Artikelschreiber, wenn er sagt: „Die Sozialdemokraten wollten sich Amterln verschaffen." Wo sic nach seinen eigenen Angaben in jener Bersammlzmg erklärt haben, diese Sache umsonst zu machen. Anderseits behauptet er. die Obersozi wollten sich die 800 Str., welche derzeit der Administrator bekommt, zu-schanzen. Wirklich, das ist eine Zumutung an die Leser des »Deutschen Eisenbahner", welche zeigt, wie tief die ReichS-bundmachcr das geistige Niveau ihres Anhängers einschätzen. Das in dem Artikel zitierte Sprichwort: „'p i c größten Kälber wählen sich ihre Metzger selbe r", kann jeder, der Anhänger des Ncichsbundcs ist, folgerichtig auf sich beziehen. Was die Wahl mittels Stimmzettel betrifft, wollen wir kurz bemerken, datz diese Idee nicht von uns, sondern tiom damaligen Administrator Herrn Oberinspektor Ehs war. Das Trinmphgeschrei, das diese Meute jetzt erhebt, weil ihre sofort eingeleitete Gegenaktion angeblich gelungen ist, ist entschieden eine sehr verfrühte Sache. Denn der Sachverhalt war folgender: Bekanntlich war besagte Versammlung an einen Samstag für nachmittags 5 Uhr einberufen und infolgedessen nicht entsprechend besucht, was die Sozialdemokraten schon vom Anfang ins Kalkül zogen, weil doch selbstverständlicherweise Samstag nachmittags die Bediensteten und Arbeiter zum Grotzteil nach Wien fahren. Infolgedessen von einer geplanten Abstimmung keine Rede sein konnte. Abe was siecht so ein Grund einen deutschen Tintenkuli an? Er hat Argumente zu sammeln, und wenn sie noch so zweifelhafter Qualität sind. Ihm scheint die Hauptsache zu sein, Nach der bekannten Moral vorzugehen: verleumde nur zu, cs bleibt immer etwas hängen. Zur besseren Charakterisierung sei mich Bemerkt, das diesen deutschen Mannen sich der Anhang der Kuttenmänner sofort anschloß, um im edlen Zusammenwirken offen zu beweisen wie ehrlich und anständig sie sein können, wenn es jjilt, den Sozialdemokraten eines anzuhängen! Obwohl wir wissen, was wir von diesem gelb-schwarzen Gelichter zu erwarten haben, so ist es doch ausgefallen, datz sich einer gefunden hat, welcher es mit seiner Ehre vereinbart fand, für sie eine Lanze zu brechen. Dieser Held ist Herr Anlanger, welcher es durch seinen — „Fleiß" bis zum Werkmeister gebracht hat. Ehemals hat er sich oft bitter beklagt ob so manchen derben Fußtrittes, welchen ihn die gelben Macher des öfteren für würdig befunden und heute ist er bereits bis zum Siegfried der Deutschen gesunken. Er hat sich wohl nur deshalb so für den deutschen Sinn Begeistert, um selbst den Pascha in dem Oause zu spielen. Es hat sich dies doch sehr deutlich gezeigt, als er seine Wohnung wechselte; da verlangte dieser, daß die bereits dort schon seit Jahren wohnenden Parteien ihren Keller für ihm ausräumen, weil ihm der zu seiner SBoIjnung gehörige nicht passe. Gleichzeitig wollen wir dem Herrn Werkmeister P a s k e r sowie Herrn Anlanger unter die Nase reiben, daß die Werkmeistcrkanzlci nicht zum Unterschriften sammeln errichtet wurde und unseres Erachtens zu etwas ganz anderen bestimmt ist. Zum Schlüsse beißt diese Bande noch auf den Knochen des in Konkurs geratenen Konfum-Bcrcius der Eisenbahnre herum; dazu wollen wir ihnen als Antwort folgendes sagen: Wie diesen Ehrenmännern Bekannt 'st, war es eben ein Sozialdemokrat, welcher in das Wesven->test gefahren ist und so manches ausgcdeckt hat. Zufällig >varen es gerade solche, welche in dem Neste sich breitgemacht hatten, welche heute die Macher der Ortsgruppe des Neichsbundes sind, und gegründet wurde er auch von solchen Leuten. -Uso auch damit ist cs nichts, du lieber Jauchemann. Aber einen Rat wollen wir den Schwarz-rot-goldenen geben: Schaut nur auf euch selber, denn die Sozioberbonzen haben noch niemanden, welcher bestraft ist, zu einem Kreuzerl ver-yolfen. Ebenso hat noch kein Sozi das Amtsgeheimnis dazu •itißBraucht, um andere zu belehren. Also nur schön ruhig, sonst kommt nächstens statt dem Staberl der Stecken. Weiz. Gelegentlich der im März 1911 stattgehabten Sitzung der Personalkommission hat Stationsaufseher Pesen-oorfer bei den Herren Oberinspektor Erb und Revisor Schober, wegen der ©tationSrcinigung in Weiz Vorgesprächen, Genannte Herren versprachen, die Sache genau zu erheben Und bas nötige zu veranlassen. Der Beschwerdegrund ist folgender: Seit Jahren hatte der nun pensionierte Stations-ouffchcr Peißl gegen Pauschale die ganze StationSreinignng über. Mit Peißls Pensionierung übernahm Herr Vorstand Kutscher die Reinigung in eigener Regie und wurden die Arbeiten durch die jeweilige Dienstmagd verrichtet. Zu HsetßlS Zeiten wurden auch die Stiegenfenster der Reinigung Beigezogen. Um nun das Dienstmädchen der zeitraubenden Arbeit zu entheben, wurde selbe einfach durch Er-vänzung zur Hausordnung den Parteien zudiktiert. Darob entstand große Aufregung und die Frauen lehnten diese Arbeit einfach ab. Der Herr Vorstand ließ nun durch Maga-5msarbeiter die Fenster aushängen und zum Brunnen •tagen, woselbst die Wageuputzerin gegen Bezahlung die Fenster reinigte. Am 1. April l. I. wurden für die Reinignngs-f°ften dem Stationsaufseher Pesendorser 70 H. zur Zahlung "uferlegt. Der Herr Vorstand gedenkt nun, jedesmal von einer anderen Partei die Reinigungskosten hereinzuBringen. Auf "’e diesbezüglichen Vorstellungen bei der k. k. Staatsbahn-Erektion Villach erfolgte weder eine Erhebung noch sonst eine V‘e»dcrung. . Die betroffenen Parteien erlauben sich daher, an die .'k. Staatsbahndirektion die Frage zu richten, wieso es möglich daß in Naturalwohnungcn, wo auf Grund des ReinigungS-pufchnls viele Jahre die gesamte Ordnung aufrecht erhalten Aurdc, auf einmal gewisse ArBcilcn aBgestoßen und den "^ohnparteien oktroyiert werden können? Q Gloggnitz. Am 2. Juli während der Ausfahrt des «Uges 821 as der Station Gloggnitz, verunglückte unser g^'uojfe Johann Heger dadurch, daß derselBe von der { *emfe abstürzte und so unglücklich zu Falle kam, daß den-lc‘t>cn der Kopf überführt wurde und sofort der Tod eintrat. Datz sich ein Unfall bei geschobenen Zügen sehr leicht ^eignen kann, insbesondere Bei Wagen, welche nicht ge-Fügende Schutzgeländer besitzen, ist uns genügend bekannt, r6°ch können wir nicht umhin, diesen Fall zu kritisieren, ö die Südbahiiverwaltuna in diesem Falle mit ihrer Leicht- fertigkeit gegenüber den bestehenden Vorschriften eine Familie um den Ernährer gebracht hat. Wir zitieren hier die Bestimmungen des Anhanges zur Fahrordnung 1911, wo es auf Seite 250, Punkt 13 heißt: Bremswagen mit Plattformen ohne Schutzgeländer, oder Bremswagen mit nicht vollständig geschlossenen Bremssitzen offenen Drahtsitzen, deren Sitzbretter auf oder über der Wogen bachfläche liegen, und Wagen, welche mit explosiven Gütern beladen sind, dürfen nie mit Bremsern besetzt werden. Nachdem Heger auf einen Wagen Ä. St. B. I., also einem niederboriigen Graz-Köflacherwagen ohne Schutzge-lünder postiert wurde, bedeutet dies eine Außerachtlassung bet gesetzlichen Vorschrift. Trotzdem, daß von diesen Wagen schon bet Heger abgestürzt war und den Tod fand, wurde diese Bremse neuerlich mit einem Ersatzbremser besetzt, also nochmals gegen die Vorschrift. Man denke sich nun das nn-, heimliche Gefühl dieses Ersatzmannes, welcher unter dem Eindruck, daß hier vor einigen Minuten sein Kollege abstürzte und dabei den Tod fand und er unter solchen Verhältnissen diese verbotene Bremse besteigen muß, um seinen verantwortungsvollen Dienst zu machen. Allerdings werden die Herren der oberen Instanzen sagen: Ja, warum verlangt der Mann nicht, daß ihm eine den Sicherheitsvor-schriften entsprechende Bremse zur Verfügung gestellt wird? Wir stellen uns bic Aufregung jenes Beamten ober Zugs-führers vor, welcher die Besetzung der Bremse anordnete, wenn sich ein Kondukteur dagegen auflehnen würde. Was würde der Mann für gute Zeiten in Zukunft haben? Vielleicht würde dies gar als eine Dienstverweigerung aus» gelegt werden. An den Genossen wird cs liegen, durch eine stramme Organisation gegen solch mörderische Vorgangs« weisen mit aller Straft einzuschteiten. Gtstcfch. (W a h l n a ch w e h e n.) Unser Genosse, der Oberbauarbeiter Alois Zikan, hat in Chiesch, Bezirk Lu. di 1 sch, das GasthäuSchen „Schützenmühle" gepachtet, das Eigentum des dortigen Scharfschützenkorps ist. Da Genosse Zikan am 13. Juni nicht den Kandidaten der Schönerianer, sondern unseren wühlte, verübte der Kommandant dieses Schützenkorps, Dr. Sr ehm. folgende Erpressung: Er erklärte, Z t kan müsse sofort bic „Schützenmühle" räumen, wenn er nicht aus unserer Organisation austritt. Der richtige Stiel zu dieser Hacke kann noch gefunden werden. Wir warnen Doktor Brehm eindringlichst, sich berart an unseren Leuten zu vergreifen, sonst gilt bas Wort: Aug' um Slug’, Zahn um Zahn. Aus dm Organisationen. Braunau n. Inn. Samstag den 1. b. M. hielt bic Ortsgruppe ihre Monatsversammlung ab. Genosse Franz K i e n i n g e r brachte den Rechenschaftsbericht der Zentrale, über den Kaffen- und Mitgliederstand des verflossenen Vereinsjahres 1910 vor. Die Mitglieder werden ersticht, die Monatsversammlnngen am 1., sowie die Diskusstonsabende, welche am 15. jeden Monats abgehalten werden, fleißiger zu besuchen. Nudig. Bei der am 2. Juli abgehaltenen Generalversammlung wurden folgende Genossen gewählt: Wenzel Voigt, Obmann, Eduard St u 11, Stellvertreter; Anton Earwat, Kassier, Wenzel S ch w a ck, Stellvertreter; Josef Schwa ck, Schriftführer, Rudolf Heinz, Stellvertreter; Josef H u b k a, Bibliothekar, Joses Mattus ch, Stellvertreter; Frcmz Wild und Franz Rendl, Revisoren. Ausschußmitglieder: Dreier, Malender, Walter, Köhler, SB r b et, Schnabl und Hul> ka. Die Monats-Versammlungen finden jeden ersten Sonntag nach dem 1. im Monat statt. Verschiedenes. Oesterreich, das Limb der Himgerlöhire. Das englische Handelsministerium hat im Jahre 1903 eine durch Genauigkeit und Sorgfalt ausgezeichnete Denkschrift herausgegeben, in welcher über die Lohn- unb Lebensverhältnisse der Industriearbeiter verschiedener Industriestaaten Betrachtungen angestellt werden. Eine Vergleichung der Wochenlöhne von Arbeitern gleichen Berufes und ungefähr gleicher Qualifikation ergab folgendes Resultat: Es erhielt Wochenlohn: der amerikanische ArBeiter..................Kr. 46-38 » englische „ 3384 ,, französische „ 2645 „ belgische „ 22'42 » schweizerische , 21-66 » österreichische ................................. 1190 Es gab für Nahrung wöchentlich: der amerikanische Arbeiter.................fit. 17 66 » englische „ 1564 „ schweizerische „ ................... 12 — „ französische , 11-48 „ belgische „ 10-54 » österreichische „ 732 Es blieb also zur Befriedigung anderer Bedürfnisse übrig wöchentlich: dem amerikanischen Arbeiter....................Skr. 28'72 , englischen „ 1820 , französischen „ 1397 » belgischen „ ................. 1158 „ schweizerischen , 966 „ österreichischen „ 4'58 SDlan sieht aus obiger Tabelle hauptsächlich zweierlei: Oesterreich ist daL Land der schrecklichsten Hungerlijhne. Oe>ierreich ist daS Land der höchsten Lebensmittelpreise. Wahrend ein englischer Jnbustriearbeiter nur ungefähr 47 Prozent feines Lohnes aus Nahrung auSgibt, verißt ber österreichische Arbeiter mehr als 70 Prozent seines Lohnes. Und was ißt er da? Schuld an diesen Verhältnissen ist die österreichische Industrie- und Agrarpolitik, die dem schlcchtgezahltcu Jnbustrieproletarier teureü Brot bedingt. Der Triumph des Aluminiums. Die Industrie, die sich mit der Gewinnung von metallurgischem Aluminium beschäftigt, hat in wenigen Jahrzehnten einen Aufschwung genommen, der zu den außerordentlichsten Ereignissen der letzten Zeit zu rechnen ist. Eigentlich sollte man sich darüber wundern dürfen, daß die Naturwissenschaft und die Technik nicht früher Mittel gefunden haben, dieses Metall aus seinen natürlichen Verbindungen herauszuziehen, denn es ist ohne Zweifel das häufigste Metall in den festen Schichten der Erdkruste, noch häufiger als das Eisen. Jeder Ton enthält Aluminium, denn die sogenannte Tonerde ist nichts anderes als Aluminiumoxyd, also eine Verbindung von metallischem Aluminium und Sauerstoff in einem bestimmten Verhältnis. Wahrscheinlich nimmt die Tonerde Beinahe den sechsten Teil des Gewichtes der gesamten Erdkruste in Anspruch. Trotzdem war metallisches Aluminium bis zum Jahre 1880 fast eine Merkwürdigkeit, die nur selten jemand zu sehen bekam, wenn er sich nicht gerade als Chemiker mit diesem Stoffe beschäftigte. Damals, vor 30 Jahren, wurde ein Pfund Aluminium mit etwa 70 Kr. bezahlt. Man hatte eben kein Verfahren, um das Metall aus der Tonerde durch Ausscheidung des Sauerstoffes auf eine leichte und billige Art zu gewinnen. Erst die Elektrolyse hat die Mittel dazu angczeigt. Ein Bericht der Geologischen Landes-unteriuchuna der Vereinigten Staaten kennzeichnet mit weni- gen Zahlen den seitdem gemachten Fortschritt. Im Jahre 1883 wurden nur 83 Pfund Aluminium hergestellt, im Jahre 1909 dagegen mehr als 34 Millionen Pfund. Dieser schnelle Siegeszug der Slluniiuiumintmftric hat einen geradezu grundlegenden Anteil an der Entstehung und Entwicklung anderer neuer Industrien von höchster Wichtigkeit. Weder die unglaublich rasche Einführung und Vervollkommnung der Kraftwagen, noch die Erfolge der Flugschiffahrt ließen sich denken, wenn nicht im Aluminium ein Metall von unvergleichlicher Leichtigkeit zur Verfügung stünde. Literatur. „Oesterreichische Zcitfdi-rift für (¥ifrnfia(mrccht." Soeben ist das erste Heft der bereits angekündigten Zeitschrift erschienen, die unter Mitwirkung von Dr. Stier-Somlo, Uni-versitätsproscssor in Bonn, Dr. Kulisch, Universitätsprofessor in Innsbruck, Dr. v. Laim, Universitätsprofessor in Wien und Dr. Pisko, Privatdozent in Wien, v. Dr. Hopfgartner, Sektionsrat im Eisenbahnministerinm, und Dr. Inster, Ministerialvizesekretär im Eisenbahnministerium, herausgegeben wird? Das erste Heft bringt nach einer Einleitung aus der Feder Dr. v. Witteks, einen Aufsatz von Privatdozenten Dr. Nawiasky über bas Disziplinarrecht ber staatlichen Ver-trag&Bcamten; Sektionschef Dr. Schreiber bespricht einige Fragen aus bem administrativen Eisenbahnbaudienst, Hofrat Dr. Jamischka die Besteuerung ber Eisenbahnen, während Hofrat Hmdeh eine kurz« Darstellung der bisher getroffenen Maßnahmen zur Vereinfachung des Geschäftsganges bei ben Dienststellen der österreichischen Staatsbahnverwaltung gibt. Den weiteren Inhalt des Heftes bildet eine ltcBerficht über Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur des Eisen-bahnrechtes. In der Einleitung hebt Dr. v. Wittek hervor, daß die neue Zeitschrift lebhaft zu begrüßen sei, da cs bisher an einer umfassenden publizistischen Klarstellung und wissenschaftlichen Behandlung des Rechts im Eisenbahnwesen und seiner eigenartigen Gestaltung gemangelt habe. Peiiolbs Gedichte sind soeben im Verlage von Theodor Daberlow, Wien, VII., Mariahilferstratze 12 bis 1(5 (Str. 1-50) erschienen. Franz Karl Ginzkey sagt schon über Petzolds erste Gedichte: „Ihr Verfasser sei ein starkes ur- sprüngliches Talent, cs fehle ihm nur noch die sonnige Güte." In seinem Büchlein „Seltsame Musik" zeigt es sich, welche Wandlung sich seither in beut Dichter vollzogen, wie er alles Tendenziöse überwunden hat und sich dnrchringt zu den leichten Höhen rein künstlerischen Schaffens. Es will uns scheinen, als bevorzuge Petzold jetzt alles Betrachtende, als strebe er reinen Pantheismus an. Das ist ein großer Fortschritt, und seine neuen Gedichte sind sowohl dem Inhalte als 6er gereiften Form nach ein Bcwöis seiner unglaublich raschen Entwicklung, die um so interessanter wirkt, wenn man im Vorwort seinen eigentümlichen Lebensgang liest, den die Herausgeberin mit schlichten Worten, ohne jede Schönfärberei schildert. Alles in allein, eine eigenartige, genußreiche Lektüre, ber Pulsschlag bes echten Dichters. Sprechsaal. Offene Anfragen. An das hohe k. k. (Sifnt&nfynmmiftmuitit Die Blockwächter ber Stationen Gumpendotser-, Josef-ftädter», Alse» und Währiiigerstraße ber Wiener Stadtbahn (Gürtellinie) haben trotz Bitte» und Petitionen seit drei Jahren keinen Urlaub erhalten. Nachdem nun sämtlichen Wächtern der Wiener Stadtbahn der Urlaub gewährt wird, so bitten die Betroffenen, ein hohes k. k. Eisenbahnministerium möge anordnen, das durch Beistellung eines Substituten den Blockmackstem der vier genannten Stationen der gebührende Urlaub ermöglicht werde. An das hohe k. k. (Sifcnlinhitmisnfifriimi! Wieso kommt es, das; in der k. k. Staatsbahndirektion Wien diejenigen Stationsmeister, welche als Schreiber tut Telegraphen-, Verkehrs- ober kommerziellen Dienst verwendet werben, eine monatliche Kanzleipauschale von nur 24 Heller erhalten, während die Kanzlisten, Offizianten und bic zu Kanzlei-diensten herangezogenen MagaziuSiueister eine Stanzleipauschale von 60 Heller erhalten. Um eine gütige Aufklärung bitten bie betroffenen Stationsmeister. Allgemeiner Rechtsschutz- und Gewerdj'chüftsverein für Oesterreich. Ortsgruppe Kufstein. Am 12. Juli, um 8 Uhr abends, findet im Gasthaus „zur Gräfin" die Generalversammlung mit sehr wichtiger Tagesordnung statt. Die Mitglieder werden ersticht, pünktlich und vollzählig zu erscheinen. «Lüste sind herzlichst willkommen. Ortsgruppe MaUuriiisch-Meseritsch. Die Generalversammlung findet aut 23. Juli, um 5 Uhr nachmittags, im Gasthaus des Herrn Seidl statt. Vollzähliges Erscheinen notwendig. Stihlftelle Stauding. Am 16. Juli, um 5 Uhr nachmittags, findet im Saale der Restauration „zur Nordvahn" eine Versammlung statt. Tie dienstfreien Kollegen wollen sich zahlreich beteiligen. IaIMrür JU'ufatü. Die Zahlstelle hält am 23. Juli, um 2 Uhr nachmittags, in Grassel ihre ganzjährige Generalversammlung ab. Die dienstfreien Kollegen werden aufgesordert, bestimmt und pünktlich zu erscheinen. Gäste sind herzlich willkommen. Ortsgruppe Iägerndorf. Die Monatsversanimlung findet am 11. Juli, um VS8 Uhr abends, im Arbeiterheim statt. Vollzähliges Erscheinen notwendig. Gäste willkommen. (yr-tagrrrppe Pürschan. Die ganzjährige ordentlich« Generalversammlung findet Sonntag den 6. August, um 3 Uhr nachmittags, im Vereinslokal statt. Es ist dringend notwendig, daß sich an der Generalversammlung alle Mitglieder beteiligen Zahlstelle Parschmtz. Die nächste Monatsversamniluntz findet am 15. Jnli, 8 Uhr abends, im Gasthaus bes Herrn Frani Kolbe statt. Die Kollegen werben ersucht, zahlreich zu dieser Versammlung zu erscheinen. Ortsgruppe Kudmers. Die Mitgliederversammlung findet am 9. Juli 1911, im Gasthaus „u öervemilio srdickft“, Lanova tri da, statt. Am Programm befindet sich nebst anderem der Bericht bes Delegierten über beit Verbanbstag in Wien. Mitglieder findet euch zahlreich und auch mit euren Frauen ein. Ortsgruppe AWng- ES diene den geehrten Mitgliedern zur SkenntniS, das; allmonatlich am 8. bic Vereinsvcrsctniinliingen stattfinden. Im eigenen Interesse werden die Genossen aufgefordert, in den Versammlungen zahlreich zu erscheinen. Inhalt der Nummer 19 vom 1. Juli 1911. Artikel: _ Ein Siegestag und ein Tag der Schande. Eine Regierungskrise. Die Internationale marschiert. Die Sitzung der Pcrjonalkommission für die Linien der St. E. G. Erinncrungsblatt für Glombinski. Zur Lohnrcgu» lierung aus der B. N. B. Unsere Delegiertenkonferenz. Feuilleton: Musterung. Die Lokomotive als Ticr» vertilger. Int lige Hear-Wairaben auf 1 Bett il K 87'-, beffere K 83 - «erfand franko per Racb-fmbme VON K 10'- aufwärts, Unttaufch und Ri,ckual,nie gegen Portoverguiuns gestattet, «enedlkt Snchfel, Lobes Wf. 170 bei Piisen, «vtzme». In allen Pamiiien klassenbewußter Parteigenossen soll nur WWWW n B B B B ■ Q M B B HAMMER BROT konsumiert werden! Verkaufsstellen sind durch unsere n kannten Schilder erkenntlich. be- fcerousgebet Josef Tomschik. - Verantwortlicher RedaktcU Franz Lill. Druck- und Berlaaöaustali