Razprave in gradivo, Ljubljana, december 1979, št. 9—10 ZVEZNI ZAKON O PRAVNEM POLOŽAJU NARODNOSTNIH SKUPIN V AVSTRIJI (7. 7. 1976) 896. Bundesgesetz vom 7. Juli 1976 liber dic a elune von Volksgruppen in Osterrcich (Volksgruppengesetz) Der Nationalrat hat beschlossen: ABSCHNITT I Allgemeine Bestimmungen § 1. (1) Die Volksgruppen in Usterreich und ihre Angehorigen genieSen den Schutz der Ge- setze; die Erhaltung der Volksgruppen und die Sidherung ihres Bestandes sind gewihrleistet. Ihre Sprache und ihr Volkstum sind zu achten. (2) Volksgruppen im Sinne dieses Bundesge- setzes sind die in Teilen des Bundesgebietes wohnhaften und beheimateten Gruppen dsterrei- chischer Staatsbiirger mit nichtdeutscher Mutter- sprache und cigenem Volkstum. (3) Das Bekenntnis zu einer Volksgruppe ist frei. Keinem Volksgruppenangehčrigen darf durch die Ausiibung oder Nichtausiibung der ihm als solchem zustehenden Rechte ein Nachteil er- wachsen. Keine Person ist verpflichtet, ihre Zu- gehorigkeit zu einer Volksgruppe nachzuweisen. § 2. (1) Durch Verordnungen der Bundesregie- rung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuf des Nationalrates sind nach AnhGrung der in Betracht kommenden Landesregicrung festzule- gen: 1. Die Volksgruppen, fiir die ein Volksgrup- penbeirat eingerichtet wird, sowie die Zahl der ihm angehorenden Mitglieder. 2. Die Gebietsteile, in denen wegen der ver- hiltnismigig betridhtlichen Zahl (ein Viertel) der dort wohnhaften Volksgruppenangehdrigen topographische Bezeichnungen zweisprachig anzu- bringen sind. 3. Die Behérden und Dienststellen, bei denen zusatzlich zur deutschen Amtssprache die Ver- wendung der Sprache einer Volksgruppe zugelas- zusetzen, daf& eine angemessene Vertretung der politischen und weltanschaulichen Meinungen in dieser Volksgruppe moglich ist. § 4. (1) Die Mitglieder der Volksgruppenbeirate werden von der Bundesregierung nach vorheriger Anhorung der in Betradht kommenden Landes- regierungen fiir die Dauer von vier Jahren be- stellt. Die Bundesregierung hat hiebei darauf Bedacht zu nehmen, daf die in der betreffenden Volksgruppe wesentlichen politischen und welt- anschaulichen Meinungen entsprechend vertreten sind. Die in Betracht kommenden Vereinigungen nach Abs. 2 Z. 2 sind im Verfahren zur Bestel- lung von Mitgliedern der Volksgruppenbeirite zu horen und kénnen gegen die Bestellung wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde beim Verwaltungs- gerichtshof erheben. (2) Zu Mitglicdern eines Volksgruppenbeirares kčnnen nur Personen bestellt werden, die erwar- ten lassen, daB sie sich fiir die Interessen der Volksgruppe und dic Ziele dieses Bundesgesetzes einsetzen, zum Nationalrat wihlbar sind und dic 1. Mitglieder eines allgemeinen Vertretungs- korpers sind und die im Hinblick auf ihre Zu- gehorigkeit zur betrefienden Volkgruppe gewihlr wurden oder dieser Volksgruppe angehčren oder 2. von einer Vercinigung vorgeschlagen wur- den, die ihrem satzungsgemifen Zweck nach Volksgruppeninteressen vertritt und fiir die be- treffende Volksgruppe reprasentativ ist oder 3. als Angehorige der Volksgruppe von einer Kirche oder Religionsgemcinschaft vorgeschlagen wurden. (3) Der Volksgruppenbeirat ist so zusammen- zusetzen, daB die Halfte der Mitglieder dem Personenkreis nach Abs. 2 Z. 2 angehort. (4) Das Amt eines Mitgliedes eines Volksgrup- penbeirates ist cin Ehrenamt; die Mitglieder ha- ben Ansprudh auf Ersatz der Reisekosten, die Bundesbeamten der Reisegebiihrenstufe 5 gebihrt, und auf ein angemessenes Sitzungsgeld fiir jeden Tag der Teilnahme an einer Sitzung des Volksgruppenbeirates, das vom Bundeskanzler durch Verordnung festzusetzen ist. (5) Jede im Hauptausschu8 des Nationalrates vertretene Partei hat das Recht, einen Vertreter in die Volksgruppenbeirite zu entsenden. Dieser nimmt an den Beratungen, nicht jedoch an den Abstimmungen teil. § 5. (1) Jeder Volksgruppenbeirac wahlt aus dem Kreis seiner gema § 4 Abs. 2 Z. 2 bestellten Mitglieder einen Vorsitzenden und einen Vor- sitzenden-Stellvertreter. Er ist zu diesem Zweck jeweils innerhalb yon vier Wochen nach Bestel- lung seiner Mitglieder vom Bundeskanzler zur Konstituierung einzuberufen. sen wird, wobei jedoch das Redit der Verwen- dung dieser Sprache auf bestimmte Personen oder Angelegenheiten beschrankt werden kann. (2) Bei Erlassung der in Abs. 1 vorgesehenen Verordnungen sowie bei der Vollziehung des Abschnittes III dieses Bundesgesetzes sind beste- hende vélkerrechtliche Verpflichtungen zu be- riicksichtigen. Dariiber hinaus ist auf die zahlen- miBige GroBe der Volksgruppe, die Verbreitung ihrer AngehGrigen im Bundesgebiet, ihr grofen- ordnungsmafiges Verhiltnis zu anderen Gster- reichischen Staatsbiirgern in einem bestimmten Gebiet sowie auf ihre besonderen Bediirfnisse und Interessen zur Erhaltung und Sidherung ihres Bestandes Bedacht zu nehmen. Hiebei sind die Ergebnisse amtlicher statistischer Erhebun- gen mitzuberiicksichtigen. Razprave in gradivo, Ljubljana, december 1979, št. 9—10 ABSCHNITT It Volksgruppenbeirjite $ 3. (1) Zur Beratung der Bundesregierung und der Bundesminister in Volksgruppenangelegenhei- ten sind beim Bundeskanzleramt Volksgrup- penbeirite einzurichten, Sic haben das kulturelle, soziale und wirtschaftliche Gesamtinteresse der Volksgruppen zu wahren und zu vertreten und sind insbesondere vor Erlassung von Rechtsvor- schriften und zu allgemeinen Planungen auf dem Gebiet des Forderungswesens, die Interessen der Volksgruppen beriihren, unter Setzung einer an- gemessenen Frist zu héren. Die Volksgruppen- beirate kénnen auch Vorschlige zur Verbesscrung der Lage der Volksgruppen und ihrer Angehori- gen erstatten, (2) Die Volksgruppenbeirite dienen audh zur Beratung der Landesregierungen, wenn sie von diesen dazu aufgefordert werden. (3) Die Anzahl der Mitglieder jedes Volks- gruppenbeirates ist unter Bedachtnahme auf die Anzahl der AngehGrigen der Volksgruppe so fest- (2) Jeder Volksgruppenbeirat gibt sich cine Geschiftsordnung, die der Genehmigung des Bundeskanzlers bedarf. Der Volksgruppenbeirat entscheidet mit einfacher Stimmenmehrheit bei Anwesenheit von mindestens zwei Drittel seiner Mitglieder. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende. (3) Der Volksgruppenbeirat ist vom Vorsitzen- den auf Verlangen der Bundesregierung, eines Bundesministers, einer Landesregierung oder eines Finftels seiner Mitglieder so zeitgerecht cinzube- rufen, da& er innerhalb von 14 Tagen nach Ein- langen eines solchen Verlangens zusammentritt. § 6. (1) Hat cin Mitglied cines Volksgruppen- beirates drei aufeinanderfolgenden Einladungen zu einer Sitzung ohne geniigende Entschuldigung keine Folge geleistet oder fallen die Voraus- setzungen fiir seine Bestellung weg, so hat dies, nachdem dem Mitglied Gelegenheit zur Stel- lungnahme gegeben worden ist, der Volksgrup- penbeirat durch BeschluB festzustellen und dem Bundeskanzler bekanntzugeben. Der Bundes- kanzler stellt durch Bescheid den Verlust der Mitgliedschaft zum Volksgruppenbeirat fest. (2) Sdheider cin Mitglied des Volksgruppen- beirates vorzcitig aus, so ist an seiner Stelle fiir den noch verbleibenden Rest der Amtsdauer ein neues Mitglied zu bestellen. Auf § 4 ist dabei Bedacht zu nehmen. § 7. Zur Behandlung von Fragen, die mehrere Volksgruppen gemeinsam betreffen, kénnen die in Frage kommenden Volksgruppenbeirite auf Einladung des Bundeskanzlers zu gemeinsamen Sitzungen zusammentreten. Der Bundeskanzler hat zu solchen Sitzungen binnen zwei Wochen einzuladen, wenn es von einem Volksgruppen- beirat verlangt wird. Im iibrigen ist auf diese Sitzungen $ 5 sinngemi6 mit der Mafgabe anzu- wenden, daB der Vorsitz abwechselnd von den Vorsitzenden der jeweils beteiligten Volksgrup- penbeirite auszuiiben ist, ABSCHNITT IH V olksgruppenforderung § 8. (1) Der Bund hat — unbeschader allge- meiner Férderungsmafnahmen — Mafnahmen und Vorhaben, die der Erhaltung und Sidherung des Bestandes der Volksgruppen, ihres Volkstums sowie ihrer Eigenschaften und Rechte dienen, zu fordern. (2) Der Bundesminister fiir Finanzen hat unter Beriicksichtigung der Lage des Bundeshaushaltes und der Ziele des Abs. 1 in dem der Bundes- regierung vorzulegenden Entwurf des jihrlidhen Bundesvoranschlages einen angemessenen Betrag fiir Forderungszwecke aufzunehmen, und zwar getrennt fiir Leistungen nach § 9 Abs. 1 und Leistungen nach § 9 Abs. 5. $ 9. (1) Die Forderung kann 1. in der Gewihrung von Geldleistungen, 2.in anderer fiir die Ausbildung und Betreu- ung von VolksgruppenangehGrigen auf Sach- gebieten, die den Zielsetzungen des § 8 Abs. 1 entsprechen, geeigneter Weise, 3. in der Unterstitzung von vom Volksgrup- penbeirat unter Beriicksichtigung der Zielsetzun- gen des § 8 Abs. 1 vorgeschlagenen MaSnahmen bestehen. (2) Leistungen gemiB Abs. 1 Z. 1 sind Ver- einen, Stiftungen und Fonds, die ihrem Zweck nach der Erhalrung und Sicherung einer Volksgruppe, ihres besonderen Volkstums sowie ihrer’ Eigenschaften und Rechte dienen (Volksgruppenorganisationen), fiir bestimmte Vorhaben zu gewahren, die geeignet sind, zur Verwirklichung dieser Zwecke beizutragen. (3) Den Volksgruppenorganisationen sind hin- sichtlih der Anwendung des Abs. 2 Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie deren Ein- richtungen gleichzuhalten. (4) Leistungen gemiB Abs. 1 konnen Volks- gruppenorganisationen auch zur Erfiillung ihrer Aufgaben gewahrt werden. (5) Leistungen gemaS Abs. 1 kénnen auch Gebietskdrperschaften fiir MaBnahmen gewihrr werden, die zur Durchfiihrung der Abschnitte IV und V notwendig sind und die Leistungskrafe der betreffenden Gebietskorperschaft iibersteigen. (6) Der Bund ist unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit verpflichtet, die Gebietskér- perschaften, von denen eine Férderung desselben Vorhabens erwartet werden kann, tiber die von ihm in Aussicht genommenen Férderungsmag- nahmen nach diesem Bundesgesetz in Kenntnis zu setzen. (7) Die Bundesregierung hat dem Nationalrat jahrlich iiber die auf Grund dieses Abschnittes getroffenen Mafnahmen zu berichten. 240 § 10. (1) Der zustindige Volksgruppenbeirat hat spitestens bis zum 1. Mai jeden Jahres der Bundesregicrung činen Plan iiber die wiinschens- werten Férderungsmafnahmen — einschlieglich ciner Aufstellung des damit verbundenen finan- ziellen Aufwandes fiir das folgende Kalenderjahr vorzulegen. (2) Der zustindige Volksgruppenbeirat hat dem Bundeskanzler bis zum 15. Mirz jeden Jahres unter Bedachtnahme auf den gemiaf Abs. 1 erstellten Plan Vorschlige fiir die Verwendung der fiir dieses Kalenderjahr im Bundesfinanz- gesetz vorgesehenen Forderungsmittel zu er- statten. $ 11. (1) Vor Gewihrung einer Forderung hat sich die Volksgruppenorganisation dem Bund gegeniiber vertraglich zu verpflichten, zum Zweck der Oberwachung der widmungsgemifen Verwendung der gewahrten Forderungen Orga- nen des Bundes die Uberpriifung der Durch- fiihrung des Vorhabens durch Einsicht in die Biicher und Belege sowie durch Besichtigung an Ort und Stelle zu gestatten und ihnen die er- forderlichen Auskiinfte zu erteilen. Ferner hat sich die Volksgruppenorganisation zu verpflichten, bei nicht widmungsgemafer Verwendung von Férderungsmitteln diese dem Bund zuriickzu- zahlen, wobei der zuriickzuzahlende Betrag fiir die Zeit von der Auszahlung bis zur Riick- zahlung mit 3 v. H. iiber den jeweils fiir Eskontierungen geltenden Zinsfu& pro Jahr zu verzinsen ist. (2) Die Volksgruppenorganisation hat sich ferner vor Gewihrung einer Forderung dem Bund gegeniiber vertraglich zu verpflichten, iiber die Durchfiihrung des Vorhabens unter Vorlage eines zahlenmiBigen Nadweises innerhalb zu vereinbarender Fristen zu berichten. Aus dem Bericht miissen die Verwendung der aus Bundes- mitteln gewahrten Férderungen und aus dem zahlenmafigen: Nachweis eine durch Belege nach- weisbare Aufgliederung der Einnahmen und Ausgaben zu entnchmen sein. Solche Berichte sind dem zustindigen Volksgruppenbeirat zur Kenntnis zu bringen. ABSCHNITT IV Topographische Bezeichnungen § 12. (1) Im Bereiche der gemiB § 2 Abs. 1 Z. 2 bezeichneten Gebietsteile sind Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur, die von Gebietskorperschaften oder von sonstigen Korperschaften und Anstalten des offentlichen Rechts angebracht werden, in deutscher Sprache und in der Sprache von in Betracht kommenden Volksgruppen zu verfassen. Diese Verpflichtung gilt nicht fiir die Bezeichnung von Ortlichkeiten, die auferhalb des Bereiches solcher Gebietsteile liegen. (2) In der Verordnung nach § 2 Abs. 1 Z. 2 sind auch die Ortlichkeiten, die fiir eine zwei- sprachige Bezeichnung in Betracht kommen, sowie die topographischen Bezeichnungen in der Sprache Razprave in gradivo, Ljubljana, december 1979, št. 9—10 der in Betracht kommenden Volksgruppen fest- zulegen, die neben der deutschsprachigon Bezeich- nung anzubringen sind. Hiebei ist auf die Ort- liche Ubung und auf die Ergebnisse wissen- schaftlicher Forschung Bedacht zu nehmen. (3) Topographische Bezeichnungen, die nur in der Sprache einer Volksgruppe bestehen, sind von Gebietskérperschaften unverindert zu ver- wenden. ABSCHNITT V Amtssprache $ 13. (1) Die Triiger der gemif $ 2 Abs. 1 Z. 3 bezeichneten Behorden und Dienststellen haben sicherzustellen, da& im Verkehr mit diesen Be- horden und Dienststellen nach Mafgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes die Sprache einer Volksgruppe gebraucht werden kann. (2) Im Verkehr mit einer Behrde oder Dienst- stelle im Sinne des Abs. 1 kann sich jedermann der Sprache der Volksgruppe bedienen, soweit sie durch eine Verordnung nach § 2 Abs. 1 bei dieser Behorde oder Dienststelle zugelassen ist. Niemand darf sich jedoch einer ihrem Zwecke nach sofort durchzufiihrenden Amtshandlung eines von Amts wegen einschreitenden Organs einer solcher Behérde oder Dienststelle nur des- halb entzichen oder sich weigern, ihr nachzu- kommen, weil die Amtshandlung nicht in der Sprache der Volksgruppe durchgefiihrt wird. (3) Organe auch anderer als der nach Abs. 1 bezeichneten Behorden und Dienststellen sollen, sofern sie die Sprache einer Volksgruppe beherr- schen, sich im miindlichen Verkehr der Sprache einer Volksgruppe bedienen, wenn dies den Ver- kehr mit Personen erleichtert. (4) Die zusatzliche Verwendung der Sprache der Volksgruppe in allgemeinen ofentlichen Kund- machungen von Gemeinden, in denen die Sprache einer Volksgruppe als Amtssprache zugelassen ist, ist zulassig. (5) Die Regelungen iiber die Verwendung der Sprache einer Volksgruppe als Amtssprache be- zichen sich nicht auf den innerdienstlichen Ver- kehr von Behérden und Dienststellen. $ 14. (1) Nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Sprache einer Volksgruppe zulissige schriftliche oder miindliche Anbringen, die zu Protokoll (Niederschrift) gegeben werden, sind von der Behorde oder Dienststelle, bei der sie zustindigkeitsgemi8 eingebradht werden, un- verziiglih zu iibersetzen oder iibersetzen zu lassen, sofern dies nicht offenkundig entbehrlich ist. Werden solche Anbringen zugestellt, so ist eine Ausfertigung der deutschen Ubersetzung an- zuschliefen. (2) Leiter die Behorde oder Dienststelle ein Anbringen in der Sprache der Volksgruppe wegen Unzustindigkeit an eine andere Behorde oder Dienststelle wciter, bei der diese Sprache nidht zugelassen ist, so gilt die Verwendung dieser Sprache als Formgebrechen. Sofern die fiir dieses Razprave In gradivo, Ljubljana, december 1979, št. 9—10 Verfahren geltenden Bestimmungen nicht anderes vorsehen, sind derartige Eingaben unter Setzung einer Frist zur Verbesserung zuriickzustellen; wird die Eingabe innerhalb dieser Frist mit einer Ubersetzung wieder eingebracht, so gilt sie als am Tag ihres ersten Einlangens bei der Behdrde iiberreicht. (3) Ist einer Partei (einem Beteiligten) oder anderen Privatpersonen (Zeugen, Sachverstindi- gen u. a.) die Verwendung amtlicher Vordrucke vorgeschricben, so ist diesen Personen auf Ver- langen cine Ubersetzung des Vordrudkes in die Sprache der Volksgruppe auszuhindigen. Die geforderten Angaben sind jedoch auf dem amt- lichen Vordruck zu machen, wobei die Sprache der Volksgruppe verwendet werden kann, soweit dem vdlkerrechtliche Verpflichtungen nicht ent- gegenstehen. § 15. (1) Beabsichtigt eine Person, in einer Tagsatzung oder miindlichen Verhandlung von der Sprache einer Volksgruppe Gebraudh zu machen, so hat sie dies unverziiglich nach Zustel- lung der Ladung der Behdrde oder Dienststelle bekanntzugeben; durch schuldhafte Unterlassung ciner solchen Bekanntgabe verursachte Mehr- kosten konnen der betreffenden Person auferlegt werden. Diese Verpflichtung zur Bekanntgabe entfallt bei Verfahren, die auf Grund eines in der Sprache einer Volksgruppe abgefaften Anbringens durchgefiihre werden. Die Bekanntgabe gilt fiir die Dauer des ganzen weiteren Verfahrens, sofern sic nicht widerrufen wird. (2) Bedient sich eine Person in einem Verfahren der Sprache der Volksgruppe, so ist auf Antrag einer Partei (eines Betciligten) — soweit das Verfahren den Antragsteller betrifft — sowohl in dieser als auch in deutscher Sprache zu ver- handeln. Dies gilt auch fiir die miindliche Be- kanntgabe von Entscheidungen. (3) Ist das Organ der Sprache der Volksgruppe nicht michtig, so ist ein Dolmetscher beizu- ziehen. (4) Miindliche Verhandlungen (Tagsatzungen), die vor einem der Sprache der Volksgruppe mich- tigen Organ durchgefiihre werden und an der nur Personen teilnehmen, die bereit sind, sich der Sprache der Volksgruppe zu bedienen, kčnnen ab- weichend von Abs. 2 nur in der Sprache einer Volksgruppe durchgefiihrt werden. Dies gilt auch fiir die miindliche Bekanntgabe von Entscheidun- gen, die jedoch auch in deutscher Sprache fest- zuhalten sind. (5) Ist in den Fallen der Abs. 1 bis 4 ein Protokoll (eine Niederschrift) aufzunehmen, so ist es sowohl in deutscher Sprache als auch in der Sprache der Volksgruppe abzufassen. Ist der Schriftfiihrer der Sprache der Volksgruppe nicht michtig, so hat die Behérde oder Dienst- stelle unverziiglich cine Ausfertigung des Proto- kolls in der Sprache der Volksgruppe herstellen zu lassen. 241 § 16. Entscheidungen und Verfiigungen (cin- schlicBlich der Ladung), die zuzustellen sind und die in der Sprache einer Volksgruppe einge- brachte Eingaben oder Verfahren betreffen, in denen in der Sprache einer Volksgruppe bereits verhandelt worden ist, sind in dieser Sprache und in deutscher Sprache auszufertigen. § 17. (1) Wird entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, und soweit die Abs.2 und 3 nichts anderes bestimmen, die deutsche oder die Sprache einer Volksgruppe nicht verwendet oder die Verwendung der Sprache einer Volksgruppe nicht zugelassen, so gilt fiir den betreffenden Verfahrensschritt der Anspruch derjenigen Partei auf rechtliches GehGr als verletzt, zu deren Nach- teil der VerstoB unterlaufen ist. (2) Ist in einem gerichtlichen Strafverfahren entgegen dem § 15 die Hauptverhandlung nicht auch in der Sprache der Volksgruppe durch- gefihre worden, so begriindet dies Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 3 der Strafproze8- ordnung 1975. Dieser Nichtigkeitsgrund kann nicht zum Nachteil desjenigen geltend gemacht werden, der den Antrag nach § 15 Abs. 2 ge- stellt hat, zu seinem Vorteil aber ohne Riick- sicht darauf, ob die Formverletzung auf die Entscheidung Einflu& iiben konnte ($ 281 Abs. 3 StrafprozeRordnung 1975). (3) Die Verletzung des § 15 dieses Bundes- gesetzes begriindet Nichtigkeit im Sinne des § 68 Abs. 4 lit. d AVG 1950. § 18. Die Sffentlichen Biicher und die Personen- standsbiicher sind in deutscher Sprache zu fiihren. S 19. (1) Grundbudhstiicke in der Sprache der Volksgruppe werden nur dann als solche be- handelt, wenn sie die Bezeichnung als Grund- buchsache, die Bezeichnung der Liegenschaft oder des Rechtes, worauf sich die Eintragung be- ziehen soll, sowie die Art der beantragten Ein- tragung in deutscher Sprache enthalten. Fehlen diese Angaben, so ist erst die deutsche Ober- setzung als Grundbuchstiick zu behandeln. (2) Ist die Urkunde, auf Grund deren eine Eintragung erfolgen soll, in der Sprache der Volksgruppe abgefaBt, so hat das Gericht un- verziiglidh eine Obersetzung herzustellen oder herstellen zu lassen; § 89 GBG 1955 ist nicht anzuwenden. (3) Auf Verlangen sind Grundbuchabschriften und Grundbudhausziige als Ubersetzung in die Sprache der Volksgruppe und Amtsbestitigungen in dieser Sprache zu erteilen. (4) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 sind auf die Hinterlegung von Urkunden sinngema8 anzuwenden. $ 20. (1) Ist die in Usterreich ausgestellte Urkunde, auf Grund deren eine Eintragung in cin Personenstandsbuch erfolgen soll, in der Sprache der Volksgruppe abgefa&t, so hat das 242 Standesamt unverziiglich cine Ubersetzung her- zustellen oder herstellen zu lassen. (2) Auf Verlangen sind Ausziige aus Personen- standsbiichern und sonstige Urkunden yom Standesamt als Ubersetzung in die Sprache der Volksgruppe zu erteilen. § 21. Soweit Notare als Geridhtskommissire im Auftrag eines Gerichtes titig werden, bei dem die Sprache einer Volksgruppe zugelassen ist, sind die vorhergehenden Bestimmungen dieses Abschnittes sinngemaf anzuwenden. § 22. (1) Kosten und Gebiihren fiir Uber- setzungen, die cine Behirde oder Dienststelle nach di Bundesgesetz vorzuneh oder žu veranlassen hat, sind von Amts wegen zu tragen. Bei der Bemessung des Pauschalkosten- beitrages gemiB $ 381 Abs. 1 Z. 1 Strafprozef- ordnung 1975 sind die Kosten eines nach diesem Bundesgesetz beigezogenen Dolmetschers nicht zu beriicksichtigen. (2) (Verfassungsbestimmung) Wurde auch in der Sprache einer Volksgruppe verhandelt, so sind der Bemessung von Gebiihren, die einer Gebierskorperschaft zuflieBen und nach dem Zeitaufwand berechnet werden oder dieser zu beriicksichtigen ist, nur zwei Drittel des tat- sidhlidhen Zeitaufwandes (der Verhandlungsdauer) zugrunde zu legen. (3) Ist eine Schrift unmittelbar auf Grund dieses Bundesgesetzes in zwei Amtssprachen aus- zustellen, so unterliegt nur eine Ausfertigung den Stempelgebiihren. (4) Wird eine Partei (ein Beteiligter) in einem gerichtlichhen Verfahren durch einen Rechts- anwalt, einen Verteidiger in Strafsachen oder einen Notar vertreten oder verteidigt, so trigr das Honorar dieses Rechtsanwaltes, Verteidigers oder Notars fiir das letzte Drittel solcher Ver- handlungen (Tagsatzungen), die auch in der Sprache einer Volksgruppe durchgefiihrt werden, der Bund. Die Zahlung dieses Honorarbetrages ist bei sonstigem Verlust des Anspruches jeweils vor Schlu& einer Tagsatzung oder Verhandlung durch Vorlage eines Kostenverzeichnisses anzu- sprechen; der Richter hat den Honorarbetrag unverziiglich zu bestimmen und den Rechnungs- fiihrer anzuweisen, diesen Betrag dem Rechts- anwalt, Verteidiger oder Notar zu zahlen. Dieser Mehraufwand an Honorar ist so zu bemessen, als wire ein Gegner des Anspruchsberechtigten gesetzlich verpflichtet, ihm diese Kosten zu er- setzen. Razprave in gradivo, Ljubljana, december 1979, št. 9—10 ABSCHNITT VI Schlu&bestimmungen § 23. Den Bediensteten des Bundes, die bei einer Behérde oder Dienststelle im Sinne des $ 2 Abs. 1 Z. 3 beschiiftigt sind, die dort zuge- lassene Sprache einer Volksgruppe beherrschen und sie in Vollziehung dieses Bundesgesetzes verwenden, gebiihrt nach MafSgabe besoldungs- rechtlicher Vorschriften cine Zulage. $ 24. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Feber 1977 in Kraft. (2) Damit Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes bereits zu dem in Abs. 1 bezeich- neten Zeitpunkt kundgemacht werden kénnen, kénnen die notwendigen Mafnahmen einschlieg- lich der in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Herstellung des Einvernehmens mit dem Haupt- ausschu8 des Nationalrates bereits vor diesem Zeitpunkt getroffen werden. Diese Verordnungen diirfen jedoch friihestens mit dem im Abs. 1 be- zeichneten Zeitpunkt kundgemacht und in Kraft gesetzt werden. (3) Das Bundesgesetz vom 6. Juli 1972, BGBI. Nr. 270, mit dem Bestimmungen tiber die An- bringung von zweisprachigen topographischen Bezeichnungen und Aufschriften in den Gebieten Karntens mit slowenischer oder gemisdhter Be- volkerung getroffen werden, tritt auBer Kraft. (4) Die derzeit geltenden Vorschriften iiber die Verwendung der Sprache einer Volksgruppe im Verkehr mit Behorden und Dienststellen ein- schlieBlich des Bundesgesetzes vom 19. Marz 1959, BGBI. Nr. 102, zur Durchfiihrung der die Amts- sprache bei Gericht betreffenden Bestimmungen des Art. 7 § 3 des Staatsvertrages, treten zu dem Zeitpunkr und insoweit auber Kraft, als sie durch Verordnungen nach $ 2 Abs. 1 Z. 3 in Verbin- dung mit Abschnitt V ersetzt werden. § 25. Mit der Vollzichung dieses Bundes- gesetzes sind die Bundesregierung und die Bun- desminister im Rahmen ihres jeweiligen Wir- kungsbereiches betraut. Kirchschlager Hiuser Bielka Moser Androsch Leodolter Rosch Broda Litgendorf Weihs Sinowatz Lanc Firnberg | \ Objavijeno v Bundesgesetzblatt fiir die Republik Osterreich, Wien 5. 8. 1976, št. 118, str. 1421—1426