36. Samstag den 6. Keytember 1829. Wie Erscheinung. >^inen Freund, den seine Tugend Fest in meine Seele schloß, Hatt' ich schon seit früher Jugend, Und wie glücklich war mein Loos! Unter Freude» rauschten Tage Uns wie leichte Stunden hin. Schweige nicht, gerechte Klage! Ach, das Schicksal nahm mir ihn! Nie erlosch sein Angedenken In des Freundes treuer Vrust; Still ihm eine Thräne schenken War auch spät noch meine Lust. Und obgleich nach langem Raume Mir die Zeit den Schmerz gestillt, Wiederhohlte sich im Traume Mir doch seines Todes Bild. Mir entfuhr ein wimmernd Stöhnen, Als er mit dem Tode rang, Und mit schauerlichen Tönen Schon die Sterbeglocke klang. Und in dieser heißen Stunde, Seine Augen himmelwärts. Sprach er bebend, Mund am Munde, Hand in Hand und Herz an Herz: „Lieber Freund: du siehst, ich scheide; Ewig theuer warst du mir, Theiltest willig Schmerz und Freude, Innig, innig dank' ich dir. Und noch eins; — ehevor ich sterbe, Geb' ich dir hin, was ich kann: Mein Gedenken nimm zum Erbe, Wenig ist's, doch nimmst du'S an.* »Aber wenn der Sterne Flimmer Im azurnen Felde blinkt, Und des Mondes trüber Schimmer Durch die leichten Wolken dringt; Wenn kein sterblich Ohr mehr lauschet, Nur der Käfer schläfrig summt. Mild des Westwinds Flügel rauschet, Mitternacht die Glocke brummt:" »Wird in langem bleichen Schleyer Etwas dir vorüber zieh'n. Dir nnt überird'scher Feyer Freundlich winken und entflieh'«» Wirst du dieses damahls sehen. Nun, so denke ja dabei, Daß es von des Himmels Höhen Deines Freundet. Schutzgeist sei.* So sprach er mit bleichem Munde, Und sein dunkles Auge brach, Und auS meines Herzens Wunde Floh'n ihm tausend Seufzer nach. Seit ich seinen Tod beweine, Ohne eines Freundes Vrust Irrt' ich immer ganz alleine. Kaum mir meiner selbst bewußt. Wie ich so auf stummen Gange, An des heim'schen Flußeö Nand, . ' Vom bemoosten Felsenhange ^ In die Fluthen schauend, stand: z Schimmerte der Mono so traurig ^ In der Wellen fliehend Grab, Und die Stunde tönte schaurig > Von dem Kirchenthurm herab. Da sah ich in langem Schleier Etwas mir vorüber zieh'n, Mir mit üb?i-ird'scher Feyer Freuudlich winken und entflieh'«. Und sobald ich dieß geiVhen, O so dacht' ich gleich dabei. Daß es von des Himmels Höhen Meines Freundes Schutzgeist sei. Und da will ich voll Entzücken, . ' Nach der Trennung langein Schmerz, Meinen Mund an seinen drücken, ^ An das seinige mein Hei-z; Will von uns'rcr Licbe sprechen, Wie sie hoffnungsvoll gekeimt: Ach — da muß der Faden breche»,, Und ich habe — nur geträumt! ^ Ant. Ios. Schlichter. -----------^,,----------- Seltsame VerstknViguug. An eitiem düstern Novembcrtage hielt cin Reisender zu Pferde vor der Thüre der Schenke des Dorfes Ruelle, welches an den Park von Malmaison stößt. Die Wirthinn trat heraus, ihn zu empfangen, undnach-dem er sein Pferd dem Stallknechte übergeben hatte, bestellte er für sich ein Mittagessen. Man wies ihm das beste Zimmer dcs Hauses an und die geschäftige Wirthinn entfernte sich, für die Wünsche ihres Gastes zu sorgen. Nicht lange darnach hielt ein anderer Reiter vor der Schenke und verlangte gleichfalls ein Mittagessen. »Esthut mir sehr lcid, mein Herr, Ihnen nicht dienen zu können," sagle die Wirthinn, »denn Alles , was wir im Hause haben, ist von einem Herrn in Beschlag genommen, der wenige Augenblicke vor Ihnen angekommen ist.« —. »So gehen Sie zu ihm hinauf," entgsgncle dcr Freude, «und sag?n Sie Ihrem Gast, daß ich mich ihm sehr verbunden halten würde, w?nn er mir erlauben wollte, mit ihm sein Mittagmahl zll theilen; ich will schr gcrne bezahlen, was auf meinen Thcil kömmt.« Die Wirthinn richtete ihren Auftrag an den ersten Gast aus und erhielt von ihm «uf die höflichste Weise die Antwort: »Sagen Sie dem fremden Herrn, seine Gesellschaft werde Mir sehr angc-»ehmZseyn, aber ich sei nicht gewohnt, von Jemand, den ich eingeladen habe, mit mir zu speisen, eine Ve-zahlung anzunehmen.« Der zweite Fremde stieg also in das obere Zimmer hinauf und nachdem er seine Erkenntlichkeit für eine so gütige Aufnahme ausgedrückt hatte, setzten sich' beide zu Tische. Die Mahlzeit ging eben nicht munterer vor sich, als man es bei einer so neuen Bekanntschaft erwarten konnte; aber bei dem Nachtische, zu welchem man einige treffliche Weine aufsetzte, wurde die Unterhaltung ungezwungener und der zweite Fremde nahm sich die Freiheit seinen gefälligen Amphytrion ;u fragen, was ihn in diese Gegend geführt habe, wo er fremd zu seyn scheine. »Ich erhielt von dem Minister den Befehl, Hieher zu konunm,« war die Antwort. »Von dem Ministers« rief scin Tischt genösse mit sichtlicher Uobcrrafchung aus. »Verzeihen sie meine Neug,erde, haben Sie vielleicht Ursache z:l glauben, daß Sie den Minister durch irgend Etwas beleidigt haben?« — »Keines',vcges ,« erwiederte der Andere, »und ich bin eigentlich Hieher gekommen, mich gegen eine solche Anschuldigung zu rechtfertigen. Die Sache ist diese. In meiner Vaterstadt Röchele wurde vor Kurzem eine giftige Satyre auf das öffentliche Leben und den Eharacter des Ministers verbreitet, von welcher mehrere Abdrücke bis zum Könige gelangten. Obgleich ich nun in meinem gan;en Leben nicht einen einzigen Buchstaben drucken ließ, so hat man mich den: noch beschuldigt, der Verferliger jener Schmähschrift zu seyn. Nichts erhält so leicht Glauben, als die Ohren-bläserei thörichter und boshafter Menschen; und ich habe deshalb keinen Augenblick verloren, mich dem Befehle Sr. Excellenz gehorsam zu zeigen, in dcr Hoffnung, eine so abgeschmackte Klage, wie man sie gegen mich erhoben hat, völlig zu entkräften.« »Mein Herr,« nahm hier der fremde Gast mit unverkennbarem Ausdrucke der Angst das Wort, »mein Herr, danken sie der Vorsehung für den glücklichen Zufall, der mich hcu^ te zu Ihnen geführt hat. Auch ich wurde von den, Minister Hieher beschicdcn; aber in keiner andern 'Absicht, das bin icl> überzeugt, als Ihnen dm Kopf abzuschla-gcn.« Ein Schauder des Entsttzcns durchrieselte den, an welchen diese Worte gerichtet warcn. «Ich, mein Herr," fuhr der unheimliche G.ist fort, »ich wicder-hole es, mein Gefchäft wäre es gcwcsen, Sie zu köpfen. Ich bin der Nach ichter einer benachbarten Stadt, und so oft der Minister an irgend Jemand insgeheim seine Rache vollziehen läßt, erhalte ich den Befehl, im Schlosse zu erscheinen. Das, was Sie mir so eben erzählt haben, die Slunde, zu dcr Sie hicher beschiedcn wob' den sind, Alles überzeug/ mich, daß er Sie zum,Opfer feiner Rache auscrsehen hat. Aber fürchten Sie Nichts. Ich wcrde Ibnen zur Flucht dchülflicl, seyn. Lassen Sie sogleich Ihr Pferd satteln, und folgcn Sie mir. Ich ergreife diese Gelegenheit,, Ihncndie Schuld dcr Dank- barkeit zu bezahlen, '.welche nur Ihre Güte auferlegt hat.« Der Schrecken und die Verwirrung des armen Reisenden läßt sich eher denken, als beschreiben. Sogleich ließ er sein Pferd vorführen, bezahlte seine Zeche und folgte seinem Begleiter, der ihn auf einem abgelegenen Wege durch das Gehölze von Butard führte. »Sehen Sie dort,« sagte sein Begleiter, als sie sich dem Schlosse näherten, jenes Gitterfenster, das fast bis zu den Mauerlücken des mittlern Thürmchcns hinaufreicht? In diesem Gefängnisse werden Urtheile gefällt und vollzogen, gegen welche es keine weitere Berufung gibt; den Rumpf dcr hingerichteten Schlacbt-opfer stürzt man in den darunter liegenden Wassergraben hinab, wo sie schnell von ungelöschtem Kalke verzehrt werden. Vernachlässigen Sie nicht meinen Naih. Derbergen Sie sich hinter diesem Gebüsche, und wenn Sie binnen einer Scunde aus jenem Fenster, das ich Ihnen gezeigt habe, Licht schimmern sehen, so können Sie daraus abnehmen, daß ich Hieher berufen worden bin, an einem Andern die Nachescntenz zu vollziehen; sehen Sie aber um diese Zeit kein Licht, so können Sie sich darauf verlassen, daß Sie zum Opfer bestimmt waren. In diesem Fall verlieren Sie keinen Augenblick; benutzen Sie die Nacht und die Schnelligkeit Ihres Pferdes! Suchen Sie die Gränze zu erreichen, «nd führen Si? von dort aus Ihre Sache, wie es Ihnen gut dünkt. Aber erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen, dasi rs Thorheit ist, sich mich schuldlos gegen eine »ingeschuloigle Vcleidigunq vertheidigen zu wollen; denn lv» der Despotismus regiert, haben Gesetze und Gerechtigkeit keine Kraft.« — Nachdem der Fremde seinem Schutzheiligen das Gefühl seiner unbegränzten Dankbarkeit ausgedrückt hatte, zog er sich hinter sein Versteck zurück. Der Vcr-dacht des Handlangers des Ministers zeigte sich nur zu wohl begründet. Kein Licht erschien an dem Thurm-fenster und nach Verlauf einer Stunde sprengte der Reisende von bannen. Unverweilt verließ er Frankreich, wohin er erst nach dem Tode des Ministers zurück zu kommen wagte. In sein Vaterland zurückgekehrt, war es sein erstes Geschäft, die Schenke von Ruclie zu besuchen und über seinen Wohlthäter Erkundigung einzugehen; allein man halle seit mehreren Jahren Nichts von ihm gehört. Er erzählte hierauf sein Abenthcuer, welches seitdem in jener Gegend zu einer Volkssage geworden ist, und dcr Schenke von Nuelle, die unter dem Namen zum weißen Roß bekannt ist, eine Art von Eelebrität gegeben bat. Man zeigt noch das Zimmer, in welchem die beiden Fremden zusammen gespeist haben und unmt cs la^!!'.' »>t> Kon 5ccxiul'5. Vas Gramen. «Kinder,« sagte der Schulmeister FlappM zu Berg« dobcl, »heute ist Schönschrcib - Übung. Wcr mir das große und kleine A, b, c, hübsch und rein liefert, darf nächsten Sonntag mit mir spazieren gehen.« Ieht wurde dcr Herr Schulmeister von allen Seiten bestürmt. «»Meine Feder gehl so schlecht; die mei« nige ist zu hart; die meinige hat reinen Spalt; u. s. w.«« «Hal/ö Maul! Keiner mux sich mehr! Ich l»mme zn Jedem.« — »Sage mir Görgl, weil du gerade voran sitzest, wo nimmt nnin die Federn her.« »»Ich,«« antwortete Görgl, »»ich nehme die m?5-nige von der Mutter.«« «Von der Gans!« sagte der Lehrer heftig. »Das solltest du schon lange wissen; in deinen Jahren wußt' ich schon, daß Frankfurt am Main nicht an der Oder liegt. Aber du wirst ewig dumm bleiben; Du hast große Anlagen dazu.« »Michel! sag' Du mir einmal, aus was wird das Papier gemacht?« »»Ei, ei, das ist leicht zu wissen,«« rief Michel, aus Papp und Vier.«« — »»Ja, ja,«« riefen Alle — »»das ist wahr! Drum heißt's Papier.«« »O iln Eseln! aus Euch wird's gemacht; 'aus Lumpen, die nichts wissen wollen. Wahrhaftig eine Viehnatur gehört dazu, um aus Euch Menjchen zu machen. Und nun zum Ziel! Da schreib' ich ein Hausthier an die Tafel, und Jeder schreibe schön mir nach» Doch wartet! Erst sag'Du mir, Peter, was wird ein Hausthier genannt?« «»Ein Hausthier ist ein Elephant.«« «Du bist eines, ein hirnloses, das in Stall gehört! Nun ihr andern? weiß es Keiner?« ««Ochs, Esel, Schaf, Herr Lehrer, ist ein Haus-thier«" »Ja, ja! ihr wißt es, meine Lieben! Nun so find doch welche noch uncer euch, die mir bei der nächsten Prüfung Ehre machen. — Nun weil wir bei dcr Naturgeschichte sind, so sagt mir, ihr Fleißigen: in wcl-ckes Reich gehört dcr Stockfisch, zum Pflanzen- oder Thierreich?« «»Zum Pflanzen- und zum Thierrciche!«« »Seid ihr toü! Wie kann eine Sache zwei Reichen angehören?" »»Der Stock gehört zum Pflanzen- und der Fisch zum Thicrreiche!«« „Ei Kinder! ihr bringt mich auf eine Id„, di« gar nicht zu verwerfen ist. In Rass's Naturgeschickte stebt zwar: Ich Stockfisch gebore unter das Thierreich ! — Aber irren ist ja nnn^hiich! Vielleicht hat sich Herr Rass gcirrt; cr ist ja auch nur ein Mensch.« Mittel gegen vie Trommelsucht ves Ninvviehes. ^ Das Frankfurter Journal empfiehlt folgendes Mittel gegen das Aufblähen oder die sogenannte Trommelsucht des Rindviehes: »Man nehme deim Ausziehen eines Kalkofens ein Stück, einer Mannsfaust groß, recht gut gebrannten Kalk, zerschlage denselben in kleine Stücke, und bringe ihn so schnell als möglich (ehe er sich mit