282228 V on det Menntniß Jesu Lhristi, wie er einen Geheimnissen , und bey feinen berschiedes n Eigenschaften, oder Beziehungen auf Gott -en Vater, auf die Geschöpfe überhaupt, auf die Menschen ins besondere, und auf die Seligen im Himmel betrachtet rber» den kann. «o-wwwwa-vri»wwww Mit ' .rüchserhekungen über jedes GtheLtiMl'ß/ und jede Eigenschaft Jesu L h r i st i. Nebst einigen Betrachtungen über die Taufgelübde. Zweyter Band. Zrveyte Auflage. L a ibüch, h Johann Retztr, Buchdrucker uttd Buchhändlek» i S o Ven der Erkenntlich Jesu Christi, wie er bey seinen verschiedenen Eigenschaften, oder Beziehungen auf die Geschöpfe überhaupt, und auf die Menschen betrachtet werben > staun. Fvrtseh ung der Zrveyten Abteilung des ersten Bandes. Von den Eigenschaften Iesu Christi im Ve¬ rzüge auf die Menschen , und besonders Christen. Zwölftes Hauptstück. von Jesu Christs dem Vater der Christen, «Obschon die Eigenschaft eines Vaters der Christen den dreyen Personen der allerbeiltg- sten Dreyfaltigkeit eigen ist, und wir un- «F A z sie 4 HAHH sie wenden, da wir, Vater unser, sagen; kömmt doch dieser liebevolle Titel eines Vaters auf eine besondere Art Jesu Christo zu, wozu uns die heilige Schrift mehrere Ursachen an¬ gibt. l. Wir sind in dem Tode Zesu Christi, Las ist, durch die Verdienste seines Todes getaufet. Wir sind aus seiner am Kreuze ge¬ öffneten Seite geboren worden, weil dieKin- der Gottes aus.dem Blut und Wasser, wel¬ ches daraus floß, in der Kirche gebildet wer¬ den, sagt der heilige Augustin. 2. Lurch die von ihm eingesetzten Sakramente empfangen wir das neue, das übernatürliche, das gött¬ liche Wesen, und werden aus dem Lächle der Sünde heraus gezogen, um neue Geschöpfe in Jesu Christo zu seyn. Deswegen wird auch Je¬ sus Christus der Vater der künftigen Welk genannt, (Esai. 9, 6) und der heilige Paul sagt uns bey Anführung einer Stelle aus dem alten Testament, daß Jesus Christus sich sei¬ nem Vater darsnlle, sprechend: Sieh ich kom¬ me mit meinen Rindern, die du wir gegeben hast, (Hebr. a, ig.) Dies alles beweiset uns, daß Jesus Christus auf eine ganz besondere Art und in eigentlicher Sprache unser Vater kann genannt werden. Selig sind wir, wenn wir ihn immer als unfern Vater ansehen, und uns wie seine Kinder würdig betragen. Laßt uns in diesem Hauptstücke zwey Dinge betrach¬ ten. r. Wie groß und erhaben diese Eigenschaft eines 8 eines KtndrS Gottes sey. 2. We die meisten Christen selbe entehren. Erhebt die Eigenschaft eines Kindes Gottes den Menschen »der selbe erhaltet, sehr ? A. Man kann sich nichts größers vorstel» len als ein Kind Gottes; das ist?, daß ein Mensch, der vorher ein Sclav der -Zünde und des Teufels, aller Gnade unwürdig war, zu einer solchen Grö^e und Heiligkeit erhoben wn'de, daß er nicht nur ein Kind Gottes ge» r.annt werde, sondern es auch in der That sey. Welch eine Macht, welch eine Barmher¬ zigkeit eines Gottes gegen sein Geschöpf! Oer heilige Angustin sagt, daß Jesus Christus Gott» mensch das größte Werk der Weisheit und Lw« be Gottes sey, das ist, daß der Sohn Gottes Sohn des Menschen werde. Allein, nach die¬ sem ersten und vollkommenesten Mcistcrstü k sei¬ ner Hände, ist dies das größte, daß die K n- der der Menschen Kinder Gottes werden. Drey Ursachen geben uns zu erkennen, wie herrlich und erhaben die Eigenschaft eines Kindes Got» tes ist, welche die Christen empfangen haben» Die erste, wird vom Ursprung und von der Weise her genommen, wie wir Kinder Gottes geworden find. Die zweyte, von den Pflichten, die sie uns aufleget. D-e dritte, von den Vor- thetlen und Vorzügen, die sie uns verschaffet. Lasset uns diese drey Ursachen erklären und auseinander setzen. 6 EKH i. Die Eigenschaft der Kinder Gottes bat keinen andern Ursprung, als Jcsum Christum den Gottmenschen. Denn durch das Wort ha¬ ben wir unser Daseyn in der Erschaffung er¬ halten. Aber auch durch das Fleisch gewordene Wort sind wir aus dem Nichts der Sünde her¬ aus gezogen, und neue Geschöpfe in Christo Jesu geworden: Men jenen, die ihn aufge» nsmmen, und an ihn geglaudet haben, gab er Macht, Rinder Gottes zu werden, ( Joh- i, iL.) Wie aber dieses? Laßt es uns lernen und crröthcn, daß wir unfern Ursprung nicht erkannt haben. Unsere geistliche Geburt hat «ine bewunde¬ rungswürdige Beziehung auf die Geburt Jesu Christi. Es gibt in Jesu Christo eine dreyfache Geburt; eine ewige in dem Schooße des Va¬ ters, von welcher der Prophet spricht: wer wird seine Geburt erzählen? f Esai. zz, 8. ) Durch diese Geburt ist er Gott, das Wort Gortes; seine Erkcnntniß, sein wesentlicher Hohn. Die zweyte Geburt Jesu Christi ist zeit¬ lich , da der Sohn Gottes in Maria Fleisch annahm, und aus ihr geboren wurde: in die¬ ser Geburt ist das Fleisch gewordene Wort Gott und Mensch, und hat Gott zum Vater und die seligste Jungfrau zur Mutter. Die drit¬ te Geburt Jesu ^Christi ist jene des Grabes; auf welche der Apostel jene Wortc'des Prophe¬ ten anwendet: Du bist mein Sohn he.»re ha- HKtzHH 7 de ich -ich gezeuget, ( Gesch. brr Apost. ,z, ZA.) Laßt uns aber merken, daß Jesus Chri¬ stus aus dem Grabe nicht geboren wurde, als nachdem er gekreuziget, und jum Lode ge¬ bracht war; und daß er durch diese Geburt kn den Stand der Unsterblichkeit und eines - glorreichen Lebens eingegangen ist. Laßt uns diese hreyfache Geburt auf die unserige an- X wenden. 2. Gott selbst hat uns vsrerwckhlet, daß wie zu feiner Rindschaft ausgenommen werden: (Ephes. i, 5.) Diese Wahl, diese Vorher¬ bestimmung, diese Geburt geschah in dem Sdoo- ße Gottes selbst: alles dieses ist ewig und in Gott verborgen, wie die ewige Geburt des Wortes. b. Diese Geburt äußerte sich, da es dem Herrn gefiel, uns von so vielen Völkern abzu¬ sondern, und zur heiligen Taufe zu rufen. In diesem Sacramente werden wir in der Zeit zu Kinder» Gottes wieder geboren ; und diese Ge¬ burt hat eine wunderbare Gleichförmigkeit mit. der zweyten Geburt Jesu Christi, da er aus Maria geboren wurde. Laßt uns unfern Geist erheben. Wir haben gesagt, daß Jesus Chri¬ stus aus Maria als Gottmensch geboren wur¬ de: eben so wird der Christ durch die Taufe zum Sohne Gottes geboren. Er ist Mensch, weil, was aus dem Fleisch geboren wird-, Fleisch ist; (Joh. Z, z.) und er ist auf eine gewiße geiviße Art vergöttert, well, was aus dem Gerste geboren wird, Geist ist, (Ebenb ) Durch kkefes Sacrament werden wir der göttlichen Natuk kheilhaftig; und gleichwie wir Kinder der Menschen sind, indM wir rin der Natur Md Wesenheit der Menschen Theil nehmen eben also werden wir Kinder Gottes, indem ' wir an dem Geiste und dex' Gottheit Jesu Chri- sti Theil nehmen; doch mit diesem Unterschiede - in Gott ist die göttliche Natur seine Wesen¬ heit/ und Gott selbst; 'in »ns aber ist diese große und schüZLare Eigenschaft eine Gnade Md etwas Erschaffen^', denn die göttliche Na» Lttr kann Nicht gethcilet werden, um uns zu Mefle zu werden.' Gott ist einfach und unzer- theilbar. Laßt uns diesen himmlischen Vater niemahls aus den Augen verlieren, der uns durch den Dienst der Kirche, welche unsere Mutter geworden ist, ein neues Sehn und die gött¬ liche Kindschaft gegeben hat. „Adam und Eva, „ sagt der heilige Augustin, erzeugen nur Kin» der zum Sterben, weil sie selbst sterblich „ sind; aber Jesus Christus und die Kirche bil- den Kinder für das ewige Leben, weil sie „ selbst ewig sind. 'Unsere Aeltern nach dem Fleische erzeugen nur fleischliche Kinder, weil sie selbst fleischlich sind; a lein Jesus Christus unser Vater und die, Kirche- unsere Mutter bil¬ den geistliche Kinder, weil sie selbst seist» sich sinh. Ditz EZH 9 ». Die dritte Geburt Jesu Christi ist die Ge¬ burt des Grabes. Dieser göttliche Heiland wird der Vater der Christen durch das Sacrament der Buße, da sie diese verlorene Eigenschaft der Kinder Gottes in diesem Sacrament wie¬ der erhalten, wo eine Art der Auferstehung geschieht, an welcher wir Theil nehmen, nach¬ dem wir der Sünde abgestorben; nachdem un¬ sere Laster in dem Wchterstuhl h,;- Buße, wie in einem Grabe, begraben werden; und nachdem wir einige Zeit im Stande, und unter heiligen, heilsamen Verdemüthigungen und Bußwrrken^ wozu uns diests Sacrament verbindet, werden verblieben seyn. Damahl erstehen wodurch die allmächtige Gnade Jesu Christi; damqhl gehen wir in einem ganz neuen Leben einher; damahl treten wix wieder in die alten Rechte ein , welche uns die Eigenschaft der Kinder Gottes gibt; damahl sagt Jesus Christus zu uns, was sein Vater zu ihm sagte, da er ihn-auferweck¬ te; du bist mein Sohn, heute) habe ich dich gezeuget. Diese Geburt wird erst am Lage der all¬ gemeinen Auferstehung vollkommen scyn, da wir glorreich aus dem Grabe heraus gehen werden, ohne mehr der Sunde und Schwachheit un¬ terworfen zu seyn; wo wir alle Wirkungen die, ser göttlichen Kindschaft erhalten werden. Lasset uns, we m es uns möglich ist, begreifen, was wir werden , da wir Kinder Gottes werden; dies ist die größte Gnade, welche ein vec, nürrf- 12 nünftiges Geschöpf erhalten kann; nichts kann mit dieser erhabenen Eigenschaft verglichen werden. . 8. Wie ist diese Eigenschaft eines Kindes Gottes, welche die Christen empfangen häben, die größte/'die man auf Erden erhalten kann? Erhebt sie denn den Menschen sehr ? Dft Mensch wird durch die Sünde in den niedrigsten und elendesten Stand- den man sich je verstellen kann, herab gesetzt. Don dem Adel seines Ursprungs abgewürdiget, ist er wei. ter nichts, als ein Sclave des Teufe's, und eine Wohnung aller unreinen Geister. Allein durch die Tauft verläßt er diese Niedrigkeit, und Gott erhebt ihn zu einer solchen Große, die der Mensch nicht fassen kann. i. Die Eigen¬ schaft der Kinder GottcS ist größer, herrlicher, edler, und dauerhafter, als alle jene, die man in der Welt hat; und wovon sich die Menschen eine so eitle Ehre daraus machen. In der That, so groß immer die Eigenschaften eines Kaisers, Königs und Herrn der ganzen Welt sind, kann doch keine mit jener eines Kindes Gottes ver¬ glichen werden- Alle diese menschliche Größe zerfällt bald in den Staub, mit jenen, die sie besitzen; da hingegen die Eigenschaft eines Kin¬ des Gottes ewig bestehet, und jene, die damit bekleidet sind, und sie bis-ans Ende be¬ halten , glorreich und unsterblich -macht. Die Eigenschaft eines Königs macht ihn nur zum Herrn Herrn eines Theiles der Welt, welche verge¬ het; aber die Eigenschaft eines Kindes Gottes setzt uns in Besitz eines ewigen Reichs. Die Eigenschaft eines Kaisers gibt nur zu einigen ver¬ gänglichen Gütern düs Recht; die Eigenschaft aber eines Kindes Gottes gibt uns das Recht über alle Güter Jesu Christi , unftrs Vaters. Alle Begierden der Fürsten der Erde zielen da¬ hin / daß sie den Casarn und Alexander» gleich werden, oder sie übertreffen; die Begierden aber eines Kindes Gottes sind, dem König und Herrn des Himmels und der Erde ähnlich zu werden. Diese Hoffnung gibt ihm das Wort Gottes: 8shn, jetzt sind wir Rinder Gottes, sagt der heilige Johann, es ist aber noch nicht offenbar, was wir seyn werden: das wissen wir aber, daß wir ihm, wenn er sichln seiner Herrlichkeit offenbaren wird, ähnlich seyn wer¬ den, (i. Joh. Z, 2.) „Eine Seele, sagt ein hei» „ lkger Vater, welche in der Taufe eine gört- liche Gestalt angenommen hat, ist größer und „ erhabener geworden, als alles, was in der ,, Welt großes und erhabenes feyn kann. Nach- ,, dem sie Jesu Christo zugesellet, und mit ihm „ vereiniget ist, und nur einen Sohn Gottes mit ihm ausmachet, herrschet sie mit Jesu >, Christo: der Purpur, der sie bedecket ist das „ Blut des Lammes mit welchem sie befpren- s, get wird : sie ist Priester mit Jesu Christo, »p und ihr Ehrenkleid sind die Verdienste und rr EHH „ Tugenden des Gottmenschen. " sH. Cyprian r. Brief.) Man werfe also den Christen nicht luehr weder die Niedrigkeit ihrer Herkunft vor, weil sie selbst aus dem Schooße der Gottheit entspringen; weder die Geringfügigkeit ihrer Eigenschaften, weil sie durch die Gnade etwas von dem sind, was Jesus Christus durch die Natur ist. Dies ist unsere Größe; dies erhebt Ms über die Könige, und Fürsten der Erde. 2. Durch diese Gnade der Taufe tritt daS vernünftige Geschöpf in die Gemeinschaft der drey göttlichen Personen ein; also, daß ein Kind Gottes mit der heiligen Dreyfaltigkeit dergestalt vereinigt ist, daß , da es im Nahmen der drey göttlichen Personen getaufet ist, der Vater es als sein Kind, der Sohn als seinen Bruder, und der heilige Geist als seine Braut ansieht. Der Vater, sagt der heil. Paul, bat «ns feinen Sohn gegeben, und mit ihm hat er uns alles geschenket. Nachdem wir Glieder dieses Sohnes sind , der unser Haupt gewor« den ist, siebt uns der ewige Vater als mit ihm vereiniget und einverleibet an, indem wir mit ihm nur einen Sohn Gottes ausmachen. Die Laufe gesellet uns dergestalt Jesu Cbristo zu, daß wir eine Gemeinschaft des Leibes mit ihm eingrhen, weil die Glieder unseres Leibes sei¬ ne Glieder werden; eine Gemeinschaft des Geistes, und Herzens, weil er uns seine Gesinnungen schenket, weil wir denken unh ur? HZsrKH IZ «rtheileu, wie Jesus Christus , weil wir lie¬ ben, was er liebt, und verabscheuen, was er haßet und verdammet; eine Gemeinschaft der Güter, weil er uns seine Verdienste, seinen Leib, seine Seele, seine Gottheit und alles gibt, was er ist, Ich bin in ihnen sagt er zu seinem Vater, und du bist in mir, aus daß sie in der Einigkeit vollkommen werden. (Johan. 17 ) Kann man eine größere Gemein¬ schaft sich verstellen? Der heilige Geist theilet sich uns mit, um uns zu leiten, uns wirken zu machen , unserer Schwachheit ju helfen, unb gleichsam die Seele unserer Seele zu seyn: und weil wir seine Tempel geworden sind, wohnet er in uns, er weihet uns ein, und heiliget «ns. Welche Größe, welche Gnaden sind nicht mil der Eigenschaft eines Kindes GotteHverbun- den! Kann man gegen die allerhetligste Drey- faltigkeit Liebe und Erkenntlichkeit genug haben, indem sie uns so geliebet hat, daß der hei¬ lige Geist bey unserer Taufe über «ns herab siieg, wie über Jesum Christum bey der scink- gen; und daß der ewige Vater, da wir aus diesen heilsamen Wässern hinaus gingen, uns sieht, uns in seinem Sohne liebet, und zu uns spricht: Dies ist mein geliebter Sohn.- in ihm habe ich ein Wohlgefallen - Z. Die Gnade der Kindschaft ist allen über¬ natürlichen Gaben vor zu ziehen, welche Gott immer den Menschen zur Vereinigung anderer gcthan -4 MM gethan hat, oder ihnen thun wird. Die Gabe der Weissagung, Wunder zu wirken, fremde Sprachen zu reden, oder Kranke zu heilen; al¬ le diese Gaben, in einem einzigen Menschen vereinbaret, sind geringer , als ein Kind Got¬ tes zu sepn- Man kann auch hinzu setzen, was der heilige Augustin sagt, daß die Eigenschaft einer Mutter Jesu Christi, wenn sie selbe hätte haben können, ohne ein Kind Gottes M seyn, geringer gewesen wäre, als die göttliche Kind« schäft, die sic empfangen hatte. Sie war se¬ liger , Gott in der Seele, als im Leide em¬ pfangen zu Haden, (H. Aug. im Buch, von der Jungft.) Lasset uns also heute anfangen, über die Gnade unserer geistlichen Wiederge¬ burt nachzudenken, und sie zu betrachten; las¬ set uns die Eigenschaft, die wir tragen, ernst¬ haft erwägen. Betrachtet, sagt der heilige Johann, welch eine Liebe uns -er Vater gegeben hat, da er will, -aß wir seine A nder heißen, und es in -er That sepn, ( i. Sendsch. z, i ) Möch¬ ten es die Großen der Welt betrachten, sie, welche weiter nichts zu betrachten und zu be¬ wundern pflegen, als was vergehet, und nichts Großes sehen , als jenen Adel, den sie . von ih¬ ren Vorältern haben, und ihn höher schätzen als die Eigenschaft eines Kindes Gottes« Möchten es die Armen betrachten, sie, wel¬ che die Welt verachtet; denn wenn sie Kin¬ der MAK 15 der Gottes sind , und als solche leben, sind sie vor Gott erhabener, als alle Fürsten der Welt, welche Feinde Gottes wären. Möchten es die Gerechten betrachten, sie, welche bis» weilen den Muth zu sehr sinken lassen, sie sol¬ len sich aber wieder aufrichten, da sie sich er¬ innern, daß Zesus Christus ihr Vater ist, und sie seine Kinder: sie haben das Recht, von diesem so mächtigen und gütigen Vater alles zu hoffen. Man rede uns also nicht mehr weder von Würden, noch von Ehren, noch von Fürstenthümern der Welk.- obschon alles die¬ ses in seiner Art groß ist, kann doch nichts mit der Eigenschaft eines Kindes Gottes ver¬ glichen werden- Welches ist die zweyte Ursache, die uns zu erkennen gibt, wie groß und erha¬ ben die Eigenschafr eines Kindes Gottes ist? A. Die zweyte Ursache wird von den gro¬ ßen Pflichten her genommen, die uns diese Ei¬ genschaft auflegr. Wir dürfen die Eigenschaft eines Kindes Jesu Christi nicht vergeblich tra¬ gen: man muß auch ihre Pflichten erfüllen. Die erste und wichtigste ist, daß man sein Le¬ ben frey von Lastern führet, wer aus Gott ist, sagt der heilige Johann, der thut keine Sün¬ de : denn seine Gnade bleibt in ihm , wie ein göttlicher Saamen; und er kann nicht sündi¬ gen, weil er aus Gort geboren ist, (i. Joh. 3,9>) und weil ihn diese Gnade immer zur Heie 16 Heiligkeit und Entfernung von der Sündean- treibt. Ein Christ kann nie genug all dasjenige «neiden, was die Kernigkeit seiner Setle^ wel¬ che ein Kind Jesu Christi und die Wohnung des heiligen Geistes geworden ist, bemackeln könnte. Kein Stand, keine Handlung erniedrigt «in Kind Gottes, und ist seiner Eigenschaft unwürdig, als die Sünde, Die Erniedrigun¬ gen , die Werke der Liebe, die nicderigst n Dienste, die man dem Nächsten leistet, die Kreuze, die Unbilden können ihn nicht enteh¬ ren.- er macht sich eine Ehre daraus. Was ei' nes Christen unwürdig ist , sind die Gotteslä- sie-ungen, die Unreinigkeiten, die Rache, die kügen, die Eitelkeit, der Hochmuth, derNeid, und alles Ucbrige, was von dem alten Men¬ schen kömmt, den wir allezeit, auch nach der Laufe tragen, und der uns ohne Unterlaß zue Sünde lenket. Denn man muß diesen Grundsatz gut wissen, daß es in jedem Christen zwcy Geburten gebe; aus einer wird der alte Mensch aus der andern dck neue geboren: eine Geburt nach dem Fleisch, und eine andere nach dem Geiste. Durch die fleischliche Geburt, woraus der alte Mensch entsprungen ist, sind wir geneigt, t. zu einem weichlichen Leben, zu allem, was dem Fleische sumeicheln kann; zu allen Vergnügungen der Sinne; hingegen durch die göttliche Geburt, woraus der neue Mensch kömmt, werden wir zum Ecgentheile golenkch- unfermeinzigen Gute, anzuhangen, ihm alle- zeit folgen, und seine Gebothe zu halten. Wir haben in diesem Sacrament das heilige Evan-, gelium als die Rege! unsers Lebens und Be¬ tragens angenommen. Endlich, da wir in dem Lode Jesu Christi getaufte sind, müssen wr den Tod Jesu Christi durch ein abgetödtetes Leben verstellen; also daß wir gegen alles, was der Welt eigen ist, wie todt sind: dies sind Verheißungen/welche so sehr binden, daß uns keine Macht davon loszählen kann; so wichti¬ ge Verheißungen, daß man entweder sie erfül¬ len, oder ewig zu Grunde gehen muß; soaus- gebreitete Verheißungen, daß sie alle Gattun¬ gen Personen, von jedem Stande, von jedem Gewerbe, von jedem Geschlechte, ohne Unter¬ schied der Zeit und des Ortes verbinden ; so gerechte und billige Verheißungen, daß sie alle auf die Erfüllung unserer Pflichten gegen Gott, gegen den Nächsten, und gegen uns selbst ab¬ zielen; so heilige Verheißungen, daß sie den Menschen lehren, sich von allen Geschöpfen zu entäußern, sie nur zur Nothdurft zu gebrau¬ chen, und Jesu Christo anzuhangen, den man sich wählte, da man dem Teufel, seinem Fein¬ de absagte; so feyerliche Verheißungen endlich, daß sie die heiligen Väter die großen Gelübde der Christen nennen; indem sie abgelegt wur¬ den, in Gegenwart und im Nahmen der aller¬ heiligsten Dreyfaltigkeit, vor den heiligen Al¬ tären, 2i tären, in die Hände der Diener der Kirche, und vor den heil. Engeln, welche sie ausge¬ nommen haben, um sie in den Himmel zu tra¬ gen, und selbe allen Christen, welche in der Laufe diese herrliche Eigenschaft der Kinder Gottes werden empfangen haben, bey dem Gerichte Gottes vorstellen werden. Lasset uns also der Bedingniße dieses Bundes nie ver¬ geßen, den wir mit Jesu Christo cingegangen haben, in welchem er unser Vater, und wir seine Kinder geworden sind. Welche ist die dritte Ursache, welche zeigt wie groß und erhaben die Eigenschaft eines Kindes Gottes ist? 2s, Die dritte Ursache wird von Vorzügen und Vorthcilen hergenommcn, welche diese Ei¬ gen "chaft jesen verschaffet, welche wahrhaft Kinder Jesu Christi sind, und deren Leben mit dem, was sie find, Übereins kömmt- r- Je¬ sus Christus sieht sie als seine Kinder, und zu¬ gleich als seine natürliche und rechtmäßige Er¬ den an, und gibt ihnen ein Recht über alle seine Güter. 2. Jesus Christus beschützt sie, und sorget auf eine ganz besondere Weise für sie. Lasset uns den ersten Vortheil erklären. Man muß zuerst voraus setzen, daß alles, was in der Welt ist, alle Güter, welche die Menschen besitzen, Jesu Christo, als Sohne Gottes, und als Gottmenschen, zugehören. Al¬ tes ist durch ihn gemacht, und der Vater hat nichts, 22 nichts, was nicht auch der Sohu hätte. Als Gsttmcnschen gehört ihm auch «Les zu, weil ihn rer Vater zum Erben alter Dinge gesetzt hat, (Hebe i.) Der Vater liebt den Sohn, und hat ihm alles in se-ne ;,and gegeben, (Johan, z. '-z.) Nun gibt cs drcy Gattun¬ gen der Güter, derer Jesus Christus der un- umlchränkte Herr ist; die zeitlichen Güter, dis geistlichen Güter, die ewigen Güter; Niemand Fann ihm dieses Recht streitig machen ; und die» se Herrschaft beruhet auf der Eigenschaft eines Sohnes Gottes, der seinem Vater in allem gleich ist, und auf dem Worte Gottes, wel¬ ches in der heiligen Schrift enthalten ist. Aber, o Aortheile, die uns die Allmacht und Barm¬ herzigkeit Gottes verschaffet! nähmlich , wenn wir Kinder Gottes sind, wenn wir den Geist ter Kittdschaft in uns haben, und er in uns -leibet, haben wir durch diese Gnade das Recht Über alle Güter unsers Vaters. r. Wir haben das Recht über die zeitlichen Güter. Der Sünder, der sich wider seinen Va¬ ter aulgelehnet, durch seine Laster die Eigen¬ schaft eines Kindes Gottes verloren hat, und sein Feind geworden ist, hat sich aller Dinge unwürdig gemacht; er verdienet kcin Gutmshr: man kann also m't Wahrheit sagen, daß nur jene, welche Jesu Christo zugehZren, und nur einen Sohn Gottes mit ihm au sm ch.u, das Recht zu seinen Gütern haben; ein Recht, wel¬ ches HA-KH 2Z ches ihnen durch die Bemühung, durch das Leiden und den Lod Jesu Christi zugewachfcn ist. Und doch besitzen die Gottlosen und Sünder die Güter dieser Welt im Ueberfluß, da indessen die Gerechten oft in der Armuth, in der Ver¬ achtung leben, und von allem entblößet sind. Die Ursachen dieser göttlichen Vorsehung wer¬ den wir erst daun vollständig einsehcn, wenn wir in das Herligkhum werden eingegangcn scyn. Wenn man die Sache nach den Grün¬ den der Religion betrachtet, kann man alle¬ zeit mit Wahrheit sagen, daß die Bösen dir Güter dieser Welt einiger Maßen unrechtmäßiger Weise besitzen , weil sie sich derer durch ihre Laster unwürdig gemacht haben. Wenn Gott ihnen selbe läßt, geschieht es, entweder um sie durch diese Wohlthaten an sich ;u ziehen, oder sie als seine Feinde zu strafen, indem er, sie den Begierden ihres Herzen überläßt. Wenn die Frommen ihrer entbehren müssen, hat sie Jesus Christus durch sein Beyspiel gelchret, wie sie diese Beraubung ertragen sollen. Er wollte zu erkennen geben, daß sein Reich, so wenig als das Reich seiner Kinder, von dieser Welt sey, und daß er ihnen andere, weit größere und ihrer Eigenschaft würdigere zu geben habe; und dies sind die geistlichen Güter, die er ih¬ nen hinterlassen hat. 2. Die geistlichen Güter sind bas Wort Jesti ßhristi, seine Gnade, sein Geist, seine Sacra- mente, sein Leib, seine Geheimniße, sein Kreuz Er hat nns sein Mort hinterlassen. Mein va^ ter! sagt er, ich habe ihnen die warte gege, den, die da mir gegeben hast, (Johann 17, 8>) Ein Aort, welches der Prophet über Gold pnd Silber schätzet, welches uns lehret, was Gort füx uns gethan, di? Geheimniße, die ee gewirfet, die Liebe, di? er gegen uns gehabt, u id di? großen Verheißungen, die er uns ge< macht hat; ein Wort, welches unfern Verstand ?rleucht?t, und un'cr Her; nähret, welches unsere Stärke wider unsere Made, und dey ganze Trost her Kinder Gottes ist. Er gibt sei» nen Kindern seine Gnade, U'N sie zu erleuch¬ ten, ste zum Guten anzntreiben, ihnen in dem- stlben zu helfen, sie in ihren Schwachheiten zu stärken, und zu machen, haß sie jenes lie¬ ben , und ausüben, was Gott pon ihnen be¬ gehret. Ergibt seinen Kindern seinen Geist: durch diesen Geist »m: fangen sie diese Eigen¬ schaft i erwähnet in ihnen , wie in seinem Tem¬ pel. Wegpoß ist ni ht hiesesGut! Gott läßt es ihnen als ein Pfand uns eine Versicherung der -nnUischen Erbschaft, die er ihnen verspricht. . Geist ist in den Kindern Gottes, wie ein chxheit, der Liebe und Heiligkeit. Er ' ' 'dene Sarramente hinterlassen: "arnschast der Kinder Gottes za zn empfangen, oder sie wieder zu bekommen, oder sie zu erhalten, oder sie vollkommener zu machen. Er hinterließ ihnen seinen K-eib im Altarssacaramenk; dies Brod ist nur für die Kinder Gottes, welche sich davon nähren, und einen beständigen Beweis der Liebe ihres Va¬ ters und ein göttliches Leben dannn finden. Er hinterließ uns seine Geheimnis?, auf daß sie unfern Glqnl-en nähtten, unser? Hoffnung be¬ seelten, unsere Liebem hr entzündeten- Er hin¬ ließ Zeinen Kindern sein Rreuz, auf daß sie es trag u, es lieben, dannn, wie Jesus Chri¬ stus ihre Ehre bestellen, und es als das einzi¬ ge Mittel, zum Besitz des Himmels zu gelan? gen, ansehen möchten, Z. Die Kinder Gottes haben ein Recht zu den ewigen Gütern, die Jesus Christus ihnen vorzubereiten voraus gegangen ist; wenn wir Rinder Gorees sind, sagt der Apostel, sind wir auch seine Erben und Miterben Jesu Christi; (Röm- 8, l9 ) wir werden an sei« ner Herrlichkeit und an seinem' Reiche Theil nehmen. Laßt uns dieses Recht, welches wir an der Herrlichkeit unsers Vaters haben, nicht Verlieren, Laßt uns nicht wie der gottlose El'au sehn, welcher sein Recht der Erstgeburt um ein Linsenmus verkaufte, Laßt uns das Mur¬ ren und die Laster der Israeliten vermeiden t denen Gott den Besitz des Landes Chan-an 26 HAM versprach, die aber wegen ihrem Ungehorsam davon ausgeschloßen wurden. §. Welcher ist der zweyte Dortheil, oderVor- zug der Kinder Gottes? A. Ihr zweyter Vsrtheil ist der sonderheit- liche Schutz und die väterliche Sorge Jesu Christi über sie: wie es mehrere Stellen der heiligen Schrift beweisen. Er liebt sie innigst, und seine Liebe erstreckt sich auf alle ihre Be- dürfniße. Wie zärtlich redet er nicht zu ihnen? Rann auch ein Weib ihr Rin-lern versessen, -aß es sich nicht erbarme über -en Sohn ih¬ res Leibes? und obschon sie -esselben ver¬ gessen würde, will ich euerer doch nicht ver¬ gessen; (Esai. 49, >5-) Worte, welche von der Zärtlichkeit und Sorge Jesu Christi über seine Kinder zeugen. Wie entehret man diese Eigenschaft eines Kindes Gottes? A. Man entehret sie durch ein niederträch¬ tiges und lasterhaftes Leben; durch die Un¬ dankbarkeit und Vergessenheit dieser Eigenschaft, durch Schämung gemäß dieser Eigenschaft zu leben. r. Nichts entehret mehr ein Kind Gottes, als ein niederträchtiges»und lasterhaftes Leben: in den Kindern Gottes muß alles heilig, alles groß, alles jenes Vaters würdig seyn, aus dem sie geboren sind.- die Denkart, die Be¬ gierden, die Handlungen, alles muß den Cha- rak- : 27 racker der Gottheit tragen, der sie zugeftllet sind. Nicht Kreuze, Armuth, Erniedrigungen entehren sie; vielmehr dies macht ihren Werth, ihre Ehre aus. Nur die Sünde, die ein Kind Gottes herab setzt, und cs den Thieren ähn¬ lich macht, ist seiner unwürdig. Wir haben da¬ von ein Beyspiel an dem verlorenen Sohn, welcher von seinem vorigen Neichthum in das äußerste Elend verfiel, und sich bis zum Hü¬ ten der Schweine, und zu ihrer Kost herab würdigte. So beraubt sich ein Kind Gottes aller Merkmahlc seiner Größe, und wird ein Gclav seiner schändlichen Leidenschaften, und des Teufels, seines Feindes- Welch eine ent¬ setzliche Erniedrigung! Was würden wir von einem Königssohn sagen, welcher sich aus dem Hause und Gehorsam seines Vaters zöae, sich allerhand Ausschweifungen überließe, sich zum Sclaven des Geringsten seiner Untcrthancn machte, dem er Kraft seiner Geburt befehlen ' sollte; und der in seiner Sclaverey dieni.oer- trachtigsten und seines Herkommens unwürdig" sten Dienste thun müßte? Welche Verblendung, welche Niederträchtigkeit, würden wir sagen? Thun wir aber nicht dieses, da wir sündigen ? Wir entfernen uns von Jesu Christo unser« Vater; wir verlassen alle Rcichthünzcr, alle Vortheile, selbst das Recht, das wir zu sei¬ nem ewigen Reiche hatten, um uns zu Sela, ven des Teufels zu machen, dem wir befeh¬ len 2S HASH len sollten; und in diesem Stande'suchen wir mit Begierde die Wollüste und Güter der Er« de, welche schlechter und verächtlicher als Koch sind. So groß ist unser Elend: kaum findet En in uns einige Züge jener hohen Eigenschaft der Kinder Gottes. Wir sind je¬ nen Israeliten ähnlich, welche, da sie aus ihrer langen Gefangenschaft zurück kamen, nicht anzeigen konnten, aus welchem Hause sie ab- siammen, noch beweisen, daß sie Kinder 2sra« els wären, (B. Esdras,) Ach! welche Merk¬ mahle und Zeichen von ihrer herrlichen Ei¬ genschaft der Kinder Gottes können wyhl die Weltgesinnte aufweisen! Entblößet von allen Merkmahlen ihrer Größe, von der Eingezo¬ genheit, von der Drmuth, von der Geduld, von der Sanftmuth und von andern Tugen¬ den, lassen sie weiter nichts sehen, als das Laster und hie Zeichen des Lhieres: so ent¬ ehret man die Eigenschaft eines Kindes Got¬ tes durch em niederträchtiges und lasterhaftes Leben, ?, Man entehret sie durch!die Undankbar¬ keit. Ich habe Rinder ernähret und erzogen^ sagte Gott, da er von seinem Volke redete; sie aber haben mich verachtet, ( Esai. i, s.) Jesus Christus, nachdem er uns ein neues Leben in der Taufe gegeben hatte, hat uns in seiner Kirche auf eine unserm Stande ange¬ meßene Art erziehen lassen. Er nähret uns mit sei- . ESH "7 2, feinem Worte, mit seiner Gnade, mit seinem Fleisch und Blute. Er gibt uns Gedeihe, um heilig zu leben und das ewige Reich zu erlan¬ gen. Allein durch eine schreckliche Undankbar¬ keit, vergessen wir auf alle diese Gnaden und Sorgen Jesu Christi, unsers Vaters,uttd kortt- men in derselben so weit, daß wir ihn verach¬ ten , seiner spotten, und sogar wider ihn oft die Waffen ergreiffen. Wir erneuern die Auf¬ ruhr des treulosen Absolom wider feinen Va¬ ter; eine Aufruhr, welche dem Vater weit empfindlicher war, als die Schwache, die ihm Semei sein Knecht anthati Dies bezeuget er selbst durch diese so rührende Worte: Sieh, mein Sohn, der von meinem Leibe gekom¬ men ist, strebe mir nach meinem Leben; war¬ um nicht jetzt auch Semei, der Sohn IeminL 2 (a. B. der König. i6. H. ir. V.) Ein Vor¬ wurf, den Jesus Christus seinen rebellischen Kindern noch macht. Es ist sich nicht so sehr zu verwundern, daß die Heyden sich wider ihn erklären; daß aber Christen, seine eigene Kin¬ der, welche der göttlichen Natur theilhaftig geworden, und durch sein Blut und seinen Geist wieder geboren sind, ihn beschimpfen, und verfolgen, dieser Undank beleidiget ihn. und dieses thut dar, daß die Sünden der Christen weit ungeheurer sind, als die Sun¬ den der Heyden. 3 Z. Matt entehret die Eigenschaft eines Kin¬ des Gottes, wenn man das Herz nicht hat, sich für Gott zu erklären. Welche Schande! Ans Eigenschaften, die uns in der Welt aus¬ zeichnen, und über den gemeinen Mann er¬ heben , macht man sich eine Ehre; man schä¬ met und scheuet sich aber, ein Kind eines ge¬ kreuzigtes Gottes sich zu nennen, und sich als ein solches zu bezeugen. Unterdessen, war wohl je für einen sterblichen Menschen etwas Herr¬ licheres , als alle Heilige des alten und neuen Tastamentcs unter seine Vorältern, ja selbst unter seine Brüder rechnen, und bis in den Schooß Jesu Christi und der Gottheit zurück hinauf steigen zu können, wo wir von aller Ewigkeit her empfangen, und woraus wir ge-i boren worden sind? fasset uns also über un¬ sere Eigenschaft eines Christen nicht schäm- roth werden, sondern es uns zur Ehre rech¬ nen , daß wir Hamit bekleidet sind; lasset uns nie der Gebothe unscrs Vaters schämen; lasset «ns selbe murhig erfüllen, lasser uns fürch¬ ten , daß, wenn uns die Furcht der Menschen und menschliches Ansehen Jesum Christum zu bekennen hindert, er nicht auch am Tage un- sers Todes sich unser schäme, und uns für fei¬ ne Kinder nicht erkenne. ik- Z' Erhebung des Gemüthss zu Jesu Christs (em Vater -er Christen. Welche klebe, mein Heiland Jesu Christe, hast du mir nicht erwiesen, da du willst, daß ich nicht nur dein Kind gcnennct werde, son- bers es auch in der That sey, ich, der ich mei¬ ner leiblichen Geburt nach, weiter nichts als ein Kind des Zornes, und der Hölle würdig bin. Nein, Nein, Herr Jesu! ich kann deine Güte und Macht nicht genug bewundern. Du hast mich in dem Schooße deines Dakers von Ewigkeit her empfangen; du hast mich vor¬ her bestimmt, um die göttliche Kundschaft in der Zeit zu erhalten; du hast mich zum neuen Geschöpfe gemacht; das neue Wesen hast du in mir gebildet; eine Gnade, welche mich über alles, was in der Welt groß ist, erhebt, und auf eine unaussprechliche Weise den drey gött¬ lichen Personen zugesellet: eine Gnade, wel¬ che mich der göttlichen Natur theilhaftig macht, und verschaffet, daß ich mit dir nur ein einzi, ger Sohn Gottes bin. Was hülfe es mir, ge¬ boren und aus dem Nichts gezogen worden zu seyn, wenn ich nicht aus dem Wasser und Geist wieder geboren wäre, und du in mir nicht den neuen Menschen erschaffen hättest? Dir Menschen, so groß sie immer nach der Welt Z2 Welt feyn mögen, wennfie den Geist der Kind- sckaft nicht haben, was sind sie anders , als Cclaven des Teufels, der in ihnen wirket? Dch, Herr! was bin ich dir für eine so große Gnade nicht schuldig? Wozu verbindet mich Nicht diese herrliche und erhabene Eigenschaft eines Kindes Gottes? Welche Liebe mpß ich Nicht zu dir haben? Wie soll ich die Welt und alle ihre Pracht, der ich abgesagt habe- nicht verachten? Wie muß ich die Sünde, welche Mich der Eigenschaft eines Kindes Gottes UN, würdig macht, nicht verabscheuen? Aber ach! Herr, wenn ich das Leben, das ich geführet habe, Und noch führe, bcy Mir überdenke, so getraue ich mich nicht mehr. Mich dein Kind zu nennen; ich bin von Weiner Erhöhung her¬ ab gesunken; ick habe von meiner göttliäM Geburt ausgeartet, und mich herab gewürdi« geb, da ich dich beleidigte- Du rufest mir ju, daß, wenn ich zu dir wieder zurück kehren will, Ich noch Eingeweide eines Vaters in dir fin¬ den werbe. Welche Güte, welche Geduld; wel¬ che Zärtlichkeit gegen «in so undankbares und rebellisches Kind, als ich war! Mein Vater l ich verabscheue mich selbst, und den Stand, in welchem ich mich befinde; mein Elend ist äußerst; ich habe alle Güter durchgebracht, die du mir gegeben hattest; der Hunger drückt mich, und ich kann mich nicht mehr unter den uns reinesien Thieren sehen, mich von ihren lieber- bleib- ZZ kleibseln nähren , und ein Sclav des Teufels seyn. Es ist Zeit, daß ich mich aufmachc, und den schändlichen Stand verlasse, zu d.m mich meine Sünden brachten. Aber ach! wie werde ich es wagen, vor dir zu erscheinen, v wnn Gott und mein Vater, da ich kein Zeichen ei¬ nes Kindes Gottes mehr an mir habe? Wirst du mich wohl unter diesen alten Sündenlum- pen, und vom Kleide meiner Unschuld entblö¬ ßet, noch erkennen? Ach! ich fange an, eini¬ ge Hoffnung zu fassen, wenn ich leine Barm« Herzigkeit betrachte. Ich bin das Kind deiner Schmerzen; am Kreuze hast du mir die Gnade verdienet, dein Kind zu werden; und ich ha¬ be dieses Vertrauen, daß deine Liebe dich al¬ ler meiner Undankbarkeiten wird vergessen ma¬ chen. Ich komme also mich dir zu Füßen zu werfen, und mit einem g demüthigtcn und ganz beschämten Herzen zu sag.n: Mein Va¬ ter, ich habe wider den Zimmel und wider dich gesündiget, und verdiene nicht dein Sohn genannt zu werden; ich finde mich aller dei¬ ner Gnaden und aller Güter deines Hauses unwürdig; Glück genug für mich, daß du mich noch darinn leidest, um meine Tage in Schmer» zen und Thränen zuzubrrngen. Vergib mir, mein Vater; vergiß alles, was ich wider dich gethan habe; und nachdem du willst, baß ich noch lebe, so laß mich in deinem Haufe und hry dir leben. Heiliger Vater, Vater der Er- C bar,- Z4 HASK barmungen, himmlischer Vater, Vater der Ewigkeit, ich will dich ehren, cir gehorsamen, dich lieben wie meinen Vater; ich w . nichts schätzen noch suchen als die Güter, die m mir im Testament hinterlassen haft : dein We rt, deine Gnade, deinen Geist, dein Kreuz, dei¬ nen Leib, und die ewigen Güter, die du un? versprichst. Diese Reichthümer halte ich fürgrö» ßer und kostbarer, als alle Güter der Welt, weil diese meine Seele nicht bereichern kennen. Du allein, o mein Vater, du allein bist das Gut/ das ich in der Zeit und in der Ewigkeit verlange. Amen- Dreyzehntes Hauptstück. von Jesu Christo, dem Ronig der Christen. Eine von den herrlichsten Eigenschaften, wel¬ che die Propheten Jesu Christo geben, ist die Eigenschaft eines Königs, der über alle Völker herrschen, und dessen Reich ewig seyn soll. Der Prophet Micheas kündigte ihn als ein solchen an, darr sprach: Und du Bethlehem, genannt E' phrata,aus dir wird einer heraus zehen, welcher Herrscher über Israel seyn soll, und seine Geburt ist vsm Anfänge, ja von den ewigen Tagen her, (Mich- 5, 2 ) Der heilige Johann, in dec Insel Pathmos, sah Jeium Christum diesen großen Nahmey an seinem Kleide und an seinen Len- HAM A.? Lenden geschrieben tragen : Dev Wmq der Lä- nige, und der Arr der Zerrscrenden,( Ossenb- ly, i6.) Welcher ist der Prophet, der hn uns nicht unter diesem Titel eines n äch gen, weisen, gerechten, guten und barmherzigen Königes vorstellte? Wir wollen uns mit dem begnügen^ was uns der Prophet Zacharias davon sagt, da er dem jüdischen Volke ankün¬ det , wie der Messias erscheinen werde: Erfreue dich hoch, du Tochter Sion; frohlocke, du Tochter Jerusalem: steh, dein Rönig wird zu dir kommen; er ist gerecht, und ein Heiland; und er ist arm, (Zach. 9, y.) Kann man ei¬ ne deutlichere Weissagung als diese sehen, dir Jesus Christus selbst trklärte, da er in die Stadt Jerusalem seinen Einzug so dielt, daß seine Sanstmuth und Armuth überall hervor- leuchtete? Wie bedauernswürdig war die Blind¬ heit der Juden, da sie ihn verachteten, und es ihm zum Verbrechen rechneten, daß er sich ih¬ ren König nannte? Dieses Volk betrog sich wegen der Armuth, welche es an Jesum Chri¬ sto wahrnahm. Es erwartete zwar den Messias als einen König, aber als einen König dessen Reich von dieser Welt wäre, das ist, im Glan¬ ze und Pracht der Könige der Erde; und dies war zum Lheil die Ursache seiner Verwerfung. Wir, als Christen, müssen Jesum Christum als unfern König anschen. Er ist es, so wohl als Gott, als auch als Mensch, da er mit dee C 2 Per- z6 Person des Wortes vereinbaret ist. Dies sagte der Engel der seligsten Jungfrau am Tage der Menschwerdung; Gott der Zerr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird über das Laus Iakob ewiglich regieren' (Luk. i, zs.) Als Gott hat er eine unum schränkte Herrschaft über alle Menschen mw Geschöpfe; und als Gottmensch hat er zu herr¬ schen, durch seine Menschwerdung, seinen Lod, und durch seine andere Geheimniße verdiene:» Dies lehret er uns selbst nach seiner Auferste¬ hung, da er siegreich über den Tod, die Welt, und den Teufel spricht: Mir ist alle Gewalt gegeben im Zimmel und auf Erden. Die Hey¬ den die Ungläubigen und Weisen der Welt wa¬ ren gezwungen, ihn so gar bey seiner Geburt zu erkennen und als ihren höchsten König an- zubethen: sie leisteten ihm ihre Huldigung, und rechneten sich es zur Ehre, ihn zu suchen, und ihn, selbst mitten in einem Stalle, als König anzubethen. Wir werden, in Ansehung dieser Eigenschaft Jesu Christi fünf Stücke betrach¬ ten- r. Welches das Reich Jesu Christisey,und wie er herrsche. 2. Den Unterschied zwischen ihm und den Königen der Welt, z. Die Schönheiten seines Reiches. 4. Die Ungerechtigkeit der Men¬ schen, welche diesen König verwerfen, und nicht wollen, daß er über sie herrsche. 5, Die Dauer dieses Reiches so wohl auf Erden, als in dem Himnreü 37 Z. Welches ist das Reich, in welchem Jesus Christus herrschet, und wie beherrschet er es ? A. i. Jesus Christus hat die höchste Gewalt über die ganze Erde: sein Reich ist nicht ein¬ geschränkt, wie jenes der Könige dieser Welt; seine Weite ist ohne Gränzen; es erstreckt sich von einem Ende der Welt bis zum andern r er ist der König der Könige; er ist es , durch welchen sic herrschen; er nimmt ihnen ihre Staaten, wenn es ihm gefällt; um sie auf andere zu übertragen; sein Reich ist ein Reich aller Zeiten und aller Oerter; er herrscht im Himmel, auf Erden, und über die Hölle; sein Vater hat ihm alles unterworfen; seine Herr¬ schaft erstrecket sich über die Körper, über die Güter und über die Deelen aller Menschen; er schaltet damit, wie er will, weil er über alle diese Dinge das höchste Recht chat. Jesus Christus ist der mächtige und schreckliche König, welcher alle Geschöpfe in seiner Hand hält: welcher diese ganze ungeheure Welt mit drey Fingern trägt. Der Zerr ist em großer Gott, ein großer Rönig über alle Götter: denn in seiner §and ist, was die Erde bringet, und die Löhen -er Berge sind auch sein : denn sein ist das Meer, und er hat es gemacht, un¬ feine Zände haben die Erde gebildet: (Ps- 95,3-4- 5-) Alle Geschöpfe huldigen ihn, und sind entweder seiner Mäht, oder seiner Gerechtigkeit, oder seiner Barmherzig¬ keit» ;8 keit unterworfen^Durch seine Machtthut er,was er will, mit allen Gef uöpfen, mit den Engeln und Menschen, mir den Thieren der Erde und al¬ len Elementen: sein Later hat ihm alle diese Dinge zu seinen Füßen gelegt. Durch seine Ge¬ rechtigkeit herrschet er über die Verworfenen, und bedienet sich der lebendigen und leblosen G s-böpfe, die Bösen zu strafen. Durch seine Barmherzigkeit herrschet er über die Gerechten und Auserwählten, und brauchet alles, was tn der Welt ist, seine Güte gegen selbe aus¬ zuüben Das Reich Jesu Christi war von Len Propheten vorher gesagt. Er wird herrschen, sagen sie,von einem Meere bi» an das andere, und " 'N dem 8luße an, bis zur Melt Ende. Vor ihm werden sich die Nohren neigen, und feine Zeinde werden Staub lecken. Die Rö¬ ntge am Meer und in den Inseln werden Ge¬ schenke bringen , die Ronige aus Arabien und Saba werden Gaben zuführen: alle Ronige werden ihn anbethen, alle Leyden werden ihm dienen, ( Ps. 71 , 8- 9- rc.) Und anderswo : Dec Zerr hat seinen Stuhl im Zimmel be¬ reitet, und sein Reich herrschet über alles, (Ps. ro2, r9.) Die Volker und Ronigreiche, welche ihm (durch seine Gnade) nicht werden unterworfen seyn, werden umksmmen, und die ZeydeN werden verwüstet werden (Esai. 60, 12.) Und alle-Ränigreiche auf Erden xoerden erfahren, dgß er allein der Zerr sey, (Lsai, EKK Zs (Elai. z8 , 22. ) Laßt uns diesen mächtigen König aubcthen, und mit Ehrfurcht und Un¬ terwerfung betrachten, wie er über dieses un¬ geheure Waltall herrschet. Alle verschiedenen Ereigniße müssen machen, daß wir, sein Macht ehren, seine Gerechtigkeit fürchten, und seine Barmherzigkeit lieben, weil nichts von Unge¬ fähr geschieht, sondern alles Jesus Christus durch seine Weisheit anordnet. 2. Die Kirche und die wahren Christen , wel¬ che durch die Gnade Jesu Christi geheiliget sind, sind das wahre Reich, in welchem er herrschet: er hat es durch seine Leiden und seinen Tod erobert. Um dieses gut zu verstc, hen erinnern wir uns, i. daß der Mensch - über welchen Gott in dem seligen Stande der Unschuld herrschte, dieser Unterwürfigkeit übcr- drüßig, und begierig Gott gleich zu seyn, sich der Herrschaft entzogen habe, die Gott über dessen Leib und Seele hatte; 2. daß ihn Gott dem Teufel, dem er zu leicht gehorsamet hatte, jur gerechten Strafe unterworfen habe, also daß der Teufel der Fürst der Welt wurde, weil der Mensch gesündiget hatte. Dieser böse Geist, der sich selbst von seinem rechtmäßigen Beherr¬ scher getrennct hatte, fand den Menschen sei¬ ner Unschuld beraubet, und machte ihn zu sei. nem Sclaven. Jesus Christus kam, dieses Reich wieder einzunehmen, und dess-h Tyran, den Teufel, daraus zu verjagen. Jesus Christus. ist 4o ist dieser vornehme Mann, wovon das Evan» gelium redet, welcher in ein fernes Land ging, von einem Reiche Besitz zu nehmen, und wi¬ der zurück zu kommen. Jesus Christus kam in ein entferntes Land, da er vom Himmel auf die Erde herab st;eg;um Mensch zu werden, und an einem Kreuze zu sterben. Er sieng an, von seinem Reiche Besitz zu nehmen, da er Mensch wurde, und in die Welt eintrat. Er ging ur seinem Baker bey seiner Auffahrt zu¬ rück, und vom hohen Himmel fahrt er fort zu thu r, was ec angefangen hat. Wir wollen dies noch deutlicher geben. So lange dieser göttliche Heiland auf der Welt lebte, trachtete er die Unterthanen des Teufels in sein Reich zu ziehen; ein Matthäus, eine Sünderin»,ein Zachäus, eineSamaritinn, und mehr andere sind aus dieser Zahl. Jesus Christus hat diesen starken Bewaffneten über¬ wunden: aber welcher Waffen bediente er sich? Der Erniedrigungen, der Schimpfe, der Lei¬ den, und des Todes Nach dem glänzenden Wunder der vermehrten Brode wollte man ihn zum König machen; er aber entflohes war nicht die Zeit, sich zum König zu erklären, da er Beweise seiner Allmacht gab; er behielt es sich vor, es zu thun, da er der Schwächste zu seyn schien, und da man ihn als den Gering¬ sten der Menschen behandeln Iwürde. Damahl mußte er den Teufel besiegen, und bekennen, daß 4i daß er König sey. Und in der That, da er sich dem Tode näherte, sah er diesen Tag als den Tag seines Sieges an, und sprach diese schö¬ nen Worte.- Jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen werden; (Johan. »2, gl.) ja selbst in diesem Augenblicke, wo ich werde gekreuziget und als ein Auswurf der Menschen verachtet werden, wo man meiner königlichen Würde Hohn sprechen, mich mit dem graulich¬ sten Schimpfe belegen, und zum äußersten Elend bringen wird; jetzt werde ich darthun, daß ich König sey. So sagte er es dem Pila¬ tus, da ihn dieser Statthalter fragte, ob er König sey; selbst die Juden, da sie ihn mit Dörnern krönten, ihm ein Rohr zum Zepter in die Hand gaben, sein geheiligtes Angesicht anspien, und ihn zum Spott als einen König begrüßten , erfüllten ohne es zu wissen die Ab¬ sichten Gottes, der seinen Sohn durch Verde- müthigungen herrschen machen wollte. Zur Er¬ füllung eben dieser Absichten mußte Pilatus, der ihn zum Tode verdammet hatte, an dem Kreuze, wo er verscheiden sollte, diesen herr¬ lichen Titel in hebräischer, griechischer und la¬ teinischer Sprache setzen: Jesus von Naza¬ reth Rönig der Juden; und so erklärte dieser Richter, ohne es zu wissen, was Jesus Chri¬ stus durch seinen Tod, und sein Kreuz, wo¬ durch er als König sollte erkannt werden, wir¬ ken würde. Durch sein Kreuz hat also Jesus Chri- 42 Christus geherrschet, wie es die Kirche in ih¬ ren Tagzeiten singet : durch das Kreuz hat er über die Heyden und Juden gesiegct, und sie vom Reiche der Finsterniße in das Land des Lichtes gezogen. Durch Jesum Christum den Gekreuzigten, diesen Gegenstand der Aergerniß für die Juden und der Thorheit für die Hey¬ den, haben auch die Apostel den Teufel über¬ wunden, die wildesten Völker dem Reiche Je¬ su Christi unterworfen, und sie begreifen ge¬ macht, daß das Kreuz die Weisheit und Kraft Gottes sey. Vergebens tobten und berathschlu- gen sich die Könige und Herren der Welt wi¬ der dtn Herrn und seinen Gesalbten; ( Pf. 2 , 2.) vergebens wollte sie di« Bande zerreißen, womit sie der Herr binden wollte: ungeachtet aller ihrer Bemühungen hat ihn der Herr zum König über Sion, seinen heiligen Berg, gesetzt, um seine Befehlt und Vorschriften zu verkün¬ den. Er herrschet über die Kirche, sein wahres Sion; er ist es, den sie regieret unterstützet, und wider alle ihre Feinde beschützet. F. Erkläre noch umständlicher, wie Jesus Christus über die Seelen herrsche, welche ihm unterworfen sind? A. Jesus Christus richtet fein Reich in un¬ fern Herzen durch die Macht seiner Gnade auf. Durch diese reißt er die Sünder aus den Hän¬ den des Fürsten der Finsterniße, und übersetzet sie in sein Reich; durch diese nimmt er den Stark- 42 Starkbewaffneten seinen Raub weg, und nach» dem dieser aus dem Herzen, das er bewohn¬ te, hat weichen müssen, beziehet es dieser gött¬ liche Heiland gleichsam als ein siegreicher Kö¬ nig ; und nachdem er davon Herr geworden ist, schlägt er da seinen Thron auf, Heilet da Befehle aus, und herrschet so, wie es der Prophet in einem Psalme erkläret: Gürte, du Seid, dein Schwert an deine Seite: schwäche dich mit deiner Schönheit und mit dem Ruhm Leiner Majestät : rücke heran, der Wahrheit, der Ganftmuth und der Gerechtigkeit zu gut ; und deine Rechte wird erstaunliche Thateu zechen, (Pf 44, 4. 5.) Der Prophet redet hier von Jesu Christo. Er zeigt uns an, wie er sich zum Herrn der Seelen macht, wie er Kraft der Wahrheit, der Ganftmuth und der Gerechtigkeit sein Reich aufrichtet. Warum be¬ dient er sich dieser drey Dinge? weil der Teu¬ fel gemeiniglich durch den falschen Glanz der W lt und denJrrthum, durch Wollüste der Sinn«, und durch die Ungerechtigkeiten in den Seelen herrschet- Was thut Jesus Christus? Dem falschen Glanz der Welt und der Geschö¬ pfe setzt er seine Schönheit und Majestät ent¬ gegen; und wenn die Seele ganz davon ein¬ genommen ist, bewundert sie nicht mehr die menschliche Große, (H- August, auf das 6. H. des Herl. Johan.) Dem Jrrthum, der Blen¬ dung , und allen falschen Grundsätzen setzt Je¬ sus 44 sus Christus fcinr Wahrheit entgegen, und macht, daß man sie kennet und liebet: und der Verstand, von diesem göttlichen Lichte er¬ leuchtet, und von dieser Liebe entzündet, entsagt dem Jrrthum, und unterwirft sich dem Glau, Le. An den Platz der sinnlichen Wollüste setzt er die Lieblichkeit und Salbung feiner Gnade, welche in der Seele wirket, daß sie alle fal¬ sche Süßigkeiten, so die Seele in der Liebe der Geschöpfe fand verachte, und verwerfe. Ein Christ sagt alsdann Mit dem heil, Augustin: „ Wie süß und angenehm war es mir, mich „ augenblicklich von allen falschen Süßigkeiten „ jener Nichtswürdigkeiten, denen ich nachlief, „ beraubet zu sehen! Vorher fürchtete ich sie „ zu verlieren; aber jetzt macht es meine gan, „ je Freude aus, daß ich mich von ihnen ge- „ trennet sehe, ( Bekennt. 2. B. »6. H.) Anstatt der Ungerechtigkeiten, welche der Sün¬ der unter der Tyraney des Teufels beging, macht Jesus Christus die Seele, nachdem er ihr König geworden ist, sein Gesetz und seine Gebothe, die voll der Gerechtigkeit und Bil» ligkeit sind, beobachten; und dieses macht die ganze Schönheit und Heiligkeit des Reiches Jesu Christi aus. Ach! wie ist es nicht be¬ wunderungswürdig, und wie müssen wir nicht verlangen, daß es in uns aufgerichtet werde! Las- MAH 45 Lasset uns betrachten, was uns der heilige Apostel Paul davon sagt: Das Reich Gottes besieht nicht in Speise unö Trank, sondern in Gerechtigkeit und Friede, und in der Freude, die uns verheil. Geist gibt (Röm-14,'7-) Die Ge¬ rechtigkeit macht die Heiligkeit dieses Reiches aus, weil sie verschaffet, daß man Gott und dem Nächsten das gebe, was unö die Religion ihnen zu geben verbindet- Der Friede und die Freude bilden dessen ganze Schönheit; der Frie¬ de, indem er die Aufruhr der Leidenschaften, die Furcht, die Unruhe und alle eitle und un¬ nütze Begierden stillet; die Freude, indem sie dessen Unterthanen siegreichen Soldaten gleich machet, welche zur Fricdenszeit sich über die Beute, die sie von ihren Feinden davon ge¬ tragen haben, erfreuen, und sich von der Frucht ihrer Bemühung in ihren Häusern ruhig und mit Vergnügen nähren- So ist die Freude, das Vergnügen und die Wollust einer Seele, in welcher Jesus Christus herrschet. Sie er¬ freuet sich zu sehen, daß sie nicht mehr unter der Herrschaft des Teufels ist, daß sie ihn be¬ sieget hat, und daß sie ruhig die Gaben ge¬ nießt, welche sie durch die Verdienste Jesu Christi erlanget hat, in der Hoffnung noch größere Vortheile zu besitzen: Gerechtigkeit, Friede und Freude des heiligen Geistes, wel¬ che nur der Anfang derjenigen sind, welche man tm Himmel haben wird. Lasset uns aber noch «6 HK-Hd noch ferner sehen, was die Schönheit des Rei- chcs Jesu Christi ausmachet. 8- Worin» bestehet die Schönheit deS Rei¬ ches Jesu Christi? A. Die Schönheit des Reiches Jesu Chri¬ sti zeiget sich, l. durch die Gesetze dieses Reichs; 2. durch die Unterthanen, woraus es bestehet; z. durch die Staatökunst oder Weisheit, mit der es regieret wird; 4. durch den Unterschied, der zwischen dem König die¬ ses Reiches, und zwischen den Königen dieser Welt ist. 8. Welche sind die Gesetze des Reiches Jesu Christi? A. Alle Gesetze dieses Reiches laufen haupt¬ sächlich auf zwep hinaus: Jesus Christus ver- biethet seinen Unterthanen weiter nichts als die Begierlichkeit, und bestehlt ihnen sonst nichts als die Liebe. Durch die genaue Erfül¬ lung dieser zwei) Gesetze, leisten die Untkrtha» neu dieses Reiches ihrem Obcrherrn die Ehre, die Unterwürfigkeit, die Abgabe und dem ihm schuldigen Gehorsam, und leben unter einan¬ der in Frieden, und in einer vollkommenen Einigkeit. Diese Liebe machet die ganze Schön» heit, die Ordnung und den Frieden dieses Rei¬ ches aus. Und in der Lhat, was istschöneres, als Menschen sehen, wie sie nach den Gesetzen der Liebe leben ? Sie ehren ihren Beherrscher; sie lieben «hm, als denjenigen, der ihre gan- 47 ze Glückseligkeit ausmachen muß; sie gehorsa¬ men ihm, ohne zu fürchten, das in seinen Verordnungen etwas Ungerechtes seyn möchte; sie bestreben sich sämmtlich, die Ehrt ihres Königs zu befördern; sie leisten ihm eine im¬ merwährende Huldigung von allem, was sie sind; und was sie haben; und bekennen, daß sie es von seiner freygebigen Hand haben; end¬ lich das ganze Verlangen derjenigen, welche unter dem Gesetze der Liebe leben, ist, ihrem Könige zu gefallen, und in allem seinen Wil¬ len zu thun. Was ist schöneres, als alle Un- terthanen dieses Fürsten sehen, wie sich alle als Brüder, und als Glieder eines und des¬ selben Leibes ansehen; wie sich allen möglichen Beystand leisten; allezeit bereit jene, die in der Noth sind, zu unterstützen, ja selbst mit zärt¬ lichsten Mitleid ihnen zuvor zu kommen; im¬ mer aufmerksam, daß sie ja einander nicht das geringste Leid thun, daß sie vielmehr die Feh¬ ler und Schwachheiten ihrer Brüder mit Ge¬ duld und Liebe ertragen; behutsam in ihren Reden, um die Leidenschaften ihres Gleichen nie zu reitzen? Was ist schöners, als diese Un- terthancn sehen, wie sie unter einander in Frie¬ den und in einer bwunderungswürdigen Ei¬ nigkeit leben, ohne Klaßen, ohne Zank, ohne Wortwechsel, ohne Neid, ohne Zorn, ohne unter sich die meindeste Erbitterung oder Wi¬ derwillen zu hegen; wie sie einander mit Höf¬ lichkeit , 48 Hässlichkeit , mit Güte , mit Sanftmuth, und allerhand Beweisen einer aufrichtigen Zunei¬ gung zuvorkommcn; wie sie die Uebel, die Widerwärtigkeiten und Leiden der andern so ansehen, als litten sie selbst; wie sie über ihre Brüder nur durch den Rang und die Würde, nicht durch den Stolz erhaben sind, nicht um sie mit Verachtung zu behandeln, sondern um im Stande zu seyn, ihnen mit größerer Leich¬ tigkeit zu dienen ; wie sie endlich mit Jesu Lhri- sio ihrem Könige nur einen Menschen ausma¬ chen, von einem Geiste belebet sind, alle glei¬ che Gesinnungen und gleiche Hoffnung haben, Las ewige Reich zu besitzen, und in der eng¬ sten Vereinigung mit Jesu Christo vervollkom- menet zu werden ? Wie schön und liebcswür- dig ist nicht dies Gesetz der Liebe, und wie glücklich wären wir nicht, wenn wir alle nach den Regeln, die es uns vorschreibt, leben möchten! Man würde keine Müheseligen sehen, die nicht unterstützet; keine Unwissenden, die nicht unterrichtet; keine Betrübten, die nicht getröstet; keine Bösen, die nicht gebessert wür¬ den; endlich, man würde überall nur das Reich der Liebe sehen, und dies ganze Reich würde weiter nichts als wie eine wohl geordnete Fa¬ milie , wie ein Mensch und eine Person seyn. Begierlichkeit und Liebe sind also immer das Augenmerk dieses R iches; Begierlichkeit, wel» che Gott als dir Ursache aller Unordnungen ver- HASH 49 verbietet, und welche das Gesetz des Fürsten der Finsterniß ist; Liebe, welche Gott als den Grund und die Quelle aller Güter und Vortheile befiehlt, die man im Reiche Jesu Christi stv» det. Dieser König bestrafet nur die Bcgieriich- kett, und belohnet nur die Liebe, well sein Zepter, ein Zepter der Billigkeit und Gerech¬ tigkeit ist: dies sagt der Prophet, da er von Jesu Christo redet: Du hast die Gerechtigkeit zrliedet und das gottlose We rn gehastet, (Ps. 44, 8-) Die Gerechtigkeit; des Christen ist di« Liebeund das gottlose Wesen, das Jesus ChrtstuS hasset, ist die Begierlichkeit. Z. Welche find die Unrcrthanen des Reiche- Jesu Christi? A. Mau kann nichts größeres und heilige reS als die Unterthanrn des Reiches Zes» Christi sehen, und dies ist das jweytr Stück, welches seine Schönheit ausmachet. Die Ge¬ rechten und unschuldigen Seelen sind der edel¬ ste Lheil davon; die besten und getreuesten Unterthanen sind jene, welche sich ak Jrsum Christum mit einem lebendigen, und durch die Liebe wirkenden Glauben anschließen; die teichesten dieses Reiches sind jene, welche di« ärmesten, von allen Dingen am meisten ent¬ äußert , und daher mit Gnad« und Lugenden am reichesten gerietet sind. In diesem Reich« glänjen diejenigen am meisten, welche mitten unter den größten Derdemäthigungen die demü» S thig» §o EM Ihigsten, in Beschimpfungen , und Verachtung tie geduldigsten und sanftmütbigsten sind. Die kieblinge dieses göttlichen Königs sind jene, welche ihn mehr lieben, an seinem Kreuze und Leiden mehr Theil nehmen, sich mehr nach sei¬ ner Gesinnung und Beschaffenheit fügen. Die -roßten Helden dieses Reichs sind jene, wel¬ che mehr Peinen ausgestanden, ihr Leben und Blut hergegebcn haben, um die Rechte ihres Kö¬ nigs zu behaupten. Die stärksten und muhig- sten dieses Reiches sind jene, welche ihre eigene Schwachheit kennen und fühlen, auf sich selbst mistrauen, und ihre ganze Hoffnung auf die Barmherzigkeit und Gnade Jesu Christi setzen.Die größten dieses Reichs sind jene, welche die klein¬ sten ju seyn scheinen, und es wirklich in ihren Au¬ gen find, wie die Schrift reder. Der Stolt seiner Unterthauea ist, verborgen, der Welt unbekannt zu leben, den letzten Platz auf Er, den einzunehmen, und ein ewiges Reich zu er¬ langen. Alle Unterthanen dieses großen Königs find Prinzen von Geblüle, weil sie alle von Jesu' Christo ihrem Könige geboren sind. Was aber noch wunderbarer ist, alle jene, welche in diesem Reiche sind , sind selbst Könige mit Jesu Christo, der sie als Milregenten annimmt: und sie sprechen ju ihm mit innigster Erkennt¬ lichkeit: Du hast uns zu Rünigen und Prie¬ stern zur Ehre unsers Gotte« gemacht, und Wir werde» auf Erden regieren, (Offenb. 5, io.) HHStzHK Zr io. ) Man ist König nut Jesu Christo , wenn man über seine Leidenschaften herrschet, und wenn man durch Verachtung alles Irdischen, durch Vereinigung mit Gott, durch demüthige Anbethung aller Wege feiner Fürschung, .über alle Welt erhaben ist. 8 Welches ist das dritte Stück, welches die. Schönheit des Reiches Jesu Christi ausma¬ chet? A. Die Gtaatskunst und Weisheit, welche in diesem Reiche herrschet, zeigen die Schön? Helt des Reiches im Hellesten Lichte. Diese Staatökunsi beruhet nicht, wie jene der Welt¬ menschen , auf der Rlugheit des Zleische«, auf jener irdischen, thierischen und teuflischen Weis¬ heit, (Jakob. 5, 15.) nach welcher sich, die Kinder der Wrlt richten. Die irdische Staats- tunst hat keinen andern Zweck, als sich auf Erden groß zu machen, oft durch geheimelln- gerechtigkeiten; sie ist thierisch, weil sie nur durch Leidenschaften wirket; sie ist teuflisch, weil sie sich um ihre Absichten zu erreichen, oft teuflischer Wittel, als der Kunstgriffe, der Betrü¬ ge, der Verräthereyen, der Lügen, der Ver, stellungen, der Verleumdungen bedienet, um sich über andere zu erheben , sie zu Boden-zu drücken , und auf ihre Bruchstücke zu bauen. Die Gtaatskunst des Reiches Jesu Christi aber, ist jene Weisheit, welche von oben her¬ ab kömmt, welche keusch, (Jakob, z, 17.) D 2 das 82 HKtzHH das ist, welche ganz heilig ist, und vom Ta¬ ter des Lichtes herab steigt; welche friedsam ist, weil °sie alles vermeidet, was die gute Ordnung oder die Ruhe der Gesellschaft stören kann. Sie ist müßig und billig, weil sie sich Mühe gibt, allen Unterthanen des Reiches Ge¬ rechtigkeit widerfahren zu lassen; nie etwas über« treibet, sondern jedermann mit vieler Liebe und Geduld begegnet. Sie ist zu allem Guten biegsam, weil sie bereit ist, das Gute zu glauben, was von andern kann gesagt werden ; sie richtet nicht, und erlaubt sich über Niemand vermessene Urtheile; sie ist voll der Barmherzigkeit und guter Früchte, indem sie die Unbilden vergibt, und allezeit fertig ist, die Gelegenheit, ihrem Nächste« zu diene«, mit Freuden zu ergreifen- Sie heuchelt nicht, weder mit ihren Worten, noch mit ih¬ rem Betragen, sondern sie ist allezeit aufrich¬ tig, offenherzig, einfältig, ohne Verstellung und Stolz. Sie sucht endlich nicht ihre eigenen Dortheile auf Kosten der Liebe und Aufrichtig¬ keit- Wie liebenswürdig ist nicht eine solche Staatskunst! wie glücklich ist man nicht, wenn man nur mit solchen zu thun hat, die ihr fol¬ gen ! Dies ist der Dortheil, den man unter den Kindern des Reiches Jesu Christi findet. L Welches ist das vierte Stück, das die Schönheit des Reiches Jesu Christi ausma¬ chet ? «KKSOZ» 5Z A. Der -roße Unterschied , der zwischen dem Könige Jesu Christo und zwischen den Köni¬ gen der Erde ist, erhebet den Glanz und die Schönheit dieses Reiches so sehr, daß es uns aste unsere Bewunderung und Liebe abgewinnt. Wir wollen diesen Uitterschied mehr zergliedern, i. Die Könige der Erde werden nur von Men¬ schen, und mit natürlichem Oehle gesalbet; Jesus Christus aber ist von seinem Vater mit der Fülle seines Geistes gesalbet worden, wie es uns der Prophet lehret: Du liebtest Ge¬ rechtigkeit und haßtest gottloses Mesen; des¬ wegen hat dich, o Gott, dein Gott mit Freu» denöhle gesalbet, mehr denn deine Gesellen, (Pf. 44, 8.) die an deiner Herrlichkeit ThciL nehmen. 2. Die Könige der Erde sind der Ungerech¬ tigkeit ergeben; es steckt in ihnen ein Grund des ererbten Verderbens; ihr Zepter beugt sich bisweilen; sie handeln nicht allezeit nach aller Billigkeit; fit werden öfters entweder aus Abgang deS Lichtes oder von der Bosheit der¬ jenigen, die um sie sind, überraschet: der Zep¬ ter Jesu Christi aber ist ein Zepter der Billig¬ keit und Gerechtigkeit, er kann niemahls von jemanden betrogen werden, weil er alles sieht, und auch das Verborgenste in den Herze» aller Menschen kennt. 3. Die Könige der Erde sind nicht Schöpfer ihrer Reiche: Jesus Christus aber hat das sei- nig« §4 nige erschaffen , und aus den: Nichts gezogen,' da er allen Geschöpfen, welche dieses Weltall ausmacheri, ihr Daseyn gab. Allein diese erste Erschaffung, obschon sie die Allmacht dieses Königs auf das hrlleste offenbaret, ist nichts in Vergleich mit der zwryten Erschaffung, wei¬ che durch die GeheimniZe, den Tod und die Gnade Jesn Christi geschieht, welche fein Reich aus dem Nichts der Sünde zieht, und dem¬ selben ein übernatürliches Dafeyn gibt: eine Gna¬ de > welche der Barmherzigkeit und allen übrigen Eigenschaften Gottes einen größer» Glanz gibt, als -e eines aus seinen Werken. 4. Kein König har je die ganze Welt unter feine Bothmäßigkeit gebracht , und Mix spotten mit Recht über den Hochmuth jenes assyrischen Königs > welcher sich thöricht vorgenommen hat¬ te, sich die ganze Welt zu unterwerfen; dessen eitle und lächerliche Vorsätze «in Weib über den Haufen warf. Jesus Christus ist dieser große und einzige König, welcher der ganzen Welk befiehlt; alles ist ihm unterthänig; alles ist sei¬ ner Macht, seiner Gerechtigkeit, seiner Barm- h rj'ffeit unterworfen Durch seine Unermeßlich- keit ist er an allen Orten seiner Staaten, fs daß alles seinen Augen offen ist; und überall gibt er Merkmahle seiner höchsten Herrschaft Über alle Geschöpfe- 5. Die Könige der Erde sterben, und über¬ lassen andern ihre Staaten: Jesus Christus aber ist KS ssi M unsterblicher König, der keinm Nach¬ folger hat; und der Lod hat ihn seiner Staaten nicht beraubet, vielmehr durch den Lod hat er ein größeres Recht zum Herrschen «halten: denn Iesus Christus, sagt der Apo¬ stel , ist gestorben und auferstanden, auf daß er über die Lebendigen und Todten herrsche, ( Röm. 14, 9 ) 6. Das Reich Jesu Christi ist nicht von die¬ ser Welt- DaS Reich der Könige dieser Erde bestehet in Pracht und Glanz, ja bisweilen herrschen sie nur über dir. Körper durch die Gewalt der Waffen und durch die Strenge ih¬ rer Gesetze; Iesus Christus aber herrschet über kerb und Seele durch die Kraft und Wirksam¬ keit seiner Gnade. 7. Die Könige der Erde wollen, wie es bil¬ lig ist, allein Herren und Besitzer ihrer Staa¬ ten seyn; sie lassen keinen andern mitherrschen. IesuS Christus aber nimmt seine Unterthancn zu Mithcrrschern an; er erhebt sie dergestalt, daß er sie selbst alS Könige ansteht: indem er sie zu seinen Kindern machet; und waS noch wunderbarer ist, Iesus Christus ist, durch die Wirkung seiner Liebe, alles für feine Untertha- nen; was er thut, thut er für sie; er theilek ihnen alle seine Güter mit; er gibt ihnen seine Gnade, feine Verdienste, seine Wahrheit, sein Ansehen, und seine Macht, um sie über ihre Heinde siegen zu machen; und er gibt sich ihnen selbst F6 selbst m't allem, was reist, und seine Grheim- yiße. Alle seine Uneerthanen sind aber auch im k tgrntheil nur für ihn; sie wollen nur für ihn leben, wirken und leiden, und ihn durch ihr Lehen und ihren Tod verrherrlichen. Z. Wie groß ist die Ungerechtigkeit derjeni¬ gen, w-lÄ? Iesum Christum nicht wollen über sich herrschen lassen? 2s. Man kann sich keine größere Ungerechtig¬ keit n-d graulichere Undankbarkeit vorstellen, alS jene 'st. welche Menschen begehen, wenn sie Iesum Christum verwerfen, daß er nicht ihr König fey; denn er hat das Recht, über alle Men¬ schen zu herrschen, von ihnen Dienste und Hul¬ digung zu fordern, weil er Mr ihr Gott ist, und sich alle diese Rechte durch seine Lei¬ den und seinen Tod erworben hat. ES ist zu erstaunen, daß es so viele gibt, welche ibn verlassen, ihn verwerfen, und dem Teufel hi men. Dies ist -er traurige Zustand aller der» jrnigen, in welchen die Sünde herrschet, und welche den unordentlichen Begierden ihres Her¬ zens folgen; sie verwerfen den Herrn, daß er über sie nicht herrsch«, wie es die Juden tha« txn, da sie vo n Samuel einen König begehr¬ ten. Tie haben 'iht dich verworfen, sagte Gott zu diesem Propheten, sondern mich, -aß jch über sie nicht herrsch«, ( r. B. der Könige 5, 7,) Diese Ungerechtigkeit begingen auch die Hirsen wider Iesum Christum, wie er es durch durch ei» Kkrichniß zeiget, WS «-heißt, daß sie jenen König, der zu ihnen gesandt war, nicht wollten herrschen lassen: Wir «ollen nicht, sagten sie, dafi dieser über uns herr¬ sche , ( Luk. 19, 14.) Eben dies sagt ein Christ, so oft er sich der Sünde überläßt. Er verläßt Jesum Christum, diesen so gütigen, so heiligen, so liebenswürdigen König, dessen Herrschaft nichts rauheS hat, in dessen Dienste man Kö, nig wird, und wählt sich zum König den Teu¬ fel, dessen trauriger und schändlicher Dienst ihn zum Sklaven so vieler Tyrannen macht, als verschiedene Leidenschaften er hat, die ihn wechselweise beherrschen. Welch eine Undank¬ barkeit und Ungerechtigkeit ist «S nicht, das Reich des Teufels, unfers grausamsten Fein¬ des, dem Reiche Jesu Christi verziehen! Was wird aber auch diesem Undankbaren widerfah, ren ? Hören wir, was das Evangelium davon sagt. Am End« der Zeiten wird Jesus Christus den Engeln seinen Dienern, befehlen, seine Feinde, die nicht wollten, baß er über sie herrschen sollte, herzusühren, und ste in sei¬ ner Gegenwart zu erwürgen, (Luk. 19, -7.) Dieser Tod wirb nicht vorüber gehen, sondern ewig seyn; und weil sie sich der Herrschaft seiner Barmherzigkeit nicht unterworfen haben, wer, den sie den Arm seiner rächenden Gerechtigkeit fühlen, der sie dem Teufel übergeben wird, vm ewig gepeiniget zu werben. Die- ist das entsetz- 68 entsetzliche Erbtheil aller derjenigen, welche Unkerthanen des Fürsten der Finsierniß werden gewest nseyn. 8. Welcher ist dec Krieg, den die Unkertha» nen des Reiches Jesu Christi wider ihre Fein¬ de führen und ausyalten müssen? A. Es ist das Schicksal und dir gemeinschaft¬ liche Pflicht aller derjenigen, welche Jesu Chri¬ sto unterworfen sind, daß sie wider den Teu¬ fel, die Welk, und das Fleisch, diese drey er¬ klärte Feinde des Christen, ohne Unterlaß strei¬ ten, ohne daß es je erlaubt wäre, Friede mit ihnen zu machen. Es ist dies «in sehr gefähr¬ licher Krieg, wortnn wir, bey der Schwäche, die uns anklebct, leicht können überwunden werden. Deswegen mahnet der Apostel all« Unterthanen deS Reiches Jesu Christi, daß sie sich mit allen Waffen Gottes versehen sollen, auf -aß ste wider -ie heimlichen Nachstellun¬ gen -es Teufels stehen können; -enn Ae ha¬ ben nicht wider Menschen von 8leisch und Blut zu kämpfen, sondern wider Fürsten und GewaltLge, wider Lie Regierer der Welt, die in diesen Finsiernißen herrschen, nähmlich: wider die schalkhaften Geister in der Lust, (Ephcs- 6, rr. re.) Die Waffen, womit wir uns so fürchterlichen Feinden widersetzen nms- Die Ausdehnung dieses Leibes: 4. Seine Schönheit. F. War- machet jene so genaue und unaus¬ sprechliche Vereinigung aus, die zwischen Jesu Christo und seinen Gliedern bestehet? A. Diese große Vereinigung wird gebildet, ». durch den heiligen Geist, welchen Jesus Chri« stus in seiner ganzen Fülle empfangen hat, und den er allen seinen Gliedern nach dem ei¬ nem jeden eigenen Maße, mitkheilet.- dieser Geist ist gleichsam die Seele dieses großen Kör¬ pers, die ihn beseelet, und leben macht. Es sind nicht zwey Geister in diesem Leibe; eben jener Geist, der in dem Haupte ist, ist auch in dem ganzen Leibe, und in jedem befondern Gliede. Ihr sepd ein Leib und ein Geist, (Ephes. 4, 4>) sagt der Apostel; denn wir sind alle durch eine« Geist zu einem Lei¬ be ge taufet worden, wir mögen Inden oder Zepden, Rnechte oder Zrepe sepn. Lasset uns noch was größeres sagen. Gleichwik der heilige Geist in der allerheiligsten Dreyfal- tigkeit, wodurch die göttlichen Personen unter sich vereiniget werden, der Geist der Vereini¬ gung und die wesentliche Liebe ist: so ergießt sich eben dieser Geist von Haupt in alle Glie¬ der, und vereiniget alle Gläubige mit Jesu Christo, auf daß sie nur einen Leib', nur einen Menschen mit ihm ausmachen', und nur ein Herz, nur eine Seele mit einander haben. s. 7r 2. Diese große Vereinigung wird durch die Sacramente gebildet, welche gleichsam die Adern und Kanäle sind, die das Blut, den Geist und das Leben Jesu Christi in jedes Glied führen, auf daß jedes zn seinem befon» dern Dienst fähig werde. Dies ist die Lehre des großen Apostels: man höre, wie er redet. Vsn Jesu Christo ist dieser ganze Leib zusammen yefüget, und es hänget ein Glied an dem andern durch alle Gelenke, dadurch eines dem andern feinen Einfluß zufuhret, nach ders Wirkung eines jeglichen Gliedes in seinem Maße, und machet, daß der Leib rvä'chset, zur Besserung seiner selbst, und dies alle» in der Liebe, (Ephes. 4, r6.)Zn der That,wir dürfen nur die Wirkungen der Sacramente überdenken, so werden wir sehen, daß alle eingesetzt sind, entweder um die Vereinigung mit Jesu Christo anzufangen, oder diese schon angefangene Vereinigung zu vervollkommenen. Die Laufe und die Buße reißen «ns aus dem Leibe des Teufels heraus, und verleiben uns Jesu Christo ein, damit wir der Seele und dem Leibe nach Glieder Jesu Christi werden. Die übrigen Sacramente vermehren und ver- vollkommen diese Vereinigung; besonders aber das Altarssacrament, in welchem wir an dem Fleische und Blute Jesu Christi und durch bepdes an seinem Geiste und seiner Gottheit Theil nehmen, wo mit Jesu Christo und mit uns -2 HAM unS eine ga»; göttliche Vermischung geschieht, -lso daß wir, nach der Sprache der heilig » Väter, mit ihm und allen übrigen Gläubigen, ) Dieser Leib deh« net sich nicht nur auf Erden, sondern auch im Himmel aus; alle Selige, welche in der Glo¬ rie sind; alle Gläubige, welche gestorben und auf einige Zeit im Fegfeuer sind, sind Glie¬ der dieses heil. Leibes: es ist nur ein Leib, nur ein Haupt der ganzen Kirche. Eben jener deist, welcher die Christen gufErden belebet, § gibt 82 gibt auch den Heiligen, die in der Glorie, und allen Gläubigen, die in Jesu Christo ge¬ storben sind, das Leben; eine und eben diesel¬ be Liebe vereiniget uns mit Jesu Christo unserm Hauvte und mit allen Heiligenwir machen jenen Theil aus, der noch auf Erden ist, der noch streitet, arbeitet, seufzet, und ver¬ herrlichet zu werden hoffet. nachdem er seine Feinde wird überwunden haben- 5. Wer find jene, welche nicht vom Leibe Jesu Christi sind? A. Es ist eine erstaunliche Menge Menschen, die in diesem Unglücke stecken. Die Heyden / die Ketzer, die Juden, die Getrennten, und die von der geistlichen Obrigkeit rechtmäßig Ausgeschloßenen sind nicht voM Leibe Jcsn Christi; sie sind davon abgesonderte sie sind vom Leibe des Teufels; sie haben zum Haup¬ te und Fürsten jenen boshaften Geist, welcher über die dlnyläubixen seine Macht ausübet' ( Ephes. s, 2. ) Obschon diese Leute nicht vom Leibe der Kirche sind, sind sie ihr doch nütz« lich; sie machen daß sie ihre Liebe übet, ihre Festigkeit darthut, ihre Heiligkeit glänzen läßt- Die Heyden sind gleichsam die Materie und der Gegenstand ihrer Arbeit, indem sie sich auf ih¬ re Bekehrung verlegt; die Ketzer geben ihr Gelegenheit, die Wahrkeit ihrer Lehre darz>« thnn; die Getrennten sind ein Beweis ihrer Festigkeit und Einigkeit; die Juden verherr¬ lichen 8) sichen ihre Schönheit und Wahrheit durch die Weissagungen, weiche die Stiftung der Kir¬ che ankünden und beweisen; endlich Ne Aus¬ geschlossenen sind ein Beweis von der Stren¬ ge ihrer Zucht und von der Reinigkeit ihrer Sitten. Dieser Leib Jesu Christi weinet, wenn er sieht, daß so viele Völker von ihm abgeson¬ dert sind: er ist immer bereit, sie in seinen Schooß aufzunehmcn; und wenn er einige zurück kommen sicht, ist dies für ihn ein Ge¬ genstand der Freude und des Trostes; so wie es seine größte Qual und Dctrübniß ist, wenn sich einige Glieder von ihm trennen, um sich an einen auswärtigen Körper anzuschließcr. Die Kirche ist ganz mit den Mitteln beschäfti¬ get , die Heyden, Ketzer, Juden rc. an ihren Leib anzuziehen. Unterdessen, welches wohl zu merken ist, obschon die Kirche oder der Leib Jesu Christi sehr ausgcdehnct ist, und eine große Men¬ ge Personen in sich fasset, sind deswegen nicht alle lebendige Glieder. Alle Katholiken sind von dem sichtbaren Leibe Jesu Christi; sie sind unter der Leitung der Bischöffe und ander rer Hirten; sie versammeln sich gemeinschaftlich; sie nehmen an den Gedeihen der Kirche und Sacramenten Lheil: allein uneracht dessen sind ' sie nicht alle lebendige Glieder. Genug, daß wach in der Todsünde ist, um ein tvdtes Glied Fs W 84 HAAH zu seyn: nur der lebendige Glaube, der durch die Liebe wirket, vereiniget uns mit Jesu Chri¬ sto; der Geist Jesu Christi ist es, der die Glie¬ der leben machet. Alle jene, welche die Liebe nicht haben, und vom Geiste des Hauptes nicht belebet sind , sind todte Glieder. Eie sind zwar in dem Leibe Jesu Christi; allein sie sind da wie gichtbrüchige Gieder, weiche äußerlich am Körper hangen, aber ohne Bewegung und Le¬ ben sind; sie sind in der Kirche, wie die Spreu auf der Tenne, wie das Unkraut unter dem Waitzen, wie die Böcke unter den Echaafen. Die lebendigen Glieder dulden diese tobten Glieder, bethen für sie, bemitleiden sie, und geben sich Mühe, sie aus diesem elenden Stan¬ de heraus zu ziehen. Jetzt unterscheiden wir nicht die lebendigen Glieder von den tobten: alle sind vermischet: Lott allein kennet die stei¬ nigen. Allein am jüngsten Tage wird alles of¬ fenbar werden, und alle Menschen werden in zwcy große Haufen gcthcilet werden: jene, welche in der Sünde gclebct haben und darin» gestorben sind, werden obschon sie vom sicht¬ baren Leibe Jesu Christi waren, den Teufel zum Anführer haben, welcher mit der großen Men¬ ge der Verworfenen vor Jesu Christo erschei¬ nen wird; auf der verändern Seite wird man Jesum Christum mit allen Buserwählten sehen, welche seinen geistlichen Leib ausmachen. Als¬ dann werden diese zwey große Körper gant seyn. -MM 85 seyn , alles wird vollendet seyn; es wird nichts mehr zu thun seyn; jeder wird den ihm ge¬ bührenden Platz cinnchmen. Der Leib der Ver¬ würfe >en wird mit dem Teufel, seinem Haup¬ te, in die Tiefe des Abgrundes gestürtzet wer¬ den. Alle Glieder des Leibes Jesu Christi mit ihrem Haupte vereiniget, werden mit ihm in den Himmel erhoben werden, um dort Gott ewig zu preisen. Dieser große Tag wird der Tag der gänzlichen und vollkommenen Auferste¬ hung und Auffart des ganzen Jesu Christi, die Vollendung und Vervollkommenung aller Absichten Gortes über feine Auserwählte seyn. Worin» bestehet die Schönheit des geist¬ lichen Leibes Jesu Christi ? 2l. Die Schönheit des geistlichen Leibes Je¬ su Christi bestehet, i. in dem genauen Verhält- niße der Glieder, die ihn bilden, und der Ord¬ nung , wo jedes aus ihnen stehet; wie wir es an einem natürlichen Leibe sehen, dessen Schön¬ heit darinn bestehet , daß jedes Glied sein Eben, maß hat, und an dem Platze stehet, den ihm Gott anwies. Gott hat den Leib aus mehrern Gliedern gebildet, sagt der Apostel , und jedes dahin gesetzt, wo es ihm gefiel; denn wenn alle Glieder des natürlichen Leibes an einem Orte, und untereinander geworfen wären, wäre dies ein Abentheuer und eine Mißge¬ burt.- eben so ist es mit dem geistlichen Leibe; wären alle Glieder, woraus er bestehet, an einem 86 HAM rinem -Hrte'-, so wäre dies ein gräulicher Alu«- pen: allein,Gott hat sic dergestalt gcordnech, daß^sich k i res beschweren darf, daß es viel¬ mehr da als dorthin gesetzt, noch daß es viel¬ mehr dieses als jenes Glied geworden ist. Gott wollte, daß jedes ruhig und ohne Neid an s arm Matze bleiben soll, auf daß im Leibe keine Trennung entstehe; denn dieses verstellt heut zu Tage den sichtbaren geistlichen Leib Zesn Christi , daß jene, welche bei) den Füßen und die letzten in der Kirche seyn sollten, oder jene, welche aus diesem Leibe hinaus gestoßen zu werden .verdienten, oder wenigstens in ei¬ nem einsamen Winkel verborgen bleiben soll¬ ten , um ihre vorigen Ausschweifungen zu be¬ weinen, an der Spitze stehen und einen Platz einnkhmen wollen, der ihnen nicht gebühret. Die" ses ist, was an dem geistlichen Leibe Jesu Chri¬ sti eine Unordnung und eine Art von Mißge¬ burt verursach et l dies ist , was alles verwir¬ ret, und uacereinander wirft. Die Ordnung machet alle die Schönheit., wie die Unordnung alle Ungestaltheit, dieses Leibes aus. Erwar¬ ten wir nur nicht, diese schöne Ordnung in chrer Vollks-mVenheit auf Erden zu sehendi? Begierlichkeit der Menschen verdirbt alles , ur^ verhindert^ daß,die Sachen nicht so sind, wie sie seyn sollen. Z EHK N L. Die Schönheit dieses geistlichen Leibes be» stehet ferner in der Verschiedenheit der Ver¬ richtungen eines jeden Gliedes: denn gleich¬ wie in einem natürlichen Leibe die Verrichtun¬ gen der Hände von jenen der Füße, die Ver¬ richtungen der Augen von jenen der Ohren u. s. w- verschieden sind: so ist es auch mit dem geistlichen Leibe, dessen Glieder verschie¬ dene Dienste haben.- denn anders find jene der Apostel und Bischöffe , anders jene der gemeinen Gläubigen. Die Bischöffe und Hir¬ ten sind gleichsam die Augen und die Zunge dieses geistlichen Leibes; und unter den Gläu¬ bigen sind einige gleichsam die Hand, welche zum Besten des Leibes wirket und arbeitet; andere gleichsam die Füße, welche den Leib tragen und unterstützen; und welches wunder¬ bar ist, ein und eben derselbe Geist thut alle diese Dinge, theilet nach seinem Wohlgefallen jedem seine Gaben zu, und wirket verschiedent¬ lich , je nachdem es jedes Glied in Bezug auf jenes, was es verrichten muß, ins besondere von nöthen hat. Z. Die Schönheit dieses geistlichen Leibes entstehet auch aus der Heiligkeit des Hauptes, das ihn regiert, daS ist Jesu Christi; aus dem Geiste, der ihn beseelet; aus der Gemeinschaft der Güter und Ucbel unter den Gliedern und dem Haupte. Allein, obschon dieser Leib schön ist, hat er doch nicht seine Vollständigkeit und Voll- 58 ' Vollkommenheit ; er wird sie nur am Ende der Zeiten erhalten. Es gehen noch mehrere Glie¬ der ab, welche erst durch eine Reihe von Jahr¬ hunderten gebildet werden: der letzte Auser¬ wählte , welcher sterben wird, wird das letzte Glied seyn, welches diesen großen Leibe alle Vollkommenheit und Schönheit geben wird dies wird jener letzte Augenblick der Zerstö¬ rung der ganzen Welt seyn, wo dieses Mei¬ sterstück der Allmacht und Barmherzigkeit Got¬ tes wird vollendet werden- Jetzt seufzer die ganze Natur, und leidet gleichsam Gc- burtsschmerzcn, bis dieser vollkommene Mensch ausgebildet, und auf eine gewiße Art aus dem Schooße der zerstörten Welt geboren wird, unt in der himmlischen Welt zu leben. Gott erhält diese Welt in dem Stande, in welchem sie ist/ bis dieses große Werk vollbracht wird; und deswegen befiehlt er den Engeln, der Erde, dem Meere, und den Bäumen zu schonen, ( Offenb. 7. z. ) bis alle Auserwählte mit dem Zeichen des Kreuzes bezeichnet sind, welches das Zeichen des lebendigen Gottes, und das Merkmahl ist, welches alle jene tragen müssen, die in die Herrlichkeit des Himmels eingehen und mit Jesu Christo vereiniget und verherr¬ lichet seyn sollen. Damahl wird dieser ganze Leib seine gänzliche Schönheit und Vollkommen¬ heit haben. 8- HAKKH sy 5 Was find wir Jesu Christo unserm Haup¬ te schuldig? A. Die Hauptpflichten der Glieder gegen Jesum Christum unserm Haupte lassen sich auf vier zusammen ziehen, r. Man muß immer von diesem Haupte abhangen, um in dem ganzen Betragen nur den Bewegungen und Eindrü¬ cken seines Geistes zu folgen, auf daß man nichts wolle und thue, als nach seinem gött¬ lichen Willen, a. Man muß oft innere Liebes- Übungen erwecken, um diese Vereinigung zu unterhalten, und sich angewöhnen zu bttken, zu handeln und zu leiden, in der Vereinigung seiner Gebethe, Handlungen und Leiden mit Jesu Christi, z. Da die Einigkeit aller Glieder eine Sache ist, welche Jesus Christus am mei¬ sten liebt, muß man alles thun und alles lei¬ den , um sie zu erhalten und niemahls zu bre¬ chen. Die Trennung ist das größte aus allen Uebeln: Gott, welcher wesentlich Einer ist, will, daß alles auf die Einigkeit abziele; des¬ wegen begehrte Jesus Christus vor seinem To¬ de von seinem Vater, daß alle Auserwählte» mit ihm u,nd unter sich Eines seyn möchten, wie er mit seinem Vater Eines ist. Endlich müssen wir Jesum Christum unser Haupt bit¬ ten, er möchte seinen ganzen Leib bald aus¬ bilden, und nichts zulassen, was dieses große Werk zurück halten könnte, in welchem der¬ jenige. -o jenige, ber alles in allem erfüllet, dre Vollen¬ dung aller seiner Absichten finden wird. Erhebung des Gemüthes zu Jesu Christo dem saupte der Christen. Ich bethe bich an, o Jesu, meine Heiland! einiger Sohn des Varers, Gott und Mensch, Fletsch gewordenes Wort, über die ganze Kir¬ che gesetztes Haupt, sowohl über jene, welche schon im Himmel, als über jene, welche noch auf Erden oder im Fegfeuer sind. Diese ganze Kir¬ che, aus verschiedenen Gliedern bestehend, macht nur einen Menschen aus, dessen du das Haupt; der heilige Geist die Seele; deine Gnaden und Verdienste gleichsam das Blut sind, welches durch die Sacramente als durch so viele verschiedene Kanäle in diesem Leib gelei¬ tet wird, um ihm dadurch dein Leben mitzu- theilen. Allein, kann ich wohl sagen, daß ich mit dir vereiniget sey, wie die Glieder mit dem Haupte? Ist mein Leben das deinige? Ist es dein Geist, der mich belebet? Ach, Herr! wie sehr muß ich fürchten, ein todtes oder ein von deinem Leibe abgeschnittcnes Glied zu seyn! Es ist wahr, ich bin durch deine große Barm¬ herzigkeit in dem sichtbaren Leibe deiner Kirche: aber, ach! ich weiß, daß nicht alle jene, wel¬ che EM s» che in diesem Leibe sind,' eben deswegen deine lebendigen Glieder sind: wir haben alle glei¬ chen Glauben, gleiche Geheimniße, gleiche Sacramente, gleiche Hirten und gleiche Ver¬ heißungen; allein wir sind nicht alle durch die Liebe vereiniget. Welches Glück für jene, wel¬ che aus dieser Iahl sind l Welche Vortheils fin-> den nicht bey dieser Vereinigung die letzten Glieder wie die ersten; die nach der Welt ge¬ ringsten und verächtlichsten, wie die ansehn¬ lichsten, ein jedes nach dem Maße seiner ^Fä¬ higkeit und Bedürfniß! Es ist in ihnen eben derselbe Geist, eben dasselbe Leben, obschon die Verrichtungen verschieden sind. Der Fuß lebt nicht von einem andern Leben als die Hand, noch die innern Theile des Leibes von einem andern Geiste als die äußerlichen. Es ist nur ein Geist, wie nur ein Leib ist. Alles läßt mich die Schönheit und Heiligkeit dieses Leibes sehen, die Verschiedenheit der Glieder, woraus er bestehet, und ihre verschiedene Verrichtungen. Du stellest sie hin, o mein göttlicher Jesu, wo cs dir gefällt, auf daß jedes dm Dienst thue, dec ihm eigen ist. Ach, Herr! wie glücklich wä¬ rm wir, und wie ruhig würden wir leben, wmn wir in diesem Leibe keinen andern Platz einnehmen wollten , als jenen, den du uns ge¬ ben willst, und keinen andern Dienst thun,als der unserm Stande zukömmt! Stelle mich hin, Herr Jesu, wo es dir gefällt- Ich verlange wei- 92 weitem nichts, als ein Glied deines Leibes zu seyn, von deinem Geiste beseelet zu werden, und von deinem Leben zu leben; und bin weit entfernet, jene'Glieder zu beneiden, welch: mehr Gnaden Haben, als ich , oder in einem erhakenerrnLieust und glänzender« Range ste, hen: meine ganze Sehnsucht ist, unbekannt und verborgen zu seyn. Welcher Trost für mich/ zu wissen, daß, wenn ich mit dir durch die Liebe vereiniget bin , ich zu gleicher Zeit mit allen Gliedern deines Leibes vereiniget, sey, so groß immer die Entfernung der Oerter seyn mag, die uns von einander trennen. Durch Vine nothwcndige Folge, habe ich an allem Theil, was sie thun, an ihren Bemühungen, ihren Werken, ihrem Gebethe. Du siehst, Herr, daß mich meine verschiedene Geschäfte nicht so viel bethen lassen, als ich wollte; es gibt aber einige deiner Glieder, welche es zu allen Stun¬ den des Tages und der Nacht für mich thun- sie bethen und ich bethe mit ihnenweil ich von ihnen nicht gctrennet bin, wenn ich dich liebe. Ich kann nicht große Bußwerke über« nehmen, die Schwäche meines Leibes erträgt sie nicht; was mich aber tröstet, ist, daß ich an den Bußwerkcn so vieler berühmter Büßer, an dem Verdienste ihrer Abtödtungen, ihres Fastens, ihres Wachens, ihrer Gebethe, und anderer mühesamen Bußübungen Theil habe. Ach! möchte ich aufrichtig das Gute lieben, das dei¬ ne MAH 2Z ne, Glieder thun! Ich vereinige mich ihnen ugd asten ihren Werken. Don dir, o göttliches .Haupt, nehmen aste Dinge ihren Werth her. Lus der Kraft deines Plutcs, welches in die¬ sem ganzen Körper umläuft; kömmt ihre Schönheit und Heiligkeit. Aber ach! bin ich wohl ein Glied dieses Leibes? Lebe ich von dem Leben dieses Haup¬ tes, und bin ich wohl von seinem Geiste besee¬ let? Ich zittere, wenn ich denke, daß es kekn Mittel gebe, und daß ich entweder ein Glied des Leibes Jesu Christi oder ein Glied des Leibes des Leusels scyn mässe; denn nur in diese zwey große Körper sind alle Menschen ringethetlet- Diese zwey Körper haben jedes ihr Haupt; der Teuset ist ras Haupt aller Sünder; und du, o göttlicher Jesu! du bist das Haupt aller Gerechten. Wer nicht mit dir ist, ist wider dich; er hat den Teufel zum Haupt, er ist ihm einverleibet; er ist seiner Herrschaft unterworfen, und wirket durch seinen Geist. Sehet, das ist die Welt, das sind die Welt¬ kinder in den Augen des Glaubens : sehet, dies ist, was die Gottlosen groß und angenehm nennen; in Augen Gottes aber «in Gräuel ist. Du aber, o liebenswürdiger Heiland, Gott aster Heiligkeit! du bist das Haupt aller Gerechten: sie machen mit vir nur Eines aus; du regier st sie, du belebest sie mit deinem Geiste; du machest sie von dei- 94 MM deinem Leben leben ; du schenkest ihnen alle bei? ne Güter; sie leben von dir und für dich , und hoffen eben jene Erbschaft, die vu besitzest; und dieses ist . was di« Schönheit und Heilig¬ keit des Leibes der Aüserwählten und aller Ge» rechten, welche die Welt verachtet, ausma- chet. Bilde, Herr Jesu, bilde diesen großen Leib aus diesem Meisterstück deiner Gnade , und die Erfüllung aller keiner Absichten. Die ganze Natur seufzet nach diesem Augenblicke, wo man diesen Leib ganz in seiner Vollkommenheit und Herrlichkeit sehen wird- Entreiß dem Teufel diese Glieder, die er schon verschlungen, und mit sich einverleibet hat; laß nicht zu, daß sie länger unter der Macht dieses Fürsten der Fin- sterniße scyn; vereinige sie mit deinem Leibe durch die Kraft deiner Gnade, auf daß kein Unterschied zwischen den Juden und Heyden , dem Sclaven und Freyen mehr sey; sondern/ daß wir alle mit dir nur Eines seyn , auf Er¬ den und im Himmel, Amen. Fünf- chAAH 95 Fünfzehntes Haupt-ück. Vsn Jesu Christs, dem Arten und Führer der Gläubigen, und -em Muster der Seelenhirten. Da der Cohn Gottes Mensch wurde, war seine große'Absicht, die Menschen an sich zu ziehen, und sich von ihnen lieben zu machen Deswegen wollte er verschiedene Gestalten an- nchmen, um uns seine Liebe zu uns kennen zu lassen, und uns dadurch zur Gegenliebe zu verbinden, und alle Bewegungen unsers Her¬ zens jum Opfer von uns zu erlangen. Unter den Eigenschaften, die ihn uns liebenswürdig verstellen, scheinet jene eines Hirten sehr ge¬ schickt zu seyn, dieses zu bewirken, wie wir es durch dieses Hauptstück sehen werden. Las¬ set uns also Jesum Christum unter diesem Bil¬ de eines guten Hirten betrachten. Gott hatte ihn den Menschen durch die Propheten ver¬ heißen : Ich will einen einigen Arten über fie erwecken, der sse weiden soll ; der soll sie wei¬ den , und soll ihnen zum Arten styn, (Ezech. Z4- 2z.) Vor der Ankunft Jesu Christi waren alle Menschen wie irrende Cchaafe, der Wuty der Wölfe und Löwen ausgesetzt; aber der Gott alles Trostes und Vater der Erbarmun- gen, sandte aus Mitleid gegen unfern elenden Stand seinen Sohn, der unser Hirt seyn soll. Was §6 HKHKK Was that nun der Sohn Gottes, selbst Gott, dieser große Gott, dieser Gott voll der Maje» stät und Herrlichkeit? Er nahm die Haut, das Fleisch, und die zärtliche Stimme eines Schaa- fcs an; indem er andern Menschen gleich, und im äußerlichen Wesen, wie ein Mensch befunden wurde, (Philip, a, 7.) Seine Lie¬ be hieß ihn dieses Mittel ergreifen, um seine Schaafe durch den Glanz seiner Gottheit nicht zu blenden und zu erschrecken. Er verbarg sei¬ ne Majestät und Herrlichkeit unter dem Felle eines Schaafes, und der Hirt selbst wurde ein Schaaf und Lamm zugleich, wie es die Propheten vorher gesagt hatten. Wie liebens¬ würdig ist nicht dieser Hirt in diesem Stande! Wie groß wäre nicht unsere Undankbarkeit, wenn wir ihn nicht kennen wollten? Wir wer¬ den also in diesem Hauptslücke fünf Stücke betrachten, welche uns von ihm einige Kennt- niß geben können, l. Wir werden die Liebe dieses göttlichen Hirten, ihre Natur und Ei¬ genschaften betrachten; 2. Die wunderbaren Wirkungen dieser Liebe; z. Die Eigenschaften Jesu Christi als Hirten; 4. Die Pflichten der Schaafe gegen diesen Hirten; 5. Den traurigen und erbärmlichen Zustand einer See¬ le , welche nicht durch diesen Hirten geleitet wird. EHT> J. Welche ist die Natur, und welche sind die Eigenschaften der Liebe Jesu Christi gegen seine Schaafe? A. r. Die Natur dieser Liede ist unbegreift lich, weil man sonst die Liebe des ewigen Va¬ ters gegen seinen Sohn müßte begreifen kön¬ nen. Denn Jesus Lhristus sagt uns, daß er uns so, wie ihn fein Vater, und mit ebemdie« ser Liebe, geliebet habe. Ach! wie groß und erhaben ist nicht dieses? der Vater liebet fei¬ nen Sohn mit einer unendlichen, unermeßli- ehe», ewigen Liebe, so wie er sich selbst lie¬ bet; und mit dieser Liebe hat uns Jesus Chri¬ stus geliebet. Kann man sich etwas Größeres denken? und welcher Christ wird nicht diese un¬ aussprechliche Liebe bewundern? 2. Seine Liebe gegen uns ist ewig; er hat seine Schaafe von aller Ewigkeit her auser¬ wählet ; seine Liebe hat keinen Anfang, sie ist so alt als er; und gleichwie sie keinen Anfang hat, so wird sie auch kein Ende haben, rr wird sie allezeit lieben, in der Zeit und in der Ewig¬ keit ; keines wird ihm aus seinen Händen ge¬ rißen werden, weil sein Vater, der sie ihm gegeben hat, stärker und mächtiger als der Teufel und die Welt ist. Z. Die Liebe dieses göttlichen Hirten war zuvorkommend; denn nicht wir haben ihn zn erst geliebet: dies lehret uns der heilige Jo¬ hann , da er die Christen Gott zu lieben ek- G mach- 98 mahnet-' lasset uns Gott lieben, sagt dieser Apostel, weil er uns zu erst geliebet hat. Er liebte unS, da er uns daö Seyn und eine jum lieben fähig« Seele gab. Seine Liebe kam uns zuvor, da er nach unserer fleischlichen Geburt in unsern Herzen die Liebe ausgoß, die unS zu seinen Kindern gemacht hat. Wie wir immer die Liebe Gortes gegen uns betrachten mögen, Ist ste allezeit zuvorkommend; weil wir ihn nicht lieben können, als durch eine Wirkung seiner Leibe gegen uns, das ist, wir lieben ihn nur, wenn er uns die Liebe schenket, mit der wir ihn lieben müssen. Wie undankbar wären wir also nicht, wenn wir Jesum Christum nicht liebten? Er ist ganz liebenswürdig; aber um wie viel mehr muß eres jenen seyn, die er ge¬ liebt hat, da sie seine Feinde waren? Dieses waren wir alle, da er uns geliebet hat. 4. Diese Liebe ist eine unverdiente Liebe: er fand in seinen Schaafen weiter nichts als Ge¬ genstände des Haßes und Zornes. Ach.' in wel¬ chem Stande waren wir, als Jesus Christus zu uns kam! In Jrrthum und Laster versenket, verdienten wir weiter nichts, als ewige Pei- ncn und von seiner göttlichen Gegenwart auf immer entfernet zu werden. Seine Liebe ist ek, ne unverdiente Liebe, weil er seine Schaafe liebte, ohne daß er ihrer, oder ihrer Dienste, ihrer Anbetbungen, ihrer Huldigungen bedurfte; er ist sich selbst genug : Er bedarf unlerer Gü¬ ter 99 tek nicht, wie David sagt( Ps. iz. ) er fin¬ det in der Größe und Heiligkeit seines Wesens seine ganze Glückseligkeit; nichts kann seine Grö¬ ße weder vermindern noch vermehren. 5. Die Liebe dieses liebreichen Hirten ist ei« ne freygebige und großmüthige Liebe: freyge» big, »peil er seine Güter seinen Schaafen in vollem Maße mitthcilct. Ach! wenn wir die Gaben Gottes kennten! Er hat sich auf eine gewiße Art erschöpfet, weil er uns nichts Grö¬ ßeres und dem weiten Umfange unsers HerjenS Angcmeßeneres geben konnte, als da er uns sich selbst, mit allem, waS er ist, und was er hat, seine Gnade, sein Wort, feinen Geist, sein Blut und Leben gab- Seine Liebe ist gro߬ mütig , weil er nur große Dinge gibt, welche den Menschen bis zurThcilnehmung dxr göttlichen Natur erheben. Alle geistliche Gaben, welche wir von seiner Liebe erhalten, zwecken ab, nns aus der Niedrigkeit, in welche uns die Sünde stürtzte, heraus ju ziehen und zu verherrlichen, indem sie uns seine Verdienste und alle seine Größe zu thcilen- 6. Die Liebe Jesu Christi gegen seine Schaa- fe war eine leidende Liebe. Nichts beweiset mehr, daß man liebe, als wenn man für den Gegenstand, den man liebet, viel und freywillig leidet; der Be» weis der Liebe wird noch stärker, wenn man für solche, die Feinde sind, leidet. Aufdiese Art hat uns Jesus Christus seine Liebe bewiesen: Denn da G « rvip IOO HAAH wir noch Sünder waren, hat IesurLhristus für uns gelitten, (Röm. 5,8-) Dieser gött- liche Hirt hat für seine Schaafe seine Güter, seine Ehre und sein Leden aufgeopfert : seine Güter, indem er arm wurde um uns zu bereich« ern; er hatte nicht, wo er sein Haupt hinleg« te, auf daß seine Schaafe ihre Ruhe in dem Echooße eines aus Leide zu ihnen arm gewor¬ denen Gottes fänden. Er hat seine Ehre auf¬ geopfert , weil er in den Augen der Welt für einen Betrüger, Beseßenen und Gotteslästerer gelten, und unter Lasterhaften als ein liebel- thäter sterben wollte. Er hat sein Leben aufge- fert, indem er das Rauhe der Witterung und alle Unbilden der Jahrszeiten übertrug, und seinen Leib den grausamsten Peinen darbot. Er litt, wie ein anderer Jakob, das Vorbild Jesu Christi, alle Ungemächlichkeiten des Le¬ bens , die Hitze der Sonne im Sommer, die Strenge der Kälte im Winter; er brachte Nächte schaflos zu; ertrug Hunger und Durst aus Liebe zu seinen Schaafen. Es war ohne Zweifel viel, daß der Sohn Gottes für uns Mensch wurde; für seine Liebe aber gegen uns war es nicht genug: er hätte ein ruhigeres Leben führen können; allein er wählte ein mü¬ hevolles, lästiges und leidendes Leben; er gab sich allerhand Schmach und Uebeln preis. Ec glaubte, auch dies sey nicht genug; er starb, und gab sein ganzes Blut her, auf daß all sein -or sein vergoßenes Blut und alle Wunden seines Leibes eben so viel starke und mächtige Stim¬ men mären, welche uns zurufen, daß er uns geliebet habe. Lasset uns bey allen diesen ver¬ schiedenen Stimmen nicht taub seyn; lasset uns jenen lieben, der uns so viel geliebet hat; las¬ set uns nicht fürchten, daß wir zu viel thun, oder zu viel leiden, um ihm Beweise unserer Liebe zu geben. 7. Endlich, die Liebs unsers göttlichen Hir¬ ten gegen s.ine Schaafe ist eine zärtliche Lie¬ be: er redet zu ihnen, und unterhält sie mit Eingeweiden der Barmherzigkeit; seine Worte sind voll der Sanftmuth; er läßt sich zu ihnen herab, und füget sich nach ihrer Schwachheit; er ist mit Kindern wie ein Kind; er scheint bisweilen der Eigenschaft eines Hirten zu ver¬ gessen, und redet und thut mit seinen Schaa- fen wie eines aus ihnen. Welche Zärtlichkeit, welche Güte! die Schaafe fühlen es im Grun¬ de ihrer Seele, wenn sie getreu sind, ihm zu folgen, und seine Stimme zu hören. 8. Welche sind die Wirkungen der Liebe Je¬ su Christi gegen seine Schaafe? A. Es gibt mehrere herrliche Wirkun¬ gen dieser Liebe, die wir jetzt betrachten wol¬ len. r. Jesus Christus suchet seine Schaafe, wenn sie sich verirren. 2. Er trägt sie, weil sie nicht gehen können, z. Er führet sie zurück, und ge¬ het vor ihnen her. 4. Er wachet beständig über sie, ' i0L sie, um sie zu hüten. 5. Er sorget für ihre Wei¬ de 6. Er hat für sie alles gethan, und thuk es noch. Lasset uns alle diese Stücke erklären. 5. Wie suchet Jesus Christus seine Schaafc, wenn sic sich verirret haben? A- in, einzufthen, wie Jesus Christus die¬ ser göttliche Hirt ferne Schaafe suchet, wenn sie sich verirret haben, muß man zu erst wissen, wie sie sich verirren. Es ist nichts leichteres als sich verirren und zu Grunde gehen; man darf sich keine große Mühe geben; man darf nur den unordentlichen Begierden seines Her¬ zens folgen. Ein Schaaf verirret sich, i. wenn es dem Hirten, der die Heerde leitet, nicht mehr fol¬ get; wenn es zurück bleibt, an einigem Graft klaubet, und die übrigen Schaafe vorbey ge¬ hen läßt, ohne ihnen nachzukommen. In die¬ sem Stande, da es schon einen Schritt außer dem Wege qethan hat, läuft es den Eitelkei¬ ten und Wollüsten der Welt nach; und nach¬ dem cs sich schon einmahl verirret hat, je mehr es gehet , desto mehr verirret es sich, und ste¬ het in Gefahr von wilden Thieren aufgefressen zü werden. '2. Die Schaafe Jesu Christi verirren sich, wenn sie Gott, zur schrecklichen Strafe ihrer Sünden, in die Hände blinder Führer fallen läßt: von denen sie durch gefährliche Wege ge¬ leitet werden, und mit denen sie in den Ab¬ grund EM i°Z gründ storže», nach dem Worte Jesu Christi : Wenn »in Blinder einen Blinden führet, fal» lsn beyde in die Grube: (Matth. 15, 14.) Z. Die Schaafe verirren sich, wenn sie kein aufrichtiges Verlangen haben/ die Wahrheit zu kennen, sondern Leute auffuchen, die ihnen schmeicheln, den Begierden ihres Herzens nach» geben, und ihre lasterhafte Ruhe nicht stähren- dies« armen Schaafe wollen, daß ihre Führer einen Schleyer über ihre Ausschweifungen le¬ gen, auf das sie selbe nur zum Theil sehen. Der Prophet Esaias entdecket die geheimen Gedanken dieser Seelen, die verführet werden wollen, und leget ihnen auf die Zunge die Empfindungen ihres verderbten Herzens , die sie sich nicht getraueten mit so klaren Worten an Tag zu legen: Sie sagen zu den Prophe¬ ten: Zabt kein Gesicht; und zu den Sehern: Sehet nicht für uns, was recht ist; sondern redet, was uns gefüllt, und weissaget uns Irrthum. Nehmet den Weg von uns weg/ und wendet den Fußsteig von uns ab; höret auf, den heiligen in Israel uns zu zeigen, (Esai. zv, io, n.) So reden gar viel« durch ihr Betragen, oder denken so, obschon sie es nicht so ausdrücklich sagen. Was kann also ein so armes verirrtes Schaaf thun? Kann es selbst zu seinen rechtmäßigen Hirten zurück kehren? Nein, gewiß nicht; auf dem Wege der Bos¬ heit abgemattet, durch lange Gewohnheiten des ro4 EHK des Lasters geschwächet, fast ganz blind , ken¬ net es den Weg zum Schaafstall nicht mehr, und hat zum Gehen keine Kräfte, so daß cs immer auf dem Irrwege bleibt. Allein Jesus Christus, immer voll der Barmherzigkeit und Güte gegen dasselbe, suchet und ziehet es durch das Sanfte seiner Stimme an sich; er läuft ihm nach, ohne weder über die Verachtung seiner Liebe, noch über die Widersetzlichkeit, die seiner Gnade geschieht, müde zu werden; er suchet es durch Verheißungen, alle seine Undankbarkeiten zu vergeßen, und mit seinen Gütern zu überhäufen; er suchet es durch über- fchickte Kreuze und Qualen, um es zur Rück¬ kehr ju zwingen. Dieses ist sehr schön in dem Propheten Oftas vorgestellet: Dieses da spricht der 6errdie Tochter Sions sagte: Ich will meinen Buhlern nachgehen: --sie verlaßt mich wirklich, spricht Gott : allein ich will sie wieder zurecht bringen; ich will ihren Weg mit Dörnern verzäunen, und eine wand vor- machen, daß ffe Len Fußsteig nicht finden soll. So wird sie ihren Buhlern nachsehen, und sie -sch nicht ergreifen; sie wird sie suchen, und sie -sch nicht finden; und alsdann wird sie sa¬ gen : Ich will hingehen, und zu meinem vo¬ rigen Mann wieder umkehren; denn es ging mir vor der Zeit besser al» jetzt: ( Osea. 2, Z. 6 7.) So suchet Jesus Christus das verirrte Schaaf; er verzäunkt dm Weg mit Dörnern; indem HABS 105 indem er Kreuze und Widerwärtigkeiten schickt, wodurch lasterhafte Vorhaben vereitelt wer¬ den; er erweckt Gewiffensbtße, welche die Seele zerreißen; er nimmt die Geschöpfe weg, die man liebte; und dann ist man gezwungen, zu seinem ersten Hirten zurück zu kehren. Se¬ lige und süße Dörner, welche das Herz nur stechen, um es zu heilen, von seinen Irrwe¬ gen zurück zu rufen, und es mit seinem Gotte zu vereinigen! Endlich, Jesus Christus suchte seine Schaafe durch drey und dreyßig Jahre, die er auf Erden lebte. Er kam vom Himmel in den Schooß einer Jungfrau; von da in ei- ,ne Krippe; von der Krippe ans Kreuz; vom Kreuze ins Grab; vom Grabe zur Herrlichkeit: und durch alle diese Geheimniße suchte er sei¬ ne Schaafe. Des Menschensohn kam zu su¬ chen und selig zu machen, was verloren war; auch da er seinen Lauf vollendet hat, und zu seinem Vater zurück gekehret ist, legt er die Sorge für seine Schaafe nicht ab; er hinterläßt Hirten, in denen er seine Liebe und seinen Eifer legt, auf daß sie die Welt durch¬ laufen, und die Schaafe sammeln, welche sei¬ ne Heerde ausmachen sollen. Dies thaten die Apostel, nachdem sie mit dem heiligen Geiste erfüllet waren. Man sah sie von Stadt zu Stadt, von Reich zu Reich gehen, und sich der Wuth der Tyrannen aussetzen, um die Schaafe aus dem Rächendes höllischen Löwens her» ro6 HKAH heraus zu reißen, und sie zu Jesir Christo ihr rem wahren Hirte« zurück zu bringen. Z. Wie trägt Jesus Christus die ausgesuch¬ ten Scbaafe? A. Nachdem dieser göttliche Hirt seine Schas¬ se gesuchet, und auf ihren Irrwegen gefunden- läßt er sie nicht in dem traurigen Zustande, in welchem er sie fand; seine Liebe gehet noch viel weiter. Wie er sie schwach und zum Gehen un¬ fähig findet, so nimmt er sie, und trägt sie in seinem Gchosß, und auf seinen Schultern, nach der Weissagung Esaias, welcher, indem er vorsagte, was Gott zum Besten seines gefan¬ genen Volkes thun würde, uns vorbildete, was Jesus Christus einst seinen Schaafen zu lieb thun werde: Er wird die Lämmer in seine Arme sammeln, und in seinen Schsoß aufheben, und die Schaaftirütter wird er selbst tragen: ( Esai. 40, ei.) Jesus Christus trägt wie ein liebevoller Hirt mit Eingeweiden der Barmherzigkeit diese schwache Seelen, welche noch wie Lämmer und in der christlichen Kind¬ heit sind. Mit eben dieser Güte nimmt er die Beladenen, das ist, jene auf, welche ihn in ihrem Herze empfangen, und in ihnen selbst schon gebildet, haben, aber noch nicht soviel Kräfte besitzen, einen starken Schritt zu thun und auf dem Wege der Gerechtigkeit zu laufen. Wen wird nicht die Liebe und Geduld dieses göttlichen Hirten rühren, der so seine Schaa- . ft fe kn seinem Geiste, in seinem Gedächtniße,in seinem Herzen, a rf seinen Schultern trägt? Er trägt sie in seinem Geiste, er kennet sie, er unterscheidet jene, die ihm zugehören, von jenen, welche niemahl in den ewigen Schoa- stall eing hen werden: Der Zerr kennet jene, die sein find, sagt der heilige Paul. Wir ken„ nen sie nicht; alles ist auf dieser Weit unter¬ einander, die Schaafe unter den Böcken; am Ende aber wird die Absonderung durch Jesum Christum geschehen. Er trägt sie in seinem Her¬ zen, als in dem Orte ihrer Zuflucht und Ru¬ he , wo er sie beseelet, und innerst mit sich vereiniget. Er trägt sie in seinen Händen, um sie seinem Vater als eine Gabe und ein Opfer, das er ihm von seiner ganzen Heerde machet, ohne Unterlaß dar zu bringen: sie sind dergestalt in seinen Händen, daß sie Niemand ihm aus seiner Zand reißen kann; er wird ihnen das ewige Leben geben, und sie werden nie zu Grunde gehen, weil sein Vater, der Fe ihm gegeben hat, größer und mächtiger ist, als a!» le Feinde, dir ihm selbe rauben wollten. Er trug sie auf feinen Schultern zur Zeit seines Leidens, da er, mit seinem Kreuze und unfern Sünden beladen, ihre Unordnungen hat Her¬ stellen, sie von der Macht der Finsterniße be» freyen, und ihnen den Eingang in den Him¬ mel verdienen wollen. ros 5. Welche ist die dritte Wirkung der Liebe Jesu Christi als Hirten? A. Die dritte Wirkung der Liebe Jesu Chri¬ sti unsers Hirten ist, daß er vor seinen Schaa- fen hergehet, und alle ihre Schwachheiten hei¬ lst. Er hat zwey Stäbe, womit er seine Schaa¬ fs zurück führet. Der Prophet Zacharias gibt jedem seinen Rahmen; (Zach, n , 7.) den er¬ sten nennet er Sie Schönheit, oder Lieblichkeit, und den andern die Schnur. Diese zwey Eigen¬ schaften stellen uns vor, i. Die Schönheit Jesu Christi, seine Heiligkeit, die Größe seiner Gottheit, das Sanfte seiner Regierung, das Vergnügen Und den Trost, die man in der Ausübung der Lugend und in der Nachfolge dieses göttlichen Hirten findet. 2. Die Schnur bildet uns die Liebe Jesu Christi vor, durch welche er seine Schaafe an sich ziehet, sie mit sich vereiniget, und ihm nachgehen machet. Auf diese Art führet er- seine Schaafe zurück, und leitet sie in seine Kirche, indem er sieauck der Mitte der Welt und aus allen Orten, wo sie zerstreuet waren, zu sich sammelt; und nachdem er sie also gesammelt hat, heilet er ihre Wunden, stärket ihre Schwachheit, über- häuft sie mit seinen Gaben, und führet sie im¬ mer auf den Wegen der Gerechtigkeit. So er¬ kläret er sich bey dem Propheten Ezechiel: Was verloren ist, das will ich suchen; und was verworfen ist, das will ich wieder herzufüh¬ ren; rc-9 ren; und was zerbrochen ist, das will ich verbinden; und was schwach ist, das will ich sta rken;' und was fett und stark ist, das will ich bewahren; und will sie weiden, rvie esstch gebühret: ( Ezech. Z4, i6. ) Unsere ganze Glückseligkeit bestehet darinn, daß wir uns von Jesu Christo führen lassen, und uns seinem Geiste ganz übergeben- Lasset uns seine Leitung, so.rauh sie immer der Natur scheinen mag, nicht fürchten; seine Schönheit und Liebe macht al¬ les leicht: eine Seele, welcher Jesus Christus seine Schönheit und Größe entdecket hat, und in welcher seine Liebe wohnet, läuft mit Ver¬ gnügen diesem göttlichen Hirten nach, und läßt sich ohne Widerstand führen. 8. Welche ist die vierte Wirkung der Liebe Jesu Christi als Hirten? A. Die vierte Wirkung der Liebe Jesu Chri¬ sti gegen seine Schaafe ist, baß er über sie wa¬ chet. Jener, sagt der Prophet, der Israelbe- wachet, wir- nicht schlafen: (Pst 120, 'z.) Er hat immer die Augen über sein Volk offen Die Augen des Arrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren sind immer auf ihr Gebeth aufmerksam: (Pst zz, 16. ) keines seiner Schaafe entgehet feiner Wachsamkeit, weder die Armen noch die Reichen, weder die Eik' samen noch jene, so in der Welt leben ; alle sind seinen Augen gegenwärtig; er wachet über sie, um alle Hinderniße des Heils zu entfernen; er er wachet über sie, um sie der Annäherung des höllischen Wolfes zu erinnern, und wider olle ihre Feinde zu beschützen; er wachet über sie, um ihnen alle Mittel, die Tugend zu üben, jn die Hand zu geben, und sie in der Vollkom¬ menheit weiter zu bringen; er vergißt ihrer nie, auch wenn sie an ihn nicht denken. Ich werde, sagt er, an Rahab und Labylon denken, auf daß sie mich kennen; (Ps. 86, 4. ) an jene Rahab, welche einst in allerhand Un¬ reinigkeiten lebte; an jenes Babylon, welches vormahl in den Finsternißen des Irrthums und der Lüge begraben, in der Liebe irdischer Din¬ ge ganz versenket, dem Volke Gottes zumAer- gerniß war, indem es nur dem Triebe seiner Leidenschaften folgte. Ich will deiner nicht ver¬ gessen, 0 Jerusalem, sagt er anderswo; ich habe dich in meine Landen geschrieben: deine Mauern sind immer vor meinen Augen- ( Efai. 49, 16. ) Ein Schaaf Jesu Christi sage also niemahls, er habe seiner vergessen, und denke nicht mehr an selbes : wie könnte er dessen den vergessen, er, der nicht einmahl seiner grö߬ ten Fejnde vergißt ? Was ist die fünfte Wirkung? A. Dies ist nicht das Einzige, bas die¬ ser göttliche Hirt für seine Schaafe thut; die fünfte Wirkung ferner Liebe ist, daß er sie nähret. Welche ist aber diese Nahrung? Ach ! wie-heilig ist sie nicht! Lasset uns das, was. HAM rn was der Prophet Ejechielven Gott sagt, Je¬ su Christo jueignen: Ich will sie werden auf -en Berge Israels, und an allen WasserbL chen, und auf allen guten Pflegen im Lande. Ich will fie weiden auf den allerbesten Auen und auf -en hohen Bergen Israels soll ihre Weide seyn : daselbst .sollen sie ruhen auf dem grünen Gras, und in fetter weide einher ge¬ hen: Ich will selbst meine Schaafe weiden, und machen, dast Ke stch lagern, spricht der Lrrr. — Und etwas später — Ich will mit ihnen einen Bund des Friedens aufrichten, und machen, -ast keine böse Thiere mehr im Lande seyn; und die in der Wüste wohnen, werden in den Wäldern stcher schlafen. — Ich will ihnen eine berühmte Pflanze erwecken; und fie sollen hinfür durch Lunger auf Erde» nicht gemindert werden, noch die Schmach dep Leyden mehr tragen - (Ezech. 34, 13» »4» 15- 25. »9.) Alles, was hier der Prophet sagt, daß Gott zum Besten seines Volkes thun wer¬ de , thut Jesus Christus für seine Schaafe. Er weidet sie auf den Bergen, da er sie über alle Dinge der Welt erhebt, und mit den höchsten Warheiten der Religion nähret; an den Was¬ serbächen , da er ihnen dieses lebendige Wasser der Gnade und seiner klebe gibt, welches bis iur Ewigkeit springet, pyd ihren Durst ganz löschet Diese fettk Weiden stellen jenen Urber- ßuß der Gnaden ynd Wahrheiten vor, di«, man H2 Man-m der Religion, und in der heil. Schrift findet. Er nähret sie auf den Bergen und in der Wüstt, da er sie in die Einsamkeit rufet, und, da sie mir ihm allein sind, ihnen zu Herzen redet, sie mit ganz göttlichen Trost er¬ füllet, und msckey läßt, wie süß nnd ange¬ nehm der Herr ist. Er läßt sie schlafen, da er sie in seinem eigenen Schooße und in seiner Liebe ruhen laßt , wo sir mitten unter den Wi¬ derwärtigkeiten , denen sie ausgesetzt sind, Friede und Ruhe finden. Er macht mit ihnen einen Bund des Friedens, da er sie von ihren Irrwegen zurück ruft, mit Gott versöhnet, und den Frieden als die Frücht ihrer Bemü¬ hungen genießen läßt- Er rottet die bösen Thie« re aus, da er ihnen die Kraft gibt, ihre La¬ ster zu besiegen, ihre Leidenschaften zu bekäm¬ pfen, den Teufel zu überwinden, auf daß sie mitten im Walde dieser Welt sicher schlafen. Er erwecket ihnen eine berühmte Pflanze, da er ihnen Jesum Christum im Altarssacrament jur Speise gibt. Er ist diese berühmte Pflanze, weil er der wahre Weinberg, der Sproß Iesse, die Keldblume und Thallilie genannt wird. In diesem göttlichen Heiland finden die wahren Schaafe, für ihren Geist und für ihr Herzei¬ ne überflüßige Nahrung, welche sie in dein Orte ihrer Verweisung erleuchtet und stärket; und nachdem sie dieser göttliche Hirt auf diestr Erde wird geweidet habe», wird er sis auch riZ auch noch im Himmel nähren. Alsdann Wer» den ste weder Lunger noch Durst leidendes wird auch die Sonne nicht au f sie fallen - noch einige Litze. Denn das Lamm- das mitten im Thron ist, wird sie regieren, und zum Brunnen des lebendigen Wassers führen, (Offenb. 7, *6. 17.) wo sie von der Herr¬ lichkeit Gottes vollkomlnen ersattiget, und von unendlichen Süßigkeiten pnd Vergnügen gleich» sam berauschet seyn werden. F. Welche Wirkung der Liebe Jesu Christrg/- gen die Schaffe ist die sechste? A. Die sechste Wirkung der Liebe Jesu Chri- sti gegen seine Schaafe ist, daß er für sie aH les gethan hat, und noch thut- Die heilige Schrift lehret uns, was Gott-für seine Aus¬ erwählte gethan hat; für sie besteht die Welt; für sie wälzen sich die Himmel und Gestirne über unsere Häupter; für sie wechseln Tag und Nacht; für sie ändern sich wunderschön die Jahrsjeiten: für sie hauptsächlich hat Jesus Christus feine größte Geheimniße gcwirket. Alle große Bewegungen, welche in der Welt, in den Königreichen und Provinzen geschehen; al? le Kriege der Völker und Nationen, wodurch sie einander aufreiben, geschehen in der Absicht Gottes, oft nur, um einige Schaafe in sei¬ nen Schaafstall zu ziehen. Für ste redet Jesus Christus in seiner göttlichen Schrift, und sie verstehen seine Stimme; für sie sind die H Sa« Z14 Sacramente, die Gnade, die Unterweisungen, die geistlichen Güter, und alle Vortheile, die in der Kirche sind. Ihnen find die ewigen GÄ- ter verheißen; sie sind es, die Gott mit allerhand geistlichen Segen überhäufet: Ich will sie, spricht er, rings um meinen Zügel herum, das ist, in der Küche, segnen; und will Regen geben zu rechter Zelt : das sollen Segensregen seyn: ( Ejech. 34, 26.) Diese Regen bezeichnen uns die häufigen Gnaden, welche Jesus Christus über seine Heerde aus» gießt; die Erde wird grünen und fruchtbar feyn; ihre Seele, wie ein von Gott bearbeitetes Feld, wird Früchte von allerhand Tugenden und gu¬ ten Werken tragen. Gott fetzt hernach hinzu: Meine Gchaafe werden ohne Furche in ihrem Lande wohnen, und sollen wissen, daß ich -er Zerr bin, wenn ich die Retten ihres Jo» ches werde zerbrochen, und sie aus der Zand derjenigen gerettet habe», welche über fie herr¬ schen: ( Ezech. 34, 27.) Welches Vertrauen und welche Dankbarkeit müssen nicht diese gött¬ liche und trostreiche Worte in uns erwecken? Lasset uns also dieses Lied des Propheten mit Liebe singen: Der Zerr ist mein Art; mir wird nicht» mangeln; er weidet mich auf grünen Auen.- (Pf, 22. 1.) Lasset uns, 0 lasset uns in einem immerwährenden Andenken dieser um endlichen Erbarmungen leben; und weil Gott alles für uns thut lasset uns alles anwenden, MAH trm sein zu ftyn ; alles nur zu unserer Heili¬ gung und zur Ehre desjenigen zu brauchen, auf welchen als auf den Ursprung und Zweck aller Dinge sich alles beziehen muß. F. Welche sind die Eigenschaften Jesu Chri¬ sti des Hirten und Führers der Seelen ? A. Jesus Christus besitzt alle Eigenschaften, welche zur Leitung der Seelen nothwendig sind, und er besitzt sie in ihrer ganzen Vollkommen¬ heit ; Eigenschaften, welche alle jene, die zur Seelsorge berufen sind, haben müssen, wenn sie diesem heiligen und schrecklichen Amte wür¬ dig verstehen wollen. Die Ursache dessen ist klar; nähmlich sie müssen mit Jesu Christo Nur einen Hirten ausmachen. Denn, wie es der heil. Augustin lehret , obschon es mehrere Hir¬ ten in der Kirche gibt, machen doch alle nur «inen einzigen Hirten aus. Als Diener Jesu Christi durch sein Ansehen, durch seinen Geist, durch Theilnehmung an seinem Priesierthume führen sie seine Heerde auf eine sichtbare Weise. Jesus Christus ist es, der sie leitet, sie führet, sie heiliget, und selig machet; in ihm sehen wir alle Eigenschaften eines wahren Hirtru l. Er hatte die Heiligkeit des Lebens, und den zu diesem Stan» de nöthigen Beruf. 2. Er ist erleuchtet, g. Er ist uneigennützig. Er ist klug und weise. 5. Er ist eifrig. 6. Er ist geduldig und mitleidig Lasset »ns diese Eigenschaften sorgfältig prüfen, unö H « Gstt Il6 Gott bitten , daß er seiner Kirche Hirten gebe, die sie besitzen. i. Jesus Christus hatte die Heiligkeit des Lebens. Niemand konnte ihn je eines Fehlers beschuldigen: sein Leben war frey von allem Scheine der Sünde, und ganz in der Aus¬ übung der erhabenester Tugenden; und obschon er vom ersten Augenblicke seiner Menschwer¬ dung zum Priester und Hirten bestellet war, that er doch die Dienste nur erst, nachdem er bey dreyßig Jahre in der Einsamkeit, in der Arbeit und Buße zugebracht hatte: er drang sich zum Hirten der Menschen nicht auf; sondern er nahm dies Amt erst auf sich, da ihn sein Vater rufte, und zum Bischof und Hirten seiner Heerde bestellte, nachdem er ihn mit der Fülle des heil. Geistes gesaibet hatte. (Hebr. 5.) Kraft dieses Berufes that er die Hirtendienste durch sein ganzes Leben, unter einer immerwährenden Anstrengung ohne in Aufsuchung und Vepstegung seiner Schaafe mü¬ de zu werden; und, waS für uns der süßeste Trost ist, er höret nickt auf, seine Heerde zu leiten, auch vom hohen Himmel herab, in wel¬ chen er, nachdem er den Tod ausgestande»/ und das Grab glorreich verlassen hat, einge¬ gangen ist- Durch diese Gkheimniße, har er sich die höchste Macht im Himmel und auf Er¬ den Erworben, und ist also auf «ine beson¬ dere Art der große Schaafhirt und das Mu¬ ster HBKK -'S' fier der Hirten geworden. Der Gott -es Zrie^ Sens, sagt der Apostel, hat unfern Zerrn Is¬ sum Christum von To-ten auferrvecket, Ser durch das Blut des ewigen Bundes der große Art Ser Schaafs geworden ist, (Hebr. rz, 20.) Auch jene, welche die Seelsorge übernehmen, müssen von Gott berufen seyn, und ja nicht sich selbst zu diesem heiligen Dienst aufdringen; ihr Leben muß frey von Lastern, untadelhaft seyn: deswegen befahlen die alten Kirchenver» fammlungeu in ihren Schlüßen, daß man zur Seelsorge keine andere bestelle, als jene, welche die Gnade ihrer Taufe unversehrt er¬ halten hätten- Das Leben eines Hirten muß dem Leben Jesu Christi ähnlich, ganz himmlisch und ganz göttlich seyn. 2 Die zweyte Eigenschaft Jesu Christi des Hirten ist die Wissenschafter hat alles zur Leitung der Seelen nöthige Licht; er kennet und ergründet die Herzen und Nieren aller Menschen; die geheimesten Gedanken sind ihm nicht verborgen; durch sein Licht entdeckt er alle Schleichgänge der Eigenliebe; er kennt die Tiefe des Verderbnißes des menschlichen Her¬ zens , die Größe und Abscheulichkeit der Sun» de, ihre ganze Bosheit: alle ihre traurigen Wirkungen und Folgen; er sieht zugleich die geschicktesten Mittel, die man zu ihrer Heilung «nwenden muß. Die ri8 EM Die Seelenhirten mässen vom Achte Jssu Christi erleuchtet, und in der göttlichen Wissen» schäft unterrichtet seyn- sie müssen selbe in sei' n:r Schult, das ist, in der Kirche gelernet ha¬ lben, welche in der Erblehre, in den Kirchen« Versammlungenin der heiligen Schrift, und in den Vatern die Kunst Seelen zu führen leh¬ ret. Auch durch das Gebcth und durch dieUc» bung aller Tugenden mässen sie sich mit dein Achte Gottes erfüllen, um nicht solche blinde Führer zu seyn, welche in schreckliche Abgrün¬ de fallen, und andere mit dahin ziehen. Wenn man Jesu Christo, dem wahren Lichte folget, wandelt man nicht in Hinsternißen ; man har in sich ein Lebenslicht, welches alle jene er' leuchtet, die sich ihm nähern; und so wird man das Acht der Welt besitzen, um alle jene zu erleuchten, welche im Hause sind. Z. Jesus Christus war ein uneigennützig» Hirt; er war nicht einer von jenen Miethlin- gen, welche nur ihre Vorthsils suchen; von jenen Priestern und Vorstehern der Heerde- welche Gott verfluchet, welche sich selbst weu den, von der Milch der Schaafc sich nähren, und mit ihrer Wolle kleiden, ohne sich um die Heerde zu bekümmern; oder die wenigstens ihrer Pflicht nur sehr unvollkommen genug thun. Jesus Christus machte nicht wie die PH»' xisäer einen schändlichen Handel, um sich auf Kosten der Völker zu bereichern, er arbeitete an der Bekehrung und Leitung der Seelen in einer äußersten Armuth, indem er nicht hatte, wo er sein Haupt hinlegte. Seine Ehre war, nichts zu haben, und kein Gut auf Erden zu besitzen, indem er nur das Heil der Seelen, und nicht ihre Güter und zeitliche Vortheile suchte. Er bediente sich seiner Amtspflicht nicht, um sich zu Hähern Würden zu schwingen, und Len H 'chmuth der Miethlinge zu beschönigen und zu rechtfertigen, derer Zahl so groß ist. Er suchte bcy seinen Dienstverrichtungen nicht seine, sondern die Ehre seines Vaters. Zu eben der Zeit, da er seinen Dienst mit dem größten Nutzen verrichtet, und das Amt eines Hirten und Führers ausübct, ist er mehr verdcmü» thiget, mehr verachtet, mehr dem Hohn seiner Feinde ausgesetzt, und alle Ehre, die ihm sein Dienst bringet bestehet darinn, daß er arm le¬ bet, und an einem Kreuze stirbt. Wie glück¬ lich wäre die Heerde Jesu Christi, wenn sie in ihren Seelsorgern den Geist der Armuth des ersten Hirten, und der Apostel aufleben sähe, wenn sie selbe sähe das Evangelium ohne Ei¬ gennutz, ohne menschliche Unterstützung predi« gen; von Tag zu Tag leben, ohne sich um die Nahrung und Kleidung zu bekümmern ; mit ei¬ genen Händen, wie der heilige Paul, arbeiten, um sich das Nöthige zu verschaffen. Welche« Fortgang hat indessen das Evangelium nicht gemacht, da es von solchen Dienern getragen und EDO und gepredigct wurde? Ach ! wie kann man bas Wort Jesu Christi, welches überall nichts als Armuth, Verachtung Zeitlicher Dinge, Liebe ju Verdemüthigungen, verborgenes Leben ein« präget, wie kann man, sage ich, dieses Wort verkünden, und an dem Seelenheil mit einem Herzen arbeiten, das voll ehrsüchtiger Begier¬ den ist, das sich nur zeigen will, und sich ei¬ ne Ehre aus einer Bürde macht, unter welcher es ohne Unterlaß seufzen soll? Es ist nichts leichters, als heut zu Tage an der Bekehrung der Seelen arbeiten, da einem nichts abgehett und man alle Gemächlichkeiten des Lebens hat. Wir betrügen uns, wenn wir die Weit auf eine andere Art zu bekehren glauben, als sie Jesus Christus und die Apostel bekehret Haben. 4. Jesus Christus war ein weiser und klu¬ ger Hirt: es ist eine der nothwendigsten Eigenschaften für Seelensorger: oft macht ein einziger unkluger Schritt bey seinem Dienste, daß tausend Unordnungen in einem Visthume oder einer Pfarre entstehen, oder daß die Be¬ kehrung einer Seele zurück gehet, oder daß das Gute, das man thun könnte, erschweret rvird. Jesus Christus that und redete nichts, was nicht nach jener göttlichen Weisheit ein¬ gerichtet gewesen wäre, wovon seine Seele erfüllet war; er hing immer vom Rache seines Vaters ab ; redete nichts, als.was er von ihm EM 12 l Ihm gelernek hatte , und that nur , was er ihn khun sah. Dieser göttliche Hirt richtet» immer seine Reden und sein Betragen nach dem Stan¬ de, nach den Kräften und nach der Verfas¬ sung derjenigen ein, mit denen er redete, und zu thim hatte: seine Hauptsorge war , zu erst das Innere in Ordnung zu bringen, ehe er äußerliche Lußwcrke austegte, wie er cs uns selbst durch zwey Glcichniße lehret: Niemand, sagt er, setzt einen Fleck von neuem Tuch an ein altes Rleid,-Niemand faßt auch neuen wein in alte Schläuche: sonst zerreiß t und verdicht alles, (Mark. 2 , 21. 22.) als wollte er sagen, man müsse warten, bis das Herz des Menschen erneuert wird, oder stark genug, und gerühret ist, um im Stan¬ de zu seyn, große und strenge Bußwerke zu übernehmen und ausznüben. Jesus Christus bediente sich dieser weisen Mäßigung gegen sei¬ ne Jünger, die er nicht so große Fasten und strenge Bußwerke übernehmen ließ, als die Jünger des heiligen Johann. Er sagte ihnen M Anfänge die hohen Wahrheiten nicht, die sie hätten in Erstaunung setzen können : er er, niedvigt und erhöhet sich, wann es seyn muß: er hätte ihnen viele Dinge zu sagen gehabt; weil sie aber diese große Wahrheiten nicht Härten tragen können, verschweigt er sie, und verschiebt sie auf eine andere Zeit. Er gibt je¬ nen Milch, welche noch in der christlichen Kind- 122 Kindheit sind; und redet die tiefesien Geheim- niße zu jenen, welche vollkommen sind, Ueber- all zeigt er seine Weisheit, so wohl in seinen Worten, als in seinen Handlungen , und in seinem ganzen Umgänge; ss wohl gegen seine Jün¬ ger, als gegen seine Feinde, welche allezeit aufmerksam waren, ihn entweder in seinen Worten oder in seinen Werken zu fangen. Er redet und thut nichts, was nicht eines Hirten würdig wäre, der die Menschen zu ihrer Pflicht zurück führen, und in dir Zahl seiner Schaafe setzen will. Bisweilen redet er mit Sanftmuth; manchmahl bestraft er mit Nachdruck; bisweilen übersieht er, und thut, als sähe und höre er nicht, was man wider ihn redet oder thut- Er thut alles zu rechter Zeit und an seinem Orte, und zwecket immer auf die Stunde und auf den Augenblick ab, die ihm sein Vater vor, gesetzt hat- Aber , o Bosheit deS menschlichen Herzens! ungeachtet aller angewandten Behut¬ samkeit , und ungeachtet seines unendlich wei¬ sen Betragens, konnte doch Jesus Christus der hämischen Beurtheilung seiner Feinde nicht entgehen, und wurde so gar von jenen ver- dämmet, welche seine Weisheit bewunderten. So klug die Hirten der Kirche immer ftyn mögen, werden sie so wenig als Jesus Chri¬ stus der Fürst der Hirten, die Verfolgung gänz¬ lich vermeiden: nichts kann sie bey dieser Ge¬ legenheit trösten, als das Zeugniß ihres Ge¬ wissens EHH -2Z wissens und ihrer wahren Freunde, die sie versichern, daß sie sich weder durch unbehut¬ same Handlungen, noch Gespräch« die Be« urthellvng und Verdammung zugezogen ha¬ ben. 5. Jesus Christus war ein eifriger Hirt. Dies ist eine der nothwendigsten Eigenschaften eines Seelsorgers, der seine Pflichten und Len Werth einer Seele kennet, welche durch das Blut Jesu Christi erkaufet ist; der alles weiß, was der Teufel und die Welt thut, die Menschen zu Grunde zu richten. Alle diese Be¬ weggründe müssen ihn dahin bringen, daß er sich mit einem heiligen Eifer für das Haus des Herrn nach dem Beyspielc Jesu Christi waffnet, der immer in seinem Herzen eine heftige Be¬ gierde und äußerste Bestrebung trug, die Ehre seines Vaters und die Heiligung der Menschen in allen Stücken zu befördern. Dies war ein Eifer, der ihn von außen wirken machte, ohne je abzulaffen, was immer für Hinder- uiße er bey Ausübung seiner Pflichten antreffcn, und was immer für Widerwärtigkeiten ertragen mußte; ein Eifer, den die Liebe, nicht aber der Trieb des menschlichen Geistes oder ein aufwal¬ lendes Temperament entzündete; ein Eifer, der durch die Wiesheit, durch die Wissenschaft und durch den Trieb des göttlichen Geistes geleitet wurde; ein Eifer, der nicht gegen andere übertrie- ben,.und gegen sich selbst nachsichtig war. Man sah die- 724 diesen gKtlichen Hirten in die Dörfer und Laub¬ hütten laufen, um die Völker zu unterrichten und ihnen das Reich Gottes zu verkünden; er wurde müde und matt bey Aufsuchung der Sün¬ der. Man sah ihn bisweilen von jenen, welche seine ganz göttliche Lehre hörten, dergestalt umrungen, daß er kaum seine Nahrung zu sich nehmen konnte, wie es im Evangelium auf« gezeichnet ist, ( Mark, z, 20. ) Das ganze Leben dieses göttlichen Heilandes, das ganz mit Arbeiten zugebracht wurde; alle Geheim¬ nisse, welche die Frucht seiner Liebe sind, zei¬ gen uns genugsam den brennenden Eifer, den er hatte, seine Schaafe zu erretten, oder jene, die ex schon gefunden hatte, zu vervollkomme- nen. Da er stirbt, bethet er für die Sünder, und bittet für sie um Gnade: für sie stirbt er, und sein Tod wird der Preis ihrer Erlösung. Weder die Verfolgungen, noch die Verdemü- thigungen, noch die Leiden waren je fähig, die Inbrunst seines Eifers zu vermindern; er brenn¬ te immer vor heißem Durste nach dem Heile der Menschen. Wie glücklich ist man, wenn man Hirten hat, welche sich um unser Heil eben so warm als Jesus Christus annehmen, und von seinem Eifer beseelet sind l 6. Jesus Christus war, und ist noch ein ge¬ duldiger und mitleidiger Hirt, wir haben nicht einen Hohenpriester, sagt der Apostel, der mit unserer Schwachheit Erricht wüsste Mitleid zu haben. haben , (Hebe. 4,r;.) Er übertrug undüberträgt noch mit unendlicher Geduld die Sünden der Menschen; Sünden, welche er doch unendlich verabscheuet, weil sie wider das höchste und ewige Gesetz und wider die Heiligkeit Gottes sind; Sun» den, die er in einem Augenblick und mit der äußer¬ sten Leichtigkeit strafen könnte, weil er der All¬ mächtige ist; und doch erwartet, und duldet er die Welt, die in Ausschweifungen, oder im Jrrthu- me, oder in der Ketzerey, oder in der Treu* nung , oder im Heydenthume, oder in der Ent¬ heiligung göttlicher Dinge, oder im Schwalle der Unreinigkeit, oder in der Liebe der Welt beynahe ganz versenket ist. Welche Geduld; Nur ein beleidigter Gott, das ist, eine un¬ endliche Güte und Barmherzigkeit, kann so viel Unbilden ertragen, da er die Macht und das Recht hat die Laster zu strafen. Er ist nicht nur gegen die größten Sünder geduldig und mitleidig, sondern auch gegen die Gerech¬ ten, derer tägliche Gebrechen, Unvollkommenhei¬ ten, widrige Laune, Eigensinnigkeit, Leichtsinnig¬ keit, Unantacht und viele andere Mühseligkeiten er erträgt. Dieses duldete er an seinen Jüngern, da er mit ihnen auf Erden lebte. Welches Mitleid trug er nicht mit den Schaaren, die er wie Schaaf« ohne Hirten schmachten und herum irren sah? Bald sagt er uns, er wolle vielmehr Barmherzigkeit als Opfer; bald bc» stehlt er, das Unkraut aus dem Acker der Kir- .che rr6 HAAK che nicht auszuraufen, urib bis auf die Schmti- zeit zu warten. Endlich, erträ'gt er, sagt der Apostel, mit größter Geduld auch jene , dis zu Grunde gehen, jene Gefckße -es Zornes, die da zugerichtet find zur verdammniß, ( Röm. 9, 22.) und strafet sie gemeiniglich nicht, als nachdem er gegen selbe eine lang« Geduld ausgeübec hak. So mässen die Hirten und Gewiffensrärhe gegen alle, gegen große Sünder und gegen noch schwache und unvoll' kommend Seelen sich als getreue Amtsdiener Gottes in allen Dingen mit großer Geduld erweisen, ( 2. Kor. 6, 4.) Man will biswei¬ len die Bekehrung der Sünder und die Bes¬ serung der Unvollkommenen mit allzu großer Um geduld, und läßt die Gnade in den Seelen nicht genug wirken. Gott hat seine Augenblicke, die man geduldig und unter vielem Gebethe abwar- ten muß. F. Welche sind die Pflichten der Schaafe ge¬ gen Iesum Christum ihren Hirten? A. Man muß voraus setzen, daß nicht alle jene, welche sich Christen und Katholiken nen¬ nen, und mit der sichtbaren Heerde Jesu Chrsi sii vermischet sind, eben deswegen seine wah¬ ren Schaafe ftyen: Es gibt mehrere , welche nur das Aeußerliche und die Haut haben, in¬ nerlich aber reißende Wölfe sind. Wir kennen sie jetzt nicht; allein am jüngsten Tage, wo Je¬ sus Christus als Hirt die Bocke von de» Schaa« M ^7- fen abfondern; die Schaafs zur Rechten, die Böcke zur Linken setzen z die Schaafe in seinen ewigen SMafstall aufnehmen wird, also daß nur ein Hirt und eine Herrdk styn wird, als» dann werden wir jene kennen, welche die wah¬ ren Schaafe Jesu Christi waren , und welche weiter nichts als den Nahmen trugen. Alsdann wird man die Heuchler kennen, welche nur mit fremder Kleidung bedecket waren, wie ein Prophet redet; welche nm das Aeußerliche der Religion hatten; welche sich den Sakramenten näherten, und den Versammlungen der Gläu¬ bigen beywohnken; aber Jesu Christo als sei' ne wahren Schaafs nicht zugehörten und die Pflichten gegen ihren Hirten nicht erfüllten. Um nun auf die Frage zu antworten, so lasset uns diese Pflichten gut einsehen, auf daß wir wahre Schaafe seyn können. Die¬ se Pflichten lassen sich auf vier zusammen ziehen- r. Die Schaafe müssen ihren Hir¬ ten kennen; s. seine Stimme anhören; z. ihm folgen; 4. mit Geduld und Sanftmuth leiden. i. Sie müssen Jesum Christum ihren Hirten in der Eigenschaft eines Erlösers kennen, weil sie an ihn glauben müssen, um selig zu werden - indem Niemand die Vergebung der Sünden, noch die Seligkeit ohne den Glauben an diesen göttlichen Erlöser erlangen kann. Die Schwa¬ chen und Kranken müssen ihn kennen, als ihren Arzt, 128 HKtzHK Arzt, der sie allein heilen kann; die Tunehmen- ten und Fortschreitenden auf dem Wege des Himmels, als ihren Führer, der machen muß, daß sie sich nicht verirren; die Versuchten, als ihre Stütze und Stärke hey den Kämpfen, die sie aushalten müssen ; und die schon Starken und Vollkommenen, als jenen, der ihre zan¬ je Heiligkeit und Vollkommenheit ausmgchet. Wo könnten wir sonst wider alle unsere Uebel rin Mittel finden, als bey jenem, dec uns Alles sey wollte? Könnten wir außer jenem irden, der das Leben, und voll dec Gnade und Warhrheit ist? Hierüber spricht der heili¬ ge Ambrosius diese liebreichen und zugleich troß- vollen Worte: „ Willst du von deinen Wunder „ gehcilet werden: er ist der Arzt. Brennt dich „ das Fieber deiner Leidenschaften: er ist der Brunn des lebendigen Wassers. Drücket dich „ die schwere Bürde deiner Sünden: er ist die „ Gerechtigkeit und Heiligkeit. Bedarfst du dck „ Hülfe: er ist die Stärke. Fürchtest du den To»; „ er ist das Leben. Verlangst du den Himmel: „ er ist der Weg. Haßest du die Finsternis: „ er ist das Licht. Suchest du Nahrung: ec ,, ist das Brod, das vom Himmel kgm " O B. von der Jungfr. iS. 17. H.) Was kann einer Seele abgehen, welche in der Erkennt- niß Jesu Christi alle diese großen Vortheile findet? Diese Erkenntniß darf aber nivt un- frucht» HKKK --S fruchtbar seyn. Die Schaafe massen JefuM Christum kennen, wie ihn sein Daker kennet: Eben sowie der Vater, da er seinen Sohn ken¬ net, ihn liebet, und all sein Wohlgefallen an Ihm hat, müssen die Schaafe Jesum Chri¬ stum kennen, ihn lieben, ihm in allen Din¬ gen und in ihrem ganzen Betragen ju gefallen suchen; denn wer saget, er kenne Jesum Chri¬ stum , und seine Gebote nicht hält, der ist ein Lügner. Schmeicheln wir uns also nur nicht mir einer leeren Erkenntttiß Jesu Christi, seiner Größe und der Tiefe seiner Geheimniße, wenn unsere Werke und unser ganz unevangelisches Leben unscrm Glauben widersprechen. Das heißt nicht, ihn kennen, wie es sich gebühret, wenn man ihn nur mit dem Munde bekennet, und durch die Werke leugnet. 2. Die Schaafe müssen mit einer demüthis gen Unterwerfung und einem gelehrigen Her¬ zen die Stimme ihres Hirten hören. Jesus Christus redet zu ihnen durch alles, was in der Welt geschieht, durch alle Geschöpfe, Und durch alle verschiedenen Ereigniße , die sich auf der Welt zukragen. Er redet zu ihnen durch die heilige Schrift, durch die Kirchen- Versammlungen, durch die Werke der heiligen Väter; er redet zu ihnen durch die Kirche, welche die Aufbewahrerin seines Willens, die Auslegerinnseiner Worte, und das Sprachrohr lst, wodurch sich Gott erkläret, Die Schaafe I die- iZo ESHK dieses göttlichen Hirten, die immer um ihn sind, und öfter mit ihm sprechen, unter¬ scheiden seine Stimme von der Stimme des Miethlings und Mörders. Seine Worte sind Worte des ewigen Lebens, welche nur Liebe;» ewigen Gütern, und Verachtung vergänglich r Dinge einflößen, und in dem Herzen Vertrauen, Ruhe, Freude und Demuth hervor bringen. In der Einsamkeit hauptsächlich und in der Einö¬ de redet dieser Hirt zum Herzen seiner Schaa- fe; und ein einziges seiner Worte, zum Her¬ zen geredet, gilt mehr als alle Reden der M m schen , so heilig und beredt sie immer seyn mö¬ gen die Stimme dieses Hirten und Bräuti¬ gams ist es, welche die Seelen von aller ih' rer Kleinmüthigkeit aufrichtet. So bald mein Geliebter zu mir geredet hat, hüpfte mein Zerz vor Freuden : mein ganzes Innerliches wurde verändert, sagte die Braut im hohe» Liede. Rede, o Hirt der Seelen! rede zu un- serm Herzen; möchte die Welt zu uns nicht mehr reden; möchte sie uns nicht mehr ihre Fabeln erzählen; möchten alle Geschöpfe schwei¬ gen, wenn du zu uns redest. Z. Es ist für ein Schaaf nicht genug, daß es die Stimme seines Hirten höre; es muß Hm auch folgen, in seine Fußstapfen treteM seine Lugenden nachahmen, sich seine Empfin¬ dungen und Verfassungen eigen machen- Es muß ihm getreu, unterwürfig, nrmhigund an« Hal- HAM i;r haltend folgen; getreu, ohne je der Gnade zu widerstehen, und etwas, waö er begehret, zu verabsäumen ; unterwürfig; ohne je über die Art zu vernünfteln, mit welcher dieser göttliche Hirt es führen will, so hart sie immer der Natur und Eigenliebe scheinen mag; muthig, ohne über die Hinderniße und Beschwerlichkei¬ ten zurück zu sinken, die cs unrek der Leitung seines Hirten finden mag; anhaltend, ohne je still zu stehen, oder auf was immer für eine Seite von dem Wege abzuweicheu, auf weck chem der Hirt cs führen wird wollen: der Beharrlichkeit ha: JesuS Christus die Krone verheißen. 4. Es ist auch die Pflicht dec Schaa.fe Jesu Christt, geduldig zu leiden; den Bö¬ sen nicht zu widerstehen; sondern sie durch Gutes thun zu überwinden; alle üble Be¬ handlungen ohne Murren und Klagen zu übertragen; sich als Schaafe zu betrachten, welche zur Schlachtbank bestimmet sind , und sich ohne Widerstand führen, binden und schlach, ten zu lassen, wix man will. So machten cs die Märtyrer. Man sah sic zum Lode gehen: und die entsetzlichsten Peincn leide», mit einer Geduld und Savftmuth, welche ihre Verfol¬ ger in Erstaunung setzten: dies große Beyspiel der Geduld gab uns unser Hirt Jesus Christus. Er wurde zum Kreuz und auf den Kalavarie? berg wie ein Schaaf zur Schlachtbank gefüh- I -r rcr; rz2 HASH ret; eröffnete seinen Mund nicht, so wenig als ein Lamm unter der Hand des Scheerers, Der wahre Character des Schaafes ist die Sanft- muth , die Einfalt und Güte gegen alle, be¬ sonders aber gegen die, von denen es zu lei¬ den hat. Die wahren Christen, gebildet indem Schooße der Barmherzigkeit, und Liebe Jesu Christi, reitzen ihre Feinde und Verfolger nichr, sondern hegen gegen selbe nur herz¬ liche Güte und Erbarmung: sie suchen kei¬ ne Rache, sie sind wie Lämmer ohne Ge¬ genwehr; sie setzen der Barbarcy und Grausam¬ keit ihrer Feinde nur Geduld und Sanfrmuth entgegen. Z. -Welcher ist der Zustand der Seelen, wel¬ che nicht unter der Leitung Jesu Christi des wah¬ ren Hirten stehen? A. Nichts ist trauriger und beweineswür- diger, als der Zustand der Seelen, welche nicht unter der Leitung Jesu Christi stehen. In¬ dem sie keinen andern Führer habe«, als ihre unordentlichen Begierden, oder etwa einen blln- -en Gewissensrath, der ihnen schmeichelt, und ihre falschen Schritte rechtfertiget, gehen sie von Sturz zu Sturz, von Abgrund zu Abgrund/ von einem Laster ins andere: die neuen Gegen¬ stände, die sich ihren Leidenschaften darstellen, macken sie gegen selbe noch hitziger, und ver¬ mehren dadurch die Finsterniße ihres Verstau des und das Verderben ihres Herzens. Scheines V- HAM 'ZZ sir auch manchmahl zu Jesu Christo zurück zu kehren, so ist dies nur auf den Schein; in der Lhat aber entfernen sie sich von ihm nur noch mehr. Den traurigen Stand dieser Personen stellet uns jene Menge der Juden vor, welche unser Heiland bemitleidet, weil er sie schmach¬ ten, auf der Erde liegen, und wie Schaafe ohne Hirten zerstreuet sah. DteS ist der unglück¬ liche Zustand der Weltkinder; sie sind schwach und mit verschiedenen Leidenschaften behaftet, wodurch sie zum ewigen Tod geführet werden: sie sind schmachtend ,wcil sie nirgends ihre Ru¬ he finden; sie liegen auf der Erde, weil alle ihre Gedanken und Neigungen irdisch sind, sie sind mitten in den Gesellschaften der Welt zer¬ streuet, irren und wenden sich auf alle Seiten herum, ohne zu wissen, wo sie hingehen, den Teufeln und allen ihren Leidenschaften, als so vielen wilden Thieren, von denen sie aufge¬ freßen werden, preisgegeben. Der Stolz er¬ hebt sie, um sie zu stürzen; die Furcht schlägt sie nieder; der Geitz macht sie gramvoll; der Verlust etwa eines kleines Guts bringt sie zur Verzweiflung; die Wollust erfüllt sie mit Un¬ ruhe; die Traurigkeit macht sie andern, und sich selbst unerträglich, der Neid zerreißt sie oh¬ ne Unterlaß; der Zorn bringt sie zur Wuth; die Freude setzt sic außer sich selbst; der Stolz macht sie überall die Hochschätzung und das kvb her Menschen suchen, und. sie sind aufge¬ bracht, IZ4 bracht, wenn es ihnen hierin» fehlschlägl, und noch unglücklicher wenn es ihnen gelinge als Gottlose gehen sie unter tausend Gewissens- bißcn dem Tode wie Verzweifelte zu, fallen für immer unter die Gewalt des höllischen Wolfes, und werden auf ewig sein Raub. So bedauret sie Gott durch einen Propheten : Mei¬ ne Schaafe, sagt er , sind zerstreuet und den Thieren auf dem Felds zur Speise geworden - (Ezech.34, EchebtMI des GemüHes zu Jesu Christo -em Arten und Führer -er Seelen. O Jesu! Hirt und Bischof meiner Seele, ich bethe^dich an unter dieser liebenswürdigen Ei¬ genschaft, welche deine Liebe annehmen hieß- Ach! wie unglücklich war ich, da ich mich voll deiner Leitung entfernte, und den Begierden meines Herzens folgte! Ich ließ mich durch de» Schein eines falschen Gutes und voneinercin- gebildeten Lust blenden. Wie ein verlorenes Schaaf hörte ich die Stimme eines Fremden, des Teufels und der Welt an. Tiefe blinden Führer verführten mich durch ihre täuschende Gespräche; ich folgte ihnen, und wich von dir ab, wo, ich meine Ruhe, meine Glückseligkeit und mein Leben gefunden hätte. In diese-n trau- HAM iZ5 traurigen Zustande, da ick nicht mehr unter deiner Leitung war, verirrte ich mich immer weiter; ich befand mich in einem öden und wasserlosen Lande; der Wirth der Wölfe und Löwen ausgesetzt-welch ein Unheil für mich! Sie fanden mich in dieser Verlassenheit, ver¬ setzten meiner armen Seele, unendlich viele Wunden, und fraßen sie fast ganz auf. Du sahst mrch in dieser schrcckvollen Wüste unter der grausamen Gewalt des höllischen Löwens; und von Mitleid gegen mein Unheil gerühret kamst du mit einer unendlichen Nute und Ge¬ duld , mich zu suchen. Aber ach! deine Liebe war nicht zufrieden, mich zu suchen. Du fan¬ dest mich in einer äußersten Schwäche, und un¬ fähig,^ wieder zu Gott zurück gehen zu können. Du trügest und trägst mich noch auf deinen göttlichen Schultern, in deinem Geiste, in dei¬ nem Herzen, in deinen Händen: in deinem Geiste, um dich immer an mich zu erinnern; in deinem Herzen, wo du mich liebest und mit dir vereinigest; in deinen Händen, wo du mei¬ ne Wunden heilest, und mich ohne Unterlaß de nem Vater opferst. Ich sehe dich beständig b schäftigct, mir Gutes zu thun. Du wachest i rmcr über mich, um mich wider die Schlitt¬ ern des Teufels 'zu warnen und zu beschützen. Du führest mich auf fette Weiden, wo du mei¬ ne Seele mit. den Worten des ewigen Lebens, di« aus deinem anbethungswürdigcn Munde gehen, ri?6 HAsKH gehen, mit der Gnade, die du ihr gibst / mit deinem Leibe und deiner geheiligten Person, die hu ihr im Altarssaeram nt mitcheilest, mitdem lebendigen Wasser deines Geistes nährest, und ihren Durst stillest, Endlich, du thust alles zum Besten deiner Schaafe. Du gibst ihnen alles, was du bist, und was du hast; deine Liebe behält sich nichts vor, und es scheint, du ha¬ best deiner Heerde nie genug geschenket, und " genug für sie gethan. Von aller Ewigkeit lieb¬ test und erwähltest du mich/ daß ich aus der Zahl deinerSchaafe seynsollte; du liebtest mich unverdient ; Henn ach ,' was fandest du in mir/ als Gestenstände des Haßes und der Rache? Bedurftest du etwa meiner, oder meines Dien» 'stes, da du mich so dringend suchtest? Wärest du chir nicht selbst hinreichend? Warum also so viel Lieb?, o liebvoller Hirt, gegen eines dei¬ ner Schaafe, das dir so undankbar ist, als ich war? Ach! Herr, ich sehe es, nur da kannst so lieben. Trage mich allezeit , führe, nähre, und wache über mich; binde mich der¬ gestalt an dich, daß mich nichts von dir abson¬ dern könne; laß mich keinen Augenblick von dir weg wenden, um den eiteln Weltergötzlich- keiten nachzulaufen. Ach! göttlicher Hirt, dec du die Bedürfniße jedes deiner Schaafe ins¬ besondere kennest, du kennest die meinigen, des¬ wegen kann ich nicht aufhören, dich zu bitten, daß du mich auf deine göttliche Stimme auf? merk- HASH rZ7 merksam, gegen deine Befehle gelehrig, dei¬ nem Willen unterworfen , in Beobachtung dei¬ ner Gebothe genau machen wollest. Möchte ich an den Ort meines Opfers ohne Widerstand gehen; möchte ich mich wie ein Lamm ohne Murren und Klagen führen lassen, und alle üble Behandlungen, die man mir anthut, ge¬ duldig und still leiden, Allein Herr! ich sehe es ein, daß mir ein sichtbaberer Hirt nothwcn- dig ist, der mich zu dir führe, der du der Fürst der Hinen bist, Schenke mix in deiner Barmherzig, keit einen solchen, der nach deinem Herzen scy, nach deinem Bcyspiele gebildet, und Yon dei¬ nem Geiste beseelet; der erleuchtet sey, um die Wahrheit und Regeln des Evangeliums einzusehen, auf daß er mich nach diesen gan¬ zen heiligen Vorschriften leite; der mir bey meinen Fehlern nicht schmeichle; her mich mit Nachdruck und Sanftmuth bestrafe; der mich von meiner Niedergeschlagenheit aufrichte; der mich von meiner Schlafsucht ermuntere; des mich immer zum Gehen antreibe, ohne still zu stehen; der nicht einer von jenen Miethlingen sey, die nur ihren Vorrheil, und nicht das Heil der Seelen suchen. Gib mir einen Füh¬ rer , der durch seine Lehre und Beyfpicl mix den Weg zum Himmel zeige; der keiner von jenen Dkebenj sey , welche die Seelen Jesu Chri¬ sto stehlen, um selbe sich selbstzuzueignen;wel¬ che dieselbe durch ihre falsche Lehre, oder durch eine ^Z8 «KAM» eine weichliche Gefälligkeit,-Mr äus mensch« kicher Absicht, oder aus Unwissenheit tödten. Endlich, Herr Jesu! sey du selbst mein Hirt in Abgang eines andern; möchte ich dich nie aus dem Gesichte verlieren, und dich ohne Unterlaß im Gebethe um Rath fragen. Möchte ich allezeit deine Stimme von der Stimme des Fremden und des verführerischen Geistes un¬ terscheiden; dies ist der Vortheil, dessen die wahren Schaafe genießen. Aber ach! werde ich wohl aus der Zahl der wahren Schaafe seyn, welche ewig bey dir seyn werden? O verbor¬ gene und mir unbekannte Wahrheit, wie de- müthigend bist du, und wie billig ist es, daß man sich unter der mächtigen Hand Gottes er» niedrige! Aber wie gerecht, wie der, der mir er¬ wiesenen Barmherzigkeit und kiebe Gottes wür» dig ist es auch, daß ich hoffe und vertraue, ich sey aus der Zahl der Schaafe Jesu Christi. Dies ist ein noch verborgenes Geheimniß, und du allein, o mein Gott, du allein kennest je¬ ne, die dein sind. Die Schaafe sind jetzt mit den Böcken und Wölfen vermischt ; du wirst sie am jüngsten Tage von einander absondern, da du vor deiner Heerde als ein Hirt erscheinen wirst, der seine Schaafe zählet, sie erkennet, jene verwirft und absondert, die nicht sein sind- Alsdann wirst du alle jene von dir ent¬ fernen, welche das Zeichen deiner Schaafe nicht haben werden; und nachdem du sie durch dei¬ ne '-S «e dannerenbe Stimme - wirst abgesondert ha¬ ben , so wirst du Keine Schaafe mit dir füh¬ ren, und es wird nur eln Hirt, nur eine Heer¬ de, nur ein Echaafstall scyn, wo das Lamm, wo du selbst, o. mein nnbgchungswürdigstcr Jesu — Tenn du bist der ^>irr und das Lamm — Mitten in dem Throne seyn, die Stelle eines Hirten vertretten, und sie zu den Quel¬ len der lebendigen -Wasser führen wirst, Ws sie von ewigen Süßigkeiten und Freuden werden berauschet werden. Mqchc, o Herr Jesu, durch deine große Barmherzigkeit und durch die Verdienste deines Todes, daß ich aus der Zahl jener Schaafe fcy, welche, ohne Furcht je abgesondert zu werden, ewig bcy dir seyn werdest- Amen. Sechzehntes Hauptstück. Von Iefu Christo, dem Bräu trgam -cv Rirche und unserer Seelen- Jesus Christus, um die Vereinigung und ten -Bund anzuzeigen, den er mit den Men¬ schen geschloßen hat, -vergleichet- sich einem Bräutigam, der sich mit seiner Braut verei¬ nigen-Die Ehen, die-unter Menschen vorgehen, sind ein Bild der Ehe die Jesus Christus mit fei¬ ner Kirche eingegangen hat .- deswegen sagt der Mostxl: Lies Sacrament sey groß in Iesü Christ» und in -er Kirche, ( Ephes. 5, 32. ) In ?4V In dieser ganz geistlichen und göttlichen Ehe werden unsere Seelen Bräute, und Jesus Chri- stus ist der Bräutigam: eine Eigenschaft, die ihm in der heiligen Schrift an mehreren Stel¬ len gegeben wird"/und die er selbst, angenom- men hat. Der heilige Johann, der Vorläufer dieses göttlichen Bräutigams, der sich bey dem jüdischen Volke eine solche Hochschätzung zuwe¬ ge gebracht hatte , daß sie ihn für den Messias Hielten, saget ihnen, er betrachte sie nur als einsn Freund des Bräutigams; daß jener der Bräutigam sey, der die Braut hat; (Johan. Z, 26.) als wollte er sagen, Jesus Christus fey gekommen, sich mit seiner Kirche zu verei¬ nigen , und Mit ihr einen ganz neuen Bund zu machen, der von dem Bunde mit seinem al¬ ten Volke ganz unterschieden ist, Jesus Chri¬ stus nahm selbst die Eigenschaft eines Bräuti¬ gams an, da ex seine Jünger wider die Jün¬ ger des heiligen Johann vertheidigte, denen es mißfiel, daß die seinigen nicht wie jene dieses heiligen Vorläufers fasteten, und ihnen sagte, -le Freunde des Bräutigams dürfen nicht Leid tragen, si> lange der Bräutigam bey ih¬ nen ist: es werden aber Tage kommen, daß -er Bräutigam von ihnen wird genommen werden, alsdann werden fie fasten; (Matth. 9, 15.) das heißt, wenn er, Jesus Christus, wird gestorben, und nicht mehr unter ihnen styn. Dies ist jener göttliche Bräutigam, dem l4r hie Jungfrauen entgegen gehen, um mit ihm in den Hochzeitsaal einzugehen, und ewig mit ihm im Himmel vereiniget zu seyn. Unter die¬ ser liebreichen Eigenschaft wollen wir Iesum Lhristum in diesem Haupsstücke betrachten, wo wir folgende Stücke sehen werden; !. Wo Je¬ sus Chriftuö diese heilige Ehe cingegangc» hat2. Wer diese Braut ist: Z- Wie er sich mit ihr vereiniget; 4. Was diese Braut ihrem Bräutigam schuldig ist. Laßt uns nur heilige Gedanken und ganz geistliche Vorstellungen ha¬ ben ; Fleisch und Blut sey fern von hier: bey dieser Ehe, wo sich Jesus Christus mit unfern Seelen vereiniget, ist alles göttlich. 8- Wie ist Jesus Christus der Bräutigam der Kirche geworden / und wo hat er mit ihr den Bund eingegangen? A. Gott hat sich ewig mit dem Menschen vereinigen wollen: weder dessen Laster, noch die größten Ausschweifungen änderten seinen Entschluß. Die Patriarchen und alle übrigen Heiligen des alten Testamentes seufzten nach dieser Vereinigung des Wortes mit der mensch¬ lichen Natur und wenn die Braut von Gott den Ruß von fernem Munde (Hohel. l, !.) verlanget, bezeichnet sie durch diese Ausdrü¬ cke das Verlangen, daß das ewige Wort deä Vaters sich mich lhr vereinigen möch¬ te. DaS ganze Gesetz und alles, was es Gro» sies hatte, war gleichsam eine große Vorberei¬ tung !42 EAH tung zur Hochzeit und zur heiligen Ehe , die Gott mit den Menschen machen wollte. Die Propheten verhießen den Menschen diesen himm¬ lischen Bräutigam; sie redeten ihnen von seiner Schönheit, voll seiner Größe, von seinen Reichthümern, und von allen Vortheilen, die er der Welt bringen sollte. Endlich kam er, saget der heilige Johann, da das LVork, das in Gott war, Fleisch geworden ist. Damahl vereinigte sich Gott mit dem Menschen: wun¬ derbare Vereinigung, wodurch der Sohn, ob¬ schon er allezeit Gott bleibt, und alle seine Größe und die göttlichen Eigenschaften behält, sich doch mit dem Menschen vereiniget, und Mensch wird; und der Mensch, obscbon er die menschliche Natur beybchält, doch der göttli¬ chen Natur thcilhaftig wird: so große Verei¬ nigung, daß Gott und Mensch zwcy in einem Fleische und in einer Person sind.- ewige Ver¬ einigung , weil Gott ewig mit dein Menschen und der Mensch ewig mit Gott wird vereiniget seyn, ohne daß je diese Che wird aufgelöset werden können. Der Schooß der seligsten Jungfrau wat gleichsam das Brautbett, wo der einige Sohu des Vaters sich mit der menschlichen Natur vereiniget hat; in dieses Heiligthum ging dec Sohn Gottes hinein, und wurde Mensch, auf daß der Mensch Gott würde. Auch auf rem Kreuze vollbrachte Jesus Christus diese Verei¬ nigung, 14z nigung,die er mit dem Menschen gemacht hat¬ te, da seine Seite von einer Lanze durchsto¬ chen wurde, und Blut und Wasser daraus floß. Eva, da sie aus einer Rippe Adams gestaltet, und seine Braut wurde, war das Vorbild der Kirche. „Adam, sagt der heilige Augustin,fällt „ in einen tiefen Schlaf, auf daß Eva aus „ ihm entspringe. Jesus Christus entschläft „ auf dem Kreuze im Todesschlafe, auf daß „ die Kirche, die zwcyte Eva, gebildet werde- „ Da Adam schlief, zog Gott ein Bein aus „ seiner Seite, das erste Weib zu bilden; so „ auch, da Jesus Christus im Lode war , den „ der Schlaf des ersten Menschen vorstellte, „ öffnete man ihm die Seite mit einer Lanze, „ auf daß das daraus fließende Wasser und ,, Blut die Sacramente bildeten, welche fti- ,, ne Kirche heiligen, und sie zu seiner Braut „ machen sollten." Diese Worte des heiligen Augustin lassen uns deutlich sehen, daß die Kirche zugleich die Tochter und die Braut Je¬ su Christi ist; und nachdem dieser göttliche Hei¬ land durch die Auferstehung erwachet ist , sagt er, was Adam nach seinem geheimnißvollen- Schlaf zur Eva sagte : Du bist Bein von mei¬ nen Beinen, und Fleisch von meinem Fleische, ( l. B. Mos. 2, 2Z.) Auch im Sacramente der Taufe vereiniget sich Jesus, Christus mit jedem TheilcHeiner Kirche; domahl ist unsere Seele die Hrauk Jesu Christi geworden, da ste 144 Lurch -re Wassertaufe im Worte -es Lebens geheiliget un- gereinrget wurde, (Ephef. 5/ 26.) In diesem Sacrament geschieht gleichsam ein Bund und gegenseitiges Versprechen zwi¬ schen Jesu Christo und dem Christen, der ge¬ tauft wird: da verbinden wir uns durch eilt feyerliches Gelübde, dem Teufel, der Sünde- und allem, was der Welt ist, abzusagen, und Jefu Christo anzuhangen; hingegen verbindet sich Jesus Christus gegen uns, indem er uns die Gnade, den Glauben und andere Lugen¬ den schenket, und uns noch größere Güttt im Himmel verheißt. In diesem Sacramentt schwören wir ihm eine unverletzliche Treue; hingegen verspricht er uns auch getreu zuseyr? und uns nie zu verlassen, wenn wir ihn nicht zuerst verlassen. 8. Welche ist die Braut Jesu Christi? ZluL was für Völkern wird sie genommen? A. Die heilige Kirche ist die Braut Jesii Christi, und ist aus dem jüdischen und heyd- nischen Volke gebildet, das ist, aus unendlich vielen Menschen, die Gott aus der Macht btt Finsterniße heraus gerißen hat, um daraus sei¬ ne Braut zu machen. Jesus Christus verwarf durch ein so schreckliches als unbegreifliches Geheimniß das jüdische Volk, welches juk Hochzeit nicht kommen wollte. Dies Volk wat zum ersten eingeladett; allein die Liebe irdisch^ Dinge, und das stolze Vertrauen auf sich selbst Ms MAH -4; verhinderte selbes, dem Mufe zu folgen; es wollte an Jesum Christum nicht glauben, noch ihn für den wahren Bräutigam erkennen, der da kam, einen Neuen Bund zu machen, und ihn an den Platz des alten zu setzen: und weil es an diesem zweyten keinen Lhcil haben wolle te, gab ihm Gott den Scheidebrief, den es durch die ganze Welt, wo es zerstreuet ist, herum trägt, dieser Brief ist in der heiligen Schrift aufgezcichnet, welche die Scheidung, die Verstoßung , und die Ursache vorsagt, war¬ um es von der Hochzeit ausgeschlsßen wird; wohlverdiente Ausschließung, weil cs IesuM Christum für den wahren Bräutigam nicht er¬ kennen wollte. Dieser göttliche Heiland verließ dieses undankbare Volk, und vereinigte sich Mit den Heyden, nach der Weissagung des Propheten Oseas! Ich will mein Volk Ncm Nen, das nicht mein Volk war; und mei¬ ne Geliebte, die nicht meine Geliebte war- (Os. s, 24. Röm. 9, 25. ) Dies war durch die Ehe des Moses vorgebiidek, der eine Mohrintt ehelichte, deren Schwärze die Laster der Heyden vorstellte, welche in der Abgötterei) und allerhand Gottlosigkeiten leb» ten; wie auch durch die Ehe des Propheten Oseas, der ein berüchtigtes Weib zur Che nahm, und es dadurch von den Ausschweifungen ab- zog, wie es ihm Gott befohlen hakte. Wer Härte es je gedacht, daß Gott ein so verderb- K res, 146 res, und sv sehr von ihm entferntes Volk zu seiner Braut sich auserwählet habe? Und doch Hat er dieses aus einem Uebermaße seiner Barmherzigkeit und Liebe gethan. Wenn wir diese Güte Jesu Christi kenne« wollen, dürfen wir nur den Stand betrachten, in welchem die Heyden waren, ehe er sie zu dieser herrlichen Eigenschaft seiner Braut er¬ höhte. Der heilige Augustin sagt, daß die Menschen vor dem Beruf zum Chrisicntbume drey große Gebrechen hatten; sie waren Sela- ven, in einer schreckbaren Ungestalt, und in der äußersten Armuth. In diesem kläglichen Zustande traf er jene Völker an, woraus er sei¬ ne Kirche, und besonders uns bilden wollte. Wir waren Sclaven des Teufels, der Liebe der Welt, und unserer Leidenschaften; der Sün¬ de verkaufet; dem Fürsten der Finsterniß un¬ terworfen ; und da wir seine Gefangene wa¬ ren, gehorsamttn wir ihm, als unserm Ge¬ bieter. So war unsere Dienstbarkeit. Wir waren ungestaltet in den Augen Got¬ tes; im Verstände, im Herzen und in unfern Handlungen verunreiniget-im Verstände,durch den Irrthum und die Abgökterey; im Herzen, durch die schändlichsten Neigungen: und in Handlungen , durch abscheuliche Ausschweifun¬ gen- wir hatten jene erste Schönheit nicht mehr, die uns Gott bey der Erschaffung gab. Wir EHH 147 Wir waren arm und elend, ohne Gnade, ohne Jesu Christo, ohne Theil an seinen Ver¬ heißungen ; fremd in Ansehung des göttlichen Bundes, entfernet von den Wegen Gottes, von allen geistlichen Gütern beraubt, kurz, ei¬ nem armen Bettler gleich, der nur einige Lum¬ pen hat, mit denen er halb bedecket ist. Dies war unser Stand, ehe uns Jesus Christus mit sich vereinigte. Allein dieser Gott der Güte, allezeit reich an Erbarmungcn, ließ uns nicht in diesem Stande. Lasset uns sehen, waserge- than hat. Da es, wie der heilige'Augustin sagt, zwi¬ schen Jesu Christo und dem Menschen in Anse¬ hung der Würde, der Schönheit und der Reich- thüiner eine unendliche Ungleichheit gab , zog uns Jesus Christus aus der schändlichen Dienst¬ barkeit der Sünde und des Teufels, und setz¬ te uns in die Freyheit der Kinder Gottes : Ich will euch hinfür nicht mehr Rnechte heißen, sagt JesuS Christus, sondern ich habe euch meine Freunde genannt; denn ich habe euch alles kund gethan was ich von meinem Va¬ ter gehöret habe,(Joh. r;, 15.) Durch dar kostbare Blut des unbefleckten Lammes find wir von der Dienstbarkeit des Teufels erlöset worden: weil die Kirche häßlich und ungestal¬ tet war, wusch sie Jesus Christus, um sie schön zu machen, in seinem Blute, und reinigte sie durch die Wassertaufe im Worte des Lebens, K » auf 148 auf daß er sie herrlich darstelle, und sie keü neu Maikel, keine Runzel, oder etwas der¬ gleichen habe, sondern heilig und unbefleckt sey, ( Ephcs. 5, 26. 27.) Jesus Christus voir Mitleid gegen die Armuth seiner künftigen Braut gerührct, gab ihr selbst den Brautschatz, und bereicherte sie mit seinen eigenen Gaben. Die» sagt der heilige Paul den Heyden, welche in die Kirche, eingegangen waren : Ihr sepd in al¬ len Dingen reich geworden, in allerlei Ga¬ ben des Wortes und der Erkenntnrß, — der¬ gestalt , daß es euch an keiner Gnade mangelt- (l. Kor. 1,5-7-) Lasset uns aber in die Betrachtung der Gü¬ ter und Vortheile-welche die Kirche, das ist/ die Christen von Jesu Christo ihrem Bräuti¬ gam empfangen, noch tiefer eindringen: sie sind so groß, daß sie dem menschlichen Ver¬ stände unbegreiflich und der Vernunft unglaub¬ lich scheinen; nur der Glaube kann sie uns ent¬ decken , und glaublich machen. 1. Die Kirche, oder die gläubigen Seelen- welche die Bräute Jesu Christi sind - treten in al¬ le Rechte ihres Bräutigams ein, weil sie mit ihm ein Ding sind, nach jenem großen Worte der Apostels: wer dem Arrn a»banget, der wird ein Geist mit ihm: und anderswo: Es werden zwep in einem Fleische fepn; ( r Kor. 6,17. Ephef. 5 / Zl ) so, daß es zwischen Jesu Christo und seinen Dräuten eine Gemein¬ schaft EHZ» i4y schäft der Güter und Ucbel, der Größe und Verdcmüthigung gibt: sie werden nach Jesu Christo geneucnnet; sie tragen sein Wappen, seinen Nahmen, seine Eigenschaften- So wie «in gemeines Mädchen, wenn sie einer von vornehmen Stand zur Ehe nimmt, nach dem Nahmen ihres Gemahls genennet wird, sei¬ ne Würde erhält; wenn er König ist, Köni¬ gin, wird; zu allen seinen Vorzügen und. Gü¬ tern ein Recht hat: eben so werden wir vom Nahmen Jesu Christi Christen genannt; unser Wappen ist, wie das Wappen Jesu Christi, das Kreuz und das Evangelium; avir werden mit ihm Könige,Priesier , Schlachtopfer, Km» der Gottes, Haben wir Theil an fcincr^Grö- ße, so haben wir cs auch an seiner Erniedri¬ gung, an seiner Ärmuth und an seinem Lei¬ den: cs ist die Pflicht und Neigung einer ge¬ treuen Braut, das Schicksal mit ihrem Bräu¬ tigam zu theilcn. 2. Durch die Eigenschaft einer Braut Jesu Christiwerden wir, sagt der Apostel, Fleisch von seinem Fleisch, und Bein von seinem Mm ; l Ephcs. 5, z6.) weil wir aus ihm selbst, aus- seinem Schooße, aus seinen Verdiensten, aus seinen Leiden geboren sind, um seine Bräute zu seyn: und dadurch machen wir nur einen Jesum Christum aus; dies ist eine Vereini¬ gung, welche durch das Sacrament der Ehe vvrgestcllct wird: so lehret uns der Apostel, da da er sagt, daß 'dres Sacrament groß fe^/M Iesu Shristo und in der Rirche, (Ephes. 5, ZO. ) Und in der Tkat, ' was kann größer senu, nachdem es das Bild der Vereinigung Gottes mit den Menschen ist? heilige Verei¬ nigung, Kraft derer wir über untern Leib, unser« Seele und Güter kein Recht mehr ha¬ ben; sondern Jesus Christus es ganz hat, der¬ gestalt, daß wir, ohne eine entsetzliche Untreue zu begehen, von uns selbst keinen ander» Ge¬ brauch machen dürfen, als nach seinem Willen. Aber auch im Gegentheil scheinet Jesus Chri¬ stus durch eine Wirkung seiner unendlichen Lie¬ be , alle seine Rechte seinen Bräuten abzutre¬ ten; er gibt ihnen das Recht auf seinen anbe- thungswürdigen Leib im Altarsfacrament, auf alle seine Güter, seine Gnade, seinen Geist, feine Tugenden und Verdienste. Er theilet ih¬ nen das Geheimeste mit; welches man aus dem Buche des hohen Liedes sehen kann, worin» die lebhaftesten und zärtlichsten Ausdrücke dec Liebe Jesu Christi gegen seine Bräute, und der Liebe der Kirche gegen Jesum Christum enthal¬ ten sind. F. Durch was für Werkzeuge schließt Jesus Christus diesen göttlichen Bund mir seiner Kn'' che und unfern Seelen ? U. Um diese geistliche Ehe mit seiner Kirche und untern Seelen zu stiften, bedient sich Je¬ sus Christus seines Wortes, seines Blutes, feines Leines Geistes und der Sacramente, besonders des Altarssacramentes. i. Jesus Christus bedienet sich dazu seines göttlichen Wortes, seines Gesetzes und sei¬ ner Gebothe. Die Apostel, welche das Evan¬ gelium predigten, waren gleichsam die Ge¬ schäftsträger und Bothschafter Jesu Christi, um den Heyden anzukänden, daß er sich mit ihnen zu veretnigcn enschloßen habe, und sie zu seiner lHochzeit rufe: sie verlangten die Einwilligung dieser Braut. Die Heyden glaub¬ ten dem Worte, das ihnen angekättdet wurde; sie nahmen das Evangelium an , welches gleich¬ sam der Eontract dieser geistlichen Heyrath war- In diesem Evangelium sieht man, was Jesus Christus von seiner Braut verlanget, was er ihr gibt, und was er ihr verspricht; wozu er sich gegen sie, und sie sich gegen ihn anheischig macht. Oie Prediger und Seelsorger verrich¬ ten noch das Amt der Bothschafter gegen die Sünder, da sie ihnen die heiligen Wahrheiten des Evangeliums ankünden, ihnen zureden, daß sie sich mit Jesu Christo vereinigen sollen, und tonen die Sacramente ausspenden: der Herr aber vervollkommenet diesen Bund, indem er sein Gesetz in das Herz derjenigen, die sich be¬ kehren, eindrücket, nach der Verheißung, die Gott durch den Propheten Jeremias gemacht hatte, und die der heil. Paul anführet: Die« ist das Testament, das ich mit dem Sause Israel r<2 EKH Israel Ausrichten Will: ich will ihnen mein« Gesetze in -en Sinn heben, Md dieselben in j rIrz hinein schreiben; und ich will ihr Gott, Md sie ssVen mein volk seyn, (Hebr.8, io.) 2. Um sich mit uns zu vereinigen bedienet .sich Jesus,.Lichnscus auch seines eigenen Bin? .feses wird das Blut des neuen und ewigen Gundes genannt. Moses war der Diener dcs alten, Bundes, den Gott mit seinem Volkes Macht hatte, und der mit dem Blute der Thie- re versiegelt war; der neue aber ist versiegelt durch das Blut Jesp Christi des unbefleckten Laiw mes: in den Hacramenten,. derer Diener die Priester sind, werden Witz durch dieses kostbare Blut beue,tze.t,.. A. Jesus Christus gab seiner Kirche seinen Geist nicht nur als ein Pfand und eine ZusickM runa jener Verheißung, daß er sie zur Braut nehmen wolle; sondern auch als ein Band der Liebe, wodurch sie Lines werden sollten. Dtt heil. Geist ist die wesentliche Liebe des Vaters und Sohnes: und diesen Geist hat die Kirche diesen haben wir selbst als eine kostbare Gabe empfangen , wodurch wir mit Jesu Christo als uuseritt Haupte, und dem Bräutigam unserer Heeren vereiniget werden. 4. Düse göttliche Vereinigung geschieht nicht nur durch den heil. Geist, sondern auch durch daS Sacramcnt des Leibes Jesu Christi, den Wx im Altarssacrament empfangen, wo unsere See« n; Seele mit der Seele Jesu Christiund seine Gottheit mit unserer Menschheit heilig vermi¬ schet wird; welches durch die Vermischung des Wassers und Weins auf dem Altar angedeutet wich: das Wasser bezeichnet uns unsere Mensch¬ heit, die schwach ist, und an den göttlichen Dmqcn von sich selbst keinen Geschmack hat; der Wein aber stellet uns die Gottheit und die Kraft der Gnade Jesu Christi vor, die sich mit unserer Natur vereinbaret hat. Diese Vereint» gung wird auch durch das Brod vorgebildet, das mau auf dem Altar opfert, das aus meh» sMn Körnlein bestehet,,und durch die Wand¬ lung zum Leihe Jesu Christi wirdauch Va wir an dem tzacrament des Leibes Jesu Christi Lheil nehmen, sind^wir nicht mehr Zwey, son¬ dern -Eines mit,Jesu Christo, indem wir nur einen Leib mit ihm ausmachen, wie die Che» leute durch das Kacrament der Ehe nur Eines mit einander sind, Kann man sich eine heiligere sind stärkere Vereinigung denken? . : 8- Wird diese-Vereinigung , die Jesitch Chri¬ stus mit feiner Kirche eingcgangen hat, immer dauern? -, - Der Bund, den Jesus Christus mit,sei¬ ner Kirche, gennrcht. hat, wird ewig, dauern, gemäß der Verheißung., die Gott durch einen Pr-Heten gemacht hak; - Ich will dich mir ewig vermahlen: ich will dich mr vermählen hurch Gerechtigkeit, Gericht, Barmherzigkeit < ' na- -A4 EHH UN- Erbarmen. Ich will k ich mir vermä'h- len durch -en Glauben , ( Ost. 2, 19. 20.) Laßt uns alle diese Worte erwegen: sie zeigen uns an, was Jesus Christus für seine Kirche gethan hat. 1. Gott verspricht einen ewigen Bund mit -er Kirche zu machen, das ist, daß diese hei¬ lige und gättlkche Ehe niemahls wird aufaelZ- set werden , weder durch den Tod, noch durch «ine andere Ursache, weil Jesus Christus nie sterben, und die Kirche ungeachtet aller Be¬ mühung ihrer Feinde, ewig bestehen wird. We' der die Verfolgungen, noch die Ketzereyen, noch der Fall, oder der Unglauben einiger ihrer Hirten oder Kinder werden im Stande seyn, sie von ihrem Bräutigam zu trennen; sie wird ihm kmmer durch ihren Glauben und ihre Lie¬ be anhangen; und ihr Bräutigam wird durch seinen beständigen Schutz und durch die Ge« genwart seines Geistes allezeit mit ihr vereini¬ get seyn, sie auf Erden leiten und regieren, und diese Vereinigung durch alle Ewigkeit fort¬ setzen. 2. Dieser Bund wird ein Bund -er Gerech¬ tigkeit seyn, weil sich Jesus Christus mir ihr vereiniget, erst nachdem er sie durch seine Gn«' de gerechtfertiget hat, und weil er selbst ihre Gerechtigkeit, ihre Heiligung, und ihre Herr¬ lichkeit in der Ewigkeit wird. z. Jesus Christus hat mit seiner Braut ei« neu Bund des Gerichtes gemacht, weil er sich erst mit den Heyden vereinigte, nachdem er dann ein schreckliches Gericht über das jüdische Volk, welches durch die ganze Welt, wo es herum irret, die Wirkungen dieses Gerichtes herum trägt. 4. Jesus Christus hat mit seiner Kirche ei^ neu Bund der Barmherzigkeit und Erbarmung gemacht, weil er mit dem elenden Stande der Heyden Mitleid trug, und sie aus einer ganz unverdienten Barmherzigkeit zur Würde seiner Braut erhob. 5 Jesus Christus hat versprochen, die Kir¬ che durch den Glauben oder durch eine unver¬ letzliche Treue zu seiner Braut zu machen, weil er, was er ihr verheißen hat, ihr allezeit ge¬ ben, sie allezeit lieben, und zum ewigen Ge¬ genstand seines Wohlgefallens machen wird. So aber verhält es sich nicht mit allen See¬ len , welche Jesus Christus durch die Taufe zu seinen Bräuten gemacht hat. Es geschieht zuweilen, daß sie ungetreue und ehebrecheri¬ sche Bräute werden, daß sie ihren Bräutigam verlassen, sich an die Welt und Geschöpfe hängen, ihnen ihr Herz schenken, und ihren Leib und ihre Handlungen, welche nur Jesu Christo rechtmäßig und einzig zugehören, ihnen opfern. Diese nen¬ net der heil.^ Jacob billig ehebrecherische Seelen, welche von Jesu Christo abgesondert und Fein¬ dinnen a 56 binnen Gottes sind- Sie haben kein Recht mehr zu diesem göttlichen Bräutigam; sie tragen in ihrem Gewissen die Ursache ihrer Verstoßung, ihre Laster sind ausgezeichnet; die Verheißungen und Geiübde ihrer Taufe werden, wenn siechor dem Richter der Lebendigen und Tobten erschei¬ nen , ein unverfälschtes Zeugniß ihrer Un¬ treue seyn, wenn sie in, der Sünde verhar¬ ren. Welch ein Unglück für diese armen Seelen/ Sie werden ewig von Zksu Christo getrennet seyn; zwischen ihnen und diesem göttlichen Bräutigam wird eine ewige Scheidung seyn, welche in diesen fürchterlichen Worten wird ab- gefaßet werden.- Gehet weg von mir ihr ver¬ buchte in das ewige Zeuer, um das zu leiden, was eure Treulosigkeit Verdiener hat. In die¬ sem Abgrunde wird das Feuer, das sie ohne Unterlaß brennet , den Charakter und das un¬ auslöschliche Zeichen ihrer Vereinigung mit Je¬ su Christo niemahls aufzehren; man wird da die liebliche Stimme des Bräutigams und der Braut nie hören-Alles, was sie bey dieser Ver¬ einigung süßes und trostreiches finden können, Wird ein Ende haben, Sie werden weiter nichts als die Verzweiflung zu ihrem Theile haben. Uber wie, Herr! kann eine Seele, die dir mu treu geworden ist , mit dir nicht mehr versöh¬ net, und wieder deine Braut werden? Gott ist so reich an Barmherzigkeit , daß er einem- trene Braut nicht verstößt, wenn sie zu ihm ach ^7 aufrichtig zurück kehret: er ist immer bereit, ihre vorherige Treulosigkeitew zu vergessen, wenn sie darüber Buße thut. Durch ihre Thränen, De- müthigungen, Abtödtungen, durch eine bren- nende Liebe gegen Gott, durch Absonderung von den Geschöpfen und von allem, rvas der Welt ist , kann sie hoffen, wie vorher Jesu Chri, sti zu werden: daß ist, seine Geliebte, seine Schwester, seine Braut. Dieses verspricht Gott durch einen Propheten diesen ungetreuen See¬ len, welche dieHeiligkeit des mit ihnen gemach¬ ten Bundes verletzen: Tochter von Juda, du hast mit vielen Buhlern Unzucht getrieben: jedoch kehre wieder um zu mir, so «M ich dich annehmen, (Jerem. g, r. ) Welche Güte, welche Liebe eines Gottes gegen undankbare und aufrührische Geschöpfe! Er will auch, daß diese ungetreue Seelen ihn Vater und Bräuti¬ gam nennen: So rufe doch wenigstens von nun an Zu mir: Du bist mein Vater, der Füh¬ rer und Bräutigam meiner Irmgfraufchaft: ( Jerem. z , 4. ) so viele Wohlthaten und Gna¬ den müssen dich verbinden, von deinen Aus¬ schweifungen abzustehen, und zu mir zurückzu¬ kommen ; wenigstens jetzt, da du auf dem We¬ ge der Bosheit müde bist; da du aus leidiger Erfahrung weißt, daß die Geschöpfe dir nicht genug thun können; jetzt, nachdem du alle mei' ne Güte mißbrauchet hast: jetzt, da du mit mir versöhnet werden kannst, da meine Gnade und Liebe r§8 OASH klebe in dich dringen; jetzt, da ich allen deinen vorherigen Undank vergeßen will; jetzt, da da noch Zelt hast; jetzt, da alles zur Hochzeit be¬ reitet ist, und ich dir an meinen Erbarmungcn will Aheil nehmen lassen. Werden wir wohl so dringenden Worten und starken Beweggrün¬ den widerstehen? F. Sind die Jungfrauen, welche sich Gott durch das Gclübd der Jungfrauschaft gewidmet haben, nicht vorzüglicher, als die übrigen Gläu¬ bigen, Braute Jesu Christi? A. In der Lehre der hell. Vater ist es aus¬ gemacht, daß die Jungfrauen auf eine erhabe¬ ner« und vollkopimenere Art die Bräute Jesu Christi sind. Sie sind weniger, als die gemei¬ nen Gläubigen, abgehalten und verhindert, sich mit Jesu Christo enge zu verbinden ; sie dür¬ fen für keinen sterblichen Gemahl Sorge tragen; ihre ganz e Sorgfalt ist, dem Herrn zu gefallen, den sie zu ihrem Theile erwählet habensie haben zwar mit dsn übrigen Gläubigen gemein, daß sie mit Jesu Christo durch dieSacramente vereini- geti werden; sie haben aber dieses besonders, daß sie durch die Einweihung ihrer Seelen und Leiber, ihm zugehören, wozu kein Sterblicher ein Recht hat; eine Einweihung, die sie zu ei¬ ner größern Heiligkeit des Lerbcs und Geistes, zu einer größern Entfernung von der Welt und den Geschöpfen, zu einer stärkern Abtödtung aller Sinne, und zu einer genauern Nachftl' ge MAH r§9 ge Zesu Christi , den sie für ihren Theil erwäh¬ let haben, verbindet. Die Begierden und Sor¬ gen, Güter für ihre Familie zu sammeln, oder sich in der Welt empor zu schwingen, da sie von selben frei) find, hindern jene voükomme» nere Vereinigung nicht, welche sic mit Jesu Christo haben wolle». Die Wollüste der Sinne und des Fleisches, denen sie entsaget haben, halten sie von der Liebe und Vereinigung mit ihrem göttlichen Bräutigam nicht ab; all ihr innerliches und äußerliches machet sie zu die¬ sem heiligen Bund fähiger. Da nach der Mei¬ nung aller heil. Väter ihr Stand vollkommener als der gemeinen Gläubigen ist, kann er dies nicht anders scyn, als weil er die Seelen, die ihn wählen, mehr Jesu Christo zunäheret. Ist die Kirche die Braut Jesu Christi, so sind sie der edlere und vornehmere Theil dieser Kirche, und folglich die Bräute Jesu Christi auf ein« ganz besondere Wsise; die sie aber auch zu ei¬ ner größer» und vollkommenem Heiligkeit ver¬ bindet. F. Was sind wir Jesu Christo unserm Bräu¬ tigam schuldig ? A- Nachdem wir, wie wir gesagt haben, in unserer Taufe Brrutr Jesu Christi geworden sind, mässen wir immer mit dem Hochzeitkleid angethan vor ihm.erscheinen: wir müssen ihm getreu seyn, und ihn mit einer keuschen und ^eigennützigen Acht umfangen- Die Heiligkeit di« i6s die Trene, und dic Liebe , sind die brey Haupt- pflichten, die wir Jesu Christo unserm Bräu¬ tigam leisten müssen. Die Heiligkeit ist unsere erste Pflicht gegen unser» Bräutigam Jesus Christus. Eine 'See¬ le) die das Glück hat , zur Würde einer Braut Jesu Christi erhöben zm werden, muß in den Augen Gottes heilig styn , nicht nur weil sie mit Jesu Christo vereiniget ist , sondern weil sie einen Theil der Kirche ausmachet, welche hei¬ lig ist, in dem Haupte, von dem sie auserwählch gebildet und gestiftet worden ist; heilig indeii Geheimnissen, welche sie glaubet , und begehet; heilig in den Sacramenten, welche sie ihre» Kindern austheilet; heilig in der Lehre, diese vortragt , und in den Sitten, derer sie sich be¬ fleißiget; heilig kn ihren Gebothen, und allen ihren Ceremonicu; heilig kn Mehrern von ihren Gliedern, welche alles , was der Welt ist', ver» achten; denen der Schatten der mindesten Sün¬ de Abscheu verursachet; die sich selbst abgestor¬ ben, nur für Gott leben , indem sie durch den Glauben und die lebendige Hoffnung, die sie beseelet, schon in dem Himmel find. Die gro¬ ße Absicht Jesu Christi, da er sich dem Lode für seine Kirche dargab, war, daß er sie voll der Herrlichkeit, ohne Runzel, oder etwas dergleichen, darstellte, sondern daß sie heilig rmd unbefleckt wäre, ( Cphes §, 26. 27.) Litt HASH isr Diese Heiligkeit, welche Jesus Christus von feinen Bräuten begehret, besteht nicht allein in dem, daß man von Lastern frey sey; sondern Man muß auch die geringsten Fehler vermeiden/ und sichimmer vonjenen reinigen, welche un¬ serer Schwachheit unvermeidlich sind; eine noch» wendige Heiligkeit, wenn Man mit Jesu Christo im Himmel, wo Nichts Unreines hinein kömmt, vereinigetsey»will; eine Heiligkeit, welche alle Schönheit der Braut ausmachet, und erst am En¬ de der Zeiten vollkommen seyn wird, wo sie in ih¬ rem ganzen Glanze erscheinen, mit der Klarheit Gottes angethan, und gleich einem köstli¬ chen Stein oder Rrystal leuchten wird, (Offenb. n, n.) gleich einer Braut, auf bett Hochzeittag geschmücket, mit dem neuen Men¬ schen , mit seinen Verdiensten, mit sei¬ ner Heiligkeit und Glorie bekleidetalsdenn wird sie ohne Wackel, ohne Sünde, ohne ei¬ nigen Fehler erscheinen, weil sie in dem Blutt des Lammes wird gewaschen seyn ; ohne Run¬ zel, weil sie von dem alten Menschen nichts mehr haben wird - alles wird in ihr erneuert seyn, ihr Geist, ihr Herz, ihr Leib; Gott wird alle Thränen, die sie auf Erden wird ver¬ goßen haben, abtrocknen; der Tod wird nicht Mehr seyn; das Weinen, das Heulen, die Müheseligkeiten werden ein Ende haben; sie wird in einer vollständigen Vereinigung Mit Gott vervollkommentt seyn, und wird dem Laim L nie i6r HAKKH me folgen, wo es immer hingehet. Damahl werden die Engel und alle Heiligen vor Freude entzücket aufrufen: Lasset uns frohlocken und Gott die Ehre geben, denn die Hochzeit de» Lammes ist heran gekommen, und seine Gat. rinn hat sich bereitet, (Offenb. 19, 7.) ihn zu empfangen. Damahl wird das Ende und die Zerstörung der Sünde und die Vervollkom« menung der Kirche seyn, welche von allen Ge« brechen frey , und mit allen Tugenden gejieret, in den Schooß der Gottheit eingehen wird. Diese Heiligkeit ist es, die wir erhalten müs¬ sen , wenn wir mit Jesu Christo und seiner Kirche im Himmel verherrlichet werden wol¬ len. 2. Das zweyte Stück, welches wir unser« Bräutigam Jesu Christo schuldig sind, ist die Treue, welche darin» bestehet, daß man nie die Gelübde breche, welche man ihn entweder bey dem Sacramente der Taufe, der Buße, des Altars, oder bey Antretung eines Ordens» standes gemacht hat. Wir haben bey allen die¬ sen Gelegenheiten verheißen, niemand andern als ihm zuzugehören. Er ist ein eifersüchtiger, Gott; ( 5. B. Mos. 4, 20. ) und der Geist der in uns wohnet, liebet uns bis zur Eifer* ferfucht, ( Jakob. 4. 5. ) Er leidet es nicht, daß wir auch nur im Vorbeygehen bey bett Geschöpfen stehen bleiben, um ihnen etwas von jener Liebe zu schenken, die wir nur ihm allein «kein schuldig sind - er ist so eifersüchtig, daß ihm auch die mindeste Untreue mißfällt ; eine etwas freye Rede, ein etwas vorwitziger Blick, ein Argwohn, eine Zerstreuung gegen die Ge¬ schöpfe- Wir erfahren es nur ju sehr, daß diese Kleinigkeiten oft der Anfang der größten Treulosigkeiten sind , welche sich mit dem enden, daß man den mit Jesu Christo gemachten Bund und alle Verheißungen bricht, die man zu er« füllen sich anheischig gemacht hatte. Lasset uns also die kleinsten Gebrechen fürchten , und die- sen Hang, der uns jur Welt hinrcißt, ohne Unterlaß bestreiten; denn wenn wir ihn gerne haben, sind wir schon ehebrecherische Seelen, welche für allezeit verworfen zu werden ver¬ dienen. Die Treue einer Braut Jesu Christi bestehet auch i» dem, daß sie den Trieben der Gnade genau folge, und weder der Erleuchtung, noch dem Antriebe des heil. Geistes widerstehe. Sie kann sich ohne Ungerechtigkeit und ohne eine große Untreue zu begehen, der Liebe und dem starken Andringen Jesu Christi nicht widersetzen, wenn er an die Thüre ihres Herzens klopfet. Die Treue seiner Braut muß so groß seyn, daß sie bereit wird, ihrem Bräutigam zu folgen, wo er sie immer hin rufet, in die Einöde, oder in die Welt, auf das Kreuz wie auf denTha- bor, zur Widerwärtigkeit wie zum Trost, zu äußerlichen Licbcswerken, wie zum verborgenen t L Le- 164 HAAH Leben, zum mühseligen und armen Leben, nie und noch mehr, als zum Wohlergehen und Ueberftuß. Wir dürfen nicht so genau erwägen, ob jenes, was unser Bräutigam von uns verlanget, groß oder klein, hart oder leicht sey; es muß uns genug seyn, daß er auf dessen Erfüllung dringet. Wollen wir dem Lam¬ me in den Himmel überall folgen, wohin es gehet; so müssen wir ihm auch auf Erden fol¬ gen, wohin es uns immer wird führen wollen. Die Treue, welche die Liebe einflößt, kennet nichts Kleines, nichts, was sie verwerfen dürf¬ te, wenn es darum zu thun ist, daß man Je¬ su Christo, den man liebet, gefalle. Wenn durch den Bund, den wir mit ihm eingcgangenha- den, er uns, und wir ihm ganz zugehören, können wir seine Geschöpfe nicht lieben, ohne uns ungerecht, ungetreu, undankbar und un¬ rein zu machen: ungerecht, weil es eine wah¬ re Ungerechtigkeit ist, etwas über Gott zu lie¬ ben, oder ohne es wegen Gott zu lieben, wel¬ cher das höchste Wesen und der oberste Gebie¬ ter des Menschen ist: undankbar, weil wir den verachten würden, der Uns zuerst geliebethat, der uns mit seinen Gutthaten überhäufet, und mit geistlichen Gaben unendlich bereichert hat: unrein, weil, wie der heil. Augustin sagt, die Seele sich von ihrem Gott nicht abwenden, und dem Geschöpfe anhangen, und selbes genießen kann, ohne ihre Schönheit zu vertieren, und ihr Hochzeitkleid zu bemackcl»: endlich, werden EKH 165 wir ungetreu, weil wir das'Wort nicht halten, das wir ihm gaben, da Wik seine Bräute wur¬ den, und hey unserer Taufe einen feyerlichen Bund errichteten; einen-Bund, der im Evan- g-Iinm und im Himmel geschrieben ist, durch den wir uns verpflichtet haben, dem Teufel, seines Pracht und seinen Werken, mit allem Anhänge der Welt zu entsagen, und ganz Je¬ su Christi zu scyn: Verpflichtungen, Verhei¬ ßungen, Gelübde , welche wir vor den Altären machten; Verheißungen, wovon Himm,el. .und Erde Zeugen waren; heilige , unveränderliche, ewige Verpflichtungen; unauflösliche Gelübde. Als Treulose brechen wir unser Mort; und durch die Lockspeisen der Welt .verführet, ver¬ lassen wir Lesum Christum, dem wir zug-hä¬ ren. O lasset uns die Stimme des Ehebre¬ chers fürchten, diese alte Schlange, welche einst die Eva mit ihrer Arglist betrogen hat, und auch unsere Gemüther verderben, und von der Einfalt gegen Iesum Christum abbringcn möchte, -O Kor. I», z. ) Dieses fürchtete der Apostel bey den Gläubigen zu Kosinih , die er mit Jesu Christo diesem einzigen Bräutigam vermählet, und ihm als eine keusche Jung¬ frau zugebracht hatte, (Ebend. ».) z. Das dritte Stück, das wir unserm Bräu¬ tigam Jesu Christo schuldig sind, ist, daß wir ihn mit einer beständigen und brennenden Liebe umfangen. Unsere Liebe muß keusch und unei¬ gen- 766 HAAS» genm'tzig seyn, das ist, wir müssen Issum CH istum mehr als feine Gaben und Guttha- t » lieben: er theiletsie uns nur mit, um unS -an sich zu ziehen; und es hieße ihm eine Un- büd anthun, und ihn nicht gehörig lieben, wenn wir bey feinen Gaben stehen blieben; und seiner selbst ganz vergäßen. Ach! was für eine Braut wäre jene, welche ihren Bräutigam nur wegen seiner Gaben liebte? Kann man Je- sum Christum und seine Gaben in eine Linie setzen, und ihn mit ihnen vergleichen? Eine Seele, die wahrhaft getreu ist, und Jesum Christum keusch liebet, spricht zu ihm in voller Zärtlichkeit: nimm mir alle vergängliche Gü¬ ter und allen zeitlichen Trost, wenn du mir nur dich selbst schenkest: Dich allein verlange ich/ wie im Himmel also auch auf Erden. Sie hat keine andere Furcht, als ihm zu mißfallen, und ihn für immer zu verlieren, daste sichst vielen Gefahren ausgesetzt, und von so vielen Feinden, die ihre Reinigkcit verderben wollen, umgeben steht: deswegen brennt sie vor Ver- langen, daß ihr Bräutigam kommen möchte, um sie vor so vielen Versuchungen, die ihr der Teufel und die Welt erregen, sicher zu stellen: beseelet vom heil. Geiste, und Jesu Christo al¬ lezeit getreu, sagt jsie in dem Ausguß ihrer Liebe: Romm, Zerr Jesu; komm: und dies sprechen der Geist und die Braut, ( Ostend- 22, 20. i7.) „Die ungetreue Bram, sagt der Heil. Augustin, fürchtet, ihr Bräutigam », möchte kommen, und sie in ihren Ausschwei- „ gen antreffen: die getreue Braut aber furch. „ tet, ihr Bräutigam komme nicht so bald ; „ und deswegen ist sie in einer bangen Er^ „ Wartung und Begierde, daß Jesus Lhristus „ komme, um ihn in Ruhe zu besitzen, ohne „ Furcht, ihn zu verlieren; dies macht sie in „ ihrem Verweisungsorte seufzen, und mit ei- „ nem heiligen Zudringen wünschen, Laß sie ,, von den Banden des Leibes befreyet werde, „ und dieses irdische Haus, worinn sie wie „ in einem Kerker wohnet, eingerissen sehen „ möchte: Wenige kennen diese heiligen Be- „ gierden und unaussprechlichen Seufzer der », Braut, weil es wenige sind, die Jesum Chri» „ stum lieben. " Die Liebe gegenwärtiger Din¬ ge , in welche ihre Seele gleichsam vergraben ist, hindert sie, nach dem Besitze Jesu Christi ju seufzen, sie erschrecken wenn man ihnen sagt, der Bräutigam komme/ und suchen zu fliehen und sich ju verbergen, weil sie sich nicht getrauen, vor ihm zu erscheinen: da hin¬ gegen eine getreue Braut/ welche zu ihrem Bräutigam eine keusche Liebe hat/ nicht nur nicht zittert, wenn sie höret, ihr Bräutigam fey nahe, sondern ihm mit den brennenden Begierden ihres Herjens entgegen gehet, und nichts so sehr verlangt, als ihm zu sehen und mit ihm zu leben. Die *68 Die Liebe einer Braut Jesu Christi muß ei¬ frig und brennend seyn. Bey der Gottseligkeit muß man nichts so sehr furchten als die Lauig¬ keit, wovon man sich so hart eutfchlägt, weil man diesen Stand oft nicht gewahr nimmt, unter dem Vorwande, daß man keine große La¬ ster begehet, und selbst die Rcligionsübungm verrichtet . allein diese geschehen ohne Geschmack, ohne Glauben, mit einer schreckbaren Gleich¬ gültigkeit, obenhin, oder aus Wohlanständig¬ keit. Scpn wir also versichert, daß ein; Lie¬ be ohne Eifer kaum den Nahmen der Liebe verdiene ; sie ist ein Feuer, das nach und »ach verlischt, und wovon nur einige Fünkchen übrig sind, die man schwer aufblasen kann. Eine Braut Jesu Christi ist in ihrem Innerlichen und Aeußerl-chen allezeit eifrigdie Hitze, nun von sie brennst, läßt sie nichts nachläßig thu»; sie läuft zum Gebethe , als zum Ortch wo sie sich mit ihrem Bräutigam unterhalten kann; sie flieget zum Altar, .als an die Stelle, wo sie den einzigen Gegenstand ihres Herzens fin¬ den und besitzen kann; sie ergreift mit Freu¬ den alle Gelegenheiten, wo sie ihre Liebe gegen Jesum Christum beweisen kann; weder die Ab- tödtungen noch Bußwerke schrecken sie ab: sie sucht überall ihren Gesiebten , so wohl in der Nacht, indem sie den Schlaf unterbricht um zu bethen, als bey Tag, indem sie in voller Treue ihre Pflichten zu entrichten trachtet: sie sucht ihn in allen Geschöpfen, und verwendet HKKHH 169 sich an alle jene, von welchen sie etwas von dem Gegenstände, den sie liebet, zu hören hof¬ fet. Ihr Eifer und ihre Liebe sind so groß, daß sie ihn überall zu sehen glaubet. Nichts ist fä¬ hig , ihre Begierden zu schwächen. Je mehr sie Jesum Christum kennet und liebet, desto mehr will sie ihn kennen und liehen- Sie glaubt nie- mahl, daß sie den, welchen sie liebt, genug liebe, und genug für ihn thue. Wo werden wir Seelen finden, die so vsr Liebe brennen? Man sieht überall nurLauigkeit, weil der Glau¬ be sehr klein ist, und die Liebe von Tage zu Tage erkaltet, und oft, ohne daß wir es ge¬ wahr werden. Erinnern wir uns, daß unser Bräutigam keine laue Deelen leide; er verwirft und speyet sie aus seinem Munde aus, und hält sie für unwürdig, die Würde seiner Bräu¬ te zu bekleiden, und mit ihm in innerster Ver¬ einigung zu stehen. Die Liebe einer Braut Jesu Christi, muß ge¬ gen ihn eine beständige Liebe seyn, und nichts darf sie unterbrechen, oder verändern. Jesus Christus ist ewig, und machte mit uns einen Bund, den er will, daß ex ewig dauern soll. Er verabscheuet die Veränderung und den be¬ ständigen Wechsel der meisten Christen, welche bald ihm, bald der Welt zugehören möchten. Die heiligen Väter haben eine solche Liebe uie- mahls gekannt; vielmehr sie glaubten, man habe Gott niemahls recht geliebet, wenn man in r72 in seiner Liebe so unbeständig war. Und in der That, kann man wohl sage»/ man liebe Gott, wenn uns jeder vorkomende Gegenstand ändern macht, und uns die kleinste Versuchung von ihm scheidet? Was finden wir an Jesu Chri« sto, welches uns von ihm abwenden könnte, um uns etwa an ein Geschöpf zu halten? Ist er für unS nicht groß genug, gütig, heilig, und liebenswürdig? Verursacher die Beschwerniß und daS Kreuz, so man in seinem Dienste fin¬ det, diese Veränderungen ? aber wissen wir denn nicht, daß wir an dem Kreuze Jesu Christi unsers Bräutigams ebensowohl Theil nehmen müssen, als an seiner Herrlichkeit ? Seine Ver- demüthigung ist unserer Liebe eben so würdig, als seine Größe. Wenn die Hoffnung, ibn einst in der Glorie zu besitzen, uns mitten in um fern Qualen tröstet und unterstützet, müssen wir uns erinnern, daß wir diese Glückseligkeit nur durch Trübsalen und Leiden erlangen kön¬ nen Jesus Christus ist allezeit liebenswürdig, er mag uns trösten, oder betrüben, weil er immer eben derselbe ist, so wohl in sich selbst, als gegen uns; er ändert sich niemahls: auch wir müssen in der Liebe gegen ihn fest und be¬ ständig seyn, weil nur jene selig werden, wel¬ che Lis an das Ende verharren. Es- Erhebung des Gemüthes zu Jesu Christo, dem Bräutigam der Rirche, und der Glau, bigen Seelen. Ich bethe dich an, o Jesu, als den Bräu¬ tigam unserer Seelen. Du bist der einige Sohn des Königs des Himmels und der Erde, voll der Herrlichkeit uttd Majestät, allein aller¬ höchst groß und reich. Du bist jener himmli¬ sche Bräutigam, dessen Schönheit so viele Seelen nach sich gezogen hat, um dir zu folgen und dich zu lieben. Erlaube mir, sie zu betrach¬ ten , diese Schönheit, und sie mit der Braut zu beschauen. Sie sagt mir, daß ihr Geliebter weiß und roth sep, auserkshren unter vielen Tausenden, (hohe Lied. 5, io.) Ja, mein Hei¬ land Jesu Christc, du bist der Schönste.unter den Menschenkindern: deine Schönheit ist eine innerliche Schönheit, welche der Glaube und die Liebe entdecken. Du glänzest durch deine Weiße, weil du die Heiligkeit selbst, der Glanz des Vaters, das Bild des unsichtbaren Got¬ tes, das Licht und die Sonne der Geister bist, wodurch alle Menschen, die aufdiese Welt kom¬ men, erleuchtet werden. Man konnte dich nie eines Gebrechens oder der mindesten Unvollkom¬ menheit überführen. Du bist ein Spiegel ohne Mackel. Du bist es, der allen Geschöpfen und allen 172 EM allen Seesen., die du in deinem Blute wascheff, die Schönheit gibst. Du glänzest durch deine Rothe, wegen dem Blute, das du für uns am Kreuze vergoßen hast. Durch d,iM Schön¬ heit , welche dir deine Leiden und dein Blut gaben, herrschest du auf Erden. Nicht nur allein in deiner Gottheit finde ich dich schön und lie¬ benswürdig ; sondern du bist es auch in deiner Menschheit^ in welcher du leiden wolltest, um mich zu deiner Braut zu machen. Du bist schön in der Kippe, in armen Windeln eingkwickelt. Du bist schön, am Kreuze verdemüthigek und vernichtet, als der Auswurf der Menschen oh» ne Glauben. Du bist aus tausenden auserkoh- ren, weil du den Menschen, den Engeln und allen Geschöpfen vorgezogen z» werden ver¬ dienet haß. Du bist aus taufende» auserkoh- ren, weil du. als Mensch vor allen Zeiten und aus allen Menschen zum Sohne Gottes vor¬ her bestimmt und erwählet wärest, (Röm- r. 4.) Durch die Vereinigung deiner menschlichen Natur mit deiner göttlichen Person. Ach! in welch erbärmlichen Zustande trafest du meine Seele an! Zn welcher Niedrigkeit, in welcher / Armuth, in welcher Ungestaltheit war sie nicht i Du, o mein Gott, der du dir selbst genug bist, der du deines Geschöpfes nicht bedarfst, du stiegst vom Himmel, um sie zu suchen, und eine ganz geistliche, ganz göttliche Ehe mit ihr etnzugchen: du verlangtest ihre Einwilligung: du -N du fordertest selbe mit Sanftmuth: da sie die¬ sem herrlichem Vortheile widerstand - besiegtest Lu ihre Hartnäckigkeit, und machtest sie deinem Begehren einwilligen, und nahmst alles Uebrige auf dich. O Güte, o Großmuth meines Got¬ tes, die ick nicht genug bewundern kann! du haft sie mit deinen Gaben bereichert, in deinen Lugen schön und liebenswürdig gemacht, und aus der -schiUtpMchen Dienstbarkeit des Teufels, dem sie sich verkalistr hatte, heraus gezogen. Könnte sie so große Gnade» und außerordent¬ liche Gutthatcn wohl hoffen, nachdem sie sich derselben so unwürdig gemacht hatte? In der Taufe singesiduan, omelu liebevoller' Heiianv, alle diese Güter uns zukommen zu lassen; da wurde ich mir d-r vereiniget; in diesem Sa» crameut schwur ich dir eine unverletzliche Treue, und machte mir dir einen Bund, der ewig dauern sollte. Aber ach! ich brach ihn; ich ent¬ fernte mich von dir durch meine Treulosigkei¬ ten: ich schäme nucd, daran zu denken; ich erschrecke es zu sagen; ich bin weiter nichts, als eine elende Ehrbrecherinn, welche eine ewi, ge Verstossung verdienet. O mein anbethungs- würdiger Jesu, da kamst noch cinmahk zu mir, und wider alle meine Erwartung sprachst du zu mir: Hier bin ich; ich komme, dir zu sagen, daß ich dein Bräutigam seyn will , und ver¬ lange, daß du mich hey diesem liebreichen Nah¬ men nennen sollst. Darf ich es wohl t UN, o ryeig -74 EKH mein göttlicher Heiland, nachdem ich so untreu war? und kann ich wohl auf eben dieselben Vortheile, die ich vor meinen Treulosigkeiten hatte, noch Anspruch machen? Und du mein Heiland Jesu Christc, kannst du dich wohl nach so vieler Lastern, die mich auch nur eines ein¬ zigen deiner Blicke unwürdig machen, noch mit mir vereinigen? — Ja, ich kann es, und wer¬ de es thun. — Aber was willst du, o Jesu, daß ich selbst thue, um ju dieser Vereinigung ju gelangen? — Hehre zu mir zurück; demst- thige dich so tief, als du dich erhöhtest; verlaß alle Götzenbilder, die du dir gemacht hattest- weine, seufze; dein Schreyen steige bis zu mir hinauf; mache «ine ewige Scheidung mit der Welt und mit allem, was dich von mir ent¬ fernte; thne Buße; tödte dein Fleisch und dei¬ ne Sinne ab ; suche meine Diener «»^entdecke ihnen deine Müheseligkeiten; folge den Regeln, die sie dir vorschreiben werden, um dich mit mir zu versöhnen: ich habe sic zu meinen Bothschaf' tern bestellet, um diese Vereinigung mit dir auf ein neues zu vollbringen ; verlange nicht, bey Heinen Ausschweifungen geschmeichelt zu wer¬ den; kannst du nicht mehr eine unschuldige Braut styn, so will ich wenigstens, daß du eine bü' ßende Braut seycst, deren Rückkehr aufrichtig, deren Demuth tief ist, die mir weiter nichts als ein zerknirschtes Herz, in Lhränen schwimmeu- de Augen und einen abgetödteten Leib zu opfern hat 17; hat. Oles ist, was ich von dir begehre; ohne dieses ist mit deinem Herrn und deinem Gott keine Vereinigung zu hoffen- — Wie billig ist es nicht wenigstens, daß es mich viele Mühe und Lhränen koste, nachdem ich die Heiligkeit deines mit mir gemachten Bundes verletzet ha¬ be ! O Buße! wie groß sind deine Vortheile e wie finde ich in dir Aushülfe, für mein vor¬ heriges Unheil! Ich will sie ergreifen, diese strenge und liebenswürdige Buße, die noch übrige Zeit meines Lebens; sie wird meine treue Gesellschafterin» bis auf den letzten Hauch meines Lebens scyn,' weil ich mich mit mei¬ nem Gott durch sie wieder versöhnen, und alle. Güter, die ich verlor, wieder finden kann. O Jesu, mein anbethungswürdiger Bräutigam, werde ich wohl so vielen Beweisen deiner Lie¬ be gegen mich je etwas crwiedern können? Ma¬ che, daß ich gegen alle diese Gnaden, die du mir erweisen willst, getreu bleibe, und mich nie von dir absondere. Ach! wo bist Lu hinge¬ gangen, mein Geliebter? Sage eö meiner See¬ le, welche dich zu sehen und zu besitzen schmach¬ tet. Es ist wahr, ich finde dich auf dem Al¬ täre , in dem Sacramente deines Leibes; allein dies ist für mich nicht genug: meine Seele schmachtet, dich aufgedeckt und ohne Schleper zu sehen. Wann werde ich dich ohne einiges Hinderniß genießen ? Komm also, Herr Jesu, komm, deine Braut ju nehmen; entreiß sie der 176 her Welt, und übersetze sie in den Saal des ewigen Hochzeitmahls, Amen. Siebenzehntes Hauptstück. Von Jesu Christ-, dem Wege, um zu Gott zu gehen. Jesus Christus hat uns selbst gesagt, erseh der weg, die Wahrheit, und das Leben, (Johann 14, 6.) Er ist der Weg, den wir gehen müssen, um zu Gott zu kommen, zu unserer ewigen Glückseligkeit zu gelangen; seine Gesinnung und Gcmüthsverfaffung müssen wir uns eigen machen, und darnach wandelndies ist die Lehre Jesu Christi und des heil. Apostel Paul. Dieser Weg war vorher gesaget, vorgebildet und verheißen. Ich will allen meinen Auserwähh ten einerlep Zerz und einerlei weg geben, auf daß sie mich ihr Lebenlang fürchten, und cs ihnen rvshl gehe, (Jerem. Z», 39.) E« wird da- selbst, sagt Esaias, ein gebahnter weg seyn, und wird der heilige weg heißen , (Esai Z5, 8») Jesus Christus ist dieser heilige Mg, der alle jene heiliget, die darauf einher gehen. Er ist der Weg durch seine Verdienste und L-eyspiele - durch^seine Verdienste, weil alle unsere Hand¬ lungen, Werke und gottselige Uebungcn durch ihn gehen, das ist, die nothwendige Kraft, Stärke, Verdienste und Heiligkeit von ihm neh¬ men N? wen müssen , um bis zu Gott zu gelangen; er ist ter Weg durch die BcyspielederArmuth,der Abtödtung, der Geduld, der Sauftmuth, der Liebe und aller übrigen Tugenden, die er uns gegeben hat. Indem wir ihnen folgen, gehen wir auf dem Wege der Gerechtigkeit, welche zu Gott und zuM ewigen Reich führet- Diesen Weg wollen wir in diesem Hauptstücke betrach¬ ten, wo wir sehen werden, r. daß Jesus Chri¬ stus der einzige Weg ist, der zu Gott und zuM ewigen Heil führet; 2. daß er der enge Weg isi;z. daß, obschon er der enge Wg ist, den» Noch schön und trostvoll ist; 4- warum so we» Uigc denselben betreten. 5. Wie ist dies zu verstehen, daß Jesus Chri¬ stus der einzige Weg ist, der zu Gott UndjuM Heil führet? A. In Unserer Jugend, oder da wir zu Gott durch die Buße zurück kehren wollen, sind wir wie ein Reisender, der auf Scheidwege kömmt, Und nicht weiß, welcher ihn recht führet; und der sich doch entschließen und wählen muß. Alle diese Wege sind Nahe än einander, ja ser hcn einander gleicht doch ist nur einer, der ihn jum Ziel führet; er muß jene darum fragen, die den Weg kennen- So müssen es wir ma¬ chen , wenn wir Uns bei) unserer Wahl nicht betrügen wollen. Wir müssen Gott bitten, baß er uns erleuchte, und den Weg, auf dem Nllr gehen solle», kennen lasse. Wir müssen uns M bey 178 HASH bey jenen, die diesen einzigen Weg kennen, Raths erholen, damit wir nicht auf das Geradewohl dahin gehen- Dies ist die Erinner- ung, die uns Gott durch den Propheten Jere» Mias gibt: Stehet auf den Straßen, und schau¬ et , und fraget nach den alten wegen, wel¬ cher der gute weg sep, und wandelt auf dem¬ selben, so werdet ihr Erquickung finden für euere Seelen, ( Jerem. 6, i6. ) Nebst dem Evangelium werden uns alle Väter sagen, Je¬ sus Christus sey dieser gute, dieser einzige Weg, auf weichem wir zu Gott gelangen können: Niemand kömmt zum Vater, denn durch mich, (Joh. 14,6.) Vergebens glaubten einige durch die Kräfte der Natur, und durch das Licht der Vernunft zu Gott zu kommen; alle ihre Be¬ mühungen dieneten nur, um sie vom einzigen Wege zu entfernen, und auf größere Abwege zu bringen. Auch andere hofften vergebens, durch die Werke und Ceremonien des Gesetzes zur wahren Glückseligkeit zu gelangen: da die¬ ser Weg allein und ohne Glauben an Iesum Christum war, dicnete er nur , ihre Schwäche und Stärke der Begierlichkeit sehen zu lassen- Niemand gehet zum Vater, als durch JesnM Christum, dies geschieht weder durch Moses, noch durch Peter, noch durch Paul; sie kön- ncn den Weg zeigen und lehren, sind aber nicht selbst der Weg. Iesum Christum allein muß der Sünder suchen; in ihn muß er hinein gehen, gehen , in ihm muß er bis ans Ende gehen, wenn er will selig werden. Dies lehret uns der Apostel: wir haben nun durch das Mut Thri- sti die Freiheit, ins Zeiligthum hinein zu ge¬ hen, durch den neuen und lebendigen weg, den er uns dahin durch Zerreißung des Vor¬ hangs, das ist, durch sein Fleisch bezeichnet hat; ( Hebr. io, 1.9.) da er Mensch wurde, an einem Kreuze starb, und in den Himmel einging. Ein neuer und lebendiger Weg, der einzige Weg um zu Gott zurück zu kehren, wenn wir uns von ihm entfernet haben, und wie der verlorne Sohn in ein fremdes Land , ferne von unsers Vaters Hause gegangen sind. Auf diesem Wege finden wir alles,was nöthig ist, um uns unscrm Gott zu nähren. Da finden wir das Zutrauen bey unserer Kleinnutthigkeit, die stärkende Gnade für unsere Schwachheit, die Vergebung und Tilgung unserer Laster, die zum Eingang des Himmels nöthige Recht¬ fertigung und Heiligung; den dieser wird unS eröffnet, wenn wir auf diesem Wege einher gehen. 8. Wie ist denn Jesus Christus der enge Weg? A. Die Schrift redet uns von dreyerley We¬ gen; ». vom breiten Wege; 2. von einen We¬ ge, der recht zu seyn scheint, sm Ende aber zum Verderben führet; Z. vom engen Wege. Alle dich Wege endigen sich an der Ewigkeit, welche M S iw er- Igo HAAH zwey sehr verschiedene Eingänge hat; einen zum Wohl, den andern zum Wehe. Aus die¬ sen dreyen führet nur einer zum ewigen Leben! die andern endigen sich am ewigen Lode. Die Thüre ist weit, sagt Jesus Christus, und der weg, der zum verderben führet, ist breit, und es sind ihrer viele, welche dadurch einge¬ hend Matth. 7, iZ-) Dieser breite Weg, aas welchem so viele einher gehen, ist nichts anders, als die Liebe der Welt, und seiner selbst: man wandelt auf diesem Wege, indem man dctt Grundsätzen der Welt, und den Begierden seines Herzens folget, wenn man vergänglichen Gü¬ tern, oder eiteln Freuden, öder falschen Wol¬ lüsten der Welt nachlauft. Dieser Weg ist an> Meisten betreten, man lauft haufenweise dahin, man drangt sich hinein; und ist man einmahl da, so will jeder dem andern vorlaufen: fast alle Men, schcn laufen auf diesem Wege; wenige aus¬ genommen die ihn vermeiden. Aber ach! wie Ist dieser Weg, welcher der Natur so schön und angenehm scheint, in den Augen des Glaubens schrecklich? Er ist voll der Finsterniße, und die darauf gehen, wissen nicht, was sie thun,noch wo sie hin gehen; sie sehen weder die Abstürze, in die sie sich blind werfen, noch die Güter, die sie verlieren: Der Gottlosen Weg ist vole Dunkel, und sie wissen nicht, wo fie fallen werden, ( Sprichw. u, 19.) Es ist ein ab- scheuenswürdiger Weg , wo eS weiter nichts als !8r als Laster, Ungerechtigkeiten und allerhand Greuel gibt: hier findet man Zvdtschläge,Rach- gierden, Ehebrüche, Gotteslästerungen, Gott¬ losigkeiten , Verräthereyen und allerhand Aus¬ schweifungen; und wenn auch nickt alle, die darauf gehen, sich aller dieser Laster schuldig machen, sind sie doch vor den Augen des Herrn lasterhaft - denn des Gottlosen Weg ist -em 6errn ein Greuel, (Spirchw. 15, 9.) wie Salomon lehret; und deswegen will er, wir sollen von diesem Wege die Augen abwenden, auf daß wir nicht versuchet werden, ihm zu folgen, und dadurch zu Grunde gehen Romm nicht auf der Gottlosen Pfad, und trit nicht auf den Weg -er Lösen: laß ihn fahren, und geh nicht -arinn; weiche von ihm, und geh vorüber, (Sprichw, 4, 14. 15.) Alles ist auf diesem Wege gefährlich; deswegen will der Weise, daß man dahin gar nickt kommen sollte, und jene vielmehr bemitleide, die sich darauf befinden: laß ihn fghren, denn wenn man ihm zugehet, läuft man Gefahr, auf dem¬ selben zu gehen: trft nicht darauf, weil cs rin Ort voll der Schlingen ist, und darauf man nicht gehen kann, ohne sich zu Grunde zu richten: weiche von ihm, und bekämpfe die natürliche Neigung, anderen zu folgen und dahin zu gehen.- geh vorüber, weil, wenn du siill stehest, du dich in die Gefahr gibst, dich darein zu verlieben, und ihn nicht mehr ver¬ lassen r82 lassen Lu wollen. Und in was für Unglück fällt man nicht, wenn man ihn nicht verläßt? da trift man die Mörder an, wovon das Evan¬ gelium redet, welche die Seele ihrer Unschuld berauben, und ihr tausend Wunden versetzen. Dies ist der Weg, der von Jerusalem nach Jericho führet, auf welchem man von Absturz zu Absturz, von einem Abgrund in ein.n noch Liefern fällt. Da findet man Tobte, die Stei¬ nen ähnlich sind, welche in Betreff des Ge¬ schäftes ihrer Seele kein Lebenszeichen geben! obschon sie nach allen Gütern der Erde, und Wollüsten der Sinne mit aller Hitze lausen-' und nachdem sie auf dem Wege des Jrrthums und der Lüge ermüdet sind, fallen sie in einem Augenblicke in den Brunnen des Abgrundes- Dieser Weg dauert nur so lange als das Le¬ ben; für mehrere ist er sehr -kurz; für ändert ist er etwas länger; welche aber auf demsel¬ ben ihren Lauf enden, finden am Ende ihres Laufes weiter nichts als unendliches Unheil. Man muß auch erwägen, wie diejenigen, welche auf dem breiten Wege einher gegangen, und darauf gestorben sind, in der andern Welt werden gesinnet seyn- Wir sehen, daß derglei¬ chen Leute auf dieser Welt jene verachten, wel¬ che den engen Weg betreten; sie schimpfen über selbe im Vorbeygehen; sie machen selbe zum Gegenstand ihrer Scherze, und oft ihrer Ver¬ folgungen selbst: allein wenn sie in ihrer Ewig¬ keit HAM rsz kett seyn werben, werden sie ganz attders den¬ ken. Alsdann werden sie jene loben und prei¬ sen, welche sie verachtet hatten; sie werden be¬ kennen , daß sie geirret haben; sie werden se¬ hen , daß sie sich vergebens auf dem Wege der Sünde abgemattet haben; ihre Verblendung und Thorheit we.den sie erkenen; sie werden empfinden, daß ihr Stolz, die eitle Pracht ih¬ rer Reichthünrer, die unersättliche Begierde sinn¬ licher Wollüste und falscher Weltfreuden weiter zu nichts gedienet haben, als sie unglücklicher zu machen; sie werden das Nichts aller Din¬ ge einsehen müssen, wodurch sie sich auf dem breiten Wege zerstreuten, und welche wie ein Schatten und Dunst, der augenblicklich ent¬ stehet und verschwindet, vergangen sind. Diese Gesinnungen der Weltliebhaber sind in dem Buche der Weisheit auf eine rührende Art vor- gestcllet, und es ist billig, daß man sie hersctze. Oie Gottlosen, nachdem ffe vom breiten Wege entrißen, und in eine neue Welt werden ver¬ setzet seyn; werden grausam erschrecken vor jener Seligkeit der Gerechten, von der sie sich nicht versehen hatten. Sie werden unterein¬ ander reden mit Reu, und vor Angst Les Geistes seufzen: Sind es also diese, die wir zum Spotte hatten, und für «in höhnisch Beispiel wir Thoren hielten ihr Leben für unsinnig und ihren Tod für eine Schande, wie sind sie nun gezahlet unter die Rinder Gottes, k 84 Gottes , «n- ihr Erbtheil ist unter den heili¬ gen haben wir also den rechten weg ver¬ fehlet, und da? Licht der Gerechtigkeit hat uns nicht geschienen , und die Sonne ist uns nicht aufgegangen r wir sind eitel ungerechte und schädliche Wege gegangen, und haben gewandelt wüste Anwege; aber des Herrn Wege haben wir nicht gewußt, (B. d, Weish. 5, 2. rc-) Wie glücklich wären jene, welche auf dem breiten Wege gehen, wenn sie diese Erwägungen nicht bis dahin aufschieben möch¬ ten, wo keine Zeit mehr seyn wird! Lasset sie uns selbst machen, um uns von diesem Wege abzuhalten, und ihn niemahl zu betreten. Nun ist zu erklären, welcher der Weg ist, der recht zu seyn scheinet, und zum Untergang führet. Es gibt wenige Wahrheiten in der Re¬ ligion, welche mehr Furcht erregen können, als jene, die uns verweise Mann lehret: Es gibt einen weg, der dein Menschen recht zu seyn scheinet; aber am Ende zum Tode führet, ( Eprichw. 14. 12. ) Obschon diese Wahrheit e> schrecklich ist, so macht sie doch den Eindruck nickt, den sie auf den Verstand und das Her) der Menschen machen sollte: und man kann sagen, daß eine Menge Völker auf diesem We¬ ge einher gehen, und so ruhig fort leben, als wenn sie nichts zu fürchten hätten. Dergleichen sind die Ketzer, die' Türken rc.; sie gehen mit Gicherheit auf ihren Wegen daher, die sie füy recht Ns recht halten; trnd doch lehret uns der Glaube, sie für Wegc anzuschen, welche zur Verdamm^ niß führen. Dergleichen ist der Weg jener Wei¬ sen nach der Welt, welche sich für gerecht in den Augen Gottes halten , da sie ihm doch ein Greuel sind. Selbst in dem Christenthume glaubt man, es fty genug, wenn man keine ärgerliche La« ster begehet, von gewißen äußerlichen Sünden frey ist; indessen wird hoch her unfruchtba¬ re Feigenbaum verflucht, und der unnütze Knecht in die äußerste Finsterniß geworfen- Wie viel Christen gibt es, welche glauben, selig zu werden, indem sie die Religionsübungen äußerlich thun; welche beichten, kommuniciren, fasten, Almosen geben, der Messe und Predigt beywohnen , aber ohne Demuth und Liebe Got¬ tes sind? Alles dieses kann, wie der Apostel sagt, ohne Liebe geschehen- Diese Wahrheit machte auch die Heiligsten zittern, und lehrte sie, nicht nur wegen ihren Sünden zu fürch¬ ten, sondern auch auf ihre guten Werke mi߬ trauisch zu sehn, indem sie wußten , daß selbe ohne Liebe Gottes seyn können. Oft, sagt der heil. Pabst Gregorius, reitzet jenes , was un¬ fern Richter besänftigen sollte, seinen Zorn nur noch mehr; als, da man die heiligen Sacra- mente cnthci'.get, welche zu unserer Heiligung tingesetz sind, und oft nur dienen, uns laster¬ hafter und zu seinen noch größer» Feinden zu Machen. Wie viel sieht man auch Personen, wel, ch? r86 che lange Gebethe verrichten, und sich schmei¬ cheln , vor den Augen Gottes fromm zu seyn, weil sie etwa dabey einigen Geschmack und ei¬ nen sinnlichen Trosi gehabt haben; die aber die Hauptpflichtcn ihres Standes vernachläßi- gen; als die Väter und Mütter die christliche Sorge für ihre Kinder und Dienstbothen; die Eerichtspersonen die Pflichten ihres Amtes- und die inan für fromm hält, weil sie ost in der Kirche und am Altäre sind? Nicht alle je¬ ne , welche sagen, Zerr, Zerr, weroen in das Zimmelreich eingehen, sondern nur jene, wel¬ che den willen meines Vaters thun, sagt Je¬ sus Christus, ( Matth, 7. >6. ) Obgleich man in seinem Nahmen gewcissaget, und Wunder gewirket hätte, wird man in das Himmelreich nicht eingelassen werden, wenn man den Wil¬ len Gottes nicht gethan, und alle seine Ge- bothe nicht erfüllet hat. Dieser Weg, der recht zu seyn scheint, hat etwas von dem breiten und etwas von dem en¬ gen Wege; hat viel Aeußerltches vom engen, und etwas vom breiten Wege: man thut vie¬ les , was jene thun, die auf dem engen Wege sind, als die Gebethe, das Fasten, das Al¬ mosen geben u. s. f. man ist aber auch, wie jene auf dem breiten Wege, gcitzig, hochmüthig, voll des Stolzes und der Eigenliebe. Schmerz¬ liche Verblendung des Menschen! So macht sich jeder einen Weg; so erkläret und wendet HASH >87 ein jeder die Regeln des Evangeliums nach sei¬ nem Geschmackc an, und wie es ihm seine blin¬ de Vernunft und seine Leidenschaften cinflößen: diese Leute ehren Gott mit ihren kippen, re¬ den von ihm, bethen;u ihm, aber ihr Herz ist ferne von ihm: sie sind auch genaue Beob¬ achter der mindesten äußerlichen Dinge des Gesetzes, und unterlassen das Wichtigste, als die Barmherzigkeit, die Gerechtigkeit und die Liebe. Auf diesem Wege wandelten, nach der Auslegung der heiligen Väter, die thörichten Jungfrauen: sie besaßen die Jungfrauschaft wie die weisen, sie waren an eben dem Orte, sic lebten äußerlich wie die andern; es ging ihnen aber das Oehl ab, das ist, entweder die Demuth, oder die Liebe Gottes. Auf die¬ sem Wege befand sich auch jener Bischof in der Offenbarung, der in der Achtung stand, daß er lebe, aber in den Augen Gottes todt war; der sich für reich hielt, aber arm und elend war. Es ist genug, daß man nur ein we¬ sentliches Gebotst übertrete, um auf diesem Wege zu seyn, der recht zu seyn scheint; ge¬ nug, daß man von einem Blinden geführt wird, um zu glauben, man gehe recht, obschon man in Abwegen fort gehet. Ach ! wie schreck¬ lich ist es, auf diesem Wege zu seyn! Es hält zuweilen schwerer ihn zu verlassen, aks den breiten Weg, weil man dabcy keine Gewis¬ sensangst hat, und weil jene, die uns dewoU ab- -83 abziehen sollten, uns oft deswegen loben, schä- Ken und darauf bestärken. F. Welcher ist der enge Weg? A. Der enge Weg, her uns allein zum Him¬ mel führen kann, wird aus mehrcrn Ursachen also genannt. Weil er i. Den Verstand und die Vernunft; 2, Die Einbildung; 3. Die Sinne; 4. Alle Leidenschaften in der Enge Mt, i. Er hält den Verstand und die Vernunft im Zaume, weil er ihnen nicht gestattet, vom Wege des Glaubens, der sie gefangen hält, abzuweichen. Unser Verstand ist eine unruhige Seelenkraft; er will alles, was man ihm ver¬ trägt, im Klaren sehen; ex will alles begrei¬ fen, und ist gleich fertig, das zu verwerfen, was man ihm nicht beweiset; deswegen ver¬ irren sich so viele große Geister, indem sie ih¬ rer eigenen Leitung folgen. Nur jene wandeln auf dem engen Wege, welche ihren Verstand und ihre Vernunft dem Glauben unterwerfen- s, Dieser enge Weg gestattet auch nicht der Einbildung, haß sie sich mit allen ihr vorfal¬ lenden Gegenständen beschäftige,- er will viel¬ mehr, daß man seiner Einbildung nicht trauen soll; denn diese pflegt sich aus der Gottheit und aus geistlichen Dingen alberne Bilder zn machen, und stellet sich selbe gemeiniglich. aM sinnlich vor. HASH r89 z. Um auf diesem engen Wege zu wandeln. Muß man beständig sein Fleisch und seine Sin« ne tödtcn, Buße thun, täglich sein Kreuz tra» gen, im Eßen, Trinken, Schlafen mäßig seyn; seine Augen im Zaume halten, um nicht Ge¬ genstände zu sehen, die uns verführen könnten; seine Worte erwägen, um nichts zu sagen, was der Heiligkeit der Religion, und der dem Näch¬ sten schuldigen Liebe zuwider wäre; sich des unnützen und überfleißigen Redens enthalten; endlich nie zulasten, daß das Fleisch herrsche, sondern es allezeit unter der Bothmäßigkeit halten, auf daß es nie über den Verstand die Oberhand gewinnt. 4. Er ist eng, weil er alle Begierlichkeiten und Leidenschaften einhält, und dem Christen nicht gestattet, ihnen auch nur im Geringsten zu folgen. Deswegen ist es uns befohlen, un¬ sere Leidenschaften ohne Unterlaß abzurödten; uns selbst abzusagcn; und Schimpfe geduldig zu tragen; die mindesten Gedanken, und Re¬ gungendes Zornes, der Eitelkeit, der Unrei¬ nigkeit, des Hochmuths zu bekämpfen; kleinen Kindern gleich zu werden; der Liebe der Welt und vergänglicher Güter zu entsagen, endlich niemahis etwas der Leidenschaft, sondern Gott und für Gatt aufzuopfern; alle unsere Unruhe, unser Mißtrauen, unsere Furcht, unsere eitlen Freuden , unsere Traurigkeit und Bangigkeit, Mit einem Worte, alles, was aus uns selbst, aus iso EZKK aus unserm verderbten Herzen kömmt, zu be¬ streiten, um uur dem Geiste Jesu Christi, und den Trieben seiner Gnade zu folgen. Dieser Weg ist schmal, weil es, nm auf dem¬ selben zu gehen, nothwendig ist, daß man Je» su Christo folge, ihm gleichförmig werde, sich seine Gesinnungen eigen mache: welches, oh¬ ne sich große Gewalt anzuthun, nicht geschehen kann. Der ganze alte Mensch muß zerstöret wer¬ den, um mit dem neuen bekleidet zu werden; wel¬ ches ein Werk des ganzen Lebens ist, ein Werk der Machbarkeit über sich selbst, des öfter» Gebe- thes, der wiederholten Abtödtungen, der Flucht und Vermeidung der Welt und der Gesellschaf¬ ten u. s. f. Welcher Jrrthum, wenn man bey einem sanften und weichen Leben , ohne Mühe selig zu werden hoffet! Der Weg des Heils schränket nothwendig die Leidenschaften eiu/be» zäumet sie, und sucht sie auszurotten; dem verderbten Menschen wird er immer sehr eng und beschwerlich seyn: ab?r dieser Weg, dec so rauh zu seyn scheint, ist doch sehr schön, und hat große Vortheile Die heilige Schrift machet uns davon eine sehr schöne Schil¬ derung- Es wird in Sion ein weg seyn; der wird der heilige weg heißen. Auf dem¬ selben wird kein unreiner gehen: dies wird euch der richtige Weg seyn, daß auch die Iln« witzigen darauf nicht irren werden Rein Löw wir- da seyn; st> wir- auch kein böses Thier -en- MtzKH -9r denselben betreten, noch öaselbst gefunden werden; und die erlöset sind, werden darauf wandeln, (Esai8: 9.) Lasset uns alle diese Sachen, die hier im Bilde Vorkommen, erklären. 1. Dieser Weg wird der heilige genannt, weil man nie ganz darauf geht, als wenn man gehciliget ist, und durch das Gehen eine neue Heiligkeit erlanget-er ist heilig, weil alles, was man darauf findet , nach Heiligkeit schme. ckct, zum Gott aller Heiligkeit und in sein ewi« ges Hciligthum führet: er ist heilig, weil Je¬ sus Christus und alle Heilige darauf gegangen find, ihn mit ihren Thräncn benetzet, und mit ihrem Blute ciugcweihet haben. 2. Auf demselben wird kein unreiner ge¬ hen; er ist davon ausgeschloßen: man findet da weder Gotteslästerer, noch Gottlose, noch Räuber, noch Ehebrecher, noch Lerräther, noch Grausame; man wandelt da nur nürHei- ligen und mit Personen, die uns lieben, uns in unsern Qualen trösten; mit uns nur einen Geist, nur ein Herz haben, und einer und eben derselben Glückseligkeit zugehen. z. Er ist ein richtiger Weg, weil er den Verstand, das Herz, die Handlungen und die Absichten der Menschen auf den wahr n Zweck leitet, und gerade zu Gott führet-' alle übri, Ke Wege sind Abwege, welche nicht zu Gott leiten, sondern ganz von ihm abführen. 4. r-)L 4. Auf demselben irren auch die Unwitzigell nicht, das ist, die einfältigen Seelen, welche zwar keine große Kcnnkniße haben, noch schwach sind, und nicht so geschwind gehen können, als die Vollkommenen; die aber getreu sind, und in der Einfalt leben: dieser Weg ist ihre ganze Stärke: der Weg des Lerrn ist der Frommen Stärke, sagt der Werft, (Sprichw. rv, 29.) L. Äein Lörv wird da sepn, so wird auch kein böses Thier diesen weg betreten, das heißt, keiner, der wie ritt Vieh lebt, kann auf diesem Wege wandeln; nur solche Seelen sind da, welche sich vom Thierischen frey gemacht haben, über welche die Leidenschaften nicht herrschen, welche nicht die Grausamkeit desLö' wens, sondern die Eanftmuth des Lamnllä besitzen; nur solche findet man auf diesem We¬ ge : der Teufel hat keine Macht über diese Seelen, so lange sie auf demselben bleiben; sie werden nur dann zerrißen, wenn sie davon abweichen. 6. Sagt der Prophet, daß, die erlösetstnde darauf wandeln, das ist, jene, die Gottvoll dem breiten Wege und von der Liebe dcrWelt entfernet; die er durch seine Gnade von der Dienstbarkeit der Sünde befreyet, und derer Ketten, mit welchen sie gefangen waren, et zerbrochen haben wird; diese wandeln aufdcnt schmalen Wege. Je mehr man darauf gehet/ desto HAM thz desto freyer wird man: man ist ein Sclav sei¬ ner Leidenschaften, wenn man nicht auf dem¬ selben gehet. Nicht nur dieses macht den schmalen Weg schön: es gibt noch mehrere andere Vortheile , wegen welchen wir ihn als schön ansehen müs¬ sen; und sollte es auch Nur jener Tröst seyn, den man bey dem Antritte, in dem Fortgänge, Und am Ende findet. Jesus Christus gesellet fich zu, und gehet mit ihnen/ wie er mit den Jüngern nach Emaus ging. Auf dem Wege erkläret ihnen dieser liebevolle Neisegcspan die hei¬ lige Schrift; er löset ihre Zweifel; richtet sie von der Wankelmüthigkeit auf; versüßet ihre Qualen; treibet sie an / wenn sie still sichen; trägt und unterstützt sie, ivenn sie müde und kraftlos sind; entflammet sie Mit seiner Liebe; Nähret sie mit seinem eigenen Leibe; stärket sie durch die Hoffnung der großen Güter, die ek ihnen verheißt. Auf diesem Wege findet man «lso den wahren Frieden, und zuletzt einen glückseligen Tod, auf welchen eine Ewigket der Glorie und Glückseligkeit folget- Durch alle die« se Vortheile machet Jesus Christus, daß matt diesen Weg kurz und angenehm findet, obschott er der Natur sehr kauh vorkömmt. 8- Wie Muß man auf diesem schmalen We¬ tze gehen 2 rc. es ist Nicht genug, daß man die Vorthei. kenne, dis MN auf diesem schmalen Wege N an- 294 antrift; man muß auch wissen, wie MM dak- auf zu gehen habe. Ein Christ der Vas Glück hatte, auf diesem Weg zu kommen, muß dar¬ auf gehen, i. ohne sich je aufzuhalten; jedes Stillstehen, so klein es seyn mag, ist allezeit gefährlichwir müssen vergessen, was hinter uns ist, dem ohne Unterlaß zugehen, was vor uns ist; immer auf der Laufbahn« fortlaufen, um den Preis der himmlischen Glückseligkeit davon zu tragen: immer aufrichtig und ohne Anstoß gehen bis auf den Tag Christi, (Phi« lip. i, io ) „ Durch die Liebe, sagt verheil. „ Augustin, gehet man; durch die Liebe läuft „ man; durch sie erreicht man das Ziel; durch „ sie erhält man das Gut, nach welchem mau gelaufen ist. Je größer sie ist, desto mehr „ erweitert sie das Herz; und je erweiterter „ das serz ist, desto mehr läuft man den „ weg der Gebothe," ( Ps. 118 ) L. Man muß zugehen ohne umzufehen, weil Niemand, der seine Zand an den Pflug leget, und hinterwärts stehe, zum Reiche Gottes tauglich ist; (Luk. 9, 6s.) das will sagen, wenn man sich wieder in die Welt verwickelt, und seine alten Gewohnheiten annimmt, läuft man Gefahr, den Weg, der allein zum Him¬ mel führet, nimmermehr zu finden. Nachdem wir aus Sodom ausgezogen sind, und den Grundsätzen der Welt entsaget haben, und wenn wir dann versuchet werben, zurück i" gehen- HAM rsL gehen, müssen wir uns an das Weib des Lochs erinnern, welche Gott schwer strafte, weil sie auf Podvin zu vorwitzig zurück sah: sie war weder im Stande, jenem Orte zuzugehen,der sie vor der Feuersbrunst schützen sollte, noch in diese unselige Stadt, woher sie kam, wie, der zurück zu gehen. Dies ist der Stand derje¬ nigen , welche anfangen auf dem engen Wege zu gehen, und hernach Nachlassen. Sie ge¬ nießen weder die Wollüste der Welt, noch jene der Tugend. So erging es den Israeliten, welche dem Herzen und der Neigung nach in Egypten zurück kehrten, aber in der Wüste starben, da ihnen das Himmelbrod wödurch sie Gott auf der Reise nährte, nicht schmeckte. z. Man muß auf dem Wege fortgehen, oh¬ ne je den Muth zu verlieren, ungeachtet der Angelegenheiten, Beschwerlichkeiten, und Hin- derniße, die da aufstoßen können. Die Muth- losigkeit ist bey der Gottseligkeit die gefährlichste Versuchung; der Glaube und die Hoffnung müssen uns unterstützen: dies sind die zwei) Stäbe, auf welche wir uns stützen müssen, und die Liebe muß uns gehen machen. Gott har einer Seele, die er vom breiten Wege ab, gezogen hat, so viele Gnaden erwiesen, daß sie hoffen muß, er werde sic bis ans Ende ihrer Laufbahne stärken. Man darf nie den Muth, verlieren, so lange Man nicht auf seine eigene, sondern auf die Kräfte Jesu Christi bauet, auf N 2 die ry6 -ie man hoffen darf, und muß. Wären die Israeliten beym Anblicke der großen Beschwer- nißen auf dem Wege nach dem gelobten Lande nicht kleinmüthig geworden, so wären sie alle hinein gekommen. Allein jast keiner aus jenen, die aus Egypten ausgezogen , hatte dieses Glücke sie zogen nur ihre Schwachheit zu Rath, und vergaßen auf jenen starken und mächtigen Arm ihres Gottes, der sie aus der Gewalt des Pharao gezogen, und das ganze Kriegsherr dieses verstockten Königes im rothen Mere ersäufet hatte, nachdem er sie mir trockenem Kuße hin¬ durch geführet- Dies ist das Unglück vieler Chm sten , welche bey vorfallenbett Beschwernißen nur ihre Schwachheit sehen, und auf alle Siege- die Jesus Christus ihnen verliehen, und aiff die Wunder, die er für sie gewirket, vergessen- und durch diese Mutlosigkeit vergessen sie den Weg, der sic zum Himmel führen sollte. 4- Man muß auf dem schmalen Wege mit vieler Behutsamkeit einher gehen, weit es da große Gefahren und äußerst fchlüpferige Tritz te gibt- Einnrrn wir uns, daß wir währen denk Gehen das Blut Jesu Christi und den kostba¬ ren Schatz der Gnade in einem sehr zerbrech¬ lichen Gefäße tragen z man muß fürchten, daß man nicht feinen Fuß an einen Stein anstoße ; man muß sich vor allem in Acht nehmen, über alles wachen, so wohl über das Herz, als über die Sinne. Lasset uns alle Oerter, wodurch wir *97 wir gehen, genau besichtigen, damit uns kein Feind überrasche. Der weife Mann lehret uns, wie diese Vorsicht beschaffen seyn mässe. Laß Seine Augen stracks vor sich sehen, sagt er und deine Augenlieder richtig vor dir Hinse¬ hen -wanke weder zur Rechten, noch zur Linken; (Sprichw. 4, 25. 27.) das ist wir müssen unfern Weg fyrtgehen, ohne uns mit Wohlgefallen auf jene Weltgesinnten um- zuschen, welche an den schmalen Wege stehen, und uns von dem Pfade der Gerechtigkeit ab¬ ziehen wollensic laden uns ein, uns einige Augenblicke mit ihnen zu verweilen, und an ihren Ergötzlichkeiten Theil zu nehmen; aber ach! alles, was sie rhun, ist nur zum verfüh¬ ren. Um sich zu verirren ist es oft genug, wenn man sein Auge auf einen einzigen Gegenstand heftet. David ist davon ein schreckliches Bey- spiel: ein unvorsichtiger Blick macht ihn aus dem schmalen Wege treten; er unterliegt der Versuchung; verliert die Gnade; wird ein Ehe¬ brecher und Todtschläger. Lasset uns nie weder zur Rechten noch zur Linken abweichen-„Man „ weichet zur Rechten ab, sagt her heil. Au- „ gustin, wenn man sich aus Stolz über- „ nimmt; und zur Linken, wenn man inTräg- ,, heit verfällt." Man muß mit demüthigen Vertrauen, ohne Kleinmüthigkcit und Stolz fortgehen; dies sind die zwey Abgründe, wel¬ che man zu fürchten har. 5- F. Warum gehen so Wenige auf dkm schma¬ le Wege? A Es scheint, man sollte sich über nichts mehr verwundern, als daß so wenige Christen den schmalen Weg des Evangeliums betreten; denn, wenn man die Sache nach dem Lichte -es Glaubens betrachtet, soll dem Mensche» nichts mebe am Herzen liegen, als ihr ewiges Heil-und die Kenntniß des Weges, der sie dahin führet; weil es eine ausgemachte Wahr» heit ist, daß, wenn sie diesen Weg nicht wäh¬ len , und bis ans Ende darauf nicht verhar¬ ren, sie in einen ewigen Abgrund des Elen¬ des fallen werden. Die Erfahrung lehret uns, Laß schr Wenige diesen Weg einschlagen. War¬ um dieses? Jesus Christus sagt uns, es si'Y» wenige Auserwählte. Doch diese Ursache, wel¬ che sich auf die unerforschliche Urtheile Gottes gründet, beyseits gelassen, kann man sagen, daß der größte Theil auch derjenigen, welche in der wahren Rel'gion sind, auf dem schma' len Wege nicht einher gehet, weil sie ih» nicht kennen; und sie kennen ihn nicht, well sie ihn nicht suchen, wie sie sollen; ja selbst da man ihn ihnen zeigt, betreten sie ihn nicht, well sie ihn nicht lieben. Der Hang, den die Menschen zu den Gütern dieser Welt haben, hält ihren Verstand und ihr ;Herz dergestalt gegen die Erde gebeuget, daß sie sich nie / oder nur sehr wenig, mit ihrem ewigen Heile be- schäf- HK-M ryS schuftigen: die meisten gehen aufs Geradewohl dahin, ohne sich zu fragen, wohin sie endlich das Leben, das sie führen, bringen werde. Was sie immer für Steige gehen, alle errri^ chen ihr Ende an dem Tode, an diesem ent¬ scheidenden Augenblicke ihres ewigen Heils, oder Unheils: allein eben dieses ist, woran sie am wenigsten denken; oder wenn sie daran den» ken, machet sich ein jeder einen. Weg und Le¬ bensplan, den er sich gemeiniglich nach seiner Absicht und Neigung , und nicht nach dem Glau¬ ben, entwirft. Man scheuet diesen Weg, der verbindet, den alten Menschen zu kreuzigen, den Vergnügungen und Ergötzlichkeiten, die man liebt, zu entsagen, und wo man jene kaum dulden kann, welche sagen, man könne nicht selig werden, als auf diesem schmalen Wege; man sucht sich Lehrer, welche ihn erweitern, und die Seligkeit versprechen, ohne sich soviel Gewalt anthun zu dürfen. Daher kömmt es, daß so viele zu Grunde gehen: denn, indem sie durch die Beschwerlichkeit der Gewalt, die man sich beständig anthun muß, abgeschrecket wer¬ den, können sie, weil sie wenig Glauben ha¬ ben , sich nicht bereden, daß Gott, dessen Barm¬ herzigkeit unendlich ist , seinen Himmel nur un¬ ter so rauhen, und harten Bedingnißen her- geben wolle; deswegen folgen sie ihren Lei¬ denschaften , in einem falschen Vertrauen auf die Güte Gottes. Andere, etwas Gottrsfärchs tigere. soc» HABT- Nigers, führen äußerlich ein ekwaS regelmäßi¬ geres Leben, im Gründe ihres Herzens aber näbren sie einen vielfältigen Hang, den sie hrechen sollten, und her sie außerdem schma¬ len Wege hält, Erhebung des GemAhes zu Jesu Christo, dem Wegs der Christen, Ich betye dich an, o Jesu, als den einzige» Und wahren Weg, der zu Gott und zum himm¬ lischen Jerusalem führet, Wehe denen, welche de» breiten oder nur dem Scheine nach rechten W g betreten, und so zu Grunde gehen, Nur auf jenem, den du mir durch deine Worte und B-yspiele bezeichnet Haff, darf ich gehen, so rauh und hart er immer der Natur vorkomme» mag. Deine Gesinnung und Gemüthsverfassung muß ich mir eigen machen , und in selber le¬ ben und sterben, Dir allein muß ich folgen¬ de muß ich mich ähnlich machen. Ich habe mich verirret, indem ich die abseitigen Wege der Menschenkinder gelaufen bin. Ich bin auf hem Wege der Bosheit, des Jrrthums und der Lüge müde geworden. Ich lief von Ver¬ gnügen zu Vergnügen, von einem Gut zum andern, und wurde immer betrogen, so lange ich auf dem breiten Wege blieb. Dom tztolz und Hochmuth aufgeblasen, lief ich als lcm HASH rar kem jenem nach, was mich erbeben konnte. Be» gierig nach den Gütern dieser Welt, oder nach den Wollüsten der Sinne, suchte ich sie mit ei» nem unersättlichen Hunger auf. Ich ging über« ast hin, wo mich meine Begierlichkeit hinzog. Meine Seele schwamm in tausend verschiede¬ nen Gedanken und Entwürfen, und hielt mir allerley Güter vor: mein Herz, immer leer und hungcrig, lief denselben mit Begierde ent¬ gegen. Alles, was ich auf dem breiten Wege sah, schien mir schön, meiner Bewerbung und Zuneigung würdig zu seyn: aber ach! ich er¬ kenne es, daß ich durch dieses Laufen mich nur abgemattet, und mehr und mehr verirret habe; ich sehe es durch eine schreckliche Erfah¬ rung ein, daß ich, wie die Kinder, weiter nichts als einem Schatten, der fliehet und nichts Festes hat, nachgelaufen bin. Ich habe ge¬ funden, daß auf den Wegen der Menschenkin¬ der nichts als Widerwärtigkeit und Unheil ist, und daß sie den Weg, der zum Frieden führet, nicht kennen, (Röm. z, i6. I/. ) Du zeigtest mir, Herr Jesu, einen geraden und sichern Weg, zur ewigen Seligkeit zu gelangen; ich aber, gegen mein eigenes Bestes immer blind, lief den Weg der Gottlosen, der eitel Finster¬ niß ist. Ich verließ den Weg der Wahrheit, und machte neue Sturzfäüe, indem ich von einem Abgrunde in den andern stürzte. Ich fand »»ich wie in einem Irrgarten verloren, den ich weder 202 weder verlassen konnte, noch wollte. Gib mir, o mein göttlicher Heiland, die Gnade, meine große Blindheit und jene so vieler Christen zu beweinen, welche sich zum breiten Wege her¬ zu dringen, und rastlos darauf fort eilen, ohne zu denken, wo er hinführe. O breiter, betrügerischer Weg, der nur auf dem Scheine schön ist! O lasterhafter Weg , dem man nicht folgen kann, ohne ein Feind Gottes zu werden, und darauf zu Grunde zu gehen, Wie groß ist nicht die Gnade, die du, mein göttlicher Jesu, denen erweisest, welche du davon abziehest? Du hast mich bey der Hand genom¬ men , und durch deine Barmherzigkeit ihn ver¬ lassen gemacht, um mich auf dem schmalen Wege des Evangeliums zu setzen- Ich werd« dir ewig dafür danken. Dies ist aber nicht genug: ich muß darauf gehen, ohne mich auf- zuhaltcn, wenn ich den Preis der ewigen Se¬ ligkeit davon tragen will. Aber ach! Herr, du siehst, daß es wenig fehlt, daß ich auf diesem Wege nicht stehen bleibe, oder ihn gar verlas¬ se; die beständige Gewalt, die ich meinen Leidenschaften und Begierlichkeiten antßu" muß, und die übrigen Beschwerlichkeiten, die mir aufstoßen, erschrecken mich, und lenken mich davon ab. Es gibt auf diesem Wege ge¬ wiße Tritte, daß ich oft nicht weiß, mich dar¬ aus zu ziehen. Es gibt Räuber da, welche den kostbaren Schatz der Gnade, den ich trage« von HABS» 2OZ von mir begehren, und auf das Leben meiner Seele gehen. Unter so viel Furcht und Trau¬ rigkeit, unter so vielen Kämpfen und Bemü¬ hungen, unter der drückenden Last meiner vo¬ rigen Sünden, kann ich kaum gehen; selbst mein Leib drückt meine Seele nieder, und hin¬ dert meinen Lauf. Großer Gott, dessen Wege insgcsammt Barmherzigkeit und Wahrheit sind, möchte deine Barmherzigkeit mein Herz erwei¬ tern, auf daß ich diesen so beschwerlichen Weg laufen könne. Möchte deine Wahrheit mein Licht und Führer seyn, auf daß ich nicht den Weg , der recht zu seyn scheinet, für den wah¬ ren wähle. Halte mich , Herr Jesu, auf dem schmalen Wege dergestalt fest, daß ich nie da¬ von abweiche» könne. Alle meine Leidenschaften treiben mich zum Wege des Verderbens; alles zieht mich dahin; ich sehe und höre so viele Weltkinder nächst dem schmalen Wege, welche mir zu sagen scheinen: Komm, komm mit uns, genieße mit uns unsre Ergötzlichkeiten, verkoste im Vorbeygehen den Wein Babylons. Ach! Herr, ich habe sie vormahl nur gar zu sehr angehöret, und mich auf ihrem Wege nur all zu lange aufgehalren. Erweise mir diese Barm¬ herzigkeit, daß ich sic nur mit Mikleiden sehe, "Mnd ihre Gespräche, als Fabeln und angeneh¬ me Träume, nur mit Verachtung anhöre. Wä¬ re es wohl möglich, daß ich m'ch mit ihnen aufhielte, indem mir ein so weiter Weg bevor- stehek, S04 HAM stehet, und die Nacht, in welcher ich Keder gehen, noch etwas thun kann, so nahe ist? Es ist die äußerste Zeit, daß ich eile, und wie ein Reisender und Pilgrim gegen mein himmlisches Vaterland laufe. Der Weg, der mich dahin führet, ist schön, so rauh und beschwerlich er immer zu seyn scheinet. Die Liebe und die Hoff¬ nung künftiger Güter, die mir am Ende mei¬ ner Reise verheißen sind, müssen mir ihn leicht machen, und alle meine Qualen versüßen, wenn nur du, Her Jesu, mein Weg, und getreuer Begleiter meiner Reise bist, Möchte mich dein Wort auf meinem Wege trösten; möchten -eine Sacramente meine Wegzehrung, dein Kreuz der Stab seyn, um mich darauf zu stützen und meine Schwachheit damit auf¬ zurichten, und möchte es mir zum Schwerte dienen, um mich wider meine Feinde zu ver- theidigen. Ich erkenne es, o mein göttlicher Heiland, daß man nur durch den Glauben und die Liehe auf diesen Weg kömmt; nur durch die Demuth darauf bleibt, und durch den Ei¬ fer darauf fortschreitet; nur durch die Treue selben nicht verläßt; nur durch die Hoffnung und durch eine besondere Barmherzigkeit auf demselben bis ans Ende verharret. Verleihe - Herr Jesu, meinen Seufzern und Thr änen al¬ le diese Gnaden, auf daß ich zu dem obern Je¬ rusalem, meinem Vaterlands, gelangen möge, ohne HAM 205 ohne baß mein Lauf je durch einen tödtlichen Fall unterbrochen werde. Amen. Achtzehntes Hauptstdck. Von Jesu Christo, dem Leben der Christen. Der Mensch, da er Gott beleidigte, verließ den Weg, der ihn zur ewigen Glückseligkeit führen sollte, und verirrte sich, indem er den unordentlichen Begierden seines Herzens folg» te. Er hat die Wahrheit verlassen, und sich dem Irtthume und der Lüge ergeben; das Falsche, daö Zweifelhafte, das Ungewiße, das Schein» bare gefällt ihm besser als die Wahrheit. Er hat das Leben seiner Seele verloren, und ist in einen Stand des Todes gefallen, also daß seine Seele, gleich einem Tobten, in Ansehung ihres Heils ohne Leben und Bewegung ist. Je¬ sus Christus, vom Mitleid gegen unser Unheil gerühret, wurde selbst unser Weg, um uns von unferm Irrwege zurück zu führen und uns zu leiten- Er ist die Wahrheit, um uns unsere Irrthümer zu benehmen, und er wurde unser Leben> um uns aus dem Stande des Todes, in den uns die Sünde gestürtzt hatte, heraus zu ziehen. Im vorigem Hauptstücke haben wir ihn als unfern Weg, in diesem wollen wie ihn als unser Leben betrachten. Jesus bhtisius ist das Leden auf alle Artalles le« btt L06 HASH Let in ihm. Er ist das Wort des Lebens, durch die ewige Geburt aus dem Schooße seines Va¬ ters. Lu ihm und von ihm haben alle Geschö¬ pfe das Seyn und das Leben. Er ist das Le¬ ben der Engel im Himmel. Er ist das Leben der heiligen Menschheit, mit der er sich ver¬ einiget hat, und welcher er ein zärtliches Le¬ ben mittheilet. Er wurde bas Leben der Men¬ schen, da er Mensch wurde. Keine Wahrheit hat in der Schrift bessern Grund als diese. Je¬ sus Christus selbst ist es, der es sagt: Ich bin die Auferstehung, und das Leben: wer an mich glaubet, wenn er auch tobt wäre, wirb leben, ( Johan, rr, »5.) Er ist nicht nur das Leben der Seele, sondern auch unsers Leibes- Weil er es ist, der uns das natürliche Leben g geben hat, und es erhält, und unfern Leib am jüngsten Tage erwecken, und aus dem Gra» Le heraus rufen wird. Der große Apostel sah den Tod nur deßwegen als einen Vortheil an, weil Jesus Christus sein Leben war. Darinn, sagt der heil. Johann, hat Gott seine Liebe gegen «ns geoffenbsret, dass er seinen ein- gebsrnen Sohn in die Welt gesandt hat, daß wib durch ihn leben sollen, ( Joh. 1.4,9-) Als wollte er sagen, daß die Menschen vor rer Ankunft des Messias in einem Stande des To- des, ferne vom Leben Gottes waren; und daß der Vater aus Mitleid gegen die Menschen sti- yen Sohn gesandt habe, um ihm das Leben HAM 227 ju geben. Wie stand es also mit der Welt, ehe Jesus Christus auf Erd« erschien? ach! welch ein trauriger und entsetzlicher Anblick! Stellen wir uns ein großes und weites Schlachtfeld vor, wo man eine hitzige und blutige Schlacht hielt. Man sieht weiter nichts als Todte auf die Erde hingestreckt, ohne Leben und Bewe¬ gung, ganz mit Blute überrennen, und mit Wunden bedecket. Dies war der Stand der Welt vor der Ankunft Jesu Christi, und so ist er »och für alle jene, in denen Jesus Christus nicht lebet. wir waren tsdt, sagt der Apostel, in unfern Uebertrstrungen und Sünden, in welchen wir lebten nach dem Laufe dieser Welt, und nach -sm Fürsten, der m dieser Luft Macht hat, der in uns wirkte, dem wir vormahl unterworfen waren, indem wir nach -em willen -es Fleisches und unserer Gedan¬ ke» thaten, (Ephes. 2, i. z.) Go war das Leben der Menschen; wenn man dies, was den Menschen so sehr von Gott entfernt hält, ein Leben heißen kann. Der einzige Sohn des Va¬ ters , da er die Welt in diesem traurigen Stan» de sah, kam auf die Erde. Er erniedrigte sich, und ließ sich durch die Menschwerdung zum Men¬ schen herab; er machte sich klein, und zog sich gleichsam zusammen, um sich nach uns zu fü¬ gen, wie sich der Prophet beugte ,und sich übex den tobten Knaben der Witwe zu Sunam leg¬ te, um ihn durch semen Sichern aufzuwccten, (4.B. Lotz HASH (4. B. der Könige 4. H.) Der Knecht, den der Prophet mit dem Stabe geschickt hatte. Mit Befehl- ihn auf das todte Kind zu legen¬ konnte ihm das Leben nicht wieder geben; der Prophet selbst mußte kommen, um dieses große Wunder zu wirken. ,»Dies zeiget uns an, sagt „ -er heil. Augustin, daß Moses, der von Gott „ wie ein Knecht mit dem drohenden und be- „ schwerlichen Gesetze, als mit einem Stäbe gesandt wurde, dem Menschen das Lebtit „ nicht geben konnte. " Zesus Christus , den der Prophet vorbildete, mußte selbst kommen, um den Menschen zu erwecken, und sein Leben zu seyn. Um dies« Wahrheit zu entwickeln, wer, den wir sehen: i. Wie Jesus Christus das ke» -en der Christen ist: «. Das Jesus Christus thut, um in uns zu leben : Z. Was wir thuN müssen, auf daß Jesus Christus unser Leben fcy: 4. Daß das Leben eines Christen, das Leben Jesu Christi seyn müsse, das ist, daß wir, wie er, leben müssen. 8. Wie ist Jesus Christus das Leben bet Christen? A. Jesus Christus ist das Leben der Chti^ sien auf viererlei) Art. Wir müssen leben, r- von Jesu Christo, und durch Jefum ChristE i s. in Jesu Christo; z für Jesum Christum und er selbst muß unser Leben seyn. Wie große heilig, und erhaben sind diese Wahrheiten t r. 2°9 l. Wir mässen von Jrsn Cbcisto leben. Wie sich unser Leib vom Brod und andern Speisen nähret und lebet/ eben so muß unsere Seele von Jesu Christo leben , indem sie sich von ihm durch den Glauben und die Liebe nähret. Wir bestehen aus jwcy Wesen, einem körperlichen, und einem geistlichen. Jedes dieser Wesen hat eine Nahrung und ein Leben , die ihm eigen sind. „ Es „gibt, sagt der heil. Augustin, eine irdische Näh¬ erung, welche unser Fittich erhält; und ein himnr- „schcs Brod, wovon sich die christliche Seele näh¬ eret. Das irdische Brod kann nur ein irdisches und „körperliches Leben verschaffen ; das himmlische „Brod aber gibt ein himmlisches und ganz „göttliches Leben, gleich dem Leben der En- „gcl- " (8erm. cle utllii. schein. 1': Vl. p. 61Z,) Der heil. Paul, dieser in der Religion so erleuchtete Apostel, sagt uns auch, daß, gleichwie unser Leib und unsere Glieder von der Seele leben, also unsere Seele von Jesu Christo und seinem Geiste, den er reichlich über uns ausgegoßen har, ( Lit- Z, 6. ) leben mässe. Dies geschieht in dec Taufe, wo JesuS Christus der Erundtrieb des neun'. Wesens wird, das wir da empfangen. Er wird da zu¬ gleich unser Haupt; und von diesem Haupte, sagt der Apostel, und von dem Geiste, der selbes beseelet, leben d e mit ihm vereinigten Glieder, wie wir es in dem Hauptstucke über 2esum Christum, unser saupte / erkläret ha» L ben. 2 IO HAAH ben,wo wir bewiesen, daß die Glieder M dem Haupte ein Leben haben müssen. Lasset uns diese große Wahrheit in ein noch größeres Licht setzen, durch das, was uns Je¬ sus Christus im Evangelio sagt. Tr vergleichet sich selbst dem Weinstocke, und uns den Reben. Gleichwie die Weinrebe aus sich selbst keine Frucht tragen könnte, wenn sie nicht an dem Stocke hinge; eben so können wir keine Früch» te guter Werke bringen, wenn wir nicht in Jesu Christo bleiben, und aus ihm die Nah¬ rung und das Leben jiehen; und so wie eine Pflanze alle Befeuchtung, allen Saft, und al» les Leben, das ihr eigen ist, durch ihre Wur¬ zel und aus ihrer Wurzel zieht; so empfängt auch die Seele eines wahren Christen von Je¬ su Christo ihr Leben. Von ihm und durch ih» lebet sie, denn in ihm sind wir eingewurzelt, (Koloss- », 7.) und -er Wurzel und -es Saf¬ te» -es Dehlbaums theilhaftig geworden, (Röm. n, 17.) Vies ist also das Leben des Gerechten, welcher durch einen lebendigen Glau¬ ben in Jesu Christo ist; welcher seine Nahrung, sein Wachsthum und allen Ueberfluß der Früch¬ te, die er trägt, aus ihm ziehet- Man kann über diesen Gegenstand nichts größers sagt"/ als was Jesus Christus selbst darüber sagt. Wie ich durch -en Vater lebe, ( Johan. 6, Z8-) so leben meine Jünger -urch mich: -enn ich bin in ihnen, und du, mein Vater / in mir, (Jo- HASH sn (Johan. »7/ 2Z. ) Lasset uns dieses erklären. Jesus Christus ist in seinem Bater; er erhält das Leben und alles, was er hat, von seinem Vater, der es ihm mittheilet, indem er ihn von Ewigkeit zeuget. Jesus Christus ist auch in uns, wie er es selbst sagt; und vsn ihm er¬ halten wir bas Leben, wie er es von seinem Vater erhält; also daß das Leben eines Ge¬ rechten und Gliedes Jesu Christi, das Leben Gottes selbst ist. Wie die heilige Menschheit des Fleisch gewordenen Wortes, von der Person deS Wortes, mit dem sie vereiniget ist, und das Wort vom Vater das Leben erhält; so empfängt eine gläubige, durch die Gnade ge¬ heiligte Seele das Leben von Jesu Christo, der in ihr wohnet, und durch den Glauben, und die Liebe mit ihr vereiniget ist; denn er ist in unS, und wir sind in ihm, wie er in seinem Vater ist. O mein göttlicher Jesu l wie heilig und erhaben ist bas Leben, weiches du deinen Gliedern gibst'- Leben wir aber auch von diesem Leben? Bekennen wir cs mit dem heil. Bernhard, daß wir nur vom Leben des alten Menschen leben. Er hat sich aller Kräfte unsers Liebes und unserer Seelen bemächtiget. Er lebt in unfern Händen, durch Ungerechtigkeiten, und schändlichste Laster; er lebt in unserer Dun¬ ge, durch Flüche, Verleumdungen, Worte des Stolzes, Hochmuths u-s. f. in unfern Augen, durch Vorwitz und Unreinigkeit; und im Her- iS » zey 2i2 zen durch Begierden des Fleisches, der Welt¬ güter, und der eitlen Ehre. Don wem kann, der Mensch, der nicht von Jesu Christo lebt, leben, als von sich selbst, und von dem Lhieri- schen Leben, das uns den Tod gibt? 2. Wir müssen in Jesu Christo leben. Wir leben alle in Gott als Geschöpfe: in ihm ha¬ ben wir das Seyn, das Leben, und das Be¬ wegen, durch seine Macht, und Unermeßlich- kcit. Wir können außer ihm nicht hinaus ge¬ hen; gingen wir hinaus, so fielen wir in das Nichts. Diese sichtbare, und irdische Welt ist eine Welt, in welcher unsere Leiber athmen, leben, und wirken. Eben so ist Jesus Christus gleichsam die Welt der Christen, in welcher die gläubigen Seelen leben und wirken Man ge¬ het in diese Scelenwelt hinein durch die Recht-" fertiguug, welche eine geistliche Erschaffung ist/ durch welche der Mensch aus dem Nichts, worein ihn die Sünde gesetzt hatte, herausge¬ zogen, und ein neues Geschöpf in Jesu Chri¬ sto wird, wir sind in Jesu Christo erschaffen in tzuten Werken, die Gott vorbereitet hat, daß wir in ihnen wandeln sollen, (Ephes- -, »o. ) In dieser geistlichen Welt findet der Christ alles neu; alles verändert die Gestalt! man redet eine neue Sprache; man hat neue Vorstellungen, neue Gedanken. In besagter Welt arhmet man eine ganz reine, ganz himm¬ lische Luft ein; man nähret sich mit dem Dro¬ pe 2iz be der Engel, und hält alle Wollüste, alle Güter und Größe dieser irdischen Welt für nichts. Alles, was die Menschenkinder für Groß halten , verschwindet da, und man sieht nichts Großes, als Gott und die Gott» feligkeit. Z. Wir müssen für Icsum Christum leben. DieS ist eine Hauptpflicht, welche ein vernünf¬ tiges Geschöpf verbindet, sein ganzes Wesen, alle seine Handlungen, und sein ganzes Leben zu ihm, als zu seinem Gott und Erlöser zu richten. Er hat über unser Leben ein unum¬ schränktes Recht, welches er sich durch feinen Tod und seine Auferstehung erworben hat. Je» sus Christus ist für alle gestorben, auf dast diejenigen ist, dieleben, hinfür nicht sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben, und auferstanden ist ,( 2. Kor. 5, 15.) Reiner von uns lebet sich selbst, und keiner stirbt sich selbst: denn leben wir, so leben wir dem Zerrn; sterben wir, so sterben wir dem Zerrn, (Röm. 14, 7) Diese Stellen beweisen, baß Jesus Christus über unS ein oberhirtliches Recht hat, und dadurch aus Gerechtigkeit von uns verlanget, daß wir nur für ihn leben; daß wir nichts thun, als für ihn; keine Zeit, kei¬ nen Theil unsers Lebens als zu seinem Dien¬ ste anwenden, nicht aber der Welt zu gefal¬ len, oder unsern Leidenschaften, oder einem Geschöpft , als in Absicht auf ihn, Genüge zu lei- 214 leisten. Wir gehören nicht uns, sondern Jesu Christo zu, der uns mit einem theriern Werthe erkaufet hat; wir sind folglich seine Sclaven, doch so, daß dieses alle unsere Ehre ausmacht. Diese Eigenschaft verbindet uns, ihm allein zu dienen, und für ihn allein zu leben, weil ein Sclav nichts erwerben kann, was nicht seinem Herrn gehörte. Wir müssen vor Jesu Christo, pnierm Herrn und Gott , wie eine Fake! seyn, welche zu seinem Dienste uach uud nach abbrent; wir müssen unser Leben für den DienstJesu Christi ganz verzehren. Nichts ist gerechter , nichts herrlicheres für uns, als für einen so großen, so guten Herrn zu leben und zu sterben- 4. Wir müssen nicht nur für Jesum Christum leben; sondern er muß selbst unser Leben seyn, und in uns leben. Dies ist das Leben eines wahren Christen, nähmlich das Leben Jesu Chri¬ sti selbst. Wie lebt aber Jesus Christus in den Christen? Durch seinen Geist, durch feine Gna¬ de, die in ihm wohnet; durch den Eindruck seiner Geheimnisse; durch die Theilnehmung an seinen Verdiensten; durch die Kraft dec Sacramente, besonders des Fronleichnams- Dies hatte Gott durch seine! Propheten verhei» ßen , daß er seine Wohnung in uns arrfschla- gen, und mitten in uns wohnen wolle. Dies lagt er auch im Evangelium durch diese lieb¬ reichen Worte. Ich bin in ihnen, mein Va- -ev r ich habe sie mit mir vereiniget; ich Haid¬ le HASS 215 le und wirke in ihnen; also daß wir als Chri¬ sten mit dem Apostel müssen sprechen können: Ich lebe; zwar nicht ich, sondern Christus le» bet in mir. Daß ich aber jetzt im Fleische le» be, da lebe ich im Glauben an den Sohn Gst» te«, der mich geliebet, und sich selbst für mich in den Lod gegeben hat, (Gal- 2, 20.) An- brthungswürdige und zugleich liebvolle Worte, welche uns die Vortheile zeigen, die der Christ erhält, und wie die Heiligkeit seines Lebens be¬ stellet seyn müsse. Wenn Jesus Christus in uns lebet, muß auch Jesus Christus, wenn wir urtheilen, verlangen, lieben, reden, wirken, und leiden, alles dieses in uns thun. Aber ach! wie wenige sind es, welche sagen können, daß Jesus Christus auf diese Art in ihnen lebe > Nur diejenigen sind es welche der Welt, der Sünde, und sich selbst abgestorben sind; die in der Abtödtung ihrer Leidenschaften leben; denen die Welt nichts ist; die, wie der heil. Bernhard sagt, nur das Wohl Jesu Christi sich zu Herzen nehmen, nur durch seinen Geist reden sind wirken, alles Kreuz, das ihnen Gott schickt, mit Demuth annehmen, und ohne Un¬ terlaß nach der ewigen Seligkeit seufzen. Die¬ jenigen welche so leben, können mit Wahrheit sagen, daß Jesus Christus in ihnen lebet, das ist, daß er es ist, der in ihnen denket, verlanget, liebet, redet, wirket, und leidet- Warum muß aber Jesus Christus in uns leben? dessen sind zwey 2,6 jwey Hauptursachen: die erste, weil in jedmi aus uns ein Grundtrieb des Todes ist, der auch damahl bestehet, wenn wir gcrechtferti- get sind, und uns zum Tode, das ist, jur Sün¬ de, welche der Lod der Seele ist, ohne Un¬ terlaß treibet: wenn Jesus Christus in uns nicht lebte, um der Grundtrieb des Lebens zu seyn, und jenen Hang zur Sunde durch seine Gnade zu schwachen, würden wir bald in den geistlichen Tod, und von da in den ewigen Tod fallen Die zweyke Ursache stießet aus je¬ nem großen Grundsätze der Religion, daß Gott Has en will, das vernünftige Geschöpf soll ihm auf eine Art dienen, welche ter GrM und Heiligkeit seines Wesens angemeßen ist; was der Mensch nach der Sünde nicht thun kann. Alles ist in ihm bemackelt, und wegen feiner verderbten Natur ist er nur des göttli¬ chen Zornes würdig, also daß cs nothwendig ist, baß Jesus Christus in uns lebe und wirke, ans daß wir Gott einen seiner Größe würdigen Dienst entrichten können; und alsdann nimmt Gott unsere Werke an, weil sie in Jesu Chri¬ sto und mit Iesu Christo seinem Sohns der in uns wohnet, und in dem er sein ganzes Wohlgefallen hat, (Matthäus r/. 5.) rvirket sind, (Ephes. 2, io.) Daraus sehe" wir,.daß Gott nichts gefalle, als durch sum Christum, daß wir nichts verdienen, »ud nicht genug thun können, als durch ihn-Was EHH 217 K also ein Christ, der in Jesu Christo und in dem Jeßis Christus lebet? Man kann sagen, daß er ein tweyter Jesus Christus ist. Dieser göttliche Heiland hat ihn dergestalt geliebet/ daß er ihn mit sich selbst, mit seinem Leben, mit sei¬ nen Gedanken und Empfindungen, bekleidet hat; wenn man ihn sicht, scheinet cs, älä se¬ he man Jesum Christum; er ist dessen getreuer Abdruck; wo immer Jesus Christus ist, da ist der Christ auch; er kann sich »on ihm nicht mehr trennen, und sagt zuihm, wie die Ruth zur Noemi: wo du hingeh ,r, will auch ich hin; wo du bleibest, da bleibe ich auch ; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch , da will ich auch begraben werden; der Tod mufi mich und dich nicht scheiden, (Ruth, r, 17.) Z. Was thut Jesus Christus, wenn er in einer Seele, welche durch die Sünde gestorben ist, wieder aufi:ben will? Zl. Di« Auferstehung der Todttn, welche Je¬ sus Christus während seines Lebens auferwe¬ cket hat, ist ein Bild dessen, was er thut, um Seelen , die in dem Sündentode sind, ;u er¬ wecken. Wir lesen im Evangelium, daß Jesus Christus drey auferwecket hat; die Tochter des Jairus des Vorstehers einer Synagoge; den Sohn der Wittwe zu Najm, und denLazarus, den Bruder dsr Martha und Maria. Da 418 MM Da JefuS Christus die Tochter des Borste« Hers der Synagoge auferwecken wollte, ließ er die Pfeifer und das getösemachende Volk obereren; ging in die Kammer der Tobten, nahm sie bey der Hand, und schrie ihr zu: »nerne Tochter, stehe auf. Das Mädchen stand auf, und Jesus Christus befühl, ihr essen ju geben. Alles dieses ist nur ein Bild dessen, was Jesus Christus thut, wenn er einer jun- gen.Person, welche durch die Sünden stark, das Leben der Seele gibt. i. Er räumet alle Hinderniße, welche sie in diesem Todesstande zurück hakten, aus dem Wege ; er entfernet die Leute, derer ungestümmes Getöse sie hinderte, die Stimme Gottes zu hören ; er erweckt in ihr einen Eckel wider die Wollüste, wider die falschen Freuden und eitlen Vergnügungen der Welt, welche durch diese musikalischen Jnstrumem te vorgebildet werden. 2. Sodann gehet erindie- se Seele durch Einflößung seiner Gnade und Liebe ein, welche weit größere Süßigkeiten als jene, hie sie in der Liebe der Geschöpfe genoß, in ihr ausgießen, g. Er nimmt sie gleichsam bey der Hand; denn geschähe dieses nicht, so würde sich der Sünder memalhs aufrichten, noch je etwas für sein Heil wirken können: Hingegen wenn die hülfrriche Hand dieses gött- chen Erlösers die Hand' des Menschen ergreift' das ist, wenn die Gnade und der Wille ver¬ einiget sind; erhält die Seele das Leben durch derr rie¬ ben Trieb der Gnade, welche den Willen frey wirken macht. Endlich schreyet der Heiland, weil es nothwendig ist, daß seine allmächtige Stimme von einer todken Seele sich hären ma¬ che; daß er einem Sünder zu Herzen rede; ihn gelernig mache, und ihm bas Leben gebe; nach welchem dieser Sünder im Stande ist,das an- bethungswürdige Brod des Leibes Jesu Chri¬ sti zu essen. Der zweyte Tobte, den Jesus Christus auf- erwccket hat, ist der Sohn der Wittwe zu Naim Dieser göttliche Heiland kömmt diesem Tobten, den man zum Grabe trug, nicht zufälliger Wei¬ se , sondern vorsetzlich entgegen; seine Mutter, eine Wttwe, begleitet ihn weinend: Jesus Christus, da er sie sah, wurde vom Mitleide gerühret, näherte sich, und berührte den Sarg. Die Träger stehen still; und da Jesus Christus dem Jünglinge befahl, aufzustehen, da stehet der Tobte auf, fängt an zu reden, und Jesus gibt ihn seiner Mutter wieder. Dieser tobte Jüngling ist auch das Bild ei¬ nes Sünders, den die Leidenschaften , die ihm den Tod bringen, zu den größten Ausschwei¬ fungen dahin reißen, und den die Gewohnhei¬ ten, worinn er sich zu vertiefen anfängt, gleich¬ sam in den tiefen Abgrund der Verstockungi begraben, r. Jesus Christus gehet diesem Sün¬ der entgegen, indem er ihm mit seiner Gnade zuvor kömmt, und ihn zuerst suchet, weil er in 220 indem Todesstande, in den ihn die Sünde ge¬ setzt hat, nicht fähig ist, seinen Gott z» su¬ chen, und nur «inen Schritt gegen ihn zu thun. 2. Er höret zu seinem Besten die Seufzer der Kirche, wie er durch die Thranen dieser armen Wittwe gerühret wird; denn die Kirche weinet über den geistlichen Tod eines jeden ihrer Km-- der, als wäre er der einzige Sohn: auf ihre Thranen und Gebethe wirket Jesus Christus die Bekehrung der Sünder, z. Wie sich Jesus Christus dem Tobten nähert, und seinen Sarz berühret, so nähert er sich auch dem Sünder, indem er aus einer unverdienten Barmherzig¬ keit ihn nicht sich selbst überläßt, obschon er dazu Ursache genug hätte, und alles ihn zu er¬ müden scheinet. Er berühret den Sarg, wenn er seinen Leib mit einer Krankheit züchtiget; wenn er seine Sinne mit einem etwa außer¬ ordentlichen Zufalle, und seine Ohren mit ei¬ nigen seiner Worte schlägt, wodurch der fal¬ sche Friede, den er genoß, gestöret, und die Gnade der Bekehrung , als gleichsam durch ei¬ nen Kanal in sein Herz geleitet wird. 4. Jesus Christus befiehlt dem Sünder aufzustehen, da er ihn mächtig rühret, so, daß er seine Sün¬ de verläßt, sich von den Gelegenheiten ganz entfernet, und sich von allen irdischen Dingeu Los reißet , um nur jenes zu suchen, was oben ist. 5. Wie dieser Jüngling, so fängt der Sün¬ der, den dir Gnade Jesu Christi aufwecket, zu reden 221 reden cin, da er einem seiner Diener seine Sünden beichtet, und den elenden Zustand sei¬ ner Seel« entdecket. Jesus Christus gibt ihm in die Hände der Kirche, seiner Mutter hin, welche jenen, dessen Tod sie beweinte, lebendig erhält, auf daß sie ihn unterstütze, und indem Lebensstande, in den ihn Jesus Christus ge¬ setzt hat, wacbsen mache. Alles, was Jesus Christus that, um den Lazarus, der seit vier Tagen todt, begraben und stinkend war, zu erwecken, ist das dritte Bild dessen, was er noch täglich thut, da er Er d.'rn, welche im Laster veraltet fino, das Leben der Seele gibt. Lasset uns die Hauptum¬ stande dieser dritten Auferstehung durchgehen. Jesus Christus überniürt die Ermüdung, und Un- gcmächlichkciten des Weges, indem er weit von Bethanien war, da Lazarus starb; er gebrauch¬ te sich der Thranen,der Geistesbewegung, des Gebethcs, des Geschrcyes, des Befehles; er laßt den Stein wegwölzen, der vor dem Gra¬ be lag, re. Martha und Maria nehmen sich ihres verstorbenen Brnders sehr an, weil die Gebothe und die guten Werke der Kirche zur Bekehrung eines Sünders vieles, beytragen müssen. Jesus Christus wird im Geiste bewegt, nicht aus Schwachheit, sondern aus eigener Macht; er ergrimmt über die Sünde, über ihre Wirkungen, über ihre Folgen, und über die Strafen, die sie zuziehct, nähmlich den Schmerz 222 Schmer; und den Tod. Er ergrimmt in ruck wenn der Glaube einen heiligen Zorn, und eine heilsame Verwirrung wider unsere eigene Bosheiten in uns erwecket; so, daß die Ge» wohnheit der Sünde, der Gewalt des Schmer- jes und der Buße weichet. Jesus Christus web net, und durch seine Lhränenverdienet erden Sündern die Gnade, über den Verlust ihrer Unschuld, und über den Lod ihrer Seele nütz¬ lich zu weinen- Jesus Christus kommt zum Gra¬ be : das Herz ist das Grab eines verstockten Sünders, welches durch eine lange Gewohn¬ heit, alS durch einen harten und schweren Stein, der Gnade verschloßen ist, und wo nur Finsterniß und Fäulniß ist: es muß Jesus Chri¬ stus dieser Höhle wie ein Licht, das die Fin¬ sterniß zerstreuet, diesem Verderben wie die Heiligkeit, und diesem Lode wie die Auferste¬ hung und das Leben sich nähern. Jesus Chri¬ stus hebt den harten und schweren Stein weg, da er das Herz des Sünders durch seine Gna¬ de erweichet, und die Last seiner Sünden durch seine Liebe hinweg räumet, Jesus Christus bc- thct, und sein Gebeth wird erhöret: er ist es, der den Sünder, um die Nachlassung seiner Sünden zu erhalten, bethen machet. Jesus Christus rufet: das Rufen des Heilandes ist «in Bild der allmächtigen Gnade, welche allein den veralteten Sünder aus der Verstockung seines Herzens heraus reißen kann. Nachdem 22z Jesus Christus den Lazarus erwecket hatte, bk« stehlt er, ihn aufzulösen, weil es nicht genug ist, daß man durch die Gnade Jesu Christi das Leben erhalte, sondern erfordert wird, daß man durch die Kirche, das ist, durch den Dienst der Hirten aufgclöset werde. Lazarus hatte die Han¬ de und Füße gebunden, und das Gesicht war im Todtxntuche eingewickelt, um anzuzeigen, daß, ungeachtet er schon zu leben angefangen hatte, er dennoch noch viele Dinge wegzulegen habe. Er muß sich Mühe geben, von jener sich zugezogenen Beschwerlichkeit, die er auf dem Wege Gottes find'et, sich zu befreyen, und gute Werke zu üben; er muß das Tuch, das Über sein Gesicht hänget, wegthun, und sich bemühen, das Bild Gottes, das er durch dis Sünde ausgelöschet hatte, zu erneuern und sehen' zu lassen. Ach wie viele Dinge muß Jesus Chri¬ stus nicht thun, um einem Sünder das Leben der Seele wieder zu geben ? Freylich konnte sich dieser Sünder selbst tödten; allein er kann sich nie- mahls selbst wieder auferwecken. Es wird eine unendliche, in gewißem Verstände größere Macht dazu erfordert, als jene ist, welche er am Gerichtstage zeigen wird, da er alle Lob¬ ten auferwecken wird. Lasset uns aber sehen, wie ein zum Leben aufgeweckter Sünder, ja nicht nur dieser, nach¬ dem ihm Gott seine Sünden vergeben hat, son¬ dern auch jeder Christ leben müsse. S. 224 F. Wie muß das Lebe» eines Christen daL Leben Jesu Christi seyn? Ä. Wir können das Leben dieses Fleisch ge- wordenen Wortes unter drey verschiedenen Beziehungen betrachten: i. In Beziehung auf seinen Vater: 2. In Beziehung auf sich stlbst: 3- In Beziehung auf den Nächsten. Lasset uns diese drey Stücke betrachten, und lernen, wie unser Leben seyn müsse. Jesus Christus lebte auf Erden, um seinen Vater durch die Heilig' kett seines Lebens, und seiner Gcheimniße zu verherrlichen. Er führte in seinem Fleische ein armes, bemüthiges, und bußfertiges Leben. Er liebte den Nächster, indem er sich für ihn in den Tod hin gab , ihn mit Gott versöhnte, und ihm die Sünden verzieh. So muß unser Leben in Beziehung auf Gott, uns selbst, und den Nächsten seyn. Lasset uns dieses Leben un¬ ter diesen drey Beziehungen betrachten, und sehen, welche Eigenschaften cs haben müsse, um des Christen Nahmens, den wir tragen, würdig zu seyn. L. Wie muß das Leben eines Christen in Beziehung auf Gott, Jesum Christum, und seine Grheimniße seyn? Al. Das Leben eines Christen, in Beziehung auf Gott, muß ein heiliges, innerliches, vol¬ les und »verfließendes Leben seyn. l Es muß ein heiliges Leben seyn, weil man durch die Heiligkeit des Lebens Gott auf eine Art ehret« 225 die seiner würdig, und der Größe und Voll¬ kommenheit seines Wesens augemeße» ist. Die Heiligkeit aber fasset drey Stücke in sich. r. Die Entfernung von allem, was unhcilig ist, was die Seele bemackeln, und in den Augen Got» tes unrein machen kann: Entfernung von der Welt, Entfernung von der Sünde, Entfer¬ nung von allem Hang zu den Geschöpfen. 2. Eie fasset in sich die Einweihung seiner selbst ju jenem, was heilig ist, also daß ein Christ sich selbst als Etwas ansehen muß, das Gott eingeweihct ist, und zu nichts, als zu sei¬ nem Dienste ««gewendet werden darf; als ein Gefäß, oder als einen Tempel , der seiner Ehre gewidmet ist.- eine Einweihung , welche geschehen ist, nicht durch das Blut der Ochsen und Böcke, sondern durch die Ausgießung des Geistes Jesu Christ durch sein Blut, durch sei¬ ne Gnade, durch die Einflößung christlicher Tugenden, und durch die Theilnehmuug an dem Leibe, dem Blute, und der Gottheit des Hei¬ landes, deren wir im Sacrament des Altars, welches unsere Einweihung weit vollkommener machet, theilhaftig werden- z. Die Heiligkeit fasset wesentlich die Vereinigung mit dem Ursprünge aller Heiligkeit in sich, nähmlich mit Gott, mit dem wir uns durch die Liebe verei¬ nigen; denn da;ener Gott, den wir anbe- then, die Liebe ist, wenn wer in der Liebe Reiben, bleiben wir in Gott, und Gott blei» P bet s»6 HDHHH bet m uns , sagt der heil. Johann, und die ganze heilige Dreyfaltigkeit schlägt in uns ih¬ re Wohnung auf: wunderbare Vereinigung des Menschen mit Gott, welche machet, da? wir keinen andern Willen haben, als den sei« nigen, und dieses machet den Frieden, und die Glückseligkeit des Menschen auf Erden aps. 2. Das Leben eines Christen muß, in Be¬ ziehung auf Gott, ein innerliches Leben seyn. Es ist nicht genug, daß man durch eine äußer¬ liche Beobachtung des Gesetzes Gottes in Len Augen der Menschen heilig fey; es ist auch nothwcndig, daß wir in den Augen Gottks, der im Geiste, und in der Wahrheit angebe» thet seyn will, heilig seyn. Dies lehret uns der Apostel an mehreren Stellen seiner Briest, La er uns sagt, die wahre Gerechtigkeit ky nicht jene, welche vom Gesetze, sondern vom Glauben an Jesum Christum kömmt. Au diesem innerlichen Leben ermahnet uns der Apostel, da er uns sagt, daß wir uns in unseren Ge- rnüthe erneuern, und -en neuen Menschen anzichen sollen, der nach Gott in (berechtig' keie und wahrer Leilißkeit erschaffen ist, (Ephes- 4, 24.) Gott verlanget das Herz, als den er» sten und edelsten Theil des Menschen, ja als gleichsam den ganzen Menschen. Vom ganzen Herzen will er geliebet seyn; er will, daß wir uns vom ganzen Herzen bekehren sollen- Alle Schönheit der Königstochter ist in ihrem In¬ ner« 227 nerlichen; die Erkenntniß der Wahrheit und das Licht Gottes, das sie erleuchtet, machen die Schönheit ihres Verstandes, die Liebe und Heiligkeit die Schönheit ihres Herzens aus. Dieses innerliche Leben bestehet auch in dem Opfer, das wir Gott von unfern Leidenschaf¬ ten , und von allen unfern unordentlichen Nei¬ gungen , die in uns entstehen, entrichten müs¬ sen. Es bestehet auch, wie das Leben Jesu Christi, in einer innerlichen Verfassung der Vernichtung, der Abhänglichkcit, und bestän¬ digen Anbethung, die wir vor Gott bringen müssen. Es bestehet in der Gemüthsverlamm- lung, Aufmerksamkeit und Wachsamkeit über uns selbst, über alle unsere Gedanken, über die Bewegungen des Herzens und über unsere äußerlichen Sinne, um die Zerstreuung, welche die Quelle unendlich vieler Sünden ist, zu ver¬ meiden. Dies innerliche Leben ist das Leben eines in Gott mit Jesu Christo ver¬ borgenen Herzens. Es lebt in Gott durch die Liebe, welche selbes mit diesem höchsten We¬ sen vereiniget, und in seinen Augen angenehm machet. 3- Das Leben eines Christen, in Beziehung auf Gott, und auf die Geheimniße Jesu Chri¬ sti, muß ein volles und überfliesten-es Leben seyn. Um uns dieses Leben zu verschaffen, ist Jesus Christus auf Erden erschienen -- Ich bin gekommen, sagt er, daß meine Schaafs da« P r Le- 328 chBHH Leben haben und überflüßiz haben, (Johan, io, ro.) Ein Leben, wo man sich Gott nur von Zeit zu Zeit und mit Maße schenkt, ist nicht genug. Glauben wir nur N'cht, daß Gott mir einigen Augenblicken, die man seinem Dien¬ ste widmet, oder mir einigen obenhin vemchte- ten Gebetöen, oder mit einer oft schlecht ge¬ hörten Meße, oder mit einem Segen, den man auch oft mit nicht christlicher Vorbereitung empfängt, Unfrieden sey. Die drey göttlichen Personen verlangen, daß wir ihnen geben sol¬ len^ was wir ihnen schuldig find. Der Vater, als der Ursprung und das Ziel unsers ganze» Wesens, verlanget, daß all unser Thun ju ihm gerichtet werde; daß wir nur für ihn leben und wirken Jesus Christus, als un er Muster, for¬ dert, daß unser Leben dem seinigen gleichför¬ mig sey, und daß wir in unserm Betragen seine Tugenden, seine Denkart und Verfassung ausdrücken sollen. Der heilige Geist will, daß wir seinem Lichte, seinem Triebe in allem fol¬ gen , und nichts tbun sollen, was uns nicht durch ihn emgcfiößet ist. Alle göttlichen Eigen¬ schaften fordern unsere Huldigung. AlleGeheim- niße Jesu Christi müssen sich in uns entwerfen, und jedes muß einige, ihm eigene. Feuchtln uns hervor bringen. Alle, so oft empfangene Sacramente müssen eine überfließcnde Heilig¬ keit schaffen. Deswegen ermahnet der Apostel die Christen, laß sie sich mit der Lrucht der Le- -L) Gerechtlgfeit erfüllen sollen, (Philip, i n.) Und in einer andern Stelle seiner Briefe sagt er daß wir vom heiligen Geiste und mit al¬ ler Fülle der Gaben Gattes trachten sollen, erfüllet zu «erden, ( Ephes. z, 195, t8-) Bekennen wir cs, daß das Leben der meisten Christen nicht so sey. Wir glauben immer, daß wir für Gott zu viel thun ; obschon wir keinen Anstand nahmen, zu viel für die Welt zu rhun, der man alles aufopferte, der man sich ohne Vorbehalt dargab, deren Grundsätze man ohne das geringste Bedenken folgte. Z. Wie muß das Leben eines Christen in Be' ziehung auf sich selbst beschaffen seyn? A. Gleichwie das Leben Jesu Christi in Be¬ gehung auf sich selbst ein armes, temüthigeS, und bußfertiges Leben war, so muß auch daS Leben eines Christen seinem Leben ähnlich seyn. i. Wir müssen ein bußfertiges, und abge- tödtetes Leben führen, nicht nur um Jesu Chri« sto gleichförmig zu seyn, sondern auch um die Begierlichkeit des Fleisches und den Leib der Sünde, den wir tragen, in uns zu schwächen weil es unmöglich ist, den Begierden des Flei¬ sches zu widerstehen, wenn wir selbes durch die Strenge des Lebens nicht kreuzigen. Zu dieser Abködtung sind wir als Christen verbun¬ den , weil wir kraft dieser Eigenschaft täglich unser Kreuz tragen, und uns selbst entsagen müssen. Allein die Pflicht, ein Bußleben zu sich- 2ZO führen, wird für uns um soviel verbindlicher, weil wir in der That Sünder sind, und folg- sich kein anderes Mittel haben, Verzeihung un¬ serer Sünden zu erlangen, als die langen und beschwerlichen Bußübungen. Die Liebe zu den Vergnügungen entfernte uns von Gott; cs muß uns also die Dual und der Schmerz ihm nähern. Der üble Gebrauch unsers Körpers, und der Geschöpfe machte uns zu Feinden un¬ sres Gokees; wir müssen ihm also unfern Leid als ein heiliges lebendiges Opfer darbringen, und unsere Glieder den Werkender Gerechtig¬ keit dienen machen, weil wir sie zu den Werken der Sünde angewendet haben. Nach¬ dem wir also die Geschöpfe gemißbrauchet ha' bcn, ist es billig, daß wir uns davon berau¬ ben, und uns zum Fasten, zum Weinen, M Einsamkeit und Buße verdammen. L. Unser Leben muß demüthkg ftyn, um je' nen unseligen Hang gegen alles das, was uns erhöhen und unserer Eitelkeit schmeicheln kann, zu bekämpfen. Der Stolz hat uns zu Grunde gerichtet; durch die Demuth will uns Jesus Christus sekig machen. Kleinen Kindern ähnlich werden; den letzten Platz rinnchmen; die Un¬ bilden und Verachtungen mit Geduld leiden; wie die schlechtesten Menschen behandelt wer-" den; die Schmähungen der Menschen ohne Murren und ohne dre Liebe zu verlieren erdul¬ den; von sich selbst geringschätzig denken; dem Lo- EHH 2zi Lobe und der Hochschätzung der Menschen nicht nachhängen; vor der Welt verborgen und un¬ bekannt zu leben suchen : in diesem bestehet das demüthige Leben, welches wir führen müssen, um Jesu Christo ähnlich zu seyn, der sich aus Liebe zu uns vernichtet, und uns durch «ein Beyspiel gelehret hat, daß wir die Demüthi, gringen lieben müssen. z. Unser Leben muß endlich arm seyn, das ist, wir müssen, im Herzen, und der Neigung nach, allen Gütern undReichthümcrn der Welt entsagen, und nicht cinmahl verlangen, reich zn werden; jeder Christ muß mir den Noth- wendigen seines Standes zufrieden seyn; sich cinschränken, und das Ueberfiüßige den Armen geben; von Kleidern, Einrichtungen, Fahr- und Weißgeräth nur so viel haben, als es die Eingezogenheit, die Einfalt, und die Regeln des Evangeliums zulasten können; seine Tafel nach der christlichen Mäßigkeit cinrichten. Die Reichen und Mächtigen der Welt müssen selbst durch ihr Äußerliches darthun, daß sie Zün¬ gle , Kinder und Glieder eines armen Gottes sind, und alle Dinge dieser Welt so brauchen, als brauchten sie selbe nicht: welche aber arm vom Stande sind, müssen sich glücklich schätzen, es zu seyn, und verlangen, es zu bleiben, oh¬ ne Wunsch und Bestreben reich zu werden, und mit der nsthwcndigen Kleidung und Nahrung »usrieden seyn, Wir sind uns selbst diese drei) Stü. -Z2 Stücke schuldig, die Dcmuth, die Armuth,und Abtödtung.- weil wir uns lieben, und das wahre Gut, welches allein Gott ist, uns ver¬ schaffen muffen; und weil unsere Leidenschaf¬ ten das große Hinderniß sind, welches uns vom Besitze nnsers höchsten Gutes abhält. Deswe¬ gen müssen wir sie bestreiten, und alles ab¬ schneiden , was sie nähren, und stärken kann, als da sind die Vergnügungen, die Reichthü- mer, und alle 'Gegenstände des Stolzes und der Eitelkeit. Dies sind die drcy Quellen, wel¬ che die Menschen unglücklich machen, und sie rrm den Besitz ihres einzigen und höchsten Gu¬ tes bringen. F. Wie muß das Leben eines Christen in Be¬ ziehung auf den Nächsten beschaffen scyn? A. Alles, was wir dem Nächsten schuldig sind, sagt der Apostel, ist in diesem Worte enthalten: Du sollst lieben, u. s. f. Aber wie müssen wir ihn sieben? i. Wie uns selbst, ihm alles jene Gute wünschen, welches wir uns selbst wünschen können und müssen, als da ist die Lugend, die Gnade und Seligkeit, und ihm selbe durch unfern Unterricht, unsere freund¬ schaftliche Erinnerungen, unsere Beyspiele, und alle jene Mittel, die von uns abhangen , i" verschaffen trachten. Wir müssen thun, was von uns abhängt, nähmlich durch unser Gebeth oder unsere Sorgfalt, unserm Nächsten nicht nur geistliche und ewige, sondern auch zeitliche Gü- HHSH -n Güter verschaffen, wenn er in der Noch ist; und folglich ihm auch von dem geben, waS tu unserm Stande nothweudig ist, und uns bey gewißen Gelegenheiten so genau einschrän- ken, daß wir seine körperlichen Müheseligkeiten lindern können. Dieses Gesetz der Liebe aber ge¬ het noch viel weiter, weil uns Jesus Christus befiehlt, unsere Brüder zu lieben, wie er selbst uns geliebet hat. Er hat, um uns selig zu ma¬ chen, seine Ehre, seine Güter, sein Leben auf- geopftrt. Wir müssen also auch bereit seyn, uns selbst aufzuopfern,, für das Heil unsers Näch¬ sten alles her zu geben. Dies ist die Lehre Jesu Christi, und des heil. Johann in seinen Brie¬ fen : eine wenig bekannte und noch weniger befolgte Lehre, indem man täglich sieht, wie sehr man sich wider das Geboth, seine Feinde zu lieben, jenen, die uns Böses thun, Gu¬ tes zu erweisen, und einige Schritte zu thun, um sie Jesu Christo zu gewinnen sträubt. s. Die Liebe bestehet in dem, daß wir dem Nächsten^ nie schaden; ihm weder an seinen Gütern, noch an seiner Person, noch an sei¬ ner Ehre unrecht thun; ihm weder durch un¬ sere Worte, noch Thaten eine Ursache zum Falle oder zur Aergerniß werden; gegen alle Menschen Geduld, Sanftmuth, Mitleid und Demuth üben. Ziehet an sagt der Apostel, al» Aurerwahlte Gottes, al» heilige und belieb» herzliche Erbarmung, Gütigkeit, Demuth, Sitt» 2Z4 ' HAZHH Sittstrmkelt, Geduld. Liner übertrage bei» andern; und vergebet einer dem andern, wenn jemand über einen andern zu klagen hat: wie der Zerr euch vergeben hat, also thut auch ihr, (Kollos, z, 12 ) Die Liebe nimmt alle diese Nahmen und Gestalten an, die in dieser Stelle des Apostels bezeichnet sind- Die Liebe machet das ganze Leben eines Chri¬ sten aus. Sie ist es auch, welche machet , daß alle Christen nur ein Leib sind, der aus ver¬ schiedenen Gliedern bestehet, welche nur ein Haupt, einen Geist und eine Seele haben. Die Liebe macht alle Gläubigen, die sie üben, i» Brüdern; indem sie alle nur einen Vatern ha¬ ben ; an den geistlichen Gütern gleichen ThcÜ nehmen; nur eine Hoffnung haben; in btt Kirche wie in dem Hause ihres Vaters leben; einander trösten, bey ihren Müheseligkeiten einander bemitleiden; im Frieden, ohne Neid, Zank, Klage, und Bitterkeit leben; gleichsam wetteifern, wie sie einander gefallen, und nütz¬ lich seyn können; Demuth und Sittsamkeit in Worten und Werken zrigen, einander so lü¬ den, wie Gott sie liebet- Sie sind nur Eines in Jesu Christo, ohne den Griechen von dem Juden, den Sclaven von drm Freyen zu unter¬ scheiden. Dies ist das Leben eines Christen in Beziehung auf den Nächsten; ein Leben, daß man wenig kennt, und noch weniger im Wer¬ ke zeiget. Und doch wollte Jesus Christus die¬ ses HASH 2Z§ ses Leben auf Erden einführen, da er uns be¬ fahl , einander zu lieben, wie er uns geliebet hat! Eines unter einander zu seyn, wie er mit sei¬ nem Vater Eines ist; da er uns seinen Geist gab, und uns befahl, vom Sacramcnte sei¬ nes Leibes uns zu nähren, um diese geistliche, göttliche und unaussprechliche Vereinigung zu bilden. Erhebung des Gemüches zu Jesu Christo dem Leben der Christen. O Wort des ewigen Vaters! einiger Sohn des lebendigen Gottes! O Leben , in Gott von aller Ewigkeit verborgen, gcoffenbaret aber in der Fülle der Zeiten, durch deine Geburtaus dem Schooße der heiligsten Jungfrau, und durch die übrigen Gehcimniße, die du gewirket hast. Du bist das wahre, ewige Leben, das Le¬ ben des Leibes und der Seele, und der Grund alles erschaffenen Lebens. Der Vater, da er dich von Ewigkeit erzeuget, theilct dir die ganze Fülle seines Lebens mit: und du , da du Mensch wirst, schenkest der menschlichen Natur jenes göttliche Leben, das du von deinem,in deinem und für deinen Vater empfängst. Und nachdem du dieses Leben der menschlichen Natur mikge- theilet hast, so lässest du selbes auf uns überge¬ he», EM Herr, und machest nns desselben th eilhastig, da du dich mit uns durch deine Gnade und Sa¬ kramente vereinigest, auf daß wir von dir und durch dich, in dir und für dich leben, wie du von deinem Vater und für deinen Vater lebest- O Leben der Teele eines gerechtfertigten Chri¬ sten! wie groß und erhaben bist du ! Im Schos¬ ste des Vaters hat es seinen Ursprung; vom Vater gehet es auf seinen Sohn über; und von seinem Sohne kömmt es zu uns. Kann ich wohl sagen, wenn ich mich selbst betrachte daß ich in Jesu Christo Lebe? daß meine Seele von ihm, wie mein Leib von der genoßenen Nah¬ rung, das Leben nehme? Kann ich sagen, daß JesuS Christus mein Leben sey? Urtheile, »er¬ lange, liebe, rede, wirke und leide ich durch ihn? Herr Jesu, ich erkenne und fühle es, daß du in mir nicht leben wirst, als wenn ich mir selbst, der Welt und der Sünde werde abge¬ storben seyn; mir selbst, durch eine vollkomme¬ ne Entsagung aller meiner menschlichen Absich- ten, aller meiner Begierden, und alles dessen, was nach einem weichlichen und sinnlichen Le¬ ben schmeckt; der Welt, durch die Einsamkeit, durch die Verachtung aller ihrer Güter und Ver¬ gnügungen, und durch eine stacke und mächti¬ ge Liebe, die mich von allem Vergänglichen aö- zieht, um mich mit meinem höchsten Gute zu vereinigen; der Sünde, durch eine aufrichtige und dauerhafte Bekehrung, und durch einebe- stän- MSH -z? ftr-diqe Abtöbtung meiner Leidenschaften und Eti 'k. Ich bekenne es, baß ich bisher nur nach dem Fleische lebte; ich führte ein ganj irdisches, rhienschrs und ganj heidnisches Le¬ ben , unß folgte nur der Eitelkeit meiner Gedan, ken und dem Jrrlichte meiner Leidenschaften- Ach ! vielleicht hält mich die Welt für lebendig, und bin vielleicht todt in deinen Augen, weil ich weiter nichts als eine äußerliche Gerechtigkeit habe, welche mich nur in den Augen der Welt gerecht machet- Mache, Herr Jesu, daß ich durch dein Leben alle diese Lebensarten tödte, welche deine Absichten, dem Ucberfiuße deiner Wohlthitten, der Heiligkeit des ChristenthumeS, der Hoffnung der ewigen Seligkeit, und der Eigenschaft eines Kindes Gottes, die ich trage, so wenig gleichförmig sind. Lebe in mir, o mein Heiland, durch die Ge¬ genwart demeS Geistes, durch die Mittheilung deiner Geheimniße, durch die Lieblichkeit dei¬ ner Gnahe, durch die Anwerbung deiner Ver¬ dienste, durch die Ausgießung deiner Liebe, und durch das Geschenk deiner Tugenden und deiner ganj göttlichen Verfassung, auf daß ich sagen könne, daß nicht mehr ich, sondern du in mir lebest. O Lehen Jesu in der Seele eines Christen! O Leben eines Christen in Jesu Chri¬ sto ! wie dcilig und erhaben bist du! Schenke mir dieses Leben, omem Herr, und mein Gott! Ziehe mich heraus aus dem Schatten des To¬ des ; 2Z8 des; bcfreye mich von dem Verderben, wohin mich die Sünde gestürzet hat. Tödte, Herr Je¬ su , gänzlich jenen Rest der Begirltchkeit, wel« che in mir eine beständige Nahrung des Todes Ist; mache, daß alles, was in mir sterblich ist, durch dein göttliches und ewiges Leben aufhört sterblich zu seyn. Du bist die Auferstehung, und bas Leben; strecke dich über meine Seele, wie es einst einer deiner Propheten über den Leib eines tobten Kindes that, dem er durch den Hauch seines Mundes das Leben gab. Gieß deinen Geistüber meine Seele aus, und ich werde leben. Ach könnte ich leben, um nicht mehr zu sterben, um mich weder in der Zeit noch in der Ewigkeit von dir zu trennen. Möch' te ich von dir leben, weil du das Brod und die Nahrung meiner Seele bist: möchte ich in dir leben, als in meinem wahren Element, wo ich nur dich einathme, und nur für dich lebe, weil du der Zweck meines ganzen Wesens, al¬ ler meiner Handlungen, meines Lebens und Todes bist. Allein, o Leben meiner Seele, du bist es auch meines Leibes. Von dir habe ich das na¬ türliche Leben empfangen; du hast mir dieses durch deine Barmherzigkeit erhalten, nachdem ich es wegen meine Laster hätte verlieren sollen. Möchte ich fürhin nur leben, um dich durch meine Bußwerke und durch das immerwährcn» de Opfer meines Lebens zu verherrlichen. Es ist in «MHH 2zy in deiner Hand, und du weißL es, wie lang du mir es lasen willst. Ich will ruhig und unter deiner mächtigen Hand gedemüthtget diesen letzten Au» ßcnbljck erwarten, wo ich hoffe, daß du mich von dieser müheseligen Welt der Sterbendenwegneh¬ men wirst, um mich in das Land der Lebendi¬ gen zu übersetzen. Da, hoffe ich durch deine große Barmherzigkeit, jenes glorreiche, ewige und unsterblich« Leben zu finden, wo mein Leib so wohl als die Seele vom wahren Leben leben, mit Unverweslichkeit und Unsterblichkeit beklei¬ detwird, nachdem du diese dürre und in Staub zerfallene Gebeine wirst aus dem Grabe heraus gerufen haben. Alsdann werde ich von dir und mit dir in dem Schooße deines Vaters le» ben, wo mir nichts mehr das Leben zu rauhe« fähig seyn wird. Ach! wann wird dieser Tag kommen, wo ich wahrhaft werde sagen können Ich sterbe, um nicht mehr zu sterben. Möchte dieser selige Tag kommen, welcher der Gegen¬ stand aller Begierden eines Kindes Gottes seyn, und seine Vereinigung mit ihm vervoll- kommenen muß, um ihn von seiner Unsterblich¬ keit unsterblich, von seiner Heiligkeit heilig, von seiner eigenen Glückseligkeit glückselig, von seiner Herrlichkeit herrlich; und von seinem Leben le¬ bend zu machen. Zerstöre, Herr, dieses irdische Haus; zerreiß die Bande meines Leibes; ma, che mich das Zelt, wo ich noch wohne, willig »erlassen. Mein Herz und mein Fleisch hüpien vor 240 vor Freute gegen den lebendigen Gott, und ich verlange im Himmel und auf Erden nichts außer dir. O mein Heiland, Sohn des lebend!« gen und wahren Gottes! du bist mein Leben; deswegen hoffe ich, der Tod werde mir ein Gewinn seyn, weil er mich von jenem leidigen Grund des Todes, der in mir ist, und von der Tyrannei) des alten Menschen , der mich wider meinen Willen der Sünde unterwirft, befreyen wird. Komm also, Herr Jesu , komm, o göttliches und ewiges Leben meines Leibes, und meiner Seele! Amen. Neunzehentes HaupLstück. von Jesu Christs, der ewigen UN- unverän¬ derlichen Wahrheit. Jesus Christus, das Wort Gottes, der ei¬ nige Sohn des ewigen Vaters, der alles der Ewigkeit und in der Zeit von seinem Va¬ ter empfängt, ist die ewige und unveränderli¬ che Wahrheit, i. Er ist selbst der höchste Ver¬ stand und das allgemeine Licht aller erschaffe¬ nen Geister. I» ihm und durch ihn erken¬ nen sie die Wahrheit; weil er die vollkomme¬ ne Kcnntniß derselben hat, und sie den En¬ geln und Menschen, so viel es ihm gefällt, mittheilet- Als Wort Gottes, ist er der höchste Verstand aller vernünftigen Geschöpfe; und in bei» HASH 24» diesem Verstände sagt der heil. Johann , daß er alle Menschen erleuchte, die ans diese Welt kommen, (Joh. i.) Dieses Wort wur¬ de Fleisch, und erschien auf Erden, sagt eben dieser Heilige, voll der Gnade und Wahr¬ heit, ( Ebend. ) In ihm ist alle Religion, in ihm sind alle Wahrheiten, die sie lehret, enthalten; er ist ihre Fülle und ihr Zweck: er hat sich den Menschen geoffcnbaret, nm ihnen Wahrheiten zu entdecken, die schon vom Anfänge der Welt verborgen waren; und er selbst sagte, er sep gekommen, um der Wahrheit Zeugniß zu geben, (Joh. l8,37) weil er sie gesagt, und gelehret hat, wurde er verdammet, an einem Kreuze zu sterben. 2. Jesus Christus ist die Wahrheit, die Wirk¬ lichkeit, und der Leib des Schattens und der Bil¬ der des alten Gesetzes: Denn das Gesetz hatte nur -en Schatten der zukünftigen Güter, nicht aber ihr Wesen und Art, (Hebr. ro, i.) Alles widerfuhr ihnen zum Vorbilds, nahm» lieh dem alten Volke, ( i. Kor. ro, n.) Und alle diese Dinge «aren nur -er Schar« ten künftiger Dinge,( Koloss. 2, 17.) Jesus Christus ist der Leib und die Erfüllung, die Wahrheit und der Zweck der den Mkufchen ge¬ machten Verheißungen, die Wahrheit und die Entwicklung aller Weissagungen- Das ganze alte Gesetz hat mit Jesu Christo eine wunder¬ bar schöne Verbindung und Beziehung, wie Ll dex L42 HAHK der Schatten mit dem Leibe. Das Gesetz,, als der Schatten, erschien zuerst ; und Jesus Chri. stus, die Sonne, der Gerechtigkeit, zeigte sich in der Fülle der Zeiten, und zersireuete alle diese Finsterniße. Das Gesetz, sagt der heil. Johann, ist durch den Moses gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Iesum Chri¬ stum ertheilet worden, ( Joh. r, 17.) Man müßte das ganze alte Gesetz durchgehen, um alle diese Bilder in Jesu Christo erfüllet zu sehen. Wir werden nur einige merklichere an» führen- Adam, da er im irdischen Paradiese einge¬ schlafen , wo seine Gattin aus einer seiner Rippen gebildet wurde, bezeichnet uns den Tod Jesu Christi, wie er an dem Kreuze ent« schlafe»; und seine Kirche, welche durch das aus feiner Seite fließende Blut und Wasser soll¬ te gebildet werden. Die Frucht des Lebens im irdischen Para¬ diese , war ein Bild Jesu Christi und des Al- tarssa-ramcnts, welches den Menschen das Leben gibt. Jener Strom in diesem Orte des Vergnü» gens, der sich in vier Flüße theilete, entwirft Iesum Christum, die Quelle aller Gnaden, die er in die vier Welttheile verbreitet- Abel, von seinem eigenen Bruder getödtet, stellt uns Iesum Christum vor, der von feinem eigenen Volke, das seine Brüder nach dem Alei- EHH -.sz Fleische waren , gekreuziget wurde: aber an, statt daß dasBlut Abels Rache forderte, schreyet das vergoßene Blut Jesu Christi weit besser, sagt der Apostel, und bittet für uns um Gnade. Noe ist das Bild Jesu Christi auf verschiede¬ ne Artsein Nähme, welcher Ruhe heißt, stellet uns Jesum Christum als jenen vor , in welchen die Menschen ihre Ruhe finden, wel' cher der Friede und die Versöhnung der Welt seyn sollte. Noe, indem er die Arche bauete, und die Sünder an das Unheil, das ihnen be¬ vor stand, erinnerte, stellet uns Jesum Chri¬ stum dar, wie er seine Kirche bildet , den Men¬ schen prediget, und ihnen unausbleibliche lie¬ bel ankündet , wenn sie sich nicht bekehren, und seinem Worte glauben würden. Noe, nur mit acht Personen vor^ der Sündfluth gerettet, da die ganze übrige Welt ersäufet wurde, ist das Bild Jesu Christi, der nur jene, welche in der Arche, das ist, in der Kirche sind, selig ma¬ chet. Noe, eingeschlafcn, nachdem er vom Wein des Gartens, den er mit seinen Händen pflanz¬ te und bearbeitete, getrunken hatte, ist das Bild Jesu Christi, der in dem Tode am Kreu» je entschlief, nachdem er mit Schimpf gesät- tiget war, und Gall und Eßig, die ihm die Synagoge gab, getrunken hatte: dieses Volk, das er wie einen Weingarten gepflanzet, und mit so vieler Sorge gepfleget hatte, wie cs pvrn David / von den Propheten und im Evan- Q 2 Selium 244 HBSH gelium angemerket wird. Noc, in cine dcmu- thigende Lage versetzt, von einem seiner Söh« ne verlacht, von dem andern gcchret und ge¬ achtet , ist das Bild Jesu Christi, wie er von einigen aus seinem Dolle verspottet, von an¬ deren geehr't und angebcthet, von vielen als ein Gegenstand der Thorheit und der Aerger- niß, von vielen andern aber als die Rraft und Weisheit Gottes , wie der heil Paul sagt, angesehen wird. Noe, da er erwachet, den Cham, der ihn beschimpfte, in der Person sei¬ nes Sohnes Lhanaan verwirft und verfluchet, und ihn seinen Brüdern unterwirft, ist ein Bild des erstandenen Heilandes , der die Juden ver, stößt, und sie den Heyden, denen er seine Gnade gibt, nachsetzt. JesuS Christus, der Mittler zwischen Gott und den Menschen, das Zeichen des Bundes, ja der Bund selbst, des Gott mit den Menschen gemacht hat, ist der wahre Regenbogen, den Gott zum Zeichen des Bundes, den er mit den Menschen machte, dem Noe gab. Wenn der Himmel von Wolke» trübe ist, sicht Gott diesen Bogen, und sei» Zorn legt sicn; wenn er wider die Mensche» ergrimmt, sichr er Jcsum Christum seinen Sohm und setzt seine Crrafruche bcyseits-' er hält ein, da er diesen göttlichen Mittler ansieht, der für die Menschen bittet. Melchiftdech , seine Person, sein Pricstcrthum und sein Opfer, stellen uns die Geburt Jes» Chri- 248 Christi, sein Priesterthum und das Opfer seines keibes und Blutes vor, welche unter den Ge¬ stalten des Brodes und Weines Gott geopfert werden. Abraham, der Vater so vieler Völker, istdas Bild Jesu Christi, welcher der Vater und das Haupt so vieler Christen geworden ist. I°chak wird durch s.tn n Gehorsam und fein Opfer das Bild Jesu Christi, welcher sich ge¬ horsam erzeigte bis in den Tod, und bis in den Tod des Kreuzes, auf w schein er nach vem Befehl seines Vaters sein Opfer vollbrachte. Jakob , der daS Haus seines Vaters verläßt, seine Braut aufsucht, selbe durch mühevolle Arbeiten erkaufet, und ein Vater von zwölf Kindern wird, ist das Bild Jesu Christi, wel¬ cher vom Himmel stieg, um sich mit der Kir¬ che seiner Braut zu vereinigen, und nach dem Geiste, nicht nach dem Fleische, der Fürst und Vater von zwölf Aposteln wurde, welche sich in die Welt vertheilten, um dir Wahrheiten des Evangeliums zu verkündigen, und den wah¬ ren Gott anbethen zu machen. Alle Weissagun¬ gen , die dieser heilige Patriarch sprach, be¬ stimmen einige Gcheimnißc Jesu Christi, oder feiner Kirche. Joseph, da er unter dem Bilde der Garben seiner Brüder, welche die seinige anbetheten, seine künftige Größe vorsagt; deswegen der Gegenstand ihres Neides wird; von ihnen ver- ra- »46 rächen und Auswärtigen verkaufet; von dem Weibe des Putiphar angeklagt wird, die ihn zur Sünde ziehen wollte, und von er er sich mit Zurücklassung seines Mantels losreißt; da er in einem finstern Kerker schmachtet, und dem einen Beamten des Königs vorsagt, er werde los gesprochen und groß werden, dem an¬ dern aber, er sey ein Kind des Todes; Joseph, da er als unschuldig erkannt wird, ehrenvoll seinen Kerker verläßt, und der Heiland Egyp¬ tens wird, da er den Völkern der Erde Brod schaffet; Joseph , da er sich nach langen Zu- rückhalten seinen Brüdern zu kennen gibt, und sie mit äußerster Güte behandelt, ist bas Bild Jesu Christi, in welchem der ewige.Va¬ ter sein Wohlgefallen gesetzt hat; der vom Ju¬ das verkaufet und den Heyden überantwortet wurde; den die Synagoge fälschlich anklagte, weil er ihre Sitten verdammte, der das Schick¬ sal der zween Mörder an seinem Kreuze bestimm¬ te ; der aus seinem Grabe, wie aus einem fim stern Kerker, glorreich heraus ging, der Hei' land der Welt wurde, und endlich seine Brü¬ der nach dem Fleische, das ist, die Juden, de¬ nen er sich zu kennen geben wird, in seine Kirche berufet. Moses, dieser große Mann, der bald nach seiner Geburt mitten auS dem Wasser gerettet, und von dem Tode, zu welchem alle neugebo¬ rene Knäblein verdammet wurden, befreyet, und «LAM 247 und hernach von den Egyptern ernähret wird, ist das Bild Jesu Christi, der von der Metzle- rey der unschuldigen Kinder, die HerodeS töd« ten ließ, gerettet, und in Egypten, wo er ei¬ nige Zeit blieb, getragen wurde. Moses der von Gott zum Erretter seines Volkes bestimmet wird, und in der Wüste, wo er den Befehl erhält, in Egypten zu gehen, um die gefan¬ genen Israeliten vom Joche Pharaons zu be- fteycn, sich einige Zeit aufhält, ist das Bild Jesu Christi, der auf die Welt gesandt wurde, um die Menschen von der schändlichen Dank¬ barkeit des Teufels zu erlösen. Moses, deroox dem Volke durch mehrere Wunder seine Sen¬ dung bewies, und Pharao mit seinem Kriegs- Heere im rothen Meere ersäufte, ist das Bild Jesu Christi, der durch seine Wunder in Ge¬ genwart der Juden darthat, daß er der wahre Mesias, der Sohn Gottes, der vom Vater ge¬ sandte Erlöser sey, und der durch die Kraft seines Kreuzes alle Sünden in dem Taufwasse» tilgte. Jesus Christus, der in dem Schooße Ma¬ riens seiner Mutter, die allezeit Jungfrau blieb, Fleisch annimmt; oder auch der in dem anbe- thungswürdigen Altarssacrament zugegen ist, ist die Wirklichkeit jenes brennenden Busches, den Moses sah, welcher ohne sich zu verzehren brannte, und in dessen Mitte der Unveränder¬ liche wohnte. Ze- Jesus Christus, den die Menge der Kinder Israels tödtete, und dessen Blut, das er am Kreuze vergoß, das Heil der Menschen ist, ist die Wirklichkeit deS Osterlammes, das die Ju¬ den schlachteten, und dessen Blut, mit wel¬ chem sie ihre Lhürpfosten krcuzweis bestrichen, sie vom Tode befreyete. Jesus Christus, das lebendige Brod, das vom Himmel fiel, zum Leben der Welt, ist die Wirklichkeit des Himmelbrodes, welches Gott in der Wüste regnen ließ, um sein Bslk zu nähren. Jesus Christus am Kreuze erhöhet, der uns von d-r Tyrannen des Teufels befreyet, und durch den Glauben an ihn heilet, die Wunden, welche die höllische Schlange unserer Seele ver¬ setzt , ist die Wirklichkeit der ähernen Schlange, die MoseS mitten in der Wüste errichtete, «m jene zu heilen, welche von Schlangen waren gebissen worden. Der Fels, den Moses mit dem Stabe schlug, und der zur Wasserquelle für das durstige Volk Gottes wurde, ist das Bild Jesu Christi, in welchem man eine Quelle des lebendigen Was¬ sers findet, welches die Hitze der Begierlich¬ keit abkühlet: die Wunden, die er in seiner heiligen Menschheit empfing, sind für unS Gna¬ denbrünne. Jesus Christus, unser höchste Priester, i" diesem Dienst von Gott auserwählet, mit aller Füll- / 249 Fülle deS heil. Geistes begabt; der sich selbst zum Heil der Menschen schlachtet, und nach vollendetem Opfer in den Himmel eingehet; der die Herrlichkeit, und Unsterblichkeit wie ein Kleid anjiehet, von Licht und Heiligkeit glän¬ zet, und seinen Vater für die Menschen, die er in seinem Geiste und Herzen trägt, immer bittet; Jesus Christus ist die Wirklichkeit Aa¬ rons des hohen Priesters, der von Gott beru¬ fen , mit dem heil. Oehle gesalbet, mir präch¬ tigen Kleidern angethan war, auf seiner Stir¬ ne die goldene Platte und den Nahmen der zwölf Zünfte auf seiner Trust trug, ein- mahl des Jahrs in das irdische Heiligthummit dem Blute des geschlachteten Opfers einging, um für das ganze Volk zu bethen. Dieser Mittler zwischen Gott und den Men¬ schen, an einem Kreuze zwischen den Lebendi¬ gen und Lobten erhöhet, wo er sein Gebeth und seine Fürbitte seinem Vater opfert, um dem Feuer seines Zorns Einhalt zu thun, ist die Wirklichkeit des Aarons, der sich zwischen den Lebendigen und Tobten setzt , dir das Feuer aufgezehret hatte, und -en wider sein Volk er¬ zürnten Gott besänftiget. Jesus Christus, da er in die Wüste geführet wird, und unter den wilden Thieren lebt, ist dir Wirklichkeit des Sündenbocks, den man in die Wüste hinaus jagte, um von den wilden Thie' «n gefressen zu werden. Die -5c> HZS-KH Die Stiftshütte , die Bundslade, der Gna¬ denstuhl, die Schaubrode, die Wolkensäule, welche die Israeliten in der Wüste leitete, alle Opfer, die man darbrachte, waren eben so diele Bilder Jesu Christi. Es würde zu welk« läuftig werden, wenn man die ganze Geschich- te des alten Testaments durchgehen wollte. Jo- fue- Gedeon, Booz, Samson, David, Salo¬ mon und der Tempel, den er bauete, sind Al¬ der Jesu Christi, der die Wirklichkeit von allem dem ist, was vor ihm ging: alles zwecket ans ihn ab; alles vereiniget sich in ihm; alles schildert ihn in einigen seiner Geheimniße oder seiner Tugenden; er ist das Ziel und der Mit- telpunct des ganzen Gesetzes, dessen Vervoll- kommenung und Vollendung; alle Ceremonien, alle Opfer, alle Geborhe des alten Gesetzes füh¬ ren uns zu Jesu Christo. Jesus Christus ist nicht nur die Wirklichkeit und Wahrheit aller Bilder, sondern auch die Erfüllung aller Weis¬ sagungen. F. Führe einige Weissagungen an, deren Er¬ füllung Jesus Christus ist ? U. Moses hat ihn vorher verkündet; denn von ihm hat er geschrieben, wie es uns unser Heiland im Evangelium selbst sagt. Er ist die¬ ses Kind, welches aus der zweyten Eva ge¬ boren werden, und den Kopf der höllische«» Schlange zertreten sollte. Er ist es, der dem Abraham verheißen war, und in welchem alle M- -s- Völker sollten gesegnet werden. Jesus Christus, zum Könige und Haupte seiner Kirche gesetzt, ist die Wirklichkeit jenes Königs, von welchem Jacob vorsagte, er müsse von Juden geboren werden , um das Volk Israel anzuführen, und die Erwartung der Nationen und das Verlan» gen der Völker zu seyn. Balaam hatte das Geheimniß seiner Geburt verkündet. Jesus Chri¬ stus ist jener von Gott versprochene Prophet, der aus seinem Volke sollte geboren werden, uns gleich seyn, und den die Menschen anzu- hsren hätten. David redet von ihm fast in al¬ len seinen Psalmen: der zweyte redet nur von ihm , von seiner ewigen und zeitlichen Geburt! La lesen wir, daß er über Sion werde gesetzt, daß die Rationen sein Erbtheil seyn werden: der ar. und 68. künden uns seine Leiden mit dessen merkwürdigsten Umständen an: der 109. enthält die Größe Jesu Christi und sein Prie- sterthum. Esaias redet fast in allen seinen Pro- phezeihungen nur von ihm. Jesus Lhristus ist dieses Kind, welches eine Jungfrau gebären sollte; welches Emanuel, das ist, Gott mit uns, der Wunderbare, der Rathgeber, der Starke , der Vater der künftigen Welt, der Fürst des Friedens, Gott » sollte genannt wer¬ den- (Sieh die Hauptstücke n, 4», 49, 53 und viele andere.) Die Propheten Aggäus, ZachNs rias und Malachias haben ihn vorher verkündet: endlich, das ganze alte Testament redet von Je- s» -52 su Christo. Alles, was in demselben verbot- ,, gen ist, ist der verborgene Jesus Christus, ,» und alles, was barinn aufgedeckt ist, ist „ der aufgedeckte Jesus Christus, sagt der heil. Augustin. Man muß also Jesum Christum in -em alten Testamente suchen, weil es sich gant auf Christus beziehet Alles dieses voraus gesetzt, lasset uns in diesem Hauptstücke vier Hauptdinge sehen, i. Welche Wahrheiten Jesus Christus die Menschen lehret, und wie er sie lehret. 2. Was wir der Wahrheit schuldig sind, z. Die Unbilden, die man der Wahrheit an' thut. 4. Die Borkheile derjenigen, welche die Wahrheit lieben und Ihr folgen. 8- Welche sind die Wahrheiten, die Jesus Christus lehret? A. Da Jesus Christus die Fälle aller Din¬ ge selbst ist, so enthält er alle sowohl natürli¬ che als übernatürliche Wahrheiten in sich. Die Weltweisen, so wohl Heyden als Christen, sahen zn der Ordnung der Natur auch die kleinste Wahrheit nicht anders ein, als durch das Wort, das sie erleuchtete, als die Vernunft selbst' Dieses Wort redet als die Wahrheit zu ihnen, obschon sie es nicht kannten; es zeigte ihnen die unsichtbare Gottheit, und ihre Eigenschaf¬ ten durch die Betrachtung der sichtbaren Geschö¬ pfe. Alle wunderbaren Entdeckungen, welche die Menschen allmählig in der Ordnung der Natur machten, kommen vom Lichte dieses Wortes: woll- EM wollte Gott, daß sie diese Aenntniße jur Ehre Gottes und der ihm schuldigen Liebe angewen¬ det hätten. JesuS Christus lehret auch alle übernatürli¬ che Wahrheiten, entweder durch sich selbst, in¬ dem er die Menschen erleuchtet , und ihnen den Glauben der Geheimniße, und der über die Vernunft erhabenen Wahrheiten schenkt; oder durch seinen Geist, welcher der Geist der Wahr¬ heit ist, und alle Wahrheit lehret, wie es Je¬ sus Christus im Evangelium verheißen hat; oder durch sein Wort, welches in der heiligen Schrift enthalten ist, besonders im Evange¬ lium, wo er ju den Menschen deutlich redet, und sie Wahrheiten lehret, welche ihren De« dürfnißen angcmeßen, und um sie aus der Un¬ wissenheit und dem Jrrthum zu ziehen nothwen- dig find: denn er wurde Mensch, um uns in den Gebeimnißen und Wahrheiten zu unter¬ richten , welche vom Anbeginn der Welt ver¬ borgen waren. In diesen göttlichen Büchern müssen wir die Wahrheit studiren; sie ist unter dem Schleyer der Worte enthalten, wie JesuS Chri¬ stus, im Altarssacrament unter der Decke und den Gestalte» des Brodes und Weines verborgen ist, um unsere Seele zu nähren. Auch in und durch die Kirche lehret Jesus Christus die Wahrheiten des Glaubens; sie ist die Aufbcwahrerinn derselben, die Hüterinndet heiligen Schrift, die Erklärerinn derselben, und 254 «KAHH und leget durch die Erleuchtung Jesu Christi ihren wahren Verstand aussie ist die einzige Gesellschaft, welcher dieser Vorzug gcgönnet ist. Darum nennet der Apostel die Kirche das 6«us Gottes; weil die Hirten , als Diener und Haushälter Jesu Christi, welcher der große Vater ist, nur in diesem Hause das Brod der Wahrheit austheilen, nachdem sie sich selbstda« von genähret haben. Nur in dem Hause ter Einigkeit und Lieber sagt der heil. Augustin, findet man die Wahrheit. Wenn auch andere Secten und abgesonderte Gesellschaften die Kenntniß einiger von der Kirche gelehrten Wahr¬ heiten besitzen, haben sie selbe ursprünglich von ihr erhalten , und bey ihrer Scheidung mit sich davon getragen. Welchen Dank sind wir Jesn Christo schuldig , daß er uns mit seiner Wahrheit durch sich selbst und durch feine Kir¬ che erleuchtet hat? Jesus Christus hat sie allen geprediget, den Großen und Kleinen; aber nicht alle glauben und folgen ihr; viele ziehen die Lüge und den Jrrthum der Wahrheit vor- Er hat sie dergestalt angemcßen, daß die Star¬ ken und Schwachen, Leute von allerhand Stän¬ den sie erkennen könnten, wenn sie selbe mit Ernst sitchen wollten. Er predigte sie mit vieler Einfalt; er legte sie mit starkem' Nachdrucke den Großen vor; er flößte sie mit der Salbung feiner Gnade in den Geist und in das Herj HAM 2ZZ ein, indem er jenen, die sie annahmen, zu¬ gleich die Liebe einflößte. F. Was sind wir der Wahrheit schuldig? A i. Nachdem Jesus Christus die unverän¬ derliche Wahrheit ist, ist es die erste Pflicht des Menschen, daß er die Wahrheit so liebe, wie wir Jksum Christum lieben müssen. Sie ist das höchste Gut unserer Seels; Sie ist das Brpd, womit sic sich nähren, und wider alle Ketzereycn, Jrrthümer, falsche Vorstellungen und Grund¬ sätze schätzen und stärken muß. Schmeicheln wir uns nicht, daß wir Gott lieben, wenn wir die Wahrheit nicht lieben.- denn Gott ist die Wahrheit, wie er die Liebe ist: dies wollte uns der Apostel lehren, da er sagte: die Liebe er¬ freuet sich der Wahrheit; ( i. Kor. iz, 6.) Das heißt, wenn man liebt, erfreuet man sich an der Erkenntniß der Wahrheiten, auch der¬ jenigen, welche der , Eigenliebe am meisten zu¬ wider, und am schwersten zu üben sind; weil man weiß, daß die Wahrheit ein Schild ist, das die Seele decket, und von der Begierlich¬ keit befreyet. Die Liebe zur Wahrheit vereini¬ get uns mit Gott und,dem Nächsten, weil es- sonst keine wahre Freundschaft gibt, als jene, die von der Liebe zur Wahrhrit kömmt; dies schrieb der heil. Augustin einem seiner bekehrten Freunde. „Wie konntest du, sagt er, mein Freund seyn, da du kein Freund der Wahr- -> heit wärest, die doch der Grund und das „Gut 256 EKK ,> Gut der wahren Freundschaft ist. " Wenn wir die Wahrheit lieben, müssen wir sie suchen, und dies ist das zweyte Stück, das wir der Wahrheit schuldig sind. 2. Man muß sie als den kostbaren See¬ lenschatz suchen: wir haben ihn durch die Sünde verloren. Weder der Mensch, noch die aufrührischen Engel sind in der Wahr« heit verblieben, sagt Jesus Christus. Die Un¬ wissenheit, derJrrthum, das Blendwerk und die Lüge haben sich unsers Geistes bemächtiget; und obschon wir in unserm Innersten ein Wer» langen haben, nicht betrogen zu werden, sind wir es doch oft, weil wir uns nicht genug de» streben, die Wahrheit zu suchen: es muß uns etwas kosten, um sie wieder zu finden; man muß in einer heiligen Einsamkeit und Ruhe viel bethen, viel betrachten. „ Die Liebe zur Wahr-- „ heit, sagt der heil. Augustin, macht, daß „ wir eine heilige Ruhe suchen, um sie zu ken- » nen und zu betrachten ,» Wir müssen bitten, und an die Lhüre klopfen , auf daß man uns dies Brod gebe ; man muß seine Vorurthelle ablegt», auf seine eigene Einsicht mißtrauisch werden, die heil. Schrift mit Glauben und Ehrfurcht lesen, und sich bey der Kirche, der Aufbewahrerinn der Wahrheit, Raths erholen- z. Nachdem wir die Wahrheit gefunden Hu¬ ben , müssen wir unfern Verstand, unser Herz, Anser Thun und Lassen nach jenem, was sic uns uns lehret, einrichten; weil wir nach der Wahr¬ heit, und nicht nach den Meinungen und Ein¬ bildungen weltgesinnter und unwissender Men¬ schen werden gerichtet werden. Tics lehret uns David; Gott,saat er, wird die Menschen nach der Wahrheit richten ; deswegen müssen wir sie immer gegenwärtig Haben, damit wir nicht un¬ sere Einsicht, unsere Ideen und Einbildungen für die Wahrheit halten; sondern immer for« fchen, ob jenes, was wir denken, verlangen, wollen, der Wahrheit gemäß ist, auf dafl wie die Wahrheit in der Liebe ausüben, und so durchaus in allen Stufen in jenem wachsen, der unser ^aupt ist, nahmlich LhriMs, (Ephes. 4, I5-) 4. Wir müssen der Wahrheit ZeugniZ geben, sowohl durch unser Reden, als durch unser Be» 'tragen; wie auch durch unscrn Tod selbst, wenn es nothwendig ist. Durch unser Reden, indem uns nicmahls ein Wort wider die Wahr¬ heit entfallen darf, und alle Zweydeutigkeit, alle Verstellung, alle Lüge von uns ferne seyn muß. Die Aufrichtigkeit ist der Character dec wahren Kinder Gottes; sie sehen die Lüge als eine der größten Sünden an, welche die mensch» liche Gesellschaft verwirret; die Seele tödtet, wie der weise Man sagt; deren Vaterder Teu¬ fel ist. Wer lügt, ahmet den Teufel nach; und der heil. Johann sagt in der Offenbarung, daß Gott die Lügner und Heuchler in den Feuerteuch R wer- L§8 EDH werfen werde. Ein weiser Mensch gebraucht sich dre Verstellung nicht; die Wahrheit ist immer in seinem Herze und auf seinen Lippen; er ist mit ihr wie mit einem Schild umgeben: alle seine Stärke setzt er in der Einfalt. Nicht nur durch unser Reden, sondern auch durch unser Betragen muffe» wir der Wahrheit Zeugnißge- ben , indem wir thnn, wüsste uns bestehlt; und auch durch unfern Tod, indem wir nach dem Beyspiele Jesu Christi lieber für sie leiden, als ihr entsagen, weil wir sonst Jesu Christ» selbst entsagen. Sind wir aber alle schuldig, der Wahrheit Zeugniß zu geben, so sind es die Hirten, Lehrer und Prediger noch um so mehr; sie sind die Aufbewahrer derselben, und von ihnen müssen die Völker sie hören. Der hohe Priester des alten Gesetzes, da er in das Hki« ligthvm einging, trug auf seiner Brust diese jwey Worte: Lehre und Wahrheit. Diese göttliche Lehre und Wahrheit lehret Jesus Chri¬ stus die Menschen; die Priester und Hirtendes neuen Gesetzes, sagt der heil- Gregor, mnffcu sie immer in ihrem Herzen tragen, nicht nur wenn sie in unsere Tempel eingehen, sondern an allen Orten, wo ihre Pflichten sie hin rufen- Die Wahrheit muß wie eine Fakel vor ihnen hcrgehen, um alle chre Gänge, wie auch jene des Volkes zu beleuchten. Ihr Stand verbin¬ det sie, das Wort der Wahrheit aller iWelt richtig aurzutheilen; mit Bescheidenheit die« jeni- -59 jenigen zu strafen , welche sich der Wahrheit widersetzen; ob ihnen Gott etwa einmahl den Geist der Buße geben möchte, die Wahrheit zu erkennen und zu lieben, (2. Tim. 2,15,25.) Was kann für die Hirten herrlicher seyn, als sehen , daß dir Wahrheit geliebet und ausgeü- bet wird?, Was könnte bey ihrem Amte zweck¬ mäßiger seyn, als in den Seelen das Reich der Wahrheit zu gründen, indem sie selbe ohne Schminke, ohne Verstellung, ohne Eigennutz, mit Klugheit und Weisheit so vortragen, daß man sie lieben muß; nicht aber mit bitterm und unbescheidenem Eifer, wodurch sie gehäßigwird, weil man die liebevolle Kunst nicht besitzt, sie würdig vorzutragen? Nichts verdienet mehr Ehre als die Wahrheit; und man thut ihr Un¬ bild an, wenn man sie durch bittern Vortrag gehäßig macht. Die Hirten müssen also ihr An¬ sehen dahin verwenden, baß sie die Wahrheit liebenswürdig machen; denn, wie der Apostel sagt, wir können nichts wider die Wahrheit, sondern für die Wahrheit, ( r. Kor. rz, 8 ) Welch ein Laster begehen nicht jene, welche sich ihres Ansehens dazu bedienen, daß sie die Wahr, heit entweder zu Grunde richten, entkräften, oder verhindern, daß sie nicht gelehret wird, oder diejenigen welche sie lehren, verschwärzen, und verfolgen. Es ist wahr; Es ist ein» Zeit Zu reden, und eine Zeit zu schweren; ( K. Syrach. 3,7.) Man muß schnell zum Zoren A s unh 26s un-langsam zum Reden sepn, ( Jakob, i, 19,) cs ist wahr/ daß man die Perlen den Schweinen nicht vorwerfen soll wenn sic selbe mit Füßen treten/ und jene, die sie hinwerfcn, ! zerreißen sollten: die christliche Klugheit muß es eingeben, wann, zu wem, und wie man tze Wahrheit reden sollcs ist aber Niemand er¬ laubet,'sich der Ausbreitung ihres Reiches zu widersetzen. Dies sind aber nicht die einzigen Unbilden , die man der Wahrheit anthut; es gibt noch viele andere. F. Welche Unbilden thut man der Wahrheit an, oder welche sind die Sünden wider die Wahrheit? A. Man beschimpfet die Wahrheit auf ver¬ schiedene Art. r. Wenn man ihr wider pricht. Rede keineswegs wider die Wahrheit, ( Syrach.4. zo.) so mahnet uns der weise Mann- Er sagt keineswegs, weil man ihr aus ver¬ schiedenen Ursachen widersprechen kaum entweder aus Bosheit, oder aus Unwissenheit, oder weil sie den Leidenschaften oder dem Leben , das inan führet , den Grundsätzen, die man sich gemacht hat, entgegen ist. Wan widerspricht ihr ans Vssheit, da man sie kennet, und durch eine lasterhafte Hartnäckigkeit, die den Stolz zum Grunde bat, selb" bestreitet Man wider¬ spricht ihr aus Unwissenheit , wie es jenethlM/ welche, weil sie die Wahrheit nie sorgfältig gefuchrr haben, alsogleich Lärmen blasen, wenn sitz HASH 26 k sie einen wahren Satz, der ihnen unbekannt war, das crstcmahl hören; sie betrachten und bestreiten ihn als eine Neuigkeit, weil sie ihn nicht verstehen. Aus dieser Unwissenheit entste¬ het der Afttreifcr, den man an anehrern wahr nimmt, die auf jene mit Hitze los brechen, welche Wahrheiten reden, die der Eigenliebe und der verderbten Natur zu hart vorkommen. Von diesem Character waren die Pharisäer, die Jcsum Christum nicht leiden konnten, weil er Warheiten redete, die sie nicht kannten, und ihre falschen Begriffe, die sie von der Gott¬ seligkeit hatten, zerstörte. Gemeiniglich wider¬ spricht man der Wahrheit, weil sie die Lei¬ denschaften bestreitet, und uns verdammet- Sehr auffallend ist es, daß man sich den Wahrhei¬ ten, welche Demuth und Kreuz predigen, so sehr widersetzt, da man doch die Wahrheit von einem einzigen Gott, von der Dreyfaltizkeit,von der Menschwerdung des wsrces ohne Anstand glaubt. Es ist eben derselbe Gott, der sic alle lehret; sie sind uns für das Heil alle gleich noch- wendig oder nützlich; nebstdem haben wir in unserm Innersten einen sehr heftigen Hang zur Kenntniß der Wahrheit: „denn, sagt der -» heil. Augustin, Niemand will betrogen seyn; ,, und auch da er sich betrügt, will er, daß » jenes, was er liebet, glaubet, oder thut, Wahrheit sey." Obschon alle diese Beweg¬ gründe stark genug sind, um alle Wahrheiten' an- 26 r HAOH annehmen und lieben zu machen; so lehret et doch die tägliche Erfahrung, daß die meisten Menschen die Wahrheiten, die Jesus Christus lehret, nicht Iriden können, als da sind, die Pflicht sich selbst zu entsagen , Buße zu thun, die Vergnügungen der Sinne zu meiden, alle Unbilden mit Geduld zu leiden, seine Feinde zu lieben, die Welt und ihre Grundsätze zu fliehen, d-'e Reichthämer zu verachten, re. rc. Weher kömmt diese Widersetzlichkeit? Weil diese jenen Hang verdammen, den man zu Gegenständen hat, die man liebt, und mit Begierde aufsucht, da hingegen die Wahrheiten, die bloß denBer- stand angchen, die Gebrechen und unordentli' chen Begierden der Menschen nicht berühren. Wenn man ein böses Leben führet, kann nian Wahrheiten nicht dulden, welche unsere laster¬ haften Handlungen verdammen, wer immer Arges thut, sagt Jesus Christus, der haßet das Licht, und kömmt nicht zu dem LiHte, damit seine Werke nicht bestrafet werden, (Ivh. 3, 2o.) Man will in dem ungerechten Besitze der Dinge, die man wider die Ordnung liebt, ruhia leben; und deswegen will man das Licht, welches diese unordentliche Liebe ver¬ dammet, nicht sehen. Die Finsterniße sind dem Sünder angenehm; er gefallt sich in ihnen: die Wahrheiten zerstöhren seinen falschen Frieden; sie wurden ihn niederschlagen und ln die Trau» rigkeit versetzen. 2, 26z 2. Man thut der Wahrheit eine Unbikd an, wenn man sich nicht getrauet, sie zu sagen, oder sie entweder aus Eigennutz oder aus fei¬ ger Niederträchtigkeit gegen alle Gerechtigkeit gefangen hält Wenn man sie saget, geschieht es nur zur Hälfte und bemäntelt, um den Leidenschaften derjenigen, zu denen man sie redet, zu schonen. Welch ein Unglück für lene, welche sie verschweigen oder bemänteln; und für jene, denen man sie verbirgt, oder nur zum Theil entdecket! Dieser Fehler ist nur gar sehr jenen gemein, welche zu den Großen und Reichen der Welt reden. Die Wahrheit ge¬ trauet sich ihnen nicht anders, als zitternd unh allezeit unter fremder Kleidung zu zeigen. Wenn man seine eigene Porrhcile, kobsprüche der Welt, Ehre und Güter dec Erde suchet, ver» läßt man die Wahrheit ganz leicht- Ein solcher Mensch, sagt der weise Mann, verlaßt die Wahrheit um ein Stück Brod, ( Sprichw. r8, 2i.) Jener aber, der von der Welt nichts fürchtet, nichts hoffet; dem nur die Sache Je¬ su Christi und sein eigenes Heil am Herzen liegt, ist in der Wahrheit, deren Kenntniß und Liebe er von Jesu Christo erhalten hat , immer fest und unerschüttert. Z. Man thut der Wahrheit eine llnbild an, wenn man den Meinungen einiger Privatleh¬ rer anhängt, welche, ohne von der Kirche an¬ genommen und gutgeheißen zu seyn, verlangen, daß 2§4 daß man sich an ihre Entscheidungen halten soll, als wären sie Aussprüche J'su. Christi, oder seiner Kirche. Wer aufrichtig die Wahrheit sucht, zieht allezeit das Sichere vor, wcnnsie ihm nicht ganz bekannt ist; er ergreift mit Freuden alles, was ihn der Wahrheit mehr nähert, und verwirft mit Verachtung alles, was ihn davon entfernet, um ihr die Ehre zu geben, die sie verdienet, Jesus Christus wollte die Menschen durch das Ansehen der Kirche führen, nicht durch menschliches Vernünfteln, welches gemeiniglich dem. Vcrderbniße und dm Leidenschaften der Menschen zu schmeichcln su¬ chet. Hierüber mahnet der Apostel die Kolofen Sehet zu, daß euch Niemand betrüge durch dis lVeltweisyeit und eitle Grüblerep, nach den Schullehren der Menschen, nach den Äu- fangegründen der Welt, und. nicht nach der Wahrheit werden sie das Gehör abwen- dcn, und fich zn den Zabeln kehren, (2. Ti« moth. 4,4.) Dies sind die schrecklichen, aber gerechten Gerichte Gottes über jene, welche die Wahrheit nicht lieben-Er läßt zu, daßman die Einbildungen unangesehener Menschen ver¬ ehre, und die besonder» Meinungen vermeße¬ ner Schriftsteller ohne Prüfung annehme. Man begnüget sich an den Fabeln eines Romans, an den Erdichtungen einer Comödie, und an dem Vortrage einer ganz weltlichen Beredsam« kett; und verliert den Geschmack an der Einfalt des Evangeliums und der Wahrheiten, welche Jesus Christus darinn lehret, und denen P widerstehen, ja sie zu bestreiten, man sich zur Ehre rechnet. Die wahren Christen und die Sünder, die aufrichtig zu ihm zurück kehren, behandelt Gott nicht auf diese Art-Da sie nicht wollen betrogen scyn, zeigt ihnen Gott, sagt der weise Mann, den weg zur Gerechtigkeit« und bestimmt ihnen die Wahrheit zum Erb- theil,(Eccles. -7,20.) Sie erkennen, daß se sich betrogen, da sie den Dorspielungen ih¬ res vccble." beten Verstandes folgten, und su¬ chen «eiter nichts, als die Wahrheit, um sich von ihr lebenslänglich leiten zu lassen. Diese Wahr- 269 Wahrheit unterstützt sie bey den Beschwerlich¬ keiten ihres Verweisungsortes , wie sie einst ihr Vergnügen und ihren Trost im Himmel ausmachen wird. So aber wird es mit jenen nicht seyn, welche sic während ihres Lebens werden verworfen haben ; sie werden selbe am Gerichtstage scheu, aber zur spät; sie werden selbe umfangen wollen, sie wird aber ihnen fliehen, und sie werden in die äußersten Fin- sieruiße geworfen werden. Die Wahrheit wird sie nicht anders erleuchten, als um sie zu ver¬ dammen, und ihnen ihr Unheil sehen zu lassen. Sie werden voll der Verzweiflung aufrufen: So haben wir «iso den weg der Wahrheit verfehlet! (B. der Wkish. 5,6.) Welch ein Unglück für uns, sie jetzt zu sehen , ohne sie ausüben zu können; und sie MM Richter zu ha, ben, der uns verdammet, da wir ihr hatten folgen sollen, um gerechtfertigt zu werden! Kurz, an diesem letzten Tage wird sich Gott der Wahrheit bedienen, um alle jene, die sie werden verlassen haben, zu beschämen und zu zermalmen. Sie wird aus. dem Munde und Schooße Jesu Christi wie eine siegreiche Koni« ginn hervor treten, um alle Menschen zu rich. tcn: Das Wort ; das ich geredet habe, wird euch richten ; ( Jvh. 12, 48.) und nachdem dieses Wort' die gegen das Licht aufrühnschen Menschen wird verdammet haben, wird es auch in der Hölle ewig ihr PMiger seyn , indem es sich 270 sich ihnen zeigen, und ihnen ihre Jrrthümer vorrückcn wird. Wie vernünftig, wie vortheil- haft ist cs nicht; diese Strafen jetzt zu furch« tdn, da wir ihnen noch entgehen können, in¬ dem wir uns zu Freunden der Wahrheit ma¬ chen, sie umfangen, ihr als der Regel unfers Lebens und ganzen Betragens mit Liebe fol¬ gen i Welche Vorkheile erhält man, wenn man sich an die Wahrheit hält? A. Nachdem wir die Unbilden kennen, wel¬ che man der Wahrheit anthut, und die Stra¬ fe, die auf diese Verachtung gesetzt ist, ist es billig, daß wir uns bestreben, die Vortheile einzufehe.n, die sie ihren Liebhabern verschaffet- Einer der hauptsächlichsten ist, daß sie die See¬ le frey machet, und sie aus der Knechtschaft ziehet, in welche sie von der Eitelkeit, M der Verblendung und von den falschen Vor¬ stellungen der Dinge der Welt gestürtzet war« Da die Wahrheit das Gut des Verstandes und des Herzens, des Menschen ist; da sei" Glück in der Erkenntniß und Liebe bestehet, ist er frey, wenn er dir Wahrheit kennet undlie- bet- Sie befreyet ihn von der Herrschaft des Fürsten der Finsterniß, von der Unwissenheit, in der er lebte, als er sie nicht kannte. Siebe- freyet ihn von Aengstigkeiten, und macht O" auf den Wegen der Gerechtigkeit mit CinM einher gehen. Sie benimmt ihm die Furcht, ^ dem -em sie ihm den Frieden zurück gibt. Dieses lehret uns Jesus Christus, wenn ihr bey mei¬ nen Worten bleiben werdet, sagt er, werdet ihr wahrhaftig meine Jünger sepn; ihr wer¬ det auch -re Wahrheit erkennen, und -re Wahrheit wird euch frey machen/ ( Joh. 8, Z2.) Der zwryte Vorthetl, den die Wahrheit ihren Kennern und Liebhabern verschaffet / ist dieser, daß sie von ihr beschützt werden, und an ihr ein Schild haben, um die Versuchun. gen ihrer Feinde abzuwenden, und sie den Jrr- thümern und falschen Meinungen, die sich wi¬ der den Glauben uvd die Stttenlehre Jes» Christi vor, Zeit zu Zeit erheben, entgegen zu setzen. Seine Wahrheit, sagt der Prophet, wird dein Schirm und Schild sepn, haß du nicht erschreckest vor -em Grauen -er Anster- niß, (Psalm 90, 4.) daS ist, vor den Irr- thümern und Betrügereyen dieser Welt. Die¬ ses Schildes bedienten sich die heil- Lehrer der Kirche, um die Jrrthümer, welche fast jedes Jahrhundert ansteckten, zu bestreiten. Sie ge¬ brauchten sich nicht der Vernunftschlüßr einer ganz weltlichen Philosophie; sie setzten den Jrr- lehrern bloß nur die Wahrheit entgegen; und sie kam immer siegreich aus dem Streite, in, dem sie ihre Feinde verdammte, und durch ih¬ ren Glanz und ihre Stärke beschämte. Entblö¬ ßen wir uns dieses Schildes nie.- bi.dicnen wir uns dessen immer, wenn wir nicht durch die 272 . die-äußerlichen Gegenstände und die Gesprä¬ che der Menschen, welche uns nichts als Fa¬ beln und Träume erzählen, wollen betrogen werten. Erhebung des Gemüthes zu Jesu Christo, der ewigen und unveränderlichen Wahrheit. Ich kethe dich an, mein Heiland Jesu Wi¬ ste, als die ewige und unveränderliche Wahr¬ heit. In dir, als dem Worte und der Weisheit des Bakers, sind alle natürliche und überna¬ türliche Wahrheiten, als in ihrer Quelle, ent¬ halten. Niemand kennet, oder hat je eine ge¬ kannt, als in dir und durch dich , der du je¬ den Menschen erleuchtest, der in die Welt könit. Du bist der höchste Verstand aller erschaffenen Geister, der allgemeine und unabhängige Geiß, der über alle übrige herrschet In dir haben sie daS Seyn, das Licht und das Leben. Du, § Mensch gewordenes Wort, bist die Wahrheit aller Bilder und Schatten des alten Gesetzes- In dir findet man die Erfüllung aller Weissa¬ gungen und Verheißungen des alten Bundes. Du hast uns alle Echeimniße, die unter den alten Ceremonien des Tempels, der Opfer »"d des Gesetzes verborgen lagen, entdecket- Die ganze Schrift redet weiter nichts, als von dir- Ueber« 27z Ilcberall finde ich dich verborgen oder geoffeM baret, weil es dem Vater gefallen hat/ daß alle Fülle der Wahrheit in dir, als in ihrer Quelle, wohnen soll. Du erschienest, 0 einge¬ fleischte Wahrheit auf Erden, um die Men¬ schen zu erleuchten, und sie die Wahrheit, die sie glücklich machen sollte, kennen zu machen. Deswegen sandtest du deinen Geist, und be¬ stelltest Hirten und Lehrer, auf daß sie selbe der Welt verkünden sollen. Du vertrautest sie der Kirche an, und übergäbest ihr diese heil. Hinterlage, die sie mit vieler Sorgfalt aufbe¬ wahret, und sie ihren Kindern mittheilet, unt sie wider die Jrrthümer zu verwahren, und wi¬ der die Lehre der Ketzer und der falschen Pro¬ pheten sicher zu stellen. Ach! Herr, ich erkenne es durch deine große Barmherzigkeit: ich be¬ trog mich, da ich mich ganz an menschliche Meinungen hielt, die mir nur gut schienen, weil sie meinen Leidenschaften schmeichelten, Und mich in einer falschen Ruhe ließen, indem sie mich auf eine angenehme Art verführten. Es ist Zeit, 0 mein göttlicher Jesu, daß ich meinen Ve« stand, mein Herz und mein ganzes Betragen nach deiner Wahrheit, und nicht nach den Vor¬ stellungen , dem Gebrauche und den Grundsä¬ tzen der Welt einrichte. Vergebens suchte ich anderswo etwas Festes und Wahres: Ich se- heaußer dir, 0 meinanbethungswürdigerHei¬ land, weiter nichts , als Eitelkeit und Lüge, S Del- -74 Deine Wahrheit gibt mir daS Nichts, die FaW- hclt und Blendung der Wollüste, der Güter und der Größe der Wllt, und alles dessen, was die Welt hochfchätzt, zu kennen. O Wahr-- , heit! einziges Gut meines Verstandes und Her¬ zens, verlaß mich niemahls! O Wahrheit! die die Welt nicht kennet und verwirft, um ihren falschen Einbildungen zu folgen, welche U»? bilden thut man dir nicht an, da mau dich verachtet, und nicht in allem zu Nathc ziehet ? O Wahrheit! mit dem Blute Jesu Christi und dem Blute so vieler Märtyrer besiegelt, wann wirst du der einzige Gegenstand meines Ver¬ standes seyn, um dich in einer heiligen zu betrachten? Wann wird dich mein H"j ohne Widerstand annehmen ? Wie groß ist mäst mein Elend! Die Wahrheit gefällt mir, wenn sie mich nur erleuchtet; sie kömmt mir ab" hart und unerträglich vor, wenn sie meint Begierden und Leidenschaften verdammet- Ich liebe sie, wenn sie mir nur Licht aufjündet; ich nehme sie aber nur mit äußerster Wider¬ setzlichkeit an, wenn sie mein Herz in die Ord¬ nung bringen will- Woher kömmt diese Krank¬ heit und Ungerechtigkeit, als von meinen Lei¬ denschaften , welche nicht wollen gestöhret sM - Gib mir > Herr Zcsu, eine große Liebe gegen alle Wahchciten, die du gclehrct hast, und ei¬ nen ewigen Abscheu wjdcx aste ihr eutgegeu gesetzte Sünden, die Lüge, die fteventlichcnM thcile, 27 > theile, die Verleumdungen , die Heuchele») und Verstellung. Umgib mich mit deiner Wahrheit wie mit einem Schilde, um mich wider die Fein¬ de, die mich verführen »vollen, zu schätzen- Erweise mir hie Barmherzigkeit, daß ich sie nicht gefangen halte, sondern sie allen denen sage, die selbe anzuhörcn fähig seyn werden. Es ist billig, daß man ihr Zcugniß gebe, und sie nie verlasse, obschon man für sie leiden müßte. Ich habe dies feste Vertrauen , daß , wenn ich sie werde geehret haben, sie auch mich ehren wer¬ den; wenn ich für sie werde gestritten haben, sie auch für mich streiten wird; und nachdem ich sie werde verthcidiget haben, sie mich auch ai» jenem schrecklichen Tage, wo du die Men¬ schen nach der Wahrheit richten wirft, verthci« digcn werde. Ach! wie weit ist es »nit uns ge¬ kommen? Fast die ganze Welt lauft, und wirft sich vor den Götzen des Jrrthums und der Lüge nieder; man opfert ihnen alles; kaum sicht man eine kleine Zahl Menschen, welche dein Gott der Wahrheit huldigen. Kaum sicht man einen, der sie zu sagen waget; noch weni¬ ger einen, der sie »»bet, und sein Betrgg.n »»ach ihrer Vorschrift cinrichtet. Siege, o Wahr¬ heit ! siege über die Jrrthämcr und falschen Grundsätze, welche in der Welt herrschen, und den Verstand und das Herz so vieler Perso¬ nen verderben. Tilge aus meinem Verstaube und Herzen, alle die falschen Begriffe, die ich S 2 lliir 276 HASH mir von den Gütern, Vergnügungen und übri- gen Dingen der Welt gemacht habe. Sey alle¬ zeit mein Licht und Führer, auf daß ich mich nie verirre, und dem Geiste der Finstermß folge, der sich bisweilen in einen Engel dcs Lichtes »erstattet, und den Jrrthum unter dem Scheine der Wahrheit verbirgt Aber ach! wo werde ich sie finden, diese Wahrheit , welche meine Ruhe und Glückseligkeit in dieser und in der andern Welt auümachen muß ? So viele verschiedene Sttten, so viele Völker glauben, dies große Gut zu besitzen: alle diese Leute sagen mir, sie haben die Wahrheit. Nein, o mein göttlicher Jesu! nur in deiner Kirche kann ich sie finden. Dieser einzigen und viel¬ geliebten Braut hast du sie anvertrauet. Sie ist ihre feste Stütze, ihre unerschütterliche Säu» le, ihre treue Aufbewahrerinn, und einzige Auslegerinn. Sie trägt selbe in der heil. Schrift, wie in einem Tabernackei, woraus sie selbe nimmt, um selbe durch den heil. Geist, der sie belebet , und alle ihre Entscheidungen leitet, den Menschen zu zeigen. Laß nicht zu, Herr, daß ich dieses Haus der Einigkeit und Wahrheit je verlasse. Gib uns allezeit Lehrer, welche sie Mit Weisheit, Eifer, Liebe und Salbung leh¬ ren. Möchten sie durch ihre heiligen Beyspiele, Liebe zu ihr und Ausübung einflößen, und sie auf eine Art lehren , ivelche der Größe und Ehre, die man ihr schuldig ist, angcmcßen wäre. EHH 277 wäre. Oeffne die Auge» aller jener, welche sie verfolgen und haßen, weil sie sich mtt ihren Leidenschaften nicht verträgt- Flöße ihnen durch deine Gnade die Liebe zu ihr ein; auf Laß wir alle in einer Gesinnung zusammen kommen, nur eine Sprache reden, und mit dir ewig verei¬ niget werden können, der du die Quelle und der Mittelpunkt aller Wahrheit bist. Amen, Zwanzigstes HaupLstück. von Iefu Lhristo, dem Lehrer der Wahrheit. 8- Ist Jesus Christus nur die Wahrheit? Ist er nicht auch der Lehrer derselben? A. Jesus Christus ist nicht nur die Wahr¬ heit, sondern auch der Apostel, der Prediger und Lehrer derselben. Als ein solcher war er vom Propheten Esaias verheiße», und ver¬ kündet : Deine Augen, sagt er, werden deinen Lehrmeister sehen, und deine Ohren werden seine Worte hören, wenn er dich vom Rücken her also ermahnet: Die« ist der weg; wan¬ delt auf demselben, und weichet davon nicht ab, weder zur Rechten, noch zur Linken, (Esai. Zo,2o. ri.) Dieses Fleisch gewordene Wort haben die Menschen auf Erben gesehen, und predigen gehört; während des ganzen Le¬ bens hat er weiter nichts als Wahrheiten ge, lkhret. Ja um ihr Zeugniß zu geben, starb er an 2?8 L an einem Kreuze; und obschon er gestorben ist, ist er doch vom hohen Himmel noch der Lehrer derselben-Zur Rechten seines Vaters sitzend, lehret er sie den Verstand, indem er ihn er¬ leuchtet; und das Herz, indem er diesem die Liebe zu ihr einflößet. In diesem Verstände ist er der einzige Lehrer, wie er es selbstsagnEn ner ist euer Meister, Christus, (Matth. 2g, Z>) In der That, er ist allein der innere Lehrer, der, als Wort, Licht und Wahrheit, den Ver¬ stand erleuchtet, die Finstcrniße zerstreuet, die Irrthümer aus ihm verscheuet; als Heiland und Erchser redet er zu dem Herzen durch sei¬ nen Geist und seine Gnade, und flößet ihnen die Liebe zur vorgetragenrn Lehre ein. Die Pre¬ diger durch ihren Unterricht, und die Lehrer durch ihre Schriften reden zu den Ohren und Augen des Leibes : allein der allmächtigen Stim¬ me Jesu Christi, unsres anbethungswürdigen Lehrers, stehet cs zu, die Ohren des Herzen zu öffnen, und sich von den Taubsten hören zu machen, indem er ihre geistliche Gehörlosigkeit heilet Denn Nicht jener, der pflanzet und be¬ gießet, kann dies große Wunder thun; Iesi^ Christus hat d^se Macht überden Verstand und das Herz; er gibt den Samen, den die Diener auswvrftn, das Wachsthum, „Vergebens(sagt „ der heil- Augustin in einer Abhandlung,wor- ,, inn er beweiset, daß nur ein Lehrer seyi) vergebens machen die Menschen ein Getöse „in 27- in den Ohren des Leibes durch die Predig» ,, ten; alle ihre Wohlredenheit ist unnütz, wenn ,, nicht Jesus Christus durch seine Gnade zum „ Herzen redet, und Ohren zum hören gibt.'' Man sagt also mit Recht, es sey nur ein Leh¬ rer. Gleichwie es nur ein Priesterthum gibt; so ist auch nur ein Lehrer, nur eine wahre Leh¬ re, welche die Prediger und Lehrer Vorträgen muffen, nahmlich die Lehre Jesu Christi. Sie selbst sind die ersten Jünger dieser Lehre; sie. ver¬ künden selbe im Nahmen, und durch dieMachk Jesu Christi; sie sind seine Gesandte, seine Aufträge müssen sie kund machen. Sie müssen gleichsam die Zunge dieses göttlichen Lehrers seyn; und dürfen nichts lehren, als was sie in seiner Schule und in seinem göttlichen, gcschrie« denen oder ungeschriebenen, durch den heil. Geist in den Kirchenversammlungen und der Erblehre bestätigten, und erklärten Worte gelernct haben. Lasset uns also alle diese verschiedene Diener betrachten, welche Jesus Christus seiner Kir¬ che hinterlassen hat; derer einer dem andern nachfolget, und die nur einen Lehrer und Meister ausmachen. Obschon etliche zwar zu Aposteln, etliche zu Evangelisten, etliche zu Arten und Lehrern gegeben sind; sind sie doch nur Eines, weil sie gleiche Gesinnun¬ gen haben, und eine gleiche Sprache reden; auf daß sie sichtbarlich die Menschen un¬ terrichten, wie er es^that, da er noch auf der Welt S82 Welt war; und stchtbarltch andervervollkomm. nung der heiligen, an -er Mrübung ih¬ res Amtes, und an der Erbauung des Leiber Jesu Lhristi arbeiten; auf-aß wir nicht mehr wankende Rinder «eyn, noch osn jeglichem win¬ de menschlicher Lehre umgetrieben werben, (Ephes4, n. i2 14.) Auf diese Art wird das neue Volk und der Leib Jesu Christi durch die heilige Lehre gebildet, welche die Hirten und Lehrer vortragen, welche sie von Jc- su Christo gelernet haben; also daß, wer sic höret, Iesum Christum höret, der durch ihren Mund redet. Allein Jesus Christus lehret uns auch äußer¬ lich, und nicht nur durch seine Diener, r- El thut es auch durch die Beyspiele seiner Tugen¬ den, und durch jene der Heiligen, welche sei¬ ner Lehre folgten, und in seine Kußstapfen tra¬ fen, Alle diese großen Männer, derer Leben cm Lebender Einsamkeit, der Abrödtung, der Buße, her Entsagung und Entäußerung aller Dinge war; die Beyspiele, die man noch in der Kir¬ che unter so vielen heiligen Priestern, Ordens¬ geistlichen und gemeinen Christen sieht, sint eben so viel lebendige kehren, die uns Jesus Chri¬ stus gibt, um »Ns zu unterrichten, wie wir leben sollen. 2. Jesus Christus unterrichtet uns durch die Widerwärtigkeiten und Bitterkeiten, die er uns zuschickt, um uns von den Geschöpfen abzuzic-? Hen« Heu, seine Allmacht anbethen und verehren zu machen, seine Gerechtigkeit zu fürchten, und uns an seine Barmherzigkeit zu wenden, in welcher wir bey den Müheseligkeiten, wodurch uns seine Hand schlägt, einen gegründeten Trost finden können, z. Unser göttliche Lehrer unterrichtet uns durch alle Geschöpfe, und durch alles, was in der Welt geschieht- Die unerschaffene Weisheit, wovon Salomon redet, ist es, welche sich auf den Gaßen hären laßt Sie rufet an -en Gtadt- thoren mitten unter -em Volke; fie redet ihre Worte in -er Stadt, (Sprichw, r, 20.21.) und überall läßt sie uns die Macht, die Weis¬ heit, die Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Got¬ tes sehen. Seine unsichtbare Größe wird uns durch diese Verschiedenheit der Geschöpfe, und wunderbare Ordnung der Welt sichtbar gemacht: diese da ist gleichsam ein großes Buch, und alle ihre Geschöpfe sind eben so viel Worte, die uns etwas von unserm Gott sagen, und uns diese Welt als eine große Schaubühne darstellen, die aller Augen offen stehet, und wo die unaussprechliche Kunst des höchsten Werk« Meisters, der sie durch sein ewiges Wort bil« dete , von allen Seiten heraus leuchtet. Aber ach! alles ist stumm für jene, welche nur die Sinne und die verderbte Vernunft anhören. Es ist nothwendig, daß Jesus Christus, der große Lehrer und einzige Meister, .seine Stirn« me 282 HAM me ün- Gnade vereinbare, um uns auf bas aufmerksam zu machen, was die Geschöpft, die Ereigniße des Lebens, und seine allgemeine und besondere Vorsichtswege über die Menschen, uns lehren. 4- Jesus Christus unterrichtet uns durch seine Kirche, welche allein die Aufbewahrerinn feiner Lehre, die Aüslcgerinn seines Gesetzes und des wahren Sinnes der heil. Schrift ist. An sie müssen wir uns wenden. Bey ihr müssen wir uns in unfern Zweifeln Raths erhöhst»; ihren Entscheidungen uns demüthig unterwer¬ fen, und sie annehmen, als kämen sie vom Gei» sie Jesu Christi, der sie führet und beseelet/ wenn wir nicht selbst nach dem Zeugnisse Je¬ su Christi, als Heyden und Ungläubige wollen angesehen seyn. 5. Jesus Christus unterrichtetuns durch M Evangelium, welches hauptsächlich die Lehre enthält, die er den Menschen geprediget hat- und diese evangelische Lehre werden wir in die¬ sem Hauptstücke betrachten, und sehen: r. Was das Evangelium scy. 2. Daß wir unser Leben nach dem Evangelium eiurichten müssen, wenn wir als wahre Christen leben wollen. Z- Die wunderbaren Wirkungen , welche diese evange¬ lische Lehre in jenen, welche sie ausüben, her¬ vor bringt. < Daß man das Evangelium leien, und wie man es lesen müsse. 8. Was ist das Evangelium, und was ent¬ hält cs? 283 A. Das Evangelium heißt eine angenehme Bothschaft; denn in diesem heiligen Buche wird uns die frohe Bothschaft von der Menschwer¬ dung des Wortes , von der Geburt eines Hei¬ landes, und von der Ankunft des MeAss, den man seit vier tausend Jahren verlangte und erwartete, angekündet. Was kann man trost- reichers, uüd für den Menschen vortheilhaf- ters hören, als was wir bey dem heil. Lukas lesen: Der Sohn Gottes wurde gesandt, die nioderzeschlagenen Kerzen zu heilen; den Ge¬ fangenen die Loslassung zu predigen, und den Blinden bi« Herstellung des Gesichtes, und den Zerschlagenen, daß ste frep und ledig seyn sollen, und das Gnadenjahr des Zerrn anzu- . künden, (Luk. 4, 18, iy-) Deswegen wird es das Evangelium des Reich«, das Evange¬ lium der Gnade Gottes, das Evangelium des Leils, das Evangelium des Friedens, das Evangelium Ser Glorie Jesu Christi genannt. Alle diese Nahmen, welche die Apostel dem Evangelium geben , enthalten unvergleichliche Lehren, und geben uns von demselben einen hohen Begriff. l- Es wird das Evangelium des Reichs (Matth. 4, 2Z. ) genannt, weil es uns, nicht dunkel, wie es das Gesetz rhat, sondern deutt (ich das Reich des Himmels ankündet, selbes uns verheißet, und hoffen macht- Es wird das Evangelium des Reichs genannt, weil das Eva»-- 28! Evangelium das Gesetz des Reichs Zesu Chri¬ sti ist, und weil Jesus Christus durch dieses Gesetz sein Reich in dem Herzen der Menschen errichtet. 2. Es wird-ns Evangelium-er Gnade Got¬ tes ( Gesch. d. Apost. 20, 24.) genannt, thcils weil es uns die große Gnade ankündet, die Gott der Welt erwiesen, da er ihr seinen ei¬ nigen Sohn gegeben hat, um jene, die an ihn glauben, selig zu machen; theils weil es uns den Triumph der Gnade Zesu Christi zu kennen gibt, die uns das höchste Gut und das Gesetz Gottes, das wir verachteten, frey lieben macht- Z. Es wird das Evangelium-es Seils (Ephes- 1, genannt, weites uns lehret, daßmir durch Zesum Christum allein können selig wer-, den, und weil es uns die Regeln, denen wir folgen, und die Mittel, dir wir anwenden müs¬ sen, vorschreibt, um zur Seligkeit zu gelangen- 4. Es wird -as Evangelium -es Frieden» (Ephes. 6. 15.) genannt, weil es uns die Versöhnung des Menschen mit Gott verkündet; weil man durch Ausübung desselben anfängt- die Süßigkeiten des Friedens, der uns im Him¬ mel Verheißen ist, innerlich zu genießen. 5. Es wird -as Evangelium -er Glorie Je¬ su Christi (2- Kor. 4,4.) genannt, weil cs uns die Geheimnißc des eingefleischten Sohnes Gottes, seine Gottheit, seine Größe, die Macht seiner Lhaten, die Majestät und den herrlichen Glanz HNSKK -SS Glanz seines Nahmens entdeckt, welcher den Himmel und die Erde, und selbst die Hölle mit Ehrfurcht erfüllet. Alle diese Benennungen, die man dem Tvangeliunr gibt, zeigen uns an, daß es die Geheimnisse Jesu Christi; die Wunder, die er den Menschen gab, in sich enthalte. Die¬ se Lehre hat einen einzigen Zweck-, nähmlich, den Verstand, das Herz und die Handlungen des Menschen in Ordnung zu bringen; bas ist, sic lehret, was man glauben, hoffen, lieben und wirken soll, um Gott auf eine Art zu die¬ nen, welche der Größe seines Wesens ange¬ meßen ist- In diesen vier Stücken sind alle un¬ sere Pflichten enthalten. Dies ist alles, was uns Jesus Christus gelehret hat, nachdem er es selbst von seinem Vater gehöret hatte: was ich von ihm gehöret habe, sagt er, bas rede ich in -er Welt. Meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat, (Joh. 8, 26. und 7, 16.) Diese heilige Lehre liest man hauptsächlich in dem Evangelium des heil. Matthäus , des heil- Markus, des heil. Lukas und des heil. Johan¬ nes , welche, wie die Väter sagen, durch die vier Thicre, die der heil. Johann vor dem Thro¬ ne Gottes sah, vorgestcllet werden. Das erste war einem Löwen, das zweyte einem Ochsen gleich, das dritte hatte ein Gesicht wie ein Mensch, das vierte glich einem fliegenden Ad¬ ler. Jedes hatte sechs Flügeln- sie waren voll der »86 der Augen, und ruften unaufhörlich: Zeiliz, heilig, heilig ist Gott der allmächtige. Der Löw stellet uns die Siege Lor, die Jesus Chri¬ stus, dieser Löw von der Zunft Juda, über die Weit, den Teufel, und den Tod erhalten hat- Der Ochs, der zu den Opfern des alten Ge¬ setzes bestimmet wurde, bildet uns das Opfer des Leidens und Sterbens Jesu Christi vor. Das Mcnschengesicht deutet auf die Handlun¬ gen des menschlichen Lebens, welches Jesus Christus auf Erben führte. Der Adler bezeich¬ net uns die Geheimniße, und das göttliche Le¬ ben des Wortes im Schooße des Vaters und seine unendliche Erhabenheit, welche uns der heil. Johann zu kennen gibt. Die Flügel dieser Thiere können uns die Fertigkeit der Evangeli¬ sten abbilden, wie sie aus Antrieb der Gnade und des H. Geistes die Lehre Jesu verbreiten. Die Augen, wovon sie voll waren , wollen uns sagen, daß das Evangelium auch das Mr- verborgenste entdecket; und daß dieses leben¬ dige kräftige und göttliche Wort aller Fugen -er Seele und des Geistes durchdringt, (Hebt 4, l2.) Diese Thiere ruften Tag und Nacht¬ eilig, heilig, heilig ist Gotc der allmächtige; welches uns zu verstehen gibt, daß wir nir¬ gends beßer als in dem Evangelium unterrich¬ tet werden, wie heilig Gott ist, und wie groß die Heiligkeit der Christen seyn muß. Dieses ist in Kürze alles, was das Evangelium ent¬ hält, EHH 287 hält, und was man darinn entdeckt , wenn man es mit gehöriger Aufmerksamkeit und Ehrfurcht liest- 8. Ist es genug, das Evangelium zu kennen? Muß man nicht auch nach den Regeln und Vorschriften, die Jesus Christus gelehret hat, leben? Al. Wenn wir als wahre Christen leben wollen, müssen wix nothwendig nach dem Evan« gclium leben, und dies aus drey Ursachen - i- Weil es die Regel der Christen ist: 2. Weil man im Evangelium die wahre Weisheit und Gottseligkeit findet z. Weil wir nach dem Evan¬ gelium gerichtet werden, und Gott jene, wel¬ che dem Evangelium werden ungehorsam ge¬ wesen seyn, mit ewigen Peinen strafen wird. Lasset uns diese drey Stücke erklären. i-Das Evangelium ist die Regel der christli¬ chen Religion, und aller derjenigen, welche sich zu ihr bekennen. Wir bewundern jene alten Ordcnsleute beydcrley Geschlechts, die das Lußleben übernahmen, und sich in ihrer Ein¬ öde, wie in einem Grabe vergruben- wir er¬ staunen über die Heiligkeit ihres Lebens und ih¬ rer Hebungen. Alle diese Orden hatten Regeln, die man jenen gab , die diesen .Stand erwählen wollten, auf daß sie lerneten , wie sie zu leien hätten. In einem gewißen Verstände, sind wir alle Ordensleute. Mas Christenth,um ist, der Or¬ den Jesu Christi; er selbst ist dessen S tifter und Hanpt; 2 88 HAM Haupt ; und alle übrigen Orden waren nm, um die von ihm uns vorgeschriebenen Regeln leichter und vollkommener zu beobachten. Das Evangelium ist die große Regel. Wenn die Men¬ schen immer wie die ersten Christen hätten leben können, die nur ein Herz, nur eine Seele, und alle Güter gemein hatten, wäre das Chrlsten- thum weiter nichts als ein heiliger Orden, wo der Friede, die Eintracht, der Geist der Ar« muth, der Gehorsam, die eheliche Keuschheit bey den Verheyratheten, und die Iungfrau- schaft bey den Ledigen herrschte, und einen solchen Glanz von sich würfe, der die heydni- schen Völker in Verwunderung setzen würde. Allein dieser erste Stand der Christen ist nicht mehr; er hörte auf, seit dem die Zahl der Christen hoch attgewachsen ist, und man sieht davon nur eine Nachahmung bey einigen hei' ligen Gesellschaften. Wir treten in diesenOrden durch die Taufe ein; wir machen da Gelübde, und zwar feyerliche Gelübde, vor den heiligen Altären, in Gegenwart der heil- Engel und des Dieners Jesu Christi, der sie aufnimmt; 6e- lübde, wovon wir nie losgezählet werden kön¬ nen- Beym Eintritt in diesen heil. Orden gibt man uns das heilige Evangelium, als die Re¬ gel, die wir befolgen müssen, um als wahre Christen zu leben; sonst sind wir weiter nichts alö Nahmenschristen, wie ein Religiös, der die Regel seines Standes nicht beobachtet- Von der Verachtung der Regel kömmt alles Unheil. Denn woher kommen wohl alle die Unordnun, gen , die man in der Weit herrschen sieht? die Kriege, dir Uneintgk.iten in den Familien, die Leidenschaften der Menschen, welche sich ent¬ setzlichen Ausschweifungen überlassen; die La¬ sier, die alles überschwemmen, die Verach¬ tung der Tugenden, die Verlachung der Gottseligkeit? woher kommen diese Unordnun¬ gen anders, als von der Verachtung der evan¬ gelischen Lehre? Woher kömmt diese schreckli¬ che Abwürdigung und diese gelinde Stttenlehre, die jetzt allen Ständen gemein ist, den Hohen und Niedern, dem Volke urd den Geistlichen? Man hat sich von den Regeln des heil. Evan- gcliums entfernet. So lange man diesen Regeln folgte, lebte man heilig. Die Christen machten sich von den Heyden bewundern; die Diener des Altars waren das Licht der Welt, das Salz der Erde, daS Muster aller christlichen Lugenden; ihr Leben war ein Leben der Arbeit, der Abtödtung, des Eifers und der Kraft. Ent¬ äußert von den Gütern der Erde, verachteten sie die Pracht und das Glänzende des Haus - und Reisegeräthes;sie waren gegen die Armen liebreich, und um ihnen beyzustehen, wurden sie selbst arm. Allein nachdem man sich vom Wege des Evangeliums und den heiligen Grund¬ sätzen, die es lehret, entfernet hat, war man gezwungen, unzählbare Kirchenverorbnungen tu machen, um die Menschen tum Evangelium T ttz- 292 zurück zu bringen, und fie dieser Quelle der Wahrheit und Heiligkeit zu nähern. Lasset uns alle diese Unordnungen mit Schmerzen anfthcn, und nicht den Wcltktndern nachfolgen, welche keine andere Regel ihres Betragens haben, als ihren eigenen Verstand oder ihre verderbte Ver¬ nunft, ihre Leidenschaften, die irdische Weis¬ heit, den Weltbrauch, gewiße angenommene Grundsätze, oder die Meinung und das Gut¬ achten einiger Privatlehrer: gemeiniglich eine falsche Regel, und die niemahls unser Betra¬ gen leiten darf. Die Regel muß unveränd rllch, fest, und unbeugsam seyn; sie muß dem Ver¬ stände und Herzen sichere Vorschriften geben, Lenen man ohne zu irren folgen könne. Dies findet man nur in dem heil. Evangelium. i. Der Verstand, oder die Vernunft des Menschen, ohne Beystand des evangelischen Glaubens, ist weiter nichts als Finsterniß. Alle jene, welche ihnen folgten, verloren sich in lee¬ ren Vcrnunftschlüßen, und gcriethen daburch in schreckliche Abstürze, wo sie sich allerhand Lastern überließen. Wenn sie aber auch nicht in diese lasterhaften Ausschweifungen verfielen, schmiedeten sie sich über die Srttcnlehrk solche Systeme, welche dem Evangelium ganz entge¬ gen gesetzt sind. Sie behaupteten Grundsätze, welche mehr der Eigenliebe und der bloß mensch» lichen Weltweisheit, als der Lehre Jesu Chri¬ sti gemäß sind. s- HAM 291 2. Die Leidenschaften können, eben sowenig als die Vernunft, unsere Regel seyn. Sie sn? chen weiter nichts als ihre eigenen Dortheile, und alles, was ihnen schmeicheln kann. Wie könnte wohl jenes, düs Jesus Christus uns ohne Unterlaß zu bestreiten, abzutödten > und zu unterdrücken befiehlt, ein geschicktes Mittel seyn, uns zu führen? Es ist die Natur der Leidenschaft, daß sie den Verstand verfinstert, und blendet. Und was kann ein blinder Mensch thun? Kann er auf den Wegen der Gerechtig. keit gehen? Gehet er nicht seinen eigenen Pfad? Und lauft er nicht dem Sturze zu, ins dem er seinen Leidenschaften folget? z. Der Weltbrauch. Dieser ist gemeiniglich die Regel der weltlich Gesinnten , und sie siel- len sich, wider den Befehl des Apostels, der Lvelr gleich, (Röm. 12, 2.) Es ist wahr, cs gibt einige eingefnhrte Gebrauche, welche die Kraft eines Gesetzes haben, wenn sie dem Evangelium nicht zuwider sind; allein alles, was wider selbes ist, muß verworfen werden; kein Gebrauch kann sich wider das heil Evangelium mit der Verehrung rechtfertigen; und alles, was wider diese Regel lauft, muß als falsch verabscheuet werden. Jesus Christus erhob sei¬ ne Stimme laut wider die .Gewohnheiten der Pharisäer/ welche gesetzwidrige Grundsätze in Sittenlehre und Zucht cingeführet hatten- Dies thaten auch die Heiligen, wenn sie Ge-- öräuche und Moden, welche der Sittcnlehre T 2 Jesu 2Y2 Jesu Christi entgegen waren, sich eindringen sahen. Kann man wohl abscheulichere Grund¬ sätze sehen, als jene welche sich die Wcltgesinn- Irn gemacht haben, und genau befolgen; alS, die Unbilden nicht zu leiden, wegen einer Be¬ leidigung sich zu rächen, wegen einer Ohrfeige sich in die Todesgefahr zu stürzen, und viele andere dergleichen? Sonst sagen diese Weltge- sinnte, ist man nichts nütze; man kann sonst wicht mehr in den Gesellschaften erscheinen? Was kann verabscheuungswürdiger ftyn, wenn man diese Regeln mit den Regeln vergleichet, die uns Jesus Christus vorschreibt, er, wel¬ cher befiehlt, daß wir uns eine Ehre daraus machen sollten, die Unbilden geduldig zu leiden, den Feinden zu verzeihen, niemahls Rache zn suchen, sondern jenen, dir uns Böses anthun, Gutes ju erweisen; jene zu segnen, die uns fluchen, und Böses von uns reden. Man wird etwa sagen, es gebe ja Schriftsteller und Leh¬ rer , welche nicht so streng sind, und die evan¬ gelischen Gesetze durch Auslegungen ziemlich mildern. 4. Dies ist wieder eine Regel, welcher viele Christen folgen, die aber eben so gefährlich ist, als die vorher gehenden. Daher erlauben sich viele Menschen ohne Skrupel falsche, mit zwey» heutigen oder hinzugedachten Worten abgefa߬ te Schwüre , wucherische Verträge, Spiele, Sch auspiele und selbst bemäntelte Ungerechtig¬ keiten, um im Besitze einiger vergänglichen Gü« HAM 29 z Güter zu bleiben : wir, sagen sie, folgen hier» innfallS dem Gutachten mehrerer Lehrer, die es zulaffen- Wenn wir etwas thun, oder uns zu einem Geschäfte entschließen sollen, ware eZ zu wünschen, daß wir unsere Regel, das ist, unser Evangelium in die Hand nehmen, bey uns selbst rathschlügcn, und sagten: Laß sehen, ob das, was ich jetzt thun will, der Regel ge¬ mäß ist; man redet mir von Spielen, Comö- dien rc. rc. Laß sehen, ob die Schauspiele, die Opern, die Spiele, wo ich die Zeit verliere, und mich der Gerfahr aussetze, auch merklich Geld zu vcrsplittern, dem gemäß sind, was mir Jesus Christus im Evangelium befiehlt: nähm- lich sich selbst entsagen, täglich sein Rreu; kra¬ gen , sich Gewalt anthun , immer auf dem en» gen Wege einher gehen, das Ueberflüßige den Armen geben, Buße thun und die Leiden¬ schaften abtödten. Dieses Gesetz, und nicht das Gutachten der Natur und die Meinungen der Menschen muß man zu Rache ziehen. Dies sag- 'te Esaias der Prophet den getreuen Dienern Gottes, welche der Verführung falscher Pro¬ pheten ausgesetz waren: wenn man zu euch sagt, ihr sollet die Wahrsager und Zeichendeu¬ ter fragen, die schwätzen und disputiren,spre¬ chet : Soll nicht ein Volk seinen Gott fragens 2a, nach dem Gesetz und Zeugniß. werden sie das nicht sagen, so werden sie die Morgenrö¬ te nicht sehen; (Esai 8, 19- 20.) tiefe Fin- sierniße werden sie umhüllen, und in Abwege füb- 294 führen. Ein Christ ist eben so verbunden das Gesetz des Evangeliums zu Rathe zu ziehen, als cs cin Jud in Absicht auf das Gesetz Mo- sis war. Was befiehlt aber dieses evangelische Gesetz? Kennen wir wohl alle Gebothe desselben? Ach! wie wenige denken darüber? Hier ist der In¬ halt dieses Gesetzes Jesu Christi, welches die Ne ee! aller Christen ist. Diese großen Gebothe, und die ersten, welche alle übrigen in sich ent¬ halten, sind. i. Gott lieben aus ganzem seinen Herzen, aus ganzer seiner Seele, aus ganzem seinen Gemüthe und ans allen seinen Kräften; und den Nächsten wie sich selbst: Gebothe, in welchen alle übrigen eingeschloßcn find, und daraus stießen. r. Es ist ein Gcboth, sich selbst zu entsagen, das ist, die Eigenliebe zu tödten, und die Lei¬ denschaften zu bekämpfen. Z. Täglich sein Kreuz gutwillig zu tragen. 4- Jesu Christo ähnlich zu werden, die Bey- spiele seiner Tugend.n nachzuahmen, und ft, wie er, zu denker, 5 Die Unbilden, Beleidigungen, Demüthi- gungen geduldig zu leiden. ü Allem, was man besitzt, im Herzen und der Neigung nach, z» entsagen, und im Ge¬ danken und Herzen arm zu scyn. 7- Es ist Pflicht, die Feinde zu lieben, für sie zu bethen, und nicht cinmahl einen Gedan- lz.t der Rache wider sie zu hegen. S- 2y-5 8. Die Heiligung unserer Seele und die Se- ligkeit zuerst und hauptsächlich zu suchen. 9. Nach der Vollkommenheit, jeder nach sei¬ nem Stande, zu trachten, und sich zu bemü¬ hen , in der Tugend zuzunehmcn. i?. Kleinen Kindern gleich zu werden, und uns mehr zu erniedrigen als zu erhöhen "su¬ chen. n. Ucber uns selbst zu wachen, und zu be- thcn, und dies nicht nur mit dem Munde, son' dcrn aus dem Grunde des Herzens. 12. Bereit zu seyn, wenn der Fall sich er¬ eignete, für Iesum Christum und den Nächsten das Leben her zu geben. iz. Sich Jesu Christi, und seines Evange¬ liums nicht zu schämen, sondern ihn bey Ge¬ legenheit zu bekennen. 14 Ohne Wucher auszulethcn, und nichts über die geliehene Summe anzunchmen. 15. Almosen zu geben, und dies nach seinem Vermögen, und nach der dringenden Dedürf- niß der Armen. 16. Den Dienst Gottes mit dem Dienste der Welt nicht zu verbinden, weil man zwey Her¬ ren nicht dienen kann. 17. Die Welt nicht zu lieben, noch je etwas, was in der Welt ist, weil die Liebe des Vaters in jenem nicht st, der die Welt mit einer herr¬ schenden Liebe liebet. ,18. Gott befiehlt den Reichen, das lieber« stüZige ihres Standes her zu geben, tm Ueber- fiuße rz6 EKK fluße demüthig zu seyn, fich auf das Ungewiße ihrer Reichthämer nicht zu verlassen, und ihr Vergnügen nicht darinn zu bestellen , weil Je¬ sus Christus jene fluchet, die dies thun. 19. Es ist verbothen, die eiteln Vergnügun¬ gen und Freuden der Welt zu lieben; denn Je- suv Christus spricht den Fluch über jene aus, welche in diesem Stande sind. so. Es ist uns befohlen, dem Nächsten lei¬ ne Ursache zur Aergerniß zu seyn; weil auch wider die Welt wegen der Aergerniß ein Fluch ausgesprochen wird. »r. Es ist ein Geboth, die Gelegenheit dec Sünde zu fliehen; weil uns Jesus Christus be¬ fiehlt , unfern Fuß, unsre Hand abzuhauen - und das Aug auszuretßen, wenn uns dies« Din¬ ge Gelegenheiten zum Falle sind; das ist, wie müssen uns auch der nothwendigsten Sachen Berauben, wenn wir unser Heil nicht anders wirken können. 22. Wir müssen mit unserm Thun und Lassen auf Gott, als auf unfern letzten Endzweck, ab- zielen; weil der Apostel sagt, daß wir alle-, »»««wir thun, zur Ehre Gottes und im Nah¬ men Jesu Christi thun sollen. sz. Es ist uns auch befohlen, alle Dinge der Welt mäßig zu brauchen, und nur aus bloßer Norhwendigkeit zu essen, zu trinken, zu schla¬ fen re. rc. 24. Ist es Pflicht den schmalen Weg zu be¬ treten, und sich Gewalt anzuthun, um in das Him- HAM 2)7 Himmelreich einjugehen. Selbst die Räthe wer¬ den zu Gebothcn, in so weit es auf die Be¬ reitwilligkeit des Herzens ankömmt, weil wir bereit feyn mässen, alles zu verlassen, wenn es Gore von uns verlanget. DicS ist die Regel, der wir allezeit und über¬ all folgen müssen, ohne je davon los gezählet werden zu können. Dies kann zuweilen bey den Gebsthen der Kirche geschehen, wenn es die Noch erfordert; niemahl aber bey den Gebo¬ ten Jesu Christi. Wie viele Gewissensfälle wä¬ ren schon entschieden, wenn man sich an diese Regel hielte, und in Vorfallenhetten bey ihr sich Raths erholte! Wir müssen aber mit dem Apostel sagen: Nicht all« gehorsamen dem Evangelium; ( Röm. io, i6.) und die Hir¬ ten müssen mit dem Propheten Esaias seuf¬ zen: Zerr, wer hat geglaubet, was er von uns gehöret hat^sEsai. ;Z,2.) Man muß ganz nach dem Evangelium leben, weil man da al¬ lein die Regeln verwahren Weisheit und gründ¬ lichen Frömmigkeit findet. II. Folgende ist die zweyts Ursache, warum wir nach dem Evangelium zu leben haben. Verge¬ bens werden wir in den Büchern der Weltwei¬ sen die Regeln der Weisheit und Gottseligkeit suchen, i. Das Evangelium hauet die Wurzel aller Laster ab, und bestreitet alle Leidenschaf¬ ten der Menschen ; welches unumgänglich noth« wendig ist, um weise zu ftyn. 2. Das Evange- lium lehret und behauptet alle Tugenden. Da wird 298 HAHHH wird die Falschheit aller menschlichen Tugenden entdeckt, die Heuchelei) verdammet, die falsche Gerechtigkeit zernichtet- Da lernet man un¬ terscheiden, was die guten Werke und die Schein» lügenden Gutes und Böses haben. Mit diesem Schwerte durchdringt man alle Falten und Fugen des menschlichen Herzens, und entde¬ cket, was cs Festes oder Schwankendes hat. Z. Im Evangelium wird die wahre Gottselig¬ keit gelehret, nebst dem Dienste, den manGokt schuldig ist, wie er von allem jüdischen und heydnischen Aberglauben abgesondert und ge- rciniget ist. Da lernet man, Gott im Geiste und in der Wahrheit anbechen, indem man al¬ le Religionshandlungen im Geiste der Religion verrichtet. Das Evangelium verlangt nicht nur das Aeußerliche der Religion, sondern das Herz; es läßt nicht zu, daß man bey gewißen äu¬ ßerlichen Andachtsübungcn genau sey, indessen man das Wichtige des Gesetzes verna chläßigct, noch daß man zufrieden sey, Gott mit den Ap¬ pen zu ehren, da das Her; von ihm entfernet ist. 4. Das Evangelium behauptet die gründe che Gottseligkeit, weil cs den Frieden und die Ruhe in alle Gesellschaften einführct. Wen» Man nach dem Evangelium lebt, sind die Fa¬ milien wohl geordnet, die Gesellschaften in der Einigkeit: jeder ist an seinem Platze, und er¬ füllet die Pflichten seines Berufes getreu, ohne N-id und Zank. Verwundern wir uns also nicht/ wenn 299 wenn wir heut zu Tage die Gottseligkeit bey jenen, die sich dazu bekennen, so schwankend antreffen. Alles Nebel kömmt daher, weil man sich von der evangelischen Einfalt entfernet. Jeder schaffet sich eine Andacht nach seiner Mo¬ de, nach seinem Dünkel, oder nach seinem Hu- « mor und Temperament. Man folget seinen Ein¬ bildungen, seinem eigenen Kopfe, und vcrnach- läßiget die Verläugnung seiner selbst, die De- muth, die Liebe, das Stillschweigen, die Gc- müthsversammlung und das verborgene Leben, welches im Evangelium befohlen wird; dies sin d Regeln , worauf sich die wahre Gottselig¬ keit gründet, und ohne welche es unmöglich ist, eine solche zu haben, die des Gottes, dem wir dienen, würdig wäre. g. Die dritte Ursache, warum wir nach dem Evangelium leben muffen, auf daß unser Le¬ ben ein christliches Leben sey, ist/ weil wir nach dem Evangelium werden gerichtet wer¬ den Lies ist das Buch, welches vor dem Stuhl des höchsten Richters wird aufgemacht werden ; und je nachdem es in diesem Buche geschrieben ist, werden wir entweder unsere Rechtfertigung oder Verdammung finden. Alles, was dieser Regel nicht gemäß ist, Begierden, Worte, Hand¬ lungen, Aufführung, alles wird da verworfen und verdammet werden. Nach diesem heiligen und göttlichen Gesetze wird unser ganzes Leben untersuchet werden, und Jesus Christus wird "stJein Unheil fällen, nachdem er uns und der ganzen zoo EKH ganjen Welt wird gezeiget haben, ob wir es beobachtet oder übertreten haben. Hören wir den Apostel, wie er wider jene redet, welche deck Evangelium ungehorsam sind. Der Zerr Je sus wird -ch vom Zimmel mit Feuerflammm offenbaren, Rache zu üben an denjenigen, die dem Evangelium Jesu Thrift» nicht Gehorsam > leiften, welche von der Anwesenheit des Zerr» und vom Glanze seiner Rraft beschämet im Un¬ tergang vwige Strafen leiden werden, (2. T-e- ßal. », 8. 9.) Laßet uns dieses schreckliche Ur¬ iheil befürchten, wenn wir diese großen Gebo- the und dies« heiligen Regel der Kirche übertre¬ ten. Glauben wir nicht, daß uns Jesus Christus nach den Systemen und Grundsätzen der Sit- tenlehre, die wir uns selbst machen, richten werde; wir mögen uns von seinem Gesetzt noch so weit entfernen, es bleibt immer ein ewiges, unveränderliches Gesetz, wider welches keine Verjährung gilt; nur nach diesem wird er uns richten. Diese !jkegel müssen wir immer imGe« dächtniße und tm Herzen haben. Das christl'' che Leben ist wie ein Gebäude, bas wir auffüß' ren wollen. Jene, welche bauen, sind immer von ihrem Plane und Riße voll; immer mit dem Winkelmaße in der Hand , um jeden Stein zu berichtigen, und alles gleichförmig und eben¬ mäßig zu machen- So müssen es auch wir thun- um nichrs zu unternehmen, was dem Riße und Plane dieses geistlichen Tempels, den wir zur Ehre des lebendigen Gottes aufführen müssen, zu- zuwider wäre. Als wahre Christen müssen wir ganz nach dem Evangelium leben. Wir wollen die wunderbaren Wirkungen betrachten, welche diese heilige Lehre in jenen hervor bringt, die selbe befolgen und ausüben. Keine Lehre ist so groß, so erhaben, als je¬ ne des Evangeliums; keine, welche heiliger, den Neigungen und Bedürfnißen des Menschen angemeßener wäre, besonders in dem Stande des Elendes, in dem er sich befindet. Ihre Grö» ße und Erhabenheit bestehet in dem, daß sie von einem Gottmcnschcn ist gelehret worden, der sie von seinem Vater empfangen hat.- er versichert uns selbst, er sage nur , was er von seinem Vater gehöret habe. Sie ist heilig, weil sie die Menschen jur Heiligkeit, zur Entsagung aller erschaffenen Dinge, jur Liebe GotteS, als der Quelle aller Heiligkeit, anleitet; und weil sie auch die geringsten Gebrechen verdammet, indem sie dem Menschen nur das Gute und Vollkommene anempfichlt. Sie ist den Ncigun, gen des Menschen angemeßen. Der Mensch ver¬ langet , groß und glücklich zu seyn; und dies findet man, wenn man nach dem Evangelium lebt. Diese Lehre ist unfern Bedürfnißen ange- meßen, weil sie für alle unsere geistlichen Urbel und Krankheiten Mittel schaffet. Wie weit könn¬ ten wir uns hierüber nicht auslaffen! Wir wol¬ len uns aber nur mit der Betrachtung ihrer wunderbaren Wirkungen begnügen, i. Sie än¬ dert ZO2 dert die Gestalt der Welt. s. Sie erniedrigt den Menschen. Z. Sic erhebt ihn. r. Das Evangelium predigten zwölf arme Apostel, ohne menschliche Stütze, ohne Geld, ohne einige menschliche W isheit und Staats- kunst; verachtet, verfolget und dem Haße der ganzen Welt ausgesetzt. Welche Vortheile er¬ hielten davon nicht jene, die es annahmen? Man sah ganze Nationen verändert, die Gö¬ tzen umgestürtzit. den Dienst des wahren Got¬ tes festgesetzt, den Aberglauben zerstört, die Anbethung im Geiste und in der Wahrheit ein» geführt; die wahre Weisheit anstatt der heyd- Nischen Weltweishett, die gründliche Tugend anstatt der falschen Gerechtigkeit der Juden ins Licht gesetzt. Man sah, wie sich fast die ganze Gestalt der Erde erneuerte; wie die La¬ ster und die schändlichsten Gräuel sich verkro¬ chen ; wie die Unwissenheit und die Jrrthümer gegen dem Lichte der evangelischen Wahrheit, das auch barbarischen Nationen aufging, ver¬ schwanden ; wie auf die Geheimnisse der Bos¬ heit, der Glaube an die Geheimnisse Jesu Chri¬ sti folgte; wie das große Babylon zusammen fiel, und die Kirche, diese heilige Stadt, aus dessen Trümmern empor stieg. Man sah, die Keuschheit in der Ehe, und die Jungfrau¬ schaft in beyden Geschlechtern anstatt der ab¬ scheulichen Unreinigkeiten; wie die Mäßigkeit und Eingezogenheit, anstatt der Ausschwei¬ fungen im Essen, Trinken, und Kleiderpracht; wie HASH 30; wie die Demuth und der Geist der Armuth, anstatt dep Stolzes und Geitzes; wie die Ord¬ nung, die Gerechtigkeit, die Liebe Gottes und des Nächsten, anstatt der Unordnung der Un¬ gerechtigkeit , der Verachtung Gottes, der Lodcschläge und Rachgierde überhand nehmen, und herrschen. Der Apostel nennet ohne Zwei¬ fel deswegen das Evangelium die R raft Got¬ tes, alle jene selig zu machen, welche diesem göttlichen Worte glauben, (Röm. 1, r6.) 2. Die Lehre des Evangeliums erniedriget den Menschen. Die Demuth ist dem Menschen un¬ umgänglich nvthwendig, um zu Gott zurückzu kehren , und ewig glückselig zu seyn. Der Stolz harte ihn von der Liebe seines Schöpfers ab¬ gesondert, und entfernet; er muß einen ganz entzcgegen gesetzten Weg cinfchlagcn, um zu finden, was er verloren hatte. Daher, da der Sohn Gortes Mensch wurde, und sich dadurch vernichtete, war seine große Absicht, sagt der heil. Augustin, uns zu lehren , wie wir uns zu demüthigcn lmvcn. Deswegen zielt auch die Leh¬ re des Evangeliums dahin, den Menschen zu erniedrigen / indem sie die Eigenliebe, die Lie¬ be .zu sinnlichen Wollüsten und die Liebe zu den Gürern brr Erde zerstshrct Wir dürfen nur das Evangelium, nehmen , und es vom Anfänge bis ans Ende durchgehen, so werden wir überall fmden: i. daß alle Sittengesetze, die uns Je¬ sus Christas gibt, dahin abziclcn, daß der Menich in seinem Geiste und Fleische, durch die Zc>4 die Abtödtung aller seiner Leidenschaften, durch die Geduld und Canftmuth bey den Leiden, Unbilden, Verachtungen, und niederträchtigsten Behandlungen; durch Vergebung der Feinde; durch eine Liebe ohne Gränzen; durch Vermei¬ dung der Ehre, der Erhöhung und alles Hoch» muthes; durch niedrige Gedanken, die man von sich selbst haben muß, erniedriget werde. 2. Das Evangelium läßt dem Menschen sein verderb¬ tes Herz, seine Schwachheit und Ohnmacht auch das geringste Gut ohne Hülfe der Gnade zu wirken, die Finsterniße seines Verstandes, und die Leichtigkeit, das Döse zu thun, einst« hen und fühlenes lehret uns, daß wir aus uns selbst weiter nichts als Blinde, Taube und gleichsam Todte sind; und daß wir uns selbst auszichen müssen, um in dem Glauben I su khristi die wahre Gerechtigkeit zu finden. Z-Die Lehre des Evangeliums erniedrigt den Men¬ schen , indem sie seinen stolzen Verstand und seine Vernunft verbindet, Geheimniße zu glau» ben, welche über seine Einsicht sind, und die er nicht begreifen kann; als einen Gott iu drei) wahrhaft unterschiedenen Personen, die doch in der Wesenheit gleich sind, und nur ei¬ nen Gott ausmachen; einen Gott anzubethe», der ein Kind ist, einen gekreuzigten Gott, der den Juden ein Aergerniß, und den Heyden ei¬ ne Lhorheit war; zu glauben , daß eine Jung» frau Mutter werde, ohne die Jungfrauschaft zu verlieren; daß Sacramente unter sichtbares Zki- ZOZ Zeichen unausspre chliche Gnaden in unfern See¬ len wirken; daß uns Jesus Christus unter den Gestalten des Brodes sein Fleisch, sein Blut, seine Gottheit mittheile. Alle Geheimniße der Religion binden den Verstand und die Vernunft, und halten selbe in Demuth. Durch die Waffen des Klaubens, sagt dei^ Apostel, zernichten wir die Vemunfcschlaste der Menschen, und alle Zähe, die sich wider die Lrkenntniß Got¬ tes erhebet, und wir nehmen allen Verstand zum Gehorsam Lhristi, (2. Kor. 10,4.4.) z. Die Lehre des Evangeliums erhebt den Menschen durch die großen und erhabenen Wahr¬ heiten, die sie ihm entdeckt, durch die großen Hoffnungen, die sie ihm gibt, durch den Stand, in den sie ihn versetzt. Kann man etwas Größeres sehen, als die Wahrheiten, die uns das Evangelium lehret, und etwas Erhabneres als die Geheimniße, welche vom Anfänge der Welt her verborgen waren? ( H. Chryssst. über Matth, r. H. ( „ Es entdeckt uns eine» Gott auf Erhen, der „ zugleich im Himmel ist; den einigen Sohn „ des Vaters, der mir dem Menschen in ei- „ ner Person unaussprechlich vereiniget ist; ei- „ ne wunderbare Mischung höherer Dinge mit >, den Niedrigem; Engel, weiche mit Menschen umgehen. Welch ein erstaunliches Schauspiel, ,-> zu sehen, wie ein irieg, der so alt als die ,> Welt ist, auf einmahl aufhöeet; wie Gott durch das Opfer und den Lod eines Gott- U „ men- Zo6 „ Menschen mit dem Menschen versöhnet; dec „ Teufel beschämet: der Tod und die Welt „ überwunden; der Himmel eröffnet; der Fluch „ zerstöret; die Sünde verbannet; der Jrrthum „ ersticket; die Wahrheit ans Licht gezogen; „ der Weg des Himmels auf Erden gebahnet „ wird; wie die himmlischen Kräfte undMäch- „ te mit dem Menschen gemein werden; wie „ Gott mit uns, und uns ähnlich ist; wie die „ menschliche Natur an der göttlichen Theil „ nimmt; wie sich ein Gott für den Menschen ,, hin gibt; wie der Mensch mit dem Vater, „ Sohne und heil. Geiste in eine Gemeinschaft „ eintrit- " Dies ist die Höhe, die Tiefe, und Heiligkeit der Wahrheiten, welche das Evan¬ gelium lehret, und welche in diesen vier Stü¬ cken bestehen: Ein Gott, Schöpfer aller Din« ge; ein Gott, Erlöser der Menschen; ein Gott, der sie heiliget; ein Gott, der sie zu eben je¬ ner Herrlichkeit erhöhet, di er ger ießt. Verge¬ bens suchen wir in den Büchern der Weltwci- sen crhabenere Wahrheiten, als jene sind, die uns Jesus Christus gelehret hat; wir finden darinn nichts, was ihnen nahe kömmt; cs ist darinn alles kriechend, alles niedrig, und der Größe des Menschen unwürdig. Das Evangelium erhebt den Menschen durch die großen Hoffnungen, die es ihm gibt. Wel¬ che Lehre hat dem Menschen je so große Güter verheißen, als jene sind, welche ihm das gött¬ liche Wort so wohl für dieses als für das künf¬ tige 307 tigc Leben verheißt ? Sie verheißt diesem Sün¬ der, de» der Anblick feiner Ausschweifungen niedcrschlägt, die gänzliche Tilgung seiner La¬ ßer durch Iesum Christum, ter gekommen ist, fene zu suchen und selig zu machen , die ver, loren waren, und der sie mit der Zärtlichkeit eines Vaters aufnehmen, und mit der Güte eines Hirten tragen will. Dieses Evangelium verheißt sterblichen und sündigen Menschen, sie zu Kindern des Allerhöchsten zu nifichen, und sie durch seinen Geist zu erneuern. Jesus Chri¬ stus will sie als seinen Vater, seine Mutter- seinen Bruder, und seine Schwester auschcn, wenn sic den Willen seines Vaters thun. Die' hcydnischc Weltweisheit schmeichelte den Fürsten, sie in die Zahl der Götter zu setzen; ließ sie aber so, wie sie waren, das ist, tausend Ge¬ brechen unterworfene Menschen. Das Evan¬ gelium aber zeigt uns einen Gott, der Mensch wurde, um uns der göttlichen Natur theilhaf- tig zu machen. Es verheißt den Welttöchtern, sic zu dessen Bräuten zu machen, und einen ewigen Bund mit ihnen zu schließen, wenn sie ihren Eitelkeiten entsagen wollen. Jenen See¬ len, welche durch Aengstigkciten und Versu¬ chungen niedergeschlagen sind, ruft es zu, zu Jesu Christo zu gehen, und sein Joch auf sich zu nehmen; in ihm werden sie Ruhe und Frie¬ den finden; und er werde das schon halb zer¬ brochene Rohr nicht zerquetschen, wenn meine Worte in euch bleiben, sagt Jesus Christus, U 2 was 5->s «as ihr nur wollet, bittet; so wird es euch geschehen, (Joh. 15, 7.) Wenn jemand mich liebet , der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen, und bey ihm die Wohnung nehmen, (Joh. 14, 23.) Die Gabaoniten, Feinde des Volkes Gottes, hatten den Loh verdienet: sie hielten sich für glücklich, daß ih¬ nen Josue das Leben schenkte, und ihnen kei¬ ne andere Strafe auflegte, als daß sie zum Bau des Tempels das näthige Holz und Was¬ ser tragen sollten. Das Evangelium aber ver¬ spricht uns, uns Sündern, daß wir mit Jesu Christo Priester seyn; mit ihm nur einen Men¬ schen ausmachen; lebendige Steine seines Ge¬ bäudes , ja selbst der Tempel des lebendigen Gortes seyn sollen, wenn wir uns mit ihm durch eine aufrichtige Bekehrung aussöhnen. Wir müssen sagen, daß er selbst unser Lohn wird; r. B- Mos. r,z, 5.) daß er noch nicht offenbar ist, was wir seyn werden; daß «ir ihm aber ähnlich werden, wenn er sich in sei¬ ner Herrlichkeit offenbaren wird; (r. Joh. Z, 2) daß wir da seyn werden, wo er ist, wenn wir ihm getreu dienen; daß wir, als seine Kinder, sein Erbe genießen werden; daß er uns seine Herrlichkeit und Glückseligkeit mittheilen wird; daß wir keine Plage werden auszustehc» haben, weder von Seite des Leibes, der sei¬ nem glorreichen Leibe ähnlich werden wird, noch von Seite unserer Seele, welche mit Gott votl- kom- EKH Z 09 kommen vereiniget seyn wird; «nb daß wir an seiner Unvcränderlichkeit werden Theil nehmen, indem wir keinen andern Willen haben werden, als den seinigen. Dieses Evangelium verheißt den Armen ein ewiges Reich, und den Wei« »enden und Traurenben eine unermeßliche, un- begränzte und unendliche Herrlichkeit km Him¬ mel. Für das gegenwärtige Leben, versichert es uns, daß Gott für unS sorgen werde, wenn wir das Reich Gottes und unsere Heiligung suchen , und aus diesem Suchen unser Haupt¬ geschäft machenalles übrige, was zum Le¬ ben nothwendig ist, wird uns gegeben werden- Dies sind die Hoffnungen, die uns das Evan¬ gelium gibt. Das Evangelium erhebt den Christen, weil es ihn über alle Dinge der Welt erhöhet. Ein Christ, der nach dieser heiligen und göttlichen Lehre lebt, bleibt allezeit fest und unerschüttert mitten unter den verdrüßlichsten Zufällen; nichts kann ihn stürzen. Indem er von der Welt nichts hoffet und fürchtet, können ihm weder Drohungen noch Verheißungen das Gut rauben, das er liebt. Gott allein fürchtet und liebet er; von ihm allein erwartet er alles. Indem er mit Gott innigst vereiniget ist, sicht er nichts Großes, als ihn; er ist das einzige Gut, daS er liebt; das ein¬ zige , das er zu verlieren fürchtet. Der Mensch, auf diese Art über die Welt, durch deren Ver¬ achtung erhaben ^ erhebt sich hernach über sich selbst durch eine imnierwHrende Verläugnunz dessen. dessen, was er ans sich selbst hat; und da er sich mit J su Christs vereiniget, lebt er schon durch seine Begierden und seine Liebe im Him¬ mel. Wenn er mit den Verdiensten dieses Mensch gewordenen Gottes bekleidet ist, so ist es nicht mehr er, der lebt, sondern Jesus Christus ist sein Leben, sein Licht und seine Gerechtigkeit, ja sein Alles. Ist es erlaubt, das Evangelium zu lesen? A- Es scheinet, man soltte diese Frage jetzt nicht mehr aufwerfen, wo fast alle Christen dnS Evangelium lesen, und Uebersetzungen davon auf landesfürstlichen und geistlichen Befehl ge¬ schehen sind, um es den Gläubigen in die Hän¬ de zu geben. Man hat bereits die Vorurtheist abgelegt, die man bisher hatte, als dürfe man die heil. Schrift nicht lesen, dte von katholi¬ schen Lehrern übersetzt ist. Es war nie verko¬ chen, diese Worte des ewigen Lebens zu lesen und zu betrachten; vielmehr man rieth den Gläubigen, sich davon zu nähren. Wenn mail erwäget, was die heil. Väter einstens dem Vol- ke sagten, um cs zur Lesung dieses heil. Bu¬ ches aufzumunkern, muß man über die schreck¬ liche Nachläßigkeit so vieler Christen erstaunen, welche äußelst begierig sind, allerhand Bücher zu lesen; nur nicht das Testament ihres himm¬ lische» Vaters- Hören wir Len heil. Chrysosto- mus. ( Rede über den Lazar.) „Ich werde nicht „ aufhören, euch zu ermahnen, daß ihr nicht ,, nur allein in der Kirche auf Las, was wir sagen? Acht -HAM Zli „ Ackt gebet , sondern auch zu Hanse eure Zeit „ mit fleißiger Lesung der heil. Schrift zubringet. „ Versamelt in euren Häusern eure Familie, eue- „ re Kinder undDienstbothen, und leset ihnen „ Liese heil. Bucher vor. Denn Niemand brin* „ ge mir jene abgeschmakten , lächerlichen und strafbaren Entschuldigungen.- Ich habe be< „ ständig vor Gerichte zu thun; ich bin ein >, Handwerksmann; ich habe Weib und Kin- „ der zu ernähren; ich stehe einer Familie vor; „ ich bin ein Weltmensch, es ist meine Sache „nicht, die Schrift zu lesen, sondern dies >, kömmt den Geistlichen zu. Was sagst du „ Mensch? Es soll deine Sache nicht seyn, „ die Schrift zu lesen, weil du von tausend „ Sorgen hcrumgetricben wirst? Für dich ist ja diese Pflicht weit wichtiger als für jene, „ denn, die einsam leben, bedürfen ver Hül- fe der heil. Schrift nicht so sehr, als jene, „ die sich mitten im Wirbel der . Geschäfte be- „ finden- Die Einsamen bringen ihr Leben „ gleichsam wie in einem sichern Haven zu, und sind in ihrer heiligen Stille außer Ge- „ fahr; ihr aber seyd auf dem weiten Meere und mitten unter Stürmen. " So redete dieser heil. Lehrer zu seiner Zeit. Und anders¬ wo. (zi. Nedeüber den h." Johan.) „ Wenn -> der Teufel fliehet, da er euch in ein Haus gehen sieht, wo das Evangelium ist, wird „ er sich um so weniger getrauen, sich einer >» Seele zu nähern, welche mit öfterer „ Le- j Z!2 „ Lesung desselben beschäftiget ist. Heiliget also „ euere Seele und eueren Leib; und dies wird „ geschehen, wenn ihr das Evangelium leset, „ es immer in euerem Herzen und auf euerer „ Zunge habet " Der heil. Hieronym. schreibt dem Gaudentius über die Erziehung seiner Toch¬ ter, auch der Heu. Paula und der Eustochiuni, ermahnet sie, ja befiehlt ihnen, immer diese heil. Bücher in Händen zu haben. Er übersen¬ det ihnen seine Uchersetzung tu verschiedenen Büchern der heil. Schrift- Da er der heil. Paula schreibt, die ohne Unterlaß das Leben bewein¬ te, daß sie in der Welt gcführet hatte; bittet er sie, ihrer Augen zu schonen, um die heil. Schrift lesen zu können. Es ist kein heil. Va¬ ter, der nicht die Christen zu dieser heiligen Lesung aufgcmuntert hätte. Eben die Beweggründe, die diese heil- Leh¬ rer zu ihrer Zeit hatten, bestehen noch heutjn Lage. Sie sagten mit dem Apostel, (2. Tim. Z, 16. 17.) daß alle von Gott eingegebene Schrift nützlich fep zum Lehren, zum lieber- zeutzen, zum Strafen, und zur Unterweisung in dec Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Got¬ tes vollkommen und zu allen guten Werken abgerichtet, werde. Die Lesung des Evangcli* ums ist den Sündern angcmeßen, um sie von ihren Ausschweifungen zurück zu führen; den Unvollkommenen, um sie in der Vollkommen¬ heit fortschreiten zu machen; den Niedergeschla¬ genen, um ihnen Muth einzufiößen; denVoll- kom- 8'Z kommcnern, um ihnen z« zeigen, wir weit sie noch von dem sind, was sie seyn sollten; den gewaltig Derfuchten, um sie zu unterstützen und zu stärken. „ Der heil. Augustin sagt: alle See- ,, lenkranheiten finden in diesem heil: Buche „ ihre angemeßenen Heilungsmittel. Der Stolz ,, findet da die Gebothe der Dcnruth ; der Zorn, die Gebothe der Sanftmuth; Die Liebe zu ,, den Reichthümcrn findet da den Geist der „ Armuth; der Hochmuth , die Liebe zum ver- „ bsrgenen Leben und das Verlangen desietz- „ ten Platzes; der Neid findet da die Liebe; „ das weichliche Leben die Abtödtung; die Lu- „ grnd die schönsten Beyspicle; " als, einen lebendigen Glauben bey dem Hauptmann und der Kananäerinn; eine wahre und aufrichtige Zerknirschung bey der Sünderinn und in der Person des Publikans; eine gänzliche und voll» kommene Bekehrung bey dem Zachäus und der Eamariterinn; eine groß« Verachtung aller Dinge der Welt bey den Aposteln; eint sehr strenge Buße bey Johann dem Läufer; eine sehr eifrige und beständige Liebe zu Jesu Chri¬ sto bey der Magdalena; eine tiefe Dcmuth bey dem heil. Johann und dem Hauptmann; eine durchaus bewährte Geduld bey dew mit Beu¬ len bedeckten Lazarus vor der Thüre des Rei¬ chen; «ine große Weisheit bey dem heil. Joseph, dem Ge spsnse der seligsten Jungfrau; und bey der seligsten Jungfrau alle Lugenden btysammen- Wer z 14 Wer kann hernach zweifeln, ob man das Evan¬ gelium lesen dürfe? Ein anderer Beweggrund , dieses heil. Buch zu lesen, entstehet aus dem, was wir gegen Lesum Christum sind. Wer kann sich bereden, es sey den Kindern nicht erlaubt, das Testament ihres Vaters zu lesen, um zu wissen, was er ihnen für Güter hinterlassen oder verheißen hat, den Schülern, die Lehre ihres Meisters zu studiren; den Bräuten zu sehen, was der Bund enthalte, den Jesus Christus mit ihnen gemacht hat; den Unterthanen, die Verord¬ nungen ihres Königes zu lesen; den Geschö¬ pfen , die Gebothe ihres Gottes und die ihm wohlgefällige Art des Gottesdienstes zu erken¬ nen? Wer wird zweifeln, ob das neue Volk, die wahren Israeliten nach dem Geiste, das neue Gesetz lesen dürfe; da die Juden verbun¬ den waren, das alte Gesetz ohne Unterlaß j» lesen und zu betrachten; es beständig bcy sich trugen , und selbes in ihren Häusern und über ihre Lhüren geschrieben hatten? Könnten wohl Christen diese heil. Lesung von dem Leben und den Tugenden Jesu Christi verabsäumen, da es ihre Pflicht ist, sich «ach diesem göttliche» Muster zu bilden, um selig zu werden? Wel¬ cher Freund ist nicht froh, wenn er von si^ nein abwesenden Freunde reden höret, und sich mir ihm unterhalten kann? Dieses können wir im Evangelium thun. Jesus Christus ist unser wahrer Freund, der auf gewiße Art von uns ab- ZIS abwesend ist. Er hinterließ uns im Evange¬ lium gleichsam ein Pfandseiner Liebe, wo er von sich selbst und von der Liebe, die er gegen uns hat, zu uns redet. Um uns über seine Abwesenheit zu trösten, ließ er uns seine Schrif¬ ten zurück Alle», was in diesem heil. Buche geschrieben steht, sagt der heil. Paul, ist uns zur Lehre geschrieben, auf daß wir durch Geduld und durch den Trost der Schrift vkr« sicherte Hoffnung haben, (Röm. 15, 4. ) Wo fanden die verfolgten Juden ihren Trost? (1. Machab. 12, 9.) In den heil. Büchern, die sie ohne Unterlaß lasen , um sich in den Nebeln, die sie von den Feinden des Gesetzes litten, zu stärken. Sagen wir nur nicht, daß wir hie¬ zu keine Zeit haben „ Wie! (sagt der heil. -- Chryfostom.) könnet ihr wohl sagen, ihrha- „ bet keine Zeit, selig zu werden, und als „ Christen zu leben ? Und warum leget ihr nicht „ einen Theil eurer Geschäfte auf die Seite, „ um der Lesung dieses heiligen Buches obzu- „ liegen? Ihr findet Zeit, euch zu unterhol- „ tcn, Zuspielen; und ihr saget, ihr habetkei' „ ne, da ihr euch in dem Gesetze Jesu Christi „ und von dem Leben, das er,er Vater und >, Muster auf Erden geführet hat, unterrichten ,, sollet? Wie lasterhaft ist nicht diese Ent- ,, schuldigung? " Der heil. Eligius, mit Ar¬ beiten für Fürsten beschäftiget, fand doch Mit¬ tel , dies göttliche Buch zu lesen; er hatte es vor sich offen, während daß er arbeitete, und warf Zi6 warf von Zeit zu Zeit ein Aug hin, um einige Feilen daraus zu lesen. Mächten doch die Hand¬ werker ihm hierin nachfolgen! Ihre Arbeit würde dadurch heiliger, und sie unterrichteten sich allmählig in den tiefesten Wahrheiten. Ach! wem muß eS nicht wehe thun, wenn man sieht, daß die Christen heftige Begierde haben aller¬ hand Bücher, Romane, fabelhafte Geschichten, Comädien zu lesen; die Lesung aber des hei« ligsten und nützlichsten ans allen Büchern ver- nachläßigen? Lasset uns sehen, wie man bey der Lesung des heil. Evangeliums beschaffen seyn muß. r. Man muß es mit Glauben lesen, weil es, um unfern Glauben zu nähren, geschrieben wurde; aber mit einem demüthigen, unterwor¬ fenen und ehrfurchtsvollen Glauben- Der Glau- be muß demüthig seyn; denn Gott entdeckt seine Geheimniße den Kleinen, und verbirgtsie den Stolzen und Weisen der Welt-Das Evan¬ gelium ist ein großer Fluß, wo die Hoffärti¬ gen ersäufet werden; die demüthigen Seelen aber ihren Durst loschen. Der Glaube muß un¬ terworfen seyn, das ist, uns gelehrig mache», damit wir anbethen, was wir nicht begreifen- Man findet da große und unbegreifliche Wahr¬ heiten: das Wort das da redet, redet zuwei¬ len einen erhabenen Ton, als Wort Gottes; aber es läßt sich auch oft herab, und redet zu den Menschen als ein menschgewordenes Wort. Ueberall ist die Gelehrigkeit und die Unterwer¬ fung GEH 317 fung gegen die Kirche nöthigzsirmuß uns die¬ se heilige Lehre auslegcn: denn keine Weissa¬ gung der Schrift ist nach eigener Auslegung zu nehmen , ( 2. Petr, i, Lv.) Der Kirche ste¬ het es zu, den Sinn derselben zu bestimmen. Dieser Glaube must mit Ehrfurcht vergesell¬ schaftet seyn: alles fordert uns dazu auf: es ist das Wort Gottes; cs ist sein ewiges -Wort; es ist Jesus Christus selbst , der unter den Wor¬ ten des Evangeliums verborgen liegt. Gott selbst ist es, der da redet, nicht mehr durch die Propheten, sondern durch seinen eigenen Sohn. Der heil. Augustin schätzt es fast so hoch als das Altarssacrament; daher ermahnet er die Christen , sie sollen es mit eben soviel Ehr¬ furcht anhören, alS sie sich Jesu Christo nähern; und sich hüten, ja nicht eine Wort auf die Erde fallen zu lassen, wie sie sich hierinnfalls bey dem Altarssacrament in Acht nehmen. Welche Ehrfurcht hatten nicht die Kirche und die Heiligen gegen dieses heilige Buch? Wir lesen, daß man es bey den Kirchenversanim» lungen an einem erhabenen Ort aussetzte. Auch heut zu Lage segnen die Armenier mit diesem heil. Buche das Volk; und der heil. Chrysosto- Mus sagt, daß die Christen, die es bey sich trugen, den Teufel in die Flucht jagten. Man sinket auch in der Kirchcngcschichte, daß der heil. Barnabas das Evangelium des heil. Mat¬ thäus eigenhändig geschrieben, und man es nach seinem Tode in seinem Grabe auf seinem eige¬ nen z 18 nen Leibe gefunden habe. Ein Geschichtsschrei¬ ber merket in dem Leben der heil. Cacilia an, daß diese heil. Jungfrau es immer bey sich trug. Diese Beyspiele sind redende Beweise von der Ehrfurcht der Heiligen gegen dieses heilige Buch. 2. Man muß es mit Liebe gegen die Wahr¬ heit lesen; denn wenn man sie nicht liebt, fin¬ det man bald einen Eckel daran; weil die Lei¬ denschaften darinn nicht geschmeichelt werden, und alle Eebothe des Evangeliums die Kreu¬ zigung derselben zum Zwecke haben: man muß hier weiter nichts als die Wahrheit suchen, und sie lieben, so rauch sie immer der Natur vorkommen mag. ä)ie Liebe verkostet und ver¬ dauet sie. Man muß es lesen, um es auf sich selbst anzuwenden, und seine Gesinnungen, sein Le¬ ben und Betragen darnach zu richten ; nicht aber nur um eö zu wissen, und bey Gelegen¬ heit davon reden zu können; welches ein eitler Vorwitz und eine lächerliche Pralerey wäre. Das Evangelium ist der Spiegel der Seele: vor die¬ sem muß man stehen, um seine Gebrechen za sehen, und, nachdem man sie kennt, sic zu verbessern; weil nicht jene gerechtfertigt wer¬ den, die das Gesetz kennen, sondern die es ge» treu und beharrlich beobachten. HAM) 8^9 Erhebung des Gemuthes zu Jesu Christo, -em Lehrer -er Wahrheit. Ich bethe dich an, o mein Heiland, als den einzigen Lehrer der Menschen. Du redest zu ih¬ nen als Wort; du klärest sie auf als Licht ; du unterrichtest sie als Meister; du machst sie dei¬ ne Lehre lieben und ausübeu als Liebe. Erzei¬ ge mir diese Barmherzigkeit, daß ich einer aus deinen wahren Schülern ssy; lehre mich den Weg der Wahrheit , auf daß ich mich nie ver¬ irre. Rede zu meinem Herzen, und gib mir Ohren, Leinen göttlichen Unterricht zu hören. Möchte meine Seele die Schule seyn, wo du unterweisest; und das Evangelium die Lehre, die du ihr vorträgst. Ach! an welchen Lehrer sollte ich mich sonst wenden? Du hast Worte des ewigen Lebens; sie habe» den Geist und das Leben der Seele in sich. Du lehrest weiter nichts, als was du von deinem Vater gehöret hast. Dein Evangelium enthält nichts, was nicht erhaben wäre; alles ist darinn heilig, alles des Gottes würdig, der zu uns durch sein -Wort redet- Er befahl uns so wohl am Jordan als auf dem Thabor, es als unfern Lehrer und Meister anzuhören. Sieh mich hier, Herr, bey deinen Füßen, um die Worte zu hören, die aus deinem Munde gekommen sind, und wel¬ che die Apostel im heil. Evangelium gesammelt ' ha- Z2o habe«. Bewahre mich, vor den Lehrern, die anders als du reden möchten; die mich von der Strenge deines Evangeliums zu entfernen su» chen ; und die unter dem Vorwande, die Men. scheu auf einem sanften und leichten Wege jur Seligkeit zu führen , sie. hindern, den schmalen Weg des Evangeliums anzutrcten, der doch allein zum ewigen Leben führet. Dich allein, o Zesu, mein wahrer Lehrer, will ich in dem Gebethe, in der Betrachtung deines Gesetzes, in der Kirche, als deiner Schule, und im Evangelium hören. In diesem heil. Evangelium werde ich die himmlische Lehre finden, die du den Menschen predigtest, da du auf Erden leb¬ test. In demselben redest du noch zu mir und lehrest mich jene erhabne Wahrheiten, die du den Schaaren, die dir folgten, offenbartest, und ihnen das Bekenntnisi abdrangest , daß nie ein Mensch, so wie du, geredet hat- Dein Mund öffnet sich in diesem göttlichen Buche noch immer für mich. Ich bitte dich, daß du mir den wenigen Gebrauch, den ich davdn gc" macht habe, und meine Nachläßigkeit bey der Lesung desselben vergebest. Ich habe das Ver¬ trauen , daß ich mich fürhin auf die Lesung und Betrachtung desselben ganz verlegen werde, um zu lernen, wie ich als ein wahrer Christ und dein getreuer Jünger lebe» soll. Da werbe ich bis in den Grund hinein sehen, was ich Pflichten gegen Gott und den Nächsten habe- O Evangelium! wie groß sind nicht die Dor¬ ther- -MA6> Z2k kheile, die du mir verschaffest*! Dieses göttli¬ che Wort erniedrigt meinen Stolz; Met mei¬ nen Zorn; beschämet meinen Hochmuth und mei¬ ne Eitelkeit; lehret mich mein Fleisch kreuzigen, und cs rem Geiste unterwerfen; hebt mich von meiner Niedergeschlagenheit auf; versüßet mei« ne Dualen; macht mich starr und beherzt in den Kämpfen , die ich wider meine Feinde aus¬ halten muß; tröstet mich in meinen Widerwär¬ tigkeiten und meiner Armuth. Es läßt mich auch einsehen, was du deiner Kirche und meiner Seele bist, und alles, was du gethan hast, um dich von deinen Geschöpfen lieben zu machen. Ich finde darin» Beweise deiner Macht, Weis¬ heit, Heiligkeit, Güte, und Beyspiele aller Tugenden. O Evangelium! das du so wunder,« bare Dinge enthältst! Ist es möglich, daß drt vom größten Zheileder Christen verachtet und vernachläßiget werdest? O Testament eines Mensch gewordenen Gottes, und eben darum eines Vaters der Christen! Ist es möglich, daß die Kinder dieses Vaters deiner vergessen? O ewiger Bund , den Gott mit den Mcnschett gemacht hat! werden dich selbst die Dräute die¬ ses göttlichen Heilandes so lange Zeit nicht kennen? Laß nicht zu, Herr, daß mich dieses Unheil treffe. Gib mir die Gnade, daß ich eS lese, mit der G.iehrigkcik eittcs Schülers, mit der Einfalt eines Kindes, mit dem Glauben eines Christen, mit des Demuth eines unwis¬ senden Geschöpfes, mit der Liebe einer Braut L Je- Z22 «KA-HK- Iesu Christi , und mit der Ehrfurcht, die dem Worte eines Mensch gewordenen Gottes ge¬ bühret. Vertreib aus meinem Verstände und Herzen alle Gedanken und Begierden eines citein Vorwitzes bey der Lesung dieses heil. Buches; auf daß ich darinn weiter nichts suche, als mich zu erbauen und zu unterrichten, um hei¬ lig zu leben. Mache, daß ich alle Wahrheiten, die du mich da lehrest, anbethc; mich ihnen demüthig unterwerfe, und sic als die Regel meines Betragens, als den Trost in meinem Vcrwcisungsorte und meiner Wanderschaft, als das Brod und die Nahrung meiner Seele/ alle Lage meines Lebens mit Glauben und Lie¬ be betrachte. Eröffne mir ihren Verstand, und laß mich nicht aus der Zahl derjenigen seyn, denen dieses göttliche Wort verborgen ist, und derer Gemüther der Gott dieser Welt ver¬ blendet hat, damit ihnen der Glanz des herr¬ lichen Evangeliums Lhristi nicht einleuchte- < Kor- 4, 4- ) Ach.' Herr Jesu! laß nicht zu, daß ich den Geschmack an dem Evangeli¬ um verliere; ergieß in meine Seele jene Sal¬ bung, die man an deinem Worte findet, wenn man cs liebet; möchte es immer in mir, und ich immer in ihm bleiben; möchte ich in Aus¬ übung desselben leben und sterben, aufdaß'ch durch die Hoffnung , die es mir gibt, in Him¬ mel cingehen möge, um mit dir zu leben, und dich dort zu hören, wie du jenes ewige Evan¬ gelium Z2Z geliun; verkündest, das du da von deinen En* gcln ankünden löstest. Amen. Ernundzwanzigstes Hauptftück. von Jesu Lhristo, dem Brode unserer Seelen. Jesus Christus ist das wahre Brod der See¬ le, das sie allein erhalten, und ihr das Leben ge¬ ben kann. Dieser göttliche Heiland läßt unS die¬ se Wahrheit auf eine einleuchtende Art imEvan- geiium des heil. Johann scheu; unddiefewol- len wir jetzt sorgfältig entwickeln. Da der Sohn Gottes Mensch wurde, war eine von scineu größten Absichten, alle Bilder des alten Gese¬ tzes zu endigen, und uns zu belehren, daß er die Wahrheit, der Leib, der Zweck, und die Erfüllung aller dieser Schatten sey. Das Man¬ na, womit Gott das jüdische Volk In der Lü¬ ste gespciset hatte / war eines aus jenen Bil¬ dern, welches verdiente, daß Jesus Christus es erklärte. Sie sahen das Mannaals ein Him- melbrod an: Jesus Christus aber sagt ihnen, nicht das Manna sey das wahre Brod, son¬ dern er selbst sey das Brod, welches der See» le das Leben gibt. Denn er sagt/ Moses hak euch das Brod vom Fimmel nicht gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brod vom simmel. (Job. 6, z» ) Und um anzuzci- gkn, daß er selbst dieses himmlische Brod ist, setzt er hinzu.- Denn das Brod Gsttss ist vom L s Lim- Z24 HADH Limmel h,rab gekommen , und gibt der Welt das Leben, ( Lbend. ) Jesus Christus ist also das Brod der Seele, den uns Gott durch die Menschwerdung gab, da er ihn auf die Welt sandte. Er ist das wahre Brod des Himmels, wo er im Schooße des Vaters eine ewige und himmlische Geburt hat; er wollte aber auch eine zeitliche auf Erden in dem Cchooße einer Jungfrau annehmen. Er ist das Brod, welches das wahre Leben gibt, selbes erhält, es wach, sen macht, und vervollkommenet; er ist die Fülle und die Sättigung seiner Glieder in der Zeit und Ewigkeit. Die Seele nähret sich von Jesu Christo durch einen lebendigen, von Liebe bren¬ nenden Glauben, wer zu mir kömmt, den wird nicht hungern; und wer an mich glau¬ bet, den wird nimmermehr dursten, ( Joh. s, z;.) Man kommt zu Jesu Christo durch den Glauben. Jesus Christus wohnet in unfern Arzen, (Ephes. z, 17.) wenn der Glaube durch die Liebe beseelet ist: denn wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott bleibtin ihm, Joh. 4 , 16.) Er erfüllet sei' ne Seele, er stärket sie, und gibt ihr ein gött« liches Leben. Die Seele nähret sich auch von Jesu Christo durch bas Gebeth, da sie die Ge- heimniße, die er gewirket hat, mit Gottselig¬ keit und Religion überdenket, betrachtet, auf sich anwcndet, und in dem Palaste ihres Her¬ zens selbe wicdcrkauet , sagt der heil-Augustin. Mittels dieser heiligen Betrachtung vereinigt sich Z2Z sich mit ihm die Seele, welche Jesum Christum eifrig liebet, indem sie ihn betrachtet: Sie wird in sein Ebenbild umgewandelt, und steigt von einer Rlarheit zur anderen , nahm- liH durch -en Geist des §errn, (2. Kor. Z, 18.) Da findet der Christ eine Nahrung, wel» ehe die Seele mit Gott selbst sättiget; ( Ter- tull. H. August.) welches die Geschöpfe, Gü¬ ter, und Wollüste dieser Welt nicht thun kön, nen. Eine nach dem Ebcnbilde Gottes erschaf¬ fene Seele ist etwas so Großes, daß gar nichts Erschaffenes sie gänzlich befriedigen und sätti¬ gen kann. Gott allein ist das Brod der Geister, und fähig, sie zu erfüllen. Es bleibt immer ein schreckliches Leeres und ein äußerster Hun¬ ger in einem Herzen, welches sich von Jesu Christo nicht nähret. Alles, was die Welt Gro¬ ßes, Schönes, Liebliches, und der Natur An¬ genehmes hat, ist nur ein Lügenbrod, ein Brod im Bilde, welches in jenen, die es lieben, wei, ter nichts als einen ewigen Hunger hinterläßt, und wenn sie davon voll sind, äußerste Qualen verursachet: Das Lügenbr-d , sagt der Weise, schmeckt jedermann wohl; aber hernach wird ihm der Mund voll Rieslinge werden, (Sprichw. 20, -7.) In der That, was bleibt deuWelt- llebhabern, die sich mit Gütern und Wollüsten sättigen, anders übrig, als Verdruß und Bit¬ terkeit, worauf ewige Schmerzen folgen? Wohl der Seele, welche Jesu Christo anhängt, an ihn glaubet, ihn liebet, und ihr Vergnügen sin- AL6 findet, sich mit ihm zu vereinigen und von ihm zu nähren. Lasset uns auch erwägen, daß Jesus nicht nur durch die Menschwerdung das Brod un¬ serer Seelen ist; sondern er ist es auch durch das anbethuugswürdige Sacrament seines Flei¬ sches und Blutes: Das Brod, das ich geben werde, ist mein Arisch für das Leben der Welt, (Ioh. 6, 52.) Weyn wir dieses Sa- crament würdig empfangen, nähret sich un¬ sere Seele wesentlich von der Gottheit, von der Seele, von dem Fleische und Blute Jesu Christi. Dieses Sacrament, das uns unter der Gestalt des Brodes gegeben wird, werden wir in diesem Hauprstücke betrachten , wo wir se¬ hen werden, i. die Natur dieses anbethnttgs- würdigen Brodes, und die Benennungen, die das Evangelium und die heil-Väter ihm geben: 2. Die Bilder und Weissagungen, wodurch es in der heil. Schrift angckündet wird: z. DÜ uns auferlegte Pflicht, von diesem Brode j» essen, oder das Geboth Jesu Christi, und der Mrche hierüber, und die Ursachen dieses Ge¬ st othes4. Welche diejenigen sind, welche das Recht haben, davon zu essen; oder wie M beschaffen ftyn müssen, welche durch Todsün¬ den die Gnade ihrer Taufe verloren hasten: 5. Wie man beschaffen feyn, und leben müsse, um sich öfter von Jesu Christo zu nähren, so wohl in Betreff derjenigen, welche die Gnade durch Lasier nicht verloren, als derjenigen, wel« che che die verlorene Gnade durch die Buße wie¬ der erkalten habe: 6. Die herrlichen Wirkun¬ gen, die dieses Brod bey den würdig Vorbe¬ reiteten hervor bringt .-7. Das große Verbrechen derjenigen, welchedieses Brod unwürdig essen. 1. K- Welche rsi die Natur dieses anbethungs» würdigen Brodes des Fronleichnams, und welche sind die Benennungen, welche ihm das Evangelium und die heil. Väter geben? A-Nichts ist größer, nichts heiliger , nichts das die Güte Gottes gegen die Menschen mehr bewiese, als dieses Brod, in sich selbst betrachtet. Nichts größer; weil dies Brod nichts anders ist, als Jesus Christus, Gott und Mensch, durch den alle Dinge gewacht sind; der Sohn des lebendigen Gottes; der Glanz der Herr, lichkeit des Vaters ; das Ebenbild seiner We¬ senheit, in welchem alle Schätze der Weisheit und Wissenschaft Gottes enthalten sind; der durch sein allmächtiges Wort, die Wesenheit des materiellen Brodes in seine eigene Wesen¬ heit verwandelt. Dies ist dessen Größe. — Nichts heiliger; weil cs der Grund aller Hei¬ ligkeit ist, in dem alle Fälle wohnet; die Fülle der Gottheit, der Gnade, der Wahrheit, der Herrlichkeit und aller Tugenden; es ist rin Ge¬ heimnis; , in welchem alle Tehcimniße, die Gott für uns wirkte, inbegriffen sind, und derer Früchte und Verdienste uns zugewendet wer¬ den. Es ist nichts, das die Güte und Liebe Gottes mehr beweise; weil er sich uns ganz schenkt, Z 28 schenkt, mit allem, was er ist, und was er hat, um uns mit sich dergestalt zu vereinigen/ haß wir nur ein Ling mit ihm ausmachen. Deswegen sagt die Kirchenversammlung von Trient, daß dieses Sacramcut die reichest- Quelle der göttlichen Liebe gegen uns Menschen sey, (8ess. 8-clo Lucsi. a. n.)Dies zeigt uns das Wort Lommumon, oder Ver¬ einigung an, weil sich Jesus Christus und der Christ miteinander vereinigen ; er vereiniget sich mit uns, und wir mit ihm und mit allen Glie¬ dern seines geistlichen Leibes. Darum wird cs auch das Brod der Rinder genannt, weiteres für sie gibt, als ein Pfand seiner Liebe, und als das größteWut, das er ihnen auf Erden zum Erbthcil hinterlassen konnte- Es wird das Brod des Zimmels genannt, weil Jesus Chri¬ stus im Schooße des Vaters geboren, vom Himmel durch seine Menschwerdung herab ge¬ stiegen ist, und noch alle Tage herab steigt, um guf dem Altäre gegenwärtig zu seyn, sich uns zu schenken, uns,eine große Verachtung gegen die irdischen Güter, und eine brennende Liebe gegen die himmlischen und ewigen cinzuflößcn, indem er uns den Geschmack an die Dinge hic- nieden benimmt, Dies Brod wird das Brod -er Engel genannt, weil sich diese sec!lg-n Geister im Himmel davon nähren, indem sie es als das Wort, als den Sohu Gottes, als ihr Leben und Licht betrachten und lieben;durch selbes Gott in derEinigkeitffeines Wesens, und in in der Dreyfaltigkcit der Personen anbethen und loben. Jesus Christus wird das Brod des Lebens genannt, und unterscheidet sich dadurch vom materiellen Brode, das wir essen, welches ein todtes und unbeseeltcs Brod ist. Jesus Chri¬ stus lebt vsr den Augen seines Vaters, obschon er uns todt und ohne Bewegung zu seyn schei¬ net. In diesem Sacramente wird Jesus Chri¬ stus das Brod des Lebens aus mehreren Ur¬ sachen genannt i. Er ist der Grund des christ¬ lichen , geistlichen und göttlichen Lebens, das wir führen müssen ; und durch seine Menschwer¬ dung ist er der Grund dieses Lebens geworden. 2. Er ist das Brod des Lebens für seine Mensch¬ heit, welche sich von der Gottheit nähret, und mit der sie in einer Person vereiniget ist. z. Er ist das Brod des Lebens, weil diejenigen, die es mit reinem Herze» essen, das Wachsthum des himmlischen Lebens erhalten, das sie durch andere Sacramente empfangen hatten. 4. Er ist das Brod des Lebens, weil man, um es zu essen, das Leben der Gnade haben muß, und nicht in dem Tode der Sünde seyn darf. 5, Er ist das Brod des Lebens, weil er gleichsam der Grund und der Saamen des glorreichen und un¬ sterblichen Lebens ist, in weiches die Leiber der Auserwähiten durch die Auferstehung cingehcn werden. Dies Brod wird das Pfand der künftigen Lerrlichkeit genannt, die Jesus Christus sei¬ nen z z? nen Kindern verheißen hat: um sie dessen zu versichern , gibt er ihnen dieses Brod als ein Unterpfand seiner Verheißung. Es wird da» heil. Abendmahl genannt, weil es Jesus Chri¬ stus einsetzte, da er mit seinen Jüngern zu Abend speiste. Es wird auch die heilige Hostie genannt, weil Jesus Christus da zum Opfer der christlichen Religion geschlachtet wird: allei¬ nig ein Gott würdiges Opfer, anstatt jenecal- ten Schlachtopfer; eine beständige Erinnerung und Erneuerung des Leidens und Todes, die¬ ses menschgeworden Wortes. ll. F Welche sind die Bilder, die uns der heil. Geist von diesem anbethungswürdigen Bro' de entworfen hat; und die .Weissagungen, die man dahin ziehen kann? A- Das erste Bild dieser göttlichen Speist, das sich darstellt, ist der Baum des Leben», den Gott im irdischen Paradiese, wodurch die Kirche vorgebildet wird, gepflanzet hatte; ein Daum , dessen Frucht den Leib bewahret harte, alt zu werden. Dieses Bild entwirft uns Jr- sum Christum als das Brod -es Lebens, wo¬ von er selbst sagt, daß, wer es esset, ewig leben werde. Alles, was Gott that, daß Adam nach seiner Sünde von dieser Frucht des Lebens nicht essen möchte, stellte uns das Betragen her Kirche gegen jene Lhrisicn vor, welche den Stand ihrer Unschuld durch die Sünde verlo¬ ren haben. r. zzr l. Gott vertrieb den Adam aus dem Para¬ diese, „welches eine Art von Ausschließung „ aus der Gemeinschaft war, sagt der heil, „ Augustin, die ihn hinderte, von der Frucht des Lebens zu essen; wie man in der Kirche diejenigen von dem Sacrament des Altars „ entfernet, welche sich dessen durch ein laster- „ Haftes Leben unwürdig gemacht haben, (ve 6en. aä Icht. I. n.) " Eben dieses ist in der Kirchenvcrsammlung zu Agde angemerkt. 2 Da Gott den Adam vom irdischen Paradiese entfernte, sagte er ihm, er werde sein Brod im Schweiße des Angesichts essen, das ist, er werde es durch seine Arbeit verdienen müssen: und eben dieses sagten die Heiligen zu jenen Sündern, die sie von der Gesellschaft der Gläu» bigen, und der Theilnehmung an dem Leibe Jesu Christi entfernten; nähmlich, daß sie sich durch Thränen und Bemühungen das Recht verschaffen müßten, vom Brode des Lebens, das bey dem Altar ausgetheilct wird, zu essen, g. Gott stellte bey dem Eingänge des Paradieses einen Cherub, welcher ein wie Feuer glänzendes Schwert hielt, um dem Adam den Zugang zum Baume des Lebens zu verwehren. Dieser Cherub ist das Bild der Hirten und Diener der Kirche, welche die kostbare Hinterlage des Leibes Jesu Christi verwahren, und diejenigen hindanhal- tr müssen , die sich durch böses Leben unwür¬ dig gemacht haben. Sic müssen sich des gött¬ lichen, von Feuer und Eifer der Liebe beseelten Wvr« ZZ2 Wortes, als eines Schwertes, bedienen, um die Sünder in den Regeln zn unterrichten, ldie sie befolgen sollen, auf daß sie zu dieser Frucht des Lebens können zugelassen werden. Das zweyte Bild ist das Osterlamm, iu welchem wir die Heiligkeit des Altarssacra- ments, die hierzu nothwendigen Vorbereitun¬ gen, und dessen erhabenen Früchte antrtffen. i- Dieses Lamm mußte ein Männlein und ohne Mackel seyn: Jesus Christus, den wir empfangen, ist das wahre Lamm ohne Mackel, den Niemand je einer Sünde überweisen konn¬ te. Es mußte ein Männlein seyn, um anzu- zeigen, daß im Altarssacramente die Kraft und Stärke des Allerhöchsten, der Arm des All¬ mächtigen, wahrhaft Gott und Mensch, und unser wahres Osterfest enthalten ist. 2. Mann aß dies Lamm erst, nachdem es als Schlachtopfer geopfert war; welches am zeigte, daß das Altarssacrament ein wahres Opfer ist, weil sich Jesus Christus uns erst dargibt, nachdem er sich selbst geopfert hat, dem Tode übergeben worden ist, und ihn der Priester seinem Vater aufopfert, als ein Ge- hächtniß, und eine beständige Erneuerung sei¬ nes Todes, den wir ankünden müssen, nicht pur durch dieses Opfer, sondern, indem wir das.Sterben Jesu Christi an unserm Leibe tra¬ gen , alle Tage der Welt, der Sünde, und uns selbst «bstcrben. HASH ZZ3 Z. Mann mußte dieses Lamm essen, amFeu- er gebraten, mit ungesäuertem Brode, Mit Kit¬ tern Salsen, umgürteten Lenden, beschuhten Füßen, den Stab in der Hand, und eilig- Alle diese Umständen sind merkwürdig: sie be¬ zeichnen uns die Vorbereitungen, die man bei¬ den! Genüße des Osterlammes habe» muß. Die ungesäuerten Brode zeigen die Steinigkeit des Herzens an, die man haben muß, Wie es uns der Apostel erkläret: Lasset uns die österliche Speise essen, nicht mit dem alten Sauerteige der Bosheit und Schalkheit, sondern mit dem ungesäuerten Brode der Lauterkeit und Wahr¬ heit, ( i. Kor- 5, 8.) das ist, wir müssen neue Geschöpfe in Jesu Christo seyn; die Bosheit und Verderbtheit des alten Menschen dürfen in unserm Herzen nicht herrschen, sondern die Lau¬ terkeit und Wahrheit des Lebens des neuen Menschen- Die bittern Salsen bedeuten, daß man dem heiligen Altäre, um Jesum Christum zu empfangen, sich in der Bitterkeit eines zer-- klurschten Herzens und im Geiste der Buße nähern soll- Dies müssen jene wissen, welche an der Tafel "des unbefleckten Lammes Lheil nehmen wollen, nachdem sie ein weltliches und lasterhaftes Leben geführet haben: sie können hierzu kein Recht haben, als mittels der heili¬ gen Strenge der Buße, nachdem sie bitter wer¬ den gcweinet haben. Jesus Christus hak ein Wohlgefallen, in diesen zerknirschten und zer¬ schlagenen Hirzen zu wohnen, welche kennen und zz4 HArHK und fühlen, wie hart und bitter es ist, den Herrn verlassen zu haben. Die Gürtel um die Lenden, die Schuhe an den Füßen, der Stab in der Hand, und in der Eile; alles dies un¬ terrichtet uns, daß wir uns mit dem heil. Abendmahle nähren müssen , wie Reisende und Fremdlinge auf Erden, die nichts an die Welt hält; die sich derselben gebrauchen, als brauch' ten sie selbe nicht; die immer nach dem himm¬ lischen Vaterland seufzen, und allezeit Mi- sind aus der Dienstbarkeit Egyptens , Las ist, dieser Welt auszuziehen. Die umgürtetcn Len¬ den stellen uns die Abtödtung des Fleisches, in welcher die Christen leben sollen, und den Abscheu vor, den sie gegen das schändliche Laster der Unreinigkeit haben müssen, welches diesem Sacrament, am meisten zuwider ist. Mau mußte Schuhe an den Füßen haben- Die Füße, sagt der heil. Augustin, bezeichnen die Neigun-' gungen der Seele, wodurch sie zu Gott gehet, und die Schuhe stellen die Sorge vor, die man tragen muß, um seine Neigungen in der Hei¬ ligkeit zu erhalten, während des Weges auf Erden, wo es so leicht ist, an der Verderbt¬ heit der Welt Thcil zu nehmen. Der Stab, dec den Juden auf der Reise entweder sich zu stü¬ tzen oder zu wehren dienen mußte, bildet uns das Kreuz Jesu Christi vor, dessen Verdienste unsere Stütze und unser ganzes Vertraue» sey» müssen: wir müssen es täglich tragen, und durch unser ganzes Leben vom unbefleckten Lam¬ me Z35 me essen, bis wir das gelobte Land erreichen. Das Lamm mußte endlich am Feuer gebraten seyn; welches uns die Liebe Jesu Christi in die¬ sem Sacramente anzeigtseine Liebe setzte es ein; aus eben dieser Liebe schenkt er sich uns: und er will mit einem liebevollen Herze geessen werden. 4- Das Lamm mußtein einer und eben der¬ selben Familie geessen werden, und die Unbe- schnittencn konnten keinen Thei! daran haben. Dies bedeutet, daß sich Jesus Christus nur in seiner Kirche und jenen gibt, welche die Lie¬ be vereiniget, welche im Herzen beschnitten sind; das ist, allen lasterhaften Hang zu den Geschöpfen und alle Sünden, die vom Him¬ melreiche ausschließcn, weggcschnittkn haben. 5. Es war den Israeliten befohlen, das Lamm ganz aufzucssen, den Kopf, die Füße, und die Eingeweide. Welches uns audeutet, daß Jesus Christus sich uns ganz dargibt, mit Gottheit und Menschheit; und daß wir uns von ihm nähren müssen, so wohl von dem, was Key diesem menschgcwordenen Worte Großes und Erhabenes ist, als da ist seine Gottheit, die durch den Kopf vorgcbildct wird, auf daß wir an seinem göttlichen Leben Thei! nehmen; als auch von dem, was bey ihm das Niedrig« steift, welches durch die Füße angcdeutet wird, indem wir uns seinen göttlichen Erniedrigun¬ gen und riefeften Vecdcmüthigungen gleichför¬ mig machen. Die Eingeweide des Lammes stel- ' ZZ6 len uns das innerliche Leben Jesu Christi vor, das wir nachahmen müssen, indem wir, wie der Apostel sagt, Eingeweide der Erbarmung, der Gütigkeit, der Demuth, der Geduld als Auserwckhlte Gottes, anziehen, (Koloss. Z, 12.) Der ganze Jesus Christus muß in uns gebildet; sein Leben muß in unserm Leben und Betragen offenbar werden; dieses Lamm, wo¬ mit Mir uns nähren, muß selbst unser Leben seyn, und wir müssen nur von ihm und für ihn mehr leben. 6. Es war auch den Israeliten befohlen, die Thüren ihrer Häuser oben und auf den Seiten mit dem Blute des Lammes zu bestreichen, damit der Würgengel, wenn er die Egypter zu stra¬ fen käme, dies Blut "sähe, und das Volk Got¬ tes schone. Das Blut Jesu Christi muß gleich¬ sam das Zeichen seyn, daß wir Gott gehö¬ ren; daß wir seine Kinser und sein Volk sind: denn wir sind durch das Blut dieses unbefleck¬ ten LammeS erkaufet, mit selben in unserer Taufe begoßen worden; wir empfangen es im AltarssacraMente, und es muß auch hernach bey uns bleiben, auf daß wir nicht in den Sturz und Untergang aller der/enigen mitverwickelt werden, über welche Gott mittels des Würg¬ engels die Strenge ferner Gerechtigkeit ausü' den wird. Das dritte Bild des Altarssacramcnts ist das Manna, womit Gott sein Volk in der Wüste nährte, bis es ins gelobre Land kam- Ai- Alles, was uns die heil. Schrift von diesem Brode saget, kann auf den Frohnleichnam an- gcwendet werden, und gibt uns die Vorberei¬ tungen und Wirkungen zu erkennen, welche Je¬ sus Christus in wohlgeordneten Seelen her¬ vorbringt. Es steht geschrieben , daß das Volk, als es. diese Körnchen auf der Erde wahr nahm, voll Verwunderung aufgerufen habe; Manhu, das ist, was ist da« / was sehen wir ? Moses befahl/ jedermann soll ein gewißes Maß da¬ von sammeln: wer mehr sammelte , hatte deswegen nicht mehr als jener, der weniger klaubte. Das Manna fiel erst nach dem Morgen- thau auf diese Erde: man mußte es früh Mor¬ gens sammeln; die Faulen, die sich verspäte¬ ten, fanden es nicht mehr: es hatte einen Ge¬ schmack, wie Brod mit Honig und Oehl. Lek weise Mann setzt noch etwas größeres hinzu, und merket an, daß es den Geschmack verän¬ derte, je nachdem es sich derjenige wünschte, der es mit Glauben aß. Den Israeliten wurde es erst dann gegeben, nachdem sie aus Egypten ausgezogen , und von der Knechtschaft des Pha¬ rao befreyet waren; da sie in der Wüste waren und an allem Mangel litten: es eckelte auch vielen die sich von diesem wundervollen Brode nicht sättigen konnten. Dieses Manna fiel alle¬ zeit an jenen Orten, wodurch sie gingen; es hörte aber auf, sobald sie von den Früchten des verheißenen Landes genoßen hatten. P Alle ZZ8 Alle diese Umstände paßen sehr schön auf bas Altarssacrament, dieses wahre Manna; denn nicht Moses, sondern Jesus Christus hat uns das wahre Himmelbrod gegeben, da er sich selbst in diesem Sacramentk seinem Volke dar- gab- Da wir dieses Brod so oft vor unser» Augen ausgesetzt sehen, haben wir weit mehrere Ursachen, als die Juden, aufjurufen: Was ist das? Was ist dies für ein großes und unaus¬ sprechliches Geheimniß, in welchem sich Gott durch eine Wirkung seiner Macht und Liebe sein«» Geschöpfe schenket? Wie, sollen wir nicht von Verwunderung und Anbethung voll seyn? Dies anbethungswürdige Brod wird eben so wenig m>' gleich vertheilet wie das Manna; jeder erhält gleichviel davon: weil Jesus Christus nicht gethei- let werden kann; das Volk und der Priester em« pfangen es ganz- Man darf sich aber davon nicht nähren, als nachdem die Gnade, wie ei» himmlischer Thau, die Seele zubereitet hat, welche wie eine von unfern Thränen und vom himmlischen Regen befeuchtete Erde, und im Stande seyn muß, diesen göttlichen Samen aufzufangen , um ihn fruchten zu machen- Man muß aus Egypten ausgezogen, das ist, von der Liebe der Welt abgesondert seyn; nicht nach ihren Grundsätzen handeln, und von dec Knechtschaft des Teufels befreyet seyn; in möge kicher Einsamkeit leben, ferne von Gelegene heitcn und Gesellschaften, die zum Laster führen. Las Manna muß jenen gegeben werden, welche wie Z39 wie die Juden, in Nothdurfr sind, das ist, die -hre geistliche Mühseligkeiten fühlen, darüber seufzen, und ihr ganzes Vertrmren auf Gott setzen; nicht aber jenen , welche immer Knechte der Sünde nnd ihrer Leidenschaften sind; dver den Sieg erhält, sagt Jesus Christus, dem will ich verborgenes Manna geben, (Ossenb. 2, l/.) Das anbcthungswürdige Brod des Altars ist nicht für jene, welche ein weichliches Leben führen, und ihr Heil vernachläßigen. Wer nicht arbeitet, der hat kein Recht, von diesem Brod zu essen; und wenn er davon ißt, findet er weiter nichts als den Tod darinn; da hingegen jene, welche nach dem Evange¬ lium und in der Abtödtung ihrer Leidenschaf¬ ten leben, unaussprechlichen Geschmack und Trost, den Gott in ihre Seelen ausgießt, da¬ rum finden. Diese göttliche Nahrung erleuchtet den Verstand; gibt dem Herzen neue Stärke, und eine Verachtung gegen alles, was Welt heißt; tröstet die Betrübten; schäft Frieden den Beunruhigten ; unterstützt und stärkt die Schwa¬ chen ; jene, welchen nun die falschen Süßig¬ keiten der Welt jum Eckel sind , läßt sie schme¬ cken , wie süß der Herr ist; den Seelen, wel¬ che Gott lieben, ihn kennen, und die Mühese¬ ligkeiten und Gefahren ihres Verweisungsortes fühlen, schenkt sie ein heiliges Verlangen, Gott iu sehen, und verschiedene andere Regungen, je nachdem die Seelen verschieden beschaffen sind. Zuweilen geschieht es, daß es mehrern A s über Z40 über dieses himmlische Brod eckelt, wie den Israeliten über das Manna: ein Stand, der sehr zu fürchten ist, in den gemeiniglich die Lauen und Trägen fallen; die Lauigkeit führet sie ge¬ meiniglich zu einer tödlichen Schlafsucht, wo¬ durch sie unmerklich zur gänzlichen Verstockung gebracht werden. Lasset uns dieses große Gut nicht verabsäumen; nähren wir uns davon, bis wir zum Himmel, dem wahren gelobten Lande, gelangen. Wenn wir da einstens werden an- gelanget seyn, und uns vom Ueberfluße der Güter dieses himmlischen Hauses gesättiget ha¬ ben , werden wir dieses Sacrament nicht mehr bedürfen: durch eine vollkommene Liebe mit Jesu Christo ohne Schleyer vereiniget, und in seiner Vereinigung vervollkommenet, werden wir durch eine unaussprechliche Umwandlung von, und in ihm leben. Das vierte Bild Jesu Christi im Altarssa- cramente ist jenes der zwölf Brode, im Gesetze die Schaubrsde genannt, welche Gott auf den goldenen Tisch vor dem Heiligthume zu fetze" befahl; welche ihm als ein immerwährendes Opfer der zwölf Zünfte ausgesetzt seyn mußten, und nur von den Priestern in der heil. Stätte genoßen werden durften- Jesus Christus ist, wie diese zwölf Brode , allezeit auf unfern Al¬ tären vor den Augen seines Vaters ausgesetzt, wo er für sein Volk ein immerwährendes Opfer ist, welches die Kirche durch den Dienst der Priester alle Lage Gott darbringt, die Groß* sei» §4r seines Wesens anzubethen, ihm für seine Ga-' ben zu danken, die Vergebung unserer Sünden zu erlangen, und ihn um seine Gnaden zu bitten. Das fünfte Bild Jesu Christi im Altarssa- cramente, ist die Bundslade. Nachdem sie die heil. Väter auf dieses große Geheimniß ausgc- legt haben , müssen wir sie ganz besonders be¬ trachten. Was in dieser Lade enthalten war; die Ehrbezeigung, die sie von den Israeliten erhielt; die Vvrtheile, die sie ihnen verschafte, und die Strafen, w.oinit Gott jene schlug, die selbe entehrten, sind ein Bild alles dessen, was im Altarssacramente enthalten ist, der Vor¬ theile, die man erhalt, wenn man mit diesem großen Geheimniße heilig umgehet, und der Strafen, die Gott auf jene, die es entheiligen, fallen läßt. Jesus Christus im Altarssacramcn- te ist die wahre Lade des Bundes, den Gott mit dem neuen Volke gemacht hat, und den er durch die Communion erneuert, wo er sich mit uns auf eine unaussprechliche Art vereini¬ get. Die Lade enthielt eine Portion Manna, die zwey Gesetztafeln, und die Ruthe Aarons/ die durch ein Wunder geblühet hatte, wodurch Gott zeigen wollte, daß er die Zunft Levi er¬ wählte, die priesterlichen, und überhaupt alle Dienste des Tempels zu verrichten. Wir finden auch in Jesu Christo das wahre Manna, das Himmelbrod. Er trägt in seinem Herzen die zwey Gesetztafeln, die Liebe Gottes und des Räch« Z42 Nächsten; weil er In diesem Sakramente seinem Daker eine unendliche Ehre erweiset, und die Menschen überzeuget, wie sehr er sie gcliebet hat, und wie sie Gott, und sich unter einan¬ der lieben sollen. Man findet auch hier die Macht und Oberherrschaft, die er über uns hat, indem er mit dem Priesicrthum, welches er im Altarssacramente verwaltet, bekleidet ist; eine Macht, die durch die Ruthe Aarons vorgebil¬ det ist. Ueber die Bundeslade war der Ena. denstuhl, woraus Gott seine Antworten gab, und den Menschen seinen Willen offenbar e. Jesus Christus ist auf dem Altar das Opfer, der Gnade und Versöhnung für unsere Sün¬ den : von daher entdeckt er seine Gesinnungen den getreuen Seelen; Mit der Bundeslade rei¬ set man zuversichtlich durch die Wüste, und fürchtet feine Feinde nicht: wenn wir nurIe- sum Christum haben, dürfen wir nichts furch' ten, und sollten wir mitten in den Schatten des Todes wandeln. Mit dieser heil. Lade durch¬ schneidet man die Flüße Babylons, und die reis¬ senden Bäche der Bosheit, welche die ganze Erde überschwemmen: wohl uns, wenn die Lade iniee in unserm Herzen bliebe. Oft aber ist der Lauf der Leidenschaften nur aufgehalten; nur a» Costruni' onstagen sieht man die Spiele, die Weltunterhal¬ tungen und andere Lhorheiten unterbrochen: kaum ist dieser Tag vorbcy, so setzen die Leidenschas' ten-hren Lauf fort, und zuweilen mit größerer Gewalt als vorher, weil kein Damm mehr da ist, Z4Z ist, der sie aufhielte. Die Juden würden glück¬ lich gewesen scyn, wenn sie die Lade immer mit der schuldigen Ehrfurcht behandelt hätten; und wir würden es auch seyn, wenn wir das Altarssacrament, unsere wahre Bundeslade, nicht entheiligten. Dir Lade des alten Bundes brachte den Segen, den Frieden und Uebersiuß in das Haus Obededoms, der ein wahrer Is¬ raelit war. Jesus Christus, wenn er in ein christliches Herz kömmt, verbreitet da Gnade und Frieden, und erfüllet es mit allerhand Le¬ gen fürder Himmel. Aber ach! welche schreck¬ liche Strafen verhängt nicht Gott über jene, welche diese heiligen Gcheimniße unwürdig be¬ handeln ? Die Lade wird von den Philistern, den Feinden des Volkes Gottes entführt, um die Priester und das Volk wegen ihren Lastern zu strafen. So sah man in verschiedenen christ, lichen Jahrhunderten Ketzer und Fanatiker in das Heiligthum einbrechen, den Leib und das Blut Jesu Christi mit Fügen treten, weil die Sünden der Völker und der Priester, besonders die geringe Ehrerbiethigkeit gegen diese heilige Lade, daran Ursache waren. Nicht, als wenn Gott diese Frevler wegen ihrem Unglauben und schrecklichen Gottcsräabereyen nicht strafte. Die Philister, da sie die Lade bey sich hatten, wur¬ den mit geheimen und schmerzlichen Wunden geschlagen, so daß sie gezwungen wurden, sie zurück zu schicken; und wo sie, immer durchzog, übte sie schreckbare Gtrafurtheile aus. Von Seth- s 14 Bethsamittrn, weil sie selbe anzuschauen sich unterfingen, anstatt sie zuzudecken, wie es das Gesetz befahl, starben Über fünfzig tausend des zähen Todes. Oza, weil er sich erfrechte sie zu berühren, um sie zu halten, da sie durch Erschütterung des Wagens zu fallen drohte, fiel todt hin; weil die Priester auf Befehl des Gesetzes sie auf ihren Achseln hätten tragen, nicht aber auf einem Wagen führen sollen. Al, les dieses ist geschrieben worden, um unstm Herzen eine heilsame Furcht einzuprägen, und Uns zu lehren, mit welcher Ehrfurcht wir den Leib und das Blut Jesu Christi, als die durch die Lade vorgebildete Wahrheit, behandeln sol, len, Die Strafen, mit welchen Gott die Schän¬ der dieses heil. Sacramentes schlägt, find nicht allezeit sichtbar; sie sind aber nicht minder groß; ja sie sind noch mehr zu fürchten, weil siegelst» sich sind, und auf die Seelen fallen, die Gott mir Blindheit schlägt, und sie ihren unordcntt sichen Begierden preisgibt. Das sechste Bild ist das Brod Gedeons. Es wird im Buche der Richter erzählt, (6. H. iZ- V.) das während des Krieges zwischen den raeliten und Madianiteu, ein madianitischer Soldat seinem Gespan seinen Traum gesagt ha» be; er habe nähmlich gesehen, wie ein Gerstenbrod unter der Asche gebacken, von einem Berge herab rollte, in das Lager der Madianittn hinein rückte, an bas stärkste Gezelt anprellte, und es umstürzte. Der den Traum anhörte, sagte hier§ , auf - HAM 345 auf: Dies ist nichts anders als das Schwert Gedeons, das durch dies Brod vorgestellet wird. Alle Umstände dieser Geschichte verdienen erkläret zu werden- r. Dies unter der Asche gebackene Gersten- brod ist das Bild Jesu Christi , des lebendigen Brodes, welches sich für uns bey der Mensch¬ werdung und im Altarssacramente zernichtete, wo er sich dem Menschen durch eine Wirkung seiner brennenden Liebe dargab, die dieses Brod unter der Asche der Demüthigungen unserer Menschheit, und unter den Gestalten des Bro¬ des zubereitet und gleichsam ausgebacken hat. 2. Dieses Brod rollte herab und in das Lager der Madianiten hinein. Jesus Christus stieg vom Himmel, da er in dem Schooße einer Jung¬ frau Fleisch annahm; er steigt noch alle Lage auf unsere Altäre herab, und von da in jene, welche ihn empfangen- Z- Dieses Brod stürtzte eines von den stärkesien Gezelten der Feinde um; welches bedeutet, daß dies himmlische Brod, wenn es in die Seele eines Gerechten kömmt, die Feinde in die Flucht schlage, und ihr Star¬ ke gebe, sie zu bestreiten, und alle ihre Bemü¬ hungen zu vereiteln. Die wahren Christen be¬ dienen sich dessen, um sich zu stärken, und wi¬ der den Teufel, die Welt und das Fleisch, die. se fürchterlichen Feinde, zu vertheidigen; die man aber nur durch die Kraft Jesu Lhristi über¬ winden kann, Das Z46 DaS siebende Bild des Leibes Jesu Christi ist das Brod, welches Gott dem Elias schickte, da er vor der gottlosen Iezabel floh. Dieser heil- Prophet, müde von der Reise, setzte sich unter einem Baum, und schlief ein, nachdem er Gott gebethen hatte, er möchte ihn von der Welt weg» nehmen , ein Engel kam zu ihm, weckte ihn auf, und befahl ihm aufzustehen, und zu essen- Als Elias ganz erwachet war, sah er neben sich ein unter der Asche gebackenes Brod, und ein Gefäß mit Wasser. Nachdem er geeffen hatte, schlief er wieder ein: der Engel weckte ihn z»ni jweyten Mahl, und befahl ihm zu essen, weil er einen großen Weg vor sich hätte. Der Prophet gehorchte dem Befehl des Engels, nährte sich von diesem Brode, und da er sich gestärkt fand, reifete er vierzig Tage bis Horeb dem Berzr Les lebendigen Gottes. Christen, welche wie Elias die Welt fliehen, sobald sie von ihrge« haßet und verfolget werden; welche, so vieles ihr Stand gestatten kann, in der Einsamkeit leben, sich vom gegenwärtigen Leben los ceißem und nach dem Himmel seufzen, müssen sichvom Leibe und Blute Jesu Christi nähren. Wenn sie aber einschlaffen, und ihr Eifer abnimmt, mäs¬ sen die Engel des Herrn, das ist, die Diener der Altäre sie aufwecken, und ihnen befehlen, vom aubsthungswürdigen Brode des Altarss«' cramentes zu essen , um sich zu ermuntern, daß sie auf dem schmalen Wege fortgehen, bis sie zu den ewigen Bergen gelangen. Mau sieht ost EHH L47 solche Seelen, welche die Furcht und Muth- losigkeit niederschlägt, und die über den lan¬ gen und beschwerlichen Weg, der vor ihnen ist, erschrecken: dergleichen Personen müssen die Hirten Muth machen, daß sie sich mit diesem Brode, das sie stärket, nähren sollen. Nachdem wir die Hauptbilder des Altars- sacramentes betrachtet haben, müssen wir auch die Weissagungen durchgehen, die man darauf anwenden kann, und die uns die Vortrefflich» keit, und Wirkungen desselben anzeigen. Da Jacob seine Söhne segnete, sprach er zu einem aus ihnen: von Äser kämmt fette« Vrsd; und Ränige werden ihre Lust daran haben, (I. B. Mos. 49, ?O. ) Es sind heil. Väter, welche diese Weissagung von Jesu Chri¬ sto im Altarssacramente auslegen. Es ist ein fette« und treffliches Brod, weil Jesus Gott und Mensch sich dargibt, um uns mit sich zu vereinigen, und uns von seinem Leben leben zu machen. Ränige werden , ihre Lust daran haben; das ist, diejenigen, welche durch die christliche Gnade an dem Königreiche Jesu Chri¬ sti Thetl nehmen, und durch den Geist dieses göttlichen Erlösers über ihre Leidenschaften Meister geworden sind, finden in diesem Sa¬ kramente nicht nur die Nahrung ihrer Seele, sondern auch häufigen Trost, der ihnen un¬ aussprechliche Freuden verschaffet. Die zweyte Weissagung gibt uns der Pro- phkt Esaias- Der Zerr -er Heerscharen wirb allen 348 chRAH allen Völkern auf diesem Berge zurichten ei» fettes Mahl, ein Weinmahl, ein Mahl von fettem Mark, und vsn lauterm wein, der von Lesen gereiniget ist, (Esai. 25, 6.) Die¬ ser Berg ist das Bild der Kirche. Das Mahl das der Herr zubereitet, ist der Leib des Er¬ lösers, welcher eine starke Speise , von göttli¬ chem Mark voll ist, das sich durch die Seele ergießt, sie stärkt, und wie Tertullian sagt, vsn Gott selbst fett machet. Der Wein die¬ ses Mahls ist das eigene Blut Jesu Christi, welches die Seelen geistlicher Weise berauschet, indem es alle ihre unordentlichen Leidenschaften und Begierden einschläfert und dämpfet; sie gleichsam außer sich bringt, um sie zu Gott zu erheben, und alles Irdischen vergessen zu ma- chen. Von diesem geheiligten Weine, sagt der heil. Augustin, waren der heil. Lorenz und st viele andere Märtyrer berauschet, die weder Aeltern, noch Freunde anhörten, wenn sie sel¬ be von der Mater abhalten wollten. Die dritte Weissagung hat der Prophet Za¬ charias mit diesen Worten abgefaßet.- was hat -er Lerr Gutes und Schönes seinem Volke zu geben, als das Rsrnder Auserrvahlten, und -en wein, daraus Jungfrauen hervsr wach¬ sen? (Zachar. 9, 17.) Christus ist dieses Wei- zenksrn, das in die Erde fiel, und das Gott jenen gibt, welche er auserwahlet, und von der verderbten Welt absondert. Denn nur fe¬ gen, welche sich durch die.Heiligkeit ihres Lee bens MBH Z4) bens von den Grundsätzen und der Verderbt¬ heit der Welt absondern, wird dieses anbe- thungswürdige Brod ausgetheilet. Dies ist da- Gute und Schöne, das uns Gott gibt, in¬ dem er uns nichts größeres, beßeres, vollkomme¬ neres geben kann, als seinen Sohn, der ihm in allem gleich ist. Dieser wem, den Gott sei¬ nem Volke,schenkt, ist das Blut Jesu Christi, weit unterschieden vom gemeinen Weine, der die Quelle der meisten Ausgelassenheiten und Ausschweifungen ist, die unter den Menschen¬ kindern so gemein sind: da hingegen dieser hei¬ lige Wein die Seelen reiner, heiliger macht, und der Samen der vollkommensten Lu¬ genden, und der Unsterblichkeit wird. Die vierte Weissagung, die auch unter die Vorbilder gesetzt werden kann, ist jene vom Brode und Weine, welche Melchisedech, der Priester des Allerhöchsten, Gott opferte, und wovon Abraham aß , nachdem er die fünf Kö¬ nige aus dem Felde geschlagen hatte- Jesus Christus ist der wahre Melchisedech, der Prie¬ ster des lebendiges Gottes, der unter den Ge¬ stalten Brodes und Weines sein Fleisch und Blut geopfert hat, und durch Priester, die er mit seiner Macht bekleidet, noch täglich opfert, wovon die Kinder Abrahams, die Erben sei¬ nes Glaubens, genießen dürfen, wenn sie mü¬ de von dem Streite zurück kommen, in welchem sw den Teufel, die Welt und das Fleisch käm- psend besieget haben: dies ist der Preis und die I Z§o die Belohnung, welche die Kirche den wahren Büßern gibt, welche über die Sünde und ihre Leidenschaften triuwphiren. III. F. Ist man verbunden, sich vom Fleische und Blute Jesu Christi, vom diesem lebendigen Brode ju nähren; das heißt, ist ein Gebothe da, zu communiciren? A. Jesus Christus hat das Geheimniß seines Fleisches und Blutes nicht nur dazu eingesetzt, daß es das immerwährende Opfer seiner Kirche, Has Lob »Dank-Versöhnungs-und Bittopfer fty; sondern er will auch, daß wir es so wohl geistlicher Weise, als wirklich empfangen. Gn Geboth, welches Jesus Christus, und dieKr- che zu allen Zeiten eingeschärftt hat: dieses zweyfache Geboth, sammt den Ursachen, wor¬ auf es sich gründet, wollen wirjetzt betrachten. i. Jesus Christus hat es uns gebothen, da er sprach: Mein Fleisch ist wahrhaft eine Spei¬ se; und durch diese ausdrückliche Worte zu den Aposteln: Nehmet hin, und esset: dies ist mein Leib rc.; noch deutlicher aber, und mit lieb¬ reichen, zugleich aber schrecklichen Ausdrücken sprach er: Wenn ihr das Fleisch de» Sohne» Gottes nicht essen, und sein Blut nicht trin¬ ken werdet, werdet ihr das Leben in euch nickt haben, (Joh. 6, 54.) Drohende Aus¬ drücke, welche die Pflicht, dies Geboth zu be¬ obachten deutlich anzcigen; weil denjenigen, die es nicht halten, die Ausschließung vom Himmelreiche und dem ewigen Leben angekün¬ det det wird. Hüten wir uns/ mit denen von Ka- pharnaum zu sagen : wie kann uns dieser fein Fleisch z» essen geben? Jesus Christus ist mäch¬ tig und weife genug, es uns auf eine Art zu geben, die uns keinen Eckel verursache; und gütig genug / sich uns mitzutheilen , und das liebvolleste Mittel dazu auszufinden. Ein Gc- both / dessen Vollziehung machet, daß der Mensch anfängk, unter der Gestalt des Brodes schon wirklich jenen zu besitzen, den die Seligen im Himmel genießen, und durch das Licht der Glo¬ rie betrachten. Warum will aber Jesus Christus, daß wir an seinem Fleische und Blute Theil nehmen? Rühmlich r. um uns in unserer Schwachheit zu stärken: a. Um das Leben, das wir in der Taufe, ober in der Buße empfingen, zu erhal¬ ten und zu vermehren: g. Um uns mit sich ganz besonders zu vereinigen: 4. Um uns an dem Echlachtopfer, das er am Kreuze opferte, we¬ sentlichen Lhcil zu geben. Die erste Ursache gründet sich auf unsere ei¬ gene Schwachheit, welche sehr groß ist, und uns immer anhängt, auch nachdem wir durch die Taufe wieder geboren, oder durch die Buße gerechtfertiget sind. Wo könnten wir, in dieser traurigen Lage, Kräfte finden? Jesus Christus hat uns eine Tafel zubereitct, wider alle Wi¬ dersacher , die uns drücken, und verfolgen. Ver¬ gingen wir uns mit Jesu Christo, welcher der Arm des Allmächtigen, und die Kraft des Aller- Z 52 HASH Allerhöchsten ist. Wenn wir ihn bey uns haben, haben wir nichts zu fürchten, wenn wir auch unter den Schatten des Todes wandeln müßten- Er wird die Winde und Ungewitter stillen, die von unfern Leidenschaften erwecket werden. Mit diesem Brode Gedeons gestärkt wird kein Feind widerstehen. Wir werden voll desMuthechund mit einer fast unüberwindlichen Stärke den Wz des Himmels fortlaufen, wie Elias bis zum ^erge Horeb kam, nachdem er von dem un¬ ter der Asche gebackenen Brode geessen halte- Um die Christen, die der Marter nahe waren, zu stärken, befahl die Kirche , sie vor dem Strei¬ te mit der Communion zu versehen- Man hö¬ re, wie sich der heil. Cyprian darüber ausdrückb „ Man muß ihnen die Communion deS Flei- „ sches und Blutes Jesu Christi geben, auf „ daß wir jene, welche wir zum MartcrtoLe „ aufmuntern, dieser geistlichen Waffen nicht „ berauben. — Denn derjenige, der um sich zu stärken, und zu kämpfen den Leib Chris» „ von der Kirche nicht empfangen hat, isti" „ leiden und sein Leben für den Glauben zu „ opfern nicht ausgerüstet; selbst der Geist wird ,, schwach, und sinkt in Ohnmacht, wenn ihn „ nicht das göttliche Altarssacrament beseelet „ und ermuntert," ( 54. Brief.) Um dieses bathen die Glaubensbekenner in ihren Kerkern- Mit Ketten beladen, sprachen sie, wie die Israeliten, da sie wider die Philister zu Felde zogen: Man bringe die Bundeslade des Herrn zu Z5Z zu uns; sie wohne mitten unter uns, aufdaß z sie uns schütze, und wider die Feinde siegelt mache. Nachdem sie dieses anbcthungswürdige Sacrament empfangen hatten, fürchteten sie die schrecklichsten Marter und Keinen nicht mehr; sie fühlten eine Stärke, die alles aushiclt. Dies ist die Wirkung dieses heil. Sacramcntcs, und eine aus den Ursachen-, warum sich Jesus Christus uns schenken wollte. Die zweyte Ursache ist, um uns das Leben, das wir in der Taufe oder in der Buße em¬ pfingen, zu erhalten oder zu vermehren. Mait muß sich von Jesu Christo nähren, um das Leben zu haben, das ist, um es nicht zu ver¬ lieren: denn man muß leben, «he man sich die¬ sem lebendigen Brode nähert, oder, welches ein Ding ist, man muß im Stande der Gnade seyn. Nichts ist größer, als dieses Leben wel¬ ches den Menschen über die Sinne und Ver¬ nunft erhebt, und ihn der göttlichen Natur theilhaftig machet; ein Leben, welches aus einem Menschenkinde ein Kind Gottes machet. Es ist Pflicht, dies Leben ?ü erhalten, und es immer vollkommener zu machen, wer heilig ist werde noch heiliger, ( Offenb. 22, ir. ) wan¬ delt auf euerem Wege, so baß ihr in euerem Laufe ohne Anstoß sepd, (Philip. », io-) sagt der Apostel- vergeßet dasjenige, rvas hin? ter euch ist, und strecket euch zu dem, das vor euch ist, ( Ebend. ? , tg.) Aber ach ! was für Hinderniße ^findet man nicht, wenn matt Z in» Z54- km geistlichen Leben zunehmen will! Oft ist eS auch viel, wenn man es erhält Alles, waS in der Welt ist, scheint sich zu verschwören, um es zu Grunde zu richten. Was ist ein neugebvr- ner oder ncubekehrter Christ? Er ist gleich dem unmündigen Moses, den Wellen der egyptischeir Flüße ausgesetzt, in ein Rohrkästlein gelegte welches ohne eine große Barmherzigkeit und ganz besondere Fürsorge Gottes nothwendig untergehen müßte. Er ist mitten in der Welt wie an einer Tafel, wo alle Speisen vergiftet sind. Alles, was man in der Welt sieht, ent¬ hält ein verborgenes Gift. Alle Sinne werden von tausend verschiedenen Gegenständen ver¬ suchet; der Verstand, durch mehrere falsche Grundsätze, oder durch schädliche Regeln, wel¬ che sich der Haufen der Weltkindcr festgesetzt hat; das Herz, durch die Verheißungen, welche die Welt ihren Liebhabern macht, und durch den unglückseligen Hang, den man gegen alle diese Dinge fühlet; ein Hang, der weiter nichts als die Begierlichkeit, diese Frucht der Sünde, ist. Ein unschuldiger Christ ist mitten in der Kirche, wie Adam mitten im irdischen Para¬ diese , zwischen der Frucht des Lebens und dec verbothenen Frucht. Adam hätte die Gnade be, halten, wenn er die Frucht der Wissenschaft des Guten und Bösen' nicht verkostet, wenn er von der Frucht des Lebens geessen hatte. Eben so ein Christ, der ein neues Geschöpf geworden ist, wenn er das empfangene Leben er- HASH erhalten will, darf sich von der Liebe derMtt dinge nicht nähren, sondern von Jes» Christo der wahren Frucht deS Lebens. Das Leben dec Seele wird zwar durch das Wort Gottes, das Gcbeth, die Einsamkeit und Ausübung guter Werke unterhalten, ja vermehret- Allein das eigentlichste Mittel dazu ist die würdige Com- munion deS Leibes Jesu Christi, er ist der Grund und die Quelle des Lebes, ja das Le¬ ben selbst: man kann ihn nicht empfangen, ohne daß die Seele das Leben empfange. WaS kann Jesus Christus in ein Herz, das ihn liebt, hinein bringen, als die Liebe, welche dessen Leben Ist? Wer dieses heil. Kleischißt, lebt von Jesu Christo, wie er selbst von seinem Vater lebt. Es gibt keinen stärker» Beweis, daß die¬ ses Brod das geistliche Leben stärke und ver¬ mehre , als den die heil. Väter führen. „ Dic- „ ses Sacrament, sagt der heil- Chrysostom, „ dämpfet die Hitze der Begierlichkeit, schwächet „ die Anfälle der Leidenschaften, und unter „ drückt ihre Gewalt: " dergestalt, sagt der heil- Bernhard, „daß, wenn einer aus jenen, „ die communiciren, die Regungen des Zornes, „ des Neides, der Unreinigkeit und anderer i, Leidenschaften nicht mehr so oft und so ge- „ wattig empfindet, der danke es dem Fiel» „ sche und Blute unsers Herrn Jesu Christ», „ weil die Kraft dieses heil. Sacramentesdie- „ se wunderbaren Wirkungen in ihm hervor >, brirvgt. " Wie sehr muß man also bey den Z 2 Com- ZL6 HZtzKH Communionen derjenigen Personen beängstiget seyn, derer Leidenschaften immer gleich heftig sind? Wie Jesus Christus in eine Seele kömmt, so drückt er sich in selbe ein, und gibt ihr ein neues Verlangen, sich zu vervollkommeneu, und im geistlichen Leben mehr und mehr zuzu« nehmen, auf daß sie sich der Liebe, die er ge¬ gen sie hat, erkenntlich erzeige: deswegen strebt sie mit Inbrunst nach dem, was Gott von ihr verlangt; sie erschrickt sogar über den Schein der Sünde, und ergreift mit Freuden alles, was Tugend heißt: je mehr sich ihr Herz von Jesu Christo und seiner Liebe nähret, desto mehr will sie sich davon nähren Wenn dies Sacra- ment mit reinem Herzen empfangen wird, hälft es unseren Mühcscligkciten ab : Es heilet un¬ sere täglichen Wunden, und verwahret uns vor tödtlichen Sturzfällen; (Oona. Iris. 8elL. IH. II.) auf viese Art erhält und vermehret es in uns das geistliche Leben. Die dritte Ursache des Gebothes zu comnru- ciren fließt aus der Absicht, die Jesus Chri¬ stus hatte, sich mit uns zu vereinigen. Wir können daran nicht zweifeln, wenn wir alles betrachten , was er gethan und geredet hat-Er vereinigte sich mit uns durch das Gcheimniß der Menschwerdung, wo wir der göttlichen Natur theilhaftig wurden; allein dies war nur im Allgemeinen. Er will sich auch mit uns vereinigen, mit jedem ins besondere; und dies geschieht durch die Gnade, die uns heiliget, und^ EHH Z §7 und auf eine noch wesentlichere und erhabe» nere Art durch die Communion, wodurch Je¬ sus Christus, Gott und Mensch, in uns ein- gehet. Nachdem er seine Apostel gespciset hatte, sagte er diese liebreichen Morte: Mein Vater, ich bin in ihnen, und du in mir, auf daß ste alle eines fepn. (Joh. 17, 2z. »k.) „ Es haben „ dieses diejenigen, welche lieben, daß sie mit „ jenen, die sie lieben, nur eines scyn wollen, „ sagt der heil. Chrysostom: daher sagt Je- sus Christus zu jenen, welche communici« „ rcn: Ich wollte euer Bruder werden; des- ,, wegen nahm ich Fleisch und Blut an; jetzt „ gib ich euch eben dieses Fleisch und Blut' „ wodurch ich mich mit euch vergcschwistcrt ,, hatte, um euch dasjenige, was ich von euch „ ausgeliehen hatte, auf gewiße Art wieder „ zu geben. Deswegen, fährt dieser heil. Leh- „ rer fort, wollte Jesus Christus, daß sein „ Fleisch und Blut mit dem unsrigen glcich- „ fam vermenget werde, auf daß alle Glieder „ mit ihrem Haupte vereiniget würden: (lio- „ mil. IL. in Lxik. ust lit.) ein Vortheil, dessen diejenigen beraubt sind, welche ohne Glauben und Liebe communiciren, oder sich von diesem Saerament aus Nachläßigkeit oder Verachtung entfernen. Wie sind diese nicht zu bedauern, daß sie sich eines so großen Gutes aus eigener Schuld berauben! Die vierte Ursache des Communiongebothes ist, auf daß wir an dem für uns geschlachtet en> 358 ten Opfer wesentlich Lheil nehmen. Das Opfer des Kreuzes ist das Wesentliche der christlichen Religion. Es würde einiger Maßen unvollkommen ftyn, wenn der Mensch an dem Opfer nicht auch äußerlich Lheil nehmen könn¬ te : der Grund von diesem wird daher genom¬ men, weil Gott den Juden befohlen hatte, daß sie bey allen Fricdensopfrrn auch äußerlich an dem Geopferten Lheil nehmen sollten; sonst würde das Opfer unvollkommen gewesen ftyn- Da nun das Opfer des Kreuzes eben so wohl ein Friedens «als Versöhnungsopfer war, mußte man nicht nur innerlich, sondern auch äußer¬ lich vom Schlachtopfer communiciren; welche- uns aber unmöglich gewesen wäre, wenn nicht Jesus Christus dieses anbethungswürdige Mit' tel des Meßopfers und der Communion ge¬ funden hätte , wo wir am Fleische und Blute Jesu Christi, bas er für uns am Kreuze opfer- le, Lheil nehmen; nothwendige Thcilnehmung für alle, wenigstens in der Begierde, das ist, alle müssen sich sehnen, mit Gott durch Le- sum Christum ausgesöhnek. zu werden, und an dem AuSsöhnungsopfcr Lheil zu nehmen, an den Geheimnißen, an den Verdiensten und an dem Geiste Jesu Christi Lheil zu habe»' Auf diese vier Haupkurfachcn gründet sich das göttliche Gevoth, zu communiciren. Der gött¬ liche Heiland bestimmte die Zeit nicht, wann wir dies Sacrament empfangen sollen; dies that aber die Kirche, also daß diese allen Chri¬ sten ^9 sten auferlegte Pflicht auch aus dem Gebothr der Kirche fließt. F. Wann befiehlt uns die Kirche zu com- municiren? A. Die letzten allgemeinen Kirchenversammr langen befehlen allen Gläubigen beyderley Ge¬ schlechtes , selbst den Kindern, wenn sie zu rei' fem Verstände kommen, in der österlichen Zeit zu conrmumciren, wenn es der Beichtvater für gut befindet, sie zu diesem großen Sacra- mente zuzulassen. Nur in den letzten Zeiten hat die Lauigkeit der Christen die Kirche ge¬ zwungen, dies Gcboth zu geben, und nur mit äußerster Unlust bediente sie sich der Kir¬ chenstrafen wider jene, die dieser Pflicht nicht nachkämen. Ist es möglich, daß diese Mutter ihre Kinder mit den größten Strafen bedrohen müsse, wenn sie nicht communiciren ? Nichts zeuget mehr von der wenigen Liebe, welche die Gläubigen gegen Jesum Christum haben, und von ihrer entsetzlichen Lauigkeit, als dieses Ge- both, das sie ihnen geben mußte. Die ersten Christen bedurften weder Drohungen noch Zeit-" bestimmung für ihre Communion: ihr leben¬ diger Glauben, ihre brennende Liebe gegen Je¬ sum und das hitzige Verlangen , sich mit «hm zu vereinigen, trieb sie an, sich von diesem himmlischen Brode , so oft sie konnten zu näh¬ ren Nur nach mehreren Jahrhunderten crral- rtte dieser Eifer, so daß man den Christen befehlen mußte, wenigstens an hohen Festta¬ gen Z6o gen ju communiciren- Wie großen Umfang aber man diesem Gebothe gab, nähmlich vom Flei¬ sche Jesu Christi zu essen, um das Leben zu haben, erhellet nur allein aus diesem, daß mau nach der alten Kirchenjucht das Altarssacra- ment sogar den unmündigen Kindern gab,in- ! dem man in ihren Mund das heil. Blut ein- tröpfelte, und unter die etwas ältere die lle- Lerblcibsel des consccrlrten Brodcs austhcilte, Wäre unsere Liebe gegen Gott größer, so wür¬ den wir nicht auf dieOsterzeit warten, wiees mehrere thun; wir würden so leben, daß wir öfter communicircn könnten, bis man uns der täglichen Communion würdig finden würde. Nachdem wir zur österlichen Zeit mehr als je dazu verbunden sind, wird es nützlich sey", zu untersuchen, warum diese Pflicht zu dieser Zeit stärker verbindet, als zu einer anderen- >> Da Jesus Christus zu dieser Zeit dieses Sa' rrament eingesetzt, und seine Apostel zum ersten- mahle gespeiset hat, so ist es billig, daß wir es auch thun, um für dieses unaussprechliche uns ertheilte Geschenk erkenntlich zu seyn.Die Wahr' heit mußte auf das Bild folgen, und da die Israeliten zu eben dieser Zeit das Osterlamm essn mußten , so soll das neue Völk das wahre Osterlamm, das anstatt des alten kam, auch zu dieser Zeit essen. s. Wir mässen zur Osterzeit, das ist, zur Zeit des Leidens und TodeS Jesu Christi, commu- niciren, auf daß uns die Verdienste und Gna¬ den Z6i den seiner Leiden auf eine ganz besondere Art und reichlicher zugewendet werden, indem wir an dem Schlachtopfer, das Jesus ChristuS für uns am Kreuze opferte, Theil nehmen. Z- Die Kirche befiehlt, um Ostern zu com- municiren, da gerade die Fasten voraus ging, und wir diese heil- Zeit mit Fasten, Bußübun¬ gen und anderen gottseligen Werken zugebracht haben; auf daß dies heil- Sacrament gleich¬ sam der Preis und die Belohnung unserer Ab- tödtungeu und Demüthigungen sey. 4. Die Zeit des Todes und der Auferstehung Jesu Christi muß die Zeit unserer Communion seyn, um uns zu lehren, daß wir, um sie gut zu verrichten, der Sünde abgestorben, und in einem neuen Leben seyn müssen, indem wir nur für Gott leben, und dem Weltlebcn und der Herrschaft unserer Leidenschaften entsagt haben. Z. Gibt es nicht auch andere Zeiten, außer der österlichen, an welchen uns die Kirche zu eommuniciren befiehlt? Aü Die Katholiken müssen nicht nur zur öster, lichen Zeit eommuniciren, sondern auch wenn sie so krank sind, daß sie in der Gefahr sind, zu sterben; es war der Gebrauch der Kirche, von ihrem Anfänge her, die heil. Gehcimniße aufzuhalten, um in gewißen Umständen die Gläubigen damit zu versehen. Der heil. Justin führet in seiner zweyten Schuhschrift an, daß, nachdem der Priester die heil, Geheimniße vol« len« S62 lendet hatte, die anderen Altar-diencr selbe den Gegenwärtigen austheilten, und etwas da, von aufbehiclten, um es hernach den abwesen¬ den Gläubigen ju überbringen; welches Haupt' sächlich von Kranken zu verstehen ist, die in der Kirche nicht erscheinen konnten. Der heil. Cyprian sagt in der Rede über diejenigen, welche in der Verfolgung gefasten waren, daß die Christen die Geheimniße Mit sich nahmen, um sich zu speisen, wenn sie der Marter aus' gesetzt würden - ja er erzählet, daß, da ein Weib den Göttern Weihrauch geopfert hatte, und das Kästchen, wo sie den Leib Jesu auf¬ bewahrte, öffnen wollte, eine Flamme heraus gegangen fty. Der heil. Basilius sagt, daß die Einsiedler sie nahmen, mit sich in die Einöde trugen, und aufbehielten, um sich selbst zu coui' municiren, wenn sie sich bey der Versamm¬ lung der Gläubigen nicht einfinden konnten, oder krank waren, (.289. Brief.) Der Heil- Ambros, da er von dem Tode seines Bru¬ ders Satyrus redet, erzählet, daß, da dieser über Meer reifete, er das heil. Altarssacra- ment mit sich genommen habe; und da ein heftiger Sturm entstanden, und das Schiffe Trümmern gegangen war, er diese heil. Hi"' tcrlage sich um den Hals gehänget, und sich dadurch aus dem Schiffbruch gerettet habe- Der heil. Hieronymus schreibet in einem seiner Briefe, daß der heil. EMperius, Bischof von Toulouse, den Kranken den Leib Jesu in einem Wei- EZH Z6; Wetdenkörblein schickte, (4. Brief an den Ru« stikus) Geschichtschreiber erzählen, daß man dies Sacrament in gewißen Kirchen über dem Altäre in kleinen goldenen Thürmlein aufgK hängt aufbehielt. Der heil. Gregor von Tours sagt, daß in anderen Kirchen über dem Altäre goldene oder silberne Lauben waren, worinn man den Leib Jesu Christi zum Gebräu- chc kranker Gläubigen verschloß. 3n anderen war ein Stab, an welchen man das Gefäß hing, worinn dep,keib Jesu war. Hauptsäch¬ lich für die Kranken , wurden die heil- Gcheim- niße zurück gelegtdie Geschichte führt uns Bey- spiele zum Beweise dieser Wahrheit an. Der heil. Dionysius von Alexandrien erzählet, daß ein Greis, Serapion mit Nahmen, der in der Verfolgung gefallen war, und über seinen Feh-! ler Buße gethan hatte, «inen kleinen Knaben bey der Nacht einen Priester zu rufen geschickt habe, weil er sich sehr übel befand. Der Prie¬ ster, welcher selbst krank war, und wußte, daß der heil. Dionysius befohlen hatte, man solle den Sterbenden den Leib Jesu Christi reichen < auf daß ste voll der heil. Hoffnung au« dieser Welt gingen, vertrauete das heilige Saera- Ment diesem Knaben an, um es dem Sera¬ pion zu bringen, der es empfing, und darauf starb. Eben dieses begegnete dem heil. Am» bros in seiner Krankheit. Oer heil. Honorat Bischof von Vercelli, Härte im Schlafe eine Stimme, welche sprach: Geh, es ist Zeit; er machte Z64 HAM macht« fich auf, brachte den Leib Jesu diesem heil. Bischöfe, der kurze Zeit darauf starb. Die Kirche will also daß ihre Kinder eonu municiren, wenn sie gefährlich krank sind, aus mehreren Ursachen. Auf daß Jesus Christus/ dieses lebendige Brod, unsere Wegzehrung und Nahrung auf der großen Reise sey, die wie von der Erde in den Himmel, von der Zeil in die Ewigkeit machen müssen. Dieses wurde durch jenes Brod vorgesiellet, welches Elias auf Befehl des Engels aß, und wovon ec so stärkt wurde, daß er bis zum Berge des leluue digen Gottes reisen konnte. 2. Die Kirche will, daß die Christen in ihrer letzten Krankheit eommunieiren, auf daß diese Cockunion gleichsam ein Siegel oder eine Schuh' wehre sey, wodurch sie wider die Versuchung des bösen Geistes sicher gestelltt werden, deria der Stunde unsers Todes kommen wirb, zu st» hen, ob er nicht in uns etwas finde, das sein ist, und der alles anwenden wird, unszu Gru», de zu richten. Wenn dieser Würgengel das Blut des göttlichen Lammes in uns nur wahr' nimmt, wird er vorbey gehen, ohne uns j» schaden, und wir werden aus dem Egypten die¬ ser Welt mit Freuden hinaus gehen, und dein Himmel, dem wahren verheißenen Lande, i»' gehen. z. Wir müssen in der Todesstunde eonunn' nieiren, auf daß uns dieses Sacrament das Pfand der ewigen Glorie sey, di? »ns Jesus Chu» HAM 36Z Christus verheißen hat, und deren uns dieses Sacrament auf ein neues versichert. 4. Man muß in der Todesgefahr communiciren, weil dieses Sacrament ein Denkmahl des To¬ des unftrs göttlichen Heilandes ist, und rvir besonders damahl an den Tod dieses göttlichen Echlachtopfers uns erinnern müssen,, um wie Jesus Christus zu denken und zu empfinden, um mit ihm zu sterben, und unser Opfer mit ihm zu vollbringen. 5. Wir müssen in gefährlichen Krankheiten kommuniciren, auf daß Jesus Christus uns in unfern Qualen stärke, und uns selbe mit Ge¬ duld und Liebe tragen helfe; auf daß sie mit seinen Leiden vereiniget, Gott angenehmer, und des ewigen Lebens würdig werden- 6. Wir müssen dieses anbethungswürdlge Sa¬ crament in der Stunde des Todes empfangen, damit wir vor Gott mit Jesu Christo und sei¬ nen Verdiensten bekleidet erscheinen; denn die¬ se sind jenes Hochzcitklcid, das man haben muß, um zur ewigen Hochzeit des Lammes ein¬ gelassen zu werden. 7- Man ccmmunieiret in dieser letzten Stun¬ de , und da der Leib bald zur Erde wird be¬ sauet werden, auf daß der Leib Jesu für icrn Leib «in Samen der Unsterblichkeit und glorreichen Auferstehung scy, wie cs scheint, daß er es unS durch diese Worte sagen wollte: mein LleisH ißt, hat das erviZe Leben, uns g 66 unö ich werbe ihn aufrvcLen am jüngsten Tage, (Joh. 6, 55.) Wenn aber dieses Sacrament in den Seelen ier Gerechten, die es in ihren letzten Krankhei- heiten empfangen, so wunderbare Wirkungen hervor bringt, und ihren ganzen Trost ausina? chek; verhält sich die Cache weit anders in An¬ sehung der Sünder, welche in der Stuadedes Todes communitziren, und in der Sünde sterben. Diese letzte Ccmmunion ist für sie das Siegel ihrer ewigen Verwerfung, das volle Maßihrtt Laster, die Urfache ihrer größeren Verdaninlß- Z. Welche haben das Recht von diesem anbethungswürdigen Brode zu essen; oder wie müssen jene bestellet seyn, welche durch Tob' fänden die Gnade ihrer Taufe verloren hab^ wenn sie communiciren wollen? A. Nichts scheint leichter zu seyn, als die Erfüllung des Gebokhes Jesu Christi und dee Kirche in Ansehung drr Communion, wenn , man nur bey der äußerlichen Genießung die» > ses Cacramentes stehen bleibt. Man muß wiße Zubereitungen haben, ohne welcheesu»' möglich ist, Theil daran zu nehmen, als es Jesus Christus und die Kirche uns befiehlt! knitz diese Zubereitungen sind nicht so leicht, »l sich es viele einbiiden. Sie glauben, es st» genug, ihre Laster zu beichten; zu sagen, ts sei) ihnen leid; einige geringe Bußen, die ma" ihnen auffegt, anzunehmen, um das Recht!" haben , an unfern heiligsten und fürchterlichst?» Gc-> r67 Geheimnißen Lheil zu nehmen. Lasset uns die¬ sen Irrwahn ablegen, wenn wir so denken; und lasset uns hier lernen, wie man beschaf¬ fen scyn müsse, wenn man sich dem Leibe Je¬ su Christi nähern will, nachdem man die Gna¬ de durch Todsünden, und durch «in lasterhaf¬ tes Leben verloren hat. Alle heil. Vater sagten zu diesen Sünder», sie sollen sich selbst prüfen, nach diesem Wor¬ te des Apostels: Der Mensch prüfe sich selbst, und sodann esse er von diesem Brode, (r. Kor. i«, 2§.) Diese Selbstprüfung bestehet nach dec Auslegung der heil. Väter in diesem: i. daß man sein Herz durchforschet, zu sehen, ob man wahrhaft bekehret ist; 2. daß man sich einige Zeit in guten Werken und angemeßener Buße übet, ehe man zum Leibe Jesu Christi gehet. Man muß also sehen, ob man wahrhaft be¬ kehret ist, das ist, ob man von den todtiichen Wunden, die durch die Todsünde der Seesen, geschlagen wurden, geheilet ist. „Denn Nie« » mand, sagt der heil. Ambros, darf daS >, Fleisch Jesu Christi empfangen, ehe er nichz » geheilet ist. — Man beobachtet also in allem die Ordnung des Gehetmnißes; man verbin- » det zuerst die Wunden, durch die Vergebung » der Sünden; und sodann läß-t man zu, daß >, man sich reichlich von diesem Himmelsbrode » nähre, (la I,ua. 1. 6. c. 9.) - Dies ist die Ordnung, die dieser heil. Lehrer in der Kirche beobacht^ wissen will, und mit ihm alle übri¬ ge Z68 ge Heilige. Es gibt mehrere Wege, die Gnade zu verlieren und sich von Gott zu entferne«; man entfernet sich durch den Stolz, denEeitz und hundert ander« Sünden- Es ist aber nur ein Weg, zu Gott zurück zu kehren, und die¬ ser ist die Bekehrung vom ganzen Herzen. Alle Beichtväter kommen in dieser Wahrheit über¬ ein, daß die Bekehrung zur würdigen Com- munion nothwendig sey. Es ist also nsthwen- dig, da»; man untersuche, ob man diese wahre, und nothwendige Bekehrung habe. r. Esistaus- gemacht , daß die Beicht allein kein genügsa¬ mes Zeiches der Bekehrung seyn. 2. Es ist auch richtig, daß das Versprechen und Bckßeuern allein, daß man nicht mehr sündigen wolle, kein sicheres Merkmahl ist, daß man bekehret sey. Z. Es ist gewiß, daß die Zerknir¬ schung, oder die nothwendige Reue zur Nach' iaßung der Sünde, nicht so leicht zu erlange» ist, als man glaubet: sie ist eine Gnade, um die man bitten muß; und man muß sich nicht einbilden , es sey genug, zu sagen: Es ist nur leid, daß ich Gott beleidiget habe; noch sich bereden, man habe die Zerknirschung imH'rze»- 4. Es ist auch aus der kehre der heil- Tätet und der Kirchenversammlungen nur gar gewiß, daß die verlorene Laufgnade nicht anders als durch viele Thräncn und große Bemühungen wieder erlanget werde; indem es die Gerechtes' keit und Barmherzigkeit Gottes erfordert. 5-^ ist eine nnwidersprechlkche Wahrheit, daß die Be- Bekehrung die Befrtyung von aller Todsünde und die im Herzen herrschende Liebe Gottes in sich fassen müsse. Man muß sich also untersu« chen, ob man von Lastern frey sey. „ Jeder, „ sagt der heil. Augustin, erforsche sein Ge- „ wissen; und sieht er, daß er etwa in ein „ Laster gefallen ist, so befleiße er sich, durch >- Gebethe, Fasten und Almosen sich zu reini- „ gen; und dann erst wage er sich zum Ma- „ re.-" Um dieses Sacrament zu empfangen, darf man nicht im Todesstande seyn; man muß auferstanden seyn, und ein neues Leben ange¬ fangen haben. „Man muß, sagt der heil. Ba- „ silius, der Sünde, der Welt, sich selbst ao- „ gestorben seyn, " (1- r. Ue baxt. c. Z.) Man muß sich also prüfen und sehen, ob man wahrhaft der Sünde abgestorben sey, das ist, ob nicht die Sünde oder je eine Leidenschaft im Herzen herrsche: denn oft schlafen die Lei¬ denschaften und Laster in der Seele; das klein¬ ste Getöse wecket sie auf. Man verläßt oft die Gelegenheiten zur Sünde nur, um sie bald nach der Communion wieder aufzusuchen; man hauet sich weder die Hand, noch den Fuß ab; man reißt sich das Auge nicht aus, man unterbricht > nur ihre Verrichtungen; das Herz aber stehet immer Gott offen, welcher in ein Herz, wo die Sünde herrschet, hinein sieht. „Sehet, lagt der heil. Cbrysostom zu denen, welche " sich dem Altäre nähern wollen, sehet zu, ob " ihr heilig seyd; denn heilige Dinge ßnd nur A a »für Z?c> H-NDK für Zeilrye: ist einer nicht heilig, der näht- ,, re sich nicht. Es ist nicht genug, von Sun- „ den gereiniget zu seyn; man muß auch hei. „ lig seyn; weil nicht die bloße Nachlaßung „ der Sünden den Menschen heilig machet, „ sondern die Gegenwart des heil. Geistes in „ der Seele und ein reicher Ueöerfluß an gn- „ ten Werken, " (Honack. 17. in Lpill. aä Hedr.) Der Geist Jesu muß in der Seele woh¬ nen, und innerliches Zeugniß geben, daß man ein Kind Gottes ist; dieser heil. Geist muß dir Seele zubereitet haben, ausdaß Jesus Christus in ihr geboren werde, wie er die seligste Jung¬ frau zum großen Geheimnißc der Menschwer¬ dung zubereitet hat. Man wird vielleicht sagen, es fey wahr, daß man sich prüfen müsse; allein man wisse nicht, wie diese Prüfung anzustellen sey. In diesem Falle muß mau sich von einem weisen und auf¬ geklärten Beichtvater, von einem erfahrne» Seelenartzt prüfen lassen , der die Krankheiten der Seelen und die schickliche Mittel dagegen kennet, und bestimmen muß, ob sie ihre Wir¬ kung gehabt, und die Gesundheit verschaffet haben, und ob man im Stande ist, von diesem himmlischen Brode zu essen. Wir sind in un¬ serer eigenen Sache blind; wir schmeicheln uns oft über gewiße Gedanken der Bekehrung; der Teufel bläst uns ein, wir könnten ja wie vie¬ le andere communicircn, welche nicht besser als wir bekehret sind, und eben nicht frömmer le» leben. Man wird über die Menge der Commu» nieanten oft irre, und möchte mir ihnen hin¬ zu gehen. Man muß sich also prüfen lassen; und der Priester, dein man sich anvertrauet, muß das Herz untersuchen: unser Leben , unsere Be¬ schaffenheit, unsere vorhergehende Lasier de» trachten, und ob die Bekehrung hinlänglich ist, um zu der Theilnehmung der heil. Gehcimniße Melassen zu werden: diese Ordnung ist immer 'n der Kirche beobachtet worden, daß diejeni¬ gen, welche fielen/ sich bcy den Priestern stell¬ ten , die ihnen die Buße und den Grad der¬ selben bestimmten , um sie dadurch zur Commu- nion vorzubereiten. Die Hirten entfernten von den hei!. Geheimnißen diejenigen, welche in ein oder anders Laster gefallen waren, und hiel¬ ten selbe in dieser Entfernung, bis sie versichert waren, daß ihre Bekehrung aufrichtig sey. Warum thaten sie es so? Weil sie überzeugt waren, daß es Zeit und Mühe brauche, um die verlorene 'Unschuld wieder zu erlangen ; und dies ist die zweyte Art sich zu prüfen, daß man sich nähmlich Zeit nehme; und sie mit Ausü¬ bung guter Werke und in der Buße znbringe: ts muß dem Sünder theuer zu stehen kommen, daß er das Recht jur Communion verloren ha¬ be. Erinnert euch, Woraus ihr gefallen seyd, und rhuet Buße, sagten die heil. Väter zu sc- nen, welche nach begangenen Lastern zu ihnen kamen; und da man sie aus der Kirche hinaus schaffte, sagte man zu ihnenMt Watte die Gott Aas ju Z7-- zu Adam sprach, da er ihn aus dem irdischen Paradiese verjagte; Du wirst dein Brsd im Schweiße deines Angesichtes essen, ,, Dieses „ verborgene Manna wird nur jenen gegeben, „ sagt der heil. Chrysostom, welche siegen; „ welche vom Streite wider den Teufel, die ,, Welt, und das Fleisch trlumphirend zurück ,, kommen. " Was thun hem zu Tage die größten Sünder, um sich zum Genüße dieses Brodes vsrzubereitcn? Ach! Sie glauben, diel gethan zu haben, wenn sie am Communions- tage etwas früher als sonst aufsiehen, sich ei» wenig erforschen, einige Laster dem Beichtva¬ ter ins Obr sagen, eine Meße hören, vorder Communion einige Eebethe und Tugcndübun- gen mit den Lippen herab sagen; worauf sie dreist zum Altäre gehen. Ist dies also jene Prü¬ fung, welche der heil. Paul, und die heil. Vä¬ ter fordern? Andere, etwas gewissenhaftere/ wenden einige Lage an, ihr lasterhaftes C«' wissen zu erforschen; sie thun einige gute Wer¬ ke; sie gehen hernach zu den Priestern; und wollen gleich zu den heil- Geheimmßen Melas¬ sen werden. ,, Diese Sünder, sagt der Heil-Aui- „ bros, verlangen nicht so viel, von ihren La- „ siern entbunden zu werden, als den Prie- ,, ster zu binden; sie entledigen sich ihres la- ,, sierhaften Gewissens nicht; vielmehr, si ie- ,, schweren das Gewissen des Priesters, (l „ äe " weil sie ihm ihre Ausschwei¬ fungen aufbürden, ohne daß sie selbst davon Z73 ftey werben. „Der Sünder soll, sagt er an- ,, derswo , von der Barmherzigkeit Gottes Ver- „ zeihung seiner Sünden durch Zuthuung der „ Kirche hoffen; aberesistnsthwrndig,daß er i, sie mit Lhränen und tiefen Seufzern erbitte, „ daß er das gläubige Volk um die Vereinv- gung seiner Lbränen und Gebethe anspre- „ che, um den Herrn zu bewegen: wenn ihm ,, die Priester die Communion aufschieben, ge- „ he er in sich selbst, und glaube, er habe zu „ hiniäßig gebethct, verdopple er seine Seuf- „ rcr, und sodann komme er beklemmter als „ vorh r zurück, werfe sich zu den Küßen der „ Priester, umfange und benetze sie mit seinen „ Lhränen, auf daß ihm der Herr sagen kön- „ ne, es werden ihm viele Sünden vergeben, „ weil er viel gesiedet hat; (l- i. c. i6.) damit er, durch die Lossprechung des Priesters in den Stand der Gnade gesetzt, zum Tische des Herrn könne zugelassen werden. Wie nun? wäre cs möglich , daß man sich vom Laster zum Altäre ohne Zwischenzeit hinwagte, und ohne sich vorher durch mühsame Bußtaufe gereiniget «u haben ? Daß man eine Zunge voll der Got¬ teslästerungen, ohne sie durch Lobgesänge des Herrn gereiniget zu haben ; einen durch tausend Ausschweifungen lm Essen und Trinken befleck¬ ten Mund , ohne ihn durch Abbruch gereiniget iu haben, zum Altäre brächte? Wie waget wan sich an den geheiligten Tisch mit einem Leibe, der durch so viele lasterhafte Handlun¬ gen Z74 gen bemackekt ist ; mit einem Geiste , der noch von frischen Unreinigkeitsbildern ganz voll ist, und mit einem Herzen, bas durch die Liebe der Welt ganz verdorben ist, ohne daß man sich Zeit genommen hat, alle diese Gottlosig¬ keiten zu tilgen? Wie viel Zeit aber muß man zu dieser Prsi» fnng anwenden? Dieses ist der schwierige Punct. Man muß aus den ersten Jahrhunderten als eine richtige Thatsache voraus setzen, r. daß man vom Tische des Herrn jene Sünder entfernte, welche in ein Laster gefallen waren; 2. daß man sie lange Zeit zu Bußübungen anhielt daß man die Zeit ihrer Buße verlängerte oder verkürzte, nachdem man mehr oder weniger Ei¬ fer an ihnen wahrnahm; 4. daß man ihnen alsdann die Communion gab, nachdem Mi sie gepräfek, und ihrer Bekehrung, so viel man konnte, versichert hatte. Diese Kirchenzucht ist -war heut zu Tage nicht mehr, durch sieben oder zehen Jahre öffentliche Buße zu thun, eh« man communiciret; aber dieses kann und muß man auch jetzt noch thun, nähmlich man muß weinen, seufzen, gute Werke ausüben, M Seele durch Fasten und Abtödtungen demüthi- gen, bis man vernünftiger Weise urthcileu kann, daß man von seinen Irrwegen zurück' gekehret se.), seinen alten Gewohnheiten ein Ende gemacht habe, und nun hoffen könne, die Bekehrung werde bestänvig seyn; auch diele Zeit hänget von dem Eifer und Geiste der Bu¬ ße 375 ße ab, mit welchem man alle diese Dinge thut. In diesem Stande müssen die Sünder die De« muth des Publikans, der sich nicht getraute dem Altar zu nähern, und der Kananäerin uachahmen, welche sich des Brodes der Kin¬ der unwürdig achtete. Sie müssen sich selbst er¬ forschen; die Heiligkeit Jesu Christi, der in diesem tzacrament wohnet, fordert es. Wäre es nur ein bloßes Bild Jesu Christi, so würde die Kirche von jenen, welche communiciren wollten, nicht so viele Zubereitungen gefordert haben. Cie würde nicht so sorgfältig und be¬ hutsam gewesen seyn, die Sünder mehrere Jah¬ re nach einander davon zu entfernen, und ih¬ nen selbst das Anschauen der heil. Gehcimniße zu versagen. v. F. Ist es erlaub?, oft zu communiciren? Und welche sind diejenigen, denen man die öf¬ tere Communiou gestatten darf? A. Der Geist der Kirche ist, daß die Gläu¬ bigen dem Altarssacramenke sich oft nähern sollen. Die Kirchenversammlung von Trient er¬ kläret sich hierüber so: „ Dieser heil. Kirchen» ,, rath wünschte, daß die Gläubigen, welche >, der Meße beywohnen, nicht nur geistlicher „ Weise, sondern auch wirklich dabey cvmmu» ,, uicirten, (8elss 22 c. 6. ) " Im Anfänge eommunicikte man alle Tage, an denen man sich zum Opfer versammelte. Die Liebe der Gläubigen zu Jesu Christo, der Glauben, der in ihnen so lebendig war, die Begierde der Mar- Z76 «LASH Marterkrone, die Sorge für ihr Gewissen, un» bas Bestreben, das Andenken des Todes Je¬ su Christi immer in sich zu erneuern, trieb sie an, alle Tage sich diesem heil. Sakramente zu nähern Sie glaubten, daß dies tägliche Brod, um welches uns Jesus Christus ju bitten be¬ fiehlt, bas Altarsbrod sey.So hat es der heil. Cyprian erkläret - „Wir bitten, sagt dieser hei- „ lige Vater, daß uns dieses Brod täglich ge- „ geben werde, auf daß wir, die wir Jesu „ Christo einverleibet sind, und das Mars- ,, sacrament als eine heilsame Nahrung täg- ,, lich empfangen, wegen einer oder anderen „ großen Sünde, die uns hinderte, an diesem „ himmlischen Brode Theil zu nehmen, vom „ Leibe Jesu Christi nicht getrennet werden, „ (cls vrat. äom. ) " Der heil. Ambros slist ebendieses: „ Wenn dieses Sacrament bas „ tägliche Brod ist, warum läßest du ganze Jahre verstreichen, ohne es zu empfangen ? ,, — Lebe so heilig, daß du täglich comnm- ,, niciren könnest, (cieZacr. I. L, c. .^.)Dies ,, allein soll unser Schmerz seyn, sagt der heil- „ Chrysostom, dieser göttlichen Speise beraubt „ zu werden. " Weder das Fasten, «och die Abtödtungen, noch andere Bußwerke waren die größte Qual wahrer Büßer; sondern die Entfcr, nung vom Tische des Herrn war es. Nichts Lestätkiger aber den öfter« Gebrauch dieses Sa, cramenres mehr, als was eben dieser heil. Chrysostom zu den Gläubigen sagte, welche den den heil. Eeheimlüßcn beywshnttn: „Wenn ihr nicht communiciret, warum gehet ihr nicht mit den Büßern aus der Kirche hinaus? " Zu Cä'area , wo der heil- Basilius Bischof war- communicirte man vier Mahl in der Woche, wie er es selbst sagt (289- Brief.) Dies war der Gebrauch der Kirche, wie cs uns die Kir» chenversammlungen und die heil. Väter sagen; dies ist noch ihr Geist, und die Absicht Jesu Christi. Deswegen ladet er seine Kinder und Jünger zu diesem heil. Mahl und zur Hochzeit rin; er drohet jenen, welche zu kommen sich weigern, und um sich zu entschuldigen eitle Ausflüchte suchen, schreckliche Strafen an. Hatte man eine starke Liebe zu Gott und zu Jesu Christo; kennete man die großen geistlichen Vor¬ theile, welche die öftere Communion verschaffet, so würde man dieses göttliche Sacrament nicht, wie es geschieht, vernachläßigcn. Kann man aber dir öftere Commnnion allen Leuten gestatten? Es ist gewiß, daß, obschon die heil- Väter den Gläubigen den öfter» Ge¬ nuß derselben anempfohlen, ließen sie doch ih¬ ren öftern Gebrauch nur denjenigen zu, wel¬ che heiliger und vollkommener als der große Haufe dec Christen lebten; sie mochten hernach in der Gnade ihrer Unschuld immer verblieben siyn, oder dieselbe durch einen tödtlichcn Fall verloren haben, wenn sie nur von ihren vor¬ hergehenden Ausschweifungen zurück gekehrer waren, und so lebten, daß sie die Gläubigen eben Z7Z eben so viel erbaueten, als sie dieselben durch ihren Fall etwa geärgert hatten; dergestalt daß, eigentlich zu reden, nur diejenigen oft kominuniciren dürfen, welche als wahre Chri¬ sten leben, ihr Leben nach den Vorschriften des Evangeliums einrichten, rind eine wahre nn!> kernichte Andacht haben. Diese Regel muß aber entwickelt werden. i. Man muß als ein wahrer Christ leben, jene großen Gebothe beobachten, die er uns gegeben hat , uns selbst zu verläugnrn,alleTa' ge unser Kreuz zu tragen und ihm zu folgen. Worinn bestehet aber diese Verläugnung? Sie bestehet darinn, wenn man seinem eigenen V°r- Iheile, allen seinen unordentlichen Begierden, welche von der Erblust Herkommen, keinem ei¬ genen Willen und seinen menschlichen Empfin¬ dungen entsagt, um sie dem Willen Gottesunb derjenigen, welche in Ansehung unser anstatt Gottes find, zu Unterwerken: sie bestehet dar¬ inn, daß man sich von allem, was man be¬ sitzt, los mache , sich an nichts hefte, und im¬ mer bereit sey, für Iesum Christum alles zu verlaßen, ?a selbst das Leben aufzuopfern; auf der Erde wie ein Frcmndling zu lebenderstcb an nichts hängt, was er auf der Reise antrift, der nur an das Reich Gottes denkt, und aste seine Begierden nach demselben richtet. Das Geboth, das uns Gott gegeben hat, ihn aus ganzem Herzen zu lieben, faßt diese Psticlit einer gänzlichen Verläugnima in sich. Als Christ le- leben, heißt, täglich sein Kreuz tragen, das ist, die Nebel/ die körperlichen Plagen jeden Ta¬ ges, die Zufälle des Lebens, die zustvßenden Derdruße, de» Verlust der Güter, dir Mi߬ gunst und Verachtung, diduns die Geschöpfe empfinden lassen , geduldig'und bemüthig lei- den. Täglich sein Kreuz tragen, heißt , seine Leidenschaften abtödten, sie kreuzigen, ein bü¬ ßendes Leben führen; Denn vser Lhisti ist, der kreuziget sein Fleisch sammt öen Lastern und bäsen Lüsten, (Gal. 5, 24.) Als Christ leben, heißt, Jesu Christo nachfolgen, sein Leben dem seinigen gleichförmig machen , die Beyspiele, die er uns gab , nachahmen, als der Geduld, der Demuth, der Liebe gegen den Näch¬ sten und allen übrigen Tugenden. Als Christ l> ben, heißt, in allem sich nach dem Geiste Je¬ su Christi betragen; denn nur diese, sagt der heil. Paul, sind Kinder Gottes. Man muß al¬ fo sehen, ob man sich in allem, bey seinem Dienste, bey feinen täglichen Handlungen, Un¬ ternehmungen , und Entschlüßen nach dem Gei¬ ste Gottes beträgt. Als Christ leben, heißt, nach dem Glauben, nach der Hoffnung und Liebe leben - Tugenden, welche wir in der Tau¬ fe empfangen haben, und allezeit ausüben müs¬ sen. Als Christ leben, heißt, welches aber der niedrigste Grad ist, schlechterdings von jenen Fehlern frey feyn, welche, sagt der heil. Au- sustin, ein Christ nicht begehet, der einen ge¬ sunden Glauben und Hoffnung hat. Für die öf¬ tere ZFo lere Communion aber , muß man auch der läß' lichen Sünde nicht ergeben seyn, noch einen Heimlichen Willen haben, sie auf ein Neues zu begehen. Wir wollen hqrlegsir, psas hierüber der hei> Franz von Cales sagt, der seinen Gedanken vom Gennadius rntnonWen-chst. „ Um alle acht Tage zu commuvleiren, sagt dieser Hei- „ lige, darf man weder zur Todsünde noch ,, zur läßlichen eine Neigung haben, und ein „ heißes Verlangen tragen, zu communiciren-" (Einleit- zum andächtigen Leben H. Th. 20. H.) Denn jene, welche in der Kirche übel leben, „ sagt der heil. Isidor, und doch communici- „ ren, und sich durch selbes zu reinigen glau- „ ben, sollen wissen, daß sie ihre Laster nicht „ vermindern, sondern noch ein größeres bege- ,, Heu, indem sie sich des Fleisches und Blu« tes Jesu Christi schuldig machen; und an sie „ richtet der Prophet diese Worte, (l. i.leuk. „ c. 24. n. 6. L 7.) was ist doch dies, daß ,, mein Geliebter in meinem Zause viele La- ,, fier begangen hatp Meinest du, das heil. „ Fleisch werde deine Bosheiten von dir ab- „ nehmen?" (Irrem, n, 15.) Diejenigen also, welche im-Stande der Todsünde sind, müssen sich von den heil. Gcheimrißen entfer¬ net halten, bis sie davon ftey sind; und wenn sie Würdige hinzu treten sehen , sollen sie jene ewige Absonderung betrachten, welche zwischen den Gerechten und Sündern am jüngsten Lage ge- OASH ?3r geschehen wird, wo die einen zur Hochzeit des Lammes werden eingelassen , die anderen da¬ von ausgeschlsßen werden; und in diesem Stan¬ de müssen sie sich demüthigen und auf ihre Besser¬ ung renken. Für diejenigen, die sich diesem Sacramente ost nähern, ist es nicht genug, baß sie von schweren Sünden frey sind; sie dürfen auch zur läßlichen keine Neigung haben. Man sagt nicht, daß sie ohne Sünde seyn müssen, wel- ches wegen der menschlichen Gebrechlichkeit un» möglich ist. Jesus Christus, da er sich uns in diesem Sacramente Mittheilet, wollte sich nicht verklärten Engeln mittheilen, sondern sterbli¬ chen, tausend Schwachheiten unterworfenen Menschen: es ist genug, wenn man zur läßli¬ chen Sünde keine Neigung hat, das ist, wenn Man keine freywillig und vorsätzlich begehet. Es ist ein Zeichen daß man zur läßlichen Sün¬ de, eine Neigung hat, wenn man sich nicht bemü¬ het, sie alle durch die Buße, durch entgegen gesetzte Werke, durch Gebethe und andere He¬ bungen zu tilgen. „ Denn, sagt der heil. Gre- „ gor., nachdem wir täglich sündigen, laßt , uns täglich zu den Thränen der Buße lau- „ fcn; (In I. 2. ReZ.)" und zu Jesu Chri¬ sto mit dem heil. Peter rufen: 6err, wasche mir nicht nur die §üße, sondern auch das Laupr, (Joh. 13,9.) Um oft zu communiciren, muß man eine heiße Begierde dazu haben; man muß überaus den Z8r den Grund, woraus sie fließet Acht geben. Mit der Begierde zu diesem himmlischen Brode sie» het es, wie mit der Begierde, natürliches Brod zu essen. Einen Menschen im starken Fieber ge¬ lüstet es zuweilen nach Brod: dieses Verlan¬ gen kömmt von einer Unordnung des Körpers. Findet man aber dieses Verlangen, oder die¬ len Hunger bey einer gesunden und arbeitenden Person, sodann ist diese Begierde gut. Ebenso verhält es sich mit einer Person, welche Jesnm Christum viel liebet, und sich bemühet, ihre Pflichten zu erfüllen.- die Liebe Gottes bringt in ihr diesen Hunger, und dieses Verlangen jur Communion hervor. Ein solches Verlangen muß man haben; es kömmt von der Inbrunst der Liebe, sagt der heil. Chryfostom- „ Nm „ diejenigen, sagt der heil. Gregor, welche es „ nach dieser göttlichen Speise hungert, >vtt- „ den vollkommen gesättiget; weil nur sie sich „ von allen Sünden vollkommen enthalten, „ und die Fülle der Gnade und Kraft welche „ in diesen göttlichen Sacramenten verborgen „ ist, enthalten, (In I. i. Keg. I. 2. c. r-)^ In jenen Seelen aber, welche noch kranksind, denen die Leidenschaften ein heftiges Fieber verursachen, und die von diesem himmlische» Brode zu essen verlangen, ist dieses Verlangen unordentlich; es ist die Zeit nicht, die Corn» nrunion zu verlangen, sondern nach der Ge- rechtigkeit und Gottseligkeit, die zum eommuni- ciren nothrvendig sind, zu hungern und zu bür¬ sten- Z8Z si«n- Für jene Seelen, welche beängstiget seyn könnten, wenn sie diese Begierde nicht empfin¬ den, muß man anmerkcn, daß es nicht noth- wendig ist, daß diese Begierde empfindlich sey, sondern daß es genug ist, wenn man empfin¬ det , daß man dieser himmlischen Speise bedarf. 2. Wir hatten gesagt, man müsse eine wah¬ re und gründliche Andacht haben. Diese Be¬ schaffenheit ist in einem wahrhaft christlichen Le¬ ben nothwendig enthalten- Weil man sich aber bey diesem Stücke oft blendet,muß man erklären, wor¬ in» sie bestehet. Es gibt Personen, welche ihre Andacht in einer gewißen Empfindlichkeit die ih¬ nen am Communionstage widerfährt, bestellen; und wenn ihnen dieses geschieht, glauben sie, gut communiciret zu haben: wie ihnen im Gegen, theile wegen ihrer Communion Angst ist, wenn sic nichts Empfindliches batten. Lasset uns un¬ tersuchen und lernen, was die Andacht ist. Die Andacht ist ein thätiger Wille, Gott zu gefal¬ len, und der sich durch die Aufführung offen¬ baretNicht jene, welche nur sagen, Zerr, Zerr, werden in das Zimmelreich eingehen; sondern jene, welche den willen des himmli¬ schen Vater« thun, ( Matth. 7,21.) i. Die wahre Andacht besteht in der genau¬ en und beständigen Ausübung der christlichen Tugenden, der Demuth, der Liebe, des Still¬ schweigens, des Gehorsams, der Einfalt, dec Abrödtung seiner S»nne, und in der Unter¬ werfung gegen den Willen Gottes/welche ma¬ chet. Z84 chet, daß wir nichts wollen, als was Gott will, und wie er es will. 2. Sie bestehet in einer lebhaften Empfin¬ dung der Gegenwart Gottes, in der Ausübung der Wachsamkeit und Aufmerksamkeit auf sich selbst, und in der Gemüthsversamnrlung;weil der Gottseligkeit nichts mehr zuwider ist, als die Zerstreuung des Geistes, des Herzens, und der Sinne. z. Der wahrhaft Andächtig? lebt in einem beständigen Geiste des Opfers; stirbt inrnm sich selbst ab, und allem, was der Welt ist; übernimmt und leidet mit Unterwerfung, ohne Murren und Klagen alle Demüchigungen und Kreuze, welche ihm iw der Ordnung der M' sehung zustoßen- 4. Der wahrhaft Andächtige entrichtet die Pflichten der Religion in einem Geiste der Re« ltgion, der Anbethung, der Liebe Gottes, und mit einem innerlichen Gottesdienste; und ist nicht zufrieden, sie nur äußerlich zu entrichten- 5. Es ist auch eine Pflicht der wahren An¬ dacht , alle Handlungen mit Jesu Christo jn vereinigen, so daß man nichts rede, thue, oder leide, als kür ihn , mit ihm, und durch ihn; das ist, nur von seinem Geiste und seiner Gua» de abhange, und so mit ihm vereiniget se>), als machte man mit diesem göttlichem Haupte nur einen Menschen aus. 6. Der wahrhaft Andächtige erfüllt die Pflich¬ ten seines Standes getreu und allezeit wegen Gott Z8§ Gott, und versäumt keine uuter dem Vorwan¬ de je eines frommen Stückes, das uns nicht befohlen ist. 7. Die wahre Andacht lenket zur Einsamkeit und Absonderung von ter Welt; schränket Vie unnöthigen Besuche ein, und erlaubet sich nur jene, welche Pflicht , Wohlstand und Liebe for¬ dern. Sie treibt die Seele an, die Unterhaltun¬ gen zu fliehen, und die Begierde, zu wissen, was uns nicht angehet, zu unterdrücken. Eine gründlich fromme Seele mischet sich eigentlich in nichts, als was Gott von ihr verlanget, Und bekümmert sich um die Geschäfte Anderer so wenig, als sie kann, und nur, wenn sie dazu gezwungen ist: das Gebeth, das Lesen heil. Bücher , und die Arbeit sind ihre gewöhn¬ lichen Beschäftigungen. Sie fürchtet den Mü¬ ßiggang, und fliehet ihn, als eines der gefähr¬ lichsten Laster: ihre Zett, ist ihr kostbar. 8- Die wahre Andacht bestehet in dem, baß man sich gegen den Nächsten sanftmüthig, ge¬ sprächig, offenherzig, rechtschaffen, liebreich erweise; geduldig, um seine Gebrechen zu über¬ tragen; fertig, um ihm in seinen Nöthen bep« juspriugen; mitleidig gegen seine geistliche und leibliche Müheseligkeiten : dies ist der Entwurf' oder das Bild einer gründlichen Andacht- Wir leben in einer Zeit, wo viele Leute th- te ganze Andacht in äußerlichen Lebungen be¬ stellen, ohne sich Mühe zu geben, ihr Inner¬ liches in Ordnung zu bringen. Man rechnet sich B b un" " Z86 HStzHK unter die Frommen, sobald man oft beichtet, und eben so oft commuiiieiret, ohne sich um .die Ausübung der Tugenden zu bekümmern. Allein , lassen wir uns nicht durch Teufelsklen- dungen und böse Beyspiele verführen. Um das Recht zur öftern Communion zu haben, muß man eine heißere Liebe, einen lebendigern Glau» ben, eine festere Hoffnung haben; es gehört weniger Eitelkeit, mehr Einschränkung in tau¬ send Unnützlichkciten und Ueberflüßigkeiten, we¬ niger Verzärtlung, und mehr Abtödtung dazu; weil die heil. Väter die öftere Communion nur zweyerley Gattungen von Personen gestatten; entweder denjenigen, welche sich ernstlich ft' streben, in der Vollkommenheit zuzunehme», oder denjenigen, die selbe schon erreichet ha-' ben. Jesus Christus rufet ihnen, wie dem Heil- Augustin zu: „Ich bin die Speise der Etar- ,, ken : wachse und nimm in Tugenden zu, st ,, wirst du dich von mir nähren." -- Man ,, muß, sagt der heil. Chrysestom, wie ein ,, Adler seyn, der sich über die Erde erhebt, ,, dieses -niedrige verachtet, und sich nur ge' gen den Himmel schwingt; dies sind die Ab- ,, lcr, die sich um diesen heil. Leib versammel» „ dürfen, um sich davon zu nähren-" Ma» muß sehen, was einer Seele mehr nützt, die Entfernung von diesem Sakramente, oder dec öftere Genuß; und dem Rache eines Gewisse»' rathes hierinnfalls folgener muß uns prüfe» und bestimmen, was uns nützlicher sepn wird. Die HASH Z8? Die heil. Väter begnügten sich nicht, tieft Zubereitungen anzuzeigen; sie selbst befolgten selbe. Der heil. Chrysostom wurde von einer unbescheidenen Person, zu einigem Derdruße vor Haltung des Hochamtes, bewegt; er ent. hielt sich davon, und ließ cs von einem an¬ dern Bischosse halten. Der heil. Hieronymus wagte sich nichtin die Kirche, da ihn eine oder andere etwas heftige Leidenschaft angefocl-ten, oder eine Nachttäuschung zerstreuet hatte. Als man einen Armen vor dem Stadtthore Roms tod gefunden hatte, fürchtete sich der heil. Gre¬ gor, ob es nicht etwa aus feiner Schuld ge¬ schehen wäre; und entfernte sich vom heil-Al¬ täre durch einige Tage. Der heil. Franz von Eales heißet gut und lobt das Betragen eines Beichtvaters, der einer Dame welche oft com- nmuicirte, wegen einigen harten Worten, in. die sie aus Ungeduld ausgebrochen war, dieCom« munion versagt hatte. Diese Beyspiele geben ge¬ nug zu verstehen, daß die heil. Väter dafür hielten, man müsse mehr Heiligkeit besitzen^ um öfter zu communiciren. 8. Was kann man aber denjenigen antwor¬ ten , welche, um das öftere Communiciren gel¬ ten zu machen, sich des Beyspieles der ersten Christen bedienen, die täglich eommunicirten? A. Man muß ihnen zur Antwort geben, daß die Personen, welche, wie die ersten Christen leben, auch, wie sie, täglich communiciren kön- Nen. Wollen wir auf eben dieses Vorrecht An- Bb s sprach Z88 HASH spruch machen, so müssen wir, wie sie, nur rin Herz und eine Seele haben; in der voll¬ kommenen Ausübung der Liebe , der Sanft- muth, der Geduld leben; mit Zärtlichkeit, mit demüthigem Mitleide, einander übertragen, mit ernstlichem Verlangen, allen Gutes zu thun- wie sie / müssen wir ohne Neid, ohne Verstel¬ lung seyn , und uns in allem mit einer großen Einfalt des Herzens betragenwie sie, müssen wir in der Lehre der Apostel unabweichlich ver¬ harren, und unser Leben nach den Cebothcn des Evangeliums, die sie geprediget haben, ein- richten: wie sie, müssen wir immer bereit stP, für Iesum Christum, für seine Wahrheit, und für die Liebe des Nächsten unsere Güter und unser Leben her zu geben: wie sie, müffelt wir das Gebeth lieben; ohne Unterlaß bethen,nicht nur in den Gotteshäusern, sondern auch in unsern Wohnungen; ein immerwährendes Ver¬ langen zu Gott in unserm Herzen haben, und alle unsere Handlungen durch den Geist des Gebethes und der Anbethung beleben. Haben wir nicht all unser Vermögen, wie sie, ge¬ mein ; so müssen wir doch wenigstens bereit seyn, uns selbst wehe zu tbun, um unfern Brüdern in ihren dringenden Bedürfnißen bey- zustehen, ihnen gefällig zu werden, und jn Diensten zu seyn. Wie sie, müssen wir weder an unsere Güter, noch an unsere Dlutsfreun- de, noch an unser Leben das Herz heften; sondern von einer lebendigen Hoffnung unsicht¬ barer «KtzÄKH Z89 barer und ewiger Gäter belebet, mit Jesu Christo bekleidet; und aus seinem Geiste neh¬ mend , mässen wir weiter nichts als das himm¬ lische Vaterland vor Augen haben, und nur nach dem Augenblick seufzen, der uns dahin führen wird. Wenn wir so werden beschaffen seyn , werden wir so oft als sie communiciren können. Wie wenige Christen befinden sich in dieser Vollkommenheit! Folglich, wie wenige sind fähig, sich täglich diesem göttlichen und anbethungswärdigen Sakramente zu nähern! F. Was haben diejenigen zu fürchten, wek ehe oft communiciren? A. Diejenigen, denen man die öftere Com- munion gestattet, mässen Acht geben, 1. daß sie es nicht aus Gewohnheit, ohne Andacht, ohne Eifer, und nur etwa deswegen thun, weil der Tag kömmt, an dem man zu communici¬ ren sich vorgenommcn hat: dieser Fehler ist mehr bey dem weiblichen als männlichen Ge, schlecht zu fürchten. Es wäre besser, daß sich diese Personen keine solche Regeln machten- Sie sollten vielmehr der Inbrunst ihrer Liebe gegen Jesum Christum und ihrer Begierde zu diesem anbethungswärdigen Sacramcnte fol¬ gen; und wenn sie nicht ihre Andacht dazu treibt, sollten sie sich davon enthalten, einen weisen Gewissensrath befragen, und ihre Com- munion auf einen andern Lag verschieben, um über ihre Unandacht und Unempfindlichkeit gegen Gott zu weinen. 2. Z9c> HAAH 2. Diejenigen, welche oftcommunieiren,müs, sen sich hüten, daß sie es nicht etwa thun, weil es andere thun. Jeder hat feinen Weg, auf den ihn Gott führen will, und es wäre unrecht, wenn man anderen gleich wollte ge- führet werden. Selig diejenigen, welche sich allein mit der Sorge, Gott zu gefallen be¬ schäftigen, und sich nur mit dem bekümmern, wie sie auf dem Wege forkgehen, den er ihnen gezciget hat; welche das Gute, das andere thun, lieben, und ohne Neid sich darüber er¬ freuen , indem sie sich ihrer Unwürdigkeit über¬ zeugen, und ihre Gebrechen fühlen, welche sie zu bcwemcn trachten .' und da sie sich nach dein Willen Gottes des Leibes Jesu Christi berau¬ ben , nähern sie sich dafür mit dem Thränen- brode durch die Zerknirschung, und mit dem Cvangeliumsbrode durch das Gebeth. z. Diejenigen, weiche oft zur Communion gehen, müssen besondere Sorge tragen, si^ oft vor Gott zu reinigen, ihre etwa noch un¬ artige Natur auszuziehen, und oft ihren Dursi zu erregen, um in diese heilige Handlung kei¬ ne menschliche Absichten zu mischen, wodurü> der Nutzen der öfteren Communion verhindert würbe, sie selbst nicht vollkommener, sondern schwächer würden, und in Gefahr gcriethcn, dieses Sacrament zu mißbrauchen, und in gr»' ße Sünden zu fallen. Das beßte ist , daß man sich von einem weisen und erfahrenen Gewlssens- rathe prüfen laßt. S- 39' 8- Was muß man gleich nach empfangener Commuuion thun? A. Wenn je eine Zeit gut angewendet wen den muß, ist es jene, welche nach dieser gro¬ ßen Handlung folget; damahl muß mau sich Jesu Christo, den man besitzt, ganz überlassen; seine Seele und alle seine Sinne .rief versam¬ melt halten; diesen göttliche» Heiland in un¬ fern Herzen wirken lassen, um die Eindrücke seines Geistes - der uns da durch seine heilige Menschheit mitgekheilct wird, zu empfangen. Man muß für ein so großes Geschenk danken, und alle seine Aufmerksamkeit auf dieses un¬ befleckte Lamm heften, um seine Gute zu be¬ wundern, seine unendliche Größe anzubcthen, und Gott zu bitten, daß > er unsere Seele von ihrem Verfall anfrichte, und uns der Verdien¬ ste seines Todes und seiner übrigen Geheim- niße theilhaftig machen wolle. Man kann da¬ mahl dieses göttliche Schlachtopfer dem ewigen Vater darstellen , um ihn zu bitten, daß er,uns durch seinen Sohn Barmherzigkeit erzeigen, und die Gnaden und Tugenden, derer wir in unserm Stande bedürfen, schenken möchte. Wir müssen uns aber nicht bey diesen Empfindun- dungen allein einschränken; der heilige Geist kann uns dergleichen mehrere einflößen, denen man getreu folgen muß. VI. 8. Welche sind die Wirkungen, die der Leib Jesu Christi, dieses lebendige und anbe- thungswürdige Brod in den Seelen hervor bringt, wel- Z92 HABS» welche sich würdig dazu vorbereiten, und sich davon nähren? A. Man Muß zu erst voraus setzen, daß es mit den Gnaden der Geheimniße, wie mit den Geheimnißen selbst ist: alles ist hier dem mensch¬ lichen Verstände unbegreiflich, und nur durch den Glauben können wir etwas entdecken. Die Menschwerdung des Wortes, her, Lod dieses Gottmenschen sind unbegreiflich; allein die Ver¬ söhnung des Menschen mit Gott, ist es nicht weniger. Eben so ist es mit ben Saeramenttn: die Taufe, und die Buße sind über unser» Verstand; aber die Vergebung der Sünden und die Kindsckaft Gottes sind nicht weniger über denselben. Das Altarssacrament ist ein so un¬ begreifliches Geheimniß, daß die menschliche Vernunft zurück hebt- Wer kann es fassen, daß Zesus Christus mit allem, was er ist, unlec Len Gestalten des BrodeS wesentlich da ist? Auch die Wirkungen, die dieses Sacrament her¬ vor bringt, sind nicht weniger unbegreiflich' Wir wollen sie nach dem Lichte des Glaubens erklären, r. Jesus Christus vereiniget sich mit uns, und unS mit sich auf eine unaussprechliche Art, », Durch dieses Sacrament machet er uns von seinem eigenen Leben, von dem Leben, Las er von seinem Vater empfängt, leben. Erklärung der ersten Wirkung. Es ist gut für den Menschen, sagt der Prophet, daß er sich M sich fiat» an Gott hält; (Psalm- 72. -Z-), wie es für ihn das höchste Unheil ist, von Gott getrennt zu seyn. Wir trennten uns von ihm durch die Sünde; und die große Absicht Jesu Christi bey Offenbarung aller seiner Ge- heimniße und Einsetzung aller Sakramente war, den Menschen mit Gott zu vcrinigen, indem er uns mit sich, und durch sich mit Gott seinem Vater vereinigte. Deswegen wurde er Mensch ; machte unS der göttlichen Natur theilhaftig; und setzte die Taufe und die übrigen Sacramen- te ein. Aber alle Vereinigungen, welche wir mit Jesu Christo durch die übrigen Sakramen¬ te eingchen, haben nichts, was mit jener, die im Altarssacramente geschieht, könnte ver¬ glichen werden. Sie ist die Vervollkommenung aller übrigen, r. Sie ist die größte und innig¬ ste, die der Mensch mit seinem Gott auf Er¬ den haben kann. 2. Diese Vereinigung theilet der Seele und dem Leibe die größte Heiligkeit mit. i. Diese Vereinigung ist die allerreineste, weil Jesus Christus sich uns wesentlich schen¬ ket; er macht uns seines Fleisches, seines Blutes, seiner Seele, seines Geistes, seiner Gottheit und seiner heil. Person theilhaftig; welches er in keinem andern Sakramente thut- Gr vereinigte sich mit dem Menschen bey der Menschwerdung; aber nur mit einer einzigen Menschlichen Natur ins besondere. Durch die¬ ses Sakrament aber vereiniget er sich mit jedem aus Zy4 aus uns, nicht nur durch seine Gottheit , wie bey seiner Menschwerdung,.sondern auch durch feine Menschheit. Er schenket uns alles, was er als Wort von seinem Vater , und als Men¬ schen -Sohn von uns empfangen hat. Hören wir , was der heil. Chrysostom Iesum Christin» zu denjenigen, die zur Communion gehen, re¬ den läßt. „ Ich habe euer Bruder werden wob „ len; deswegen habe ich mich mit dem Fla¬ nsche und Blute vereiniget, und jetzt gebe „ ich euch eben das wieder, durch was ich mich mit euch vereiniget habe. " Um diese innig¬ ste Vereinigung, die in diesem Sacramenttge- fchieht, zu bezeichnen, bedienet sich der Apostel des Wortes Communis«, Gemeinschaft: Dao Brod, das wir brechen, ist es nicht die Ge¬ meinschaft, des Leibes Jesu Christi? (r-Kor- io. iS.) Er wollte durch diesen Ausdruck,Kom¬ munion , etwas mehr als eine gemeine Verbin¬ dung anzeigen, und uns zu verstehen geben, daß zwischen den Gläubigen und Jesu Christo eine weit engere und innigere Vereinigung ge¬ schehe, indem wir nicht nur an seinen Gaben, wie bey den übrigen Sacramenten, sondcrnan ihm dergestalt Theil nehmen, daß wir sein Leib werden , und mit ihm nur ein Brod, nut ei¬ nen Leib ausmachen, ( i. Kor. ro, 17.) „Der „ heil. Chrysostom sagt: was wird das Brod ,, des Abendmahls, als der Leib Jesu? llnd „^was werden die Gläubigen, welche comnm- », ntciren, als der Leib Jesu? " Folglich ma¬ chen EM 8YS chen wir mit ihm nur eine« Leib, einen Geist, einen Menschen aus: eine so enge, so innigeVer- einigung, daß die heil. Väter sagen, es ge¬ schehe mit den würdig Communirirenden, und mit dem Fleische, mit der Seele und mit der Gottheit Jesu Christi eine Heist Vermischung- Es ist also wahr, o mein liebvoller Jesu, daß in diesem SacranieNte eist gegenseitiges Theist nehmen vorgehet. JK nehme an dir, und du nimmst an mir Theil. Ich empfange dich, als mein Brod, und du empfängst mich, als deine Speist; mit diesem Unterschied, daß ich dich nicht in mich verändere , sondern daß du durch ein Uebermaß deiner allmächtigen Liebe mich in dich veränderst. „Jene / sagt der heil. Chry- „ sostom, welche inbrünstig lieben, haben die^ „ ses eigen, daß sie mit denjenigen, die sie ,, lieben, nur Eines styn wollen." Dieses ist jenes unaussprechliche Mittel, welches ihm sei¬ ne Liebe eingab. Nachdem er die SeinigeN lieb¬ te , liebte er sie bis zum Uebermaß, indem er ihnen durch die Communion nicht nur feinen Leib, sondern auch seine Herrlichkeit schenket Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben , die Lu mir gegeben hast, sagt er, nachdem er -sei¬ ne Apostel commnnicirrt hatte, damit ffe Est ne» sepn,rvie wir auch Eines sind, (Joh. 17, »2.) Welche ist seine Herrlichkeit? Diese, daß «r der Sohn Gottes, seist Wort, der Glanz seiner Herrlichkeit, das Ebenbild seines Wesens, ja ech Wesen mit ihm ist: und alles dieses schenke z<)6 schenkt er uns, auf daß wir mit ihm Eines seyn, wie er Eines mit feinem Vater ist Iß je eine innigere, heiligere, unbegreiflichere Der-- einigung gewesen? Jesus Christus ziehet in uns rin, wie ein freygebiger König, der die See¬ le mit seiner Majestät und seinen Gaben er¬ füllet, um da feinen Thron aufjnschlagen, da zu herrschen, und alle unser« Leidenschaf¬ ten zu unterwerfen. Er zieht da wie ein Priester kn sein Heiligthum ein; er segnet uns, wei¬ het uns ein, und opfert uns seinem Vater. Ec kömmt in uns als Gott und Mensch, und eig° net uns die Früchte seiner Geheimniße zu: als Gott erhebt er die Seele, so daß er ihr die Aß« ge seiner Gottheit eindrückt. Er ziehet in uns ein , als das Bild des unsichtbaren Gottes/ Um die Züge des alten Menschen auszulöschen, und jene des neuen Menschen einzuprägen. Mit einem Worte , wir nehmen an dem gan¬ zen Jesu Christo und allen seinen Geheimnißcn Theil, und wir werden einiger Maßen in ihn umstaltet. Alles, was wir gesagt haben, zeigt deutlich, daß diese Vereinigung, die wir mit Jesu Christo haben, die engste sey, die der Mensch mit seinem Gott auf Erden haben kann, und daß sie der Seele eine große Heiligkeit mittheile. F. Was bringt die Communion über den Leib hervor? A. r. Unser Leib wird durch dieses Sacra- ment auf eine ganz andere Art, als durch die übri« HAM 397 übrigen, Gott geheiliget und eingeweihet; weil eS durch die wesentliche Gegenwart Je¬ su Christi selbst, der in uns eingehet, geschie» bet; damahl ist unser Leib der Tempel des le¬ bendigen Gottes, weil Gott wesentlich in ihm wohnet, er verbreitet über alle unsere äußer¬ liche Sinne die Kraft und den Glanz einer wunderbaren Heiligkeit, dieutts verbindet, die¬ selben weiter zu nichts, als zu einem heiligen und dieses Sakramentes würdigen Gebrauch an- zuwenden. Dieses bewog die heil. Väter, den, jcnigen, die communieirkt hatten, zu sagen: Wie kann eine Zunge, welche durch den Leib Christi eingeweihet ist, Gotteslästerungen, Flü¬ che, Lügen, schmutzige Reden und weltlicheGe sänge sich erlauben? Wie kann ein Mund dec das Glück hatte, Jesum Christum zu empfan¬ gen, mit Ausschweifungen im Essen und Trin¬ ken sich beflecken? Wie können Augen, welche, den Vorzug hatten, die heil. Geheimniße zu be¬ trachten , an gefährliche Gegenstände sich hef¬ ten , und Ohren , welche diese göttliche Worte gehöret haben, die« ist mein Leib, unheiligen Gesprächen zuhören? Wie können Füße, wel¬ che sich dem heil. Altäre genähert haben, zu Schauspielen gehen, um Grundsätze zu hören, welche geradehin der SitteNlehre des Evange¬ liums widersprechen? Erinnern wir uns, daß wir, nachdem wir communiciret haben, Gott in unserm Leibe mit Eingezogenheit und heil. Handlungen verherr¬ lichen 398 EKK lichen müssen, indem wir ihn dem Dienste der Gerechtigkeit und nicht der Sünde widmen, und ihn als ein heiliges, lebendiges und Gott an¬ genehmes Opfer barstellen. 2. Die Communion wird für unfern Leib ein Anfang und gleichsam ein Samen der Unsterb¬ lichkeit und Unverweslichkeit, die er am Tage der verheißenen allgemeinen Auferstehung er¬ halten wird. Diese Verheißung wird durch den Leib des erstandenen Jesu, den man in du Communion empfängt, und den die Kirche das Pfand der künftigen Herrlichkeit nennet, versiegelt. Dies wollte uns unser Heiland, nach der Meinung mehrerer heil. Väter, durch diese Worte anzeigen: Iper dies Brod ißt- wird ewig leben, und ich werde ihn am jung' sten Tage aufwecken, ( Johann 6.) Welche ist die jweyte Wirkung der Coni- munion bey denjenigen, die würdig communi- ciren? A- Die zweyte Wirkung des anbetungs¬ würdigen Fleisches und Blutes Jesu Christi in denjenigen, die heilig zubereitet sind, ist, sie von dem Leben Jesu Christi leben. Er selbst hat uns diese Wahrheit gelehret; lasset uns ste erklären. Das Altarssacrament bringt den Anfang des neuen und geistlichen Lebens nicht hervor: es ist ein Sacrament der Lebendigen; das heißt- man muß den Stand des Todes, worein man durch die Sünde gefallen war, schon ehe ver- Zs? lassen, und ein neues Leben angetrettn haben; welches durch die Laufe, oder die Buße gefchiehk- DiesesSacrament und Brod des Lehens aber, gibt ein reichlicheres und vollkommeneres Leben als die übrigen Sacramente. Hören und betrach¬ ten wir, was Jesus Christus sagt - wie mich der Lebendige Vater gesandt hat, und ich durch den Vater lebe; so wird auch der, der mich ißt, durch mich leben, (Job. 6, 58 ) Der ewige Vater thcilet feinem Sohne das Leben in der Dreyfalrigkeit mit. Der Sohn, da er Mensch wird, gibt der menschlichen Natur das Leben, das-er von, in, und für seinen Vater empfängt; und Jesus Christus, da er sich uns durch die Communion schenkt, theilet uns eben das Le¬ ben, welches er vom Vater empfängt, mit; also daß ein Christ nach der Communion nur durch, und in Jesu Christo lebet, kr kann da¬ mahl mit dem Apostel sprechen: Ich lebe; zwar nicht mehr ich , sondern es lebet Christus in mir; (. Gal. 2, 22.) das ist, wenn ich ver¬ lange, liebe, rede, leide, handle, thue ich al, les.dicses nur durch den Eindruck Jesu, und aus Antrieb seiner Gnade. Ach! wie ist dies Lehen Jesu Christi in dem Christen heilig und erhabenLasset uns noch deutlicher erklären, wie-Jesus Christus uns von seinem Leben in diesem Sacramente leben machet- Nach Ausle*. gung des heil. Hilarius, wird Jesus Christus durch jenen wenigen Sauerteig vorgestestt, wel¬ chen ein Weib nimmt, und ihn unter dreyMass« Mehl 44 die seinen Leib zerfleischen. Dieser unwissende und in allerhand Lastern steckende Pöbel ist je¬ ne Volksschaare, welche schreiet: Rreuzige ihn. So erneuern alle jene, die unwürdig communis circn , die Demütigungen Jesu Christi bey sei¬ nem Leiden. Nein, niemals ist Jesus Christus so sehr verachtet worden, als er bey einer un¬ würdigen Communion verachtet wird. Ach! es überfällt uns ein Schauer, wenn wir hören, daß man den Lommnnionkelch sammt den con- sekrirten Hostien gestohlen hat; wir halten so eine Handlung für einen abscheulichen Gottes- raub; man schließt die Thore, wo dies Laster begangen wurde; man getrauet sich nicht, sich hin zu nahen, bis man eine Art der Aussöhnunz vorgenommen, und gleichsam eine öffentliche Abbitte gcthan hat. Da Heliovor den Schah des Tempels zu rauben gesandt wurde, war das Volk in einer entsetzlichen Bestürzung. Und bey diesen gottesränberischen Communionen, was sehen wir, als einen Haufen Räuber, die den Leib Jesu, diesen Schatz der Kirche, dcr ihnen nicht zugehöret, davon tragen? Man sollte wenigstens so viel Traurigkeit und Schwerz von sich blicken lassen, als es die Juden ta¬ ten, da sie sahen, waS Heliodor zu thun im Begriffe war- Was würden wir denken, oder wie würde es uns zu Muthe seyn, wenn man uns jetzt gleich sagte, ein Priester habe die von ihm consekrirten Hostien den Hunden vorge¬ worfen? Und geschieht dieses nicht durch teS- 4o§ tesräuberische Communionen? Was sind die, fenigen, die sich dem heil. Altäre unwürdig nä¬ hern, als Hunde, welche in eben die Sünden zurück fallen, die sie in dem Beichtstühle aus- gespieen hatten ? küsset uns hieraus begreifen, wie unwürdig man Iesum Christum in diesem Saeramente behandle, wie ungeheuer groß die¬ se Sünde ftn; weil nichts mehr von dem we¬ nigen Glauben, den man von diesem Sakra¬ mente hat, als diese muthwillige Verachtung zeuget. Wie soll uns bey so schrecklichen Ent¬ heiligungen zu Wutheseyn, uns, denen Gott Ehrfurcht und Lieb« gegen dieses Gcheimniß tingcflößet hat? Wie groß soll nicht unser Schmerz seyn? Lasset es uns von Mathatias lernen, da er alle Ausschweifungen sah, wel¬ che die Heyden in der heil- Stadt und in dem Tempel begingen: Unser Leiligthum, rufte er auf, unsere Schönheit, unsere Herrlichkeit ist zerstöret, und von den 6eyden verunreiniget, was soll uns denn hinfür bas Leben nützen? Da zerriß Mathatias seine Rleider, er und seine Söhne, und deckten fich mit härenen Rleidern , und weineten sehr, (2. Machab. 2, i«. iz. 14.) Jesus Christus im Altarssaera- mcnte ist alles, was wir in der Religion heili¬ ges , schönes und erhabenes nur denken kön¬ nen ; und dies Gehcimniß selbst wird von Chri¬ sten entheiliget, die weit schuldiger sind, als die Heyden, die- den Tempel Salomons ver¬ unreinigten. Welch rin Laster! Aber auch wie- groß ist nicht unsere Unempfindlichkeit, indem wir einer so unwürdigen Behandlung Jesu Chri¬ sti kaltblütigzuschauen.' Wie ungeheuer groß die Sünde einer unwür¬ digen Communion sey, zeiget sich auch aus die¬ sem, was der Apostel sagt, daß jener, der das Brod des Lebens unwürdig ißt, stch das Ge¬ richt hinein esse; ( i. Kor. n,2y.*) das heißt, daß er sich durch diesen Gottcsraub die ewige Verdammnis verdiene; und nur die unend¬ liche Barmherzigkeit Gottes hält noch den Streich auf. Er ißt sich seine eigene Verdamm¬ nis hinein, weil er eben denjenigen mit Ver¬ achtung ißr, der ihn richten wird. Er ißt sich die Ursache seiner Verdammniß hinein, weil die ölebe Jesu Christi in diesem Sacramcntt der Grund scyn wird, nach welchem die Sün¬ der und Schänder seines Leibes werden gerich¬ tet und verdammet werden, wenn sie ohne Buße sterben, und durch einen heftigen Schmer¬ zen und häufige Thräneu das Urtheil nicht aus¬ löschen , das sie verschlungen rmd gleichsam ein¬ verleibet haben; allo daß sie an eben dem Al¬ täre, wo das Versöhnungsopfer geschlachtet wird, und sie das Leben hätten finden sollen, weiter nichts als den Tod und die Derdamm- niß finden. Wegen diesen Entheiligungen, sagt der Apostel, find so viele Schwache, und Rran« ke, und schlafen, oder sterben, so viele, ( Ebend. i, Zv.) Ein Glück noch für sie, wenn ^Gott sie nur körperlich und sichtbarkch strafet. Es gibt aber unsichtbare Strafen, welche weit schrecklicher sind; die Verlassung Gottes, die Unempfindlichkeit des Heils, die Verstockung, der Tod in der Sünde, sind oft die Strafen unwürdiger Communionen. Warum, glauben wir, sind so viele vormahls katholische Reiche und Provinzen jetzt von Ungläubigen bewohnet, die Gotteshäuser in Moscheen oder Betbhäu- ser der Irrgläubigen verändert, weil die heil. Geheimniße darin» entheiliget wurden. Lasset uns eben dieses Unheil befürchten, da wir eben diese Laster in dein heil. Orte wahr- nebmen. Es wird uns der Glaube benommen werden, weil wir den gehörigen Gebrauch da» von nicht machen, besonders in Ansehung die¬ ses Saeramentes- Erhebung des GeM'Lthes zu Jesu Christo, unserm Brode. Mein Heiland Jesus Christus ! ich bethe dich an als das lebendige Brod, und als die Spei¬ se aller erschaffenen Geister. Von dir, als Wort, als Sohne Gottes, als Wahrheit, als Leben und Licht nähren sich die Engel im Himmel, indem sie dich betrachten und lieben. Du stie¬ gest auf Erden herab, und wurdest Mensch, um das Brod unserer Seelen zu seyn. Welche Güte! welche Liebe! Du begnügest dich nicht, uns das Seyn und Leben zu geben, und durch Eingießung deiner Gnade uns zu neuen Geschö¬ pfen 408 HHHHH pfen zu machen; du willst UNS auch von tir nähren, um dieses neue Wesen und Leben, dar du uns gabst, zu erhalten und zu stärken. W werde ich aber dieses Brod essen? Rühmlich, indem ich an dich glaube und dich liebe. Durch den Glauben wohnest du in unfern Herzen. Durch die Liebe bleibst du in uns. Indem ich mit lebendigen Glauben deine Gehrimniße be¬ trachte, kann ich mich davon nähren. Dein gött¬ liches Wort ist das Brod, das deine Wahr¬ heit , deinen Geist und deine Verdienste in mei, ne Seele trägt. Allein, o mein göttlicher Je¬ su , du willst mich nicht nur auf diese verschie¬ dene Arten nähren. Du hast noch rin wunder¬ bares, und deiner Liebe würdigeres Mittel gt- funden, indem du das AltarSsacrament einae- sctzct hast. In diesem Gcheimniße gibst du uns dein Fleisch, dein Blut, und deine Gottheit unter den Gestaltendes Brodcszu essen. Oan- bethungswürdiges Brod ! welches den einigen Sohn des Vaters, das Bild seines Wesens, denjenigen enthält, durch welchen alles gemacht Ist, in welchem alles bestehet, in welchem cs dem Vater gefallen hat, daß alle Fülle wohnen sollte; die Fülle der Gnade, der Wahrheit, der Herrlichkeit und Gottheit. O lebendiges Brod! welches den Grund aller Heiligkeit, alle Geheimniße des Lrbes Jesu Christi in sich ein¬ schließet; in welchem alle Vorbilder vervollkom- menet und erfüllet sind; ein Sakrament, wo sich der Mensch von Gott, seinem Schöpfer und SED 4°9 und Erlöser nähret! Wie unglückselig war ich, o mein Gott, da ich mich von dir trennte, und von deinem heiligen Hause, wo ich Güter im Ucberfluße hatte, mich entfernte'. Ich ging in ein fremdes Land; ich gerieth in äußerste Ar- muth und Müheseligkeit; ich nährte mich wei¬ ter mit nichts , als mit Schweinfutter, welches meinen Hunger nicht stillte, sondern vergrö¬ ßerte. Diese vergänglichen Güter und laster¬ haften Wollüste, die der Teufel und die Welt ihren Liebhabern und Sclaven verschaffen, find nichts anders, als vergiftete Speisen, welche die Seele nicht sättigen, sondern tödten- Nur bey deiner Tafel, o mein göttlicher Vater, fin¬ det man das gesunde, feste Brod, das den Geist und das Herz zu erfüllen fähig ist. Hier findet man das Korn der Auserwählten, den geheilig, ten Wein, der die Jungfrauen, die reinen und unschuldigen Seelen, an Tugenden und guten Werken fruchtbar machet. Mein Herz ist abge- zehret, und in die äußerste Ohnmacht verfallen, weil ich mich davon zu nähren bernachläßiget habe. Aber, aus einer noch schrecklicheren Ver¬ blendung , genoß ich dieses anbethungswürdige Lrod, da ich noch in der Liebe irdischer Dinge versenket war, ohne das hochzeitliche Kleid zn tragen, und ohne eine lange Reihe von Lastern durch lange, mühesame und meinen Ausschwei¬ fungen angemcßene Bußwerke grtilget zu haben. Ich aß dies Brod des Lebens, ohne das Le¬ ben verändert zu haben; und anstatt dabey das Le- Leben zu finden, fand ich weiter nichts, als «inen schreckbaren Tod. Laß nicht zu, Herr, daß mich in der Folge ein ähnliches Unheil treß fe; und thue mir die Gnade, daß ich die Enl Heiligung deines Fleisches, und Blutes und del, ner Gottheit lebenslänglich beweine. Du rufest uns zu, daß heil. Dinge nur für Heilige, und nicht für Hunde seyn- Schenke mir diese Heiligkeit; reinige meine Seele, und bekleide sie mit deinen Verdiensten und Tugen, den; mache, daß ich immer zu dieser göttlichen Tafel ein zerknirschtes und demüthiges Httj, würdige Früchte der Buße, eine feste Hoffnung und eine brennende Liebe zu dir, o mein göttli¬ cher Jesu! bringe. Durchdringe meinen Verstand, und mein Herz durch die Größe und Heiligkeit dieses Geheimnißes; und wenn du mich HE zubereitet hast, dann komme, Herr Jesu, und drücke in meine Seele alle Kennzeichen deines Lebens ein ; bringe alle jene Wirkungen hervtt, die du in wohl zubereitetcn Herzen hervor brin¬ gest ; möchte dein Geist meinen Geist heilige"- dein Herz das meinige reinigen; möchtest duniir dein Leben mittheilen, wie du von dem Leben deines Vaters Theil nimmst; möchtest du in mir bleiben, und ich in dir, auf daß ich mit dir Ei' nes sey , wie du mit deinem Vater Eines bist; möchte mich deine Gottheit in dich umstalte»' möchte sich die Heiligkeit und Reinigkeit deines anbethungswürdigen Leibes an allen meinen Ginnen wirksam zeigen. Glückselig jene Seelen, wel- § welche allem, was der Welt ist, abgestorben, heil g genug leben, um sich oft diesem Sacra- me ite nähern zu können;'welche, immer nach diese n göttlichen Brode hungrig, keine größere Qual fühlen, als dessen beraubet zu werden. Du bist, o göttlicher Jesu, in diesem Sakramente der ganze Trost dieser getreuen Seelen. Indem sie sich dir nähern, erholen sie sich von ihrem Zagen ; mit dir trösten sie sich in ihren Widerwärtigkeiten ! bey dir wird ihnen dieses sterbliche Leben zuwider, das Kreuz gefällt ihnen; mit dir streiten sie , und siegen über ihre Feinde, verachten die Welt und ihre falschen Wollüste, mit dir sterben sie freudig, und erscheinen vertrauensvoll vor dei¬ nem Nichtcrstuhle. Durch die Kraft deines Lei¬ bes, wie einer deiner Heiligen sagt, sind wir kein Staub und Erde mehr, keine Sclaven, sondern Freye; dieses Brod gibt uns die Hoff¬ nung, einst in den Himmel einzugchcn, und al¬ ler Güter,die dort sind, zu genießen. Amen. Zwey und zwanzigstes Hauptstück. Von Jesu Lhristo, dem Lichte der Menschen. Jesus Christus, als Sohn Gottes, als Wort, als die wesentliche Weisheit des Daters und der Glanz seiner Herrlichkeit, ist das ewi¬ ge und w sentltche Licht, welches alle Nen- ichen erleuchtet, die auf diese Welt kommen; (3o). 4'r (Joh. r, 9.) indem kein erschaffener Geist im Stande ist zu denken, zu urtheilen, das Wah¬ re vom Falschen, das Gute vom Dösen zu un¬ terscheiden, als durch das Licht, welches ih¬ nen durch dieses ewige, unveränderliche und allen Geistern gegenwärtige Licht m'tgethcilct wird: und dieses ist er, als Gott. Er ist auch das Licht der Menschen, als Mensch geworde¬ ner Sohn Gottes, indem er von seinem Va¬ ter gesandt wurde, uns zu erleuchten, und aus -em Stande der Finsterniß, wohin uns die Sünde gestürtzt hatte, heraus zu ziehen- V°c der Ankunft Jesu Christi, da die Menschen von Gott durch die Sünde entfernet waren, lebten sie, wie in einer dunkeln Nacht. Ehe Gott das körperliche Licht schuf, war die Welt wie ein großer leerer Raum, und Finsterniße deckten die ganze Oberfläche des großen Abgrundes- Kauin hatte aber Gott gesprochen: E« werde Licht, so sah man die verschiedene» Gegenstan' de, die in diesem ungeheueren Klumpen waren, und die man vorher nicht unterscheiden komi¬ te; man kannte die Schönheit, die Ordnung, die Größe, die Verschiedenheit und Pracht d" Schöpfung. Dies war der Zustand der Welt vor der An¬ kunft Jesu Christi; alles war in der Derwic- rung. Man kannte das Gute und Döse nur Unvollkommen, und wußte nicht, wie man von allem, was auf der Welt war, urtheilen soll' tS, Allein, Jesus Christus erschien; diese Son¬ ne ne der Gerechtigkeit ging auf, und die Finster- niste wurden zerstreuet. Das Volk, das in der 5mst,rniß saß, hat ein großes Licht gesehen, und denen, die im Lande und Schatten des Todes saßen, ist ein Licht aufgegangen, (Matth. 4, i6.) Alsdann kannten und sahen sie, was ihnen vorher verborgen war. Es ist keine Wahr¬ heit iA Evangelium mehr gegründet, als die¬ se; Jesus Christus hat sie uns selbst getehrek. Ich bin, sagt er, da» Licht der Welt; der mir nachfslget, wandelt nicht in Finsternissen; soni, rn er wird da« Licht -es Lebens haben, (Joh. 8 , I2-) So lange ich auf der Wels bin, bin ich das Licht der Welt, (Joh. y, 5.) Jesus Christus ist das Licht der Menschen, >. weil er den Verstand erleuchtet; ihm zu er¬ kennen gibt, was er thun, oder unterlassen soll. 2. Er ist das Licht durch den Glauben: Glaubet, sagt er, an das Licht, auf daß ihr Rinder des Lichtes seyd, (Joh. io, Z6.) Der Glaube ist das große Mittel, dessen sich Gott bedienet, das Licht in unsere Herzen hinein zu bringen- Unsere Seele ist nach der Sünde wie eine fast ausgelöschte Lampe, welche durch das ewige Licht mittels des Glaubens wieder ent¬ zündet wird. z. Jesus Christus ist das Licht durch sein Wort, welches unfern Füßen, wie eine Fackel, vorleuchtet, wie der Prophet sagt. (Ps. H8.4 ) Er erleuchtet uns durch die Bey» spiele, die er uns von seinem ganz heiligen Leben hinterlassen hat, welches das Muster ist, dem 4t4 HASH dem wir folgen müssen, um uns nicht zu ver¬ irren. Er erleuchtet uns durch das Leben so vie¬ ler Christen, derer Lugenden und gute Werke wie Lichtstralen sind, die von Jesu Christo, der in ihnen wohnet, ausgehcn. Ist es möglich, daß wir immer die Augen vor so häufigem Lich¬ te zuschließen, das uns beleuchkit, um «ns jum Leben zu führen, und daß wir siedrmJrr- thunir und der Blendung öffnen, um auf dem Wege der Bosheit zu wandeln, der zum Torr und zu ewigen Finsternißen führet? Um diesm Unheile auszuweichcn, lasset uns in tieft« Hauptstücke betrachten: r. Welche dieVotthel- le sind, die uns dieses göttliche Licht verschalt, r. Was wir diesem göttlichen Lichte schuldig sind. z. Welche jene sind, die ihm nicht folgen 4. Welche die leidigen Folgen der Finstenuß sind, in welcher die Sünder leben', die dftD Lichte nicht folgen. Welche sind die Vortheile, die uns Jesus Christus, als Licht, verschaffet? 2l. Dieses Licht verschaffet uns sehr wichtig Dortheile. 1. Indem Gott eine neue Welt, eine neue Erde, einen neuen Himmel erschuft^ wollte, zog er die Menschen aus dem Nichts der Sünde, um eine geistliche Weit daraus j» bilden; und er gab dieser geistlichen Welt,^ der irdischen, eine Sonne, welche den Ver¬ stand erleuchtete, wie die materialsche Eoni" unfern Körper beleuchtet. Jesus Christus istdst- sie Sonne der Gerechtigkeit: bey dem Scl-e-ne die- 4l5 dieses Lichtes kennen die Menschen Wahrheiten, welche bis dahin verborgen und unbekannt wa¬ ren ; zum Beispiele, die Macht und Hcrriich- keit des höchsten Wesens, die großen Aussich¬ ten der künftigen Welt; die Pflichten des Men¬ schen gegen Gott und den Nächsten, das Nichts und die Schalkheit der Welt, die Verderbtheit des menschlichen Herzens, die Nothwendigkest und die Wirkungen der Gnade des Erlösers. Dieses Licht zeiget uns die Wahrheitzoder Falsch¬ heit aller dex verschiedenen Gegenstände, die sich unfern Augen darstcllcn, und der Gegenstand unserer Liebe und Begierlichkeit seyn können. Dieses Licht läßt uns die Dinge sehen, so wie sie sind, und wie wir davon urtheilen sollen. 2. Es läßt uns die Größe und Heiligkeit Gottes, das Nichts, und die Müheseligkeit des Menschen kennen: die Größe Gottes, in. dem es uns seine Macht in alle» seinen Wer¬ ken offenbaret, in der Erschaffung der Welt, in der Erhaltung aller Wesen , in der Leitung und Beschützung seines Volkes, in de» schreck¬ lichen Strafen, die er über seine Feinde aus- geübet hat, und in dem großen Werke der Er¬ lösung der Menschen: seine Heiligkeit, durch den unendlichen Haß, den er wider die Sünde trägt, durch die Reinlgkeit, die man haben muß, um sich ihm zu nähern. Es läßt uns das Nicht- und die Müheseligkeit des Menschen kennen, indem es uns seine Vcvdecbtheit, dieNothwen- d'gkeit der Gnade des Erlösers, den Hang zum BS. 4l6 Bösen, die innert Widersetzlichkeit wider die nothwendigen Tugenden, und die Ohnmacht entdeckt, von sich selbst das zu kennen undj» thun, wozu er verpflichtet ist. z. Dieses Licht läßt uns die Erhabenheit der ewigen Gäter, ihre Dauer, ihre Fähigkeit,das Herz des Menschen ju erfüllen und ihm genug zu thun, und die Niedrigkeit, das Leere und die Schwäche aller zeitlichen Güter einschen;cs lehret uns baß wir weiter nichts, alsdieewff gen Uebel fürchten, nnd die ewigen Güter lie den sollen. 4. Es entdeckt uns die Falschheit der Wol¬ lüste und aller Ergötzlichkeiten der Welt, und die Gründlichkeit des Vergn ügens und der-Sü¬ ßigkeiten, die man im Dienste Gottes findet, und derjenigen, die man hoffet, im Himmel zu besitzen. 5. Dieses göttliche Licht zeigt uns die Schäd¬ lichkeiten und ungeheure Größe der Sünde; die Schönheit und das sanfte Wesen der Tugend; was den Menschen glücklich oder unglücklich machen kann; die Gefahren des Wohlergehens, des Ueberflußes und der zeitlichen Würden; die Dortheile der Widerwärtigkeit, derBetrübnW her Armuth, und eines niedrigen und verbot genen Standes. 6. Dieses Licht entdeckt uns unsere Pflich"" gegen Gott, gegen uns selbst und gegen den Nächsten; es erleuchtet jeden aus uns in »n-- serm Stande und Berufe- Die Könige die es be- - 4'7 beschauen, erkennen daraus, daß sie ihr An¬ sehen und ihre Hochheit nur zur Ausbreitung des Reiches Jesu Christi und zur Zerstörung des Reiches der Hölle anwenden müssen. Es ent¬ deckt den Fürsten, Richtern und Herrschaften, was sie für den Frieden, die allgemeine Ruhe, und für die Dertheidigung des Gerechten und Unschuldigen wider die Drückung ihre Feinde zu thun haben; den Bifchöffen und Hirten, was immer ihre Dienste betrifft, um sie so zu entrichten, daß sie Gottes, dessen Diener sie sind, würdig werden; den Aeltern und Kin¬ dern, den Herren und Dienern, und allen Menschen, die sich ihm nähern, zeigt es den ganzen Umfang ihrer Pflichten. Obschon diese Sonne der Gerechtigkeit gekommen ist, alle Menschen zu erleuchten, werden doch nicht al¬ le von ihrem Lichte erleuchtet, weil sie es flie¬ hen , an ihren Finsternißen ein Gefallen tragen, und selbe der Erkenntniß der Wahrheit vorzie¬ hen. Dies ist die Quelle unserer Jrrthümec und Ausschweifungen. Wir prüfen die Dinge nicht bey dem Lichte dieser eingefleischten Son¬ ne ; wir urtheilen gemeiniglich nach unfern Lei¬ denschaften. Wenn ihnen diese Gegenstände schmeicheln, heißen wir sie gut; wenn sie ih¬ nen zuwider sind, verwerfen wir sie- Die Ei« genliebe, dieser blinde Richter, entscheidet. Wir urtheilen fast über alles nur nach gewißen Vor» urtheilen der Jugend, oder nach dem Gebrau» che.der Welt und ihrer Art zu schließen und zu D d han- 418 ' ESH handeln. Elende Richter! Und waS für Urtei¬ le können sie über alles was wir sehen, wohl fällen ? Lasset uns von ihrem Spruch auf einen höhern Richter berufen, der geschickter iß, uns unserer Irrthümer zu überführen, und unsere Finsterniße zu vertreiben. Ist es ein Wunder, daß wir Ulis verirren, indemwirdie» sen blinden Führern folgen, und daß wir von Dingen weiter nichts als falsche Begriffe ha, den? Wir nennen das Böse gut, und das Gute bös. (Esai. 20.) Wir heißen dieM' sterniß kicht, und das Licht Finsterniß, und machen uns des Gottes Fluches über ungerech' te Richter schuldig. Man muß sich bcy diesem göttlichen Lichte, welches das Herz und den Verstand desjenigen erleuchtet, der es liebt und sucht, ohne Unterlaß berathschlagen. Was sind alle Geschöpfe, woraus diese M gchrure Welt bestehet, wenn man sie bei) dem Lichte Zefu betrachtet? Sie sind das Werk des Allmächtigen, berste aus dem Nichts zog,um seine Majestät bewundern zu machen; sie be¬ stehen nur zur Bildung des großen geistlichen Leibes Jesu und aller Glieder, woraus «r be¬ stehet, das ihrige beyjntragen. Dieses Licht läßt uns einsehen, baß sie alle sämmtlich Gott weniger als ein Sandkörnlein sind; daß sie fast ein Nichts sind; daß sie zum Gebra^ che des Menschen seyn, der sich ihrer, nicht jur Sättigung seiner unordentlichen Begierden, sondern nur zu seiner Bedürfniß bedienen kann; daß - 4l) daß sie nicht sein letztes Ziel, sondern nur Mit¬ tel seyn können, um zu Gott, zu gelangen. Dieses kicht entdeckt uns, daß diese Welt nicht gemacht ist, um der ewige Aufenthalt des Menschen zu seyn; daß er hier ein Fremdling und Wanderer ist , der ohne Unterlaß dem Him¬ mel zugehen muß. Es läßt uns wissen, daß al, le Schönheiten, welche im Himmel, in dem Gestirne und allen übrigen Geschöpfen der Welt angrtroffen werden, weiter nichts als rohe Bilder sind, in welchen Gott sich selbst abbil¬ den, und uns durch alles, was wir sehen, unterrichten wollte; weil diese sichtbare Welt nur ein Bild der geistlichen Welt ist. Dieses Licht lehret uns , daß wir wie die Himmel über all« irdische Dinge erhaben, und wie die Sterne seyn müssen, welche mitten in einer dunkeln Nacht schimmern; daß wir auf dem Wege, den uns die Vorsicht gezeichnet hat, getreu fortgehen, und auf dem Platze, wo sie uns hingestellt hat, bleiben sollen; daß wir der Acker seyn müssenden Gott pfleget; das Ge¬ bäude, das er aufführet; der Tempel, wo er wohnen will; Bäume, welche gute Früch¬ te tragen; Reben, welche Jesu Christo, dem Weinstocke, anhangen müssen. Das Meer mah¬ let uns bald die Größe Gottes und die Wel¬ len seines Zornes, bald diese Welt, wie sie durch verschiedene Versuchungen, als durch ebenso viele Stürme, in Bewegung gesetzt wird. Die Flüße und Bäche, welche dcm gro- D d s ßen ßen Abgrunde des Weltmeers zerfließen, stellen uns vor, daß alles vergehet, und sich in die Ewigkeit verlieret. Die Felsen werfen uns un¬ sere Härte und Unempfindlichkeit vor-Die Wü> sien und öden Gefilde erinneren uns ,'was eine Seele sey, welche durch den Gnadcnregen nicht befeuchtet wird, re. Alle Geschöpfe habe» eine Sprache, und alle sagen uns etwas zu unserm Unterrichte. Dieses göttliche Licht beweiset uns daß alle Geschöpfe weiter nichts , als Werkzeu¬ ge entweder seiner Gerechtigkeit oder seiner Barmherzigkeit seyn: er brauchet sie alle jur Ausführung seiner Absichten. Die Blitze und Donner, die Winde und Stürme müssen uns seine allmächtige Gerechtigkeit fürchten und ver¬ ehren machen: sie müssen uns die Erinnerung des jüngsten Tages, und die Art, wie das al¬ te Gesetz verkündet wurde, in das Gedachtniß zurück rufen. Alle Jahrszeiten reden uns vo" Gott. Die ganze Natur, die den Winter fast todt zu seyn scheint, stellet uns die Gerechten vor, die während des Lebens nicht sehen lassen, was sie sind; deren Schönheiten aber der Tag der Auferstehung, als rin Frühling, entdecken wird- Die Schnitt-und Erntezeit saget uns daß wir weiter nichts einsammeln werden, als was wir ausgesäet haben; haben wir Fleische ausgesäet, so werden wir Fäulniß »nd Schande einernten: haben wir aber im Geiste ausgesäet, so werden wir unverwesliche Herr« iichkeit einernten. Der Krieg und der Friede, «KAM 42i die Theurung und der Ueberfluß sind für uns Quellen des Unterrichtes- Wir lernen daraus, daß unserm Gott alles diene-, entweder die Menschen zu strafen, oder ihnen Gutes zu thun. Die Kriegsheere sind seine Kriegsheere; er ist ihr Gott; er schenkt den Sieg, wem es ihm ge¬ fällt- Allenthalben offenbaret er entweder seine Gerechtigkeit oder seine Barmherzigkeit- Kein Ding ist so klein, das uns nicht unterrichtete. Das Licht und die Finsterniße, die Läge und die Nächte stellen uns vor, was wir im Stan¬ de der Gnade, oder der Sünde sind. Dieses Licht zeiget uns, daß Gott überall ist; überall wir¬ ket; durch die Geschöpfe, die er erhält/ alles thut, was er will, im Himmel und auf Erden. Was ist ein Mensch, der im Staate oder in der Kirche eine hohe Würde bekleidet / wenn man ihn nach dem Lichte Jesu Christi betrachtet? Er ist ein Mensch, dem Gott selbst sein Ansehen und seine Macht leihet, auf daß er sie nach der gött¬ lichen Absicht anwende; nicht aber daß er sei¬ nem Hochmuth, seinem Stolz und den Begierden seines Herzens genug thue. Er ist ein Mensch der großen Gefahren des Heils, und Versu¬ chungen , denen man hart widerstehet, ausge- fttztist. Was ist ein Armer, und einer, der von ei¬ nem hohen Posten herab gesunken ist, nach dem Lichte Jesu Christi. ? Dieses göttliche Licht läßt uns wissen, daß ein Armer weniger Hinderni- ße zur Seligkeit habe, als ein Reicher; daß er mehr g 422 HAAK mehr aufgelegt sey, die Wahrheiten des Evan, geliums anzunehmen, und Jesu Christo mehr gleichförmig; daß er weniger Mittel habe, sei¬ nen Leidenschaften nachzuhängen; daß sein Le¬ ben ein Leben des Kreuze-, der Arbeit, btt Buße, kurz ein solches sey, wie es uns das Evangelium vorschreibt. Was sind alle Hochheiten, alle Eitelkeiten und Wollüste der Welt nach diesem Lichte? Tin Traum, ein Rauch, ein Schatten, ein falscher Schimmer, eine welke Blume, die im Augen¬ blicke zu seyn aufhört. Dieses Licht entdeckt uns auch die wahre und falsche Tugend; es zeigt uns, daß es kei¬ ne feste und wahre Tugend gebe, als jene, welche den Glauben an Jesum und die Liebe zum Grunde hat; daß nicht alles, was Tugend zu seyn scheint, auch Tugend sey; daß jenes, was man für Demuth und Eingezogenheit M, oft weiter nichts als verkappter Stolz ober Heucheley sey; daß jenes, was man Sanft- muth und Geduld nennt, oft nur die Wirkung des Temperaments sey; daß jenes, was v." den Menschen groß zu seyn scheint, vor Gott zuweilen nichts als ein Greuel sey. L. Was sind wir Jesu Christo als unsrem Lichte schuldig ? A Nachdem wir das Glück haben, Jrsu Christo zuzugehären , müssen wir ihm r- getreu folgen, und nach ihm als dem lebendigen und ewigen Lichte, das uns zur Quelle des Lichtes füh- EHH 42I führet, einher gehen: denn es ist nicht genug, erleuchtet, zu seyn ; man muß im Lichte wan¬ deln. Dieses lehret uns der Heil. Jvh.: Mas wir euch lehren, ist, daß Gott das Licht selbst ist, und daß in ihm keine Zinsterniß ist: also daß, wenn wir sagen, daß wir mit ihm Gemeinschaft haben, und doch in zinsternißen wandeln, wir lügen, und nicht nach der Wahr¬ heit thun. wenn wir aber im Lichte wandeln, wie er selbst im Lichte ist, stehen wir in einer Gemeinschaft mit einander, (i. Joh. 1,6. 7.) Dieses Licht, dem wir, wie der heil- Joh. will, folgen sollen, ist nichts anders, als die Wahrheit Gottes, seine Heiligkeit, seine Gerechtigkeit, sein ewiges Gesetz, seine Barmherzigkeit, sein ewiges Wort; Gott selbst, in dem wir durch die Liebe leben, und in dem wir alle Dinge so schauen müssen , wie er sie selbst in seinem eigenen Lich¬ te sieht- Nach dem Scheine dieses Lichtes müs¬ sen wir wandeln, um mit Gott Gesellschaft zu haben, nach dem Glauben leben, nns wie die Kinder des Lichtes betragen , welche nicht Wer¬ ke der Ainsterniße thun, sondern in allem Gu¬ tem, dem Herrn dienen. Diese Tugenden zie¬ hen uns in die Gemeinschaft mit Gott dem ewigen Lichte, und vereinigen uns mit Jesu Christo, durch welchen uns der Vater seine Gaben mittheilet- 2. Was wir Jesu Christo unserm Lichte noch schuldig sind, bestehet in dem, daß, weil wir Binder des Tages und nicht der Nacht find / wir 4-4 HAM wir nicht schlafen dürfe»/ wie jene, welche« das Evangelium nicht leuchtet; fordern wa¬ chen, und uns von der geistlichen Trunkenheit Hütten müssen: Denn, sagt der große Apostel, welche schlafen, schlafen des Nachts; und welche trunken find, die sind-es Nachts trun¬ ken, (i. Thessal. 5,5. 6. 7.) Dieser Schlaf ist lasterhaft, weil er i» einer tiefen Vergeß n- heit Gottes, seines Gesetzes, seiner Wohltha» then, seiner Verheißungen, seiner Drohungen, und in einer äußersten Trägheit, oder in du Dernachläßigung seiner Pflichten bestehet, die man nicht erfüllen kann, wenn man ein weich' liches Leben führet und sich nicht große Ge¬ walt anthut. Die geistliche Trunkenheit ist nicht weniger lasterhaft, weil sie von der, zu großen Anhänglichkeit an die irdischen Dinge, an die Güter, Wollüste und Hohheiten der Welt her¬ kommt, derer man sich übermäßig und mit Aus¬ schweifung gebrauchet ; eine Anhänglichkeit und Ausschweifung, welche den Glauben und das Licht der Gnade auslöschet; eine Ausschweifung die dem christlichen Leben, welches hauptsäch¬ lich in dem nüchtern Gebrauch der Geschöpft bestehet, gänzlich zuwider ist; eine Ausschwei¬ fung endlich, welche uns Gott und uns"* Pflichten vergeßen macht. Wir, die wir Kind" des Tages sind, hüten wir uns von diesem Schlummer und dieser Trunkenheit; lasset un» mir den Waffen.des Lichtes, mit dem Panzer des^ Glaubens und der Liebe angethan sepn, .und und mit dem ^elm der Hoffnung auf die Se¬ ligkeit, (i. Thcssal. 5, 8-) Der Glaube wird unS das Blendwerk der gegenwärtigen Güter und die Dauerhaftigkeit der zukünftigen ent¬ decken; die dcmüthige Hoffnung wird machen, daß wir die ewigen Gäter erwarten; und die Liebe, daß wir sic verdienen, und zum Besitz derselben gelangen Nichts ist auffallender, als noch schlafende Christen zu sehen, nachdem Jesus Christus, die Sonne der Gerechtigkeit, auf Erde erschie» neu, und das Licht des Evangeliums fast in der ganzen Welt verbreitet ist. Man sieht noch eine große Menße, welche in tiefem Schlafe vergraben sind; derer Leben in angenehmen Träumen vergehet, während welcher sie glau¬ ben reich und mächtig zu seyn, und die Lu¬ genden und Wahrheiten des Evangeliums wei¬ ter für nichts halten, als für Gespenster die sie erschrecken. Lasset uns aufwachcn, da wir noch bey Leben sind, und die Sonne noch über uns leuchtet Lasset uns damit nicht bis zur Stunde unsers Todes warten, da sich die Son' ne für uns verfinstern, und der Mond sein Licht nicht mehr geben wird. Lasset uns hären- was uns der Herr zuruft: Stehe auf, Jerusa¬ lem, und werde erleuchtet, (Esai. 6o, l.) Erhebe dich, christliche Seele, von diesem Todt- bette, wo du in den Fiusternißen, die du lie« bcst, ruhig schläfst; nimm dieses göttliche Licht folge ihm, und cs wird dich vor Gott und den 426 HASH den Heiligen schimmern machen. Jesus Chri¬ stus, -ein Licht, kam auf die Welt, und er kömmt noch zu dir, dich zu erleuchten. Die Herrlichkeit des Herrn ist über dich bey diner Taufe, wo du mit seiner Gnade bekleidet wur¬ dest, aufgegangen, und eben diese Gnade wird dich ferner verherrlichen, indem sie dich aus der Schande der Sünde heraus ziehet. Finster-' niße werden die Erde bedecken, und dunste Nacht wird die Völker umhühlen. Diese Mist für so viele Völker, welche Jesum nicht kennen, schon gekommen; sie wird aber auf eine noch schrecklichere Weise an der Stunde deS Todes kommen , wo jene, welche Christo nicht werden nachgefolget scyn, und ihr Herz vor seine« Lichte werden verschlossen haben, in die ewige Finsterniße eingehen werden. Wie unglücklich und undankbar wären wir, wenn wir, misten tn der Kirche, mit dem göttlichen Lichte aus allen Seite» umgeben, vor demselben die Au¬ gen zuschlöffen, um es nicht zu sehen; wenn wir die Finsterniß mehr als das Licht liebsten, und, anstatt demselben zu folqen, uns Schein entzögen, um uns in der Dunkelheit un¬ serer Laster und Leidenschaften zu verbergen. 5. Welche sind jene, die dem Lichte nicht folgen, und in Finsternißen sind? Und gibt es derer viele ? A. Die Zahl derjenigen, welche in Finsterni- ß^ stirbt; und eine Menge andere Unheile, welche auf die Schändung heil. Dinge folgen: derP»» ster und der Hirt gehet zu Grunde, und chet, daß auch das Volk zu Grunde gehe-M vieler Sünden Ursache ist nicht auch die llnwst' senheit der Väter und Mütter in Betreff d» Pflichten ihres Standes? Daher sind die Kin- der unwissend, lasterhaft, und den Leidensb ten Preis gegeben; die Dienstbothen Flucher, ^' bertteter der heil. Gebothe Jesu und st'«" 4Z3 Kirche. Welche Laster ziehen nicht auch die Fin- sterniße der Weltgesinnten nach sich? Die Aer- gerniße, die sie durch ihre Pracht, ihre Unein« gezogcnheit, ihre bösen Gespräche, und Bei¬ spiele geben. Es gibt Finsternis«, welche Strafe der Sün¬ de sind- Entsetzliche Strafe, welche Gott über gewiße Sünder ausübet die das Licht, das ih¬ nen Gott anträgt, nicht annehmen! Sie wol, len die Wah-heit, die sie retten könnt«, we¬ der sehen, noch erkennen: sie wollen lieber in Kinstcrmßen leben. Deswegen nimmt ihnen Gott das Licht weg. Er läßt sie in ihrer Blindheit, und gibt sie ihrer Dösen Verfassung preis, wo¬ durch es geschieht, baß sie in ein frcywilliges Unvermögen verfallen, die Wahrheit anzuneh¬ men, und von ihren Irrwegen zurück zu keh¬ ren; weil Gott ihre Augen verblendet, und ihr Zerz verhärtet hat, damit sie mit Augen nicht sehen, und mit dem Kerzen nicht ver» stehen, und sich nicht bekehren: (Joh. 12, 4c.) «ine Blindheit, welche eine Strafe der Sünde und des Widerstandes ist , den man dem gött¬ lichen Lickt entgegen gesetzt hat: eine Blindheit, die eine jede Todsünde verdienet, und jeder Sünder fürchten muß. Wenn sie Gott nicht al¬ le damit strafet, geschieht dies nur durch eine Wirkung seiner Güte und Barmherzigkeit. Die¬ se Blindheit hat verschiedene Grade; denn man 'st blind, i. wenn man die Wahrheiten, die zum Lebenswandel nothwendig sind, nicht sieht und E e nicht 4? 4 EKK nicht versieh«; s. wenn man von jenen, die man bey Gelegenheit kennet, nicht gerührtt wird; wenn man sie mit einer schrecklichen Un- empsntdlichkeitsieht und anhöret. In diesem Stan» de befand sich Pharao: er sah, was Moses ihm sagte: er schien auch sich ergeben zu wollen: sein Herz war aber verblendet und verstockt, und er ging in seiner Blindheit ju Grunde. De- müthkgen wir uns unter der allmächtigen Hand Gottes, und bethen wir die Tiefe der Urtheile an, die dem menschlichen Verstände unbegttif' lich sind. 4. Die letzte Ursache unserer Finsterniße iß der Teufel; der Apostel lehret es uns : N)enn auch unser Evanxelium verdeckt ist, sagt er, »st es denen verdeckt, welche verloren gehen; den Ungläubigen, denen der Gott dieser Aelt die Eemüther verblendet hat, damit ihm" der Glanz des herrlichen Evangelium» sti nicht einleuchte, (2. Kor. 4, Z. 4.) Teufel, dem die Weltgesinnten gehorsamen, und jene Ehre geben , dir nur dem lebendigen und wahren Gott gebühret, verblendet ihren Vck- siand, indem er die Wahrheit von ihnen ent¬ fernet , die Liebe irdischer Dinge ihnen einflö- ßkt, die Herrlichkeit, die Wollüste und Gut«: der Königreiche ihnen vorhält, auf daß sie, durch ihre» falschen Schimmer geblendet, sich allen diesen Dingen abgebcn, und ihre Augen vom währen Lichte abwenden. Der Teufel ist der'Fürst der Finsterniße; er verbreitet sie über den den Geist aller derjenigen, die seine Sklaven sind; er behandelt jene, die er besieget, wie die Philister den Samson behandelten, nachdem sie sich seiner bemächtiget hatten. Zum ersten mach¬ ten sie denselben blind, indem sie ihm die Au¬ gen ausstachen; und um seinen Schmerz noch zu vergrößern, spotteten sie seiner, und ließen ihn, wie ein Thier, ein Mühlrad treiben. Erhebung des Gemuthes AU Jesu Christs dem Lichte ber Christen. Ich bethe dich an, o Jesu als das wahre Licht der Welt, als den Glanz der Herrlichkeit deines Vaters - der du jeden Menschen, der in die Welt kömmt, erleuchtest; und als die Son¬ ne der Gerechtigkeit, der du in de'r Fülle der Zeiten erschienen bist, uns zu erleuchten. Wir lebten auf dieser Wcltwirin einer tiefen Nacht, nachdem wir uns von dir entfernet hatten. Der Jrrthum, die Unwissenheit und Blindheit war unser Theil; und in diesem traurigen Zu¬ stande, je mehr wir fortgingen, desto mehr ver¬ irrten wir uns, und sielen in neue und tiefere Abgründe. Vom falschen Schimmer gegenwär¬ tiger Dinge, oder von den Vorurkheilcn der Weltgesinnten, oder vom schwachen Lichte un¬ serer verderbten Vernunft geblendet und ver, führet, hielten wir alles, was sich unfern Sin- Ee » neu 4?6 nen darstellte, für Güter, derer Genuß uns glücklich machen sollte. Lasset uns nicht von dm Lingen nach ihrem Schein, sondern nach ihrem Wesen urtheilen. Es ist Zeit, uns von diesem tiefen Schlummer aufzumachen, und dem Glanz dieses göttlichen Lichtes, das über uns aufgegangen, und um unsere Finsterniße zu ver¬ treiben erschienen ist, zu folgen. Ich arbeitete während der Sünbennacht vergebens, weil ich nicht wußte, warum ich arbeitete; und durch eine noch größere Blindheit, wollte ich es nicht rinmahl wissen. Ich war aus der Zahl derjeni¬ gen , die du so gerecht verdammest, die die Finster- »iß mehr als das Licht lieben. Ach! es hätte mich aus meinen Zrrthümern heraus reißen, und meine Blendungen zerstreuen können, wenn sch mich ihm genähert hätte. Allein, ich Un¬ glückseliger ! ich floh es, weil ich meine Träu¬ me liebte, und das Taglicht und bas Erwa¬ chen fürchtete. Aber, Herr, du heiltest mich »en meiner Blindheit, indem du über die Augen meiner Seele wie über die Augen jenes Blind- gebornen wirktest, und mich in dem der Laufe oder der Buß«, dem wahren Brun¬ nen Siloe, wuschest. Ich bin durch deine Gun¬ de ein Kind des Tages und des Lichtes des Evangeliums geworden. Verschaffe durch deine Barmherzigkeit, daß ich nie die Werke der Au- sterniß rhue, und nie in diesen so gefährlichen Schlaf wieder verfalle, der mich durch di« Trn"- me und Blendwerke der Wollüste und der mensch¬ lichen EM 437 tichen Hochbelten so oft und so lange verfüh¬ ret hat. Möchte in der Folge dein Wort wie eine Lampe allen meinen Schritten vorleuchren; möchte der Glaube und deine Gnade die Fa¬ ckel meines Verstandes und Herzens styn. Ich fühle es, o mein anbethungswürdiger Lehrmei¬ ster, daß ich einen tiefen Grund der Unwissen¬ heit und des Zrrthumes noch in mir habe; und daß ich mich in meinen Urtheilen und Gesin¬ nungen betrügen würde, wenn mich drin Licht verläßt. Schenke mir eS immer, auf daß ich von allem, was ich sehe, von den Gütern und Uebeln von denDemüthigungen und Trö¬ stungen , von den Gesinnungen und Meinun¬ gen der Menschen, von den Grundsätzen der Weltgesinnten und der Frommen, von meinen eigenen und fremden Einsichten, von meinen Gedanken , Entschlüßen , Begierden und Hand¬ lungen nach diesem Lichte urtheile, und klar entdecke, was in allem diesem Gutes oder Bö, ses. Gefährliches oder Sicheres, Zweifelhaftes oder Gewißes, Wahres oder Falsches ist. O unveränderliches, heiliges, einer dich su¬ chenden Seele allezeit liebenswürdiges Licht! Wann wird mein Verstand, mein Herz, all mein Thun und Lassen von dir ganz durchdrun¬ gen seyn? Wann werden wir jenen Tagsehen, der das entdecken wird, was in dem Innersten aller Menschen am tiefesten verborgen ist? Wir iehen diesem Augenblicke entgegen, und ma° chen uns dazu gefaßt, indem wir wandeln, da es 4Z8 es noch Tage ist, auf baß uns die Finstern^ nicht überfalle. Wehe denjenigen, die davon überfallen werden. Das Licht, das ihnen da¬ mahl scheinen wird, wird nur dazu dienen, sie mit allen Verworfenen in die Schrecken ei¬ ner ewigen Nacht zu stürtzen; da es hingegen die Auserwählten zum Thron deiner Herrlich¬ keit führen wird, dich, o mein Gott in jenem unzugänglichen Lichte, in dem du wohnest, und das alle ihre Freude und Glückseligkeit aus« machen wird, zu betrachten. Glückselige Erde, wo keine Nacht seyn wird, und woraus die Finsierniße auf ewig verbannt seyn werden, weil das Lamm die Lampe, die sie erleuchtet, sty" wird, und wir bcy seinem Lichte in deiner Ei¬ nigkeit , o mein Gott, und in der anbethungs- würdigen Drcyfaltigkeit deiner göttlichen Per¬ sonen daö wesentliche Licht sehen werden. Amcin DreyundzwanzWs Hauptstück. von Jesu Christo, unserm Frieden. Um gut zu verstehen, wir Jesus Chri¬ stus unser Friede ist, muß man erwägen, daß der Mensch im Stande der Unschuld, wen er Gott unterworfen, und mit ihm vereiniget war, einer ungestöyrten Ruhe und Stille ge¬ noß. Er war mit Gott und mit sich selbst Frieden; und er würde es auch mit anderen Menschen gewesen sehn, wenn er in der Ge rech- 4ZV rechtigkcit, in derer erschaffen war, verblieben wäre. Kaum war er aber in die Sünde gefal¬ len, als er dieses Friedens, dessen er genoß, beraubet wurde. Er wurde der Feind seines Schöpfers. Er sah dlc Gerechtigkeit Gottes wi¬ der sich gcwaffnct. Er fühlte sich durch dieB'sse seines Gewissens , durch beständige Furcht und Schrecken, durch einen S.chwarm niederschla- gender Gedanken, durch eine Menge gegenein¬ ander streitender Bewegungen, und durch alle Leidenschaften, die ihm den Krieg ankündigten, auf allen Seiten zerrißen. Alsdann sah er den Teufel und alle Geschöpfe wider sich in Waf¬ fen ; und bald darauf erfuhr er die Spaltun' gen, Klagen und Kriege, die sich in seiner Fa¬ milie entspannen. Dies ist der Stand, in den unsere ersten Aeltern , und wir selbst durch die Sünde verfielen. Der Friede ist von uns ent¬ fernet, weil wir den Gott des Friedens belei. diget haben. Mit der Gnade verloren wir zu¬ gleich die Ruhe, und wurden Feinde Gottes. Ungeachtet aller unserer Müheseligkeiten, begeh¬ ren wir doch den Frieden; wir suchen ihn über- all, in und außer uns, in den Geschöpfen, im Besitze der Güter, im Genüße der Wollüste, re. Allein vergebens; nur in Jesu Christo kön¬ nen wir ihn finden: Er ist unser Friede, sagt der Apostel. ( Ephcs. z, 14.) Dieses werten wir in diesem Hauptstücke betrachten , wo wir sehen werden, 1. daß Jesus Christus unser Friede mir Gott sey: 2. daß er unser Friede mir un- ferm 44» HASS serm Nächsten sey: Z. Daß die Arie-e, Kla¬ gen , Gerichtshändkl, Spaltungen nur daher kommen, weil Jesus Christus nicht in uns ist: 4- daß Jesus Christus selbst unser innerlicher Friede sey, weil er unsere Frucht, unsere Un¬ ruhen und Verwirrungen stillet: 5. daß die Er¬ de nicht der Ort sey, wo wir eines vollkom¬ menen Friedens zu genießen hoffen dürfenzdaß dies nur im Himmel geschehen werde, wowc in der Vereinigung mit dem Gott des Friedens werden vervollkommenet werden: 6. werden wir sehen, es gebe einen falschen Frieden, den wir furchten sollen. §. -Wie ist Jesus unser Friede mit Gott? A. Jesus Christus ist unser Friede mit Gott auf verschiedene Art. e. Durch das Opfer sei¬ nes Fleisches und Blutes, das er am Kreuze geopfert hat. Er war das Opfer des Friedens, das den Zorn Gottes entwaffnete, und /ene §eindschaft tödtete, (Ephes. 2, 16.) die zwi¬ schen Gott und uns war. Durch dasselbe nä¬ hern wir uns Gott, nnd erhalten Vergebung unserer Sünden. Dieses Opfer verschaffet uns den Zutritt bey unserm Schöpfer, der uns zu seinen Freunden macht , indem er uns rechtfer¬ tiget; welches kein Opfer des alten Gesetzes leisten konnte, wir waren vormahl von Gott entfernet, sagt der Apostel, und nach unserer Gestnnunz in bösen Werken seine Heinde: aber jetzt hat uns Jesus Christus in dem Leibe setz nes Fleisches durch den Tod versöhnet, um uns 44» un« heilig, unbefleckt und unsträflich vor ihm selbst Harzustellen, (Koloss, i,ar- )Aus einem Uebermaße der Liebe hat er sich dem Zorn sei¬ nes Vaters ausgesetzt. Die Züchtigung, die uns -en Frieden verschaffen sollte, war über ihn, und wir find durch seine Wunden geheilet wor¬ den , (Esai. ZI,;.) 2. Jesus Christus ist unser Friede mit Gott mittels aller seiner Geheimniße. Dieses, scheint es, wollte uns unser Heiland sagen, da er nach seiner Auferstehung seinen Jüngern, und in ihrer Person allen denjenigen, welche an ihn glauben würden, den Frieden gab; gleichsam als sagte er ihnen: Ich habe durch alles, w«S ich gethan habe, das Werk der Versöhnung des Menschen mit Gott vollendet: bey meiner Menschwerdung vereinigte ich mich mit der menschlichen Natur, und gab ihr jenen heil. Friedenskuß, auf welchen alle Menschen so lan, ge Zeit warteten: bey meiner Geburt ließ ich den Frieden, den ich eben der Welt gab, durch die Engel verkünden.- bey meinem Tode be¬ sänftigte ich den Zorn meines VaterS, und stellte alles, was im Ammei und auf Erden ist, durch mein auf dem Rreuze vergoßenes Blutwieder zufrieden, (Koloss, l, so.) bey meiner Auferstehung sagte ich den Menschen, sie sollen sich zur Ruhe geben, und Vertraue» fassen, weil ich die Welt, und alle ihre Fein, de überwunden habe: durch meine Auffarth ge¬ hr ich zur Rechten meines Vaters, um für sie zu 44- , zu bitten und sie mit ihm zu versöhnen, durch die Anwendung der Verdienste meiner Leiden, die ich ihm immer darbringen werde; und nach¬ dem ich meinen Geist meinen Aposteln werde gegeben haben, werde ich sie in alle Welt sem den, das Evangelium des Friedens allen Völ¬ kern zu verkünden. z. Jesus Christus ist unser Friede mit Gott Lurch seine Vermittlung. Er ist der Mittler dieses Friedensbundes, den Gott mit den Men¬ schen zu machen verheißen hatte. Ach.' wo wä¬ ren wir, wenn Jesus Christus nicht immer zwischen Gott und uns wäre? Seine Gerech¬ tigkeit würde uns als Gegenstände seines Ha¬ ßes, aus Ursache unserer Sünden , die ihn u»' aufhörlkch reitzen, bald zerquetschen. 4- Jesus Christus ist unser Friede, und ver¬ schaffet uns den Frieden mit Gott durch seine Diener, welche die Ausspender seiner Geheim' niße sind; in welchen er das Wort der Ver¬ söhnung gelegt, und welchen er die Sacca- mente anvertr.iuet hat, wodurch die Menschen aus Feinden Gottes seine wahre Freunde wer¬ den, mit ihm in Frieden leben, und durch Vie Gnade', die ihnen da mitgetheilet wird, mit ihn« vereiniget werden- F, Wie ist Jesus Christus unser Friede mit dem Nächsten? Al. Eine aus den Absichten, warum der Sohn Gottes Mensch wurde, war, unter den Men¬ schen den Frieden, die Einigkeit, Verträglich' ' kett HAAD 44 Z kcit und Liebe zu stiften, auf daß sie unterein¬ ander eines seyen, wie er mit seinem Vater eines ist. Er will, wir sollen alle gleich den¬ ken; nur eine» Geist, ein Herz., eine Seele ha¬ ben. Er vereinigt in seiner Kirche, wie in ei¬ nem einzigen Leibe, die Juden, und Heyden, die wildesten Nationen. Dieses erkläret der Apo¬ stel sehr einleuchtend fast in allen seinen Brie¬ fen. Er sagt uns, wir sey?n nur ein Mensch, dessen Jesus Christus das. Leben ist; nur ein Leib, dessen er das Haupt ist; nur ezn Chri¬ stus mit ihm, nur eine Familie und rin Haus, dessen er der Vater ist; nur ein geistliches Ge¬ bäude, oder ein heiliger Tempel, dessen Grund* feste er ist; und eine einzige Stadt, deren Kö¬ nig und Herr er ist. Alle diese Gleichniße ge¬ ben uns zu verstehen, daß wir nur in so weit mit Jesu Christo werden vereiniget seyn, als wir mit dem Nächsten in Frieden sind. i. Wir sind mit Jesu Christo nur ein Mensch. Dieser göttliche Heiland, sagt der Apostel, hob durch seinen Tod daS Gesetz un¬ zähliger Gebothe auf. Und warum? Auf daß er in sich selbst aus zwepen Völkern einen ein¬ zigen neuen Menschen schüfe, und Friede un¬ ter ihnen machte , ( Ephes. s , 15.) Wenn wir also nur Einen Menschen mit Jesu Christo aus¬ machen, wie könnten unter uns Feindschaften ftyn, da Jesus Christus das Haupt dieses Men« schen ist,ihn beherrschet, undscinLeben ist; da der Geist Jesu Christi seine Seele ist; da er durch 444 durch ihn bestehet, von ihm sein Licht, seine Nahruug und Stärke erhält ? s. Der Apostel sagt, wir seyn alle nur ein Leib, dessen jeder auS uns ein Glied ist- Mir find alle durch einen Geist zu einem Leibe Fe, taufet worden, wir fepen Juden oder ö^- den, Rnechte oder Frepe, ( i. Aor. 12, iz.) Iejus Christus ist baS Haupt dieses Leibes, mit dem alle Glieder vereinigt sind; sein Teist Ist dessen Seele. Welche Liebe, welche Heilig¬ keit, welchen Frieden, welche Einigkeit, welche Unterwerfung/welche Abhängigkeit wirket nicht in uns ein menschgewordener Gott, durch sei¬ nen Geist der Liebe, der Einigkeit, der Wahr¬ heit , der Heiligkeit uns alle zu einem Leibe mit ihm machetWie könnte es in diesem Lei¬ be Zänke und Spaltungen geben, wenn mait immer mit diesem Haupte vereiniget, und von seinem Geiste belebet wäre? Er machet den Frieden aller seiner Glieder aus; sie können nicht tertheilet seyn, als wenn sie sich von die¬ sem Haupte absondern. z. Wir sind nur ein einziger Jesus Christus, nur ein einziger Sohn Gottes, der aus mehre¬ ren Heiligen besteht, die nur einen und eben denselben Glauben, nur eine und eben dieselbe Hoffnung, und eine und eben dieselbe Art ha¬ ben, Gott durch Jefum Christum anzubethen und ihm zu dienen. In ihm sind alle Heilige, die diesen Christum ausmachen, auserwählet. Durch ihn sind sie eben dieser Gnade und zum Ve- HAM 445 Besitze ter ewigen Güter berufen- In ihm sind sie geheisiget. Er selbst ist ihre Gerechtigkeit und Heiligung. Eine und eben dieselbe Gnade ma¬ chet sie alle zu Kindern Gottes ; also daß un¬ ter ihnen weder Iud noch Zeyde, weder Rnecht noch Zreyer ist; sondern alle nur eines in Christo Iesu find, welcher Alles in Allem ist; (Galat. Z/ -8.) und in welchem sie auch in der Vereinigung mit den drey göttlichen Per¬ sonen werden vervollkommenet werden. Welche Feindschaft kann es wohl in diesem Christo geben? 4> Wir sind alle Brüder- Jesus Christus ist bas Haupt und der Vater dieser großen Fa¬ milie. Er hält uns in seinem Hause, welches die Kirche ist, wo wir alle gleiche Güter, glei¬ che Lehre, gleiches Brod haben; wo wir an einem Tische sitzen, allezeit unter den Augen unsers Vaters, der uns gleiche Gebothe gibt, die sich alle auf die brüderliche Liebe beziehen, welche allen Haß, alle Rache, Gerichtshändel, und alle Gattungen der Erbitterung und Er¬ hitzung verbannet. 5. Wir find alle zusammen ein Tempel, und jeder! aus uns ist einer von den lebendigen Stei¬ nen, die dieses geistliche Gebäude avsmachen, in welchem Gott ewig durch Jesum Christum wird angebethet werden, der selbst dessen Prie¬ ster und Schlachtopfer ist, und durch seine Gnade machet, d»ß wir auch mit ihm Prie¬ ster und Schlachtvpfer und ein einiger Sohn Eot- 446 «KASH Gottes sind. Jesus Christus ist auch dessen Bau¬ meister, Erundfeste, Eckstein, der durch sein Blut und feinen Geist, als durch eine Kitte, alle C teilte verbindet. Diese Steine nehmen verschiedene Plätze ein, aber alle sind einig und in Ruhe, an dem Platze, an welchen Jesus Christus sie gcsetzet hat:' ' 6. Wir sind alle nur eine Heerde und ein Schnfstall, wovon Jesus Christus der große Hirt ist. eine Heerde , in welcher man, nach der Weissagung des Propheten, den wolfunb das Lamm, den Löwen und das Schaf, -en Leopard' und das Bocklein mit einander «eiben sieht, ( Esai. n, 6.) bas ist barbari¬ sche NatidNeil mit den Juden vereiniget, rind in den Sckasssäll Jesu Christi ausgenommen sieht, der sie mit seinem Worte und seinem«-' genen Leibe nähret, welcher das große Sacra-' ment der Vereinigung und der Mittelpunctist, wo alle Christen sich durch Jesum Christum >mk einander vereinbaren. Sieht man wohl unter den Schafen Haß und Uneinigkeit? DerFric. de, die Sanftmuth und Geduld ist ihr Thcil. Geleftet von einem und eben demselben Hirten, genähret von einer und derselben Weide, Zen sie getreu ihrem Hirten, und wandeln miteinander, um zum ewigen Schafstalle i« kommen. Jesus Christus beziehet alles auf die Einheit - «r will, daß alle Gläubige untereinander vck« kiniget ftyn, und nur einen Menschen ausma- chen HASH 447 cben sollen, um der Einheit Gottes in dtr Drey^ faltigkeit der Personen zu huldigen , welche, ob» schon sie unter einander verschieden sind, doch nnr einen und ebendenselben Gott ausmachcn- Eben also, obschon die Gläubige verschiedene Personen sind, muß doch diese ganze Menge nur ein Herz, nur eine Seele, nur einen Geist haben, das ist , den Geist Jesu Christi. So ist er unser Friede mit dem Nächsten. Z. Woher kommen die Kriege, die Klagen, die Feindschaften, die Gerichtshändel, die Sän¬ ke und Spaltungen, die man in der Welt, in der Kirche, in den Familien und fast in allen Gemeinkörpern herrschen sieht ? A. Aus allen Gleichnißen, die wir erst erkläret * haben, kann man leicht schließen, daß die Spal» tunaen, welche man auf Erden herrschen sieht , nur daher koinen, weil diejenigen, die diese Zerrüt¬ tungen erregen, vom Geiste Jesu Christi nicht be¬ lebet werden. Der Geist Jesu Christi ist ein Geist des '.Friedens- Er brachte ihn auf die Welt, und will , daß wir weiter wider Niemand als wider die Sünde und unsere Leidenschaften streiten sollen. Er kann keinen Krieg unter den Men¬ schen berechtigen, oder gutheißen, sobald der Hochmuth, die eitle Ehre, die Rache oder die Begierlichkeit dazu der Beweggrund ist. Kein Krieg ist gerecht als jener, den man auf aus¬ drücklichen Befehl Gottes unternimmt , wie es die Israeliten wider die Völker thaken , die der Herr auszurotken befohlen hatte ; oder jener, dem 448 HSSOH dem man sich aus Liebe zur Gerechtigkeit un¬ terzieht, wenn kein anders Mittel übrig ist, als der Weg der Waffen, um sich wider unge¬ rechte Besitznehmer zu vertheidigkn; denn wenn es andere Mittel gibt, muß mün sie wegen der großen Laster, bieder Krieg nach sich zieht, er- greiffcn. Wie könnte es Gcrichtshändcl unter tzen Menschen geben, wenn man vom Geiste Jesu Christi belebt wäre, der seinen Jünger» slnflößet, daß sie demjenigen, der ihnen den Rock nehmen will , auch den Mantel lassen soll¬ te; der uns befiehlt, ehe all unser Gut M die Schanz zu schlagen , als die Liebe zu verletzen; der haben will, daß wir unsere Leidenschaften, als den Grund der Streit-und Gerichtshändel, bestreiten sollen. Dies lehret uns der heil. Apo¬ stel Jacob: woher kommen, sagt er, die Rrie- ge und Streitigkeiten unter euch e Rommen ste nicht aus eueren Begierden, die in euere» Gliedern streiten - ( Jacob 4, 1. ) Masst» wir der Herrschaft der Leidenschaften «in Endei Md wir werden bald den Frieden unter den Menschen herrschen sehen. Man wird sehen, daß keine Feindschaft, keine Rache, kein TodtssM wehr seyn wird, weil Jesus durch die Geres)' tigkeit und Liebe in den Herzen herrschen wird- Sein Geist kennet weder Spaltung noch Rasst- Er befiehlt Liebe der Feinde, Vergebung aus) der schweresten Unbilden, Sanftmuth, Geduld bey allem Ucbel, das uns die Menschen anthuu können- Wenn wir in der Kirche und in den ver' schic« HASH 444 schiedenen'Gemeinkörpern, woraus sie bestehet, Zanke und Uneinigkeiten sehen, kömmt dieses nur daher, weil sich einige nicht nach dem Geiste Jesu Christi richten; denn der Geist Jesu Christi ist we¬ der in sich selbst, noch in der Lehre, die er ver¬ trägt, uneinig und getheilet. Seine Lehre ist sich gleich; denn er widerspricht sich nicht. Man fällt in Jrrthümer, und theilk sich in verschie- bene Meinungen, weil man nicht den Geist Je¬ su Christi zum Leiter hat; man folgt Jesu Chri« sto, dem Haupt der Kirche nicht, die allein den Willen dieses heiligen Geistes auslegt, indem er sie allein zur Aufbewahrerinn seines Lichtes und seiner Gesinnungen gemacht hat. Daher kamen alle Ketzereyen, Spaltungen und Unru' hen, die zu allen Zeiten in diesem geistlichen Leibe Jesu entstanden sind. Es war kein Jahrhundert, wo man nicht diese einzige Braut durch verschiedene Ungewit¬ ter bestürmet, und in Gefahr zu Grunde zu gehen gesehen hätte. Allein, Jesus Christus war immer ihr Friede, und stillte alle Verfolgun¬ gen , die sich wider selbe erhoben. Die Tyran¬ nen , die Ketzer, die Trennungsstifter und bö¬ sen Katholiken haben sie oft bekrieget, und thun es noch. In welch traurigem Zustande befand sie sich nicht jur Zeit der Verfolgungen der Tyrannen, da sie die Schwachen der Ver¬ suchung ausgesetzt, und mehrere aus Furcht der Peinen Iesum Christum verlassen sah; da sie den Nahmen eines Christen fast von der gam Z f ren 450 HASK jen Welt verabscheuet, den Dienst Gottes aller Heiligkeit hintangefttzt, die Religion unthätiz, und in verborgene und dunkle Winkel sich zu verbergen gezwungen sah ? Jesus Christus war immer mitten in ihr; unterstützte und stärkte sie. Ihre Kinder waren damahl von der Mlk mehr entäußert; ihre Hoffnung war lebendi¬ ger, ihr Glaube fester, ihre Liebe brennender, und ihr Leben heiliger und vollkommener, weil der Herr mit ihnen stritt, und mit ihnen leb¬ te. Er hat den Verfolgungen ein Ende gemacht. Die Tyrannen sind weg, und die Werkzeuge seiner Gerechtigkeit sind in das Feuer gewer« fen worden. Diese Gottlosen regierten nur st ange, als Jesus Christus sich ihrer bedienen wollte, seine Absichten zu erfüllen. Er schenk¬ te hernach seiner Kirche den Frieden; und wäh, rend dieses Friedens sah man die Versamm¬ lungen und Gcbethe der Gläubigen mit größe¬ rer Freyhcit fcyern; das Wort Gottes ohM Furcht verkünden; die Sacramente mit heili¬ gerem Glanz austheilen und empfangen; end¬ lich das ganze Volk in Frieden und Freude nut Jesu Christo vereiniget. Eben so sehr zerrütteten die Ketzer die Kir¬ che , da sie sah, daß ihre eigenen Kinder sich ihrem Schooße, wie Jacob und Esau in dem Echooße der Rebekka, unter einander schlugt und ein großer Theil aus ihnen durch den Irr' thum und die Lüge verführet wurden. Die Stur¬ me, die diese falschen Propheten erregten, wa¬ ren HAM 4Zl ren schrecklich. Alles schien zu Grunde zu ge¬ hen, und die falsche Lehre den Platz der Wahr¬ heit einzunehmen. Allein, Jesus Christus schlief ruhig mitten in diesem bestürmten Schifflein- Die Gebcthe und Seufzer der Gläubigen weck¬ ten ihn auf. Er befahl den Winden und dem Meere. Er zerstreute die Wolken des Jrrthums. Sein Licht beschämte die Ketzer- Seine Wahr» heit siegte, und gab seiner Kirche die Ruhe und Stille wieder. An diesen göttlichen Heiland müssen wir uns wenden, wenn wir in der christ¬ lichen Welt falsche Lehren das Haupt empor heben sehen, um ihn mit aller möglichen In¬ brunst zu bitten, daß er durch seine Macht dem Jrrthume Einhalte thun wolle. Die Kirche wird auch durch das ärgerliche Leben sehr vieler Katholiken verwirret. Diese arme Wittwe ist in der Bestürzung: sie weinet über den Lod ihrer Kinder, welche ihrem Peru, fe , der Heiligkeit ihres Hauptes und den Ge- bothen, die sie ihnen gibt, so wenig gleich¬ förmig leben. Nur in Jesu Christo findet sie einigen Trost, weil er allein ihre tobten Kinder erwecken, und ihr dieselben zurück geben kann. 8> Wie ist Jesus Christus unser innerer Frie» de; das ist, wie haben wir durch Jesum Chri¬ stum den Frieden mit uns selbst? A. Wir werden des inneren Friedens genie¬ ßen , oder mit uns selbst den Frieden haben/ r. wenn wir mit Jesu Christo vereiniget und 'hm unterworfen seyn werden. Diese Vereini- F f -» gung 452 Zung mit ihm , und diese Unterwerfung gezc» seinen allerhöchsten Willen macht unfern wah¬ ren Frieden aus. Denn da er der Gstt der Friedens ist, (Philip. 4, 19.) wird die Seele ihm einiger Maßen gleich, wenn sie sich durch die Liebe ihres ganzen Herzens mit ihm verei¬ niget, und ihm fest anhänget. Unsere Verwir¬ rungen und Unruhen entstehen nur daher, weil wir an etwas anders als an ihn geheftet sind. Jesus Christus genießt eines vollkommenen,all¬ zeit unveränderlichen, unerschütterlichen Frie¬ dens. Man nimmt an seinem Frieden, an sei¬ ner Ruhe und Unveränderlichkeit Theik, je nach, dem man mit ihm mehr vereiniget ist, und ihm gleich wird. Bey dieser Vereinigung will man weiter nichts, als was er will; man verlangt nichts, als was seinem Willen gemäß ist; und hey dieser Gleichförmigkeit findet man seinen Frieden und seine Ruhe. 2. Jesus Christus ist der innere Friede ei¬ nes Christen, der gerechtsertiget ist, weil er alle seine Unruhen stillet. Drey Dinge haupt¬ sächlich können einen Lhristen beunruhigen: l- der Anblick und die Biße seiner vorigen Laster und die Gebrechen seines gegenwärtigen Stan¬ des r s. die Uebel, die er wirklich keidct, oder die Furcht der zukünftigenz. die Leidenschaft ten oder die inneren Streite, denen er ausge¬ setzt ist. JesuS Christus ruft uns zu, er sitz auf die Welt gekommen, die Sünder selig zu machen. Alle Geheimniße, die er gewirket hat, müs- 45 z müssen unsere Hoffnung beleben, und unswi- der die Furcht und Unruhe, welche der Anblick unserer vorigen Sünden erregen könnte, sicher stellen; wenn wir nur darüber Buße thun, und uns Mühe geben, selbe durch eine Auffüh» rung, die dem begangenen Uebel entgegen ge¬ setzt ist, wieder gut zu machen.- Denn wenn wir, da wir noch seine Feinde waren, mit Gott durch den Tod seines Sohnes versöhnet worden sind, werden wir vielmehr jetzt, nach¬ dem wir versöhnet sind, durch sein Leben se¬ lig werden, (Röm- io. ) Es muß also die Kicinmüthigkcit und Unruhe weichen, indem wir sehen , daß Jesus Christus für uns gestor¬ ben ist. Auf dlesen großen Gegenstand müssen wir unser Vertrauen setzen, weil sein Lod uns die Vergebung unserer Laster verdienet hat. In der Lhat, welches Vertrauen, welche Ruhe muß nicht ein wahrer Büßer haben, der einen Gott zum Schlachtopfer seiner Versöhnung mit Gott, zum Mittler, zum Hohenpriester und zum Fürsprecher, der Gott immer sein Gebeth, seine Leiden und Thränen opfert, in der Per¬ son Jesu Christi für sich hat? Da wir aus dem Glauben gerechtfertiget sind, so lasset uns Frieden haben mit Gott durch unser» Lerrn Iesum Christum, (Röm- 5,1) Wenn uns die Gcwissensbiße quälen, wenn uns die Versuchung der Verzweiflung zerrüttet, lasset uns den Geheimnißen Jesu Christi, seiner Liebe, seinen Verheißungen, und dem unendlichen Mit- 454 Mittel, das er für unsere Wunden vorbereitet hat, die Unbild nicht anthun, daß wir etwa zweifelten, ob er uns nicht nur unsere tägli¬ chen Gebrechen, sondern auch unsere größten vorigen Sunden vergeben wolle. Er kennet un¬ sere Schwachheit, und will uns von denlkich- ten Wunden heilen, die »ns die höllische Schlau» ge täglich schlägt, wenn wir ihn am Kreuze mit lebendigem Glauben anschauen. In diesem unerschöpflichen Brunne der Gnade und Barm¬ herzigkeit findet der Gerechte das Heilsmittel für seine Uebel. Er weiß, daß er ohne Sünde nicht seyn kann, so lange er diesen Grundstoff der Begierlichkeit bey sich trägt, mit welcher« geboren ist, und die ihn das Böse, das er nicht thun möchte, zu thun verleitet. Seine Gebre¬ chen verwirren ihn nicht; sie dienen vielmehr dazu, ihn demüthigerzu machen. Er weiß, daß er nicht sündigen sollte ; allein, rvenn er doch sündiget, weiß er auch, daß er Iesum LH"' stum als die Versöhnung seiner Sünden h«t, (Joh. 2,1.) der in der Eigenschaft eines so» henpriesters mit unfern Schwachheiten leid zu tragen weiß, indem er selbst in allein versuchet worden ist, die Sünde ausgenommen, (Hebr- 4, *5 ) Jesus Christus stellet die gerechten Seelen wider die Unruhen sicher, welche die gegen¬ wärtigen und zukünftigen Uebel in ihnen er¬ regen. Es ist billig, Gott und die Strafen - mit welchen er uns züchtigen kann, z» furch i ten; 485 len; sie sind gemeiniglich Wirkungen seiner Ge¬ rechtigkeit und seines Zornes. Jesus Christus selbst ermahnet uns den Tod, das Gericht, und die Hölle zu fürchten. Diese Furcht aber muß uns die Ruhe nicht rauben. Wo werden wir Beruhigungsmittel finden,, als in Jesu Chri¬ sto ? Man gebe mir einen Christen, der mit Je» su Christo vereiniget ist; der nur von ihm le¬ bet; der sich nur von seiner Wahrheit nähret; den cs nach seiner Gerechtigkeit hungert und bärstet; der durch die Hoffnung ewiger Güter schon im Himmel lebet - einen solchen werden die Uebel des gegenwärtigen Lehens nicht ver¬ wirren , und ihm den Frieden rauben ; sondern er freuet sich, an den Leiden Jesu Theil zu nehmen, und ihm gleichförmig zu werden; er hält es für seine größte Ehre, das Kreuz und das Sterben Jesu Christi an seinem Fleische zu tragen: dieser gekreuzigte Heiland macht alle seine Wissenschaft und allen seinen Trost aus- Der Tod selbst, so schrecklich er ist, ist für ei¬ nen Gerechten, ein Gewinn- Er sieht zuweilen der Zerstörung des Kerkers seiner Seele mit Freuden entgegen. Das Gericht, das wegen sei¬ nen Umständen und Folgen so entsetzlich und den Unvollkommenen so fürchterlich ist, schlägt die Vollkommenen nicht nieder. Sie sehen es als den Tag ihrer gänzlichen Befreyung an, der sie aus der Dunkelheit ziehen wird, in der- sie bisher gelebt haben, indem sie wie tobt in den Augen der Menschen sind, wenn sich aber Chri- 4^6 Christus offenbaren wird, werden auch sie mit ihm in der Herrlichkeit geoffenbaret werden, (Koloss, z, 4.) Die Hölle selbst, derer Qua¬ len so schrecklich groß, von einem solchen Um- faüge und Dauer sind, daß man nicht einmahl ohne Entsetzen daran denken kann, verwirret einen Christen, der den Glauben hat, nicht über, mäßig, und raubet ihm den Frieden nicht; weil nichts fähig ist, ihn von der Liebe Jesu Christi zu trennen, die ihm das Vertrauenein- flößt, er sey ein Kind Gottes und ein Wer¬ be Jesu Christi, mit dem er leidet, auf daß« mit ihm verherrlichet werde. Nichts ist im Stande den Frieden eines CH«' sten zu zerrütten, dem Lieser göttliche Heiland Alles ist. Ist er in der BetrÜbNiß, so ist sus Christus, der ihn tröstet, mit ihm. Wen" er mit Jesu Christo leidet, beunruhiget er sich um nichts, weil der Herr verheißen hat, über alles, was ihn angehet, Sorge zu tragen. schläft ruhig unter dem Schatten Jesu Christi, den er liebt. Was immer für Streite in ihm die Leidenschaften erregen mögen, um ihn Z" verwirren; Jesus Christus, der in dessen Het¬ zen sein Reich aufgcschlagcn hak, macht stiM Ruhe und Freude aus. Er stillet die Winde, die Stürme und Wellen, welche die keidensthnf' ten in seiner Seele empor schwellen. Sein Ge¬ bäude ist auf Jesum Christum, den festen Fel¬ sen gegründet, welches die Fluthen der Ströme Babylons weder Umstürzen noch erschüttern kön« MAH 4Z7 nen. Jesus Christus macht also die Ruhe, dis Glückseligkeit und Stärke des Gerechten aus. Vergebens würde erste anderswo suchen: nur, indem man diesem Arten folget, wird matt nicht erschrecket , sagt ein Prophet, (Jerem. '7, 16. ) 8 Kann man eines vollkommenen Friedens auf Eiden genießen? A. Wir müssen uns nicht mit der Hoffnung schmeicheln, einen gänzlichen und vollkommenen Frieden herrschen zu sehen, so lange wir auf Erden leben. Die Begierlichkeit der Menschen, ihre Unbeständigkeit, ihr Hochmuth , und ande¬ re Leidenschaften werden immer Kriege, Zer¬ rüttungen und Aufstände unter ihnen erregen. Die Verträglichkeit und Einigkeit wird stch un¬ ter den Menschen nie gänzlich fest setzen, weil die Liebe nie vollkommen seyn wird. Selbst die Gottseligen, obschon sie mit Jesu vereiniget sind, werden wider ihre Leidenschaften immer Krieg führen und streiten müssen; und es ist fast unmöglich , daß ihnen nicht ein vorüber¬ gehender Verdruß zustoße. Den vollkommenen Frieden findet man nur im Himmel, und er wird der Lohn der Leiden, der Bemühungen, und Siege seyn, die man wider die Feinde des Heils wird davon getragen haben. In die¬ sem ewigen Reiche wird weder der Verstand durch einen ungelegenen Gedanken, noch das Herz durch je eine Leidenschaft verwirret wer- den. Alle Einwohner dieses heil. Ortes, frey von 458 HABT» von aller Anwandlung des Stolzes und Nel, des, mit gleichen Gütern beglücket, mit ihrem Grade der Herrlichkeit zufrieden, voll Gottes nachher Fähigkeit ihres Herzens, alle gleichsam nur wie ein in Jesu Christo verherrlichter Mensch, und in der vollkommenen Vereini¬ gung mit Gott vervollkommenet, werden'eines unveränderlichen Friedens genießen, ohne je etwas zu fürchten, daß ihnen denselben rau¬ ben könnte. Nach diesem Frieden müssen wir seufzen: um ihn zu erlangen, müssen wir auf dieser Welt streiten. Gott verheißt ihn nur denjenigen, welche siegen, sein Gesetz lieben und getreu erfüllen. F. Gibt es nicht einen falschen Frieden, Heu man fürchten muß ? A. Es ist nur zu wahr, daß es Sünder ge¬ be, welche in Frieden leben; ihr Friede ist aber ein falscher Friede, und auf den Schein, und mehr zu fürchten, als die größte Unruhe. V>e- ser Friede ist nach dem Zcugniße Gottes falsch- und der uns selbst sagt, daß für die Gottlo¬ sen kein Friede sey; ( Esai. 48,22-) daß, wena sie ruhig scheinen, oder eg in der That stud- diese Ruhe und dieser Friede aufGründen oder Grundsätzen stehet, worüber man zittern must- i. Der falsche Friede kömmt vom Teufel- Was er hat, bleibt im Frieden, (Luk. sagt Jesus Christus. Dieser Geist der Finst"'-' niße, eifersüchtig wider das Reich Jesu, ue>ll die Unterthancn erhallen, die er ungerecht er- wor- 459 worben hat: deswegen unterläßt er nichts, sie in Frieden zu halten. Und in der Ahat , wie viele ungläubige Völker sehen wir, welche in ihrem Stande ruhig find, obschon uns die Re¬ ligion lehret, daß sie Sklaven des Fürsten der Welt sind? Wie viele Christen selbst, welche ru« hig im Laster leben! Der Teufel entfernet sie von dem, was sie beunruhigen könnte, als von der Predigt, von der Lesung gewisser gottseli¬ ger Bücher, re. Ja er läßt sie einige äußerliche gute Werke der Religion thun- Er reitzetsie nicht zu gewissen groben Lastern, die siebeunruhigen könnten: wenn er sie nur dry einer schwachen Seite fest hält, ist ihm dieses genug. Lies ist der Stand mehrerer Christen, welche lebendig zu seyn scheinen, aber in den Augen Gottes tobt sind; welche in ihrem falschen Frieden spre¬ chen : Ich bin reich und begütert, und bedarf keine« Dinges; und wissen nicht, daßsieelend armselig, arm, blind, und nacket, (Offenb. z, 17.) und dem Fürsten der Finsterniße un¬ terworfen sind, der sie glauben macht, sie seyen reich an Gütern der Gnade, und dürfen ruhig seyn. 2. Der falsche Friede kömmt vom falschen Gewissen. Man bildet oft sein Gewissen nach falschen Grundsätzen der Sittenlehre, wodurch man die Gebothe des Evangeliums vereitelt, oder der Eigenliebe gemäß ausleget. Man grün¬ det sich auch auf die Meinungen und Entschei¬ dungen derjenigen, die man um Rath fragte 46o die unserer Weichlichkeit schmeicheln , und uns ruhig sryn heißen. „Falsche Ruhe, sagen dic „ heil. Väter; (H. Cyprian) gefährliche Ruht ,, für jene falsche Propheten, die sie verheißen, und unnütze Ruhe für diejenigen, die fie empfangen. " Dieses falsche Gewissen ent¬ stehet auch aus dem falschen Begriffe, den man sich von der Güte und Barmherzigkeit Gottes macht; alS sollte die Gerechtigkeit Gottes nie- mahls strafen, was sie verbitthct und verdam¬ met. Das heißt, die Barmherzigkeit Gottes und seine göttlichen Eigenschaften mißbrauchen, und sich anstatt des heiligen, und wahren Gottes einen Abgott bilden. Dies ist der Charakter gewisser Leute, die sich einbilden, Gott werde bey seinem Gerich¬ te nicht so genau und streng seyn, als man es ihnen sagt. Da sie die heiligen Lehren des Evam gtliums nicht kennen, oder selbe nach der Be¬ schaffenheit ihres Herzens drehen, leben sic ru¬ hig bey ihren Grundsätzen, und sterben auch so. Sie werden finden, obschon zu spat, daß ihre Urtheile von den Urtheilen Jesu Christi sehr verschieden waren; und anstatt der ewigen Ru¬ he , die sie hofften, werden sie weiter nichts, als eine ewige Verwirrung, Beschämung und Verzweiflung zum Theil haben. Z. Der falsche Friede entstehet auch aus dec Unwissenheit der Hauptpfiichten seines Sandes, in der man lebt; welches eine Quelle von viele» kaufend Sünden ist. Wie viele sehen wir/wel¬ che EM 46» che in Erfüllung der äußerlichen Religions- Pflichten genau sind; die Pflichten ihres Stan¬ des aber vernachläßigen, weil sie selbe nicht kennen; und doch dabey ruhig sind? Dies ist meistenthetls der Stand armer Leute, welche ruhig leben und sterben, obschon sie ihrem Be¬ rufe gar nicht gemäß gelebt haben. 4. Den falschen Frieden verursachet auch die Nachläßigkeit oder zu große Nachgiebigkeit der¬ jenigen, welche in Ansehen stehen, als da sind die Fürsten , die Statthalter, die Obrigkeiten, die Hirten der Kirche, die Prediger, re. Man will sich keine Feinde machen; man möchte mit allen Leuten im Frieden leben : und so läßt man das Reich des Teufels ausbreiten, weil man den Muth nicht hat, sich denjenigen, die dessen Diener sind, zu widersetzen. Wie viele Könige in Juda werden wegen ihren guten Eigenschaften gelobt; die aber Gott für schuldig erkläret, weil sie aus einer feigen Nachgiebigkeit für das Volk, nicht muthig genug waren, die Höhen, wo man wider die Verordnung des Gesetzes Gott opferte, zu zerstören? Wie viele Miethlingshirten sieht man nicht, welche un¬ ter dem Vorwande der Nachgiebigkeit, die Wahr« heit, die sie kennen, sich nicht zu sagen ge« trauen; die sie gefangen halten, und verrathen, um, wie sie sagen, mit allen Leuten friedlich iu leben? Dies ist nicht der Friede Jesu, son¬ dern der Friede der Welt, der weit grausamer ist. 462 HZ-xKK ist, als eine heilsame Unruhe, die aus der Wahr¬ heit entstünde. 5. Der falsche Friede ist zuweilen eine trau¬ rige Folge der Herzensverstockung des Gottlo¬ sen , den keine Wahrheit mehr rühret, die ihn beunruhigen könnte. Frey von seinen Gewissens, Bißen, die er erstickt hat, lebt er ruhig in seinem Grabe, mitten in seiner Fäulniß, un¬ ter dem graslichen Gcmengsel der Wurme, die sich an ihm weiden, ohne daß er seine Verwe¬ sung bemerket, oder das Nagen der Wurme, welche das Fleisch seiner Seele abfressen, ver¬ spüret: elender und schrecklicher Friede, in wel¬ chem der Mensch weder die Stimme Gottes, noch das Gcschrey seines lasterhaften Gewissens mehr höret! Wie könnte er hören, da er todt ist, und an diesem Todesstande sein Vergnü¬ gen findet? Erhebung des Gemüthes zu Jesu Christo, unserm Frieden. Der Friede, 0 mein göttlicher Jesu, ist ein Gut, das alle Menschen begehren und suchen, aber sehr wenige finden. Ich fühle es, daß ich zu diesem großen und unaussprechlichen Gut, gleichsam hingerißen werde; dies ist eine Be¬ gierde, die ich aus meinem Innersten nicht til¬ gen kann. Alles schreyet mir zu, daß ich jurn Genuß des Friedes geschaffen sey; alles, was ich in mir selbst fühle, alle diese Streite und gr» «ZASH 46Z geheime Aufstände meiner Leidenschaften, all dieses Sehnen, diese außerordentliche Bewe¬ gungen der Menschen, haben die Ruhe zum Zwecke. Selbst das Bösethat ich nur, um mir Beruhigung zu verschaffen: allein in meiner Hoffnung betrogen, erfuhr lch was du durch einen deiner Propheten gesagt hast, daß für die Gottlosen kein Friede sey. Allein, wo sollte der Sünder, vom Gott des Friedens entfernet, denselben finden? Etwa bey sich selbst, oder in dir, oder in den Geschöpfen, die ihn um¬ geben? Bey sich selbst, was kann er Beruhi¬ gendes finden? Er findet weiter nichts als einen Schwarm Leidenschaften, die in ihm stür¬ men, und ihm keine feste und dauerhafte Ru¬ he lassen. Du verordnetest es also, 0 mein Gott, so weislich als gerecht, daß alle unor¬ dentliche Neigung sich selbst zur Strafe sey; daß ein Sünde», der sich der Sünde und sei¬ ner Leidenschaft überläßt, keinen Frieden haben sollte. Wehe jener kühnen und vermeßenen Seele, welche glaubte, sie könne durch die Entfernung von dir, 0 mein Gott, glücklich werden! Winde sie sich, wie sie will; sie wird überall Bitterkeiten an¬ treffen; und wo sie sich immer hin wendet, wird sie erfahren, daß außer dir weiter nichts al- Zerrüttung und Betrübniß des Geistes anzu- treffen sey. Die Geschöpfe, in welchen der Sün¬ der seine Ruhe zu finden glaubet, und die ee so hitzig aufsuchet, können ihm das Gut, das er verlanget, nicht verschaffen: schwache Stü¬ tzt, 4^4 HRAH tze, schreckliches Leere, welches man in allem, was der Welt zugehöret, findet. Die Flüch¬ tigkeit, mit welcher alle irdische Dinge verge¬ hen ; die Unbeständigkeit und wenige Festigkeit, die man in ihnen findet, lassen nicht zu, daß man fich mit ihnen lange beruhige. Welche Ar¬ beiten, welche Bemühungen, um einige ver¬ gängliche Güter zu erhaschen! Welche Unruhe, welche Sorge, welche Aengstlichkeit, um sie zu erhalten.' Dies sind Dörner, auf denen es sich nicht ruhen läßt, Du, o mein anbethungswürdiger Heiland, bist, unser wahrer Friede. Du bist der Gott, der Könige, der Mittler und Apostel des Fru» Lens. Du bist der Herr und Fürst desselben. Wenn du allein in meinem Herzen einmahl herrschen wirst, sodann werde ich die Süßig¬ keiten des Friedens schmecken, und er wird mei¬ nen Geist und mein Herz bewahren. Lebe al¬ so, Herr Jesu, o König des Friedens, lebe und herrsche in mir durch deine Gnade und Lie¬ be ; unterwirf deiner Macht alle meine Leiden¬ schaften und diesen rebellischen Willen. Nur damahl, wann ich werde wollen, was dp willst, werde ich ruhig seyn. Allein, ich weiß und füh¬ le es; fo lang ich auf dieser Welt bin, wer¬ de ich immer in und außer mir Kämpfe aus- jvhalten haben dies ist der Stand des Ehr' sten aufErden. Der Himmel ist ein Ort des gänz¬ lichen und vollkommenen Friedens, und w» nichts ist, was ihn stöhre» kann. Die Hölle ist ein 465 ein Ort der Zerrüttung und Verzweiflung, wo es keinen Augenblick der Ruhe gibt; der Frie¬ de ist auf ewig daraus verbannet. Die Erde aber ist ein Ort mit Krieg und Friede, mit Kampf und Sieg, mit Furcht und Hoffnung, mit Stille und Stürmen vermischtdies ist der Stand, in dem ich mich mit allen Christen be¬ finde, die in der Kirche leben. Was soll ich zu einer Zeit thun, wo deine Kirche, wir ein Schifflein mitten im Meere die¬ ser Welt von den Leidenschaften der Menschen, als von so vielen verschiedenen Stürmen her¬ um geworfen wird? Fast Niemand denket, dich durch jdas -Schrcyen, Weinen und Bemühen einer aufrichtigen Buße aufzuwecken. Alles schei¬ net dahin abzuzielen, dich zu versenken, deine Wahrheit zu ersäufen, um das Laster und die Lüge herrschen zu lassen. Dies allein, 0 mein liebenswürdiger Jesu, beruhiget mich, daß du nicht immer schlafen, sondern dich aufma¬ chen wirst, deine Feinde zu zerstreuen. Du kannst in deiner Lehre angefochten, aber nicht überwunden werden: dein Schifflrin kann bestürmet, aber nicht, versenket wer¬ den ; so sehr sich auch die Hölle und die Tcu- felsdierrer Mühe geben, werden sie selbes doch nicht überwältigen. Du beschützest und regierest es. Und wer ist Gott gleich, daßerfich schmeicheln könnte, ihn zu überwinden? Selig derjenige, der dir allein anhängt, und sein gan¬ zes Vertrauen auf dich seht. Schenke mir den G g wah- 4«S wahren Frieden, den deinigen, Herr, nicht aber jenen, den die Welt ihren Liebhabern ver- hekßt. Laß nicht zu, daß ich je eines falschen Friedens genieße. Wann werde ich in dein Reich eingehen, um eines ewigen Friedens z« genießen? Führe mich, Herr, auf Wegen, wie es dir gefallen wird. Mitten unter diesen großen Bewegungen und Stürmen, die ich auf der Erde sehe, setze ich all mein Vertrauen unter dem Schutze deiner Flügel, bis die Bosheiten und Ungerechtigkei¬ ten der Menschen vorüber gehen. Amen. Vier und zwanzigstes Hauptstück, von Itfu Christo,-em Endzwecke aller Dinge. Wenn wir sagen, Jesus Christus sey der Endzweck aller Dinge, will dies sagen, r, " sey der Endzweck aller Absichten Gottes; die¬ ses Wort, und diese ewige Weisheit sey der Anfang und das Ziel aller Werke, die er äu¬ ßerlich hervor gebracht; 2. Jesus Christus sey der Endzweck des Gesetzes, aller Opfer, aller Ceremonien, aller Verheißungen und Weissa« gungen desselben: das ganze alte Testament beziehet sich auf ihn; es faßt ihn in sich, und verbirgt ihn unter seinen Schatten und Bil¬ dern, welche sich entweder in ihm oder in sei¬ nem geistlichen Leibe entwickeln werden. Jesus Christus, sagt der Apostel, ist das Ziel -es Gesetzes, (RSm. io, 4.) Jesus Christus ist der HAM 467 nicht nur der Zweck des Gesetzes, sondern er muß auch Z. der Aveck unserer Begierden seyn, so wie er es für die wahren Juden vor seiner Ankunft auf diese Erde war. Diese drey Ge¬ genstände werden wir in diesem Hauptstücke er¬ klären. I. Z. Wie können wir es erkennen, daß Chri» stus der Endzweck aller Absichten Gottes war? A. Man muß sich zu erst erinnern, daß Gott dem Menschen dessen Macht und Kenntniße sehr eingeschränkt sind, nicht gleich ist. Wenn sich ein Mensch entschließt, ein Werk auszu» führen, ist sein Zweck, entweder weil er dessen bedarf, oder weil er die Wirkung dieses Wer¬ kes sehen will; oder weil er versuchen will, was sein Verstand oder seine Geschicklichkeit zu chun fähig sey. Gott aber bedurfte seiner Geschöpfe gar nicht. Die Gegenstände, die er schuf, ga¬ ben ihm keine neuen Kenntniße. Von aller Ewigkeit her, sah er die Welt, wie erste sieht. Er weiß, daß er mehrere, größere und schöne¬ re Welten , als diese, die er gemacht hat, her¬ vor bringen kann. Da also Gott der Geschöpfe nicht bedurfte, muß. er, da er die Welt aus dem Nichts zog, eine andere Absicht gehabt, und sich einen andern Zweck, der seiner Größe und Heiligkeit feines Wesens würdig ist, vor¬ gesetzt haben. Die Vernunft, die heil. Schrift und die heil. Väter lehren uns, daß die erste und vornehmste Absicht Gottes gewesen sey, seinen Sohn auf die Welt zu schicken. Durch Gg 2 ihn 468 HASH Ihn war alles gemacht worden; und durch ihn sollte alles wieder hergestellet werden. Durch Icsum Christum, dieses Mensch gewordene Wort, mußte Gott auf eine Art verherrlichet werden, welche der Größe und Heiligkeit seines höch¬ sten Wesens angemeßen wäre. Deswegen sand¬ te er ihn auf die Welt, um ein Volk zu bil¬ den , welches durch die Vereinigung, die es mit seinem Sohne haben würde, nur einen Menschen, und einen Leib ausmachen sollte; so, daß wir sagen können , Gott habe vielleicht die Welt nur erschaffen, die Sünde des Menschen nur zugelassen, und nach der Uebertretung un¬ serer ersten Aeltern dieses große Weltall nur wc' gen seines Sohnes erhalten ; damit er ihm durch seine Menschwerdung und seine anderen Ge- heimniße eine größere Ehre leistete, als ihm alle Geschöpfe zusammen hätten leisten können. Sagen wir also zuversichtlich, Gott lasse die sichtbare Welt nur bestehen, um diese geistli¬ che Welt und diese heil. Stadt, wovon uns der heil. Johann so wunderbare Dinge sagt, (Offenb. 2i.) durch Icsum Christum seinen Sohn zu bilden. Die Jahrhunderte, die Vor¬ gängen sind, und jene, die noch kommen wer¬ den, waren und werden nur seyn,um den gan¬ zen Leib Jesu Christi auszubilden , in welchem und durch welchen Gott in der Zeit und Ewig¬ keit verherrlichet werden muß; dies ist ver Zweck und die Erfüllung aller Absichten Got¬ tes. Am Jüngsten Lage werden wir diese s"' 46- ße und wichtige Wahrheit entdecken, daß Je¬ sus Christus, wie cs uns die Schrift sagt, der Trste und der Letzte, der Anfang und das Ende, der erste und der letzte Buchstabe (Of- fcnb. 22, iz.) jenes großen geschloßenen Bu¬ ches scy, dessen Siegel erbrochen werden, und welches das Lamm öffnen wird, um uns zu zeigen, daß alles, was in diesem Buche geschrieben ist, erfüllet sey. Jesus Christus ist der erste Gegenstand, den der Vater betrachtet; in ihm hat er sein ganzes Wohlgefallen ; nichts gefällt ihm, als wegen seiner. Auch dieser Sohn su¬ chet in allem, was er thut, weiter nichts, als die Ehre seines Vaters ; er ist nur mit der Ausbildung dieser Kirche, die ihn im Himmel verherrlichen sollte, beschäftiget: die Jahrhun¬ derte folgen nur deswegen eines auf das ande¬ re. Dieses große Werk hat er hauptsächlich zur Absicht; dies ist der Tempel, den er der Ma¬ jestät und Heiligkeit seines Vaters errichtet: dies ist auch das Erste und Vornehmste, was sein Vater will, nähmlich'den ganzen Leib seines Sohnes vollständig gebildet zu sehen- Es ist auch ganz gewiß, daß Gott die Kir¬ che nur Jesu Christi wegen lieber , weil er alle Schönheit, Heiligkeit, Größe und Pracht dieses herrlichen Werkes ausmachet. Die Schrift leh¬ ret uns, Jesus Christus sey der Vater dieser Kirche, und zeuge sie durch seine Gnade, sein Wort und seinen Geist. Er bildet sie, gibt ihr das Wachsthum, lebet und wirket in ihr, hat in 47° in allem ihrem Thun den Einfluß, leibet und verdienet in ihr. Wenn die Schrift selbe mit ei¬ nem Königreiche vergleichet, ist er der König, Las Gesetz, der Reichthum, der Friede, die Stärke und das Vereinigungsband aller ihrer Unterthemen- Vergleichet man sie einem leben¬ digen Leibe, dessen Theile sich wunderbarllch zu, sammen fügen; so ist JesuS Christus dessen Haupt; von ihm aus verbreitet sich der Geist und das Leben in alle Glieder, woraus er be¬ stehet. Wird sie uns wie ein Tempel vorgestel- let; so ist Jesus Christus der Grundstein davon, auf welchem das ganze Gebäude ruhet; er ver, bindet durch seinen Geist alle Steine mit ein¬ ander ; er ist dessen Hoherpriester, Schlachtop¬ fer, Gottesdienst, Religion. Erscheinet die Kirche wie eine Brant; so ist Jesus Christus ihr Bräu¬ tigam ; durch den Bund, den er mit ihr einge¬ het, kleidet er sie mit seinen Verdiensten, be¬ reichert sie mit seinen Gaben, und vereiniget sie mit sich, um sie in den Augen seines Va¬ ters, dem er sie opfern will, heilig und an¬ genehm zu machen. Auf diese Art erfüllet Jesus Christus die Absichten, die sein Vater über ih» und seine Kirche hatte; welches der Hauptzweck Gottes bey allen seinen Werken war. II. F. Wie ist dies zu verstehen, daß Jesus Christus der Zweck des alten Gesetzes ist? A. Jesus Christus ist der Zweck des Gesetzes auf verschiedene Art. r. Er ist die Erfüllung und Wahrheit der Verheißungen und Weiss«- . gun? HASH 4?r gungen desselben; diese Wirklichkeit und der Leib aller seiner Schattenbilder; der Priester und das Schlachtopfer, wovon das Priester- thum und alle Opfer des Gesetzes nur ein Vor» bild und eine Ankündigung waren. Das ganze alte Gesetz ist wie ein Schleyer/ unter welchem Jesus Christus, das Haupt und die Glieder, der Bräutigam und die Braut verborgen liegen- Alle großen Männer, welche vor und unter dem Gesetze lebten, bildeten Jesum Christum und seine Geheimniße vor. Alle prächtigen Cercmo- nicn, die Gott angeordnet hatte, waren weiter nichts, als ein Abriß, der ihn verstellte; als ein Schatten, der vor ihm herging; als ein Wegweiser, der zu ihm führte. Alle Ereigniße, die sich von Zeit zu Zeit zutrugen, und alle Jahrhunderte, die seit dem Falle unserer.'er¬ sten Acltern verfloßen sind, dienten nur zur Dorbereitung der Menschen auf die Ankunft Jesu Christi und auf die Bildung dieses neuen Volkes, mit welchem Jesus Christus einen neu« en Bund machen sollte. Dieser göttliche Erlöser war seit dem Anfänge der Welt verheißen, und alle Menschen erwarteten ihn, und seufzeten nach seiner Ankunft. 2 Jesus Christus ist das Endziel des Ge¬ setzes, sagt der Apostel, zur Gerechtigkeit al¬ ler derjenigen, die an ihn glauben: (Röm- ro, 4. ) Denn es ist, wie wir cs im Eingän¬ ge dieses Werkes bewiesen habe»/ eine in der heil. Schrift ausgemachte Wahrheit, daß Nie¬ mand 47r HASH mand konnte und kann gerechtfcrtiget werden, als in, und durch Iesum Christum. Das Ai! ist in keinem andern, noch ist unter dem Am¬ mei ein anderer Nahmen den Menschen ge¬ geben worden, durch den wir selig werden sollten, (Apost. Eesch. 4,12.) Die Juden mußten also an Iesum Christum glauben, um gerechtfertiget zu werden. Das Gesetz tilgte die Sünde nicht; es ließ sie selbe nur kennen, und überzeugte sie ihrer Schwachheit und ihres Un¬ vermögens. Es war unmöglich, daß durch Och¬ sen - und Böcke - Blut die Sünden getilget wur¬ den , (Hebr. io, 4.) Es war das Blut Jesu Christi, des wahren Vcrsöhnopfers nothwen- dig; denn Niemand konnte weder durch die äußerliche Beobachtung des Gesetzes, noch durch dessen Opfer gerechtfertiget werden; sondern durch den Glauben an Iesum Christum. Alle vorgeschriebenen Ceremouicn und alle Opfer waren weiter nichts als ein Zuchtmeister, (Ga¬ lat. Z, 24.) der seine Schüler zu Jesu Christs führte, in welchem sie ihre Heiligung und ihr Heil finden sollten. Die wahren Israeliten, welche Christen zum voraus waren, sahen Je- sum Christum in allen Verheißungen, die Gott seinem Volke machte, nnd in allen Opfern, die sie ihm darbrachten. Adam glaubte an kihn; und dieses fachte seine Hoffnung an, nach ei¬ ner Sünde, welche fähig war, ihn in den Ab¬ grund der Verzweiflung zu stürzen. Abraham sah Lhn^und frohlockte, (Joh. 8, 5§-) 3sak wur- 47Z wurde von seinem Vater Abraham davon un¬ terrichtet. Jacob sah ihn, und kündigte ihn seinen Söhnen an, da er sie segnete. Moses kannte ihn, da er den Hof Pharaous verließ, und die Schmach Christi den Schätzen der Egppter vorzog, (Hebr. er, 26.) Alle übri¬ gen großen Männer starben in dem Glauben dieses göttlichen Messias, wie es uns der heil. Paul lehret, (Ebend.) Alle Propheten reden von ihm, von seinen Geheimnißen, von den großen Vortheilen, die seine Ankunft der Welt verschaffen sollte, von dem neuen Bunde, den er mit dem neuen Volke, dessen das jüdische Volk nur ein Vorbild war, machen würde. Wir sehen auch, daß Jesus Christus im Evangelium und die heil. Apostel Peter und Paul in ihren Briefen sorgfältig anmerkten, daß die Weiss«' gnngen der Propheten durch Gründung des neuen Gesetzes bewähret worden sind. Es mußte alles erfüllet werden, sagt Jesus Christus, was im Gesetze Moste, in den Propheten und Psalmen von mir geschrieben ist, ( kuk. 24, 44.) Gott, sagt der heil. Peter, hat durchden Mund aller seiner Propheten vorher verkün¬ diget, daß sein Christus den Tod leiden wür¬ de; (Apostelgesch. z, rg.) und wir haben eS gesehen, daß er ihn gelitten hat. Und der heil. Paul merket nicht nur an, daß er jenes Evan¬ gelium predige, welches Gott durch seine pro» pheten in den heil. Schriften vorher verhei¬ ßen hatte; (Röm- 1,2.) sondern er setzt hin. 474 ju, daß die Kirche das Ansehen der Apostel und Propheten zum Grunde habe, (Ephesr, 20.) Der heil. Peter scheint noch klärer anzu- beuten, daß die Propheten besonders auf Je- sum Christum und seine Kirche hinschaueten: Die Propheten sagt er, haben von der Gna¬ de, die auf euch kommen sollte, gevoeissaget; und es wurde ihnen geoffenbaret, daß sie, nicht für sich selbst, sondern für euch , Diener und Austheiler jener Dinge waren, die euch durch diejenigen, die euch das Evangelium predig¬ ten, find verkündet worden, (l. Petr, r, io) Aus dem Zeugniße Jesu Christi und der Apo' stel sieht man also, daß, obschon die Prophe¬ ten oft von den Kriegen der Juden und Assy¬ rier , von der Zerstörung Jerusalems und der Gefangenschaft des jüdischen Volkes reden, sse doch jur Absicht hatten, Jesum Christum und feine Kirche vorher zu sagen und anjukünden; und daß die Schriften des Gesetzes und der Propheten weit mehr für Jesum Christum und feine Glieder, als für die Juden von Gott be¬ stimmet waren. Die Geschichte dieses alten Vol¬ kes ist weiter nichts, als ein Schleyer und ein Bild, unter welchem bas neue Testament und bas neue Volk, und alles, was mit ihm ge¬ schehen sollte, verborgen liegt. Gott dachte an uns, da kr diese bewunderungswürdige Bücher schreiben ließ: so dachten auch die Propheten und Gerechten des alten Gesetzes an die Glück¬ seligkeit der Menschen, die bas sehen würden, was 475 was sie weissagten, und was sie selbst zu sehen wünschten, wie es Jesus Christus im Evan¬ gelium sagt: viele Propheten und Gerechte haben begehret zu sehen, was ihr sehet, und haben es nicht gesehen; und zu hören, rvas ihr höret, und haben es nicht gehöret, (Matth. IZ / 17.) Lasset und also im alten Testament weiter nichts, als Jesum Christum suchen; „ weil in allem, was verborgen ist, und in „ allem, was aufgedeckt ist, Jesus aufgedeckt ,, ist , " wie der heil. Augustin redet. Die gan¬ ze Geschichte, die von der Erschaffung der Welt bis auf die Ankunft des Messias geschrieben ist, ist verstellungsweisc die Geschichte Jesu des zweyten Adams, von welchem das neue Volk geboren ist, und die in ihm und in seiner Kir¬ che bis zum Ende der Zeiten und bis zu feiner zweyten Ankunft bestätiget und bewähret wer¬ den wird. Das alte Testament ist wie ein Sinn« bild, welches für jene Zeiten etwas Wesentli¬ ches und Wahres hat; Jesus Christus aber ist der verborgene Sinn dieses Sinnbildes, und dies war besonders die Absicht des heil- Geistes, da er diese heil. Bücher eingab. z. Nichts beweiset mehr, daß Jesus Theistu« das Endziel-es Gesetzes sey, als was der heil' Augustin sagt. Er vergleichet das Gesetz einer Mutter, welche ihr Kind mit Furcht und Bk- schwerniß unter ihrem Herzen trägt; welche sich nach der Zeit sehnet, wo sie cs zur Welt ge¬ bühren sollte; und stirbt, nachdem sie cs ge¬ boren boren hat. So lag Jssirs Christus gleichsam in dem Schooßc des Gesetzes. Er wurde nach und nach, in der Folge der Jahrhunderte ge¬ bildet, bis dis Fülle der Zeiten kam, wo cr auS dem Geschlechte der Juden seinen Vätern, nach dem Fleische, geboren werden sollte; und so bald er hervor trat, starb das Gesetz. Dey die¬ ser seligen Ankunft des Messias endigen sich alle Musische der alten Gerechten, welche bcy dieser langen Verzögerung litten und seufzten: sie starben in dem Glauben und in der Erwar¬ tung dieses seligen Tages, an welchem ter Himmel und die Erde, die Enge! und Menschen ihren Erlöser sehen sollten. Hl. F. Dürfen die Christen weniger nach , Lesum Christnm seufzen und ihn erwarten, als die Juden, die es durch vier tausend Jahre thaten? A. Wir haben schon gesagt, daß die wahren Juden, welche unter dem Gesetze schon Chri¬ sten waren, auf ihn warteten, und inbrünstig nach ihm seufzeten; sie gründeten sich auf die Verheißungen, die den Menschen vom Anfän¬ ge der Welt her gemacht, und dem Abraham, Isaak und Jacob erneuert worden waren; sie kannten und fühlten die Notwendigkeiten ei¬ nes Erlösers. Bald wendeten sic sich zum Him¬ mel, bald zur Erde: Ihr Fimmel thauet von oben herab, und ihr Wolken regnet uns den Gerechten: die Erde thue sich auf, und brin¬ ge uns den Heiland hervor, ( Esai. 45, 8. ) 6-rr, 477 6err, sprachen sie zuweilen, sende das Lamm aus, das auf Erden herrschen soll, von dem Felsen in der wüste zum Berg der Tochter Sion, ( Esai. i6, i.) Eie warteten mit hei¬ ßem Verlangen auf die Erfüllung der Weissa¬ gung des Propheten Aggäus, wo Gott sagt? Es ist noch um eine kleine Zeit zu thun , s- will ich den Zimmel und die Erde, das Meer und das Trockene bewegen, und alsdann wird jener kommen, den alle Völker verlangen, (Agg. 2,7.) Dieses so lange erwartete Wort kam endlich: lebte auf Erden beyläufg drey und dreysig Jahrees zog umher, um allen Gutes zu thun; (Apostelsch. ro,z8.) die Welt kannte ihn nicht: (Joh. i, 10.) für das, was er war, wurde er nur von sehr wenigen erkannt; und nachdem er das große Werk un¬ serer Erlösung vollendet hatte, stieg er in den Him. mel: da er die Erde verließ, sagte er, er gehe dahin , werde aber bald wieder kommen. Die Engel, Zeugen seiner Himmelfahrt, und Be¬ gleiter seines Triumphes, sagten zu allen Ge¬ genwärtigen , dieser Jesus, den sie aufsteigen sahen, werde am Ende der Zeiten auf eben die Art, wie sie ihn jetzt auffahren sahen, voll der Herrlichkeit und Majestät wieder kommen. lAllt Schriften der Apostelpredigenuns, JesuSChri¬ stus werde wieder kommen; und sagen uns zu¬ gleich, wir sollen ihn erwarten, und er müsse der Zweck aller unserer Wünsche ftyu. Nies ist hik 478 EKK die Verfassung, in welcher alle wahren Christen seyn müssen. F. Wie können wir beweisen, daß Jesus Christus der Zweck aller Wünsche der wahren Christen sey, und daß ste ihn erwarten und verlange» müssen? A. I. Diese Wahrheit gründet sich auf diegött- lichen Schriften des neuen Testamentes: Eu¬ re Lenden, sagt Jesus Christus, sollen um¬ gürtet , und in euren Zünden brennende Lam. pen seyn: seyd Menschen gleich, welche ih¬ ren Zerrn erwarten, wenn er von der Zoch- zeit zurülk kommen wird, ( Luk. ir, Z4- Z5- ) Jesus Christus ist in den Himmel gestiegen, wo er mit jenem Theile der Kirche seiner Braut, welcher schon im Paradiese ist, eine ganz gött¬ liche Hochzeit feyert. Er wird kommen an der Stunde unsccs Todes und am jüngsten Tage, die ganze Welt zu richten. Wie er immer kom¬ men mag, so müssen wir ihn erwarten, und seine Ankunft wünschen; immer die Lenden um- gärtet; wie Soldaten immer zum Streite be¬ reitet , immer fertig, die Befehle ihres Herrn zu vollziehen; oder wie Reifende, immer im Stande, die Lebensart zu verändern, und die¬ se müheselige Erde zu verlassen. Die Buße muß durch die Abtödtungen, die sie uns auflegt, die Gürtel um unsere Lenden seyn. Der Glau¬ be , die Liebe und die guten Werke müssen die Lampen seyn, die wir in den Händen haben sollen, indem wir auf Jesum Christum warten, HAM 479 und ihm entgegen gehen. Allein, wie wenig Christen gibt cs , welche in diesem Warten und Verlangen nach Jcsum Christum leben! Des¬ wegen wird man überraschet, wenn er kömmt. Diese Ueberraschung trift den Geitzigen mitten unter seinen Reichthümcrn; den Weichling mitten unter seinen Schwelgercyen; die welt- eiteln -Weiber und Mädchen mitten unter ihrer» Vergnügungen und Ersetzlichkeiten; alle Sün¬ der mitten unter ihren Ausschweifungen. In welch einer betrübten Zerrüttung waren nicht die zehen Jungfrauen in dem Gleichniße, da sie hörten, der Bräutigam komme.' Die Wei¬ sen waren bald fertig; für die Uebrigen war aber die Zeit zu kurz. Die Apostel, in der Schule dieses göttlichen Lehrmeisters erzogen, haben alle eben diese Wahr» heit gelehret. Der heil. Paul sagt uns in sei¬ nen Briefen, der Zerr werde die Rrone der Gerechtigkeit jenen geben, die seine Zukunft lieb haben: (2. Timoth. 4,8.) unser Wan, del sey schon in dem Zimmel, von dannen wir auch -en Zeiland erwarten, der unfern schlechten Leib wieder erneuern, und der Rlar, heit seines Leibes gleich stellen wird: (Philip. Z , 2O.) und anderswo, die Gnade Gotte» unser« Seligmachers sep allen Menschen er¬ schienen, und lehre uns, daß wir der Gottlos sigkeit und allen weltlichen Lüsten entsagen, und nüchtern, gerecht und gottselig in Lieser Welt leben, und auf die Zukunft -er Zerr» lich 48o lichkeit des großen Gottes und unseres Zeilan- landes Jesu Christi, und auf die angehoffte Seligkeit warten, ( Llt. 2 , n. 12.) Der heil- Peter, nachdem er ebenfalls gesagt hatte, der Tag des Zerrn werde wie ein Dieb kommen, und die Zimmel werden mit großem bra¬ chen zergehen, die Elemente vor Zitze zerschmel¬ zen , und die Erde werde sammt den Werken, die in ihr sind, 'verbrannt werden, setzet hinzu - Unser Wandel müsse also heilig seyn und ein Theil dieser Heiligkeit bestehe in der begierigen Erwartung seiner Ankunft und je¬ nes neuen Zimmels und jener neuen Erde, darinn die Gerechtigkeit Wohnen wird, (s- Petr, z, io. n. 12.) Alle diese Schriftstellen beweisen klar, daß Christen im Warten und Verlangen nach Jesum Christum leben müssen- H. Diese Wahrheit wird auch aus den in¬ nersten Gründender Religiondargethan- i.Das Christenthum heißt uns einen Gott anbethen, der Mensch wurde; der auf Erden so lebte, daß er alles, was in dieser Welt ist, äußerst ver¬ achtete; der kein anders Verlangen hatte, als das Werk, das ihm sein Vater auferlegt hat¬ te, zu vollbringen, um hernach in dessen Sci>ooß zurück zu kehren, woraus er gegangen war- Wie er, müssen wir auf dieser Welt seyn, als wären wir nicht da ; unser Geist und Herz müs¬ sen in Gott seyn; unsere Begierden müssen ab¬ zielen, ihn zu sehen, und als unser einziges Gut zu besitztn; ihn allein müssen wir lieben; nach HASH 43 l nach ihm allein müssen wir uns sehnen, auf daß wir in der Vereinigung mit Jcfu Christo unserm Haupte vervollkommcnet werden. 2. Durch den heil. Geist, den wir in der Laufe und in den übrigen Sacramenten em¬ pfingen , wurden wir Christen und Kinder Gottes. Gott, sagt der Apostel , hat den Geist seines Sohnes in euere Kerzen ausgegoßen. Was thut dieser Geist in den Herzen der Chri¬ sten und Kinder Gottes? Er macht sie seufzen, in der Erwartung, daß Gott ihre Leiber auf. löse, und fie an Rindesstatt aufnehme - (Röm. 8, 2g.) welches am Ende der Zeiten vollstän¬ dig geschehen wird , wenn ihr Leib mit Herr- lichkeit und Unsterblichkeit bekleidet werden wird. Deswegen sprechen die wahren Christen ohne Unterlaß: Rsmm, Zerr Jesu, komm: der Geist und die Lraut sprechen es, (Offenb. 22, »7.) und machen es alle jene sprechen, welche von diesem Geiste beseelet sind, mit welchem wir auf den Tag der Erlösung besiegelt find, und der da» Pfand unserer himmlischen Erbschaft ist, ( Ephes. 4, za. und i, 14.) Dieses Siegel und Pfand machet uns die Gü¬ ter erwarten, die uns Gott verheißen hat, da er uns dieses Pfand gab, und mit diesem Sie¬ gel bezeichnete. 3- Ein Christ ist eine Braut Jesu Christi: er hat mit uns diesen göttlichen Bund bey un. serer Laufe, und in dem anbethungswürdigen Altarssacramente eingegangen. Oie Seele, auf H h di«- 482 diese Art mir Jesu Christo vereiniget, hat kei¬ ne Liebe als für ihn; fürchtet nichts mehr, als ihn zu verlieren; ist er abwesend, so ist ihr einziges Verlangen, ihn wieder zu sehen: er Ist ihr immer zu lange abwesend. Wie wenig solcher wahren Braute, welche vor Begierde Jesum Christum zu sehen brennen, finbetman! Lasset uns jenes Bild betrachten, das uns der heil. Augustin entwirft, um zu kennen, welche die wahren Bräute Jesu Christi sind. Stel¬ len wir uns zwey Gattinnen vordie eine liedc ihren Ehemann; die andere ist ihm ungetreu, und in einem lasterhaften Bande verstricket. Beyde Ehemänner sind abwesend: die Ungetreu^ wünscht sich seine Zurückkunft nicht; sie fürch¬ tet sich vor derselben; sie wünschet, er möchte sich immer verzögern, ja gar nicht kommen, auf daß sie ihre Ausschweifungen fortfetzen kön¬ ne. Die keusche Gattinn hingegen seufzet bestän¬ dig nach der Rückkehr ihres Mannes; sie fürch¬ tet sich nicht, in etwa einer lasterhaften Um treue überraschet zu werden, und er kommt ihr niemahls zu frühe. Wir dürfen uns über diese zwey Beyspiele nur selbst fühlen, und sehen, wo¬ hin wir gehören. -Wenn wir in Lastern leben' wenn wir, wie Ehebrecher die Welt lieben, ist es gar gewiß, daß wir Jesum nicht gern körn, men sehen. Wenn wir aber vom Geiste Jesu Christi beseelet sind; wenn seine Liebe in uns herrschet, und unser Leben der Treue, die wir unserm himmlischen Bräutigam schuldig sind^ ent- HBOH 48 Z entspricht, so verlangen wir, daß er komme, auf daß wir seiner göttlichen Gegenwart ge¬ nießen können, und von allen Gefahren und Versuchungen, wodurch uns der Teufel, die¬ ser alte Feind zu überraschen suchet, befrcyet werden- Selten sind diese Beschaffenheiten un¬ ter den Christen! Sieht man ihrer viele, wel¬ che in der Erwartung Jesu Christi leben? Sind dies etwa die Großen der Welt mitten in de» Wollüsten und im Uebcrfluße aller Dinge, die sich glückselig schätzen, große Reichtßümer zu besitzen, und weder Jesum Christum, noch die Glückseligkeit, welche er seinen Kindern verheißt, kennen ? Erwartet man Jesum Christum etwa im Schauspielhause, in den Ausschweifungen des Essens und Trinkens, in den Dunkelheiten der Schwelgerei), in jenen unheiligen Versamm¬ lungen? Fast Niemand denket darauf; deswe- wegen zittert und bebet man, wenn Jesus Chri» stus kömmt. 4. Nichts ist dem Geiste der Religion gemä¬ ßer als dieses Verlangen nach dem Tage des Herrn : denn, wenn wir das Vater unser be- then , und von Gott begehren, daß uns sein Reich zukomme, und sein Wille geschehe; was begehren wir, oder wenigstens was sollen wir begehren, als daß Jesus Christus komme? „Wie „ unbillig ist es also , sagt der heil. Cyprian, „ daß wir, da wir täglich dieses Gebell) ver- „ richten, Jesu Christo nicht entgegen gehe», „ und seiner Stimme nicht gehorsamen, wenn HH2 „er 484 rer und gewißer, als jene, welche lehret, Je¬ sus Christus fey der Richter der Lebendigen und Tobten. Der Vater richtet Niemand , sondern da» ganz« Gericht hat er dem Sohne überge' den, (Joh. 5, 2».) Jesus Christus, als Sohn Gottes, empfängt von seinem Vater seine gött, liehe Wesenheit, alle seine Weisheit, seine" Willen, seine Absichten, seine Macht: Er kann nichts von sich selbst thun, er sehe es denn von seinem Vater. Was aber dieser thut, da« thut der Sohn desgleichen. Denn der Vater liebet den Sohn, u nd zeiget ihm alles, was er thut: ( Ebend- 19, ) also daß derSoh» nichts thut, was nicht auch der Vater mit ihm rhue, weil er in seinem Vater, und sein Ba¬ ker in ihm ist, indem beyde nur eine Wesenheit haben. Jesus Christus hat aber die Macht, alle Men» 497 Menschen zu richten, nicht nur als Sohn Got¬ tes, sondern; auch als Sohn des Menschen, ( Ebend. 27.) wie er es selbst sagt; und in dieser Eigenschaft wird er allein auf eine sicht¬ bare und sinnliche Art, die Gewalt die Welt zu richten ausstben, weil er sich allein durch die Menschwerdung sichtbar gemacht hat, und er allein Sohn Gottes und Sohn des Menschen zugleich ist. Als Sohn Gottes wird er mit seinem Vater unsichtbar, und als Sohn des Menschen sichtbar richten. Als Gott hat er alles Licht, alle Weisheit, alle Gerechtigkeit und alle Macht zu richten; und als Eottmensch hat er diese Macht durch seinen Tod und seine Auferstehung erworben. Darum, sagt der Apo» siel, ist Christus gestorben und wieder auf¬ erstanden , auf daß er so wohl über die Tobten als über die Lebendigen herrsche, ( Röm-14, 9,) Die Zeit wird kommen, wo die Tobten die Stimme des Mrnschensohnes hören werden; er wird sie aus den Gräbern heraus rufen, und sie alle in seiner Gegenwart versammeln, um jeden zu untersuchen und zu richten, je nachdem er Gutes oder Böses gethan hat. Dieser Hirt wird die Schafe von den Böcken, diesen un¬ reinen Thieren, absondern. Die Schaft werden mit ihm in den ewigen Schafstall gehen; die andern aber Mit dem Teufel in die ewigen Flam¬ men gestürzet werden. ES scheint gerecht und billig zu seyn, daß Jefus.Christus zum höchsten Richter allerMen- I t schen 498 scheu bestehet werde. Er kam, ihr Heil zu wir¬ ken , ihnen die nothwendigen Gnaden zu ver, dienen. Er ist das Haupt der ganzen Kirche geworden. Deswegen hat ihm sein Vater die Macht zu richten gegeben, auf daß er diejeni¬ gen selig mache oder verdamme, die seine Gnat den , seine Gcheimnißc und alles, was er für sie gethau hat, gebrauchet oder gemißbrauchet Huben; auf daß er die Menschen, für welche er Mensch wurde, belohne oder strafe. Wir kön¬ nen an dieser Wahrheit nicht zweifeln, nach¬ dem Jesus Christus uns selbe gelehrtt, und die Apostel geprcdiget haben. Dieses verkündigte der heil- Petrus den Völkern.- Iesus Christus hat uns befohlen zu predigen und vor der ganzen Welt zu bezeugen, daß er jener von Gott gesetzte Richter der Lebendigen und Tobten sep, ( Apostelgesch. .io, 42.) Er wird uns an der Stunde des Todes, und am Ende der Zeiten nach der Auferstehung aller Mensche" richten. Das erste wird das besondere, das jweyte das allgemeine Gericht genannt. Wir werden Zesum Christum in diesem zweyfacht" Gerichte betrachten. - §. I- von dem besonderen Gerichte. K. Gibt es ein besonderes Gericht, welches an der Stunde des Todes eines jedweden g" , schicht? A- Der Apostel sagt uns, der Spruch siv gefällt, baß dir Menschen einmahl sterben müs¬ sen; 499 sen; (Hebr. y- 27.) und daß nach ihrem To» de, ihre ^Seele vor dem Richterstuhle Jesu Christi erscheinen müsse, um da gerichtet zu wer» den. Das Gleichniß von dem reichen Mann und dem Lazarus laßt uns daran nicht zwei¬ feln, da wir sehen, daß dieser Reiche im Feuer gepeiniget, und der Lazarus zum Besitz ewiger Güter ausgenommen wird ; daß nach dem Tode der Arme von den Engeln in den Cchooß Abra¬ hams übertragen; der sündhafte Praßer aber m der Hölle begraben; einer gleich nach diesem Leben belohnet, der andere bestrafet wird : wel¬ ches man nicht sagen könnte, wenn es nicht ein besonders Gericht gäbe. 8- Wird das besondere Gericht schrecklich seyn, und muß man es fürchten? A. Aus drey Hauptursachen müssen wir die. fes Gericht fürchten. Die erste ist, weil Jesus Christus über alle Dinge, über das Gute und Böse, das wir werden gethan haben, nach sei¬ ner Wahrheit; die zweyte, weil er nach der Heiligkeit' seines Lebens; die dritte, weil er nach seinen Erbarmungen und Wohlthaten rich¬ ten wird. i. Jesus Christus' wird über alles nach sei¬ ner Wahrheit richten. Dieser göttliche Heiland erschien auf Erden als Lehrer i der Wahrheit, um Menschen darinn zu unterrichten, und sie zu lehren, was sic glauben und thun sollen, um zur ewigen Seligkeit zu gelangen. Stellen wir uns also eine Seele vor, welche die Wahr« 3 i 2 hei- Zoo Heiken Les andern Lebens nur sehr schwach Klaubte: auf einen Augenblick tritt sie in die Geisterwelt über; der Vorhang des Fleisches wird zerrißen, der Kerker ihres Leibes fällt zu¬ sammen. Ungewiß, was mit ihr geschehen soll, sieht sie eine fürchterliche Ewigkeit unter ihren Füßen, und eine Glückseligkeit über sich, ohne zu wissen, welche ihr zu Lheil werden wird. In diesem Zustande wird sie ihrem Richter, allein mit ihrem Gott, in einer tiefen Einsamkeit, von Niemanden begleitet oder verstanden, zu dem Fuße dieses höchsten Herrn vorgestellt, um für die Ewigkeit untersuchet und gerichtet zu werden. Dieser König — allein — von allen seinen Unterthancn verlassen; die Reichen der Welt, diese weltlich gesinnten Weibsbilder, diese wollüstigen Mannsbilder — allein vor Je¬ su Christo. Wir selbst werden bald allein hey diesem göttlichen Heiland seyn: der alle Volker der Erde nach seiner Wahrheit richten« wird, sagt der Prophet; (Psalm 95.) nicht nach den Wahrheiten ,die sich die Menschen machen: sie Halten oft für Wahrheiten, was weiter nichts als Jrrthum und Lüge ist. Man macht sich selbst Regeln, nach denen man über Tu¬ genden und Laster urtheilet. Nach diesen Re¬ geln sehen mehrere den Wucherzins, die Pracht die Schauspiele für erlaubt an. Nach eben die¬ sen Regeln urthejlet man von den Vorberei¬ tungen zur Communion auf eine Art,dieihrer Heiligkeit unwürdig ist. Die Wahrheit Jesu Chri- 52 r sii ist unveränderlich und ewig; sie ist eine un¬ wandelbare Regel, sehr verschieden von den Regeln der Menschen, welche dieselben nachih" ren Neigungen beugen- Jesus Christus wird von unserm Lebenswandel nicht nach der Mei¬ nung eines Privatlehrers urtheilen; sondern er wird untersuchen, ob unser Leben der ewigen Wahrheit gemäß war; diese aber ist nichts an¬ ders , als das Wort Gottes, das Licht aller erschaffenen Geister, die allgemeine Vernunft, die alle Menschen lehret, daß man Gott allem verstehen, die Tugend suchen, das Laster flie¬ hen, dem Nächsten nicht thun soll, was man selbst nicht gerne hat, und viele andere Stucke, welche in unserem Herzen geschrieben sind- Jesus Christus, dieser große Lehrer der Wahrheit, lehrete uns noch viel mehreres durch sich selbst, da er sein Evangelium verkündigt?; durch den heil. Geist, den er seiner Kirche schenkte; und durch die Apostel, die in seiner Schule unterrichtet waren. Wir werden über diese in der heil. Schrift geschriebene Wahr- h eiten gerichtet werden- Ich sah, sagt der heil. Joh., die Lobten, groß und klein vor dem Throne stehen, und es wurden die Bücher aufgethan: und die Lobten wurden gemäß dem, was in -en Büchern geschrieben war , nach ihren Werken gerichtet , (Offenb- 20,12.) Dieser Heilige redet nicht von einem Buche al¬ lein, das aufgethan war, sondern von mehre¬ ren-lasset unS sehen, waS dies für Bücher sind. DaS 502 «ZAHH Das erste ist das Buch des Lebens. Werin dem Luche des Lebens nicht ist gefunden wer, den, sagt der heil. Joh-, wurde in den feuri¬ gen Pfuhl geworfen, ( Ebend. 15.) Sind wir darinn geschrieben? Werden wir aus jener klei¬ nen Zahl der Auscrwählten seyn? Dies ist in der That ein Geheimniß; doch ist es wahr, daß wir darinn seyn werden, wenn wir die Gebo.- the des Herrn beobachten, wenn wir auf dem Wege des Evangeliums beharrlich einher gehen, wenn wir Jesu Christo, dem Bilde des unsicht¬ baren Gottes gleichförmig sind. Das zweyte Buch, das Key unserm be? sonderen Gerichte wird aufgetha» werden, wird das Luch des Evangeliums seyn. Dies ist die Regel aller Christen, der Könige, der Hirten, der Reichen, der Herren, der Die¬ ner, der Leitern, der Kinder, der einsam Le¬ benden, der Jungfrauen. Alle diejenigen; die nicht nach dieser Regel gelebt haben, werden verdammt. Gort, sagt der Apostel, wird nach seinem Evangelium die geheime Dinge der Menschen richten, (Röm. r, 16.) und an den¬ jenigen Rache üben, welche dem Evangelium unsers Zerrn Iesu (Lhristi nicht Gehorsam lei¬ sten, (»-Dhess. 1, 8.) Das Gewissen eines jedweden wird daS drit¬ te Buch seyn, das aufgethan wird. Sille un¬ sere Urtheile, alle unsere Begierden, alle unse- re Neigungen, alle Anhänglichkeiten und alle unsere Handlungen sind eben so viele Worte, wel- welche wir in dieses Buch hinein schreiben. Fin¬ det da Jesus Christus sein Gesetz durch den Finger Gottes eingedrückt, so wird dies die Ursache unserer ewigen Seligkeit seyn; ist aber in diesem Buche weiter nichts, als was von der Begierlichkeit kömmt, so wird dies die Ma¬ terie unserer ewigen Vcrdammntß seyn. Das vierte Buch, das aufgethan wird, wird das Buch unserer Taufgelübde seyn: bey der Taufe nahm uns der Vater an Kindesstatt auf, und wir wurden Brüder, Glieder und Bräute Jesu Christi, und der Tempel des heil. Geistes, lieber alle diese Eigenschaften werden wir ge¬ richtet; wie über das große Versprechen, wel» ches die Engel in Himmel trugen, und welches uns vor dem Richterstuhle Jesu wird vorgelegt werden. Dieses unauslöschliche Zeichen, das un¬ serer Seele durch dieses Sacrament eingeprä- get wurde, und uns von allen übrigen Natio¬ nen unterscheidet ; und dieses weiße Kleid, das man uns anlegte, werden eben so viele Zeu¬ gen und Ankläger seyn, die wir wider uns ha¬ ben werden, wenn wir ohne dasselbe vor Jesu Christo erscheinen , oder es mit den Tbränen der Buße und im Blute des Lammes nicht werden gewaschen haben. Jesus Christus selbst wird das fünfte Buch seyn, das vor unseren Augen wird aufgethan werden. Es ist mit sieben Siegeln verschloßen; damahl werden sie alle weggenommen, und wir werden alle seine Geheimaiße, seine Tugenden, sei-' Zo4 seine ganze Denkungsart und Verfassung sehen : über alles dieses werden wir gerichtet, und dies ist die zweyte Ursache, warum wir das be¬ sondere Gericht fürchten müssen- Denn dieser göttliche Heiland ist nicht nur der Lehrer der Wahrheit, sondern auch das Muster, nach wel, chein wir unser Leben und Betragen einrichten müssen. 2. Jesus Christus war in allem heilig, so wohl als Gott, als auch als Mensch. Er ist von aller Sünde, von allen Gebrechen und aller Unvollkommenheit unendlich entfernet. Ach! wie wird diese Heiligkeit Gottes dem Sünder schrecklich vorkommen, wenn er sich so sehen wird, wie er ist, und sich vor diesem heil-Gott wird stellen müssen, um gerichtet zu werden- Jesus Christus wird uns damahl alles, was er Ist, alle seine Tugenden und Eigenschaften ent¬ gegen halten. Er wird seinen Geist unserm Gei¬ ste, sein Herz dem unsrigcn Herze, seine Hand« lungen unfern Handlungen, sein Leben unserm Leben, sein Betragen dem unserigen entgegen fetzen, um zu untersuchen, ob er in uns die notwendige Gleichförmigkeit finden werde, um ein gnädiges Urthcil fällen zu können. Wer wird dieses Entgegenstellen aushalten können? Und wer wird vor diesemNichterstuhle bestehen kön¬ nen, wo Jesus Christus selbst Richter, Zeuge und Ankläger, und sein Gesetz die Regel styn wird, nach welcher wir gerichtet werden? wird uns sagen. Hier ist meine Liebe, wo ist HASH 5°; die deinige? Hier ist meine Demuth, meine Ge¬ duld; wo ist die deinige? Hier ist meine Eanft- muth, meine Liebe zur Keuschheit, meine Ar- muth; wo ist die deinige? Stellen wir sie gegen einander. Welche Beschämung für einen Geitzi- gen, nach der Armuthsliebe Jesu gerichtet zu werden; — für einen Stolzen und Hochmüthi- gen , nach den Demüthigen Jesu Christi gerich¬ tet zu werden, der da floh, da man ihn zum Könige machen wollte, und sich als den Ge¬ ringsten der Menschen behandeln ließ; — für einen Rachsüchtigen, nach Jesu Christo gerich¬ tet zu werden, der für seine Feinde bethetc und starb!,rc. re. Dieser Gottmensch hat, um uns zu betäuben , nicht nöthig sich der Blitze und Donner zu bedienen; er darf sich uns nur dar- siellen. Seine Person allein, sagt der Apostel, und der Glanz seiner Herrlichkeit wird die Sün¬ der mit einer entsetzlichen Schamröthe überschüt¬ ten. Den weltgesinnten Weibsbildern, die auf ihre Schönheit so eifersüchtig und in ihrem Putze so eitel sind, darf er nur sein mit Dör¬ nern gekröntes Haupt und sein geschlagenes und angespieenes Angesicht darstellen. Denjenigen, welche die Wollüste der Sinne und des Flei¬ sches lieben, darf er nur seinen verwundeten und getödteten Leib sehen lassen. Welcher Sun» der wird bep dem Anblick dieser großen Ge¬ genstände nicht beschämet werden ? Keiner wird dieses Entgegenstellcn aushalten können; ohne auf so6 HAM auf den Spruch ju warten, wird er suchen, sich in die Hölle zu stürzen. z. Die dritte Ursache, warum wir das be¬ sondere Gericht fürchten müssen, ist, weil wir nach den Erbarmungen Gottes und nach der Meng« der Wohlthaten, die wir von unserm Erlöser empfangen haben, und worüber er von uns genaue Rechenschaft fordern wird, werden gerichtet werden. Bey seinem Gerichte werden wir auch über die kleinste Gnade untersuchet werden - je größer und häufiger sie werden ge¬ wesen seyn, desto genauer und strenger wird auch sein Gericht seyn. Wer fünf, und wer nur zwey Pfunde empfangen hat, diese werden Rechenschaft geben, je nachdem ein jeder em¬ pfangen hat. Wer mit dem einzigen, das ihm der Hausvater gab, nicht gewirthschafttt hat, wird wie ein unnützer Knecht in die Finsterniße geworfen werden. Wie groß sind nicht die Gna¬ den , die wir von Jesu Christo empfangen ha- den! Was für Geheimniße sind nicht über uns gewirket worden! Was für Sacramenke sind nicht zu unserer Heiligung cingesetzet und aus- getheilet worden ! Welche Erleuchtungen, wel¬ che Kenntniße, welche Triebe hat nicht verheil. Geist in uns hervor gebracht! Welche Heilsmit¬ tel haben wir nicht in der Kirche! Alle diese Dinge sind eben so viele Wirkungen der Barm¬ herzigkeit Gottes, derer Mißbrauch den Schul¬ digen eine schreckliche Verdammniß auf den Hals ziehet. Denn die Juden werden am Tage des Ge- HAM Gerichts strenger behandelt werden, als die Einwohner Sodoms: die Christen strenger alS die Juden, weil sie größere und häufigere Gna¬ den hatten. Was werden wir antworten kön¬ nen, wenn Jesus Christus das Gericht mit unS vornehmen wird, wie mit dem Weingarten'dtn er mit seinem Blute erkaufet hat? Erhebung des (Nemüthes zu Jesu Thrifts unserem Richter in der Stunde des Todes, Ich muß also sterben, o mein göttlicher Heiland! dieser Spruch ist unwiderruflich, ein Gott ist es, der ihn gefällst hat; und nach dem Tode vor deinem Richterstuhle erscheinen, um gerichtet zu werden. Dir hat der Vater die Macht übergeben, mich zu richten. Du hast die höchste Herrschaft über mich, so wohl als Gott, als auch als Mensch; und nachdem du mir das Leben wirst genommen haben, wirst du über mich das Amt eines Richters ausüben. Wie gerecht und billig ist es, daß du es rhuest, nachdem du so oft das Amt eines Erlösers / eines Mittlers, eines Priesters und Opfers, eines Hauptes und Hirten ausgeüber hast. Aber, was wird mit mir geschehen? Wie werde ich mich getrauen, vor dir zu erscheinen? Mein Herr und Fleisch rohlocktt zuweilen, da ich dachte, daß ich dein Gesicht sehen werde. Jel? über- 5-8 überfällt eben dieses Herz und Fleisch eine schreck- bare Furcht, wenn ich denke, daß du mich richten, und dabey keine andere Regeln haben werdest, als deine Wahrheit, die Heiligkeit Leines Lebens und die Menge deiner Wohltha- ten. Wenn ich mich, ohne mir zu schmeicheln, untersuche, so sehe ich, daß ich mein Leben nach deiner Wahrheit und nach deinem Evan¬ gelium nicht eingerichtet, sondern mich dem Strome der Welt überlassen habe. Ich habe mich nicht bemühet, mir deine Gesinnungen ei¬ gen zu machen; sondern ich habe mich der Spra¬ che, der Lebensart und den Handlungen der Welt gleichförmig gemacht. Ich finde fast nichts in mir, was die Züge und das Bild des hiiü- lischen Menschen in sich hätte. Ich zittere, wenn ich denke, daß mein Grift, mein Herz, meine Beschaffenheit, mein Thun und Lassen, mein ganzes Leben dem deinigen wird entgegen ge¬ halten werden, indem ich da eine unendliche Unähnlichkeit wahrnehme. Ich finde in mir so wenig Züge deiner Liebe, deiner Demuth,bei- ' nes Geistes der Armuth, deines büßenden und gekreuzigten Lebens. Dein Apostel ruft mir zu, baß man dir ähnlich seyn müsse, um selig zu werden; und findest du in mir diese Aehnlich- keit nicht, so kann ich für mich nichts anders erwarten, als einen Spruch der ewigen Ver¬ werfung. Kann ich dies Wort ohge zu schau¬ dern aussprechen ? Was soll ich in dem betrüb¬ ten Stande thun, in den mich deine Gerechtig¬ keit kcit versetzt? Ach! Herr es ist Zeit, daß ich meine noch übrigen Tage anwende, deinen Zorn durch eine aufrichtige Buße zu besänftigen. Ich sehe mich für einen Uebelthäter an, den man vieler Ausschweifungen überzeugt, im Ker¬ ker verwahrt, und nur leben läßt und das To- besurthcil nur verschiebt, auf daß er Mittel finde, seine Richter anzufleben, und Gnade zu erlangen. Ist es möglich, daß ich in dieser La» ge an Scherz und Kurzweil denke, und mich meinen Leidenschaften ergebe? Nein, Herr Je¬ su, mein Leben wird hinfüe weiter nichts als ein Todtleben seyn. Veber den Anblick meiner vorigen Ausschweifungen erschrecket, und voll der Hoffnung, Gnade zu finden, rufe ich zu dir von dem Abgrunde, in den mich meine Sün¬ den stürzten; ich rufe zu dir, mit mir Mitleid zu haben, und das Gebeth, das ich zu diy ausgieße, zu erhören. Ich weiß, daß, wenn du meine Sünden nach der Strenge deiner Gerech¬ tigkeit untersuchen willst, ich vor dir, nimmer¬ mehr werde bestehen können. Auch ein ziemlich ehrbares Leben würde vor dir lasterhaft scheinen, wenn du es ohne Barmherzigkeit richtetest. Al¬ lein , o liebvoller Jesu! du läffcst dich zur Er- barmung bewegen, und du bist selbst das Der- söhnopfer für die Sünden der Menschen. Ich werde mit Geduld warten, bis du mir Barm¬ herzigkeit «-weisest. Dein Gesetz und deine Der» , Sion zu verzeihen, wenn es von Sanzem Herzen zu dir zurück kehret, lasten mich Hof- Zio hoffen, daß du aller meiner Bosheiten verge¬ ßen werdest. Behandle mich, wie du willst, durch die noch übrigen Tage meines Lebens- Quäle mich, beuge mich mit Mühseligkeiten; ich werde doch immer auf dich hoffen; in die¬ ser Hoffnung werde ich Morgens ausstehen und Nachts zur Ruhe gehen, indem ich mich erin¬ nere , daß du voll der Barmherzigkeit bist, seit dem du für mich gestorben bist, mich zu er!ö' sen. O Tod meines Erlösers, der mir einen un¬ endlichen Ueberfluß der Gnaden, um mich von meinen Sünden zu befreyen, verschaffet hat! durch diesen Tod hoffe ich, dir Knechtschaft mei¬ ner Leidenschaften zu verlassen, und von dir nicht ehe gerichtet zu werden , bis du mich vor meinen Sünden wirst befreyet haben. Amen. II. von -em allgemeinen Gerichte. Jesus Christus wird die Menschen nicht nur in ihrer Sterbstunde, sondern auch zu Ende der Zeiten und am jüngsten Tage richten, wie er es selbst im Evangelium sagt, und die Apostel uns gelehret haben. Dieses bekennen wir, da wir den Glauben bethen. Wir glauben, daß, nachdem Jesus Christus das Werk unserer Er¬ lösung vollendet hat, und in den Himmel ge¬ fahren ist, wo er zur Rechten seines Vaters sitzt, er von dannen kommen werde, kie Leben« digen und Tobten zu richten. Wir neu»--- ftS Gericht daS allgemeine Gerichte, wellte HAHK Fl! über alle Menschen geschehen wird, die sich in der Gegenwart Jesu Christi nach Erwe¬ ckung aller Tobten versammeln werden- Der heil. Thomas gibt drey Ursachen an, um die Nothwendigkeit dieses allgemeinen Gerich¬ tes zu beweisen, l- Der Mensch, als eine Pri¬ vatperson , antwortet Gott allein, uud wird in der Stunde des Todes besonders gerichtet- da. mahl kennt er allein die Gerechtigkeit GotteS und die Billigkeit seiner Urtheile. Aber als eine öffentliche Person, als ein Theil der Gesell¬ schaft, muß er vor allen Menschen gerichtet werden, und die Gerechtigkeit Gottes über al¬ le Menschen kennen. 2. Der Mensch muß der Seele und dem Leibe nach belohnet und gestra- fet werden, weil er mit beyden diesen Theilen Gott entweder verherrlichet oder beleidiget hat! bry dem besonderen Gerichte wird nur die See¬ le gestrafet oder belohnet. Z. Es muß, sagt die. ser heil- Lehrer, ein allgemeines und öffentli¬ ches Gericht seyn, um das Verhalten GotteS gegen die Menschen , seine Fürsorge, seine Darm. Herzigkeit, seine Wahrheit und den Sieg seiner Gnade zu rechtfertigen; um vor allen die Lu. gend der Gerechten, ihre Unschuld , ihre guten Werke und die Heiligkeit ihres Lebens zu of¬ fenbaren , um die Laster der Verworfenen, ihre öffentlichen Ausschweifungen, ihre lasterhaften Begierden und ihre schändlichsten und verbor¬ gensten Handlungen zu entdecken; um die fre- vkntltchrn und ungerechten Urtheile, die man über 612 über unschuldige Personen gefället hat, anS Taglicht zu bringen und zu Schanden zu ina- chen. F. Wie müssen wir diesen Tag des allgemein nen Gerichtes betrachten? A. Wir müssen ihn als den Tag der Offen¬ barung aller Dinge betrachten, r. Bey diesem Gerichte wird sich Jesus Christus zu kennen ge¬ ben. 2. Cr wird alle Menschen zu kennen ge¬ ben. z. Er wird das Nichts der Welt sehen lassen. Lasset uns alle diese Stücke, eines nach dem andern betrachten. e. F. Wie wird sich Jesus Christus zu ken¬ nen geben? A. Jesus Christus wirb auf dieser Welt nur von sehr wenigen gekannt. Nur die Christen haben einige, aber auch sehr unvollkommene Kenntniße davon, obschon sie die ganze Glück¬ seligkeit des Menschen ausmacht. Die Liebe ir¬ discher Dinge beschweret unfern Geist und un¬ ser Herz, und -er thierische Mensch verstehet die Dinge -es Geistes Gottes nicht, (i.Kor. 2, 14.) Durch verschiedene Beschäftigungen zerstreuet, oder auf eitle und unnütze Wissen¬ schaften , die nur den Stolz des menschlichen Geistes aufblähen, gestützet, wollen wir uns auf die Betrachtung eines Gegenständen, der uns zu sehr demüthigte, nicht verlegen. Jesus Christus verbirgt sich selbst, und entdeckt siH uns nicht ganz, um unseren Glauben zu üben. Allem, an diesem letzten Tage werden ihn alle MeN- HAd 5lZ Menschen sehen, so wie er ist: die Juden und die Heyden, die Christen und Ketzer, die ihn in seiner Gottheit, in seiner Menschheit und in seinen Gcheimnißen bestritten haben, werden ihn kennen. Da gibt es keine Dunkel¬ heiten, keine Finsterniße, keine Vernänfteleyen mehr , seine Jrrthümer zu vcrtheidigen- Da wird man Jcsum Christum mit großer Macht und Majestät bekleidet sehen. Alle Größe der Welt wird in seiner Gegenwart verschwinden: was immer Großes in der Welt war, wird vor Jesu Christo ohne Pracht und Glanz er¬ scheinen. Alle Menschen werden durch den An¬ blick Jesu gedcmüthiget und beschämet werden» Alle werden ihn kennen r Der Zerr gibt flch zu kennen, sagt der Prophet, da er Recht schaffet, ( Ps. 9, 17.) Die Juden werden den sehen, den sie zum Tode verdammet, und in den sie gestochen haben, ( Joh. 19, Z7 ) Sie werden ihn sehen, als den Messias, den sie erwarteten, und den sie verwarfen. Die Ne¬ storianer, Arianer, Sabellianer und andere Ketzer werden ihn als den wahren Gott, als ewig und eines Wesens mit dem Vater, als wahren Gott und wahren Menschen sehen müssen. Alle Sünder, die ihn mit Füßen ge¬ treten und verfolget haben , werden ihn kennen. Dieser wahre Joseph wird zu ihnen sagen: ich bin es, den ihr nach Egypten verkauftet. Wel¬ che Verwirrung, welcher Schrecken wird sich des Herzens aller Sünder bemächtigen, wenn K k sie Z i4 HAM» sie sich in Gegenwart desjenigen sehen wer¬ den, den sie verachteten, und der sie richte« soll! Er wird uns seine (Gerechtigkeit und Macht, seine Barmherjigkeit und Liebe, die Wohithaten und Heilsmittel, die er uns gab, die Geheimniße, die er für uns wirkte, di« Gnaden und Sacramente, die er uns hinter- ließ, kennen lassen. Er wird alles entdecken, was er ist, und was er hat. „ Da der Sohn ,, Gottes auf die Welt kam, sagt der heil. An« gustin, verbarg er die Majestät seiner Gott, „ heit unter der Decke unserer Menschheit, auf ,, daß er uns durch seinen Glanz nicht blende- >> te, und durch die Bande seiner Liebe an „ sich zöge; bei- seiner zweyten Ankunft aber „ wird er seine ganze Größe und Majestät oh- „ ne Schleyer zeigen. " Dieser Anblick wird die Verworfenen nicht trösten, sondern zu Schanden machen, und in die entsetzlichste Ver¬ zweiflung stürzen; da er indessen die Freude «nd Glückseligkeit der Auscrwählkcn ausma-- chen wird. s- Jesus Christus wird bey seinem letz' tem Gericht alle Menschen, all ihr Thun und Lassen, ihre Denkungsart und Beschaf¬ fenheit aufdecken und bekannt machen. Je¬ der wird sich sehen, so wie er ist, und eben so von allen Menschen gesehen werden, auf daß jeder die Billigkeit der Gerichte deö Herrn kenne. Damabl wird Jesus Christus die Hei¬ ligkeit seiner Nuserwählten, ihre Gottseligkeit, alle sr s alle guten Werke offenbaren, die fi« vor den Menschen zu verbergen suchten. Da werden jene Menschen, die in den Einöden gewöhnet, wo sie sich vergruben, uni nur von Gott al» lein gekannt zu werden, glänjend hervor tre¬ ten , und mit Herrlichkeit und Unsterblichkeit bekleidet werden- Jene Christen, welche wäh¬ rend ihres Lebens wie Bäume, die den Winter hindurch aller Schönheit beraubet sind, -uftyn schienen, wenn sich Jesus Lhristus, ihr Le¬ den, offenbaren wird, alsdenn werden auch sie mit ihm in der Herrlichkeit gesffenbaret werden, (Koloff. Z, 4.) Dieser Tag wird für sie gleichsam ihr Frühling seynDann wird man einsehen, daß ihr Leben in Gott mit Je¬ su Christo verborgen war. Alle Sünder, alle Weltgesinnten, alle Gottlosen, welche das Le» den so vieler Christen, die nach dem Evange¬ lium lebten, und so vieler Büßer, die ihr Fleisch sammt ihren Leidenschaften kreuzigten, als eine Lhorheit ansahen, werden sie mit Eh¬ ren unter die Zahl der Kinder GotteS gestellet sehen. Man wird die Heiligkeit, die Unschuld und Redlichkeit so vieler Gerechten entdecken, welche durch die Verleumdung und Bosheit ihrer Feinde unterdrücket worden sind; ihr^ Verfolger werden durch die Verherrlichung der¬ jenigen, die sie verdunkeln wollten, zu Schan¬ den werden. Nicht nur die Gerechten allein, auch die Sünder werden geoffcnbaret werden. Viele Dinge hindern uns, uns selbst zu ken- Kk 2 üen: HASH nen. die Unwissenheit,- die Dergeßenheit, in der wir leben, das wenige Nachdenken, was in uns vorgehct, die Schmeichelei» und die falschen Lobfprüche die man unS gibt, blenden uns, und machen uns glauben, wir seyen so, wie man es uns sagt. Am jüngsten Tage aber wird uns nichts hindern, uns zu sehen und zu kennen. Wir werden von allen Menschen gesehen werden, ohne daß wir uns verbergen könnten; alle Decken sind weg. Man bedeckt sich wie Adam mit einigen Baum» blättern; man sündiget, und will nicht Sün» der scheinen. Alle Sünden, welche die Scham» röche oder Heucheley zudeckt, die Sünden der Dergeßenheit, der Unwissenheit, der Nachlä- ßigkeit, der Unterlaßung werden vor allen Men» schen aufgedecket werden: Jesus Christas wird sie in das große Tageslicht stellen. Treh ich will an dich, spricht der Zerr der Zeerschaaren, und will -eine Schaam vor deinem Amgefichte aufde» cken: -eine Bläße will ich -en Zeyden zeigen, und den Ränigreichen deine Schande, (Nahum 3,5-) Die Sünden der Unwissenheit werden auf» gedecket. Viele Leute leben, ohne zu wissen, was sie Kraft ihres Standes wissen sollten: ein König, ein Hirt, eine Eerichtsperson, ein Vater, eine Mutter re. leben oft dahin, ohne ihre Pflichten zu kennen, und fallen oft in Sünden, die sie nicht kennen. Daniahl aber wird alles offenbar werden, und diese Unwis¬ senheit wird sie nicht entschuldigen, weil sie die EASH 517 die Pflichten ihres Standes hätten wissen kön¬ nen und sollen. Jesus wird auch alle verges¬ senen Sünden aufdecken. Man betäubet sich selbst auf der Welt; man will seine Laster nicht gegenwärtig haben; man ist froh, sie zu vergeßen; man wendet hierzu alles an, auf daß man die Gewissensbiße nicht fühle. Allein, an diesem Tage wird sie Gott aus der Tie¬ fe der Unwissenheit ziehen, und das Anden¬ ken derselben erneuern. Alles wird da un¬ tersuchet und aufgedccket werden; die geheime- sten Gedanken und Begierden; alle jene wider¬ sinnigen und lasterhaften Absichten, die man im Herzen hegece; alle diese sündhaften Bli¬ cke ; alle Worte, von den bösen Nachreden, Verleumdungen und Gotteslästerungen, bis auf die unnützen Worte. Unsere Sünden werden nicht nur geoffenbaret, sondern auch die Zahl, die Fol¬ gen, die Lergerniße, die sie verursachet haben, und alle Umstände auch der schändlichsten Laster. Jesus Christus wird nicht nur untersuchen, ob man fremdes Gut gestohlen, sondern auch, ob man Almosen gegeben hat, u. s. w.: die frem¬ den Sünden, das ist, die Laster, die aus un« screr Schuld von andern begangen werden; den» es gibt Stände, wo es fast unmöglich ist, allein selig zu werden, weil man für jene gut stehen muß, über die man zu befehlen hat. Die Kinder sündigen oft auf die Rechnung h- rer Aeltern, die Dienstbothen auf jene ihre Herrn, daS Volk auf jene der Hirten und Lan¬ des- 518 EM desfürsten , der Statthalter, Herrschaften Md Richter: alle diese Menschen, welche einiges Ansehen über andere hatten, werden vor Gott erscheinen; der Landesfürst mit seinen Unter- thanen,der Hirt mit seinem Volke, der Haus¬ vater und die Hausmutter mit ihren Kindern und Dienstbothen. Es wird graulich über die Gberherren kommen, und ein scharfes Gericht Über fie gehen, (B. d. Weish. 6, 6.) Gott wird von der Hand des Königes die See¬ len seiner Unterthanen; von einem Hirten und Gewissensrathe die Seelen derjenigen fordern, die ihm anvertrauet waren: der blinde Füh¬ rer wird mit den Blinden, die er führte, zu Grunde gehen. Alle diese Dinge wird man in der Wissenschaft und in dem Lichte Gottes selbst sehen; durch dasselbe wird er alle Menschen erleuchten, um sich ju sehen, und von einander gesehen zu werden. Gr wird sich nicht vieler Beweise bedienen, um die Sünder ihrer La, ster zu überzeugen: sie werden durch ihr eigenes Gewissen, welches ihnen das göttliche Licht aus dem Gründe^ zeigen wird, davon überwiesen werden. F. Welches ist das dritte Stück, das Zesus Christus am jüngsten Tage offenbaren wird? 2t. Jesus Christus wird am jüngsten Tage das Nichts der Welt sehen lassen. Die Liebha¬ ber der gegenwärtigen Welt haben von ihr nur falsche Begriffe: sie sehen selbe als etwas Gro¬ ße-, Schönes und Angenehmes an- Durch die ver- 519 verschiedenen Gegenstände ihrer Leidenschaften betrogen und verführet, hängen sie ihnen an, und machen sich Abgötter daraus. Aber der Tag des Herrn wirb kommen. Dies wird ein Tag dcS Lichtes seyn, der die Jrrthümer und Vorurtheile der Menschen auf ewig verscheuhen wird. Ein Tag, wo Jesus Christus die Welt für das letztemahl richten wird. Er hat sie schon am Kreuz« verdammt, wie er es selbst sagt: Nun, sagte er kurz vor seinem Tode, ist das Gericht der Welt, (Joh. 12, rz-) Auf die» sem Richterstuhle, der Schmach«, der Armuth und deS Leidens verdammte er den Stolz der Weltgesinnten, die Liebe der Reichthümer und Wollüste. Er zeigte ihr Nichts und ihre Nie¬ drigkeit durch die Verachtung, die er gegen sel¬ be bewies, und durch den Fluch, den er über alle diese Dinge sprach. Er gab zu kennen, wie sehr die Welt verabscheuungswärdig ist, was ihre Liebhaber nicht begreifen können. Allein, der Tag des Gerichtes wird sie davon überzeugen. Damahl wird alle Größe der Welt verdunkelt seyn; waS immer die Welt Großes hatte, wird vor Jesu Christo ohne Glanz erscheinen; es werden die kandesfürsten mit ihren Unter- thanen vermischet; die Priester wie das Volk, die Herren wie ihre Dienstbothcn seyn- Oer Tag de» Herrn der hcerschaaren ist vorhanden über alle, di« stolz und Hochmut hig find, und über alle hoffärtige, über alle hohe und aus¬ gewachsen« Lederbaume am Libanon und über . !le 52o alle Eichbaume zu Basan; alle diese sollen er, niedriger werden; und mit den Götzen wird es aus sepn; -en der Zerr allein wird an sel¬ ben Tage erhöhet «erden, (Esai. 2, 12 , iz ) Man wird nichts Großes sehen als die Tugend, die Armuth des Geistes, die Demuth, die Gott¬ seligkeit, die Verachtung die man gegen alle Dinge der Welt wird bewiesen haben. Die Wcltgesinnten werden von aller ihrer Größe, von allen Gegenständen ihrer Wollüste, und von allen Gütern, die sie besaßen, entblößet wer» den; sie werden vordem Allmächtigen nacket er¬ scheinen; sie werden die Erde und dieses unge¬ heure Weltall in Staub zerfallen sehen. Die reichesten und schimmerndesten Kronen, die Zepter der Könige und Kaiser, das Gold und Silber, die Perlen und kostbaresten Steine, die prächtigsten Hausgeräthe, die herrlichsten Gebäude, aller Putz der Eitelkeit, alles wird eine Nahrung des Feuers seyn, das vor dem Herrn daher gehen wird, und es wird von die¬ sem großen Weltall weiter nichts als die Asche einer ungeheuren Feuersbrunst übrig bleiben. An diesem letzten Tage wird man im Lichte Gottes sehen, wie die Herzen aller Weltge- sinnten eine dVohnuny der Teufel UN-ein Auf¬ enthalt aller unreinen Geister sind, ( Offenb. r8, 2.) Alles wird die Wuth und Verzweif¬ lung der Verworfenen, wovon ihr Herz wird zerrißen werden, an den Tag legen. Gott wird auf einer Seite dieses Babylon der Welt, und auf 52! sufber anderen das himmlische Jerusalem; die Welt mit ihren Lastern und Ungerechtigkeiten, die Gottseligkeit mit ihren Werken und Lugen- den stellen diese wird der Gegenstand des gan« zen Wohlgefallen Gottes, die Welt aber der Gegenstand seines ewigen Zornes und Haßes seyn. Alle Engel und Menschen werden den Glanz und die Schönheit des obern Jerusalems bewundern; hingegen das Weltbabylon, diese Sünbeustadt, mit Abscheu betrachten, weilst? auf ihrer Stirne und in ihrem Herzen weiter nichts als das Zeichen des Thiercs tragen wird. Wir werden sie sehen, diese heil- Stadt, die nicht mit der stolzen Pracht der Weltge- sinnten gezieret seyn wird; ihre Schönheit wird in ihren Werken, in ihrer Liebe, in ihrer De« rnuth,in ihrer Geduld, in ihrer Sanftmuth bestehen; sie wird mit der Klarheit Gottes um« geben, und mit dem Verdienste Jesu Christi ihres Bräutigams gekleidet und gezierel seyn- Vergleichen wir nun die Welt mit der Gottse¬ ligkeit , und wir werden sehen, wie sehr siege« haßet zu werden, und wie sehr die Tugend, die sich ihr widersetzet, allem, was sie Schö¬ nes und Angenehmes hat, vorgezogen zu wer¬ den verdienet. Er- 5-2 HASH -Erhebung des Gemüthes zu Jesu Christs, unserem Richter am jüngsten Tage. Ich glaube es, mein anbethungswürdiger Heilanh , daß du zum Richter der Lebendigen und Tobten bestimmet bist. Du hast von dei¬ nem Vater alle Macht/ alle Weisheit, alles kicht und alle Gerechtigkeit empfangen, die zur Ausübung dieses letzten und allgemeinen Ge¬ richtes über alle Menschen notwendig sind. Ich erschrecke und zittere, wenn ich an alle Um' stände dieses Gerichtes, und an alles denke, was an diesem letzten Tage geschehen soll- Du wirst nicht mehr, wie an dem Tage deines sterb¬ lichen Fleisches, mit Schwachheit umgeben, sondern mit schimmernder Herrlichkeit, mitun» siberwindlicher Macht und Majestät bekleidet feyn. Damahl wirst du dich den Menschen nicht mehr verbergen. Du wirst sie kennen lassen, daß du der starke, der schreckliche Gott, der Gott der Rache bist, der uns aus dem Nichts gezo¬ gen , der die Welt erhält und sie in einem Au¬ genblicke zerstören wird. Alsdann wird man einsehen, daß du der einige lebendige und wah¬ re Gott bist. Herr! wer wlrd vor dir bestehen könne» ? wer wird den Anblick deines Kreuzes und aller dieser Zurüstung deines Gerichtes aushalten können? Ich werde entweder von der kleinen Zahl derjenigen, die zu deiner Rechten sind , oder unter dem großen Haufen derjenigen ftyn- wel- HWW LrZ weicht zu deiner Linken seyn werden. Danrshl wird nichts mehr vermischet seyn. Die Guten werden mit den Bösen, die Schafe mit den Böcken, die Spreuer mit dem Getreide, daS Unkraut mit dem guten Saamen nicht mehr vermenget, alles wird abgesondert seyn. Aber ach! welchen Spruch wirst du über diese iwey Gattungen der Menschen fällen? Einen unwi. derruflichen, einen unendlichen, einen ewigen Spruch über die einen und über die anderen. Gehet hin, wirst du zu jenen sagen , die zur Linken sind, gehet hin, ihr verfluchten , ent¬ fernet euch von mir: gehet hin in das ewige Zeuer, mit den Teufeln, denen ihr gebienet habet,( Matth. 25, 41.) Ihr wolltet mich nicht, nun will ich euch nicht; ihr werdet von mir durch eine schreckenvolle Kluft ewig abge¬ sondert , nie der Gegenstand meiner Liebe und Barmherzigkeit seyn; ich werde mich euerer nur erinnern und euch nur erhalten, um mei¬ ne Gerechtigkeit über euch zu üben, und euch in den ewigen Flammen zu peinigen. Durch den Zug eurer Natur werdet ihr euch immer nach mir, als euerem einzigen Gut, sehnen- aber durch die Schwere eurer Laster werdet ihr ewig in den Abgrund gesendet werden- Gehet hin; ihr kennet das Gut, das ihr verloren ha¬ bet, zu spät; es gibt keine Zeit, keine Mittel mehr, das Verlangen gut zu machen; es wird euch weiter nichts übrig bleiben, als ein grau¬ sames Nagen, das wie j ein Wurm euer Ge wissen §24 wiKen abfreßen wird. Entfernet euch von mir und meinen Engeln; ihr werdet immer eure Sünden bey euch und vor euch haben; euere Gesellschaft werden die Teufel seyn, die euch quälen und über euer Wehe spotten werden- Euer Leib, als Mitschuldiger und Werkzeug eurer Laster, wirb, mit der Seele wieder vereiniget, im ewigen, unauslöschlichen Feuer brennen. Alles wird wei¬ ter zu nichts als euch zur Quäle seyn. Das An¬ denken des Vergangenen wird euch zerreißen; der gegenwärtige Stand wird eitel Pein seyn, die ewige Zukunft wird euch in Verzweiflung stür¬ zen, in der Erinnerung, daß euere Uebel kein Ende haben werden. Ich zittere, Herr, wenn ich denke, daß ich alle diese Peinen verdienet habe, und nicht weiß, ob ich alles gethan ha« be, was ich hätte thun sollen, um ihnen aus¬ zuweichen , und einstens zu Heiner Rechten zu stehen, um diese Trost - und Freudensworte zu vernehmen: Rammet, ihr daß ihr diese heiligen Verheißungen so oft gebrochen habet , indem ihr die Welt liebtet, und in den Dienst des Teufels tratet. I. Betrachtung. Von der Gnade, die uns Gott erwies, da »r uns zur Taufe rief. Betrachtet, wie groß die Barmherzigkeit und Güte Gottes ist , daß, nachdem er euch aus dem 542 HK DH dem Nichts gezogen hat, rr euch hat zur Tau¬ fe rufen, und aus unendlich vielen Personen, die er in dem Nichts der Sünde gelassen hat/ und lassen wird, und denen er niemahls Barm¬ herzigkeit erweisen wird, hat auserwählen wol¬ len. Was habet ihr Gott gethan? Welches Gut, welches Verdienst war in euch, das euch dieser Gnade würdig machte ? Wäret nicht auch ihr unter der Herrschaft des Satans, der eu¬ ere Seele und alle ihre Kräfte besaß? Wäret ihr nicht Feinde Gottes, seines Zornes und sei¬ ner ewigen Strafen würdig? Indessen, o un¬ endliche Güte eines Gottes! er erwählte euch von aller Ewigkeit, um euch aus der Knecht¬ schaft des Teufels zu ziehen, und aus der Macht der Finsterniße heraus zu reißen / um euch in das Reich seines vielgeliebten Sohnes zu übersetzen. Was hätte cs euch genützt, Mensch zu werten, wenn ihr nicht neue Ge¬ schöpfe in Jesu Christo geworden wäret? Ihr hattet von eurer zeitlichen und ^fleischlichen Ge¬ burt weiter nichts, als die Sünde, welche das Bild Gottes verunstaltete, und euch in den Augen des höchsten Herrn haßenswürdig mach¬ te. Durch dieses Sacrament aber tilgte Jesus Christus eure Laster, indem er euch in seinem Blute wusch, und euch mit seinem Vater aus¬ söhnte. Er tödtete in euch die Feindschaft, die .wischen euch und ihm war, »nd gab eurer Seele ihre Schönheit wieder, indem er in ihr den Glauben, die Hoffnung und die Liebe aus^ goß. HKHKH 54z goß. Er setzte euch wieder in de» Stand der Unschuld, und gab euch das Recht zu allen sei¬ nen geistlichen und ewigen Gütern; euch, die ihr weiter nichts als Asche, als Staub, als Sünde wäret- Habet ihr ja diese Güte und Für¬ sorge Gottes über euch überdacht? Habet ihr ihm dafür gedauket? Wenn ihr es bisher un¬ terlassen habet, fanget heute an, euch zu den Füßen dieses göttlichen Heilandes zu werfen, und sprechet zu ihm mit innigster Erkenntlich» keit -- Mein Gott, mein Erschaffer, ich danke dir, daß du mich in dem Schooße meiner Mut¬ ter und vor meiner Taufe von tausend Gefah¬ ren befreyrt hast. Ach! wo wäre ich, wenn du mich ohne Taufe hättest sterben lassen? Ich wäre deiner, o mein Gott, durch eine ganze Ewigkeit beraubet. Ich danke dir vom ganzen Umfange meines Herzens für eine so große Barmherzigkeit. Mein Gott, ich werde sie nie- mahls vergeßen, und es schmerzet mich bitter, daß ich in der Vergeßenheit dieser Barmher¬ zigkeit so viele Jahre zugebracht habe. II. Betrachtung. Von den großen Gütern, die wir in der Taufe empfingen. I. Betrachtet, daß Gott nicht zufrieden war euch in der Taufe die Sünde zu vergeben, son¬ dern daß er euch auch an Aindesstakt angenom¬ men 544 «HAtHK men Hat; eine Eigenschaft, die euch unendlich erhöhet, und euch über alles setzt, was im¬ mer in der Welt groß und prächtig ist. Be¬ trachtet, ruft euch der heil. Johann zu, wel¬ che Liebe euch der Vater erwiesen hat - daß ihr Kinder Gottes genannt werdet, und es wirk¬ lich seyd, indem ihr nicht von dem Geblüt«, noch aus dem Willen des Fleisches, sondern aus Gott selbst geboren seyd, der am Lage eurer Taufe den Geist seines Sohnes in euer Herz gelegt, wodurch ihr.wahrhaft zu Kindern Gottes werdet, und er euer Vater ist. Wiegroß ist diese Geburt nicht! wie herrlich ist sie nicht ! Vergeßt niemahls diese Eigenschaft der Kinder Gottes. Ach! wenn irdische und fleischliche Wen, schen auf ihren Adel so'stolz sind, der doch nichts ist; wie hoch solltet nicht ihr den eueri- gen schätzen? Vergeßt auf all« Größe dieser Trde, und erinnert euch eueres Ursprunges. Leher diese Wunden 'Jesu Christi, des Gott- Menschen: sehet dieses sein Herz: sehet den Himmel: gehet in den Schooß der Gottheit hinein ; daraus seyd ihr geboren. Jesus Chri¬ stus mußte euch dir Verdienste seines Lodesund seiner Leiden anwenden, um euch aus dem Wasser und Geiste wieder geboren werden i» lassen. Durch dieses Sacrament sind euch diese Gnaden zugefloßen. Diese Liebe, die euch Je¬ sus erwies, daß er euch unter die Zahl sei¬ ner Kinder setzen wollte, diese verlieret nur niemahls aus dem Gesichte- II. ESKK 545 H. Betrachtet, ob ihr gemäß dieser göttlichen Geburt, die euch am Tage euerer Taufe wcher» fuhr, bisher gelebkt habet. Sind nicht diese Vorwürfe, die Gott durch den Propheten Esaias macht, auf euch gerichtet: Ich habe Rinder ernähret und erzogen; ste aber haben mich verachtet p Ist euer Leben ganz göttlich gewe¬ sen? War es dem Leben Jesu Christi eueres . Vaters einiger Maßen ähnlich? Habt ihr nicht gethan, was eueren Stand schändete? Alles, was weniger als Gott ist, ist der Liebe und Zuneigung eines Kindes Gottes unwürdig» Durchgehet mit einem Blicke überhaupt alle Stände eures Lebens, und ihr werdet finden, daß ihr nicht als Kinder Gottes, sondern viel¬ leicht nur als Kinder des Teufels gelebet ha« bet. Welch ein entsetzliches Wort.' Jesus Chri¬ stus sagt es den Juden in das Gesicht : Ihr habt den Teufel zum Vater, «eil ihr seine Werke thut. Ist es nicht wahr, vielleicht gab es in euerer Jugend weiter nichts als Stolt , Eitelkeit, Liebe der Welt, Haß gegen euren Nächsten, Aufbrausungen, Neid und Uneinig¬ keiten? Und sind dies nicht Werke des Fürste» der Finsterniße? In der That, denket ernsthaft nach, und seufzet, daß ihr vergaßet, daß ihr Söhne des Königs des Himmels und der Er¬ de wäret. Gott feuer Vater hatte euch ewige Güter, Wollüste und Freuden verheißen; zum Pfände dieser himmlischen Erbschaft hatte er euch seinen Geist und seinen Leib gegeben: ihr M m aber 546 HASH aber liefet, wie der verlorene Sohn, nach Ländeleyen, falschen Wollüsten und Freuden der Welt. Werfet euck also, bey dem Anblicke eue¬ rer Niederträchtigkeiten und Ausschweifungen, zu den Füßen des Vaters der Erbarmungen , und sprechet zu ihm aus dem Grunde eueres Herzens: Ich bin nicht würdig, dein Kind, o mein Gott, genannt zu werben, weil ich durch die Unreinigkeit meines Lebens und meiner Handlungen diese große Eigenschaft so oft entheiliget habe. Allein, mein Gott, mein Vater, wenn auch ich die Empfindungen eines Sohnes verloren habe, hast doch du jene ei¬ nes VakerS nicht abgelegt; was mir wider al¬ les Anscheinen Hoffnung macht, daß du mich noch unter deine Kinder aufnehmen werdest, und daß ich noch mit Vertrauen werde sagen dürfen, mein Vater! HI. Betrachtung. Zortsetzung von den Gütern, die wir in der Taufe empfingen. I. Betrachtet auch, daß ihr durch die Tau¬ fe Jesu Christo einverleibet, zu feinen Gliedern gemacht, von ihm umkleidet, ein Ding mit ihm wurdet; baß er euch zu seinen Brüdern, zum Tempel und zu Bräuten des heil. Geistes machte; und endlich, daß ihr, durch ein er¬ staunliches Wunder, auS Knechten des Satans, der 547 der ihr wäret, den drey göttlichen Personen bey- geftllet wurdet, welche euch nach der Taufe, durch eine ganz außerordentliche Gemeinschaft, als eine Perfon ansahen,die ihnen zugehörtt, so,daßeuch der Vater für seine Söhne, der Sohn für sei¬ ne Brüder, und der heilige Geist für seine innigsten Freunde hielt- Ihr wurdet das Be- sitzthum und die Erbschaft der drey göttlichen Personen; und auf eine wunderbare und un¬ begreifliche Art wurde» auch diese drey Per« sonen euer Besitzthum und Erbschaft. Ihr seyd ihrer, und sie sind euer. Was kann man grö¬ ßeres sagen? Habet ihr je die Größe und Hei¬ ligkeit euerer Taufe wohl begriffen? Und hättet ihr wohl je geglaubet, daß in einem Sacra- mente, wo äußerlich alles niedrig zu seyn schei¬ net , das Geschöpf zu einem solchen Grade der Heiligkeit habe erhöhet werden können? Zit¬ tert bey dem Anblicke eueres erhabenen Stan¬ des; wisset, daß der Fall, den man von einer solchen Höhe macht, nicht anders als schreck¬ lich seyn kann. II. Betrachtet unter unaussprechlichem Seuf¬ zen , ob ihr nicht durch eine Todsünde alle die¬ se Erhabenheiten verloren habet, und ob ihr aus Gliedern Jesu Christi nicht Glieder deS Teufels geworden seyd; ob euere Seele und euer Leib, die der Tempel des heiligen Geistes waren, nicht zum Aufenthalt und zur Woh¬ nung der unreinen Geister wurden; und ob hr durch lasterhafte Anhänglichkeit an die Ge- M ML schöpfe 548 HASH schöpfe, und durch einen Bund mit der Wclt, dem größten Feinde Gottes/jene heilige Ge¬ sellschaft und göttliche Vereinigung mit der heiligsten Dreyfaltigkeit verloren habet. Was ist aus den Gnaden geworden / die euch durch das Blut Jesu Christi, das ihr im °Her- zen trüget, und wodurch euere Seele befeuch¬ tet war, den Zutritt jum Vater verschaften? Was habet ihr mit diesem göttlichen Leben, mit dieser Z Unschuld, mit dieser Freundschaft Gottes gethan? Ist also alles dieses verloren? Und warum habt ihr alles dieses verloren? Denket darüber ein wenig nach, und ihr wer¬ det sehen, daß eS nur um ein augenblickliches Vergnügen zu thun war, um eine Leidenschaft zu befriedigen, um eine Tandeley, »m ein Nichts. O Gott! wie wenig weiß man die Din« ge zu schätzen! wie wenig kennt man ihren wahren Preis und Werth! Präget diese Worte des Geistes tief in euer Herz ein: Denke/ «»raus du gefallen bist, und thue Busse. Er¬ inneret euch, was ihr wäret, da ihr aus dem heilsamen Wasser der Taufe kämet. Ihr wäret ganz von seinen Gaben und Gnaden erfüllet. Aber ach! wo seyd ihr hingekommen? Gott fragt euch, wie eine» andern gefallenen Adam: Adam, wo bist du s Wo seyd ihr jetzt, nach¬ dem ihr gefallen seyd? Ich finde in euch nicht mehr den unendlichen Gnadenschatz, den ich in euch gelegt hatte; ich finde weiter nichts als Irrthum / Unwissenheit und Sünde- Beweinet also 549 also durch euere noch übrigen Lage den Ver¬ lust eueres höchsten Gutes; befleißiget euch, diesen ersten Geist in euch zu erneuern; suchet sorgfältig diese verlorenen Tugenden. Sehet, ob ihr- nicht noch einige Trümmer euerer Un¬ schuld finden könnet- IV. Betrachtung. von den Pflichten, die Wir bey der Taufe übernahmen. I. Betrachtet, daß, als ihr getaufet, und in die Gesellschaft der Gläubigen aufgenommen werden solltet, ihr in Gegenwart der allerhei¬ ligsten Dreyfaltigkeit und des heiligen Altars, wo Jesus Christus wohnet, in Gegenwart der heiligen Engel und der ganzen Kirche, dem Teu¬ fel, aller seiner Hoffart und allen seinen Werken abgesaget, und verheißen habet, die ganze Zeit eueres Lebens Gott ganz zuzugehären. Diese Pflichten sind so groß, daß die heil. Väter sie alle¬ zeit für feyerliche Gelübde angesehen haben. (Wie wenig sind diese Wahrheiten der Welt bekannt!) Ja, für Gelübde, für die größten aus allen Gelübden, sagt der heil. Augustin, weil man Ordensgelübde nur deswegen ablcget, um die¬ se besser zu halten. Gelübde und Verheißun¬ gen , wovon uns keine Ungcmachlichkeit , keine Ursache je loszählen kann; Gelübde, die auf keine Zeit können cingeschränket werden. Alle Chei- 550 HKetzKH Christen sind verpflichtet, sie allezeit zu halten'' diejenigen, die auf dem Throne sind, wie die¬ jenigen, die im Staube kriechen; diejenigen, die in fürstlichen Höfen wohnen, wie diejeni¬ gen, die in den niedrigsten Hütten sind; weil wir alle durch einen und eben denselben Geist wieder geboren, durch eben dasselbe Blut ge- heiligct, und im Nahmen der drey göttlichen Personen getaufet sind. Die Taufe der Fürsten oder der Großen der Erde ist von der Taufeder Armen nicht unterschieden. Es ist nur ein Geist, nur ein Leib, nur ein Gott, nur ein Glaube, nur eine Hoffnung, zu welcher wir alle beru¬ fen wurden, da wir in das Christenthum ein¬ traten, und wir haben alle gleiche Verheißun¬ gen gtthan. H. Betrachtet ein wenig umständlicher, von welchem Umfange das erste unserer Gelübde ist. Da ihr dem Teufel, und aller seiner Hof¬ fart, und allen seinen Werken absagtet, hieß dieses, daß ihr euch unter Strafe der ewigen Verdammniß verbandet, niemahls mehr von der Parthey des Teufels zu seyn; alle Sedan- -ken, Worte und Werke, wodurch man die Gebothe Gottes und das Gesetz des Evan¬ geliums übertritt, zu fliehen: das heißt, alle Sünden, durch welche die Gnade verloren wird; und die Seele getödtct, sonderheitlich aber die Hoffart, welche die Sünde des Teufels ist- Ihr versprächet auch, ohne daß euch je wer in der Welt davon loszählen könnte, die Pracht des EKH §Zk des Teufels zu fliehen; und durch diese verstehet man alle nahe Gelegenheiten zur Sünde, al¬ le Oerter und Gesellschaften, wo der Satan herrschet, dergleichen sind die Bälle, die Tän¬ ze, die Schauspiele, die unerlaubten Spiele, die Opern, der Kleiderüberfluß, die stolzen Ge¬ bäude , die zu prächtigen Hausgeräthe, der Lu¬ xus, die Mahlzeitensucht, die affectirten Welt¬ moden , die Begierde der Welt zu gefallen: endlich/ alles, was von der verderbten Welt ist, die Jesus Christus verdammet hat; und alle je¬ ne unglückseligen Gelegenheiten, aus denen man fast nie heraus gehet, ohne daß man seine See» le beflecket, und sie dem Teufel geopfert hätte' Ihr habt durch dieses erste Gclübd feyer- lich versprochen / daß ihr die Welt und die Dinge der Welt niemahls lieben, und euch von allen diesen betrügerischen Lockspeisen mit aller möglichen Genauigkeit und Sorgfalt hüten, und ihre Ansteckung fliehen wollet. Habet ihr dieses erste Gelübd nicht etwa in einigem Stücke gebrochen? Habt ihr euch nicht zur Parthey des Teufels geschlagen , und Je- sum Christum eueren rechtmäßigen Bräutigam aus euerem Herzen verstoßen, um den Teufel dafür aufzunehmen ? Welche Unbild ! welche Un¬ gerechtigkeit! O Sünde! wie schrecklich bist du nicht in einer getauften Person! Die Pracht des Teufels, war sie, und ist sie nicht etwa noch der Gegenstand euerer Liebe und Zunei¬ gung? Diese verfluchte Welt, die ihr zu flie¬ hen ^2 hen versprächet , weil sie von Jesir Christo ex- eommuniciret ist, war sie, und ist sie nicht noch der Gegenstand euerer Anbethung?Ist sie nicht der Abgott, dem ihr räuchertet, und euch opfer» tet, indem ihr ihm dientet, und evKr Herz schenktet? Ist es jetzt nicht Zeit, von eueren Irrwegen zurück zu kehren, und wieder in die Freundschaft eines Gottes einzutrcten, der euch erwartet, und rufet, um sich euch mitzu, theilen und euch noch einmahl mit seinen Ga¬ ben zu erfüllen? V. Betrachtung. Von der zweyten Pflicht, die wir bey der Taufe übernahmen. !. Betrachtet, daß ihr euch in der Taufe fer¬ ner verpflichtet habet, ganz ohne Vorbehalt und für allezeit Gott zuzugehören. Ihr habt ihm versprochen, ihn von ganzem Herzen zu lieben; ihr habet ihm alle euere Neigungen gelobet; aber alle; also daß ihr, ohne eine schreckliche Ungerechtigkeit und ohne Verletzung des ihm gemachten Schwures, nicht die min¬ deste davon je einem Geschöpfe geben könnet. Glückselige Verpflichtung, wodurch wir ganz desjenigen, der alles ist, und in demjenigen, wo man alles findet, seyn müssen- Glückseli¬ ge Verpflichtung, die uns von den Kleinigkei¬ ten, Tändeleyen und dem Nichts der Welt ent- 553 entäußert, und mit dem höchsten Wesen ver¬ einiget. Ihr habt diese Verheißung nicht einehr sterblichen Menschen gemacht, sondern dem all¬ mächtigen Gott, der mit einem seiner Blicke die Erde zittern macht, der dieses ungeheure Weltall mit drei) Fingern hält, der auf Cheru¬ binen sitzt, und dessen Majestät Himmel und Erde erfüllet. Diesem Gott habt ihr mit einer unverletzlichen Treue zu dienen versprochen; ihr habt bctheuert und geschworen, daß ihr lieber alle Pcinen und den Tod selbst leiden wol¬ let , als seine Liebe nur im mindesten verletzen, oder das geringste Geboth seines Evangeliums übertreten. Dieses Evangelium habet ihr zu euerer Regel genommen; es zu beobachten und zu erfüllen verheißen, koste es, was es wolle: nach diesem werdet ihr in der Sterbstunde ge¬ richtet werden: dieses ist die Regel und Reli¬ gion Jesu Christi. Es ist nicht etwa die Regel des heil. Franciskus oder Benediktus; sondern die Regel Gottes selbst; sie wurde von Jesu Christo zu unS getragen, von den Aposteln verkündiget, durch das Blut so vieler Märty¬ rer bestättiget, von unendlich vielen Personen beyderley Geschlechtes, von jedem Alter und Stande ausgeübet; eine Regel, die ihr zu hal¬ ten verbunden seyd, weil ihr euch zum Chri- stenthume bekennet. Hütet euch also, daß ihr nicht auS der Zahl derjenigen seyd, für welche das Evangelium bedecket ist, weil der Gott die¬ ser Welt ihren Verstand verblendet hat, auf daß §54 HAOS» daß sie vom Lichte des herrlichen Evangeliums Jesu Christi nicht erleuchtet werden. Folget ihr ' dieser Regel beständig und genau, so erfüllet ihr die Pflicht, die euch euere Taufe aufleget, Gott ganz zuzugehören. Sodann werdet ihr sa¬ gen können-' Der Gott, den ich liebe, istganz mein, und ich bin ganz sein. Er ist ganz mein, weil der Vater die Welt so sehr geliebet hat, baß er ihr seinen einigen Sshn, und mit ihm alles gegeben hat: seine Geheimniße, seine Gnaden sind mein, seine Gaben und Verhei¬ ßungen, mich der göttlichen Natur theilhaftig zu machen, und mich in ihn umzustalten, sind mein.- und ich bin ganz sein, weil ich weder der Welt noch mir selbst mehr zugehöre. Wann werdet ihr auf diese Art ganz eueres Gottes seyn? Müssen euch den tausend Tändeleyen ver¬ hindern , desjenigen zu seyn, dec euch alles seyn soll? Entreiße mich, mein Gott, durch deine allmächtige Gnade allem dem, was mich in der Welt zurück halten könnte: mache, daß sich alles in dem Grunde meines Herzens zer¬ nichte, und daß du selbes ungethcilt in der Zeit und Ewigkeit besitzest. II. Betrachtet, wie groß die Ungerechtigkeit ist, die ihr Gott angethan habet, daß, da ihr ihm alle euere Herzensneigungen eingeweihet hattet, ihr sie einem Geschöpfe schenktet. Sehet, wie schrecklich der Apostel redet: wenn einer, -er das Gesetz Mösts übertritt, nach der Aus¬ sage zwe-er oder dreper Zeugen ohne einige Barm- LAZ Barmherzigkeit sterben muß . wie viel schärfere Strafe (erwäget wohl diese Worte) wird nicht derjenige verdienen, -er den Sohn Gottes mit Füßen tritt, das Blut des Bundes, womit er gereiniget worden ist, wie etwas Unreines achtet, und den Geist der Gnade beschimpfet s (Hebr. io, 28.29.) Diesen Sohn Gottes, durch den ihr in der Taufe so viele Gnaden empfanget, habet ihr verachtet- Dieses Blut des neuen Bundes, wodurch ihr gereiniget wur¬ det , habt ihr entheiliget. Diesen Geist Got¬ tes selbst, der in euerer Seele ausgegoßen war, habt ihr in euch ausgelöschet, und dessen Tempel entehret und cingerißen- O Sünde! 0 Verlust der Unschuld! wie ein schreckliches und unbegreifliches Ding bist du? Was kannst du zu deiner Bertheidigung sagen, du Christen« kind? Du hast das Glaubensbekenntniß, und wirfst es über den Haufen; dn erhieltest das Ge¬ schenk des Heils und wirfst es von dir: wo ist dein Christenthum? Und warum empfingest du das Sacrament, wenn es weiter zu nichts als zu deiner größern Verdammniß dienen soll¬ te? Weil es eine Evangeliumswahrhcit ist, daß unsere Laster größer werden, je nachdem wir mehrere Gnaden empfangen haben. Alles, was unfern Sinnen schmeichelt, ist der Gegen¬ stand unserer Liebe; wir suchen es mit Begier¬ de auf: nur Gott allein verwerfen wir als unserer Gedanken und Zuneigung unwürdig. Welche Ungerechtigkeit! welche Verachtung.' wel- §Z6 welche schreckliche Undankbarkeit gegen einen Gott, dec uns so viele Liebe erwiesen, da er uns in dec Laufe zu seinem Zrbtheile annahm ! VL. Betrachtung. Die Taufe verbindet uns, allen Dingen der Welt gleichsam abgestorben zu seyn. I. Betrachtet, daß ein Christ allen geschaf¬ fenen Dingen abgestorben seyn muß: Wir alle, sagt der Apostel, die wir in Iesu Christo ge- taufet find, find auf seinen Tod getaufet worden- Durch die Worte lehret er, daß wir durch die Verdienste des Todes Iesu Christi wieder gebo¬ ren worden sind, und daß wir das Bild seines Todes in uns tragen müssen; das heißt - sagt der heil. Bernhard, wir müssen uns in Anse¬ hung aller irdischen Dinge wie eine tobte Per¬ son achren, die an dieser Welt keinen andern Theil hat, als so weit es die Nothwendigkcit und Liebe fordert; die dem Herzen nach ganz davon abgesondert ist, und die das Gute und Böse, das vorgehct, mit einer heiligen Gleich¬ gültigkeit ansteht, und eben so wenig als ein lobte» Leib vom Guten und Bösen, das man ihm anthun wollte, gerühret wird. Betrachtet rin wenig den Stand eines Lobten: vergebens redet man zu ihm von weltlicher Größe, von Wollüsten, von Weltfreuden: vergebens klei¬ det und putzet man ihn auf das prächtigste auf: man speye wider ihn Unbilden aus, man schmähe ihn, und werfe ihn die schrecklichsten Laster vor; nichts rühret ihn, weil er todt ist: 557 bewegt, und übersetzt man ihn an einen an¬ dern Ort, so beklagt er sich nicht, weil er todt ist. Eo muß ein Christ beschaffen seyn. Sehet nun, ob ihr in einem solchen Stande seyd. Könnet ihr sagen, ihr seyd allem, was nicht Gott ist, abgestorben, eueren Vortheilen, euch selbst, den Gütern, den Wollüsten, den eiteln Weltfreuden, den Unbilden, den Verachtungen, den Verleumdungen, die man euch anthut? Seyd ihr nicht über diese Dinge zuweilen sehr empfindlich? Trachtet, euch in diesen Todes¬ stand zu versetzen. Werdet ihr einmahl darinn seyn, so werdet ihr eine tiefe Ruhe genießen, die durch nichts gestöret werden kann. Dieser geistliche Tod, indem er unsere Seele von al¬ lem, was nicht Gott ist, entäußert, wie der leibliche Tod unsere Seele vom Leibe trennet, laßt sie unendliche Süßigkeiten schmecken, und setzt sie in den Stand, ihren Gott in gänzli¬ cher Freyheit zu genießen. O Tod, wie vortheil- haft bist du! O Tod, der du dem Menschen das wahre Leben verschaffest! wann werde ich so glücklich seyn, und allen Dingen der Welt also absterben? Herr, gib meiner Seele diesen Todrsstreich; ich erwarte ihn ruhig und mit äußerstem Verlangen. H. Betrachtet, daß es in sich sehr hart ist, so beschaffen zu seyn, und zu dieser Vollkom¬ menheit zu gelangen, zu welcher euch euer Christenstand und euere Taufe verbindet. Es ist aber ohne Zweifel noch weit schwerer, die¬ ses 558 fes bey dcr allgemeinen Verderbtheit der Welt zu thun, und so lange man unter lauter Welt- gesinnten leben muß, die nur für jene Dinge leben und Empfindung haben, denen man ab¬ gestorben seyn sollte, und die jene Christen für- dumm und unempfindlich halten, welche gegen jenes unempfindlich sind, was den Gegenstand ihrer Freude und Traurigkeit ausmacht. Des¬ wegen trachtet eine Seele, die von diesen Wahr¬ heiten lebhaft gcrühret ist, die Ansteckung der Welt zu fliehen. Indem sie sich als allem ab¬ gestorben ansieht, denket sie nur, sich mit Jesu Christo zu begraben, auf daß sie durch ihr Betragen so wohl den Tod Jesu Christi aus- drückr, als auch sein Begräbniß nachahmt Dies lehret uns der heilige Paul, da er sagt: wir sind mit Jesu Lhristo durch die Taufe in den Tod dem Sündigen begraben worden, (Röm. 6, 4.) um den Tod Jesu Christi vorjustellen. Dies wird erfüllet, wenn ihr in der Entfernung der Welt leben, und zu frieden seyn werdet, daß euch die Welt ver¬ geße, verwerfe, und euch in der Einsamkeit lasse, wie in einem Grabe, von allem abgeson¬ dert, und woraus ihr nicht gehet, als auf Befehl Gottes. Ach! wann werdet ihr so be¬ schaffen seyn? Wann wird euch die Welt nicht mehr leiden können? Wann werdet ihr in Wahrheit mit dem Apostel sagen können; daß die Welt euch gekreujiget ist; das ist, daß ihr sie für einen Gehängten und Verfluchten an« sehet L sehet; und daß ihr drr Welt gekreuziget seyd; das ist, daß euch die Welt mit Abscheu bc trachte, verachte, und nicht mehr leiden wol* le? Glückseliger Stand, und tausendmahl glück, seliger, als man sagen oder denken kann, in welchem man von der Welt ganz vergeßen ist, und nur von Gott gesehen und begünstiget ja werden verlanget.- denn dies ist daS Betragen Gottes gegen die Seelen, daß, je mehr uns die Welt verläßt und vergißt, desto mehr nimmt uns Jesus Christus unter seinen Schuy. Füllet eueren Geist und euer Herz mit diesen Wahrheiten an. * VII. Betrachtung- Die Taufe verbindet un«, ein Rreuzleben zu führen. I. Betrachtet, daß eine der vornehmsten und wichtigsten Pflichten, die ihr bey euerer Taufe übernähmet, diese ist, daß ihr ein Kreuzleben zu führen habet; und die große Ursache ist diese, weil wir Kinder Gottes durch die Der» dienste des Kreuzes Jesu Christi geworden, und in dem Schooße Jesu Christi des Gekreuzigten empfangen und zu Christen gebildet worden sind; also, daß, wenn wir Kinder eines Gottes sind, der sich das Leiden zur Ehre rechnete; wenn wir Glieder dieses Mannes der Schmerzen sind, welcher der Spott und Abscheu des Volkes war, und mit Schmach« gesattiget wurde; daß, sage ich, die Verdemüthigungen und üblen Be¬ handlungen uns gleichsam natürlich seyn müf- sen; wir müssen sie lieben, ja bis zu jener Voll» kommenheir zu gelangen trachten, sie zu ver¬ langen, und unsere Ehre in dem Kreuze Jesu Christi des Gekreuzigten zu setzen. Indem er der Vater des neuen Geschöpfes ist, und ihm das Seyn und Leben gibt, gibt er ihm auch seine Denkungsart, seine Beschaffenheit und die Neigung, die er für das Kreuz hat; also, daß ein getaufter Christ, welcher dieser empfangenen Geburt gemäß lebt, eben so natürlich undnch eben so viel,er Leichtigkeit sich nach dem Kreuze sehnet, als der alte Mensch durch die Schwere seiner verderbten Natur sich davon entfernet. Urtheilet hieraus, ob ihr bisher als Christ ge- lebet habet. Sehet, ob ihr einige Neigung zum Kreuz und Leiden habet; ob ihr alle jene Lei¬ den, die euch Gott zuschickt, gelassen anneh¬ met; ob ihr sie verlanget und aufsuchet. Hattet ihr nicht noch einige Abneigung wider das, was euch kreuzigen, demüthigen, euer Fleisch und eure Sinne abtödten kann? Es ist eine Glaubcnswahrheit, daß man sein Kreuz täg¬ lich tragen muß; daß nur diejenigen Jesu Chri¬ sti sind, welche ihr Fleisch nebst ihren bösen Begierden kreuzigen. Dieser schmale Weg allein muß euch zum ewigen Leben führen. Die heil. Väter haben uns eine Wahrheit gesagt, die uns zittern machen muß; nähmlich, daß das ganze Leben eines Christen ein immerwähren¬ des Kreuz se»; so, daß ein Kind Gottes, das durch den Geist des leidenden Jesu Christi wie¬ der geboren ist, in der Abtödtung Jesu Christi HASH 56r leben und sterben muß, auf daß das Leben Jesu Christi in unserm sterblichen Fleische offen, bar werde. Dem Leiden und Kreuze entsagen , heißt, Jesu Christo und seiner Taufe entsagen; es heißt der ewigen Erbschaft und Herrlichkeit entsagen; denn Gott wird sie nur jenen ge¬ ben , welche mit dem Zeichen des Kreuzes wer¬ den bezeichnet seyn. II. Betrachtet, daß es für einen Christen nicht genug ist, gekreuziget zu seyn; sondern er muß mit Jesu Christo gekreuziget seyn; das ist, er muß durch die Liebe mit ihm vereiniget seyn, und wie eines von seinen Gliedern lei¬ den. Denn wir werden die Erben der großen Güter unsers Gottes nicht seyn, wenn wir weiter nichts als leiden; sondern wir müssen mit Jesu Christo gelitten haben. So erklärte sich der Apostel hierüber: Sind wir Rinder Gottes, so sind wir auch seine Erben, und Miterben Jesu Lhristi; wenn wir jedoch mit ihm leiden, auf -aß wir auch mit ihm ver, herrlichet werden, ( Röm. 8, 17.) Wir müs¬ sen also die Gesinnungen des leidenden Jesu Christi anziehen, und unser Kreuz mit ihm tra» gen. Sehet also, wie JesuS Christus beschaf¬ fen war; welche seine Gedanken und Absichten waren, da er das Kreuzlebenerwählte. Erhär¬ te keine andere Absicht, als seinen Vater zu verherrlichen, dessen Gerechtigkeit genug zu thun, uns sein« Liebe zu beweisen, und allen seinen Gliedern zum Beysptele zu dienen- Die- N n ist 562 HHKKH ist der Geist, der euch bey allen eueren Qua¬ len beseelen muß. Wollet ihr mit dem leidenden Jesu Christo einige Gleichförmigkeit haben, so sehet das Kreuz an, wie er es ansah; nehmet es an, wie er es annahm; traget es, wie er es trug, und seyd daran geheftet. Das Ver¬ langen , der Gerechtigkeit Gottes genug zu thun und euch euerem Haupte gleichförmig zu ma¬ chen , und die Unterwerfung gegen den gött¬ lichen Willen binde euch an den leidenden Je- sum; auf daß euch nichts von ihm trennen könne, weder Widerwärtigkeiten, noch Unge¬ mache, noch Verfolgung, noch Hunger, noch Durst, noch Blöße, noch je ein Geschöpf. VIII. Betrachtung. Die Taufe verbindet uns ein neues Leben ZU fuhren , das mit dem Leben Iesu Christ» eine Ähnlichkeit hak. Betrachtet, daß euch euere Tauft verbindet, nicht nur den Tod, sondern auch die Auferste¬ hung Jesu Christi vorzustellen; auf daß, da ihr ihm durch die Ähnlichkeit seines Todes «ingepfropfet seyd, ihr ihm auch durch die Achn- lichkeit seiner Auferstehung eingepfropfet wer. bet, wie der Apostel sagt; auf daß ihr nur für Gott in Jesu Christo lebet: also, daß ihr keine andere Beziehung als auf Gott, kein anders Leben als in Gott, keine andere Be¬ wegung als für Gott haben dürftet; das ist, nachdem ihr mit Jesu Christo vereiniget und ihm einverleibet seyd, um eines von seinen Glie¬ dern auszumachrn, müsset ihr nur von seinem «KASK 56; Leben leben ; er muß das Leben euerer Seele seyn, wie euere Seele das Leben eueres Leibes ist - also daß ihr von allen Dingen urtheilet, wie Jesus Christus davon urtheilte; keine an« dere Begierden habet, als Jesus Christus hat¬ te; das liebet und suchet/ was er selbst liebte und suchte; daß Jesus Christus in euer Be¬ tragen und in alle euere Absichten einfiießen muß; daß ihr von ihm Rath, Leitung, Leben, Wesen und Stärke holen müsset; daß endlich keine Neigung in euerer Seele seyn darf, die von diesem göttlichen Leben., wovon er selbst lebet, nicht komme: dergestalt, daß ihr sagen könnet - Nicht ich, sondern Jesus Christus le¬ bet in mir; er ist es, der mich liebet, der mich leitet/ der mich stärket, der mir alles ist. Sehet also, ohne euch zu schmeicheln , ob das Leben des erstandenen Jesu Christi das Muster des eurigen ist. Der erstandene Je¬ sus Christus lebt nicht mehr, er lebt nur in Gott, sagt der heil. Paul. Iß eS nicht wahr, daß ihr dem Leben der Gnade öfters abgestorben seyd, und daß das Leben, das ihr führtet, nicht nur kein göttliches, sondern weiter nichts als ein thierisches, irdisches, und weltliches Leben war? Ihr müsset das Bild dieses himmlischen Menschen tragen, nachdem ihr durch euere Geburt nach dem Fleische das Bild der irdischen getrage i babet; na hdem ihr in euerer Laufe Je um C ristrm an ezogen habet/ muß man bey euch weiter nichts als N n 2 sei- 564 seine Denkungsart und sein Leben wahrneh¬ men; wenn ihr endlich mit Jesu Christo erstan¬ den ftyd, müsset ihr das, was im Himmel, und nicht was auf Erden ist, suchen, und für das, was oben, nicht was hienieden ist, einen Geschmack haben. Ihr müsset eine ganj himm¬ lische Person seyn; euere Gedanken und Be¬ gierden müssen im Himmel seyn, indem ihr auf Erden nicht anders lebet, als wie ein Fremdling, der nach seinem Vaterlande seufzet; oder wie ein Gefangener, der ans der Knecht¬ schaft zu kommen wünschet, um in die Frey- heit des himmlischen Jerusalems einzugchen. Und in Wahrheit, könnet ihr wohl sagen, daß ihr bisher das Lebendes erstandenen Heilandes ausgedrücket habet? Bemühet euch also jetzt dies neue Leben snzutreten, und ziehet den neuen Menschen an, der in der Heiligkeit, Ge¬ rechtigkeit, und Wahrheit nach Gott erschaffen ist; auf daß ihr als ein neues Geschöpf diese Welt brauchet, als wäret ihr nicht von der Welt, und unter der Schwere des Körpes seuf¬ zet, bis euch Gott im Himmel eine Wohnung gibt, welche nicht von Menschenhänden gemacht ist, und ewig dauern wird. IX. Dettachtung. Betrachtet also heute, welche die Verheißun¬ gen sind, die ihr Gott gemacht, und die Pflich¬ ten, die ihr bey euerer Taufe übernommen ha¬ bet , und die ihr erneuern müßt. Erinnert euch immer des Wortes, das ihr der heiligsten Drey- faltizkeit in Gegenwart der Kirche, des Him- 565 niels und der Erde gegeben habet; niemahlS soll diese Pflicht, wodurch ihr euch gegen Gott verbandet, euerem Gedächtniße entfallen. So reden die heil. Väter und die Kirchenversamlun- gen zu euch. Betrachtet, wo derjenige ist, dem ihr diese Verheißungen machtet. Er woh¬ net in der Kirche, dem Hause des Herrn , we¬ sentlich ; in diesem heil. Orte und in Gegen¬ wart des ehrfurchtswürdigen Altars des Lei¬ bes und Blutes Iefu Christi habet ihr die¬ ses große Gelübde abgeleget. Ihr bildet euch ein, ihr habet nur zu einem gemeinen Men¬ schen geredet; allein ihr habet diese Verheißun¬ gen in die Hände eines Dieners Jesu Christi hinterlegt. Sie sind nicht auf dieser Erde, son, ° dern im Himmel aufbewahret. Zu eben dec Zeit, als ihr diese Gelübde machtet, nahm sie Gott von der Hand des Priesters mittels der Engel auf, und schrieb sie in dem Register der Ewigkeit ein, welcher nichts anders als dec Schooß der Gottheit ist. Dieses Bekcnntniß wird man euch vor Augen legen, wenn ihr vor dem Gerichte Gottes erscheinen werdet. Da¬ mahl wird man euch das Siegel euerer Taufe vorlegen, um zu sehen, ob es nicht gebrochen oder verletzet worden ist. Man wird sehen , ob ihres getreu bewahret habet: man wird unter¬ suchen, ob das Kleid der Unschuld, das man euch anzog, nicht bemackelt worden ist, und ob ihr diese Betheurung, die ihr vor so vie¬ len Zeugen anssprachet, nicht verfälschet habet. 866 habet. Ihr werdet damahl das ganze Betra-, gen eueres Lebens, euere Gedanken, euere Handlungen, euere Absichten und euere Wor» te vor Augen haben. Man wird alles die¬ ses den Gelübden , die ihr gemacht habet, ent¬ gegen stellen und sehen, ob alles dem gemäß ist, was ihr Gott an dem Tage euerer Taufe verheißen hattet- Ach! mein Gott, wie schreck¬ lich wird es seyn, vor einem Gott i» erschei¬ nen, der sein Kreuz, sein Evangelium, seine Verheißungen vor sich haben wird, um euch über alle diese Dinge zu richten, und euer Leben gegen alles dieses zu vergleichen! Welche Beschämung für diejenigen - welche nichts von dem Geiste des wahren Christenthums haben werden! Aber welches Vertrauen werden nicht dieses Kreuz, dieses Evangelium, diese Ver¬ heißungen denjenigen einflößen, welche nach erkannter ihrer Ausschweifung werden die Buße ergriffen, und ihr Leben nach diesen drey Stü¬ cken eingerichtet haben. Sehet also, zu wel¬ cher Classe ihr gehöret. Bemühet euch ernst¬ lich , nach dem Evangelium zu leben , um nicht an diesem letzten Tage zu Schande zu stehen. Oder habet ihr etwa noch den Geist der Welt? Ist dieses so zittert bey dem Anblicke alles dessen, was euch in diesem letzten Augenblicke, wo ihr in euere Ewigkeit eingehen werdet, be¬ gegnen muß. Te- (LAAK A67 die Taufgelübde zu erneuern. Aus ^^ekn Herr und mein Gott, hingewor- fen zu deinen Füßen bethe ich deine höchste Gerechtigkeit und große Barmherzigkeit an, und erkenne mit Schamröthe bedecket, daß ich die Heiligkeit meiner Taufe, durch mei¬ ne Sünden mehrmahien geschändet habe. Ich bitte dich darum um Vergebung, und indem ich mein Vertrauen auf deine Barm¬ herzigkeit sehe, weil ich die feyerlichen Ver¬ heißungen, die ich am Tage meiner Tau¬ fe ablegte, heute noch vor dir erneuern. Ich bitte die Engel des Himmels, daß sie mir beystehen. Heilige Jungfrau, ich stehe dich um deine Fürbitte an. Heiliger N. den mir die Kirche an meinem Tauftage zum Patron gab, hülfmkr mit deinem Bitten bey Gott, daß ich diese Handlung heilig verrichte. . 568 «KKtzHH Aus meinem ganzen Herzen widersage ich dem Teufel und aller seiner Hoffart und allen seinen Werken. Ich gelobe und weihe mich ganz meinem Gott, und will durch die übrigen Tage meines Lebens ihm ganz zugehören; und becheure im Angesichte des Himmels und der Erde, daß ich mich be» mühen werde, diese Gelübde nach ihrem ganzen Umfange zu erfüllen, mit der Gna» de meines Gottes, um welche ich ihn bitte durch die Verdienste seines lieben Sohnes Jesu Christi. Amen. Ende des zweyten Bandes. Verzeichntß der Gegenstände des ersten Bandes. Seite v-runterricht, von der Nothwendigkeit Jesum Christum zu kennen, und an ihn zn glauben; und von den Ursachen, warum er seine Ankunft auf die Welt so lange verschoben hat. ... 9 Erste Abtheilung, Don den Gehetmliißen Jesu Lhristi. Erster Unterricht. Von den Geheimnißen der Menschwerdung, Geburt, und Un» Mündigkeit Jesu Christi. . . . Z8 I. SauptstüE. Von der Menschwerdung Jesu Christi zr II. — Von der Geburt Zesu Christi. 6r Zwey» MM Skite Zrvepter Unterricht. Von den Geheimni- ßen der Kindheit Jesu Christi. . .72 I. SauptstüE. Non den Geheimnißen der Beschneidung und Erscheinung Jesu Christi..7» II. — Von dem Geheimniße der Opferung Jesu Christi im Tempel, und seiner Flucht in Egypten . . . 8' Dritter Unterricht. Von den Geheimni¬ ßen Jesu Christi vom zwölften Jahre an, bis an seinen Tod.9» I. Zauptstück. Von dem verborgenen Leben Jesu Christi und seiner Taufe. . . 92 II. — Von der Versuchung Jesu Christi in der Wüste und von seiner Verklärung .121 UI. — Von den Geheimnißen des öffentlichen Lebens Jesu Christi. . 117 Vierter Unterricht. Vsn den Geheimni¬ ßen Jesu Christi von seinem Leiden an, bis zur Sendung des heiligen Geistes. 12z I. Zauptstück. Von den Geheimnißen des Leidens und Todes Jesu Christi. . 125 II. — Von den Geheimnißen der Begräbniß, und Auferstehung Jesu Christi. . . . - . . iz6 HI. Seite HI. Zauptstück. Non den Gcheimnißen der Auffahrt Jesu Christi, und der Ankunft des heiligen Geistes. . . . 147 Zweyte Abtheilung. Erinnerung über diese zweyte Ab¬ teilung. Erster Unterricht. Van Jesu Christo, in Ansehung feiner Eigenschaften oder Be« Ziehungen auf Gott seinen Vater. - .160 I. Lauptstück. Von Jesu Christo, als Soh¬ ne Gottes U. — Von Jesu Christo, dem Bilde des unsichtbaren Gottes und dem Eben¬ bilde seines Wesens. . » . . 170 III, — Von Jesu Christs, als dem Worte des ewigen Vaters. . . '85 Zweiter Unterricht. Von Jesu Christo in Ansehung seiner Eigenschaften oder Be¬ ziehungen auf die Geschöpfe, auf diese sichtbare und irdische Welt. - »9» I. Seite I. Lauptstück. Don Jesu Christo, dem Erstgebornen unter allen Geschöpfen. 19z II. — Von Jesu Christo, dem Schöpfer aller Dinge. . . . 197 HI. — Von Jesu Christo, in wel¬ chem und durch welchen alle Dinge be¬ stehen.205 IV. — Von Jesu Chisto, dem Erbe aller Dinge.219 Dritter Unterricht. Von Jesu Christo, in Beziehung auf die Menschen und beson» ders auf die Christen. ... 230 I. ZauptstüL. Von Jesu Christo, der Grö¬ ße eines Christen. .... 231 II. — Von Jesu Christo, als un¬ serer wahren und einzigen Glückseligkeit. 24z III. — Von Jesu Christo, dem Mittler zwischen Gott und dem Men¬ schen. . . . . . . 260 IV. — Von Jesu Christo, dem Er¬ löser der Menschen. . . . 277 V. — Von Jesu Christo, als Bau¬ meister des Hauses Gottes und seines Tempels. . . . . . 294 VI. — Von Jesu Christo, als Prie¬ ster seiner Kirche. .... zis VII. MM? Seite VII. ^auptstück. Don Zesu Christo, als Schlachtopfer. . . . - 339 VUl. — Von Jesu Christo, als Schlachtopfer im Altarösaerament- . 375 IX. — Don Jesu Christo, unsrrm Wiederhersteller. . . . - 39» X. — Von Jesu Christo, als Mu¬ ster brr Christen.404 XI. — Fortsetzung eben dieser Ma» terie.434 §. I. Jesus Christus, das Muster der Könige und Fürsten. . - - 4Z5 §. II. Jesus Christus, das Muster der Priester und Hirten. « - . 439 §. Hl. Jesus Christus, das Muster der Weltleute..444 §. IV. Jesus Christus, das Muster der Verehlichten, der Väter, Mütter und Kinder. . . . . . 447 §. V. Jesus Christus, das Muster der Herren und Diener. . . - 455 §. vi. Jesus Christus, das Muster der Armen. 465 §. VII. Jesus Christus, das Muster der ungerecht Lersolgten und Gedrück¬ ten. ..... . 37! §. VIII. 2L-2O Seite VIII. Jesus Christus, das Muster der Büßer. . . - . ,. 479 §. IX. Jesus Christus, das Muster der Jungfrauen- - . . . 489 §. Jesus .Christus, das Muster klö¬ sterlicher und einsamer Personen. 501 Verzeichnis der Gegenstände des zweyten Bandes. Seite , XU. Zauptstück. Von Jesu Christo, dem Vater der Christen . . - Z XIII. —Non Jesu Christo, dem Könige der Christen. . - - 34 XIV. — Von Jesu Christo, dem Haupte der Christen.68 XV. — Von Jesu Christo/dem Hirten und Führer der Gläubigen, und dem Muster der Seclenhirten. - - 95 XVI. — Von Jesu Christo, dem Bräutigam der Kirche «.unserer Seelen. iZ9 XVII. — Don Jesu Christo, dem We- ge, um zu Gott zu gehen. . - 176 XVIII. — Von Jesu Christo, dem Le¬ ben der Christen.205 XIX. — Von Jesu Christo, der ewi¬ gen und unveränderlichen Wahrheit. 240 XX. — Von Jesu Christo, dem Leh¬ rer der Wahrheit.277 XXI. - Von Jesn Christo, dem Bro¬ de unserer Seelen. ... 'xxi?^ Seite XXII. Sauptstück. Bon Jesu Christo, dem Lichte der Menschen. . . . in XXIII. Von Jesu Christo, unserm Frieden.4z8 XXIV. — Von Jesu Christo, dem End» zwecke aller Dinge. .... 466 XXV. — Von Jesu Christo, dem Rich¬ ter der Lebendigen und Todten. . 496 §. I. — Vom besonderen Gerichte. U98 §. II. — Dom allgemeinen Gerichte. 510 vierter Unterricht. Von Jesu Christo, wie er in seinen Eigenschaften oder Be¬ ziehungen auf die Seligen im Himmel betrachtet werden kann. . . 525 Betrachtungen über .die Taufgelübde. 539 L