i< ' ' H'cf. Reise in dcu Orient »n den Jahren «8.l? und l838. o. G. Zacharia s, eorrespondiienden Mitgliedes des archäologischen Instituts zu 9tom, Neise in den Orient ln den Iabren 1837 und 1838. U e b r r Wien, Venedig, Floren;, Nom, Neapel, Malta, Sicilien und Griechenland nach Salonikis de,n Bersse Athos, Konstantinopel v und Trapezunt. <^l^W"'^ Charte des Verges «thos. Hlei del borg, ^n d« akadcm. Buchhandlung von I. <5. N. Mohr. «84«. 5 ,, ^»^ --' ?, ' '" . ! l ^ch »^ ^ ''« .i A, D: e»)«5^) ^L^ Vorwort. ^s ine große Vorliebe für Alles, was griechisch ist, führte mich im Jahre 1830, während ich vorzugsweise dem Studium des römischen Rechts oblag, auf das griechisch-römische oder byzantinische Recht, d. b. auf das Recht, welches stit den Zeiten des Kaisers Iu-stiuian im oströmischen Reiche gegolten hat und von griechischen Rcchtsgelehrten in griechischer Sprache bearbeitet worden ist. Das byzantinische Recht ist von großer Bedeutung für die Kritik und Erklärung der Quellen dcs jllstiniancisch-römischen Rechts: aber bis auf die neuere Zeit vou den Romanisten nur wenig beachtet worden. Gerade darum entschloß ich mich, einen Tkeil meiner Zeit dem Studium des byzantinischen Rechts zu widmen, nnd begann allmählig mit den nöthigen Vorarbeiten. Ein großer Tlieil der Quellen und Bearbeitungen bcs byzantinischen Rechts ist noch unqcdruckt, und die Handschriften derselben sind in den verschiedenen Vi- Vl bliothckcn Europa's zerstreut. Tiefere und umfassendere Forschungen warm, das erkannte ich bald, ohne Untersuchung der Handschriften nicht zu unternehmen, und mit Freuden ergriff ich die Gelegenheit, auf den Reisen, die mir nach den Hauptstädten Europa's zu machen vergönnt war, mit den handschriftlichen Schützen der größeren Bibliotheken genauer bekannt zu werden. - Im Herbste des Jahres 1830 bereiste ich einen Theil des südlichen Frankreichs und Obcritalicns; im Herbste des Jahres 1832 besuchte ich von Berlin aus Kopenhagen und St. Petersburg. Nach Ostern 1834 verließ ich die Heimath auf längere Zeit. Mein Weg führte mich zunächst nach Paris, wo ich acht Monate lang auf der königlichen Bibliothek arbeitete. Im März des Jahres 183'» ging ich dann weiter über Brüssel nach London und Or ford, von da nach Dublin, Glasgow, Edinvurg, Cambridge, verweilte an jedem dieser Orte einige Zeit, und kehrte im October 1835 in meine Vaterstadt zurück. , Endlich, im Jahre 1837, trat ich die Reise an, deren Beschreibung den Gegenstand dcs vorliegenden Buches bildet. Ich wollte die großen Bibliotheken von Wien, Venedig, Florenz und Rom, und VII besonders die noch im Orient vorhandenen Bibliotheken untersuchen, von deren verborgenen Schätzen so viel gefabelt wurde, und welche zum wenigsten für das byzantinische Necht einige Ausbeute hoffen ließen. Im September verließ ich Heidelberg, und ging über Meißen und Prag nach Wien: von da durch Italien und über Sicilien und Malta nach Griechenland und der Türkei. Von Konstantinopel kehrte ich mit den Donaudampfbootcn nach Wien zurück. Hier verfiel ich in Folge der nachthciligen Einwirkung dcr Herbstluft an den Ufern der Donau und zum Theil in Folge des schnellen Uebergangs zu einer anderen Lebensweise in ei» luftiges Fieber, aus welchem mich kaum die sorgsame Pflege meines Arztes, dcs Herrn severer, und die treue Theilnahme meiner Wiener Freunde und Gönner errettete. Noch schwach und krankelud langte ich endlich am 16. November 183« wieder in Heidelberg an; — die Reise hatte im Gauzcn 14 Monate gedauert, und die Kosten hatten nahe an M)() Gulden betragen. Ich hatte brrrits während dcr Ncisc den Plan gefaßt, eine Beschreibung derselben im Drucke herauszugeben, und hatte zu diesem Zwecke theils in meinen Papieren einzelne Aufzeichnungen gemacht, theils ausführlichere Vricfc in die Heimath gelangen lassen; die Beschreibung sollte mit Umgehung des Bekannteren und rein Persönlichen eine Reihe einzelner Bemerkungen, und Nachrichten über die von mir untersuchten Bibliotheken enthalten, insoweit solche Nachrichten ein allgemeineres Interesse zu bieten schiene». Nach meiner Rückkehr aber ließen mich die Nachwchcn des langen Krankenlagers und eine damit in Verbindung stehende gedrückte Stiinmung die Ausführung des Planes von Tage zu Tage verschieben. . : . ",' Untcrdesse» sind, der italienischen Reisen nicht zu gedenken, mehrere Rcisebcschreibungeu erschienen, in denen ein großer Theil der östlichen Bänder, hj? ich besucht habe, mit größerer oder geringerer Ausführlich« kcit und Genauigkeit geschildert wird. Friedrichs-tbal hat uon dem, was er in Griechenland gesehen und erlebt, eine sehr anmuthige, anspruchslose, und wahre Schilderung eutworftu. Der Vorlünfer hat über Personen und Sachcu in Griechenland in der bekannten Mauier des Verstorbenen berichtet. Raonl-Rochcttc hat Athen besucht, und sich in Vriefen über das Emporkomme» und Aufblühen dieser Hauptstadt in einer Weise ausgesprochen, die wie ein Vorwurf fur die griechische Negicrnug klingt, weil sie das alte Athen nicht in Trummcru gelassen habe, damit ein reisender Archäologr desto besser nach neuen Entdeckungen wühlen könne. Grcverus, der nach Griechenland gekommen war, „um die Natur auf sich einwirken zu lassen", bat uns mit Reiscbildern beschenkt, die in den Heidelberger Jahrbüchern treffend charakterisirt worden sind. Die Donauländer endlich hat Schubert dnrchfiogcn und einige Zeit in Kon-stantinopcl verweilt: in seiner Rciscbeschreibung, die bereits in zweiter Auflage erscheint, bat er uns seine Empfindungen und Beobachtungen geschildert, auch für die Freunde der Naturwissenschaften interessante Mittheilungen gemacht, und dabei Alles mit reichen Aus« zngrn aus bekannten, — aber, was die Donauländer betrifft, durchaus unzuverlässigen, — Büchern verwebt. Nach dem Erscheinen dieser Reiseberichte hätte ich vielleicht den Plan, auch meinerseits die Feder in Bewegung zu setzen, ganz aufgeben oder fallen lassen sollen: um so mehr, als die Kritik, die jene getroffen bat, auch mcincr Schilderung und zwar in noch bdhe-rcm Grude droben könntt. DemuiMachtct dabcn mich manchcrlt'i Gründe bewogen, zur Herausgabe mcincr Rciscbeschreibung'zu schreiten: einmal der Umstand, daß nmu Weg denn doch einige minder bekannte Gegenden berührt hat, dann die Hoffnung, daß ich bei strengerer Auswahl auch aus bekannten Bändern und Orten vielleicht noch einiges von Anderen nicht Er- wähnte zu berichten im Stande sein dürfte, ferner die ermunternden Wünsche einiger Freunde und Gönner, endlich und mehr noch der Eintritt eincs froben Ereignisses, das mir ein regeres Interesse an der Beschreibung dcs früher Erlebten und Gesehenen cinstößtc. So entstanden und vollendet, sei dies Buch der Erinnerung an das Glück gewidmet, das mich mit Liebe und Lust zur Arbeit erfüllte! April 25. 1840. ^ G. Zachariä. ?' < ^ HM Inhaltsverzeichnis Tcitt VlsteS Capitel. Reise nach Wien........ 1 1. Meißen am 18. Sept. »837......... t L. Prag am 23. Sept. 1837......... 3 Zweites Capitel. Wien. Sept. 27 biS Nov. 25. 1837. 8 1. Allgemeines.............. g 2. Sehenswürdigkeiten Wien's......... 12 3. Die k. f. Hofbibliothek.......... 16 Drittes Capitel. Venedig. Nov. 29 bis Dec. 30. l837. 2l 1. Vergangenheit, Gegenwart nnd Iulnnft. .... 21 2. Die protestantische, griechische und armenische Kirche. L4 3. Das «enttalarchiv und die S. Marcusbibliothel. . . 29 4. Die Kunstschähe Vcuedig'S......... 33 5. Die Improvisatoren und die Theater...... 35 Vierte« Capitel. Florenz. Jan. 2 bis Fehl. 3. 1828. 39 «. Reise nach Florenz........... 33 L. Leben in Florenz............ 42 3. Die Laureniianische Bibliothek........ 46 Fünftes Capitel. Rom. Febr. 5 bis 'März 5. 1S38. . 58 l. Allgemeines.............. 58 2- Biblio! Helen.............. «3 Sechstes Kapitel. Neapel. Mäiz ? bis 15. lö33. . 70 l- vteapel. Pozzuoli. Dcr Vesuv........ ?0 '^ b«nulan»m und Pompeji. Die Polychromie in de, alten Archilcltur und Tculptur....... ?2 XU Sntt Siebentes Capitel. Sicilien. März 16 bis 21. 1838. 82 AchtcS Capitel. Malta. März 23 bis 29. 1835. , 90 1. Cultur. Vewohncr. La Valettc. Die englischen Commissäre............. yy 2. Christliche Alterthümer. Die Katakomben. ... »l! Neuntes Capitel. Athen. April 2 bis 13. April 25 bis Mai 2, 1838............ Mt 1. Nnlunft in Athcn............ 1(1(i L. DaS neue Athen............ 111 3. Die Universität............. 118 ! 4. Ncchtöjnsiand............. 123 b. Alterthümer............. 13»! 6. Umgebungen............. 145 Zehntes Capitel. Reise durch be» PeloponntS. April 14 bis 24. 1838. . . ........ 148 Elftes Capitel. Reist nach Saloniki. Mai 3 bis 11. 1838................ «W Zwölftes Capitel. Saloniki. Mai 12 bis 1?, Juni 20 bis 2N. 1838............ ,8! 1. Auseillhalt in Saloniki im Allgemeinen. Die Consul». 181 2. Lage, Pamnt und Vcuölkerung der Stadt. . . . !89 I. Geschichte und Alterthümer......... 183 4. Kirchen und Moscheen. Die griechische Geistlichkeit. Nibliothelcn............. 200 Dreizehntes Capitel, Der Nerg Athos. Mai 1? bi« Juni 1». 1838............. 212 1. Ncise von Salomli nach den» Acrg Aihos. , . 212 2. Geschichte des Änas AthoS........ 220 A. ^egliiwärtiger Znstand des Mönchthnms aus dem Verg ÄthoS........... . . 2>ll "i. Karyäs............... 240 5. Da« Kloster Iwiron.......> , . . , 24? «. Das Kloster Lavm.......... . All 7. Die Klöster auf der Westseite des heiligen VergS. , 269 8. Das Kloster Watopädi.......... 267 9. Rückreise nach Saloniki.......... 271 Vierzehntes Capitel. Konstantinopel. Juli l biö 19. Juli 30 dis Nuq, 12. 1838......... 2?« 1. Nach Krnstanüüopel........... 275 2. Allgemeines............. 280 3. Da« grohherrliche Serai......... 265 4. Der Patriarch. Die Bibliothek des heiligen Grabcö. Die Schule zu KurutscheSme........ 26Ä 5. Dlc Plinzeninscln........... 296 Fünfzehntes Enpitel. Reise nach Trapezunt. Juli 20 bis 29. tftI8.............309 SechSzehnteS Capitel. Von Konstantinopel nach Wien. Aug. 13 bis Sept. 13. 1836.........322 Anhang. Briefe und Urkunden. -A' "mk V e m e r t u n fl. Nei der ssorrectur sind einige Druckfehler übersehen worden, die der geneigte Leser leicht selbst entdecken und verbessern wird. — S. 35 Z, 20 würde es besser statt „zumal" heißen: „mittelbar auch". — Oinige Ungleichheilen in der Schreibart waren bei dem Mangel fesier Regelu in unserer Orthographie nicht überall zu vermeiden, uamnillich was die Schreibart griechischer Eigennamen betrifft. Unser Alphabet reicht nicht aus, um griechische Worte ganz mit denselben Zeichen zu schreiben, welche nach den Regeln der griechischen Orthographie zu sehen find. Aber «bcosowenig läßt sich der Plan, griechische Namen in der Art, wie sie ausgesprochen werben, zu schreiben, ül'erall consequent durchführen. Auch dazu ist unser Alphabet nicht anSrel-cheud, und ol'enbrein lierrscht'über die Aussprache des Griechischen «ine große Verschiedenheit der Ansichten, Möchte cS nicht unpassend gefunden werden, daß ich in diesen Dingen clnem festen Systeme der Otlhographie zu folgen vermieden, und in der litt' gel die grade gebräuchliche Schreibweise gewählt habe. indem ich, so oft tS nölhig schien, denselben Namen mit griechnchm Buchstaben geschrieben in einer Parenthese hinzugefügt habe. — Die Allgemeine Icitung vom 2U. April 1«l0 theilt in der Vellage einen Auszug au<5 ciner Schilderung deo Bergs ÄthcS mit, die aus der Feder einls jungen griechischen Reisenden, P, Karajan nopulos, geflossen, und i» der Gritchischcn Athene vom 27. Mürz erschienen ist. — Erstes Capitel. Reise nach Wien. «. Mtifirn am <« Gcpi, l837, ^«Tuf der Fürstenschule zu St. Afra hat sich in neuerer Zeit Manches anders gestaltet, als es wohl ehedem zur Zeit meiner Sclmlstudicn war. Ehemals war es fast nur die lateinische Sprache und Literatur, die von den Schülern gründlich «lernt und studirt wurde: das Griechische wurde vernachlässigt, mehr noch Mathematik, Geschichte und Geographie; nicht grade, weil es an dem nöthigen Unterrichte in diesen Fächern gefehlt hatte, sondern weil es der Geist der Anstalt mit stch brachte, dasi mehr auf eine philologische als auf eine reate Bildung gesehen wurde. Der Unterrichtsstunden waren verl^ltnißmäßig am Tage nur wenige, und waö der Schüler für di.se Stunden zu arbeiten hatte, war nicht bedeutend. Der größere Theil deö Tages war dem Privatstudium bestimmt. Da sasien die Schüler in den Arbcitssälen, ge-wbhnlich vier an einem Tische, und beschäftigten sich nach eigener Wahl mit d« Lecture eineS lateinischen oder griechischen Schriftstellers, mit Mathematik, Geschichte oder . ,1 Geographie. Ein Lehrer führte die Aufsicht, und die Schild ler selbst hielten in diese»; Stunden streng aus Ruhe und Ordnung. Der neu ankommende Schüler, der gewohnten Leitung und der äußeren Nöthigung zu einer bestiinmten Arbeit entbehrend, wußte oft nicht, wie er die Zeit des Privatstudiums ausfüllen sollte. Vald aber wirkte das Beispiel der älteren Schüler und der einem Jeden inivoh-nende Trieb nack Beschäftigung. Der Schüler gewöhnte sich, nach eigener Wahl Arbeit zu suchen, und erfreute sich der freien und selbstständigen Beschäftigung mit den Wissenschaften. Daran waren dann immer auf der Universität die ehemalig,« Fürstcnfchüler beutlich zu erkennen. Die meisten jungen Leute, welche die Universität beziehen, be gnügen sich, wenn sie fleißig sind, mit dem Vesuckc und der Repetition der Vorlesungen, die ihnen als Vorlu-rei tung zu ihrem künftigen Äerufe angerathen wurden sind, und sind nicht selten in Verlegenheit, wie sie die übrige Zeit verwenden sollen. So war es nicht mit denen, welche von der Meißner Fürstenschule oder einer ähnlichen Än-stall auf die Universität entlassen wurden. Tieft sichren i» den gewohnten ftlbstständigen Etndicn fort, hielte» unter einander Diöputirübungen, und ergriffen die Gele^ genheit, die ilmrn auf der Universität geboten wurde, sich in manchen Fächern weiter auszubilden, die nicht grad.' in den Bereich der Wissenschaften geiwrlen, deren Studium ihr künftiger Vcruf von ihnen verlangte. Hierin haben sich aber mancherlei Veränderungen zn^ getragen, seit ich die Schnlc verlassen habe. Dein (^,'iste der jetzigen Zeit gcmäs, wirdaufdie Malwissenschafte» grösierc NlMcht genommen, wobei freilich die classische Bildung leidet. Die Zahl der Unterrichtsstunden ist vermehrt, und dem Privatftudium dadurch Abbruch gethan worden. Auch dadurch ist das Privatstudium verkürzt worden, daß die Schüler nickt melir so streng in den Mauern der Anstalt gehalten werden. Die Fürftenschulc wird nach und nach den anderen gelehrten Schulen immer ähnlicher gemacht, wie es denn überhaupt heut zu Tage auch bei den Un< terrichtsanstalten eines Landes als eine Grundbedingung ihres Gedeihens betrachtet zu werden scheint, daß sie alle möglichst gleichförmig organisirt seien. Man hat auf St. Afra eine Sammlung von Büchern angelegt, wclche von gewesenen Schülern dieser Anstnl, geschrieben oder herausgegeben worden stnd. Die Verfasser oder Herausgeber, ihre Nachkommen oder Freunde stnd aufgefordert worden, durch Geschenke an der Vlldung und Vervollständigung dieser Sammlung Theil zu nehmen. Die Namen der Heber sollen aus einer Tafel verewigt werden; wie mancher Vater, Sohn und 6u?cl werden sich da neben einander finden! Die Sammlung enthält schon zahlreiche Bücher auö den verschiedensten Fächern, und wird in dieser Hinsicht mit der Zeit vielleicht den VcweiS liefern, dasi eine tüchtige philologische Schulbildung selbst für die die beste Grundlage ist, deren spätere Studien mit Philologie auch nicht den entferntesten Zusammenhang haben. 2 Plast am N, Vtpl, <«»?. I" Prag war es ungewöhnlich lebendig. Die Naturforscher hatten sich hier in ziemlich bedeutender Anzahl versammelt, und die izinwolmer der Kdnigöstadt bemühen sich, ihnen den Aufenthalt angenehm zu machen, und nahmen an den wissenschaftlichen und geselligen Zusammenkünften regen Antheil. Auch an Festlichkeiten war kein Mangel. Der Oberstburggraf Graf Hhotek gab in seinem Palaste ein Koncert, zu welchem die fremden Gäste mit ihren Familien geladen wurden. In dein prachtvollen Saale des Schlosses auf dem Hradschin wurde den ver. sammelten Naturforschern ein wahrhaft kaiserliches Gastmahl gegeben. Der Prager Handelsstand endlich veranstaltete ihnen zu Ehren einen glänzenden Vall auf der Färbermsel, einem VtlustigungSorte der Prager, in der Moldau gelegen, wo sich auch die Naturforscher zur gemeinschaftlichen Mittagstafel zu vereinig!»,, pflegte». An Gelegenheit zu geselligen Vereinigungen, zu per? sönlichcr Annäherung fehlte eö also den Fremden durchaus nicht, und man kann insofern sagen, raß die Versamm^ lung der Naturforscher in Prag ihren» Zwecke vollkommen entsprochen habe. Denn die Absicht, welche die Gründung solcher Versammlungen hervorrief, ging besonders dahin, das Anknüpfen von Verbindungen zwischen denen zu erleichtern, die ein gleiches Strcbm beseel», und durch einen lebhafteren mmidlichen oder brieflichen verkehr den gegenseitigen Austausch einzelner Entdeckungen und Beobachtn«-gen zu befördern, welcher für daö schnelle Gedeihen der Naturwissenschaften »ine uuerläsiliii« Vevingmig zn sei» schien. Ungerecht ist das Urtheil derer, welche über den Werth und die Wirksamkeit dieser Versammlungen »ach dem entscheiden, was in den Sitzungen der vereinigten Forscher, und wohl gar nur nach dem, was in den öffentlichen Sitzungen zu Tagc gefördert wird. Ihve Wirksamkeit ist nicht rine unmittelbare, in die Augen springende: aber unter den Mitgliedern sind nur Wenige, die nicht den Einfluss erfabren hätten, welchen jene Zusammenkünfte auf sie selbst und ihre Forschungen ausüben mußten. Indessen ist nicht zu läugnen. das, jetzt, wo an der Zukunft dieser Versammlungen nicht mehr gezweifelt werden taun, die Möglichkeit einrr größeren und unmittel daren Wirtsamkcit gegeben ist: «ine Möglichkeit, dere» Vmuhung wesentlich zum Gedeihen, derselben beitragen winde. Die Versammlungen der Naturforscher in (ling-land, die verwandten Versammlungen der Philologen und Schulmänner im heimischen Deutschland haben das Beispiel gegeben, wie solche Vereinigungen nicht bloö zur Erleichterung deö persönlichen Verkehres, sondern auch zu einer gememsamen Förderung der Wissenschaft benutzt werde» tonnen. Den Naturforschern wurde ein Programm mitgetheilt, welches den Titel führt: „Pcrsoualstand der kai< scrl, königl. Universität zu Prag, und Ordnung der öffentlichen, ordentlichen und aus-jerordentlichrn Vorlesungen, welche an der selben im Schuljahre 1tt!5? gehalten werden". -^ Die Universität zählt im ^an^-n 02 Lehrer, darunter 9 juristische. Die Zahl der Tludirende» ist nicht ange Nkben: si« ^ro au, XW<» geschäht. Außer den regelmäßigen Ferien und den Sonn^ und Ktintagen wird auch noch nach alter Sitte am Dienstag Nachmittag und am Don. ncrstage gefeiert. Die für das „ jnridi sch e Stuviu m " in dem Progrannne angekündigten Vorlesungen geben einen anschaulichen Vegriff von der eigenthümlichen Art und den Gegenstände» des juristischen Unterrichts. Für die Studir enden des ersten Iabres ist angekündigt ^ 1. Nach einer kurzen Encyklopädie deö juridisch-politischen Studiums in Oesterreich als Vorcinleitung nach eigenen Aufsatz»'», daö natürliche Privanccht nach des Herrn Hofrathö v. Zciller natürlichem ^rivatrcchte; das natürliche öffentliche Recht über den Lehrbegviff des Freiherr» v. Martini, und, vereinigt mit dem natürlichen, das europäisch-practischc Völkerrecht, endlich das üsterrei. chlsche Criminalrecht nach dem (^^fthbuche! - von ^. l^. l». Schnabel, täglich zwci Stunden. 2. Theoretische ^i„leitnng in daö Etudinm der Statistik nach Ziziuö, die allgemeine europäische Statistik; dann die deü österreichischen Kaiserthnmü nach Visinger' — von ^. l.^. l>. Chlupp. täglich eine Stunde. Für die Studirenden dcö zweiten Jahres: 1. Im erste» Semester dab römische (iivilrecht nach Prof. Haimbcrger'c! feinem romischen Priualrcchti! — vo» ,». ^1. l». Hclfert, laglich zwei Stunden. 2. Im zweiten Semester das Kkchenrecht (sowohl für Theologen als Juristen)- — von ^. l!. l). Hel. fert, täglich zwei Stunden. Hur die Studireudcn de« vrnten Iahr«s. ' l. Das österreichische bürgerliche Recht nach dem Ge-setzbuche - — von ^. II. v. Wesse ly, täglich zwei Stunden. 2. Das Lchmrecht nach den geltenden Lehengefetzen u„d Vöhmer's prilioil»in ^uri» leu«1»li», im ersten Se^ western — von ^. «.I. v. Haimerl, täglich eine Stunde. :t. Das Handels- und WechsclrM nach dm österreichischen Handels, und Wcchsclgesetzcn und Sonnlcith-ner'ö Lehrbuche des Handels- und Wechselrechtö, im zweiten Semesters— von /. tl. l>. Haimerl, täglich eine Stunde. Endlich für die Studirenden dcS vierten Jahres < ^ , 1. Die politischen Wissenschaften, im ersten Semester nach des Hrn. Hofraths v. Sonnen fcl 6 Grundsätzen über Polizei, Hanvlung und Finanz; im zweiten Semester die Politische Gesetzkunde nach dem von ihm versasiten Hülfsbuche, den durch den Druck kundyemachten Gesetzen, und dem Gcsetzbuche i'iber schwere Polizriübertretungm i — ^. ^- l>. W. Gnstau Edler von Kopch, täglich zwei Stunden. 2. Das gerichtliche Verfahren in nnd außer Streitsachen nach der Iurisdictionsnorm, ^crichtsinstructwn, Gerichts - und Concursorduung und den einscl'lagenden Gesehen, dann den C'icschäftöstyl »ack Sonncnfeis Grundlinien: -- «on ^. II. I». Haiinrrl, lägllch eine Stunoe. 3. Die Staat)rrchnul!göwissc>,fchiift nach S^arka^ ^ oh. (i h. A,il», a „ ^ t,i^,^i, i dene Meister all sich - aber das Innere der Kirche und der hohe Tlnirin gehören jedenfalls ;u den herrlichsten C»r^eug, nisscn der mittelalterlichen Baulnnst. Dem Thurme freilich fehlt zum Theile in seiner Anlage und Ausführung der lustige, zu den Wolfe» emporstrebende Charakter, der sonst dem gothischen Vauswlc ri^en ist - besonders erscheint di« Vastö deö Thinmeö verhallnißmäßig zu breit angelegt, oder es nimmt die Breite desselben nach der Spiye zu vechältnißmäslig zu schnell ab. Vollkommener in ihrer Art tst die ssa^ade der Kirche Maria Stiegen, welche, in demselben Style erbant. du herrlichsten Verhältnisse mit der zierlichsten Ausführung vereinigt. Die A ugustincrkirche entliält das berühmte Grabmal, wrlchcs Herzog Albert von Teschen im I, 1605 seiner verstorbenen Gemahlin, der Erzherzogin Christina, durch Anton (5 a nova errichtn ließ- ein anderes Meisterstück desselben Künstlers, Theseus als Ncberwindcr des Centauren, ist in einem eigens z» diesem Zwecke erbauten Tempel im Voltsgarten aufgestellt. In besonderem Grade treten an diesen Werken alle Mängel und Vorzüge deö berühmten Meisters hervor; aus der einen Seite eine unbeschreibliche Zartheit und vollendete Ausführung, auf der andern eine nicht völlige Walnheit in der Erfindung und eine mamerirte Behandlung des Gegenstandes. Die Schätze, welche in den Kunstsammlungen Wien's aufgehäuft sind, dürften, wenn auch an sich bedeutend genug, dennoch famn neueien Untersuchungen ist es eine Darstellung des TriunWheS, welchen Tiberius unter Augustus übe, die Pannonier feierte. Man hat diesen Stein dem DioSco-rideS, dein grösite» Meister in der Kunst Hlein>> zu schneiden, ver in dem Zeitalter des Augustus blühte, zuschreiben wollen - Zeichnung und Ausführung sind in der That von grosier VoUendung. Aber dc, Kiinstle, hat sich zum 5) Kiths die Abbildung t'ei l'^llll«! ('üluil «>«, pl«ss«!' , ^- 15 ^'l't!^' ven Ashler» deo Steines fügen lnüffen! die Vrust des Tibernic!, die reckte Hüfte der <,>nttit, Rmna, (— nach Anderen soll diese Figur dir Livia darstellen, —) der Genius am Arme der Abundantia, s— nach Anderen ber Agrippina, —) sind beinahe unförmlich zu nennen. Untadclliafter ihrem Knnstwerthe nack, ein bewunderungswürdiges (irzcugniß griechischer Kunst ist die Camee, welche Jupiter Darstellt, wie er, auf feinem Viergespanne stürmisch herbeieilend, den Vich gegen dir Gigaill>-n schleudert. Oben so herrlich, wie die künstlerische Auffassung des Gegenstandes, ist auch die Auöfnlnunq: man weiß nicht, ob man sagen soll, dasi der Stein sich den» Künstler gefügt, oder daß der Künstler seinen Gegenstand ganz in dem Steine ausgefaßt haben müsse, in welchem er ihn aus-zufillnvn gedachte *). — (5in ganz besonderes Interesse gewahrten die reichen Sammlungen des Varonö (5. von Hügel, eine Frucht lanstjähriger Reisen in Aegypten und den südlichen wandern Vlsienö, über welche der Herr Baron in einer öffentlichen Siyung der Naturforicheruersammlung zu Prag ubnsichllich berichtet hatt,. Auf diesen Reisen hat der Va-l"n von Hügel aus,cr zahlreichen ^rcmplarcn dcr Tl)iere, ^sta>'M und Steine, die in jenen Oegtndm vorkommen, ^ Siehc di< Abbildung del «<:!<»:» >»><:r!-«» «>-uv««, ^,,. Xlll. Diese Alchildung >N jeooch ehcr verfehlt iu lienn,!!, wahrend die m d>l u^rauss.licnben Aum»rl»nss ""sstfxhKl n!»^,sel>v> die Män^l des Qligloa!« z» vcldecken 45 auch die mannichfaltigen Geräthschaftcn, vcrcn sich die Ve^ wohner jener Länder zu den verschiedenartigsten Zwecke» bedienen, »lit vollkommener Kenntniß und bewunderungswürdiger Auödauer gesammelt. Srine Sammlungen enthalten auch mrhrcre Proben chinesischer Malerei, die durch ihre Zeichnung und Färbung unwillkürlich an die Erzeugnisse der altdeutschen Kunst erinnern - daneben aber ein ' in Kaschmir verfertigtes Miniaturporträt einer Frau, welches dem Besten an die Seite gestellt zu werten verdient, waö die französischen Künstler in diesem Fache zu Tage gefordert haben. V„dlich ist unter den SchälM dieser Sammlung eine Anzahl orientalischer HLS. zu erwälmen: unter Anderen eln sehr alter Sanskritcoder, ein dicker Quartband, auf Baumrinde geschrieben. 3. Di« f. k. Hvfliibliothcl, Die öffentlich« Bibliothek ist eine der größten und reichsten V»chersammlu,,gen Europa'S, und wachst noch täglich durch uenc Erwerbungen. Kaum fastt der herrliche BibliotbekSsaal mit seinen Gestellen und Schränken die Menge der Bücher und Handschriften, Auf den ein. zelnen Brettern stehen zu,» Theile die Bücher schon jetzt in doppelten Neiden l'i»tcrmiander, und eine (5rwrilcrung des Raumes ist dringendes Bedürfniß, wenn die Äufrechthal-tung der Ordnung noch ferner möglich sein soll. Die Bibliothek zahlt U> Beamte, (Bibliotwcare, Cu-stoden, Scriptorc»,) und drei Aufwärtcr. Pi>- Beamten sind fast alle Männer, die sich durch gelehrte Forschungen ausgezeichnet haben ^ Philologen im eigentlichen Sinne deö Je '- t7 Wortö, wie ste allein für Bibliotheken sich eignen. Män, ncr, wie Kopitar, Gichenfeld, Gevay, brauchte ich nicht erst rühmend zu erwähnen, wenn ich nicht ihnen «leine ho lie Verchrnng und Ergebenheit auszudrücken mich besonders verpflichtet fühlte. St. Endlicher, den Juristen durch die Entdeckung einiger Pergamemstreife» mit Fragmenten aus Ulpian's Institutionen wohl bekannt, ist von seiner Stelle als Scriptor bei der k. l. Hofbibliothek zum CustoS des Na« wraliencabimts befördert worden, und hat sich als solcher bereits durch mebrrre in die Botanik einschlagende AbHand, lungcn bekannt gemacht. Dagegen ist wohl ebensowenig auf eine Fortsetzung drö von ihm 1k.j5 angefangenen Catalogs der lateinischen Handschriften zu hoffen, als darauf, daß noch andere Fragmente des römischen Rechts durch seine Bemühung!.'!! an da6 5!icht des Tages gefördert werden loin,«,,'!,. Auch oürfte die k. k. Hofhibliotbek wohl schwerlich noch weitere Pergamentreste mit der Fortsetzung ^tr Ulpiamischen Fragmcnle enthalten. Endlicher fand die frühere» in einer Hapyluöhandschrift, wo sie, in Streifen seschnitlcn, beim Heften da;u verwendet worden waren, bit Papyruöl'latter mit einander ;u verbinde». Jene Hand-shrift war aber zu Zeiten Josephs ll. einzeln aus dem südlichen Frankreich gekommen, und es wäre dahcr eher ln Papyruöhanvschriflen nachzusehen, die aus dem südlichen ^ankreich stammen oder dort noch befindlich sind, z. A. '" dnicn zu C>jcns, ob nicht etwa auch hier die einzelnen Hapytuüblälter ,nit Pergamentstreifen an einander geklebt 'lnd, die der Buchbinder aus derselben Pergamenthanv- 2 fchrkft der Ulpianeifchen Institutionen herausgeschnitten hatte. Niicher, nno namentlich Handschriften, können aus der k. k. Hofbibliothek unter keiner Vedingnng entliehen wer. den. Dagegen ist fiir die, welche auf der Bibliothek selbst arbeiten wollen, hinlänglich gesorgt. Mn großer, im Winter gebeizter, Saal ist den Studirend«,, eingeräumt. Rings an den Wänden hin laufen die Arbeitstische der Vibliothecare - in der Mitte aber ist eine lange Tafel mit Stühlen fiir die, welche die Schätz« der Bibliothek zu benutzen wünschen. Nur das Geräusch der Eintretenden unr die Verhandlungen mit oder unter den Vibliotliccaren ver-ursachcn zuweilen eine Störung. Mit großer Bereitwilligkeit reichen die Vlbliothecare sogleich die verlangten Bücher oder Handschriften, und beantworten gerne aus dem Schatze ilne» (^elehrsamkeit die ^rageii. deren sofor tige eigene Lösung dem Etudirenden nicht immer möglich ist. Und grade hier zeigt sich besonder«. wi« förderlich für einen auögrbreiteteren Nutzen der Vibliotbeksschähe die Anstellung meine, er, in den verschiedenen Fächern der Phü lologie m,d Alterchumswisscnschaft wohl bewanderten, Gelehrten ist, deren Anzahl sonst bel der k. k. Hofbibliothek mit der Menge derer, welche regelmässig diese Bibliothek besuche», — es sind im Durchschnitte taglich «ich» mehr als zwanzig, — in einem Miswerhallniffe zu stehe» scheinen möchte. Regclmäsiigs Vesucher der Bibliothek waren während meines Aufenthaltes in Nie» unter Änderen der Hof. rath von Hammer, der nicht müde wlrd, zu feiner nnermtsllichell Vclesenheit in der orientalischen Literatur . > lmmer neue Lesefrüchte zu sammeln', und der Archivar Joseph (5hmel, der mit angestrengtem Fleiße nach Handschriften und Urkunden fur eine Geschichte Oesterreichs sorscht. Im I. 1KW hat derselbe eine Nnse nach den Klöstern Unter- und Ober-Oesterreichs gemacht, um die Geistlichen zu bewegen, daß sie die Schatze ihrer Sammlungen zu demselben Zwecke einer genaueren Untersuchung unterwerfen möchten (5r ftlbst hat dabei die Vibliothelen U! Augenschein genommen, und reichhaltige Auszüge aus ^Nt Verzeichnissen derselben in der Oestcrrcichischcn Zeitschrift für GeschichtS. und StaatSkunde, Jahrg. 1836 No. U3 ff. gegeben. Von den griechischen Handschriften, auf die ich mein Augenmerk ausschließlich richtete, giebt eS zwei Catalog«, linen allere» von LambectuS, der von Kollar neu herausgegeben worden ist, und einen neueren von N es-sel, der die Reihenfolge und Bezeichnung der Handschriften 5,»»nMn>5, aus dem I. d. St. 568, enthält, und im I. 1 l>n»««:nt), daß sie von ebener Erd« auö leicht gelesen werden könnten! 21 Drittes Capitel. Venedig. Noo. 29. blS Dec. 30. l«37. l. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. <^ic Königin des adriatischen Meeres schwimmt noch auf der »reiten Wasserfläche der Lagunen. Anstatt der Straßen ist sie in mamnchfaltigen Windungen von hundert und aber hundert Canalen durchschnitten, die mit prächtigen Kirchen und Palästen von ganz eigenthümlich graziöser Bauart eingefaßt smb. Die schwarzen Gondel», von denen der gellende Zuruf des Schifferö tönt, fahren wie Schatte» darauf einher; nuter dem weiten Vogen der ^ialtolnncle hindurch nach der l'lilx/.olt», wo noch auf hvhcr Säule der venetianische Löwe inmitten der l'rnou-l'ltti«, der (iathcdrale deS heil. Marcuö und deS Dogcn-p"lastcü steht, und endlich an der Scufzerbrücke und den ^lcilammcrn vorüber, längs dem slavischen Quai (Mv» "l: ^«t»inv<»>n), nach dem Arsenale, vor dessen Eingang "e ^öwrn vom Piräus Venedig's Macht und Siege be. Aber das Auge dcS Wanderers, der einsam in die schwellenden Kissen der Gondel zurückgelehnt die langr Acchn ourchfliea.!, blickt trubc und srassend ans die schwin- 22 dende Pracht einer glorreichen Vergangenheit. Verlassen, düster und halb verfallen erzählen ihm die Paläste von dem Schicksale ihrer Herreu; die Kirchen, zum Theile erst halb vollendet, klage» über die llnmacht und Verarmung der Gläubigen ; nur der einförmige Ton dcö Nuder^ schlageS schlägt an sein Ohr, von keinen» fröhlichen Liede deS Gondoliers begleitet; vie Löwen des Arsenales habet« nicht mehr Hunderte von woblgerüsteten Galeeren zu be^ wachen! Und die Menschen, sie sind nicht mekr die alten Ve-nctiancr, deren eigenthümliche Sitten und Gebrauche so manchen Veschreiber gefunden haben. Die Nobili haben ihre Stellung verändert, die alten Geschlechter sind zum Theile ausgestorbe» oder nach dem Festlande ausgewandert. Der Vürger- und Handelsstand hat mit dein Handel abgenommen. Wasserträger, Ausrufer, Fischer und Schiffer sind nicht und waren zu keiner Zeit von ächt uene-tlanischcm Gepräge: eö sind Bewohner des benachbarten Festlandes, welche die Hoffnung auf Erwerb und Ver. dienst nur vorübergehend nach Venedig zieht. Noch andere fremdartige Bestandtheile hat die Bevölkerung m neuerer Zeit in sich ausgenommen: anöwärtigc Kaufleute, Civil- und Militärbcamte mit ihren Familie» und Gefolgen habe» sich in Venedig angesiedelt. Jeder, der mit Theilnahme zurückdenkt au die schöne Vergangenheit der wundersamen Meereöstadt, richtet seine Blicke in die Zukunft: ob wohl Venedig einst i» verjüngter Kraft und Herrlichkeit wieder auferstehen werde? Ab« die Aussicht ist trübe und umwölkt. 2!j Seitdem die stürlnischen und unheilbringenden Zeiten der französischen Kriege vorüber sind, und Oesterreichs Adler seine schützenden Fittige ruhig über Obcritalien ausgebreitet hat, ist zwar Venedig zum Sitze der obersten Vehörden dcö vcncnanischen Königreichs nnd zur abwich-lelndcn Residenz des VicelönigS von Italien erhoben wor-^c». Allein als eine Hauptstadt wird Venedig mm>»er auf ci„c gleiche Stufe mit anderen Hauptstädten der neue-reu Zeit sich emporzuschwingen verulögen. Die ganz be^ ionderc Lage und Äauart der Stadt m»ß der Einführung der Sitten und Gebräuche, nach dcnen die Oroßen und ^si't<< alö ullubcrstciglicheö Hinderniß im Wege stehen. Und "n ein Wiederaufleben des alten, ganz charakteristischen, "cilltianischen Lebens ist kaum zu denken. Nur so lange Venedig seine war das Vrsteben solcher ^igcnthülNlicht'eittn möglich: seit eö "bcr e,„ C>jl!ed eines größeren Staates geworden ist, können ^ltlcil llnd Gebräuche, die von den in andern Tlieilni ^'selben Staates herkömmlichen durchgangig verschieden llnd, sich „icht auf die Dauer «rhatttn, und noch weniger erst entstehen. Venedigs Hoffnungen beruhen allciil auf der Mög^ llchkeit, daß sich der Handel wieder heben und die Lagu-"m von vienrin beleben tonne. Deshalb tst Venedig <""' Freihaftn .rllart worden, grohe Vauten hat man ""ternommen. uul vie Einfahrt in die Lagune» sichtler 24 und für große Schiffe zugänglicher zu machen; Venedig soll mit Mailand durch eine Eisenbahn verbunden werden, und diese Oisenbahn soll sogar vermittelst einer Brück« über die Lagunen bis an die Stadt gefiibrt werden. Aber was wird cö helfen, wenn man bis an die Stadt mit Wagen fahren kann, da innerhalb der Stadt doch immer nur ein Verkehr zu Wasser möglich stin wird? Wird man überhaupt durch eine künstliche Vermehrung und l5r leichterung der Communicationen den Mangel an innerem Triebe zum Handel ersetzen, und den Waarcnzug aus der Levante, der schon längst andere Straßen eingeschlagen hat, auf dc» alten Weg zurücllrite» kömicn? 2. Die plotefta»tische, «riech, sche, und armen,sche K i l ch r. Die Venettaner sind stets alö gute Katholiken gerühmt worden, wenn gleich die venetianisch katholische Kirche gar mancher Freiheiten genoß. Indessen sind andere Ne!i-gionöverwandt,.', wenigstens in späteren Zeiten, immer ge duldet loorden, und erfreuen sich gegenwärtig einer freien Ausübung ihrcö Gottesdienstes. Die protestantische Gemeinde in Venedig zählt gegen zweihundert Mitglieder, theils Deutsche, theils Franzosen und Engländer. Sie hat ihr« Capelle, in welcher ein regelmäßiger Gottesdienst in deutscher Sprache ge halten wild. Die vortrefflichen Kanzelredcn des Herrn Pfarrers Witt gen (aus Oberungarn) vereinigten jcden Sonntag fast alle Protestanten zur grmeinsanmi Goltes-Verehrung. Im Ganzen hat sich die protestantische Kirche 25 w Venedig einer vollkommenen Duldung zu erfreuen: seit langer Zeit war nur die einzige Frage, ob man in einer öffentlichen Anzeige von dem Tode eines Protestanten den Ausdruck - »!»>>'<'» ne 1 8 i ss n n i-e (—er ist gestorben lm Herrn —) gebrauchen dürfe, ein Gegenstand vorübergehender Streitigkeiten gewesen. — Die Griechen bilden eine weit zahlreichere Gemeinde: sie haben eine prachtige und ziemlich rcich dotirtc Kirche, zum heiligen Georg genannt, in welcher der Gottesdienst von mehreren, zum Theile sehr gebildeten, Geistlichen besorgt wird. Zuweilen fungirt auch Ntnedetto Kraljewitsch (liert'^x'rnc kj<«Xl!azzaro. Die nnnenische Kirche, vom h. GrcgoriuS gegiftet, untcrschicd sich anfangs von der allgemeinen Kirche wn vurch eine besondere 5!itmgie in armenischer Sprache. 26 Später verweigerten vie armenis^'en Vischose die Anr> kennung der Beschlusse, welche i>n I. 45» < am der Kir: chenversammlung ^i fthalcedon gefastt ivorven waren, und die armenische Kirche trennte slch nim wollig von der griechischen. Diese Trennung und Isolirung verursachte zum Theile daö Unglück der armenischen Nation überhaupt, und insbesondere den gänzlichen Verfall aller geistigen Bildung, lim so natürlicher war der Gedcmte, daß die geistige und politische Wiedergeburt der armenischen Na tion zunächst durch eine Wiedervereinigung »nit der katho^ tischen Kirche ;u bewirken sein möchte. Dieser Gedanke wurde in Mechitar, einein Manne von ungewöl'nlichen Gab»n und voll Eifers für das Äefte selnes VolkcS, der 16?d seine erste Nr^iehung in c>r> mcnischeil Klöstern erhalten halte, schon früh durcl, wiederholte Berührungen mit katholischen Missionären in der Levante besonders lebhaft angeregt. Nach vielen vergeblichen Vcrsucke»! zur Berwirllichung dich-S Gedankens und nach mancherlei harten Schicksalen trat Mechitar un I. 1700 als Prediger in Konstantinoftel auf, wo er bald zahlreiche Änhäng/r f^nd, und unter dem Schlche des franMschtn gesandten eine religiöse (^estllschast stiftete, deren Mitglieder einst durch Lehre und Schrift für die Wiedervereinigung mit der katholisben Kirche wirren soll ten. Nicht lcmge daraus nölbigte» iln, die ^ersolgungeil seiner Feinde Konstanlinopel zu verlassen. Mil Vewllli. gung der Venetlanischen Regierung ließ er sich mit seinen Schülern in Uodon nieder, wo im ). NO^ feierlich der 27 Grundstein zu einer Klosterkirche gelegt wurde; um dle-selbe Zeit bestätigte der Pabst die Regel, welche Mechitar für seine Gesellschaft nach dem Vorbilde der Regel des l). Vem-dict aufgestellt hatte. Abcr bald wurde das Aufblühen der neue»» Gesellschaft gestört: während deS Krieges zwischen den Venetianern und Türken sab sich Mechitar genöthigt, von Neuem ftincn Aufenthaltsort zu wechseln. Vllt elf seiner Schüler tam er nach Venedig, wo ihm im 3. 1717 die verlassene Insel S. Lazzaro in der Nähe des Lido zur lzrrichtung eineS Klosters vom Senate eingeräumt wurde. Unterstützt durch die Mildthätigkeit reicher Armenier war nun Mc^itar unablässig um die Auöfüh-lung der für seine Gesellschaft nöthigen Einrichtungen be-'nüht - im ), i?N) endlich ware» sie vollendet, wie man ste noch jctzt auf S. Lazzaro findet. Mechitar starb im I. 1?«,. Dle Mcchitaristen-Con glegatio» hat stch seitdem bedeutend erweitert. I>n Anfange dcS gcgcnn,'ärtigen Iahllnludcrts hat sich ein Theil der Gesellschaft l^ögerisftn, und Anfangs Trieft, später "bn Wien zum Aufenthaltsorte gewählt; in Wien tst biefer Gesellschaft ein Kloster angewiesen worden, dessen Einweihung zur Zeit meiner Anwefcillieit mit vielen Feier-Uchkeitm und ln Beisein deS kaiserliche» Hofes stattfand. Dir M'chitaristengescllfchaft, die auf S. Vazzaro zurück: geblieben ist, zähl! gegenwärtig fünfzig Mitglieder, uon bencn gewöhnlich zwanzig anwesend, dreißig aber in Geschäften der Gesellschaft oder auf Mlsstonen abwesend sind. Glne fthr „lche Stiftung hat die Gesellschaft in neuester Hei» in d«n Stand gesetzt, zur Erreichung ih,l, Zwecke 28 Anstalten in weit größerer Ausdel'nnna. z», treffen, die vielleicht bedeutendere Erfolge, als man bisber erhell zn haben sich schmeicheln konnte, siir cine künftige Hnc in Aussicht stellen. Stach der Absicht des Stifters ist es die Ansgabe der Gesellschaft, durch Schrift und Leh« für die Bildung des armenischen Volkes und die Wiedervereinigung der armenischen Kirche mit der katholischen, jedoch mit Beibehaltung der armenischen Liturgie, zn Wirte». Darnach theilen sich die Mitglieder diestr Gesellschaft entweder in geistliche Leb-rer (Bartabicd), die erforderlichen Falls als Missionäre ausgeschickt werden, oder in Schriftgelehrte (Varjabied), dic sich »nit schriftstellerischen Erzeugnissen oder mit dem Unterrichte der Jugend beschäftigen. Die Missionäre durchziehen mit größl-rrm oder geringerem (5rsolge den gangen Orient, so weit Armenier lrben. llntcrrichtöanstallen für armenische Knaben sind auf S. Lazzaro und in Padua. AuS den armenische» Pressen auf E. ^'azzaro sind durch die Bemühungen der Mechitaristcn seit dem I. 1719 zahlreiche Lclniftcn hervorgegangen. Der größere Theil besteht in Übersetzungen religiöser oder prosaner Vücher: aber auch lnancherl'l Neberbleibsel der alten armenischen Literatur sind hier hcrauögrgcbln worden, und beson derü armenische Sprachlehre^ und Wörterbücher, denen die abendländischen Gelehrten ihre Kenntniß der armenischen Sprache fast ausschließlich ;u verdanke» haben. Di< Schristgelehrten N'erdcn in ihren Arbeiten durch eine nicht unbedeutende Bibliothek unterstützt sie enthält an W.OW Bände gedruckter Bücher und gegr» 4<»<> orientalische, und 29 zwar meist armenische, Handschriften, deren Werth und Inhalt ;u bestimmen ich freilich den Kennern der armenischen Literatur überlassen muß. ä. Das ('«; i„ jeder Masse ist die Anordnung deS Einzelnen eine chronologische. Genauere Verzeichnisse fehlen durch-aus, ,mv c6 ist demnach die Benutzung dieser Schätze "och äußerst mül'sam. Vielleicht, dast diesem Uel'elstande abgeholfen ivird, sobald man aufhört, den alten Urkundm ^inen niel'r alt^ gsstl'i.btli^en Werth heizumcssen. Ebenso bedeutend sur die Wissenschaft, als die Schäße bes Centralarchivö, sind die reichen Sammlungen der S. Marcuöbibliothek, welcher die herrlichen Säle des alten DogrnpalasteS eingeräumt worden sind. Die S. MareMnblictthek gel,ört nicht in die blasse derjenigen Vi> bliothclm, welche recht eigentlich öffentliche Bibliotheken genannt zu werden verdienen, d. h. welche ihrer ganzen Anlage und Einrichtung nach bestimmt sind, durch Ge- 30 jiattung einer ausgedehnten unv möglichst erleichterten Benutzung der allen und neuen, einheimischen unv fremden Literatur die Junger der Wissenschaft zu unterstützen und zu fördern; sie gehört mehr in die Classe derjenigen Bibliotheken, welclic viellncht als Sammlungen litcralischer Seltenheiten bezeichnet werde» kennen, ViblimhelVn, deren Pestimmung die sichere Aufbewahrung alter und neuer Literamrschatzc, und wenigstens zunächst nicht die ist, diese Schatze allgemeiner zugänglich zu machen *). Da darf *) Man sollle nie velqr„en. daß rS Vibliuthckll der einen und der anrcren Arl geden laun uno mich, das, aber die ver schieben,'« Zwecle ^ffcinlicher Blbliothclen mit einander ucr einigen zu wollen, ein Unding lst, Soll tine Bibliothek «iiie AufdtU'ahriln^eanslült vl'« lilcrarischcn Schält» still, — nun M, so ici ina» ängstlich m der Vchütu»^ derftlbcn, aber man verlange nicht, daß sic zunächst als cinc Anstalt sill die >! a»ch die grvsilc Vil,erali<.i! herrschen. In dt„» Äiid^l der l^ügllchl'll Äil'iiolhel ,^i Pari»? ist rillt «amhaslt Summt sur die <,5r!c>M,H des Schadens ausg«-worsen, welcher etwa durch die freie Beunhima, ber Bücher schabe tMstehe» lünnte. Die UuiversilatSdlbliollief zu Hel belbcrg ist sür jedermann zugänglich: außer den Vehiern der Univclsilät f^xue» auch '^rnude und Sttidireude Bücher geliehen erhallen. l)w I> >"^» wind.n iu, ("an;en »2,7W Bände ails^eüehen: von <2 die Erlaubniß erhallen. Bücher zur Bemlhuxa. in ihre Wohnuna. zu uehlneu.) Ucder eineu daraus e«lstel>eudr!! schaben hi'rt man hier »icht Nage«. Bei malicheü eurl'^'aischen Äidliothe» len, welche neben kostbaren Sachen eine Gammlunq der gt' wohnlichen Bücher enlhalien. wäre vielleicht elne Trennunq 31 man sich fveilicl, nicht beklagen, wenn man bei der Ve-nutzung derselbe» mil mancherlei Mühseligkeiten zu kämpfen hat: ein Glück noch ist'ö, wenn man auf einen so liebenswürdigen und gefälligen Vibliotliccar stößt, als alle sremden Gelehrten in dem Ab bate Vettio gefunden zu haben gestehen müssen. — Die griechischen Handschristen der Mavciana sind zum größten Theil« in dem bekannten (Kataloge von Zanetli genauer beschrieben. Indessen sind einige Handschriften von Zanetti übergangen worden, andere in nicht unbedeutinder Anzahl erst ln neuerer Zeit in die Vibliothek gekommen. Der Abbate Nrttio hat daher einen Anhang zu dem Kataloge von Zanetti verfertigt, in welchem diese HandschnfttN nach elf blassen sorgfältig verzeichnet sind. in jeder Gasse sind die HSS. von eins an gezahlt. Die erste Classe, llllM,» ,^tt<'i-» «! l„tosl>ll'!v«, enthalt tilj <>ullioe»; die zweite, l'nlre» «l ^«rll'wre» llool<:»l»8tlc''l, 189; die brnte, l'nln^lin «t <>n»«»n<», 1<»; die vierte, l'ki-l"""l>l». li2; die fünfte, Me«li»t«»ll» e«ole»in«tio» " l»s«,l'ml», 5)^ ; d»e achte, Ilnetaro», 2l); die neunte, l'orlue, ^ll; die zehnte, «:inmmnii«,.l>jinl«'i, :;i. Im Ganzen also umfaßt diese ^lVVcnviF 538 griechische Handschriften. Vei einer jeden ^krselben wird, fo weit ei! möglich war, axgegrbrn, auö welcher Vibliolhek u. s. w. sie in die Mncianische Vi- bat <^e«ign«st,. damit jene desto besser bewahr», diese desto freier benuht wridtn löunten. 32 bliothek gekommen ist; es werben in dieser Beziehung ge-nannt die /Xrollivi ,,udli«i. und die Illdl. ^l>o«tnl> /><^-nyni«, Itv^ni'i"»!«, <'Ni,<»»ll-n ^17!>», «nlliuio (^«2^), «»Hioioli, c:o«i!«<. .Innimi» in Virillnrx» ( I'ntl^Vll ), i»l^. .ln»n«i<« et l'nuli (VolX'lii»), >,. !VNll>«eli^ i„ IVlornn«, s V«liinni, l'nI. ^'l!«nll»<»un,. — Wl'iln alich dir Mchlzahl dieser Hand-fchriftel, bereits in gedrucktm (^ualo^en ausführlich bc schrieben ist, ^. V. in i>I < n^ni «!! i <>'s»c»Nll»«. llonI »i!l,l. IVl,'»'. l<». l. li««n!,l>i 4^03, so ware doch sehr ^u wünschen, daß der Alchangöcataloq durch den Druck ver^ öffenilicht würde. !>?» cl»i ,»»tz,l»vin I«, »t»mz»»<,»l-oV *) fragte der Abbate Vettio. Die Lch'iftstelllv i>i Itaiin, smd beut ^u Ta^e nock in eim'r ähiüichen ^!^^e, wie die Eckn Wetter vcc> Äl-tcrthumö. An Honorare ist nicht zu dcnkeu. Iu bcr Nessel müssen sie soa.ar auf cisseue Kosien den Druck besorgen, um ilirc (^rist^es^ussnisse eiui-m ansqebreittloren Kreist von Freunde» »ntthcilcn zu lminen, und vm» den» Erlöse auö dcn, öffentlichen Verkaufe dei) Buches f^llt ein nicht uubctvachllicher 'i heil drill Vuchlmttdlcr zu. Und doch ist di« Lileralln der Alten ein Geqenstand der Vewunde-runss für alle Z.itcn gewesen, und doch hat ebenso die m'M'ste italimlsche Literatur sich mancher vorttesslichen Werfc zu rühmen. Ncbcrliaupt dürste die ssrage, inwie- <°» Wer soll den Drucker bezahlen? >5 fern man den Betrag der Honorare, welche die Schriftsteller beziehen, und die größere oder geringere Lebhaftig-. keit des Buchhandels als einen Maßstab für die Höhe der Literatur und Civilisation b?i einen» Volle betrachten könne, bei genauerer Untersuchung zu manchen interessanten Resultaten führen. ä. Die Kunstschäl)« Venedig's. Der Vücherrcichthnm der S. MarcuSbibllothck ver-schwindet fast ganz vor der Pracht der Säle, welche sie in dem alten Dogenpalastc einnimmt; die Wände und Decken sind mit Gemälden geschmückt, die zu dem Herrlichsten gehören, was der Pinsel der berühmten vcnetiani-schen Meister hervorgebracht hat. Der cbemalige Sitzungssaal bes großen Ralhcs enthält als einen Theil der Vibliotliek cine Sammlung von Antiken, unter welchen jedoch nur ^nig Angezeichnetes zu sinde» ist. ssinc Statue von Marmor in halber Lebensgröße, die Figur cincS Mannes ^stellend, der, die Augen in die Ferne gerichtet, im langsanicn VorwärtSschreileu begriffen ist, dürfte besonders hervorzuheben sein. (5ö soll ein Ulysses sein: Anlage "ud Aussiihrung erinnern an dn- Zeiten dcö besten grie-chischen Elyls *). Wie die Säle dcS Dcgcnpalastcs, so enthalten fast alle Paläste der venv'tianischcn Großen die herrlichsten Gemälde *) Diejenigen, welchen der Genuß bevorsteht, die herrliche Gnch^'t der Niol'idcn in den Ufsizi ^u Hlorenz bewnnven» zu lünnen, mache ich aus nn Basrelief in der G. Marcu«< bibllothel aufmerlsam. welch«« die Niobiden vorstellt, 3 A sammlungen! ebenso ist fast keine unter den znhlrejche» Kirchen und Kapellen, die nicht irgend ein Meisterstüll eincö venetianischen Künstlers auszuweisen hatte. Indessen hat sich in neuerer Zeit Venedig'S Reichthum an Werken der Kunst um ein Bedeutendes vermindert. Vieles haben die Eigenthümer mit siä, lunweggenommcn in ihre ncn erwählten Wohnsitzen Vieles auch ist in die Hände frcm der Kaufn gnallcn, und vergebens bat man durch allerlei gesetzliche Anordnungen die Perkäufiichkcit der Kunstschahe zu beschranken gesucht. Grade deßwegen war die vor etira ,ll) Jahren erfolgte Gründung der ^<>on<1em!n, llello li^ll,» nrr veneiianischen Schulz in ihrcr Entstehung und Vliithe und in ihrem Perfalle, ein lebendiges, anschauliches Bild gewähren. Hier übersieht man gleichsam mlt kinci» Blicke die cigenthilmliche Vortrefflichkeit der vene-l'ainschrn Maler: die Wahrheit und Natürlichkeit ihrcr Schöpfungen, und die unnachahmliche Pracht ihreS Eo-loritö. Nicht selten hört man die Frage auswerfen: warum 5ch wohl die venetianischc Kunst auf Malerei und Archi: ltktur beschränkt, und die Bildhauerei fast ganzlich aus-geschlossen habe? Die Erklärung dieser Thatsache dürste lheilö in dem Ursprünge der vcnetianischen Knnst, ihells '" der eigentl'ninlichcll ^'age und Vauart der Stadt zu suchen ssin. Denn bei den VyMiinrrn, von denen die "e>ietianer die Anfänge ihrer Kunst entlehnt haben, war die Bildhauerkunst zumal in ssolge deö unheilvollen Vilderstreiteü üanzlich untergegangen, «ltd die Vyzantln« konnten hierin °en Venetlanern nicht zum Muster dicmn; in Venedig selbst aber tonnte bei d>'in Maogel an öffentlichen Plätzen °b«r breiten Straßen zur Aufstellung statuarischer Mo,m-'nentt eine Neigung zur Bildhauerei nicht lticht erst entstehen. 2. Dl« Improvisatoren „nb die Theater. I" <'n»inl» «lei ><,dil> ließ stch cin Herr Vindocci hören, der gegenwärtig als bester Imp, ovlsatore ln ganz Ill > Italten gilt. Nachdem die Zuhörer auf besondere Einladung verschiedene Gegenstände bezeicknel satten, über welche er improvisircu sollte, wählte er aus der Mcngc der gestellten Aufgaben nach Vclicben einige auö, und trug nach kurzem Besinnen scine improvistrtcn Dichtungen, tbeils bloö declamirend, theils als Recitative mit ^lavierbcqlei' tung vor. Sein Vortrag war oft ähnlich dein einer Scherin, die, was sie im Vuche des Schicksals gelesen, begeistert verkündet: seine Stellungen, die nicht selten ?er dcö bolgheslschcn Fechters glichen, und alle scine Vewe gungen hätten selbst an einem Schauspieler auf der Vnhnc übertrieben erscheine» müssen. Die Gedanken strömten ihm keineswegs in großer Fülle zu, und waren nicht immer dichterisch zu nenne»: die Gedankenarmut!) suchte er hinler einem glanzenden Gewandc von schmückenden Worten und klingenden Reimen zu verbergen. Aber schöne Worte in gereimte Verse zu bringe», ist kaum eine große Knnst; cö ist so leicht, eine Grlaufigkeit in sogenannten dichter!« schen NedmSartm stch zu erwerben, und überdies ist die italienische Sprache namentlich in ihre» Worlbiegungcn su überaus reich an iltcimcn, das» dcr große Beifall sehr a,ch fallend war, den das Publicum den Leistungen deS Herrn Vindocci spendete. Nur zwei seiner Gedichte waren cigenllich improvlfirt; daS eine: „ N l»n»le i» lluv^«uu", srhr lnatt, ein Schnall von hochtrabenden Ncdensarte», daö andere überdle Fragen „^more wurenäa «l»i l»»uivr«bl,v ere *1 Wenn '.'tnnr ftürbe. wen würde «r als Erben hinterlassen? s7 cl'eö scherzhaft nett gehalten, und im Ganzen gelungen zu nennen war. Amor, den Tod vor Augen sehend, macht sein Testament; die goldenen Pfeile vermacht er den Jung-Imsseil, semc sslügcl den Jungfrauen, und so fort seine tlx^lnen Attribut»' den Männern und Greift», den Frauen und Matronen. — Die zwei anderen Gedichte, die Hcrr Viüdocci vertrug, waren als Gclegenbeitögcdichtc, die «r zur 'Aufgabe zu erhalten schon vorher erwarten konnte, wohl schwerlich improvisirt in» eigentlichen Sinne des WortS. Sie zeichneten sich zwar durch eine schone Sprache, «ber lrineöwegs dunb dichterischen Geist und Gehalt aus. Weit unterhaltender, alö die geistigen Eeiltänzcrcien eines Vindocci, sind die Improvisator» niedrigeren Nan-sstö, welche man täglich bei schönem Wetter auf der Uiv» ll<'' Kl'l>inv„m einen Kreis von Zuhörern um sich sam-'urln siebt. Diese sllchen sie durch mancherlei abenteuerte Erzählungen zu ergötzen, wobei sie die handelnden Personen mi< ve»schleden mcdulirter Stimme redend auf. Urten lassen. Mitten in der Mahlung, wenn Alles aus br« Ausgang gespannt ist, bricht der Improvisator ab, um die durstigen Spenden der Umssel,enden zu sammeln. Dami U'trd schnell der Knoten der Gesichte gelööt: dic Zuhörer zerstreuen sich, und der Improvisatore wandert weiter, „m uaä, einiger ^eit a» nnem andercn Orte dieselbe Gescl'ickte oder ei»e cinrerc emem neuen Kreise von Hölbe^irrigen zu erzählen. Um Weihnachten wurden die Theater eröffnet. Der Iudrang war außerordentlich Die Veurtianer schelmn «ch den alle» Wahlspruch: ., l'nnom «< ('ir"«»^»'.^ cr- wühlt zu haben: Hab' und Gut geben sic zum Pfande, um vie hohen Eintrittspreise bei den ersten Vorstellungen erschwingen zu können. In der großen Opor versammelt sich in diesen Tagen die gcsammte feinere Gesellschaft: aber neben dem reichqekleidcttn 9iobil»- ficht mau nicht selten aus a/polstcru'm Xehxstuhle einen Fischer ii» groben Regenmantel. T'as Operngebäude trägt den Namen >,l.n ^o?ne«': nach rölligcr Zerstörung durch eine gewaltige Fcunöbrunst ist es jepl vo>, <^llind ans neu erbaut norden, und zwar mit so vcrschweiiderisckcl Fracht, daß ilmi der Viamc eines Phönir jetzt doppelt geburt. Wiy und Gelächter, Lärmen und Gchrn^, hallt in den Theatern N'leder: AlleS ist voll auögtlasftner Frohlichleit, dev es jedoch keineswegs an !>!iebenSwmdia.kcil nud Gutiunthi^feit fehlt. Im 'lV-nt ,ü»vo>-oUll! hörte man von allen Seiten. Vald darauf stürzte ei» Reiter im Carriere > AlleS ,var in Vcwessung, aber man horte tVine,, Aliödvu.l gleicl.gülNsst!» Spotts, sonder» nur die befümmcrte i^ragc: ob er sich Weh' gethan'? Reisende, w.lche Venedig besucht haben, sprechen nie ohne Entzücken von ihrem Aufenthalte in dcr Lagunen-stadt. Und doch yalle,! sich die Frcmoen gewohnlich nicht länger auf, alo zur Besichtigung deö TeheuSwerthcn un> umq.:»gllä, nöthig ist; und doch empfinden nur Wenige bei vtrläNMttm 'Aufenthalte ein dauerndes Wohlbih^ss.n, einen anhaltende», (hmus« Solltr der (hrund in dein Wesen der ve« nttlanifchen Zustande liegen, wie ich fie oben geschildert habe? 4 Viertco Capitel. Florenz. Ja». 2. bis Febr. ?. 18!1U. ^ . l. Relsc nach Florenz. <^er Silvesterabend ging in dem todten, verödeten sser^ rara still und geräuschlos! vorüber^ das befühl der ftcu. ^gen Lust und des llebermulhcö, mit »velchem inan in ^k>t Etädtcn Süddmcschlanvö das alte Jahr zu beschließen und das ncne anzutreten psteqt, schien den Aewohnevn ^r rinst so prächligm und glänzendi-n Residenz der Her. j"a.e aus dem Hause (5ste völlig uilbekannt zu sein. Älach Mitternacht fuhr die päbstlichc T^ilissence ab, ll>w langte "ach langsamer Fahrt am erlten Januar l^U mit Ta-geöauln-uH in Bologna a„. Voloqna ist eine uette, rcinlich« Stadt in freund. l''1'er llmgebunss. Abe, sie !>at daS riuförmisse Gepräge «Warner Städte, und entbehrt fast ganz ver charakteristi. ^'en ^igenllnimlichkeiten, durch welche so manche andere Städte Italiens an eine glänzende Vergangenheit rrmner«. vergebens sucht mau in den brnten Straslcu, die zu bei-dtll Selten n,it einftrinig anqestvichcntn Häusern besetzt U»d, „afh bezeichnenden Denkmalen und Ueberresten aull lttterZrit. wu ^ ,«l« Tausende an« ^,llcn Gegenden üu. 4(1 ropa'6 nach Bologna strömten, um auö den» Vlunde weltberühmter Männer Unterricht, besonders in dcr Rechtswissenschaft, ^u erhalten! Fnr Voloqna selbst ist dies wohl ein Glück zu nennen; noch nie hat die Stadt über einen gänzlichen Verfall zu llagen gehabt, der grüne Stanlin bat immer neue Vlütbe» getrieben, und diese haben die nltcn abgestoßen. Aber dcr Fremde will sich gewöhnlich in Italien nicht a>, den« Anblicke materieller Wohlfahrt ergötzen, ib>n scheineil die lleberblribsel anzie bender, die ihn an eine für schöner und poetischer gehaltene Vorzeit lebhaft ^u erinnern vermögen. Und dennoch, sagt man, soll Vyron die Stadt Bologna andren italienischen Städten als Aufenthaltsort vorgezogen haben! Der Nebergang über die Apenninen w dcr Nacht vom 1. auf d?n 2. Januar war rauh und unfreundlich: Schnee und (5iö machten die Straßen unfainbal. Veim ssrfliinlnen einer Hi>he stürzten die Pfcrde N'iederbolt ^ die Postillone fluchten ihr: l'oi-p«, «li »>><,>!»»<<,! lol-fil» ,li N»,^<»! und meinten, daö sei eilt ,.<'nlon ili >ttr »u«lu e rn,!>>»«»!li. IV<1!I l» >ns>»u ,!lt iXlrl^^lllr «lim Ilomo. *1 Noch mehr entspricht den Bildern, die sich unsere Phantasie von Italic» zu entwerftn psiegt, die St^dt selbst, ^"lc sie dem Ankömmling erscheint, wenn er auf gcplat-tctcn Str^ßeil a,l grosmi burq- odcr l.istellähnlichcn Pa-l"^'n unh ss,^ ^s^ zierlichen »nd doch so erhabene,, Käthe-blale vorüberfahrend auf der l,'i»x/.» äel Ul-luxwon an-la>'sst. Dicsir Platz ist ein wahres Kunstmuseum, unter f"ie,n Himmel «,l>». l«l. — „Wenn man die Hüssll voll von so viclcn Villci, si»'hl, j>,' schtinl eö, als ob st»' hlcr a»s dcr Hrdr hovollsiiul'il, ^>,ichwic dir i^rdc ^v.ij^r »nd Psian^n «»«sprossc«. IL^Ul von »>m,'r Mauer uu'sanssen untrt einem Namen brine zerstltnlc Palajie vereinigt wäre", so wüib« dir ftldft da« verbvppcllt lliom nlchl gl«ichzusttl>c« sein." tn dessen Erbauer man taun» ven 'Architekten d bestättdlg ^lNc wahre Colcuie von Fremden ist, äußerst lebbaft, unv ^er neue Ankömmling erhält zu den bestehenden Kreisen Unschwer Zutritt. Mit besonderer Vorliebe gedenke ich der freundlichen ^ufiias,,,^ die ich bei dem (Grasen l^raberg uon Hemsd und seiner liebeiiöwürdigen ssamilic gefunden habe. t«,jsas (^raberg war längere Zeit schwedischer Konsul '" Tanger. Nach seine,, Angaben, die er schon früher '" seiner Beschreibung von Mcnocco (übersetzt von Neu-"^"t. Tubing. 1 "cndevö im 44 Fache der Geschichte, Geographie und Gthnograhie, deren Benutzung er semen Bekannten mit überaus freundlicher Bereitwilligkeit gestattet. , Neben der Anmuthigkeit des geselligen Verkehres unler den Fremden sind cS aber uorncmlich die Herrlichkeit und Pracht der Natur und der^ Neichlhnin an Schätzen der ^unst, welche Florenz zum reizendsten Aufenthaltsorte machen. Man bedarf kaum der Ausflüge nach den entfernteren Holicn, zn dem Thurme des Galilei oder zu den alten Mauern von Fiesole. (5mc Quelle uxerschoftft lichen Genusses sind schon die nächsten Umgebungen, die Anlagen auf den« rechten Ufer des Arno, welche ^u den <>n«c?in« führen, und stets von zahlreichen Spaziergängern, Reitern und Equipagen belebt sind, oder die weniger bc suchten Boboli-Gärten auf dem linken Nfer dcö sslus-seö. Zwar sind dies« Gärten im alten, steifen Geschmacke angelegt. Die ma„cl>ei'lei Statuen, mit denen die G^inqe verziert sind, haben nur wenig Werth; namentlich sind die Antiken ganz unbedeutend, meist nur Bruchstücke, v»u unglücklicher Hand zusammeiigrsiigt ,,»d restanrirt, nie z. Ä. eine verstümmelte antike Nachbildung der im louvre befindlichen !>>»»l!^ von dein unveistanrigcn Nestaurator einen langen blii auf die Fersen reichenden Maule!, und einen sitzenden Hund ;n ä»ßen der Gattin erhallen hat. Aber wenn eö auch den Garten Boboli an Ämuulh und Kllnstschahc» gebrich», sc> »nacht doch das ewige, dunkle Grün der Gänge, von weißen Marmor 45 dildnn hic und da unterbrochen, besonders in winterlicher Jahreszeit einen reizenden Eindruck! Hält ungünstiges Wetter von Spazierqängen unter freiem Himmel ab. oder zur Abwechslung, kann man sich Ul der herrlichen valeric des Palazzo Pitti vder in ben weltberühmten Kunstsalen agli Uffizi ergehen, welche Nut der grostten Liberalität dem täglichen Vcsuchc geöffnet !tnd. Wer sich erinnert, daft hicr di^ Mcdicnsche Venus, ^tr Apollino, der Faun, (dessen von Michel Angrlo re-^aurirter Kops vielleicht mehr als irgend etwas Anderes die ^röße dieses MeistcrS bekundet.) die (Gruppe der ^iiobiden, der 1'crcur ^n Giovanni di Vulcgna, und bit herrlichsten (Gemälde von Leonardo da Vinci, Raphael, Tizian mit anderen zahlreichen Schätzen vereinigt ü" finden sind, wird sich einen ÄM'iff von dein hohen ^enllss,' zil bilde» vrrlnossen, den der Äeschaucr in diesen ^lllen empfindet: von einem (^cnusse, welchen in Worten iu beschreibe» meine ssedcr zu schwach ist. Dir Galeric dl'ö Pala^o Pitti enthält nur Oemäld«: >n den Ufsizi aber sind Gemälde, Statuen, Äüslcn, Bronzen, Vasreliefs und Anderes in gefälliger Abwechslung durch ve-.schiedene Corridor«,, ssrosiere und ll.inere Säle l>l der 'Art vertheilt, dasi die bedeutende»en Werle durch tine vorthellhaftere Stellung ausgezeichnet sind, und dle üeschmackvolle Anordnung deß Ganzen wie ein lebendiges A'ld wohlthuend auf dail Äuge wirkt. Unbegreiflich ist 's, wie ein ftanz^sischer Neiftnoer die Aufstellung der "UnstschHhe in, louvre eine vorzüglichere nennen kann, ""I hier die Werke d.-ö MeisltlS von denen des Pinsel» 4eilun gen, welche die Kunstgeschichte an die Hon? giebt, wie z. V. in dem Museum zu Aerlin. ist sreilick fur das Studium dieser Geschichte von dem größten Interesse; jedoch würde in de» Uffizi, wo die große Mehrzahl der Gemälde zwei Schulen angehört, die übrigen Schulen aber weit kümmerlicher repräsenmt sind, eine solche An-ordüung vielleicht ivr>ü>)er an ibrem Platze zu sein scheine» oder doch an unüberwindliche»'. Schwierisslliten scheitern. I. Die ^aurcutiaiiisch« A id li »< hcs. Die Vaurcnlianische VibUotbef ist taqlich nur von !» — 12 Mr geöffxet. Schon deshalb ist eine Benutzung ihrcü reichen Inhaltö erschwert, und auch sonst ist ihre (hilirichtung sur den Mbciwlustigru nickt^ weuist,-r als einladend. Die neuntausend Handschriften, au« ivelchen ausschlicsilich diese Vlblivlhel besteht *), sind in einem lange» Saale, welcher nur trübe und zwar uo» zwei Seitm durch gemalte Fenster erleuchtet ist, auf Pulten ausgelegt, die ganz daS Aussehen uusercr Kirchcustuhle «) Au ^ruM,« Büchern ist dc^odcr« die Maruccelliana reich, welche mit der Lauren!,« na in emer gewissen V« bwdung steht. «5 5abe„, Hin sind dl>- Handsclniftrn an Ketten gelegt, de-len riüeS ^ndc aus dcm Deckel des Einbandes einer jeden Handschrift, das andere aber an einer eisernen Stange, die dem Pulte entlang gebt, befestigt ist. Zwischen den Pulten lauft in drr Mitte des SaaleS ein schmaler Gang, ln welchen» einige Tische theils für die drei Bibliotheks-beamten, theils fiir dic Ctudirenden stehen. Aci dem Kettl'ügcvassel der Handschnsttn, bei trübein und nc^, da^u doppeltem Vichte, »ild bei Winterkälte in dem ungebelz-ten, mit Steinen geplättete» Saale ist daö Arbeilm wahr-llch eine schwere Aufgabe! Es ist unter solcken Umständen kein Wund,'r, wrnn die italienischen Vililiothelen noch immer nicht durchgearbeitet worden si»d, und wenn jeder neue Forscher auch neue, überraschende Entdeckungen zu wache» hoffen kann. Wahrend der ganzen Zeit meines AufentlmltS in Florenz war lch außer den Vibliothccaren der <5inzige, dcv die Bibliothek regelmäßig besuchte. Schaulustige ssrcmd»' t'ommen sreilicl' täglich, die Hiblio^ lhel zu beselien. ^lbcr sie widmen ihre Aufmcrlsamkeit nur vorübergehend einigen meilwürdigen Handschristen, "der dem ssingcr ^alilci'ö, und Andelc,», waö daü Reisehandbuch in Augenschein zu nebmen bchehlt ^ vie Mehrzahl kouunt sogar nur wegen der Treppe, die zu dem Viblio-thek^iall fuhrt und ei» Werk Michel Angelo'6 sein soll. Denn »veil sie von diesem Mristrr herrühren soU, wird ^ bewuudert und angestaunt, obwohl sie nichts weniger alS ein Meisterstück ist. Abcr Michel Angelo, von dem "ui in früherer Zeit «in Plan zu einer solchen Treppe sseforber« worden war, bat über die geglnwärtigt selbst <8 ein verdammendes Urtheil ausgesprochen! „IVli torn» d«n", schrieb er von Nom aus, ^nll» wente «ome un «o^nn un» oertn nonln, m» non ,^, Nechwsallen **), die im Lause des 111. unv 11. Iahrhundcrlö von den oberste» berichten «) „Ich enüncre mich w>ch! noch wie i», Traume an ,ii,s ge wissc Treppe, al'l-l ich ql^nidc „ichl, das, Hure Treppe ble ist. die ich damals aus^cdacht 1,«,^: den», sie ist ein el-bärmliches Machwerl!" Brief an Vaja,i. «^) Eie führt den Titel: I!,,j>/ov, o„^> »^u> » <»»,niu!!l!< l'snctic» v«»rilt»s, »!> uli,', v«s« mnnl. l ^u, < I»! !»>U!« ll«n,n,!u>! war der l'erilhmicste Rrchlsgelthlll' >„ dr>> Zcül'» d,'S Är^yrc«) Gic l'cfteh! aus 75 Titeln, und ist wohl v»n tiliem Alisihcl be< obeisto, Gt' rlchlshofe« j»> Konstantinopel «n ber Mill« oder zu End« des N. Jahrhunderts verfertigt worden. 40 zu Konstantlnopel entschieden worden sind. Sie gewährt un sehr anschauliches Vild von dem gesammtcn Rechts? ltben in dieser Hauptstadt, und dürfte in dieser Hinsicht "Uch von einem künftigen Geschichtschreiber des griechischen Kaiserreiches benutzt zn werden verdienen. Endlich lassen ^' aus ihrem Inhalte mancherlei, für die Geschichte der Ürlechischtn Sprache wichtige, Bemerkungen schöpfen: wie-^rholt kommen Vewcise vor, daß bereits im 10. und ^- Jahrhunderte die Umgangssprache, selbst der höheren Stande, von der damals noch in Schriften gebräuchlichen altgriechifchen Sprache sehr verschieden w,ir und der Sprache ber Halligen Grieche» auffallend nahe stand. Ich habe ^ese Samullung abgeschrieben, um stc dereinst vielleicht buich ^^ Druck bekannt zu machen. Unter dcu übrigen Schätzen der Lamcntiantschen Vi-bllothet zieht vor Aliem die berühmte Handschrift der bandelten Justinian's die Aufmerksamkeit auf sich. ^^ ist auf Pergament in groß Quart over Folio geschrieben, und besteht aui» zwei Vänden. Die Schrift ist ^"cial, zwei Kolumnen auf jeder Seite: die Worter sind "'Hl durch Zwlschenräumc von einander getrennt, und 'bens» fehlt eine eigentllchc Interpunclion. Seit der Mitte ^^ 12. Jahrhunderts wurde die Handschrift in Ma auf-bewahrt: im I. 1..l0 NT-Xo; 5«5» ?ov s3i« 52 Vuck'e der Pandekten zwei Lagen eingeheftet, ohne zu bemerken, daß der Schreiber seine Arbeit noch nicht völlig beendigt hatte: daher finden sich in dem Titel äe boni» 6»mn»toruN und in dem Titel äe inteläiotis et lelo-A»ti» Lücken, indem am Ende der betreffenden Quater-nionen noch ein leerer Raum gelassen worden ist *). Sind diese Bemerkungen gegründet, so wird man mancherlei nicht unwichtige Folgerungen aus denselben ziehen können. Ohne Zweifel ist die Handschrift im Orient, und zwar in Konstantinopel geschrieben worden. Denn es sind hauptsächlich Griechen mit der Verfertigung derselben beschäftigt gewesen, und außer Konstantinopel gab eö kaum große Schreibstuben, d. h. entweder öffentliche Vureaur von Schreibern, oder große Buchhandlungen, wie wir uns heut zu Tage ausdrücken würden. Ist aber die Handschrift in Konstantinopel verfertigt, so wird man die Zeit, in welcher sie geschrieben worden ist, schwerlich nach den Regeln der lateinischen Paläographie bestimmen dürfen. Die lateinische Schrift hat im Oriente ganz an-derc, noch nicht gehörig untersuchte, Umänderungen er, fahren, als gleichzeitig im Occidente der Fall war: einen sicheren Maßstab für die Beurtheilung des Alters der *) Ob diese Lücken durch das, waö CujaS und Fabrot aus den Basiliken an die Stelle derselben geseht haben, vollständig ausgefüllt werden, möchte noch zweifelhaft sein. Es lönnte wohl noch mehr fehlen. Ebenso wäre vielleicht noch zu untersuchen, ob nicht auch an anderen Orten, wo die Schreiber mlt den Lagen wechseln, einzelne Sähe oder Stellen in der Handschrift ausgefallen sinv. 54 Handschrift werden nur dte griechischen Stelle» »ach den Regeln der griechischen Paläographie gewähren können. Dann aber möchte sie etwa in daS ?. Jahrhundert zu sehen sein, indem sich der gleichzeitige Corrector beim Niederschreiben der oben gedachten griechischen Randbemerkung einer Cursivschrift bedient hat, ohne jedoch die einzelnen Wörter mit Accenten zu versehen. — Ist die Handschrift weder von verschiedenen Schreibern gleichmäßig geschrie»-ben, noch auch mit durchaus gleicher Sorgfalt vom Corrector revidlrt worden, so wird ihre Auctorität bei der Frage nach der Richtigkeit einer Lesart sehr verschieden beurtheilt werden müssen; je nachdem nemlich die Stelle von der Hand eines verständigen und genauen Schreibers geschrieben ist, und an einem Orte vorkommt, der Spuren tiuer sorgfältigen Correctur an sich trägt, oder nicht. Eine Stelle, die von dem gleichzeitigen Corrector verbessert worden ist, kann nur in ihrer verbesserten Gestalt für richtig erachtet werden: das Ausgestrichenc muß lediglich und aNein für einen Schrribefehler gehalten werden. Je weniger in einem Theile der Handschrift die Hand des Correctors sichtbar ist, desto eher wird man gegen die Richtigkeit des Tertes Verdacht schöpfen können. Die Handschrift der Pandektcn ist übrigens mehrfach durchcorrigirt. Nicht blos der gleichzeitige Corrector hat sie durchgesehen, sondern auch spätere .Besitzer derselben haben sich hie und da Verbesserungen erlaubt. Jener hatte jedenfalls bei seinen Correcturen eine gute Handschrift als Original zum Behufe der Vergleichung vor Augen: von den späteren Besitzern der Handschrift, von denen nur 55 einzelne Aenderungen herrühren, tft, ein Gleiches anzunehmen, keinerlei Grund vorhanden. Daher können diese Aenderungen im Auge des Kritikers keinen anderen Werth haben, als den, welchen man unbeglaubigten Gonjecturen überhaupt beizulegen pflegt. Aus einem anderen Standpunkte betracltet sind dagegen diese späteren Correcturen von hohem Interesse. Sie geben über die Geschichte der Handschrift Aufschluß, und beweisen, daß sie nicht nur im griechischen Reiche entstanden, sondern auch längere Zeit in den Händen von Griechen befindlich gewesen ist. Die späteren Verbesserungen bestehen nemlich zum Theile in der Accentuation griechischer Wörter, und der Zählung der Titel mit Anwendung griechischer Zahlzeichen. Erst in noch späterer Zeit, die freilich nach den Schriftzügen näher zu bestimmen sehr schwer satten möchte, sind zuletzt noch einige lateinische Correcturen hinzugefügt worden. Die ersten Blatter der Pandektenhandschrift sind einigermaßen verwittert: hie und da hat die Dinte das Pergament durchfressen. Dem weiteren Verderben dieser Stellen hat man dadurch abhelfen wollen, daß man sie durch Bekleben mit durchsichtigen Goldschlägerhä'utchen dem Ginflusse der Lust und Feuchtigkeit zu entziehen suchte. Allein da das Pergament an diesen Stellen in viele kleine Falten zusammengeschrumpft war, so sind die darauf verzeichneten Buchstaben und Wörter durch das Verkleben durchaus unlesbar geworden. Im Uebrigen ist die Methode, durch eine Vorrichtung dieser Art die verwitternden VlaUer einer Handschrift vor dem gänzlichen Untergange SS zu bewahren, an und für sich vortrefflich zu nennen; d»S Bekleben muß aber mit der größten Sorgfalt vorgenom-men werden, damit keine Falten entstehe». AufderMar-cusbibliothek zu Venedig hat Ab bate Vettio mehrere papierne Handschriften auf diese Weise restaurirt, die jetzt für immer gesichert unv dabei noch völlig brauchbar sind. Der Einband der Pandektenhandschrist ist von rothem Sammet; statt an Ketten wird sie in einem Schranke aufbewahrt. Die übrigen Handschriften der Laurentiana sind gleichförmig in Leder, welches über hölzerne Deckel gezogen ist, gebunden und mit Ketten belastet. Dieser Einband erschwert natürlich den Gebrauch der Handschriften: er ist aber auch insofern verwerflich zu nennen, als die schwere Kette, wenn man die Handschrift in die Hand nimmt, den Deckel angreift, und bei dem geringsten Man, gel an Behutsamkeit auch die Blätter leicht zerstoßen kann. Wie Handschriften paßlich zu binden seien, ist eine mcht gleichgültige Frage: der Einband soll dem leichten Gebrauche nicht Eintrag thun, und doch dauerhaft sein und die Handschrift vor allen möglichen nachtheiligen Einwirkungen schützen. Van Swietcn hat in Wien die Mehrzahl der Handschriften in Schweinsleder binden lassen, mit einer Unterlage von Pappe: und zwar so, daß die Handschrist, wenn sie aufrecht steht, oben durch eine Klappe vsn Schweinsleder, die innerhalb der Deckel eingeschlagen wird, bedeckt und vor dein Staube geschützt ist. Allein die Klappe ist beim Aufschlagen äußerst hinderlich, und, >a st« fast immer klafft, entspricht sie auch ihrem Zweckt 57 nlcht völlig. Endlich gewährt eln Einband, zu welchem Pappdeckel oder gewöhnliches Holz verwendet wird, keineswegs den erforderlichen Schutz vor Würmer- und Mottenfraß. Die vorzüglichste Art des Einbandes, die mir bekannt ist, ist die, welche Hofrath von Hammer-Purg stall erdacht hat. In seiner reichen Sammlung orientalischer Handschriften haben alle diejenigen, deren Inhalt in daS Gebiet der mystisch-philosophischen Literatur gehört, einen gleichförmigen Einband, der aus Deckeln von Ey pressenholz und einem Rücken von Iuchtenleder besteht. Dieses Leder und jenes Holz halten Motten und Würmer von den Handschriften ab, so daß sie vollständig vor einer jeden Gefahr des Verderbens bewahrt sind, sobald man sie nur in einem trockenen, feftverschlossenen Schranke aufbewahrt. 2S Funttes Capitel. Rom. Febr. 5. bis März 5. 1838. t. Allgemeines. ^3er von dem minder gerühmten und dennoch so reizenden Florenz nach Rom kommt, dessen Name fast allenthalben auf der Erde mit Ehrfurcht und Bewunderung genannt wird, fühlt sich in seinen Erwartungen wenigstens Anfangs getäuscht. — Der Eindruck, den die Kuppel der St. Peterökirche aus der Ferne macht, ist nur gewaltig wegen der Spannung, in der man sich bei der Annäherung an Rom befindet, und wegen der geschichtliche» Erinnerungen, die dieser Anblick lebendig« weckt: an und für sich erscheint der Strasburger Münster, aus der Ferne gesehen, weit größer und erhabener. Die Campagne, durch welche man langsam der Stadt sich nähert, ist öde und traurig. Mag man auch sagen, daß zu der ernsten Geschichte Rom's eine ernste Umgebung gehöre: der Bewohner und Besucher Rom's würde eine weniger ernste, lebendigere Gegenwart unzweifelhaft vorziehen. Ein mit, leidiges Lächeln erregt die Erinnerung an die in ftüher Jugend empfangene Lehre, daß Rom schon durch seine 59 Vage zur Hauptstadt Italiens, ja des gesammten Abendlandes bestimmt gewesen sei; eine Lage in weiter Entfernung vom Meere, in ungesunder, unfruchtbarer Gegend, eine Lage, durch welche die Bewohner der Stadt so oft in bittere Noth versetzt worden sind! — Endlich in Rom selbst angelangt, findet man Weltliches und Geistliches, Altes und Neues, bald wohl erhalten bald in kaum zu erkennenden Trümmern, in so verwirrender Mannichfal-tigkeit über einen großen Raum zerstreut, daß es Anfangs unmöglich fallt, aus der bunten Vermischung entgegengesetzter Dinge zu einer anschaulichen Uebersicht des Vorhandenen zu gelangen. — Allmählig aber beginnt sich das Ganze zu entwirren und in einzelne Parthien aufzulösen, weiche man in ihrer Individualität klar und bestimmt zu erfassen vermag. Jene Anfangs verwirrende Mannichfaltigkeit der dem Äuge und Geiste, werdenden Eindrücke erscheint nun als ein besonderer Reiz: man begreift, warum, wer lange in Rom gelebt, den Aufenthalt daselbst mit keinem anderen Orte vertauschen mag. Die Römer zeichnen sich vor anderen Italienern durch eine größere Männlichkeit und einen gewissen Stolz auS: selbst die sonst so weichliche italienische Sprache tönt in ihrem Munde kräftig und voll. Im Trastevere und in der Umgegend Rom's sieht man herrliche Gestalten, in denen man ein Abbild der alten Römer zu erblicken glaubt. Auf einem Ausflüge nach Tivoli gab unS ein junger, stämmiger Vursche auf die Frage, ob er ein Römer sei, die selbstgefällige Antwort: 8i, «j^nor, »nmauo üi »ette ^ono!-»2ioni l *) In einem Ollvenwalde zu Ti-voli wurden grade die reifen Früchte von Knaben und Mädchen gesammelt, die uns bettelnd mmmgten: es waren wunderschöne Figuren und Gesichter darunter, deren- freundlicher, bittender Blick unwiderstehlich war. Gin alter deutscher Herr in unserer Gesellschaft wollte einem lieblichen Kinde die Wange streicheln; aber sie bog den Kopf zurück, und sagte stolz: Vnn Neman» non 8, tooo», si^nore! **) Besonders liebenswürdig zeigten sich die Römer in den Tagen des Carnevals, dessen Feier in diesem Jahre seit langer Zeit wieder zum ersten Male in vollstem Glänze begangen wurde. An der Luft und den Freuden deö Carnevals muß man Theil genommen haben, um einen Begriff zu erhalten von der harmlosen Ausgelassenheit der jubelnden Menge, die aus Personen der verschiedensten Stände zusammengesetzt in dem langen Corso hin- lind herwogt. WaS mit Worten ausgedrückt werden kann, hat Göthe in seiner meisterhaften Beschreibung des römischen Earnevals gegeben; aber wie sehr ist von dem Beschriebenen die Wirklichkeit namentlich des letzten Abends ver-schieden, wo die lange Straße Plötzlich von tausend und aber tausend Wachslichtern erglänzt, und der Lärm und dle Tollheit den höchsten Grad erreicht! Die gesellschaftlichen Beziehungen gewähren in Rom ein ganz besonderes Interesse. Die Cardinäle und Mon« *) Ja, Herr, Römer vsn sieben Generationen! «*) Vine Römerin darf «an nickt berühren, Herr! 6l signoren, welche in den höheren Cirkeln erscheinen, verleihen diesen ein eigenthümliches Gepräge, welches durch seine Neuheit die Aufmerksamkeit erregt. Der Umgang mit Künstlern und Kunstkennern, unter denen der Fremde schnell freundliche Landsleute findet, ist nicht minder anziehend. Der Nutzen und die Belehrung, welche aus der Betrachtung der herrlichen Kunstwerke alter und neuer Zeit zu schöpfen ist, wird erst dem wirklich und lebendig, dem die eigenen Betrachtungen und die eigene Einsicht an dem Urtheile der Kenner zu prüfen vergönnt ist. Als ich die Ruinen des alten Roms auf dem Forum und den umliegenden Hügeln, von meinem Freunde Lepsius, dem Secretär des archäologischen Instituts auf dem Monte Caprino, begleitet, zum zweiten Male besuchte, ward ich überrascht durch die Fülle der vielseitigsten Betrachtungen, welche mein freundlicher Führer an das Gesehene zu knüpfen wußte. Mit gleicher Dankbarkeit erinnere ich mich an die belehrenden Gespräche über die Meisterwerke der älteren italienischen Maler und über die Leistungender neueren Künstler, mit denen die Besuche bei Thorwaldsen und der Umgang mit Sen ff, Cattel u. A. gewürzt zu werden pflegten. Und wenn solche Gespräche schon an sich und überall eine Quelle reichen Genusses sind, so haben sie in Rom noch außerdem einen doppelten Werth und Nutzen. An Kunstgegenständen aller Art und aller Zeiten ist Rom überreich: aber sie finden sich tn der großen Stadt theils vereinzelt, theils in einer Menge verschiedener Sammlungen zerstreut. Diese Sammlungen sind weniger zugänglich, alS die von Florenz. Die großen öffentlichen Samm, lungen im Vatican und auf dem Capitole sind nur an zwei Tagen in der Woche auf wenige Stunden geöffnet, und auch an diesen Tagen wegen einfallender Feiertage oftmals geschlossen. In den Priuatsammlungen wird dem Besucher selten die zur ruhigen Vefchauung erforderliche Zeit und Muße von dem eilenden Führer vergönnt: einige Privatsammlungen sind sogar völlig unzugänglich, wie die von Göthe gerühmte des Fürsten Lüdovifi. Wem sollte unter diesen Umständen der freundliche Rath und Fingerzeig erfahrener Kenner nicht besonders willkommen und schatzbar erscheinen? Alle Merkwürdigkeiten genau besehen zu wollen, würde einen jahrelangen Aufenthalt in Noul nothwendig machen. Aber schon ein flüchtiges Ueberblicken des Bedeutendsten ist von unendlichem Nutzen. Wenn sich dem Auge die Kunstwerke alter und neuer Zeit in größeren Massen darstellen, oder wenn man z. V. das Pantheon mit der St. PeterSkirche-, oder die Aldobrandinische Hochzeit mit Raphael's Fresken in den Logen des Vatican's zustimmen-hält, werden dem Geiste des Beschauers die verschiedenen Kunstperioden und Systeme in ibrcn Eig nthümlichkeiten erst klar und anschaulich. Außerdem pflegt man in Italien überhaupt nur dem, was durchaus meisterhaft und vollkommen ist, eine besondere Aufm« ksamkeit zu widmen. Gemälde, die vielleicht an anderen Orten zu den Zierden einer Galerie zu rechnen sein würden, werden kaum eines BlickeS gewürdigt. Ist ein Kopf vortrefflich gemalt oder ein Arm in besonders richtiger Verkürzung gezeichnet, so 63 macht wohl ein Künstler seine Studien danach, aber, wenn das Bild nicht im Ganzen ein Meisterwerk ist, wirb von dem Dilettanten nicht gefordert, daß er dasselbe seinem gesunden Urtheile zum Trotze m stummer Bewunderung anstaune. Möge dies denen zur Beruhigung dienen, die in unseren minder vorzüglichen Sammlungen ein gepriesenes Bild zuweilen nicht schön zu finden vermögen, und darum am eigenen Geschmack und Urtheile verzweifeln zu müssen glauben! 2. Bibliotheken. Die handschriftlichen Schätze der römischen Bibliotheken zu benutze», ist aus einem doppelten Grunde höchst schwierig. Ginestheils giebt es kaum einige veraltete und durchaus ungenügende gedruckte Verzeichnisse der in denselben befindlichen Handschriften: an genaueren gedruckten Beschreibungen fehlt es.gän'zlich, wo nicht einzelne Gelehrten den Handschriften, aus denen sie schöpften, gelegentlich eine ausführlichere Erörterung widmeten. Handschriftliche Cataloge sind zwar in den meisten Bibliotheken vorhanden: aber die Einsicht in dieselben ist in der Regel nicht gestattet. Anderentheils sind die Bibliotheken an den Arbeitstagen nur für wenige Stunden offen, und die Zahl der Arbeitstage ist durch Feiertage und verschiedene Ferien außerordentlich beschränkt. Die Vaticanische Bibliothek ist ungefähr nur an 90 Tagen im Jahres und an jedem dieser Tage eigentlich nur drei Stunden, den Stu-direnden geöffnet. Die übrigen Bibliotheken richten sich «ach dem Muster der Naticana, oder sind selbst noch unzugänglicher. Nirgends denkt man an das alte Sprichwort, welches schon Odo fred us, ein italienischer Jurist deS 13. Jahrhunderts, klagend erwähnt: Oui ßuarl«ntl»uo«u palaoozr. 8r»L«» p. 76 «qy. Scholl Gesch. d. griech. «it. übers. v. Pinber. lll. S.505 f. 528 ff. 70 «^ Sechstes Capitel. Neapel. März ? bis 15. 1838. 1. Neapel. Pozzuoli. Der Vesuv. Ruft und Gelegenheit zu ernsteren Beschäftigungen fühlt und findet man weniger in Neapel: Alles ist heiter und unbesorgt, und unvermerkt eignet sich Jeder die poetische Lebensweise an. Darum und nur darum reden Alle mit Entzücken von Neapel; der Grund des Entzückens liegt mehr in den Menschen, und nicht ist die äußere Natur ln einem höheren Grade, als sonst irgendwo, zum Entzücken gemacht. Der Himmel ist wohl an anderen Orten eben so heiter und mild: und auch die Lage und Umgebung Neapels hat ihres Gleichen. Der Vesuv allein verleiht dem Ganzen einen eigenthümlichen Reiz: wo der Vesuv nicht sichtbar ist, da erblickt man nur eines von jenen, obwohl immer schönen, doch nicht außergewöhnlichen Bildern, wie sie sich an den Küsten Italiens wobl häufig dem Auge darbieten. Ger »Ausflug nach Puteoll, Vajae und dem Mi-se Nischen Vorgebirge ist besonders wegen der Ueber-refte römischer Bauten interessant, mit denen ehemals die ganze Gegend bedeckt war. Hier steht man den Abzugs- 71 canal des Avernersees, jetzt Grotte der Sibylle genannt, einen gewaltigen Gang, durch die Felsen deS Berges gehauen, um den unscheinbaren See trocken zu legen; dort hohe Felsklippen, von dem Festlande durch das Meer getrennt, aber durch weite Vogen mit demselben verbunden, um die Villa eines Römers zu tragen, der das Rauschen der Brandung unter sich hören wollte; bei Puteoli endlich einige Pfeiler der Brücke, welche der Sage nach Ealigula über den Meerbusen hinweg nach Vajae geschlagen haben soll! Freilich ist nnr Weniges vorhanden, was man wohlerhalten oder schön für das Auge nennen könnte: aber diese gewaltigen Trümmerhaufen geben einen anschaulichen Begriff von den großartigen und zum Theile thörichten Unternehmungen, welche der Uebermuth der RÜ-mer in diesen Gegenden einst ausgeführt hatte! Einen lebendigeren Genuß gewährt die Besteigung des Vesuvs. Ist man der frechen Zudringlichkeit der Führer und Maulthiertreiber in Nesina glücklich entronnen, so führt ein lieblicher, sanft aufsteigender Weg nach der Ein-siedelet zum h. Erlöser: dann geht eS über Lavafelder hinweg zu dem Vergkegel, der mit Asche bedeckt nur mühsam zu erklimmen ist. Mit Angst und Grauen be? tritt lnan das unheimliche Gebiet des Kraters. Eine neue Oeffnung war Tags zuvor entstanden: die glühende Lava stoß in der Tiefe, während Steine und Asche unter Krachen und Tosen in die Höhe geworfen wurden. Nur allmählig kehrte der frohe Muth des Lebens wieder: von Geldstücken ward ein Abdruck in die glühende Lava gemacht, die Cigarre am Feuer des Vulcanes entzündet, 72 . ' und der heiße Dampf, welcher auS den Spalten dringt, warb zum Sieden der Eier benutzt. Aber plötzlich trieb der Wind dichte Wolken erstickenden Schwefeldampfes über das Haupt hinweg, und mahnte Verderben drohend zum Aufbruch. In dem Krater und an dem Kegel des Nesnvs findet man auffallender Weise nur wenige Spure» von den zahlreichen Steinarten, welche insgemein für vulcanische Erzeugnisse gehalten werden. Am Fuße deS Vesuvs dagegen und auf semen Nebeilbergen werden sie in reicher AuSwahl getroffen. Kleine Sammlungen zeigt der Einsiedler von S. Saluatore, während man ruht, um die Blicke noch einmal über den Meerbusen nach Ischia streifen zu lassen. 2. Herculanum und Pompeji. Die Polychromie in der alten Architektur und Sculptur. Der Kunstgenuß, den man in Neapel findet, ist ganz anderer Art, als in Florenz, Rom und anderen Städten Italiens. Was man von Gemälden italienischer, und be^ sonders neapolitanischer, oder auch spanischer Künstler in Neapel zu sthen Gelegenheit hat, trägt nicht das Gepräge vollendeter Meisterschaft, welches den Schöpfungen eines Leonardo da Vinci, Raphael, Tizian, und Anderer auf-gedsückt ist, und fesselt und entzückt deshalb schon an und für sich in minderem Grade: zuglelcb aber erscheint dies Alles bedeutungslos im Vergleiche mit den Ueberresten der antiken Kunstwelt, die, Jahrhunderte lang unter Lava und Asche vergraben, in Herculanum und Pompeji all-mahlig wieder an das Licht des Tages gefördert werden. 73 Wenn man Herculanum und Pompeji besuchen wiU, sollte man jedenfalls vorher die Sammlungen der alten Gerätschaften, Gemälde, Mosaiken, Bronzen, und Marmorstatuen *) besichtigen, die in der einen oder der anderen jener Städte bei den Ausgrabungen gefunden, und in die Sludj nach Neapel gebracht worden sind. Dann kann man sick die öffentlichen Plätze und Gebäude, und das Imiere der Häuser in jenen ausgeplünderten Städten mit diesen Kunstsachen und Geräthschaften geschmückt denken, und erhält so erst ein lebendiges, anschauliches Nild von den äußeren Verhältnissen, unter welchen die Alten lebten. Wenigstens braucht man sich dann nicht ganz den Auseinandersetzungen der pompeja-nischen Ciceroni zu überlassen, die dem Fremden wohl gar antike Kaffee-Boutiquen zeigen und mit ernsthaftester Miene beschreiben. Daß weitere Ausgrabungen in dem verschütteten Herculanum nicht möglich sind, weil der auf der Lavadecke erbauten neuen Stadt Gefahr drohen würde, könnte fast unwillig machen, wenn man nicht bedächte, daß die lebende Generation überhaupt eben so gegründete Ansprüche auf «) In der Sammlung «on Geräthschaften, Werkzeugen u. dgl. m., welche in Pompeji ausgegraben worden sind, befindet sich unter Anderem auch eine Geburtszange, deren Gebrauch bei den Alten, so viel ich weiß, bis jetzt bezweifelt worden ist. Unter den Marmorbüsten soll ein L. Cornelius Sulla sein. Ob diese Angabe gegründet und richlig sei, vermag ich nicht zu entscheiden: wäre sie es aber iu der That, so würde dies das einzige unS von Sulla erhaltene Vild sein. diesen Voben hat, alS das Alterthum hatte »mv die Freunde des Alterthums erbebell mögen. Herculanum hat bereits grvßere Schätze geliefert, als Pompeji, und läßt noch auf mehrere hoffen; Pompeji hatt? schon einige Jahre vorher durch ein Erdbeben viel gelitten und war nur in Eile wieder aufgebaut worden, als es in Asche vergrabn« wurde, Herculanum aber wurde tn voller Erhaltung von dem Lavastromc verschlungen. Der Besuch der herculanischen und pompejanisciM Sammlungen in den Studj und die ssahrt nach Herculanum und Pompeji selbst macht besonders die große Wahrheit anschaulich, daß die Malerei von den Alten durchgängig bei den Werken der Architektur und Sculp tur angewendet worden ist: eine Wahrheit, deren Entdeckung erst der neueren Zeit vorbehalten war. Die Gebäude, gleichviel ob aus gewöhnlichem Steine oder von Marmor aufgeführt, waren außen wie innen mit verschiedenen bunten Farben angestrichen; auch den Herr. lichsten Marmorsäulen wurde niemals ihr natürliches Weiß gelassen. Ebenso waren die Statuen, Büsten und Basreliefs vom kostbarsten weißen Marmor durcliaus bemalt: nicht blos z. V. die Gewänder dcr Figuren, sonvern Haar, Auge, Kippen, und alle unbekleideten Theile ihres KörperS waren so gefärbt, daß die Natur täuschend nach: geahmt erschien. Auch das Elfenbein an Statuen wurde gefärbt, und selbst dem Erze suchte man eine natürliche Farbe zu verleihen. Es ist fast unbegreiflich, daß die Archäologen so lange blind sein konnten gegen diese Thatsache, und daß sie 75 selbst jetzt noch sich winden und sträuben, die Wahrheit anzuerkennen. Die Malerei der Alten, metnt man, babe sich hauptsächlich auf solche Gemälde beschränkt, die auf Holztafeln ausgeführt wurden: dns beweise schon der Ausdruck Tafel, (l»dui», 7ll»»h,) mit dem die Alten ein Gemälde regelmäßig bezeichnen. Diese seien nicht selten an oder in Gebäuden zur Zierde in die Wände eingesetzt worden: vielleicht habe es auch Wandgemälde »1 tle«oo gegeben. Natürlich seien auch die Mauern der Gebäude angestrichen worden: jedoch nicht dann, wenn sie von kostbarem Ma-teriale, z. B. von weißem Marmor erbaut waren. Bei Statuen u. s. w. von Marmor seien, nach wenigen, sehr vereinzelten Spuren zu urtheilen, höchstens einige Verzierungen an den Gewändern mit Farben aufgetragen worden, wenn diese Spuren nicht vielmehr von einer in späteren Zeiten geschmacklos hinzugefügten Ausschmückung her> rühren sollten. Wie sehr sich die eigentliche Malerei bel den Alten auf Holzgcmäloe beschränkt habe, und daß namentlich die unbekleideten Theile einer Statue nicht bemalt gewesen seien, ergebe sich auch aus den Pasenbildern, auf welchen die dargestellten Gegenstände nicht in ihrer natürlichen Färbung erscheinen, und bei den nacktm Theilen einer Figur, wo sie in hellerer Farbe hervortreten, augenscheinlich das einfache Weiß der Marmorstatuen nach« geahmt worden ist *). Auch lasse sich gar nicht denken, *) Gs giebt übrigens allerdings auch Gefäße, die mit bunteren Bildern oder Malereien geschmückt sind. Ein solches Gefäß. ^ < 1 76 daß die Alten zu Prachtgebäuden und Bildhauerarbeite«, den kostbaren Marmor oft aus weiter Ferne herbeigeholt haben würden, wenn doch zuletzt Alles mit Farbe bedeckt worden wäre. Dic Malerei sei also von den Alten auf Architektur und Sculptur in der Regel nicht angewendet worden: und der eigenthümliche Vorzug dieser Künste bei den Alten habe grade darin bestanden, daß sie mit Verschmähung alles Farbenrcizes lediglich und allein durch die Schönheit der Formen zu wirken gesucht hätten. Und hätte nicht, so fragt man gewöhnlich, eine allzu getreue Nachahmung der Natur bei Sculpturwerken ebenso Schau, der erregen müssen, wie der Anblick eineS Wachsfiguren-cabinets? Hätten nicht die Prachtgebäude der Alten durch kleinlichen Farbenschmuck ihre Würde und Erhabenheit vüllig verlieren müssen? Allein, — schon der anerkannte Kunstsinn der Alten bürgt uns dafür, daß ihre Statuen, wenn sie bemalt waren, gewiß nicht den widerlichen Eindruck von Wachsfiguren machten: und an der S. Marcuskirche zu Venedig und der Kathedrale von Florenz kann man sehen, daß der Würde und Erhabenheit eines größeren Gebäudes durch Farbenschmuck keineswegs Eintrag geschiebt. Warum sollten die Alten, deren ganze Kunst sich so sehr durch Wahr- (mit der Figur der Scylla in naturgetreuer Färbung,) welches für S. t. H. den Großherzog Leopold durch den großh. babischcn Geschäftsträger Rittmeister Maler angekauft worden war, hatt« ich in Neapel zu sehen Gele-genheit. 77 heit und Natürlichkeit auszeichnet, nicht auch bel ihren Sculpturwerken die Natur selbst in ihrem Farbenspiele nachzuahmen, warum sollten sie ihre Bauten nicht mit der bunten, heiteren Natur, von der sie umgeben waren, in Uebereinstimmung zu setzen gesucht haben? Wie konnte dem heiteren Sinne der Alten das Gespensterhaft c Bleiche eines Marmorantlitzes gefallen, wie konnte ihrem Auge unter der glänzenden Sonne des südlichen Himmels daS blendende Weiß des polirten Marmors wohlthuend erscheinen ? Wenn die Alten die bloße Schönheit der Form über Alles gesetzt hätten, warum hätten sie bei Bildern sich nicht mit der bloßen Zeichnung und Schattirung begnügen sollen? Warum bunte Färbung der Viloer, die zuweilen die Schönheit der Zeichnung übersehen läßt, und warum nicht auch Vemalung der Sculpturwerke? Noch einmal, — es ist unbegreiflich, wie die Aesthetiker und Archäologen so lange haben bezweifeln, oder vielmehr übersehen können, daß die Malerei durchgängig von den Alten auf Werke der Sculptur und Architektur angewendet worden ist, selbst dann, wenn sie von dem kostbarsten Marmor waren. Wenn auch von den zahlreichen erhaltenen Spuren dieser Art von Malerei nur wenige bekannt oder genauer untersucht waren, so sprachen die Zeugnisse und Berichte der alten Schriftsteller doch wahrlich laut genug. In den griechischen Marmor-Tempeln und Hallen werden Wandgemälde der berühmtesten Maler genannt j der rothe und grüne Gerichtshof zu Athen hatten ihren Namen von der Farbe deS Anstrichs; die Triglyphen sollen nach Nl- W , ' truvlus regelmäßig blau bemalt gewesen sein. Pausanlas gedenkt eines Grabmals aus weißem Marmor, welches von Niklas auf allen Seiten mit Bildern gesclnnückt worden war. Derselbe Nikias pflegte die Marmorstatuen des Prariteles zu bemalen: und keine seiner Arbeiten schätzte Praxiteles höber, als die, an welche Nikias Hand angelegt hatte. Von einrr Marmorgruppe des Skopas wird erwähnt, daß sie besonders durch den schönen Gegensatz der Farbe des Todes und deS frischen Lebens ausgezeichnet gewesen sei. Plato spricht ganz allgemein vom Bemalen der Statuen. Plutarch gedenkt der Glfenbemmaler, wclche von Perikks bei chryselephantinischen Werkm beschäftigt wurden. Ja, Silanion soll sogar durch eine Mischung von Silber Todesbläffe, und Aristonidas durch eine Mischung von Eisen Schamröthe in das Gesicht einer ehernen Statue zu bringen versucht haben! *) Hätte man nicht schon langst aus diesen Zeugnissen und Berichten der allen Schriftsteller schließen sollen, daß die Werke der Eculptur und Architektur ohne Rücksicht auf die Kostbarkeit des Materials durchgängig von den Alten bemalt worden sind, wenn auch im Lause der Zeiten 5) Wenn die griechischen Schriftsteller von einer Statue oder einem Bauwerke zuweilen besonders bemerken, daß es aus weißem Marmor, X5u«°; ^,,'Zo;, verfertigt gewesen sei, so darf man dabei nicht an die Farbe deS Steins denken, wie sie dem Auge erschien: es soU damit nur das Material bezeichnet werden, wie sich z. B. auch daraus crgiebt, baß nicht selten dem >«l,«i« >? uXy, ein anderes Material, entgegengesetzt wird. 79 durch Llcht und Feuchtigkeit an allen unS erhaltenen Wer» ken dieser Art wirklich eine jede äußere *) Spur von Vcmalung völlig verschwunden ware? Glücklicherweise aber giebt es an Gebäuden und Statuen Spuren der Vemalung in so überraschender Menge, daß auch der hartnäckigste Zweifler die Wahrheit anzuerkennen genöthigt wird. Und diese Spuren sind der Art, daß sich an ein Bemalen in späterer, barbarischer Zeit nicht dt'nken läßt. Bei vielen Statuen, die die Erde Jahrhunderte lang in ihrem Sckioose verborgen gehalten hatte, sind noch die eingesetzten Augen zu finden, oder erkennt man die deutlichsten Spuren von einer Färbung des Haares und der Lippen; ja an einem abgehäuteten Marsyas in den Uffizi zu Florenz sieht man sogar Ueberreste rother Farbe an den Rippen der linken Seite. Die Vemalung der öffentlichen Gebäude und der Privathäuser endlich zeigt sich besonders in Pompeji klar und anschaulich. Im Innern der Häuser sind die Wände meist mit dunkelrother i>arbe bemalt: die rothe Fläche ist durch hellere Linien in einzelne Felder abgetheilt: hie und da sind die Wände geschmückt mit Gemälden »1 lresoo, kleineren in Medaillons, oder größeren, die die ganze Fläche einnehmen. Die Säulen an den öffentlichen Gebäuden und die des großen Säulenganges, welcher das Forum , *) An eine chemische Untersuchung des Steins, — um zu untersuchen, ob in den Poren eiuige Ueberreste von Farben geblieben seien. — hat meines Wissens noch S« Niemand gedacht. 80 . umgiebt, sind ebenfalls völlig mit jener dunkelrothen Farbe angestrichen. Nun sind zwar diese Säulen nläit von Marmor, und ihre Vemalung beweist also nicht unmittelbar, daß auch marmorne Säulen, mit Farbe überzogen worden seien. Indessen haben die Pomvejaner, als sie das zerstörte Forum a»S minder kossbarem Material wiederherzustellen sich beeilte», sicherlich ihren Vauten ein solches Aeußere zu verleihen gesucht, daß sie auf den ersten Blick von den marmornen Pracktgcbäuden auf den Hauptplätzen anderer Städte nicht wesentlich verschieden erschienen. Man kann mithin von der rothen Farbe der Säulen an diesen pompejanischen Vauten auf eine ähnliche Vemalung der marmornen Säulen in anderen Städten schließen *). Daß die Alten, obgleich sie AlleS bemalten, dennoch zu ihren Prachtgebäuden und Vildhauerarbeiten den kostbaren Marmor wählten, und diesen oft aus weiter Ferne herbeischafften, darf keineswegs befremdlich erscheinen. Die weiße Farbe, deren man doch auch bei dieser Art von Malerei bedürfte, hätte zarter und weicher, als sie der Marmor von selbst giebt, auf einen anderen Stein nicht aufgetragen werden können: und auch die übrigen Farben haben, wenn sie auf Marmor aufgetragen werden, eine solche Durchsichtigkeit, einen so zarten Glanz, daß sich jchon darum der Marmor in weit höherem Grade, als *) Ich erlaube mir nachträglich besonders auf die Untersuchungen und Abbildungen aufmerksam zu machen, welche in dem Werke „die AtropoliS zu Athen" von meinen verehrten Freunden, den Herren L. Roß. Schaubert und Hansen, gegeben worden sind oder gegeben werden sollen. 81 irgend ein anderer Stein, zur Vemalung eignet. In Florenz sieht man nicht selten Obst zum Verkaufe ausgeboten, welches den verwöhntesten Gaumen zu reizen weiß: aber es sind nur bemalte Marmorftücke, der Natur biS zur Täuschung nachgebildet! Die Thatsache, daß von den Alten die Malerei in ausgedehntem Maße auf die Werke der Architektur und Plastik angewendet worden ist, darf heut zu Tage als erwiesen betrachtet werden. Noch aber ist den Forschern im Gebiete der alten Kunst ein weites Feld aufgethan: wie die Alten Statuen und Gebäude bemalt haben, ist noch wenig bekannt. Und die Aefthetiker werden ihr Urtheil fällen müssen, nicht ob die Alten Recht gehabt, sondern ob unsere Künstler auch hierin dem Beispiele der Alten zu folgen haben. Ist wohl die Kunst, die unter dem heiteren Himmel Griechenlands entzückte, in unseren trüben Breiten in Anwendung zu bringen möglich? *) >''*) ES ist mir später wohl die umgekehrte Frag« eingefallen: 'j welchen Eindruck der Strasburger Münster, dessen Thurm , durch die Wolken hindurch nach dem ewig blauen Himmel . emporzustreben scheint, an der Stelle des Parthenon machen müßte? n Siebentes Capitel. Sieilien. März 16 bis 2l. 1838. 33om Dampfboote, das am 15. März dm Hafen von Neapel verließ, sah man dem Ufer entlang einen Kranz von Mandelbäumen in voller Vlüthe; deS anderen Tages um die Mittagsstunde sah ich einen Gärtner in einer Villa bei Messina grüne, aber völlig ausgewachsene Mandeln von den Väumen im Garten brechen. Die Ueberraschung war außerordentlich! Es wird so oft der neapolitanische Himmel gepriesen: aber was ist Neapel gegen Messina! Hier erst empfindet man lebendig, was eine südliche Natur, was ein südlicher Himmel sei) unter dem klarsten, mildesten Himmel die herrlichste Gegend, und die üppigste Vegetation von Cactus, Feigen, Mandeln: Korn und Gerste mit blühenden Aehren: andere Gewächse frisch und frei aufgeschossen, die bei uns nur kümmerlich in Gärten oder Gewächshäusern gedeihen: und das Alles am 16. März grün und blühend zu sehen, wem sollte das nicht die Brust mit Entzücken erfüllen! Aber die Menschen leben im Elend: Bildung und Handel liegen gänzlich danieder, und die ehemalige Kornkammer Italiens nmß jetzt Getreide vom Auslande einführen. Messina ist 83 nach dem großen Erdbeben von 1784 nur zur Hälfte wieder ausgebaut worden: die Häuser, in großartigem Style angefangen, sind kaum bis zum zweiten Stockwerke vollendet, und meist nur durch ein provisorisches Bretterdach vor dem Eindringen des Regens geschützt. Am 17. März ging es auf der Fahrstraße, die zwischen malerischen Felsen und dem tiefblauen Meere in schmaler Breite dahinläuft, nach dem berühmten Taor-mina. Der König war früh von Reggio herüber nach Messina gekommen, um die Festungswerke am Hafen in Augenschein zu nehmen: die Behörden hatten ihre Aufwartung zu machen, und ließen lange auf die Vistrung der Paffe warten. So war die Abreise verzögert worden, und die Sonne dem Horizonte nicht mehr ferne, alS der. Wagen am Fuße der Anhöhe hielt, auf welcher Taormina mit seinen Kastellen und den Ruinen deS alten Theaters liegt. Die Stadt ist ärmlich und elend: sie hat sechS Klöster mit 400 Mönchen, während sie im Ganzen kaum 4000 Einwohner zählt. Zwei zerlumpte Ciceroni, — der Eine nannte sich einen Akademiker von Messina, und re? citlrte beständig schwülstige Tiraden in gebundener unv ungebundener Rede, — drängten sich zankend heran, um den Weg nach dem Theater zu zeigen: „Wenn man die Höbe der Felsenwände erstiegen hat", schreibt Göthe von Taormina auS am 7. Mai 1787, „welche unfern des Meeresstrandes in die Höhe steilen, findet man zwei Gipfel durch einen Halbgrund verbunden. Was dies auch von Natur für eine Gestalt gehabt haben mag, die Kunst hat 84 nachgeholfen und daraus den amphitheatralischcn Halb-cirkel für Zuschauer gebildet; Mauern und andere An-gebäude von Ziegelsteinen sich anschließend, supftlirten die nöthigen Gänge und Hallen. Am Fuße des stufenartigen Halbcirkelö erbaute man die Scene quer vor, verband dadurch die beiden Felsen und vollendete daö ungeheuerste Natur- und Kunstwerk. — Setzt man sich nun dahin, wo ehemals die obersten Zuschauer saßen, so musi man gestehen, daß wohl nie ein Publicum im Theater solche Gegenstände vor sich gehabt. Rechts zur Seite auf hühe-ren Felsen erheben sich Eastelle, weiter unten liegt die Stadt, und ob schon diese Baulichkeiten aus neueren Zeiten sind, so standen doch vor Alters wohl eben dergleichen auf derselben Stelle. Nun sieht man an dem ganzen langen Gebirgsrücken des Aetna hin, links das Meerufer bis nach Catania, ja Syracusj dann schließt der ungeheure, dampfende Feuerberg das weite, breite Vild, aber nicht schrecklich, denn die mildernde Atmosphäre zeigt ihn entfernter und sanfter als er ist. — Wendet man sich von diesem Anblick in die an der Rückseite der Zuschauer angebrachten Gänge, so hat man die sämmtlichen Felswände links, zwischen denen und dem Meere sich der Weg nach Messina hinschlingt. Felsgruftpen und Felsrücken im Meere selbst, die Küste von Calabrien in der weitesten Ferne, nur mit Aufmerksamkeit von grlino sich erhebenden Wolken zu unterscheiden." So Göthe, dessen Beschreibung so überaus treu und treffend lft, daß man mit mehrerem Rechte, als er selbst. 85 in die Worte ausbrechen kann: Gott sei Dank, daß das, was ich gesehen, von Andern schon genugsam beschrieben ist. Die herrlicke Lage, welche die Tauromenier ihrem Theater angewiesen hatten, erinnert lebhaft an eine schon sonst gemachte Bemerkung, daß nemlich die Griechen regelmäßig einen freien, ausgezeichneten Platz für ihre Prachtbauten zu wählen verstanden. Wie anders die Römer! Ihre Bauten sind zwar zum Theile wenigstens an Masse großartiger zu nennen, aber man hat selten darauf Bedacht genommen, sie durch die Wahl der Umgebungen noch besonders hervortreten zu machen. Das Pantheon, das Coliseum liegen zwischen Hügeln gedrückt und eingeschlossen ; die Tempel von Paeftum dagegen erscheinen um so majestätischer, je stacher die große sie umgebende Ebene ist: dem Theater von Taormina dient zur Decoration das Meer und der Aetna mit seinen Nebenbergen. Und man muß in diesem Theater gesehen h.iben, wie die letzten Strahlen der untergehenden Sonne in den Fluthen des MeereS sich spiegeln, und dann den Aetna mit einer feurigen, allmählig in Vlau übergehenden Rothe färben, wie endlich das herrliche Bild von dem Schleier der Dämmerung überdeckt wird, bis der glänzende Mond sick erhebt und der schneebedeckte Gipfel des Aetna als ein leuchtendes Meteor am Himmel hervortritt, — man muß es ge« sehen, erlebt haben, um mit den Zuschauern fühlen zu können, die vor MerS wohl auch bis in die Nacht im Theater den Darftellungen beiwohnten! 86 Von Taormina führt der Weg nach Catania am Fuße des Aetna entlang, über lauter Lauaströme, die im Laufe der Jahrhunderte verwittert sind und jetzt daS fruchtbarste Erdreich bilden. Es war cm Sonntag, an welchem ich durch diese reizende Gegend und die zahlreichen Städte und Dorfer kam. Auf den Straßen begegnete man überall geputzten Menschen, die nacl» den Kirchen zogen. Und die Kirchen forderten laut die Gläubigen zum Vesucke aus; hier, nuf dem Thurme eines Nonnenklosters, war ein Nönnchen zu sehen, daS auf der Fensterbrüstung saß, und mit einem Klöppel weidlich auf di« Glocken losschlug: dort zogen zwei Trommler einher, die unter Vortragung einer Fahne mit dem Madonnenbilde die Leute zur Kirche trommelten: vor einer Kirche endlich spielte türkische Musik, während Petarden zur Me des Heiligen abgefeuert wurden. In Catania gedenkt Güthe vor Allem des Palastes und der Sammlungen des Prinzen Biscari. Der Palast ist gegenwärtig verlassen, und der Zutritt leicht zu erhalten: aber weder Palast noch Sammlungen verdienen es, daß der Fremde seine Zeit dem Genusse der Natur entziehe. Am bemerkenswerthesten sind die tteberreste eines ägyptischen Obelisken, der vordem in Catania im großen EircuS aufgestellt war: die Spitze, an welcher noch einige Hieroglyphen zu entdecken sind, der Kopf einer Sphinr, die am Fuße des Obelisken gestanden zu haben scheint, und nach deren Größe zu urtheilen dieser eine bedeutende Höhe gehabt haben muß, endlich eine Marmortafel mit folgender lateinischer Inschrift: 87 li. 0. «. L 0lNc?0 »l^X. 0»LQI8c!l)8 «x?° H^n ^I.LX^XVIl0 p«IIV0!pl: Besonderes Interesse gewährt der Ausfiug nach de» Monti Rossi, den rochen Bergen, von ihrer rothen Farbe so genannt, aus welchen im I. 1669 die Lava hervorbrach, deren Strom ganz Catania verschlang. Sie liegen unweit Nicolosi, wo sich der Aetna steil zu erheben beginnt. Der Weg führt in sanfter Erhebung Anfangs durch reiche Anpflanzungen, die sich allmählig verlieren, wie man tiefer in das Gebiet des Vulcanes ein-dringt. Die Aussicht von den Bergen ist weit und bezaubernd. In Nicolosi darf man nicht vorübergehen an dem durch seinen vortrefflichen Wein und als Aetnamlne-ralogen bekannte» G. Geiyellaro, einem einfachen, liebenswürdigen Greise, der Fremde wohlwollend zu seinen Sammlungen führt und von seinen Erfahrungen gerne erzählt. Mit Lebhaftigkeit entwickelte er eine eigenthümliche Theorie der Eruptionen des Aetna, die durch die Entdeckung und Verfolgung unterirdischer Gänge in ihm ent- 88 standen war. Diese Gänge zu untersuchen sei allzu schwierig : und ebenso eine Besteigung des Aetna in gegenwärtiger Jahreszeit nicht wohl zu unternehmen. Die Erklimmung des Feuerbergs mußte ein Ausflug zur See nach den Eyklopeninseln ersetzen. Die Grotte deS Polyphem, die gezeigt wurde, ist gar klein für «inen Riesen, und würde nimmer Ulysses und seine Gefährten gefaßt haben. Bemerkenöwerther ist eine der kleineren Inseln, die dem Auge von Ferne als eine Gruppe regelmäßiger Vasaltsäulen erscheint. Die Form der Säulen, ihre Zusammensetzung auö einzelnen Stücken, und das enge Aneinandergereihtsein ist ganz dasselbe, wie bei den Vasaltsäulen der Fingalshöhle auf Stassa. Aber der Stoff ist hier nicht Vasalt, sondern schwarze, poröse Lava: und dle Fugen sind überall mit einer dünnen Lage weißen Kalke« ausgefüllt. Betrachtet man die Insel in der Nähe, so möchte man fast glauben, daß die Lava von künstlerischer Hand zu regelmäßigen Stücken bearbeitet und diese Stücke mit Halk zu einer Gruppe dicht an einander schließender Säulen aufgemauert worden seien. Aber wahrscheinlicher ist eS, daß sich einst ein Lavaftrom hier in das Meer ergossen hat, und aus der Tieft bei plötzlicher Abkühlung in wundersamer Gestaltung emporge-schössen ist. Ein angestrengter Ritt durch morastige Flächen oder über öde, gleichförmige Höhen, während dessen man stets den Aetna im Rücken behält, bringt in einem Tage von Catania nach Syracus. Die Stadt Agofta sieht man links in der Entfernung auf einer schmalen Landzunge 89 liegen: sonst führt der Weg an wenig bewohnten Orten vorüber, und nur zuweilen begegnet man Sänften, die von einem voran- und nachschreitenden Maulthiere getragen werden, oder einzelnen Reitern. Endlich wird die Gegend belebter und bebauter: über doppelte Brücken gelangt man in das befestigte SyracuS, welches am Eingang eines Meerbusens auf einer Halbinsel erbaut ist. In Syracus mußte sofort das Dampfboot bestiegen werden, dessen Eapitän ungeduldig im Haftn die Nachzügler erwartete: für den entzogenen Genuß würde Malta reichliche Entschädigung bieten. 90 Achtes Capitel. Malta. März 22 bis 29. 1838. l. Cultur. Bewohner. La Valette. Die englischen Commissar«. Nie Insel Malta ist ein starrer Felsen, der sich fast überall steil aus dem Meere erhebt, und auf seiner Oberfläche nur ft>arsam mit Grde bedeckt ist. Einer alten Sage zufolge sollen die Malteser einst Schiffsladungen von Erde aus Sicilien geholt haben, um den felsigen Buden urbar zu machen: heut zu Tage pflegt man den Felsen auf eine minder mühselige Art in Feld und Garten zu verwandeln. Von dem Felsenlande, welches der Cultur gewonnen werden soll, wird zuvörderst alleS lose Gestein gesammelt und rings um die Grenze zu einer Schutzmauer aufgesetzt. Dann wird der Felsen gebrochen und gesprengt, aus den Spalten und Höhlungen die darin befindliche Erde hervorgesucht und auf der Oberfläche zerstreut. So bildet sich eine dünne Erdschichte, in welche gesäet oder schnell, wuchernder Cactus gepflanzt wird: und das Erdreich wächst mit der Zeit, namentlich durch die abfallenden und verfaulenden Cactusblätter. Alle Felder und Gärten sind mit Schutzmauern umgeben ; steht man nun in einer Ver- 91 tiefung, wo man die Mauern nicht überblicken kann, so sieht man nichts als den kahlen Stein und keine Spur von Cultur: wählt man dagegen einen erhöhten Stand-Punkt, so erfreut sich das Auge an einer Menge fruchtbarer und reick» bebauter Felder und Gärten, die von zahlreichen Mauern, wie von weißen Linien, durchschnitten werden. Die Felder sind mit Getreide oder Baumwollen, stauden bepflanzt: in den Gärten sieht man Orangen, Feigen, und hie und da eine einzelne Palme, die stolz ihr Haupt erhebt. Die Bevölkerung Malta's ist größtentheils saracenischen Ursprungs: die Sprache, der sie sich bedient, ist dieselbe, die auf den gegenüberliegenden Küsten der Verberci gesprochen wird. Diese saracenische Bevölkerung wohnt über die Insel zerstreut, theils in einzelnen Häusergruppen, theils in reinlichen Dörfern, die hier Casals genannt werden. Diese Dörfer haben prächtige Kirchen *): und selbst die ärmlichsten Häuser sind aus Malteser Steinquadern erbaut, die hier überall mit leichter Mühe zu gewinnen sind, und wegen ihrer vorzüglichen Güte sogar bis Athen und Konstantinopel verführt werden. Die Leute, meist von magerer, aber nerviger Gestaltung, sind genügsam und thätig. Alljährlich wandern eine nicht unbedeu- *) Die Kirchen sind zum Theile mit bemalten Statuen der h. Jungfrau und verschiedener Heiligen geziert, welche, obgleich von grober Arbeit, dennoch von der Möglichkeit einer Anwendung der Malerei auf die Sculptur zu überzeugen im Stande find. 92 tende Anzahl Malteser nach den verschiedenen Seehäfen des mittelländischen Meeres, wo sie, an der braunen Wollenmütze, den gestreiften Beinkleidern, die mit einer rothen Schärpe am Leibe festgehalten werden, und der kurzen blauen Jacke erkennbar, als Vootmänner oder als Träger und Handlanger ihren Lebensunterhalt zu verdienen suchen. Die Ausdauer dieser Leute ist fast unglaublich. Z«m Fahren, (— die Insel ist von fahrbaren Wegen durchzogen, —) bedient man sich hier zweirädriger mit Glasfenstern geschlossener Chaisen, die von einem Pferde gezogen werden, neben welchem der Wagenführer zu Fuße einhergeht. Ein solcher Wagenführer hält bei der stechenden Sonnenhitze abwechselnd in schnellem Schritte oder Trabe oft stundenlang aus, ohne besonders angegriffen zu erscheinen. Die alte Hauptstadt von Malta (Citt» Vecchia) liegt auf einer Anhöhe in der Mitte der Insel. Die jetzige Hauptstadt ist La Valette, welche den Namen ihres Gründers, eines Großmeisters der Iohanniter, trägt. Sie liegt an der Westküste der Insel auf einer schroff emporsteigenden Landspitze, zu beiden Seiten von geräumigen Wasserbecken umgeben, die jedoch vom Meere her nur durch einen engen Canal zugänglich sind. So hat die Natur hier doppelte Hafen gebildet, deren Gingang leicht zu vertheidigen ist," und die durch die umliegenden Höhe» vor Stürmen völlig geschützt zugleich einen vortrefflichen Ankergrund gewähren. Der Hafen nördlich von La Valette dient blos für Schiffe, welche in Quarantäne liegen: daS große, befestigte Quarantanelazareth ist La Valette 93 gegenüber auf einer in den Hafen hervorspringenden Halbinsel erbaut. Südlich von 3a Vnlette ist der größere Hafen, der durch seine Ausbeugungen wieder in verschiedene kleinere Hafen zertheilt wird. Er ist so geräumig, daß er die Flotten der ganzen Welt mit Bequemlichkeit fassen könnte. Die gesammte englische Flotte unter Ad-miral Stopford lag grade darin vor Anker: aber so wenig füllte sie den weiten Raum, daß selbst noch See-manövres innerhalb des Hafens möglich waren. Auf der Südseite dieses Hafens liegen wieder mehrere Städte mit besonderen Namen, La Vtttoriosa u. A., die an die Heldenthaten der Malteserritter erinnern. La Valette, die beiden Hafen, und die gegenüberliegenden Plätze sind mit bedeutenden Fortisicationen umgeben. Kriegskundige wollen zwar behaupten, daß bei dem heutigen Stande der Vela-gerungs- und Vertheidigungskunst die Mehrzahl dieser Werke durchaus als überflüssig erscheine: allein die hohen WäUe und tiefen Graben, großentheils aus oder in den Felsen gehauen, sind dem Laien darum nickt weniger staunenöwerth. Zur Vertheidigung der Festung und als Besatzung liegen in La Valette und Vittoriosa zwei Regimenter, deren eines gegenwärtig auö Hochschotten besteht. Die eigenthümliche Tracht oder Uniform dieser Soldaten erscheint unter diesem Himmel fast weniger sonderbar, als in den Nebeln von Schottland. Die Einwohner von La Valette sind theils Ginge-borne, jedoch vielfach mit fremdem Vlute gemischt und gewöhnlich'der italienischen Sprache sich bedienend, theils fremde Ansiedler, namentlich Engländer, mit denfn die 94 höheren Militär- und Regierungsstellen ausschließlich besetzt sind, und welche die ehemaligen Wohnungen der Malteserritter eingenommen haben. Die englische Regierung hatte sich bisher um Malta nur bekümmert, »veil es ein wichtiger Waffenplatz ist und einen unvergleichlichen Kriegshafen besitzt. Die Interessen der einheimischen Bevölkerung hatten fast keine Berücksichtigung gefunden: und die Lasten und Abgaben waren durch Errichtung zahlreicher Sinecure» für die Malteser äußerst drückend geworden. In neuester Zeit hat jedoch die englische Regierung, durch wiederholte Beschwerden der Malteser veranlaßt, zwei Commissäre zur Untersuchung der Veschwerdepunkte und zur Aufstellung von Verbssserungsv erschlagen nach Malta geschickt. Herr ^ Austin und Herr 6. <^. I^wi», von denen ich schon früher in England gekannt zu sein die Ehre hatte und wieder in Malta mit großer Güte empfangen wurde, haben sich bereits durch Abschaffung mancher Sinecuren und sonstiger Mißbräuche den Dank u»d die Liebe der Malteser zu verschaffen gewußt, und fahren mit unermüdlichem Eifer fort, für das Veste der Inselbewohner zu wirken. Nicht weniger wohlthätig wirkt in ihrem Kreise Air«. i8»i-»k ^U8tin, die auch in Deutschland als Kennerin unserer Literatur gefeierte Schriftstellerin, indem sie auf die gar sehr vernachlässigte Bildung des weiblichen Geschlechts auf Malta Einfluß zu gewinnen sucht. Unter Anleitung und zum Theile unter Begleitung der liebenswürdigen IVli-8. ^nstiu boten die Ausflüge nach dem Inneren der Insel, nach Citt» Vecchia und dem nahe gelegenen ehemaligen Lustschlosse und Garten des Großmeisters 95 (Boschetta), und die Besichtigung der Sehenswürdigkeiten in und außerhalb 3a Valette einen hohen Genuß. La Valette, eine vergleichsweise neue Stadt, bietet nur wenig besonders Bemerkenswerthes. Die regelmäßig angelegten Straßen find meist blos chaussirt und nicht gepflastert: aller Sorgfalt für Reinlichkeit ungeachtet, verursacht der vom Winde emporgetriebene Staub viele Beschwerden. Die Straßen sind zu beiden Seiten in der Regel mit dreistöckigen Häusern eingefaßt, die mit ihren vorstehenden Erkern, grünen Jalousien, und platten Dächern einen gar freundlichen und zierlichen Anblick gewähren. Unter den Gebäuden zeichnen sich aus der Palast des Großmeisters, in welchem jetzt der Gouverneur, Sir Frederick Bouverie, residirt, und die Versammlungshäuser (Alberghi) der sieben Zungen, in welche der Malteserorden zerfiel. Die Bibliothek ist unbedeutend, und enthält nur wenige Urkunden oder Handschriften. Die prächtige Hauptkircke zum h. Johannes gewährt ein eigenthümliches Interesse. Der Fußboden der Kirche besteht in einem Mosaik von Denksteinen, welche die Gräber von Malteserrittern bezeichnen: diese Denksteine sind selbst wieder Mosaiken, indem die Wapen der Ritter und die Grabschristen aus Steinen von verschiedener Farbe zusam» mengesetzt sind. Die Ritter einer jeden Zunge hatten für ibre Gräber einen abgesonderten Play, und so auch die alemannische Zunge. Aber die Inschriften auf den Gräbern dieser Zunge nennen nur wenige noch jetzt in Deutschland bekanntere Namen. Ein Ausflug nach dem Inneren der Insel und beson- 9b Vers nach Eitti» Vecchia tst sehr belohnend. Die Landschaft hat an sich einen eigenthümlichen Reiz: und «in kundiger Führer weiß auf mancherlei Merkwürdiges aufmerksam zu machen. Von der einstigen Herrschaft der Phönicier, der Harthaginienser, der Griechen, der Römer und der Saracenen finden sich hie und da noch einzelne Spuren, und dem Forscher im Gebiete des christlichen Alterthums bietet die Insel reichlichen Stoff zur Betrachtung. 2. Christliche Alterthümer. Die Katakomben. NlS der Apostel PauluS nach Rom geführt wurde, litten er und seine Begleiter in der Nähe der Insel Schlff-bruch. „Und da wir auskamen", wird in der Apostelgeschichte erzählt, „erfuhren wir, daß die Insel Melite hieß. Die Leutlein aber erzeigten uns nicht geringe Freundschaft, zündeten ein Feuer an, und nahmen uns alle auf, um des Regens, der über unS gekommen war, und um der Kälte willen. Da aber Paulus einen Haufen Reiser zusammenraffte, und legte es aufs Feuer, kam eine Otter von der Hitze, und fuhr Paulo an seine Hand. Da aber die Leutlein sahen das Thier an seiner Hand hangen, ftrachen sie unter einander: Dieser Mensch muß ein Mörder sein, welchen die Rache nicht leben läßt, ob er gleich dem Meer entgangen ist. Er aber schlenkerte das Thier ins Feuer, und ihm widerfuhr nichts Uebles. Sie aber warteten, wenn er schwellen würde, oder todt niederfallen. Da sie aber lange warteten, und sahen, daß ihm nichts Ungeheures widerfuhr; verwandten sie sich, und sprachen, er wäre ein Gott. An denselbigen Oertern aber hatte der 97 Oberste in der Insel, mit Namen Publius, ein Vorwerk; der nahm uns auf, und herbergte uns drei Tage freundlich. Es geschah aber, daß der Vater Publli am Fieber und an der Ruhr lag. Zu dem ging Paulus hinein, und betete, und legte die Hand auf ihn, und machte ihn gesund. Da das geschah, kamen auch die Andern in der Insel herzu, die Krankheiten hatten, und ließen sich gesund machen. Und sie thaten uns große Ehre, und da wir auszogen, luden sie auf waö uns noth war." Drei Monate weilte Paulus mit seinen Gefährten auf Malta, ehe die Reise fortgesetzt wurde. Vielleicht wurde schon damals der erste Grund zu einer christlichen Gemeinde gelegt: wenigstens habm sich schon frühe die Bewohner der Insel zum Christenthume bekannt. Zum Andenken an des Apostels Aufenthalt wurde an der Stelle, wo ihm die Leute Obdach und Feuer geboten hatten, eine Kapelle erbaut, zu der noch jetzt die Gläubigen pilgern. In einer Schlucht, durch welche im Winter ein Bach nach dem Meere stießt, liegt sie unter einem überhängenden Felsen versteckt. Von diesem träufelt Wasser herab, welches in einem Becken gesammelt und als Heilmittel gegen Gebrechen und Krankheiten aller Art gebraucht wird. In den Tiefen der Schlucht werden zuweilen Ottern gefunden; aber stit dem Wunder, das an Paulus geschehen, ist ihr Viß nicht mehr zu fürchten. Die christlichen Bewohner Malta'S Pflegten vor Zelten ihre Todten in Katakomben zu begraben, die sich bei ? 08 Eitt» Vecchia in staunenswerther Ausdehnung unter dev Erbe hin erstrecken. Dtese Katakomben sind gemeinschaftliche Begräbnißorte, welche unter der Erdoberfläche in beträchtlicher Tiefe rein aus dem Felsen gehauen sind. In der Regel finden sich die Gräber in Gruppen von 2, 4 oder 6 ausgehauen, die zusammen ein Viereck bilden. Jedes Grab hat die Form eines Trogs, welcher mit einer Steinplatte bedeckt ist: über dem Deckel ist ein freier Raum. Der darüber schwebende Felsen wird von Säulen getragen, die man beim Aushauen an den vier Ecken einer jeden Gräbergruppe stehen ließ. Die einzelnen Gruppen von Gräbern find durch schmale Gänge von einander geschieden. Hie und da sind Nischen in die Felswand gehauen, bald grö^ ßere für die Särge von Kindern, bald kleinere zur Aufstellung von Lampen oder Heiligenbildern. Zuweilen stehen die Gräber in verschiedenen Stockwerken übereinander: zuweilen erweitern sich die schmalen Gänge zu einem Saale, dessen Decke von stärkeren Säulen getragen wird und regelmäßig eine Oessnung hat, zu welcher das Licht hereinbricht. Diese Säle sind hausig mit Altären und auf den Felsen gemalten Heiligenbildern nach Art von Kapellen geschmückt. Nicht selten sind an Gräbern und Säulen Zierrathen angebracht, oder Inschriften und Gemälde: überall wenigstens ist Plan und Ordnung und Sorgfalt in der Arbeit zu beulerken. Bekanntlich hatten auch die Aegypter, die Juden, die Etrusker, die Griechen und Römer ihre Todtengrüfte, die sie theils unter der Erdoberfläche ausgruben und mauerten, 99 theils mühsam in Felsen ausholten. Die christlichen Felsengräber von der eben beschriebenen Art und Gestaltung, di« sich nur in Malta, Syracus, Neapel und Rom *) finden, sind aber von jenen Todtengrüften wesentlich verschieden. Die Todtengrüfte der Alten dienten hauptsächlich nur einzelnen Geschlechtern, und sind deshalb von geringerem Umfang. Jene christlichen Felsengräber dagegen sind gemeinsame Vegräbnißorte, und daher von verschiedener Anlage und bedeutenderem Umfang. Nur diesen gebürt im engeren und eigentlichen Sinne der Name Katakomben, dessen Bedeutung und Ursprung jedoch räthselhaft ist. Die älteste Anwendung desselben findet sich in Schriften des vierten Jahrhunderts, und zwar zunächst mit Beziehung auf die unterirdischen Vegräbnißstätten zu Rom. Ein alter Schriftsteller meint, diese hätten den Namen Katakomben erhalten von der Nähe eines Landungsplatzes für Schiffe; ««,« «o«^«5 heiße „bei den Kumben", «ov^^a («vftA«, xo^«^lo>) aber bedeute ein Schiff oder einen Kahn. Allein diese Ableitung des Wortes dürfte kaum zu billigen sein. Denn es werden schon früh auch diejenigen römischen Katakomben, welche anderwärts gelegen sind, so wie die Katakomben an anderen Orten außer Rom allgemein mit diesem Namen bezeichnet. Nach Anderen soll das Wort Katakomben soviel besagen, als „in den Schluchten" oder „in den *1 Die Katakomben von Paris find durchaus verschiedener Art. Ebensowenig dürfen jene christlichen Felsengräber mit den Nelrop ölen der Alten verwechselt werden. loo Grüften", indem das Wort onmda in dem Lateinische!, deS Mittelalters diese Bedeutung habe. Allein, — auch abgesehen davon, daß die Zusammensetzung eines lateinischen Worts mit der griechischen Präposition ««^li nicht anderö alö befremdlich erscheinen könnte, — das Wort onmda für Thal, Schlucht, Gruft kommt erst später vor *), und findet sich sogar nirgends bei italienischen Schriftstellern, von welchen doch zuerst der Ausdruck Katakomben gebraucht worden ist. Wledec Andere endlich nehmen an, daß man eigentlich Katatomben oder Kata-tumben schreiben muffe, und daß diese Ausdrücke in der Bedeutung von „unterirdischen Gräbern" aus dem Griechischen von «»^oi, unten, und «rv^oc, Grab. abzuleiten seien. Jedoch auch diese Erklärung ist augenscheinlich nur ein Nothbehelf: sie ist sprachlich unrichtig **), und wegen der feststehenden Schreibart Katakomben oder Katakumben durchaus unzulässig. Wenn es wahr wäre, daß die Katakomben vordem menschliche Wohnungen gewesen, oder daß sie ursprünglich als Versammlungsort« von den verfolgten Christen gebraucht worden seien, so könnte man an eine Ableitung deS WorteS von x»ch ollem diesen bleibt noch folgende Erklärung übrig. Eheliche Katakomben ko.nmen nur vor in Malta, Sy-racl's, Neapel und Rom, an Orten also, deren Gemeindet schon durch geographische und politische Beziehungen, ui-s''icht auch durch die gemeinsame Entstehung bei Gele-geuhcii dcr Reise des ApoM Paulus *), in engerer Vecbi.idung iu!t einander stände.'. Wäre nun nachzuweisen '.ni'gUch, daß c>n einem dieser Ocle die Anlegung von Ko.lakv'-iuen in der lirtlichen Beschaffenheit ihren nothwen-dig^'l G<^und gehabe habe, so würde das Vorkommen eben solcher Kawkomben an den anderen Orten, wenn gleich oh.e dieselbe Nothwendigkeit, dennoch nicht befremden können, sondern nämlich für bloße Nachahmung und Ve-folgui'q d?ö von de.- Schwestcrgemeinde gegebenen Beispiels zu halte., se'n. Ein triftiger Grund zur Anlegung von Katakomben war aber in der That in Malta vorhanden. Vlur selten war hier die Erdschichte, die den Felsen be-dec'Ie, iief genug, um die Todten darin begraben zu können. So mußten denn jedenfalls Felsengräber gegraben weiden, und da zog man nun vor, etwas tiefer zu graben, <«) Denn grade jene Orte werben in der Apostelgeschichte als solche genannt, die der Apustel berührt habe: daß Puteoli statt Neapel erwähnt wird. macht keinen Unterschied. 105 damit auf diese Weise die über den Gräbern liegende Erde für die Bebauung nicht verloren ginge. Man mußte sparsam sein, weil die Insel an fruchtbarer Erde nichts wcnigcr als reich war. Nun wurde unter der Erdoberfläche Grab an Grab gereiht: die Gleichheit und die Einigkeit, die »inter den erste» Christen herrschte, ließ nicht an abgesonderte Familienbegräbnissc denken : auch im Tode noch sollte das gemeinschaftliche Zusammenleben fortdauern. So mögrn denn in Malta zuerst die gemeinsamen christlichen Grabstätten unter der Erde entstanden sein: und der fromme Gebrauch, die Todten in Katakomben zu bestatten, mag dann nach Syracus, Neapel und Rom verpflanzt worden sein! 106 Neuntes Capitel. Athen. April 2 bis 13, und April 25 bis Mai 2. 1838. l. Ankunft in Athen. Awischen den bedeutendsten Seestädten in der Levante wird durch österreichische, französische und englische Dampf-boote eine sehr lebhaste Verbindung unterhalten. Diese Dampfboote fahren aus verschiedenen Linien, die zum größten Theile in Syra zusammentreffen. Syra, sonst eine unbedeutende Insel, ist zum Eentralpunkte ausersehen worden, weil es ziemlich in der Mitte des agälschen Meeres gelegen ist und einen guten unv weiten Haftn besitzt. Will man daher von Malta sei es nach Aleranbria, oder nach Athen, oder nach Smyrna und Konstantinopel reisen, so fährt man zuvörderst nach Syra, und findet da- . selbst verschiedene andere Dampfboote für die Weiterreise in Bereitschaft. Das französische Dampfboot, welches den Dienst zwischen Malta und Syra versieht, verließ am 29. März Nach, mittags um 2 Uhr den Hafen von La Valette. Die Gesellschaft bestand meistens aus Engländern, Herren und Damen, die über Aegypten nach Ostindien gingen, um dort ihr Fortkommen zu suchen: einem Polen, der den to? Tscherkeffen zu Hülfe zu eilen vorgab, aber mit seinen Plänen bei den übrigen Passagieren wenig Anklang zu finden schien: endlich einem Franzosen, der bei weitem der interessanteste Reisegefährte war. Ein kleines Vesitz-thum in Burgund erlaubte dem alten Hagestolzen bei großer Sparsamkeit jährlich eine Summe zurückzulegen, welche ihn in den Stand setzte, von Zeit zu Zeit kleinere oder größere Reisen zu unternehmen. Das Reisen an sich schien ihm nicht eigentlich großen Oenuß zu gewähren, denn er war für die Schönheiten der Natur weniger empfänglich und sonst ungebildet, und kannte kaum seinen Corneille, Racine und Voltaire und was von Geographie oder Geschichte gelegentlich in ihren Werken erwähnt wird; aber der Neid und die Bewunderung der Bewohner seines Dörfchens, die ihn wohl um seiner Reisen willen ,,1'beu-» roux moi-tei" zu nennen pstegten, das war es, was ihn veranlaßt hatte, Frankreich, England und Deutschland großentheils zu Fuße zu durchwandern. Jetzt sollte seinen Reisen die Krone aufgesetzt werden: den „Heuno ^.n»-okni-818" in der einen Tasche, Hemd' und Strümpfe in der anderen, ein Fernglas und einen Stock in der Hand, wollte er, ohne Kenntniß einer anderen Sprache, als der französischen, allein und ohne Führer, ein leibhaftiger ,,0mni» mo» moouN porto", nach Jerusalem und durch den Orient pilgern! Den 30. März gegen Abend zeigten sich in nebliger Ferne die Berge von Navarin: am anderen Morgen lag bereits das Vorgebirge Malea hinter uns, und zur Rechten an Meloö, CimoluS, Siphnos und Paros, zur 103 Linken an Seriphos vo.überfahrend, erreichten wir nach Mittag den Hafen von Syra. Die Fahrt war höchst anzlehe>ld. In der Fecne erblickt man die hohen Verge von Morec», nchcS und links zahlreiche Inseln, die sich bciül Weiterfahren in mamuchfach wechselnden Gruppen zeigen: dabei ist die Lust so klar und durchsichtig, daß auch die fernsten Gegenstände bestimmt und deutlich zu erkennen sind. Solche Verhältnisse mußten von selbst die älteste» Vewoh >er d?s benachbarten Festlandes zur Veschif-fung des Meeres n'izen und anspornen, zumal die Winde in diesen Gewässern fast regelmäßig mit den verschiedenen Tageszeit^ w.'chseln, und wenn auch zuweilen heftig, doch selten zu Stiu'men anwachsen, die auch nur kleineren Fahrzeugen gefährlich werden könnten. Trotz deö heftigsten Südwindes, der grade an diesem Tage blieö, sah man hie und da ß.^,. "l5'? griechische Barken mit aufgespanntem Segel furche üo^r die Wogen tanzen, des Dampfbooteö spottend, daS sie au Schnelle wohl übertrafen. Der Hafen von Svra ist von Dampfbooten und Kauffahrern belebt. Am Ufer, wo erst seit kurzer Zeit eine Stadt erblüht ist, drängen sich Menschen von verschiedener Abstammung in mannichfaltigen Trachten. Weiterhin und von der neuen Stadt entfernt weht die gelbe Fahne voil dem Quarantänegebäude. Darüber erbebt sich ein steller, kegelförmiger Hügel, auf welchem die Altstadt mit ihren verfallenden Häusern liegt. Die Furcht vor Seeräuber», welche die ehemaligen Bewohner der Insel ihre Wohnungen auf unzugänglicher Höhe anzulegen nö- 109 thigte, hat aufgehört, und im Gefühle zurückkehrender Sicherheit bauen sich die Handelsleute und Schiffer ihre Häuser in der Nähe deö Hafens. In Syra mußte ein anderes Dampfboot bestiegen werden, welches den Dienst auf der Linie zwischen Athen und Syra versieht. Um Mitternacht wurden die Anker gelichtet. Die Sterne leuchteten hcll an dem tiefblauen Himmel, und erglänzten im Spiegel des Wassers: ein leiser, warmer Weft war an die Stelle des stürmischen Süds Winds getreten, und kräuselte nur leicht die Oberfläche des beruhigten Meeres. Das Schiff ließ eine lange phos-phorescircnde Furche hinter sich, deren Glanz den Wiederschein der Sterne verdunkelte. Es war eine herrliche Nacht, und das Verdeck wurde kaum vor Tagesanbruch von den Reisenden verlassen! Als der Morgen graute, lag das Sunische Vorgebirge mit den weithin sichtbaren Ruinen des Mi-nerventempels vor uns. Nun ging es in den saronischen Meerbusen: links die Verge von Epidaurus, in der Mitte das sanft sich erhebende Aegina, rechts die Berge von Attica, deren höchste Spitzen mit einem leichten Schleier ftischgefallenen Schnees bedeckt waren. Endlich trat aus der verworrenen Menge von Hügeln und Vergen im Hintergrunde die Akropolis von Athen hervor, an den Ruinen deS Parthenon erkennbar, dessen Säulen schon in dieser Entfernung gewaltig und erbaben erschienen. Je näher man kommt, desto herrlicher ist der Anblick, der sich dem trunkenen Auge bietet. Die Stadt Athen liegt fast ganz no . , . . hinter der Akropolis versteckt; vom Meere auS sieht man nur die Akropolis mit ihren herrlichen Ruinen, amphi-theatralisch vom Parnes, Pentelikon und Hymettus umgeben. Der Eindruck, den jene Ruinen und diese Berge mit ihren schwellenden Formen machen, wird »licht gestört durch Einmischung moderner Schöpfungen: es ist ein wahrhaft classischer Anblick! Im weiten Necken des Piräus angelangt, warf das Dampfboot um Mittag die Anker. Kleine Boote brachten die Reisenden und das Gepäck ans Ufer, wo sich zahlreiche Fiacres zur Fahrt nach der Stadt erboten. Ein schnurrbärtiger Kutscher mit schmutziger Fustanelle und rother Mütze ließ sich um zwei Drachmen dingen, und bald rollte der leichte Gig auf der schönen, breiten Chaussee nach Athen zu. Gleich außerhalb der neuen Stadt des Piräus durchschneidet der Weg die gewaltigen Mauern, die einst die Verbindung zwischen Athen und den Städten au» Hafen zu sichern bestimmt waren. Zur Rechten in der Ebene sieht man das einfache Denkmal des Helden Karaiskaki, der hier gegen die Türken fechtend seinen Tod fand. Weiterhin führt eine Brücke über einen sumpfigen Graben: es ist der Cephissus, dem hier ein Abfluß nach dem Meere künstlich bereitet worden ist. Nun kommt man in den Olivenwald, der einen Umfang von mehreren Stunden hat, und sich allmählig von der Verheerung des Kriegs zu erholen beginnt. Noch immer liegt die Stadt hinter Hügeln verborgen. Da macht der Weg eine Biegung, und nach einer Fahrt von drei Viertelstunden ist man in Athen! Ill 2. Das neuc Athen. Athen liegt auf einer Hochebene, die im Süden und Nordosten von malerischen Felsenhügeln begrenzt ist, im Westen aber an das Thal des Cephissus und im Osten an das des Ilissus sich anschließt: jenseits dieser Thäler liegen in der Richtung nach Nordwest der Harnes, in Südost der Hymettus, beide von den schönsten Umrissen, und in langen, schwellenden Linien in die Ebenen oder nach dem Meere auslaufend. So hat Athen eine nicht nur überaus reizende, sondern auch höchst gesunde Lage. Die Dünste, welche den Sümpfen am Ufer des MeereS oder der vom Cephissus bewässerten Ebene entsteigen, rei« chen nicht hinauf zu der Hochebene, auf welcher die Stadt erbaut ist: die Oeffnung nach Ost und West zwischen den angrenzenden Hügeln hindurch befördert einen erfrischenden Wechsel der Luft, während die entfernteren Verge die Stadt gleichmäßig vor dem eisigen Nord und vor dem erschlaffenden Südwinde beschützen. In der That, man hätte kaum einen passenderen Ort zur Hauptstadt des neuen Königreichs erwählen können, besonders wenn man bedenkt, welche mächtige Erinnerungen sich an diese Oertlichkeit knüpfen, wie sie im Herzen von Griechenland, und wie sie in der Nähe des bedeutendsten Hafens liegt, ohne doch dem Handelsverkehre der Hafenstadt im geringsten zu nahe zu treten. Die neue Residenz ist erst im Entstehen begriffen. In türkischer Zeit war Athen auf einen kleinen Umfang beschränkt : unmittelbar an den nördlichen Fuß der Akropolis sich anlehnend, enthielt es meist nur äruüiche Wohnungen 112 ' in engen, krummen Straßen, und einige wenige bedeutendere Häuser oder kleine Kirchen von byzantinischer Bauart. Dieseö Athen wurde in den Zeiten der Revolution zur Hälfte wenigstens in einen Schutthaufen verwandelt, und befand sich in diesem zerrütteten Zustande, als es zur R sidenz dcö Königs bestimmt wurde. Mit möglichster Berücksichtigung und Schonung nicht nur der vorhandenen und noch bewohnten Häuser und Straßen, sondern auch aller Plätze, auf welchen sich Uebernste tes Alterthums wirklich noch vorfinden oder vermuthlich zu sinven sein werden, ist seitdem ein Vauplan für das neue Athen entworfen worden. Zwei breite Hauptstraßen, die stch in rechten Winkeln durchschneiden, sind geöffnet, die alten, engen Straßen zum Theile erweitert und geregelt, und die neuen abgesteckt worden. Hie und da zerstreut erheben sich einzelne ansehnliche Häufer in dem neu zu erbauenden Stadttheile; in der Altstadt, wo die meisten alten Monumente zu finden sind, werden um diese freie Plätze gebildet; für die nöthigen öffentlichen Gebäude sind die Bauplätze bestimmt, und die Gebäude selbst theilweise im Vau begriffen, oder, wie z. B. die Münze, die königliche Druckerei, bereits schon ausgeführt. Der König bewohnt zur Zeit noch zwei gemiethete Privathäuser, die an einem freien Platze gelegen, und durch einen Schcinbau zu einer größeren Fronte vereinigt sind. Der zukünftige Palast, der auf einer Anhöhe am östlichen Gnde der Stadt aus pentelischem Marmor in einfachem, passendem Style aufgeführt wird, ist im Vaue bis zum zweiten Stockwerke fortgeschritten. So findet sich in Athm Altes und Neues, ti3 Tempel und Säulen und Monumente des Alterthums, Ruinen aus der türkischen Zeit, byzantinische Kapellen, Hütten, nette Häuser im europäischen Geschmacke, angefangene Prachtbauten, in bunter Mannichfaltigkeit neben einander. Eine ebenso chaotische Mannichfaltigkeit der Gegensätze bietet dem Auge daS lebhafte Treiben auf den Straßen und öffentlichen Plätzen. Hier sieht man Griechen mit der rothen Mütze, gestickten Jacke und der albanesischen Fustanelle oder den weiten türkischen Hosen, dort Malteser mit der braunen Wollenmütze und der bunten Schärpe: hier Griechen in einer neu erdachten Kleidung, die sie als Nationaltracht einführen möchten, dort wieder andere Griechen oder Ausländer, mit Hüten und Röcken oder Fracks nach französischem Schnitte. Dazwischen englische, französische und österreichische Matrosen mit dem runden Lederhute, der blauen Jacke und den weiten Beinkleidern auS grauer Leinwand: oder Seeoffiziere in verschiedenen Uniformen. Bald hört man bairisch, französisch, englisch, maltesisch, italienisch, bald albanesisch, bald endlich neugriechisch in den verschiedensten Dialekten reden. Vom Piräus sieht man ein Kamel langsam und schwerbeladen heraufkommen, während mit vier Pferden bespannt ein in England gebauter Omnibus hinabfährt, durch dessen Fenster man lauter rothe Mützen und Schnurrbärte erblickt. Vor den Hallen des Marsteuipels werden ungeschickte griechische Recruten erercirt, welche ein bairlscher Offizier mit „"L>, svö" (eins, zwei!) marschiren lehrt. Vor der Stoa Hadrian's ist der Vazar, wo Bratwürste 8 ll4 neben Oliven und dem altclasstschen Harzweme velkauft werden! So zeigt sich überall altes und neues Wesen, orientalisches und europäisches Treiben in bunter Abwechslung und unvermischt neben einander. Und grade dieses Chaos von verschiedenen Sitten und Gebräuchen, dieses Gewirre von Gegensätzen ist es, welche« nicht nur dem fremden Beobachter, sondern den Regierenden und Regielttn selbst ein klares Erfassen der Verhältnisse wesentlich erschwert. Die verschiedene Art und Weise des Seins und Lebens hat verschiedene Interessen zur Folge. Jeder klügelt hier nach seiner Weise über das, waS geschehen ist, und das. was geschehen sollte. Eigentliche Parteien, die sich fester und bestimmter Grundsätze und Richtungen bewußt wären und dadurch von einander unterschieden, sind nicht vorhanden: man findet kaum zwei Individuen, unter denen eine »öllige Gleichheit der politischen Meinungen herrschte. Jeder ift im Grunde eine Partei für sich, meint es, wenn man ihn hört, mit dem Lande am Besten, und glaubt fich grade deshalb um eine Anstellung bewerben zu müssen. Nur zuweilen vereinigt die Herrschsucht mehrere Individuen zu gemeinsamen Bestrebungen, so wenig sie sonst alS gleichgesinnt erscheinen. Wenn aber auch von politischen Parteien in Athen, und in Griechenland überhaupt, im eigentlichen Sinne die Rede nicht sein kann, so lassen sich doch nach dem Grade und der A ,^5 tl. ^ir^cXiov 1833 ^l^a» ist aus Auftrag des Rectors und des Senats O<,e 11?«. N9 -rcil'teiic «««, >rc,v 2v^^c»vXiov) von dem Decan der theologischen Facultät (^«Xei^^ -r^ ^eoXo^««^ "X"^»?-) mit einer in neugriechischer Sprache geschriebenen Abhandlung über Joannes DamascenuS und seine Schriften bevorwortet worden. Es werden in diesem Verzeichnisse 29 Lehrer aufgezählt, und 36 Vorlesungen angekündigt. I. Theologische Facultät. 1. Der Archimandrit M. Apostolidis, Decan und «r-dentl. Prof. (-r«"e-rt«l>^ ««^75^5) der Theologte. — Fortsetzung der Dogmatik. 2. K. Kontogonis, außerord. (ex-raxvo^) Prof. der Theologie. — Kirchengeschichte, zweiter Theil. — Erklärung des ersten Briefs an den Timotheuö. — Hebräische Sprachlehre. II. Juristische (slx«<, Fortsetzung der Chirurgie. 7. A. Pallis, Prof. der gerichtlichen Heilkunde. — Fortsetzung der Hleäioin» torengis, und Gesundheits-polizet. S. Traiber, Prof. der chirurgischen Klinik. — Oph-tyalmie. Ueber Vergiftungen. IV. Philosophische Facultät. 1. N. Wamwas, Decan und ordentl. Prof. der Philosophie. — Ethik. 2. K. Wuris, ordentl. Prof. der Mathematik und Physik. — Fortsetzung der Physik. 121 3. G. Gennadios, ordentl. Prof. der griechischen Philologie. — Encyklopädie der philologischen Wissenschaften. 4. Domnanbos, ordentl. Prof. der Naturgeschichte. — Anfangsgründe der Naturgeschichte. 5. X. Landerer, ordentl. Prof. der Ehemie. — Experimentalchemie. 6. K. Nergis, ordentl. Prof. der Mathematik. — Geometrie (Fortsetzung). ?. H. Ulerich, ordentl. Prof. der lateinischen Philologie. — Geschichte der römischen Philologie. Oioero :. Ho Natur» veorum. Catullus und Tibullus. 8. 3. Roß, ordentl. Prof. der Archäologie. — 9. K. D. Schinas, ordentl. Prof. der Geschichte. — Griechische Alterthümer (Fortsetzung). 10. N. Fraas, außerordentl. Prof. der Botanik. — Flora von Griechenland. Ercursionen. V. Privatdocenten ('IslVrlxol slsoix^o^). 1. I. Wen thy los. — Erklärung der Antigone des .Sophokles. AuSwahl griechischer Dichter. Metrik. 2. S. Wilke, Gymnasialprofessor. — Livius. 3. K. Tissawas. — Philosophische Einleitung in daö Studium der griechischen Sprache. Die öffentliche Universitätsbibliothek ist vorläufig in einer alten Kirche aufgestellt, bis daß daS Projectirte Nibliotheksgebäuve aufgeführt sein wird. Sie '^ 122 tst erst lm Entstehen begriffen: die Hülfsquellen zu lhrer Erweiterung und Vervollständigung stießen nur sparsam, und das Meiste ist auch bisher nicht durch Kauf, sondern durch Schenkung in dieselbe gekommen. Hieraus erklärt sich zum Theile ihre eigenthümliche Zusammensetzung! sie enthält fast nur classische Literatur. Auch Handschriften finden sich, an der Zahl dreißig, aus dem 11. bis 17. Jahrhunderte. Sie stammen fast insgesammt aus einem Kloster auf Andros (der Ma»>5 1H5 »x?«"°") und einem anderen Kloster auf Salamis (der IVlop^ ^^ ^ave^n^e»^), deren Mönche sie der Bibliothek als Geschenk überreicht haben. Diese Handschriften geben Theile des alten und neuen Testaments, Synararien, Homilien des Chrysoftomus, Leben der Heiligen; Juristisches ist nichts darunter und ebensowenig etwas.auf die classische Literawr Bezügliches, mit Ausnahme einer sehr jungen Handschrift, die eine neuere Schrift über Aristotelische Philosophie enthält. Außer der Universitätsbibliothek bietet Athen dem Gelehrten nur wenige Hülfsmittel für seine Studien. Die Privatbibliotheken enthalten fast nur, was zum Hausbedarf unentbehrlich ist; die drei Buchhandlungen, welche gegenwärtig in Athen eristiren, sind mit sehr ärmlichen Lagern versehen, und gewähren höchstens die Möglichkeit, Bücher aus Frankreich und Deutschland ohne eigene Beschwerde kommen zu lassen. Die allmählig sich bildenden Antiquitätensammlungen werde ich später besonders erwähnen. Das Mineraliencabinet (in der Gewerbschule) giebt einstweilen nur die Mineralien, l23 die auf dem griechischen Festlande, dem Peloponnese und auf den Inseln aus Auftrag der griechischen Regierung mit unverhältnißmaßigem Aufwande gesammelt worden sind. Das zoologische Cabinet enthält eine ziemlich vollständige Sammlung der Fische in den griechischen Gewässern, ist aber sonst noch arm, da es erst seit Kurzem angelegt wordm ist. Indessen wmn auch die gelehrten Anstalten Athen'S nock Vieles zu wünschen übrig lassen, so ist doch keineswegs zu verkennen, daß für die kurze Zeit, seit welcher überhaupt Ruhe und Ordnung in den griechischen Staat zurückgekehrt und Athen zur Hauptstadt erwählt worden ist, das Geleistete außerordentlich, und mehr ist, als man zu erwarten berechtiget war. Wenn erst das Bedürfniß gesteigerter wissenschaftlicher Bestrebungen lebendiger hervortritt, wenn einerseits die zahlreichen griechischen Jünglinge, die in Paris oder auf deutschen Universitäten sich gegenwärtig auszubilden suchen, in die Heimath zurückgekehrt sein werden, und andererseits von den hellenische» Schulen eine bedeutendere Anzahl befähigter Zöglinge zur Vollendung der Studien nach Athen entlassen sein wird, so darf man nach dem bisher Geleisteten mit Zuversicht hoffen, daß die Universität Athen und die mit ihr in Verbindung stehenden Institute einen überraschenden Aufschwung nehmen werden. 4. Nechtszuftanb. So lange das jetzige Königreich Griechenland unter lateinischer und später unter türkischer Herrschaft 124 stand, haben die Griechen in ihren Verhältnissen zu einander fortwährend nach dem byzantinischen Rechte gelebt, Welches vor dmt Untergange des griechischen Kalserthumes in Kraft gewesen war. Die Anwendung des hergebrachten Rechts unter den fremden Herrschern wurde dadurch vermittelt, daß den Gemeindevorstehern (Archonten) und den Geistlichen in Sachen der Griechen diejenige Gerichtsbarkeit, jedoch unter mancherlei Beschränkungen, belassen worden war, die ihnen von früheren Zeiten her zugestanden hatte. Die Archonten und die Geistlichen gebrauchten als Rechtsquellen anfänglich sehr verschiedene Bücher, in welchen die Hauptsache aus den Gesetzbüchern, den Basiliken und kurzen Rechtssystemen, oder aus den einzeln erlassenen Verordnungen der griechischen Kaiser zusammengestellt war. Nach den Handschriften zu urtheilen, die im 14ten bis löten Jahrhunderte in dem Umfang des heutigen Griechenlands geschrieben oder wenigstens daselbst von Abendländern aufgekauft worden sind, kannten und benutzten die, welche sich mit dem Rechte zu beschäftigen hatten, z. V. die Synopsis der Basiliken, ein Recktsbuch nach Ordnung der Buchstaben von dem Priestermönch Mat-thäos Wlastaris, und unter Anderem auch ein Handbuch deS Rechts in sechs Büchern (Erabiblos) von Kon-ftantinos Armenopulos, welcher in den Jahren 1305 — l345 in Thessalonike gelebt und geschrieben zu haben scheint. Im I. 1562 aber verfaßte der Notaries Ma-nuil Malaros, aus Ravplia im Peloponnese gebürtig, als er sich bei dem Metropoliten zu Theben aufhielt, eine Compilation aus den damals im Gebrauche befindlichen l25 Rechtsbüchern, wobei er sich zum Zwecke deS leichteren Verständnisses der neugriechischen Sprache bediente. Dieses Buch scheint im 17ten Jahrhunderte fast allein, wenigstens von den Geistlichen, als Rcchtsquelle gebraucht worden zu sein. Denn unter den juristischen Handschriften, die damals aus Morea und Livadien nach dem Abendlande und namentlich in die Vüchersammlungen der vmetianischen Großen gekommen sind, befinden sich zahlreiche Eremplare desselben und kaum irgend ein anderes Rechtsbuch. Indessen hat grade dieses Wegbringen aller vorhandenen Handschriften zuletzt den Gebrauch desselben unmöglich gemacht. Dagegen kam im Laufe des 18ten Jahrhunderts eine neugriechische Uebersetzung des Armeno-pulos, welche auf Kosten des Metropoliten Gerasi-mos von Alerios Spanos aus Ioannina zuerst im I. 1744 zu Venedig herausgegeben und dann wiederholt in neuen Austagen gedruckt worden war, in zahlreichen Exemplaren nach Griechenland. Vei dem gänzlichen Mangel an anderen Büchern kam nun daS Handbuch des Aimenopuloö bald allgemein in Gebrauch. Archonten und Geistliche richteten sich bei ihren Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach dessen Inhalt, indem sie zugleich auf die bald hier bald da aufkeimenden oder schon ausgebildeten Gewohnheiten Rücksicht nahmen. Als Quellen des geistlichen Rechts benutzten übrigens die Geistlichen noch andere Bücher, deren verschiedene zu Venedig im Drucke erschienen waren, wenn gleich auch die Venetiani-schen Ausgaben des Armenopulos eine Epitome der kanonischen Rechtsquellen enthielten. 126 . So war der Rechtszustand belm Nusbruche der griechischen Revolution im I. 182t. Die Revolution machte umfassende Neuerungm nöthig. Die Griechen hat« ten zwar ein bürgerliches und geistliches Recht, aber eine Verfassung und daö gesammte öffentliche Recht mußte neu geschaffen werden. Statt der Archonten und Geistlichen mit ihrer beschränkten und schwankenden Gerichtsbarkeit mußten ordentliche Gerichte organisirt und das Verfahren in Nechtsstreitigkeiten geregelt werden. Endlich, was als Verbrechen angesehen unv wie es bestraft werden solle, mußte erst neu bestimmt werden, weil zuvor alle Straft gewalt den türkischen Behörden zugestanden hatte, ein griechisches Strafrccht also gar nicht eiistirte. Diesem Bedürfnisse nach einer Reform des Rechtszustandes abzuhelfen, entfalteten die jeweiligen Lenker Griechenlands eine große Thätigkeit im Fache der Gesetzgebung. Allein die meisten Gesetze waren nur unreife und übereilte Reformversuche, die fast nie oder doch nur zu einem geringen Theile in die Wirklichkeit übergingen. Sie sind nur be^ merkenswerth dadurch, daß sich schon hier die entschiedene Hinneigung zu französischen Theorien und Institutionen ausspricht, die man in der späteren Gesetzgebung bis auf die gegenwärtige Zeit zu beobachten Gelegenheit hat. Auch darin könnte man eine Verwandtschaft der griechischen Gesetzgebung in den Zeiten der Revolution mit der französischen finden wollen, daß sie nicht weniger wechselnd und unbeständig war als diese. Constitution folgte auf Constitution: in den Jahren 1822—1830 wurde die Gerichtsverfassung dreimal erneuert: in denselben Jahren 127 wurden zugleich „jcht weniger als drei Civilproceßordnungen und ebenso drei Criminalproceßordnungen publi-cirt. Aber je größer die Zahl der Gesetze und je schneller die Aufeinanderfolge derselben, desto schlechter die Rechtspflege! Mit dem Tode des Präsidenten KapodiftriaS brach eine völlige Anarchie aus: im I. 1832 wurden sogar sämmtliche Gerichte, mit Ausnahme der Friedensgerichte, förmlich aufgehoben! Endlich wurde durch den zu London am 7. Mai 1832 geschlossenen Staatsvertrag, welcher unter dem 27. Juli (8. August) desselben Jahres zu Pronia von den Repräsentanten des griechischen Volkes anerkannt wurde, das Königreich Griechenland definitiv conftituirt. Durch diesen Staatsvertrag wurde Griechenland zu einer unabhängigen, nach dem Rechte der agnatischen Primogenitur zu vererbenden, Monarchie erklärt, und erhielt den Prinzen Otto von Vaiern zum Könige, während dessen Minderjährigkeit eine aus drei Mitgliedern bestehende Regentschaft an die Spitze der Regierung gestellt wurde. Von den Mitgliedern der Regentschaft übernahm Herr von Maurer das gesammte Iustizwesen: nur wenige von der Regentschaft getroffene Einrichtungen und Maßregeln haben eine so wohlthätige Wirkung und einen bis auf die Gegenwart fortdauernden Bestand gehabt, wie die Organisation der Rechtspflege, welche Griechenland dem Herrn von Maurer verdankt. Die Organisation der für die Rechtspflege bestimmten Behörden beruht noch gegenwärtig im Wesentlichen auf einer Gerichts- und NotariatSordnung w 312 Artikeln, 129 ' welche am 21. Januar (2. Februar) 1834 publitirt worden ist. DaS Verfahren bei Ausübung der Strafgerech-tigkeitspflege richtet sich nach den Vorschriften des Gesetzbuches über das Strafverfahren: dieses, am 10. (22.) März 1834 pnblicirt, enthält 570 Artikel. Ein anderes Gesetzbuch in 1101 Artikeln, welches am 2. (14.) April 1834 sanctionirt worden ist, regelt daS Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Für die Ausübung der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind Überall nach römisch-byzantinischer Sitte besondere Notare (<7Vsi^r<,s«!x»l) für alle Polizeiübertretungen, Zuchtpolizeigerichte O^^eXelosl-«««) für Vergehen, endlich Assisengerlchte (x»xovp. 7l«slx«l) für Verbrechen. Die Frlebensgerichte sind zugleich Polizeigerichte, und die Bezirksgerichte zugleich Zuchtpolizelgerichte: auS den Mitgliedern der Zuchtpoli;ei» gerichte werden Untersuchungsrichter («v«x^,«c) jedesmal auf ein Jahr ernannt. Die Asstsengerichte werden nur von Zeit zu Zeit durch besondere Verordnung eröffnet, und dazu jedeSmal die Mitglieder des Gerichtshofes von dem Justizministerium besonders ernannt, Geschworne (svo^ xol) aber durch das LooS aus jährlich zu erneuernden Ge- 9 no schwornenliften erwählt. Ueber diesen Criminalgerichtcn steht alö Eassationshof der Areopag. DaS Verfahren bei denselben ist dem französischen nachgebildet. Die Puruntersuchung der Vergehen und Verbrechen steht den Untersuchungsrichtern und den General- oder St.aats-procuratoren (tl,'«7^Xtic) zu. Auf die Poruntersuchung erfolgt von der Rathskammer des Zuchtpolizei- oder Appellationsgerichts ein Beschluß über die Frage, ob die Anklage vor den, Iuchtpolizei- ober Assi sengerichte stattfinden solle, oder nicht. Die Verhandlung vor diesen Gerichten selbst geschieht öffentlich und mündlich in den Formen dcs Anklageproccfses, indem entweder der verletzte Privatmann, oder ein öffentlicher Beamter, bei den Zuchtpolizei- oder Assisengerichten der StaatS- oder Generalprocurator, als Ankläger auftritt. Nel den Assisengerichten urtheilen zwölf Geschworne über die Thatfrage: das Schuldig kann nur durch eine Mehrheit von sieben ausgesprochen werden. Das Strafurtheil wird darauf nach vorgangiger Verhandlung über die Anwendung der Strafgesetze von dem Assisenhofe ausge-stnochen. Die Strafgesetze sind enthalten in dem Gesetzbuche vom 18. (30.) December 1823, welches aus 7N8 Artikeln besteht. Dieses Strafgesetzbuch unterscheidet zwischen Ver. brechen, Vergeben und Polizeiübertretungen je nach der Art der darauf gesetzten Strafe. Es ist hierin dem <^<,«!e p6n»1 verwandt, obwohl es im Uebrigen dem französischen Rechte in minderem Grade nachgebildet ist, als die anderen vorhin genannten Gesetzbücher. Auf die Verbrechen 1»l wider den Staat und seine Beamten, auf den Straßenraub die Amtsverletzungen und die Preßvergehen sind strenge Strafen gesetzt; die übrigen Verbrechen und Vergehen sind vergleichsweise mit sehr milden Strafen bedroht. Diese scheinbare Inconsequenz erklärt sich einestheils aus der Nothwendigkeit, »ach den Stürmen der Revolution einen Zustand der Nuhe und Ordnung mit Gewalt herbeizuführen, andcrentheils aus dem Geiste einer außerordentlichen Milde, der in allen Beziehungen in dem Strafgesetzbuche von 1824 ('4il«v3l,x»z st»I^xy). Dieses Gesetz gilt im Wesentlichen noch jetzt. Endlich sind für Handelssachen die drei ersten Bücher des französischen Handelsgesetzbuches recipirt worven, und «ine officielle Uebersetzung derselben ist in Gemäßheit einer 133 Verordnung vom 19. April (1. Mai) 1835 im Drucke erschienen. Im Ucbrigen gilt in Griechenland noch fortwährend das römisch-byzantinische Recht. Eine Verordnung vom 23. Februar (7. März) 1835 besagt hierüber im Art. 1 : „Die bürgerlichen Gesetze der byzantinischen Kaiser, in wie weit sie in der Erabiblos des ArmenopuloS enthalten sind, sollen so lange in Kraft bleiben, bis daß das bürgerliche Gesetzbuch publicirt werden wird, dessen Abfassung wir verordnet haben. Die Gewohnheiten jedoch, welche ein langjähriger und ununterbrochener Gebrauch oder richterliche Entscheidungen geheiligt haben, sollen vor-gchen an den Orten, wo sie aufgekommen sind." Daß man sich bei dem bürgerlichen Gesttzbuche, dessen Abfassung verordnet worden ist, den Ooäs Nnpoi6on zum Muster nehmen wird, steht schon nach der bisherigen Gesetzgebung zu vermuthen. Indessen muß jeder Besonnene wünschen, daß man dabei nichts übereile und sich Wohl bedenke, bevor man die Griechen dem französischen Eivil-rechtc im Wesentlichen unterwirft. Die Bestimmungen deS Ooäe Xnpoieon über die Gewalt des Vaters über seine Kinder, über die Verhältnisse unter Ehegatten, über daS Erbrecht, stehen mit den Sitten der Griechen durchaus im Widersprüche. Die griechischen Frauen stehen verhältnißmäßig auf einer noch tiefen Stufe der Bildung. Der griechische Familienvater übt eine weit größere Gewalt über stine Angehörigen aus, als jenes Gesetzbuch dem Vater gestattet, und schon deshalb möchte die Annahme des französischen Rechts in Griechenland als eine fast re- 134 volutionäre Maßregel zu betrachten sein. Außerdem aber kann es überhaupt wohl nickt wimschenswerth sein, nach einem Rechte zu leben, dessen Vorschriften über die elterliche Gewalt, über den den Kindern an dem elterlichen Vermögen nothwendig gebürenden Vorbebalt, die engen Vande völlig aufzulösen geeignet sind, durch welche die Natur die Glieder einer und derselben Familie mit einander verbunden hat. Der übrige Inhalt des ^lillv X». poleon stimmt im Wesentlichen mit dem römisch-byzantinischen Rechte überein, so daß wohl auch hier eine Nachahmung jenes Code auffallend erscheinen müßte, und das «inheimische Recht am Vesten die unmittelbare Grundlage des künftigen Civilgesetzbuchcs bilden würde. lkcktz Einstweilen, und wohl noch für längere Zeit, gebrauchen die Griecken als Hauptquelle des bürgerlichen Rechts die Erabiblos des Armenopulos. Dieses Handbuch ist nichts als eine sehr magere Compilation aus älteren byzantinischen Rcchtsbüchern, die sich weder durch Gediegenheit noch durch Klarheit auszeichnet, und selbst an Widersprüchen nicht Mangel leidet. So ist denn den griechischen Juristen ein weiter Spielraum zu einer theoretisch - practischen Entwickelung ihres Civilrechts gelassen. Am angemessensten möchte es scheinen, wenn sie das Rechts-Mem des Armenopulos aus seinen Quellen, d. h. den älteren byzantinischen Rechtsbüchern oder Gesetzen und Gesetzbüchern, zu erklären und zu ergänzen suchten. Allein dieser Weg ist bis jetzt nur von Wenigen eingeschlagen worden. Die Quellen des byzantinischen Rechts und die älteren Vearbeitungen derselben sind noch bei Weitem nicht l35 alle gedruckt, das Gedruckte ist nur in seltenen Ausgaben vorhanden, das Studium des byzantinischen Rechts überhaupt noch sehr vernachlässigt. Unter diesen Umständen ist es leicht zu erklären, wie unter den griechischen Juristen eine große Verschiedenheit der Ansichten herrscht. Die Einen, welche in Frankreich den Grund zu ihrer juristischen Bildung gelegt haben, oder in dem Ooäe Xnpoleon das Vorbild des künftigen griechischen Civilgesetzbuches erblicken, suchen das Rechtösyftem des Armenopulos mit Rücksicht auf daS französische Recht zu erklären und zu ergänzen: Andere recurriren auf das römische Recht, weil sie entweder auf italienischen oder deutschen Universitäten vorzugsweise dieses Recht studirt haben, oder in demselben die Grundlage des späteren byzantinische» Rechts erkennen. Unter diesen zeichnet sich aus Professor Herzog, von Geburt ein Deutscher, und G. A. Nhallis, Präsident dcs Appellationsgerichtshofes; unter jenen Klonaris, Präsident d.'s Areopags, und Professor Mavrokor-datos. Daß diese Verschiedenheit der Ansichten auch auf die Stetigkeit in den Entscheidungen der Gerichte nachtheilig einwirken müsse, braucht nicht besonders erwähnt zu werben. Indessen muß trotz dieses Schwankens die Handhabung der Justiz von Seiten der Gerichte durchaus erfreulich genannt werden. In den öffentlichen Sitzungen hört man die Anwälte mit Geläufigkeit plaidiren, während die Clienten, allerlei Papiere und Schriften in der Brusttasche verwahrend, mit Andacht und Ehrfurcht 'des Rich-terspruches harren. Die Urtheile werden meist sofort nach 130 kurzer Berathung gefällt und ausgesprochen, und was ihnen an juristischer Schärfe und gesetzlicher Begründung abgeht, das ersetzt vollkommen ein natürliches Rechts-getM. 5. Alterthümer. , Athen ist reich an Denkmalen und Ruinen, welche an die glänzende Vorzelt erinnern, und zum Theile noch jetzt durch ihre Schönheit und Erhabenheit das Auge zu entzücken vermögen. Von der Mehrzahl der öffentlichen Gebäude und Monumente, welche einstens der Stadt zur Zierde gereichten, sind zwar nur noch einzelne, unbedeutende Spuren vorhanden: doch reichen diese wenigstens hin, daß sich der Beobachter von der Art und der Oertlichkeit jener Gebäude und Monumente einen anschaulichen, lebendigen Begriff zu bilden vermöge. Der Areopag ist eine felsige Anhöhe im Südwesten der Stadt, auf welcher der oberste Gerichtshof Athens iln Angesichte der ganzen Stadt seine Sitzungen zu halten pflegte. Man findet hie und da Stufen und ebene Flächen auS und in den Felsen gehauen: aber man sieht deutlich, daß ei» eigentliches Gerichtsgebäude hier nicht gestanden hat, sondern die Richter ihre Sitzungen unter freiem Himmel gehalten haben. Hinter dem Areopag erhebt sich in südlicher Richtung ein bedeutenderer Felsenhügel, die Pnyr, wo sich in älterer Zeit das Volk zu versammeln pflegte. Auf der Spitze deS Hügels scheint ein kleiner Tempel gestanden zu 127 haben, für dessen Erbauung der Fels geebnet oder in Stufen gehauen wurde. Unterhalb ist zum Theile durch Vchauen der Felsen, zum Theile aber durch einen mächtigen Unterbau ein weiter Platz für das versammelte Volk künstlich geebnet worden. In diesen Platz ragt ein vier-eckter Felsblock hinein, der sich unmittelbar an den Fuß des Tempels anschließt: hier war die Rednerbühne. Zu beiden Seiten sieht man noch kleine Nischen in die senkrechte Felswand gehauen, in welchen allerlei Bildwerke angebracht waren. Das Volk hatte vor Augen den Redner, hinter ihm den Tempel und neben ihm die wenig verzierte Felswand: der Reder aber schaute über die Menge hinab grade nach dem Areopag und der Stadt, zur Rechten nach der Akropolis, zur Linken nach dem Tempel des Ares. Diese Einrichtung soll in den Zeiten der dreißig Tyrannen getroffen worden sein. Früher war der Versammlungsplatz des Volks auf der entgegengesetzten Seite des Hügels, wo die Stadt nicht sichtbar war, aber das Meer, die Macht und die Zuflucht der Athenienser, vor ihren Augen ausgebreitet lag. Die hohe Akropolis, östlich vom Areopag und der Pnyr, aber im Süden der Stadt gelegen, vereinigt in ihren Mauern das Schönste und Herrlichste, was sich von alten Bauwerken in Athen erhalten hat. Die Akropolis wird jeyt als eine kostbare Reliquie deS Alterthums betrachtet und bewahrt. Sie ist von den neueren Wohnungen und den Befestigungen, die sie als türkische Citadelle erhalten hatte, bereits völlig gesäubert worden, und man >ft gegenwärtig damit beschäftigt, die alte Grundfläche von 138 dem Schütte so mancher Jahrhunderte zu reinigen. — Der alte Eingang durch die halb verschütteten Hallen der Propyläen ist wieder geöffnet, und man wandelt auf dem antiken Pflaster bis zu den Stufen des Parthenon. — Rechts von den Propyläen ist der zierliche Tempel der ungeflügelten Siegesgöttin (der Nike Apteros), der seit dem Ende des 17ten Jahrhunderts fast spurlos verschwunden war, und über dcffen Lage sogar in neueren Zeiten gestritten wurde, aus den fast vollständig aus dem Schütte wieder liervorgesuchten Marmorstückcn auf seinen alten Fundamenten neu auferbaut worden; auf dem Marmor, der längere Zeit in der Erde vergraben und so vor der Einwirkung des Lichts und der Luft gesichert war, lassen sich an vielen Stellen die Conturen und die Färbung der Verzierungen erkennen, mit denen der Tempel durchaus bemalt war. — Der unregelmäßige aber schöne Tempel des Erechtheus wird eben gereinigt und ausgebessert. Man hat den alten Brunnen des Erechtheums in der vergeblichen Hoffnung ausgegraben, daß sich vielleicht unter dem Schütte antike Bildwerke finde» könnten. Die Mauern des Tempels sind zum Theil mit den alten Steinen wiedcr aufgeführt, und das Gesimse ist durch einen Unterbau gestützt worden. Dabei ist freilich sehr zu bedauern, daß die Arbeiten nicht mehr von derselben verständigen Hand geleitet werden, welche bei dir Ausrichtung des Nikctempels thätig war. Der Karyatidenbau deö Pan-drosions, eines Theiles des Erechtheums, ist durch die neuesten Restaurationen völlig verunstaltet worden. Weniger ist bis jetzt für die Erhaltung und Nieder- !39 Herstellung des Parthenon geschehen, des herrlichen und erhabenen Tempels der jungfräulichen Athene, der, wie er die größte Zierde der Akropolis war, so fast am meisten im Laufe der Zeiten gelitten hat. Vis zum Jahre 168? war das Prachtvolle Gebäude im Ganzen unversehrt gebluben, da es Anfangs in eine christliche Kirche zur heiligen Jungfrau Maria, später in eine türkische Moschee verwandelt von Christen unv Türken gleichmäßig geschützt worden war. Während der venetianischcn Belagerung aber fiel am Abende des 28. Septembers 168? eine Bombe auf das Dach des Parthenons, welche das Innere deS Gebäudes völlig zertrümmerte und die übrigen Theile we-sentlick, beschädigte. Später ist in die Mitte des Tempels eine kleine türkische Moschee quer hinein gebaut worden, die noch erhalten ist. Die Trümmer des Tempels sind theils zu anderen Ballten verwendet, theils sind die Mar-morstücke zu Kalk verbrennt worden. Die herrlichen, wenn gleich beschädigten, Sculpture», die zum Theile noch an den, Friese, den Metopen und den Giebelfeldern stehen geblieben waren, nnd im I. 1801 von Lord Elgin nach England entführt worden. Aber trotz dieser Beschädigungen, Verunstaltungen und Plünderungen steht der Parthenon in seinen Ruinen noch da als eines der großartigsten Werke antiker Baukunst. Und viellelcht wird sich mit der Zeit ein großer Theil des zusammengestürzten Gebäudes wieder aufrichten lassen, da der ganze Vodm ringsum uuch mit Trümmern von Säulen, Architrave» und Anderem bedeckt ist. Freilich würde ein solcher Wiederaufbau einen bedeutenden Aufwand verursachen, und die herrlichen !40 Bildwerke, die einst den Parthenon schmückten, würden doch nimmer zu ersetzen sein! Von Iktinus, dem Erbauer des Parthenon«, war über den Vau desselben ein eigenes Werk geschrieben worden, welches wohl mehr als eine bloße oberflächliche Ve-schrelbung war. Es ist uns leider nicht erhalten; aber der Umstand, daß der Architekt selbst über sein Werk Bericht zu erstatten für nöthig hielt, scheint auf eine große Kunst deö ganzen Planes zu deuten. Und über diesen lassen die neuesten, noch nicht beendigten, Untersuchungen überraschende Aufschlüsse hoffen. Damit einerseits das Gebäude bei aller Leichtigkeit der Ausführung der inneren Festigkeit nicht ermangelte, und damit andererseits der Tempel von allen Punkten aus gesehen »ls ein vollkommenes Kunstwerk erschiene, scheint der Baumeister die feinsten Berechnungen angestellt zu haben, Berechnungen, die der neueren Baukunst fast gänzlich fremd stnd. Die wiederholten Messungen, die man in der neuesten Zeit vorgenommen hat, haben es sehr wahrscheinlich gemacht, daß die Säulen und Mauern des Parthenons keineswegs ganz senkrecht gestellt und aufgeführt waren, sondern eine kaum Zu bemerkende, jedoch bestimmten Gesetzen folgende Neigung zu einander und nach dem Inneren hatten. Möchten diese Gesetze recht bald in ihrem ganzen Umfang erforscht und erkannt werden! Die Theorie der Baukunst würde daraus einen nicht minder bedeutenden Gewinn, als die Archäologie, zu ziehen vermögen. Was man bei der Reinigung der Akropolis von Bruchstücken alter Kunstwerke gefunden hat, wird theils in alten 141 Eafematten, theils in der kleinen Moschee des Parthenon, theils in einem besonderen neu erbauten Hause auf der Akropolis selbst aufbewahrt. Diese Sammlungen enthalten zur Zeit nur wenige an und für sich vorzügliche Stücke, wohl aber manche kleinere Bruchstücke, welche über die Kunst der Griechen neue Aufschlüsse zu geben vermögen. Besonders interessant sind die zahlreichen Fragmente von Bildwerken, an denen sich deutliche Spuren alter Bemalung erkennen lassen. Nächst der Akropolis zeichnet sich unter den wohlerhaltenen Ueberresten des Alterthums besonders der dorische Tempel aus, welcher auf einer freien Anhöhe im Südwesten der Staet, zwischen dieser und vem Areopag, gelegen ist, und heut zu Tage gewöhnlich für einen Tempel des Theseus gehalten wird. Kürzlich jedoch hat Prof. Roß in einer eigenen Schrift *) den Ungrund dieser Benennung dargethan. Der Name hat nemlich kein altes Zeugniß für sich, sondern scheint erst im Nten Jahrhunderte aufgekommen zu sein. Der Tempel kann eben so gut einer anderen Gottheit gewidmet gewesen sein. Von den achtzehn Metopen enthalten zwar acht Darstellungen von den Kämpfen des Theseus: auf den übrigen aber sind die Thaten des Hercules dargestellt, so daß man diesen Tempel eher für einen Tempel des Hercules halten könnte, wenn nicht überhaupt ein Schluß von den Bildwerken an den alten Tempeln auf die Gottheiten, denen sie geheiligt 'Lv '^.I^«. No««. Htlieue« 1837. 8. 145 6. Umgebungen. Rieselnde Quellen und murmelnde Väche, den Schatten grüner Väume und die Pracht blühender Gärten, wie sie die Hcimath ihm bietet, darf zwar der Fremdling aus Norden in Athen nicht suchen: aber es wird ihm dieser Mangel an Vewässerung, an Parks und Anlagen weniger fühlbar. Wenn man am Ilissus oder an der Quelle der Kallirhoe spazieren geht, und nun die untergehende Sonne den Hymettus in purpurner Farbe zeigt, so fragt man nicht nach dem Wasser des Flusses und der Quelle, nicht nach Grün und Schatten. Und ebensowenig hat man Grund zu klagen, daß der Lykabettus nicht mit Wald bewachsen sei, wenn man von dem Gipfel über die Stadt und ihre Hügel nach dem Meere und den Höhen von Salamis und Aegina hinüber blickt. Endlich giebt es auch Gärten und Grün in geringer Entfernung: und ein Gang nach den mit Bäumen bepflanzten Gärten und Feldern des benachbarten Dörfchens Ampelokipl ('H^ne. Xox^ilol, Weingärten), oder nach dem Oliuenwalde im Thale des Cephissus ist lieblich und belohnend. Reizender noch sind Ausflüge in die entferntere Umgegend, nach dem Dorfe Kephissia an der Quelle des gleichnamigen Flusses, nach dem HymettuS und dem Pen-telikon, oder noch weiter nach Salamis, Aegina, dem Minerventempel auf dem Sunischen Vorgebirge, und nach Marathon. Vis an den Fuß des Pentel ikons führt eln bequemer Fahrweg. Auf steilem Pfade, auf dem, wie jetzt, so auch ehemals, die Marmorstücke herabgebracht wurden, 10 146 steigt man alsdann hinauf zu den Marmorbrüchen. Un-terwegö bemerkt man einige Tambours zu den Säulen des Parthenon, die beim Wegbringen besckävigt und zur Seite gelegt wurden. In den alten Marmorbrüchen herrscht wieder große Thätigkeit: zahlreiche Arbeiter sind mit dem Brechen der Steine beschäftigt, aus - denen der königliche Palast zu Athen aufgeführt werden soll. Die Marmor-stücke werden durck, Bohren von Löcher» und Eintreibe» von Keilen von der Felswand abgelöst: und neuerdings hat sich in einer Spalte ein alter Keil gefunden, der deutlich zeigt, daß auch die Alten in dieser Weise verful,-ren. Von den Marmorbrüchen, wo jetzt gearbeitet wird, führt auf den Gipfel des Verges ein mühsamer Pfad durch allerlei Nuschwerk und Walv: hie und da trifft man auf Stellen, wo die Alten nach gutem Marmor gesucht zu haben scheinen. Von der Spitze des Pentelikon genießt man einer herrlichen Aussicht: man übersieht, wie auf einer Landcharte, das ganze Attika und die Meere, die es umgeben, mit ihrm zahlreichen Inseln. Für den Freund des Alterthums ist besonders ein Aus-fiug nach dem Piräus genußreich. Die Lage, die Straßen, und die Gebäude der alten Städte an den Hafen Piraeus, Munychia und ^halerus lassen sich an den vorhandenen Ueberbleibseln n^ h deutlich erkennen: im Piräus zumal haben die neueren Ausräumungen Vieles zu Tage gefördert. Die alten Straßen waren ziemlich regelmäßig angelegt: die Häuser, deren Fundamente zum Theile zu Tage liegen, waren im Ganzen klein und eng. Von bedeutenderen Gebäuden hat sich, außer zwei Theatern, kaum 147 eine Spur erhalte». Interessant sind besonders die zahlreichen Cisternen, die durch unterirdische, in den Felsen gehauene Canäle, welche bis nach Athen gehen sollen, mit einander in Verbindung gesetzt sind. In Athen selbst finden sich ähnliche künstliche Wasserleitungen in großer Ausdehnung unter der Erde, durch welche dem Wassermangel abgeholfen werden sollte; und es scheinen die alten Griechen überhaupt ihre Städte mit dem erforderlichen Wasserbedarfe gewöhnlich durch unterirdische Canäle versorgt zu haben, im Gegensatze zu den Römern, die ihre Aquäducte in großartigen Werken über der Erde fortzuführen pflegten. Vielleicht gelingt es einmal, durch Aufräumung der zum Theile verschütteten Canälc die Stadt Athen und namentlich die neue Stadt am Piräus von dem auch jetzt noch sehr fühlbaren Wassermangel zu befreien. Im Ganzen erscheint der Aufenthalt in Athen für Fremde ebenso interessant als anziehend. Für die Bequemlichkeit des täglichen Lebens sorgen Gasthöfe, Restaurationen und Kaffeehäuser, die nach fränkischer Weise eingerichtet sind. Die Verbindungen zu Land und zu Wasser werden von Jahr zu Jahr leichter und geregelter. Selbst für das zartere Geschlecht wird ein Vesuch des classischen Bodens von Griechenland nicht lange mehr als ein mit allzugroßen Beschwerden verknüpftes und kaum auszuführendes Unterneh« men gelten können, und die abendlandischen Touristen werden Athen in den Kreis ihrer Reisen aufzunehmen gezwungen sein. !48 Zehntes Capitel. Reise durch den Peloponnes. April 14 bis 24. l8W. V?m griechistben Charfreitag verließ ich nach Mittag de» Piräus, um einen Ausstug nach dem Peloponnese zu machen. Das griechische Dampfboot Otto I., welches eine nothdürftige Verbindung zwischen den Inseln, dem Peloponnese und dem Piräus unterhält, war mit Paffagieren überfüllt, die ihre Ostern in Navplia zu feiern gedachten. Die Gesellschaft war bunt und unterhaltend. Auf dem Verdecke lagerte der Türkenfresser Nikitas und mehrere Palikaren um ihn herum, und nicht ferne von ihm standen Officiere von den regelmäßigen Truppen in fränkischer Uniform. Hier ließ ein Franzose, der in griechische Dienste getreten war, fröhliche Lieder zur Guitarre ertönen: dort sah man Gruppen in ernsterer Unterhab tung, an der bekannte Männer, wie Schin as, Rhan-gabis, Welios, Herzog und Andere Theil nahmen. Der Himmel war heiter, und die Luft milde. Um Mitternacht legte das Dampfboot bei Spezzia an, um Passagiere an's Land zu setzen und andere wieder aufzuneh- 149 men: am Ufer sah man eine lange Procession mit Lichtern embergrhen, deren Wiederschein auf der spiegelglatten Fläche des Meeres einen wahrhaft zauberischen Anblick gewährte. Veim Anbruch des folgenden Tages befanden wir uns mitten im Argolischen Meerbusen: erblickten links das Städtchen Astros und darüber den schneebedeckten Par^ non, rechts die Citadelle von Navplia, und landeten hier um Mittag. Navplia ist eine nette Stadt von europäischem AuS< sehen, auf einer schmalen Fläche zwischen dem Meere und dem nördlichen AbHange eines Felsenhügels erbaut, der in Gestalt einer Landzunge nach Westen in den argoli-schen Meerbusen hineinragt. Durch diesen Vorsprung bildet sich eine Einbiegung des Ufers nach Osten hin, die einen geräumigen Hafen umschließt. Im Osten des Fel-senhügels, der die Stadt überragt und befestigt ist, erhebt sich steil ein noch höherer Berg, der Palamidi, aufdeffen Spitze dic eigentliche Madelle liegt. Die Festungswerke und manche Häuser der Stadt stammen noch aus den Zeiten der venetianischen Herrschaft: Vieles aber ist neu gebaut worden, wahrend der Zeit, daß der König Otto in Navplia rcsidirte. Di,,' Stadt war damals in raschem Aufblühen begriffen: der Hafen wurde gereinigt und eingedämmt, und in'ue Gebäude und selbst ganze Straßen entstanden. Aber mancherlei Rücksichten geboten die Verlegung der Ncsidcnz: zumal die, daß an eine so nöthige Erweiterung der Stadt wegen Mangel an Raum durchaus nicht zu denken war. Seitdem nun der Sitz der Negierung nach Athen verlegt worden ist, ist Navplia 150 . freilich bedeutend gesunken Indessen auch jetzt „och ist es ein stattlicher Ort: eine bedeutende Garnison, ein Appellationsgericht, eine hellenische Schule und eine juristische Universität ersetzen zum Theile den Verlust, den es durch daß Wegziehen des Hofes erlitten hat. Besonders während der Ostertage war Navplia ungewöhnlich lebendig i die wohlgekleideten Spaziergänger, die paradirenden Truppen, und vor dem Thore die bunten Gruppen, die sich an Musik und Tanz und Schießen ergötzten, — das Alles gab der Stadt ein heiteres und glänzendes Aussehn. — Nördlich von Navplia breitet sich in Form eines Dreiecks die weite und fruchtbare, aber jetzt sehr verwahrloste, argolischc Ebene aus. An dm Spitzen deö Dreiecks liegen auf mehr oder minder bedeutenden Anhöhen die drei ur, alten Burgen der Pelopiden: Tiryns in der Nähe von Navftlia, im Westen die hohe Lariffa, welche die Stadt Argos beherrscht, und im Norden Mycenä. In einem Tage reitet man bequem um vie Ebene herum. Zuerst kommt man nach Tiruns, dessen cyklopischc Grundmauern nach Jahrtausenden noch fest und unversehrt stehen. Von da führt der Weg an mehreren Dörfern vorüber: überall erhält man befriedigende Auskunft über die einzuschlagenden Pfade, wenn man nach dem Grabmale des Agamemnon fragt ('5 -rov '^/«^euvt»«). Endlich am nördlichen Ausgang der Ebene erblickt man die Mauern von Mycenä auf einer Anhöhe, die eine Schlucht überragt. An mehreren unterirdischen Grabmälern vorüber, die im Innern kegelförmig gewölbt sind, gelangt man 15l dann auf einem steilen Pfade durch das Lüwenth or in daS Innere der Vurg. Auch Mycenä war nur eine Burg, obwohl von größerem Umfang, als Tiryns. Eine Stadt oder ein Dorf lag vielleicht am Fuße des Hügels. Von Mycenä nach Argos reitet man durch die Ebene, sanft aufsteigende Verge zur Rechten. Argos, ein volkreiches Städtchen, hat einzelne wohlgebaute Häuser, und eine große Caserne: die Mehrzahl der Häuser aber ist unscheinbar. Ruinen und Trümmer aus alter und neuer Zeit liegen zerstreut in den Straßen und in den Höfen der Häuser. Auf dem Wege nach der Vurg kommt man an dem alten Theater vorüber, dessen hohe Sitze in stufenweiser Erhöhung in den Felsen gehauen sind: man hat hier eine herrliche Aussicht auf Navplia und den Meerbusen. Die Vurg Larissa hat bis in späte Zelten als Citadelle gedient: die mittelalterlichen Malern ruhen zum Theile auf einem cyklopischen Unterbaue, der unstreitig der ältesten Zeit angehört, obgleich hier die gewaltigen Steine kunstreicher und regelrechter zusammengefügt sind, als in Tiryns und Mycenä. Von Argos nach Na.'plia endlich führt durch die Ebene eine von den Franzosen während der Besetzung von Morea erbaute Cbaussee, die sich jetzt in einem traurigen Zustande befindet. An TirynS vorbei gelangt man in einer Stunde nach Navplia. — Zu einer Reise in das Innere des Landes bedarf es besonderer Zurüstungm. Die Chane (Wirthshäuser), welche u»an unterwegs in Dorfern oder an der Straße findet, sind in der Regel nichts weiter als ärmliche, steinerne Häuschen, die dem Reisenden zwischen ihren vier Mauern, 152 ^ aber auf der nackten Erde, cin kümmerliches Obdach bieten. Von dem Wirthe kann man in der Regel nichts weiter als Holz und Licht, Wein (x^» Xol), welche Navplia gegenüber am Meere liegen. Von da geht der Neitpfad auswärts in die Gebirge. Vor Agladokampo ('/^XiFax«^»«,), einem Dörfchen, das in terrassenförmiger Erhebung an eine Bergwand gelehnt ist, kommt man auf die Fahrstraße. Hier stieß ich auf eine Abtheilung der griechischen Artillerie, die in der Ebene von Mantinea Uebungen anstellen sollte: sie bestand theils aus Geschützen, die von Pferden gezogen wurden, theils aus Maulthieren, die, von Solraten geführt, kleine Kanonen und Pulvcrkasten auf ihrem Rücken trugen. Ein Corps von deutschen Musikern marschirte voraus, und ließ die Hörner ertönen: die Melodie deS Liedes: In Laudebacl) hab' i' mei' Strümpsti verlor'n, Iu Laudebach bin i' gewest! fand in den Vergen ein freundlich-wehmüthiges Echo. Null ging es auf steilen und rauhen Pfaden über den hohen Paß des Parthenius, welcher Arkadien von Argolis 154 trennt. Das Wetter war den ganzen Tag übrr mild und heiter gewesen -. aber gleich beim Eintritt in Arkadien hlieg uns ein kalter, schneidender Wind von den Bergen im Westen entgegen, deren Gipfel noch überall mit tiefem Schnee bedeckt waren. Die große arkadische Ebene liegt selbst sehr hoch und ist von noch höheren Bergen rings umgeben. Das Klima ist daher in dm Wintermonaten rauh und kalt: im Sommer aber Herrschthier erfrischende Kühlnng, während die Hitze in den Niederungen am Meere kaum zu ertragen ist. Diese Kühlung ist es, wegen der die alten Dichter Arkadien so oft brsnnge» h^ben; die Bewohner von Navplia, Argos und Astros denken noch jetzt im Sommer mit Sehnsucht an die Gebirge. In der Ebene von Arkadien und auf den Bergen erhält sich den ganzen Sommer hindurch das Grün des Grases und der Gebüsche, und den Heerden geht hier die Weide nicht aus, wenn in den tiefer gelegenen Districten schon Alles von der brennenden Sonne versengt ist: darum ist auch jetzt noch Arkadien das Land der Hirten und der Idyllen. Hie und da hörte ich eine Schalmeie ertönen: in den Dörfern um Tegea waren Männer und Frauen, deren Trachten zum Theil an das classische Alterthum erinnerten, zum ländlichen Tanze versammelt. Freundlich umgaben sie den Fremdling, und drängten sich herbei, um die Ruinen von Tegea zu zeigen: zuletzt wurden Raki und Pfeifen gebracht, und erst spät am Abend war an Ruhe zu denken. 155 Das Nachtlager in dem ärmlichen Chane von Achuri *) (^X<"'t"?) war mehr als unbehaglich. Am anderen Morgen war der Himmel bewölkt, das Wetter unfreundlich, und ich säumte nicht, Arkadien zu verlassen. Der Weg nach Sparta führt durch wilde, rauhe Thäler, und dann über einen öden, felsigen Bergrücken. Wie ich über die Grenze von Lakonien kam, ward es plötzlich heiter und mild: Hügel und Thäler strotzten von dem üppigsten Pflanzenwuchse. Die Hügel waren mit Steineichen, wilder Myrte, mannshoher Haide, und allerlei Büschen und Kräutern bewachsen, die in vollduftender Blüthe standen und so gruppirt waren, daß man zuweilen hellfarbige Teppiche ausgelegt zu erblicken vermeinte. In den Wiesengründen waren den Bächen entlang dichtc Gebüsche von hohem Oleander zu sehen, der zum Theil schon in prachtvoller Blüthe stand und den Thälern ein gartenähnliches Aussehn verlieh. Beim Chane von Vurlia eröffnete sich eine bezaubernde Aussicht, hinab auf die Ebene von Sparta, durch die sich der wasserreiche Eurotas windet, und auf die majestätische Bergkette des schneebedeckten Taygetus, der gegenüber in gewaltigen Massen schroff aus der Ebene emporsteigt. Der Eurotas tritt unterhalb Vurlia aus einer engen Vergschlucht hervor in cine schöne und fruchtbare *) Das Dorf liegt nahe bei den Ruinen von Tegea. Denselben Namen nagen viele Dörfer deS PelovonneseS. Aber ebenso kehrt er in Armenien wieder. Woher diese Gleichheit der Ortsbenennungen? 156 > . Ebene, die drei Stunden breit und neun Stunden lang und in Osten und Westen von bohen und ;nm Theil un-übersteiglichen Bergen umgeben ist. Am nördlichen E^e der Ebene liegen auf einer sanften Anhöhe die Ruinen des alten Sparta, und nahe dabei, in südlicher Richtung, erhebt sich das neue Sparta. Anderthalb Stunden entfernt, am westlichen Rande der Ebene und an die steilen Abhänge des TaygetuS angelehnt, liegt Mistra mit sein« Citadelle und seinen Vorstädten. Weiterhin liegen zahlreiche Ortsibaften zerstreut umher, und im Süden erbebt sich eine Kette von Hügeln, die die Ebene abschließen und dem Eurotas nur einen schmalen Durchgang gestatten. Wenn man sich die eben beschriebene Lage von Sparta, in einer rings von Gebirgen eingeschlossenen Ebene, deutlich vergegenwärtigt, so begreift man leicht, wie die Spartaner von glühender Liebe zu ihrem Paterlande beseelt, zugleich aber auch abgeschlossen in ihrem Wesen sein muß-ten. Doch darf man sich schwerlich die Spartaner als ein durchaus abgehärtetes Volk denken, das trcu und genügsam in seinem Bergthale geblieben sei: die Ebene ist üppig und fruchtbar, und die von der Natur dargebotenen Genüsse sind von den Spartanern sicherlich nicht verschmäht worden. Nur diejenigen Luxusbedürfnisse, welche allein ein ausgebreiteter Handelsverkehr befriedigen kann, scheinen den Spartanern fremd geblieben zu sein, da sie die Lage der Stadt von allem überseeischen Handel ausschloß. In Mistra fand ich bei einem griechischen Geistlichen ein leidliches Unterkommen. Die Leute klagten viel über den Verfall der Stadt. Der Handel liege sehr darnieder, 15? und die Ausführung der vorgeschlagenen Kunftftraße nach dem Hafen Marathonisi werde von Jahr zu Jahr verschoben. Indessen scheinen diese Klagen nur von der Parthei derer auszugehen, die die Gründung des neuen Sparta mit ungünstigem Auge betrachten. Andere meinen, es sei Alles viel besser geworden, und die Verlegung des Sitzes der obersten Behörden nach Neu-Sparta müsse als eine vortreffliche Maßregel betrachtet werden, da die Lage von Mistra gar ungesund sei. In der That, während Mistra von vielen seiner Bewohner verlassen wird, ist die neuc Stadt in raschem Aufblühen begriffen. Schon sind mehrere Straßen, die breit und regelmäßig angelegt worden sind, mit gut aussehenden Häusern besetzt; die nöthigsten öffentlichen Gebäude sind bereits hergestellt, und in dem Rathhause findet sich sogar eine kleine Sammlung von Antiken, die man unter den Ruinen von Sparta ge; funden hat. Diese Ruinen find übrigens unbedeutend, und was vorhanden ist, rührt meist aus ein^r späteren, der römischen, Zeit her. In Neu-Sparta ward mir Gelegenheit, dem Erzbisch ofe vun Lacedamon meine Aufwartung zu machen, in dessen Umgebung sich noch mehrere andere Geistliche befanden. Es wollte scheinen, — und dieselbe Bemerkung drang sich mir wiederholt bei dem Umgänge mit griechischen Geistlichen auf, — als ob die Herren noch immer daran dächten, daß Griechenlands Heil in einer näheren Verbindung mit Nußland zu suchen sei. Auf meine Fragen nach Handschriften oder Urkunden, die in den Kirchen oder Klöstern ves Sprengels zu finden sein l56 möchten, erhielt ich die schon erwartete Antwort. Was von Handschriften oder Urkunden vor Alters in den griechischen Kirchen und Klöstern eristirt habcn mag, - und wohl zu keiner Zelt war Ueberflusi daran, — ist theils in den Stürmen, die Griechenland im Mittelalter zu leiden hatte, untergegangen, theils von dcn Abendländern, die besonders im löten Jahrhundert in so großer Zahl zum Sammeln von Handschriften nach dem Orient entsendet wurden, aufgekauft oder als Veute von den Vene-tianern fortgeschleppt worden. Schon die Neiftnden, welche Griechenland seit dem Ende des 17tcn Jahrhunderts besucht haben, haben nur selten von Handschriften Bericht zu erstatten gehabt, die ihnen in Kirchen oder Klöstern zu Gesicht gekommen wären: und auch die neuesten Nachforschungen haben nichts zu Tage zu fördern vermocht. Nach den Nachrichten und Angaben des Grzbischofs von Lace-damon und sciner Geistlichen zu Miesien, mögen allerdings noch hie und da einzelne Handschriften und Urkunden zu sinden sein: aber die ersteren scheinen nur Bruchstücke des neuen Testaments oder liturgische Schriften zu enthalten, und die Urkunden sollen hauptsächlich in Corre-fpondenzen aus den letzten 6l) bis ?U Jahren, namentlich mit dem Patriarchen zu Konstantinopel, bestehen. Von Sparta trat ich am 20. April den Rückweg an, und kam in zwei Tagen über Agios Petros nach Argoö. Dem Agogiaten war dieser Weg ganz unbekannt; aber die Karte von Morea, welche von den Officieren des Generalftabs des französischen Occupationsheeres in den Jahren 1829 — 1831 entworfen und im I. 1832 zu 159 Paris herausgegeben worden ist, machte einen jeden anderen Führer entbehrlich. Dem Thale des Oenus folgend, kamen wir glücklich nach Arachowa, einem bevölkerten Dorfe, dessen Häuser auf einer Anhöhe nördlich vom Flusse zerstreut umherliegen. Vei dem Chane versammelten sich mehrere Vorsteher und Bewohner des Orts um den Fremdling, neugierig nach Allerlei fragend. Sie klagten, daß es ihnen bis jetzt noch nickt möglich gewesen sei, einen SchuUehrer für ihre Kinder zu erhalten. Heut zu Tage müsse man schreiben und lesen lernen, aber an Schullehrern sei noch großer Mangel, und die Besoldung, die gewöhnlich verlangt werde, sei von ärmeren Dorfschaften kaum zu erschwingen. Von Arachowa nach Agios Petros führt der Weg über hohe Berge. Ueberall trifft man hier Wälder uon-Fichten, Eichm und Ahorn: und wo nur irgend der Boden zum Anbau sich eignet, ist auch Cultur zu finden, während in den Ebenen von Argos und Arkadien noch manches ergicbigc Land ganz brach liegt. Es sind diese Gegenden größtcntheils und zwar von Alters her vom Kriege verschont geblieben, so daß die Bewohner derselben in ihrer ländlichen Arbeit seltner gestört worden sind. DaS Klima ist hier bedeutend kälter, als am Gestade des Meeres: Alles war noch weit zurück, und in Agios Petros begannen grade die Kirschen zu blühen. Agios Pctros ist an dem AbHange eines Berges über einem tiefen Thale erbaut: in Südosten erhebt sich in kurzer Entfernung der Parnon, dessen Gipfel von Schnee erglänzte. Dahinter liegt 5ie Landschaft Tzakonta, deren Vewohner einen dem Altgriechischen näher stehenden Dialekt 160 spreche», der von anderen Griechen kaun: verstanden wird. Auch in Agios Petros ward ich mit einem „Xa^k-re" begrüßt, und fand noch andere altgriechische Worte und Namen im Munde des Volks. Bekanntlich hat Fallmerayer in schroffem Gegensatze zu denen, welche in den neugriechischen Kapitanis und Palikaren die Nachkommen eines Miltiades und Leonidas bewundern zu müssen geglaubt haben, in neuerer Zeit die Behauptung aufgestellt, daß in den Adern der heutigen Griechen kaum ein Tropfen altgriechischen Blutes fließe, daß sie vielmehr die Nachkommen einer Mischlingsbevül-kcrung seien, die sich seit den Zeiten der römischen Herrschaft in Griechenland gebildet habe. Fallmerayer hat geschichtlich nachgewiesen, daß schon unter den Römern die Bevölkerung Griechenlands als höchst entartet und zum Theil aus zusammengelaufenem Gesindel bestehend geschildert wurde. Später, besonders im 6ten und ?ten Jahrhunderte, haben Schwärme von Slaven Hellas und den Peloponnes überschwemmt, und Griechenland wurde ein von dem griechischen Reiche unabhängiges slavisches Land. Erst im Illten Jahrhunderte wurden diese slavischen Völkerstämme wieder dem byzantinischen Scepter unterwor--fen: griechische Sitte und Sprache, die in der Zwischenzeit untergegangen waren, sollen nach Fallmerayer erst damals wieder von Konstantinopel nach Griechenland gekommen sein. Den Byzantinern folgten fränkische Herren, und Abendländer siedelten sich in den Städten am Meere und auf den Inseln an. Zuletzt nahmen die Türken von Griechenland Besitz, und durch sie sind namentlich im 18tm 161 Jahrhunderte ganze Colonien von Albanesen in das Land gezogen worden. Soviel ift jedenfalls gewiß, daß die Bevölkerung Griechenlands nach und nach eine Menge fremdartiger Bestandtheile in sich aufgenommen hat, daß altgriechisches Blut nicht unvermischt in den Adern der heutigen Griechen stießt. Aber ob der Stamm der alten Griechen in der That so gänzlich untergegangen sei, wie Fallmerayer annimmt, ob insbesondere die Mundart der Neugriechen nicht unmittelbar auf dem Altgriechischen, sondern auf dem Griechischen der Byzantiner beruhe, daS sind Fragen, deren Entscheidung einstweilen noch zweifelhaft genannt werden muß. Gewiß sind in Tzakonia und den umliegenden Bergdörfern noch Ueberbleibsel des Altgriechischen vorhanden, wie auch Fallmerayer zugiebt und wie ich selbst zu beobachten Gelegenheit fand. Aber auch sonst scheint das Neugriechische dem Altgriechischen näher zu stehen, als Fallmerayer zu glauben geneigt ist. Professor Roß zu Athen will eine auffallende Uebereinstimmung zwischen der heutigen Sprache der Griechen und dem äolischen Dialekte gefunden haben, der in alter Zeit die verbreitetste Mundart gewesen sein soll. Die Sprache der Athenienser ist noch heut zu Tage von der der übrigen Griechen verschieden und zwar grade in Punkten, wo sich eine Verwandtschaft mit dem Attischen Dialekte der Vor; zeit nachweisen läßt. Z. V. in den Wörtern, die sich auf l« endigen, und nach der Schreib- und Redeweise der attischen Schriftsteller den Accent auf der vorletzten Sylbe haben, pflegen die Athenienser auch jetzt noch die vorletzte Sylbe zu betonen, während die übrigen Griechen in der 11 162 Regel den Accent auf das » verlegen, und das l« als eine Sylbe aussprechen *). Das x sprechen die Atheni-enser wie die Italiener das o aus. Wahrscheinlich wurden diese Buchstaben nuch von den Alten in ähnlicher Weise ausgesprochen, so daß also, wenn die attischen Schriftsteller das lateinische Oioero mit klxe?l»v wiedergeben, darauS keineswegs zu folgern ist, daß das romische O dem deutschen K gleichstehe, sondern vielmehr anzunehmen ist, daß die Römer ganz wie die heutigen Bewohn« Italiens das o vor den Vocalen e und i wie ein tsch ausgesprochen haben. Uebrigens ist die Erforschung der verschiedenen im heutigen Griechenland üblichen Mundarten bis jetzt noch nicht zu dem Punkte gelangt, wo sich über deren Verwandtschaft mit altariechischen Dialekten mit Bestimmtheit ein Urtheil fällen ließe. Es wird noch genauerer Untersuchungen bedürfen, bis man aus solclM Verwandtschaften den erforderlichen Beweis führen kann, daß sich die griechische Sprache unter den Bewohnern von Griechenland in ununterbrochener Fortpflanzung erhalten hat, daß mithin die heutigen Griechen wenigstens theilweise als Nachkommen der alten Hellenen betrachtet werden können und muffen. Auf dem Wege nach Argos schloß sich als Begleiter zu Fuß ein Gerichtsbote an, der von Porös nach Agios Petros gekommen war, um Zeugen zu einem Processe vor Gericht zu rufen. Er wußte von Mancherlei zu er- *) In Athen spricht man n-«<3l», im übrigen Griechenland 163 zählen, und sprach unter Anderem von einem spaßhaften Vorfalle, der sich vor Kurzem zu Porös ereignet hatte. Man hatte ein Grab für eine Frau gegraben, und war dabei auf einen alten, marmornen Sarkophag gestoßen, auf dessen Deckel zwei männliche Figuren abgebildet waren und eine Inschrift stand, die die Namen der hier Beerdigten angab. Erfreut über den glücklichen Fund, warf man alsbald die Gebeine der beiden Männer heraus, legte die Leiche der Frau hinein, und setzte den Sarkophag an seine alte Stelle. Dem künftigen Finder und Alterthumsforscher ist hier ein Räthsel aufgegeben worden, das auch für unsere Zeit Belehrung enthält! Der Weg ging immer Berg auf, Berg ab, an keinem bewohnten Orte vorüber. An manchen Stellen war der Pfad so steil, daß selbst mein junges, kräftiges Pferd kaum im Stande war, die Anhöhe zu erklimmen. In stechender Sonnenhitze mußten wir einen langen Weg zurücklegen , ohne trinkbares Wasser zu finden: und erst nach sechs Stunden erreichten wir ermüdet und erschöpft eine Quelle am AbHange des Verges Tzawttza. Wohl hatten die Alten Recht, daß sie der Nymphe einer jeden Quelle ihren Tempel bauten, unv Pausanias, der in seiner Beschreibung von Griechenland jedes einzelnen VrünnleinS mit ängstlicher Treue gedenkt, mochte wohl selbst auf seinen Reisen den Werth dcs Wassers erprobt haben! Nachdem der hohe Tzawitza überstiegen war, senkte sich der Weg allmählig herab in ein liebliches Thal, durch welches ein wasserreicher Bach nach dem Meere fließt. Wir kamen an das Ufer des Meeres in der Nähe der Müh- 164 len, gegenüber von Navplia, und nach zwei Stunden erreichten wir Argoö. Zwischen den Mühlen und Argos wälzt sich der Era sin us auS unterirdischen Canälen hervor, und stießt durck, Sümpfe nach den» Meere. GH ift ein wunderbarer Anblick, wie die Wassermasse aus den Klüftungeu deS Felsens mächtig hervordringt, und plötzlich ein Fluß vorhanden ift, wo man kaum an eine Quelle dachte. Die Griechen nennen eine solche Flußquelle Keq>«k«<,«,: i» Morea sind sie nicht Men. Die Gewässer, die im Innern des Landes sich sammeln, und denen die gewaltigen Bergrücken nicht überall einen sichtbaren Abfluß Verstatten, verlieren sich zum Theil in Höhlungen und Klüftungen ^li«r Stadt erwecken, verscheucht ein Vesuch der Akropolis. Man genießt hier einer entzückenden Fernsicht, links auf den korinthischen Meerbusen, um den sich am-Phitheatralisch der Eyllene, Parnaß und Helikon gruppi-ren, rechts auf den saronischen Meerbusen mit seinen Inseln und die Verge uon Attika und Epidaurlen. Die Festung hat einen griechische,» Commandanten, der sie zur Weide von 300 Stück Schafen benutzt: und eine Besatzung von neun Mann, einem Corporate und acht Gemeinen. Es waren lauter Deutsche, und der Corppral ein Vadener alls Stetten am kalten Markt. Er hatte im Vaterlande gedient, aber doch nicht vom Kriegerstandc Abschied nehmen wollen, ohne zuvor, wie er sich ausdrückte, Pulver gerochen zu haben, und hatte sich daher als Freiwilliger nach Griechenland anwerben lassen. Des Abends im Wirthshause zu Korinth erzählte er von den Gefechten 166 ln der Malna und in Rumelie», denen er beigewohnt hatte: des SoldatcnlebenS war er nun überdrüssig geworden, und dachte bald wieder in die Heimath zurückzukehren, um den Pflug und die Hacke zu führen. Von Korinth nach Athen reist man bequem in zwei Tagen. Der Weg geht über den Isthmus, und dann entweder über die Gebirge, oder vem Ironischen Meerbusen entlang nach Megara. Folgt man dem Ufer des Meeres, so kommt man furz vor Megara an den scironischen Felsen vorüber; die glatten Marmorwände fallen hier steil ln das Meer herab, und lassen nur Raum für einen schmalen Pfad, der oft von oen Fluthen überschwemmt wird. Diese Felsen haben ihren Namen von einem Straßenräuber, dm Theseus überwand. Jetzt werden sic K«xh ox»k« (der schlechte Steg)' genannt, und dienen noch immer den Klephten als Aufenthaltsort. Tags zuvor waren hier drei Grieche» ausgeplündert, und ein Knabe, den sic bei sich führten, war von den Klefthten mit fortgeführt worden) den greisen, weinenden Vater, der semen Sohn zu suchen ausging, traf ich in Megara. Der Paß an den scironischen Felsen kann von Wenigen gegen eine überwiegende Macht vertheidigt werden: ebenso befindet sich auf dem Wege, der über die Berge vom Isthmus nach Megara führt, ein höchst schwieriger Paß, und der Besitz des einen und des anderen Passes bedingt die Möglichkeit, einen Einfall vom Peloponnese nach Attika oder umgekehrt zu Lande zu machen. Dadurch erklären sich manche Episoden deS peloponnesischen .Kriegs, die von Thucydides erzählt werden: namentlich die Besetzung von Nisäa, 167 welche die Athenienser zu Herren des Engpasses an den scironischen Felsen machte. In Me gar a war wenig Veachtungswerthes zu finden. Im Süden der Stadt hat ein wohlhabender Bürger ein Schulhaus zufällig an dem Orte erbauen lassen, an welchem vor Alters schon ein Gymnasium stand. Bei der Grabung der Fundamente ist man ganz unverhofft auf antikes Mauerwerk und eine Inschrift gestoßen, die mehreren Gymnasiarchen zu Ehren gesetzt war. Von Megara kommt man in einigen Stunden über Eleusis nach Athen, indem man einen großen Theil des Weges die Insel Salami» zur Seite hat. Beim Daphnekloster, auf der Höhe kurz vor Athen, begegnete ich mehreren Kamelen, welche den Pferden große Furcht einjagten. Kamele sieht man in Griechenland jetzt nur noch da, wo sie von den Türken zurückgelassen worden sind; in den Bergen sind sie nicht zu gebrauchen, und der ebenen Flächen giebt es in Griechenland nicht viele. Den 24. April, bald nach Mittag, erreichte ich Athen, als sich eben der Regen in Strümcn zu ergießen begann. 169 Elltes Capitel. Reise nach Saloniki. Mai 3 bis 11. 1838. Um 3. Mai verließ ich zum zweiten Male Athen, um über Theben und Chalkis nach Kumi, einem Handels-ftädtchen an der Ostküste von Euböa, zu reisen, wo sich zur Seefahrt nach Saloniki häusig Gelegenheit finden sollte. Den ersten Tag ging es auf der neuen, vortrefflichen Kunstftraße an dem Daphnekloster und Vleusis vorüber nach Alt-Kontura (!!»>.«»« kö^a»^«) am Fuße deö Cithäron, wo die Straßenarbeiter unter dem Eom-mando eines Lieutenants ein Lager aufgeschlagen hatten. Ein Thebaner mit seiner Familie und ein Advocat auS Livadia reisten desselben Weges: sie waren in Athen gewesen, um das Urtheil deö Areopags in einem Rechtsstreite zu erholen, den der Advocat für den Thebaner geführt hatte. Mit geläufiger Zunge erläuterte der eifrige Sachwalter die Streitpunkte, um die es sich gehandelt hatte, 'indem er seine unmaßgebliche Meinung mit mancherlei Stellen auS ÄHmenopulos, den er gründlich ftudirt zu haben schien, zu Megen wußte. Den ganzen Tag 169 über ergoß sich der Regen in Strömen, und völlig durchnäßt erreichte die Gesellschaft endlich am Abend Alt-Kon-dura, an dessen Stelle nur noch ein einsamer, ärmlicher Chan steht. Das kleine, steinerne Haus, welches nur durch die Thüre Licht erbielt, und wo der dem Feuer ent-qualmende Rauch mühsam einen Ausweg durch das durchlöcherte Dach suchen mußte, war mit Menschen und Pferden überfüllt. Glücklicher Weise erbarmte sich Herr Lieutenant Oettinger, ein geborner Vadener, seines verlegenen Landsmannes, und nahm ihn gastfreundlich in seiner nahestehenden hölzernen Varracke auf. Die armen Reisegefährten mußten in dem schmutzigen Chane, von Wind und Kälte, Rauch und Insecten geplagt, eine Nacht voll Ungemachs erdulden. Des anderen Tages wurde der Cithäron auf. schlechten Pfaden und unter anhaltenden Regengüssen erstiegen: von der weiten böotischen Ebene, die von so classischen Bergen umringt ist, war wegen der Wolken und des Nebels nur wenig zu sehen. Von der Höhe senkt sich der Weg steil hinab, und führt dann durch marschige Felder nach Theben. Theben (O»^") ist ein ärmliches, entvölkertes Dorf, das sich langsam aus Ruinen zu erheben beginnt. Den Mittelpunkt bildet die Epaminondasstraße, zu deren beiden Selten gegen zwanzig, meist erst neu gebaute, zweistöckige Häuser stehm. Das Klima ist ziemlich rauh: die Lage aber scheint herrlich zu sein. Die große Ebene nördlich von Theben ist in hohem Grade fruchtbar, und Ackerbau bie Haupterwcrbsquclle der Tbebaner. In einiger Entfernung von der Stadt hat man nach Meerschaum ;n graben no versucht: indessen der Erfolg, den das Unternehmen bis jetzt gehabt, läßt schwerlich auf eine neue Erwerbsquelle hoffen. Ein bequemer Reitweg, auf den, man von Zeit zu Zeit beladenen Pferden oder Kamelen begegnet, führt von Theben nach Chalkis: Anfangs durch fruchtbare, aber schlecht bebaute, Ebenen; zuletzt über einen steilen Bergrücken, von dessen Gipfel bei dem wieder heiter gewordenen Himmel das Auge hinüberblickte nach Cuböa und seinen hohen, mit Schnee bedeckten, Bergen, und hinab auf den Meeresarm, der in mannichfachen Windungen die Insel von dem Festlande trennt. Die Meerenge des Euripus ist schmal und hat nur eine geringe Tiefe: ein Felsen mit einem Castelle theilt sie in zwei Arme. Der eine Arm bewegt durch seine bald von Norden nach Süden, bald in umgekehrter Richtung laufende Strömung eine Schiffmühle: der andere, tiefere Arm ist für kleinere Voote zu ftassiren. Brücken führen von dem Festlnnde hinüber nach der Stadt. Bei dem Uebergange über die zweite Brücke stürzte mein Pferd auf dem schlechten Pflaster, und das schwanke Geländer war kaum vermögend, den Fall zu brechen. Indessen sprangen des Abends wohl Knaben im Scherze von der Brücke herab in das Meer, und ein Sturz in die Fluthen wäre nicht eben gefährlich gewesen. Chalk is heißt jetzt wieder mit ihrem alten Namen die Stadt, welche die Türken Egripo, die Franken aber Negroponte nannten. Beide Namen sind nur Corruptio-nen von Euripus (Evripos), dem Namen, den hier die 171 Meerenge bei den Alten trug: durch die fränkische Biegung des Wortes wollte man vielleicht an die Vrücke erinnern , welche das Festland und die Stadt verbindet. Auch sonst stößt man in Griechenland nicht selten auf sonderbar klingende Ortsnamen, die ähnlichen Wortverdrehungen ihre Entstehung verdanken. Aus dem Verge Hymettus machten die Franken einen Alonts HIetto oder Hl»tto, und wie bei den Griechen in späterer Zeit mit dem alten Namen Hymettus auch der Ursprung der fränkischen Bezeichnung in Vergessenheit gerieth, glaubten sie das Monte INntto in ihrer Sprache durch i^eXXoZor»'» d. h. „der verrückte Berg" übersetzen zu müssen. Und wenn aus Hymettus Trellowuno werden konnte, so mußte sich Eu-ripus noch viel leichter in Negroponte verdrehen laffen. — Die Lage von Chalkis ist überaus schon, wenn gleich die Umgegend kabl ist. Die Stadt selbst sieht von Ferne ganz eigenthümlich auS. Sie ist von venetianischen und türkischen Festungswerken umgebe», die von Cypressen und von Minarets überragt werden, wo der türkische Halbmond dem griechischen Kreuze hat weichen müssen. Auch im Inneren ist sie von einem fremdartigeren Aussehn, als es die Städte des griechischen Festlandes gewöhnlich haben; sie ist erst durch den Frieden an Griechenland abgetreten worden, und zeigt noch überall deutliche Spuren des türkischen Wesens, wie sie denn selbst noch Türken unter ihren Bewohnern zählt. Um von Chalkis nach Kumi zu gelangen, hat man die Wahl zwischen zwei verschiedenen Wegen. Der eine, be« schwerlichere, führt in östlicher Richtung. am hohen Delphi- 172 berge vorüber, in 14 Stunden nach Kumi; der andere bequemere, geht erst südöstlich dem Ufer 5es Meeres entlang bisAliweri, und durchschneidet alövann die Insel in der Richtung nach Nordosten. Am 7l' >.l»«i) liegt, von fruchtbaren Feldern rings umgebe». Auf den Anhöhen links sind einige verlassene Castelle und Thürme, die einst von den fränkischen Herren der Insel bewohnt waren. Rechts, über der Meerenge, erblickt man die Höhen, auf denen vordem Aulls stand, und den Hafen, in welchem sich die griechische Flotte versammelte, die Agamemnon nach den Gestaden von Troja führen sollte. In vier Stunden kommt man nach Gretria: die Ebene und der Fuß des nahegelegenen Berges sind mit Marmortrümmern bedeckt. Man beabsichtigt hier eine Colonie von Ipsarioten zu gründen: eine Kircke, ein Schul- und Gemeindehaus sind bereits fertig gebaut und die Straßen abgesteckt. Aber bis jetzt haben sich nur sechs bis acht Familien angebaut; die Lage von Gretria ist zwar eine 173 der schönsten, die man nur sehen kann, aber für Ackerbau und Handel zur Zeit noch weniger günstig: ein sicherer Hafen ist nicht da, und weit und breit ist kein gutes Trinkwasser zu finden. Von Eretria geht es weiter in der Ebene, die links von Hügeln, rechts von dem Meere begrenzt, anscheinend fruchtbar ist, aber jetzt unbebaut und öde liegt. Der Weg durchschneidet an zwei Stellen bedeutende Trümmerhaufen altgriechischer Städte, wo man mancherlei Mauerwerk und lange G'räbcrstraßen findet. Die Gräber sind sämmtlich erbrochen, wie denn kaum die großen Grabhügel der ältesten Völker der Habsucht oder Neugierde späterer Zeiten widerstanden haben. Auffallend ist eS, daß im Alterthume an dieser schmalen Küstenstrecke in geringer Entfernung von einander dem Anscheine nach so bedeutende Städte zu gleicher Zeit erblühen konnten, während im Mittelalter Alles nach und nach öde geworden ist, und gegenwärtig schon wegen des durchgängigen Mangels an gutem Trinkwafser an dem Gedeihen kleinerer Ansiedelungen in dieser Gegend gezweifelt werden muß. Es läßt sich dieser Umstand nicht schon dadurch erklären, daß man an den einst so lebhaften Handel Euböa's besonders mit dem gegenüberliegende» Attika erinnert: sondern eS muß auch ehemals die Küste viel reicher gewesen seln an Quellen, die im Laufe der Zeiten versiegt sind, wie auch im Peloponnrse und in Hellas so manche von den Alten gefeierte Quelle heut zu Tage vergeblich gesucht wird. Zuletzt führt der Weg über ein Vorgebirge, welches eine tiefe, weite Vucht im Norden begrenzt. Mehrere alte Eifternen und zwei kleine griechische Kapellen beweisen, 174 daß hi« ein Dorf oder Städtchen vor nicht gar langer Zeit gestanden haben muß. Von dcr äußersten Spitze des Vorgebirges blickt man hinüber über die Meerenge nach den Bergen von Attlka, und übersieht die weite, von Hügeln begrenzte Bucht, in deren Hintergründe auf einer Anhöhe, vom Meere etwas entfernt, das Dovf Ali weri ('^l^»!) liegt. Anf einem höheren Berge im Süden der Bucht erhebt sich ein fränkisches Caftell. In Aliweri würde die Nacht geruht. Des anderen Tages ging es in nordöstlicher Richtung landeinwärts, über üppig mit allerlei Buschwerk bewachsene Hügel und durch fruchtbare Thäler. Auf den Spitzen der Hügel zeigten sich hie und da fränkische Thürme und Burgen, welche die reiche Gegend umher beherrschten: zahlreiche Ortschaften lagen an den Abhängen dcr Hügel oder in den Thälern zerstreut. Tie Bewohner derselben waren weniger zutraulich und scheuer, als die Moreoten: fast nirgends wollten sie Rede stehen, und wenn man Lebensmittel zu erhalten wünschte, glaubten sie selbst beim Anblick des baaren Geldes noch nicht vor Erpressungen sicher zu sein. Das Innere von Euböa ist auf den gangbaren Charten durchaus verzeichnet: selbst die große, sonst so vorzügliche Charte der Türkei, welche von dem k. k. österreichischen Generalstabe herausgegeben worden ist, ist in Beziehung auf Cuböa ganz unzuverlässig. Der Reisende entbehrt hier schmerzlich die Genauigkeit und Sorgfalt, durch welche die große, von der französischen Expedition entworfene, Charte des Peloponneses in hohem Grade sich auszeichnet. l?5 Nach achtstündigem Ritte erreichte ich endlich Kumi (ko<^5), wo ich in dem Hause eincs kürzlich von Athen dahin berufenen Arztes, des Nr. Hormel aus Kurhessen, gastfreundliche Aufnahme fand. Das Städchen Kumi liegt südlich vom Vorgebirge Kili, und ist in der malerischsten Lage auf einer Anhöhe erbaut, welche eine Stunde vom Meere entfernt ist. Hier ist, wenn auch kein Hafen, doch eine sichere Rhede mit gutem Ankergrunde, wo zahlreiche Handelsfahrzeuge liegen ; am Ufer stehen neben Fischerhütten einige Magazine und provisorische Sanitätsgebäude. Die Kumioten treiben einen lebhaften Handel mit rothem Weine, den die Umgegend in vorzüglicher Güte hervorbringt: ihre Schiffe befahren das ägaische Meer in allen Richtungen und gehen besonders häusig nach Athen, Smyrna und Konstantinopel. Die Kumioten sind tüchtige und kühne Seeleute. Ein mit zwei Kumioten bemanntes Fahrzeug lag einstmals in den Zeiten der Revolution bei Galata in dem Hafen von Kon-ftantinopel neben einer reich beladenen aber schlecht bewachten türkischen Brigg. Vei Nacht und Nebel überfielen die Kumioten das türkische Schiff, lichteten schnell die Anker, und kamen nach mancherlei Abenteuern und Gefahren glücklich nach einem Hafen, wo sie die gemachte Beute verwerthen konnten. Der Eine von jenen Kumioten, ein reicher Mann, lebt jetzt in hohem Allsehn in seiner Vaterstadt: er ist stolz darauf, „der große Räuber" (ü l^i/»^ «Xtlp'r»:^) genannt zu werde». So wenig halten es die Griechen für schinHflich, ein Klephtis zu sein und zu heißen: wie ehemals die Spartaner, so haben noch jetzt 176 die gemeinen Griechen vor den Klevhten Furcht und Achtung zugleich. — In den Bergen nordwestlich von Kuml sind bedeutende Braunkohlengruben, welche von deutschen Arbeitern unter der Direction eines Herrn Schiller betrieben werden. Auf der Höhe, von welcher man einer weiten Aussicht in das Innere genießt, sind neuerdings die nöthigsten Bauten aufgefichrt worden; nicht weit davon soll von den deutschen Arbeitern eine kleine Colonie gegründet werden. Von den Gruben führt ei» guter Fahr^ weg, welcher Kumi berührt, hinab zum Meere: und da die hier gewonnenen Kohlen von vorzüglicher Güte sind, so darf man auf einen erfreulichen Fortgang des kaum begonnenen Baues mit Sicherheit hoffen. Am 9. Mai Abends um 4 Uhr ging ich mtt einem eigends gemietheten Schiffe in See. Eine Gelegenheit nach Saloniki war nicht zu finden g Wesen. Die Mannschaft der Goelette bestand aus einem Capitäne, zwei Matrosen und zwei Schiffsjungen. Me hatten Antheil an dem Schiffe, riefen sich immer „Bruder" (H3eX 3, L. 164 Orient sowohl als über den Occident. Man nannte sic Consulate, ein Name, der italienischen Ursprungs zu sein scheint. Die Consulate im Abendlande sind größtentheils untergegangen, indem die Fremden den regelmäßigen Landesgerichten unterworfen worden sind: wenigstens sind die Consul», wo sie nocli vorkommen, in der Regel nicht richterliche Beamten, sondern vielmehr diplomatische Agenten in Beziehung auf Handelsangelegenheiten. In der Levante dagegen bestehen die Consulate noch ganz in der alten Weise. Wie die Türken bei der Eroberung des griechischen Reichs den Rajas in privatrechtlichen Angelegenheiten ihre eigenen Beamten und Richter und den Gebrauch des hergebrachten Rechts gelassen haben, so haben sie auch die vorhandenen Consulate überall anerkannt und späterhin auch die Errichtung neuer Consulate gestattet, indem sie zugleich durch Handelsverträge mit den befreundeten Völkern die Rechte der Consuln und ihrer Ange-hörlgsn bedeutend erweiterte». Die Consuln in der Levante bilden die richterliche Behörde für alle zu ihrem Volke gehörigen Individuen, die entweder am Orte ansässig sind, oder sich nur vorübergehend daselbst befinden. Ihre Gerichtsbarkeit erstreckt sich aber im Ganzen nur auf privatrechtllche Streitigkeiten; sie haben dabei sv weit als möglich das bürgerliche Recht und Civilproceßverfahren des Staates zu befolgen, »on welchem sie als Consuln bestellt worden sind. Wegen leichterer Vergehen können sie ihre Ungehörigen mit Pott-zeilichen Strafen belegen; in den wichtigeren Straffüllen hingegen können die Eonsuln nur eine Voruntersuchung 185 führen, worauf sie den Verbrecher vor die Gerichte deö Staats stellen müssen, dessen Mitglied derselbe wenigstens der Theorie nach ist. Begreiflicher Weise suchen die Con-suln wegen der Kosten und Weiterungen Untersuchungen über Verbrechen nach Möglichkeit zu vermeiden, und manches von Franken verübte Verbrechen bleibt deshalb ungeahndet. i Fast alle Handel und Schifffahrt treibenden Völker Europa's haben ihre Consul,» in den bedeutenderen Städten des Orients, so daß in diesen Städten die verschiedensten Rechte neben einander in Gültigkeit sind *). Zuweilen ist eine und dieselbe Person mit den Geschäften Verschiß dener Consulate betraut: an der Thüre des Consulats sieht man dann die verschiedenen Wapen auf Schildern ausgehängt, und im Hofe werden au feierlichen Tagen die Flaggen der einzelnen Völker auf hohen Masten aufgehißt. Die Consul,: in der Levante sind aber nicht blos Richter in den Sachen ihrer Angehörigen, sondern in der Regel zugleich auch Repräsentanten ihres Volkes gegenüber den Behörden des Orts. Als solche besitzen sie im Verhältnisse zu der Macht des Volkes, das sie vertreten, zuweilen eine« außerordentlichen Einfluß. Maßregeln, welche alle Einwohner der Stadt berühren oder überhaupt von *) So war eS während des Mittelalters auch in den Staaten des Abendlandes. Der Bischof AgobarduS von Lyon sagt von seiner Zeit in Beziehung auf das südliche Frankreich in einem Schreiben an Ludwig den Frommen: „ES geschieht oft, daß fünf Menschen zusammen gehen oder sitzen, von welchen Jeder nach einem anderen Rechte lebt." l96 größerer Wichtigkeit sind, wage» die türkischen Paschas niemals zu ergreifen, wenn sie sich nicht dcs Beifalls der Consul« zuvor versichert haben, und nicht selten geben sie sich ganz der Leitung des einen oder des anderen Consuls hin. In Saloniki batten grade einige Konsuln auf Einführung einer Quarantäne gedrungen: der Pascha erließ die nöthigen Befehle, zeigte sich aber nachher auf die Vorstellung eines anderen Consuls eben so bereit, das aus Konstantin opel kommende Dampfschiff von der Quarantäne zu befreien. Nicht minder beweist ein anderes Beispiel, wie sich die Paschas dem Verlangen der Consuln zu entsprechen beeilen. Gin türkischer Tatar, der M einer bedeutenden Geldsumme als österreichischer Courier nach Semlin geschickt worden war, wuvde nicht weit von Saloniki überfallen, beraubt und ermordet. Den Bemühungen des österreichischen Consuls gelang es, den Thäter, einen nicht unbemittelten Juden aus Serres, zu entdecken, und dessen gesangliche Einziehung zu bewirken. Als Raja vor die türkischen Gerichte gestellt, wurde derselbe der That geständig und zur Erstattung des Raubes verur-theilt; wegen des Mordes aber wurde er freigesprochen, nachdem er, wie dies das türkische Recht gestattet, der Wittwe des Erschlagenen eine namhafte Summe als Entschädigung erlegt halte. Jetzt verlangte der österreichische Consul noch eine weitere Bestrafung des Thäters, weil der Erschlagene ein österreichischer Courier gewesen sei, dessen Ermordung nicht mit Geld gesühnt werden könne. Sogleich ließ der Pasch» den Thäter von Neuem zur Haft bringen, und ließ den Consul benachrichtigen, daß es ihm 18? ftei stehen solle, eine beliebige Strafe zu bestimmen. Natürlich lehnte der Consul das freundliche Anerbieten von sich ab, und zuletzt wußte sich der verlegene Pascha nicht anders zu helfen, als daß er den Uebelthäter mit einem Bedienten und mit Bericht zur endlichen Bestrafung nach Konstantinopl-l schickte. Als richterliche Behörden und als Repräsentanten der fremden Mächte genießen die Consul» auch bei den sämmtlichen fränkischen Einwohnern der Städte eines besonderen Ansehns, und bilden den natürlichen Mittelpunkt für den geselligen Verkehr mit und unter den Franken. Unter sich zwar Pflegen die Consuln nur selten eines vertrauteren Umgangs: sie haben verschiedene Interessen zu vertreten, deren Collision zuweilen persönliche Reibungen hervorbringt. Ein jeder Consul aber steht in der Regel mit allen gebildeteren Franken und selbst den Rajas der Stadt in einiger Verbindung, und dadurch bildet sich eine Art geselligen Lebens, welche freilich noch viel zu wünschen übrig läßt. Dem Fremden können die Consul« theils durch ihren Ginstuß bei den OrtSbehörden, theils aber auch durch ihre geselligen Verbindungen wesentlich hülsreich sein. Ich verdankte namentlich der Güte des englischen Consuls eine warme Empfehlung bei dem Metropoliten von Saloniki, und die Bekanntschaft mit einem in Frankreich gebildeten Grieche,,, Herrn Prasacachi, der Arzt und Kaufmann zugleich ist. Von Herrn Prasacachi wurde ich mehreren griechischen Bischöfen, und neben anderen Personen auch dem Mufti vorgestellt. Dieser, ein ältlicher, krank- <88 licher Mann, empfing uns nicht unfreundlich; es schien ihm zu schmeicheln, daß ein fremder Jurist ihm aufzuwarten verlangt habe. Mit selbstgefälligem Lächeln bemerkte er, daß ihm auch unsere Gesetzgebung nicht gänzlich fremd sei: er wisse wohl, daß sie von dem großen „ Ianko " herrühre *). Der Mann bewegte beständig den Kopf und den ganzen Oberkörper in der Richtung von hinten nach vornen, ungefähr wie die chinesischen Pagoden thun, wenn sie am Kopfe berührt werden. Die Türken, so erläuterte man, müssen jedesmal bei Lesung des Namens Gottes eine Verbeugung mit dem Kopfe machen; da nun aber im Koran und überhaupt in türkischen Büchern der Name Gottes fast in jeder Zeile wiederkehrt, so suchen sich die türkischen Schriftgelehrten jene Bewegung mit dem Kopfe für immer anzugewöhnen, um ja nie eine Vergeffenheits-sünde zu begehen. Herr vonSteinsberg und Herr Blunt bemühten sich abwechselnd, mich mit der Stadt und der Umgegend bekannt zu machen. Fast täglich wurden Ausflüge zu Fuß oder zu Pferde gemacht: bald nach dem Kloster der tanzenden Derwische, oder nach dem lieblichen Platanenwäldchen, das eine und das andere in geringer Entfernung vor den westlichen Thoren der Stadt gelegen, bald nach benachbarten Dörfern, wo man außer Griechen die ver- *) Ianko ift Johann. — Dachte etwa der Mufti an den serbischen König Johann? Aber von einer Gesetzgebung desselben ift nichlS bekannt. Oder ift es Justinian, dessen Gesetzsammlungen der Mufti im Sinne hatt« ? 189 schiedeneu Stämme, die sich während des Mittelalters in Macedonien niedergelassen haben, Vulgären, Walachen, Türken und Albanesen in Sitte und Sprache noch unver-mischt neben einander findet. So wurde ich schneller mit Saloniki und dem Leben und Treiben der Menschen in der Stadt bekannt, als es wohl sonst an einem Orte geschehen wäre, wo weder gedruckte Wegweiser noch Lohnbedienten dem Fremden zu Diensten sind. 2. Lage, Bauart und Bevölkerung der Stadt. Saloniki (Selanik, Salonica), von den gebildeteren Griechen noch jetzt Oe«5<7«>,o, i«i genannt, liegt am nordnordöstlichen Ende einer weiten Vucht, die von den Vorgebirgen Karaburnu und Wardar eingeschlossen ist, und ist am AbHange eines Hügels erbaut, der einen Ausläufer des hohen Berges (5hortiatsch bildet. Auf der Höhe befindet sich eine Citadelle, zu den sieben Thürmen (Ln^u. »vs^lo») genannt, ein unregelmäßiges Viereck, welches sich von Osten nach Westen ausdehnt. An die Citadelle stoßen die hohen Stadtmauern. Die östliche Mauer senkt sich in grader Richtung und Anfangs ziemlich steil nach dem Meere hinab: sie hat zwei Thore, daS eine dicht an der Citadelle, wo der Weg in die Berge geht, das andere mehr in d^r Ebene und nicht fern von dem Meere, burch welches die Straße in wohlbebaute Gefilde (K«X«> s"?l«) mit freundlichen Dörfern führt. Die westliche Mauer geht in einem Halbkreise von der Citadelle sanft absteigend nach dem Meere hinab: auch sie hat zwei Thore, das eine in halber Entfernung von der Citadelle, das We ^ andere näher dem Meere, das Thor des Wardar geimnnt. Durch dieses Thor fübrt die Straße aus Albanien, vom Wardarflusse, dem alten Arius, kommend, in die Stadt, und zu demselben Thore geht die Straße nach Konstantinopel wieder hinaus. Die östliche und die westliche Mauer werden, wo sie am Meere auslaufen, durch eine dritte Mauer verbunden, welche dem Ufer entlang ziebt, durch mehrere Batterien vertheidigt wird, und in der Mitte ein Thor hat, das vom Vazcir nach dcm Hafen führt. Ein eigentlicher Hafen ist indessen nicht vorhanden: die große: ren Schiffe liegen zerstreut auf der Nhede umher, und die kleineren Voote werden an's Land gezogen. Rings um die Mauern der Stadt sind Kirchhöfe; sie sind jedoch nicht mit Cypressenwäldern geschmückt, wie sonst gewöhnlich die türkischen Vegräbnißplä'tze, wahrscheinlich damit ein Angriff auf die Stadt durch ein solches Versteck nicht erleichtert werde. Die Stadt selbst ist innerhalb der Mauern erbaut: theils auf der Fläche, die sich zwischen dem Meere und dem Fuße des Hügels ausdehnt, theils terrassenförmig auf dem AbHange des Hügels selbst. Gleich unterhalb der Citadelle jedoch und an der östlichen Mauer, wo der Hügel steil herabfällt, ist ein bedeutender Raum gänzlich öde und unbewohnt. Der untere Theil der Stadt, wo das regesie Treiben herrscht, ist weniger gesuyd: die Straßen sind eng, und die Stadtmauern verschließen den erfrischenden Seewinden aUen Zugang. Dagegen die Häuser in den höher gelegenen Theilen der Stadt sind nach dcm Meere zu unverdeckt: überall genießt man einer entzückenden Aussicht nach Süden aus den Golf und den dahinter empor- 191 steigenden Olymp, zuweilen auch nucli Westen auf vie weite Ebene des Anus, die von mächtigen Gebirgen umgeben ist. Salonikl gilt nach Konstantinopel für die bedeutendste Stadt in der europäischen Türkei, als Festung und Waffenplatz, und zugleich auch als Handelsstadt. Sie steht unter dnn Befehlshaber von Numelien, dcr hier einen stellvertretenden Pascha hat. Die Befestigungen bestehen aus den Stadtmauern, der Citadelle, einem Fort am Meere in der Nähe des Wardarthores, und einigen Batterien am Haftn: die Garnison ist gegenwärtig gering. Handel wird besonders mit Holz, Frucht und Tabak, und den Fabricate« der Weber und Färber getrieben: gegen die früheren Zeiten soll er freilich bedeutend gesunken sein. Jetzt sieht man meist nur türkische oder griechische/ zuweilen auch österreichische, Schiffe auf der Rhede vor Anker: englische und französische Schiffe kommen nur selten nach Salonikl. Die Stadt zählt gegenwärtig, nachdem die Pest im Jahre 1837 viele Tausende hinweggerafft hat, an 40,000 Einwohner: Türken, Juden, Griechen, Franken, Arme-nier und Zigeuner, die beiden letzteren in unbedeutender Anzahl. Indessen ist diese Angabe, wie alle Nachrichten von der Einwohnerzahl der orientalischen Städte, nichts weniger als völlig zuverlässig. Genaue Zählungen werden nirgends vorgenommen: und die annähernden Schätzungen sehen gewöhnlich von verschiedenen Grundlagen aus. Der Grieche nemlich berechnet die Bevölkerung einer Stadt nach der Zahl der Familien, der Türke aber nach der Zahl der Köpfe, von welchen die Kopfsteuer entrichtet wird: aber 192 weder der eine noch- der andere Maßstab für die Berechnung kann als sicher betrachtet werden. Die höher liegenden und gesunderen Theile der Stadt find meist von Türken oder von Griechen bewohnt; beide sind der Zahl nach einander so ziemlich gleich. Die Griechen von Saloniki stehen auf einer weit niedreren Stufe der geistigen und sittlichen Ausbildung, als ihre Mitbrüder im freien Griechenland: entweder weil der Druck der türkischen Herrschaft fortwährend auf i-hnen lastet, oder weil ein verderbteres byzantinisches Vlut in ihren Adern fließt. ^ Die Stadttheile, welche dem Meere entlang gelegen sind, werden hauptsächlich von Franken und Juden bewohnt, deren Quartiere durch den Vazar von einander getrennt sind. Die europäischen Consuln und die unter ihrem Schutze stehenden Kaufleute wohnen zumeist zwischen dem Bazar und dem Wardarthor: die fränkische Bevölkerung belauft sich auf ungefähr 4000 Seelen. Die Juden, welche ziemlich die Hälfte der Einwohner bilden, wohnen in dicht bevölkerten Straßen auf der anderen Seite des Vazars, zwischen diesem und dem östlichen Thore der Stadt. Sie besitzen mehrere Synagogen und eine große Schule mit bedeutender Bibliothek, und haben fast allen Handel in ihren Händen. Schon zur Zeit, als der Apostel Paulus Thessalonike besuchte, scheint die Zahl der daselbst ansässigen Juden nicht unbeträchtlich gewesen zu sein: ebenso in der späteren byzantinischen Zeit, wo ihrer Uebergriffe in die Vorrechte der Christen Erwähnung geschieht. Die heutigen Juden indessen sind meistentheils Nachkommen zahlreicher jüdischer Familien, welche zu Anfang des l93 sechszehnten Jahrhunderts durch heftige Verfolgungen auS Spanien vertrieben worden waren und sich in Saloniki niedergelassen hatten: daher sich die Juden von Saloniki der spanischen Sprache noch heut zu Tage im gewöhnlichen Leben bedienen. Ein Theil der damals eingewanderten Juden ging zum Islam über: indessen wurden diese Renegaten von ihren neuen Glaubensgenossen niemals ganz als ihres Gleichen betrachtet. Ihre Nachkommen, Main inö genannt, werden auch jetzt noch von den Türken mit mißtrauischem Auge betrachtet: im Ganzen zwar befolgen sie die Vorschriften deS Propheten, sollett aber insgeheim noch andere religiöse Gebräuche bewahren. Sie find leicht zu erkennen, da sie regelmäßig einen weißen Turban tragen und unter einander in dem verderbten Juden-spanisch zu reden pflegen. 3. Geschichte und Alterthümer *). In der ältesten geschichtlichen Zeit kommt Saloniki unter dem Namen Therm a vor. Der Name wird von heißen Mineralquellen abgeleitet, von denen jedoch heut zu Tage weder in der Stadt selbst noch in der nächsten Umgegend eine Spur zu entdecken ist. Therma erscheint schon zur Zeit der Perserkriege und stiäter im peloponne« *) Der folgenden Darstellung liegt größtentheils zum Grund« die vl»s«rtntio «lv 'rbszzalnnlo» «Hu«yue »ßro von Th. L. F. Tafel, welche mir der Verfasser, mein sehr verehrter Gönner und Freund, in der Handschrift auf die Reise mitzugeben die Güte hatte, und welche unterdessen l839 in Ber« lin im Dlucke erschienen ist. 13 194 sischen Kriege als eine nicht unbedeutende Stadt. Ungefähr um das Jahr 315 v. Chr. hieß der König Kassandcr die Bewohner mehrerer benachbarten Städte nach Therma übersiedeln, und gab zugleich der Stadt den Namen Thessalonike, nicht zum Andenken eines über die Thessalier erfochtenen Sieges, wie spätere Schriftsteller ge-muthmaßt haben, sondern zu Ebren seiner Gemahlin, einer Tocbter des Königs Philipp von Macedonien, welche Thessalonike hieß. Als später im Jahre 168 v. Chr. Macedonien unter die Votmäßigkeit der Römer kam und als Provinz eingerichtet wurde, erhielt Thessalonike die Rechte einer freien Stadt (lider» oivitn»), und wurde zugleich die Hauptstadt desjenigen Theiles von Macedonien, der den Namen HInoeäonia seounli» führte. Bedeutend als Schlüssel zu der großen macedonischen Ebene und durch seine Lage am Meere, deren Vortheile durch einen künstlichen Hafen damals noch vermehrt worden zu sein scheinen, spielte die Stadt in den bürgerlichen Kriegen der Römer eine wichtige Rolle, und erscheint auch unter den konftan-tinopolitanischen Kaisern als eine der Hauptstädte deS Reichs. Mit Erfolg widerstand Thessalonike den wiederholten Angriffen der Gothen, Hunnen, und besonders der Slaven, welche seit der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts die Stadt unaufhörlich beunruhigten, in der Umgegend mehr oder weniger dauernde Wohnsitze einnahmen, und erst zu Ende des achten Jahrhunderts der Herrschaft der byzantinischen Kaiser unterworfen wurden. Im Jahre 9N4 aber wurde Thessalonike von Saracenen, die aus Syrien mit einer Flott« herangeschifft waren, grausam !95 geplündert. Später (1185) kam die Stadt in den Besitz der Abendländer, in deren Händen sie, nach kurzer Rückkehr unter byzantinische Herrschaft, bis zum Jahre 1430 blieb, wo sie von den Türken unter Murad U. erobert wurde. Saloniki besitzt außer den alten Säulen und Grab« steinen, die man hin und wieder in den Straßen oder den Höfen der Häuser erblickt, oder den alten Sarkophagen, die als Vrunnentröge gebraucht werden, noch zahlreiche andere Denkmäler, welche an die älteren und ältesten Zeiten erinnern. Von den Palästen der römischen Kaiser und Präfecten, von dem Theater, welches wahrscheinlich am AbHange des Berges im östlichen Theile der Stadt gelegen war, ist zwar keinerlei Spur zu entdecken. Da« gegen ist der große Hippodrom noch jetzt seiner ganzen Ausdehnung und Form nach deutlich zu erkennen. Es ist ein länglicher, freier Platz, der von Norden nach Süden läuft und ringsum mit Häusern umstellt ist; an der langen, westlichen Seite ziehen sich alte Gewölbe hin, die einst den Unterbau für die Sitze der Zuschauer gebildet zu haben scheinen, und gegenwärtig zu Färbereien benutzt werden. — In der Mitte der Stadt stehen in dem Vorhofe eines Privathauses vier corinthische Säulen, auf deren Architraven eine zweite Ordnung von Mastern mit Karyatiden ruht: sie heißen die Inoantnäns, die verzauberten Figuren. Es sind die Ueberbleibsel einer Halle, mit welcher vielleicht das alte Forum umgeben war. Die Größe der Säulen, Architraven und Pilaster, die sämmtlich aus Monolithen bestehen, ftricht für ein hoheS Alter 196 - derselben, wenn gleich die Sculptur an den Caryatide« mehr an die Zeiten der sinkenden Kunst erinnert. — In der Citadelle endlich sind noch die Ueberreste eines Triumphbogens vorhanden, eines Ehrendenkmals für den Kaiser Antoninus Pius, und ein anderer großartiger Triumphbogen wölbt sich über die Hauptstraße nicht fern von dem Thore, welches nach Kalameria führt. Der letztere ist aus Backsteinen und Sandsteinquadern aufgeführt, und mit Sculpture» verziert, die dem vierten oder fünften Jahrhunderte anzugehören scheinen. Eine Sage, die wahr-scheinlich von französischer Erfindung ist, läßt ihn zu Ehren Konstantins des Großen errichtet sein. Die hohen Mauern, von denen die Stadt umgeben ist, scheinen zum Theil von den Türken oder Byzantinern, zum Theil aber auch von den Römern erbaut, und stellenweise selbst noch älter zu sein als die Zeiten der römischen Herrschaft. Namentlich in der Nähe des Wardarthors läßt sich der Vau verschiedener Zeiten deutlich erkennen. Das Warvarthor selbst ist zum Theile ein römisches Bauwerk: einst ein Triumphbogen aus weißem Marmor und mit vorzügliche» Vildhauerarbeiten geschmückt, ist es jetzt freilich zu einem engen, unscheinbaren Festungsthore verunstaltet worden. Von dem Wardarthore aufwärts ist der untere Theil der Mauer, — der. obere rührt von byzantinischer Ausbesserung her, — aus großen, länglichen Ouaderstücken aufgeführt. Die Höhe der Quader beträgt in der Regel 1^2 Fuß, die Länge aber belauft sich zuweilen auf 10 bis 12 Fuß. Cs sind diese Quader auf sonderbare Weise beHauen. Die vier Kanten, an welchen 137 sie mit einander zusammenstoßen, sind durch einen, etwa vier Finger breiten, erhöhten Rand ausgezeichnet: ein jeder Quaderstein sieht einem Vrunnentroge ähnlich, dessen Aushöhlung begonnen, aber noch kaum zum zwanzigsten Theile vollendet ist. Mir ist nirgends Mauerwerk vorgekommen, das aus ähnlich behauenen Steinen bestände; und ebensowenig erinnere ich mich in den Reisebeschreibungen Anderer eine Auskunft über den Ursprung und das Alter, oder auch nur eine allgemeine Erwähnung desselben gefunden zu haben. Es Ware möglich, — und ist nicht unwahrscheinlich, da weder die Römer, noch die Byzantiner oder Türken mit solchen Quadern gebaut haben, — daß diese Theile der Mauern von Saloniki noch aus der Zeit der macedonischen Könige stammen. Die Mauern der Stadt, insofern sie der ältesten oder alteren Zeit angehören, beweisen zugleich, daß Saloniki von Alters her im Ganzen denselben Umfang hatte, den es auch gegenwärtig noch hat. Nur in Südosten ist die Mauer, wie eö scheint, von den Lateinern oder den Türken weiter hinausgerückt worden, als sie zur Zelt der Römer war. Auf dieser Seite, weil hier eine Landung am leichtesten zu bewerkstelligen war, haben in älteren Zeiten die Feinde regelmäßig die Stadt berannt. Die alten Mauern scheinen bei Gelegenheit dieser Angriffe völlig zerstört worden zu sein, so daß es hier später nothwendig wurde, eine neue Mauer zu erbauen. Daß aber diese weiter hinausgerückt worden sei, beweisen mehre« Sarkophage, die in einem Hause au der Hauptstraße, zwischen dem Thore, welches nach Kalameria führt, und 13s dem, mehr nach dem Innern der Stadt gelegenen, sogenannten Eonstantintschm Triumphbogen, im vergangenen Iah« bei einem Neubaue ausgegraben worden sind. Jener Triumphbogen bezeichnet wahrscheinlich die alte Grenze her Stadt nach Osten hin, und die Straße scheint von da an zu beiden Seiten mit Sarkophagen und anderen Grabmälern besetzt gewesen zu sein, wie dies außerhalb der Mauern bei den alten Städten gewöhnlich war. Die aufgefundenen Sarkophage sind drei an der Zahl: ein großer und zwei kleine. Sie sind von thraci-schem Marmor. Der große Sarkophag steht noch in der Erde versteckt, so daß die Verzierung der Seitenwände nicht zu erblicken ist: der Deckel aber ist abgehoben. Man fand im Innern die Gebeine eines Mannes und einer Frau, und verschiedenen Schmuck, der größtentheils von dem österreichischen Consul aufgekauft und dem Wiener Antikencabinete Übermacht worden ist. Auf dem Deckel find zwei halbliegende Figuren, eine männliche und eine weibliche, in Lebensgröße, von vorzüglicher Arbeit: der Mann stützt seine Rechte auf die linke Achsel der Frau. Die Köpfe sind leider von den Türken sofort abgeschlagen worden, und werden jetzt in einem nahestehenden Schuppen aufbewahrt. Hier stehen auch die zwei kleinen Sarkophage, die man auögegraben hat; sie haben ungefähr 2 Fuß in der Länge, und 1 Fuß in der Höhe und Breite, und sind nur mit Guirlanden in Hautreltef auf den Seiten verziert. Bei Eröffnung derselben fanden sich in dem «inen Kindcrknochen: der andere war ganz mit einer röth-lichen Erde gefüllt. Daneben hat sich in der Erde eine 199 Inschrift gefunden, die jedoch mit keinem der Sarkophag« in Verbindung stand. Sie lautet: ^L^XIN N0HNI.N, ^.L^XIOX H0NIH05 RIIVlL?0T ^^.I IIOH Die Gelehrten von Saloniki geben wegen dieser Inschrift den drei Sarkophagen den Namen eines Grabmals deS Poppius, und denken dabei an den PoppaeuS, der im Jahre 31 v. Ehr. Statthalter von Macedonien war *), aber freilich den Veinamen Sabinus, und nicht Cimber, führte. Eine M oschee, Eski - Dschuma, früher eine christliche Kirche, (^i^ «/l««,- n«^«^xev^ d. h. zum Eharfreitag noch jetzt von den Griechen genannt,) soll in alter Zeit ein heidnischer Tempel gewesen sein; und dasselbe Pflegt mau von einer anderen Moschee zu behaupten, welche die alte Metropolitankirche (H n»k«t« ^-rpo-?ioX^) heißt und im Osten der Stadt in einiger Vertiefung liegt, indem sich der Voden ringsum erhöht hat. Die erstgenannte Moschee mag in der That ein Tempel gewesen sein: daß er der Venus aeheiligt war, hat man wohl nur aus drm Umstände gefolgert, daß er als Kirche und Moschee nach dem Tage der Aenus oder dem Freitag zubenannt wird. Die alte Metropolitankirche dagegen ist *) locit. 4nu»l. V, «0. Vl, 39. 200 wahrscheinlich zu keiner Zeit ein Tempel heidnischer Götter gewesen; wenigstens fehlt eö durchaus an hinreichenden Gründen, um sie für einen Cabirentempel zu erklären. Sie ist eine einfache Rotunde, die ihr Licht nicht durch die Kuppel, wie die altrömischen Vauten von ähnlicher Art, sondern durch hohe Fenster erhält, welche schwerlich erst von den Christen in die 18 Fuß dicken Seitenmauern gebrochen worden sind. Schon deswegen, und weil weder innen noch außen eine Spur von Säulen ist, die doch bei einem antiken Naue dieser Art nicht gefehlt haben würden, scheint die alte Metropolitankirche von ihrer Entstehung an dem christlichen Gottesdienste bestimmt gewesen zu sein. Die Kuppel, die in Form eines Aufsatzes auf den starken Seitenmauern ruht, hat ganz die Gestalt der byzantinischen Kuppeln: im Innern ist die Decke derselben mit byzantinischer Mosaik verziert, welche allerlei Gebäude und Figuren in verschiedenen Abtheilungen darstellt. In dem Vorhofe steht eine große Rednerbühne, welche die Form unserer Kanzeln hat.' sie ist auS einem einzigen Marmorblocke gearbeitet und mit Sculpturen verziert. Die Griechen von Saloniki erzählen, daß es die Kanzel sei, auf welcher der Apostel Paulus gepredigt habe: die Sculpturen sind aus heidnischer Zeit oder doch Erzeugnisse heidnischer Kunst. 4. Kirchen unb Moscheen. Die griechische Geistlichkeit. Bibliotheken. Im Mittelalter war Saloniki unter den griechischen Christen berühmt wegen der vielen und prachtvollen Kir- 201 chen, die es noch außer den eben genannten besaß. Jetzt beten die griechischen Christen zu ihrem Gotte in den bescheidneren Tempeln oder Kapellen, die ihnen von den Türken allein noch übrig gelassen worden sind: die größeren Kirchen sind alle in Moscheen verwandelt worden. Darunter zeichnen sich aus die Heilige Sophia, einst die Kathedralkirche, ein schönes Gebäude, welches dem sechsten Jahrhunderte zugeschrieben zu werden Pflegt, aber wohl jüngeren Ursprungs ist; und der Heilige Demetrius, dessen Grabmal m einer Krypte, von einer ewigen Lampe matt erleuchtet, noch jetzt von den Imams gezeigt wird. Diese Kirche oder Moschee ist ein merkwürdiges Gebäude. Obgleich sie unzweifelhaft ein byzantinisches Nerk des achten Jahrhunderts ist, so trägt sie doch nicht den Typus byzantinischer Kirchen an sich, sondern gleicht ihrer Form nach vielmehr den altlateinischen Basiliken. Man ist versucht, sie für ein lateinisches Bauwerk zu halten, oder doch daran zu denken, daß sie zur Zeit, wo Saloniki unter fränkischer Herrschaft stand, als Hauptkirche der Lateiner eine bedeutende Veränderung erlitten habe. Indessen ist von einer wesentlichen Umgestaltung keinerlei Spur zu entdecken: und die Kirche deS heiligen Demetrius war also eine von den wenigen alten byzantinischen Kirchen, die nach den Zeiten von Justinian erbaut worden sind, ohne doch ihren Grundzügen nach auf dem Plane zu beruhen, nach welchem Justinian die große Sophienlirche zu Konstantinopel durch den Baumeister AnthemiuS hatte aufführen lassen. Die Anzahl und Pracht der Kirchen, mit denen Thes- 202 salonike geschmückt war, stand in gellauer Beziehung zu dem hohen Range, welchen es unter den christlichen Städten des Orients behauptete. Von dem Apostel Paulus gestiftet, mußte die christliche Gemeinde uon Thessalonike bei den benachbarten Christen von Alters her in besonderem Ansehn stchn. Im Anfange des vierten Jahrhunderts ward ihr ein neuer Ruhm durch den Märtyrertod, welchen der h. Demetrius, ein eifriger Freund und Beschützer der Christen, unter dem Kaiser Valerius zu erdulden hatte. Bald darauf erscheint der Bischof Alerander von Thessalonike auf der Kirchenversammlung zu Nicaa als Vertreter fast aller Gemeinden von Illyrien, Macedonien, Thracien, Thessalien und Griechenland : und seit der Mitte des fünften Jahrhunderts ist Thessalonike der Sitz der kirchlichen Oberbchörde für die ganze Präfectur Illyrien. Bis zu den Zeiten des Schisma's zwischen der lateinischen und griechischen Kirche wurde der römische Pabst von den Metropoliten von Thcfsalonike als Oberhaupt anerkannt, und während des Bilderstreites scheinen sie standhaft die Vtlderverehrung vertheidigt zu haben, so daß sie der Stadt den Beinamen der „ortho-doien" erwarben. Aber grade dadurch mochte Theffa-lonike an seinem alten Range in der Kirche verlieren, als die Trennung von Nom begann und durchgeführt wurde. Seit dem zehnten Jahrhunderte waren dem Metropoliten von Theffalonike elf Visthümer untergeordnet; später hat sich die Zahl derselben verringert, indem das eine Bls-thum selbst zu einer Metropole, das andere zu einem Crzbisthume ernannt worden ist, und einige sogar ganz- 203 lich zu eristiren aufgehört haben, so daß gegenwärtig der Metropolit von Thessalonike nur noch sieben Suffragan-bischöfe zählt. Thessalonike war in byzantinischer Zeit ein Sammelplatz für die griechischen Geistliche,! und Mönche, und Bildung und Wissenschaftlichkeit erhielt sich hier bis zum völligen Untergange des oströmischen Reichs. Eine ähnliche Versammlung gebildeter Geistlichen fand zur Zeit meines Aufenthalts Statt. Der Metropolit von Thessalonike stand in» Begriffe, zur heiligen Synode nach Kon-ftantinopel zu reisen, und seine Suffraganbischöfe und andere benachbarte Bischöfe waren gekommen, von ihm Abschied zu nehmen. So ward mir Gelegenheit, viele der angesehensten Geistlichen kennen zu lernen, von denen ich mit vieler Leutseligkeit und Güte empfangen wurde. Der Metropolit von Thessalonike ist vorgerückten Alters, aber noch kräftig und frisch. Allgemein werden sein praktischer Verstand und sein? diplomatische Kunst gerühmt; auf Gelehrsamkeit macht er keinen Anspruch. Er soll in Konstantinopel großen Einfluß besitzen, und der Patriarch soll ihn in der That aus Mißtrauen nach Konftantinopel berufen haben, um den Nebenbuhler im Auge zu behalten. Unter seinen Gästen waren der Erzbischof von Kassandrla, ein schöner Mann in den besten Jahren, sanften und fast euangelischen Wesens, und der Bischof von Kampania, ebenfalls noch ein jüngerer Mann, mit einer geistreichen und charaktervollen Physiognomie. Der Letztere, ein Mann von vielen Kenntnissen, und in der französischen Spr.iche und Lttcratur ".^ 204 wohl bewandert, war von dem Metropoliten für die Zeit seiner Abwesenheit zum Verweser ernannt worden. Die Besuche bei diesen und anderen geistlichen Herren waren nicht uninteressant. Nachdem auf dem Divan Platz genommen war, wurde» zuerst (Honsituren (??^" Kirchen, bei den Eplscopaten und Metropolen sollten hie und da einige wenige Originalurkunden aufbewahrt werden, von denen Einsicht zu nehmen nicht immer gestattet werde) in der Regel aber seien nur Codices vorhanden. Diese Codi-ceS (K<5slxt5, ««öl«!«) sind Urkunden- und Protocoll-bücher, welche der Grammatikos (Secretär) oder Charto-Phylar (Archivar) deS Klosters oder deö Bischofs zu halten pflegt, und in denen sich allerlei chronikartige Nachrichten über die Geschichte der Geistlichkeit und andere in der Diücese vorgekommene Ereignisse, ferner Briefe und Antwortschreiben, Entscheidungen von Rechtsftreitigkeiten und 208 andere dergleichen Dinge verzeichnet finden. Die k. k. Hofbibliothek zu Wien zählt unter ihren griechischen HSS. drei Bücher von dieser Beschaffenheit; das eine (Oä. Ilistor. xr. 68) enthält eine Sammlung von Urkunden, die sich auf die Verhältnisse des Klosters Lemwos bei Smyrna während der Jahre 1228—1282 beziehen; vie ' beiden anderen (6ml. bistar. ^r. 65. 66) stammen aus dem Patriarchate von Konstantinopel und umfassen die Jahre 1315 — 1402. Nach den Beschreibungen dieser HSS. in den Eatalogen von Lambecius und Nessel kann man sich leicht ein anschauliches Bild von den Codices der Klöster, Kirchen und Bischöfe entwerfen. Im Allgemeinen bin ich den geistlichen Herren in Sn-loniki zu ganz besonderem Danke fur die Bereitwilligkeit und Güte verpflichtet, mit welcher sie meinen Wünschen zuvorkamen und meine Forschungen zu unterstützen sich angelegen sein ließen. Die Mönche und der Igumenos (Vorsteher) eineö klei« nen Klosters, welches innerhalb der Stadtmauern dicht bei der Citadelle liegt und das Kloster der Tschaussen (I'^aovo^ovao'r^l«,,') genannt wird, hatten Anfangs, als ich daS Kloster wegen der herrlichen Aussicht, die eö gnvährt, besuchte und auf einem Repositorium über dem Eingang der Kirche mehrere Handschriften liegen sah, die Einsicht in dieselben mit Hartnäckigkeit verweigert. Ein besonderer Befehl des Metropoliten aber verschaffte mir endlich die Erlaubniß zur Untersuchung, die jedoch nicht grade zu glänzenden Ergebnissen führte. Die HSS., ungefähr dreißig an der Zahl, sind zum Theile auf Pergament 209 geschrieben und gehören dem Uten und 12ten Jahrhunderte an: sie enthalten aber größtenthells nur theologische und liturgische Schriften. Eine neugriechische Chronik von Erschaffung der Welt bis auf den König Perseus von Macedonicn ist von geringer Bedeutung. Von classischen Schriften, z. V. von den Tragödien des Sophokles, finden sich einige ganz neue mit Anmerkungen versehene Abschriften, wie sie von den griechischen Schullehrern zum Behufe der Erklärung oder von den Schülern während des Unterrichts noch heut zu Tage geschrieben zu werden pflegen. M«n nennt solche Abschriften äts«, in Quart, aufVaumwollenpapier, auS dem Ende des 14ten Jahrhunderts, möchte vielleicht noch eine genauere Untersuchung verdienen: sie ist mit Bildern ver« ziert und enthält, außer einer Geschichte Aleranderö des Großen, in neugriechischem Dialekte und politischm Versen ein Gedicht über den Trojanischen Krieg, welches mich an die Beschreibungen des angeblichen viot/s Oretensi« und vnre» I'lll'xFiu» erinnerte. 212 Dreizehntes Capitel. Der Berg Athos. Mai 17 bis Juni l9. 1838. t. Reise von Saloniki nach dem Verg Athos. Am 17. Mai trat ich nach Mittag die Neise nach dem Berg Athos an. Vun den Geistlichen in Saloniki und von einem Mönch NitiphoroS in Athen war ich mit Empfehlungsbriefen «ersehen worden, und ein Ferman des Pascha von Saloniki sicherte mir im Nothfall den Schutz der türkischen Vehordcn: ein Ferman des Großherrn und ein Brief des Patriarchen, die mir versprochen waren, sollten nachgeschickt werden, sobald sie von Konstantinopel eingelangt sein würden. Ich hatte einen Agogiaten in Dienst genommen, der mit seinen Maulthieren häufig zwischen Saloniki und dem Berg Athos verkehrte. Gr wolmte drei Stunden von Saloniki in dem Dorfchen Chortiatsch, welches dicht an dem Gipfel des gleichnamigen Verges, und auf dem gewöhnlichen Wege nach dem Berg Athos liegt. Von Saloniki nach Chortiatsch folgt der Weg den Krümmungen eines Bergrückens, der von dem Berge Chortiatsch ausläuft und an der Citadelle zu den sieben Thürmen 213 »ach dein Meere herabfällt. Der Weg geht einer Wasser, leitlmg entlang, di- aus byzantinischer Zeit zu stammen scheint, und das köstliche Wasser von Chortiatsch nach der Stadt führt. Rechts, blickt man hinab in die schönen Gefilde, die westlich an Saloniki stoßen: links in eine liebliche Thalschlucht, in der sich einige Dörfer mit Gärten und Landhäusern zeigen. Das dritte Dorf, an dem wir ziemlich nahe vorüberkamen, war von seinen männlichen Bewohnern gänzlich verlassen: sie waren alle für einige Zeit als Tagelöhner nach Anatolien gezogen, und hatten nur die Weiber zur Besorgung des Feldbaues zurückgelassen. Chortiatsch ist ein bulgarisches Dorf: aber die Sprache der Dorfbewohner ist ein verderbtes Griechisch. Ueberhaupt ist das Griechische, wie eS in diesen Gegenden gesprochen wird, kaum verständlich für den, der allein mit gebildeteren Griechen zu verkehren gewohnt war. Auch die gewöhnlichen Dinge werden durch andere Wörter bezeichnet; die Maulthiere, in Griechenland fiuvX«^«, heißen hier n^a^«,«; das Gepäcke, in Morea /5u«x" (slavisch), in Euböa «»i^u^l« (fränkisch), nannte man hier mit einem türkischen Worte uv 'It^clui): es hat ein türkisches Castell und eine schöne griechische Kirche. Es liegt hoch an dem Abhang der Verge, welche die chalcidi-sche Halbinsel von Ost nach West durchziehen, und hier steil nach dem Meere herabfallen. Von der Höhe genießt man einer bezaubernden Aussicht: in Süden erblickt man *) Eine Stunde südlich von Larigowi liegt ein Dorf. mit Namen Palaochori, b. h. der alte Ort. Aber ich habe daselbst vergeblich nach altgriechischcn Ruinen gesucht: Alles, was sich fand, war ein türlischcr ober vielleicht byzantinischer Thurm. 218 welt im Meere den Athos, einen »nichtigen, aschgrauen Felsenkegel, der durch eine schmale, mit dichtem Walde bewachsene Landzunge, wie durch cin grünes Band mit dem Festlande verbunden ist: zur Seite nach Osten hiu die Inseln Leumos, Samothrake und Thasos: und zuletzt die Verge von Macedonien, die den strymonischen Meerbusen in weiten Kreisen umgeben. Nach kurzem Verweilen eilten wir weiter, von der Höhe herab, und kamen nach vierstündigem Ritte bei einbrechender Nacht nach Ierissos ('le^«""^), welches am Meere in kleiner Entfernung von der Halbinsel des AthoS liegt. Ierissos war vor Zeiten der Sitz des griechischen Bischofs, der jetzt in Nisworo residirt: auf dem Hügel, auf welchem das Dorf erbaut ist, finden sich Spuren einer altgriechischen Akropolis. Vielleicht lag hier einst eine Stadt Apollonia *), die an einigen Stellen erwähnt wird. Mein Agogiat war von der Anstrengung an diesem Tage so aufgeregt worden, daß er einen Anfall von Fieber bekam. Als ich ihm zufällig nach dem Pulse fühlte, glaubten die Leute, ich sei ein Arzt: noch am späten Abend kamen Kranke mit der Bitte um Linderung ihrer Beschwerden. Die Meisten wollten Aderlässe, oder doch eine Mirtur: sie waren nicht fortzubringen, bis ich ihnen nicht wenigstens nach dem Pulst gefühlt hatte. Den 21. Mai betrat ich den Berg Athos, welcher die östlichste von den drei Halbinseln ist, in die das Land zwischen dem ftrvmonischen und thermäischen Meerbusen *) 1»tel ?l,v»«»l«mca p. S3. 219 nach Süden zu ausläuft. Die Halbinsel, ehemals Acte genannt, hängt durch eine schmale und flache Landzunge mit dem Festlande zusammen: dann wird sie brelter und bergig, und endet zuletzt in einem 5200 Fuß hohen Felsenkegel, der auf drei Seiten schroff aus dem Meere em-Vorsteigt. Wo die Landzunge am schmalsten ist, sieht man eine Reihe von Vertiefungen, die vom Meere zum Meere reichen. Man hält sie für die Spuren des Canals, den einst HerreS, — ev«^ f»e/«5 ^«l,«^«v^, wie mein Ago-giat erläuterte, — hier gegraben haben soll; in dem Vo/n^e i)ittoi-e»yue o», et yuioyuiä <3r»sci» meul0v öoov^ ^t»v^3«»vc,^, d.h. Wegweiser für die Pilger nach dem heiligen Berge Athos; sie ist später in Venedig 1745 wieder aufgelegt, und auch von Montfaucon seiner ?»-laevKi-nM» 6l»eo» als Anhang beigcgeben worden. Diese Beschreibung giebt eigentlich nur cine Aufzahlung der in den Klöstern aufbewahrten heiligen Reliquien, Vilver und Gefäße. Was von der Geschichte der einzelnen Klöster darin vorkommt, ift wenig zuverlässig: es ist ganz dasselbe, was auch noch heut zu Tage von den Mönchen erzählt wird. Eine interessantere Notiz über die Geschichte des heiligen Verges findet sich in dem Steuerbuche der griechischen Kirche (H^saXlav. Leipz. 1800. lol.), und ich will sie hier in einer Uebersetzung mittheilen, indem dieses Buch nur Wenigen zugänglich sein dürfte. Auf S. 549. 550. steht nemlich folgende Anmerkung: „Der berühmte Vcrg Athos verdiente es wohl, daß „eine besondere Geschichte desselben geschrieben würde, die „von seinen; Alterthume, seinen Vorrechten, seinen bett rühmten Männern, seinen übrigen großen Vorzügen, „und den Mönchen, die zu verschiedenen Zeiten daselbst „gelebt haben, Bericht erstattete. Ich weiß nicht, woher „, kräftigt ein anderes Chrysobullon seines Sohnes Kon-«stantinus und seines Schwiegervaters RomanuS »und der Söhne des Romanus. In diesen Urkunden „findet sich dieselbe Ginrichtung, welche der Vcrg auch ., nachher nach der Zeit des heiligen Athanasius hatte. Auch „das Leben deö beiligen Athanasius liefert Ne- 224 „weise, daß der Berg, als jener dahin kam, schon einen „Vorsteher (n?« „ligen Pulcherl.1, der Tochter dc8 Arcadius, gestiftet worden sei. Und der Kaiser Manuel bezeugt in einem „Chrysobullon, daß das Kloster des heiligen Stephanus, „Kastamonitu genannt, eine Stiftung von Konstans, dem „Sohne des großen Konstantmus sei. Alle diese Urkun-„den habe ich gesehen in'den Urkundenbückern (kw^xec) „der Gemeinheit <>5<; xalva-r»?^"^). Ebenso ein großes „papiernes Diplom von KonstantinuS Monoma-„chus, welches besagt, daß der Berg schon lange und „von uralter Zeit her von Mönchen bewohnt, damals „aber durch einige Unordnungen ('^« »)^'vouc7tv o,^cu; «a?-' ««? ««'; ?ci M5e La,t. i^«u«l. <82N. p. 38 ff. ^«nlie Is»vl:I» >u ^»rll>oru 6lueou Vul. lll. p. l l4 225 auf dem Berg AthoS verweilt hatte, hat die Ergebnisse seiner Untersuchungen leider nicht bekannt gemacht. Seine Papiere werden in der königlichen Bibliothek zu Paris aufbewahrt, und darunter sind auch die von Pouqueuille erwähnten Hlemoires paur «ervir » I'kistnii-e ües mo-»»Störes 6u inont ^tllo». Von meinem hochverehrten Gönner, Herrn K. V. Hase, Oon8ei-vnteui- »« our servir » 1bi8t«ii-e lle« won»8töre» äu „woüt^tlio» (dieser Titrl fo wie die ganze Abhandlung „ist von einer fremden Hand; Villoison selbst hat dabei ^geschrieben:), P2l ^ ^ßsß Lrnoannisr (nicht Ni-»oo-„nier), ^08uite. Anfang: I^e mont ^tbas e«t »u-^^aurübux ^^n» ooutroäit 1e zilu» lameux 8»notu»ire „ ^ne i'^Use ^ree^ue »it en Nurope. II n'est wömo „oouuu «l»ns i'vlient qns 8ous le uom 60 3üont „ s»int, le» 6?leo» 1e nomiueut ^bion (»io) Oro» eto. „Ende I'ol. 24 ?-ecw.' »veu yui 1e» tient uui» 6e „ooeur » 1N^1,8e Naiu»!««) et leur t»it 80ub2iter „ »veo »räeur 1deureu8e eon^onoturo 6e pnuvoir fairs „une reunion pudiiyue et Fouel2lo. Dann folgen „rol. 25 7. neugriechische Volkslieder; kol. 26 7. In- ss. — Die geschichtlichen Notizen bei Leake find insgesammt aus dem He»°5Kuvy?«e«v genommen. 229 „«eruption trouveo » per^emv rov ci^l'av o^ov^) genannt werden, und ihre Residenz ebenfalls in Karyäs haben. Dte Epistatä werden alljährlich gewechselt; die einzelnen Klöster schicken der Reihe nach abwechselnd einen Vertreter, und zwar so, daß einer von den vier Eplstatä auS einem der fünf Hauptklöfter (öavra, Iwiron, Watopädi, Chelantari, Dionysiu) gewählt sein muß. Die Epistatä üben eine Art Gerichtsbarkeit über die Mönche und Klöster aus, und vertheilen die aufzubringenden Abgaben auf die einzelnen Klöster; sie vertreten die Gemeinde des heiligen VergS gegenüber dM weltlichen und geistlichen Behörden, denen der Athos unterworfen ist. Diese Behörden sind der Patriarch von Konstantinopel, und ein türkischer Aga, der unmittelbar von Konstantinopel nach dem Athos geschickt wird und in Karyäs residlrt. Dem Aga sind einige Al-banesen als Wache und zur Bedienung beigegeben: er ist aber der Sache nach nur cln Steuereinnehmer, und von den Epistatä durchaus abhängig. Der Einfluß des Pa« triarchen dagegen ist sehr bedeutend, und es Pflegt daher «in eigner Bevollmächtigter (»v-rlnplioaino? oder in»- 23? 'r^u^ci^ iror «^/ov «^nv^) in Konstantinoftel zu verweilen. Einen anderen Bevollmächtigten hat die Gemeinde des heiligen Verges in Saloniki, wegen der häufigen Beziehungen zu dem dortigen Metropoliten und Pascha. Ein jedes der zwanzig Klöster hat, wenn es gleich vom Meere entfernt liegt, doch einen Landungsplatz am Ufer, wo die dem Kloster gehörigen Voote verwahrt werden C^p<7c»'«5). Diese Landungsplätze waren früherhin von Kanonen vertheidigt: jetzt sind nur noch die leeren Thürme und Mauern übrig. Die Klöster besitzen ferner theils auf dem heiligen Verge selbst kleine Hauser mit Gärten, die zerstreut in den Bergen umherliegen (xeXX/»), theils außer der Halbinsel auf Sithonia und Thasos und beson« ders in den Donauländern Meierhöfe und Outer <>e-^"X'«)- Die Metochia werden von Mönchen, die abwechselnd dahin geschickt werden, auf Rechnung des Klosters verwaltet: die Cellen dagegen pflegen an einzelne Mönche, die dem Zusammenleben im Kloster entgeben wollen, auf Lebenszeit vcrmiethct zu werden. Zuweilen liegt eine große« Anzahl von Cellen an einem und demselben Orte beisammen, und es bilden sich kleine Dörfer, welche Skitä (<,x^-r«l, »ox^,^«) genannt werden. Die Skitä haben in der Regel eine Kirche mit Glocken und ein Versammlungshaus (iä xv^t»««,:); ein Mönch des Klosters, zu welchem die Skiti gehört, pflegt zum Oberaufseher (Zlxaioc) bestellt zu werden. Die Zahl der Mönche Oa^epc»), die auf dem heiligen Verge wohnen, soll sich gegenwartig auf 1UU0 belaufen: daneben befinden sich auf dem Verge noch eben so 238 viele Weltliche O«,5s««ol). Ein jeder Mönch hat im Durchschnitt 200 Piaster (20 Gulden) jährlich an Abgaben zu bezahlen. Der Tribut, welcher jährlich der Pforte zu entrichten ist, beträgt jedoch nur 100,000 Piaster: das Uebrige wird-sonst von den Epistalä verwendet. Die Mehrzahl der Mönche stammt aus den verschiedenen Provinzen des türkischen Reichs: indesse» fehlt es auch nicht an Griechen, Wcilachen, Moldauern, Nüssen und anderen Landsleuten. Manche kommen schon als Knaben oder Jünglinge auf den heiligm Verg: Andere suchen hier erst im späteren Alter eine Zuflucht, entweder aus Frömmigkeit, »der um ihr Leben ungestört und in Ruhe zu beschließen: zuweilen wohl auch um der befürch-. teten Strafe für Verbrechen zu entgehen. Alle werden willkommen geheißen, wenn sie einiges Geld mitbringen oder zum wenigsten noch arbeitsfähig sind. Daher ist denn die Bildung und Moralität dieser Leute sehr verschieden. Die Mehrzahl ist äußerst unwissend, und von gemeiner Nawr. Aber man findet auch wieder Mönche, die mit Rücksicht auf ihre Herkunft und Erziehung durch Kenntnisse und Bildung wahrhaft überraschen, oder doch wenigstens einfältig frommen Sinnes zu sein scheinen. Solche findet man häufiger unter den Kelliotm d. h. den Bewohnern von einzelnen Eellen: die gebildetsten Mönche aber in den Stitä oder den freien Klöstern. Vor dem Ausbruche deS griechischen Aufftands im Anfang dieses Jahrhunderts scheint es unter den Mönchen sogar nicht wenige gegeben zu haben, die sich mit Theologie und dem kanonischen Rechte beschäftigten: gegenwärtig aber hört 239 man von keinem Schriftgelehrten oder Schriftsteller unter den Möttchcn reden. Die Hauptbeschäftigung der Mönche besteht im Gottesdienste. Sie gehen regelmäßig zweimal des Tags zur Kirche: daneben werden noch oft besondere Messen gelesen und Vigilien (ä^pvilvi«,«,) in'der Kirche gehalten. .Die Kelliotm haben kleine Kirchen in ihren Cellen, und kommen nur zuweilen zur Kirche in's Kloster. Die Mönche in den freien Klöstern pflegen in den Stunden, in welchen sie nicht zur Kirche gehen, entweder mit einander zu verkehren, oder aber zu essen und zu schlafen: denn, sagen sie, „wir üben blos die Tugend" (<7nov. <7«6o^«»' ^l'^o,' >r«5 «^«i.). Die Mönche in den Cönobien dagegen unv die Kellioten beschäftigen sich in den Zwischenstunden mit Handarbeiten. Sie treiben auf dem Verge selbst einigen Wein - und Gartenbau, und bereiten kostbare Oele aus Lorbeer, Rosen, oder Kräutern, oder schnitzen Löffel, Kreuze, Rosenkränze, und andere dergleichen Dinge mit nicht geringer Kunstfertigkeit aus Holz oder Horn; auch giebt es unter ihnen Weber, Schneider, Schuster, Mützenmacher, Buchbinder, Maler und Schreiber. Die Speisen der Mönche bestehen fast nur aus Vegetabilien; jedoch sind diese in ziemlicher Auswahl vorhanden, und die Zubereitung ist schmackhaft. Wein und Vrod sind gut: Gurken und Knoblauch im Sommer ein vortreffliches Dessert. Fische und Gier ist den Mönchen nur dann zu essen gestattet, wenn keine Fasten sind. Die eine und die andere Speise gehört jedoch auch außer den Fasten nicht zu den gewöhnlichen: denn der Fischfang ist gefährlich und unergiebig, weil das Meer 2<0 rings um den Verg überaus stürmisch und tief ist, und Hennen giebt eS nlcht in dem heiligen Gebiete, da einem jeden weiblichen Geschöpfe in demselben zu leben verwehrt ist. Eier und Fische, und zwar diese meist gesalzen oder getrocknet', werden von Thasos und Lemnos oder den Meierhöfen der Klöster auf Sichonia herübergebracht. Fleisch zu effen, ist den Mönchen für alle Zeiten verboten : und in der Regel muß sich auch der Fremdling und Laie auf dem Athos der Fleischspeisen gänzlich einschlagen. Nur der türkische Aga in KaryäS Pflegt gelegentlich einen Hammel zu schlachten, und dahin muß sich der Fremde wenden, um zuweilen schmausen zu können. 4. Karyäs (Xak«2?5). Der heilige Berg pflegt regelmäßig nur von solchen Fremden besucht zu werden, die in Folge von Gelübden oder überhaupt aus Frömmigkeit als Pilger nach den Klöstern wallfahren, um die zahlreichen Reliquien und heiligen Wilder zu verehren, und dem Gottesdienste ihrer Kirche beizuwohnen in derjenigen Pracht, in welcher cr sonst nirgends im türkischen Reiche gefeiert wird oder gefeiert werden darf. Diese Pilger O?«,tt««vy,olö«() ziehen »on Kloster zu Kloster, und werden überall gastfrei und unentgeltlich bewirthet: dagegen geben sie den Kirchen reiche Spenden, damit für daS Heil ihrer Seele gebetet werde. Aber wegen der herrlichen Lage des Vergs und der Klöster, wegen ihrer Kunst- und Nücherschatze, endlich wegen des eigenthümlichen Lebens und Treibens der Mönche 24l verdient der Athos auch sonst von Reisenden besucht zu werden. Und der Fremdling wird auch dann freundlich und gastfrei empfangen, wenn er nicht als Pilger an der Pforte des Klosters klopft. In dem Fremdenhause («?-Xovi-akixl) wird er aufgenommen, und mit Speise und Trank bewirthet: die Boote oder die Maulthiere des Klosters bringen ihn dann zu einem anderen Kloster, sobald er geruht hat und weiter zu reisen verlangt. Eine eigentliche Bezahlung wird nicht gefordert: man legt eine Spende aus den in der Kirche ausgestellten Teller, und händigt dem Verwalter (Fl««:«^) oder Igumenos eine Gabe für das Kloster ein: die bedienenden Mönche endlich, die Vootleute oder Maulthierführer erhalten ein mäßiges Trinkgeld. Als ich bei herannahendem Dunkel nach Karyäö *) gelangt war, ward ich zu einem der Epistatä geführt, der mich alsbald für die Nacht in dem Gemeindehause (<7v> vos«.»ov oder x«KoXlx«»>) unterbrachte, wo der Aga rc-stdirt und die Versammlungen der Epistatä und Mönche gehalten zu werden pflegen. Des andern MorgcnS um vier Uhr, als ich noch ausgestreckt auf dem Diwan lag, erschjenen schon die Epistatä und der Secretär der Gemeinheit des heiligen Verges, um mich willkommen zu heißen, und darauf dem Aga vorzustellen. Nachdem die *) Die gewöhnlichere Aussprache und Schreibart ist X«j>«7;, (KaräS). Richtiger ist wohl Xaxw«?; (Karyäs), wenn ander« der Name von den Nüssen (««^«7;) abzuleiten ift, die in der Nähe häusig wachsen. Aber vielleicht bedeutet Xa?a75 „die Häupter"? 16 242 . Vriefe, die ich von Saloniki überbracht hatte, gelesen worden waren, wurden mir Fragen über dieses und jenes vorgelegt: man wollte mich selbst und meine Absichten genauer erforschen. Die Mönche schienen besonders vor englischen und amerikanischen Missionären in Furcht zu sein, obgleich sie die Dogmen der anglikanischen und überhaupt der protestantischen Kirche nicht kannten. Vor nicht gar langer Zeit hatten, wie man erzählte, auf Befehl des Patriarchen von Konstantinopel, alle Eremplare des neuen Testaments, welches von der englischen Bibelgesellschaft im Drucke herausgegeben und in Menge unter die Mönche auf dem heiligen Berge ausgetheilt worden war, nach Karyäs abgeliefert werden müssen, und waren dort öffentlich verbrannt worden, weil diese Ausgabe einen ketzerischen Tert enthalten sollte. Zwei Punkte waren eS vornemlich, über welche mir mein Glaubensbekenntniß abgefragt wurde: man wollte wissen, was ich von der Verehrung und Anbetung der Heiligen und der heiligen Vilder halte, und ob ich an eine Seelenwanderung <>e->reu^V^l>i<7t^) glaube, über welche grade damals unter den Mönchen ein großer Streit zu herrschen schien. Meine Antworten in Beziehung auf den ersteren Punkt sind wahrscheinlich die Ursache gewesen, daß man mich später in den einzelnen Klöstern nicht drängte, die Reliquien zu sehen und zu verehren, welche die Mönche wohl sonst mit einem gewissen Stolze vor Allem zu zeigen Pflegen. Die Mönche, die von den Klöstern als Epistatä gewählt und nach Karyäs gesendet werden, sind in der Regel die Gebildetsten oder die Klügsten, und die Gespräche mit den 243 Epiftatä waren nicht ohne Interesse. Besonders merkwürdig war es mir, eine Anzahl neuteftamentlichn Ausdrücke von den Mönchen im gewöhnlichen Gespräche in einem ganz anderen Sinne gebraucht zu hören, als wir mit denselben zu verbinden pflegen. I^5-re«e»v, fasten, bedeutet ihnen das Enthalten von ganz bestimmten Speisen; sie haben keinen Begriff davon, daß man darunter ein allgemeines Enthaltsamsein verstehen könne. Zeichen und Wunder nennen sie überhaupt auffallende Ereignisse ; ginge ein Arzt auf dm heiligen Berg und heilte Gebrechen und Uebel, so würden die Mönche ganz in denselben Ausdrücken von ihm reden, wie die Evangelisten von Jesus Christus. In der That, wenn man, unter den Mönchen auf dem Berg Athos lebend, die Bücher des Neuen Testaments in der Ursprache licöt, so ist man versucht, den Inhalt derselben in anderer Weise aufzufassen, als er von unseren Kirchenlehrern gewöhnlich erklärt wird. Schon deshalb, und abgesehen von dcm Reichthum der Klosterbibliotheken an theologischen Büchern und Handschriften, die ich als Laie nicht zu schätzen und zu beurtheilen vermochte, würde der heilige Berg mit sti-nen Klöstern und Mönchen von Theologen besucht zu werden verdienen! Die Epistatä versprachen mir zuletzt ein Nundschrcibin an die Klöster des heiligen Verges, welches mir allenthalben einen freundlichen Empfang und die Erlaubniß zur Besichtigung der Bibliotheken verschaffen sollte. Bis dasi dieses Nundschreibcn ausgefertigt wäre, machte ich eincn Spaziergang durch Karyäs. Um die Kirche oder vielmehr 244 um das Kloster Protatu herum liege» zahlreiche Häuf« bald durch Gärten von einander getrennt, bald zu Gassen an einander gereiht. Fnst alle Klöster des heiligen Bergs haben darunter ihr besonderes Absteigequartier für die Igu-meni und die Mönche, wenn sie in Geschäften nach Ka-ryäS kommen. Außerdem wohnen hier Mönche, die irgend cm Handwerk treiben, oder Kaufleute von Saloniki, die den Vazar von Karyäs mit Waaren versehen. Jeden Samstag ist großer Markt. Da kommen die Mönche von allen Seiten aus Klöstern und Cellen, und bringen die Erzeugnisse ihrer Arbeit oder ihres Kunststeißes nach Karyäs, um dafür andere Waaren einzutauschen. Ich besuchte einen Mönch, der für einen der ersten Künstler gehalten wird, und Kreuze, Heiligenbilder, Löffel und dergleichen aus Holz oder Horn verfertigt. Die Zeichnungen, welche er selbst entwirft, zeugen in der That von künstlerischem Sinne, und noch bewundernswerther ist die außerordentlich feine Schnitzarbeit, die er mit wenigen und höchst unvollkommenen Werkzeugen ausführt. Ein Kreuz, von der Höhe eines halben Fußes, auf welchem neben mancherlei sinnigen Verzierungen neun Bilder aus der Geschichte unseres Heilands in Medaillons geschnitzt waren, sollte 400 Piaster (etwa 40 Gulden) kosten. Die gewöhnlichen Arbeiten sind freilich gröber und billiger. Besonders beliebt sind bei den Pilgern, die nach dem heiligen Verge wallfahren, kleine Hornbilder, wo auf der einen Seite die Spitze des Athos, auf der andern irgend ein Heiliger geschnitzt ist. Ein solches Bild, aus einem flachen und runden Stück Horn bestehend, wird Ulopöxk?«^ genannt. 245 Veiy! Frühstück wurde mir von den» Secretär der Gemeinheit des heiligen Verges das Rundschreiben an die Klöster eingebändigt. Es war auf ein Folioblatt geschrieben, und das Siegel der Epiftatä war mit geschwärzten Stempeln vorangedruckt. Das Siegel stellte eine Mutter Gottes dar, mit der Umschrift: 3^«^^. plx« x»l ^xxXizcil« -rov rc>v lia. j»«xäkkov), einem kleinen, halb verfallenen Eönobium, welches auf einem Berge hoch über dem Meere liegt. Es herrschte große Zerstörung in dem Kloster, da die Maurer grade mit einer durchgängigen Ausbesserung desselben beschäftigt waren. In der Bibliothek, die der des Klosters Philotheu an Umfang gleich ist, fand sich an Bemerkenswerthem nur eine HS. der Annalen des Glykas und neben drei neueren juristischen Handschriften eine ältere aus dem 13ten Jahrhunderte auf Baumwollen-Papier, einen alten Nomokanon in 50 Titeln enthaltend. 253 Voll dem Kloster Karakallu kam ich am anderen Morgen in Zeit von vier Stunden mit frischen Maul« thieren nach dem Kloster Lavra, welches an der südöstlichsten Spitze der Halbinsel liegt. Der Weg führt dem steilen AbHange des Atlios entlang, über waldige Höhen und durch felsige Schluchten, bald näher bald ferner dem Meere: man kommt an mehreren Wasserfällen vorbei, und überschreitet einige Bäche auf kühn gewölbten Brücken. Die Gegend ist höchst romantisch und einsam. Auf dem ganzen Wege sieht man nur eine verlassene Capelle in der Nähe eines Brunnens, der aus dem Felsen hervorquillt und sofort in das Meer stießt; in einer benachbar-. ten engen Bucht landen zuweilen kleinere Boote, um sich an der klaren Quelle mit Wasser zu versehen. Allmählig aber werden die Waldungen lichter: man erblickt einzelne Cellen und bebaute Grundstücke, und zuletzt die Thürme des Klosters. Das Kloster Lavra (H ^oph ,^ «^ia^ ^,«v^»«^) liegt auf einer Anhöhe, von welcher ein halbstündiger Weg nach dem Arsenale und Hafen hinabführt. Es ist von außen einer Festung ähnlich: die stattlichen Gebäude und weiten Höfe sind rings von hohen Mauern und Thürmen umgeben. Lavra war vormals das vornehmste Kloster des heiligen Bergs: auch jetzt noch ist es an Umfang das bedeutendste, hat aber viel gelitten und ist sehr verschuldet. W ist ein freies Kloster: schon vor Alters war es bevorrechtet, indem es unmittelbar unter dem Patriarchen von Konstantinopel stand, alö noch die übrigen Klöster uon dem Protos, dem Vorsteher, deö AthoS ab-hingen. Die ganze südliche Spitze der Halbinsel mit ihren zahlreichen (5cllen und Skitä gehört zu dem Kloster Lavra; nuf dem Gipfel deö Athos wirb eine Capelle von dem Kloster unterhalten, und darin jährlich einmal am Tage der Transfiguration ('riii «i/c«^ s»«^»^o^^ ,»?5) die Briefe ab, die ich an die Vorsteh r und mehrere einzelne Mönche hatte. Alsbald erschien dir DikäoS des Klosters und führte mich in ein besonderes Zimmer deS Archontaliki, wo ich bald darauf von den Obern des Klosters besucht und willkommen geheißen wurde. Unter den Besuchenden befanden sich auch zwei Verbannte (t^>lo>r.>.^ kvxl)X/?v x«l <7vvro» 268 ^762 x»r» fi^»« 'Invvto»» Die ziemlich verwahrlosten Bibliotheken von Xenophu und Dochiariu enthalten gute gedruckte Bücher, und neben einigen slavischen besonders viel griechische HSS.; sie sind großentheils theologischen oder liturgischen, wenige nur juristischen Inhalts. Von allen Klöstern auf der Westseite deS heiligen Bergs hat die bedeutendste Bibliothek das Cönobium des heiligen Dionysios: sie ist zugleich in leidlicher Ordnung 2«7 und bat einen guten alphabetischen Catalog. In dem Catalogs stehen freilich gedruckte Bücher und Handschriften uut einander vermischt, werden jedoch durch die Bezeichnung als <5-r«^7i», ^«^^«v», und x^^o^s»»^«" unterschieden. Die Mehrzahl der HSS. enthält ««^»«ck und exxX^oiuc/'rtx« ßlsjXl», neun sind juristischen Inhalts, und von classischen Schriften finden sich freilich in wenig bedeutenden HSS. die Iliade, die Hekuba des Euripides, Libanius, endlich die Annalen des Glytas. 8. Das Kloster Watopädi. Von dem Kloster Zographu kommt man in 2'/t Stunden nach dem Kloster Chclantari (XkX,»vr«. ?lov), den Bergrücken überschreitend, der die Mcgall Wigla mit dem Athos verbindet. Der Weg führt durch höchst romantische Schluchten, an den Ruinen eines vor langer Zeit verfallenen Klosters vorüber. Chclantari ist ein slavisches Kloster, wie ».Zografthu; slavische Klöster stehen also am Eingang des heiligen Vergs gleichsam alS Schutzwache. Es liegt in einem weiten, von einem Bache bewässerten, Thale eine Stunde vom Meere entfernt. Es ist ein freies Kloster, groß und geräumig: aber das schmutzige Innere steht mit der äußeren Pracht nur wenig in Einklang. Die Bibliothek enthält nur gedruckte oder geschriebene slavische Bücher. - Non Chelantari nach dem Cönobium Sphigmcnu O«,v 'Lo^t^epov) ist es drei Viertelstunden. DicscS Kloster liegt an einer lleincu Bucht, rings von Hügeln 263 ' ^ eingeschlossen: es ist erst vor Kurzem wieder in Stand gesetzt worden. Die Bibliothek ist nicht unbedeutend, und die Bücher und Handschriften sind in einem genauen Ca-taloge verzeichnet. Unter den HSS. finden sich vier juristische, und sonst sind auszuzeichnen zwei neuere Chroniken, auf Papier in Quart geschrieben, ein altslavischcs Evangelium, und endlich eine Foliohandschrift auf Pergament aus dem 14ten Jahrhunderte, ein Menäum enthaltend, das mit vortrefflichen Bildern geschmückt ist. ' Am 13. Juni kam ich von Sphigmenu zu Wasser in drei Stunden nach Watopädi. Unterwegs wurden wir durch ein Boot in Schrecken a/setzt, in welchem sich viele bewaffnete Männer befanden; es schien in qrader Richtung auf uns loszusteuern, so daß wir vor den vermeintlichen Klcphten in Angst zwischen die Klippen am Ufer flüchteten. Wie sie näher kamen, erkannten wir aber, daß es Pilger seien, und fuhren nun mit ihnen weiter nach Watopädi. Das Kloster Watopädi (kn^n»^»«,) soll seinen Namen von Arcadius, dem Sohne des Kaistrs Theo-dosius, haben, der einst als Kind (nalslov) in der Nähe des Klosters vom Schiffe ins Meer fiel, und dann von der suchenden Mannschaft in einem Busche (^«i-l,^) am Ufer gefunden wurde. Vielleicht aber ist der Name k»-lo^eö« zu schreiben, und mit „buschiges Land" oder „wegsameö La»d " zu übersetzen. Das Kloster liegt auf einer sanften Anhöhe in der Mitte einer weiten Bucht, die guten Ankergrund gewährt. Es ist ein freies Kloster, und eines der reichsten und bedeutendsten auf dem heiligen 269 Verge. Man empfing mick hier mit besonderer Auszeichnung, und räumte mir ein Zimmer ein, welches in der Regel nur zur Aufnahme von pilgernden Bischöfen dient. Einer der Vorsteher, der sich vor Allen meiner annahm, war ein schöner, stattlicher Mann, mit einem Barte, der in gleichmäßiger Stärke bis auf die Kniee herabreichte. Er erzählte unter Anderem, daß eine benachbarte Skiti, die des Propheten Elias, von russischen München bewohnt werde, welche die heiligen Bilder nicht dem Gebrauche der griechischen Kirche gemäß verehrten und das Kreuz auf andere Weise machten («5iv ns,ol7XVi/u^v >r«5 Die Bibliothek des Klosters ist sehr bedeutend; sie füllt zwei Zinnner, und enthält eine große Menge schöner und alter Handschriften. Ein Catalog ist nicht vorhanden, aber die Bücher und Handschriften sind in leidlicher Ordnung. Auch hier ist die Mehrzahl der HSS. theologischen oder liturgischen Inhalts: juristische HSS. fanden sich 19, einiae ziemlich alt, aber nichts Unbekanntes enthaltend. Wichtiger sind zwei neuere Chroniken, und außerdem folgende HSS.: Oo6ex memhi-nnaoeu», ß»^. XII. 4to. ^tbe-^ n»eu8 äo Nnokinis, und andere Schriften über noXlc,5>xlUl. Es scheinen hier einige Ineäit» vorzukommen. Ooäex memdr. 8»eo. XIN. toi. ?to1em»eu» und ßtrnda, mit illuminirten Charten. (Scheint das Ve-< kannte nicht zu vervollständigen.) - Ooä. otl»rt. sneo. XIV. Nouierug. 270 Ooll. rllnrt. »neo. XIV. ^listoMnni« lzunellnm. Oo^. z»nrtim in memdrun» r<>, Usläeld. 1639, zusammen« gestelit. 18 274 als zweifelhast. Dle Bibliotheken des Abendlandes haben nur Weniges auszuweisen, was von dcm Berg Athoö gekommen wäre *): in den Klöstern des heiligen Bergs sind die Raume, welche die Bibliotheken einnehmen, meist noch jetzt überfüllt, so daß wohl niemals Bücher und HSS. in größerer Anzahl darin vorhanden sein konnten: wo sich alte Vibliothekscalalogc finden, stimmt der jetzige Bestand im Ganzen mit dem alten Inventare zusammen: endlich die Zahl der HSS. in sämmtlichen Klöstern und Gellen belauft sich noch jetzt auf zehn bis zwölf Tausende, und einen größere» Reichthum an Handschriften kann man billiger Weise in keiner Zeit für die Klöster des heiligen Vergs in Anspruch nehmen. Ich hatte in Karyäs den Agogiaten wieder gefunden, init dem ich von Saloniki nach dem Berg Athos gereist war, und trat mit demselben die Rückreise am 17. Juni an. Der Ngogiat wollte aus Frömmigkeit ein Vilo dcr heiligen Jungfrau, welches in Nea Skiti gemalt worden und für die Kirche von Chortlatsch bestimmt war, in Karyäs zu meinen Koffern auf das Maulthier packen. Aber das Vild war allzu groß und schwer, und mein Bediente wollte das Maulthier nicht überladen lassen. Nach einigem Zank und Streite brachen wir auf und kamen den erste» Tag bis Ierissos. Dieömal wurde ein anderer Weg, als auf der Hinreise, gewählt. Wir umgingen die Mgati Wigla, wo sie nach Norden allmählig sich abdacht. Bevor wir dahin gelangten, kamen wir an Ruinen von *1 Das Meiste noch die «ikl. Noizlinizu». 275 hohem Alter vorüber, denen der Agogiat den Namen Galitza gab. Jenseits der hohen Warte führte unser Weg zwischen dem Ufer und den WolfS Hügeln hin, zwei Metochia berührend, die den Klöstern Watopädi und Chelantari gehören. Am zweiten Tag ging es von Ierissos nach Larigowl: diesmal aber nicht über Nisworo, sondern auf einem mehr westlichen Wege durch ein Thal, durch welches ein Flüß-chen nach dem singitischen Meerbusen stießt. In dem Thale liegen mehrere Dörfer, von denen daS größte Longu-mat heißt. Zwei Tage zuvor waren die Bewohner deS Dorfes von einer Klephtenbande gebrandschatzt worden, und jetzt waren zum Schutze derselben und zur Verfolgung der Klephten türkische Soldaten von Nisworo angekommen, deren Eiuquartirung den armen Leuten noch härter zu fallen schien. Larigowi am dritten Tage in aller Frühe verlassend erreichten wir um Mitternacht das Dörfchen Chortiatsch: ein Marsch, zu dem wir das erste Mal zwei volle Tage verwendet hatten. Nach Salonlki gelaugten wir dann am 20. Juni bei guter Zeit. 276 Vierzehntes Capitel. Konstantinopel. Juli 1 bis lg. Juli 30 bis Aug. 12. 1838. l. Nach Konftantinopel. Zwischen Saloniki und Konstantinopel findet eine regelmäßige Verbindung durch Dampfboote statt, die der österreichischen Donaudampfschifffahrtsgesellschaft gehören. Mit dem Dampfboote Maria Dorothea verließ ich Saloniki am 29. Juni Abends 5 Uhr; am andern Morgen waren wir dicht an demAthos, und fuhren dann zwischen den Inseln Lemnos, Thasos, Samothrake und Imbros den Dardanellen zu. Gegen Abend näherten wir uns der Meerenge, welche Asien von Europa trennt: landeinwärts erblickte man den Ida, und am Meere die Grabhügel des Achilles und Patroklus, weiter nach Süden Tenedos und die höchsten Spitzen von Mitylene. Nachts gingen wir in den Dardanellen vor Anker. In der Regel machen die Reisenden von hier einen Ausflug nach dem benachbarten Troja. Indessen thut man vielleicht besser, wenn man das homerische Land in oer Wirklichkeit zu sehen vermeidet, und das großartige 277 Bild, wie es dem Leser der Iliade sich darstellt, in der Einbildungskraft festhält. Wer durch die wirkliche Anschauung belehrt worden ist, daß der Simois mit seinen Fluthen und der Skamander mit seinen Untiefen nichts weiter sind, als unbedeutende Väche, der beginnt zu denken, daß auch die Weisheit des Nestor, die Tapferkeit des Achilles, und die Klugheit des Ulysses nicht, allzu groß gewesen sein mögen, und allmählig verschwindet ihm mehr uno mehr die Poesie des Gedichts. Mit dem prachtvollen Dampfboote Stambul, Ca-pitän Ford, verließ ich am andern Morgen die Dardanellen, ohne Troja besucht zu baben, damit mir der Schauplatz der homerischen Heldenthaten in einen poetischen Schleier gehüllt bliebe. Das Dampfboot, welches von Smyrna kam, hatte eine Menge von Passagieren an Vord: zum Theile Reisende, die eben von Griechenland herübergekommen waren, zum Theile auch* türkische Große. Ein junger Bey von Smyrna konnte als Muster eineö modern gebildeten Türken gelten; bei Tische nahm er keinen Anstand, Wein zu trinken, bediente sich der Messern und Gabeln, wie ein Franke, und war in seinen Manieren einem Pariser Stutzer zu vergleichen. Auf dem Vorderdecke des Schiffes befand sich ein Sklavenhändler, der gegen zwanzig junge Sklavinnen aus Oberägypten zum Verkauf nach Konstantinopel führte. Diese Schwarzen waren erbärmliche Geschöpfe, die sich ein Weißer nur schwer für seines Gleichen zu halten entschließen konnte: menschliche Gefühle, wie Betrübniß, Neugierde, Heimweh, und Scham, waren ihnen völlig fremd. Ueber Nacht war .^. 278 Eine von den Sklavinnen gestorben, und m's Meer geworfen worden: die Anderen waren dabei völlig gleichgültig geblieben, und hatten sich kaum in dem Winkel aufgerichtet, in welchem sie Alle zusammengekauert waren. Der Rauch, der der Feueresse entquoll, die Hitze in der Nähe des Kessels, das wunderbare Getreibe der Dampfmaschine, und Alles, was ihnen sonderbar hätte ers.! einen müssen, schien nicht den geringsten Eindruck auf sie zu machen. Daß sie der Sklaverei entgegen gingen, verursachte ihnen nichts weniger als Trauer und Unruhe. Unter diesen Umständen ist es wahrlich kein Wunder, wenn die welche die Schwarzen näher kennen, in der Sklaverei derselben kein Unrecht erblicken; der geistigen und leiblichen Wohlfahrt der Schwarzen ist gewiß die Sklaverei unter den Weißen mehr als Anderes förderlich, und aus Menschenliebe und zum Besten der Schwarzen sollte man nicht mehr verlangen, als daß ihre Sklaverei milde und menschlich sei. Die Meerenge der Dardanellen hat zuweilen nicht mehr als die doppelte Breite des RheinS, wo dieser am breitesten ist; ein Leander würde gewiß nicht fehlen, sobald eine zweite Hero erstände. Zahlreiche Forts und Batterien, auf der europäischen oder asiatische», Seite angelegt, machen die Erzwingung des Durchgangs durch die Dardanellen für feindliche Schiffe um so unmöglicher, als die heftige Strömung nur bei dem günstigsten Winde und auch dann nur mühsam zu überwinden ist. Um Mittag waren wir bei Gallipoli, wo unser Eapitän dem dort 279 residirenden Kapudan Pascha Briefe und Nachrichten zu überbringen hatte, Einstweilen konnten wir die türkische Flotte, die beim Eingang in die Propontis vor Anker lag, mit Muße betrachten. Es waren A5 Segel, lauter schöne, wohlausgerüstete Schiffe, die, wie die Häuser einer Stadt, bei einander lagen: eine Menge Boote fuhren hin und her, und belebten die Straßen der Schiffstadt. Die Flotte mit 21 Kanonenschüssen salutirenv, fuhren wir dann in die Propontis ein, und warfen Nachts im goldenen Horn, dem Hafen von Konstantinopel, die Anker. Am anderen Morgen welch' bezaubernder Anblick! Die herrliche Lage von Konstantinopel und den gegenüberliegenden Städten ist bekannt, und oft geschildert und gc-znchnet worden. Ich will nicht wiederholen, wag schon von Vielen und besser gesagt worden ist, als ich es zu sagen vermöchte. Aber jener Engländer hatte vollkommen Necht, der auf seiner Jacht von der britischen Insel nach dem Hafen von Konstantinopel und dem Bosporus segelte, und nach einigen Tagen heimkehrte, ohne an's Land gestiegen zu sein, schon durch den äußeren Anblick dieser Pracht völlig zufriedengestellt! Wir hatten Zeit im Anblick Konstantinopels zu schwelgen: die von der SanitätS-commisston verordnete Reinigung der Passagiere und Effecten hiett uns den größeren Theil des Morgens auf dem Schiffe zurück. Endlich führten uns Boote nach Galata hinüber; eine enge, steile Gasse brachte uns „ach Pera, wo sich in mehrere» stuf europäische 'M eingerichteten Wirthshäusern leidliche Unterkunft finden läßt. 280 ^ - 2. Allgemeines. DaS Innere der verschiedenen Städte, die wir unter dem Gesammtnamen Konstantinopel zu begreifen pflegen, steht mit der äußeren Schönheit, wie sie oom Hafen gesehn dem Auge sich darbietet, nicht ganz im Einklang. Denn die Häuser sind im Ganzen unschcinbclr, die Straßen eng und winklicht, und nicht selten schmutzig. Indessen das eigentliche Konstantinopel hat mehrere umfangsreiche Paläste, und einige breite Straßen und sogar öffentliche Mätze. In .den Straßen herrscht große Lebendigkeit: Türken in verschiedenen Trachten, und zum Theil in einer geschmacklosen, halb fränkischen Kleidung, die durch die ungewohnte Scheere türkischer Schneider noch mehr verunstaltet zu werden Pflegt, — ferner Rajas in mehr oder minder eigenthümlicher Kleidung, Armenier, Griechen und Juden treibeil sich hin und her; Alle sind deut-lick, an Art und Wesen und an der Tracht, ihrem Berufe, wie ihrer Abstammung nach zu erkennen. Grade in dieser scharfen Unterscheidung zwischen den Angehörigen der verschiedenen Volksstämme, die unter der Herrschaft der Pforte vereinigt sind, also in dem Mangel an Einheit unter dein Volke liegt für die Fortdauer deS türkischen Reichs die größte Gefahr. Zwar werden weder die Juden noch die Armenier der Herrschaft der Türken den Untergang bringen: sie betrachten sich, wie auch die Franken in der Türkei, lediglich als Handelsleute, denen alles politische Leben fremd ist. Aber die griechischen und die slavischen Rajas, als Glaubensverwandte mit einander verbrüdert, bilden eine politische Partei, die an den Um- 28l stürz der türkischen Macht denkt; geschichtliche Erinnerungen machen sie zu Feinden der Türken, und zwar zu um so größeren Feinden, je mehr sie aus demselben Grunde von den Türken gehaßt und in den Staub getreten worden sind. Diese feindlich gesinnten Rajas sind in neuerer Zeit immer mächtiger geworden, und in demselben Verhältniß mußte das herrschende Volk, indem es auf der früheren Stufe der Ausbildung stehen blieb, tiefer und tiefer sinken. Auch das Zahlenverhältniß hat sich zum Nachtheil der Türken verändert: Fatalismus und die auf europäischem Boden nicht passende Vielweiberei haben die Reihen derselben bedeutend gelichtet. So erscheint denn, wenigstens in Europa, die Macht der Türken, die durch die neuesten Civilisationsversuche in europäischem Sinne auch noch des ächt muselmännischen Kernes beraubt worden ist, als ein schwaches, auf einer unsicheren Grundlage ruhendes Gebäude, das bei einer Erschütterung im Innern , oder bei dem leisesten Anstoß von Außen zusammenstürzen muß. Seit den Reformen deS Sultans Mahmud findet man in Konstantinopel nur noch Ueberrefte von dein orientalischen Leben und Treiben, wie es von älteren Retsebe-schreibern geschildert wird. Am interessantesten ist in dieser Hinsicht ein Besuch der Vazars und Bezestans von Konstantinopel, wo man sich zu den Kaufleuten in die Buden setzt, und bei einer Pfeife und Tasse Caffee die Waaren besieht, und um billige Preise zu erhandeln sucht. Zur Noth koulmt man ohne Dollmetscher sort: oder es finden f 282 - ' . sich Juden und Armenier, die sich als Unterhändler anbieten, und des Französischen oder der linssun l'l»n<^» einiger Maßen mächtig sind. Die Merkwürdigkeiten von Konstantinopel bestehen hauptsächlich aus Baudenkmälern der älteren und der neueren Zeit: diese Wasserleitungen und unterirdischen Wasserbehälter, Denksäulen, Paläste, Kirchen und Moscheen sind hinlänglich bekannt. Vor Allen, besteigt man den hohen Thurm im Hofe des Seraskierpalastcs, uon dem man ganz Konstantinopel und die Umgegend übersieht, und eilt dann nach dem Atmeidan, dem alten Hippodrome, wo neben anderen Alterthümern noch ein großer ägyptischer Obelisk vorhanden ist. Dieser Obelisk war von dem König Thutmosis III., unter welchem die Juden aus Aegypten zogen, errichtet worden und stand vor einem Tempel, den der König seinem Vater Amon Na erbaut hatte: er wurde später von dem Kaiser Theodosius nach Konstantinopel gebracht und in dem Circus aufgestellt. Ob dieser Obelisk ganz unversehrt, oder ob er an der Spitze oder an der Vasis verstümmelt sei, darüber ist unter den gelehrten Reisenden vielfach gestritten worden. Indessen die Spitze ist wahrscheinlich ächt erhalten; sie ist zwar schief, aber ihre Seitenflächen sind mit Hieroglyphen bedeckt, die gewiß nicht erst bci einer Restauration der Spitze eingehaucn worden sind. Dagegen scheint an der Vasis des Obelisken allerdings ein Stück zu fehlen, welches vielleicht beim Transport abgebrochen wurde; die Vasts ist nicht glatt gearbeitet, wie die Seitenflächen, und 283 das unterste hieroglyphische Zeichen auf einer dieser Flächen scheint zur Hälfte abgeschnitten zu sein. *) Die Moscheen können nur mittelst eineS besonderen Fermans gesehen werden. Von dem belgischen Gesandten, der binnen Kurzem Konstantinopel zu verlassen gedachte, war ein solcher Ferman erwirkt worden, und ein großer Theil des diplomatischen Corps, an welches anzuschließen Mir, wie zahlreichen anderen Fremden, gestattet wurde, begleitete den belgischen Gesandten auf seinem Umgang durch die Moscheen, der unter Anführung eines türkischen Ofsicieres stattfand. Die Hauptmoschee ist die heilige Sophia, unter Justinian von dem Baumeister Anthe-mius aufgeführt: ein großartiges Gebäude, das den später erbauten Moscheen zum Muster und Vorbild gedient hat, ohne je übertroffen zu werden. Aber auch die neueren türkischen Moscheen sind prachtvolle Gebäude, und haben zugleich ein antiquarisches Interesse, indem die schönen *) Mein verehrter Freund, Herr R. LepsiuS, Secretär des archäologischen Instituts zu Rom, dem ich eine Zeichuung der Hieroglyphen auf den vier Seiten des Obelisken überschickt hatte, schrieb mir unter dem 20. Mal 1839 aus London: „(5s sehlt ein großer Theil beS Obelisken, und, wie Sie richtig bemerkt haben, unten, nicht oben. — Sie erwähnen gar nicht des zweiten Obelisken in den Gärten des Serai, den mehrere englische Reisende gesehen haben wollen. —" Unter diesem zweiten „Obelisken" lann nichts Anderes gemeint sein, als die bekannte korinthische Säule, ein SiegeSdenkmal, das auch vom Meere her gesehen werben kann. Von einem Obelisken habe ich in den Gärten des Serai'S nicht die geringste Spur bcmerkt. 284 , , - Granit-, Porphyr- oder Marmorsäulen, mit denen das Innere oder die Vorhalle derselben geschmückt zu sein pflegt, fast insgesammt aus alten Tempeln, namentlich aus Kleinasien, genommen worden sind. Mehr als die Besichtigung der Merkwürdigkeiten pflegen den fremden Besucher Konstantinopels Ausflüge in die reizende Umgebung anzuziehen. Wem wären Skutari, Therapia und Vujukdere, und überhaupt die Paläste und Villen, Thäler und Hügel am Bosporus unbekannt? Weniger gekannt, aber nicht minder reizend sind die Süßen Wasser von Europa, wie man das Thal des Flusses nennt, der sich in den Hafen von .ssonstanti-nopel ergießt. An einem Sonntage machte ich dahin einen Ausflug in Begleitung eines armenischen Freundes und seiner Familie. Wir fuhren in einem Voote an die Spitze deö Hafens, und dann den Fluß hinauf bis zu einem Sommerpalafte des Sultans, wo sich auf einer geräumigen Wiese, die von herrlichen Bäumen beschattet ist, einige Caffeehäuser befinden. Unter einem Vaume gelagert, am Ufer des Flusses, nabmen wir das mitgebrachte Mahl ein: neben uns lagerten mehrere fränkische, armenische und griechische Gesellschaften, worunter sich besonders Smyrnioten durch ihre laute Fröhlichkeit auszeichneten. Hie und da saß bei den Kaffeehäusern ein einzelner Türke, ruhig sein Narghile oder Tzibuk *) rauchend. Von der Höhe bewegten sich bunt bemalte Wagen herab, in denen *) Jenes eine Pfeife, wo man persischen Tabak durch Nasser raucht, dieses eine gewöhnliche Pfeife. 285 griechische und armenische Frauen spazieren führen. Diese Wagen waren mit Ochsen oder Pferden bespannt: sie bestanden aus einem mit einem Baldachin bedeckten Kasten, der ohne Federn auf vier schwerfälligen Rädern ruhte: auf dem Boden des Kastens waren Decken ausgebreitet, die als Sitzplätze dienten. Zuweilen kamen mehrere Reiter von den Hügeln herab in das Thal, und tummelten ihre Rosse auf der Wiese herum. In einzelnen Gruppen sah man Griechen und Franken bei europäischer Musik zum Tanze vereinigt, und die ganze Wiese gewahrte überhaupt einen bunten und lebendigen Anblick. Da ließ plötzlich eine schwarze Gewitterwolke einzelne große Tropfen fallen, und drängte die bunte Menge mit ihrer Luft in den engen Raum der Eaffeehäuser. Der Tanz dauerte aber hier fort, und veranlaßte komische Unfälle; eine hübsche Smyrniotin fiel einem ernsthaften, graubärtigen Türken auf den Schooß: ein fränkisches Paar strauchelte über die lange, vorgestreckte Pfeife eines Anderen. Das Wetter besserte sich endlich, und bei einbrechender Nacht strömte die Menge der Spaziergänger in Booten, ober zu Wagen und zu Pferde, zurück nach der Stadt. 3. Das großherrliche Serai. Sultan Mahmud wohnt seit längerer Zeit am Ufer des Bosporus, bald auf der asiatischen, bald auf der europäischen Seite. Er hat das alte Serai zu Konstantinopel verlassen, um der strengen und lästigen Hofetiquette, die so genau mit der inneren Einrichtung desselben zusammenhing, auf immer loö zu werden, ohne zu gewalt- ,.^ 286 samen Reformen seine Zuflucht nehmen zu müssen; zugleich auck, um dn- Erinnerung an die mancherlei Gräuel, dl< in dem alten Scrai verübt worden waren, und den daran geknüpften Wahrsagungen zu entgehen. Seitdem hält es niclit schwer, gegen Erlegung einer bestimmten Summe einen Fcrman zur Bcsichligung des alten Serai's zu erhalten, und alle Gemächer in Augenschein ;u nehmen. Cine ähnliche Gelegenheit benutzend, wie mir zur Besichtigung der Moscheen geworden war, konnte ich mit Muße die früher so unzugänglichen Raume deS Serai's und ihre Schätze in Augenschein nehmen. Das Serai liegt auf der Lanispitze, in welche Konstantinopel nach dem Bosporus zu ausläuft, und nimmt einen bedeutenden Raum ein. An der äußersten Spitze, dem Meere zunächst, steht das neue Serai, ein geräumiger Palast, von Gärten umgeben. Der Palast ist leicht gebaut, der obere Theil fast ganz aus Holz: die Gemächer sind geräumig und im neueren Geschmacke decorirt: man gen«ßt auS den Fenstern derselben einer herrlichen AuS-sicht auf den Hafen, den Bosporus und die Propontis. In einem kleinen Wandschranke findet sich in einem Cabinet« die Privatbibliothek Selim's III.: sie enthält zwischen 50 und 60 orientalische Handschriften, inS-gesammt schön geschrieben und prächtig gebunden. Durch die Gärten des neuen Serai'S gelangten wir in dm innersten (dritten) Hof deS alten Serai'S, der rings von niedrigen und unscheinbaren Gebäuden eingeschlossen rft. In der Mitte stehen zwei einzelne, einstöckige Häuser. 287 Das eine, näher dem Thore des zweiten Hofes, enthält den Audienzsaal, der jetzt etwas düster erscheint, aber im Ganzen prachtvoll und in orientalischem Geschmacke ausgeschmückt ist. Das andere Haus, mehr in der Mitte des Hofes gelegen, ein zierliches Gebäude, enthält den Biblio-thckssaal, und ein Lesecabinet. Die Bibliothek hat lediglich Handschriften, die in mehreren Wandschränken hinter Drahtgittern aufgeschichtet liegen. Man machte keine Schwierigkeiten, die Schränke auf Verlangen zu öffnen: indessen fanden sich keinerlei griechische «der lateinische Handschriften, sondern nur orientalische, diese aber ungefähr 1300 an der Zahl, meist schön geschrieben, und im Ganzen wohl geordnet. Als eine besondere Kostbarkeit zeigte man einen gvoßen Stammbaum der Sultane, auf welchem die einzelnen Sultane en mini»turo porträ« rlrt zu sehen waren. Indessen scheint dieser Stammbaum ein russisches Machwerk, und deshalb von keiner historischen Bedeutung zu sein. Merkwürdig sind nur die Vil-der, weil man gewöhnlich behauptet, daß von den Türken daö Porträtiren für Unrecht gehalten werde. Aber nicht blos bier, sondern auch in einigen türkischen Buden und Caffrehäusern habe ich Bilder überhaupt und insbesondere Porträts gesehen. Die Gebäude im zweiten und im ersten Hofe des Se-rai's sind weder groß noch prächtig'. im Innern derselben steht man einige Gemächer, die noch Spuren von alter Pracht enthalten. Im Ganzen aber sieht Alles sehr verlassen und verödet aus. Nur in der großen Münze, 298 welche zur Seite des ersten Hofes steht, ist noch Leben und Geschäftigkeit l es sind hier besonder« Arulenier angestellt, die unter der Direction eines türkischen Beamten stehn. Von der wunderbaren Herrlichkeit des Serai's, uon welcher so manche Schriftsteller erzählen, war also wenig oder nichts zu finden. Ebensowenig entsprachen die Vi-bliotheken den Erwartungen, die so Viele von ibrem Inhalte gehegt haben. Der Sage zufolge sollen noch in der großherrlichen Schatzkammer alte Handschriften aufbewahrt werden, aber auch diese Sage scheint um nichts bcsser begründet zu sein. Zwar kann ich bier nicht aus eig ner Anschauung berichten; denn vie Schatzkammer wurde uns nicht geöffnet, indem die Fichrer versicherten, daß sie durch-auS nichts enthalte. Aber alicr Wahrscheinlichkeit nach verhält es sich wirklich so, und man schämte sich nur, die leeren Wände zu zeigen. Das Einzige, was man noch etwa dereinst zu entdecken sich Hoffnung machen kann, sind Urkunden aus der Zeit der letzten byzantinischen Kaiser. In der Kirche der heiligen Irene, die am Eingang deö ersten Hofes befindlich ist, wellte «in Herr von Rothschild, der schon einmal vor einigen Monaten daS Serai besucht batte und auch diesmal in der Gesellschaft war, eine kleine Sammlung alter Waffen und einen Haufen von Urkundenrollen bemerkt haben. Diese Waffen und Urkunden konnte ich leider nicht sehen: man hatte vor Kurzem die Kirche ausgeräumt, um sie einer Reparatur zu unterwerfen, und alles Geräthe war in Kisten geworfen und bei Seite gestellt worden. 259 4. Der Patriarch. Die Vibllothel des heilig«« Grabes. Die Schule zu KurutscheSme. Der Secretär des Patriarchen, Herr Michalaki, mit dem ich durch Vermittelung der k. k. österreichischen Kanzlet bekannt geworden war, stellte mich am 15. Juli Seiner Heiligkeit (N«va^l,«5«X,lo»>), auf die Erabiblos deS Armenopu-loö, und zuweilen auch auf die Vasiliken oder Lowen-.klau's ^n» <3l»eoo-n,olu»uuw und andere grade vorhan« dene Rechtsbücher. — «) Bekanntlich ist seitdem der Patriarch Grigorios. wegen der Schritte, die er in Beziehung auf die jonische Geistlich« kei» gethan hatte, auf Antrag des englischen Gesandten ab» geseht worden. 293 In den griechischen Bibliotheken in und um Kon-stantinovel war nach der Meinung des Patriarchen und seines Secretärs auf literärische Beute nur wenige Aussicht vorhanden. Die Privatbibliotheken seien von keiner Bedeutung, und beständen lediglich und allein aus ge-druckten Büchern. Das Patriarchat besitze nur ein Archiv, aber keine Bücher- oder Handschriftensammlung, und die ehemalige Patriarchalbibliothek befinde sich gegenwärtig in der Schule zu Kurutschesme. Die Bibliotheken ver Klöster auf den Prinzeninseln seien fast ganz verschwunden, und die einzige Bibliothek von einigem Werthe sci die des Patriarchen von Jerusalem. Uebrigens werde es keinerlei Schwierigkeiten habm, diese Bibliotheken zu besichtigen. Herr Michalaki führte mich selbst nach dem Patriarchate von Jerusalem, wo die Bibliothek des heiligen Grabes (^l^Xlo^xT? ^"" «^l'ov gangen. Indessen lassen stch auS dem Inhalte der noch vorhandenen rescribirten Nlätter jene vier Bücher der Basiliken, die wir bisher nur lückenhaft besaßen, vielfach ergänzen, der Schollen nicht zu gedenlen, von denen unsere Ausgaben zu diesen Büchern fast nichts enthalten. Merlwiildig übrigens ist eS, und ein Beweis des Verfalls der Rechtswissenschaft in jener Zeil, daß man im I. ,354, — denn in diesem Jahre ist die HS. rescribirt worden, — daran denlen tonnte, eine HS. der Basiliken, der vornehmsten byzantinischen Rechtsquelle, absichtlich auszulöschen, um das Pergament zu einer HS. des an sich nur wenig bedeutenden Armenopulos zu ge« brauchen. 296 ,«0»» ««l ß<,u»«lu«. l. >,. lätt. 299 Vortrefflichkelt der Bibliotheken einen entscheidenden Ein> stuß haben. Außerdem mögen auch manche literarisch« Schätze auf diese Inseln geflüchtet worden sein, als Kon-ftantinopel dem Wüthen der Türken ausgesetzt war, je»u Inseln aber eine verhältnißmäßig sichere Zufluchtsstätte boten *). Auch sagt Montfaucon in seiner ?»I»«0-^r»pki» ausdrücklich, daß ihm von den Schätzen jener Vibliotheken Nachricht zugekommen sei. In späteren Zeiten , als die literarische Vildung der Griechen immer mehr sank, die Abendländer aber immer eifriger wurden im Sammeln von alten Handschriften, sind die Bibliotheken der Prinzeninseln vielfach geplündert worden, was um so eher geschehen konnte, als zu gleicher Zeit ganze Klöster auf den Inseln untergingen, von denen jetzt nur noch Ruinen zu sehen sind. Eine große Anzahl schöner alter Handschriften sind durch Bus beck nach Wien, andere nach Paris gekommen: zu Anfang unseres Jahrhunderts sollen auf den Prinzeninseln Handschriften, meist auS dem XI. bis XIII. Jahrhundert, in Menge verkauft worden sein **). Nach diesen Nachrichten konnte ich allerdings in den Klöstern der Prinzeninseln nicht viele handschriftliche Schätze zu finden erwarten. Indessen war doch die Sache zu untersuchen: ein Ausflug nach den Prinzeninselu lohnte schon an und für sich, wenn auch die Aussicht *) v. Unmmer tüonztsutinogoli» unä Äer »osporu«. II. S. 377. **) >V»lp ol« lXlemoir« relating to 1!urllo> l5i II«,'«^»;). Dieses ift das bedeutendste unter den Klöstern der Inseln, wenn gleich auch hier nur ein einzelner, unwissender Mönch 304 lebt. Aber die Gebäude sind ), als Quelle deS bürgerlichen Rechts aber das Civilgesetzbuch für die Moldau (den l5w<5lH 7loX»>rlxö? «r^ ^VloXs«^»^. — Iassi. 1816. fal. —). Er unterhält eine griechische Schule in Trapezunt, an welcher ein eigends von ihm besoldeter Didaskalos Unterricht ertheilt. Diese Schule hat eine kleine Bibliothek, die mit der Metropolitanbibliothek eine und dieselbe und in der Metropole aufgestellt ist. Sie soll ehemals bedeutender gewesen sein, aber durch wiederholte Feuersbrünste gelitten haben. Gegenwärtig zählt sie nur wenige Bücher und Handschriften: darunter sechs juristische HSS., einen unvollständigen Dioscorides auf Papier in Quart, und eine halbverbrannte Pergamenthandschrift aus dem Uten Jahrhundert, welche Stücke von der Kirchengeschichte des Gusebius enthält. Von bedeutenderen Klöstern finden sich drei in der Umgegend von Trapezunt, das Kloster Sumela, das des heiligen Georgios und das des heiligen Ioannis. Das Letztere ist das kleinste und jüngste: es wird von nur wenigen Mönchen bewohnt, und soll keinerlei Bibliothek besitzen. Dagegen Mlen in den beiden anderen genannten .Klöstern Sammlungen von Büchern und Handschriften vorhanden sein, und ich traf daher gleich .-.„> Tage meiner Ankunft in Trapczunt die nöthigen Vorkehrungen, um jene Klöster zu besuchen. Da ich ganz allein nach Trapczunt gekomine» war, erlaubte der Metropolit dem Didaökalos mich als Führer und Dollmetscher nach den Klöstern '« begleiten. Mit dein Didaskalos konnte ich mich leicht lm Gespräche benehmen: die gewöhnliche, Sprache der trape-zuntinischen Griechen aber wich tlicils in den Worten und Redensarten, theils in der Aussprache so sehr von dem Dialekte ab, der von den europäischen Griechen gesprochen wird, daß ich nur selten und schwer die Leute verstand. Die Trapezuntiner haben in ihrer Sprache noch manche altgriechische Wörter bewahrt, aber auch fremde Wörter in dieselbe aufgenommen: ihre Aussprache zeichnet sich dadurch aus, daß sie die Diphthongen als wirkliche Doppel-vocalc aussprechen, z. V. e«, als ob es «5, und <", als ob eS o'l! geschrieben wäre (5<"^"ov<7l 7»5 s.^Hö?» Um 2 Uhr nach Mittag (Juli 23.) setzten wir uns zu Pferde. Der Weg nach den Klöstern folgt erst mehrere Stunden weit der Straße, die nach Erzerum führt. Wie man aus den Häusern der Vorstadt Trapezunts heraustritt, geht es steil einen Verg binauf; man genießt hier einer weiten Aussicht über das ganze Küstenland. Von der Höhe steigt man wieder herab in das Thal eines Flus- . ses, der stch östlich von Trapezunt in das M«er eraießt. Vem, Herabfteigen übersieht man das herrliche Thal in 315 einer Ausdehnung von mehreren Stunden: es ist zu beiden Seiten von hoben Bergen begrenzt, und im Süden stößt es auf einen mächtigen Gebirgsrücken, wo ich im Juli »och Schnee sah. Am AbHange des Vergs tröpfelt eine Quelle aus dem Felsen hervor, deren Wasser in Trögen gesammelt wirv, die künstlich in die Felswand gehauen sind: die Quelle wird der Drachenbrunnen (^«» xovlan'??«^) genannt, weil einst an dieser Stelle der Komncne Alerius eine Schlange erlegt haben soll. Ein Trunk von dem köstlichen Waffer war bei der Schwüle des Tags ein großes Labsal. Ich hatte noch nie in diesen Ländern eine so drückende Hitze erlebt: und doch zeigten sich ringsum, im Thale und auf den Bergen, Pflanzen und Büsche im frischesten Grün. Die häufigen, kalten Nebel, die aus dem schwarzen Meere emporsteigen, und in den Thälern oder auf den Bergen niederschlagen, und die feuchten, kühlenden Winde, die von Norden über das Meer in'ö Land dringen, lassen in diese» Gegenden den ganzen Sommer hindurch die Vegetation gedeihen, während in Griechenland Alles vertrocknet und verbrennt. Wir kamen nun weiter den Vetg herab an einigen Häusern vorbei zu dem Bette eines über dem Flußthale gelegenen Sees, deffen Wasser durch einen Canal abgeleitet worden sind. Die vorhandenen Wasserbauten sind alle von türkischer Arbeit: mein Didaskalos aber erzählte, daß der See schon von Xenophon und seinm zehntausend Griechen den Trapczuntinern zu Gefallen trocken gelegt worden sei. Jetzt stiegen wir ganz in das Thal herab, und folgten dann dem Laufe des Flusses. Das Thal ist -!<6 höchst romantisch; der reißende Vergftrom, die hohen Verge mit ihren Felswänden und herrlichen Wäldern, die frischen, grünen Matten, die bis zu den Gipfeln der Verge hinaufreichen, dazwischen kleine Felder, die der Landmann mit Mühe urbar gemacht und mit türkischem Kurne bebaut hat, endlich türkische Chonaks, eine Art Lehnsburgen, wie unsere Ritterburgen auf einzelnen hervorragenden Bergrücken erbaut, — daö Alles erinnert« mächtig an die Thäler der Alpen. Wir stießen auf viele kleinere oder größere Züge von öastthieren: Alles muß hier auf Pferden ober Maulthieren fortgeschafft werden, und da der Handel in das Innere und bis nach Persien auf dieser Straße zieht, so ist es lebhaft genug. Wenn uns Frauen begegneten, türkische oder griechische, so wickelten sie sich fester in das große blaue Tuch, das sie über dem Kopfe zu tragen Pflegen, und blieben den Rücken uns zuwendend stehen, bis wir vorüber waren; wie der Didaskalos erläuterte , sollte das eine Art von Ehrfurchtsbezeugung sein. Gegen Abend kamen wir an den Zusammenfluß zweier kleineren Flüsse, die den Fluß bildeten, dem wir bisher gefolgt waren. Wir schlugen das Thal rechts ein, und setzten unseren Weg in der Dämmerung und dann in der Dunkelheit fort. Wir kamen an einem Felsen vorüber, der vereinzelt mitten im Thale liegt, und eine Capelle auf seinem Nückm trägt; der Didaskalos nannte Velisarius als Gründer derselben. Um halb 9 Uhr machten wir Halt in einem türkischen Caffeehause beim Tschebislik Karadia. Das Dörfchen, das einen Aga oder Woi-woden hat, besteht aus mehreren zerstreut umherliegenden 31? Höfen; die Dörfer in dieser Gegend sind alle ln dieser Weise gebaut, während in Griechenland und Macedonim gewöhnlich die Häuser eines Dorfs nahe bei einander, und die Wiesen und Felder außerhalb liegen. Den anderen Morgen um 4 Uhr ritten wir weiter. Das Thal wurde immer enger und wilder, hie und da strömten Bäche aus Seitenthälern dem Hauptflüßchen zu. Um 8 Uhr befanden wir unS am Fuße einer Felswand, die sich steil aus dem Thale emporhebt: sie lehnt sich an cm hohes Gebirge an, in dessen Schluchten noch Schnee lag. Auf der Südseite liegt hoch oben in einer Vertiefung der Felswand das Kloster der heiligen Mutter Gottes, mit dem Beinamen Sumela (Tov-^ek«). Mühsam kletterten wir einen steilen Vergpfad hinan, und gelangten dann über einen tiefen Abgrund auf einem hölzernen Stege an die verschlossene Pforte des Klosters. Nachdem erst der Pförtner die Erlaubniß zum Einlaß eingeholt hatte, wurde die enge Thüre geöffnet, und unter Glockengeläute empfing uns der Igumenos im Hofe des Klosters. Das Kloster ist finster und ärmlich im Vergleiche mit den stattlichen Klöstern auf dem Berg Athos. Es zählt gegen 20 Mönche; seine Einnahmen bestehen hauptsächlich in den Geschenken der Pilger, welche in großer Anzahl nach dem Kloster wallfahren, um das Bild der Mutter Gottes, von des Apostels Lukas eigener Hand gemalt, zu verehren und anzubeten. Die beiden Hauptpersonen im Kloster sind ein vom Patriarchen Hieher verbannter Bischof, der die besseren Zimmer des Klosters 318 bewohnt, und vvn den München mit besonderer Aufmerksamkeit behandelt wird, — und ein geisteskranker Mönch, den man im Kloster für einen Begeisterten hält. Auf ihre Fürsprache ward mir die Bibliothek zu sel'en erlaubt: der Igumenos hatte zuvor, troy eines ^mpfel>lungSsch,eil'cns von Seiten deö Patriarchen, allerlei Schwierigkeiten erhoben. Auf einer Leiter ftiea.cn wir zu einer Kammer hinauf, in welcher die Handschriften und Bücher verwahrt wurden: meine Erwartungen aber wurden bitter getäuscht. In der Kammer lagen oder standen einige wenige gedruckte Bücher und etwa zehn, ganz neue und unbedeutende, Handschriften umlicr: das einzige Wertbvolü' war di« Sammlung der byzantinischen Geschichtschreiber, — der N»'^«l'rl»5t<,, wie man sie lm-r zu nenm'n pflegt, — in der schönen Pariser Ausgabe. L.is Kloster und seine Bibliothek soll im Laufe deS 18ten Jahrhunderts durch eine Fcmrsbrunst gelitten haben: vielleicht dasi vor dieser Zeit die Bibliothek in besserem Zustande war. Mittags um 1 Uhr stiegen wir vom Kloster wieder binab in das Thal, und schlugen den Weg nach dem Kloster des heiligen Georg ein, welches in einer Entfernung von acht Stunden östlich von Sumela in den Gebirgen liegt. Wir mußten zuerst einen hohen Bergrücken erklimmen, von dessen Gipfel, nach der Erzählung meines Didaökalos, die Griechen des Xenophon einst „G«X«>r«a" gerufen haben sollen. Mir war leider der Anblick des MeereS durch einen feuchten und undurchdringlichen Nebel «ntzogen worden, der plötzlich Verge und Thäler über- 349 zogen hatte. Wir konnten kaum einige Schritte weit seyen, uiid mußten ohne eigentlichen Weg oder Steg einige Stunden lang in der Wildniß umherirren. Endlich des Abends um 7 Mr kamen wir in ein Thal herab, wo wir mit Mühe unter den zerstreuten Gehöften das Haus eines Griechen ausfindig machten, der dem Didaökalos befreundet, uns willig für die Nacht beherbergte. Früh um 5 Uhr brachen wir wieder auf: der undurchdringliche Nebel begann sich in Regen aufzulösen. Auf schlechten Pfaden, Berg auf Berg ab, über grüne Matten und durch hochstämmige Wälder, kamen wir um 8 Uhr nach dem Kloster des heiligen Georg, mit dem Zunamen ü Nrsil^kl"^. GZ ist auf einem schroffen Felsen am Abhang eines Berges erbaut: seinen Zunamen hat es von einem Mönche, der der erste Ansiedler auf diesem Felsen war, und den seine Taubenliebhaberei in der Umgegend bekannt machte. Die Mönche, deren das Kloster nur zwölf zählt, waren freundlicher, als in Sumela; ohne Anstand öffnete man die Bibliothek, und was aus derselben von den einzelnen Mönchen in ihre Stuben genommen worden war, wurde bereitwillig herbeigetragen. Die Bibliothek ist reicher, als die von Sumela: aber unter den Handschriften ist keine besonders alt oder wichtig. Um Mittag endlich «erließen wir das Kloster und traten den Rückweg nach Trapczunt an. Drei Stunden lang ging eö steil bergab: bei dem anhaltenden Regen waren die Pfade höchst schlüpfrig geworden, und die Pferde glitten beständig aus. Rachher gelangten wir wieder aus 220 den Wtg, auf dem wlr zwei Tage zuvor von Trapezunt ausgegangen waren, und durchnäßt und erschöpft kanlen wir Abends um 6 Uhr an. Tags darauf (Donnerstag den 26. Juli) fuhr ich um 2 Uhr Mittags mit dem Stambul ab. Vom Winde begünstigt trafen wir schon des anderen Tages um 4 Uhr Abends in Sinope ein. Da stiegen drohende Windwolken am südlichen Horizonie empor, und kamen mit Blitzesschnelle herangezogen. Aber der Capltan fürchtete nicht die herannahende Gefahr, und freute sich eher, eine Gelegenheit zu finden, um die Tüchtigkeit und Kraft des Schiffs zu erproben. So fuhren wir denn dem Sturme entgegen: — und der Sturm wurde schrecklich! Der Wind pfiff und sauste grauenvoll: die Wellen schlugen von allen Seiten mit wilder Kraft an das Schiff, und warfen es wie einen Federball herüber und hinüber. Es waren nicht regelmäßige, hochgehende Fluthen, vom Winde aufgewühlt, sondern Brandungen, wie sie beim Begegnen heftiger Strömungen im Meere entstehen, aber nur ungleich wilder und heftiger. Das Dampfboot, daS sich übrigens als ein vorzügliches Schiff erwies, hatte einige Hauereien zu erleiden; mehrere Planken wurden zertrümmert, die Ruderschaufeli, und das Steuer stark beschädigt. Der Sturm dauerte zwei volle Tage: er hatte sein Wüthen bis nach Konstantinopel erstreckt. Im Bosporus waren mehrere Boote untergegangen, und 129 Personen sollten das Leben verloren haben. Das Dampfboot Mettern ich, welches nach Trapezunt auf dem Wege war, hatte umkehren müssen. Wir stießen zu verschiedenen Malen auf die Trümmer 32t gescheiterter Schiffe: eine türkische Brigg, mit Brettern befrachtet, war von der Gewalt der Wogen auf offener See in der Mitte auö einander gerissen worden, und das Meer war in einem Umkreise von zwei Meilen mit Balken und Brettern bedeckt. Statt Samstag Abend trafen wir erst am Montag im Hafen von Konstantinopel ein! « 522 Sechzehntes Capitel. Von Konstantinopel nach Wien. Aug. 13. bis Sept. 13. 1838. Äm 13. August bestieg ich um Mittag das Dampfbool Ferdinand I-, Capita» Everson, welches der Donau-dampfschifffahrtögesellschaft gehört, und den Dienst zwischen Konstantinopel und Gallacz versieht. Ich schied von der Hauptstadt des türkischen Reichs und den Gestaden des Bosporus in einer mehr freudigen als wehmüthigen Stimmung. Um als Erholungs« oder Vergnügungsreise gelten zu können, ist eine Reise in der Türkei mit allzuviel Schwierigkeiten und Beschwerden verbunden, dii nur das Streben nach der Erreichung eines bestimmten Zweckes dem Reisenden erträglich zu machen vermag; sobald dieser Zweck erreicht ist, tritt eine völlige Abspannung ein, auf welche eine unüberwindliche Sehnsucht nach dem civilisirten Europa folgt. Die Reisegesellschaft bestand aus neun Personen: größtentheils Männern, die auch von einer Reise in den Orient zurückkehrten, und mit denen ich schon früher wiederholt an verschiedenen Orten zusammengetroffen war. 323 Die Reisenden in der Levante, so verschieden auch sonst ihre Wege sein mögen, pstegen doch regelmäßig einander an Hauptorten oder auf Dampfbooten zu begegnen, so daß, wer nur einige Zeit in diesen Gegenden verweilt, bald überall auf Bekannte stößt. Den 14. August legte das Dampfschiff vor Mittag bei Wurna an. Warna ist theils durch die blutige Niederlage, welche hier einst die christlichen Waffen im I. 1444 erlitten, theils durch die Eroberung von Seiten der Russen im letzten Felozuge berühmt geworden. W liegt im Norden einer Bucht, die den Schiffen sichere Zuflucht bietet. Die Festungswerke bestehen gegenwärtig aus einem Walle und Graben, die rings um die Stadt gezogen sind: d^m Meere entlang ist nur eine einfache Schutzmauer erbaut. Capita» Eoerson meinte, mit zwei oder drei englischen Linienschiffen würde es ein Leichtes sein, eine solche Festung von der Seefeite her in Schutt und Trümmer zu verwandeln. Auch von der Landseite ist der Angriff leicht, da die Festung von einer Anhöhe im Norden vollkommen beherrscht wird. Wenn es dennoch den Russen im letzten Feldzuge so schwer fiel, die Festung einzunehmen, so lag der Grund allein in der Schwierigkeit, die nöthigen Truppen und das Belagerungsgeschütz an Ort und Stelle zu bringen. Am 15. August waren wir früh bei Tagesanbruch an der Sulinehmündung der Donau, welche durch den letzten Frieden in die Gewalt der Russen gekommen ist. Der an sich unbedeutende Landstrich, ven die Türken den Russen abzutreten genöthigt wurden, hat die Russen 324 zu Beherrschern des Handels auf der unteren Donau gemacht. Die Donau nemlich theilt sich unterhalb Gallacz in drei Hauptarme, dercn nördlichster an Ismail und Kilia vorüber durch die Kiliamündung, der mittlere durch die Sulinehmündung, der südlichste durch die S. Georgsmündung nach dem Meere stießt. Der nördliche und der südliche Arm können nur von kleinen Booten befahren werden, da sich am Ausflusse in das Meer Untiefen befinden, die jedem größeren Schiffe den Eingang unmöglich machen; und nur an der Sulinehmündung finden die Kauffahrer eine hinreichende Tiefe des Wassers zur Eim fahrt. Wer also diese Mündung beherrscht, gebietet zugleich über den Handel zwischen der unteren Donau und dem schwarzen Meere. Man hat die Bedeutung dieser russischen Eroberung Anfangs völlig verkannt, und die dabei betheiligten Staaten sind erst spät darauf aufmerksam geworden. Rußland hat an der Sulinehmündung eine militärische Stellung eingenommen: Häuser und Magazine sind errichtet und eine Zollstätte augelegt worden: eine hinreichende Anzahl von Kanonenbooten beschützen die neue Niederlassung. Man spricht sogar von Gründung einer Stadt und eines FortS: ein Unternehmen jedoch, welches auf dem morastigen Voden des Donaudelta's bei den regelmäßig wiederkehrenden Überschwemmungen und bei dem ungesunden Klima auf große Hindernisse stoßen wirb. Um für die Zukunft den Handel auf der unteren Donau dem russischen Einflüsse zu entziehen, hat man die Anlegung eines Eanals oder einer Eisenbahn zwischen Rassowa und Koftendsche in Vorschlag gebracht, wodurch 325 das russische Gebiet umgangen werden würde. Koftendsche ein kleiner Hafen am schwarzen Meere, liegt in der Mitte zwischen Warna und Sulineh; Rassowa liegt in derselben Breite an dcr Donau, 15 bis 20 Stunden in grader Richtung von Kostendsche entfernt. Die Donau, die bis Rassowa nach Osten fließt, wendet sich hier plötzlich nach Norden und schlägt erst hinter Gallacz wieder die Richtung nach Osten ein. Ehemals scheint wenigstens ein Arm der Donau von Raffowa aus in grader öinie nach Osten geflossen zu sein, der dann bei Kostendsche in's Meer siel: das alte Vette ist noch an einer Reihe von fortlaufenden Vertiefungen zu erkennen. Später soll der Kaiser Traian eincn Canal in dieser Richtung geführt haben, wenn nicht diese Sage auf einer Verwechslung mit der langen trajamsche» Mauer beruht. Könnte man nun durch Herstellung eines Eanals oder durch Anlegung einer Eisenbahn von Rassowa aus die untere Donau mit dem Hafen von Kostendsche verbinden, so würde man die russischen Linien umgehen, und dabei noch den großen Vortheil erlangen, dem Handel einen um das Sechsfache kürzeren Weg zu eröffnen. Ohne aufgehalten zu werden, fuhren wir, an den russischen Kanonen vorbei, in die Sulinehmündung ein. Ringsum ist plattes, morastiges Land, mit hohem Schilfe bewachsen; der Strom windet sich in unendlichen Krümmungen langsam hindurch. Auf allen Seiten sieht man die Masten und Segel zu Berg oder zu Thal fahrender Seeschiffe über dem Schilfe hervorragen. Russische Kanonenboote fahren auf dem Strome hin und her: auf 226 dem linken Ufer stehen in Zwischenräumen russische Schildwachen, die den Sanitätscordon bilden. Sumpfvögel, Reiher und Pelikane schwimmen in großen Zügen auf dem Flusse, und fliehen beim Nahen des Vooteö; nur selten erreicht sie die nachgeschickte Kugel. Der Strom ist oft an siebenzig Fuß tief, und hat oberhalb der Stelle, wo er sich in mehrere Arme vertheilt, eine Breite, die der der Dardanellm beinahe gleich kommt. Wir kamen an der türkischen Stadt Tuldscha vorüber, sahen die russische Stadt und Festung Ismail zu unserer Rechten liegen, und langten gegen Abend in dem moldauischen Gallacz an. Die Nacht und den folgenden Morgen blieben wir unthätig liegen: gegen Abend fuhren wir die kurze Strecke nach dem walachischen Vraila, wo wir den Ferdinand I. mit dem Dampfschiffe Pannonia, das erst am andern Morgen eintraf, vertauschen sollten. Gallacz und Braila sind zwei kleine Städte, die r« 339 II ^ Schreiben der vier Vorsteher der Gemeinde des heiligen VergS au die Vorsteher der zwanzig Klöster. ÜH^n^ltn-r»^"» lIpc,k57V7L5 -raiv x»I' ^«5 blxo«,» '^Fov«^»öc,^ 2»^«^c«<; I7k^«p05 "rö ^evo^ x«l, vny- ?»po^ lXv^klflV I^uulxov j!il^XltVl7e<3V, x«l ^ 340 «FliXl^o^ xai, ^»?c7tft<»v t»vvoFa«,7räf,ov, ^,,» ip»^e» ,is 21. ^l»taV 1838. ' III. Schreiben de« Großprotosyngelos an die Aursteher der Klöster auf den Prinzeilinseln. 5«) *) So schreibt man heut zu Tage: nicht «^u^. Der Ausdruck ö,«^vo-<°5 »tu^»)3 ist von Gregor von Nazianz entlehnt. 55) Die zwei folgenden Schreiben sind verfaßt von dem «?>/' ^aA/^«?««^ I^ 7°l!Ü ^^«TT'oÜ /^»«^«x^; «'««X»)?/el^ «uo«; ^«^»^ H«aölu^ou, und von dem Patriarchen und Protosyn« geloS blos unterzeichnet. 341 v/t»lv<,t^e. /l,v 1838. '0 f«k/«? N^W^ollv^^kXa^. Brief des Patriarchen GrigorioS an die Vorsteher ' deS Klosters Sumela bei Trapezunt. 242 ' 3^, e^Ll^l <^l>.«,Xu^l«^ le^^V^ltvo^, "»o^ea^l^ai^ c?r' «vr« 'r<ä c^xoir

r»?^l«x^ j3t^lc»3^x^^ x«t, el'rtvo? «XXov Tieatea- V. Firman des Pascha von Thessalonich. Da der in Salonik residirende yohe österreichische Consul uns aufgefordert hat, dem wohlgeborenen Herrn Za-chariä, der mit seinem Diener Georg nach Ainoros reist, «inen Sicherheltsbrtef zu geben, so ertheilen wir ihm 343 diesen Firman, damit ihm und seinem Diener auf ihrer Hin- und Herreise Niemand Hindernisse in den Weg lege, und die auf seiner Ncise nöthicien öcbensmittel ihm gereicht werden. Auch sollen ihm die zu seinem Transport nöthigen fünf Pferde unter billigen Bedingungen geliefert, und auf unsicheren, gefahrvollen Wegen sollen ihm bewaffnete Männer zur Bedeckung mitgegeben werden. Zu diesem Zwecke ist dieser Firman geschrieben und in seine Hand gegeben worden, damit ein Jeder dessen Inhalt gemäß handle und sich wohl hüte, ihn zu übertreten. 24ten Safar 1254. Mohammed Issat. VI. Großherxlicher Firman. Den unter unseren Befehlen stehenden Beamten, zu welchen dieser Firman gelangt, sei bekannt, daß die Zierde der christlichen Glaubensgenossen, der hohe Gesandte der Königin von England *), uns ersucht hat, dem wohlge-bornen Herrn Zachariä einen Firman zu ertheilen, damit er mit seinen zwei Dienern in Sicherheit von Salonika nach Ainoros reisen könne, daß ihm sowohl auf seiner Hin- als auf seiner Herreise kein Hinderniß in den Weg gelegt werde, und daß ihm, wo er sich auch aufhalte, von *) Dieser Firman wurde mir auf Verwenden des englischen Gesandten zu Athen, Sir Edmund LyonS, von der englischen Gesandtschaft in Konstantinopel erwirkt und nach Saloniki gesendet. 344 Seiten der Zollbeamten unter keinem Vorwande wegen Zollabgaben u. dgl. Schwierigkeiten gemacht werden. Wir haben daher der zwischen uns und England bestehenden reinen Freundschaft und Eintracht^und den Friedensverträgen gemäß diesen Firman ausfertigen und dem genannten wohl-gebornen Zacharici übergeben lassen, damit er ungehindert mit seinen zwei Dienern reisen könne, von Seiten der Zollbeamten nirgends belästigt werde, und allenthalben Schutz und Schirm sinde. Dieser hohe Firman werde überall beachtet, wo er hingelangt, und dessen Inhalt treu befolgt. End Sa far 1254. VII. Firman des Vicevascha von Trapezunl. Stcherheitspasi. Damit der wohlgeborne Deutsche, Zachariä genannt, in Sicherheit und ohne irgend eine Kränkung befürchten zu müssen, emigc Klöster in der Gegend von Matzuk*) besuchen, und ungehindert die Neise hin und zurück machen könne, ist dieser Paß geschrieben und ihm überliefert worden. Mit Gottes Willen wird man überall, wo er hingelangt, dessen Inhalt gemäß handeln, und sich wohl hüten, ihn unbeachtet zu lassen. Den 2ten Dschemaz el euwel 1254. Muhammed Muniosch Seid Stellvertreter des Pascha. *) Vgl. Uu»t»tl,li Opusoul» eto. e»u<:<>s. t83s. 4. 9. 366 «,. ».»Hi» DN8