Beilage zur KMacher Zeitung. H S^V Fünfter Jahrgang. 3^. Juli K8<3t. Alpenrose. ^Vuf der Alpe steilem Gipfel, Zwischen Gletschern, Felsenwändcn, Wo kein Baum mit lanb'gcm Vipfel, Schatten streut auf Moosgeländen, Wo der Föhre stolzer Schaft, Tief sich krümmt znm niedern Zwerge, Steht daö freie Kind der Berge, Mnthig und voll Lebenskraft. In dem grünen Maicnklcide Blickt es lustig von den Höhen; Stürme thuu ihm nichts zu Leid?, Wenn sie noch so brausend wehen. Einer Königstochter gleich Prangt es anf dem Alftenthrone , . Und trägt eine Blüthenkrone, Die au Schönheit überreich. Alpenrose! Dornculosc! Wie Musik ans Himmclösphären Tönt dein Name, Alpenrose! Trüben Sinn, den kann er klären. Wer dich nimmer hyt geschaut Oben in der großen Wildniß, Kennt dich nicht; er hat kein Bildniß, Von des Lenzes Alpenbraut. .^ , Keine Blume andrer Auen, Nuft hervor solch' Hochcntzücken, Als wenn rings die wcttcrgrancn Berge deine Zweige schmücken, Und ans deiner Blätter Grün, Prächtig roth in Zaubcrglutcn, Deine Seele will verbluten Und vcrgeh'n im heißen Gliih'n. Wenn — ob von dem Sommcrwiude, Oder von den Blüthenflammen, Weiß man nicht — die cis'ge Rinde Starrer Firnen schmilzt zusammen, Und ein wonnig Beben greift , Leise nach des Wanderers Herzen, Daß ihn dünkt, ob alle Schmerzen Von dem Leben abgestreift — Wer dich jemals so gesehen, Wunderbare Alpenrose! Möcht nicht wieder thalwärts gehen, Wo die Sorge mischt die Loosc. Athmen möcht cr immerdar In den Lüften, die dich fächeln, Wo ihm, wie ein Engclslächcln, Deine Pracht erschienen war. Jungfrau von dem reinsten Wcscn! Zum Symbol der keuschen Schöne -Hat dich die Natnr erlesen. Pflücken dich die Mcnschensöhnc, Schwindet Plötzlich deine Pracht; Dciue Waugcu sich verfärben — Alpenrose eilt zu sterben, Eh' sie noch zu Thal gebracht. ^^o schön war mir der Rhein »och nie erschienen, wie heute Abend. Ich stand auf dem Altane der Ruine Klopp und schaute über Vingen's Häusergewirr, hinüber zum Niederwald, wo hoch oben die zackigen Mancrreste der Rössel und die höchsten Wipfel der Gichcn noch vom goldenen Abend-strahl beglä'nzt wurden, während die tiefen Waldparthien, die Felswände des Rheinthalcs und fernhin der lachende Garten des Nheingaues in rosiger Dämmerung schwammen. Ganz tief zu meinen Füßen aber lag der Spiegel des Stromes, mit dem phantastischen Mäuscthurm in der Mitte, in violettem Schatten, der sich gegen die zierliche, kecke Vurg Nheinstein hin mehr und mehr verlichtetc und in tiefes Blau überging und über dieses herrliche Land« schaftöbild mit seinen kräftigen, herbstlichen Farbentönen wölbte sich ein wolkenloser, lichtblauer Himmel von der scheidenden Sonne rothgoldcn überhaucht. -—Im stummen Entzücken hing mein Auge an den Reizen der herrlichen Natur und sog die ganze Fülle von Farbe: Licht und Duft in die Brust. Weithin schweiften die Blicke und immer weiter schwärmten dic Gedanken und trugen die berauschte Seele stromab zum Mccresgestade, wo dic Geliebte weilte, zu ihr, dem Urquell meiner Wonne — dcm Spiegelbild meiner Freude. Mir war's, alö schaute ich durch die schöne Landschaft hindurch in meines Mädchens blauen Auge, als glänz« ten droben über den (5'ichcnwlvfcln meines Mädchens goldene Locken und als flüsterte unten am Nhcinlhurll! mein Mädchen leise, leise Liebes,wort?. -- Und klangen nicht neben 118 mir im düstertt Thurmzimmer der Klopp die Saiten der da-selbst ausgehängten Aeolsharfe sanft und leise, wie süßes Licbeögestüstcr? — Nein! neiil! ich war nicht mehr auf dem Balkon der Klopp — ich ging in Onende am Meeresstrandc auf und ab und hatte meinen Arm um die Taille meiner Vraut geschlungen, ihre goldenen Locken wehten und sie flüsterte und fragte--------- „Wollen Sie heute Nacht hier bleiben?" Ich fuhr zusammen, als hätte mir Jemand einen Schlag auf den Kopf gegeben und griff unwillkürlich nach meinem Hut, als sei er in Gefahr in den Abgrund geschleudert zu werden. — Vor mir stand der greise Gärtner und blickte mich forschend an. Er hielt ein Vund Schlüssel in der Hand und schien höchlichst erstaunt. „Ja, Herr, ich hätte Eie beinahe eingeschlossen, denn wie konnte ich glauben, daß Sie auf dem Balkon einschlafen würden?" Jetzt erst gewahrte ich, daß es fast dunkel geworden war und das; die Sterne bereits am Himmel fnukcltcn. Ich ließ den alten, ziemlich mürrischen Gartenschließer auch bei seiner Meinung, raffte mich auf und eilte davon, wie Jemand, der bei eine.» abendlichen Stelldichein attrapirt worden ist. Ich hemmte nicht eher meine Schritte, bis ich im „Weißen Noß" anlangte und hier, im hcllerleuchtcten, von der Tagestcmperatur durchwärmten Saal, die Nachtkühle des SeptemberabeiidZ von meinen Gliedern schüttelte. Ein Glaö Scharlachberger brachte mich endlich ganz wieder nn das Ge° stade des Rheins und in die Nähe des MäufethurmeZ. Wohlgemuth, wie ein glücklich Verliebter es zu sein pflegt, schaute ich an der Wirthötafel umher und fand auch hier eine fröhliche Gesellschaft. Ganz in meiner Nähe saßen vier Herren, die dem Scharlachberger ordentlich zusprachen und in äußerst heiterer Laune sich auf Französisch unterhielten. Ein Witz jagte den audern, und bei einem höchst pikanten Calembour lachte ich hell auf. Mein Nachbar blickte mich freundlich an, und ich hielt eö daher nicht für unschicklich, einige Worte des Beifalls hinzuzufügen. Das Gespräch wurde lebhafter, und alsbald war ich mit den Franzosen in der besten Unterhaltung. Da sich aus dem Verlauf derselbe» ergab, daß sie eine Vergnngungstour an den Rhein gemacht und ich mich in derselben Lage befand, so verabredeten wir für den folgenden Morgen eine gemeinsame Varthie auf den Niederwald und Schloß Nheinstein. Wir trennten uns in bester Laune und ich fertigte an meine Brant noch cinc Schilderung von Vingen, Klopp und den Franzosen ab, in der der Schallachdergcr gar gewaltig hcrumgcspukt haben mag. Die aufgehende Sonne fand uns schon im Nachen, der uus über die Stromschnclle des Bingclloches fort und . nach Aßmannshauseu trug. Die Franzosen wurden immer zutrau« . licher, und da ich als Deutscher den Neiscmarschall machen mußte, so überschütteten sie mich mit Artigkeiten. Der älteste ' und ernsteste der vier Herren war indeß in Bingcn zurückgeblieben, und als wir heiter, aber ein wenig ermüdet heim- kehren, fanden wir ihn auf seinem'Zimmer. Ich trat mit den Andern bei ihm ein, um mich nach seinem Befinden zu erkundigen, war aber nicht wenig über das veränderte Aussehen des Mannes erstaunt. Seine Wangen hatten jeden Schimmer von Farbe verloren, und die gelbliche Haut kon-trastirte unangenehm mit dem dunkelschwarzen Backen- und Schnurrbart. Die Lippen hatte er fest zusammengepreßt, und lodernde Blitze zuckten aus den schwarzen Augen den drei Freunden entgegen. Ehe er mir auf meine Fragen antwortete, zog er einen erbrochenen Brief aus der Brust und übergab ihn einem meiner Begleiter. Ich sah, wie alle Drei mit ängstlicher Spannung anf das entfaltete Papier blickten, zusammenschi-ackcn und wie rathlos auf den Besitzer des Schreibens aufschauten. Dieser sah stumm vor sich nieder, ließ dann den funkelnden Blick flüchtig an mir vorübergleiten und sagte, die Hand krampfhaft zusammenballend: „korc^!" Kaum war das Wort aus seinem Munde, so antworteten alle Drei mit wilder Heftigkeit durcheinanderredend, aber in einer Sprache, die ich anfangs uicht erkannte. Aber der Aeliere antwortete in derselben Sprache und mit gleicher Leidenschaftlichkeit. Mir war es unangenehm, hier Zeuge einer heftigen Szene zu sein, die jedenfalls besser ohne Zuschauer gespielt wurde, die mich aber anderseits auch höchst befangen machte, da ich kein Wort verstand und erst nach langem Hören und Siunen zu der Gewißheit gelangte, daß die vier Herren sich in irgend einem italienische» Dia« , lekte unterhielten. Da ich überhaupt nur so viel Italienisch verstehe, als man aus den Noten zn lernen pflegt, so trat ich an das Fenster und trommelte auf den Scheiben, um die unbehaglichen Gmpfindnngeu dieser Situation zu verscheuchen. Der Streit der Herren dauerte indeß lange und wurdc äußerst heftig geführt, da sie jetzt ihre wahre Muttersprache redeten, und ich wunderte mich im Stillen nicht wenig während des heutigen Zusammenseins uicht ein Wort italienisch von dem Einen oder dem Andern gehört zn haben. Wie ich diesen Nefleriouen noch nachhing, trat der anscheinend Jüngste' auf nuch zu, gleichsam um den Wortwechsel zu entschuldigen. -^- Ich lächelte und sagte gutmüthig: , i „i'nrluw itllliuim, Zjn'iwr«?" — — Wen» dem sorglosen einsamen Wanderer ein „Steh ^ oder ich schieße!" zugerufen wird, so kann das keinen mäch- ! tigern Eindruck machen, als diese unschuldigen Worte hier z hervorriefen. Die Rede erstarb den Streitenden auf der Lippe; einen Moment standen die vier Männer wie gelähmt — dann stürzten sie auf mich zu, und in einem Nn — lag ich am Boden, regnngslos, keiner Veweguug fähig. Eine ! eiserne Faust schnürte mir die Kehle zu, und ich drohte zu - ersticken. Ich versuchte mit krampfhafter Anstrengung die ! Hand abzuschütteln, vergebens! Das Blut schoß mir in die ^ Augen, noch ein Mal schlug ich sie auf und sah die bliz- ! zcnde Klinge über meinem Halse schweben! — Die Sinne ^ schnandcn — und dumpfe Nacht umfing mich! ^ Als ich erwachte, lag ich auf einem Bette, an Händen ! und Füßen gebunden. Der Fremde, welcher die iparthie 119 nicht mitgemacht hatte, stand vor mir, ein feines, dünnes ! Stilct in der Hand, sorgsam die Spitze desselben prüfend. Kaum gewahrte er, daß ich die Aligen öffnete, so sagte er mit gedämpfter, rauher Stimme auf französisch.' „Machen Sie den geringsten Versuch zu entfliehen oder Hilfe herbei zurufen, so sind Sie des Todes!" „Aber, um Gottes willen! was wollen Sie nur von mir?" „Schweigen Sie, mein Herr, das findet sich!" ent-gcgnete er lakonisch, sah mich düster an und fuhr fort mit dem Stilet i'lber die innere Handfläche bin- und Herzusahren. t S ck, l u si folnt.) Dilder aus der Heimat. I. Sittich. Willst Du mir folgen, freundlicher Leser! auf einer Fahrt durch unsere, vom Flügelroß des Dampfes durch« brauste und doch in ihrer verborgenen Schönheit, in ihren geheimen Wundern so wenig gekannte Heimat? Zwar wählen wir zu unserem Ausfluge nicht das schnaubende Lokomotiv, diese Feuerwolke des auserwählten Volkes der Reisenden; sondern wir besteigen den Postwagen, cin Denkmal der alten guten Zeit, einsam hereinragend in unser Jahrhundert des Dampfes und der Eisenbahnen. Lustig schmettert das Horn und wir rollen zum Thore hinaus, wenigstens des Post-Hofes, denn unsere gute Vaterstadt hat die Schnürbrust der mittelalterlichen Städte, den eisernen Ring dcr Mauern und Wälle schon fast vor 100 Jahren abgeworfen. Damals, als vor dem hellen Blicke Kaiser Josefs die Nebel einer finsteren Zeit wichen und für Oesterreich ein nnr zu kurzer ^ Frühlingsmorgen aufdämmerte, sanken auch die Thore und Ringmauern unserer Stadt uud sie streckte ihre Hauscrarme nach allen Richtungen der fruchtbaren Ebene, die sich am , ' Fuße der julischen Alpen hiudehnt. Wir sind allein in unserem Gefährte und können den. herrlichen Aprilnachmittag ! genießen, uns in köstliche Trä'uuiercien versenkend. Wolkenlos blaut dcr Himmel, in schneeiger Pracht glänzen die Alpen und vor uns liegt,die sonst in ihrer einsamen Oede erhabene, jetzt von üppigen Saaten durchwogtc Moorebene, ! einst das Eldorado dcr Laibacher Iagdschützeu, welche jetzt die fernen Iagdgrüude von Freudenthal und der Steiner Alpe aufsuchen müsse». Hier jagte und angelte ein liebcns- ! würdiger Gast aus dem' fernen Nebeleiland, der berühmte ! Sir Humphry Davy. Die österreichischen Alpenläüder waren ! sein Lieblil'gsausenthalt, er zieht sie der Schweiz vor, und z findet das Volk bei weitem ansprechender, „mannigfaltig in ! Gebräuchen und Sitten, von illyrischer, deutscher und italienischer Abkunft, haben sie alle dieselbe Einfachheit des Charakters, sie sind alle ausgezeichnet durch die Liebe zu ihrem ! Vaterlands, dlnch die Anhänglichkeit m: ihren Souverän, durch die Warme und Reinheit ihres Glaubens, ihre Red> lichkeit und, mit wenigen Ausnahmen, durch ihre große Höflichkeit und Zuvorkommenheit gegen Fremde." (Tröstende Betrachtungen auf Reisen, oder: die letzten Tage eines Naturforschers. Verdeutscht von Martins, Nürnb. 1839. S. 16t.) In der Blüthe des Lebens hatte er diese Thäler besucht, später war er, Italien verlassend, vor einer zerstörenden Leidenschaft hierher geflüchtet, und fand hier Ruhe und Erquickung. In einer vorgerückten Lebenszeit hatte er hier Trost gesucht und seine, durch geistige Anstrengung verlorene Gesundheit wiedererlangt; hier war er dem Geiste einer jugendlichen Vision begegnet, dem Schutzgeiste des tief füh-lenden Philosophen, der ihm in einer Todeskrankheit in der Gestalt seiner liebenswürdigen Pflegerin nach langen Jahren wieder erschien. Wie rührend spricht sich seine Liebe für die Natur aus in deu Worten: „Die Natur betrügt uns „niemals; die Felsen, die Verge, die Ströme sprechen immer „die nämliche Sprache. Ein Schneeschauer mag im Frühlinge die grünenden Wälder verstecken; ein Gcwittersturm „mag die durchsichtige Vläue der Ströme trüben, diese Er-„eignisse sind doch nur selten und vorübergehend, >— in „einigen Stunden, in einigen Tagen sind allc Quellen der ,,Schönheit erneuert. Die Naiur verfolgt nicht in einer un-„unterbrochcnen Reihe von Unglücksfällen und Elend, der-„gleichen von der schwachen Beschaffenheit dcr Menschen abhängen; sie bietet keine Hoffnungen dar, die schon in der „Knospe vernichtet sind; sie zeigt keine Wesen voll Leben, „Schönheit und Verheißung, die in der Blüthe der Jugend „hinweggerafft werden. Ihre Früchte sind alle balsamisch, „glänzend und süß; sie läßt uns keine verkümmerten sehen, „wie sie so häufig im Menschenleben sind, ähnlich jenen „fabelhaften Aepfeln des todten Meeres, frisch und schön „anzusehen, aber, wenn gekostet, voll Bitterkeit und Asche." Wir passircn Lauerza, einst ein viel besuchter Vergnügungsort der Laibacher, wo unser Kondukteur schon das Bedürfniß fühlt, sich durch ein Gläschen guten Weines zu erquicken und dabei dem biedern Wirthe schreckliche Dinge von einem Ueberfall auf der Fiumaner Vostftraße erzählt. Nun biegt unser Weg vom Moore ab und folgt der Berglehne, ein Kirchlein auf einem hohen Verge immer vor uns, über Hügelland in die Gefilde Unterkrains. Beim vierten Meilenstein sehen wir am Abendhimmel, der in jenen unbeschreiblich reinen dämmernden Tinten prangt, die Alpen zum letzten Male, dann senkt sich die Straße in die Verge und sie entschwinden unsern Blicken. Schlösser uud Ortschaften fliegen vorüber; dort auf dem weithinschauenden Hügel Gayerau mit seiner dunklen Kastanienallec, dort die altersgraue Schloß-mauer von Weißcnstein, gelehnt an den d-unklen Tannenwald, mir zurückrufend cin Jahr, verlebt am, Busen der Natur in träumerischer Zurückgezogenhcit, kostend zuerst vom kastalischen Quell, der aus Anastasuis Grün's „Schutt" sprudelt, in der goldenen Zeit hoffender und bangender Jugend. Wir haben die Poststation Pesendorf erreicht und lassen unsere alte Freundin, die Postkutsche, allein ihren Weg ver- 12tt folgen, fast wollten wir sagen, wir überlassen sie ihren Gedanken, wie sie in der Abendkühle so weiter rollt, ohne ein Menschenkind zu beherbergen, außer ihrem Führer und Kondukteur. Uns bringt ein kurzer Fußweg an unser Reiseziel, das in glücklicher Verborgenheit, i» schützender Vergschlucht liegende Cisterzienserstift Sittich. Stattlich rage« die weißcn Mauern des schloßähnlichen «Klosters in die Abendluft und beruhigend legt sich die herrschende StiUe im kleinen, wenige Häuser zählenden Ort auf das Gemüth. Eine altmodische gewölbte, sechseckige Stube mit Familienbildern, in einem einstigen Landhause des Prälaten, jetzt einem guten altmo« dischen Gasthaufc, nimmt uns zur Nachtruhe auf. HesperuS, der freundliche Stern, führt den Neigen der Nacht herauf und wir versinken in tiefes Sinnen. Hier in der klösterlichen Stille fühlen wir den Schmerz der Mönche, die ein Machtspruch ans ihrem friedlichen Asyl vertrieb., ... Die Morgenluft, nach stärkender Ruhe, lockt uns ins Freie, wir wandern in Begleitung des freundlichen Kaplans am Ufer eines klaren, Forellen führenden Baches in eine schattige Schlucht, mit Lust die erquickende Luft athmend und uns freuend am Gesänge der Vögel. Hoch im Verge soll noch die Franzisziquclle mit marmorner Einfassnng und der Jahreszahl 1684 von den Brüdern des Ordens zeugen, die oft dahin wanderte«, mit kühlem Trunk sich zu erfrischen. Ein kleiner Katarakt ergötzt unser Äuge dnrch sei» silbernes Schaum-»vcrfen, wenn er uns auch nicht tiefer ergreift. Der Rückweg führt uns zum Kloster. Die Chronik (und wir haben eine von einem sinnigen Klosterbruder I'. Paul (Putzel), in netter Handschrist, 1719 in gutem alten Mönchslatcin geschrieben, in unserem Museum) erzählt uns von der Gründung des Klosters: Hier war ein Landgut im Streite zwischen drei Brüdern: Heinrich, Theodorich und Megcnhalm (entweder Aueröperger, die in der Nähe Besitz hatten, und von denen viele im Kloster begraben, oder Weirelburgcr, die später Vögte des Klosters waren und von denen Einer mit Herbert v. Aucrsperg bei Budasko blutete, oder auch aus einer bald erloschenen Familie Sittich, dcrcn Name und Wüppcn auf das Kloster überging. Der Patriarch Pere-grinns von Aquileja, dessen kirchliche Oberhoheit auch über Krain gebot, erwarb das Gut und bestimmte es zur An-siedlung der Cisterzicnser, deren Stifter, der Abt v. Clugüy, Bernhard, damals (1133), noch lebte. Das Slavenland war kaum dem Christenthum erobert worden, 1066 noch hatte St. Ve,lno von Hildeöheim, Bischof von Meißen in Sachsen, hier an der Hcidcnbekchrung gearbeitet, die Söhne dcs h. Bernhard sollten die Neubekehrten in der Lehre befestigen. Die ersten Mönche schickte das Kloster Rein (bei Graz); den ersten Abt: Vinzenz, der h. Beruhard selbst aus dem gallischen Kloster.M or i ul u nd. Die Sage will nach unserer Chronik, noch von einem ältern Kloster in St. Veit bei Sittich wissen, 3 Jahre vor diesem. Auch an den Namen klammclt sie sich erfinderisch. Anfänglich baute man das Kloster im Felde, aber was der Flciß der Bauleute bei Tag gefördert, zerstörte eine unsichtbare Hand bei Nacht. Da ließ sich ein fremder Vogel hören, dessen Ruf klang: 8it luc, 8it I,ic. Und so wurde daS Kloster, in der schützenden Vergschlucht gebaut, wo es noch liegt. Zur Erinnerung hielt das Kloster einen Papagei im Nefectorio. Auch in Weinhoff hat nach der Sage ein älteres Kloster nach der Regel des d. Venedikt, bestanden, das bei Gründung Sittichs diesem einverleibt wnrde. Das Kloster zeigt sich uns noch stattlich und wohlerhalten, in langer, mit zwei Eckthürmen geschmückter Front. Sonst schützten es Graben und Ringmauern mit Befestigungen (1497 von Abt Martin gebant, 1513 von Abt Johann Glavitsch vollendet und 1329 von den Brüdern gegen den Erbfeind vertheidigt.) Noch 1348 kaufte Abt Johann (Zerer) 6 Geschütze für dieselben, die spater theils nach Ainöd geschenkt, theils (l671) in Glocken umgegossen wurden. , (Fortsetzung folgt.) Literatur. Von „Lloyd'sIllustrirtcr Reisebibliothek" ist das 7. 'Händchen, von Wien nach München, erschienen, und wie sein Vorgänger, elegant ausgestattet. In der ersten Abtheilung wird die Eisenbahnfahrt von Wien nach Linz, in der zweiten die Donaufahrt von Linz nach Wien, in der dritten die Eisenbahufahrt von Linz nach Salzburg, in dervierte n die von Salzburg nach München, in der fü n ften die Donaufahrt von Passan nach Linz, von Station zu Station sammt z allen Merkwürdigkeiten und Naturschönheiten der ganzen Gegend in der anziehendsten Weise beschrieben. Der Tourist kann mit diesem Führer in der Tasche das ganze obere Donaugebiet und das prachtvolle Alpengebiet des Salzkammergutes auf's Bequemste und Billigste bereisen. Die kleine Eisenbahnkarte, fünf Stahlstiche und 34. Holzschnitte zeigen ihm dabei die lohnendsten Parthien und die vornehmsten Sehenswürdigkeiten auf dieser Tour. Genaue Fahrpläne und Preistarife bilden die zur Oricutirung nöthige Zugabe. Das eben ausgegebene zehnte Heft des „Illustrirten Familienbuches" bringt viel des Interessanten. So z. B. ein Gedicht «Heiße Liebe" von Johannes Falke, eine Novelle „ein deutscher Professor" von Ludwig Ißleib, „die Farbe der deutschen Burschenschaft" , Bruchstück aus den Erinnerungen eincs Erlanger 'Studenten, einen weiteren Beitrag zn d^n Bildern aus dem klassischen Alterthum von Dr. A. Woltersdorf: Die Schlacht bei Philippi. Ganz besonders hat uns von den größeren Aufsätzen eine biogra-fische Skizze von Th. Opitz: „Alera'ndcr Puschkin" und eine klllturpsychologische Studie vom Professor G. Lindner: „Ueber Glück und Glücksgüter" , angesprochen. Auch die Rubrik Handel, Haushalt und Gewerbe ist durch anziehende Mittheilungen von dcm in diesen Fächern so bewanderten Dr. W. Ha mm und die kritische Bücherschau durch einen neuen Literatur-Bericht von Levin Schücking vertreten. Nicht unerwähnt endlich dülfen n>ir die hübschen drei Stahlstiche lassen: Die kleine Kreolin, der Koloß S. Carlo Varro-meo in Arona und das eiserne Thor bei Orsova. Druck und Perlag von Ign. v. iNeinmayr 35 F. Vamberg in Laidach. — BerantworNichsr Ncdacttur F. Vamberg.