Herausgegeben von der Kongration: Missionäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu. Preis ganzjährig 2-50 S, Deutschland 2 Mark, Italien 8 Lire, Ungarn 2'50 Pengö, Tschechoslowakei 12 öS, Jugoslawien 25 Dinar, Schweiz 2'50 Franken, übriges Aus-________________ land 2 Goldmark, Unser Heiliger Vater Pius XI. hat wie schon früher Papst Pius X. der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden täglich heilige Messen gelesen. Mit Empfehlung der hochwürdigsten Oberhirten von Brixen, Brünn, Graz, Leitmeritz, Linz, Olmütz, Marburg, Trient, Triest und Wien und Druckerlaubnis des Generalobern. Left 7 Juli 1936 XXXIX. Jahrgang In den Händen der Tuaregs. Aus dem Reiferverk „Afrika ruft“ von Hermann Freyberg (Drei-Masken-Verlag, Berlin) entnehmen wir noch die folgende Schilderung mit Verlagsbewilligung: ... Ich beeilte mich, die ungastliche Stätte (Zinder, ein in Felsen gehauenes Fort der Südsahara) zu verlassen, und zog mit meiner Karawane schon am nächsten Tag weiter gegen Timbuktu. Wir waren noch nicht sehr weit gekommen, als der Anführer meiner Beduinen auf mich zuritt und mir sagte: „Herr, wir können nicht weiter mit dir ziehen. Die Tuaregs, in deren Gebiet wir jetzt kommen, sind böse Menschen." Ich bot ihnen höheren Lohn, umsonst, sie waren nicht zu bewegen, zu bleiben. Ich fluchte, ich tobte, bestand auf unserer Vereinbarung, nach der sie mich nach Timbuktu zu bringen hatten, aber sie blieben dabei, sie ritten nicht weiter. Vielmehr begannen sie, mein Gepäck abzuladen. Während wir noch verhandelten, bemerkte ich in etwa zweihundert Meter Entfernung ein Rudel Saharagazellen auf der Flucht. Hinter ihnen sahen wir bald darauf eine sich schnell nähernde Staubwolke. Zwei Minuten später waren wir von einer Schar Tuaregs umringt. Da waren sie, die gefürchteten Räuber der Wüste. Das erste, was meine Begleiter taten, war, ihre Waffen wegzuwerfen, denn sie wollten nicht als Feinde gelten. Ihr Leben war ihnen zu lieb. Das zweite, daß die Tuaregs diese Waffen an sich nahmen, mit denen sie offenbar besser umzugehen verstanden als meine feige Gesellschaft. Dann umstanden uns die Tuaregs in ruhiger, man hätte sagen können, fürstlicher Haltung, kühne, große, schlanke Gestalten, mit blitzenden Augen in dem halbverschleierten Gesicht. In den Händen hielten sie moderne Mauserbüchsen. Das „Gefecht", das sich nun entwickelte, war eins mit Worten. Aus dem Gespräch zwischen den beiden Anführern verstand ich so gut wie nichts. Nur ab und zu wiesen meine Begleiter auf mich mit den Worten: Germani. Der Führer der Tuaregs trat nun auf mich zu, nachdem er feine Büchse einem seiner Leute übergeben hatte, und begrüßte mich in der Sprache der Haussa: „Zanu Baturi, zami, zanu — zaiki, zaiki, hm, hm — 1/asia.“ („Ich begrüße dich, hoher Herr, du bist ein großer Löwe, Allah sei mit dir.") Die Begrüßung war ganz und gar danach angetan, in mir den Gedanken zu erwecken, daß man die Höhe des Lösegeldes nach der Bedeutung meiner gewichtigen Persönlichkeit festzusetzen beabsichtigte, wenn sie auch teilweise auf das Konto der Vorliebe der Tuaregs für eine blütenreichs Sprache zu setzen war. Ich sagte daher: „Ich bin kein großer Löwe, wie du vielleicht denkst, sondern nur eine arme Ratte, ich habe gar kein Geld." An Verteidigung war gar nicht zu denken. Ich hatte zwar meine zehnschüssige Mauserpistole entsichert am Gurt und hätte einige von ihnen umlegen können. Aber hinter mir standen zwei Mann mit haarscharf geschliffenen Speeren. Ich verlegte mich daher aufs Verhandeln. „Du wirst doch einen Germani nicht berauben wollen, einen Mann aus dem Volke, das in dem großen Kriege den Islam verteidigt hat, das weißt du doch?" Natürlich wußte er es nicht, aber er sagte: „Selbstverständlich weiß ich das, wir wissen alles, und damit du siehst, daß wir deine Freunde sind, werden wir dich freilassen, wenn du uns tausend Pfund Sterling Lösegeld zahlst. So lange aber mußt du bei uns bleiben." Sie nahmen uns alle Mann in die Mitte und führten uns zehn Tage lang nordwärts in die Sahara zu ihrem Oberanführer. Ich war begierig, zu sehen, wie diese Geschichte auslaufen würde, denn daß ich niemals nur einen Pfennig Lösegeld zahlen würde, stand bei mir fesch Der Oberanführer war ein wildaussehender Bursche, der mir zu imponieren versuchte, was ihm aber nicht gelang. Ich achtete weniger auf ihn als auf meine Umgebung. Das Lager war nach meiner Schätzung alles in allem von fünfhundert Menschen bevölkert. Es lag in einem ziemlich engen Seitentale des Asbengebirges, das von einem Wasserlauf durchzogen war. Beiderseits des Baches waren grüne Weidestrecken, bestanden mit Dattelpalmen und Erdnußsträuchern. Die Tatsache, daß außer Männern auch Weiber und Kinder anwesend waren und auf den grünen Flächen Ziegen und Hammel weideten, deutete darauf hin, daß diese Abteilung sich für einen längeren Aufenthalt eingerichtet hatte. Das Asbengebirge ist ein typisches Wllstenhochland, bestehend aus einer Reihe felsiger Tafelberge, die bis zu achthundert Meter aufragen. Die Berge sind vollständig kahl, ähnlich den Höhenzügen in Südafrika. Inzwischen hatte sich der Oberanftihrer berichten lassen, wie und wo man mich und meine Leute gefangengenommen hatte. Meine Sachen hatte man mir alle abgenommen, selbstverständlich auch die Waffen. Dagegen hatte man mir mein kleines seidenes Jagdzeit mit Bett und beit notwendigsten Utensilien belassen und am Fuße eines steilen Abhanges, ziemlich am Ende des Lagers, gurrt Aufenthalt aufgebaut. Auch meinen Bornumann Paro ließ man mir zu meiner persönlichen Bedienung. Es war ein Glück, daß mein Boy Pidgin-Englifch verstand, so daß wir uns in einer Sprache unterhalten konnten, die von keinem Tuareg verstanden wurde. Auf meinen Jaro konnte ich mich ver-lafsen. Er ging für mich durchs Feuer. Wenn ich ihm gesagt haben würde: „Schlag den Anführer tot", fo hätte er diesen Befehl unter allen Umständen ausgeführt. Mein Paro entstammte den kriegerischen Bornuleuten, war ebenso verschlagen wie tapfer und ein Meisterschütze. Er kannte die meisten Waffen, und ich hatte ihn dazu angeleitet, Gewehre gtt zerlegen und wieder zusammenzusetzen. Als er am ersten Abend meinen Tisch deckte, flüsterte er mir zu: „Master, habe keine Sorge, wir kommen hier weg. Ich war schon einmal bei den Arabern mit einem englischen Master gefangen und werde es hier genau fo machen wie am Tschadsee." Ehe ich fragen konnte, wie ec es damals gemacht habe, trat der Oberräuber an mein Zelt und brachte Schreibpapier, noch dazu aus meinem eigenen Vorrat. Dabei sagte er: „Baturi, du wirst jetzt einen Brief an die große Bank in Kano schreiben und verlangst tausend Pfund. Aber kein Papiergeld, sondern in Münzen. Wenn den Boten etwas passiert, mußt du sterben. Das mußt du schreiben. Sobald wir das Geld haben, bist du frei und kannst mit deinen Leuten zurückziehen. Wir begleiten dich bis kurz vor Zinder." Ich nahm meinen Kopierstift zur Hand tmd dachte angestrengt darüber nach, was ich Durch das Hinterland von Kamerun. Die Träger eines Mill-Hill-Mifsto-nars in der Apostolischen Präfektur Buea in Vri-tisch-Kamerun durchwaten die Furt eines Flusses im Innern der Kolonie. Um seine Station Njikom, hoch im Norden Kameruns, zu erreichen, mutzte einer der Missionare nahezu 600 Kilometer durch den Busch marschieren. Die Reise kostete ihn 18 Tage. der Bank schreiben sollte. Ich hatte zwar noch genügend Geld liegen, aber das gehörte der Berliner Firma. Es für diesen Zweck anzugreifen, war unrichtig. Wer würde mir diese ganze Räubergeschichte wohl glauben. Zwar stand der Fall einer Entführung nicht vereinzelt da. Man hat in der Südsahara weiße Gefangene schon jahrelang festgehalten und zu Sklaven gemacht, aber in Deutschland hätte man das Ganze für einen plumpen Schwindel gehalten. Also was tun? Plötzlich kam mir eine Idee. Ich faßte den Brief in der vorgeschriebenen Form ab, denn es war immerhin denkbar, daß irgendeiner von den Leuten oder ihren Freunden in Zinder, durch den man den Brief kontrollieren ließ, Englisch verstand. Weniger wahrscheinlich war, daß im Umkreise von tausend Meilen jemand Deutsch lesen konnte. An Stelle meines Namens schrieb ich als Unterschrift in deutschen Lettern: Nicht zahlen. Es konnten Monate vergehen, bis die Boten zurückkamen, und ich hoffte, bis dahin ohne fremde Hilfe mit meinem Paro und Nachtwächter freizukommen. Kaum war der Anführer wieder fortgegangen, als mein Paro zu mir kam und mir berichtete, daß die Beduinen, die mich begleitet hatten, friedlich mit den Räubern zusammensaßen und ganz offenbar mit ihnen gemeinsame Sache machten. Ihnen durste ich also nicht trauen, hatte sie im Gegenteil als Feinde anzusehen. Meinen Befreiungsplan baute ich auf folgender Überlegung auf: Niemand würde annehmen, daß ich unmittelbar nach meiner Gefangennahme einen Fluchtversuch unternehmen würde. Denn im allgemeinen ist es so, daß Gefangene erst mit der Zeit auf solche Gedanken kommen. Infolgedessen würde im Anfang die Bewachung keine strenge sein und eine Flucht im Anfang der Gefangenschaft die meiste Aussicht auf Erfolg haben. Tatsächlich wurde ich so gut wie gar nicht bewacht und auf meinen Boy, der eine Unschuldsmiene zur Schau trug und sich so dumm wie möglich benahm, achtete überhaupt niemand. Zrir Flucht brauchten wir vier gute Pferde. Meine Waffen wollte ich auch nicht im Stich lassen. Noch am selben Abend machten wir einen Kriegsplan. Jaro sagte: „Master, ich weiß, wo deine Gewehre liegen. Die Tuaregs haben nur zwanzig Gewehre, die Pferde sind am Bach, alle an den Vorderbeinen gefesselt. Du mußt mir dein großes Rasiermesser geben. Wenn ich dir morgen dein Abendessen gebracht habe, schleiche ich mich zum Bach und werde allen Pferden, bis auf die vier für uns, die Sehnen durchschneiden. Du mußt dich schlafen legen und schnarchen. Du brauchst keine Sorgen zu haben, deine Wachen schlage ich mit einem großen Stein aus den Kopf, genau so, wie ich es mit Ibrahim in Kano gemacht habe, der dich betrogen hat. (Er meinte damit Ibrahim Nummer fünf.) Gewehre und Munition bringe ich zu den Pferden, und bann reiten wir los. Nachts reiten wir, und am Tage liegen wir in den Felsen versteckt. Verfolgen können sie uns nicht, denn ihre Pferde sind lahm. Was ich am Proviant finde, stehle ich!" Die Sache sah ja sehr einfach aus, und ich konnte vorläufig nicht viel dabei tun. Im Gegenteil, ich mußte mich so harmlos wie möglich benehmen. Wie dieser Teu- „Der Bischof tier Sturmwinde." Seit 45 Jahren wirkt Bischof Breynat, der 69 Jahre alte Apostolische Vikar von Mackenzie, an der Spitze seiner OblatenmMonäre am Nordwöst-Territo-i'ium Kanadas. Tausende von Kilometern hat er zu Fuß, zu Pferd, im Hundeschlitten, im Kanu, mit Auto und Flugzeug zurückgelegt. „Für Dhristus unterwegs", lautet fein Wahl-spruch. Seine Bereitwilligkeit, auf seinen Reisen jeder Art von Wetter zu trotzen, hat ihm den Namen „Bischof der Sturmwinde" eingetragen. feleherl das alles schaffen wollte, war mir ein Rätsel. Nun, ich ließ ihn gewähren. Lieber in der Wüste umkommen, als in den Klauen dieser Räuber bleiben. Troß der Aufregungen schlief ich in dieser Nacht tief und traumlos bis in den späten Morgen hinein. Den Tag über nahm ich öfter Gelegenheit, mit meinen Beduinen zu sprechen, und sagte ihnen, daß ich froh wäre, wenn die Boten zurückkämen, denn sie würden tausend Pfund Sterling mitbringen, und dann wären wir alle frei. Ich beobachtete bann, wie alles, was ich gesagt hatte, dem Anführer hinterbracht wurde, und daß man mich daraufhin ohne jede Bewachung im Lager umhergehen ließ. So orientierte ich mich so gut, daß ich die Weidestelle der Pferde mit verbundenen Augen hätte finden können. Tie Nacht brach an. Ich bekam wie am Tage vorher Hammelbraten am Spieß, von dem ich den größten Teil als Mundvorrat einpackte. Außerdem ließ ich große Mengen Tee abkochen und füllte meine sämtlichen Feldflaschen, die man mir gelassen hatte, damit. Schifsszwieback hatte ich noch für mehrere Tage. Dann schlich Uaro sich fort. Ich legte mich sogleich hin, um zu schlafen, und bemerkte, daß die Wache in regelmäßigen Abständen in mein Zelt hineinsah, um sich zu überzeugen, ob ich schliefe. Es mochten zwei Stunden vergangen fein, da kam Jaro zurück, legte feine Matte vor den Eingang meines Zeltes, wie er das gewohnt war, und rollte sich in feine Decken. Es wurde zehn Uhr, es wurde elf Uhr, es wurde Mitternacht; wir schnarchten um die Wette. Um Mitternacht wurde die Wache abgelöst, aber der neue Wächter nahm es mit seiner Pflicht nicht sehr genau. Er legte sich neben meinen Paro, um ein Nickerchen zu machen. Kaum hatte Paro, der wie ich aus der Lauer lag, die regelmäßigen Atemzüge seines neuen Lagergenossen festgestellt, als er sich aus seiner Decke wickelte, einen in ein Tuch gehüllten schweren Stein hervorzog und ihn mit solcher Gewalt auf den Schädel des Wächters niedersausen ließ, daß dieser, ohne einen Laut von sich zu geben, regungslos liegen blieb und sicher für einige Stunden betäubt war. Dann Brüder -und Schwarze beim Maishacken. Der Mais -spielt eine große Rolle in S-üd-afri-ka, da er das Hauptnahrungsmittel der Neger ist. griffen wir beide nach unseren Decken, Moskitonetzen, Feldflaschen und schlichen außen um das Lager herum an den Felsen entlang zu den Pferden. Im Fortfchleichen raunte er mir zu: „Master, wir müssen auf die andere Seite, unsere vier Pferde sind schon außerhalb des Lagers. Der Pferdewächter hat mich überrascht, und dann mußte ich ihm auch aus den Kopf schlagen; er war nur betäubt, und ich habe ihn so fest gebunden, daß er sich nicht befreien kann. Jetzt schnell fort. Ein Gewehr habe ich geholt, die anderen konnte ich nicht kriegen." Nach wenigen Minuten hatten wir die Pferde erreicht. Das schlafende Lager lag wie ausgestorben hinter uns, niemand hatte uns gesehen, niemand gehört. Die armen Pferde taten mir leid, aber mein Leben stand mir höher. Meinen Nachtwächter und Bäcker mußte ich leider zurücklassen. Auf den zwei ledigen Pferden schnürten mir alles fest, was wir in den Händen hatten, die Büchse nahm ich zur Hand, wir faßen auf und fort ging es nach Süden. Wir ritten die ganze Nacht hindurch und rasteten erst nach Sonnenaufgang. Bald fanden wir auch ein gutes Versteck und konnten ausruhen und uns stärken. Dann aber schlief ich wie ein Toter. So ging es vier Nächte und vier Tage, ohne daß wir eine Menschenseele trafen. Am fünften Tage, früh um sieben Uhr, ritten wir in Zinder ein. Jetzt erst waren wir in Sicherheit. Hier hielten wir uns nur einen Tag auf, ohne Meldung zu machen. Ich versprach mir nicht viel davon, da ich der Ansicht war, daß man wegen eines Deutschen keine Strafexpedition aussenden würde. Bei einem Händler in Zinder kaufte ich auf Kredit Proviant und Kochgeschirre und beeilte mich, auf der Karawanenstraße nach Daura zu kommen, wo ich wieder Gast des Emirs war. Diesem erzählte ich mein Mißgeschick und meine abenteuerliche Flucht. Er sagte zu mir: „Herr, es ist mir gemeldet worden, daß heute zehn Tuaregs hier durchgeritten find, die es offenbar sehr eilig hatten, sie haben sich gar nicht hier aufgehalten. Da sie Ihnen nicht begegnet sind, so werden sie wohl einen anderen Weg eingeschlagen und Zinder gemieden haben. Heute kommt ja ein räuberischer Überfall selten vor, aber noch vor wenigen Jahren war so etwas an der Tagesordnung. Seien Sie froh, daß Sie frei sind, lebendig wären Sie nie freigekommen." Und ob ich froh war! Ich fuhr nun zurück nach Kano, brachte meine Angelegenheiten so schnell wie möglich in Ordnung, erzählte niemandem ein Wort von meinen jüngsten Erlebnissen und sagte dem Direktor der englischen Bank auf seine Frage, wozu ich diesen Unglück kündenden Brief geschrieben hätte, es habe sich um einen unangenehmen Zwischenfall in der französischen Sahara gehandelt, über den ich lieber nicht sprechen wolle. Mein Diener ließ es sich nicht nehmen, mich bis nach Lagos zu bringen, denn er wollte gar zu gern auch einmal ein ganz großes „Kanu" (Dampfer) sehen. Und als ich den Dampfer „Sultan" der Deutsch-Ostafrika-Linie betrat, sagte mir der treue Bursche zum Abschied: „Herr, du kommst wieder, ich weiß es. Ich werde keine Stelle annehmen und auf dich warten!" Und die Wogen des Ozeans schlugen gegen den Bug des Schiffes und fangen: Heimwärts, heimwärts! Der Ahnenkult der Schwarzen in meinem Distrikte. ^ Von P. Franz Tremmel, F. S. C. Im politischen Bezirke Nelfpruit leben Swazi, Ma-Bai, Ma-Pulane und andere Stämme. Bei weitem an Zahl überlegen sind die Swazi. Sie sind hier auch das führende Volk. Ihre Sprache ist die Verkehrssprache. Wie ihre Sprache, so sind auch ihre Sitten und Gebräuche, ihre religiösen Anschauungen und Kultakte mit denen der Zulu verwandt. Wie bei den EheschlieMNp im UramiUbe. P. Anton -von Perugia, ein KnpuzinermMonar des Apostolischen Vikariates Ober-Colimoes in Brasilien, spendet den Jauas-JnLicmern, die er in Unterricht genommen hat, die -Sakramente. Die J-auas leben im sogenannten Jararadistrikt auf der linken Uferseite des Javary, nahe der Grenze von Peru. Zulu herrscht auch hier der Kult der Amadlozi, der Kult der Ahnengeister. Direktes Ausfragen über ihre Amadlozi (sprich: Amaschlosi!) führte mich nicht zu einem befriedigenden Ergebnis. Ein besseres Bild bekommt man durch Beobachtung ihrer Sitten und durch indirekte Fragen. Ein Idlozi ist der Geist eines Menschen, der vom Körper durch den Tod geschieden wurde. Jeder erwachsene Mensch, selbst jedes Kind, wird nach der Überzeugung der Swazi ein Idlozi, das heißt ein gottähnliches Wesen, ein Ahnengott. Dieser Geist geht nicht weg von dieser Erde. Er verwandelt sich oft in eine nichtgiftige Schlange, eine unschädliche Eidechse oder in ein anderes Tier. Diese Ahnengeister beherrschen das ganze religiöse Leben der Swazi. In ihren Händen liegt alles. Sie sind die gütige wie die verderbenwirkende Vorsehung der Swazi. Je nach dem Betragen der Lebenden sind sie über diese zornig und voll Rachsucht oder sie überschütten sie mit Huld und Wohlwollen. Alle Furcht und Hoffnung der Swazi ruht bei ihren Amadlozi. Die religiösen Dienstleistungen sind in den Amadlozi verankert. Die Ahnengeister schicken Wohlhabenheit, Erhaltung der Gesundheit, sie schicken aber auch Mißgeschick, Unglück, Viehseuche, Pest, ansteckende Krankheiten usw. Selbst über den Tod haben sie Gewalt. Auf einem meiner Missionsritte traf ich einmal eine Negermutter im Schatten eines Baumes am Wege fitzen. Sie spielte mit ihrem Kinde, während die anderen Frauen und Mädchen den Mais vom Unkraut säuberten. Wie ich sie frage: „Ja, Mütterchen, warum arbeitest du nicht?", erhielt ich die Antwort: „Ngiyagula.“ („Ich bin krank.") — „Ja, wo fehlt es Stern der Neger 103 Heft 7 denn?" — „Am ganzen Körper." — „Ja, wie kommt denn nur das?" — „Die Amadlozi sind in meinen Körper hinein und machen ihn krank. Ich kann sie nicht mehr loswerden." Ich frage sie dann: „Ja, können denn die Amadlozi einen Menschen krank machen?" — „Wie du nur so fragen kannst", gibt sie in etwas barschem Tone zurück. „Wer sollte so etwas sonst können?" Bei Krankheiten und anderen Vorkommnissen, die sich der Schwarze nicht erklären kann, müssen immer die Ama-dloz- herhalten. So geht auch hier des Dichters Wort in Erfüllung: „Dort, wo die Begriffe fehlen, stellt zur rechten Zeit ein Wort sich ein." Die Amadlozi haben nicht nur übernatürliche Gewalt, sondern auch übernatürliche Weisheit. Einer meiner Schüler auf Amanzimhlope (White Waters) hat in feinem Aufsatz über die Amadlozi folgende Bemerkung gemacht: „Die Amadlozi setzen . uns Schwarze in Verwunderung, weil sie sich mit dem Menschen vereinigen können und imstande sind, ihm alles zu sagen, was er zu wissen begehrt." Die Ahnengeister verlangen auch oft Opfer, sei es durch den Zauberer, sei es vom Verehrer selbst. Von meinem Pferde aus plauschte ich eines Tages mit einem grauhaarigen Baba (Vater), als fein Nachbar daherkam und uns störte. Nach der gewöhnlichen Gruß-formel: „Lebst du noch?" rückte er allmählich mit seiner Bitte heraus: „Kannst du mir keine Henne geben oder leihen?> Die Amadlozi sagen, ich muß eine Henne opfern, wenn meine Tochter wieder gesund werden soll." Eine Tochter bedeutet hierzulande ein Vermögen, denn für sie bekommt er bei der Heirat zehn bis zwölf Rinder, die alles bei den Negern gelten. An ruhigen Morgenstunden oder wenn das letzte Rot der afrikanischen Sonne über den wuchtigen Drakensbergen zittert, dringt nicht selten der Laut der Trommel Stratzenbild in Mukden. Hier laufen alte und neue Zeit nebeneinander her. Rikscha und Pferdewagen sind immer noch vertreten; aber die vielen guten Autostraßen, wie sie in China und der Mandschurei in den letzten Jahren gebaut wurden, bilden einen Anreiz für den Autobus- und Motoroerkehr. vom Tal zu unserer Station heraus. Welcher Missionar kennt nicht diese Trommel?! Sie ist das Bekenntnis des Heidentums. Sie ruft die von den Amadlozi Besessenen zum Tanze auf. Diese Trommel bringt es uns immer wieder zum Bewußtsein, daß da drunten im Tale noch die Ahnengeister das Zepter schwingen. Lieber „Stern"-Leser! In deinen Gebeten gedenke manchmal dieser armen Ahnenverehrer, damit sie sich der Sonne der Wahrheit, Christus, zuwenden und von ihrem Ahnenglauben lassen, der zutiefst in ihrem Herzen wurzelt. Amschau. Die australischen Ureinwohner. Die Dezember 1935 hat besonders auch im Wahl Lord S e m p i l l s als schottischen fernen Australien einen seltenen Wider- Pairs für das Englische Oberhaus im hall gefunden. Der wohlbekannte und 104 T tern Der 'J( e g e r liebenswürdige Flieger hat öfters bei den Missionären der australischen Ureinwohner Besuch gemacht. Sempills Berühmtheit datiert aus dem Weltkrieg. In der Nachkriegszeit wurde der Fünfundzwanzig-jährige zum Direktor im britischen Luft-sahrtministerium und gleichzeitig zum ofsiziellen Beirat Japans und Griechenlands für die Entwicklung des Flugdienstes ernannt. Als die Benediktiner von Buckfast ihre neue Abtei einweihten, sah man Sempill in der Höhe seine Ehrenschleifen ziehen. Bei der Grundsteinlegung der Kathedrale von Liverpool warf er Blumen aus seinem Flugzeug ab. Wenige Monate nach seinem übertritt zum Katholizismus im Jahre 1934 unternahm Lord Sempill — allein, wie es bei ihm zur Gewohnheit, ja fast Leidenschaft geworden war — mit einer Tourenmaschine den Flug von London nach Australien. Alles ging gut, bis Koepang aus der Insel Timor. Mit einem letzten „Flügelschlag" von 800 Kilometer hätte er Darwin erreicht, wo seiner ein festlicher Empfang wartete. Die Stunden vergingen, die Unruhe wuchs. Man wechselte Depeschen zwischen Koepang und Darwin. War dem einsamen Flieger ein Unglück zugestoßen? Die Erklärung war einfach genug. Lord Sempill war auf dem Gebiet der ka- tholischen Mission Bathurst niedergegangen und hatte beim Apostolischen Administrator der Diözese Victoria Palmerston, Monsignore ©feil (Herz-Iesu-Missionär von Jssoudun) eine Tasse Tee genommen. Diese Diözese, die mit ihren 1,500.000 Quadratkilometern ein Fünftel von ganz Australien bedeckt, also mehr als dreimal so groß wie Deutschland ist, wollte Lord Sempill ihrer ganzen Länge nach durchqueren. Seinen Stützpunkt nahm er in Alice Springs, im Herzen Australiens, 1600 Kilometer von Darwin entfernt, wo in der Regenzeit weder mit Darwin noch mit einem andern Hauptort Verbindung möglich ist. Es ist zugleich die isolierteste aller katholischen Missionen Australiens. Ein Einfiedlermij-sionär, P. Moloney, M. S. C., haust dort als Seelsorger einer Pfarrei so groß wie ganz Italien. Sollte beim damaligen Aufenthalt in Bathurst im Kops Lord Sempills der Plan gereift fein, auf der Insel eine radiotelegraphische Station für Flieger zu errichten, die den Weg von Nieder-ländisch-Ostindien nach Australien über die Timor-See machen? Tatsächlich denkt man jetzt in Australien fest daran. Die Station soll mit einem meteorologischen Observatorium verbunden und den Herz-Iesu-Missionären anvertraut werden. Diese letzteren haben 1933 der viermotorigen Begegnung tm Busch. Ein katholischer Missionar von Natal trifft einen Eingeborenen an den Ufern des Umlaziiflusses, der im Hinterland von Port Natal (Durban) in den Drakensbergen entspringt. Der Priester ist Deutscher und gehört zu den Maria nnh ill-Mifsionaren, bte im Kriqua- und Pondo-kand wirken. Mit dem Evangelium suchen sie den armen Schwarzen auch soziale und wirtschaftliche Besserung zu bringen. Einer der bekanntesten aus ihren Reihen, P. Bernard Hutz, sprach vor kurzem im Betschuana-1 a riti über rationellen Ackerbau. Einer der schwärzen heidnischen Zuhörer dankte mit den Worten: „Hundert Jahre schon wird uns das Evangelium gepredigt. Aber jetzt zum ersten Mal hat uns ein Missionär auch von unserer materiellen Wohlfahrt gesprochen." Stern der Neger 105 Heft? „Astea" der Imperial Airways eine fast sichere Katastrophe erspart, indem sie durch ihre Eingeborenen einen Landungsplatz Herrichten ließen. Die Londoner Regierung hat die ausgezeichneten Verdienste Monsignore Gsells durch Verleihung des Ordens vom Britischen Kaiserreich ösfentlich anerkannt. Noch jüngst machte Lord Cempill einen anderen Abstecher zu den Ureinwohnern. Diesmal war das Kloster Neu-Nursia in West-Australien das Ziel. Der Besuch verursachte keine geringe Überraschung bei den Benediktinern und ihren Schützlingen. Gestikulierend und schreiend stürzten sich die Naturkinder auf den Flieger. Er blieb 24 Stunden zu Gast, nahm an den Gebeten der Eingeborenen teil, besuchte die kleinen Waisenhäuser von Neu-Nursia, um dann weiterzufliegen. Im Nordwesten Australiens in Dris-dale River unterhalten die Benediktiner von Nursia eine weitere Mission mit Kirche, Schule, Krankenhaus und ungefähr 600 Ureinwohnern, sympathischen Menschen, von denen ein Teil getauft ist, während die anderen sich in der Vorbereitung befinden. Drisdale River ist in das Apostolische Vikariat Kimberley eingeteilt. Hier nehmen sich ein Dutzend deutsche Pallottiner der Eingeborenen an. Leider wurden zwei Stationen, Beagle Bay und Lombadina, im Frühjahr 1935 durch einen verheerenden Wirbelsturm teilweise zerstört. Exzellenz Raible, der erste Bischof von Kimberley, hat nach seiner Europareise an die australischen Katholiken einen Hilferuf gerichtet, der nicht ungehört verhallte. In der Tat wächst das Interesse an der Missionierung der Ureinwohner unter den weißen australischen Katholiken. Sie werden sich immer mehr der Pflicht bewußt, jenen religiösen Beistand zu leisten, die die ersten und bis zum Ende des 18. Jahrhunderts die einzigen Bewohner und Herren des Landes waren. Als 1934 Exzellenz Bernardini, der jetzige Schweizer Nuntius, als Apostolischer Delegat nach Sydney kam, erklärte er öffentlich, der Papst habe ihm u. a. aufgetragen, die Missionierung der australischen Ureinwohner im vollen Umfang zu betreiben. Derselbe Delegat übernahm auf dem Eucharistischen Kongreß zu Melbourne das Präsidium über die Missionsabteilung. Dort wurde auch den Missionen unter den australischen Ureinwohnern solche Bedeutung beigelegt, daß die katholische Presse einen neuen Kampfruf und die australischen Katholiken eine neue Zielsetzung erhielten. Es gibt jetzt ein eigenes Missionsnachrichtenbureau in Melbourne für die australische Presse. Australische Missionäre hielten über den gleichen Gegenstand zahlreiche Konferenzen ab. Äongoroagen, neuestes Modell! Der hochmoderne Zweisitzer besteht in der Hauptsache aus einem Kongobaumistumpf, den junge Kongoneger in den Borstadtvierteln von Eli-sabethville als Karosse ausgehöhlt haben. Wir verdanken fräs Bild einem der belgischen Salesianer, die in Ober-Luapula, nahe der Grenze von Nord-Rhodesia, arbeiten. Allzulange hatten auch die Katholiken die Ureinwohner als minderwertige Rasse betrachtet ober überhaupt von ihnen nichts gewußt. Man glaubte sie dem Aussterben nahe wie die Tasmanier, die übrigens tatsächlich als unbegabte, dem Glauben schwer zugängliche Rasse anzusehen sind. Sterbende Völker! Heute noch 60.000, dazu vielleicht 20.000 Mischlinge, hatten sie Ende des 18. Jahrhunderts die Million überschritten. Das Aussterben kommt vom Zusammenleben mit den Weißen, wie man Las bei den Maori Neuseelands, den Polynesiern und Melanesiern der Südsee, den Rothäuten Amerikas sehen kann. Kriege, Gemetzel, schlechte Behandlung, eingeschleppte Krankheiten bezeichnen den Weg, den sie in der neueren Geschichte zurückgelegt. Gewiß muß man anerkennen: Es gibt auch ein wohltätiges Zusammentreffen mit den Weißen. Wo das zutrifft, da rafft sich die niedere Rasse aus, sie bekommt erneuten Lebenswillen, in Neuseeland wie aus den Samoa- und Fidschi-Inseln, in Neu-kaledonien und in Australien. Eine jüngste offizielle Zählung unter den reinrassigen Ureinwohnern von Queensland (einer der sechs Staaten des australischen Bundes) gibt die Zahl der Ureinwohner im Jahre 1933 auf 12.532 an. Die Geburten beliefen sich auf 386 und die Sterbefälle auf 324. Ja dort, wo die Eingeborenen unter dem Schutz und Einfluß der katholischen oder protestantischen Missionen stehen, ist das Verhältnis noch günstiger: 65 Geburten und 43 Todesfälle. Hingegen bringen es die nomadischen Stämme, durch Krankheiten und Laster der Weißen aufgerieben, auf engem, ödem, selbst von Weißen aufgegebenem Raum, höchstens auf 102 Geburten bei 122 Srerbefällen. Das gilt nicht bloß für Queensland. Monsignore Gsell bezeugt, daß die katholischen Haushalte in Bathurst zahlreiche Kinder haben. Es scheint eine gewisse Gesetzmäßigkeit in der beobachteten Entwicklung zu liegen. Das erste Zusammentreffen mit der weißen Rasse empfindet die schwarze Rasse wie einen gewaltsamen Schlag: sie leidet darunter, geht der Auflösung und dem Aussterben entgegen. Sie braucht materielle und geistige Hilfe, um sich den neuen Lebensbedingungen anpassen zu können. Erst dann erholt sie sich und nimmt regelmäßig auch wieder zu. überdies haben die Missionäre ihr Ziel höher gesteckt, als es die körperliche Gesundheit der Rasse ist. Sie suchen das Seelenheil. Schwierigkeiten entmutigen sie nicht. Mit wunderbarer Zähigkeit und ebensolchem Opsersinn widmen sie sich dem Apostolat unter den Ureinwohnern. Bekehrungen sind durchaus nicht so.selten, wie man denkt. Australien gehört nicht zu den unfruchtbarsten Missionssel-bern. Auf Palm Island an der Ostküste von Queensland gründete P. O'Connor 1931 in der Eingeborenen-Referve eine katholische Mission. Bei seiner ersten heiligen Messe hatte er zwölf Katholiken. Nach Verlauf von zwei Jahren waren es bereits 200 geworden und heute hat er unter 1200 Umwohnern bereits 400 Katholiken. Zwei andere Missionäre vom Heiligsten Herzen gründeten im Herbst 1935 250 Kilometer südwestlich von Darwin, in Port Keats, zwischen den Flüssen Daly und Fitz-mauriee eine Station. Schon Ende des verflossenen Jahrhunderts hatten dort an den Ufern des Daly River Jesuiten eine solche Gründung versucht. Aber Überschwemmungen und andere Schwierigkeiten ließen sie abstehen vom begonnenen Werk. Der zweite Versuch scheint besser zu gelingen. Die Ureinwohner dieser Gegend, als besonders kulturfeindlich verschrien, lenken ein. Schon wenige Tage nach der Ankunft der Missionäre in Port Keats kamen etwa hundert Schwarze aus dem Busch, legten ihre Lanzen zum Zeichen der Freundschaft nieder und gingen so aus die Neuankömmlinge zu. Später führten sie auch ihre „lubras" (Frauen) und „pickaninies" (Kinder) herbei. Sie erboten sich, den Missionären beim Hausbau zu helfen. Also eine schwierige, aber durchaus keine unfruchtbare Mission. Schanghai. (F a st 1 0 0.0 0 0 ne u-bekehrte Chinesen im Berichtsjahre 1 9 3 4/3 5.) Das von den Schanghaier Jesuiten neuerdings herausgegebene Jahrbuch der katholischen Missionen Chinas gibt die Zahl der chinesischen Stern der Neger 107 Heft 7 Katholiken einschließlich derer in der Mandschurei auf 2,818.839 an. Erwachsenentaufen wurden im verflossenen Jahre 96.680 gespendet, während 495.060 Katechumenen sich aus die Taufe vorbereiteten. Die Dichte der katholischen Bevölkerung zeigt je nach den Provinzen großen Wechsel. So sind in der Provinz Suiyuan 4 Prozent der Bevölkerung katholisch, in Cha-har 3,2 Prozent und in Hopeh 2,4 Prozent. In Kwangsi fällt der Anteil der Katholiken aus 0,1, in Chinghai auf 0,04, und schließlich in Sikang an der tibetanischen Grenze auf 0,03 Prozent. Von den 125 kirchlichen Sprengeln, in die das Land jetzt zerfällt, sind 22 in Händen des chinesischen Klerus, der somit im letzten Jahr ein neues Gebiet erhielt. Die chinesischen Priester bilden ungefähr 41 Prozent des gesamten Klerus. Sie haben 1935 allein um 88 zugenommen, d. i. die größte Zunahme in den verflossenen Jahren. Die Gesamtzahl aller Priester in China beträgt 4309. Die Zahl der chinesischen Priester 'hat sich seit 1917 verdoppelt, seit 1906 verdreifacht. Bei 935 Theologiestudenten, 4021 Besuchern der Kleinen Seminarien und 1906 Vorbereitungsschülern sind auch für die Zukunft die Aussichten für priesterlichen Nachwuchs sehr gute. Die Zahl der chinesischen Brüder ist auf 636 gestiegen. Sie stehen 532 ausländischen Brüdern gegenüber. Von den 5413 Schwestern sind 63 Prozent Chinesen. Daß trotz der finanziellen Schwierigkeiten die Zahl der Katechisten auf 13.817 steigen konnte —- d. i. ein Zuwachs von 17 Prozent —, ist nur zu begrüßen. Taufen wurden 565.792 gespendet, demnach 64.000 mehr als im Vorjahre. Ojtafrika. S i e ib 1 u rt g e n g e g -e n die Schlafkrankheit. Vukoba (Tanganyika). Seit dem Auftreten der Schlafkrankheit in Afrika wurde immer von ,neuem angstvoll die Frage gestellt: Wie der 'Geißel -Einhalt gebieten? Bis jetzt hat man scheinbar kein Wirksameres Vorbeugungsmittel gefunden als ein Aufgeben, eine'Räumung der verseuchten 'Gebiete: es ist die Flucht vor einer der 22 Arten der Tsetse-'Fliege, die die Krankheit 'überträgt. Ausgehend von den Ufern des Tanganyika-Sees schleicht die unheimliche Krankheit nach Abessinischer Priester. Die Priesterkaste in Abessinien ist äußerst zahlreich und im Besitze weiter Teile des Landes. Die Verbindung mit der alexandrin'ifch-koptischen Kirche wird durch den Abuna oder höchsten Bischof aufrechterhalten. Er wird immer aus den Reihen der Kopten genommen und vom koptischen Patriarchen in Alexandria -ernannt urtlb geweiht. Dem Abuna untersteht 'der J-tchege, ein abessin-ischer kirchlicher Würdenträger, der die Bischafsweihe erhalten hat. Nach igM wurden vier andere abessi-nische Bischöfe von dem koptischen Patriarchen geweiht. dem Norden mit einer durchschnittlichen Iahres-geschwindigkeit von fünf 'Kilometern. Um ihr den Eintritt zu wehren, hat die englische 9teßie= rung von Daressalaam die Errichtung von Sied-lungslo'gern in den gesündesten Gegenden des Landes beschlossen. Die erste Siedlung wurde in Buzinja südwestlich vom Biktoria-Nyanza errichtet. Dann Bctrri die 'Gegend von Karagw>e an die Reihe. Zwischen dem Viktoriasee und dem Kagera-flutz gelegen, lift diese Niederung, ehemaliger Seeboden, mit dichtem Busch bedeckt: ein Eldorado für die Tsetse. Nur Missionäre und Stagnolsucher kennen das Land. Der Gouverneur des Tanganyikagebietes erteilte 1934 einem Südafrikaner, Herrn Scott, den Auftrag, an Ort und Stelle die -Sisdlungs-frage zu studieren. Er durchquerte, fast immer zu Fuß, ganz K-arag-we. Die Eingeborenen staunten über diese Zähigkeit. iFast -überall war die Tsetsefliege anzutreffen, Wasser hingegen fast nirgends. Höchstens fünf oder sechs Punkte fanden Gnade in seinen -Augen. Aus feinem Bericht ergab sich die dringende Maßnahme, fast die -gesamte -Bevölkerung, 42.000 Seelen, -in Siedlungslager zu überführen. Am 3, August 1935 begann diese Arbeit trotz der Proteste der Eingeborenen, Herr Scott trifft mit einigen Beamten und -einer polizeilichen Eskorte in den Ortschaften ein. Die Träger schlagen das -Zelt auf, die Bevölkerung wird $u= sam-meng-etro-mmel-t und -gezählt. Es folgt Bestandaufnahme des -Viehs und der Vorräte, Dann wird die Bevölkerung aufgefordert, das Dorf zu verlassen -und -die neue Siedlung aufzusuchen. Um den Worten mehr Nachdruck zu verleihen, werden Bananen- -und Kaf-seepflanzun-g-en niedergelegt. Hilft das nicht, so werden die Häuser niedergebrannt. Am November stand der ganze '©üben Karagwes in >Fl-ammen. Die armen Eingeborenen verlassen -schließlich mit Sack und Pack ihre Dörfer, Das Vieh treiben ste vor sich her, und so geht es -auf den Bestimmungsort zu, der bisweilen drei -Tag-smärschs entfernt -ist. Dort -wird -ein Feld zum Bebauen angewiesen. Bis die Ernte kommt, lebt man von den Vorräten oder -auf -Kosten der Regierung, Zwei -Jahre hindurch wird Steuerfreiheit gewährt. Jeder Haushalt b-aut sich eine kleine Hütte, mehr oder minder solids es entstehen neue Familiensi-ed lung en. Der Bezirk Kaguruki bereitete die größten Schwierigkeiten, Die Häuptlinge Hatten 400 Familien gezählt, in der Siedlung fehlten zwei Drittel. Viele w-a-ren nach Ruanda und Buzinja geflohen, -andere wurden nach langem Suchen in den Höhlen entdeckt. Unter den -Evakuierten -befanden sich auch Hirten vom B-urugui-See, Man kann -sich ihr Erstaunen vorstellen, als sie -auf einmal Feldhacken ausgehändigt erhielten. November 1935 waren zwei von den fünf Sisdlungslagern fertig, Ende 1936 sollen auch die -andern soweit sein. In einem Gebiet so groß wie Th-üringen -gibt es nur fünf klein-e Oasen oder Inselchen für die Bevölkerung: alles übrige Land überlätzt man den Tieren des Waldes. Kein Zweifel, daß die Maßnahmen, von den hygienischen Vorteilen abgesehen, zunächst den Steuereinnehmern ihre Arbeit erleichtern. -Sie bvwuch-en nicht mehr den Busch zu -durch,wandern auf der Jagd -nach unauffindbaren Stsuerpflich-tigen. Auch die Weißen Väter als Missionäre kommen so -v-isl leichter -an die einzelnen, beisammen -wohnenden -Gruppen heran. Liegt doch die Mission am Kreuzungspunkt von vier Straßen, deren jede nach einem Lager von 7000 bis 8000 Seelen führt, wobei die Entfernung 25 bis 70 Kilometer beträgt. D-as fünfte Lager soll -als das größte mit 12.000 -Seelen einen Hügel einnehmen und -einen eigenen Missionsposten -erhalten. Am wertvollsten für die armen W-us-chbowohn-er wird natürlich der Schutz gegen die Schlafkrankheit und die Hilfe -sein, die man ihnen bei Krankheiten und Verletzungen in den Armenapotheken anged-eihen -läßt. Trotz alled-em bedauern besonders die Alten, daß man den Busch aufgeben mußte, mit der Freiheit, von früh bis spät zu -jagen. -Sucht man ihnen klar zu machen, daß die Regierung nur -ihr Bestes im Auge hatte, so bekommt man zu hören: Sterb-en muß man -überall, uird nirgends gibt die Erde chre Toten wieder. Gottesdienst über dem Nordatlantik. Dem „fliegenden Pater" ist die Aufgabe zugefallen, demnächst einen Mifsionsflug-dienst im hohen Norden — Kanada nördlich des Polarkreises — einzurichten. Er ist zur Vorbereitung dieser Expedition nach Nordamerika gereift. Die Güte seiner Freunde ermöglichte ihm, die Reise im Zeppelin-Luftschiff „Hindenburg" mitzumachen. Ein besonderes Geschenk erwirkte für Pater Schulte der Apostolische Nuntius in Berlin, Exzellenz Erzbischof Orfemgo: Der Missionär erhielt die Erlaubnis, ähnlich rote auch auf See üblich, an Bord des Luftschiffes die hl. Messe darzubringen. Damit wird die erste hl. Messe, die jemals in der Luftfahrt über dem Ozean gefeiert wurde, in einem deutschen Luftschiff und durch einen deutschen Priester dargebracht. Im Banne der 9tgiL* Ein Roman aus Kamerun von Hermann SEolofter. (Fortsetzung.) Jetzt richtete sich Nionga wieder aus. „Nun, Freunde, glaubt ihr denn, wenn ich jemand einen Schluck zu trinken gebe, werde ich es nachher verraten? Da kennt * Der Abdruck erfolgt mit Zustimmung des Verlages Herder & Co. in Freiburg (Breis-gmt), Baden. ihr Ntonga schlecht." Damit öffnete er eine Flasche, tat einen Zug daraus und reichte sie dem Manne, der ihm zunächst faß, hinüber. „Da, trink und laß es dir wohl schmecken. Dann seid aber auch still und laßt mich schlafen. Die beiden da laufen euch nicht fort.“ — „Das denke ich Stern der Neger 109 Heft 7 auch", sagte der Wächter, nahm die Flasche und trank. „Trink nur nicht gleich alles aus", meldete sich sein Gefährte. „Lindere möchten auch was davon haben." — „So? Ich dachte, du willst nichts." Die Flasche wanderte hin und her. Sie fanden, daß das Getränk von besonderer Güte war. Es erwärmte den Magen, ohne in der Kehle zu brennen. Auch die Augen wurden klarer, je mehr man davon trank. Ein Kranker konnte gesund davon werden. Bald war die Flasche leer. „Ntonga, Ntonga, hörst du nicht?" — „Zum Henker, was ist schon wieder los?" „Ntonga, sei nicht böse, daß ich dich noch einmal störe. Neben dir liegt noch eine Flasche." Wie im Schlaf schob er sie von sich. „Nehmt sie, aber laßt mich in Ruhe." — „Wir werden still sein wie die Lämmer." Eine halbe Stunde später lagen auch die beiden Wächter am Boden wie Leichen. Man hätte sie forttragen können, sie hätten es nicht gemerkt. Tie Nacht war dunkel und feuchr. Dichter grauer Nebel lagerte über der Küste. Die Feuchtigkeit der Luft sammelte sich auf den Dächern, verdichtete sich und rollte als Wastertropfen herab. Kleine Nachtfalter schwärmten über den glühenden Kohlen der Feuerstellen. Fliegende Hunde huschten sanften Flügelschlags über die Schlafenden hinweg. Ntonga erhob sich. Taumelnden Schrittes ging er zwischen den Schlafenden durch. Erst als er sich unbemerkt wußte, trat er zu dem Pfahl, an dem Nyangeli stanv. „Sprich nicht, Nyangeli", sagte er mit Flüsterstimme, „ich will dich befreien." Erschreckt zog er die Hand zurück. Was er da berührte, war eine Leiche. Armes Weib, dachte er, es ging schneller, als sie geglaubt haben. Dann ging er entschlossen zu Millner hin. „Herr, ich will Euch retten. Draußen liegt noch das Schiff. Stellt Euch gerade, damit ich die Schlinge von Eurem Halse wegnehmen kann." Millner raffte seine letzten Kräfte zusammen und richtete sich ein wenig aus. Es war ihm wie im Traum. Er glaubte zu fliegen, konnte aber die Flügel nicht bewegen. Als Ntonga feine Hände von den Großes Wölkertreffen im unterirdischen Rom. Seminaristen des Propagandakollegs Rom sammeln sich in den Katakomben, um die Messe eines der Ihrigen zu hören, der vor kurzem zum Priester geweiht wurde. Die rund 230 Studenten des Gollegio Ilribano (Propagandakolleg) verteilen sich aus 36 verschiedene Rassen. Fesseln befreite, sank er zu Boden. Der Jüngling hob ihn auf und trug ihn davon. Auf dem Fluß schaukelte ein Kanu. Elesa war aus ihrem Posten. Das Ruder in der Hand, lauschte sie dem Ankommenden enr-gegen. Ntonga trat vorsichtig durch das hohe Gras ans Ufer und hustete leise. Da löste sich der Schatten, der oberhalb über dem Wasser zu schweben schien, und kam heran. „Hast du Nyangeli frei gemacht?" fragte Elesa, während sie dem jungen Manne half, seine Last im Kanu unterzubringen. — „Sie ist erlöst", gab er zur Antwort. Er wollte ihr jetzt keinen Schmerz bereiten. „Ich danke dir", sagte sie. „Hier ist Wasser, gib dem Weißen zu trinken. Und dann schnell fort. In einer Stunde kannst du zurück sein. Ich warte hier, bis du kommst. Wenn die Flucht vorher entdeckt wird, wirst du das Geschrei rechtzeitig hören. Vor deinem Hause brennt ein Feuer. Du kannst den Weg nicht verfehlen." Ntonga schwang sich ins Kanu. Elesa reichte ihm das Ruder in die Hand, neigte sich zu ihm nieder und flüsterte kaum hörbar: „Der gute Gott behüte dich und führe dich zu mir zurück." — „Möge er auch dich segnen, du Perle der Banoho." Zwei, drei leise Ruderschläge und das Kanu verschwand in der Finsternis. Johnson schritt gähnend durchs Zwischendeck, als Ntonga das Schiff anrief: „Mässä, Massa! I bring him!“ „Wen bringst du?" fragte Johnson verwundert. — „Den Weißen, Massa Millnec, Euern Landsmann." „Wahrhaftig!" ries der „Erste" erfreut. „Haben sich die Kerls doch eines Bessern besonnen!..." Er rief die Wache. „Besorgen Sie den Mann an Bord." — „Zu Befehl, Herr Kapitänleutnant." Bald schwebte der Hängekorb an einem Ladebalken herunter. Ntonga setzte den Weißen hinein. Er brauchte seine ganze Kraft dazu. Millner war hilflos wie ein Kind. Das Kanu flog neben der Bordwand auf und nieder. Als er den Verschluß des Korbes verriegelte, sank Millner ohnmächtig in sich zusammen. Ntonga befestigte sein Kanu an einem der herabhängenden Schiffstaue. Die Furcht, der Kranke könne zu Schaden kommen, veranlaßte ihn, an Bord zu fahren. Er schwang sich auf den Korb. Mit der Linken umklammerte er das Gehänge, mit der Rechten faßte er Millner unter den Schultern, um ihn zu stützen. Der Korb schwebte nach oben. Zwei Krankenwärter brachten eine Tragbahre und trugen den Regungslosen fort. Brown und Williams standen aus der Kommandobrücke und beobachteten den Vorgang. Ntonga grüßte zu ihnen hinaus. Sobald er den Kranken in sicherer Hut wußte, kletterte er über die Reling, um ins Kanu zu kommen. Williams rief ihn an. „Hallo, mein Junge, warum so eilig?" — „Ich muß schnell nach Hause, Herr, damit niemand mein Fortgehen bemerkt." „So haben dich deine Landsleute nicht geschickt?" — „Nein, Herr! Ich habe den Weißen heimlich befreit." — „Dann hast du eine Belohnung verdient. Warte doch!" — „Danke, Herr, ich habe keine Zeit. Ich mutz ..." Den Rest verstanden sie nicht. Er war bereits am Seil hinabgerutscht. Ehe man sich's versah, war das Kanu verschwunden. Ntonga sah das Feuer, das am Ende der nördlichen Dorfhälfte in der Nähe seines Hauses brannte. Er hätte dieses Führers nicht bedurft, denn auch in der Faktorei lagen noch brennende Balken, in die der Landwind blies, daß die Funken aufstoben und wie Irrlichter über den Platz hinweghuschten. Das Dorf lag in tiefem Frieden. Er schob das Kanu auf den Sand. Da trat Elesa auf ihn zu. Er ergriff ihre Hand und sagte: „Elesa, erschrick nicht... Du mußt es doch erfahren... Nyangeli ist gestorben." — „Wenn sie gestorben ist, hat ihre Qual ein Ende", erwiderte das Mädchen ruhig. „Man hätte sie doch gefunden und zu Tode gequält. Ich habe eine gute Freundin verloren. Nyangeli war immer gut zu mir. Morgen werden wir sie beklagen, wie es Sitte ist. Doch", sagte sie, stehen bleibend, „du gehst mit mir? Willst du nicht nach Hause, damit dich niemand sieht?" „Nein, ich werde hier bleiben. Man har mich am Wend hier gesehen, man soll mich auch am Morgen noch am selben Platze wiederfinden." — „Wie du willst! Gute Nacht!" Ntonga suchte seine Plantenblätter wieder auf. Nun schlief ec bald wirklich einen tiefen Schlaf. Elesa schlüpfte hinter den Hütten zum Hause ihrer Mutter, das sie leer wußte. III. Die beiden Wächter waren nicht die ersten, die am Morgen Miltners Flucht entdeckten. Erst als das Geschrei einiger Weiber über den Dorfplatz schallte, wurden sie wach. Mit Schrecken sahen sie, was geschehen war. Die Strafe würde nicht ausbleiben. Wenn es gut abging, würden sie Schläge bekommen, daß ihnen das Ausstehen auf acht Tage verging. Wenn es schlimm wurde, konnten sie mit Sklaverei rechnen. Und es konnte schlimm werden! Was tun? Ein wüster Kops sindet nicht leicht einen sicheren Ausweg. Doch eines stand fest. Sie mutzten leugnen, je dreister, desto besser. Nur das konnte sie aus der verzweifelten Lage retten. „Herbei, ihr Männer, herbei! Wacht auf, ihr Schläfer! Wie könnt ihr schlafen, während hier grotze Zauberei im Gange ist? Nehmt euch in acht, datz euch der Zauber nicht packt!" So riesen beide, so laut sie konnten. „Was ist geschehen?" fragten verschlafene Stimmen. „Das ist schwer zu sagen. Mir schmerzt der Kopf von dem Schlage, den ich erhalten. Er war so stark, datz ich wie tot auf die Erde fiel." „Meinem Kops geht es nicht besser", sagte der andere. Dende lief aus feinem Hause heraus. „Wo ist der Weitze?" rief er. „Auf und davon... durch die Luft davongeflogen." Der Redner fühlte, datz er wieder Herr der Lage war. Seine Einbildungskraft hatte durch den Alkoholgenutz keine Einbutze erlitten. Er redete überzeugend — und man glaubte ihm. „Wer hat dich geschlagen?" fragte jemand aus der Menge. „Der Weitze, wer sonst?" — „Er war doch angebunden." — „Ja, das hättet ihr sehen müssen. Er schüttelte mit dem Kops, da fielen die Stricke an ihm herab." — „Ihr hättet ihn ergreifen, festhalten müssen." „Haben wir auch getan. Er schüttelte mit dem Kopf, da fielen wir rechts und links zu Boden. Als ich mich erheben wollte, erhielt ich einen Schlag über den Schädel — ich fühle ihn jetzt noch —, datz mir schwarz und grün vor den Augen wurde. Ich sah noch, wie er seinen Hut mit der Hand durch die Lust schwang, dann flog er davon. Mir aber wurde übel. Ich sah und hörte nichts mehr und 'lag wie tot." — „Genau jo war es", bestätigte sein Gefährte. „Mir erging es ebenso." „Wie sagst du? Den Hut hat er geschwungen?" — „Ja, so sagte ich", antwortete der Wächter. „Seht ihr nun, datz ich recht hatte? Ich habe gestern gesagt, man soll ihm den Hut nicht geben. Es ist Medizin gewesen, wie lch vermutete." „Ja, ja, ich habe es auch gesagt", meinte ein anderer. „Ich auch" und „ich auch", schallte es aus den Reihen. „Der Häuptling hat sich betrügen lassen. Die Weißen sind alle Lügner. Ja, so ist es, so ist es!" „Warum ist er denn so lange am Pfahl geblieben, wenn er so leicht davon loskommen konnte?" wagte ein Zweifler zu bemerken. „Weil es Medizinen gibt, die nur zu bestimmten Zeiten wirken. Manche wirken nur bei Sonnenaufgang, manche nur des Nachts. Fragt nur den Ngil, wenn ihr nicht glauben wollt. Der Ngil hat es so gesagt." „Ihr müßt mit mir gehen", sagte Dende zu den beiden Wächtern. „Ich muß euch im Rate der Ältesten verhören. Es könnte doch jemand kommen und uns erzählen, daß ihr geschlafen habt und jetzt lügt, um eure Schuld zu verdecken." „Häuptling, wir haben die Lüge nicht nötig. Wer kann es wagen, zu behaupten, daß wir geschlafen haben? Niemand..." Er hatte hinzufügen wollen: „Niemand hat es gesehen." Er unterbrach sich rechtzeitig und schwieg. Das Verhör brachte kein anderes Ergebnis. Die Alten fanden die Sache glaubwürdig. Da kein Gegenzeuge austrat, mutzte man sjch mit der Aussage der Wächter zufriedengeben. Nach der Verhandlung baten die beiden den Häuptling um den versprochenen Rum. Da sie in außergewöhnlicher Weise Schrecken ausgestanden hatten, erhielten sie zu dem Versprochenen noch eine Zulage — zu ihrem Schaden. Als die Versammlung der Ältesten auseinander gegangen war, sprach der Ngil zu Dende: „Du und deine Räte, ihr habt euch gründlich belügen lassen." — „Du glaubst nicht, was die Wächter sagten?" — „Ich glaube es nicht, weil es nicht möglich ist." „Warum soll es nicht möglich fein? Du selbst hast uns erzählt, daß du einmal durch die Luft geflogen bist. Sollten die Weißen nicht ebenso große Medizinen haben wie wir? Oder hast auch du damals gelogen?" „Hüte deine Zunge, Häuptling! Was ich sagte, wiederhole ich. Die Wächter, haben gelogen." — „Mag sein. Beweise es, wenn du kannst. Dann werden sie der Strafe nicht entgehen." — „Ich werde es beweisen. Der Ngil ist klüger als ihr alle." Damit ging er. Suit, der Schieläugige, hatte sich am Morgen in einer Kassadasarm wiedergefunden, war dann mit schwerem Kops nach Hause gegangen und schlief nun einen neuen, bessern Schlaf. Kräftig an den Schultern gerüttelt, schlug er brummend mit den Händen um sich. Als er aber die Augen aufschlug, sah er den Ngil neben sich aus dem Bette sitzen. „Ah, großer Ngil, du bist es! Ich erhebe mich sofort." „Bleibe liegen, tut kannst auch so zuhören. Ich habe einen Auftrag für dich." „Hoffentlich ist er nicht zu schwer. Mein Kopf will heute schlecht begreifen." „Er ist nicht schwer", sagte der Ngil und entwickelte seinen eben erst ausgedachten Plan. Suti schaute verständnislos drein. „Ah, du weißt nicht", unterbrach sich Jambascholl, „daß der Weiße entkommen ist?" „Nichts weiß ich, großer Ngil", ent-gegnete Suti überrascht. — „Dann muß ich dir die Geschichte von Ansang an erzählen." Suti lauschte. Als der Ngil geendigt hatte, erhob er sich von seinem Lager. „Schlafen kann ich nun doch nicht mehr. Ich will erst ein Bad nehmen, damit mein Kopf klarer wird. Dann will ich sehen, was zu machen ist. Wenn es eintrifft, wie du voraussiehst, kann es mir wohl gelingen." „Ich werde eine Medizin machen, damit es gelingt." — „Ja, tu das, großer Ngil." Ehrfürchtig geleitete er feinen Meister zur Tür hinaus. Dann ging er zum Fluß, um zu baden. Dort war es heute sehr still. Die Frauen waren schon in den Farmen, die Männer schliefen noch. Nur einige Kinder balgten sich im Sande. Nach dem Bade schlenderte Suti zwischen den Plantenstauden hindurch dem anderen Ende des Dorfes zu. Hinter einem abseits ge- legenen Hause blieb er stehen. Er lauschte. Es war ein Doppelhaus, d. h. es hatte in der Mitte eine Rindenwand, die den langen Raum in zwei Zimmer teilte. Jeder Teil hatte seinen eigenen Eingang. Der eine war die Wohnung des Hausherrn, der andere gehörte seinen beiden Frauen. Suti kannte das Haus genau. Er ging zur Tür der Frauenabteilung. Der Raum war leer, wie er vermutet hatte. Ein Blick rückwärts. Niemand war in der Nähe. Leise schlüpfte er ins Haus hinein. Ein Bett, das der Mittelwand zunächst stand, war sein Ziel. Es war eine Kunst, sich darunter zu verbergen Suti brachte es fertig, obwohl er sich dabei mehrmals den Kopf stieß. Dank der Kürze feines Leibes konnte er lang ausgestreckt liegen, ohne daß seine Füße unter dem Bett hervorschauten. Um sein Fortkommen war ihm nicht bange. Kamen die Frauen früher zurück, als er vermutete, dann blieb er eben bis zum nächsten Tage liegen. Dann gingen sie wieder in die Farm. Den Kopf nahe an die Rindenwand schiebend, lauschte er hinüber. Der Ngil hatte richtig vermutet. Die beiden Männer, die Millner in der Nacht zu bewachen hatten, lagen in dem andern Raum, redeten miteinander und tranken dazu. „Es ist nur gut, daß wir unsern Rum doch noch bekommen haben", hörte er den einen sagen. „Wir hatten ihn auch verdient", entgegnete der andere. Nun schwiegen sie längere Zeit. Das war Suti nicht angenehm. Wenn die Frauen erst zu Haufe waren, würde er bei ihrem Geschwätz nicht mehr hören können, was drüben gesprochen wurde. Suti fügte sich ins Unvermeidliche, aber sein Wunsch, noch mehr zu erfahren, wurde bald erfüllt. „Haha, ich mutz lachen", sing der eine drüben wieder an, „was der Ngil für ein Gesicht machte, als du ihm von der großen Medizin des Weißen erzähltest. Das hattest du fein ausgedacht." — „Nicht wahr? In der Not fällt manchmal auch einem Dummen etwas Kluges ein." Nun lachten beide. (Fortsetzung folgt.) Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Kongregation der Misstonäre Söhne des heiligsten Herzens.Jesu. Verwaltung: Mts-fionshaus „Maria Fatima", Post Unterpremstätten b. Graz, Stmt. Verantwortlicher Redakteur für Österreich: P. Alois Wils-ling, F. 8. C., Generalasststent, Missionshaus „Maria Fatima", Post Unterpremstätten bei Graz; für Deutschland: P. Heinrich Wohnhaas, F. 8. C., Missionsseminar St. Joses, Ellwangen-Jagst, Württemberg. — UniverfitätS-Buchdruckerei „Stnria". Graz