Beilage zur Kaibacher Zeitung. ^U 30. vierter Jahrgang. R». Mai 2860. Unter duftigen Dlüthenbä'umen. As ^l-ntcr dnft'geu Vlüthenbänmeu Wandl' ich leichten Schritt's dahin, Und cin lieblich süßes Trimmen Hält umfangen meinen Sinn. Frühling ist es endlich wieder, Frühling ist's in Wald nnd Flnr; Meinen Gruß dir, mcinc Lieder, Lcbcnspcndcrin Natur! Wie es aus dem Wicscugrunde, Ans dem Hain so lieblich tönt; Wie sich in der weiten Nnnde Alles schmückt und sich verschönt. , Gold'nc Sonnenlichter gleiten Durch den Aethcr blau und rein; Ach bei diesen Herrlichkeiten ! Kaun mein Her; uicht stille seiu. . ^ Iu die tausendfachen Weisen > Misch' ich meinen Iubclsang. Alles Schöne möcht' ich preisen, ' Das mir in die Seele drang — Unter duft'gcn Bliithenbämncn ^ Wandl' ich auf der Liebe Spur; Tcnn mciu Singen und mein Träumen Gilt ja doch der Einen nur. C > ' ^ 'l' 's Tallcyraud's erste Liel'e. i Aus Tallcyrand's uoch uicht gedruckten Memoiren. < Von L. Mühlbach. I. Der König. «lTönig Ludwig XVIII. ward täglich hinfälliger lind ein» sylbiger. Die Last des Königthums hatte seine letzten Kräfte erschöpft, und in den glänzenden Gemächern der Tuilerien und des Louvre sehnte der König sich zuweilen sogar nach dem stillen Garten von Hartwell, wo er so manches düstere Jahr des Erils verlebt hatte. Damals hatte es für ihn doch noch Wünsche, Hoffnungen, Erwartungen, himmlische Träume und göttliche Phantasien gegeben. Damals hatte sein Herz „och eine Sehnsucht, seine Seele noch einen Ehrgeiz gekannt. Frankreich war seine Sehnsucht, die Krone war sein Elirgeiz gewesen! Jetzt war er in Frankreich, jetzt hatte er unter dem Baldachin seines Thrones den Wanderstab niedergelegt, der ihn von England bis Petersburg, von Wien bis Nom, der ihn, den Hilfeftehcnden und Schutz-suchenden, überall hin begleitet hatte! — jetzt hatte Ludwig statt des Pilgerhutcs wieder eine Krone auf sein Haupt gesetzt, der arme, europäische Wanderer hatte sich zu einem gebietenden mächtigen König uon Frankreich verklärt. Nnd doch war der König nicht glücklich, nnd doch inmitten seiner Herrlichkeit und seines Glanzes langweilte er sich! Das Leben hatte sich für ihn erschöpft, und er war desselben von Herzen überdrüssig. Es gab für den König keine Hoffnungen, keine Wünsche, keine Träume mehr! Alles, was das Leben an Unglück nnd Glück, an Wcchsclfällcn und Täuschungen, an Pracht lind Glanz, an Armuth und Demüthigungen, an Macht und Stol; zu bieten vermag, hatte Lud-! wig XVlII. an sich selber erfahren, gelitten und genossen. Das Leben hatte sich für ihn erschöpft, und darum langweilte er sich. Aber die Aerzte des Königs fanden diese Langweile nicht natürlich, lind des Königs große Neigung zum Schlafen schien ihnen cino gefährliche Hindeutung anf den ewigen Schlaf, der de:n König wie dem Vcttler eines Tages die lebensmüden Augen schließt. Diese fortwährende Schlafsucht des Königs war ein unheilvolles Symptom, das man bekämpfen mußte, gegen das es aber nur eine einzige Arznei gab — die'Zerstreuung ! — Es war indessen sehr schwer, den König zu zerstreuen und zu erheitern. Seine Kavaliere gaben sich schon seit Wochen Mühe, ihm ein Lächeln abzugewinnen, der Kreis der Damen, welche seit Jahren dic angenehme Pflicht hatten, die Abendstunden des Königs zu erheitern, boten vergeblich die Grazie, die Eleganz, die Feinheit und Malice ihres Geistes auf; doch nur auf Momente war es ihren pikanten Mcdisanccn, ihren geistreichen Vonmots gelungen, den König zu erheitern. Nur die Gräfin du Cayla, dic schönste und geistvollste Dame aus dem Abend» zirkcl des Königs, hatte zuweilen noch so viel Gewalt über den Geist desselben, um ihn zu beleben und aus seiner ! Lethargie emporzuhebend Aber eines Tages wollte auch ihr ! dieß nicht mehr gelingen. Auf die geistreichsten Pointen, ! die heitersten und equivoqucsten Anekdoten der Gräsin ant-! wortete der König mit einem Gähnen, einem verdrießlichen ! Gemurmcl, das selbst von den rothen Lippen der Gräsin einen Momeut das Lächeln vertrieb. Nun, Sire, fragte sie fast ungeduldig, womit werden ! wir uns denn heute die Zeit vertreiben? i Der König sah sie gan; erstaunt an. Diese naive Frage j überraschte ihn mchr als Alles, was die Gräfin ihm bis ^ dahin erzählt hatte. Die sichtbare Ungcdnld seiner schönen ! Freundin war ihm pikanter als alle Anekdoten nnd Von« mots, mit denen die Höflinge ihn heute gemartert hatten.^ Diese so wenig zeremonielle höfische Frage weckte den Geist nnd die Heiterkeit des Königs und ein mattes Lächeln irrte auf seinen Lippen umher. i Wahrlich, Madame, sagte er, Ihre Frage erinnert ! mich daran, daß Horaz vom Acrrcs erzählt, er habe überall ! i.n Neiche '.'erkundigen lassen, daß er Demjenigen eine Unze Goldes geben wolle, der im Stande wäre, ihm ein neues ! Vergnügen zu erfinden. ! Ah, seufzte die Gräfin leise in sich hinein, jetzt erwacht ! der König, denn er zitiri schon seine alten Autoren! — ! Sire, sagte sie dann laut, wie wäre es, wenn wir uns einen der großen Komiker des Theaters holen ließen, damit er Euer, Majestät eine Szene vorspiele? Ich sah ge- ^ stern Poticr in den „^unI8 pnur i'ii'c« und ich versichere Eure Majestät, daß ich in meinem ganzen Leben nicht so viel gelacht habe. Nein, sagte der König, lassen wir die Schanspicler auf ihren Brettern, denn nur dort si,id sie komisch. So senden wir nach einein der großen Fenillctonschrift-stellcr, die jctzt mit ihren scharfen Witzen und Vointcn alle Wclt lachen machen. Da ist zum Beispiel Martainvillc, der alle Montage in der „Gazette" einen komischen Artikel schreibt, und dessen Artikel neulich Ihren Herrn Minister, Herrn v. Dccazes, am Einschlafen verhinderte. Madame, lassen wir auch die Journalisten anf ihrer Vühne, die heitersten Schriftsteller sind oft die traurigsten Gesellschafter. Ich könnte indessen Euer Majestät einen Schriftsteller nennen, der unerschöpflich ist in sprudelndem Humor und scharfen Pointen. Kennen Sie Jemand, Madame, der geistreicher ist als Tallcyrand? Doch, vielleicht, Sire; übrigens winde Herr v. Tallcyrand von Staatsangelegenheiten mit Ihnen sprechen, er wurde Ihnen seine politischen Bonmots wiederholen, die wie die Orakel der Slbyllc stnd. Die meisten verweht der Wind. Auch ist er jetzt ganz und gar in Anspruch genommen von einer großen Arbeit: Er schreibt seine Memoiren. Seine Memoiren? Wissen Sie, daß die höchst inler« cjsant sein müssen? Glauben Sie, dah er uns einige Kapitel davon vorlesen würde? Sirc, er wird Euer Majestät nichts verweigern können; aber was kann er Ener Majestät lehren, das Sic nicht besser wüßten? Gleichviel, er wird's doch auf eine andcrc Weise sagen? 3a Chätre! Herr von 3a Chntrc erschien, und der König befahl ihm, sogleich zum Herrn Herzog von Vcncvcnt, Talleyrand de Perigord, zn gehen, und ihn zum König einzuladen, um ihm einige Kapitel seiner Memoiren vorzulesen. II. Talleyrand. Die Gräfin dn Cayla hatte recht. Tallehraud konnte dem Könige nichts verweigern. Eine Stunde später trat er mit dem Manuskript in der Hand zum König ein, der indessen versucht hatte, sich mit der Gräsin du Cayla und den Herren v. Pcyronnct und La Chütre die Zeit zu vertreiben. Talleyrand las aus seinen Memoiren einige Portrait« zcichnungen seiner Freunde, die den König ergötzten durch ihre Schärfe und ihre ätzenden Linien, aber der König war besonders begierig, ein wenig aus Talleyrand's persönlichem Leben zu erfahren. Sire, ich habe mich nicht vergessen, sagte Talleyrand mit seinem feinen Lächeln, denn da«? Ich ist für einen Autor seiner Memoiren immer dcr Hanptheld; ich bin sogar auf einige Details meiner Jugend eingegangen. Haben Sie die Geschichte Ihrer ersten Liebe erzählt? > fragte der König mit ungewohnter Lebhaftigkeit, z Ja, Sirc! i Nun denn, haben Sic die Güte, und lesen Sie uns ' die Geschichte Ihrer ersten Liebe vor. Herr v. Talleyrand, der in das Königthum das Minister-! Portefeuille und den Titel eines Herzogs von Vcnevent aus ! dem Kaiserthmne mit herübergenommen hatte, Herr von Tnlleyrand ließ sich nicht viel bitten. (Fortsetzung folgt.) Die S'omre. ^ Die Sonne, das Gestirn des Tages, der Zentralpunkt , unseres Planetcnsystemes. die Quelle des Lichtes und un< sercs Daseins, hat in der Poesie des Lebens nicht jenen , Anwcrch sich errungen, wie der bleiche Mond, der mit sei- ' nen kalten Strahlcn dennoch in unserer Jugendzeit Empsin- düngen und Ahnungen wach rnft und entzündet, die vor dem Licht dcr Sonne nnd dcm Treiben des alltäglich wieder- ! kehrenden Gcschäftslcbens, sich schüchtern in einem Winkel i des Herzens zurückziehen, mn dann wieder zur Geltung zu ^ kommen, wenn mit dem sinkenoen Feuerball die Ruhezeit ' der einen Hälfte nnsercs Planeten beginnt. Doch Poesie ! und Wirklichkeit bilden so häufig Gegensätze, daß es uns ^ nicht wundern darf,' wenn wir dieselben auch in dcm eben ^besprochenen Falle vorfinden. Der Mond, den wir fest in's Auge fassen kö,-.ncn, steht uns. mit seinen Ninggcbirgen und seinen immer wechselnden Lichtphasen verhältnißmäßig so nahe, ! daß er uns mehr befreundet ist und daß er uns, wenn auch ! noch nicht in jcdcr Beziehung ergründet, doch weit weniger ! Räthsel zur Lösung bietet als die Sonne, deren Kenntniß ^ für die Wissenschaft eine weit größere Bedeutung hat. Wir nennen die Sonne das Zentrum unseres Weltalls, denn wir Menschen sind nun einmal so egoistisch, alle und jede Erscheinung nur auf uns selbst zn beziehen. Wir betrachten im gewöhnlichen Lcben so häusig die Millionen Welten, die am nächtlichen Himmel unserem Auge sich zeigen, als gleichsam nur dazu geschaffen, unsere Nächte zu verschönern und zu erleuchten. Was sind wir aber mit unserem winzigen Erdball in Wirklichkeit gegenüber jenen Welten, deren Schwerpunkt in der Unendlichkeit liegt. Um also ganz richtig zu sprechen, müssen wir die Sonne, wie bereits eingangs, geschehen, als den Zcntralpunkt unseres Planetensystemes betrachten, das nur einen ganz unbedeutenden, wie ein Sonnenstäubchen verschwindenden Naum einnimmt in dem großen Weltall, dem Inbegriff der gesammtrn Schöpfung. Es ist recht gut für uns Menschen, wenn wir uns manchmal der großen Unendlichkeit gegenüber stellen. Unser nicht selten hochstrcbender Geist, der einerseits gerade so sein muß, soll er dem vorgesetzten Zwecke seiner Veredlung, durch immerwährendes VorwärtZstrcbcn entsprechen, bedarf anderseits eines Gegengewichts, um ihn daran zu erinnern, das; er eben ein beschränkter Geist sei, der sich zn dem Ur-geiste der Schöpfung gerade so verhält, wie unser Planeten» systcm zu dem ganzen Universum. In dem Gefühle seines hohen Selbstbewußtseins und gleichzeitig seiner Beschränkung-wird er dann den richtigen Mittelweg bei seinen Forschun- ! gen einzuschlagen wissen und so seiner Aufgabe in Vezug auf sich scllist und in Bezug auf die gcsammte Menschheit genügen. ^ In der irdischen Natur herrscht der Grundsatz, daß der > Mächtige über dcn minder Mächtigen die Herrschaft übe, ! und aus'diesem Grundsätze entwickelt sich die naturgemäße Ordnung dcr Dinge. Auch in dcr geistigen Natur herrscht dasselbe Grundgesetz, nur sind die Faktoren, welche dcn Begriff der Macht begründen, andere als bei den irdischen Körpern. Bei diesen gibt die Materie oder die Masse den Ausschlag; je größer diese letztere ist, desto größer ist die Kraft, die aus ihr resultirt. Die Materie besitzt in jedem ihrer kleinsten Theilchen die Eigenschaft, auf andere Materien anziehend zu wirken. Da wir die Materie innerhalb gewisser Grenzen Körper nennen, so laßt sich dieses Naturgesetz auch in folgenden Worten anssprechen: jeder Körper wirkt auf den andern anziehend, und zwar mit desto große» rer Kraft, je mchr Masse dcr anziehende Körper gegen dcn angezogenen besitzt. Wie auf den Wink der Schöpfung den Blaueten ihre Bahnen vorgeschrieben und wie ihnen jene Nichtnng und Geschwindigkeit der Bewegung ertheilt wurde, die sie hindert, anf die Sonne, uon der sie doch angezogen werden, zn stürzen und sie zwingt, um sie herum zu wandeln, wird uns immer ein Geheimniß bleiben. Wenn es auch dem menschlichen Scharfsinne gelungen ist, Hypothesen aufzustel-< len, welche die genannte Naturerscheinung zn erklären suchen, und welche den Isisschleier, der die Geheimnisse der Natur verhüllt, zu lüften unternahmen, so weiß doch dcr Natur- forscher recht wohl Haller's Worte zn würdigen i „In das Innere dcr Natur dringt kein erschaffener Geist." Wir wol» Icn daher ebenfalls auf jene Gegenstände übergehen, die als unumstößliche Thatsachen der Wissenschaft fest begründet sind. Die Sonne steht in dem einen Brennpunkte unseres Pli« nctensystems, und die letzteren bewegen sich in großen Clip« sen um die Sonne als Zentralkörper herum, und zwar mit desto größerer Geschwindigkeit, je naher ihre Bahn an dcr Sonne liegt. Die Erde, jener Planet, der uns am nächsten inte» essirt, ist 20,682.440 Meilen von der Sonne entfernt. Mißt man diese Größe durch den Halbmesser unserer Erdkugel, so würden 12.021 Erdkugeln in gerader Linie wie an einander gereiht, diesen Naum ausfüllen. Die Phantasie des Laien ergeht sich recht gerne in solchen Vergleichen, und wenn man diese auch hundert Mal in der Schule gehört hat, so pflegt man sie doch gar leicht wieder zu vergessen, daher uns der freundliche Lcser solche Reminiszenzen gerne verzeihen wird, eben so wenn wir ihm in Erinnerung bringen, daß dcr Naum von der Sonne znr Erde durch das Licht ungefähr in 8 Minuten zurückgelegt wird, während dcr Schall, wcnn er von der Erde zur Sonne gelangen könnte, 16 Jahre brauchen würde, um denselben Weg zu durchlaufen; würde man aber auf einem Dampfwagcn zur Sonne reisen können, so müßte man, wcnn derselbe auch in einer Stuude 7 Meilen zurücklegen würde, dennoch 369 Jahre auf Reisen sein, um sein Ziel zn erreichen. Durch ein lichtgcdä'mpftcs Fernrohr erscheint nns die Sonne als eine Kugel, ungefähr in gleicher Größe wie dcr Mond. In Wirklichkeit hat der Durchmesser derselben 192.008 geographische Meilen, welcher Zahl ein Umfang der Kugcl ! von 603.099 Meilen entspricht, und sonnt ist die Sonne dem Rauminhalte nach 1,409.723 Mal größer als die Ero-l kugcl. Da abcr a»f alle irdischen Erscheinungen, die von der Anziehung abhängen, die Masse cinen so großen Einfluß ausübt, so ist cs begreiflich, dnß mit dieser ungchcncrcn Größe dcr Sonne auch die Wirkungen dcr Schwere sich un-^ endlich vergrößenn. Während auf unserer Erde ein srcif.il-! lender Körper in einer Sekunde ungefähr 13 Fuß zurück-^ gelegt, durchfällt derselbe auf der Sonne einen Naum von , 428 Fuß; es gleicht somit seine Geschwindigkeit dcr cincr ! abgeschossenen Kugcl, und ein irdischer Körper, ^dcr unge-! fahr 4 Pfund wiegt, würde, auf die Sonne gebracht, dort den Druck eines Zentners ausüben — und so gibt es noch ! eine Menge Dinge, die alle auf dem Sonnenball anders sein müssen als bei nns. Ein Sckundcnpendcl z. V. mißt auf dcr Sonne 86 Fuß. Alle lcbeuden thierischen Wesen ^ und eine Vegetation, wcnn dort überhaupt eine ercsiirte, ! müßten eben so ganz anders lich gestalten als hier, nnd ! während die früher angeführten mathematischen Datcn als ^ Resultate der Nissenschaft ihre volle Richtigkeit hal>en, bleibt doch jeder Vergleich, bezüglich des dort sich entfaltenden ^ physischen Lebens, ein unfruchtbarer und fühit höchstens zu ! dem Resultate, daß die lebenden Wesen der Sonne, wenn solche auf ihr sich befinden sollten, ganz anders organisirt ^ sein müßten als die unsrigcn. ! Die Sonne erscheint uns wie ein glühender FeucrbaU; sie spendet uns sichtbar das Licht nnd fühlbar die Warme, lind ohn,: ihren wohlthätigen Einfluß würde die Natur des ^ Erdkörpers eine todte und kalte sein; das rege Leben auf ' il?m müßte in Nacht und Granen und Kälte erstarren und -Alles, was das Auge des Menschen und sein Herz erfreut und erquickt, würde mit dein Menschen selbst wahrscheinlich zu Grunde gehen. Wir sagen wahrscheinlich, weil wir nicht vorschnell aburtheilen dürfen, denn die so weise eingerichtete ^ Natur findet immer Mittel und Wege, alle Erscheinungen , den bestehenden Bedingungen anzupassen, und die so eben , ausgesprochenen Worte beziehen sich nur auf jene, Veränderungen, die unsere gegenwärtige Eristeuz ohne den belebenden Einfluß der Sonne erleiden müßte. Was die Naturkraft der Erde ohne Einwirkung der Sonne, vielleicht durch innere Wärme produziren könnte, bleibt für immer unserem Nissen verschlossen, da uns dafür der Anhaltspunkt fehlt. Wodurch wird nun die Sonne z^im Fcuerball? Ist sie selbst eine feste glühende Masse durch und durch? Hat sie bloß eine glühende Hülle? Ist diese Hülle gasförmig oder tropfbar flüssig? Dieß sind lauter Fragen, die dem Naturforscher zur Beantwortung sich aufdringen, und die er durch fleißiges Beobachten wcuigsteus theilwcise zu lösen im Stande ist. Gin Vlick auf die Sonnenkugel belehrt uns, daß ihre Oberfläche sich verändert) sie bekommt zeitweise Flecken, die uns unregelmäßig begrenzt und in der Miltc tief schwarz erscheinen, während sie am Nande gewöhnlich mit einem grauen Duust umgeben nnd. Sie behalten oft ihre Gestalt durch lange Zeit, so zwar, daß man sie benutzt hat, um durch ihr Verschwinden und ihre Wicdererscheinlmg die Achsen-drchung der Sonnenkugcl zu bestimmen, und man hat auf diese Weise gefundeu, daß die Sonne 27^ Tag brauche, um sich ein Mal um sich selbst herum zu drehen. Aber nicht nur zur Bestimmung der Achscndrchung der Sonne hat man die Sonncnflecken benützt, sondern ihr Entstehen, der Verlauf ihrer Eristenz und ihr Niedcrvcrschwinden beschäftigen die Naturforscher seit lauger Zeit. Den alten Völkern galt die Sonne als das Sinnbild der Reinheit, und erst Schci-ucr in Ingolstadt hat ihre Flecken im Jahre 1'liii zuerst entdeckt. Wenn man auch anfänglich versucht war, sie für dunkle Körper zu halten, welche vor der Oberfläche der Sonne vorübcrstrcichen, so kam man gar bald zu der Ein^ ficht, daß dies: nicht der Fall sei, sondern daß sie der Son-ucnoberfläche selbst angehören. Die wahrscheinlich an sich dunkle Eonnenkügel scheint mit einer selbstleuchtcnden Gas-Hülle oder Photosphäre umgeben zu sein, die manchmal gewissen Veränderung«?,, ausgesetzt ist und durchbrochen wird, so daß man durch das auf diese Weise entstehende Loch auf den dunklen Sounenkörper Hinabsicht. Diese Flecken, die manchmal in sehr geringer Anzahl vorhanden sind, oder ganz verschwinden, oft aber sich häufig zeigen, sind verschieden groß, und die Berechnung weist nach, daß es oftmals Son-iienflecken gibt, die in der Wirklichkeit 10.000 Meilen breit sind, obgleich sie uns unr linsengroß und noch kleiner erscheinen. Nachdem man die Sonncnflecken entdeckt hatte, so erkannte man auch öfter Stellen an der Sonne, die leuchtender sind als die Oesammtoberfläche, und die man im Gegensatz ;u den Sonnenflecken, Sonnenfackeln genannt hat. (Schluß folgt.) Aus der Thierwelt. Herr Legationsrath Lichtenberg in Gotha war Augenzeuge folgender Begebenheit: „Ein weißliches Kanaricn.Weibchen , erzählt derselbe, brütete iu eiuer angestellten Hecke drei Junge aus, zwei gelbe und ein graues. Drei Tage nach dieser Ausbrütung fing es zu meiner Verwunderung von neuem an, Eier zu legen, mußte aber darüber seinen Geist, aufgeben. Der Vater, ein schöner hochgclber Kanarienhahn, nahm sich nun zwar der Fütterung seiner Jungen ernstlich an, reichte aber dem grauen uiemals etwas in den Schnabel, son« dern stieß es, so begierig es ihn aufsperrte und so kläglich es auch schrie, immer zurück, biß auf dasselbe und überließ es gleichsam mit Vorsatz dem traurigen Schicksal der Ver« hungeruug. Die beiden gelben Jungen wurden immer gut uoil ihm geuährt und wuchsen zusehcuds. Durch ihr Wachs--thum nahmen sie nun in dem Nestchen mehreren Naum ein, durch ihre erhaltenen Kräfte hoben sie sich munter in die Höhe; das arme', verlassene graue aber mußte immer unter > ihnen liegen. Man versuchte, indem man nun die gelben Jungen einen ganzen Tag lang aus der Hecke entfernte, den> Alten etwa zum Mitleid zu bewegen. Aber auch das konnte seinen Haß und Zorn gegen dieses Junge nicht mildern. Er war unempfindlich gegen tefsen klägliche Töne und flog nun nicht einmal auf das Nest. Man brachte die gelben zur Er« wärmuug deö abgezehrten grauen wieder in das Nest, und hielt es für ein wahres Wunder, daß es ohne Nahrung sein schwaches Leben doch so fortsetzen konnte. Endlich entwickelte sich das Räthsel. Man wurde gewahr, daß seine gelben Geschwister ein besseres Herz und mehr Ezbarmung als ! der Vater hatte»; sie uahmcn sich des elenden verhungerten > an, uud leichten ihm aus ihren eigenen Hälsen einige Mal des Tages Speise. Sie gewöhnten sich endlich immer mehr daran, dasselbe, so oft ihnen der Alte ihre Mahlzeit gebracht halte, ordentlich zu fütter». Durch diese Fürsorge zogen sie es völlig groß, es wurde gut befiedert, lernte fliegen, für sich fressen und endlich, als ein Männchen, auch schlagen. Ob nun bloß die Farbe des Jungen so viel Eindruck machte und dem Hahne verhaßt war, weil ne sich so' ' weit von seiner eigenen Farbe unterschied, oder ob er wirklich den eifersüchtigen Gedanken dabei hegte, daß sein Weib« , chen ihm nicht treu gewesen, daß es nicht sein echtes Iun-! gcs sei, dieß sind wohl eben so schwer zu beantwortende > Fragen als wir diese: Haben denn wohl die kleinen, gelben, jungen Kanarienvögel eine Art wahren Mitleids über die Noth ihres verlassenen grauen Bruders gehabt; haben sie , cina,cschen, daß die Gefahr des Todes bei dem Kleinen vom Mangel der Nahrung herkam, und daß sie es nur dadurch würden lebendig erhalten können, wenn sie aus ihren Krö» . pseu etwas herausheben und ihm in den Schlund sttcken wür-^ den, oder merkten sie vielleicht, daß ihr Nestbruder gleich ruhiger wurde, und sie nicht so sehr mit seinem umgestümen Schreien und Aussperren plagte, wenn der Alte bei übereilter hitziger Fütterung manches verlor, was dann von ungefähr in scin.'n aufstehenden Schnabel fiel?" Trutt und Vcrlag v^l Igll. U. Klrinmayr L5 5. Bamberg i» Laibach. — Vcrantwortlichcr Ncdaclcur F. Vamdevg.