SLAWISCHES FAMILIENRECHT. INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung PEK JURIŠ TISCHEN DOCTORWURDE a n d er UNIVERSITAT STRASSBURG STRASSBURG, KARL J.> TRUBNER. LONDON, TRUBNER & CO. 1874 . Stvassburg, J. H. Ed. Heitz, Universitats-Buchdniclcer. Meinem lieben Freund und Lebensretter Herrn FRANZ FIRBAS als e i n Z e i c 1 1 e n inaiger Vere h r* nng. - Slawisches Familienrecht. g i. Allgemeine Bemerkungen, Je intensiver die Staatsthatigkeit, and mit der- selben die Staatsgewalt sich entwickelt ; desto mehr verliert die Familie an juristischer, namentlich offent- lieli rechtlicher Bedeutung, desto mehr verfliichtigt sie sich zu einem natiirlich-sittlichen Verhaltniss, welches nur nocli den gemeinsamen Rahmen far eine Anzahl von Rechtsinstituten bildet. Die romi- sche und germanische Familie haben durch die machtige Entfaltung des Staates friih ihre ursprung- liche juristische Bedeutung verloren, d. h. sie haben aufgehort Geschleehter (gentes) zu bilden und gleich- sam Staaten im Staate zu sein; die slawische Familiengenossenschaft dagegen bat, da die Thatig- keit des Staates sich in unvollkommener Weise entwickelte, ihren juristischen Gehalt noch bis auf den beutigen Tag bewahrt. i 2 Die ganze Rechtsanschauung oder, wenn man so sagen darf, der juristiselie Character eines Yolkes pragt sich am dentliclisten in den Rechtsverhii.lt- nissen der Familie ans; das Familienrecht ist der Ausgangspunkt und der Kern eines jeden Volks- rechtes, insbesondere aber bat bei den slawischen Volkerschaften das Familienrecht diesen hervorra- genden Platz im Rechtssystem noch in der Gegen- wart inne. Um die Rechtsverhaltnisse der slawischen Familie richtig erfassen zu konnen, ist es vor Allem noth- \vendig, dass man zwei Arten von Familien unter- scheidet, namlich die sogenannte Hauscomrnunion (slaw. »Zadruga») und die Familie im gewohnlichen Sinne des Wortes. Man konnte die erstere mit dem Namen «Gesammtfamilie» und die letztere «Son- derfamilie » bezeichnen. § 2 . Die Hauscomrnunion „Zadruga“, Die Hauscomrnunion oder Zadruga ist ein Verein von Blutsverwandten und anderen in die Familien- genossenschaften aufgenommenen Personen, die alle unter der Leitung eines gewahlten Hausvaters stehen und Gemeinschaftseigenthumer des Hausvermogens sind. Der Hausvater wird Starescliina (Aeltester) oder Gospodar (Wirth) genannt; er kann wohl der nattirliche Natur, resp. Grossvater ein er solchen Familie sein, aber es ist dies keine nothwendige 3 Voraussetzung; die Hauptbedingung, von welcher die "Wurde eines Hausaltesten abhangt, ist, dass er als der tuchtigste und kliigste Mann in der Fami- liengenossen-schaft gelte. Eine Hauscommunion organisirt sich in der Regel folgendermassen: ein Familienvater, im deutschen Sinne des AVortes, erwirbt ein bestimmtes Grund- stiick und erbaut auf demselben ein Iiaus; dasselbe wird das Stammgut. Die Soline, so viele aucli deren sein mogen, bleiben insgesammt bei ihrem Vater auf dem Stammgute, und bewohnen, wenn sie liei- rathen, mit ihren Frauen und Kindern das Stamm- liaus so lange dieses alle fassen kann; wird es aber zu klein, so werden entweder noch Stuben hinzu- gebauR oder es werden um das Stammhaus herum besondere Wohnungen fiir die Einzelfamilien errichtet. Eine solche Gesammtfamilie kann im Laufe der Zeit sehr zahlreich werden und sich nacb und nach zu einer Gens enveitern, Stirbt der Hausvater ; so \vird an seiner Sielle der tiichtigste unter seinen Sohnen zum Hausaltesten envahlt; dieser gebietet sodann liber die ganze FamiliengenossenscliafR aber nicht auctoritate propria, sondern potestate delegata. Der jeweilige Hausvater ist der alleinige Venvalter des Farnilienvermogens ; und in dieser Amtsthatigkeit \veist er den Hausgenossen die betreffenden Ver- richtungen an, ordnet die wirthschaftliclien Einkiinfte und Ausgaben, besorgt die Kiiufe und Verkaufe, entrichtet die offentlichen Abgaben, vertritt die Ilausgenossenschaft nach Aussen und leitet ihre gesammte innere Ordnung. Dem Hausvater zur Seite 4 steht die Hausmutter; diese ist in der Regel seine Frau, kann aber auch eine andere von den tiichti- geren Weibern der Familie sein; sie hat die Lei- tung des vveiblichen Personals und die Anordnung der \veiblichen Verriclrtungen 1 Csaplovvics, Slavvonien und zum Theil Kroatien. Pest, 1819, S. 105, fg. In ganz Slawonien, die Militargranze mitinbegriffen, ist die sogenannte patriarchaliscbe Ilaushaltung noch bis auf den beutigen Tag gebraucli- lich, \vomit so mancher Vortheil, dagegen aber auch einige Nachtheile verknilpft sind. Die ganze Familie bleibt unter den Befehlen des Haus- vaters «gospodar* ungetheilt beisammen und daher ist da keine Selten- lieit ein Haus mit sechzig und mehr Seelen bevolkert zu sehen. Ja man flndet, obzvvar selten, aucli liber hundert Menschen in einem Hause. Dass zwanzig bis filnfzig Kopfe beisammen sind, ist etwas aUtagliclies. Das Stammhaus bewohnt nur der Hausvater mit seiner eigenen Familie. Jedes verlieirathete Paar liat sein eigenes Hauschen «Krcivet» ausscliliess- licb filr sicb zur Wohnung bestimmt; da diese aber zum Heitzen nicht eingerichtet sind, so steht es im Winter allen Familiengliedern frei, warme Gemeinzimmer zu bezieben, vvohin denn jedes sein Bette mitbringt und vvo demnacb oft an zwolf und mehr Lagerstiitte aufgeschlagen vverden. Der Hausvater «Gospodar* und dessen Weib «Gospodaritza» sind Vor- steher der ganzen Familie, jener theilt die Geschafto unter das mannliche, diese aber unter das rveibliche Geschlecht aus. Die IVeiber der Familie besorgen wochentlich die Kilche und das Hausvvesen; diejenige, au wel- cher die Reilie ist, heisst wahrend der Dauer ilires \Vochcnamtes Redusa, vvclches \Vort « red » Ordnung bcdeutct. Man nennt sie auch Maja, ein Deminutiv von Mati, Hutter. Von der Gunst, in vvelcher dieses oder jenes Weib bei der Hausmutter steht, liangt oft die bessere oder magere Kost des Hauses ab. — Den Hausvater vviihlt die ganze Familie ; seine Befehls- haberstelle ist lebenslanglich und nur gewisse wichtige Dmstande, kiin- nen das gevvahlte Oberhaupt seines Amtes verlustig machen. Das Haus- personal muss seine Bcfehle vollkommen respectiren, \vozu es nothigen- falls auch durch die Autoritat der CivilbehOrde, \velche dem Gospodar jeder Zeit die erforderliche Assistenz angedeihen lasst, verlialten wird. ■ Das Vermdgen des Hauses, vvelches hauptsachlich in Vieh besteht, ist ein gemeinschaftlichos Eigenthum, der Gospodar ist nur Verwalter desselben, Einzelne Rechtsverhaltnisse der Hauscommunion, a) Das ganze Mobil- umi Immobilvermogen der Communion ist Gemeineigenthum aller Hausgenossen ohne Unterschied des Geschleohtes. Das bewegliche Vermogen wird nacli den zukommlichen Bedurf- nissen getheilt, das unbewegliche aber ist in der Hegel untheilbar und unverausserlich, es sei denn dass eine solche Theilung oder Verausserung alle Familienmitglieder beschliessen. Wer aus der Fami- liengenossenschaft tritt, sei es ein Sohn oder eine Tochter, kann nur mit beweglichern Vermogen aus- gestattet und fur seinen Antheil an dem gemein- und der Hausgenossenschaft, \venn sie es fordert, Rechenscliaft dariiber zu geben verpilichtet. Er muss fiir alles was das Haus braucht besorgt sem. Theilungen der Iiberscbiissigen Gelder gescheben nach den Fami- lienstiimmen. Privatenverbe durch eigene Industrie und Handel bleiben dem Enverbenden als Privateigenthum. Wuk Stefanowitsch, Serbisches W8rterbuch. Wien, 1818,. S. 792. Der Stareschiua lierrscht und verwaltet das ganze Vermdgen des Hau- ses, er befiehlt Mannern und Burscben was ein jeder zu verrichtcn habe; er verkauft im Einverstandnisse mit den Hausgenossen rvas zu verkaufen kommt, und kauft ein kas niitbig ist; bei ibm ist die Ilauptkasse und er sorgt filr die Bericlitigung der offentlichen Steuern und Abgaben. Das Hausgebet beginnt und vollendet er. \Venn Gaste oder Fremde in das Haus kommen, so spridit nur er mit ihnen und bewirthet sie. Er ist nicht immer der altcste an Jahren im Hause; wird der Vater alt, so iibergibt er die Vilrde des Stareschina dem ausgezeichnetsten unter seinen Sdhnen oder Neffen, wenn dieser audi der jilngste ist. Verwaltet ein Stareschina das Haus schlecht, so \vahlen die Hausgenossen an seiner Statt eincn andern. 6 schaftlichen Vermogen entschadigt werden; dadurch gehen auch alle Anspruche auf eine andere Erb- scliaft und einen ferneren Familienantheil verloren. AVer hingegen in die Gommunion aufgenommen wird, sei es durch Heirath oder Adoption, erwirbt auch alle Vermogensrechte gleich den angestammten Mitgliedern und erhalt den Namen der Gesammtfa- milie, deren Mitglied er geworden ist. b) Der Hausvater ist ein gewahlter Vorsteher und Gehieter der Hausgenossenschaft und verantwortlicher Yerwalter ihres Vermogens. Seinen Geboten und Anordnungen sind alle Hausgenossen zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet; erweist er sich aber als ein untauglicher Herrscher und sehlechter Venvalter, so kann er durch einen Familienbeschluss von seiner Wiirde entsetzt w er den. c) Die einzelnen Mitglieder der Gommunion sind vollkommen gleichberechtigt; das mannliche Ge- schlecht hat keine Vorrechte vor dem weiblichen. Nur thatsachlich werden vermogensrechtliche Unter- scliiede durch das nattirliche Verhaltniss der heiden Geschlechter bedingt. Die Soline bleiben narnlicli regelmassig auf dem Stammgute, die Tochter hei- rathen in andere Genossenschaften und erhalten eine Ausstattung gleich einem Soline, wenn er aus der Coinmunion scheidet. Sind aber keine Sohne vor- handen, so bleiben die Tochter auf dem Stammgute und eontinuiren die Hausgenossenschaft 1 . 1 Diesc altsla\vischen Familienvcrhaltnisse bestohon noch hcutzutage boi tlcn Sildslawen und zwar namentlicli bci den Serben und Kroaten. Der gegcnwartig vcrsammeltc kroatisebe Landtag in Agram hat ein neues Gc- 7 In gut verwalteten Communionen gibt es weder Reiche noch Arine, denn jedes Mitglied hat einen gleiohen Antheil an dem gemeinschaftlichen Ver- mogen und ist verpflichtet, so lange es arbeitsfahig ist, zu arbeiten. AVer sich dieser Pflicbt entziehen setz ilber die Regelung der Hauscommunionen seinen Berathungen unter- zogen. Zur Begrilndung der obigen Ausfiihrung mdgen aus dem kaiser- liclien Patent- und Grundgesetz yom 7. Mai 1850 fiir die kroatisch- slavvonische und banatisch-serbische Militiirgrenze folgende Paragrapheu angefilhrt werden: g 31. Das patriarchalische Leben des Granzvolkes als Nationalsitte wd unter den Schutz der Gesetze gestellt. g 32. Als Familie eines Hauses werden alle Personen betrachtet, welche bei dem Hause conscribirt und nicht Dienstboten sind; diese Personen mdgen sich verwandt oder in die 'Communion aufgenommen vvorden sein- l 33. Dm Ruhe, Ordnung, Eintracht, Religiositat und Sittlicbkeit unter der Hausfamilie zu erlialtcn, hat in der Regel der alteste fahige und dienstfreie Mann die Hausvaterstelle zu filhren und das Hausvermogen zu verwaltcn. — Sein oder ein anderes liiczu geeignetes Weib liat Hausmutter zu sein. Die Wahl muss durch die Familie geschehen und der Belidrde angc- zeigt tverden. Konnen sich die Familienglieder in der Wahl nicht vereini- gen, so cntscheidet der Gemeinde-Ausschuss. g 34. Was die Hauscommunion mit gemeinsamen Kraften envirbt, ist gemeinsames Hausgut, vvelches zur Bestreituug der Auslagcn des Hauses und des Unterhaltes aller Familienglieder dient. g 35. Die Hausgenossen kOnnen von dem Hausvater ilber die Gebarung mit dem gemeinsamen VermOgen Reclienschaft verlangen und einem aus ilirer Mitte die Mitsperre der Vorratbe und der Kasse Ubertragen. I 36. Beiin Kauf, Verkauf, bei der Verpachtung, Verpfandung oder Be- iastung der Grilnde, so wie bei jedem vvichtigen Gescliafte, vvelches die ganze Familie oder das liausliche VermOgen betrifft, muss der Hausvater die gescheliene Einvernehmung jedes Familiengliedes, vvelches das acht- zehnte Lebensjalir zurilekgelegt hat und die Zustimmung der Mehrheit derselben zu dem Gescliafte nachvveisen. Deber Einvvendung einzelner Familienglieder entscheidet der Gemeinde- Ausschuss mit Vorbehalt vveiterer Berufung. \ 37. Familienglieder sind befugt, die Zeit, vvelclie ihnen nach Erfill- 8 und den Hausgesetzen nicht Folge leisten wi.Il, wird aus dem Familienverbande gestossen und seinem lung ihrer liauslichen Obliegenheiten erilbrigt, dazu zu verwenden, um sicli etwas zu erworben. Sie kbnnen mit Billigung des Hausvaters zu die- sem Zvvecke selbst ausser dem Hause auf Arbcit gchen. Vem demjenigen, was ein Hausgenosse auf die eben angefilhrte Art filr sich erwirbt, muss er einen Theil an die gemeinscbaftliclie Ifauskasse abgcben. Kann er sich ilber die Summe nicht mit dem Hausvater vereinigen, und kommt es desshalb zur Klage, so entscheidel der Gemeinde-Ausschuss. Geht ein Granzer ohne Einvvilligung des Hausvaters auf besonderen Er- werb aus, so muss er seinen ganzen Verdienst an die Ifauskasse abgeben. § 38. Alles bewegliche Vermiigen, das einzeine Hausgenossen filr sich rechtličh erwerben, ist ihr besonderes Eigontlium. g 39. Die Theilung einer Communion ist untor folgenden Bedingungen zu gestatten: 1) Jeder Theil muss nebst dem Wohnhause mindestens eine Ansassig- keit von sechs Joch Grundstilcken als Stammgut naclrweisen. An der See- kiiste, und wo ahnlicher Mangel an Grundstilcken besteht, \verdcn unum- gangliche Ausnaluncn ilber Vortrag des Gemeinde-Ausschusses vom Regi- ments-Commando gestattet 2) Die Mehrzalil der Familienglieder beiderlei Geschlechtes, vom zu- rilckgelegten achtzehnten Lebensjahre an, muss zu der Theilung ihre Zu- stimmung gegeben haben. 3) Die Vermdgensantheile milssen nach dem eigenen Debereinkommen der Hausgenossen in Voraus bestimmt, abgetheilt, und die Grundstilcke in Gegenwart der Bebiirden abgemarkt sein. Hiebei sind die Personen, vvel- chen vermoge des g 48 der Rilcktritt in ihr Granzhaus vorbehalten ist, mit in Anscblag zu bringen, und einem Hause zuzutbeilen, \velchem auf den Fali des wirklichen Rilcktrittes in Voraus der betreffende Antheil zu- gemessen \vird. 4) Die Familicntheile milssen sicli ilber die gegenseitigen Forderungen und Zahlungstermine vergleichen, ilber die gemeinschaftlicheu Scbulden mit den Glaubigem abgefunden, die etrva erforderliche Hypothek festge- setzt und die haftenden Cautionen oder Witt\vengehalte gesichert haben- 5) Der Bau der neuen Vfohnhauser muss auf die hiefilr bestimmten Platze sicher gestellt worden sein. 6) Die durch Theilung cinzeln austretenden Manner milssen bei soust 9 Schicksale uberlassen; \ver aber durch Alters- scbwache, Krankheit oder auf eine andere Weise vorhandener Felddiensttaugliclikeit, der Militarpflicht beim Feldstande be- reits entsprochen haben. 7) Durch den Austritt eines Hausgenossen davf die active Militarpflicht der Rilckbleibenden nicht umgangen \verden. 8) Treten melirere Manner zugleich aus, ivelchen die active Militar¬ pflicht obliegt, so muss der Hausvater sowohl des zurilckbleibenden als auch des austretenden Theiles dieser Militarpflicht entsprochen haben. g 40. Wenn bei der Theilung gegen die Aufnahme eines Familienglie- des zu einem oder dem andern Theile Einsprache erhoben wird, so ist der naher venvandte Zweig zu dessen Aufnahme verpflichtet. Wenn ilber die Vermogensantheile zivisclien den sich tlieilenden Fami- lien keine giltliehe Oebereinkunft zu Stande kommt, so ist die Verthei- lung' des ganzen gemeinschaftliclien Vermtigens vom Gemeinde-Ausschusse liber vorliiulig gepflogene Erhebung nach der Anzalil der mannliclien KOpfe vorsunehmen. § 41. Alle vorbesagten Erfoldernisse zur Theilung milssen ilberliaupt vor dem Gemeinde-Ausschusse nachgewiesen werden, ftlr deren ErfUllung er verant\vortlich ist. Demselben steht auch zu ilber vorkommende Aus- nahmen jeder Art mit Vorbehalt des vorgeschriebenen Instanzenzuges zu erkennen. g 42. Deber jede Theilung ist ein Vertrag vor der Gemeindebehčirde schriftlich zu verfassen, von allen stimmbereclitigten Gliedern zu fertigen, und von der Compagnie zu prilfen, zu bestatigen und in den Grundbil- chern einzutragen. g 43. Die bislier mit Subnummern conscribirten Griinzhauser sind als gesetzlich getlieilt anzusehen, und es sind die Subnummern als selbstan- dige Grenzhauser zu conscribiren. § 44. Einzelne Personen und Familien konnen in ein Granzliaus aufge- nonunen werden ; wenn Sie die Griinzobliegenheiten ilbernehmen und von ihren bisherigen BehOrden die Entlassung beigebracht haben. g 46. Wenn die bciderseitigen Hausgenossen einwilligen, kann jeder Granzer mit Bevvilligung der Behorde aus seiner Commuiiion in eine an¬ dere ilbertreten. g 46. Die Absiedlung aus der Granze kann gestattet werden, wenn der Buvvohner der Militarpflicht beim Feldstande entsprochen liat. g 47. Die Granzer, vvelche sich von ihrem Hause trennen und sich in 10 arbeitsunfahig \vird ; der erhalt seinen nothwendigen Lebensunterhalt aus dem gemeinsehaftlichen Ver- mogen. § 4 . Erweiterung der Hauscomraunion. Viele Hausgenossenschaften, deren Mitglieder sich stark vermehren, erweitern sich zu Dorfern; daher stammen die zahlreichen patronimischen Dorfnamen 1 in jenen slawischen Gegenden., wo schon langst die Hauscommunionen aufgehort haben. Je grosser aber eine Communion \vird, eine desto grossere Bedeu- tung erlangt die 'NViirde ihres Aeltesten; er wird das Haupt einer Gens oder Gemeinde, und seine privatrechtliche Stellung nirnmt den Character eines ein anderes begeben, oder aus dem pflicktigen Granzstande treten und dadurch von selbst aufliiiren Mitglieder der Hauscommunion zu sein, ha¬ ben kein Recht auf das unbevregliche Hausvermogen. § 48. Individuen des Grenzstandes, telohe, me z. B. Ofliciere, Geistli- che, Beamlen, Gensdarmen u. s. w., in Offentliehen Diensten stehen, da- her der im § 34 ausgesprochenen Bedingung gemeinsehaftlichen Enverbs nicht nachkommen, haben keinen Anspruch auf die Nutzniessung des Iiausvermogens; es bleibt ihnen jedoch das Recht des RUcktrittes in ihre Hauscommunion, und von dem Zeitpunlcte an, wo dcrselbe erfolgt, die Theilnahme an dem Vermdgen des Communion gegen Debernahme der damit verbundenen Pflichten gleicli jedem andern Familicngliede vorbe- halten. I 49. Bei welchen immer Verfiigungcn mit dem unbeweglichcn Gutc der Pupillen ist vorlier die Einwilligung der Vormundschaft beizubringen. Die Aufnahme in die Communion eines Granzhauses, vrelches Pupillen gehort, kann nur mit Zustimmung des Vormundes und der Vormundscliaftsbehorde dann geschelien, wenn liieraus filr die Pupillen Vortheile crvvachsen. 1 Vgl. Palacl;y, Gescliichte von BShmen, Prag, 1836, Bd. I, S. 58 fg. 11 offentlichen Amtes an. In soleh en Fali en tritt jedoch in der Regel eine Theilung der urspriinglichen Gemeinschaft ein, und es bilden sich aus derselben neue Hausgenossenschaften, die fur sich unabhangig unter ihren besonderen Hausaltesten stehen; sie wahlen sodann einen Stamm- oder Dorfaltesten, welcher die gemeinsamen Geschafte der Dorfge- meinde zu besorgen bat. g 5. Die Shupanien Die Vereinigung mehrerer Hausgenossenschaften und Gemeinden zu einer grosseren politischen Ge- rneinschaft, sei es zur Regelung polizeilicher oder wirthschaftlicher Angelegenheiten, oder zu einem nothwendigen Scliutz- und Trutzbimdnisse, bildet eine Shupanie ; zu deren Vorsteher die Haus- und Gemeindealtesten den tiichtigsten aus ihrer Mitte zum Shupan (comes ) 1 2 3 wahlen. Dieser hat in Frie- denszeiten fur Recht und Ordnung auf seinem Ge- biete einzustehen und hauptsachlich das Richterarnt zu pflegen; alle wichtigen Angelegenheiten aber, welche die ganze Shupanie betreffen, berathet und entscheidet die Versammlung der Haus- und Ge¬ meindealtesten. In Kriegszeiten war der Shupan der 1 Vgl. Palacky, a. a. 0. 2 Dic ungarisebo ComitatsTerfassung ist eine slawische Institution; die slawischen W0rter Shupan und Shupania sind in Gespann (ung. ispan) und Gespannscliaft (reete Shupanschaft) corrumpirt worden. Kriegsfiihrer (Wojwod); seine Macht und Bedeutung richtete sich sowohl nach seiner personlichen Tiich- tigkeit wie nach der Grosse des Gebiets, velchem er vorstand. Die alten Slawen hatten keine Fiirsten in dem Sinne wie sie andern Volkern eigen varen, sondern lebten nur unter gevahlten, verantvortli- chen und absetzbaren Vorstehern 1 . I 6. Entstebung und Schicksal slawischer Staaten. Bei grosseren Kriegsgefahren vereinigten sicli zum besseren Schutze des gemeinsamen Landes mehrere Sbupanien zu einer Grossshupanie oder Gross voj vod- schaft und vabit en zu deren Oberhaupte einen Grossshupan oder Gross voj vod; ein so gebildeter Staat var demnach ein Bund von autonomen Shu- panien, die ebenfalls aus autonomen Communionen bestanden. Der slawische Furst regierte sein Land, wie jeder Hausalteste seine Familiengenossenschaft; 1 Procopii Cassariensis, De bello Gotliico, 1. III, c. 14: Et vero hi populi, Sclaveni inquam et Antae, non uui parent viro, sed ab antiquo in populari imperio vitam agunt: ac propter ea utilitates et danma apud ipsos in commune vocari solent. Aliarum etiam rerum fere omnium ratio apud utrisque barbaris servatur eadem, fuitque olim constituta. Gonstant Porpliyr, De administratione imperii cap. 29 : Principes vero, ut ajunt, has gentes (Chrobati, Serbli, etc.) non liabcnt, praiter su- panos senes, quem ad modum etiam reliqui Sclavorum populi. Dithmar Merseb, 1. YI, p. 151. His omnibus qui communiter Liutici vocantur, dominus specialiter non praesidet ullus; unanimi consilio ad placitum suimet necessaria discutientes in rebus efflciendis omnes eon- cordant, etc. 13 seine Herrscherbefugnisse waren nach den Privatge- setzen der Hauscommunion bestimmt und nach allen Seiten beschrankt; er komite keinen bedeutenden Staatsact oline die Zustimmung der Familienhaupter, Shupane und "Wojwoden unternehmen. Bei einer solchen Verfassung konnte der Staat eine eingrei- fende Thatigkeit nicht entfalten und nicht dauernd bestehn, denn die Hoheit der Familie und die unbe- schrankte individuelle Freiheit ist mit der Entwick- lung der Staatsgewalt unvereinbar; die Autonomie der kleineren Organismen entzieht ihm alle Kraft und befordert den inneren Z\vist,, so dass sich der Staat entweder von selbst auflosen oder jedem Ero- berer zur Beute fallen rnuss. Deutliche Belege dafiir gibt uns die Geschichte Polens und Serbiens 1 . g 7. Der Adel und die Sklaverei. So lange bei den Slawen das strenge Princip der demokratischen Gleichberechtigung herrschte, gab es bei ihnen weder Adel noch Sklaverei; diese zwei Stande sind erst aus der Beriihrung mit auderen Volkern erwachsen. Die Sla\ven waren alle frei und behielten, so lange sie nicht zu Repressalien gezwungen waren, auch die Kriegsgefangenen nicht 1 Vgl. Palackj, a. a. 0. ; S. 168 fg. P. J. Schafarik, Geschichte der sildsla\vischen hiteratur. Bd. III, Einleitung. 14 in der Knechtschaft 1 . Der Krieg jedoch gab die erste Veranlassung sowohl zur Entstehung eines bevorzugten wie eines unterdruekten Standes. Krie- gerische Auszeichnung, grosser Grundbesitz und personlicher Einfluss waren bei den Slawen wie bei andern Volkern die nattirliche Stufenleiter, welcbe zum Adel und im Gegensatz zu demselben zur Knecbtschaft fiihrten. Es gelang zuerst einzelnen Kriegsfiihrem oder Wojwoden sicb eine unabhan- gige Macht zu verscbaffen und die durch Wabl ver- leihbare Wurde ihren Farnilien erblieh zu sichern; sodann wurden viele Cornmunionen aufgelost, und wer Macht hatte, der eignete sicb einen grossen Grundbesitz als Privateigenthum an. Dadurch wurde eine Menge Volkes besitz- und rechtlos und der Gnade oder Ungnade des Herrrg dessen Grand und Boden es bewohnte und bebaute, preisgegeben. Reichthum und Macht auf der einen Sebe, erzeugten Ansehen und Vorrechte, Luxus und Tyrannei; Ar- muth und Obnrnacht auf der anderen Seite Ver- achtung und Rechtlosigkeit, Notb und Knechtschaft. 1 Maurici Strategicon, 1. XI, p. 273: Qui sunt in captivitate apud eos, non omni tempore, ut apud gentes alias, in servitute tenentur, sed certum eis definitur tempus, in arbitrio eorum reliquendo, si oblata mer- cede velint dein reverti ad suos; aut manere apud ipsos liberi et amici. Bamberger Orkunde aus dem Jahre 1136, veroffentlicht von Ho¬ rn ayr in den Wiener Jabrbiicher der Literatur, Bd. 39, Anz. BI., S. 37 : Ouaedam mulier Gothelindis nomine, cum esset libera, sicuti Sclavi esse solent. Vgl. Pal a c k y, a. a. 0., S. 192 fg. 15 § 8 . Die Sonderfamilie, Jede Communion karm in Sonderfamilien oder Familien im engeren Sinne. des Wortes aufgelost werden, and jede Sonderfamilie wieder eine Com¬ munion begriinden. Aus dieser Wechselbeziehung ergibt sicb, dass in beiden Arten von Familien im Wesentlichen dieselben Rechtssitten gelten. — In der Sonderfamilie herrscht jedoch der pater familias gleieli dem romischen und germanischen jure pro- prio nicht jure deiegato und ebenso ist er der allei- nige Eigenthumer des Familienvermogens. Ueber seine Kinder bat er die unbeschrankte auctoritas paterna und das j us corrigendi, aber nicht die potestas domin ica und das jus vitae necisque, wie der romische und germanische; er ist der Herr und Gebieter seiner Frau, darf sie jedoch nicht als Sklavin behandeln, rechtlos verstossen, verkaufen oder todten, es sei denn, dass sie eine solche Strafe sich durch ilire Verschuldung zugezogen hatte, wie z. B. durch Ehebruch*. i In der Vita S. Alberti schreibt der Biograph um das Jahr 994 ilber die Rechtssitte bei den bobmischen Slaiven: Mulier cujusdam nobilis cum clerico adulterasse publice arguitur, quam cum more barbarico decapitare quserercnt, fugit illa ad episcopum. Rapitur in felix frustra pressis altari- bus et sub manu conjugis capilalem jussa est subire sententiam. Quod cum illc velut vir justus facere nollet, sub gladio vilis vernulse truncata pcente male usi corporis capite exsolvit. Montenegrinisches Recbt, g 72: Ereignet es sicli, dass emem Montenegriner oder Berdaner sein Weib untreu wird und betrifft er es 16 Die slawische Frau ist die Hauptwirthin des Hauses, sie schaltet und waltet darin auctoritate propria nicht potestate delegata; in ihrer Obsorge ist die Erzieliung der Kinder und die Leitung des weiblichen Personals; iiber das Familienvermogen hat sie so weit das Verfugungsrecht, als sicli ihr 'wirthschaftlicher Wirkungskreis erstreckt. Htihner, Ganse und Enten, Flachs und Linnen, sowie iiber- lraupt Producte, die nur durch weibliche Arbeit beschafft werden, sind ihr Sondereigentlium; dafur muss sie aber die Bedtlrfnisse des weiblichen Haus- gesindes bestreiten. § 9 . Die Ehe, Die Ehe begrundet das Familienleben und der juristische Gharacter der Eheschliessung ist von eingreifendem Einfluss auf die Rechtsverhaltnisse der Familie. Die Ehe entsteht durch Vertrag, aber die Art und Weise wie dieser Vertrag geschlossen wird, ist bei den Slawen eine wesentlich andere wie bei den Germanen. Die germanische Eheschliessung geschah durch die emtio venditiO;, der Brautigam kaufte die Braut yon ihrem Vater oder einem andern Vormund; damit eine rechtliche Ehe zu Stande kam, war die Beobachtung dieser Form nothwendig. Die slawische Ehe dagegen, beruht auf dem mutuus auf dem Elicbruche, so ist ihm erlaubt den einen wie den andern Theil za tddten; entflieht aber das Weib, so soli sie keine Statte mcbr in un- serm Lande haben. 17 consensus der Nupturienten, ihr Zustandekommen ist von keiner strengen juristischen Form bedingt und kann selbst durcb Flucht, Entfuhrung und Raub der Braut bewirkt werden. Die Kirche., welclie lehrt dass die Ehe ein Sacra- ment sei, kampfte gegen die vertragsmassige und formlose Eheschliessung und erwirkte fiir Serbien erst unter Zar Duschan, 1349., ein Gesetz, welches die Giltigkeit der Elie an die kirchliche Trauung und Einsegnung knilpfte 1 . Nacliden liistorischen Urkunden und nachdennoeh geltenden alten Rechtssitten, sind folgende Hauptar- ten der slawisclien Eheschliessung anzufuhren: a) Der Brautigam \virbt um die Braut bei ihren recht- massigen Verlobern, bei ihren Aeltern oder Brtidern, und in der Communion liei dem Hausvater; ist seine 'VVerbung angenehm, so \vird ihm die Braut verspro- chen, wobei er ihr den Angelobungsring darreicht 2 . 1 Das serbisohe Gesetzbucli des Zar Duschan bestimmt : Art. 4. Edclleute und andere Menschen sollen ohne Einsegnung ilires Prii- laten nicbt heiratlien; oder sie sollen sicb von denen einsegnen lassen, \velche von den Pralaten zu Geistliclien bestellt sind. Keine Hoebzeit soli olme Trauung stattfinden. Gescliielit sie oline Trauung und Erlaubniss und Einsegnung der Kirche, so sollen solehe geschieden \verden. Cf. Kucharski, Anticiuissima monumenla juriš Slovenici, p. 171. a Audi bei den Slawen gilt die Regel: Ist der Pinger beringet — Ist die Jungfer bedinget. Diese Rechtssitte erwahnt ein altserbisekes Volkslied : Da versetzte der gelehrte Richter: «Gibt zum Liebespfand man einen Apfel, Gibt Basilicum zum IVoblgeruchc : Doch den Ring nur gibt man zum Verldbniss Wer den Ring gab, dem gehdrt das Madchen.» (Talvy, Perbiscbe Volkslieder, Itd. II, S. 91). 2 18 Geschlossen wircl die Ehe dureh eine feierliche Zu- fuhrungund Uebergabe der Braut an den Brautigam'. Die Nupturientin wird dadurch aus ihrem bishe- rigen Familienverbande entlassen und in eine andere Genossenschaft aufgenommen; tritt sie aus einer Giitergemeinschaft, so muss sie ffir iliren Antheil eine entsprechende Entschadigung, d. h. eine ange- messene Ausstattung oder Mitgift erhalten. b) Der Brautigam verschafft sich seine Braut ohne Wissen und Willen, ohne Verabredung und Zustim- mung ihrer rechtmassigen Verlober, namlich dureh Flucht der Braut aus ihrer Familie oder dureh Ent- fuhrung und Raub. Hiebei sind nun z\vei Falle von besonderen Rechtsfolgen zu unterscheiden : a) Hat die Braut frehvillig ihre Familie selbst ver- lassen, oder bat sie sich mit dem Entfilhrer zur Entfilhrung verabredet, so vvird und bleibt sie ohne AVeiteres die reehtlich anerkannte Frau ihres selbst- gewahlten Gemahles 1 2 , aber sie liat keinen Anspruch auf eine Ausstattung oder dos 3 . 1 Nestor gebraucht filr die Bezeichnung der formliclien Eliesclilies- sung immer das Wort «zufilhren »; cf. Miklosisch, Chronicon Nestoris, c. X, wo der Clironist von den Elien der Poljanen spridit; c. XXI: es war dem Filrsten Igor Olga als Frau zugefilhrt; so erwiihnt er die Ehe des Filrsten Jaropolk, Wladimir u. a. 2 Das montenegrinische Recht bestimmt : l 70. Folgt aber ein Madchen dem ledigen Manne frehvillig ohne Vor- wissen ihrer Ačltern, so kann man ihnen nichts anhaben, da sie die Liebe selbst verband. 3 Gleich dem siidslawisclien Gewohnlieitsrechte bestimmte das Statut des Polenkonigs Kasimir d. G. De raptu virginum: filia vero sine volun- tate parenlum raptori consentiens, vel se procurans recipi a raptore, etsi 19 P) Wird die Braut wider ihren Willen geraubt, so hat vorlaufig ihre Familie die Pflicht, den Rauber aufzusucben und ihn zur strengen Verantwortung zn ziehen. Ist es uberliaupt moglich seiner habhaft zu werden, so kann er, wenn sich die geraubte Braut nicht fur ihn erklart, getodtet werden; will diese aber seine Frau sein, so hat es dabei sein Be\venden. Kann man aber dem Brautrauber nicht beikommen, und verbleibt die Geraubte spater freiwillig bei ihm als Frau, so wird die Ehe zwar rechtsgiltig, die geraubte Frau erhalt jedoch in keinem Falle irgend eine Ausstat- tung oder Erbschaft von ihrer angestammten Familie 1 . postmodum matrimonialiter fuerit copulata, niliilo minus dotem amittat, ita quod parentes seu amici ejus non tonentur. — Cf. Burzynski, Polnisches Privatrecht, Bd. II, S. 89 I. 1 Das sildslawische Gewohnheitsrecht spridit sidi ilber die Falle unfer b im folgenden serbisdien Volksgedichte aus: «0 ich mdditc um dich werben 1 Doch man wird didi mil* niclit geben; Dich mir rauben, — kann’s allein nicht, Locken dich, — du ivirst nicht kornmen !» Ihm enviederte die Jungfrau : «Wirb nicht um micb, junger Knabe! Denn man wird mich dir nicht geben! Raub’ mich nicht! — Du tvirst fallen, Denn ich bab’ der Brilder Neune, Dnd von Vettern eine Heerschaar, • Wenn auf schvvarzen Boss sie sitzen, Mit dem scharfen Schivert gegilrtet Schiefgerilckt die Wolfsfellmiltzen Furchtbar ist es anzuschauen, Grau’nvoll soleh ein kiilm Begegnen! Silnde war’s dabei zu fallen, Schande aber zu entfliehen! — Lieber locke mich — ich komme!» Talvy, a. a. 0., Bd. II, S. 35; zu vgl. auch Bd. II, S. 2. Einleitung. 20 c) Bine eigenthumliche Art von Eheschliessung, welche aber auf das deutlichste bezeugt,, dass die slawische Ehe nur auf dem mutuus consensus der Nupturienten berulite, liat der Chronist Nestor iiber- liefertb Dieser erzahlt von den heidnischen Dre- wiern., Radimicen, NViaticen und Seweriern ; dass sie keine formliche Ehen hatten, sondern zu gewissen Zeiten in den Dorfern lustige Spiele anstellten, wo Madchen und Burschen zu Sang und Tanz zusammen kamen und mit einander Bekannt- schaft machten, worauf sich jedes selbstgewahlte Paar als Mann und Frau erklarte; freilich war der fromme Moneti liber eine solche Sitte hoehst emport. Das characteristische der germanischen Ehe ist, dass durch dieselbe die selbstandige Vermogensver- waltung der Frau aufbort und auf den Mann tiber- tragen wird; der Mann ist des NVeibes Vogt und 1 Ne s tor s G hronik. Miklosich, C. X. SchlOzer, Bd. I, Kap. XII, S. 124 fg. «Sie (die Polen, Radimicen, Dremer, Krivičen) aber hatten ihre Gevvolin- heiten, Gesetze und Ueberlieferungen von ihren Vatern lier, Alles bat seine Art, Die Polen hatten die Art ihrcr Vater, sie vvaren stili und sanft und bezeugten ihren SchwiegertOchtern und Sclnvestern, ihren Milttern und Aeltern, ihren Schvvagern und Schwiegervatern viele Ehrfurcht; auch formliche Ehen hatten sie; der Brautigam pllegte nicht selbst seine Braut zu holen, sondern man filhrte sie ilmi des Abends zu, und den andern Morgen brachte man das, vvas man ihr als Ausstattung zur Ehe gab. Die Drcvvier hingegen lebten auf thierisclie AVeisc; wie Vieh lebten sie. Einer brachte den Andern um, alles Unreine assen sie. Sie hatten keine form- lichen Ehen, sondern sie pflegten die Jungfern zu entfilhren. Die Radimi¬ cen, AVialicen und Severier hatten einerlei Sitten. Vor Aeltern, Schwie- gertochtern und Brildern hatten sie keine Scham, auch hatten sie keine fiirmlichen Ehen, sondern sie stellten lustige Spiele in den Dorfern an, wo sie zum Sang und Tanz und ailen teuflischen Spiel zusammen kamen, und da entfilhrte sich jeder das AVeib mit dem er eins gevvorden war.» 21 Meister, sowolil was ihre Person, als was ihr Ver- mogen anlangt 1 ; eine solche gesetzliche Giiterein- heit der Ehegatten widerstrebt der slawischen Rechtsarischauung; die slawischen Ehegenossen schliessen vielmehr eine Lebensgemeinschaft, in welcher sie sicli vertragsmassig Rechte gegenseitig einraumen oder beschranken konnen. Da ferner die Ehe nur auf einem mutuus consensus beruht, so kann sie aucli durch einen contrarius consensus wieder gelost werden; gegen den Willen aber und ohne eine rechtliche Ursache kann kein Ehegatte den andern verstossen; die Ehescheidung muss in gesetzlicher Ordnung geschehen, so dass alle ver- mogensrechtlichen Yerhaltnisse geregelt werden. Der Mann, welcher sich von seiner Frau scheidet, ist verpflichtet fur ihren Unterhalt zu sorgen, es sei denn, das sie zur Strafe in Folge eines schlecliten Lebenwandels den Anspruch darauf verloren hat 2 . § 10 . Der Muntschatz, Der Muntschatz, d. h. der Kaufpreis, welchen der germanisehe Brautigam dem rechtmassigen Verlober und Vormund seiner Braut bezahlte, um die ehe- 1 By tlie marriage the husband and wife are one person; tliat is, tlie very being or legal esistence of the vomau is suspended during the marriage, or at least is incorporated and Consolidated into that of the husband. — Blackstone, Commentaries on the laws of England, B. II, p. 441. 2 Cf. Monumenta Serbica, p. 14 sq. — Monteuegrinisches Recht, H 67, 75, 76, 77. 22 liche Vormundschaft liber dieselbe zu erlangen, kommt im slavischen Rechte nicht vor, da, vie im vorigen Paragrapli gezeigt vurde, die slavische Ehe nicht anf dem Kaufvertrage, sondern auf einem lediglich auf die Ehe gerichteten mutuus consensus beruht. Das Gegentheil wird zvar vielfach behauptet, .aber ist nicht zu beveisen, denn es gibt keine historische Urkunde, aus welcher man constatiren komite, dass bei irgend einem slavischen Stamme die Rechtssitte des Fraukaufes gegolten hatte. Die Bel ege, velche man dafur anfiihren vili, erweisen sieh bei einer niiheren Untersuchung falsch und unanvendbar. In der Ansicht, dass bei den Slaven vie bei den Germanen der Brautkauf stattgefunden babe, hat vorzuglich Selil o z er dureb eine unricli- tige Auffassung und falscbe Uebersetzung der im vorigen Paragrapli, Note 7, citirten Stelle der slawi- schen Chronik, Veranlassung gegeben. Seine Ueber¬ setzung var fiir die slavische Alterthumskunde Epoche machend, und da nur AVenigen der Urtext verstandlich sein konnte, so las man nur die deut- sche Uebersetzung, und der Irrthum galt fiir Wabr- heit 1 . 1 Die fragliclie Stelle ist nach Scliliizer’s Nestor, B. I, Kap. 12, S. 124 fg-., in lateinischer Transcription und in deutsclicr Uebersetzung folgende: I bracznyj obyczai imijaehu, ne choshasze shenich po neviestu, no privosliachu veczer, i za utra prinoszacbu czto na nei vdadusze. — Auch formliclie Elien batten sie, der Brautigam ging nicht selbst seine Braut zu holen, sondern man fiihrte sie ihm des Abends zu, und den anderen Morgen brachte man das, « was fiir sie gegeben wurde.» — 23 Eine zweite derartige Ansicht, die auch olme wei- tere Priifung und Untersuchung allgemeinen Glauben fand, war dureh Talvy und AVilda, die deutschen Uebersetzer der serbischen Volkslieder, verbreitet: Bei Talvy, Serbische Volkslieder, B. II, Einleitung S. 2 , wird erzahlt: «Ueblichenveise ubernimmt der Vater oder der Bruder des Brautigams oder sonst ein naher Venvandter die AVerbung. Hiebei darf ja nicht versaumt werden, den Angehorigen der Jung- frau Geschenke zuzutheilen; z. B. dem Bruder ein Paar Stiefeln, der Mutter ein Kleid, etc., vor Allern aber muss Geld ins Haus. Der Preis der Madchen war nach und nach so gesteigert, dass ein Armer sich nicht melir verheirathen konnte und der sch\varze Georg fiir nothig fand das Maximum auf einen Ducaten fest zu setzen.» — Dieser letzte Satz wird allgemein als baare Miinze angenommen und gesagt, bei den Sildslawen bestehe noeli in diesem Jabrbunderi das Recbt des Fraukaufes. Hiebei wird nicht bedaclit dass die a Geschenke» die der Brau- tigam den Angehorigen seiner Braut gibi, juristisch keinen Kaufpreis darstellen, sondern nur «Gescbenke» sind. Die Angehorigen der Braut pflegen ebenso Geschenke an den Brautigam zu machen, man Es ist nicht zu begreifen, wie Sclildzer den letzten Satz, « czto na nei vdaduszc », so gegen die Bcdeutung der einzelnen \Vdrter, gegen die grammatische Construction und gegen allen Sinn und Zusammenhang mit «\vas filr sie gegeben \vurde » verdeutschen konnte. tVOrtlicb wiirde die Stelle deutsch lauten: Und des Morgens brachten sie (die Angebo- rigen der Braut) das was sie (die Angehorigen der Braut) auf sie (die Braut) liinein gaben — d. h. was sie ihr in die Ehe zur Ausstattung gaben. — Vgl. \ 9, Note 7. 24 trachtet, sich gegenseitig zu uberbieten, und gegen diesen Missbrauch wurde im Jahre 1849 ein Gresetz erlassen. Solche Gesetze haben nur den Gharakter polizeilicher Luxusbeschrankungen. Die Schwierigkeit eines Armeri sich za verheirathen, besteht darin, dass er um ein Madchen, welches reicher ist als er, nicht leicht werben kann, indem der conservative serbische Bauer, \vie der deutsche, keinen Bettler, wie er sagt, zum Schwiegersohne haben will, son- dern seine Tochter nur einem soleh en Werber bereitwillig zur Frau gibt, der ihm am Vermogen ebenburtig ist. Dass auf der sla\vischen Balkan-Halbinsel Frau- kaufe vorkamen und auch heutzutage noch statt- finden, ist eine Thatsache; aber man wiirde sich sehr tauschen, wenn man das als eine altslawische Rechtssitte ansehen wollte, was nur in dem moha- medanisch-tiirkischen Redite seinen Grund und Bestand liat. Man darl hiebei nicht vergessen, dass viele Serben Bekenner des Islam geworden sind und dass sie demnach auch nach dem mohamedanischen Rechte leben. Von diesem Gesichtspunkte muss man auch die serbischen Volkslieder, welcbe vom Madchenkaufe sprechen, beurtlieilen; sie stammen von mohamedanischen Serben 1 . 1 Als Beispiele kann man anfilhren: « Schwarzaug-Blauaug-» — ein Madchen klagt: Wann wird vohl die solidne Zeit mal kommen, Dass man anfangt Knaben zu verkaufen? 'i Hajkumas Hochzeit» u, a. Talvy, a. a. 0., B. T, S. 165, B. II, S. 16, 25 § 11 . Die Aussteuer, Die slawische Aussteuer kommt unter verschie- denen Namen vor: die Sildslawen nennen sie percia, die Russen pridanoe, die Polen posag und die Bohmen veno. Die Tochter erhalten kein Erbe so lange Soline vorhanden sind und ihre Aussteuer besteht demnacli nur aus beweglichem Vermogeri, und zwar gleich der germanischen Gerade, aus Ge- genstanden, welche der Frau filr ihre personliohen und wirthschaftlichen Bediirfnisse nothvvendig sind, wie Kleider, Kleidungsstiicke, Flachs, Linnen, Schmuck, Federvieh etc. und Geld. Die Grosse der Aussteuer richtet sich nacli den Vermogensverhalt- nissen der Familie; in der Communion bestimmt sie, mit Einvernehmung der Hausgenossen, der Hausvater ; in der Sonderfamilie ist es dem freien AVillen und Ermessen der Aeltern anheimgestellt ihre Tochter auszusteuem 1 ; nach dem Tode der- selben aber liegt den Brudern die Pflicht ob, ihre Schwestern zu verheirathen und demgemass auszu- statten 2 , und zwar so, wie es die Aeltern thun 1 Montenegrinisches Redit, § 51: Heirathet eine Tochter, so erlialt sie nach unserer Landessitte keinen Antheil, wohl aber eine Mit- gift, welche ihr die Aeltern bei ihrer Verehelichung freiwillig mitgeben. 2 Quae si fratrem vel fratres liabeant ipsi teneantur eas maritare. Stat. Rag. a. 1272. Cf. Bogisie, Rad jugoslovenske akademije, vol. V, p. 137, ' 26 w lir d en, wenn sie nocli am Leben waren, oder gleich einer schon verheiratheten und ausgesteuerten Schwester. In Polen galt das Gewohnheitsrecht, dass wenn der Vater letztwillig der Toehter kein Hei- rathsgut bestimmt hatte, ihr Bruder verpflichtet war zwei Schwert und zwei Spillmagen zu einem Farai- lienrathe zu berufen und mit ihnen die Aussteuer zu bestimmen, welche binnen einem Jabre nach der Verheirathung der Schwester gezahlt werden musste. In Litthauen galt das Viertelrecht, d. h. der vierte Theil des Gesammtvermogens gehorte der Schwester oder den Schwestern 1 . Die Statuten der freien Stadt Ragusa setzten fiir die Mitgift und fur die Geschenke, welclie dem Brautigam von den Angehorigen der Braut gegeben werden durften, ein Maximum fesi, dessen Ueberschreitung mit strengen Strafen geahndet wurde. Im Jahre 1504 envirkte die Republik gegen diejenigen, welche sich ničlit an das gesetzliche Maximum hielten, vom Papste die grosse Excommunication, a qua, qui in earn incurrunt absolvi non possint nisi per sedem apo- stolicam 2 . In der Sonderfamilie wird die Aussteuer, ausser dem Theil, welchen sich die Frau zu ihrer allei- 1 Fratres dotcm sorori per patrom indotatae, infra urnim annum post mortem paternam ex consilio duorum ex linea paterna, duorum ex ma¬ terna coniunctorum, assignent; cjuam dotem infra unum annum post desposationem, eidem reddant, vel sortem bonorum dotis nominc in possessionem dent. Cf. Burzynski, Prawo polskie, vol. II, p. 245. (Vgl. Maciejowski, Slawische Rcclitsgescliichte, Bd. IV, S. 385.) 2 Bogisič u. s. cit, 27 nigen Verfugung vorbeha.lt ', dem Mann zum usus fructus ubergeben und bleibt demnach im ausschliess- licben Eigenthum der Frau auch wabrend der Ehe 1 2 . Besteht die dos jedoch in Geld, so geht dieses zwar in das Eigenthum des Mannes uber, ab.er er hat dessen ungeachtet daran nur eirien quasi usus fruc¬ tus, denn sein ganzes Vermogen haftet fur die Sicherheit der ihm ubergebenen Summe. Besitzt der Mann kein Vermogen, so darf er auch die dos nieht zur Bezahlung seiner Schulden verwenden 3 . Ueber- haupt sind die slawischen Gesetzgebungen angstlich darauf bedacht, dass die Aussteuer der Frau vom Verluste sicher bleibe; neben anderen Sicherungs- mitteln verpflichten sie deri Mann die dos durch eine aequivalente contrados, fur \velche sein Immo- biliarvermogen verpfandet wird, zu garantiren. Die polnischen, litthauischen und massovischen Gesetze bestimmen, dass die dos mit der contrados, welche beide man mit dem Namen «reform ati o 4 » 1 Den Theil der dos, \velchen die Frau nieht dem Manne ilbergab, sondern zu ilirem eigenen Gebranche filr sich behielt, nannten die pol¬ nischen Juristen, die lateinisch schrieben, «parafarnalia», und gaben darilber folgende ErMarung : Parafarnalia vocantur proprie illae res, quas mulier in aedes mariti intulit: ut sunt vestes muliebres et instrumenta ad usum muliebrem pertinentia, quasi juxta dotem datae; caetera vero vocantur illa omnia instrumenta et ornamenta domestica, quibus pro usu quotidie utuntur, et quae mater familias plerumque in sua cura habet. Cf. Burzynski u. s. cit., p. 149. 2 Stat. Rag. Bogisič, p. 138. 3 Eodem. 4 Processus judiciarius Cracoviae a. 1612, De Reformatione: « Refor- matio est inseriptio qua dos a marito uxori inseribitur. — Secundum usum antiquum iste est sensus illius: quod maritus tam magnam sum- 28 bezeichnet, in die Grundbueher eingetragen werden miisse. Die reformatio bat den Zweck als «custos dotis» zu dienen, denn die nicht reformirte dos geht in das Vermogen des Mannes liber, und wird dadurch ftir die Frau verloren. Nach dem bohmi- schen Rechte haftet ein interceptor dotis fiir das Vermogen der Frau 1 . Die Statute von Ragusa \vollten fiir alle Falle die dos sicher stellen 2 und gaben ihr ein hochst privilegirtes Pfandrecht am ganzen Ver¬ mogen des Mannes. Den Empfang der dos musste der Mann dureh eine streng vorgeschriebene Form bestatigen 5 . § 12 . Die Morgengabe. Das Institut der sla\vischen Morgengabe ist von dem germanischen \vesentlich verschieden: die ger- manische Morgengabe ist ein Geschenk welcbcs der mam quam post uxorem recepit, illi in medietate bonorum omnium suorum haereditariorum et obligatoriorum mobilium et immobilium habitorum et liabendorum ratione dotis; et aliam summam similem, ratione dotalitii inscribit, reformat, ac dotaliter assecurat. Quae bona illa habebit, tenebit, et possidebit, in summa dotis et dotalitii, juxta vim ct continentiam aliarum reformationum in Regno lioc observatarum. » Cf. Burzynski u. s., vol. n, p. 141. 1 Vgl. Maciejo\vski, a. a. 0., B. IV, S. 397 fg. 2 Stat. Ra g. : Intentionis nostrae est, ut semper et in omni easu dos sive perchium mulierum sit salvum. 3 Stat. Rag. : Quam quidem dotem liabui et recepi, super me et omnia bona mea, secundum ordinem et consuetudinem Ragusii. — Con- flteor habuisse et recepisse pro dote et perchivio super mo et omnia bona mea secundum legem et consuetudinem Ragusii. Cf. Bogisid u. s. cit., p. 140. 29 Mann seiner Frau am Morgen nach der ersten Brautnacht verehrt, die slawische dagegen besteht ans Gaben, welcbe der Neuvermahlten am ersten Morgen nicht nothwendiger NVeise von ihrem Manne, sondern von ihren Angehorigen, Freunden und Hochzeitsgasten gegeben werden. Dieses Institut kommt bei den Sudslawen lieutzutage theils noch in seiner urspriinglichen Bedeutung vor, theils hat es nur dem Namen nacli Spuren von seiner friiheren Existenz hinterlassen. Unter allen slavvischen Stammen liat der serbo-kroatische noch am reinsten seine uralten Eigenthiimlichkeiten bevvahrt; so findet auch bei ihm die Beschenkung der jungen Frau noch in der Weise statt, wie sie Nestor im 11. Jahrhunderte schon als eine alte Gewohnheit bei den Polen bezeichnete*. Die Neuvermahlte erhalt namlich am ersten Morgen nach der Zufiihrung von ihren Ange- horigen, Freunden und Hochzeitsgasten verschiedene Geschenke, wie Schmuck, Geld, Kleider, Kleidungs- stoffe, Flachs, Gerathe u. dgl., welche Gaben in vielen Fali en ilire ganze Ausstattung bilden 1 2 . 1 Vgl. § 9, K. 7. 2 Vgl. Talvy, Serb. Volkslieder, B. II, Einleitung, S. XVI: « Im Hause dcs Brautigams bringen die eingeladenen Gaste der Braut Geschenke, wie TUcber, Flaelis, etc. — Frilh am Morgen gelit sie mit Becken und Handtuch umher und giesst einem Gast nacli dem andern Wasser liber die Hande, wofdr ein jeder ein Stilck Geld in das Becken \virft. Einige Gaste nelunen sicli der Braut an und sucben ihr durcli allerlei Spiele und lose Streiche Geld zu erwerben; ihr selbst sind zu diesem Endzweck allerlei Listen erlaubt, und je weiser sie darin geht, desto lioher steigt sie in der Meinung der Gaste.« (Vgl. auch das Gedicht « die Brautgabe », B. I, S. 6). 30 Die Slowenen bezeichnen mit dem Worte Mor- gengabe (juterna ) 1 die Ehepakten, ein deutlicher Beweis, dass diese gegenwartig nur so zu sagen symbolische Benennung auf einem Institute beruht, welches urspriinglich bei ihnen, sei es nach der ger- manischen oder slawischen Rechtssitte, faktisch bestanden bat, im Laufe der Zeit aber, wie die deutsche Morgengabe, in eine Wittwenversorgung tibergegangen ist. § 13 . Redite der Frau. In der Hauscommunionherrschtdas Princip der voll- kommenen Gleichberechtigung beider Geschlechter; dieser Umstand bat nun zur Folge, dass die slawi- sehe Frau von jeher auch in der Sonderfamilie frei und moglichst selbstiindig ist 2 . Eben so folgt aus dem rechtlichen Gharacter der Eheschliessung, dass der Mann weder uber die Personlichkeit der Frau noch iiber ihr Vermogen grossere Rechte erlangen kann, als sie ihm vertragsmassig eingeraumt werden. Das sittliche Verhaltniss der ehelichen Lebensge- meinschaft und der Familienorganisation so wic die Scbwachen des \veiblichen Gesclilechtes bedingen es 1 Das Wort « juterna», von «jutro », der Morgen, entspricht vollkommen dem deutschen Ausdrucke Morgengabe. 2 Ygl. Sachsenspiegel, III, 73, g 3: Man sagt daz allc Wendinen vri sin. Bamberg er Urkunde, a. a. 0.: Ousedam mulier Gothelindis, cum essit libera, sicuti Sclavi solent esse. 31 jodocli, dass der Mann der Iierr und Beschiitzer seiner Frau sei und sie vor und ausser Gericht ver- trete. Die slawischen Rechte bestimmten daher, dass die Frau wahrend der Abwesenheit ihres Mannes einer gerichtlicben Vorladung nicht Folge zu leisten brauche, und thue sie es, so sei dieser nicht ver- pflichtet die ohne sein Beisein erfolgte Entscbeidung anzuerkennen 1 , nisi pro hereditate illa quam non subjugavit 2 3 . Die Einheit der ehelichen Lebensge- meinschaft erfordert es auch, dass der Mann alle ehelichen Guter verwalte; aber dem slawischen Ehegatten ist die Yerwaltung liber die dos und con- trados nicht unbedingt gesichert, sie kann ihm unter Umstanden, welche das Heirathsgut gefahrden., ent- zogen werden, worauf die Frau ihr ga’izes Vermogen ent\veder selbst venvaltet oder sich zu diesem Zwccke einen verlasslichen Curator wahlt 5 . Hat der Mann das Heirathsgut oder irgend einen Theil des beweg- lichen oder unbeweglichen Vermogens der Frau ohne ihre Zustimmung veraussert, so kann sie selbst oder durch einen Stellvertreter dagegen Ein- 1 Zar Dusclian’s Gesetzbuch, § 76: Der Gericlitsamvalt soli sich nicht wagcn an eine Frau, wenn ihr Mann nicht zu Hause ist, noch soli eine Frau ohne ihren Mann yorge- laden werden, sondern die Frau soli dem Manne Runde geben, dass er zu Gerichtc gehe. Daran soli der Mann nicht Schuld sein bis sie ihm Runde gibt. Stat. Rag. Bogisič, p. 140. 2 Or do judicii terae (Boemiae), § 75 in fine: Uxor nulli contra eam agenti tenetur respondere nisi pro hereditate illa quam non subju¬ gavit. 3 Maciejotvski, a. a. 0., B. II, S. 217. 32 sprache erheben und die Verausserung umvirksam machen 1 . Vermogensgegenstande, welche die Frau ausser der dos, sei es von ihren Angehorigen oder von dritten Personen erhalt, bleiben in der Regel ibr unbeschranktes Eigenthum, woruber sie aueh ohne die Zustimmung ihres Mannes frei verfiigen kann 2 . Nach dem bohmischen Rechte darf die Frau in Angelegenheiten, welche den Schutz ihrer Person und ihres Vermogens betreffen, audi selbstandig vor Gericlit Klage fuhren 5 . i Ordo judicii terr«, § 76: Itcm notandum, si aliquis hereditatem do- talem obligatam vel hereditariam uxoris sua; alicui vendiderit, aut alie- naverit quoque modo eadem uxor per se vel per aliquem amicum suum infra tros annos a die alienationis ipsius et sex septimanas defendere debet ct dicere, se habere in ea hereditate talem dotem et citare debet ter hereditatis ipsius possessorem et lioc in tabulas consignare et ibi cessare ab actione, doneč maritus ejus suum diem clauserit extrcmum, tune eo mortuo ipsa uxor in causa eadem poterii procedere exceptione aetoris faeta, quod preeseripsit vel alia qualibet non obstante ipsam eau- sam in eo puneto quo dimiserat resumendo. a Stat. Rag. Bogisid, p. 139. 3 Ordo judicii te rese, g 75: Ceterum notabile, quod uxor liabens maritum, eo vivente, potest agere in judicio pro dote sua et pro vul- neribus et pro capite aut pro mutatione corporis sui et pro liereditabus suis quas suo marito in dot.e vel aliter non subjugavit. Anmerkung: Die grosse Selbstandiglceit der slawischen Frau hatte aucli auf die deutseben Stadtrechtc jener Gebiete, wo die Bevolkerung nocli tiberwiegend eine Nichtdeutsche ist, ihren Einfluss geliabt. Die Eigenthilmlichkeiten und die Widersprilche, welehe hier mit den rein deutschen Rechtsprincipien nicht zu vereinigen sind, bcrulien niciit so selir auf der Reception des romischen Recktes (wie es allgemein ange- nommen \vird), als auf den slavvisclien Reehtsanschauungen. So z. B. sagt R. S ehr d d er (Geschichte des elieliehen Giiterrechts in Deutsch- land, B. II, S. 106): «Es ist eine besondere Eigenthitmlichkcit des Briinner Reclits, wo- 33 § 14 . Rechtsgeschafte unter den Ehegatten, Das germanische Recht bedingt fur die Ehegatten die innigste Lebensgemeinsehaft und die vollkom- menste Giitereinheit; die Frau tritt durch die Ebe in die Vormundschaft ihres Mannes; Mann and Weib sind ein Leib und haben kein gezweites Gut, folglich konnen unter ihnen auch keine Rechtsge¬ schafte stattfinden, es sei denn von Todeswegen k nacli cine Wittwe oder Jungfer mit selbstandigcm Vermdgen, \venn sie bei ibrer Verheirathung cinen Tbeil desselben dem Manne als « Morgen- gabe », d. h. als Heimsteuer bestellt, sicb dadureh fiir den llest still- sclnveigend das Ueclit zu Verfilgungen auf den Todesfall vorbehalt. Hiezu das Citat Briinner Seli. B. 508: Matussius — coram iudicio resignavit libore uxori sum domum suam por ipsam ratione dotalitii liereditarie possidendam, et quia ante resignationem talem pueros cum eadem uxore habuit, et post resignationem apud diversos croditores debita multiplicia conti'axit, creditores ipsi pro sc sententiari petiverunt — utrum de venditiono domus, non obstante resigualionc, non debeant de suis debitis expedirij uxor vero... petivit simpliciter se circa ius dotalitii conservari. Super quo sententia fuit, quod uxor... domum šibi pro dota- litio resignatam, quamvis pueros cum Matussio habuerit, quamvis etiam debita, quibus vir praefatus impulsabatur, cum ipso expenderit hereditarie debeat possidere nec... nec mariti prsefati nec heredum suorum ante vel post resignationem habitorum coulradictio ipsam in dictae domus posses- sione, nisi et voluntarie renunciaverit, aliqualiter poterit secundum iusti- tiam impedire. Aehnlicli war das Ofener Stadtrecht beeinflusst, tvorUber Schrdder (a. a. 0.) bemerkt: « Das Ofener Stadtrecht hat sicli ganz von den deutsclien Anschauungen abgewandt und der Frau die freie Verfilgung ilber ihr Vermdgen, soweit es niclit als Heimsteuer «Morgengabe» bestellt ist, eingeriiumt.» 1 Ssp. I, 31, § 1. Man und wib en haben chein gezweiget gfit zu irme ilbe. Dioses streng germanische Princip fmdet im englisclien Rechte sei- 3 34 Das slawische Recht dagegen, verlangt bei der ehelichen Lebensgemeinschaft keine vollkommene Gutereinheit, es kennt keine gescblechtliche Vor- mundschaft 1 ; die Elie ist keine unio individua, durch welche Mann und Weib rechtlich eine Person wurden, sondern sie ist vielmehr eine communio ad onera vitae ferenda, in \velcher sich die beiden Ehegatten als socii betrachten und die vermogens- rechtliche Individualitat der Frau nieht in die des Mannes iibergeht. Sie konnen demnach unter ein- ander sowohl inter vivos wie mortis causa rechts- giltige Geschafte schliessen und die unter ihnen ein- gegangenen Vertrage dtirfen nieht einseitig aufge- lost werden; wenn daher der Mann seiner Frau., sei es unter Lebenden oder von Todeswegen., eine Zu- wendung maehR so darf er dieselbe nieht vvillkiir- lich vviderrufen oder durch eine spatere Verausse- rung des betreffenden Gegenstandes dieselbe faktisch vereiteln 5 . Die Frau kann sich mit Bezug auf ihr Vermogen mit und tur ihren Mann verpflichten, sie hat kein beneficium senatus eonsulti Vellejani; wenn sie fiir nen yollen Ausdraok. — «a man cannot grant any thing to his wife, or to enter into eovenant with her, for the grant would be to suppose ber separate existence and to covenant \vith himself: and therefore it is also generally trne, that ali compacts made between liusband and wife wben single, are voided by tbe intermarriage.# Cf. Blackstone, B. I, p. 441 sq. 1 Cf. Stat. Rag. Bogisid, pag. 142. — Ordo judicii terrae, H 38, 39, 40, 75, 76. — Jus terrae Bohemiae, gg 55, 58. — Audi das Briinner Stadtrecht kennt keine geschlechtlicbe Vormundscbaft. Vgl. Sobrdder, a. a. 0., Bd. II, S. 149. 2 Maciejowski, a. a. 0., Bd. IV, S. 11 fg. und 389 fg. 35 die Schulden ihres Maunes Bilrgschaft leistet, so haftet sie fiir dieselben auch mit ihrem Heirathsgut 1 . § 15 . Rechtsverhaltnisse unter den Aeltern und Kindern, Die Kinder stehen gleichmassig unter der vater- lichen und miitterlichen Ge\valt; nur insoferne als der Vater das Ilaupt der Familie ist, gebiihrt ibm auch die Hauptleitung aller Mitglieder derselben. Die vaterliche Gewalt des slawisclien Rechts stebt gleichsam in der Mitte zwischen der germanischen und romischen; der slawische Haussohn ist weder so frei wie der germanische, noch so unselbstandig wie der romische. Wenn der Germane wehrhaft \vird, so darf er ungehindert das vaterliche Haus verlassen und fiir sich einen neuen Herd griinden; der Romer kann regelmassig nur durch den Tod des pater familias oder durch Emancipation und ge- wisse Wiirden sui juriš werden; der Slawe verhleiht in der vaterlichen Gewalt entweder so lange als sein Vater lebt, oder his er sich mit ausdrucklicher oder stillschweigender Erlaubniss der Aeltern selb- standig macht 2 . Verliisst ein Solin unerlaubter Weise 1 Stat. Rag. Bogisič, p. 139. — Das Statut aus der z\veiten Halfte des 13ten Jahrhunderts Bestimmt, dass sich die Glaubiger des Mannes aus dem Heirathsgut der Frau liiciit bezalilt machen diirlen, «nisi ipsa uxor inventa fuerit iidejussisse pro viro suo.» 2 Montenegrinisches Redit, g 47. Sohne kOnnen nur mit Einvvil- ligung ilirer Aeltern aus der Familiengemeinscliaft treten; sonst kann dies bei Lebzeiteri des Vaters oder der Mutter niclit stattiinden. 36 das vaterliche Haus, so verliert er, gleich der Tochter, welche mit einem Entfuhrer oder Rauber die Ehe schliesst, j eden Vermogensanspruch gegen. den Vater, und die vaterliche Gewalt hort dadurch we- nigstens de jure nicht auf. Was ein unselbstandiger Sohn envirbt, ist Eigenthum des Vaters resp. der Familie; durch Rechtsgeschafte kann er sich nur mit der Zustimmung des Vaters giltig verpflichten 1 . Erhalt der Sohn ein peculium und griindet damit fur sich, mit der Bewilligung der Aeltern, einen abgesonderten Haushalt (oeeonomia separata), so wird er dadurch selbstandig 2 . Durch die Verheirathung allein, wird ein Sohn noch nicht sui juriš, vielmehr erhalt sein Vater an dem eingebracliten Heirathsgut der Schvviegertoch- ter den Fruchtgenuss; wird ihm dieser verweigert, so kann er das Ehepaar aus seinem Hanse entlas- sen 3 . Unverheirathete Sohne darf der Vater nicht ohne Ursache aus seinem Hause entlassen; verheirathete dagegen, kann er dazu zwingen, aber er muss ihnen nebst einer entsprechenden Vermogensabferti- 1 Polnisches Recht : sic etiam dicimus de omili contractu inito cum fllio-familias, qui non valet cum sit in paterna potestate constitutus (iuveturque Senatus consulto Macedoniano) p rop ter quod non liabet alicujus rei dominium, vel aliquam possessionis traditio- nem. Vgl. Burzjnslri, a. a. 0., S. 177. 2 Filius, qui ex domo patris discedit et proprias lares constituit, pro emancipato liabetur; Sic et fllia in matrimonium clocata, dcsinit esse sub potestate patris et sub mariti potestate inanet. Burzynski, p. 180. 3 'Stat. Ilag. Bogisifc, p. 133. gung auch alles was die Schwiegertochter an Mitgift eingebracht haben heraus geben 1 . Envachsene Sobne konnen, obgleicli sie sich in der vateriichen Gewalt befinden, zu keiner Heirath gezwungen werden, wohl aber kann ihnen der Vater das Heirathen verwehren, so lange die Tochter nicht verehelicht \vorden sind 2 . Volljahrige Tochter diirfen in der Regel zu einer bestimmten Ehe nicht genothigt werden; das Recht sie zu verheirathen, hat aber sowohl die Mutter wie der Vater 3 . Erwachsene Kinder, welche aus dem vateriichen Hause entlassen oder verstossen werden, erlangen dadurch ihre Selbstandigkeit und die Fahigkeit Eigenthum fur sich zu erwerben. Gegen willkurliche Verausserungen der Familien- gilter haben' die Sohne und in Ermangelung der- selben, auch die Tochter das Widerspruchsrecht. § 16. Giitergemeinscliaft der Familie, Es ist schon hervorgehoben worden dass in Folge der engen Beziehungen in welchen die Gesammt- und Sonderfariiilie zu einander stehen, mit Aus- nahme einiger Modificationen der Hauptsache nacli in beiden die namlichen Grundsatze herrschen; daher 1 Eodem. 2 Stat. Rag'. Bogisič, p. 132. Stat. Rag., p. 134, sqs. 38 gilt auch in der Sonderfamilie das Princip : Erb- oder Stammgat ist ein gemeinschaftliches Familien- gut. Hier ist der Hausvater zwar niclit nur ein Yerwalter, \vie in der Gommunion, sondern er ist wirklicher Eigenthumer des ganzen Familienvermo- gens, aber seine Eigenthumsbefugnisse sind an dem- selben durch die Rechte der ubrigen Familienglieder beschrankt, er darf keine solche Verfugungen treffen, wodureh diesen das Gut entzogen ware 1 . Was ein Hausvater selbst envirbt; das gehort nicht zu dem gemeirischaftliehen Familienvermogen, das selbstenvorbene Gut ist ein ausschliessliches Eigenthum des Erwerbers, vvoruber er unbeschrankt verfiigen karm 2 . Trifft er aber dartiber keine Dispo- sition, so fallt nach seinem Tede auch dieses Ver- mogen, als seine Hinterlassenschaft in die Giiter- gemeinschaft der Familie. 1 Stat. Rag. Bogisič, p. 13b. Pater sine voluntate filiorum suorum ali- quid donare non possit. 2 Monteneg. Recht, § 48: Der Vatel’ kann dasjenige was er selbst envorben hat nach seinem Belieben unter die Sflhne vertheilen; solite jedoch der Vater einem Sohne mehr hinterlassen als dem anderen, so ist ungeaclitet dessen seine Verffigung unantastbar aufreciit zu erhalten, in- dem jeder mit seinem Vermogen nach seinem Belieben verfiigen kann. | 49 : Jedermann ist Herr seines Vermdgens, und kann selhes daher auch Fremden mit Umgehung seiner Verwandten nach seinem Belieben zmvenden, und gleichviel, ob er diese Verfilgung bei Lebzeiten oder in seinem Testamente traf, darf dieselbe nicht angetastet werden. 39 l 17 . Die Hinterlassenschaft, Unter Hinterlassenschaft sind hier sowohl die an- gestammten Fainiliengiiter als auch dasjenige Ver- mogen, \velcbes der Erblasser selbst erworben bat, zu verstehen; denn beide Vermogensmassen bilden gleichmassig das gemeinschaftliche Eigenthum der Erben. In der Regel findet nacli dem Tode eines oder beider Ehegatten weder eine Sonderung nocli eine Tlieilung der ehelichen Giiter stati, sondern die Erben verbleiben in der Gutergemeinschaft, wahlen aus ilirer Mitte ein Familienhaupt und continuiren die communio ceconomica. Muss jedoch, sei es auf Verlangen der Miterben oder in Folge anderer Um- stande, eine Tlieilung des Vermogens vorgenommen werden, so wird es unter die Sohne und in Er- mangelung derselben unter die Tochter zu glei- chen Theilen vertheiltb Auf die Liegenschaften, 1 Gf. Stat. Rag. Bogislč, p. 129 sq. Mo n ten e g. Recht, | 50: Verfilgt ein Vater boi Lcbzeiten niclU ttber sein VermOgen, so ist selbes nacli seinem Tode unter seine Sobne zu glcichen Theilen zu theilen; lebt die Mutter, so gebiihrt ihr der le- beuslangliche Genuss an dem Antheile des Manncs, und es ist dieser Antheil crst nacli ihrem Tode zu vertheilen, und zwar sofort, wenn die Kinder sclion envachsen sind; sind sie dies aber nicht, so ist dieses Vernidgen unter Obhut (Procuratur) unbesclioltener Manner zu stellen, bis die Kinder ihr zivanzigstes Lebensjahr erreichen. R u s s i s c h e s R e c li t, a. d. J. 1016. § 48: IVenn jemand sterbend das Haus unter seine Kinder vertheilt, so bleibt es dabei. Himviederum stirbt er oluie Restimmung, dann allen Kiu- dern, und filr ilin selbst gebe man einen Tlieil der Seele. — Diesejben welche das Starnmgut oder Erbe bilden, haben aus- schliesslich die mannlichen Descendenten das Erb- Grundsatze enthalt das polnisclie Recht, vgl. Maciejowski, Bd. II, S. 228 fg.; Bd. IV, S. 390 u. 405 fg. Eben so galt die Giltergemeinschaft oder Gleichtheilung bei den bdhmischen Slawen; das altbiShmischc Gedicht «Gedinge», von dem das vorhandene Fragment aus den heid- nisohen Zeiten zu stammen scheint, enthalt folgende Gesetzesbestim- mungen : «Jeder Vater herrscht in seinem Hause; Manner ackern, AVeiber nahn die Kleider, Aber stirbt des Hauses Haupt, vervesen AUe Kinder insgesammt die Habe Sich ein Hanpt erkiesend aus dem Stamme, Das, wenn’s frommt, sich stellt zurn hohen Tage Mit den Rathen, Rittern, Stammeshauptern. Auf die Rathe, Ritter, Stammeshaupter Standen, lobend, wie es brauch die Satzung.» Dasselbc Rechtsprincip beurkundet sich in dem Fragmente «Libuscha’s Gericht», wo erzahlt vrird, dass die Fiirstin zweien Brildern, die sich um das Erbe stritten, Recht sprechen solite, Verse 59-61: «Nach den Satzungen der ew’gen GOtter Sollen sie damit gemeinsam sclialten, Oder drein zu gleiclien Theil sich theilen!» Die Volksversammlung entschied, V. 88-90 : «Ihr vergleicht euch so um euer Erbe: Beide sollt’s gemeinsam ihr besitzen!« Der Erstgeborne aber fordert das Erbe fiir sich allein und ruft: »Veh der Brut wenn Ottern mit ihr nisten, Weh den Mannern wenn ein Veib gebietet!« Das deutsche Recht musste sehr frilh in Bohmen seinen Einfluss gcilbt haben, wogegen sich aber noch viele sehr slraubten, indem es weiter erzahlt wird: Auf stand Ratibor vom Riesenberge Und begann zu sprechen solche Worte: «Ruhm nicht wiir’s bei Teutschen Recht zu suchen, Haben Rechte selbst nacli heil’ger Satzung, Die gebracht vor Zeiten uns’re Vater In dies . . . Land voli Segen.» Vgl. Kdniginhofer Handschrift, Ubersetzt von W. A. Svoboda. Prag, 1829. 41 recht 1 , die Tochter konnen nicht erben, sondern si e miissen mit Fahrniss ausgestattet \verden , so lange Soline oder Bnkel vorhanden sind; wenn aber solche fehlen, so geht das Erbrecht nicht auf die mannlichen Seitenverwandten, den Bruder des Vaters oder seine Neffen, sondern auf die Tochter iiber. Die Fahrniss gilt nach slavvischem Redite tiberhaupt nicht als Erbe, und man konnte sie im Gegensatz zu diesem als Frauengut bezeichnen; das Recht fasst sie audi in diesem Sinne auf, indem es dieselbe als vorziig- lich den Tochtern gehorig erklart und zu deren Aus- stattung bestimmt. Nur das Heergewette wird aus der fahrenden Habe ausgescbieden und dem nachsten mannlichen Verwandten gegeben, aber selbst dieses kanu der Vater seiner Tochter vermachen 2 3 * . Das serbische Gesetzbuch des Zar Duschan bestimmte, dass wenn ein Edelmann stirbt, so soli sein gutes Pferd und die Waffen dem Zar gegeben werden 5 . 1 Stat. Rag. Bogisie, p. 135. — Russisches Recht, a. a. 0., g47:Aber bei den Rojaren, oder dem Gefolge, geht die Hinterlassenschaft nicht zum Filrsten, sondern wenn keine Sohne sind, so nehmen selbige die TOchter. 2 M on tene g. Recht, g 53: Stirbt ein Vater ohne SOhne, und hinter- lasst er eine oder mehrere Tochter, so ist in eiuem solchen Falle nnter sie so\vohl das vaterliche, als auch das grossvaterliche Vermogen, welches dem Vater zuflele, zu vertheilen; nur die Vaffen fallen dem nachsten Anverwandten zu, es -ware denn, dass selbe der Vater seiner Tochter oder einem Britten hintcrlassen hatte. 3 g 34: Wenn der Edelmann stirbt, so soli sein gutes Pferd und die Waffen dem Kaiser (Zar) gegeben werden, und das grosse Perlen-Gewand und den goldenen Gilrtel soli der Soha behalten, und der Kaiser soli es ihm nicht nehmen. Hat er keinen Sohn, sondern eine Tochter, so soli der Tochter frei stehen es zu nehmen oder zu verkaufen oder wegzu- geben. 42 l 18 . Eechte des Wittwers, Der iiberlebende Ehegatte bleibt im Besitze des Gesammtvermogens und ist auch nicht verpfliehtet das Heirathsgut der Frau, an \velchem er lebens- langliehen Fruchtgenuss bat, an ihre Erben heraus- zugeben, es sei denn dass es unter seiner Vervval- tung in Gefahr ware fur dieselben verloren zu geben. Es findet demnacli durch den Tod der Frau keine wesentliche Veranderung in dem guterreehtlichen Verhaltniss statt, der Wittwer ver bleibt der Eigen- thumer und Ver \v alt er der Familiengiiter und der Hinterlassenschaft seiner Frau 1 . Will der Vater bei Lebzeiten das Vermogen unter die Kinder vertheilen, so hat die Auseinandersetzung der Familiengiiter nach den Grundsatzen der Haus- communion zu geschehen, d. h. sie muss mit der Einvvilligung der Kinder und nach gleichen Theilen erfolgen. Der Vater erhalt hiebei in der Regel einen Sohnesantheil; particularrechtlieh fmden sich jedocli abweichende Bestimmungen; so muss nach dem polnischen „ lithauischen und massoviscben Recbte der Vater, welcher eine Auseinandersetzung des Ver- mogens vornimmt, dasselbe in zwei Theile theilen; die eine Halfte kann er sodann fur sich behalten 1 Russisches Reclit, a. a. 0., g 79: Wenn die Kinder ein Vater zu sich nimmt mit der Hinterlassenschaft, so ist die Einrichtung ebenso, aber der vaterliclie Hof olme Theilung durchaus dem jilngsten Soline. 4 ‘S und die andere den Kindern abtreten 1 . Selbstervvor- benes Verin ogen kann der Erwerber, wie schon er- wahnt, nach seinem Belieben vertheilen. Wenn der Wittwer zu einer zweiten Ehe schrei- tet und das Farnilienvermogen gefahrdet, so konnen die Kinder erster Ehe eine Auseinandersetzung oder Sicherung desselben verlangen und fordern, dass ihnen die Hinterlassenschaft der Mutter zugetheilt werde 2 . Wird nun in einem solchen Falle die Tliei- lung vorgenommen, so haben die Kinder erster Ehe spater keinen Anspruch mehr auf den Vaterstheil; diesen, wie alles was der Vater nocli kunftig er- wirbt, erhalten die Erben z\veiter Ehe. Sind aber bei ungetheiltem Vermogen Kinder aus mehreren Eh en vorhanden, und will der Vater dasselbe unter sie vertheilen, so kommen hiebei die Grundsatze der Gleichberechtigung und Gleichtheilung zur An\ven- dung. g 19. Reohte der Wittwe. Es wird erzahlt, dass bei den alten Slawen wie bei den Indiern die barbarische Sitte bestanden liabe, dass die Wittwe ihrem Manne freiwillig in den Tod folgte urn dadurch die eheliche Liebe und Treue zu 1 Vgl. Maciejowski, a. a. 0., Bd. IV, S. 495 fg. a Stat. Rag. Bogisid, p. 142 sq. — Burzynski, p. 127 sq.; p. 329 sq. besiegeln 1 . Wenn dieser Brauch ivirklich bestanden h at, so bat er docli jedenfalls im Rechte keine Spuren hinterlassen; denn die Wittwe wird durch den Tod ihres Mannes nicht nur in. keine abhangi- gere Lage versetzt, sondern sie erlangt dadurch ihre vollige Selbstandigkeit und Unabhangigkeit. Das slawische Recht kennt keine geschleehtliche Vor- mundsehaft und gestattet daher der Wittwe iiber ihre unmiindigen Kinder die Vorrnundschaft zu fiih- ren, das Familienvermogen zu venvalten und ihre Angelegenheiten vor Gericht selbst zu verhandeln; es hangt nur von ihrem Willen ab, sicli durch den Vat er, Bruder, Sohn oder wen irnmer sie wahlt, vertreten zu lassen 2 ; das bohmische Recht erlaubt der Wittwe sogar den gerichtlichen Zweikampf, wo- bei jedoch mit Riicksicht auf die Schwaehe des 'weibi.ich.en Geschlechtes die Kampf\veise darnach modificirt wurde 3 . Eine Leibzucht ist der Wittwe, 1 Mauricii Str-ategicum, 1. XI, c. 5. — Pudicitise servantes feminae Slavorum supra omnem modum erga maritos snos, adeo ut earum multse Tirorum suorum mortem proprio interitu solari voluerint, seque ipsas suf- focarint nltro non ferentes yitam solitariam. Dasselbe wird auch von den Nordslawen berichtet: Epist. S. Bonif. ad Ethibaldum ab a. 745 «Laudabilis mulier inter illas (nnilieres Winedorum) esse jndicatur, qua3 propria manu šibi mortem intulit ut in ima strue pariter ardent cum. viro suo. — Ibid. Vinedi tam magno zelo matrimonii amorem mutuum ser- vant, ut mulier viro proprio mortuo, vi vere recuset.« 2 Gf. Stat. Rag. Bogisič, p. 134 sq., 147 sq. — Russisches Recht des dreizehnten Jahrhunderts, 49, 50, 78.— Kucliarski, a. a. 0 3 Or do judicii terrae, §40. Itemsividua aliquem parem in genere ‘ šibi pro capite mariti sui vel alterius amici citaverit, duellare tenetur cum citato taliter : si vir idem citatus fuerit, tune idem vir in fovea us- que ad cingnlum cum gladio et clipeo magno locari debet, et in eadem fovea ambiens se debet defendere actrice ipsa cum gladio etiam et clipeo 45 \venn nach dem Tode des Mannes ein Vermogen da ist, fiir j eden Fali gesichert, und zwar ist es gleicli- giltig ob ihr eine solche ausdrucklich bestellt wird oder nicht, ob sie eine dotata oder indotata uxor war, denn sie hat das Recht so lange in dem Ver¬ mogen ihres Mannes zu verbleiben oder davon einen hinreichenden Unterhalt zu beziehen, als sie den Wittwenstuhl nicht verruckt 1 . Die Wittwe verbleibt aber in der Regel gleich dem Wittwer mit ihren Kindern, liber vvtdche sie die miitterliche, ahnlich wie jener die vaterliche Gewalt austibt 2 , in geinein- schaftlichern Besitz; wird jedoch eine Auseinander- setzung des Vermogens vorgenommen, so sind dabei zwei Hauptfalle zn unterscheiden, namlich, ob sie den Wittwenstuhl nicht verlasst, oder ob sie eine zweite Ehe eingeht. a) Bei unverriicktem Wittwenstuhle erhalt die 'Wittwe ihre dos mit der contrados, in Ermangelung einer solchen einen Kindesantlieil ; so\vie alles was ihr der Mann zugewendet hat. Reicht jedoch dies nicht fiir ihren Unterhalt aus, so sind die Erhen verpflichtet ihr nach Verhaltniss so viei von ihren Antheilen beizusteuern, dass sie ein geniigendes consimili contra eum dimicante ca de circulo ad hoc ei deputato nulla- tenus exeunte. Si autem domicella octodecim annorum senex quae renun- liavit marito pro capite atiquem citaverit eodem jure potiri debet, sicut vidua praescripta. 1 Cf. Stat. Iiag. Bogisič, p. 141. — Russ. Recht, §§ 50 und 78. 2 Stat. Rag. Bogisič, p. 134 sq. — Aequiparantes quo ad Rlios matrem patri statuimus : quod illam potestatem quam habet pater super Rlios in vita sua, eandem habeat mater posl mortem viri sui, possidenti lectum et bona mariti. 46 Auskommen hat k Der Wittwe steht liber ihr Ver¬ mogen freie Verfiigung zu, si e ist dariiber Herrin, wie sich die ruska Prawda ausdriickt; sie kann es demjenigen Solin hinterlassen, welcher gegen sie gut war. Wenn alle Soline bose waren, so kann sie es aueh der Tochter geben, \velche sie pflegte; traf sie keine nahere Bestimmung iiber ihr Vermogen, so fallt es denjenigen Kindern zu, bei welchen sie ge- meinschaftlich lebte und starb 2 . b) Geht die Wittwe eine ziveite Ehe ein, so ver- liert sie alle Nutzungsrechte an dem Vermogen ihres ersten Mannes; sie kann nicht langer iiber ihre minderjahrigen Kinder erster Ehe die Vormundschaft f(ihren, sie darf nicht langer mit ilmen in Giiterge- rneinschaft verbleiben und ihr Vermogen verwalten, und sie ist susserdem verpflichtet den Kindern alles zu ersetzen, was sie ihnen wahrend ihrer Wittwen- scliaft und Verwaltung entzogen hat 3 . Sie kann je- 1 Vgl. Maciejowski, Bd. II, S. 219. — Burzynski, Bd. II, S. 144 fg. a. a. 2 Russisches Recht, §49: Wenn eine Frau nach dem Manne sitzen bleibt, so nebrne man yon iliron Kindern einen Theil und was der Mann ihr ausgesetzt, dariiber ist sie Herrin. § 51: Und die Mutter gebe das Ihrigc demjenigen Sobn, welcher gut gegen sie "war. Wenn alle Sobne bose sind, so kann sie es aucli der Tocliter geben, welche sie ernalirte. § 50: Der miltterliche Theil ist den Kindern nicht vonnothen, sondern ■\vem die Mutter ihn gibt, der nimmt ihn; gibt sie ihn allen, so tlieilcn sie alle, stirbt sie ohue Rede, so nimmt ihn der, bei welcliem sie aui' dem Hofe war, und 'vvclcher sie ernahrte. 3 Russisches Recht, §50 inpr.: AVenn eine Frau gelobt, nach dem Manne sitzen zu blciben, aber die Habe vergeudet und sich verheirathet, so bezahlt sie den Kindern alles. § 78: IVcnn im Hause kleine Kinder sind, und sie nicht faliig sind, 47 doch ihr Vermogen behalten und es in die zweite Ehe libertragen; nach dem polnisehen Rechte von 1474 solite sie die contrados den Kindern erster Ehe tiberlassen and nur ihre dos in das Haus ihres zweiten Gatten einbringen 1 . Hat die Witt\ve keine Kinder, so gebiihrt ihr ebenfalls der lebenslangliche Fruchtgenuss an dem Vermogen ihres Mannes. In diesem Falle ist die ganze eheliche Errungenschaft ihr Eigenthum; sie' erhalt auch die Liegenschaften, welche ihr Mann aus der Errungenschaft angekauft hat, und kann dieselben veraussern; dabei haben die Venvandten des Mannes nur das Vorkaufsrecht und konnen sie von dem ersten Kaufer retrahiren 2 . Wenn aber die kinderlose \Vittwe eine zweite Ehe eingeht, so erhalt sie in jedem Falle aus dem Ver¬ mogen des Mannes das Heirathsgut, d. h. die dos und die contrados, und in Ermangelung eines sol- chen, eine entsprechende Austattung 3 . fiir sich selbst zu sorgcn, und ilire Multer verheirathet sich, so gebe man sie dem, der ihr Niichster ist auf die Haud mit Habe und Hause, bis sie milndig sind. Cf. Stat. Rag. Bogisič, p. 141. 1 Vgl. Maciejowski, Bd. IV, S. 391. 2 Maciejowski, Bd. IV, S. 452. 3 Monteneg. Recht, § 52: Eine Wittwe geniesst, so lange sie sicli nicht wieder Terebeliclit, ohne Rilcksicbt auf die Dauer der bestandenen Ehe, weun sie kinderlos ist, den ganzen Antheil ihres Mannes; heirathet sie aber, so erhalt sie zehn Thaler, und hat sie Kinder, so bekommt sie fdr jeden Sohn jahrlich einen Dnkaten und fUr jede Tochter jahrlicli ztve Dukaten. Es versteht sich, dass die 'Wittwe fiir so viele Jahre, als sie mit ihrem Manne lebte, und fdr so -viele Jahre, als sie als Wittwe in dem Hause ihres Mannes gewesen, so viel erhalte, als fiir jeden dieser Falle beslimmt ist. 48 § 20 . Redite der nachsten Erben, Die nachsten Erben, d. h. die Sohne und in Er- mangelung derselben die Tochter, liaben ein absolu- tes Veto gegen alle willkurlichen Verausserungen der Familienguter; ebenso darf ibnen die Hinterlassen- schaft der Mutter, wenn sie auch aus Fahrniss be- stelit, nicbt entzogen w er d en 1 . Fur die Beerbung gilt durchaus der Grundsatz : Schwerthand gelit der Spillband vor. Tochter erhalten kein Erbe, sondern nur eine Ausstattung; sie konnen nur dann erben, wenn keine Soline vorlianden sind 2 . Mehrere Sohne sowohl wie Tochter erben zu gleichen Theilen, nur der jungste Solin \vird zuweilen dadurcb bevorzugt, dass er bei der Tbeilung das Stammhaus erbalt 3 4 . Sohne eines Vaters von verschiedenen Frauen er¬ ben, wenn vor der Eingehung einer zweiten Ehe die Auseinandersetzung des Verni ogens nicbt stattfand, zu gleichen Theilen k 1 Stat. Rag. Bogisi6, p. 130 u. 444. — Russ. Recht, § 49: Sind Kinder einer ersten Frau da, so nelimen die Kinder das der Mutter Ge- hdrige oder was der Frau ausgesetzt war. 2 Monteneg. Recht, § 50 : Verfilgt ein Vater bei Lebzeiten nicht ilbei' sein Vermdgen, so ist selbes nach seinem Tode unter seine Stibne zu gleichen Theilen zu theilen. Russisches Recht, § 49: Wenn eine Schwester im Hause ist, so hat sie die Ilinterlassenschaft nicht Tonnothen, sondern die Brilder stalten sie dem Manne aus, me sie konnen. — Stat. Rag. Bogisid, p. 135. 3 Russisches Recht, § 79. — Aber der vaterliche Hof ohne Thei- lung durchaus dem jilngsten Sohne. 4 Stat. Rag. Bogisič, p. 144. 49 Waren in der ersten Ehe nur Tochter gezeugt und in einer zweiten auch Soline, so erben diese gleich mit j en en. Stammen sowohl aus der ersten als auch aus der z\veiten Ehe Soline und Tochter, so erben nur die erstern, und die letztern werden ausgesteuert *. Aehnliehe Grundsatze gelten bei der Beerbung der Mutter; auch hier gehen stets die Soline den Toch- tern vor. Da nun, wenn die Wittwe eine zweite Ehe eingeht, das vaterliche Vermogen von dem miitter- liclien, welches sie in die zweite Ehe mitnehmen darf, abgesondert wird, so erben die Kinder jeder Ehe die betreffende Hinterlassenschaft ihres Vaters 2 , und die Sobne der letzten Ehe auch die dos der Mutter. Wurden in einer zweiten Ehe keine Kinder gezeugt, so wird die Mutter von den Sohnen aus der vorhergehenden Ehe beerbt 3 . Brtider baben an dem Antheil eines kinderlos ver- storbenen Brnders das j us accrescendi; dieses Reclits- verhaltniss besteht auch miter den Schwestern. Stirbt aber oline Descendenz und oline Testament ein ein- ziger Bruder, so wird er von den Scliwestern beerbt. Der AVittwer oder die Wittwe hat an der Hinterlas¬ senschaft des Kindes lebenslanglichen Fruchtgenuss 4 . Neben diesen allgemeinen Regeln gibt es einige 1 Stat. Ra g., eodem. 2 Russisches Recht, § 51: Wenn zweier Manner Kinder da sind, abcr einer Mutter, dann ilmen das Seinige. — Stat. Rag. Bogisič, p. 144. 8 Stat. Rag., eodem. 4 Vgl. Maciejowski, Bd. IV, S. 414 n. 443. — Stat. Rag. Bogisič, p. 148. 4 50 particularrechtliche Bestimmungen : Nach dem rus- sischen Recht des '13ten Jahrhunderts, konnte nur die Tochter eines Boj aren, wenn keine Sohne vor- handen waren, die ganze Hinterlassenschaft mit Aus- nahme eines Tlieils, welchen sie der Seele, d. h. der Kirche gab, erben; aus dem Nachlasse eines Gemeinen erhielt aber nur die unverheirathete Toch¬ ter einen Theil, d. h. die Ausstattung, das Uebrige fiel an den Ftirsten 1 2 . In Montenegro treten die Tochter einen Drittel der Erbschaft an die Schvves- ter des Vaters aJj und nach dem polnischen Rechte konnten die Sohne der Briider des Vaters und in Ermangelung derselben selbst die entferntern miinn- lichen Verwandten de iisdem armis et signis nach gehoriger Schatzung und Zahlung des Preises, die Erhgiiter von den Tochtern einlosen, vvelches Recht sie aber binnen einem Jahre nach dem Tode des Erblassers geltend machen mussten 3 . 1 Russisches Recht, § 46: Wenn cin Gemeiner olme Kinder stirbt, dana die Hinterlassenschaft dem Fttrsten. \Yenn Tochter bei ilim im Hanse sind, so gebe man ilineii einen Theil; aber \venn sie vcrheirathet sind, so gebo man ihneu kcinen Theil. § 47: Aber bei den Bojaren oder dem Gefolge gelit die Hinterlassen¬ schaft nicht zum Filrsten, sondern wenn keine Sdhne sind, so nehmen selbige die Tochter. 2 Monteneg. Recht, § 53: Stirbt ein Vater olme Sdhne, und hin- terlasst er eine oder mehrere Tdchter, so ist in einem solchen Falle unter sie sowolil das vaterliclie als auch das grossviiterliche Vermogen, welches dem Vater zufiele, zu vertheilen. § 54: Hatte dieser Vater Terheirathete oder ledige Schrvestern, danil erhalten die Schwestern einen Theil und die Tochter zwei Theile. § 55: Hinterlasst aber der Vater blos eine eiuzige Tochter und keine Sdhne, so erbt sie aUein sein ganzes bewegliches und unbewegliches Vermdgen. ;1 Vgl. Maciejowski, Bd. II, S. 216. 51 § 21. Das Vorkaufsrecht, Erbgriinde diirfen in der Regel nicht veraussert und letztwillig vergeben vverden; wenn der Erblas- ser keine Descendenz hat, so fallen sie an seine An- verwandten und zwar je nach der Nahe der Ver- wandsohaft 1 . Aber auch diejenigen Liegenschafien, welche keine Erbgiiter sind, darf der Eigenthumer nicht willkiirlich veraussern; die Anverwandten > Nachbarn und Stammesgenossen haben an denselben das Vorkaufsrecht. Soli nun ein solclies Gut oder ein mit Immobiliarqualitat ausgezeichnetes Recht veraussert werden ; so muss es der Verausserer vor Zeugen zuerst semen Verwandten zum Raufe an- bieten, und wenn es diese nicht kaufen konnen oder wollen, dieses Anerbieten bei seinen Nachbarn und 1 Statut von Kdnig Sigmund I, 1510. — Decernknus ut testa¬ menta condantur juxta veterum constitutionem, ex more antiquitus ser- vato, de bonis mobilibus. Immobilia vero bona tam bsereditaria, quam oppignorata (ne defensio Reipublicse minuatur), testamentali ordinationi subjecta minime esse debent. Vgl. Burzynski, a. a. 0., S. 211 fg. Serbisches Gesetzbucb des Zar Duschan, § 31 : Wenn ein Melmann keine Kinder hat, oder diese sterben und nach seinem Tode sein Erbgrund verlassen bleibt, weim sicli von seinem Geschlechte bis zum dritten Geschwisterkind jemand fmdet, so soli dieser den Erbgrund erben, wofern kein naherer da ist. Eine abtveichende Bestimmung- in Betrcff der Erbgiiter der gemeinen Leute iindet sicb im § 108 : Gemeine Leute, welche eigenes Erbland oder Weingartcn oder Gebiisch besitzen, soli es frei stehen, ihre Weingarten oder Erbgriinde zum Heirathsgut mitzugeben, oder der Kirche zu unter- vverfen. 52 Stammesgenossen wiederholen; erst dann wenn sich Niemand unter den Vorkaufsberechtigten findet, der das Gut kaufen \vollte, karm es frei und wirksain an Fremde veraussert werden; widrigenfalls ist das Geschaft ungultig und kanu von Jedem, dem das jus protimiseos zusteht, revocirt werden 1 . 1 Montenegrinisches Redit, § 45 : Derjenige, welcher in unse- rem Larnle von heute an sein Haus, seine Grundstilcke, seinc Gcmarkung, seinen Wald oder sein sonstiges unbevvegliches Gut verkaufen will, liat cs zunachst seiuen Anvenvandten in Gegenvvart von Zeugen zum Kaufe an- zubieten, und falls die Anverwandten es entvveder niclit kaufen kdnnten oder niclit kaufen wollten, daim biete er es zum Verkaufe dem Mergipasa, d. h. seinem Nachbarn an, und falls auch dieser eutweder nicht kaufen kdnnte oder niclit kaufen \volIte , kann er es an wen immer in seinem Dorfe oder aus seinem Stamme verkaufen, nur muss er vor drei Zeugen eine Urkunde darilber verfassen, dass er den Anverwandten und dem Naclibar den Kauf angeboten, selbe jcdocli entweder nicht kaufen konnten oder nicht kaufen wollten. Der Verfassor der Urkunde liat seinen Tauf- und Zunamen zu unterfertigen und auch den Tag und Monat dcs Jahres an- zusetzen, damit man klar wisse, wann und wo, und vor vvelchcn Zeugen nach ihren Tauf- und Zunamen die Urkunde abgcfasst wurde, vvelchem , Stamme selbe angehdrten und ob diese sich entweder eigonliandig unter- scbrieben oder ihre Kreuzzeichen zur grosseren Beglaubigung dessen beigesetzt haben, dass der Kauf dem Gesetze gcmiiss abgescblossen und der Kaufschilling vollstiindig' ausgezahlt \vorden sei, \vidrigenfalls der Kaufvertrag als ungiltig zu erklaren ist. § 46: Sovvolil die Anverwandtcn als auch der Nachbar milssen, falls sie sich zum Kaufe herbei lasseu, zu dem Preise kaufen, zu vvelchem auch anderen verkauft worden ware, und es ist den Anverwandten nicht erlaubt, zu dem ilinen beliebigen Preise zu kaufen. Aebnliche Bestimmungen entlialten aucli andere sbdlawiscben Redite; darunter ist besonders zu ervvabnen das Statut von Politza aus dem filnfzehnten Jahrhundert, Art. 32 ; cf. Safarik Se¬ bi’ and spisy, vol. III, p. 146 sqs. 53 § 22. Die Vormundschaft. Die slawische Vormundschaft kann einigermassen mit der romischen verglichen werden, sie ist ein munus publicum und unterscheidet sicli nach der Art der Berufung zu derselben in die tutela testa- mentaria, tutela legitima und die tutela dativa. Jeder parens ist befugt seinen unmiindigen Kindern testa- mentarisch einen Vormund zu ernennenunterlasst er d les, so wird durch Rechtsatz der naehste mann- liclie Venvandte, weleher zur Filhrung der Vor¬ mundschaft fahig ist, zu diesem Amte berufen 1 2 ; ist kein soleh er Verwandte vorhanden, so wird der Vormund durch die Obrigkeit bestellt. Unter den 1 Stat. Kgs. Wladislaw Jagello: Quamquam autea hoc ad certam *tatem sit restrictum, ut videlicet masculus ad quintum decimum annum, tsemella vero ad duodecimum compelli non possint causas acticare, neque defendere... quare statuimus, quod pater vivens possit et valeat pueris suis, et uxori si ipsa affectaverit, constituere certos tutores, quos vo- luerit, de quibusque major šibi fides et confldentia apparuerit. qui tueri et eurare eosdem poterint, usque ad annos superius allegatos. Cf. t! u r- zynski, p. 208. 2 Rusšisches Reckt, § 78: Wenn im Hause kleiue Kinder sind, und sie niclit fiiliig sind ftir sicli zu sorgen, und ihre Hutter verhei- rathet sich, so gobe man sie dem, der ihr Nachster, ist auf die Hand mit* Habe und Hause, bis sie milndig sind (Vzmogut). Aber ihre Waare gebe man vor Leuten, und was diese Waare zinset, oder im Handel gewinnt, das geliort ihm selbst; aber die eigentliche Waare erstattet cr ihnen, und der Zukauf gehflrt ihm dafiir, dass er sie ernalirte und ver- sorgte. Wenn von Sklaven ein Amvuchs, oder von Vieb, so nehme man dies in Wesenheit, so wie er es wird empfangen baben; aber v/as ver- loren geht, das Alles bezahlt er den Kindern. 54 gesetzlichen Tutoren haben besonders die altern Brii- der den Vorzug; sie fiihren in der Regel mit der venvittvveten Mutter die Vormundschaft iiber ihre ininderjahrigen Geschwister. Bei den serbischen Slavven steht dem Bruder ein besonderes Scliutzreclit liber seine Schvv ester zu, und dieses Verhaltniss hort sogar dann nicht auf, wenn sich die Schvvester, fiir deren Vereheliehung er zu sorgen verpflichtet ist, verheirathet 1 ; er muss unter Umstanden sie and ihr Vermogen gegen alle Ungebiihrlichkeiten des Mannes schiitzen, darf sie aber oft aucli gegen ihren Willen an den Mann verheirathen, welcher ihm an- genehm ist 2 . Weiber stehen im Allgemeinen propter fragilitatern sexns unter mannlicher Obsorge; diese cura ist je- doch nur eine bedingte, denn, wenn sie volljahrig sind und eigenes Vermogen haben, so kdnnen sie frei iiber dasselbe verfiigen und sich durch Rechts- gesckafte giiltig verpflichten, sowie aucli ihre Ange- legenheiten vor Gericht selbst, vertreten 5 . Unter Umstanden karm aucli eine iiltere Schwester ihren unmiindigen Bruder in vormundschaftlicher Obsorge haben. Der Vormund bat das Redit und die Pflicht fiir die Person und das Vermogen des Miindels zu sor¬ gen, ihn vor Gericht zu vertreten und sein ganzes ¥ 1 Stat. Rag. Bogisič, S. 137. 2 Stat. Rag., eodern. — Talvy, Serbische Volkslieder, Bd. I, S. 151: «Der Zweikampf»; S. 160: »Ilitza und ihre Brttder«. 3 Cf. Ordo judicii terree, gg 39, 40, 75, 76. 4 Cf. Stat. Litth., VI, 3; Maciejowski, B. IV, S. 413 und 420 fg. Vermogen, das beim Antritte der Vormundschaft inventarisirt wird, zn verwalten. Nach Beendigung der Vormundschaft, ist der Vormund verpflichtet alles herauszugeben, was er in die Verwaltung ge- nommen hatte; er haftet fdr jede Minderung des Vermogens, ist aber hingegen fur seine Muhe be- rechtigt, sowolil die fructus naturales wie die fructus civiles, welche er durch seinen Fleiss aus dem Miin- delvermogen gezogen hat, fur sich zu behalten 1 . Ftihren die altern Briider Vormundschaft liber die jungern, welche mit ihnen in Gutergemeinschaft verbleiben, so sind sie auf keine VVeise befugt irgend etwas von dem gemeinschaftlichen Vermogen an Fremde abzutreten; non possint impignerare neque ven dere nec donare 2 . Fur den Eintritt der Vollj ahrigkeit des Mtindels und die Beendigung der Vormundschaft wird nach den verschiedenen Stammrechten ein verschiedenes Alt er erfordert, welch.es aber gewohnlich zwischen dem 12ten und 18ten Lebensjahr schwankt. Im Allgemeinen herrscht hier jedoch das Gesetz der Natur; wer sich selbst schiitzen und sein Vermogen 7 Vgl. Note 2 . 8 Stat. Rag. Bogisič, p. 146,— Stat. Kgs. Kasimir Jagello, 1447. V. L. J. 150: «Ouocirca perpetuo statuimus et decernimus edicto, et inviolabili prohibemus deoreto, ne filius senior ant primogenitus possit et valeat bon fratrum suorum sub quocunque colore, arte vel ingenio ultra portionem eum tangentem indebitare, vendere obligare, alienare distrahere, nisi fore debitornm onus per parentes contraetum illud • exigeret et exposceret, sed nec pro solutione hujusmodi debitorum licebit šibi aliquid vendere, obligare, aut distrabere, nisi ad id senioruni domus sute accesserit consilium, consensus et voluntas; et pecunia ex venditione provcniens, summam debitorum non excedat. # 56 selbst verwalten kann, bedarf keiner Vormundschaft mehr. Die altesten Quellen sprechen auch von kei- nem bestimmten Alter, sondern sie gebrauchen nur den Ausdruck «vzrnognit’», d. b. selbstfahig wer- den, erwachsen sem, zur Kraft gelangen, fur den Endtermin der Vormundschaft 1 . $ 23. Letztwillige Verfiigungen. Das Rechtsinstitut der Testamenterrichtung erwali- nen schon die Aeltesten slawischen Urkunden; so findet sich unter anderen ein bemerkensw.erthes Beispiel in dem Tractate, welcher zwischen dem russischen Fursten Oleg und dem byzantinischen Kaiser Leo im Jahre 912 abgeschlossen worden sein soli 2 . Fahig zur Testamentserrichtung ist jedermarm, der iiber sein Vermogen freie Verfiigung hat, daher liaben Kinder, welche sich noch in der Vormund¬ schaft befinden oder bei unabgetheilten Vermogen noch in der vaterlielien Gewalt sind, keine testa- 1 Vgl. Note 2. 2 Nestor, Schlozer, II, Cap. XV, Art. 10; Mik losich, Cap. XXII, p. 19: Von den Russen, die in Grieclienland bei.dem christlichen Žaren arbeiten. Stirbt jemand ohue iiber sein Vermogen verfilgt zn haben, und hat die Seinigen nicht, so kehre sein Vermogen zn den lieben Nachsten in Russlaud zurilck. Wenn er eine Verfiigung gemacht hat, so nelime derselbe das ilim Gestimmte, welchen er niederschreiben wird, sein Vermogen zu erben, und der empfange es von den verschiedenen Han- deltreibenden Russen, die nach Griechenland gehen und dort schuldig sind. 57 menti factio activa, wohl aber die t. f. passiva. Ein verheiratheter Sohn, welcher mit semeni Vater and mit seinen Geschwistern in Giitergemeinschaft lebt, kann liber seinen allfalligen Antheil nicht von To- desvvegen verfiigen; wird jedoch nach seinern Tode eine Theilung des gemeinschaftlichen Vermogens vorgenommen, so treten an seine Stelle seine Kin¬ der jure reprsesentationis. Eine bestirnmte Form ist fur die Giltigkeit des Testamentes zwar nicht. erforderlich; eine letztwillige Verfugung kann man sowohl miindlich wie schrift- lich treffen; eben so wenig ist bei dem Errichtungs- acte eine bestirnmte Zahi von Zeugen veriangt, es geniigt dass der Wille des Testators auf irgend eine Art unzweifelhaft constatirt wird. Um jedoch hiebei j eden Betrug auszuscbliessen und die letzte AVillens- erklarung zu sichern, wird die schriftliche Form unter Zuziehung von mehreren glaubvviirdigen Zeugen nicht nur vorgezogen, sondern fur gewisse Verfu- gungen aueh ausdriicklich verlangt 1 . Weit vvichtiger ist die Bestimmung in Bezug auf den Gegenstand der Verfugung; hier gilt das Princip: letztwillige Verfugungen konnen nur uber die fah- rende Habe stattfinden, aber nicht uber Erbgriinde und andere Liegenschaften oder Immobiliarrechte 2 . i Vgl. Burzynski, Bd. II, S. 266 fg. ' 2 Statut v. Kg\ Sigmund I, 1510: Pietatem sanctam apprimere nolentes, sed eam sunimo favore prosequi cupientes; deceriiimus ut testamenta condantur juxta vetcrum constitutionem, ex more antiquitus servato de bouis mobilibus. Immobilia vero bona, tam haereditaria quam oppignorata (ne defensio Reipublicaj minuatur) testamentali ordinationi 58 Dieser Grundsatz ist eine nothwendige Folge der Bestimmung, dass Familiengiiter iiberhaupt nicht veraussert werden durfen, und andere Liegenschaften und Immobiliarrechte nar unter der .Bedingung des Vorkaufsrechtes. Diese gemeinrechtlichen Grundsatze haben im Laufe der Zeit bei den verschiedenen slawischen Stammen einige Modificationen von grosserer oder geringerer Bedeutung erfahren. Wie uberall, so bat auch hier die Kirche einen grossen Einflass aus- getibt; es war in ihrem Interesse, dass man fiir die Seele nicht nnr die Fahrniss vermachte, sondern anch die bei weitem werthvolleren Liegenschaften, und so geschah es, dass bei den Sudslawen schon gegen Ende des dreizehnten Jahrhunderts gestattet var, den vierten Theil des Verrnogens der Seele zu hinterlassen 1 . Aehnliche Zugestandnisse machte man auf Ver- vendung des Paptes Julius zu Gunsten der Kirche in Polen. Aber Testamente, in velchon uber Lie- genschaften und Immobiliarrechte verfiigt wird, miissen in der Regel unter Mitwirkung einer offent- lichen Autoritat errichtet ver den 2 . Ein jedes Testament kanu vom Testator wider- rufen werden, und zwar ein miindliches durch aus- drucklichen Widerruf desselben vor Zeugen, und ein subjecta, minimo esse debent; secus de bonis Regalibus, eadem enim propter Reipublic® commodum. Nobis in parte vel in toto, tcstamento lcgari poterint. Burzynski, p. 269. 1 Stat. Ilag. Bogisib, p. 130. 2 Vgl. Maciejowski, Bd. IV, S. 457 fg. 59 schriflliches durch Vernichtung der Urkunde oder dureh eine giltige Errichtung eines neuen Tesla¬ mi entes 1 . g 24. Haftung fiir Schulden, Wie weit Jemand freie Verfugung iiber sein Ver- mogen hab, sovveit muss er aucli fiir die von ihm eingegangenen Verbindlichkeiten und Schulden haften. Die slavvischen Ehegatten steben zu einander in einem Societatverhaltniss, in vvelchem jeder iiber seine Habe frei verfiigen kann; sie konnen sich daher sowohl einzeln als auch genaeinscbaftlich nicht nur gegen Drhte, sondern auch gegenseitig vermogensrechtlich verpflichten. — Der Mann darf auf das Heirathsgut (die dos und contrados), wel- ches unter seiner Vervvaltung ist, keine Schulden contrahiren, es sei denn soweit als er den usus fructus daran hat. Ebenso diirfen seine Glaubiger den Theil des eingebrachten Vermogens, welchen die Frau sich zu ihrem Gebrauche vorbehalt und an welchern dem Manne keine freie Verfugung zu- steht, in keinem Falle zur Befriedigung ihrer For- derungen in Anspruch nehmen 2 . Hingegen kann die Frau in Bezug auf das Vermogen, \velches unter ihrer besonderen Verwaltung steht, sich ohne Zu- 1 Vgl. Burzynski, p. 262 fg. — Gzaki, Bd. II, S. 58 fg. - Ma- ciejowski, Bd. IV, S. 455 fg. 2 Vgl. Maciejoivski, Bd. II, S, 218; Bd. IV, S. 391 und 394, 60 stimmung ihres Mannes rechtsgiltig verpflichten und den Glaubigern verhaftet werden; liber den Theil ihres Vermogens jedoch, \velches der Mann ver- valtet, und woran ihra gesetzlicher usus fructus zusteht, darf die Frau oline seine Einwilligung keine Verfugung treffen, wodurch sein Recht gesehadigt werden konnte; folglich kiinnen die Glaubiger der Frau bei Lebzeiten des Mannes diesen Theil nicht, in Anspruch nehmen. Es haftet aber das ganze Ver- inogen der Frau fiir alle jene Schulden des Mannes, zu deren Contrahirung die Frau ausdriicklich ihre Zustimmung gibt oder Btirgschaft. leistet 1 . Alle verrnogensrechtlichen Verpflichtungen, welche beide Ehegatten gemeinschaftlicb eingeben, lasten aueh gemeinschaftlicb und solidarisch, sowobl auf dem Vermogen der Frau wie auf dem Vermogen des Mannes. Ein ITaussohn, der kein abgetheiltes Vermogen oder peculiurn besitzt, sondern in Familiengernein- scliaft lebt, kann keine Schulden contrahiren, wel- che der Hausvater anerkennen miisste; propter quod non habet alicujus rei dominium vel aliquam tradi- tionern 2 . Eben so wenig kann ein anderes Farnilien- glied, welcbes in Giitergemeinschaft lebt, solclie Verpflichtungen eingehen, welche das gemeinschaft- liclie Vermogen beriihren \vurden. Die actio com- muni dividundo ist hier unzulassig. 1 Stat. Rag. Bogisit, p. 139. 2 Statut von \Vislica. Burzynski, p. 177. — Maciejowski, Bd. II, S. 227; Bd. IV, S. 410. 61 Fiir die Stammgiiter gilt im Allgemeinen das Princip, dass sie unverausserlich seien und folglich auch nicht vvillkurlich mit Schulden belastet werden konnen. Nur bei dringenden Veranlassungen, und mit Zustimmung der Familienglieder, ist es gestattet das Stammgut auf ein Viertheil oder Drittheil seines Sehatzungsvverthes als Hypothek zu verpfanden und in Fallen ausserster Noth auch zu veraussern 1 . Der hypothekarische Glaubiger ist nicht befugt dureh Verausserung des Gutes seine Forderungen zu be- gleichen, sondern er ist nur berechtigt aus den Fruchten desselben seine Bezahlung zu erwirken. Alle rechtmassig contrahirten Schulden gehen auf die Erben liber; diese haften mit der Hinterlassen- schaft bis zu dem Betrage, zu vvelchem diese das 5 Das Kaiscrl. Patent und Gesetzv. 7. Mai ftlr dic croatisch- slawonisehe und b a na t is ch-se rb is o he Militargranze g-cnelunigte : g 16. Der Grundbesitz der Granzhauser theilt sich in Stammgut und Ueberland. Zu dem Stammgute eines Granzbauses gehoren alle jene Grundstilcke, \velclic dermalen in den Grundbilchern als Stammgut ein- getragen sind. Dieselben bildon nebst den \Volm- und Wirthscliaftsge- bauden die Granzansassigkeit. Das Stammgut ist in der Regel unverausserlich. Nur in bosonderen Fallen darf dasselbe auf ein Drittheil seines Schatzungswertlies als Hypo- thek verpfandet werden, und der Gemcindeausscliuss bat darauf zu seben, dass der Scliuldner, ausser den Interessen, jabrlich nocb einen verhaltnissmassigen Theil an Kapital abtrage. Erst dann, wenn keine andere Hilfe verscbafft vverden kann, und wenn der Dntcrlialt der Familie dureb Erwerbung einer anderen Ansassigkeit oder Aufnalune in ein anderes Granzhaus gesicliert ist, darf aucli das Stammgut an Bcsilzfahige veraussert werden. Das Deberland umfasst alle ilbrigen Besitzungen oder Granzhauser, welche nacb den bestehenden Vorscbriften verausserlicb sind. 62 freie Eigenthum des Erblassers. bildete. Schulden, mit \velchen das Stammgut vorschriftsmassig be- lastet wird, sind die Erben verpflichtet anzuerkennen und zu bezablen. -CHOODJ— Verzeichniss der slawischen Eechtsquellen und Hilfswerke, welclie bei der vorliegenden Schrift benutzt worden sind. Antiquissima monumenta juriš Slovenici, edid.il A. Kucharski. Varsovise 1838, enthaltend: a) Prawda ruskaja, Russisclies Recht, a. d. J. 1016 und 1282. b) Zakonik srbski, Serbisches Gesetzbuch, a. d. J. 1349 und 1354. c) Prawa zemie Ceske, Bomisches Landrecht, Jus terras Boemise. d) Ondrije z Dube, Wyklad na prawo zemske. Andreas von Duba. Auslegung des Landrechls, a. d. Ende d. XIV. Jh. e) Rad zemskeho prawa, Bohmisclie Landesordnung (Ordo judicii terrse), a. d. Mitte des XIV. Jh. Chronica Nestoris (russ. slawische Chronik, a. d. XI. Jh.), edidit Fr. Miklosich. Vindobonse 1860. Monumenta serbica, spectantia historiam Serbiae, Bosnse, Ragusii, edidit. Fr. Miklosich. Viennse 1858. Schlozer. Nestors Chronik, 5 Bde. Gottingen 1802-1808, Schlozer. Russische Annalen I-IV. Gottingen 1802. Talvy. Volkslieder der Serben, 2 Bde. Halle 1825-1826, 3te Aufl. Leipzig 1853. Koniginhofer Handschrift, ubersetzt von A. Swoboda. Prag 1829. Novakovič Zakonik Stefana Dušana, čara srbskog. Das Gesetzbuch des Serbenzars Duschan. Belgrad 1870. 64 Gesetzbuch Daniels I, Fiirslen und Gebieters von Montenegro und der Berda, in deutscher Uebersetzung, bei Manz. Wien 1859. Ewers. Das alteste Recht der Russen. Dorpat und Ham¬ burg 1826. Bogisie. Glavnije črte obiteljskoga pisanoga prava u starom Dubrovniku. Hauptziige des geschriebenen Familienreclrts in Alt-Ragusa (nach den Statuten v. XIII-XVI. Jh.),. im Rad jugoslavenske akademije vol. V, p. 123-149. Agrain 1868. Bogisie. Pisani zakoni na slevenskom Jugu. Geschrie- bene Gesetze der Siidslaven. Agram 1872. Maciejovski. Slawische Rechtsgeschichte, aus dem Polniscben iibersetzt, von Buss und Nawrocki, 4 Bde. Stuttgart und Leipzig 1835-1839. Burzynski. Prawo polskie prywatne, Polnisches Pr iv a tre elit, B. II. Krakau 1871. Czacki. O litewskicli i polskicli prawacli. Deber die litthauischen und polnischen Recbte, 2 Bde. Krakau 1861. H. Jirecek. Slovanske pravo v Cechach a na Morave. Slawisclies Recht in Bohmen und Mahren, 2 Bde. Prag 1863-1864. Palacky. Geschichte von Bohmen, 5 Bde. Prag 1836- 1865. Safarik, J. P. Sebrane spisy, Gesammelte Schriften I-III. Prag 1862-1865. Safarik. Geschichte der sudslawischen Literatur, aus dessen handschriftlichem Nachlass, herausgegeben von J. Jirecek, 4 Bde. Prag 1864-1865. Andere Belege sind an den betreffenden S teli en mit vollem Titel angeftihrt. '1