TL, £/ Disciplinarordnung fur die k. k. Staats-Gymnasien in Kmin. Genehmigt mit dem hohen Unterrichtsministerial-Erlasse vom 16. Juli 1887, Z. 11.400. Laibach. Druck von Ig. v. Kleinmayr & Fed. Bamberg. 1897. Vorbemerkung. Jeder Schiller ist gehalten, sich ein Exemplar dieser Disciplinarvorschriften anzukaufen, es aufzubewahren und den Eltern oder deren Stellvertretern vorzuzeigen. Die P. T. Eltern oder deren Stellvertreter werden im Interesse ihrer Sohne oder Pflegebefohlenen ersucht, der Gymnasialdirection schriftlich zu bestatigen, dass sie von den Disciplinarvorschriften Kenntnis genommen haben. I. Allgemeine Bestimmungen. § 1. Die Disciplinarordnung enthalt diejenigen Vorschriften, welche die dem Gymnasium angehorigen Schiller als solche in ihrem Verhalten in und auBer der Schule zu beachten verpflichtet sind. Diejenigen Pflichten, welche sie der b ti rg e rli c h e n Gesellschaft gegeniiber zu beobachten haben, werden hier nicht angefiihrt, doch unterliegt die Vernachlassigung oder Verletzung derselben, soweit sie die Schule beriihren, auch der Disciplinarbehandlung von Seite der Lehranstalt. § 2. Jeder Schiller macht sich durch seinen Eintritt in das Gymnasium verbindlich, die Schulordnung gewissenhaft zu beobachten. Er verpflichtet sich, allen seinen Berufspflichten mit allem Eifer obzuliegen, die Lehrstunden regelmaBig und piinktlich zu besuchen, an dem Unterrichte mit reger Auf- merksamkeit theilzunehmen, durch hauslichen Fleifi das in der Schule Gelernte zu befestigen, den religidsen Ubungen mit Ernst und Andacht beizuwohnen, sich sowohl in als aufier der Schule eincs wohlgesitteten Benehmens zu befleifiigen, allen Anordnungen von -Seite der Schule unbedingt Folge zu leisten, den Weisungen der Lehrer der Lehranstalt zu ent- sprechen und sich gegen sammtliche Vorgesetzte bescheiden und hoflich zu benehmen. Eine Verletzung der gebotenen Verpflichtungen wird umso strafbarer, je hbher die Altersstufe und Classe des Schuldigen ist. 4 II. Besondere Bestimmungen. a) Religiose Ubungen. § 3. Der Schiller hat dem Gottesdienste sowie allen anderen vorgeschriebenen religidsen Ubungen gewissenhaft und in vviirdiger Haltung beizuwohnen und an dem Schulgebete, mit welchem der Unterricht begonnen und geschlossen wird, in erbaulicherWei.se theilzunehmen. Unwiirdiges Benehmen, Ver- sSumnisse und Verspatungen aus Leichtsinn werden strenge geahndet. § 4. Dispensen werden fiir einzelne Falle von dem Religions- lehrer, unter Verstandigung des Classenvorstandes, sonst nur vom Director unter Mittheilung an den Religionslehrer und den Classenvorstand ertheilt. b) Verhalten in der Schule. § 5. In der Schule haben die Schiller weder zu frilh noch zu spat zu erscheinen. Eine Viertelstunde vor Anfang des Unterrichtes oder Gottesdienstes werden die Lehrzimmer geoffnet. Die Schiller betreten unbedeckten Hauptes das Schul- zimmer und begeben sich ruhig an ihre Platze, wo sie den Eintritt des Lehrers oder das Glockenzeichen zum Gange in die Kirche erwarten. Wenn den Schiilern die Besichtigung von Wandkarten, Mineralien etc. vor der Unterrichtsstunde durch die Fachlehrer gestattet ist, so hat dies in aller Ruhe zu geschehen. § 6. Jeder Schiller hat in seinem Aufieren ordentlich, reinlich und anstandig zu erscheinen, sich in seinen Lehrbiichern, Schreibheften und Gerathschaften der Reinlichkeit und Nettig- keit zu befleifiigen. a § 7. Jeder Schiller muss mit den fiir den Unterricht erforder- lichen vorgeschriebenen Biichern und Lehrmitteln rechtzeitig versehen sein. Kommt ein Schiller dieser Forderung nicht nach, so kann er unter Umstanden von dem weiteren Schul- besuche ausgeschlossen werden. Das Mitbringen anderer als fiir den Unterricht nothigen Gegenstande, Bilcher, Zeitschriften und dergleichen ist ver- boten. Vorkommendenfalls werden dieselben weggenommen und n ur den Eltern oder verantwortlichen Aufsehern ein- gehandigt. § 8- Kein Schiller darf den ihm vom Classenvorstande an- gewiesenen Platz ohne Erlaubnis desselben oder des betref¬ fenden Fachlehrers fiir einzelne Stunden mit einem anderen vertauschen. § 9. Wahrend der Lehrstunden wende der Schiller seine ganze Aufmerksamkeit dem Unterrichte zu und vermeide gewissenhaft jede Stbrung desselben sowie jede Zerstreuung durch Beschaftigung mit anderen, nicht zu dem betreffenden Unterrichte gehbrigen Dingen. § io. jede Meldung oder Entschuldigung muss vor Beginn des Unterrichtes dem betreffenden Lehrer vorgebracht werden. Anliegen, welche die ganze Classe betreffen, sind in der Regel durch einen von dem Classenvorstande bestimmten Schiller dem Lehrer vorzutragen. Hat ein Schiller ein Anliegen wahrend des Unterrichtes vorzutragen, so hat er dies durch Aufheben der Hand und nur in dringenden Fallen durch Aufstehen von seinem Platze zu erkennen zu geben. .. § H- Beim Kommen und Gehen der Lehrer, des Directors und aller Personen, denen eine aufiere Ehrenbezeigung gebilrt, erheben sich alle Schiller von ihren Sitzen und bleiben so lange stehen, bis ihnen das Zeichen zum Nieder- setzen gegeben wird. 6 § 12- Das Hinausgehen wahrend des Unterrichtes ist nur in dringenden Fallen ausnahmsweise einzelnen mit Be- willigung des Lehrers, nie aber mehreren zu gleicher Zeit gestattet. Das Herausrufen von Schiilern wahrend des Unterrichtes ist in der Regel nur den Lehrern gestattet. Das Ilerumstehen auf den Gangen oder vor dem Schulgebaude, das Hin- und Wiederlaufen auf den Stiegen vor und zwischen den Lehrstunden ist nicht erlaubt. § 13. Die Pause zwischen der zweiten und dritten wie dritten und vierten Stunde ist der Erholung gewidmet. Wahrend dieser Zeit konnen sich die Schiller, wenn es die localen Verhaltnisse gestatten, auf den Gangen oder im Hofe ergehen, und dabei etwas Nahrung zu sich nehmen. Naschereien diirfen nicht mitgebracht werden. Kein Schiller darf sich ohne Erlaubnis eines Lehrers aus dem Hause entfernen. Auf das Glockenzeichen hat sich jeder Schiller unverweilt in sein Lehrzimmer zu begeben. § 14- Jede Art der Beschadigung oder Verunreinigung der Schulraume, Schulgerathe und Lehrmittel, der Gegenstande, welche einem Mitschiiler gehbren, ist strengstens verboten. Der Thater ist zum Schadenersatze verpflichtet und wird im Falle erwiesenen Muthwillens aufSerdem bestraft. Bliebe er unentdeckt, so haben alle Schiller der Classe, unter Umstanden mehrerer Classen, den Schadenersatz zu leisten. Die aus der Bibliothek oder von dem Unterstiitzungs- vereine entlehnten Biicher miissen in der vorgeschriebenen Frist an den Bibliothekar oder Custos zuruckgestellt werden. Zuwiderhandelnde machen sich der Wohlthat der Beniltzung verlustig. Beschadigte Biicher miissen unter Umstanden, ver- lorene unter jeder Bedingung ersetzt werden. § 15- Das eigenmachtige Offnen der Fenster, das Hinauslehnen aus den Fenstern oder das Hinausrufen ist nicht gestattet. 7 § 16. Nach dem Unterrichte verlassen die Schiller ruhig und langsam das Haus. Biicher, Schulrequisiten etc. diirfen im Lehrzimmer nicht zurilckgelassen werden. Alles Drangen, Laufen und unanstandige Larmen auf den Stiegen und Gangen ist verboten. c) Schulversaumnisse. § 17. Jeder Schiller ist zu ununterbrochenem Schulbesuche verpflichtet. Im Falle eines triftigen Grundes hat der Schiller die Erlaubnis zum Ausbleiben fiir eine einzelne Stunde von dem betreffenden Lehrer, fiir einen Tag vom Classenvorstande und fiir mehr als einen Tag von dem Director einzuholen. § 18- Die Verpflichtung des regelmafSigen Schulbesuches er- streckt sich auch auf die nicht obligaten Lehrgegenstande. Das eigenmachtige Ausbleiben von dem Unterrichte in einem gevvahlten freien Gegenstande wird mindestens bei Bestimmung der allgemeinen Fleifinote in Anrechnung ge- bracht. § 19. Erkrankungen und unvorhergesehene Hindernisse muss der Schiller, vvomoglich innerhalb 24 Stunden, durch eine zuverlMssige Person, milndlich oder schriftlich melden. Bei seinem Wiedererscheinen hat er durch ein glaubwiirdiges Zeugnis der Eltern oder deren Stelivertreter, eventuell auf Verlangen des Classenvorstandes durch das eines Arztes, den Grund fiir die Dauer seines Ausbleibens nachzuweisen. Ein Schiller, vvelcher. acht Tage hindurch ohne glaub- wilrdige Meldung von dem Unterrichte wegbleibt, ist als aus- geschlossen zu betrachten; er wird in dem Kataloge gestrichen und verliert den Anspruch auf ein Abgangszeugnis. Eine Wiederaufnahme kann nur ausnahmsweise im Falle vollkominener Rechtfertigung vom Lehrkbrper gewahrt werden. 8 d) Verhalten auBerhalb der Schule. § 20. AuBerhalb der Schulstunden liegt dem Schiller voll- standige Erlernung, Einiibung und Wiederholung der Lec- tionen, Ausarbeitung der schriftlichen Aufgaben und Vor- bereitung fiir die Schule als hausliche Beschaftigung ob. Besondere Sorgfalt widme er den schriftlichen Haus- arbeiten; dieselben miissen moglichst correct ausgearbeitet, genau und rein geschrieben, zur bestimmten Zeit abgegeben werden. § 21. Der Schiller zeige sich auch auBerhalb der Schule durch ein anstandiges, bescheidenes, artiges und sittliches Benehmen der Bildungsstatte, welche er besucht, wilrdig. Selbstverstandlich soli der Schiller gegen seine Wohl- thater seiner dankbaren Gesinnung auch noch am Schlusse des Schuljahres Ausdruck verleihen. § 22. Der Schiller verwende seine freie Zeit zur noth- wendigen korperlichen Erholung und auf eine geregelte Privatlectilre nach Anweisung oder Andeutung der Lehrer. Leihbibliotheken zu beniltzen, schlechte Biicher zu lesen oder zu verbreiten ist streng verboten; der Schiller beniltze die Schiilerbibliothek, welche auch fiir eine angemessene Erheiterungslectiire Sorge tragt. Das Halten politischer Schriften ist untersagt. § 23. Seinen Mitschiilern gegeniiber sei der Gymnasiast stets freundlich und dienstfertig, vertraglich und nachgiebig; nationale Gehassigkeiten sind strenge zu vermeiden. Klagen iiber erlittene Unbill sind dem Classenvorstande zu melden. Der Schiller befleiBe sich in seinem Umgange einer anstan- digen Sprache und Haltung und vermeide aus Achtung vor sich und anderen alles, was ins Rohe, Triviale und gemein Niedrige fallt. § 24. Geldsammlungen, gleichviel zu welchem Zwecke, sind ohne schulbehordliche Bewilligung nicht gestattet. 9 § 25. Spates Herumgehen auf der Gasse ist fur Gymnasial- schiiler unschicklich und daher zu unterlassen. Jeder Gymnasial- schiiler hat zu der vom Lehrkorper nach der Jahreszeit und den localen Verhaltnissen bestimmten Stunde zu Hause zu sein. Das zwecklose Umherstehen auf offentlichen Platzen sowie das Umherziehen in geschlossencn Reihen durch die StraBen der Stadt, auf Spaziergangen oder auf dem Trottoir ist nicht gestattet. Das Mitnehmen von Spazierstocken in die Schule oder in die Kirche ist unstatthaft. § 26. Der Besuch der Kaffeehauser ist den Schiilern des Gym- nasiums nur in Begleitung der Eltern oder deren Stellvertreter ausnahmsweise gestattet. Auch Gasthauser diirfen Schiller des Untergymnasiums sowie die der V. und VI. Classe nur ausnahmsweise in Begleitung ihrer Eltern oder deren Stell¬ vertreter besuchen. Dagegen ist den Schiilern der VII. und Vlil. Classe der mafiige Besuch einzelner als anstandig bekannter Gasthauser nach vollstandig abgelaufener Schulzeit, jedoch nur auf kurze Zeit gestattet. In den Monaten September bis einschlieBlich April darf der Besuch des Gasthauses nicht iiber acht, in den Monaten Mai bis Juli nicht iiber zehn Uhr abends ausgedehnt werden. Jeder Missbrauch dieser Erlaubnis sowie offenbarer UnfleifS kanu sofort die Entziehung derselben auf kiirzere oder langere Zeit zur Folge haben. Ungeziemendes Betragen, Trunkenheit, Streit und Excesse jeder Art werden nicht nur mit Entziehung dieser Begtinstigung, sondern auch sonst auf das strengste, unter Umstanden mit sofortiger Ausschliefiung bestraft. Zu Spiel und Trinkgelagen Extrazimmer zu nehmen, ist strenge untersagt. § 27. Das Tabakrauchen ist den Schiilern des Untergymnasiums verboten. Die Folgen friihen oder iibermafSigen Rauchens fur die Gesundheit, die Auslagen, zu welchen es armere Schiller verleitet, bestimmten den Lehrkorper, vom Tabakrauchen auch zu Hause allen Schiilern ernstlich abzurathen. 10 Den Schillern des Obergymnasiums ist das Rauchen im Schulgebaude, in der Stadt auf der Gasse, ferner in offent- lichen Localen, auf offentlichen Spaziergangen und an offent- lichen Vergniigungsorten verboten. § 28. Spiele um Geld, insbesondere Kartenspiele sind tiberall, in offentlichen Localen alle Spiele strengstens verboten. Dawiderhandelnde verfallen einer Disciplinarstrafe und kbnnen unter Umstanden nach erfolgloser Mahnung aus- geschlossen werden. § 29. Das Theater diirfen Schiller des Untergymnasiums nur in Begleitung der Eltern oder deren Stellvertreter nach ein- geholter Erlaubnis des Classenvorstandes oder des Directors besuchen. Den Schillern der oberen Classen ist der Besuch des Theaters mit Wissen und Bewilligung ihrer Eltern oder deren Stellvertreter im allgemeinen gestattet, doch kann der Besuch einzelner Theaterstiicke und Productionen vom Director untersagt werden. Missbrauch oder schlechter Fortgang haben die Entziehung dieser Erlaubnis zur Folge. — Der Besuch der Gallerie im Theater ist verboten. Der Besuch von Gerichtsverhandlungen sowie der bffent- lichen Verhandlungen von Korperschaften ist den Gymnasial- schtilern verboten. § 30. An offentlichen Productionen und Unterhaltungen, welche von behbrdlich anerkannten Vereinen oder geschlossenen Ge- sellschaften veranstaltet werden, diirfen Schiller der oberen Classen, an dergleichen offentlichen Ballen Schiller der VIL und Vlil. Classe mit der Erlaubnis des Directors theilnehmen. — Der Besuch von Maskenballen ist Gymnasialschulern untersagt. Tanzunterhaltungen untereinander zu veranstalten, ist verboten. Uber die Erlaubnis, Tanzstunden zu besuchen, entscheidet von Fali zu Fali die Lehrerconferenz, die Erlaubnis des Besuches fiir den einzelnen Schiller gibt der Director. § 31. Die Gymnasialschiiler diirfen an Vereinen, welche von Personen, die nicht Gymnasialschiiler sind, gebildet werden, weder als Mitglieder noch als Zuhorer theilnehmen. 11 Den Gymnasialschulern ist jede politische oder nationale demonstrative Kundgebung in und auBer der Schule strenge verboten. Diese diirfen auch keine Vereine unter sich bilden und daher weder Vereins- noch andere Abzeichen tragen. Zusammenkiinfte und Versammlungen derselben in grofierer Anzahl behufs der literarischen Ausbildung, der Geselligkeit konnen nur mit Genehmigung und unter Aufsicht des Lehrkorpers stattfinden. Der Lehrkorper ist berechtigt, Schiller, welche gegen diese Vorschriften verstofien, nach einmaliger fruchtloser Ermahnung von der Anstalt zu entfernen. Ob es Schiilern gestattet werden konne, bei einzelnen Vereinsproductionen mitzuwirken oder als Gaste daran theilzu- nehmen, beurtheilt von Fali zu Fali der Lehrkorper unter Be- achlung der etwa diesfals erlassenen besonderen Weisungen der Schulbehorde. § 32. Fackelzuge, Standchen und ahnliche Ovationen wem immer zu veranstalten, ist Schiilern des Gymnasiums nur in Ausnahmsfallen mit Bewilligung der competenten Behorden erlaubt; sie haben sich diese Erlaubnis rechtzeitig durch den Director einzuholen. § 33. Den Schiilern ist es nicht gestattet, mit Erzeugnissen ihres Geistes ohne Bewilligung des Lehrkorpers in die Offent- lichkeit zu treten. § 34. Baden, Schwimmen und Schlittschuhlaufen, wie Spiele im Freien sind unter den ftir Sicherheit und Anstand noth- wendigen Bedingungen und in einem solchen ZeitausmaBe, dass die Erfiillung der Schulpflichten darunter nicht leidet, erlaubt. Gemeinsame Ausfliige sind nur unter Leitung und Aufsicht eines Lehrers gestattet. § 35. Jeder Schiller muss unter Aufsicht der Eltern oder eines verantwortlichen Aufsehers stehen. Die Wahl der Wohnung wie der Person des verantwort- lichen Aufsehers kommt nur den Eltern der Schiller oder deren Stellvertreter zu; die getroffene Wahl sowie jede 12 Veranderung derselben ist dem Director durch den Classen- vorstand anzuzeigen. Im Gasthause zu wohnen und daselbst Mittagskost zu nehmen, ist nur in Ausnahmsfallen und nur mit Bewilligung des Directors gestattet. Lassen wohlbegriindete Thatsachen die hausliche Auf- sicht iiber einen pflegebefohlenen Schiller als ungeniigend erscheinen, so steht dem Lehrkorper gesetzlich das Recht zu, von den Eltern die Anderung des Kost- und Wohnortes zu verlangen und sogar den Schiller auszuschlieBen, wenn diesem Verlangen nicht entsprochen wird. § 36. Die ausgegebenen Gymnasial- und Maturitatszeugnisse sind offentliche Urkunden. Eine Falschung der Zeugnisnote oder der Unterschriften unterliegt der disciplinaren Ahndung, — unter Umstanden der Ausschliefiung und strafgerichtlichen Verfolgung. Die Schiller werden aufmerksam gemacht, die Zeugnisse wohl aufzubewahren, da Duplicate von Semestralzeugnissen nur in seltenen Fallen, die der Maturitatszeugnisse nur nach eingeholter Ermachtigung der Landesschulbehorde ausgestellt werden. § 37. Seinen Abgang von der Lehranstalt hat jeder Schiller in gebiirender Weise dem Director anzuzeigen. Nur wenn er die Einwilligung seiner Eltern oder deren Stellvertreter zum Austritt nachgewiesen hat, erhalt er ein Abgangszeugnis oder die Abgangsclausel. Es wird von jedem Schiller erwartet, dass er von der Anstalt nicht abgeht, ohne dem Director und seinen Lehrern zu danken. Ein entgegengesetztes Benehmen ist seiner Bildung nicht entsprechend. Einem Schiller, welcher ohne Meldung abgeht, kann die Wiederaufnahme an der Anstalt versagt werden. § 38. Sittliches, anstandiges Verhalten wird vom Gymnasial- schiiler auch wahrend der Ferialzeiten erwartet; fur ein entgegengesetztes Verhalten ist er verantwortlich. 13 e) Disciplinar-Strafen. § 39. Bei geringeren, aus Unbedacht entspringenden Ver- letzungen dieser Disciplinarvorschriften wird der Fachlehrer oder der Classenvorstand den Fehlenden ermahnen. § 40. Die Ril g e ist offentlicher Tadel in der Schule. Sie wird nach Mafigabe des Verschuldens entweder von dem Fachlehrer oder vom Classenvorstande oder vom Director, und zwar letztere nach Umstanden in Gegenwart des betref- fenden Lehrers oder des Classenvorstandes oder sammtlicher Lehrer der Classe oder der Lehrerconferenz ausgesprochen. Verscharft wird die Riige durch Vormerkung im Classen- buche und durch gleichzeitige Anzeige an die Eltern oder deren Stellvertreter. § 41. Sind Ermahnungen und Riigen fruchtlos geblieben oder liegen grobere Pflichtverletzungen vor, so treten besondere Strafen ein. Dieselben sind: 1. ) Die Versetzung des Schiilers auf einen abgeson- derten Platz. 2. ) Das Zuriickbehalten in der Schule nach den Unter- richtsstunden, bei Schiilern der unteren Classen, unter ent- sprechender Aufsicht, namentlich zur Nachholung einer ver- saumten Leistung. 3. ) Der Carcer, bei schweren sittlichen und disciplinaren Vergehen, stets unter entsprechender Aufsicht. Die Strafe kann fur einen Tag die Dauer bis acht, im ganzen die Dauer von sechzehn Stunden haben. Sie wird iiber denselben Schiller nicht ofter als hoch- stens zweimal im Laufe eines Schuljahres verhangt. Der zu dieser Strafe verurtheilte Schiller erhalt eine Aufgabe, die er ausgearbeitet nach Ablauf der Strafzeit abzugeben hat. 4. ) Die Ausschliefiung von der Schule. Die Riige durch den Director, sowie die sub 3 bis 4 angefiihrten Strafen werden nur iiber Beschluss des Lehr- 14 kbrpers verhangt und sowie die Strafe sub 2 den Eltern oder deren Stellvertreter von dem Classenvorstande durch die Direction angezeigt. § 42. Die Ausschliefiung findet statt: 1. ) Nach achttagiger Abwesenheit von der Schule, wenn der Grund davon weder miindlich noch schriftlich gemeldet wurde. (§ 19.) 2. Wenn ein Schiller nach dem Schulgeld-Einhebungs- termine in der bestimmten Frist das Schulgeld noch nicht bezahlt hat. 3. Wenn ein Schiller durch zwei Semester nachein- ander ein Zeugnis der dritten Classe oder als unfreiwilliger Repetent am Jahresschlusse die zweite oder dritte allgemeine Fortgangsclasse erhalten hat. 4. Bei straflicher und ungeachtet aller Riigen und Ahn- dungen fbrtgesetzter Vernachlassigung des Schulbesuches oder des Gottesdienstes. 5. Infolge eines durch Riigen und Strafen nicht zu behebenden Unfleifies und anderer in langerer Zeit sich summierender Fehler. 6. Wegen entschiedener Widersetzlichkeit oder Irreli- giositat, wegen grober Unsittlichkeit, namentlich wenn letztere der Sittlichkeit der anderen Schiller gefahrlich werden kann. 7. Wenn die Ermahnung an den Schiller beziiglich einer Ubertretung der in den §§ 28, 31 gegebenen Vor- schriften oder die Aufforderung an die Eltern nach § 35 fruchtlos geblieben ist. Die Griinde der Ausschliefiung werden im Abgangs- zeugnisse ersichtlich gemacht. § 43. Erscheint die weitere Aufnahme eines von der Anstalt ausgeschlossenen Schulers fiir jede Lehranstalt als unehrenhaft oder verderblich,- so wird vom Lehrkbrper hbheren Orts die Ausschliefiung von allen Mittelschulen oder sammtlichen Lehr- anstalten der im Reichsrathe vertretenen Lander beantragt. § 44. Der straffallige Schiller hat sich der ilber ihn verhangten Disciplinarstrafe in dem ihm hiezu bestimmten Zeitpunkte und Orte ohne Widerrede zu untervverfen. 15 Die AbbiiBung der Strafe hebt nicht zugleich den Einfluss auf, denn das Vergehen auf die Sittennote haben kann. Es hangt jedoch von dem Schiller ab, durch ernstliche Besserung und ferneres tadelloses Verhalten den Einfluss entweder zu mildern oder nach Umstanden ganzlich auf- zuheben. Kein Schiller kann sich der Verpflichtung zum Abbiifien einer Strafe durch Abgang von der Schule entziehen; er erhalt, ehe er dieser Verpflichtung nachgekommen, kein Abgangszeugnis. § 45. Nur den Eltern oder deren Stellvertretern, nicht aber den Schillern, steht das Recht zu, bei dem Director oder der vorgesetzten Behorde wegen einer verfiigten Strafe Beschwerde zu fiihren. NARODNA IN UNIVERZITETNA KNJIŽNICA 00000426667