März /A pril 1957 50. Jahrgang - lieft 2 eitschrift der Missionäre Söhne des Hist. Herzens Jesu öliÄlalfti In dieser Kummer: Südafrika Noviziat Missions- rundschau Vergiftet ------------------------------ STERIN DER NEGER Zweimonatsschrift M ä r 7/A p r i 1 195 7 INHALT P. Karl Fischer: Missionsarzt gewinnt Vertrauen ... 25 Südafrika — Vergangenheit und Gegenwart ....................... 27 Der Afrikaner hat das Wort .......... 30 P. Willi Kühner: Südafrikanische Notizen ........... 33 F. Willi Kühner: Ferienvertretung in Natal ......... 34 P. Anton Baumgart: Klerikernoviziat in Bamberg ....... 37 Missionsrundschau ................... 41 Hermann Klingler: Vergiftet ......................... 46 Titelbild Laßt die Kinder zu mir kommen . . . — Überall in der katholischen Welt erhalten in diesen Wochen viele tausend Kinder Erstkommunionunterricht. Auf dem Bild sehen wir kleine Inderinnen an der Kommunionbank. Bestellung Deutschland: Missionshaus Josefstal (14a) Ellwangen Jagst (Württemberg) Österreich: Missionshaus Maria Fatima Unterpremstätten bei Graz Jährlicher Bezugspreis DM 3,- — S. 15 Einzahlung Deutschland: Missionshaus Josefstal Postscheckkonto Stuttgart 540 66 Österreich: Scheckkonto 862 11 „Stern der Neger“ Herausgeber und Verleger Kongregation der Missionäre Söhne des Heiligsten Herzens Jesu Josefstal bei Ellwangen Jagst Schriftleitung F. Edmund Schümm, Josefstal Druck Schwabenverlag AG Zweigniederlassung Eliwangen/Jagst Mit kirchlicher Druckbewilligung und Erlaubnis des Generalobern Poslverlagsort : Ellwangen (Jagst) V______________________________________J Missionsgebeismeinungen März: Um Zunahme der Priester- und Missionsberufe unter den Einwohnern Lateinamerikas. April: Für die katholischen Schulen in Bel-gisch-Kongo und Ruanda-Urundi. Lateinamerika ist wegen seines ungeheueren Priestermangels das besondere Sorgenkind der Kirche. Im Zeitalter der Entdeckungen stürzte sich die überschäumende politische und religiöse Lebenskraft Spaniens und Portugals auf die Länder Süd- und Mittelamerikas und gewann sie in verhältnismäßig kurzer Zeit nicht nur der spanischen bzw. portugiesischen Krone, sondern auch dem katholischen Glauben. Reiches kirchliches Leben entfaltete sich allenthalben. Aber leider gelang es nicht rechtzeitig, einen ausreichenden einheimischen Klerus heranzubilden und so die Kirche dieser Länder für kommende Stürme zu wappnen. In der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts machten sich diese Kolonien von den europäischen Mutterländern los, gründeten neue Staaten mit größtenteils kirchenfeindlichen Regierungen und vertrieben nicht nur die Kolonialbeamten, sondern auch die europäischen Priester. Nun waren die Christen wie Herden ohne Hirten, und es konnte nicht ausbleiben, daß das religiöse Leben zu verkümmern begann, vergleichbar einer einst üppigen Parklandschaft, der das Grundwasser abgegraben wurde. Zwar ist sich das christliche Abendland seiner Verantwortung bewußt und entsendet nun von Jahr zu Jahr mehr Priester in diese Länder. Doch wird die Not erst behoben sein, wenn ein zahlreicher einheimischer Klerus die ausländische Hilfe überflüssig macht. Ein Blick auf das ausgedehnte Missionsfeld Belgisch-Kongo mit Ruanda-Urundi ist für den Missionsfreund ganz besonders erfreulich, auch wenn nur nüchterne Zahlen geboten! werden. Nach einer Statistik vom 30. Juni 1956 sind von den 17 Millionen Einwohnern dieses belgischen Kolonialgebietes fast fünf und eine halbe Million katholisch. Dazu kommen 1 155 000 Katechumenen. Die jährliche Zunahme an Getauften beträgt fast eine halbe Million. In den 39 kirchlichen Sprengeln mit 669 Missionsstationen wirken 2952 Priester (davon 466 einheimische), 1308 (488) Brüder, 3051 (945) Schwestern und 26 856 Katechisten. Das Missionsschulwesen ist hervorragend ausgebaut. Doch bereitet die gegenwärtige Regierung Belgiens dem katholischen Missionsschulwesen immer größere Schwierigkeiten. Das ist besonders bedauerlich, da doch für die Heiden die Schule die Vorhalle zur Kirche ist. Kampf zwischen Weiß und Schwarz in Südafrika — hier ging er ebenso freundschaftlich aus, wie er begonnen hatte. Links der Minister eines Häuptlings, rechts Missionsarzt Dr. Kohler. Missionsarzt gewinnt Vertrauen Von P. Karl Fischer, Umtwalumi, Natal Ich hatte das Glück, viele Jahre lang mit einem Missionsarzt zusammenzu-arbeiten. Dr. M. Kohler, einer der ersten Ärzte, die das bekannte Missions-ärztliche Institut in Würzburg nach Natal entsandte, war mit dem einfachen Leben in der Mission ganz zufrieden und stellte keine besonderen Ansprüche. Sein einziger Wunsch war es, einmal ein schönes Krankenhaus mit Operationssaal und den nötigen Krankenpflegerinnen leiten zu können — ein Wunsch, der ihm leider nie erfüllt werden konnte. Als er auf der Missionsstation Cen-tocow ankam, war für ihn nichts vorbereitet. Erst nach einem Monat konnte er mit Frau und Kind in ein Dreizimmer-Häuschen einziehen, das früher als Abtwohnung gedient hatte. In dieser Zeit des Wartens blieb er nicht untätig. Er half mit, einige schon baufällige Hütten für die spätere Aufnahme von Kranken vorzubereiten. Ein größeres Gebäude, ebenfalls aus Lehm, richtete er als Apotheke und Operationsraum ein. Dieser Operationsraum war aber nur eine enge, dunkle Kammer, bar jeder medizinischen Ausstattung. Der Arzt war fürs erste damit zufrieden und meinte lächelnd, im Krieg hätten sie die schwierigsten Operationen in ganz anderen Löchern ausführen müssen. Schon in diesen ersten Tagen schlossen wir Priester mit unserem neuen Doktor Freundschaft. Ich war damals der Jüngste auf der Station und auch noch ein Neuling. Dieser Umstand brachte uns beide noch enger zusammen. Wir hatten den gemeinsamen Wunsch, Sprache und Sitten der Zuluneger gut kennen zu lernen. So ritten wir oft gemeinsam hinaus zu den Siedlungen der k Schwarzen. Der Doktor hatte gute Augen und beobachtete alles und jedes und machte sich Notizen. Sein Motto war: Je besser ich Sprache und Lebensweise der Neger kenne, desto besser kann ich ihre Krankheiten heilen. Der gleichen Ansicht war ich in Bezug auf unser priesterliches Wirken. Aber nun galt es, erst einmal das Vertrauen der Eingeborenen zu gewinnen. Als Dr. Kohler mit seiner Praxis beginnen wollte, fehlte es ihm an Patienten. So verkündeten wir Priester jeden Sonntag vor der Predigt, in Centocow und auf den Außenstationen, es sei ein guter Doktor hier, sie sollten ihre Kranken bringen. Wir erklärten den Leuten auch, wozu wir ihn gerufen hätten: zu ihrem eigenen Besten. Es half wenig. Endlich kam eine Gelegenheit, daß der Doktor selbst für sich Reklame machen konnte. Eines Tages brachte der Obere der Station einen elfjährigen Buben mit nach Hause, dessen Fuß verkrüppelt war; die Fußsohle war nach aufwärts gerichtet, und der Bub konnte sich nur auf einem Bein hüpfend vorwärtsbewegen. Beim Anblick dieses Buben war der Doktor ganz begeistert. „Der wird am Montag operiert. Verkünden Sie am Sonntag, die Leute sollen nach dem Gottesdienst zu mir kommen, daß ich ihnen den krummen Fuß zeige. Nach zwei Wochen sollen sie wieder kommen, dann werden sie den Patienten auf zwei gesunden Füßen stehen sehen." Wir beiden Priester waren am Sonntagabend beim Doktor. Er hatte aus Durban einen Arzt gerufen, besprach mit ihm die Operation und machte verschie dene Zeichnungen. Wir verstanden davon nur soviel, daß gesägt, gebrochen, abgebogen, eingeklemmt und gegipst werden sollte. Die Operation verlief sehr gut. Nach acht Tagen konnte der Bub schon etwas auf dem operierten Fuß stehen. Unter des Arztes persönlicher Pflege machte die Heilung gute Fortschritte. Am be- stimmten Sonntag wurde den Leuten verkündet: „Kommt heute wieder zum Doktor. Er wird euch seine Kunst zeigen. Der Bub kann jetzt auf seinem eingerichteten Fuß stehen und auch schon etwas gehen und wird nach einiger Zeit springen und laufen fast wie ein gesunder." Die Schwarzen kamen und sahen und riefen, die Hand vor dem^ Mund: „Awu!" Damit war das Mißtrauen gegen den weißen Doktor verschwunden, und Tag für Tag wurden nun Kranke herbeigebracht. Der Arzt galt unter den Schwarzen als ein „Inyanga" wie keiner ihrer Zauberdoktoren. Ein andermal brachte ein Heide seine Frau, die ihm bis dahin noch kein lebendes Kind geschenkt hatte, zum Doktoi und bat für sie um eine entsprechende Medizin. Der Doktor untersuchte die Frau und konnte dem Mann versichern, daß es seiner Kunst gelingen würde, ihn mit lebenden und gesunden Kindern zu beglücken; wenn es wieder so weit sei, solle er seine Frau bringen. Der Doktor gab dem Mann zu seinem Trost eine große Flasche Medizin für seine Frau mit, die nichts nützen und nichts schaden konnte. Beide verließen hochbeglückt den großen Inyanga und versprachen, wiederzukommen, wenn die große Zeit herangerückt sei. Und so geschah es denn auch. Im rechten Augenblick wurde ein operativer Eingriff gemacht, und der Mann bekam allsogleich ein gesundes und kräftiges Kind zu sehen; dies war eigentlich ganz gegen die Sitte der Schwarzen, bei denen der Vater das Kind erst nach einigen Tagen sehen darf. Der Mann war überglücklich und eilte schnell nach Hause, die Botschaft allen seinen Freunden und Feinden zu verkünden. Bald wußte es die ganze Siedlung der Schwarzen, und alle waren des Lobes voll über den weißen Doktor, und noch lange wurde der Fall von den Leuten besprochen. Das Ansehen des Missionsarztes stieg noch mehr, und nun brachte man auch von weither die Kranken zu ihm. Die christliche Wahrheit wird den Menschen niemals näher gebracht und eindringlicher gepredigt als im Gewände der barmherzigen Liebe zu den Armen und Leidenden. Diesem Zweck will die ärztliche Mission dienen. P. Chr. Becker SDS Südafrika - Vergangenheit und Gegenwart Südafrika, von der Größe Deutschlands, Frankreichs und Italiens zusam-mengenommen, verdient das besondere Interesse aller Missionsfreunde. Dieses Land ist reich an Naturschönheiten und an Bodenschätzen, aber auch reich an ungelösten Problemen und an Hemmnissen für die Arbeit unserer Glaubensboten. Da in diesem Land die unserer Kongregation anvertraute Missionsdiözese Lydenburg liegt, da ferner in Südafrika der Anteil der deutschsprachigen Missionskräfte unverhältnismäßig hoch ist, sei im folgenden unsern Lesern eine gedrängte Darstellung des Wesentlichen geboten, das über Südafrika zu sagen ist. Die meisten Schwierigkeiten, die sich der Missionsarbeit entgegenstellen, haben ihre Wurzeln im geschichtlichen Werden der Südafrikanischen Union. Geschichtliches Die Vorgeschichte der Südafrikanischen Union beginnt mit dem holländischen Schiffsarzt Jan van R i e b e e c k , der 1652 in der Tafelbucht landete und auf der Kaphalbinsel eine Erholungsstation für die Holländische Ostindiengesellschaft gründete. Hier konnten außerdem deren Schiffe Trinkwasser und frische Lebensmittel fassen. Langsam wuchs die kleine Kolonie. Eingewanderte Holländer begannen der mittelmeerähnlichen Küste entlang nach Osten weiter zu wandern und in den Tälern Bauerngüter anzulegen. Andere zogen ins Innere und wurden Viehzüchter. Alle diese Holländer gehörten der Reformierten Kirche an. Seit 1688 kamen aus Frankreich vertriebene Hugenotten, ebenfalls Protestanten, dazu, woran heute noch die vielen französischen Familiennamen in der Union erinnern. Diese Hugenotten wirkten in mehrfacher Hinsicht als Sauerteig im holländischen Kuchen. Auch brachten sie den Weinbau mit nach Südafrika. Schon früh führte man für die Bauerngüter Sklaven ein, zunächst Neger aus Westafrika, dann Malaien aus dem fernen Osten. Die Ureinwohner, die die Holländer antrafen, waren die Hottentotten und die Buschmänner. Die meisten Hottentotten, vom Norden her eingewanderte Hirten, fielen im 18. Jahrhundert einer Pockenepidemie zum Opfer. Jetzt gibt es nur noch wenige reinblütige Hottentotten. Zusammen mit den aus Malaya eingeführten Sklaven sind sie aber die Urahnen der heutigen „farbigen" Bevölkerung am Kap. Die Buschmänner wurden von den ins Landesinnere vordringenden Buren bis auf wenige Reste zusammengeschossen. Bald aber stießen die Holländer auf viel kräftigere Afrikaner: Stolze, kriegerische Bantustämme strömten von Norden her in die menschenleeren Gebiete, in die die Buren von der Küste her einzuwandern suchten. Zusammenstöße waren unvermeidlich. Man einigte sich schließlich auf eine Grenze, die aber nicht von Dauer war. So kam es 1779 zum ersten Kaffernkrieg. Fünf oder sechs weitere folgten. 1795 tauchten die ersten Engländer auf und nahmen den Holländern das Kap weg, und nach 1814 begannen Siedler aus England (ebenfalls Protestanten!) in Südafrika einzuwandern. Sie erweiterten ihre Macht vom Kap aus nach Natal am Indischen Ozean. Dadurch wurden die Buren immer mehr von der Küste verdrängt. Außerdem paßte es ihnen nicht, daß ihnen die Briten durch das Verbot der Sklaverei die billigen Arbeitskräfte Wegnahmen. So begann 1836 der berühmt gewordene Große Burentreck: Mehrere tausend Burenfamilien, Bauern und Viehzüchter, zogen’auf ihren Ochsenwagen nach Norden und ließen sich jenseits des Vaal-flusses nieder. Das alles ging nicht ohne schwere Kämpfe vor sich, vor allem mit den Zulus unter ihren Königen Tschaka und Dingaan, Aus dieser Zeit sowie aus dem späteren sog. Burenkrieg rührt der heute noch bestehende Gegensatz zwischen den Buren und den englischen Südafrikanern. 1852 gründeten die Buren die Republik Transvaal, zwei Jahre später die Schwesternrepüblik Oraniefreistaat. Die folgenden Jahrzehnte brachten immer neue Feindseligkeiten mit den in der Kapprovinz und in Natal sitzenden Briten, besonders als man 1867 am Oranjefluß Diamanten und 1886 am Witwaters-rand (kurz „Rand") bei Johannesburg in Transvaal Gold fand. 1877 annektierten die Engländer Transvaal für das britische Reich. 1880/81 erhoben sich die Transvaaler gegen die Fremdherrschaft, 1883 wurde „Oom Paul“ (Onkel Paul) Krüger Präsident der Burenrepublik Transvaal. Dieser unbeugsame, eigenwillige und hochgesinnte Mann regierte sein Land siebzehn Jahre lang. 1904 starb er in der Schweiz als Verbannter. 1899 brach der Burenkrieg aus, in dem das tapfere Burenvolk der englischen Übermacht erliegen mußte. Der junge Churchill, Kriegsberichterstatter für eine englische Zeitung, wurde durch seine verwegene Flucht aus burischer Gefangenschaft bekannt. In den Konzentrationslagern der Engländer kamen Tau- sende von Frauen und Kindern der Buren ums Leben. Die heutige Südafrikanische Union trat durch britischen Parlamentsbeschluß 1910 ins Leben. Sie setzt sich zusammen aus der Kapprovinz und Natal, den beiden Provinzen mit vorherrschend englischem Charakter, und den ehemaligen Burenrepubliken Transvaal und Oranjefreistaat. Die britisch gesinnte Partei der Weißen (die Eingeborenen hatten und haben nichts zu sagen) blieb bis 1948 an der Regierung. In diesem Jahr gelang es der burischen Nationalpartei unter M a -lan, die Parlamentsmehrheit zu erringen. Man sagte scherzend, Malan habe die letzte Schlacht des Burenkrieges gewonnen. Seitdem stellt die Partei der Buren die Regierung, gegenwärtig unter Ministerpräsident J. G. Strijdom (sprich straidom). Die Engländer, die 90 Prozent des im Land angelegten Kapitals in der Hand haben, wollen auf alle Fälle bleiben. Als ein englischer Südafrikaner aus Natal gefragt wurde, ob die Buren nicht mit der Zeit seinen Staat „aufsaugen" würden, schnaubte er los: Blick in eine Schulklasse in Belgisch-Kongo. (Das Bild ist einem Film entnommen). Die reichlichen Zuschüsse, die der belgische Staat bis vor kurzem gewährte, ermöglichten ein hochentwickeltes Missionsschulwesen. Zwei kleine Südafrikanerinnen aus dem sonnigen Natal. Auch schwarze Kinder können schön sein. „Schon mal gehört, daß eine Bulldogge von einer verdammten Katze aufgesaugt wurde?“ Die Bevölkerung des Landes Südafrika ist ein halbtrockenes, wenig fruchtbares Hochland mit durchschnittlich 1500 Metern Meereshöhe. Nur 15 Prozent des Bodens sind anbaufähig. An landwirtschaftlichen Produkten verdienen hervorgehoben zu werden: Mais, Zuckerrohr, Südfrüchte. Die Wollerzeu-gung stellt eine bedeutende Einnahmequelle dar. Wassermangel ist das große Hindernis für eine Intensivierung der Landwirtschaft. Der Hauptreichtum Südafrikas liegt tief unter dem Boden. Das Land ist der größte Goldproduzent der Welt. Als Nebenprodukt der Goldgewinnung fällt das so geschätzte Uran ab. In Transvaal stehen 45 Goldbergwerke, die bis zu 2700 Metern in die Tiefe gehen, in Betrieb. Für die schwarzen Arbeitskräfte aus dem eigenen Land, aus Basutoland, portugiesisch Ostafrika und Nyassaland, haben die Minengesellschaften riesige Barackenlager errichtet. Bekannt ist der Diamantenreichtum Südafrikas. 1905 wurde ein Diamant von der Größe einer Männerfaust gefunden. Die Union zählt 12 650 000 Einwohner. Davon sind rund 8 500 000 Afrikaner (Schwarze), 2 600 000 Europäer (Weiße), mehr als eine Million Farbige (Kap-Mischlinge), 360 000 Inder und 40 000 Kapmalaien. Die schwarze Bevölkerung stellt durchaus kein einheitliches Volk dar. sondern setzt sich aus vielen Stämmen zusammen, die sich in Sprache, Lebensweise und Charakter oft grundlegend unterscheiden. 3,5 Millionen leben noch in den ihnen reservierten Stammesgebieten, zumeist in drangvoller Enge. Diese Reservate umfassen nur 10 Prozent des Bodens der Union, 90 Prozent gehört den Weißen. Um leben zu können, gehen viele Männer in die Industrie. Eines dieser Reservate ist Zululand in Natal. Drei Millionen Schwarze wohnen und arbeiten auf den Farmen der Weißen, wo sie entweder Lohn bekommen oder ein Stück Land bebauen dürfen und dafür eine bestimmte Zeit des Jahres auf der Farm arbeiten müssen. Zwei Millionen leben in den Stadtrandsiedlungen für Eingeborene und in den Barackenlagern der Bergwerke und der Industrie. Etwa die Hälfte der Schwarzen sind noch Heiden, die andere Hälfte gehört christlichen Kirchen und Sekten der verschiedensten Richtung und Qualität an. Die weiße Bevölkerung setzt sich im wesentlichen zusammen aus 1 500 000 Buren (Afrikandern) und 1 100 000 englischen Südafrikanern. Die Buren sind ein harter, mehr bäuerlicher Menschenschlag. Sie gehören fast durchweg der Holländisch-Reformierten Kirche an. Der Einfluß dieser Kirche in Öffentlichkeit und Staat kann kaum überschätzt wer- den. Kein Bure kann es in der Politik zu etwas bringen, wenn er nicht tätiges Mitglied dieser Kirche ist. Alle Mitglieder des gegenwärtigen Kabinetts sowie 99 °/o der Abgeordneten der Burenpartei gehören diesem Bekenntnis an. Nach der Lehre der Reformierten sind die Schwarzen die Nachkommen Chams, der von seinem Vater Noe verflucht wurde, und haben die Folgen zu tragen. Mit dieser unmöglichen „Schriftauslegung" begründet man die Maßnahmen gegen die Eingeborenen. Die meisten Reformierten sind heftige Katholikengegner. Das wird besonders in der Einwanderungspolitik der Regierung sichtbar: Katholiken, vor allem katholische Missionare, sind unerwünscht. Die Kapmischlinge stammen von den eingeführten Malaien, den Hottentotten und englischen Matrosen ab. Sie sind nicht mit Bantublut vermischt und distanzieren sich von den Schwar- Der Afrikaner Was geht in den Köpfen der gebildeten Schwarzen vor? Wie denken sie über ihre Landsleute, über die Weißen, über das Christentum? Die Antwort auf diese Fragen kann uns nicht gleichgültig sein. Denn diese dünne Oberschicht wird gar bald den politischen und geistigen Weg bestimmen, den die afrikanischen Völker gehen werden. Um in Erfahrung zu bringen, von welchen Ideen die schwarze Intelligenz Südafrikas bewegt wird, machte Peter Sul-zer in den Jahren 1952/53 eine Studienreise durch Südafrika. Was er aus dem Munde von schwarzen Lehrern und Pfarrern, Dichtern und Schriftstellern, Professoren, Journalisten und Politikern gehört oder ihren Schriften entnommen hat, legte er in einem Buche nieder, aus dem wir nachstehend eine Blütenlese wiedergeben. Die gute, alte Zeit „Vorbei sind die Tage der vollen Milchtöpfe, als sich die Männer noch durch stille Würde und Zurückhaltung der Rede auszeichneten; als ihr Herz voller Güte, Liebe und Freimütigkeit zen. Am liebsten möchten sie zu den Weißen gerechnet werden. Sie sind stolze Menschen und gute Bürger, aber leider sehr dem Trunk ergeben. Die Kapmalaien gelten als Farbige, bilden aber eine eigene Volksgruppe und sind zum Teil noch rein-blütige Malaien. Sie sind Mohammedaner; ihre Frauen gehen leicht verschleiert. In ihrem Wohnviertel besitzen sie eigene Moscheen. Von den 360 000 Indern leben 300 000 in Natal. Die meisten sind Hindu und wie in Ostafrika fleißige Kaufleute und Händler. Politisch sind sie womöglich noch rechtloser als die Schwarzen. In Natal ist es einem Weißen bei Strafe verboten, einem Inder Getränke vorzusetzen, auch wenn dieser sein Gast ist. In Südafrika lebte jahrelang der große Inder Mahatma Gandhi wie auch sein Sohn Manilal. (Schluß folgt) hat das Wort war. Vorbei sind jene glücklichen Zeiten der Fülle, die Zeiten, da sich selbst die Hunde in Sattheit, Fett und Milch wälzten." „Seltsam, das einfache Volk war vollkommen zufrieden, ohne Geld, ohne silberne Uhren, und die Frauen des Stammes nahmen die Last des Daseins auf sich und verrichteten ihre Arbeit mit ebenso großer Genugtuung und ebenso großem Stolz wie ein englischer Kapellmeister, der ein Orchester zu dirigieren hat." Wir Afrikaner „Wie oft hört man Leute behaupten, der Afrikaner sei glücklich, weil er lächelt! Sie wissen nicht, daß hinter diesem Lächeln, dieser äußeren Gefaßtheit eine rebellische Seele, ein ruheloser Geist, ein blutendes Herz, grimmige Entschlossenheit, ungeheurer Ehrgeiz und Lebenswille verborgen liegen." Ein Lehrer auf die Frage, was die gebildeten Afrikaner wollen: „Wir wollen Land, Stimmrecht, Geld und Waffen." „Einige der Unsrigen schlagen mit der Faust auf den Tisch, werfen der Menge Schlagworte zu, um sie zu ködern, und jagen ihr panischen Schrecken ein. Aber sie sind unfähig, verwirrte Köpfe stillschweigend und mit Anstand in Ordnung zu bringen." „Zürich besitzt einen der schönsten Flughäfen, die ich je gesehen habe. Aus seiner prächtigen Universität ging Albert Einstein hervor, der berühmte Physiker, dessen Relativitätstheorie ich las, als wir über Afrika und Europa flogen." Ihr Weißen „Es gibt in Südafrika und darüber hinaus in manchen Teilen der Welt Leute, die immer noch glauben, gewisse Rassen seien vom Allmächtigen dazu erschaffen, Herrscher und Herren zu sein, während andere für alle Zeiten Holzhauer und Wasserträger bleiben sollen." „Die Weißen behaupten, der Teufel sei schwarz. Wenn wir Schwarzen einen Gott annehmen, so soll es ein schwarzer Gott sein, und wenn wir den Teufel malen, so malen wir ihn weiß, denn die Weißen sind Teufel." „Sie behandeln uns nicht wie Menschen, sondern wie Tiere. Sie halten uns für unfähig, eine eigene Meinung zu besitzen. Sie sehen nicht ein, daß dem Menschen als Geschöpf Gottes auf der ganzen Erde dieselbe Achtung zukommt." „Eine große Furcht wohnt in meinem Herzen: daß die Europäer an dem Tag, da sie uns zu lieben beginnen, entdecken werden, daß wir uns zum Haß entschlossen haben." „Für die gebildeten Afrikaner ist der Weiße nichts weiter als ein Mensch. Der einfache Eingeborene im Stamm aber sieht in ihm immer noch ein Wesen anderer Art. Einst fühlte ich eine wahre Lust in mir, mit jenen Weißen, die mich ungerecht behandelten, eine körperliche Kraftprobe auszutragen. Später aber sah ich ein, daß auch sie nur irrende, schwache Menschen sind." „Die Afrikaner sollten dem Europäer, der vom Wege abirrt, nicht folgen. Wir wissen, daß uns die Abendländer unsere Religion gebracht haben. Doch wenn sie von dieser Religion abweichen und sich in einer Weise aufführen, die uns nicht genehm ist, so wollen wir nicht Dieser katholische Afrikaner wurde in einem Missionskonvent Natals erzogen. Gegenwärtig ist er Verwalter des Häuptlingsladens. unsere religiösen Grundsätze verwerfen. Laßt uns vielmehr daran festhalten, so wird der Europäer zu uns zurückkehren." Ja zum Christentum „Christi Königreich auf Erden kann nicht kommen, ehe nicht die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Ungleichheiten, die die gegenwärtige Welt kennzeichnen, samt ihren Begleiterscheinungen wie Armut, Schmutz und Elend, verschwunden sind." König Moshoeshoe: „Laßt uns tun, was die Henne tut. Laßt uns diese christlichen Wahrheiten in unserem Herzen bergen, wie die Henne die Eier unter ihrem Gefieder birgt. Laßt uns darüber brüten, so wird etwas Neues aus ihnen hervorgehen." „Wenn Christus ein weißer Mann wäre und heute durch die Straßen von Stellenbosch (dem geistigen Zentrum der Befürworter der Rassentrennung) ginge, so hätte ich als Eingeborener nicht die Kühnheit, mich zu ihm zu gesellen. Und ihr (Weißen), würdet ihr euch diese Freiheit nehmen, wenn er ein schwarzer Mann wäre?“ „Verwirf Christus, weil du zufällig Angehöriger einer bedrückten Klasse oder einer unterdrückten Rasse bist, und du verwirfst den Schlüssel zu deinem Aufstieg und zu deiner Anerkennung. Wir mögen viele Dinge des Westens von uns weisen, aber wir sollten niemals Christus von uns weisen.“ Ein eingeborener Pfarrer: „Halte ich mich der Kampfbewegung gegen die Rassengesetze fern, so verleugnen mich die Jungen und die Kirche bleibt leer. Mache ich aber mit, so muß ich meine Verhaftung gewärtigen." Lob der Missionare „Es war ganz offensichtlich: Die Missionare wurden von den Betschuana-und Basutohäuptlingen, wenn nicht gar von sämtlichen Bantuhäuptlingen in erster Linie um der weltlichen Vorteile willen geschätzt, die ihre Gegenwart mit sich brachte. Der weiße Missionar war gleichzeitig des Häuptlings wichtigster Berater, Übersetzer, Sekretär, Gesundheitsminister, Mechaniker und manches andere dazu. Alle diese Dienste und materiellen Vorteile waren wohl notwendig, ja wesentlich; aber im Hinblick auf die eigentliche Aufgabe des Missionars, die geistige Erneuerung, waren sie zweitrangig." „Der Missionar ist der ruhige, geduldige, unaufdringliche Hauptförderer des afrikanischen Fortschritts, der Vorläufer der afrikanischen Zivilisation. Während Händler, Farmer, Verwaltungsbeamter, Wissenschaftler und Soldat, ein jeder auf seine Art, ihren Teil dazu beigetragen haben, war doch der Missionar der Pionier, der Bildner und Zivilisator. Man kann, ohne zu übertreiben, sagen, daß jeder einzelne Südafrikaner, der sich der Zivilisation, Religion und Bildung rühmt — besitze er einen akademischen Grad oder auch nur die Fähigkeit, mit Mühe seinen Namen zu kritzeln —, diese Dinge unmittelbar oder mittelbar dem christlichen Missionar verdankt. Kurz, der Missionar ist die Quelle der Bildung, der Hoffnung, des Glückes jedes Afrikaners ebenso wie das Fundament eines jeden afrikanischen Heimes, jetzt und in Zukunft.“ „Die Missionare sind die einzigen Leute, deretwegen der weiße Mann ge achtet wurde." „Die Missionare sind eine Gattung Europäer, so freigebig, daß mir die Worte fehlen, sie zu beschreiben." „Es wurde unter uns ein anerkannter Brauch, niemals einen Missionar anzagreifen." Du bist nicht tot, Mutter Die Augen verschlossen dem Licht der Welt, nicht dringet ans Ohr des Alltags Lärm. Stumm ist der Mund, die Hände sind kalt, o Mutter mein, Zierde vom Thembu-Klan . . . Verwandelst Dunkel und Trübsal in Licht. Das Heim wird zur Öde, wo du nicht bist . . . O Quell der Quellen, o lächelnder Trotz! Was ist doch dies Leben? -— ein Augenblick, ein Meteor, der den Himmel durchkreuzt und eilends verschwindet im zeitlosen Raum. Weh mir, ich schau einen mächtigen Strom, einen Strom von Tränen aus aller Welt: Er Hießt durch das Tal der Zeit, er wird genährt aus jedem Heim, wo Liebe klagt: Sie ist nicht mehr. — O Mutter mein, Zierde vom Thembu-Klan . .. Sag an, ist's möglich, ist Tod unser End', das dunkle Geschick, das uns alle ereilt? O du, Ollenbarer, Allwissender du, gib Licht, wir schreien nach deinem Rat! Könnt ich vergessen die Stimme so treu, lebendige Güte, Gedanken so rein? Die Ketten der Liebe, sie lessein das Herz, und zärtlich ilüsternd raunen sie zu: ,Du bist nicht tot, du lebst, Mutter du.' Freu dich, denn sie, die wir lieben, ist wach. Lebt mein Erlöser, so lebet sie auch. Mutter mein, Zierde vom Thembu-Klan . . . James Jolobe, Negerdichter, Sudai rika Südafrikanische Notizen Von P. Willi Kühner, Witbank (Fortsetzung) Ritualmorde Der Aberglaube treibt die Schwarzen zu schrecklichen Dingen. Am schlimmsten sind die sogenannten Ritualmorde, d. h. es werden Menschen umgebracht, um Teile ihres Körpers zu Medizinen der Zauberdoktoren zu verwenden. Während einer Hochzeitsfeier wurde das Opfer an einen einsamen Ort gelockt und überwältigt. Auf sein Gesicht und seinen Oberkörper legte man Steine, die in einem Feuer heiß gemacht worden waren, und nun vollbrachten die Unholde ihr grausiges Werk. Dann warf man das Opfer in eine Schlucht, wo es nach vier Tagen von einem Hütbuben noch lebend angetroffen wurde. Am nächsten Tag kam ein Schwarzer, der dann im Prozeß mitangeklagt war, mit einem Stock und einer Reitpeitsche zur Schlucht. Als der Hütbub wieder zurück-kam, fand er nur noch einen Toten vor. Die meisten Ritualmorde kommen im Basutoland vor. 1948 konnte die Polizei 20 solcher Verbrechen feststellen. Hinter viele kommt der Weiße überhaupt nicht, obwohl die Schwarzen von ihnen Kenntnis haben: Aus Angst vor Vergeltung unterlassen sie es, Anzeige zu erstatten. Der Zweck dieser Morde ist folgender: Durch die „Medizinen" sollen die Felder fruchtbar gemacht werden; die Häuptlinge erhoffen sich mehr Macht, Ehre, Glück und Reichtum. Krankheiten und böse Geister sollen durch sie vertrieben werden. Das Volk seufzt schwer unter seinen Zauberern. Befreiung kann nur von außen kommen; aber nicht durch Todesurteile allein, nein, der dunkle, unheimliche Wahnglaube muß durch die lichte Frohbotschaft des Christentums überwunden werden. Wer da glaubt, daß die Neger in ihrem Heidentum eigentlich ganz glücklich seien, der möge einmal diesen Greueltaten und dieser dumpfen Angst nachgehen. Vielleicht wird er dann seine Ansicht ändern. Einiges fiel auf gutes Erdreich Daß das Christentum die Neger umzuwandeln vermag und schöne Erfolge erzielt, wird jeder, der die Verhältnisse kennt, zugeben. Nur ein kleines Beispiel. Da lebt in unserer Nähe ein altes Männlein mit Namen Moses. Moses ist Koch bei einer weißen Familie und bekommt monatlich fünf oder, wenn's hoch (Fortsetzung Seite 36) Mr. Apithy, seit 1946 Abgeordneter in der französischen Nationalversammlung. Er vertritt die Kolonie Dahomey, Franz. Westafrika. — Hier macht er Erzbischof Sigismondi, dem Sekretär der römischen Propagandakongregation, seine Aufwartung. Vom Hl. Vater wurde er in Sonderaudienz empfangen. TeuetMutcelu*tty in, Hated P. Karl Fischer, der seit Jahren in Natal wirkt, wollte wieder einmal seine Mitbrüder in der Lydenbur-ger Diözese besuchen. P. Willi Kühner übernahm die Vertretung und fuhr mit seinem alten Puch-Motorrad die 2000 Kilometer hin und zurück. Aus seiner photographischen Ausbeute bringen wir einige Bilder. Bild 1: An einem Sonntag fand eine feierliche Hochzeit statt. Das Paar wurde mit dem Tag des Herrn ausgezeichnet, weil sich die Braut, eine Lehrerin, vor der Ehe gut gehalten hatte. Bild 2: Die Katholiken sind dort sehr fromm. Alle grüßten mich auf dem Weg mit „Gelobt sei Jesus Christus“. Die Kinder, so auch diese drei, knieten nieder und baten um den priesterlichen Segen. Bild 3: Die Religion verfeinert die Menschen. Strahlendes Glück lacht aus den Augen dieser Zulufrau. Sie ist Mitglied im Verein der hl. Anna. Das Heidentum bringt es nur zu einem schmerzlichen Lächeln und zu primitiven Bierfreuden, wie die Zulufrau (Bild 4) zeigt. Ihr Haar ist mit Kuhmist und roter Erde frisiert. Doch ist auch sie schon unter die Katechu-menen aufgenommen. Bild 5: Ich besuchte das Mariann-hiller Kloster St. Josef für eingeborene Brüder. Bischof Streit von Mariannhill weilte gerade zu Besuch im Kloster. Bild 6: In der Nähe haben auch die schwarzen Schwestern ein Klösterlein. Die Schwester in der Mitte ist eine langjährige, erfahrene Lehrerin. Der Priester daneben ist Oberer von St. Josef und Pfarrer. Bild 7: P. Romuald nahm mich nach Durban mit. Am Hafen lag das deutsche Schiff Usambara. Zwei alte Leutchen, Bekannte von White Waters, standen' an Deck. Sie fuhren Richtung Heimat. Typisch für Durban sind die Rikscha-Fahrer, kräftige Zulus, die auf zweirädrigen Karren die Fremden durch die Großstadt ziehen. Sie sind phantastisch aufgeputzt. Die Hörner, Sinnbild der Kraft, dürfen auf keinen Fall fehlen. Der Mann auf dem Bild war 1953, wie auf seinem Brustschild zu lesen ist, Sieger in einem Wettlauf. Natürlich badete ich auch in den Fluten des Indischen Ozeans. Nach meinen ersten Schwimmversuchen las ich anderntags in der Zeitung, daß dort, wo ich in die salzige Flut gestiegen war, ein Haifisch von ungewöhnlicher Größe gefangen worden sei — und zitterte nachträglich! Zurückgeschossen. Eine Missionsschwester fragte ihre kleinen Negerlein: „Warum habt ihr Schwarzen so stumpfe Nasen?“ Sie wußten es nicht. „Weil ihr sie auf dem Rücken der Mutter platt geschlagen habt.“ Sie schwiegen betreten. Dann fragten sie die Schwester: „Warum habt ihr Weißen so lange Nasen?“ Sie wußte es nicht. „Weil ihr euch schneuzt und dabei an der Nase zieht!“ kommt, gar sechs Pfund (1 Pfund = 11,70 DM). Als unsere Kathedrale in Witbank gebaut wurde, spendete unser „armer Kaffer" 10 Pfund. Dann hob er alle seine Ersparnisse von der Kasse ab und gab sie dem damaligen Stadtpfarrer und jetzigen Bischof, Msgr. Anton Reiterer. Das waren 60 Pfund. Und dabei blieb es nicht. Immer wieder brachte er kleinere Beträge und tut es noch. Wenn man weiß, welche Materialisten die Schwarzen sind, dann wird man diese Hochherzigkeit als halbes Wunder betrachten. Bischof Reiterer wollte das Geld eigentlich nicht annehmen, aber das hätte den guten Alten beleidigt; er hätte wohl gedacht, ein Schwarzer sei zu schlecht, um zum Bau einer Kirche beitragen zu dürfen. Der Bischof hat ihm angeboten, das Geld jederzeit zurückzugeben, falls Moses es nötig hätte. Dieser gute Mann kommt regelmäßig zum Gottesdienst und zum sonntäglichen Abendrosenkranz und Segen und zeigt immer sein gleiches, freundliches Lächeln. Gott segne ihn! Unser Hausboy Willie Heute Abend hatten wir, d. h. die Schwester, unser Boy Willie und ich, eine kleine Diskussion über das Essen. Willie behauptete; Abelungu bayadla Kakhulu, die Weißen essen zuviel. Ich versuchte, ihm klar zu machen, daß die Schwarzen mehr essen, auch wenn sie nur dreimal des Tages etwas zu sich nehmen. Aber dann tun sie es gründlich. Da werden Berge abgetragen und Täler ausgefüllt. Willie war nicht zu überzeu- gen. So sagte ich denn, er werde morgen zur Probe das gleiche Essen wie ich bekommen, also zum Frühstück eine Tasse Kaffee und etwas Brot, aber keinen Brei. Da wehrte sich aber unser Schwarzer: Nein, er würde dabei schwach werden und hätte keine Kraft mehr zum Essen./-Und der Tee um 10 Uhr sei nur Wasser usw. Trotzdem wird Willie bei der Überzeugung bleiben, daß die Weißen mehr essen als die Schwarzen, weil er immer so viele Teller, Schüsseln und Tassen auf dem Tisch stehen sieht; bei ihm besteht das ganze Eßgeschirr in einem großen Teller und einem Löffel. Das ist schnell abgespült, während er für unser Geschirr viel Zeit braucht, auch wenn die Schwester und ich ihm dabei helfen. Auch glaubt er, daß alles, was auf unsern Tisch kommt, auch gegessen wird, wie es bei den Schwarzen Sitte ist. Daß er und das Küchenmädchen noch davon ihren Teil bekommen, will er nicht zugeben. Willie gebrauchte heute im Gespräch ein feines Wortspiel: „Abelungu abaka-lungi — Die Weißen sind noch nicht in Ordnung." Der Zuluname für Weiße oder Europäer, Abelungu, hat Ähnlichkeit mit dem Wort Ukulunga = in Ordnung sein. Als ich entgegnete: „Aber bei den Schwarzen ist alles in Ordnung?", schwieg Willie. Das wagte er nicht zu behaupten. Doch wird kein Weißer die Richtigkeit seines klangvollen Wortspiels bestreiten. (Fortsetzung folgt) John Gunther, Afrika von innen. Ein dunkler Kontinent wird hell. 880 Seiten. 1957. Humanitas-Verlag Konstanz .und Stuttgart. Das Buch informiert ebenso gründlich über fast alle Länder Afrikas wie es unterhaltsam, ja spannend zu lesen ist. Der Verfasser hat, wie er im Vorwort mitteilt, den großen Kontinent allein und mit seiner Frau in mehreren Reisen eingehend erforscht, „von vom bis hinten, von oben bis unten. Wir sprachen mit Zwergen und Riesen, Königen und Sklaven. Wir sprachen mit weißen Siedlern, schwarzen Aufrührern, Ministerpräsidenten, Nationalisten und Zauberdoktoren". Das Buch bietet mehr als bloße Reiseberichte. „Weil Afrika so wenig und so ungenau bekannt ist, habe ich viel Geschichtliches — und auch viel unmittelbare Beobachtung — hineingebracht. Ich habe versucht, mindestens Streiflichter auf jedes größere Problem zu werfen — auf die menschlichen, die sozialen, die religiösen, rassischen, wirtschaftlichen, politischen Fragen." Der Verfasser sucht der Arbeit der Missionare gerecht zu werden. Afrika liegt vor der Tür unseres europäischen Hauses. Afrika ist das wichtigste Missionsfeld der Kirche. Wir sollten mehr über Afrika wissen. Noviziat: Schule des Ordenslebens Von P. Anton Baumgart, Novizenmeister „Nein, das ist kein Pater, das ist bloß ein Pfarrer!" widerspricht ein lOjähriger Bub seinem gleichaltrigen Kameraden, als er mich außer Hörweite glaubt. Es war damals, als ich erst einen Monat zuvor Primiz gefeiert hatte. „Aber die großen Leute sagen doch .Pater' zu ihm", wendet der andere ein. „Aber siehst du denn nicht, daß er keinen Bart hat, und was er anhat, sieht aus wie bei unserem Pfarrer." Wie diese Unterhaltung dann weiterging, konnte ich wegen zunehmender Entfernung und dem Gerumpel eines vorbeifahrenden Fuhrwerks nicht mehr feststellen. Heutzutage ist ja der Unterschied zwischen einem Weltgeistlichen und einem Ordensgeistlichen nicht mehr so auffallend wie früher. Es wäre aber verkehrt, daraus den Schluß zu ziehen, es bestünde kein wesentlicher Unterschied mehr zwischen einem „Pater" und einem „Pfarrer". Das Wesentliche des Ordenslebens besteht im gemeinsamen Leben und in der Beobachtung der drei Ordensgelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams. Dazu kommt für die einzelnen Orden und Kongregationen meist noch eine besondere Aufgabe, die erst die Mannigfaltigkeit des katholischen Ordenswesens begründet: entweder weitgehende Zurückgezogenheit in einem beschaulichen Leben mit gemeinsamem Chorgebet, oder Wirken nach außen, etwa als Volksmissionare im Inland oder Heidenmissionare in Übersee. Dagegen besteht die Aufgabe des Weltpriesters in der heimatlichen Seelsorge unter Leitung seines Bischofs. Mit Recht sagt man: „Die Kutte macht noch nicht den Mönch." Die Verhältnisse, unter denen die Ordensleute heute oft leben und wirken, legen es vielfach nahe, daß sie nicht mehr ihre besondere Ordenstracht tragen, sondern nur eine Kleidung, die sie deutlich als Angehörige des geistlichen Standes erkennen läßt. Nicht das Äußere, sondern das Innere ist die Hauptsache. Um die innere Formung zum Ordensmann zu erlangen, hat die Kirche vorgeschrieben, daß alle, die die drei Gelübde ablegen wollen, einen besonderen, intensiven Schulungskurs durchmachen müssen, Noviziat genannt. Von dieser Einrichtung dringt nur wenig an die Öffentlichkeit. Gehört es doch wesentlich zum Charakter des Noviziates, daß die jungen Menschen, die hier ihre Einführung ins Ordensleben erhalten, vor dem Lärm und den Lockungen der Welt geschützt sind. Nur in der äußeren und inneren Stille kann sich die seelische Umwandlung vollziehen. Wenn ich unsere Leser nun trotzdem einen Blick in diese abgeschlossene Welt tun lasse, dann fürchte ich nicht, Geheimnisse zu verraten, die besser gewahrt blieben, sondern ich glaube, daß die Freunde unseres Missionswerkes ein Recht darauf haben, über unser Noviziat hier in Bamberg Näheres zu erfahren. Vielleicht schöpfen sie daraus auch Gewinn für ihr eigenes religiöses Leben. An der Klosterpforte „Ist das mein Weg?" fragt sich, vielleicht zaghaft und beklommen, der Abiturient, wenn er an der Pforte des Noviziatshauses ankommt. Mit Todesverachtung drückt er den Klingelknopf, und nichts verrät seine innere Unsicherheit. Und doch stürmen tausend Fragen auf ihn ein. Werde ich es hinter Klostermauern aushalten können, wenigstens so lange, bis ich zur Missionsarbeit in die weite Welt geschickt werde? Wird es mir gelingen, die unsichtbaren Klostermauern um mein Herz zu errichten, so daß ich einmal die sichtbaren entbehren kann, wenn mich die Stürme des Lebens umtoben? Der junge Mann soll sich in der Zeit des Noviziates klar werden, ob er für diese neuartige Welt bestimmt ist. Ob er sich durch 'die drei Ordensgelübde freiwillig zur engeren Nachfolge Christi entschließen will. Oder ob seine Veranlagung und sein inneres Sehnen ihn nicht doch bestimmen für ein Leben in der Welt mit ihren Freiheiten, die, wenn recht gebraucht, ihn nicht von Gott abwenden und das Heil seiner Seele nicht gefährden. Neben dieser Selbstprüfung wird der „Neuling" (das bedeutet das Wort Novize) auch von seinen Vorgesetzten auf seine Berufung zum Ordensleben geprüft. Sie tragen damit eine große Verantwortung. Umdenken Im Noviziat muß der junge Mann eine gründliche Wandlung vom Weltkind zum Ordensmann durchmachen. Diese innere Wandlung besteht zunächst einmal in einem Umdenken, Umlernen, in der Erneuerung seiner Gedankenwelt. Fast 20 Jahre lang hat der. angehende Ordensmann mit seinen fünf Sinnen die verschiedenartigsten Eindrücke in sich aufgenommen und eine Menge Wissensstoff in sich angehäuft. Zugleich hat sich in diesen Jahren auf dem Grund seiner Seele ein buntes Gewirr der vielfältigsten Neigungen und Strebungen gebildet. Aber nun fragt es sich: Ist das alles auch auf Gott als das letzte Ziel ausgerichtet worden? Wohl mag sich eine christliche Mutter bemüht haben, schon von den ersten Jahren an den Geist ihres Kindes auf Gott hinzulenken. Aber wahrscheinlich hat sie das nicht so gründlich und beharrlich getan, daß auch in den folgenden Jahren alles Geschehen und Erleben wie selbstverständlich auf Gott bezogen worden wäre. Und dann kamen die Jahre der Volksschule. Immer mehr Sinneseindrücke strömten auf den Geist des Kindes ein und füllten sein Unterbewußtsein mit unzähligen Vorstellungen, Begriffen, Ansichten, Neigungen — das meiste ohne lebendige Beziehung zu Gott, schon weil der Religionsunterricht nur eines von vielen Schulfächern war. Noch schwächer ist das Studium am Gymnasium religiös fundiert. Leicht verweltlicht das Denken des Schülers in einem Ausmaß, daß ihm sogar die Lust am Beten vergeht. Vielleicht kommt er gar nicht auf den Gedanken, allen eingepaukten Wissensstoff in Beziehung zu Gott zu bringen und in die Wertewolt seines Glaubens einzuordnen. Dazu pflegen gerade in diesen Lebensjahren seelische Erschütterungen, bedingt durch die Entwicklungsjahre, an dem vom’Elternhaus gelegten Glaubensfundament zu rütteln, was manche Mutter während der Ferien ihres Sohnes mit Besorgnis feststellen muß. Dem Noviziat obliegt nun die Aufgabe, die geistige Welt des jungen Ordensmannes in lebendige Beziehung zu Gott zu bringen. Das erfordert von den Vorgesetzten ein großes Maß von Verständnis, Takt und Geduld. Es geht darum, die Bewußtseinsinhalte, die bis auf den untersten Seelengrund hinabge sunken sind, gleichsam wieder heraufzuholen, sie gottbezogeh abzustempeln und so zu „vergöttlichen". Das kann freilich mit den modernen Methoden der Tiefenpsychologie und Psychotherapeu-tik allein nicht erreicht werden. Das ist letztlich das Werk der Gnade des Allerhöchsten, in Verbindung mit der Bereitwilligkeit des jungen Menschen. Und weil jede Gnade erbeten sein will, hat das Gebet einen ganz hervorragenden Platz in den Übungen des Noviziates. Umformen Mit dem Umdenken erschöpft sich die Aufgabe der Lehrlingsschule des Ordens keineswegs, wie ja überhaupt nirgends im Leben das Denken allein genügt. Notwendig muß mit dem Umdenken ein Umformen des Willens und Charakters, des ganzen inneren und äußeren Menschen Hand in Hand gehen. Die Sinne müssen in Zucht genommen und unter Kontrolle gebracht werden. Das lockere, seichte, leichte, gehaltlose Sprechen wird zunächst einem besinnlichen Stillschweigen und dann mehr und mehr einem beherrschten und guten Gebrauch der Zunge Platz machen. Die Augen müssen lernen, tiefer und mehr zu sehen als nur die Oberfläche der Dinge und dürfen nicht leichtfertig spazieren gehen. Auch die Ohren werden sich mehr und mehr öffnen müssen für die Sprache Gottes im Vielerlei der Schöpfung, vor allem aber in den heiligen Büchern und den Lebensbeschreibungen der Heiligen. Das Studium weltlicher Fächer ist weit- Bevor unsere Missionsschüler ins Noviziat einziehen, durchlaufen sie eins unserer fünf Juvenate (Ellwangen, Bad Mergentheim, Neumarkt, Unterpremstätten, Milland), wo sie in angestrengter Arbeit den Grund fürs spätere Hochschulstudium in Bamberg, Brixen oder Rom legen. — Im Missionsseminar in Neumarkt nimmt sich P. Präfekt J. Neher der vorläufig noch kleinen Schar an. gehend eingeschränkt. Dafür liegt nun der Hauptton auf betrachtendem Beten und innerer Sammlung. Dabei wird aber der Leib nicht vernachlässigt. Ist er doch das von Gott bestellte Werkzeug der Seele und ihr Weggenosse zur ewigen Seligkeit und soll einmal Teilhaber der Verherrlichung sein. Darum darf er kein Hindernis sein, weder durch Üppigkeit des Fleisches noch durch unvernünftiges Schwächen seiner Fähigkeiten. Umzuformen hat der Novize namentlich seine Haltung gegenüber den Mitmenschen. Wenn der spätere Missionar seiner Aufgabe gerecht werden Will, dann muß sein Benehmen gegenüber allen Menschen ohne Unterschied ge- tragen sein von überzeugter Ehrfurcht und opferwilliger Liebe. Er muß lernen, im Mitmenschen nicht nur die äußere Erscheinung zu sehen, sondern das Ebenbild Gottes. Im engen Kreis der Mitbrüder erprobt der Ordenskandidat die Fähigkeit, mit ganz anders gearteten Menschen auszukommen. Liebenswürdige, gewinnende Umgangsformen müssen an die Stelle bisherigen Geltungsstrebens und aufdringlicher Wichtigtuerei treten ... Diese Umformung der äußeren Haltung erfordert wie das Umdenken vom Novizen geduldige Kleinarbeit an sich selbst und ebenso eifriges Gebet um den Beistand dessen, ohne den wir nichts tun können. Neben der geistigen geht die körperliche Ertüchtigung einher. Was nützte dem Missionar all sein Wissen, wenn er mit einem schwächlichen Körper belastet wäre? (P. Stang hat das in seiner kräftigen Sprache so formuliert: Besser ein gesunder Esel als ein kranker Gaul). — Diese Fußballmannschaft gehört unserem blühenden Juvenat in Milland an; P. Josef Lang ist ihr Präfekt. Umprägen Diesem Umdenken und Umformen gilt es nun Dauer zu verleihen durch eine dritte Wandlung, das Umprägen. Wenn das Noviziat vorüber ist und das eigentliche Ordensleben beginnt, soll das neugewonnene Denken und Wollen nicht wie ein schöner Traum dahinschwinden und dem alten Adam wieder Platz machen. Wie der harte Prägestempel dem Bild und der Schrift einer Münze Dauer verleiht, so muß auch der entschlossene Wille und die tägliche Übung das einmal Erworbene dem Charakter unauslöschlich einprägen. Ein kurzes Strohfeuer, ein bloßes Schwelgen in frommen Gedanken und Gefühlen während der schönen Zeit des Noviziates könnte wenig nützen. Der Novize muß dem klugen Manne gleichen, von dem Jesus sagt, daß er sein Haus auf Felsengrund, nicht auf Sand baute. Dann können die Stürme des späteren Ordens- und Missionslebens, die wohl nicht ausbleiben werden, dem im Noviziat errichteten Gebäude nichts anhaben. Umprägen des inneren Menschen bedeutet dann auch, daß die frühere, rein irdische Bewertung der Dinge außer Kurs gesetzt werden muß. Der Standpunkt des rein natürlichen Menschen muß aufgegeben werden. Es dürfen im Leben des Ordensmannes nur noch die Maßstäbe Geltung haben, die dem Glauben und dem Vorbild der Heiligen, kurz, der Ubernatur, entnommen sind. Dann wird er alle Dinge, auch seinen eigenen Beruf, von höherer Warte aus betrachten. Und wie wird dieses Umprägen erreicht? Vor allem durch ständiges sich Versenken in die Welt der Übernatur und durch beharrliches Gebet; für beides sieht der Stundenplan reichlich Zeit vor. An der Willigkeit und Entschiedenheit, womit der Novize seine geistlichen Übungen verrichtet, wird er untrüglich erkennen, wie weit es ihm ernst ist mit seiner Aufgabe: den Wandel in seinem Denken, Wollen und Tun zu vollziehen. Und der Erfolg? Diese Frage liegt Dir, lieber Leser, vielleicht schon lange auf der Zunge. Haben die Bemühungen des Novizen und seiner Vorgesetzten tatsächlich die angeführten Wirkungen? Nun zunächst eine Gegenfrage, die uns Christen alle angeht: Wie weit bringt unser christlicher Glaube, zu dem wir berufen wurden, Früchte hervor? Gegenüber den Menschen außerhalb der Kirche stellt die Zugehörigkeit zur Kirche eine ähnliche Berufung dar wie auf höherer Ebene die Zugehörigkeit zu einem Orden gegenüber der Gesamtheit der Kirche. So richten Nichtkatholiken an die Katholiken die gleiche Frage, wie sie von den Gläubigen an die Ordensleute gerichtet wird: „Welche Früchte bringt euer christlicher Glaube bzw. euere Berufung zum Ordensstand hervor?" Zwar entzieht sich das Innere der Menschen zum großen Teil unserer Beurteilung, denn „das Reich Gottes ist in euch" (Lk. 17,21), aber der innere Gehalt wird doch nach außen sichtbar. Wenn man sich bemüht, die Gebote des Christentums bzw. die Ordensregeln gewissenhaft zu befolgen, bleibt die Wirkung im äußeren Leben nicht aus. Wie wir nun, ohne freventlich zu urteilen, beim gewöhnlichen Christen viel Mittelmäßigkeit feststellen müssen, so zeigt sich auch bei der Umschulung des Christen zum Ordensmann, daß für gewöhnlich nur ein Mittelmaß erreicht wird, nicht aber das Ideal. Den meisten Ordenskandidaten schlägt eben keine Damaskusstunde wie dem hl. Paulus, die eine völlige Umkehr bewirkte. Doch dürfen wir die Gewißheit haben, daß Gott auch mit weniger vollkommenen Werkzeugen seiner Sache zum Siege verhelfen kann. Diese Zeilen möchten die Leser ein-laden, durch ihr Gebet mitzuhelfen, daß die Zeit des Noviziates für unsere Ordenskandidaten eine tiefgreifende innere Umformung mit sich bringt. Hängt davon doch zum großen Teil die gedeihliche Weiterentwicklung unserer Kongregation und der Erfolg der Missionsarbeit ab. Die römische Missionsbehörde gibt in fünf Sprachen den Fides-Nachrichten- und den Fides-Bilderdienst heraus. Hier erteilt ein eingeborener Priester aus Belgisch-Kongo, der in Löwen, Belgien, Sozialwissenschaft und Journalistik studiert hat, dem französischen Fides-Redakteur Auskunft. Missionsrundschaii Weltpriester im Missionseinsatz Papst Pius XI. sagte in seiner Enzyklika „Rerum Ecclesiae": „Nicht nur Petrus, dessen Sitz Wir innehaben, sondern gleichzeitig allen Aposteln, deren Nachfolger Ihr (Bischöfe) seid, hat der Herr den Auftrag gegeben, in alle Welt zu gehen und das Evangelium jeglicher Kreatur zu predigen. Folglich müßt Ihr in dem Maße, wie .es Euere auf einen Teil der Kirche gerichtete Sendung zuläßt, an Unserer Verantwortung für die Ausbreitung des Glaubens bei allen Völkern teilnehmen. Gestattet mir also, daß ich in dieser Angelegenheit dringende und väterliche Bitten an Euch richte, denn erschrecklich groß ist die Pflicht der Rechenschaft, die wir Gott einst ablegen müssen." Im Bewußtsein seiner Mitverantwortung für die Ausbreitung des Glaubens besuchte Bischof Keller von Münster die Missionsgebiete Ost- und Südafrikas. Julius Angerhausen, Nationalkaplan der Christlichen Arbeiterjugend, der den Bischof begleitete, schreibt: „Wir trafen bei unsern Besuchen zuweilen europäische Weltpriester . .., und die Bischöfe erklärten sich gerne bereit, auch deutsche Weltpriester aufzunehmen, wenn sie für sechs bis sieben Jahre von den Diözesanbischöfen zur Verfügung gestellt werden. Diese Priester sollten besonders für Spezialaufgaben eingesetzt werden, da sie dort am schnellsten und leichtesten arbeiten könnten. Wenn die Priester nach einigen Jahren in ihre Heimatdiözese zurückkehren, werden sie sicher eine feste Verbindung von Mission und Heimat garantieren." Zwei Gründe sind es vor allem, die den Einsatz von Diözesanpriestern der christlichen Heimatländer in der Heidenmission und in missionsähnlichen katholischen Überseegebieten nahelegen. Erstens reicht die Zahl der Missionare nicht mehr aus, um die Millionen der eingeborenen Christen zu betreuen und zugleich die eigentliche Bekehrungsarbeit nicht zu vernachlässigen. Zweitens möchten nicht wenige Priester der Heimat einige Jahre der Missionsarbeit widmen. Die eTsten Versuche dieser Art sind ver-verheißungsvoll. So gründeten die Erzbischöfe Spaniens 1948 das „Werk der spanisch - amerikanischen Zusammenarbeit", um dem katastrophalen Priestermangel Südamerikas abzuhelfen. Zu Beginn des Jahres 1956 gaben die spanischen Bischöfe der ganzen Arbeit eine breitere Grundlage. Sie er- Die afrikanischen Kolonien werden über kurz oder lang die staatliche Unabhängigkeit erlangt haben. Dann muß die Missionskirche auf festen Füßen stehen: Sie muß einheimische Priester und Bischöfe haben. — Am 3. Februar dieses Jahres wurde in Rom Exzellenz Bernardin Gantin züm Bischof geweiht und der Diözese Kotonu, Dahomey, als Weihbischof zugeteilt. öffneten in Madrid ein Großes Seminar (für Philosophie und Theologie), dazu vier Kleine Seminare. Man hofft, im Lauf der Jahre 6000 bis 7000 Priester den Ländern Lateinamerikas zur Verfügung stellen zu können. 1953 verpflichteten sich die Schweizer Bischöfe, ein Dekanat der Erzdiözese Po-payan in Kolumbien zu übernehmen und mit Schweizer Weltpriestern, die sidi für diese Arbeit melden, zu besetzen. Diese Priester können nach fünf Jahren in ihre Heimat zurückkehren, sei es für einen sechsmonatigen Ferienaufenthalt, sei es für immer. In Löwen, Belgien, gründete Kardinal van Roey ein Kolleg für Lateinamerika. Es steht Priestern und Theologen aus ganz Europa offen. Zur Zeit beherbergt es schon 48 Studierende. Die aus ihm hervorgehenden Priester werden nach einer Probezeit von der Diözese ihres Wirkungsfeldes für dauernd übernommen. Die Bischöfe Belgiens fühlen sich außerdem verantwortlich für die Missionsarbeit in den belgischen Besitzungen Afrikas, die, wenn man die Katechume-nen einrechnet, schon mehr Katholiken zählen als das Mutterland. Dazu sind 60 000 bis 70 000 Europäer seelsorglich zu betreuen, Es verbleiben fast zehn Millionen Heiden für die eigentliche Missionsarbeit. Wie sehr die Bekehrungsarbeit zu kurz kommen muß, wenn die Missionare in der Seelsorge der Bischof Deodat Yugbare von Kupela, Obervolta (Franz.-Westafrika), im Juli 1956 geweiht, gibt in Rom einen Überblick über die wirtschaftliche Lage seines Heimatlandes. Diese schöne Kirche steht in Dakar, der aufstrebenden Großstadt im äußersten Westen Afrikas. schon Bekehrten nicht durch Priester aus der Heimat entlastet werden, zeigt schlaglichtartig folgender Bericht: Es war an einem Morgen in Urundi. Überraschend kamen wir mit dem Ortsbischof zu einer der zahllosen Filialen ohne Priester. 1000 bis 1500 Schwarze waren dort um den Katechisten versammelt, der von der Kanzel aus das gemeinsame Gebet leitete und sich anschickte, die Predigt zu halten. In den benachbarten Schuppen lernten Hunderte von Katechumenen ohne Priester Katechismus und Gebet. Die Abschiedsworte dieser Leute hat uns <^er Bischof übersetzt, und wir geben sie weiter: Wann werdet ihr uns einen Priester geben? In Frankreich sind Bestrebungen im Gang, für das ausgedehnte Missionsschul- Blick in das Gehöft eines Dorfes im Großen Nigerbogen. Neben der Wohnhütte ein Getreidespeicher für Hirse. In dieser Gegend südlich der Sahara hat der Islam machtvolle Positionen gewonnen und sucht, weiter vorzudringen. Doch arbeiten hier auch die katholischen Glaubensboten mit großem Erfolg. Fischer der großen Insel Ceylon (vor der Südspitze Indiens). Ein aus fünf Baumstämmen gezimmertes Floß mit Segel dient ihnen als Boot, mit dem sie 10 bis 15 Kilometer weit ins Meer fahren und nachts ihre Netze auslegen. Ceylon ist eine Hochburg des Buddhismus. wesen in den französischen Besitzungen Afrikas Weltpriester der Heimatdiözesen zu gewinnen. Die Bischöfe der Vereinigten Staaten haben begonnen, Priester ihrer Diözesen in die priesterarmen Gebiete Lateinamerikas zu entsenden. Kreuz und Halbmond In 25 Jahren Leben und Arbeit unter einer zum großen Teil islamitischen Bevölkerung habe idi manches erlebt, das mich bestärkt im Glauben an Gottes großen Plan, der will, daß alle Menschen selig werden. Nur ein einziges Beispiel. Jahrelang hatte ich mich bemüht, in Mi-kidini, einer kleinen Hafenstadt in Tanganjika (Ostafrika), einem alten Zentrum islamitischer Herrschaft, für die wenigen Christen und eine größere Anzahl Katechumenen von der englischen Kolonialregierung einen günstigen kleinen Bauplatz käuflich oder pachtweise zu erhalten. Es war mir unmöglich. Ein Inder, Islamit, hörte davon und bot mir einen der schönsten Plätze am Stadtrand, auf einem palmenbewachsenen Hügel über Stadt und Meeresbucht, zu billigem Preis zum Kaufe an, damit ich für unsere Gläubigen eine Kirche bauen könne. Wir benötigten Steine zum Kirchenbau. Die Abgabe an die Regierung für die Inanspruchnahme des öffentlichen Steinbruchs war für mich unerschwinglich. Da kam mir der Scheich, das religiöse Oberhaupt der Islamgemeinde von Mikidini, zu Hilfe. „Hol dir Steine in meinem Steinbruch, ganz nahe an deinem neuen Besitz!" — „Was verlangst du dafür?" Der Scheich wehrte mit beiden Händen ab. „Nichts, nichts! Es ist ja für ein Haus Gottes!" Drei Jahre lang lagen die vielen Bruchsteine im Feld des Scheichs herum, bis unsere deutschen Mitbrüder aus der Kriegsevakuierung zurückkehren und den Bau der Kirche ausführen konnten. In der ganzen Zeit konnte der Scheich sein Feld nicht bestellen. Meine diesbezüglichen Entschuldigungen erwiderte er so: „Schon gut. Gott läßt das zu." Missionsbischof Joachim Ammann OSB., Münsterschwarzach Die Persönlichkeit des angehenden Ordensmannes soll nicht unterdrückt oder ausgelöscht werden. Im Gegenteil, sie muß bis auf die Höhe der feinsten, eben der religiösen, der heiligmäßigen Vervollkommnung und Ausreifung getragen werden. Denn die gute Sache, der ein katholischer Orden dienen will, kann nur erfüllt werden von Persönlichkeiten, nicht von Automaten, Puppen oder Maschinen. P. Peter Lippert SJ Diese japanischen Kinder aus der Schule der japanischen Herz-Jesu-Schwestern führen im Kimono den Fächertanz auf. landwirtschaftsschule gegen Landflucht Das Missionsgebiet von Ndanda im ehemaligen Deutsch- Ostafrika ist hauptsächlich von ackerbautreibender Bevölkerung bewohnt. Die Felder werden noch so primitiv bestellt wie in Urvätertagen. Kaum ein Afrikaner ist so wohlhabend, daß er sich einen Traktor leisten kann. Garten- und Obstbau wird kaum betrieben. Großviehzucht ist selten. So kommt es, daß die Jugend in der Landwirtschaft keine genügende Verdienstmöglichkeit sieht. Viele junge Leute gehen daher in die Städte und in die Arbeiterlager der Industrie, wo sie besser verdienen, aber auch leicht dem Stammesleben entfremdet werden und auf Abwege geraten, wenn sie nicht gar kommunistischen Agitatoren in die Netze gehen. Um einen bodenständigen und fortschrittlichen Bauernstand zur schaffen, unterhält die Mission schon seit einigen Jahren in Ndanda eine Landwirtschaftsschule. Sie wird von einigen tüchtigen, in Ackerbau und Viehzucht erfahrenen Missionsbrüdern geleitet. Leider fehlen Personal und finanzielle Mittel, um die Schule weiter auszubauen. Die Ausbildung dauert vieT Jahre. Neben den eigentlichen landwirtschaftlichen Fächern werden Religion, Englisch, Rechnen und allgemeinbildende Fächer gelehrt. Ver- pflegung und Kleidung der gegenwärtig 50 Schüler stellt die Mission. In den vier Jahren sollen die zukünftigen Landwirte lernen, hart und ausdauernd zu arbeiten und rationell zu wirtschaften, allein oder in Zusammenarbeit eine Farm zu gründen und weiterzuführen. Der landwirtschaftliche Betrieb der Mission von Ndanda, auf dem die Schüler ihre theoretische und praktische Ausbildung erhalten, ist ziemlich ausgedehnt. Er muß ja für mindestens 60 Missionare die Lebensgrundlage liefern. In den Stallungen zählte ein Besucher 53 Ziegen, 75 Schafe, 170 Kühe und Kälber und 73 Schweine. Der Ertrag der letztjährigen Ernte war sehr gut: 23 Sack Reis, 110 Sack Hirse, 254 Sack Mais. Die zukünftigen Bauern arbeiten abwechselnd als Landwirte, Hirten, Gärtner, Melker; sie pflegen die Bananenhaine, besorgen die Hühner, Enten und Bienen und haben sogar einen Weinberg angelegt. Neben der Einführung in die Landwirtschaft hat es sich die Schule zur Aufgabe gemacht, Jungbauernkatecheten heranzubilden, die sich um die schulentlassene Jugend annehmen sollen. Schon haben drei dieser Katecheten kleine Jungbauernschulen eröffnet, die zu Keimzellen katholischer Dörfer werden sollen. Peter Sulzer, Schwarze Intelligenz. Ein literarisch-politischer Streifzug durch Südafrika. 240 Seiten. 1955. Atlantis-Verlag Zürich und Freiburg i. B. Das Buch enthält eine wertvolle Sammlung von Äußerungen gebildeter Eingeborener Südafrikas über politische, religiöse, kulturelle Fragen und sucht sie in verständnisvollem Eingehen auf die Mentalität der Schwarzen zu deuten. Was diese Menschen denken, kann uns nicht gleichgültig sein. Erschütternde Bilanz China war vor der Machtergreifung der Kommunisten eines der blühendsten Missionsländer der Kirche. In 143 kirchlichen Sprengeln zählte man 3,4 Millionen Katholiken. Nachstehende Zusammenstellung gibt einen Begriff vom Vernichtungskampf, der gegen die chinesische Missionskirche geführt wird. Wir hoffen gegen alle Hoffnung, daß dem großen chinesischen Volk in nicht zu ferner Zeit die Stunde der Religionsfreiheit schlagen wird. Missionspersoiuil ausländisches chinesisches Jahr Bischöfe Priester Brüder Schwestern Bischöfe Priester Brüder Schwestern 1948 75 3015 475 2351 22 2676 632 5112 1957 1 11 davon 7 im Gefängnis — 11 Die Bischöfe, soweit in Freiheit, können ihr Amt nicht ausüben, Hunderte von Priestern im Gefängnis, die meisten Brüder und Schwestern zerstreut. Nach einer wahren Begebenheit — Von Hermann Klin gier Zu den Batonga Als man vom Plan des Paters hörte, erklärte man ihn kurzerhand für verrückt. „Und wenn ich dort einen ganzen Wagen voller Goldstücke laden könnte, würde ich es vorziehen, hier arm mein Leben zu verbringen", meinte ein erfahrener Bur, der die Gegend einmal in seiner Jugend waghalsig durchstreift hatte. Der deutsche Afrikareisende Holub schüttelte bedenklich den Kopf, als er vom Vorhaben des Paters T e r ö r d e erfuhr. Das kann nicht gut gehen, sagten alle. Aber der belgische Jesuitenpater Te-rörde zog mit Bruder Vervenne los. Sie vertrauten auf ihre langjährige Erfahrung in afrikanischer Steppe und im afrikanischen Dschungel. Nicht zuletzt waren sie auch hervorragende Schützen, die sich zu wehren wußten, wenn es um das nackte Leben ging. Das hatten sie schon manchem Löwen und Leoparden gezeigt. Ja selbst die Heimtücke einer Giftschlange fürchteten sie nicht. Bruder Vervenne hatte bewiesen, daß er sie eine Sekunde, nachdem er sie erblickt hatte, mit dem Revolver tödlich zu treffen wußte. Und mit den hinterlistigen Negern des Sambesigebietes hatten sie auch schon einige „Meinungsverschiedenheiten" siegreich hinter sich gebracht. Pater Terörde und Bruder Vervenne aus Belgien, dieser Nation, die mehr als viele andere Länder hervorragende und kühne Missionare hervorgebracht hat, schafften es in einem mehrmonatigen Zug voller Buschabenteuer, zu den Batonga vorzudringen. Heuchlerischer König All die düsteren Prophezeiungen schienen sich nicht zu erfüllen. Moemba, der König der Batonga, empfing die beiden Männer mit ausgesuchter Höflichkeit. Prächtige Geschenke ließen seine Höflichkeit noch anwachsen. Seine Augen leuchteten beim Anblick der wunderbaren Dinge, die die beiden Männer bei sich trugen. Und so war es ein leichtes, die erste Missionsstation bei den Ba-tongakaffern zu errichten. Der weiter südlich sich aufhaltende Pater Depelchin wunderte sich etwas über diesen glatten Anfangserfolg und traute den hinterlistigen Kaffern nicht recht. Er warnte Pater Terörde noch einmal. Dieser war auf der Hut. Bruder Vervenne beobachtete die Kaffern scharf und hatte stets ein waches Auge auf König Moemba. Beide waren zu erfahren, als daß sie sich durch die Höflichkeit eines Kaffern-königs hätten bestechen lassen. In den ersten Tagen nach ihrer Ankunft erhielten sie bereits die Erlaubnis, eine ständige Missionsstation bei den Batonga zu errichten und die Kinder zu erziehen. Sie nannten die Station „Zum heiligen Kreuz". Einen trefflicheren Namen hätten sie nicht wählen können. Die Geschichte dieser Missionsstation war sehr kurz. Sie war so kurz, daß wir sie auf wenigen Seiten berichten können, denn es waren nur Tage. Fürchterliche Tage! Als König Moemba bei seinen Gästen einen Gegenbesuch machte, erlaubte er den Bau einer großen Hütte und schenkte den beiden Männern ein Grundstück für die Missionsstation. Zugleich bedankte er sich für die Geschenke und ließ verlauten, daß er an weiteren Geschenken sehr interessiert sei. Als Gegengeschenk brachte er einen großen Krug Kaffern-bier, eine Kostbarkeit in dieser Gegend, die nur abgestandenes und fauliges Wasser kannte. Der tödliche Trank Es war am dritten Abend nach der Ankunft bei den Batonga, als Pater Terörde und Bruder Vervenne den Durst mit Kaffernbier stillten. Auch die schwarzen Begleiter der beiden Missionare, die die beschwerliche Reise mitgemacht hatten, erhielten eine Schale des kühlenden Getränks. Das nun war der Beginn eines fürchterlichen Ringens mit dem Tode. Die beiden erfahrenen Afrikamissionare hatten eine Sekunde lang ihren Argwohn schlummern lassen. Als Pater Terörde die auf-steigende Übelkeit verspürte, wußte er sofort, daß König Moemba ihnen vergiftetes Bier geschenkt hatte. Das war der sicherste und unauffälligste Weg, um sich in den Besitz der Habseligkeiten der Missionare zu setzen. Hohes Fieber befiel sie in der folgenden Nacht. Beide Männer lagen verlassen in ihrer Hütte. König Moemba hatten verboten, daß ihnen jemand Hilfe brachte. Schon nach wenigen Stunden waren sie so schwach, daß sie die Hütte nicht mehr verlassen konnten. Die Darmschleimhaut begann zu bluten. Krampfhafte Durchfälle dörrten die beiden langsam aus. Nirgends gab es einen Tropfen Wasser, um den furchtbaren Durst zu stillen. Am nächsten Morgen waren beide wahnsinnig. Dem Wahnsinn verfallen Sowie die Darmschleimhaut blutete, kam es zu winzigen Blutungen an den Gehirngefäßen. Und diese winzigen Blutstropfen im Gehirn taten ihre grausame Wirkung. Pater Terörde sprang auf. Er torkelte, wild lallend, durch die Hütte, stürzte über den bewußtlos daliegenden Bruder Vervenne und ohi-feigte ihn. Bruder Vervenne wurde plötzlich wieder klar und starrte in die tierisch-wilden Augen seines Paters. Ein wüstes Ringen begann. Die Griffe des Paters waren eisern. Bruder Vervenne aber hatte die größeren Kräfte. Er löste sich und schlug den Pater nieder. Mühsam suchte er nach einer Leine, um den Pater zu fesseln. Er fand nichts. Noch im Suchen übermannte ihn selbst der Wahnsinn. Sein Blick fiel auf einen Assegai, einen Jagdspeer der Kaffern. Ein Glück, daß sich Pater Terörde nicht mèhr bewegte. Bruder Vervenne wurde von einem Geräusch vor der Hütte abgelenkt. Irrsinnig stürzte er vor die Hütte. Die Batonga, die sich bereits eingefunden hatten, um den Eintritt des Todes der beiden zu erwarten, machten sich davon. Wild schreiend rannte Vervenne durch das Dorf. Sein Anblick war fürchterlich. Das Haar hing ihm in die Stirne. Seine Kleider waren völlig verschmutzt und zerrissen. Es war ein Glück, daß ihm alles aus dem Weg ging und er kein Gewehr bei sich trug. Der sonst so gütige Mann war für seine Taten nicht mehr verantwortlich, jede Vernunft war gewichen. Hilferuf in die Ferne Als er, völlig erschöpft, wieder in die Hütte zurückkehrte, war Pater Terörde zeitweise bei Bewußtsein und erkannte klar die Situation. Ihm war die Wirkung der Kafferngifte bekannt. Und so wußte er, daß ihn immer wieder der Wahnsinn überfallen würde. Er hatte daher die Pause zwischen den schrecklichen Anfällen benutzt, um einen jungen Träger, der zufällig dem giftigen Getränk entgangen war, mit einer Botschaft zu Pater Depelchin zu schicken. Das bedeutete für diesen einen vieltägigen Marsch durch gefährliches Raubtiergebiet. Es mußte schon viel Glück dabei sein, wenn Pater Depelchin in den Besitz des Briefes kommen sollte. Dem Bruder Vervenne hatte der Tobsuchtsanfall die letzten Kraftreserven genommen. Wie tot lag er auf einem Haufen welker Blätter in der Hütte. Sein Puls war schwach, sein Gesicht verzerrt. Weithin hörte man in den Nächten seine Schmerzensschreie. Aus den Schreien, die denen eines verwundeten Leoparden glichen, wurde bald ein klägliches Wimmern. Regungslos lag er schließlich in einer Ecke hinter eine Kiste, als P. Te-rörde das Unheimliche über sich kommen fühlte. Mit irren Augen erhob sich dieser vom Boden, packte einen Assegai und raste durch die Hütte. Er stach in alles hinein. Zum Glück lag Bruder Vervenne im Schutz der Kiste. Als sich im Eingang ein schwarzer Kopf zeigte, zischte die Speerspitze hart an dem Plünderer vorbei. Noch war die Stunde des Raubes nicht gekommen, noch konnte man sich nicht in die Hütte wagen. Unheimliche Gäste Als der Anfall vorüber war, schlief Pater Terörde erschöpft ein. Eine gefährliche Giftschlange kroch durch die Hütte. Dicht vor Bruder Vervennes Kiste ringelte sie sich zusammen. Die beiden Männer wußten nichts von der Gefahr. Es wäre ihnen auch gleichgültig gewesen. Sie hatten sich daran gewöhnt, daß schon seit Stunden Ratten in ihre Hütte gekommen waren. Aber auch für die Ratten war die ersehnte Stunde noch nicht gekommen. Sie wagten sich nicht an Lebende. Sie konnten warten, und irgendwie wußte der tierische Instinkt, daß hier Leben zu Ende ging. Stundenlang lag die Viper neben Bruder Vervenne. Dann schoß sie plötzlich vor; dicht neben dem Kopf des Röchelnden fuhr der schlanke Leib des Todes vorbei. Eine Ratte schrie gräßlich auf. Mit ihrem Fang im Leib verließ das Reptil die Hütte wieder. Die Schwarzen hatten vergeblich triumphiert. Sie hatten beobachtet, wie die Schlange in die Hütte kroch, und sich die Chance ausgerechnet. Aber diese teuflische Rechnung ging nicht auf. Nach einem erneuten Tobsuchtsanfall und einem erschöpfenden Amoklauf durch das Dorf schien es mit Bruder Vervenne vorbei zu sein. Pater Terörde merkte es, als er wieder einmal klar bei Bewußtsein war. Völlig erschöpft, riß er doch alle seine Kräfte zusammen und kroch auf den Knien mühsam auf seinen geliebten Mitbruder zu und, selbst ständig mit dem ausbrechenden Wahnsinn und hohem Fieber ringend, spendete ihm die Letzte Ölung. Es war eine der erschütternden Minuten, von denen die Welt nichts weiß. Ein Brief wird abgefangen Die Erkrankung des Pater Depelchin war nicht unbekannt geblieben; von den Ereignissen bei den Batonga wußte man indessen nichts. Um Pater Depelchin zu retten, machte sich weiter im Süden der deutsche Jesuitenpater W e i ß k o p f mit Bruder N i g g auf den Weg. Nach strapazenreicher Urwaldreise stießen sie unerwartet auf den Boten mit dem Brief an Pater Depelchin. Da sie wußten, daß es bei den Batonga außer P. Terörde und Bruder Vervenne keine Weißen gab oder je gegeben hat, nahmen sie den Brief an sich. P. Weißkopf öffnete ihn und erfuhr von den Geschehnissen bei den Batonga. Diese Hermann Klingler, Eroberer ohne Land. Von wagemutigen Missionaren in aller Welt. 198 Seiten. Mit 19 Fotos. 1954. Verlag Herder, Freiburg. Jede dieser 20 geschichtlichen Missionserzählungen hat das Wirken eines Paters oder Bruders zum Inhalt. Das Buch ist für einen breiten Leserkreis geschrieben, möchte aber vor allem die reifere Jugend ansprechen. Hier, in diesen Berichten aus der rauhen, manchmal gar brutalen Missionswirklichkeit, findet sie Vorbilder echter Seelengröße, die sie im satten, materialistischen Europa vielfach vergeblich sucht. Das Buch eignet sich gut zum Vorlesen. Nachricht zweier sterbender Missionare ist noch heute erhalten. Sie lautet: „Ich bin sehr schwach, teuerster Pater, und ich fürchte von Ihnen dasselbe. Können Sie mir nicht ein paar Zeilen schreiben? Mit unserem guten Bruder Vervenne geht es etwas besser, seitdem er die heilige Ölung empfangen hat. Senden Sie eiligst Hilfe. Bruder Nigg kann in drei Tagen hier sein! Das Schreiben dieser wenigen Worte hat mich drei Stunden Arbeit gekostet." Als die beiden Urwaldmissionare diese Nachricht gelesen hatten, beschlossen sie, die Aufgabe zu teilen. Pater Weißkopf würde sich zu Pater Depelchin begeben, um diesen zu retten, während Bruder Nigg als der Erfahrenere in das gefährlichere und unbekannte Batonga-land zu den beiden vorgeschobensten Missionaren Afrikas Vordringen sollte. Der Entschluß wurde sofort ausgeführt. Plünderer in der Hütte Indessen gingen die Ereignisse im Kral der Batonga unerbittlich weiter. Bruder Vervenne ging es tatsächlich etwas besser. Das bedeutete jedoch nicht viel. Auch jetzt noch war er ein vom Tod gezeich neter Mann. Aber die grauenhaften Wahnsinnsanfälle wurden seltener. jEr war blaß wie ein weißes Tuch. Das ständige Darmbluten machte seine Haut blutleer. Pater Terörde dagegen ging es zunehmend schlechter. Er konnte Vervenne nicht mehr erkennen. Er sah in ihm einen Batonga und wehrte sich verzweifelt, wenn dieser in seine Nähe kam, um ihm zu helfen. Einmal erhielt der Bruder einen furchtbaren Kinnhaken, als er den Pater des Nachts zudecken wollte. An einem Morgen tobten beide zu gleicher Zeit wahnsinnig durch die Hütte und bewarfen sich mit ihrem Gepäck. Vervenne hatte sich vier Zigarren gleichzeitig in den Mund gesteckt. Ein Wunder, daß die Hütte nicht in Brand geriet; beide wären grausam verbrannt, denn zu einer Flucht waren sie zu schwach. Immer dichter hockten sich die lauernden Eingeborenen um die Hütte. König Moemba fluchte, daß er das Kaffernbier nicht stärker vergiftet hatte. Er konnte den Tod nicht abwarten. So entschloß er sich zum offenen Diebstahl. Als die beiden nach ihrem Anfall schliefen, ließ er alles aus der Hütte schaffen. Selbst die Decken zog man ihnen vom Leib. Um den Tod zu beschleunigen, wurde auch die letzte Nahrung, die sie in Büchsen besaßen, gestohlen. Nun konnte kommen, was wollte; wenn es noch lange dauerte, würde man die Hütte in Brand stecken. Ausgelitten Noch einmal tobte Pater Terörde los. Jede seiner Bewegungen wurde in dem Dunkel der Hütte von Bruder Vervenne scharf beobachtet. Es war stets gefährlich für den einen, wenn der andere vom Wahnsinn gepackt wurde. Dann erbrach der Pater reines Blut und stöhnte gequält auf. Die Backenknochen sprangen aus dem Gesicht. Er glich einem verhungernden Asiaten. Von einem europäischen Priester hatte er nichts mehr an sich als die Kleidung und das Kreuz auf der Brust. Noch fühlte sich Vervenne nicht stark genug, um seinen Pater zu überwältigen und zur Ruhe zu zwingen. Er wußte, daß diese Anfälle die letzte Kraft nahmen. Dicht neben ihm brach Pater Terörde schließlich zusammen. Er -murmelte noch ein paar Worte, die kein Mensch verstehen konnte. Draußen wurde es Nacht, und damit kam die unerbittliche Nachtkälte, die ebenso zusetzte wie die Hitze des Tages. Bald hörte man die oberflächlichen, gehetzten Atemzüge des Todkranken. Als Bruder Vervenne wieder aufwachte, glitt sein Arm zur Seite. Er fühlte den Pater neben sich. Erschrocken zog er die Hand zurück, denn sie war feucht und klebrig. - (Schluß folgt) Unsere Bilder: Fides 11, K. Fischer 3, W. Kühner 7, Archiv 2. Für den Beitrag „Südafrika“ leistete uns wertvolle Hilfe das Buch „Afrika von Innen“ von Johri Gunther; für „Der Afrikaner hat das Wort“ verwendeten wir „Schwarze Intelligenz“ von Peter Sulzer, Atlantis Verlag Zürich und Freiburg i. B. Die Erzählung „Vergiftet“ ist dem Buch „Eroberer ohne Land“ von Hermann Klingler entnommen. Der Bericht „Weltpriester im Missionseinsatz“ ist eine gekürzte Wiedergabe aus „Priester und Mission“, 1957/1. Die Hungernden speisen Bruder Titus, Westpakistan, verteilt an die Schulkinder Milch. Es ist dem Missionar aufgegeben, neben den geistigen auch die leiblichen Werke der Barmherzigkeit zu üben.