00766 ki»ro<1o> io ooiverritetvL IcojitoicL v l.jovtj*ot Dir Kasilikk zu 2Ilari>urg ("i Das Gnadenbild „Mutter der Barmherzigkeit" im Äochaltar-Aussahe der Marburger Basilika. zur Heiligen Maria, Mutter der Barmherzigkeit, in der Grazervorstadt zu Marburg. Von Ar. Michael Napotnik, Fürstbischof von Lavant. Zweite, verbetene unä vermehrte Auflage mit vielen uncl originellen Abdililungen surgensttet. Marburg, IWO. Im Selbstverläge des Verfassers. — St. Cyrillus-Buchüruckerei. ^5 1,00766 Ein Bild ist mir ins Kerz gegraben, Ein Bild so schön und wundermild, Ein Sinnbild aller guten Gaben: Es ist der Gnadenmutter Bild. In guten und in bösen Tagen Will ich dies Bild im Kerzen tragen. (k. Gall Morel, auf das Marburger Gnadenbild Mariä, Mutter der Barmherzigkeit, angewenöet). Vorwort zur zweiten Auflage. schnell war die im Jahre 1901 er- schienene erste Auflage des 107 Seiten im Oktav- formal zählenden Buches „Einweihungsfeier der neuerbauten Pfarrkirche zur Keiligen Maria, Mutter der Barmherzigkeit, in der Grazervorstadt zu Marburg" vergriffen. Da die mündlichen und schriftlichen Nachfragen nach der reich illustrierten Druckschrift nicht aufhörken, so ent¬ schloß ich mich für die verausgabe einer zweiten, ver¬ besserten und stark vermehrten Auflage derselben, womit ich nicht so sehr ein gutes Werk geschrieben, wie vielmehr ein gutes Werk vollbracht zu haben wünschte. , ' Es wurde eine bündige Beschreibung der alten Kirche mit dem alten Klostergebäude und ein knapper Bericht über die Entstehung der Vorstadtpfarre zur Keiligen Maria in Marburg und über deren Seelsorger aus¬ genommen. Daran wurden zum ehrenden Andenken an die alte marianische Gnadenstätte drei Predigten ange¬ schlossen, die ich darinnen im Jahre 1882 gehalten hatte. Zudem erweiterte und ergänzte ich die Beschrei¬ bung der neuen Pfarrkirche mit dem neuen Pfarrhofe i* -r- 4 beziehungsweise Klostergebäude, und ließ in zeitlicher Reihenfolge alle Ansprachen abdrucken, welche ich bei verschiedenen feierlichen Anlässen im neuen Gotteshause vorgetragen hatte. Auch der gern gelesene Aufsatz über Bruder Philipp, den Lobsänger Mariä in der steirischen Kar¬ tause Seiz bei Gonobiz, blieb nicht völlig unberücksichtigt. Das Schreiben des hochro. Don Medardo, Archivars in in der Kartause Montalegne bei Tiana in der spanischen Provinz Barcelona, vom 19. Juli 1904, läßt uns die Veröffentlichung „eines möglichst erschöpfenden Berichtes über Bruder Philipp und sein Marienleben" nicht gegen alle Hoffnung hoffen. Die beigegebenen Abbildungen dürften eine willkom¬ mene Erläuterung der schriftlichen Darstellung und eine entsprechende Ausschmückung des Druckwerkes sein. Und so möge denn das zur Glorie Gottes und zum Lobe Mariens verfaßte Buch allenthalben eine freundliche Aufnahme finden und die Kerzen seiner Leser für Gott und für die Gottesmutter begeistern und befeuern! Marburg, am Feste der Erscheinung der unbefleckt empfangenen Jungfrau Maria, den 11. Februar 1909. ch Michael, Fürstbischof. Die alte Marienkirche mit dem früheren Klostergebäude und die Vorstadtpfarre mit ihren Psarrvorstehern.' Mas älteste unter den Klöstern der Stadt Marburg: dem Kapuzinerkloster vor dem Grazer Tore, dem W Iesuitenkollegium am Kaupkplatze und dem Cöle- stinenkloster in der Frauengasse — war das Mino- Das obige Bild stellt dar die neue Pfarrkirche mit den ge¬ planten, aber nicht ausgesührten Turmhelmen. - Ausführlichen Bericht darüber enthält die handschriftliche „Chronik der Psarr- und Klosterkirche zur hl. Maria, Mutter der Barmherzigkeit in Marburg." I. Band. l6l2 — l864. 6 -z- riten klost er, welches im Jahre 1284 knapp auf dem linken Ufer der Drau erbaut worden war. Die Konvent¬ kirche war der allerseligsten Jungfrau unter dem Geheimnisse ihrer glorreichen Kimmelfahrt geweiht. Gerade einhalb¬ tausend Jahre später 1784 muhten die Minoriten dieses ihr Kloster an die von Judenburg nach Marburg über¬ siedelte Militärkommission übergeben, wofür sie aber am 1. April des genannten Jahres 1784 das vom Kaiser Josef II. eben in diesem Jahre aufgehobene Kapuziner- Kloster vor dem Grazer Tore übernahmen. Ihr Kloster wird seither als Militärkaserne, die Kirche aber als Mon¬ tursmagazin verwendet. Den Grundstein zu dem von Johann Jakob Khiesl, Grafen von Gottschee, zwischen 1613 und 1617 gegründeten Kapuzinerkloster vor dem Grazer Tore legte der glaubensstarke Laibacher Bischof Thomas Ehröu (1598—1630) am 1. Mai 1613. Der Seckauer Fürstbischof Jakobi. Eberlein von Rottenbach (1615—1633) weihte die im sogenannten italienischen Kapuzinerstil 1612 erbaute Klosterkirche am 28. Oktober 1620 ein'. Sie war einschiffig, gewölbt, 21'8 Meter lang, 8'5 Meter breit und stand knapp an der von Wien nach Triest führenden Kaupthandelsstrahe. Sie war orientiert, besah fünf Altäre und zwei an der Nordseite angebaute, im Jahre 1850 renovierte Kapellen, von denen die eine dem hl. Bischof » Diese Konsekration bestätigt uns die Inschrift aus einem Steine, der in der neuen Pfarrkirche mit den anderen alten Stein¬ inschriften im Rundgange hinter dem Kochaltare angebracht wurde: ItlasL LLLtssia eonsecrMa sst in Iionorsin 8. V. N. Xnno NOLXX. Ooina lina Xovsinbris celebrstur Xnntvsrssrtuin, katrociniuin in trgzto kuriÜLationis, und Blutzeugen Blasius und die andere dem heiligen Kreuze geweiht und gewidmet war. Diese Altartitel wurden in der neuerbauten Kirche pietätsvoll berücksich¬ tigt. Unter der St. Blasius-Seitenkapelle befand sich eine Gruft, die beim Neubau löblicher Weise erhalten blieb. In derselben fand unter anderen der edle Stifter des ehe¬ maligen Kapuzinerklosters, geheimer Rat und Schloßhaupt- mann von Graz Graf Johann Jakob Khiesl von Gottschee und dessen Familie eine völlig ungestörte Ruhe- stätte^. Rechts vom Eingänge in das Presbyterium stand der St. Josef-Altar mit dem Kerz-Iesubilde und links der St. Franziskus-Altar mit dem Kerz-Mariäbildnisse. Bei der, mit bischöflicher Visitationserledigung vom 5. Juni 1860 Nr. 1404 angeordneten Vornahme der großen Kirchen¬ reparatur im Jahre 1860—1862 wurde das ganze Pres¬ byterium ausgemalt, ein neues Pflaster gelegt, die Kirche um den ganzen, im Rücken des Kochaltars befindlichen Gebet-Chor und um die Sakristei, die auf die Südseite - Das Grasengeschlecht Khiesl (Mel, Küßl) stammte aus Kram, wo Ulrich Khiesl l533 noch Stadtrichter und Bürger¬ meister von Laibach war. Seine Tochter Emerentia na war Ge¬ mahlin des J o h a n n B a p t. V a l v a j or und liegt in Tüffer begraben. Kans Khiesl, der um lS68 lebte, wurde in den Freiherrnstand mit dem Beinamen von Gonobitz erhoben. Die dem Landherrn treu ergebene Familie stieg von Skuse zu Stufe. Sie besaß die Herr¬ schaften: Ebensfeld, Marburg, Windenau, Kainfeld, Schrottenberg, Weier, Freudenau, Grünberg, Burg Feistritz, St. Johann, einen Weingarten bei Pettau, Fahrengraben und Gonobitz. Kans Jakob Freiherr von Khiesl, der Gründer des hiesigen Kapuziner¬ klosters und der Kirche, war kaiserlicher geheimer Rat, Kommandant der Festung zu Graz und innerösterreichsicher Kriegspräsident und wurde l623 in den Grafenstand erhoben. Er starb den 23. Juli 1637 und liegt in der nun vollständig verschlossenen Gruft unter dem Pres- Die alte Pfarrkirche. 9 -L- versetzt und aus zwei Zimmern gebildet wurde, erweitert, und der Kaupkaltur und die zwei obgenannten Seiten¬ altäre wurden renoviert. Am 21. Dezember 1860 fand die Konsekration des neu aufgebauten Kochaltares durch den Fürstbischof Anton Martin statt. Alle Auslagen dafür wurden durch freiwillige Liebesgaben gedeckt. Nach dem Jahre 1827 wurde ein hölzerner Turm ober dem Presbyterium angebracht. Das damalige Kreis¬ amt in Marburg befahl nämlich im Jahre 1827 dem Vor¬ stadtpfarramte, wegen Gefahr des Einsturzes den Glocken¬ kasten und den alten Kirchturm abzutragen, die sechs kleinen Glocken aber in dem alten Kapuzinerrefektorium aufzubewahren. Um nicht ohne Glockengeläuts zu sein, wurde auf die Bitte des Vorstadtpfarramtes hin vom Kreisamte bewilligt, eine Glocke in dem Winkel des Kirchenpfarrhofes, wo ein Nußbaum stand, zwischen zwei Bäumen aufzuhängen. Im Jahre 1864 wurde die Kirche mit einem neuen Turme mitten der Fassade über dem byterium der neuen Pfarrkirche (früher unter der St. Blasiuskapelle der alten Marienkirche). Als der letzte und einzige Sprössting feiner Familie und kinderlos adoptierte und bestimmte er zu feinem Uni¬ versalerben den Georg Bartholomäus Zwickel, Kerrn in Gottschee und Besitzer der Burg Keinseld. Dieser führte mit seiner Gemahlin Anna Maria Gräfin Kützlin den Namen „Gras von Khiesl" weiter, dessen Sohn Johann Jakob II. Gras von Khiesl starb 1689 und hat den schönsten Sarg in der Familiengruft. Mit dem Gründer des Kapuzinerklosters und dem Erbauer der Kirche steht in verwandtschaftlicher Beziehung der Urheber der Niederlassung der Redemptoristen in Warburg: Keinrich Gras Bran dis, der damalige Besitzer der Burg Marburg. Dieses Grafen¬ geschlecht stammt aus der Schweiz, siedelte sich in Tirol und mit Adam Wilhelm, Grasen von und zu Brandis, in Steier¬ mark an. Adam Wilhelm heiratete Anna Maria Gräfin -Z- 10 Kauptportale ausgestattet, der aber nicht groß genug war, um die sechs kleinen Glocken aufzunehmen. Nur vier wurden in ihm aufgehängt, zwei aber auf dem Dachboden aufbewahrt. Zu gleicher Zeit mit diesem Turmbau wurde auch auf der Kirchenfassade ein rundes Fenster zur Be¬ leuchtung des Musikchores ausgebrochen. Das anfangs des 17. Jahrhunderts erbaute Kloster¬ gebäude wurde im Jahre 1827 ausgebessert. In welchem Zustande sich dasselbe befunden haben mag, erhellt aus dem nachstehenden, an das fürstbischöfliche Sekauer Kon¬ sistorium gerichteten Berichte des Pfarrers Karl Rotter, der also lautet: „Der ganz gehorsamst Unterzeichnete, welchem schon im September des Jahres 1818 die landes¬ fürstliche windische Vorstadtpfarrkirche verliehen war, hat den Pfarrhof in einem so elenden Zustande angetreten, daß, weil das Militär-Transport-Sammelhaus zugleich daselbst untergebracht war, er und sein Kaplan kaum die Unter¬ kunft zur Wohnung darin fanden und also genötigt von Khiesl, wahrscheinlich eine Schwester des Johann Jakob II. Grafen von Khiesl, und kam so in den Besitz der Kerr- schaften Obermarburg und Burg Marburg. Er starb in Wien am 6. April l699. Sein Sohn Franz Jakob Adam Graf von Brandts wurde am l0. Jänner l738 in die steirische Landmann¬ schaft ausgenommen und starb am 22. April l746. Sein erster Sohn Karl Franz Josef fiel in der Schlacht bei Parma 1734; sein zweiter Sohn Heinrich Franz Adam adoptierte seinen Vetter Johann Bapt. Grafen von Brandts uud starb den 26. Ok¬ tober l790 zu Marburg. Dieser Johann Baptista Gras von Br a n öis hatte mit seiner Gemahlin M a ri a J o s ef Gräfin von Trautmannsdorf zwei Söhne: Keinrich Adam (geboren am 20. Oktober 1787) und Klemens Keinrich Adam. Der erste vermählte sich mit Josefa Gräfin von Welserheim b. Dieser Keinrich Gras von Brandts gab mit seinem an den Seckauer -z- 11 waren, aus Mangel einer Küche die Kost außer dem Pfarrhofe zu suchen. Auf seine vielfältigen Beschwerden erhielt er immer die Versicherung, man werde gleich die Herstellung dieses Gebäudes zu einem ordentlichen Pfarr-. Hof bewirken, sobald selbes vom Militär geräumt sein werde, welche Räumung dann endlich im Anfänge No¬ vembers 1822 nur aus dem Grunde erfolgte, weil die Baufälligkeit desselben einen längeren Aufenthalt nicht gestattete." Das im Jahre 1827 ausgebesserte Klostergebäude wurde später von den 1833 nach Marburg berufenen Redemptoristen fast neu hergestellt. Es bildete ein Recht¬ eck, dessen südliche Front 14 Fenster zählte; durch seine östliche und westliche Front war es an die Kirche ange¬ baut. Im Erdgeschoße befanden sich die Küche, das Re¬ fektorium, die Speisekammer, die Tischlerei, ein Garde¬ robe- und fünf Wohnzimmer. Der erste Stock der öst¬ lichen Flügelseite bildete den Pfarrhof mit drei Wohn- Fürstbischos Roman Sebastian Zängerle gerichteten Schreiben äe äato Wien den 23. Jänner !829 Anlaß, daß diese Vorstadtpfarre mit dem Kloster und der Kirche den Redemptoristen übergeben wurde. Er starb am lv. August 1869 und seine Gemahlin den 17. März desselben Jahres 1869. Beide wurden in der Gruft der Vorsiadtpsarr- kirche zur Kl. Maria begraben. — Ferner fand hierorts seine Ruhe¬ stätte ein vierjähriges Kind (-st 1862) der Familie Brandts, das aus dem Grabe aus dem alten St. Magdalena-Friedhofe erhoben und in der Familiengruft der alten Marienkirche beigeseht und dann in die Gruft des neuen Gotteshauses übertragen wurde. Der Name des Kindes Josef ist auf dem Särglein deutlich zu lesen. Anläßlich der am II. August 1900 erfolgten feierlichen Ein¬ weihung der neuen Vorstadtpsarrkirche zur Kl. Maria, Mutter der Barmherzigkeit, erhielt ich vom Kochgeborenen Kerrn Ferdinand Grasen Brandts nachstehendes, liebevolles Schreiben: -Z-- 12 zimmern; im Erdgeschoß mar das Sprechzimmer und die neue Sakristei. Am westlichen Ende der langen Südseite mit 14 Wohnzimmern war ein Keller und im Kofraume ein Ziehbrunnen vorfindbar. Das ganze Gebäude war mit Ziegeln gedeckt. Der mit einer Ringmauer umfriedete Kloskergarten maß ein Joch und 1311 »F» Quadratklafter, wofür vom Konvente an den steiermärkischen Religionsfond ein jährlicher geringer Pachtschilling entrichtet wurde. Durch den Neubau hat dieser schöne und große, schon früher viel¬ fach, zumal 1865cheschmälerke Garten an seiner Ausdehnung noch mehr verloren. Er mißt gegenwärtig 45 u 30 m^. Der durch den Neubau verbaute Grund faßt 41 u 70 m-. Die Anfänge der „windischen Vorstadtpfarre" bilden die „Qooporatores 8olavoniLi" an der Stadtpfarrkirche, unter denen als erster Kooperator Michael Posegg 1656 mit der jährlichen Besoldung von 60 fl. genannt wird, und jene bei St. Ulrich. Unter diesen letzteren werden erwähnt Ulrich Jakob Brezl (1730—1746), Johann Drosg (1747—1755), Martin Mariisch (1755—1759), Mathias Valentin Friedrich (1759— 1772), Andreas Sternad (1772—1775) und Josef Deutschlanösberg, 8. August IS00. Schloß Frauenthal. Kochwürdigster Fürstbischof! Wenn Euere fürstlichen Gnaden am Samstage die feierliche Konsekration der neuen Kirche in Marburg vornehmen, so kann ich unmöglich als stiller Teilnehmer mich daran anschlieszen. Seit meiner Jugend schon habe ich vielfache Gnaden Gottes in dem alten Gottes¬ hause empfangen, und habe in der Gruft der Kirche auch noch ein Unterpfand der Gnade der Mutter der Barmherzigkeit, das auch, wie ich hoffe, unseren Kindern noch teuer bleiben wird, wenn auch wir -k- 13 Frauenberger (1775—1784). — Im Kerbste des Jahres 1784 wurde in der Grazervorstadt für diesen Stadtteil und für die Umgebung die „windische Pfarre" provi¬ sorisch errichtet, dann 1785 vom Kaiser genehmigt und 1786 definitiv besetzt. Die Klosterkirche zur Kl. Maria wurde zur Pfarrkirche erhoben. Vom Jahre 1784 bis 1796 versahen Weltpriester die Pfarrseelsorge. Als erster Pfarrer wird Josef Frauenberger, schon seit dem 19. August 1775 tätiger dooxsrator 8e1nvoniau8 an der St. Ulrichskirche in Mar¬ burg, bezeichnet. — Es hätte die St. Ulrichskirche, die dem Viktringhofer Amtsgebäude gegenüber stand und als die ursprüngliche Pfarrkirche Marburgs galt, Pfarr¬ kirche und letzteres Pfarrhof werden sollen. Doch diese für Marburg historisch merkwürdige Kirche wurde ärarisches Kolzmagazin, bis sie am 1. Oktober 1810 ver¬ kauft und 1841 niedergerissen ward. Das Kauptaltar- bild, den hl. Ulrich darstellend, befindet sich im neuen Franziskanerkloster. Der die Kirche umgebende und zu ihr gehörige Friedhof, dessen Stelle die Käufer Nr. 9 und 11 in der Tegetthosfstraße einnehmen, wurde 1809 auf¬ gelassen. — Im Jahre 1793 wurde der ausgezeichnete selbst schon nicht mehr unter öen Lebenden sein werden. Euere fürst¬ lichen Gnaden bitte ich beim ersten heiligen Opfer, daß Sie an dieser Gnadenstätte darbringen werden, auch meiner und meiner Familie gütigst gedenken zu wollen, damit auch uns ein erneuter Strahl der Gnade aus dem ehrwürdigen Gnadenbilde zuteil werden möge. Mit diesem Gedanken vereinigen wir uns am heutigen Tage und dazu um Ihren oberhirtlichen Segen für meine Frau und mich bittend, zeichne ich mich hochachtungsvoll Euer fürstlichen Gnaden gehorsamer Diener Ferdinand Graf Brandts m. p. -r- 14 Priester Josef Frauenberger (geboren sin Marburg am 10. April 1745, am 11. März 1769 zum Priester geweiht, seit 1771 Lizentiat der hl. Theologie und später Seckauer geistlicher Rat) Kauptpfarrer in Kölsch und 1801 Kauptpfarrer und Kreisdechant in Pettau, wo er am 11. September 1811 starb. Vom Jahre 1793 bis zum Jahre 1796 providierte die windische Pfarre L. Ed¬ mund Kleinmond, Exzisterzienser von Viktring. Er wirkte schon seit 1788 hier in der Seelsorge. Er starb am 19. Mai 1796 erst 46 Jahre alt. Das bei Klagen¬ furt befindliche Zisterzienserstift Viktring, welches in der Viktringhofgasse zu Marburg begütert war, wurde 1787 aufgehoben. Dom Jahre 1796 bis 1813 hatten die Pfarrseel¬ sorge die Minoriten inne. Als Pfarrer werden ange¬ führt: ?. Maximilian RibiL (geboren am 2. November 1749 in Marburg, 1774 zum Priester geweiht, gestorben am 18. November 1797) von 1796 bis 1797 und ?. Ru¬ dolf Reiter(1797—1812). Er war zu Pettau am 19. Sep¬ tember 1751 geboren und trat 1773 in den Orden ein. Er starb 63 Jahre alt in Marburg am 19. Dezember 1813. Als Provisor zwischen dem ersten und zweiten Pfarrverweser wird 1797 ?. Bartholomäus Lusitzer (geboren in St. Veit in Kärnten am 1. April 1751, 1771 in den Orden eingetreten und gestorben in Marburg am 11. März 1799) genannt. Von 1813 bis 1819 wurde die Pfarrseelsorge von Weltpriestern providiert. Als Pfarr¬ provisoren wirkten allhier: Mathias Drasch (starb als Pfarrer in Ober-St. Kunigund am 25. August 1837) von 1813 bis 1814, Franz Axer (geboren 1780 zu Pettau und gestorben 1824 als Kurat in Kl. Geist in ^15-4- der Kollos) von 18l4 bis 1817 und Johann Puckl (geboren 1778, ordiniert 1802, gestorben als Pfarrer in Maria Rast am 8. Jänner 1828) von 1817 bis 10. Jänner 1819. — Am 7. Oktober 1818 wurde der Minoritenkonvent aus Mangel an Arbeitskräften aufgelassen und dessen Gült am 17. März 1819 dem Benediktinerstifte St. Paul in Kärnten übergeben. Am 23. Jänner 1819 wurden das Kloster, die Kirche und die Pfarre definitiv den Weltgeistlichen überlassen. Als wirklicher Pfarrer wird in dieser Zeit Karl Rotter, gewesener Feldkaplan, von 1819—1828 genannt, dem als Provisor Josef Treplag (1828—1833) folgte. Dieser Priester, geboren in Lembach am 31. Jänner 1802 und 1826 zu Graz ordiniert, wurde 1833 Lokal- kurat und 1863 Vorstadtpfarrer zu St. Magdalena in Marburg, wo er als Lavanter geistlicher Rat am 8. April 1871 selig im Kerrn verschied. Im Jahre 1828 begann die Kongregation des heiligsten Erlösers oder der Redemptoristen, unterstützt vom Seckauer Fürstbischöfe SebaskianZängerle und vom Grafen Keinrich Adam von Brandts, dem Inhaber der Burg Marburg, mit der Regierung wegen der Übernahme der windischen Pfarre zu unterhandelnd ' 1'. Karl Mader 0. 88. k., Die Kongregation des Aller- heiligsten Erlösers in Österreich. Ein Chronicalbericht über ihre Ein¬ führung, Ausbreitung, Wirksamkeit und ihre verstorbenen Mitglieder als kleine Festgabe zur Centenarseier ihres hl. Stifters Alphonsus Maria de Liguori. Wien 1887. S. 77—81. — Gaben des katholischen Pretzvereins in der Diözese Seckau für das Jahr 1888. Graz, 1888. (1. Erbauendes: Aus der Chronik der Redemptoristen-Congregation. S. 3—130. Vielfach wörtlicher Abdruck aus dem obzitierten Werke des I>. Karl Mader L. 88. R.) -x- 16 Die Unterhandlungen dauerten bis 1833. In der Kar¬ woche dieses Jahres kam der erste Rektor ?. Franz Kosmaoekmit seinen Mitbrüdern, den slovenischen Patres Ojevic und Dornig, in Marburg an, wo sie aber in der Burg wohnen mußten, bis sie nach Überwindung ungeahnter Schwierigkeiten am 22. April 1833 Kloster und Pfarre in Besitz nahmen, die sie durch 15 Jahre bis zu ihrem 1849 erfolgten Wegzuge aus Marburg getreu versahen. Das dem Einstürze nahe Kloster wurde mit dem Religionsfondsbeitrage per 4000 U und unter bedeutenden Opfern der Kongregation selbst hergestellt. Das Kolle¬ gium zählte im Durchschnitte bloß 7 Väter, die eine Pfarr¬ gemeinde von 3000 Seelen zu besorgen und den Reli¬ gionsunterricht in zwei Schulklassen zu erteilen hallen. ?. Joseph Dornig wurde als Sloveue — geboren 1788 in Radmannsdorf in Oberkrain, in Graz 1818 ordiniert und am 14. September 1828 Profeß — mit den pfarr- lichen Verrichtungen betraut und führte dieselben abwech¬ selnd mit ?. Johann Bapt. Ojevic' bis zur Unter¬ drückung des Kollegiums, d. i. bis zum 1. Mai 1849. Der beliebte Pfarradministrator Dornig starb zu St. Peter bei Marburg am 14. Juli 1868 und wurde daselbst in der Gruft unter der Pfarrkirche begraben.- ?. Franz Kosmaeek, der erste Rektor des Re¬ demptoristen-Kollegiums in Marburg, war am 17. Ok- ' Mr Dornig und Ojevic stellte der k. k. Bibliothek-Kustos Bartholomäus Kopitar die Zeugnisse über die Kenntnis der sloveni¬ schen Sprache aus, die dem Gubernium vorgelegt wurden. Auf dem Grabsteine zur Evangelienseite des Gruft-Altars ist solgende Inschrift angebracht: ^.tr.v.zosepkus Dornig, natu« Larvi- -L- 17 -Z- tober 1799 zu Pilgram in Böhmen geboren. Er ab¬ solvierte 1818 zu Prag die Philosophie und wollte darauf in Wien Medizin studieren. Allein infolge ge¬ machter Bekanntschaft mit dem Apostel von Wien, 19. Klemens Maria Kofbauer, widmete er sich der Theologie, trat in die Kongregation ein und wurde am 18. Oktober 1822 zum Priester geweiht, worauf er sofort als ausgezeichneter Missionär zu wirken begann. Im Jahre 1833 wurde er Rektor des Kollegiums in Wien und als solcher richtete er unter schwierigen Umständen das Marburger Kollegium ein. Von Marburg wurde er nach Innsbruck berufen, wo er bis 1836 Oberer blieb. Im Jahre 1839 reiste er nach Rom zur Kanonisation des hl. Stifters Alphonsus Maria de Liguori und kehrte dann nach Wien zurück, wo er von 1840 bis 1846 als Rektor des Kaufes und als Konsultor des Generaloikars fungierte. Als sich die Kongregierten im April 1848 zerstreuten, hielt er sich in der Nähe Wiens auf und wirkte als eifriger Prediger und Beichtvater in ver¬ schiedenen Gegenden sehr segensreich. Im Jahre 1858 hielt er zu St. Andrä im Lavanttals Exerzitien für den Klerus der Diözese Lavant. Anfangs des Jahres 1860 wurde er leidend von Leoben nach Wien gebracht, wo er gottergeben im Kaufe Maria-Stiegen am 5. Mai 1860 im Kerrn verschied. In Marburg löste ihn 1833 ab I'. Bartholomäus Pa ja lieh — geboren am 17. Jänner 1791 in Reska auf otus in paämannsäork. Prius iu LouArsMttous 8s. pöäsmxtoris, purocliiuL sä b. Mnrium itlarburg^ctuin per 20 urinos Kto quiesLLNs, mortuus ost 14. zulii 1868 uLtatt.s suuo 80 unnorum, suuerctos iubilatus. U. I. p. Darunter ist ein Meszbuch mit Kelch abgebildet. 2 18 -4- der Insel Veglia, zum Priester 1814 geweiht, kam zur weiteren Ausbildung nach Wien, wurde mit L. Hofbauer bekannt und dessen gelehriger Schüler — der durch sechs Jahre das Kollegium mit Festigkeit und Sanftmut leitete. Bei der Lholeraseuche 1836 in Marburg war er der erste und eifrigste, welcher sein Leben mit ruhiger Gleichmütigkeit für das Keil der Seelen aussehte. Im Jahre 1839 wurde er nach Modena berufen (starb am 3. April 1863), und ihm folgte der stille, rastlos tätige L. Leopold Michalek, geboren in Wien am 29. Oktober 1794 und 1819 zum Priester geweiht, unter dessen Rektorate die neuntägige Feier der Heiligsprechung des hl. Alphonsus Maria de Liguori vom 9. bis zum 17. November 1839 abgehalten ward. Der damalige Dechant und Kauptpfarrer von Saldenhofen (von 1838 bis 1844) Anton Slomšek verfaßte ein slovenisches Gedicht zu Ehren des neuen Heiligen, welches während der Festfeier täglich gesungen wurde. Die Eröffnungsrede hielt am 9. November der hochwürdigste Fürstbischof Zängerle und am folgenden Tage das Pontifikalamt und die Pontifikalvesper. Eine der fünf slovenischen Predigten wurde von Slomšek vorgetragen und die vier anderen sowie die fünf deutschen Ansprachen wurden von geladenen Predigern gehalten. Ein außerordentliches Verdienst erwarb sich k. Micha¬ lek um die slovenische Pfarrgemeinde durch die Errich¬ tung einer slovenischen Schule, die im Jahre 1841 er¬ öffnet ward. Im Jahre 1842 wurde der seeleneifrige k. Michalek zum ersten Provinzial der österreichischen Provinz ernannt und nahm in Wien seinen ständigen Sitz. Er starb in Prag am 6. März 1857. In Marburg wurde sein 19 -L- Nachfolger der herzensgllkige k. Johann Oj e vi c. Er war am 24. Juni 1804 zu Graz geboren, wuchs aber in Laibach heran, trat 1826 in die Kongregation ein und legte am 14. September 1828 die Gelübde ab. Am 14. März 1832 zum Priester geweiht, wurde er nach Leoben, dann nach Wien und im Frühjahre 1833 nach Marburg berufen, wo er sich als Kaplan und als Pfarradmini¬ strator durch seine Sanftmut, Frömmigkeit und unermü¬ dete Tätigkeit die Liebe der Pfarrskinder im hohen Grade erwarb. Sie nannten ihn nur ihren heiligen Kaplan, ihren heiligen Pfarrer. Als er einst auf längere Zeit verreist war und dann eines Nachmittags plötzlich wieder auf der Kanzel erschien, weinten alle vor Freude. Er hielt auch herrliche Priesterexerzitien in Graz, in Marburg und in Rohitsch. Nach erfolgter Aufhebung der Redemp- toriskenkongregation wurde Ojevic Pfarrer, Dechant und Schuldistriktsaufseher in Mahrenberg, welches Amt er vom 13. November 1849 bis zum 1. Mai 1854 gewissen¬ haft verwaltete und hierauf in seinen Orden zurückkehrte. Es wurde ihm das Amt eines Ministers im Kollegium zu Leoben übertragen. Von hier aus hielt er 1858 eine slovenische Mission und die Prieskerexerzitien in Unter¬ steier ab. Kierauf kam er nach Wien und 1863 nach Innsbruck, wo er nach gesegnetem Wirken als Minister und Missionär am 17. Juli 1884 selig im Kerrn entschlief. Infolge seiner allzugroszen Milde schien unter seinem Rektorate die Disziplin im Marburger Kollegium zu er¬ schlaffen ; weshalb L. F r a n z i s k u s T a v. W o h l m a n n >845 zum Superior bestimmt ward. Dieser war am 8. August 1797 zu Netolitz in Böhmen geboren, legte 1825 die Gelübde als Redemptorist ab und erhielt am 2* Die alte Pfarrkirche mit dem Kloster. 21 Mariä-Geburtsfeste 1827 die heilige Priesterweihe. Er war ein gewaltiger Mann in Wort und Tat. Er galt als ausgezeichneter Kanzelredner, der sich mit der größten Sorgfalt auf seine Vorträge vorbereitete. Trotz seiner Redegewandtheit war er nie auf die Kanzel zu bringen, wenn er nicht wenigstens acht Tage vor der Predigt davon verständigt wurde. Seine Vorträge schrieb er mit kalli¬ graphischer Kand in seinen Folioband und studierte sie dann fleißig ein. Dafür war auch sein Vortrag so meister¬ haft, daß er hierin nicht Seinesgleichen fand. Ton und Aktion waren hiebei so natürlich, daß keiner von den Zuhörern ahnen konnte, mit welch staunenswertem Fleiße der Redner sich bereitet hatte. Im Jahre 1842 wurde ?. Wo hl mann Oberer in Eggenburg und 1845 Rektor in Marburg. Kier hatte er alle Vorbereitungen zum Baue einer neuen Pfarrkirche getroffen, als er vor Ablauf seiner dreijährigen Amtszeit 1847 nach Wien abberufen wurde. Nun wirkte er zumeist als gottbegeisterter Missionär in Böhmen, Mähren und Schlesien und starb am 9. Juni 1865. Die Leitung des Marburger Kollegiums wurde wieder in die Künde des gottinnigen ?. Ojevic gelegt, der sie bis zur Aufhebung der Kongregation des hei¬ ligsten Erlösers, die am 3. Juni 1848 intimiert wurde, führte.' Zufolge Erlasses des Ministeriums des Innern vom 22. September 1848 Z. 1909 wurde diese Vorstadt¬ pfarre den Redemptoristen genommen. Am 11. Oktober des¬ selben Jahres verließen nun die so segensreich wirkenden ' Vergleiche den Bries des ?. Ojevic im Buche: Johannes Nordmann (Rumpelmayer), Die Liguoricmer. Ihre Konstitution und ihre Korrespondenz. Wien, 1849. Seite 282—286. -Z- 22 Patres das Kloster und zerstreuten sich nach allen Winden. Ein Kongregierter ?. Ru p e rt E s ch k a stard und ruht in Marburg. Geboren am 27. April 1808 zu Obertham in Böhmen, trat er nach absolvierter Philosophie am 3. No¬ vember 1827 in die Kongregation ein und legte am 6. Jänner 1829 zu Mautern das Gelübde ab. Am 25. Juli 1833 erhielt er zu Graz die Priesterweihe und wurde am 2. September des gleichen Jahres dem Kol¬ legium von Marburg zugeteilt. Der tieffromme, kränk¬ liche Pater wurde sogleich zum Minister des Kaufes er¬ nannt und zugleich zum Katecheten an der Stadtschule bestellt. Alsbald erfreute er sich allgemeiner Verehrung und Liebe. Ein Brustübel zehrte an seinem Leben, bis es am 27. Juni 1841 sanft erlosch. An der südlichen Außenmauer der Kapelle des städtischen Friedhofes in Marburg ist unter Blechdach eine Marmorplatte mit fol¬ gender Inschrift angebracht: „Lopiosa rsäemtio. (Folgt das Abzeichen der Kongregation). Frommen Gebeten wird empfohlen der hochwürdige Kerr Rupert Eschka, Priester der Versammlung des heiligsten Erlösers. Gebo¬ ren zu Obertham in Böhmen den 26.(?) April 1808, ge¬ storben den 27. Juni 1841 zu Marburg an der windischen Pfarre. (Darauf folgt die Abbildung eines Meßkelches). Ich weiß, daß mein Erlöser lebt, und ich werde am jüngsten Tage von der Erde auferskehen. lob 19, 25. K. I. — Auf einer älteren an die Wand angelehnten Steinplatte am Boden befindet sich unter einem Toten¬ kopfe die Legende: „Ruhestätte des hochwllrdigen Kerrn ?. Rupert Eschka." Nach dem Weggange der Redemptoristen wohnten im Kloster und wirkten in der Pfarre wieder Weltgeist- -z- 23 liche (1849 bis 1864) und zwar Josef Kostanj.ovetz (geboren in der Pfarre St. Margareten an der Pesniz am 12. Februar 1803 und ordiniert am 1. August 1830) als Pfarrer von 1849 bis 1859 und Franz Loren eie als Provisor von 1859 bis 1864. Der Erste erhielt im Jahre 1859 die Dom- und Stadtpfarre zum Kl. Johannes Bapt. in Marburg und starb allhier am 23. Dezember 1866 als Domdechant des F. B. Lavanter Domkapitels. Der Zweite (geboren in St. Georgen in W. B. am 4. Ok¬ tober 1821 und ordiniert am 27. Juli 1845 zu Graz) wurde 1864 Pfarrer zur Kl. Dreifaltigkeit in Kleinsonntag, wo er bis zu seiner Pensionierung wirkte und dann als Jubelpriester und Seckauer f. b. Geistlicher Rat in Rad- kersburg am 19. Juli 1907 im 86. Lebensjahre starb. Zur Universalerbin seines nicht unbedeutenden Vermögens setzte er die Pfarrkirche seines Geburtsortes St. Georgen in W. B. ein. Die Zunahme der Bevölkerung, die vielen Schreib¬ geschäfte des Pfarrvorstehers und zumal die Besorgung des Militärspitals in der Grazervorstadt erheischten die Besetzung dieser Pfarre durch wenigstens drei Priester. Und so wirkten von 1849 bis 1864 an der „«indischen Pfarre" als erste Kapläne: Johann Strah (geboren in St. Andrä in W. B. am 4. Dezember 1815, ordiniert am 1. August 1841) vom 12. November 1849 bis 23. April 1850. Am 1. Mai 1850 wurde er Kurmeister in Pettau, 1855 Pfarrer in St. Ruprecht, wo er am 29. Oktober 1893 starb. — Martin Terstenjak (ge¬ boren am 8. November 1817 in der Pfarre St. Georgen an der Stainz und ordiniert am 28. Juli 1844 in Graz) vom 1. Mai bis 30. September 1850. Er diente als -4— 24 ° Kaplan in Schleiniz, in Luttenberg, in Kaidin, in Pettau, als Gymnasiallehrer in Marburg, als Pfarrer in St. Georgen an der Slldbahn, in Ponikl und in Altenmarkt, woselbst er am 2. Februar 1890 starb. Er erwarb sich als Geschichtsforscher der Slowenen große Verdienste und einen klangvollen Namen. — Franz Simonie (geboren in der Pfarre St. Urban bei Pettau am 30. November 1803 und zum Priester geweiht 29. Juli 1832) vom 18. Oktober 1850 bis 30. April 1857. Er starb als Kurat in Kl. Kreuz bei Marburg am 15. April 1866. — Johann Nepom. Simonie (geboren am 23. Mai 1825 in St. Wolfgang bei BiZ und ordi¬ niert am 22. Juli 1849 in Graz) vom 1. Mai 1857 bis 23. April 1861. Er starb als Pfarrer und Iubetpriester in St. Johann am Draufelde den 13. Mai 1906. — Blasius Dolinäek (geboren zu St. Agyden bei Schwarzenstein am 26. Jänner 1827 und zu St. Andrä ordiniert am 26. Juli 1852) vom 1. Mai 1861 bis 30. April 1863. Er starb als pensionierter Pfarrer von Sternstein dortselbst am 28. Dezember 1899. — Josef Fleck (geboren in Lichtenwald am 12. März 1829 und ordiniert den 30. Juli 1857) vom 1. September 1860 als zweiter und seit 1. Mai 1863 bis 27. August 1863 als erster Kaplan. Im Jahre 1859 diente er als Stadt- pfarrkaplan und Benefiziat in Windischgraz, kam von der Vorstadtpfarre Kl. Maria in Marburg an die Dom- und Stadtpfarre, wo er als Kaplan und Katechet an der Mädchenschule und von 1867 bis 1868 auch als pro¬ visorischer Neligionslehrer am k. k. Gymnasium wirkte. Am 16. September 1869 wurde er Dom- und Stadt¬ pfarrvikar, am 25. Jänner 1881 Pfarrer von Lembach, —25 im November 1886 Pfarrer und Dechant in Iaring und 1897 Propst von Pettau. Als zweite Kapläne wirkten in dieser Pfarre: Johann Senekovič (geboren im Stainzertale, Pfarre Nadkersburg, am 5. März 1799 und am 1. August 1830 zum Priester geweiht) vom 1. Oktober 1849 bis 17. Ok¬ tober 1850. Er starb in Zirkoviz am 22. April 1859. — Franz Zainker (geboren in der Pfarre St. Thomas bei Großsonntag am 1. Oktober 1809 und in Graz am 31. Juli 1836 ordiniert) vom 18. Oktober 1850 dis 31. Dezember 1853. Von hier begab er sich zu den Lazaristen oder Missionspriestern des hl. Vinzenz von Paul und starb als Lazarist im hohen Alter zu Wien am 19. Februar 1899. — Franz Krajnc (geboren in der Pfarre St. Auprecht in W. B. am 1. April 1825 und am 21. Juni 1848 ordiniert) vom 9. Jänner 1854 bis 30. November 1856. Kernach wurde er Kurmeister an der Dom- und Stadtpfarre zum Kl. Johannes Bapt. und sodann im November 1860 gleichfalls Kurmeister und später Pfarrprovisor in Pettau. Am 1. Juni 1866 erhielt er die Pfarre St. Margareten unter Pettau, wo er am 21. Februar 1880 im Kerrn verschied. Zn der Karwoche 1876 weilte der Verfasser dieses Buches als Prieskertheologe beim herzensguten Kirten in der Aus¬ hilfe. — Der obgenannte Priester Johann Simonie fun¬ gierte vom 12. Dezember 1856 bis 30. April 1857 auch als zweiter Kaplan. Ihm folgte Matthias Modri¬ njak (geboren zu Polskrau am 22. Jänner 1824 und zu Graz am 25. Juli 1847 zum Priester geweiht) vom 1. Mai 1857 bis 29. März 1859. Von hier kam er als Kaplan an die Dom- und Stadtpfarre, wurde 1859 fürst- 26 bischöflicher Kofkaplan, am 14. Mai 1866 Pfarrer und Dechant in Jaring, 1868 Domherr und Professor der Pastoral und Katechetik in Marburg, im August 1878 Propst und Kauptpfarrer von Petkau, wo er am 12. August 1895 das Zeitliche segnete. — Karl Wellebil (geboren zu St. Peter bei Marburg am 22. November 1822 und ordiniert den 26. Juli 1846) vom 29. März 1859 bis zum 30. November 1859. Er starb als Pfarrer von St. Agyden in W. B. am 7. Juli 1878. — Anton DruLoviö (geboren in der Pfarre St. Andrä in W. B. am 5. März 1821 und zu Graz ordiniert den 28. Juli 1844) vom 1. Dezember 1859 bis zum 31. August 1860, als er wegen Kränklichkeit in den Ruhestand trat und als Pensionist in Marburg am 23. Juni 1888 starb. — Benedikt Juri (geboren in Dobova bei Rann am 28. November 1836 und zum Priester geweiht imm 25. Juli 1860) vom 1. Mai 1863 bis zum 30. April 1864. Dieser letzte Weltpriester-Kaplan in der „windischen Pfarre" starb als Pfarrer von Pöltschach am 8. Mai 1889. Am 1. Mai 1864 wurde das Kloster samt der Pfarre den Franziskanern aus der vereinten steirisch-tirolischen Ordensprovinz des hl. Leopold mit Gubernialdekret vom 14. März 1863 Z.4473, ferner mit Entscheidung der heiligen Kongregation der Bischöfe und Regularen vom 20. Oktober 1863 und mit Lavanter Ordinariats-Erlasse vom 30. April 1864 llbergeben. Als erster Pfarradministrator aus diesem Orden war hier ?. Bruno Jesih vom 1. Mai 1864 bis zum 31. August 1873 tätig. ?. Bruno, mit dem Taufnamen Josef, war in der Pfarre Svetinje am 3. März 1811 geboren, trat am 4. Oktober 1832 in den Orden, legte am 15. August 1835 die feierliche Profeß ab und -r- 27 wurde am 31. Juli 1836 ordiniert. Vom Jahre 1854 bis 1863 wirkte er als erster Superior und Pfarradmini¬ strator in Kl. Dreifaltigkeit, von wo er nach Marburg wieder als erster Superior und Pfarrverweser berufen ward. Von 1866 bis 1869 versah er das Amt eines Pro- vinzialdefinitors und Kommissars des ?. Provinzials für Steiermark. Von Marburg kehrte er nach Kl. Dreifal¬ tigkeit zurück und wirkte hier als Superior und Pfarr¬ administrator bis zu seinem, in Graz am 17. September 1881 erfolgten Tode. Ihm folgten die Pfarradministratoreu ?. Eustachius Puntner (vom 1. September 1873 bis 15. August 1882), der später säkularisiert die Pfarre Maria Neustift bei Oberburg versah und gegegenwürtig als Pensionist in der Pfarre Kl. Dreifaltigkeit in W. B. lebt; dann U Kallistus Keric (16. August 1882 bis 31. Au¬ gust 1887), ?. Man suetus Berna rdiö (1. September 1887 bis 14. Oktober 1888), der später zum Provinzial der österr.-steirischen Provinz zum hl. Bernardin von Siena erwählt wurde, und dann neuerlich ?. KallistusKeric, der seit dem 15. Oktober 1888 bis heute sich die größten Verdienste um die Umgestaltung der Pfarrkirche, des Pfarrhauses samt Kloster und der Pfarre erworben hat und noch erwerben wird. Er ist der erste Ordenskurat in der Diözese, der den Pfarrkonkurs abgelegt hat und auch mehrere wichtige Stellen in der F. B. Kurie versieht. — Am 3. Juni 1900 wurde der Franziskanerkonvent in Marburg der neubegrenzten Ordensprovinz „8. Oueis Oarnioliao" einverleibt. Außer den Pfarradministratoren führe ich noch kurz an: Die Klostervorsteher: Superior ?. Bruno Jesih (1864—1873); die Guardiane: ?. Eustach 28 Puntner (1873—1882); ?. Kallistus Keric (1882 —1887); p. Nikolaus Meznario (1887—1888); ?. Kallistus Keric (1888—1901); L. Philippus Ben. Perc (1901—1903); Kallistus Keric (1903 bis heute). — Ferner dieDikare: Jakob a Bit. Gernbach (1873—1875); ?. Emerich Ertl (1875- 1878); ?. Severin Man hart (1878—1881); ?. Ludwig Wellenthal (1881—1884); L. Severin Manhart (1884—1886); L. Ludwig Wellenthal (1886—1900); ?. Philippus Ben. Perc (1900— 1901); ?. Kallistus Keric (1901—1903); ?. Phi¬ lippus Ben. Perc (1903—1904); ?. Robert Do¬ linar (1904—1905); L. Klarus Rottmann (1905 bis jetzt). Die Kaplane: ?. Eustach Puntner (1864— 1869); ?. Gelasius Rojko (1864—1865,1871—1876, 1879—1884, 1888—1889); ?. OttokarStuhec (1865 —1866, geb. zu Kl. Kreuz bei Luttenberg am 11. März 1836, trat nach seinen Gymnasialstudien in die Kongre¬ gation der Lazaristen ein, wurde am 14. Juni 1862 in Paris zum Priester geweiht, wirkte von 1862 bis 1864 als Missionspriester zu St. Joseph in Cilli, wurde am 25. August 1864 in Graz als Franziskaner eingekleidet, aber am 8. August 1866 aus dem Orden entlassen, hielt sich dann an verschiedenen Orten auf und wurde schließlich Pfarrer zu St. Ladislaus im Belovarer Komitate); L. Loelestin Foäner (1866—1867); k. Primus Luöek (1867—1869, 1873—1878); ?. Franz Bl. KriLan (1869—1871); ?. Viktorin Pivko (1869 —1877); ?. Rusin Kauer (1871—1873); ?. Kal¬ listus Keric (1876—1882); ?. Mansuet Der- 29 -L- nardiö 1877—1887); ?. Josaphat Amschl (1878); ?. Nikolaus Meznario (1881—1887, 1895—1898); ?. Elektus Kamler (1887—1888, 1892—1893); ?. Nazarius Schönwetter (1887—1892, 1893— 1895, 1898—1902); ?. Klarus Rottmann (1889— 1902); ?. Dalerian Landergott (1895 bis heute); ?. KlemensGrampovoan (1902—1903); O. A l k a n- tara vertane (1902—1903); L. Kassian Zemljak (1903 bis heute); ?. Friedrich Satter (1903—1907); ?. Mariophil Koleöek (1907 bis heute). Andere Kurat-Väter: 0. Accursius Ke¬ tt ögl, Aushilfspriester (1864—1865, 1866—1871); 0- Theodosius Ortner (1865—1866, 1883—1886); ?- Florian Sorger (1879—1883); ?. Donatus Do- nat (1881—1882); ?. Kugo Frühwirth, deutscher Prediger (1887—1888); 0. Thomas 2riniö (1888— 1889 Defizient); ?. Andreas Golob (1889—1891, 1892—1893, 1894—1895); ?. Jakob a Bitecto Diwisch, deutscher Prediger (1892—1894); S e v e rin Koroäec, deutscher Prediger (1897 bis heute); ?. Ful- gentius Trafela (1904—1907). Nach diesem geschichtlichen Rückblick auf die alte Pfarrkirche, das alte Pfarrhofgebäude samt dem Kloster und auf die Entstehung und Providierung der Vorstadt¬ pfarre zur Keiligen Maria in Marburg lasse ich die drei schlichten Predigten folgen, die ich im Jahre 1882 während eines Triduums der Aussetzung und Anbetung des aller- heiligsten Altarssakramentes in dem altehrwürdigen Kirch¬ lein über das hochheilige Meßopfer gehalten habe. Predigt, über die Würde und den Wert des hochheiligen Me߬ opfers, gehalten in der Vorstadtpfarrkirche zur Kl. Maria, Mutter der Barmherzigkeit, in Marburg am Abende des 2b. Dezembers 1882. Grosz ist mein Name unter den Völkern und an allen Orten wird meinem Namen geopfert und ein reines Opfer dargebracht werden. (Nslack. 1, ll). Geliebte im Äerrn! IMWird wohl eine Zunge imstande sein, alle die Wunder und die Segnungen des heutigen hohen und hehren Festes würdig zu rühmen und zu preiseu? Wir feiern hellte eines der glorreichsten Feste des ganzen Kirchen- 31 jahres; wir begehen das hocherhabene Geburtsfes! unseres göttlichen Kerrn und Keilandes. Das wunderbare Kind, das wir in der Krippe liegen sehen, ist der ewige, einge- borne Sohn Gottes, ist der Schöpfer des Kimmels und der Erde. Welch ein Fest- und Iubeltag! Die heilige katho¬ lische Kirche versteht die Größe und Glorie des Tages recht zu würdigen und hat für dessen Begehung ganz besondere Festlichkeiten angeordnet. Nicht erst am frühen Morgen, sondern in dunkler Nacht schon ruft die Kirche durch die metallenen Zungen ihrer Glocken die Gläubigen zur geistigen Freude und Andacht; ruft durch die feier¬ lichen Glockentöne in das Dunkel der Mtternacht hinaus gleichsam so, wie einstens der Engel in der ewig denk¬ würdigen ersten Weihnacht über Bethlehems Fluren den Kirten zurief: Ich verkünde euch eine große Freude, die allem Volke widerfahren wird; denn heute ist euch in der Stadt der Keiland geboren worden, welcher Christus der Kerr ist. Diesem Rufe der Kirchenglocken hören alle chrisk- lichedlen Gemüter mit Freuden zu; alles gerät in Be¬ wegung; alles strömt den festlich geschmückten Kirchen zu. Und hier ertönt der Zubelruf: OIrristus natu.s 6 8t uobis, venite, uä oremu 8! Christus ist uns geboren worden, kommet und lasset uns ihn anbeten! Und es erhallt das festliche Gloria, das einstens himmlische Keerscharen in den Lüften selbst ange¬ stimmt haben: Ehre sei Gott inderKöheund Friede den Menschen auf Erden, die eines guten Willens sind! Und in diesen süßen Lobge¬ sang möchte jedes Chriskenherz entzückt einstimmen und -k- 32 stimmt auch ein. Doch nicht bloß in herrlichen Munstern, in prachtvollen Kathedralen und in schönen Stadt- und schlichten Landkirchen findet man heute größere Feierlich¬ keiten, nein, auch in christlichen Käufern, darinnen noch kindliche Kerzen in gläubiger Liebe zum gottmenschlichen Erlöser schlagen, erblicken wir dieser Tage zierlich gebaute und festlich beleuchtete Vor- und Darstellungen des Stalles zu Bethlehem und der Geburt Christi — finden wir, sage ich, allerliebste Krippleins. Vielleicht erinnert sich so mancher von uns mit Freudentränen in den Augen an die seligen und glücklichen Jahre der Jugend, wo er glückstrahlend und voll Wonne vor einem solchen Kripplein stand, seine Kändchen faltete und kindlich jubelte, ja, wo noch die ganze Familie in Liebe und Freude sich einfand und sang: Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt, es freut sich Jerusalem. Alleluja! O wie fröhlich und selig waren wir damals; aber auch heute sind wir überselig und glücklich, daß es uns gegönnt ist, dieses allerschönste und lieblichste Fest mit der Kirche mitzufeiern. Wie unsagbar selig waren wohl die Menschen, die vor 1882 Jahren lebten und gewürdigt wurden, das holdseligste Kindlein, welches unter allen Menschenkindern das schönste war, mit ihren Augen an¬ zuschauen, mit ihren Armen zu umfangen und mit ihrem Munde zu küssen! Doch, meine lieben Christen, wie¬ wohl wir diese Menschen glücklich schätzen, so sind wir selbst noch viel seliger zu preisen, weil wir dasselbe zarte Iesukind täglich mit den Augen des Geistes anschauen und der Freude seiner Geburt teilhaftig werden können. Dasselbe göttliche Iesukind ist verborgen im allerheiligsten Altarssakramente, das wir an diesen drei Festtagen hier- 33 orts mit innigster Andacht verehren und anbeten wollen. Der gnadenreichen Geburt des göttlichen Iesukindes können wir aber alle Tage beiwohnen, ja dieselbe mit unseren Seelenaugen sehen und betrachten, wenn wir in die heilige Messe gehen und sie hören. Denn in derselben wird die Geburt Christi erneuert und zu unserem Keile immer¬ während fortgesetzt. In der heiligen Messe ist das Christ¬ kindlein wahrhaftig gegenwärtig, nicht etwa nur geistiger Weise, sondern leiblicher Weise, in voller Wahrheit und Wirklichkeit. Die zarten Windeln, die uns das Kindlein verhüllen, sind die heiligsten Gestalten der konsekrierten Kostie, welche wir mit unseren Augen sehen; das darunter verborgene göttliche Kind sehen wir aber mit den geistigen Augen unseres felsenfesten Glaubens an die wirkliche, wahre und wesentliche Gegenwart Jesu Christi im aller¬ heiligsten Altarssakramente. So werden wir täglich an die Krippe zu Bethlehem im hochheiligen Meßopfer verseht. Und gerade dieses kostbarste, geheimnisvollste und heiligste Opfer wollen wir durch diese drei Tage zum Gegenstände unserer Abend¬ betrachtungen machen. Für unsere glaubenskalte, gleich- giltige und selbstsüchtige Zeit ist nichts so sehr vonnöten, als diesen hohen Gegenstand öfters zur Erwägung vor¬ zulegen, was auch der heilige Kirchenrat von Trient den Prie¬ stern als vorzügliche Pflicht auferlegt. (8sss. XXII. äeoretum cle observanäis et vitanäis in eolebratione Alissas). Ja, christliche Zuhörer, wisset, daß unter allen Schätzen der Welt keiner köstlicher ist, als das Opfer der heiligen Messe; daß aber auch unter allen Schäden, welche die Welt kennt, keiner für größer gilt, als das Nichtkennen und Nicht- benühen dieses heiligen Opfers. Der Schatz der Messe ist 3 -^34-4- unschätzbar, demnach auch der Schaden unersetzlich. Mit tiefstem Schmerze ist es zu beklagen, daß dieser unendlich teure Schatz, wodurch sich alle Gläubigen für immer und ewig bereichern können, wie in der Erde vergraben liegt und von wenigen erkannt, gehoben und nach Gebühr geschäht und benützt wird. Um dieses Kleinod kennen zu lernen, wollen wir heute den Wert und die Würde des hochheiligen Meßopfers näher erwägen und beherzigen. Die Betrach¬ tung möge zur Glorie des göttlichen Iesukindes, zum Ruhme seiner göttlichen Mutter Maria und zu unserer Seelen Seligkeit angeskellt sein. Wie beim Beginne der Welterschaffung die Morgensterne jubelten und die Engel jauchzten Ood 38, 4.7), so sangen beim Beginne der Welterlösung die Engel über den Fluren und Gefilden Bethlehems und dies sei heute auch unser aller Gesang: Oioria in a1ti88imi8 Ooo at in terra pax bominibu8 bonas voluntati8! (Ime. 2, 14). Vielgeliebte im Kerrn! Damit ihr gleich wisset, von welch wertvollem Gegen¬ stände ich rede, so höret vorerst, was die Messe ist? Die heilige Messe ist das immerwährende Opfer des neuen Bundes, in welchem sich Jesus Christus unter den Gestalten des Brotes und des Weines seinem himmlischen Vater un¬ blutigerweise aufopfert. Betrachten wir zum ersten die äußerlichen Herr¬ lichkeiten des heiligen Meßopfers. Der gotterleuchtete heilige Franz von Sales bezeichnet in seiner goldenen An¬ leitung zum frommen Leben Philothea die heilige 35 Messe „als die Sonne der geistlichen Übungen, als das Kerz der Andacht, als die Seele der Frömmigkeit, als die Flammen der göttlichen Liebe, als den Abgrund der Barmherzigkeit Gottes und als das kostbare Mittel, wodurch Gott uns seine Gnade zuwendet." Zu diesen herrlichen Worten setzt ein anderer Geisteslehrer hinzu: „Majestätisch sind zwar die Sakramente, allein noch weit majestätischer ist das Meßopfer. Jene sind Ge¬ fäße der Barmherzigkeit für die Lebenden, dieses aber ist ein unerschöpfliches Meer göttlicher Freigebigkeit für die Lebenden und für die Verstorbenen." Sehet, andächtige Zuhörer, wie herrlich das heilige Meßopfer gerühmt und gepriesen wird! So laßt uns denn sehen die Vortreff¬ lichkeit, den Wert und die Würde des neutestamentlichen Opfers! Vorab erkennen wir die Vorzüglichkeit der Messe aus der erhabenen Konsekrierung oderWeihung der Kirchen und der Altäre. Wer jemals der Einweihungsfeier einer Kirche oder nur eines Altars bei¬ gewohnt und verstanden hat, welche Gebete da gesprochen und welche Zeremonien ausgeführt worden sind, der muß gestaunt und sich gewundert haben, wie überaus herrlich und glorreich jede Kirche und jeder Altar geweiht und geheiligt wird. Doch, warum verwendet man auf die Konsekration einer Kirche oder eines Altars, in welchen auch Reliquien von heiligen Blutzeugen einzulegen sind, so viel Zeit, Mühe, Arbeit, Unkosten? Darum, damit die Kirche würdig werde, auf daß in ihr dem Allerhöchsten das hochwürdigste Meßopfer dargebracht und auf dem konsekrierten Altäre das reinste und heiligste Lamm Gottes geschlachtet werden könne. 3* Das Gnaöenbilö Mariä, Mutter öer Barmherzigkeit, 37 Weiters erkennen wir die hohe Vortrefflichkeit der heiligen Messe aus den heiligen Weihen der Priester und geistlichen Diener der Kirche. Jeder Priester muß vier niedere und drei höhere, also sieben Weihen empfangen, ehevor er die Gewalt hat, das hochheilige Meßopfer dem dreieinigen Gott darzubringen. Und die Gebete und die Zeremonien und die Salbungen, unter denen die heilige Priesterweihe erteilt wird, o wie bedeutungsvoll, wie hehr und erhaben sind sie nicht! Könnte ich euch, meine Lieben, alles dies näher erklären, ihr würdet sofort erkennen, daß alles dies geschieht, damit der Priester hinlänglich gereinigt, geheiligt und würdig gemacht werde, der schrecklichen Majestät Gottes das reinste und heiligste Meßopfer darzubringen. Viel, ja sehr viel wäre noch davon zu sagen, aber die flüchtige Zeit drängt und drängt. Ferner erkennen wir die Erhabenheit der heiligen Messe aus den vielen Gegenständen, die dabei be¬ nötigt werden. Es sind mannigfaltige Priesterkleider voll symbolischer Bedeutung erforderlich, wie das Schultertuch, die Alba, der Gürtel, die Manipel, die Stola, das Me߬ gewand. Überdies sind notwendig der vom Bischöfe durch Gebet und Salbung mit dem heiligen Ehrisam geweihte Kelch samt Patene, die aus den edelsten und kostbarsten Metallen gefertigt sein müssen, ferner die Palla, das Korporale, das Purifikakorium, das Velum, zwei Me߬ kännchen, eine Kostie, Wein und Wasser, ein Lavabotüchlein, drei Altarlinnentücher, ein Krenz auf dem Altäre — der ein geheimnisvoller Kalvarienberg ist, auf dessen Spitze die Kreuzesfahne weht — wenigstens zwei Leuchter mit zwei brennenden Kerzen, das Meßbuch mit dem Meßkissen 38 und ein Glöcklein. Alles dies wird zur rechtmäßigen Darbringung des heiligen Meßopfers erfordert. Sodann erkennen wir die Vortrefflichkeit der heiligen Messe aus den erhebenden und erbauenden Zeremonien, die bei jeder heiligen Messe in An¬ wendung kommen. Ich führe nur die vornehmsten an. Der Zelebrant bezeichnet sich mit dem heiligen Kreuze 16mal, wendet sich zum Volke 6mal, küßt den Altar 8mal, erhebt seine Augen zum Kimmel l lmal, schlägt an eine Brust lOmal, kniet nieder lOmal, legt seine Künde zusammen 54mal, beugt sein Kaupt 21mal, beugt sich tief 8mal, segnet das Opfer mit dem Kreuzzeichen 31mal, legt beide Künde auf den Altar 29mal, betet mit ausgebreiteten Künden 14mal und mit gefalteten 36mal, vollzieht dazu noch 35 verschiedene Kandbewegungen, betet still llmal, laut 13mal, deckt den Kelch ab und zu lOmal, geht hin und her 20mal. Neben diesen 350 Zeremonien muß der Messeleser noch l50 andere beachten, was zusammen 500 Zeremonien ausmacht. Jeder Zele¬ brant muß außerdem auf 400 Rubriken oder Regeln acht haben, so daß, diese zu den Zeremonien gerechnet, der Priester 900 Kandlungen zu vollbringen hat, deren keine er ohne wenigstens läßliche Sünde unterlassen darf. Alle diese Zeremonien zusammengenommen bilden ein so wundervolles, kunstreiches Ganze, daß man sagen kann, auf der ganzen weiten Welt gebe es keine in sich vol¬ lendetere und die Seele mit mehr Wonnegefühl er¬ füllende Erscheinung. Des gläubigfrommen Katholiken Seele wird unwiderstehlich durch sie ergriffen und gefesselt; aber selbst Ungläubige mußten oft beim Anblicke dieser -r- 39 -Z- heiligen Wandlungen erkennen: hier waltet Gottesfinger und nicht des Menschen Kand. Die hohe Bedeutung der heiligen Messe ersehen wir auch daraus, daß die Gnadenmittel zu unserer Erlösung vielfach vom heiligen Meßopfer ab¬ hängig sind. Sie sollen und können zum größten Teile nur von solchen gespendet werden, welche die Ge¬ walt besitzen, zu opfern: nämlich von Bischöfen und Priestern. Die Spendung der heiligen Sakramente stellt sich als eine Ausdehnung der Opfertätigkeit dar; sie ist die Zuwendung der Frucht des Opfers. Die Spendung der Sakramente und der Gebrauch manches Sakramen¬ tale findet im Anschlüsse an die Opferfeier statt. So wird das allerheiligste Altarssakrament, welches der katholische Christ wenigstens in der österlichen Zeit empfangen muß, in der heiligen Messe bereitet und tunlichst in derselben gespendet. Die Geistlichen werden am Altäre und inner¬ halb der heiligen Messe geweiht. Die Brautleute em¬ pfangen nach dem „Vaterunser" der heiligen Messe den Brautsegen. In Verbindung mit der heiligen Messe wird auch die Materie einzelner Sakramente geheiligt: am Kar¬ samstage und Pfingstsamstage das Taufwasser, am Grün¬ donnerstage die heiligen Ole zur Spendung der Firmung und der letzten Ölung. Die hohe Würde des heiligen Meßopfers predigt uns auch der Umstand, daß die Darbringung dieses Opfers der Kauptgottesdienst ist. Die Kirche hat ver¬ schiedene Andachtsübungen z. B. die ewige Anbetung des allerheiligsten Sakramentes, die Kerz Jesu- und Mariä- Andacht, die Litaneien, dieKreuzweg- und Rosenkranzandacht eingeführt und wünscht und ladet dringend ein, daß alle, -z- 40 welche können, ihrer Einladung auch wirklich Folge leisten. Aber sie macht die Teilnahme an diesen Andachten nicht zur strengen Pflicht. — Die Kirche verpflichtet ihre Diener, das Wort Gottes an Sonn- und Feiertagen zu verkün¬ digen, woraus sich für die Gläubigen die Pflicht ergibt, die Predigt zu hören. Allein ein solches Gebot ist dies nicht, daß ein jeder Katholik unter einer Sünde zur Anhörung der Predigt an den Tagen des Herrn verhalten wäre. Wohl aber ist jeder katholische Christ unter einer Tod¬ sünde verpflichtet, jeden Sonn- und Feiertag Messe zu hören. Nur Unmöglichkeit entbindet ihn von dieser Ob¬ liegenheit. Warum dies? Darum, weil die Messe auch eine Predigt, und zwar verständlich, faßlich und eindring¬ lich, für alle Katholiken ist. Hauptsächlich aber darum, weil die Opferfeier von unvergleichlich höherer Würde ist. Der Prediger auf der Kanzel spricht zu Menschen. Der Priester am Altäre spricht zu Gott, um ihn anzubeten, ihm zu danken, ihn zu versöhnen und zu bitten. Wird deshalb wöchentlich einmal gepredigt, so wird die heilige Messe dagegen täglich gefeiert, und wo mehrere Priester sind, täglich ebenso vielmal, als Priester da sind. Endlich hat auch die Kunst, sowohl die redende wie die bildende, von jeher alle ihre Kräfte zur Ver¬ herrlichung der Opferstätte und des Opfers des neuen Bundes aufgeboten. Noch nie hat die Welt so gewaltige Worte, so entzückende Gesänge, eine so harmonienreiche Musik, so schöne Lieder vernommen, wie die zur Ver¬ herrlichung des heiligen Meßopfers komponiert worden sind. Nirgends hat das Auge so herrliche Gemälde, so kunstvolle Statuen, so anziehende Zierden gesehen, wie an den Stätten, wo das hochheilige Meßopfer gefeiert 41 -z- wird. Nirgends in der Welt sind dem Menschen so gro߬ artige Bauten, so himmelanstrebende Türme, so voll¬ kommene Baudenkmale begegnet, wie wir sie in und an den katholischen Kirchen finden. Welche Gebäude in der Welt sind mit der St. Peters-Basilika in Rom, mit dem gotischen Dom in Köln, mit der Grabeskirche in Jeru¬ salem zu vergleichen? Alle diese Pracht und Herrlichkeit gilt aber und dient der Ehre desjenigen, der sich für uns sündige Menschen alle Tage seinem himmlischen Vater in der heiligen Messe aufopfert. Das heilige Meßopfer ist die Sonne, die alle Welt mit ihrem Glanze erfüllt; sie ist der Brenn- und Mittelpunkt aller Gottesverehrung und alles kirchlichen Lebens; sie ist die Quelle alles Schönen, Erhabenen, Heiligen und Erfreulichen, was je in der Welt gefunden worden ist und noch gefunden werden wird. Stetsfort bewahrheitet sich die berühmte Weissagung des Propheten Malachias über das heilige Meßopfer: Groß ist mein Name unter denVölkern undanallen Orten wird meinem Namen geopfert und ein reines Opfer dargebracht w erd en, spricht der Herr der Heerscharen, (^lataok. 1, 11). Vielgeliebte im Äerrn! Nicht wahr, groß ist die äußere Herrlichkeit des heiligen Meßopfers; aber weit größer ist seine innerliche Vorzüglichkeit, ist sein innerer Wert, welchen es vor Gott dem Herrn hat. Das Wesen seiner inneren Güte und Würde besteht darin, daß Jesus Christus der Gottmensch, wie St. Augustin, eines der glänzendsten Lichter der Kirche, treffend sagt, beides zugleich ist, Opfer- ^-42-;- priester und auch Opfergabe. Ipsa otteraiw, ipsa et oblatio. (Oe eivit. Oei 10, 20). Den großen Wert und die hohe Würde des heiligen Meßopfers erkennen wir am besten aus der Person des¬ jenigen, der dieses Opfer verrichtet. Und wer ist diese Person? Der Priester, der Bischof, der Papst? Nein. Ein Engel, ein Heiliger, die Königin aller Engel und Heiligen? Nein, abermals nein. Der das heilige Meßopfer darbringt, ist der Priester der Priester, der Bischof der Bischöfe, ist der eingeborene Sohn des himmlischen Vaters, Jesus Christus, der vom Vater gesalbte Priester, der ewige Hohe¬ priester nach der Weise und Ordnung des alttestament- lichen Priesterkönigs Melchisedech. Dieser ewige Opferpriesker verschafft dem neutestamentlichen Opfer eine solche Vor- tresflichkeit, welche alle Vortrefflichkeiten übersteigt und die heilige Messe wahrhafüg ganz göttlich macht. Daß Christus als Hohepriester die heilige Messe opfert, lehrt der Predigerfürst St. Chrysostomus, indem er bemerkt: „Die Priester vertreten nur die Stelle der Diener. Derjenige aber, der das Opfer heiligt und kon- sekriert, ist Christus selbst, welcher beim letzten Abendmahle das Brot verwandelt hat. Dieser tut es auch jetzt noch. Wenn du also den Priester opfern siehst, so glaube nicht, daß der Priester dies tut, sondern die unsichtbar ausge- skreckte Hand Christi verrichtet das/' Wollt ihr diesen klaren Worten des größten Bibelerklärers und Predigers der morgenländischen Kirche nicht glauben, dann führe ich Worte an, denen ihr bei sonstigem Verluste der Kirchen¬ gemeinschaft und somit der ewigen Seligkeit glauben müsset. Es sind die unfehlbaren Worte des großen Kirchen¬ rates von Trient, die da lauten: „Das Kreuzesopfer und 43 das Meßopfer ist ganz ein und dasselbe Opfer; und es ist auch derselbe Opfernde durch den Dienst der Priester, welcher sich selbst am Kreuze aufgeopfert hat." O Wunder der Gnade, der Ehre, der Wohltat für uns, daß der göttliche Heiland sich würdigt, unser Priester, unser Mittler, Versöhner, Vertreter und Fürsprecher bei der heiligen Messe zu sein! Das heilige Meßopfer hängt also seinem Wesen nach nicht von der Heiligkeit des ze¬ lebrierenden Priesters ab. Es bleibt immer heilig, rein, unbefleckt. Gleichwie ein Diener, wenn er von seinem Herrn ein Goldstück empfangen, um es in einer Wall¬ fahrtskirche zu opfern, dasselbe Opfer nicht beflecken könnte, wenn er in einer Todsünde das Opfer entrichtete, ähnlich können auch die Priester das hochheilige Me߬ opfer nicht entheiligen, nicht vermindern, da sie es im Namen Christi aufopfern. O wie heilig, würdig und heil¬ sam wäre wohl eine Messe, welche der heilige Aposkel- fllrst Petrus oder gar ein Cherub oder ein Seraph lesen würde! Und nun denket nach, von welch unerreich¬ barer Würde und Erhabenheit, von welch unmeßbarem Werte und Preise muß die heilige Messe sein, die Christus der Gottmensch selbst der anbetungswürdigen Dreifaltigkeit darbringk! Erwägt dies tief in eurem Geiste und beherziget es, und ihr werdet jederzeit mit Lust und Liebe, mit An¬ dacht und Ehrfurcht dem heiligen Meßopfer beiwohnen! Doch nicht genug! Zu einem Opfer gehört ein Opfernder und auch eine Gabe. Was ist nun diese Gabe bei der heiligen Messe? Höret und staunet! Die Gabe ist wiederum Christus selbst. Unter den äußeren Gestalten des Brotes und des Weines ist Jesus mit seinem glorifizierten oder verklärten Leibe verborgen — als Gott -Z- 44 und als Mensch. Demnach opfert Jesus Christus in der heiligen Messe seinen Leib — jenen Leib, den der ewige Schöpfer viel schöner, edler und vollkommener gebildet hat, als alle anderen menschlichen Körper; jenen Leib, der so viel Blöße, Kälte, Kitze, Lunger und Durst, Fasten und Mühen, Blutschweiß und Mißhandlung erlitten hat. Er opfert seine Zunge, die so vieles zur Ehre Gottes und zum Keile der Seelen geredet; seine Augen, die das Elend und die Mühsale der Menschen so mitleidig angesehen; seine Künde, die so reichliche Wohltaten gespendet; seine Füße, die sich wund gegangen zur Verkündigung der Keilsbotschaft: kurz er opfert seinen Leib mit allem, was er mit demselben auf Erden getan und gelitten hat. Noch mehr! Er opfert seine Seele, die an Schönheit und Kerrlichkeit alles Erschaffene, selbst alle Engel und seligen Geister überragt. Er opfert die Seele mit allen guten Gedanken, frommen Begierden, heiligen Entschlüssen und Werken, die er durch sie vollbracht; er opfert sie mit allen Tugenden, mit denen sie in Fülle geschmückt war, geschmückt ist und bleibt. — Letztlich opfert er in Vereinigung mit seiner menschlichen Natur auch seine göttliche Natur, die mit der menschlichen zu einer und zwar der göttlichen Person ungeteilt, unvermischt und untrennbar vereinigt ist. Diese erhöht das Opfer Christi zu jenem unendlich wertvollen Opfer, durch welches die Sünden der Mensch¬ heit wesentlich getilgt und vernichtet werden. Einst konnte der große Prophet Isaias wehmütig rufen: Würde ich auch alle Bäume des Libanon auf¬ schichten und auf diesem Kolzstoße alle Tiere, welche seine unermeßlichen Waldungen bewohnen, als Brandopfer ver¬ brennen, es würde nicht genügen, um Gott auf würdige 45 Weise zu opfern. (Is. 40, 16). Und der weise Sirazide bekannte das Unvermögen der Menschen, Gott nach Ge¬ bühr zu loben und zu ehren, indem er sprach: Preiset den Herrn, so hoch ihr könnet; er ist doch noch höher; denn seine Herrlichkeit ist wunderbar! Lobet den Herrn, erhebet ihn, soviel ihr könnet; denn er ist größer als alles Lob! Erhebet ihn und nehmt zusammen eure Kraft, aber bemühet euch nicht zu sehr; denn ihr werdet ihn nicht erreichen! Wer sieht ihn, so daß er ihn beschreiben könnte? Und wer kann ihn so verherrlichen, als er von Anbeginn ist? (Laali. 43, 32—35). Was nun alle Ge¬ schöpfe mitsammen nicht vermögen, das vermag das heilige Meßopfer; denn da ist es eine göttliche Person, der Gott¬ mensch Jesus Christus selbst, der dem dreimal heiligen Gott jene unendliche Anbetung und Verherrlichung dar¬ bringt, wie sie ihm ganz und voll gebührt. Das bisher vorgebrachte muß uns, meine Lieben, vollends von dem unendlich hohen Werte und von der unendlich hohen Würde des heiligen Meßopfers über¬ zeugen. Deshalb möchte ich nur noch einen einzigen Ge¬ danken in euch, christliche Zuhörer, rege machen. Das heilige Meßopfer ist ein Wunder so voller Geheimnisse, daß der große seraphische Kirchenlehrer St. Bonaventura sagen durfte: „Die heilige Messe ist auf ihre Weise so voller Geheimnisse, wie das Meer voller Tropfen, die Luft voller Stäubchen, das Firmament voller Sterne und der Himmel voller Engel ist/' Fürwahr, die vorzüglichsten Geheimnisse des ganzen Lebens und Leidens Christi sind darin enthalten uud werden uns vorgestellt. Zuvörderst wird das wunderbare Geheimnis der gnadenreichen Menschwerdung Christi nicht nur vorgestellt, sondern 46 wirklich erneuert. Denn gleichwie Maria den Sohn Gottes in ihrem allzeit keuschen Leibe vom heiligen Geist em¬ pfangen und ihn in ihrem geheiligten Schoße getragen hat, so verwandelt der Keilige Geist auf die Wandlungs¬ worte des Priesters die Gestalten des Weizenbrotes und Traubenweines in den Leib und in das Blut Christi; und der Zelebrant trägt den heiligsten Leib in seinen Künden, wie ihn Maria in ihrem reinsten Leibe getragen hat. Ist das nicht das Geheimnis gleichsam der Inkar¬ nation oder Fleischwerdung des Wortes Gottes, daß der Mensch durch die Konsekration den Keiland ^gleichsam neu hervorruft, seine persönliche Gegenwart wirklich ver¬ mehrt ? Und wird nicht ferner das gnadenreiche Geheimnis der Geburt Christi in der heiligen Messe erneuert und uns vor Augen gestellt? Denn gleichwie Christus von der Jungfrau geboren ward, so wird er in der heiligen Messe gleichsam durch den Mund des Priesters geboren, der, sobald er das letzte Wort der Wandlung gesprochen, Christum wirklich in seinen KändenZträgt. Und er kniet nieder und betet ihn an und zeigt ihn dem Volke, auf daß es ihn anbetet, wie ihn Maria und Joseph, die frommen Kirten und die heiligen Dreikönige angebetet und ihm gehuldigt haben. Kierher gehören die Worte des berühmten Einsiedlers von Bethlehem und großen Verehrers der bethlehemitischen Krippe, St. Kieronymus, die er im Briefe an Keliodorus niederschrieb: „Die Priester gebären Christum sakramentalisch mit ihrem geheiligten Wunde." Das heilige Meßopfer ist fernerein bleibendes An¬ denken des Leidens und Sterbens Jesu, wo- 47 durch wir vornehmlich erlöst worden sind. Das Leiden und Sterben war das vollkommene, war das vollendete Opfer, das Jesus für uns dargebracht hat. Der hl. Apostel Paulus schreibt mit allem Nachdrucke den Korinthern: S o oft ihrdiesesBrotessenundden Kelch trinken werdet, w erdet ihr den Tod des Kerrn ver¬ künden. (I. Lor. 11, 26). Zwischen dem Kreuzopfer und dem Meßopfer obwaltet kein wesentlicher Unterschied; nur die Art und Weise zu opfern, ist verschieden. Am Kreuze hat sich Jesus blutigerweise geopfert, in der heiligen Messe opfert er sich aber unblukigerweise, das heißt, ohne aufs neue zu leiden und zu sterben, da er mit seinem glorreichen Leibe zugegen ist. „Am Kreuze", sagt der ökumenische Kirchenrat von Trient, „hat sich Jesus selbst geopfert, indem er sich durch die Schergen schlachten lieh; am Altäre opfert er sich durch die Künde der Priester, wodurch er geistlicher Weise geschlachtet wird." Im heiligen Meßopfer ist Christus nicht mehr an das Kreuz geheftet, bemerkt ein Geistesmann, aber er liegt auf dem Altäre. Die scharfe Lanze durchbohrt nicht mehr seine heilige Seite, aber die Liebe öffnet sein Kerz. Sein heiliges Blut rinnt zwar nicht mehr aus seinen heiligen Adern, aber es fließt aus dem heiligen Kelche. Man legt ihn nicht mehr in ein kühles, aus Stein gehauenes Grab, aber in den Kerzen seiner Priester und Gläubigen schlägt er seine Wohnung auf. Wie, was je geschehen, das Größte ist, daß der Sohn Gottes für uns am Kreuze gestorben ist, so können wir Menschen nichts Größeres betrachten, als im heiligen Meßopfer das Leiden und Sterben Jesu Christi. Stehen wir gerne mit Maria unter dem Kreuze und beherzigen -Z- 48 wir die unendliche Liebe des sterbenden Welterlösers! Mit St. Johannes seien wir bereit, für den Gekreuzigten zu sterben! Mit dem rechten Schächer Dismas bekennen wir reumütig unsere Sündenschuld! Mit dem Hauptmanne Longinus betätigen wir herzhaft unseren Glauben an den göttlichen Erlöser! Mit der Volksmenge schlagen wir uns demütig auf die Brust! Und mit Maria Magdalena danken wir inbrünstig für das blutige Opfer am Kreuze! Geliebte im Äerrn! Ob Zeitmangels ist es mir nicht gegönnt, mit Euch noch andere Geheimnisse der heiligen Messe zu besprechen, z. B. daß das heilige Meßopfer ist das allerhöchste An- betungs- und Lobopfer, das größte Dankopfer, das kräf¬ tigste Bittopfer, das mächtigste Versöhnungsopfer und das allerwürdigste Genugtuungsopfer; daß es ist die süßeste Freude der lieben Mutter Gottes und aller Heiligen. Dies alles und noch mehreres muß ich übergehen; aber ich hoffe zuversichtlich, daß ihr, Geliebteste, durch das Gesagte von der Schönheit und Herrlichkeit des heiligen Meßopfers überzeugt worden seid. Dieses Opfer ist der goldene Ring, in welchem sich Himmel und Erde berühren und in einander fügen. Erweiset nun, gemäß der gewonnenen Überzeugung, dem hochheiligen Meßopfer die gebührende Andacht und haltet dafür, daß ihr jederzeit, so oft ihr demselben mit Ehrfurcht anwohnt, von den unsichtbaren Strahlen seiner Herrlichkeit umgeben werdet. Wenn alle unsere Herr¬ lichkeit nur in Gott und von Gott ist, so ist dies besonders beim heiligen Meßopfer der Fall. Ze größer hier Gott -K- 49 -s in seiner Liebe und Macht erscheint, desto größer erscheinen auch wir durch die Herrlichkeit, die von ihm auf uns ausströmt. Wie die Sonne die ganze Welt mehr erhellt, als alle Millionen Sterne, so verherrlicht auch das Opfer Christi die ganze streitende Kirche auf Erden und gibt Gott mehr die Ehre, als alles, was die Welt darzubringen vermag. O mein Gott, warum bedenken und beherzigen wir dies so wenig? Warum sind wir oft so gleichgilkig und kalt gegen das heilige Meßopfer? O Herr und mein Gott, lehre uns doch du selbst, was wir nicht einsehen! Gib uns aber auch die Gnade, daß wir der erhaltenen Einsicht stets getreu folgen! O Liebe, lehre uns lieben! O gütigster Herr und Heiland, Dank, ja, tausend Dank sei dir gesagt für die Einsetzung des immerwährenden, durch ein anderes Opfer niemals zu ersetzenden und in der Weltzeit nie aufhörenden heiligen Meßopfers! Groß ist mein Name unter den Völkern und an allen Orten wird meinem Namen geopfert und ein reines Opfer dargebracht werden, spricht der Herr der Heerscharen. Amen. Predigt über die Früchte und Vorteile des heiligen Meßopfers, gehalten in der marianischen Pfarrkirche zu Marburg, am Feste des hl. Diakons Stephanus, den 26. Dezember 1882. Ich sage meinem Gott allezeit Dank um euretwillen für die Gnade, die euch in Christus Jesus geschenkt ist: denn ihr i ' seid in allein durch ihn reich geworden.. so daß es euch an keiner Gnade mangelt, (t. Cor. l, 4. 5. 7). Das obige Bild stellt dar die neue Pfarrkirche mit den ge¬ planten, aber nicht ausgeführten stumpfen Türmen und das Gnaden¬ bild der Mutter Gottes. -L- 51 -x- Geliebte im Äerrn! KDNn der gestrigen Festbetrachtung haben wir den hohen Wert und die erhabene Würde des heiligen Meß- opfers erwogen. Seine ganz himmlischen Vorzüge haben wir aus seinen äußeren und noch mehr aus seinen inneren Herrlichkeiten erkannt und erschlossen. Wie so wichtig war doch dieser Gegenstand der Betrachtung! Aber einen nicht minder wichtigen Gegenstand wollen wir heute betrachten. Für uns ist dieser vielleicht noch von größerer Bedeutung, als der erstgenannte, weil er unser persönliches Interesse, unser zeitliches Glück und ewiges Keil berührt. Wir wollen uns nämlich heute hinein in die Be¬ trachtung der Früchte und Vorteile, der Gnaden und Segnungen versenken, die uns das hochgebenedeite, heilige Meßopfer im reichlichsten Maße bietet. Welch' eine kost¬ bare und beherzigenswerte Sache ist dies alles! O liebes, o wunderbares göttliches Iesukind, segne unser heutiges Beginnen, auf daß wir recht erkennen könnten und wohl zu würdigen vermöchten die unendlichen Gnadenfrüchte des heiligen Meßopfers, uns dieselben aber auch reichlichst auzueignen im Stande wären! O Mutter der göttlichen Gnade, o hl. Erzmartyrer Stephanus, bittet für uns! Teuerste im Äerrn! Die heilige Messe ist ein Meer der Gnaden, das zu keiner Zeit erschöpft wird, wenn auch alle Menschen daraus schöpfen. Sie ist eine Goldquelle, die niemals versiegt, wenn sich daraus noch so viele bereichern. Sie ist das Band, das Himmel und Erde miteinander ver- 4» Die Stirnseite der neuen Pfarrkirche und die Ostfront des neuen Klosters. -L- 53 knüpft. Sie ist der Schlüssel zu allen Tugenden und Vollkommenheiten. Sie ist das Keilmittel für Krankheiten der Seele und des Leibes. Sie ist der Inbegriff alles dessen, was der Mensch aus Erden verlangen kann. „Wir müssen notwendig bekennen", erklärt der untrügliche Ktrchenrat von Trient, „daß kein so heiliges und gött¬ liches Werk von den Chriskgläubigen verrichtet werden kann, als das erschreckliche Geheimnis, in welchem das lebendigmachende Schlachtopfer, durch welches wir mit Gott versöhnt worden sind, täglich auf dem Altäre durch die Priester geschlachtet wird." (3688. XXII. in äeereto äs observaväck et eviwnäis iv oslebratione M88ae). Die heilige Messe ist daher als jene ersehnte Werkstätte zu betrachten, in welcher wir alle unseren frommen Gedanken, Neigungen, Vorsätze, Worte und Werke durch die Ver¬ einigung mit dem Opfer Christi in Gold verwandeln können. Damit ihr, meine viellieben Zuhörer, die Früchte der heiligen Messe leichter überblicket, teile ich dieselben in allgemeine und in besondere ein. Die ersten kommen der ganzen Kirche, den Lebenden und den Ver¬ storbenen zugute. Daß alle Christgläubigen, die noch auf Erden wandeln, an den Früchten der heiligen Messe teilhaben, folgt deutlich aus der Glaubenslehre von der Gemeinschaft der Keiligen. Sie sind ja Kinder der Kirche, in welcher Jesus Christus seine Gnadenschüße niedergelegt hat. Alle diese Gnadenschätze, folglich auch das heilige Meßopfer, gehören ihnen und jeder empfängt davon nach seiner Würdigkeit einen mehr oder minder großen Teil. Die Kirche hat auch von jeher das heilige Meßopfer für -k- 54 alle Gläubigen dargebracht und zu Gott gefleht, daß er inanbetracht dieses wunderbaren Opfers auf sie gnädig herabdlicke und ihnen Alles gebe, was sie für das gegen¬ wärtige und zukünftige Leben nötig haben. Ja, schon gleich beim Beginne des Kanons erklärt der Priester, daß er das heilige Opfer für alle Rechtgläubigen und Bekenner des katholischen und apostolischen Glaubens darbringe. Es ist also irrig zu glauben, daß das heilige Meßopfer nur den¬ jenigen nütze und fromme, für welche man es entrichten läßt. Wohl gereicht es diesen besonders zum Nutzen; aber die heilige Messe ist ein Gemeingut aller Recht¬ gläubigen, die alle von dessen Früchten empfangen, inso¬ weit sie derselben würdig und bedürftig sind. Und diese goldenen Früchte sind: die Vermehrung der Gnade diesseits und der Herrlichkeit jen¬ seits. Der Mensch gewinnt durch jedes übernatürlich gute, verdienstliche Werk eine Vermehrung der Gnade; daraus aber läßt sich leicht ermessen, welch' große Gnaden¬ oermehrung die Darbringung des heiligen Meßopfers be¬ wirkt, sei es nun, daß man es selbst darbringt oder dar¬ bringen läßt oder demselben beiwohnt. Wie sich aber die Gnade im Menschen mehrt, so mehrt sich auch die Glorie, die ihm von Ewigkeit her im Himmel bestimmt und auf- behalken ist. — Aber auch die Sünder ziehen von der Messe reichlichen Vorteil. Denn mit Rücksicht auf dieses größte Sünd- und Sühnopfer trägt Gott Geduld mit ihnen, verleiht ihnen zeitliche Güter und unterstützt sie mit seiner Gnade, auf daß sie zur Reue und Zerknirschung, zur Buße und Besserung gelangen. Überhaupt ist es das heilige Meßopfer, weshalb Gott der Welt gnädig ist und seine Strafgerichte, die sie durch ihre Missetaten Tag -Z- 55 um Lag auf sich herabbeschwört, nicht über sie herein¬ brechen läßt. Kier bewahrheitet sich das Wort des er¬ leuchteten hl. Leonardus von Porto Maurizio: „Die heilige Messe ist die Sonne der heiligen Kirche, welche die Wolken zerstreut und den Kimmel aufheitert. Ich für meinen Teil glaube, daß, wenn die heilige Messe nicht wäre, die Welt bereits zugrunde gegangen wäre, weil sie das Gewicht so vieler Sünden nicht mehr hätte tragen können." Ja, die ungefähr 500.000 heiligen Messen, die Tag für Tag auf dem katholischen Erdkreise gelesen werden, sie haben vermocht und vermögen, den allgerechten Richter zu be¬ sänftigen. Das heilige Meßopfer ist ein fester Kofsnungsanker der Sterbenden. Der Tod, der Sünde Sold, wie ist er doch bitter und herb für den Menschen! Wie arm, wie elend ist der Mensch in der Sterbestunde! Da bedarf er mehr als je des Trostes, der Stärkung und Koffnung. Aber wo sind diese wirksamen Mittel zu finden? Am allermeisten in der heiligen Messe. Denn, ist der Sterbende ein Gerechter, so werden ihm alle Verdienste des Leidens und Sterbens Jesu im heiligen Meßopfer zuge¬ wendet; ist er ein Sünder, dann steigt die mächtigste Stimme um die Gnade der Reue, der Buße, der Ver¬ zeihung zu Gott dem Allbarmherzigen empor. In der heiligen Messe läßt der Mensch Iesum beten, Zesum sich aufopfern, Iesum tun, was immer der himmlische Vater gerne sieht. Wie könnte Gott eine solche Bitte verwehren, ein solches Opfer verwerfen, ein solches Werk verschmähen ? Wo immer im christlichen Kaufe ein Sterbender sich be¬ findet, säumet ja nicht, ihm durch eine heilige Messe zu Kilfe zu kommen. Im Gedränge der Nöten ist dies für 56 -4- ihn und für seine Hausgenossen der einzige Rettungsanker. Für einen Sterbenden eine heilige Messe lesen lassen und sie hören, ist der letzte und größte Liebesdienst, den man ihm hienieden noch erweisen kann. Die edlen Früchte des heiligen Meßopfers kommen auch den Verstorbenen, das ist, den armen Seelen im Fegefeuer zugute. Der vom Heiligen Geist geleitete Kirchenrat von Trient lehrt dies ausdrücklich, indem er spricht: „Das heilige Meßopfer wird nicht nur für die Sünden, Strafen, Genugtuungen und andere Bedürfnisse der lebenden Gläubigen dargebracht, sondern der aposto¬ lischen Tradition gemäß auch für die in Christo Ver¬ storbenen, aber noch nicht vollkommen Gereinigten." (3688. XXII. e. 5). Auch die Verstorbenen gehören zur Gemeinschaft der Heiligen und haben deshalb Anteil an den Gütern und Reichtümern, die diese Gemeinschaft be¬ sitzt. Diese Seelen, nicht umsonst heißen siearmeSeelen, leiden für die noch nicht abgebüßten Sllndenstrafen mehr, als wir uns vorstellen können. Nach dem Urteile des größten Kirchenvaters, St. Augustinus, übertrifft das Fegefeuer alle Peinen, die je einer auf dieser Welt gelitten hat; und nach jenem des Fürsten der Scholastiker, St. Thomas von Aquin, übersteigt ein einziges Fünklein des Fegefeuers die allerschwersten Peinen dieses Lebens. Und die hl. Magdalena von Pazzis nahm nicht Anstand zu sagen, daß ein großes irdisches Feuer gegen das Fege¬ feuer ein angenehmer Spaziergarten sei. Wer und was kann da helfen? Nach der Lehre unseres Glaubens ist es ein heiliger und heil- s amerGedanke.fürdieVer st orbenenzu beten, damit sie von ihren Sünden erlöst werden. 57 (II. lVlaeb. 12, 16). Nach dem Berichte des zweiten Buches der Machabäer schickte der heldenmütige Judas Macha- bäus 12.000 Drachmen Silbers nach Jerusalem, auf daß im Tempel Opfer für die in der Schlacht gefallenen Glaubens¬ brüder dargebracht würden. Ein den Dahingeschiedenen sicherlich nützliches, weil Gott wohlgefälliges Zuhilfekommen! Doch was sind die Opfer des alten Bundes gegen das unendlich wertvolle, reine, heilige, vollkommene Opfer des neuen Testamentes? Das sind sie, was der Schatten gegen die Wirklichkeit, das Bild gegen die Person, die es dar¬ stellt. Das heilige Meßopfer ist somit offenbar die wirksamste Kilfe, die wir den armen Seelen im Fegefeuer leisten können. Der große Kirchenrat von Trient erklärte, „daß es ein Fegefeuer gebe, und daß den dort zurückgehaltenen Seelen durch die Fürbitten der Gläubigen, vorzüglich aber durch das annehmliche Opfer desAltars geholfen werde." (8e88. XXV. Oesrckum äs purM- torio). Nach der Lehre des gefeierten heiligen Thomas Aquinas „gibt es kein anderes Opfer, wodurch die Seelen aus dem Fegefeuer eher erlöst werden, als das heilige Meßopfer." Kein Wunder, daß schon die ersten Christen auf das eifrigste besorgt waren, auf daß nach ihrem Tode das heilige Meßopfer würde für sie sicherlich dargebracht werden. Der gotterleuchtete Bischof von Kippo, St. Au¬ gustinus, schreibt von seiner heiligen Mutter Monika, dieser Frau des Gebetes und der Tränen, also: „Als der Tag ihrer Auflösung gekommen war, da gedachte sie nicht, ihren Leib kostspielig zu kleiden oder mit Spezereien einbalsamieren zu lassen, noch verlangte sie ein prächtiges Denkmal, noch auch kümmerte sie sich, ob sie im Vater- 58 -Z- lande begraben werde. Nicht solches hat sie uns befohlen, sondern nur darnach hat sie heißes Verlangen getragen, daß ihrer am Altäre gedacht werde, bei dem sie sich täg¬ lich eingefunden." Nicht wahr, Geliebkeste, ihr, die ihr dies höret, werdet euch von nun an nicht mehr lange besinnen, der heiligen Messe, wo und wie ihr könnet, beizuwohnen und sie insbesondere für die verstorbenen Ehriskgläubigen aufzuopfern! Bedenket stets, daß ihr mit jeder heiligen Messe nicht nur einer, sondern vielen Seelen große Er¬ leichterung, Linderung und Verkürzung ihrer Qualen ver¬ schaffen und ihnen somit größere Liebe erweisen könnet, als wenn ihr ihnen ein Königreich schenktet. Tuet dies, damit die geprüften und geläuterten Seelen für euch für- bitten und damit einstens auch ihr im Fegefeuer durch heilige Messen erquickt werdet. Die Kirche hat in ihrer mütter¬ lichen Fürsorge für ihre Kinder nach dem Tode für be¬ stimmte Altäre einen vollkommenen Ablaß verliehen; wird auf einem solchen Altäre eine Requiem- oder Totenmesse zelebriert, dann kann der Ablaß gewonnen und einer Seele im Fegefeuer zugewendet werden. Teuerste im Herrn! Außer den allgemeinen Früchten der heiligen Messe, daran alle Gläubigen, die lebenden und die verstorbenen, gerechten Teil haben, gibt es noch besondere, die dem Priester, der das Meßopfer entrichtet, sodann jenen, für welche er es darbringt, und endlich denjenigen, die der heiligen Messe anwohnen, zugute kommen. Daß der Priester, der die heilige Messe würdig zelebriert, von derselben einen besonderen Vorteil hat, 59 folgt schon daraus, weil jedes gute Werk demjenigen, der es vollbringt, zu Nutz und Frommen dient. Überdies will auch die Kirche, daß der Priester, eingedenk seiner Kilfsbedürftigkeit, für sich selbst Gott um Erbarmen an¬ fleht und sich somit eine besondere Frucht vom heiligen Meßopfer zuwendet. Daher enthält die heilige Messe Gebete, die sich auf den Priester allein beziehen. Die besonderen Früchte des heiligen Meßopfers werden weiters jenen zuteil, für welche es der Priester darbringt,- dieselben mögen nun einzelne Personen oder ganze Gemeinden sein. Da die Messe auch ein Bittopfer ist, so leuchtet es ein, daß der Zelebrant die Früchte derselben jemandem insbesondere zuwenden kann. Zudem handelt der Priester, wenn er das heilige Meßopfer feiert, im NamenderKirche, welcher Jesus Christus die Gewalt übertragen hak, ihre Gnadenschätze allen jenen zukommen zu lassen, die nach denselben verlangen. Auch das graue christliche Altertum zeigt, daß das heilige Meßopfer für bestimmte Personen entrichtet und ihnen dessen Früchte zugewendet worden sind. Der im Jahre 258 gemarterte Bischof von Karthago, St. Cyprian, berichtet uns, daß bereits in der apostolischen Zeit für jeden in der christlichen Gemeinschaft Lebenden oder Verstorbenen das heilige Meßopfer dargebracht ward. Doch nicht nur die Priester, sondern auch die übrigen Gläubigen können die beson¬ deren Früchte der heiligen Messe anderen, bestimmten Personen zuwenden, wenn sie für dieselben eine heilige Messe hören oder aber feiern lassen. Die Aufopferung einer heiligen Messe für eine bestimmte, lebende oder ge¬ storbene Person, ist ungleich wirksamer als ein bloßes Für- bittgebet; denn wenn der Christ ein Gebet für seinen 60 Mitmenschen verrichtet, so ist allein er, der da bittet; wenn er aber eine heilige Messe für ihn aufopfert oder durch den Priester aufopfern läßt, so ist Jesus Christus, der Sohn Gottes selbst, der für ihn bittet und sich seiner annimmt. Und was wird der himmlische Vater seinem innigst geliebten Sohne abschlagen? Schließlich kommen die besonderen Früchte des heiligen Meßopfers jenen zu, welche demselbenmit gebührender Andacht anwohnen. Der zele¬ brierende Priester verrichtet ja die meisten Gebete im Namen der Anwesenden. Immer hört man aus seinem Munde wir bitten, wir flehen, selten ich bitte. Und im Kanon oder in der sogenannten stillen Messe betet er mit Nachdruck: Gedenke, o Kerr, aller Gegenwärtigen, deren Glaube und Andacht dir bekannt ist! Wer ehrerbietig und andächtig der heiligen Messe beiwohnt, empfängt reichlichen Segen in zeitlichen Angelegenheiten und erhält Gnaden für das ewige Seelenheil. „Wer die heilige Messe mit Andacht ange¬ hört hat", schreibt Johannes der Goldmund, „der wird an jenem Tage in allen Dingen Glück haben, in seinen Arbeiten, in der Kunst, im Kaufen, auf Reisen, und der Kerr wird ihn an Leib und Seele stärken. Wenn es aber geschähe, daß du an dem Tage, an welchem du die heilige Messe gehört hast, sterben würdest, so würde Christus in deinen letzten Augenblicken bei dir sein und dir bei¬ stehen, wie du gegenwärtig gewesen und bei ihm gestanden bist, da du die heilige Messe hörtest. Die Engel umgeben freudig jenen Menschen, der sich zu ihrem Genossen ge¬ macht hat, da er zum Könige der Engel gebetet und ihn gepriesen hat." 61 -r- Vielgeliebte im Äerrn! So habet ihr denn zu eurer wahren Freude ver¬ nommen, wie so zahlreich, ja, unermeßlich reich die Früchte sind, deren ihr durch Anhörung der heiligen Messe teilhaftig werden könnet für euch selbst und für andere. Am Stamme des Kreuzes wurden alle Gnaden erworben, in der heiligen Messe werden sie uns zugeteilt. Wahrlich, die heilige Messe ist ein Gnadenmeer, ist eine unerschöpfliche Goldgrube; sie ist das kostbarste Gut, ist der Inbegriff aller Wohltaten, die uns unser göttlicher Kerr und Keiland erwiesen hat. Nun wird euch klar mein Vorspruch, in welchem ich mit dem auserlesenen Weltapostel Paulus rufe: Ich sage meinem Golk allezeit Dank um euretwillen für die Gnade Gottes, die euch in Christus Jesus geschenkt ist; denn ihr seid in allem durch ihn reich geworden . . so daß es euch an keiner Gnade mangelt. (I. Oor. 1, 4. ö. 7). Der hl. Johannes der Almosengeber erzählt uns von zwei Schuhmachermeistern, die im altberühmten Ale¬ xandrien lebten, Folgendes. Der eine erschwang sich mit Weib und Kind zu gutem Wohlstand; der andere, dessen Ehe kinderlos blieb, lebte nur kümmerlich, obwohl er Tag und Nacht arbeitete und sich nicht Zeit nahm, der heiligen Messe beizuwohnen. Im Anblicke des erstrebenswerten Wohl¬ standes, den er bei seinem Zunftgenossen bemerkte, sprach er eines Tages zu ihm: Freund, ich weiß nicht, wie kommt es doch, daß du mit Weib und Kind täglich reicher wirst und doch nicht angestrengt arbeitest; während ich mich zu Tode abplage, und dennoch, obzwar ohne Kinder, zu keinem Vermögen gelange, vielmehr von Tag zu Tag 62 -Z- ärmer werde. Der fromme Nachbar, der wohl erkannte, worin der Fehler lag, gab ihm zur Antwort: Freund, ich habe einen Schatz gefunden und gehe täglich hin, um etwas daraus zu erheben, woher es eben kommt, daß ich täglich reicher werde. O zeige mir diesen Schatz, bat der andere, und gönne es mir, daß auch ich etwas weniges davon nehmen dürfe! Wohlan, erwiderte der Edle, komm morgen früh, und ich will dir den gesegneten Ort zeigen, wo der große Schatz verborgen liegt, der unsere ganze Stadt zu be¬ reichern vermag. Am folgenden Tage kam der arme Hand¬ werker in aller Frühe und brannte vor Begierde, zur uner¬ schöpflichen Geldquelle geführt zu werden. Doch sein Freund sprach ernst und wohlwollend zu ihm: „Wir wollen vor allem zur heiligen Messe gehen und dann das weitere tun." Nach gehörter Messe entließ er ihn und bestellte ihn auf den kommenden Tag. Niedergeschlagen kehrte er heim, kam aber umso freundlicher früh morgens. Wieder ward er zur heiligen Messe geführt und dann entlassen. Als sich dies am dritten Tage wiederholte, sprach der Ge¬ täuschte voll Unwillen: den Weg zur Kirche kenne ich selber und habe das Meßhören längst gelernt, darum ist es nicht vonnöten gewesen, daß du mich zum Besten ge¬ habt, wenn du mir den Schatz nicht zeigen wolltest. Freund, zürne mir nicht, entgegnete der fromme Meister! Nicht zum Besten habe ich dich gehabt, sondern den Ort des Schatzes habe ich dir gezeigt. Der Ort ist die Kirche, der Schatz die heilige Messe. Daraus schöpfe ich so viele Güter, daß ich keinen Mangel leide. Tue es ebenso, und du wirst von Gott im reichlichen Maße Wohltaten em¬ pfangen. Zeuge und Bürge dafür aber ist Christus, der da spricht: Suchet zuerst das Reich Gottes und -z- 63 seine Gerechtigkeit, und das übrige wird euch zugegeben werden. Ich habe vom Anfänge meines Ehestandes durch das tägliche Meßopfer das Reich Gottes gesucht, und das Zeitliche ist mir in der Tat von Gott zugegeben worden. Du hast das erste versäumt, dafür aber auch statt Güter Armut empfangen. — Diese lieb¬ reiche Zurechtweisung übte einen heilsamen Eindruck auf den irdisch gesinnten Mann. Er änderte seine Denkungs¬ art und seine Handlungsweise, und besuchte von nun an tagtäglich die heilige Messe, was zur Folge hatte, daß er vom allheiligen Gott reichlich gesegnet wurde. L>, daß wir alle von Liebe und vom Eifer für das heiligste Meßopfer erglühen möchten! O göttliches Iesu- kind, verleihe uns auf die machtvolle Fürsprache deines feurigen Dieners St. Stephanus dazu die nötige Gnade und gewähre uns, daß wir in Hinkunft recht andächtig der heiligen Messe beiwohnen und die goldenen Früchte daraus für uns selbst und für andere in Fülle erwerben könnten! Amen. Predigt über die Art und Weise, der Früchte des heiligen Me߬ opfers teilhaftig zu werden, und über die Verpflichtung zum Kören der heiligen Messe, gehalten in der Marien¬ kirche zu Marburg, am Feste des hl. Apostels und Evan¬ gelisten Johannes, den 27. Dezember 1882. Wie lieblich sind deine Wohnungen, Kerr der Keerscharen! Meine Seele sehnt sich und schmachtet nach den Vorhösen des Kerrn. Mein Kerz und mein Fleisch froh¬ locken in dem lebendigen Gott. (I>s. 83,2.3)- Im Äerrn andächtig Versammelte! ADVn unserer ersten Betrachtung über das hochheilige Meßopfer überzeugten wir uns von dem hohen WA Werte und der erhabenen Würde dieses anbetungs¬ würdigen Opfers des neuen Bundes. Diese Überzeugung verschafften wir uns aus den äußeren und noch mehr aus den inneren Herrlichkeiten der heiligen Messet zumal aus der Opfergabe, die Christus selbst ist, und aus der Person des Opfernden, welche wieder die göttliche Person unseres gottmenschlichen Herrn und Heilandes ist. In der gestrigen zweiten Betrachtung lernten wir die zahlreichen und segensvollen Früchte kennen, die aus diesem göttlichen Opfer hervorquellen. Wir führten uns vor unser geistiges Auge die allgemeinen und die be- 65 -Z- sonderen Früchte dieses vorzüglichsten Lob- und Dank¬ opfers, dieses heilvollsten Sühn- und Bittopfers. Die Früchte der heiligen Messe, sagten wir, kommen zugute allen christkatholischen Gläubigen, den Lebenden und den im Fegefeuer sich befindlichen frommen Seelen der Verstorbenen; sie kommen zugute dem Priester, der das heilige Me߬ opfer entrichtet, der Person, für welche er es namentlich darbringt, und zuletzt allen, welche der heiligen Messe anwohnen. Zudem wir dies alles genau erwogen, er¬ kannten wir zu unserer größten Freude, daß das hoch¬ heilige Meßopfer ein Gnadenmeer, eine Fundgrube un¬ vergänglicher Reichtümer, eine stets offenstehende Schatz¬ kammer ist, welche, anstatt erschöpft zu werden, immer reichlichere Gaben den Teilnehmern spendet. Was Wunder nun, andächtige Zuhörer, wenn die katholische Kirche, unsere um unser irdisches und himm¬ lisches Keil so sehr bekümmerte Mutter, ein eigenes Kirchen¬ gebot gab, welches die Teilnahme an dem besagten gnaden¬ reichen Opfer befiehlt und einschärft? Wen könnte dieses Kirchengebot befremden? Wer würde das Gegenteil nicht aufs tiefste bedauern? Du sollst an Sonn- und Feiertagen die heilige Messe mit gebührender Andacht hören, lautet das altehrwürdige, so heilsame, von den ersten Christen freiwillig so hoch und heilig gehaltene, jetzt aber vielfach verkannte und vernachlässigte Kirchen¬ gesetz, von dessen getreuer Beobachtung das Wohl und Wehe einzelner Christen, wie ganzer Familien, Völker und Nationen, Länder und Reiche abhängt. Es ist jenes hochwichtige Gesetz, für dessen Aufrechthaltung und genaue Erfüllung sich sogar in öffentlichen Parlamenten mächtige Stimmen erhoben, die ein ebenso mächtiges Echo bei allen S 66 -r- Lhrisken fanden, deren Kerzen noch mächtig schlagen für das eigene und fremde Seelenheil. Nun, den Inhalt dieses zweiten Kirchengebotes wollen wir uns in dieser weihevollen Anbetungsstunde zum Gegen¬ stände unserer dritten und letzten Betrachtung über das heilige Meßopfer auserwählen. Die Betrachtung sei aber¬ mals gewidmet dem holden, göttlichen Iesukinde, welches wir um seinen alles vermögenden Segen demütigst an¬ flehen. Sie sei aber auch angestellt zur Verherrlichung der jungfräulichen Muttergottes Maria und zur Ver¬ ehrung des hl. Apostels und Evangelisten Johannes. Dieser Lieblingsjünger des Kerrn und Adoptivsohn Mariens möge uns einen Funken jener Liebe zum allerheiligsten Meßopfer erbitten, die ihn beim ewig denkwürdigen letzten Abendmahle beseelte, wo das heilige Meßopfer eingesetzt wurde! Andächtige Zuhörer! Mit den Morten „du sollst an Sonn- und Feier¬ tagen die heilige Messe hören" wird vor allem die Pflicht betont, wenigstens an Sonn- und Feiertagen der heiligen Messe beizuwohnen. Dieses Gebot verpflichtet alle Gläubigen, die den Gebrauch der Vernunft erlangt haben, unter einer schweren Sünde, von welcher nur Krank¬ heit oder Ursachen entschuldigen, die es einem außerordent¬ lich schwer, ja beinahe unmöglich machen, in die Kirche zur heiligen Messe zu gehen. O, ehemals war ein solches Gebot ganz und gar unnötig. Diese Sonn- und Feier¬ tagspflicht war selbstverständlich und einleuchtend. Erst später ist ein solches Gebot notwendig geworden, und ist -r- 67 dasselbe zumal in unserer glaubenskalten, selbstsüchtigen, nach Sinnengenuß haschenden und jagenden Zeit immer wieder zu erneuern und dessen Erfüllung dringend zu fordern. Einst ging man mit Liebe und Eifer zur Kirche, besuchte bereitwilligst den Tempel des Allerhöchsten, ahmte mit Freuden den gefeierten König und Psalmendichter David nach, der in seiner unstillbaren Sehnsucht nach dem Kaufe des Kerrn ausrief: Wie lieblich sind deine Wohnungen, Kerr der Keerscharen! Meine Seele sehnt sich und schmachtet nach den Vor¬ höfen des Kerrn. Mein Kerz und mein Fleisch frohlocken in dem lebendigen Gott. (Ick. 83,2.3). Und er pries selig die eifrigen Besucher des Tempels: Selig sind, die in deinem Kaufe wohnen! Kerr, in alle Ewigkeit loben sie dich! (Ick. 83, 5). Und wieder frohlockte er: Ich freue mich, wenn man mir sagt: Lasset uns gehen zum Kaufe des Kerrn! Und unsere Füße stehen schon in deinen Vor¬ höfen, Jerusalem. (Ick. 12t, 1. 2). 2a, lasset uns gehen zum Kaufe des Kerrn, das war das Losungswort der ersten Christen. Vom Feuereifer für die Ehre Gottes und für das eigene Seelen¬ heil getrieben, kamen sie bereitwilligst ihrer Pflicht nach. Weder weite Wege, noch sonstige Beschwerden vermochten sie vom Besuche des Gottesdienstes abzuhalken. Diese gottliebenden und heilsbeflissenen Christen machten sich zur süßen Pflicht, täglich eine oder sogar mehrere heilige Messen zu hören. Nicht ohne Rührung und Tränen kann man in der Kirchengeschichte lesen, wie die ersten katholischen Christen die heilige Messe hoch hielten und schätzten. Sie war ihnen die geeignetste Kandlung, um Gott gebührend zu ö* Die Innenansicht der neuen Pfarrkirche. -L- 69 ehren und zu loben, ihm für alle Wohltaten zu danken, ihn zu versöhnen, von ihm die Gnade der Reue und Buße, sowie die Nachlassung der Sündenskrafen zu er¬ langen. Von dieser Wahrheit überzeugt, verließen sie alles, um nur dieser großen Wohltaten teilhaftig zu werden. Weder Eltern noch Kinder, weder häusliche noch aus¬ wärtige Geschäfte konnten sie davon abhalten. Wohl konnte man ihnen mit dem Zorne der Tyrannen, mit allerlei Martern und Tod drohen, ja nicht mehr die Messe zu besuchen; wohl konnten ihnen die Wege beschwerlich und gefährlich sein, allein alle solche und ähnliche Hemmnisse und Hindernisse konnten sie vom häufigen Besuche der heiligen Messe keineswegs abbringen. Durch das Fleisch und Blut des Herrn fast täglich gestärkt, waren sie in den Stand gesetzt, auch ihr eigenes Blut für den Herrn hinzugeben. Und so groß war ihre Frömmigkeit und so tief ihre Andacht, daß der Diakon nach Beendigung der heiligen Messe laut rufen mußte: Its, Ms8a L8t! Gehet, meine lieben Brüder und guten Schwestern, die Messe ist gelesen, sie ist beendet! Iw, M88L 68t! Gehet, ihr habt eure Pflicht erfüllt! Gott ist mit eurer Andacht zufrieden. Iw, iVli88-> 68t! Gehet, eure Bitten sind Gott dargebracht! Jesus Christus selbst hat sie seinem himmlischen Vater aufgeopfert. Gehet also alle nach Hause: ihr Väter und ihr Mütter zur Pflege eurer Kinder, ihr Kaufleute zu euren Geschäften, ihr Landleute und Handwerker zu euren Arbeiten, ihr Diener und Knechte an die Erfüllung eurer Pflichten, ihr Lehrer, Beamte und Soldaten an die Ausübung eures Dienstes! Gehet alle an die Ausführung eurer Standesobliegenheiten, die Messe ist gelesen! Iw, Mi88a 68t! Welche Rührung muß dieser bewunderungswürdige -z- 70 -s- Glaubenseifer der ersten Christen in uns erwecken, und welchen Schmerz müssen wir hingegen empfinden, wenn wir die sträfliche Gleichgiltigkeit und Nachlässigkeit betrachten, mit welcher die Christen unserer Zeit der heiligen Messe beiwohnen! Wie einst der Diakon rief: Gehet, die Messe ist gelesen, so wäre es jetzt notwendig zu rufen: Kommet, damit wir die Messe feiern können! Vom hl. König Ludwig IX. von Frankreich erzählt Aainaldus, daß er täglich zwei, auch drei und vier heilige Messen hörte. Als einige seiner Kofbeamten und Minister bemerkten, es möchten bei dieser Gewohnheit die Re- gierungsgeschäste leiden, erwiderte der fromme Fürst: „Mich wundert es, daß meine Beamten wegen des vielen Meßhörens über mich murren, da doch keiner von ihnen Klagen würde, wenn ich zweimal soviel Zeit beim Spiele oder auf der Jagd zubrächte." — Der berühmte Lord¬ kanzler von England Thomas Morus, dessen Selig- sprechungsprozeß schon vor Jahren eingeleitet wurde, unterließ niemals, wo er doch mit Regierungsgeschäften überhäuft war, alle Tage vor dem Beginne seiner Arbeiten einer stillen heiligen Messe beizuwohnen. Als er einst während der heiligen Kandlung zum Könige schleunigst gerufen ward, antwortete der üefgläubige Staatskanzler: „Geduld, ich muß zuvor einem höheren Kerrn meine Ehr¬ furcht bezeigen und der himmlischen Audienz anwohnen." Und als man ihm zum Vorwurfe machte, daß er bisweilen den Altardiener oder Ministranten vertrete, sagte er gelassen: „Ich rechne es mir zur größten Ehre an, dem Größten aller Großen einen so kleinen Dienst erweisen zu dürfen." — Und der tapfere bayrische Feldherr Tilly, Sieger in 33 Schlachten und Gefechten, ging täglich zur 71 heiligen Messe, wie wichtig und dringend auch die Kriegs¬ geschäfte waren. Wahrlich, diese eifrigen Katholiken werden einstens als Ankläger wider uns auftreten, die wir so gern der heiligen Messe ausweichen, ohne zu bedenken, daß wir dadurch unserer eigenen Seligkeit aus dem Wege gehen. Darum betrachtet, christliche Zuhörer, fleißig den unschätz¬ baren Wert des heiligen Meßopfers, beherzigt beständig die vielen Gnaden und Segnungen, die mit der Anhörung der heiligen Messe verbunden sind, und lasset euch recht angelegen sein, dieselbe auch an Werktagen, sicherlich aber an Sonn- und gebotenen Feiertagen zu besuchen. Von den bethlehemitischen Kirten heißt es im Evangelium: Und sie kamen eilends und fanden Maria und Joseph und das Kind, das in der Krippe lag. (Uno. 2, 16). O, daß es doch auch von uns hieße: Sie kommen eilends, Lminantes, sie finden sich gern und be¬ reitwillig ein im Gotteshause, wo ja beim Opfer im Augenblicke der heiligen Wandlung Christus in den Künden des Priesters gleichsam aufs neue geboren wird! Daß wir doch in den Glocken, die uns zum Besuche der heiligen Messe einladen, die Engelsskimme erkennen möchten, welche die Kirten einlud, zum göttlichen Kinde in der Krippe zu eilen! Folgen wir freudig den ehernen Stimmen aus der Köhe und finden wir uns oft und gerne ein beim eucharistischen Opfer! Und die Kirten kehrten zurück und priesen und lobten Gott über alles, was sie gehört und gesehen hatten. (Uue. 2, 20). Wenn wir uns die frommen Kirten im Besuche des Stalles von Bethlehem, dieses ersten katholi¬ schen Gotteshauses, zum Beispiel nehmen, werden wir 72 beim Nachhausegehen auch mit ihnen jubeln über die unendliche Güte des Kerrn. Andächtige Zuhörer! Es wäre indes nicht hinreichend, der heiligen Messe, wenn noch so oft, beizuwohnen, wenn man sie nicht an¬ dächtig hören würde. Deshalb heißt es im zweiten Kirchengebote: Du sollst an Sonn- und Feiertagen die heilige Messe mit gebührender Andacht hören. Die Frömmigkeit oder die Ehrfurcht, welche wir in die Kirche mitbringen sollen, ist eine äußere und eine innere. Die äußere Ehrfurcht besteht in einer würdigen, bescheidenen, auferbaulichen Kaltung des Körpers oder in einem demütigen, die innere geistige Sammlung kund¬ gebenden äußerlichen Benehmen. Der jüdische Geschichts¬ schreiber Flavius Iosephus gibt der großen Ehrfurcht der Juden bei Darbringung der heiligen Opfer im Tempel zu Jerusalem ein sehr schönes Zeugnis, wenn er bemerkt: „Täglich dienten im Tempel siebenhundert Priester und Leviten, die die Opsertiere schlachteten, reinigten, in Stücke zerhieben und auf dem Altäre verbrannten, was alles mit solcher Ehrerbietigkeit und in solcher Stille geschah, als wenn nur ein einziger Priester im Tempel gegenwärtig gewesen wäre." Wie viel mehr Ehrfurcht sollten wir katho¬ lische Christen mitbringen zu jenem großen Opfer, von welchem die alttestamentlichen Opfer nur schwache und matte Schatten¬ bilder waren! Aus jeder Kirche ruft uns Gott gleichsam ent¬ gegen: LösedieSchuhe von deinen Füßen; denn der Ort, worauf du stehest, ist heilig (Lxock 3,5), dreimal heilig! Der heilige Johannes Ehrysostomus, Pa- -z- 73 triarch von Konstantinopel, schreibt von den Christen seiner Zeit: „Wenn sie in die gottesdienstliche Versammlung ein¬ traten, küßten sie demütig die Türschwelle und hielten während des heiligen Meßopfers ein solch ehrerbietiges Stillschweigen, wie wenn kein Mensch zugegen gewesen wäre." Diese Gläubigen begriffen vorzüglich den Ausruf des Patriarchen Jakob nach dem gehabten Traumgesichke von der Himmelsleiter: Wie furchtbar ist dieser Ort! Kier ist nichts anderes als Gotteshaus und die Pforte des Kimmels. (Osn. 28, 17). — Sehr übel tun jene Kirchenbesucher, welche sich ohne Ehrfurcht im Kaufe Gottes benehmen, die da schwätzen, lachen und lärmen, sich nach allen Seiten drehen und umsehen, an¬ statt auf das zu achten, was auf dem Altäre geschieht. Solche beleidigen Gott, anstatt ihn anzubeten und zu verehren; sie ärgern den Nächsten, anstatt ihn zu erbauen; sie bereiten sich selbst das Verderben, statt daß sie Rettung und Keil fänden. Zur äußeren Andacht gehört es, daß man während der heiligsten Kandlungen kniet, besonders von der heiligen Wandlung bis zur heiligen Kommunion, wo Christus leibhaftig am Altäre gegenwärtig ist. J m N a m e n Jesu sollen sich ja beugen die Knie derer, die im Kimmel, auf der Erde und unter der Erde sind, (kbilixp. 2, 10). O wie erbaulich, wie erhebend ist es, wenn man die Verehrer des eucharistischen Gott¬ königs um den Altar knien und ihre ehrfurchtsvollen Blicke auf den Gegenstand ihrer Anbetung und Ver¬ ehrung, ihrer Freude und Wonne hinwenden sieht! Da¬ gegen ist es traurig und Ärgernis erregend, wenn die Christen ohne Ehrfurcht dastehen, sich ungeziemend be- -Z- 74 -4- nehmen, wie sie sich kaum in häuslichen Gesellschaften betragen würden. — Nach altchristlichem Brauche gehört weiters zur äußeren Andacht anläßlich des Gottesdienstes auch, daß man sich an Sonn-und Feiertagen festlicher kleidet, als gewöhnlich; doch wohl gemerkt, es darf dies nicht aus Eitelkeit, sondern nur aus Liebe und Ehrfurcht vor Gott geschehen. Der gottselige Kanzler von England, Thomas Morus, pflegte sich jeden Sonn- und Feiertag im Kerker, in dem er wegen seines heldenmütigen Glaubens¬ bekenntnisses lag, zu säubern und schöner anzukleiden, als an anderen Wochentagen. Als sich der Kerkermeister darüber wunderte, da es doch niemand sehe, gab der fromme Diener Gottes zur Antwort: „Ich war niemals gewohnt, an Sonn- und Feiertagen in der Kleidung des¬ halb schöner zu erscheinen, um den Leuten zu gefallen, sondern um Gott zu ehren und ihm allein zu gefallen." Kerrliche, beherzigenswerte Worte! Doch, Gott sei es ge¬ klagt, wie viele erscheinen in der Kirche mit üppigem Auf¬ putze, um die Blicke der Anwesenden auf sich zu lenken. Mele Sünden werden dadurch verursacht. Die wahre Andacht wird verhindert oder gestört. Darum ruft St. Kieronymus ein gewaltiges Weh allen eitlen Seelen zu, die durch ihren Kleiderputz Gift unter die Anwesenden ausieilen. Ja, weh ihnen, wenn sie nicht zur Erkenntnis kommen und auch zu rechter Zeit die dadurch begangenen Sünden bereuen und beichten! Die üppige Kleidung ist eine Feuerfackel, die selbst in den Seelen der Gerechten unreine Begierden entzündet, um wie vie! mehr wird sie solche in den Seelen der Schwachen entfachen! Wie werden dem Zorne Gottes jene entgehen, die die Seelen an heiliger Stätte vergiften, wo das Lamm Gottes sich opfert, um 75 -L- die Seelen zu retten ? Der gottbegeisterte Thomas Morus sagte zu einer eitel gekleideten Person: „Wenn dir Gott dafür nicht die Kölle gibt, so tut er dir ein großes Unrecht." Zur äußeren Andacht muß noch die innere hin¬ zutreten, die sich in demütiger, heiliger Sammlung des Geistes und des Kerzens offenbart. Das allgemeine Konzil von Trient schärft mit allem Nachdrucke den Gläubigen die innere und äußere Ehrfurcht bei der heiligen Messe ein, indem es verordnet: „Es soll alle Mühe und aller Fleiß angewendet werden, damit das Meßopfer mit der größten innerlichen Reinheit und äußerlichen Andacht gefeiert werde." Die Anwesenden sollen wie Engel von heiliger Andacht durchdrungen erscheinen und auch wirklich sein. Sie sollen für alle Umgebung blind und taub sein und Äug' und Ohr nur für die heilige Handlung haben. Sie sollen sich nur mit dem beschäftigen, was auf dem Altäre geschieht; insbesondere sollen sie auf die vier vorzüglichen Kaupt- teile der heiligen Messe, zumal aber auf die heilige Wand¬ lung, achthaben. Von diesem Geheimnisse war der hl. Franziskus von Assisi so ergriffen, daß er dabei in die Worte ausbrach: „Der ganze Mensch soll erstarren, die ganze Welt erzittern, wenn der Sohn des lebendigen Gottes über dem Altäre in den Künden des Priesters ist." Der katholische Christ soll während der heiligen Wandlung denken, er sei auf dem Kalvarienberge bei dem erschütternden Trauerspiele der Kreuzigung und des Todes des göttlichen Erlösers gegenwärtig, und er sehe auf dem Altäre jenes unbefleckte Lamm, das sich von neuem Gott aufopfert, er schaue jenes kostbare Blut, das geheimnisvoll vergoßen wird, sich Kraft der Konsekration trennend vom Leibe. -r- 76 -r- Gegen die innere Ehrfurcht und Andacht, von welcher die Gewinnung der großen Gnaden und überreichen Früchte in der heiligen Messe abhangt, versündigen sich jene heils¬ vergessenen Kirchenbesucher, die während der Meßfeier mit eitlen Gedanken und Begierden ihr Kerz unterhalten, die nur mit dem Körper anwesend sind, mit dem Geiste aber bei ihren häuslichen Geschäften weilen, bei bösen Gesellschaften und Unterhaltungen Herumschweifen. Solche Gläubige gleichen den heidnischen Soldaten, welche am Fuße des Kreuzes, auf dem der ewige Sohn Gottes zu ihrem Keile starb, das Los warfen und mit einander spielten. „O man entsetze sich darüber", schreibt voll heiligen Grolls der König der Kanzelredner, St. Ehrysostomus, „man entsetze sich darüber, daß unter den Augen Gottes selbst zur Zeit, in welcher das heilige Opfer der Messe vollbracht wird, die abscheulichsten und schändlichsten Un- gebührlichkeiten begangen werden! Ist es nicht ein Wunder, daß der Blitz nicht herabfährt, nicht nur auf jene, die solches beginnen, sondern auf uns alle?" (ltlom. 24). Furcht¬ bare Worte, die uns zu denken geben! Im Herrn andächtig Versammelte! Am Schlüsse unserer Betrachtung wollen wir der göttlichen Majestät demütige Abbitte leisten für alle Fehler, Vergehungen und Versündigungen, die wir uns im Gottes¬ hause haben zuschulden kommen lassen. O himmlischer Vater und göttlicher Sohn und Keiliger Geist, wir gestehen es voll Reue und Schmerz, daß wir oft gesündigt haben durch Unandacht und Lauigkeit beim heiligen Meßopfer! Tief sind wir darüber betrübt und möchten gern Bäche von Tränen vergießen. O barmherziger und dreieiniger Gott, vergib, was geschehen, in Zukunft soll es nicht mehr geschehen! Wir bitten dich um die Gnade der heiligen Ehrfurcht und Eingezogenheit, damit wir dem heiligen Meßopfer jederzeit nach dem Beispiele der frömmsten der Mitchristen beiwohnen! O Maria, du vortreffliches Gefäß der Andacht, und o hl. Johannes, du reinster und geliebtester Jünger Christi, an dessen Brust du beim letzten Abendmahle geruht hast, erbittet uns eine glühende Andacht zum sterbenden Keilande, der sein Opfer täglich hier auf dem Altäre erneuert. Ihm aber, dem göttlichen Lamme, das ge¬ tötet wordenist und uns Gott mitseine m Blute erkauft hat aus allenStämmenundSprachen und Völkern und Nationen, ihm sei Lob und Ehre und Preis und Macht in alle Ewigkeit! Amen! Alleluja!' » Vpossl^p. 5, 6. 9.13; 19, 4. — Ältere ausgezeichnete Werke über öie heilige Messe, den gröszten Schah der Welt, sind unter anderen nachbenannte; Innocentius ?v. III., Vs sacro sltaris m^stsrto Udri VI. (MML, Win. 217. soll 773—Y14). — vensäiatus XIV., Vs saarosanaw Ntssas sacriksio libri trss. vsnuo säiäit st Multis annotationibus et aääitionibus auxit v. losspkus 8aknsiäsr 8. I. Notzuntü, 1878. — soann. Lsräin. Ilona, Orä. List., Os sasriücio kllssas tractatus ascstiaus. vartsiis, 1846. — zoannis vapt. Laräin. Lranxelin 8. I., 'Intatus äs 88. Lucbaristius sacrarnsnto st sasriüeio. vornas, 1899. — Recht reichhaltig ist die Literatur über die heilige Messe, die Quelle aller Gnaden, seit 1882 geworden. Bemerkenswerte Bücher sind: Dr. Nikolaus Gihr, Das heilige Meßopfer, dogmatisch, liturgisch und ascetisch erklärt. Freiburg im Breisgau, 1877.1. Ausl. - 1902. 8. Ausl. gr. 8°. SS. XVI -s- 728.— Dr. Benedikt Sauter O. S. B., Das heilige Meszopser oder die litur¬ gische Feier der hl. Messe. Paderborn, 1894. 8«. SS. VII -p 325.— Dr. I. Kofsmann, Die heilige Messe nach ihrem Wesen und äußeren Vorgeschichte des Neubaues der Pfarrkirche, des Pfarrhofes und des Klosters. Das obige Bild stellt dar die neue Pfarrkirche mit den spitzen Türmen und das, Gnadenbild der Mutter der Barmherzigkeit. HMereits in der ersten Kälfte des vorigen Jahrhunderts und zwar im Jahre !839 wurde der Neubau der Manen-Pfarrkirche angeregt. Doch laut Kofkanzlei- dekrekes vom 4. Dezember 1847 41.129 wurde die Verlauf erklärt in sieben Vorträgen. Regensburg, l893. Gr. 8°. SS. 77. — Dr.'.Josef.Walter, Die heilige Messe, der gröszte Schatz der Welt. Brixen, IS0I. 6. Aufl. — k>. Keinrich Müller S. V. D., Das 79 -z- Erbauung einer neuen Kirche für diewindische Pfarre erst im Jahre 1847 mit allerhöchster Entschließung vom 30. November 1847 bewilligt. Der Bau sollte mit einem Kosten¬ voranschlage von 42.038 ft. 18 '/4 kr. E. M. im Jahre 1851 beginnen. Allein wegen zu beschränkten Bauplatzes und zumal wegen des zu niederen Kostenüberschlages erhob die damalige Kreisregierung bei der steiermärkischen Statt¬ halterei Bedenken gegen das geplante Unternehmen. Die Baudirektion sprach sich tatsächlich für einen Bau in größerem Umfange mit einem Kostenaufwande von beiläufig 68.000 ft. C. M. aus. Im Jahre 1853 wurde die ganze Bauan¬ gelegenheit dem F. B. Seckauer Ordinariate zur Begut¬ achtung vorgelegt, von diesem aber nach der inzwischen durchgeführten Diözesanregulierung im Jahre 1859 an das F. B. Lavanter Ordinariat abgetreten. Nach dreißigjährigem Stillstände wurde der Ge¬ danke an den Neubau der Grazervorstadt-Marienpfarr- kirche im Jahre 1890 wieder ausgenommen. Die be¬ stehende Kirche wurde immer baufälliger und ungeeigneter für die ohnehin schon große und noch stets wachsende Zahl der Pfarrsinsassen. Am 24. Juni 1890 wandte sich der damalige Pfarrvorsteher U. Kallistus Keric mit einer gut belegten Eingabe betreffs dieses Baues an das heilige Meßopfer oder die Quelle aller Gnaden. Nach?. M. Cochem. Steyl, 1903. — August Pergen S. 2., Kreuz und Altar. Sieben Predigten über das Opfer des Neuen Bundes. Paderborn, 1904. 3. Aufl. 8°. S. lt8. — Reiners, Das heilige Meßopfer. Wien, 1905. — Einen vortrefflichen Unterricht über die heilige Meße, ihren Ritus und ihre Zeremonien und deren Bedeutung bietet in lateinischer, flovenifcher und deutscher Sprache die Lavanter Diözesansynode vom Jahre 1903. (LcLlssiae Uavantinas SMvllu« llioecasana, snno 1903 cosäunstg. Llru-burM, 1904. Lax. UX1X. pag. 287—460). 80 F. B. Ordinariat von Lavant, welches ihn schon am 9. Juli desselben Jahres bei Anerkennung der dringenden Notwendigkeit eines Neubaues anwies, sich an die hoch¬ löbliche k. k. Statthalterei in Graz mit der Bitte zu wenden, daß die Notwendigkeit eines neuen Pfarrkirchenbaues kommissionell erhoben, beziehungsweise konstatiert und so¬ dann die Konkurrenzverhandlung im Gegenstände durch¬ geführt werde. Die steiermärkische Statthalterei begegnete der am l2. Juli 1890 gestellten Bitte mit Wohlwollen und er¬ suchte um Einsendung des Verhandlungsaktes, betreffend den Neubau, aus dem Jahre 1847. Nachdem ihr dieser mit den im Vorstadt-Pfarrarchive noch vorhandenen Bau¬ plänen, nach welchen seinerzeit das Redemptoristenkolle¬ gium unter dem Rektorate des?. Franziskus Tav. Wohlmann in Marburg eine neue Pfarrkirche in der windischen Pfarre allhier zu erbauen vorhatte, über¬ schickt worden war, eröffnete sie mit Erlaß vom ö. De¬ zember 1890 dem F. B. Lavanter Ordinariate, daß der Neubau schon 1847 bewilligt worden sei. Da jedoch heute an dem Bauplane vom Jahre 1847 und an dem damaligen und später gemachten Kostenvoranschlage nicht festgehalten werden könne, so müsse vor allem in Erwägung gezogen werden, aus welchen Mitteln der Bauaufwand aufge¬ bracht werden solle und könne. Zudem müsse die unbedingte Notwendigkeit eines Neubaues noch durch den Stadtrat in Marburg erhoben und festgestellt werden. Am 1. Juni 1891 wurde nun seitens des wohllöb¬ lichen Stadtrates Marburg die Kommissionelle Erhebung des Bauzustandes der alten Kirche gepflogen und dabei konstatiert, daß die vorhandene Kirche wegen der großen -r- 81 -r- Baugebrechen nicht mehr für eine tangere Zeit restauriert werden könne, daß sie vielmehr abgetragen und an ihre Stelle ein neues Gotteshaus aufgebaut werden müsse. Beziehentlich der Aufbringung der erforderlichen Geldmittel faßte die Kirchenvorstehung den lobenswerten Entschluß, vom Wege der Kirchenkonkurrenz abzugehen und die Kosten für den Bau der neuen Pfarrkirche nach Verwendung der von Josef Neubauer zu diesem Zwecke gewidmeten Legate durch Sammlung milder Gaben und freier Beiträge, also auf dem Wege der christlichen Mildtätigkeit, aufzubringen. Zu diesem Behufe wurde unter dem Vorstande des Vor¬ stadtpfarrers und des ersten Kaplans als seines Stellver¬ treters der Verein zum Baue der Vorstadtpfarr¬ kirche Keilige Maria Mutter der Barmher¬ zigkeit in Marburg gegründet, dessen Statuten die k. k. Statkhalterei am 14. Juli 1891 Z. 15.343 beschei¬ nigte. Zugleich erlaubte die hochlöbliche Statthalterei der Kirchenvorstehung, zur Beschaffung der Kirchenbaumittel im ganzen Kronlande Steiermark Sammlungen von freiwilligen Gaben vornehmen zu dürfen. Der Verein erwies sich als sehr nützlich und vorteilhaft. Jedes Mit¬ glied entrichtete monatlich wenigstens zehn Keller, also jähr¬ lich 120 b. Die Stifter hatten 2000 K, die Gründer 1000 und die Wohltäter 200 X dem Kirchenbau zu widmen. Der Verein erzielte die besten Erfolge. Nach der freundlichen Einladung vom 25. August 1891 seitens der Vorstehung traten dem Vereine gleich im ersten Jahre 10.000 Mit¬ glieder bei, deren Zahl sich im Laufe der Jahre auf 66.000 und darüber steigerte. — Zur Beratung der ersten, wichtigsten und schwierigsten Bauangelegenheiten hatte sich unter dem Präsidium des Diözesanbischoses auch ein Bau- 6 ^-82 Komitee gebildet, welches im Laufe des Jahres 1892 in der fürstbischöflichen Residenz mehrere Sitzungen abhielt. Die Mitglieder desselben suchten in ihren und in anderen Kreisen die lebhaftesten Sympathien für das gewaltige Unternehmen zu wecken und wach zu erhalten. Die erforderlichen Baupläne entwarf der tüchtige Wiener Architekt, k. k. Baurak Kerr Richard Jor¬ dan. Der Kostenvoranschlag lautete auf 201.915 fl. 43 kr. für die Kirche und auf 63.476 fl. 47 kr. für das Pfarrhof- und Klostergebäude. Die Ausführung der Bau¬ pläne übernahm der gewiegte k. k. Kofbaumeister Josef Schmalzhofer aus Wien, und die Bauleitung übertrug er seinem trefflich geschulten Beamten, Kerrn An ton Schäftner, Stadtbaumeister in Wien. Am 3. Februar 1892 wurde das ganze Bauoperat samt dem Finanzierungsprogramme an die hochlöbliche k. k. Statthalterei zur endgültigen Überprüfung und Ge¬ nehmigung geleitet. Am 11. Mai 1892 erhielt das F. B. Lavanter Ordinariat die Mitteilung, daß das vorgelegte Bauprojekt unterm 31. März 1892 vom Baudepartement geprüft und sowohl in baulicher als auch in architektonischer Beziehung ganz entsprechend befunden worden isl. Am 23. Mai desselben Jahres wurde beim Stadtrate von Mar¬ burg unter Vorlage der bezüglichen Pläne um den Bau¬ konsens eingeschritten. Der löbliche Stadtrat ordnete unterm 25. Mai 1892 die Lokalkommission auf den 31.Mai des genannten Jahres an, die nach erfolgter Besichtigung der Baufläche das geplante Vorhaben guthieß. — Mit den Er¬ lässen vom 8. August und vom 29. September 1892 erteilte auch das hohe Ministerium für Kultus und Unterricht seine Zustimmung zum Beginne des monumentalen Baues. Geschichte des Neubaues der Kirche, des Pfarr¬ hauses und des Klosters. M^a nach geschehener Demolierung der alten Pfarr- bN Kirche bis zur Erbauung der neuen eine provi- sorische Kirche für die Abhaltung des Pfarrgottes¬ dienstes unbedingt notwendig war, wurde der Bau des Pfarrhof- beziehungsweise Klostergebüudes, in welchem die vorläufige Kirche untergebracht werden sollte, vor allem und zwar am 4. Juli 1892 in Angriff genommen. Die Weihe des Grundsteines für das Klostergebäude nahm am 6. Juli 1892 der hochw. ?. Ludwig von Wellenthal vor. Schon am 3. November desselben Jahres war das ganze Gebäude unter Dach, und am 2t. Dezember waren die Gewölbe fertiggestellt. Den „stehenden Dachstuhl" fin¬ den I. Teil des Klosters, das ist für den Ost- und Süd¬ trakt, bewerkstelligte der Marburger Zimmermannmeister Karl Kiffmann; und den Kirchendachstuhl für den II. Teil des Klosters, das ist für den West- oder S a Krist ei - trakt, lieferte der heimische Stadtbaumeister Zosef Nepo- litzki. Die Tischlerarbeiten für das Kloster leistete der in der Kärntnerstraße wohnende (in Wien seitdem bereits gestorbene) Tischlermeister Josef Ai eß. Am 13. Juni des folgenden Jahres 1893 wurde das im romanischen Stile aufgebaute Klostergebäude bis auf den westlichen Trakt eingeweiht und der Benützung übergeben. Dasselbe ist zweistöckig und besteht aus einem 6* Das. Presbyterium der neuen Marienkirche mit dem Kochaltare. -J- 85 südlichen Haupttrakte und zwei rechtwinklig daranstoßenden Nebentrakten. Der Hauptteil läuft parallel mit der Kirche, während sich die Seitenteile an das linke Seitenschiff der Kirche anschliehen. Die Trakte umschließen einen viereckigen, mit gerippten Klinkerplatten gepflasterten Kos, in dem sich ein 24 m tiefer Ziehbrunnen befindet. Sie sind bis auf die nördliche Hälfte des westlichen Traktes unterkellert; nebst dem Weinkeller sind in den unteren Räumen eine Tischlerei, Schuslerei, Gemüse- und Gärtnerkammer, Waschküche, ferner die elektrischen Maschinen und Akku¬ mulatoren, sowie das ganze Heizmaterial untergebracht. Im Parterre des östlichen Traktes, welcher den zur Vorstadkpfarrkirche gehörigen Pfarrhof bildet, befinden sich: die Bibliothek des Iungfrauenvereines und des dritten Ordens, ein Sprechzimmer, ein Studentenspeise¬ zimmer, die Pförtnerei und ein geräumiges Musikzimmer. Letzteres war das Presbyterium der provisorischen Not¬ kapelle, die den Osttrakt einnahm; deswegen ist gegen¬ wärtig darin eine Marmorplatte mit der Inschrift ange¬ bracht : „In piam ineinoriain ! kriore parva eeetsgia 80I0 aoguata in Koo oonotavi attare 4cki88imi 8totü ouin ioone iniraLuto8a Xlalrw mmoriLoräiae a ctie 2. VII. an. 1893 N8guo aä äiom 12. VIII. an. 1990 oelsbratw tue 86p- tennio itlo 26,300 .XIi88arum 8aeriticni8 rstviNisguo saora Loinmuniono 787,400 6äetibu8. 0. 8V. XI. I). O. 8. XI. V. et 00. 88. 8." Den Südtrakt nehmen ein das Re¬ fektorium, ober dessen Eingang eine Marmorplatte mit der Inschrift: „kroviäontiae ckvinas Lonseeratum" an¬ gebracht ist; ferner die Küche samt Nebenräumen. Der Westtrakt umfaßt die untere Sakristei samt dem Mtnistrantenzimmer und eine Arbeitskammer. Im -z- 86 -4- ersten Stockwerke sind im östlichen Trakte die aus zwei Zimmern bestehende Pfarrkanzlei, eine Wohn¬ zelle und ein geräumigeres Provinzialatzimmer unter¬ gebracht. Im ganzen südlichen Trakt befinden sich Wohn¬ zelten, eilf an der Zahl, während den westlichen Trakt das für das Chorgebet bestimmte Oratorium (Chor¬ kapelle) einnimmt. Im zweiten Stockwerke be¬ finden sich wieder nebst einer Schneiderei, der Bibliothek sowie einer Paramenten- und einer Kabitkammer sieben Wohnzelten im östlichen, acht im südlichen und vier im westlichen Trakte. Die drei Klostertrakte sind so gebaut, daß hofseitig die Gänge verlaufen, während gassen- resp. gartenseitig die benützten Räume untergebracht sind. Alle Wohnräume des Klosters, sowie die Sakristei und der Gang des zweiten Stockwerkes sind auf Traversen gewölbt; die Gänge im Parterre und im ersten Stockwerke besitzen Kreuzgewölbe, die Kellerräume Tonnengewölbe. — Der Bodenbeleg besteht in den Kellerräumen aus Ziegel¬ pflaster, mit Ausnahme des Maschinenraumes, welcher Terrazzo, und des Akkumulatorenraumes, der Asphalt¬ pflaster erhalten hat. Das Parterre ist durchaus mit Klinkerplatten gepflastert, ebenso der Gang und die Oratorien im ersten Stockwerke, während der Gang des zweiten Stockwerkes sowie sämtliche Wohnräume weichen Bretterboden haben. — Stiegen sind im Gebäude drei, von denen jedoch die bequemste nur bis zum ersten Stockwerke (zur Pfarrkanzlei und zum Orgelchor) führt. Die anderen zwei (im südlichen und westlichen Trakte) be¬ finden sich innerhalb der Klausur, führen vom Keller bis auf den Dachboden und haben auch Ausgänge in den -r- 87 -z- Garten. — An dem linken Seitenschiffe der neuen Pfarr¬ kirche ward gegen den Klosterhof eine geräumige, zweckdien¬ liche Kalle angebaut, welche mit einem flachen, aus Brettern und Pappe bestehenden geschotterten Dache versehen ist, das als Lüftungs- und Reinigungsplatz für Paramente dient, und zu dem vom zweiten Stockwerke des Klostergebäudes eigene Zugänge führen. Am 26. Juli 1892 fand die Feier des sogenannten ersten Spatenstiches statt. Darauf begann die Aus¬ hebung der Fundamente für die Kirche und ihre zwei Glockentürme. Die Grundlage ist bei der rechtsseitigen Kirchenmauer 5 Meter, bei der linksseitigen, an das Kloster sich anschließenden 4 Meter, für den rechten Turm 7'/. Meter und für den linken 7 Meter tief. Nach der am 11. August 1892 vollzogenen Weihe des Turmgrund¬ steines wurde mit dem Betonieren begonnen. Der rechts¬ seitige Turm wurde auf die Köhe von 2^2 Meter und der linksseitige auf 2 Meter, alle Fundamente aber, auf welchen die Pfeiler ruhen, wurden auf 1 Vs und alle übrigen Mauern auf 1 Meter Köhe im Fundamente be¬ toniert. Für die Grundmauern verwendete man Bruch¬ steine teils von St. Lorenzen ob Marburg teils aus Tresterniz bei Gams und hydraulischen Kalkmörtel aus Kufstein in Tirol. Am 19. Mai 1893 wurde mit dem Versehen des Steinsockels aus Karstmarmor an den vorderen Teilen der Kirche und am 30. Mai mit dem Ziegelrohbau be¬ gonnen. Die inneren Mauerziegel lieferte die Josef Oberlech ner'sche Ziegelfabrik in Rothwein bei Marburg, die äußeren, doppelt geschlemmten roten Derkleidungs- ziegel besorgte die Wienerberger Ziegelfabriksge¬ sellschaft in Wien. Gemauert wurde ausschließlich mit -r- 88 Weißkalkmörtel, wofür der Kalk teils aus Sagor in Kram, teils aus Riezdorf im Sanntale geliefert worden war. Am 2. Juli 1893 wurde in feierlicher Prozession das hochwürdigste Gut und das Gnadenbild Mariens, der Mutter der Barmherzigkeit, aus der bisherigen Pfarrkirche in das, am 13. Juni 1893 vormittags vom hochw. ?. Guardian Kallistus geweihte Provisorium (nach¬ mittags erfolgte die Weihe des Klostergebäudes) über¬ tragen? Am 4. Juli 1893 begann man mit der teilweisen Demolierung der alten Pfarrkirche und hernach mit dem Aushube des Fundamentes für alle auf diesem Platze aufzuführenden Mauern der neuen Kirche. Auch diese Mauern wurden auf 1 Meter Köhe im Grunde betoniert. Bis zum 2. Oktober 1893 war diese Arbeit vollbracht. Am bedeutsamen 10. August 1893 wurde der Grund¬ stein für die neue Muttergotkes-Pfarrkirche feierlich geweiht und gelegt. In dieses Baujahr 1893 fiel noch die Aufführung der Außenmauern bis zur Köhe von 5 >/» Metern über den Kirchenboden. Der zweite Sockel ist aus Aflenzerstein (Aflenz bei Leibniz) hergestellt. Die Wandpfeiler und die Dreiviertel-Säulensockel bestehen aus Budinzinerstein (Budinsöina in Kroatien). Zwischen dem Fundament und dem Parterre-Mauerwerke wurde Der hochw. Kerr Joses Fleck, damals Pfarrer und Dechant in Jaring, gegenwärtig Propst in Pettau, hielt eine rührende Ab¬ schiedsrede, die unter dem Titel: »Slovo oä stare eerkve Marifs matere milosti v Mariboru Uns 2. ZuliZa 18Y3. kriüiga. Spisal in govoril ZoLek bleck, äuliovni svetovalec in Lekan v Zarsnini. V Nariboru, 18Y4. 2aloLil frančiškanski samostan. Tisek tiskarne sv. (idrila v Mariboru. Str. 24* im Drucke erschien und mehrere Auflagen erlebte. 89 -r- zum Schutze gegen die aufsteigende Grundfeuchte eine 2 om starke Asphaltschichke aufgetragen. Im Baujahre 1894 wurden vor allem die acht im Mittelschiffe freistehenden Steinpfeiler, welche die Haupt¬ mauern des Kochschiffes und die Seitenschiff-Kreuzgewölbe zu tragen haben, aufgeführk. Der Sockel dieser Masker, an welchen von zwei Seiten Dreiviertelsäulen angebunden sind, besteht aus hartem Kundsheimerstein (Kundsheim in Niederösterreich); die Fortsetzung der Pfeiler mit Einschluß der unteren Kapitale ist Brunnerstein (Steinfeld in Meder- österreich); die Widerlagersteine sind harter Stein aus Store bei Lilli. — Die Dreiviertelsäulen sehen sich über dem Kapitäl der acht mächtigen Pilaster im Innern des Kochschiffes fort und schließen mit einem aus Aflenzerstein hergestellten Kapitäl ab, auf welchem dann jede Säule in eine vorspringende gemauerte Lisene übergeht, an welche wieder drei Säulen aus Aflenzerstein angestellt sind. Die Säulensockel, die Lisenen und die Kapitäle, auf denen die Quer- und Lang-Gurten des Kauptschifses ruhen, wie über¬ haupt alle Steinmassen am Äußern und Innern der Kirche, deren Tragfähigkeit weniger in Anspruch genommen wird, sind Aflenzerstein. -- Außer den freistehenden Steinpfeilern finden sich 16 Wandpseiler, welche die Gurten, die Streb¬ mauern und die Gewölbe der Seitenschiffe tragen. Alle sind aus Ziegel gemauert, und es haben acht von ihnen wieder je eine Dreiviertelsäule in der Fortsetzung. Die Kapitäle der Wandpfeiler sind aus Aflenzerstein gearbeitet. Die Versetzung der Pfeiler dauerte vom 24. März bis 28. Mai 1894. Kierauf begann das Wölben der großen Kauptschiffgurten, welche das Kochschiff tragen, wobei ausschließlich hydrau¬ lischer Kalkmörtel in Verwendung kam. -L-' '90 -r- Am 6. August 1894 feierte man das Gleichenfest für das Presbyterium und am 6. September desselben Jahres jenes für die ganze Kirche. Am 7. September 1894 begann das Aufziehen des Dachstuhles für das Presbyterium und das Langschiff, welche Arbeit am 18. September beendet ward. Der Dachstuhl wurde mit Wienerberger Patent-Dachfalzziegeln provisorisch einge¬ deckt, die dann im Frühling des nächsten Jahres dauernd befestigt wurden. Vom 30. Oktober bis zum 24. Novem¬ ber 1894 wurde der Dachstuhl über den beiden Seiten¬ schiffen aufgezogen und mit vorerwähnten Ziegeln einge¬ deckt. Zwei Felder der Seitenschiffabdachungen, die an das Klostergebäude sich anschließen, sind mit Kupfer ge¬ deckt. Für den Kirchendachstuhl wurden 150 Kubikmeter gezimmerten Fichtenholzes verbraucht. — In der Zeit vom 9. November bis 26. November 1894 wurden die Quer- und Wandgurten des Kochschiffes, auf welche sich das Mittelschifskreuzgewölbe stützt, gewölbt. Bis zum 18. Dezember 1894 wurden die Kreuzgewölbe des Kaupt- schiffes und das Gewölbe des Presbyteriums fertiggestellt. — Die Apsis, sternförmig gewölbt, besitzt sechs Rippen aus Aflenzerstein, die auf Kapitälen ruhen, welche durch Wanddienste unterstützt werden. Im Schlußstein der Rippen ist das Kaupt Christi auf einer Kreuzunterlage dargestellt. Im Baujahre 1895 wurden die beiden Kirchentürme ausgebaut. Am 24. Mai fand das Gleichenfest für den rechtsseitigen und am 12. Juni für den linksseitigen Glocken¬ turm statt. Vom 29. Mai bis 6. Juni wurde der Dach¬ stuhl auf den ersten und vom 18. bis 27. Juni auf den zweiten Turm aufgezogen. Kiebei wurden 205 Kubik¬ meter geschnittenen Fichtenholzes verwendet. Das ge- 91 -4- sumte Gerüstholz wurde von Maria Aast, St. Lorenzen ob Marburg, Maria Wüste und Wuchern bezogen. Die Zimmermannsarbeit übernahm der Marburger Baumeister Josef Nepolitzki. Vom 6. Juli bis 30. August 1895 erfolgte die Eindeckung der beiden Äirchentllrme mit Äupferplatten, deren 300 nötig waren. Die Spengler¬ arbeit lieferte Anton Iellek's Witwe in Marburg. Die Türme tragen spitze und nicht, wie es ursprünglich geplant war, stumpfe Keime. Sie sind in sechs Etagen eingeteilt, deren oberste vier große Fenster aufweist, wovon wieder jedes durch zwei doppelte Säulenstellungen in drei Teile gegliedert ist. In der ersten Etage unter den Glocken ist der Schauplatz, auf dem die Turmuhr wirkt und uns hilft, die Zeichen der Zeit zu verstehen, sie zum Guten zu verwenden und der guten Stunde uns zu versichern zu einem gottseligen Ende. Am 7. September 1895 wurden die acht großen Zifferblätter von der ersten Wiener Turm-Uhrenfabrik Emil Sch a uer an den beiden Türmen angebracht. Die bei der großen Wienerausstellung 1895 prämiierte Turmuhr gelangte im Jahre 1896 zur ' Auf der nördlichen Köhe des esquilinischen Kügels in Rom erheb! sich die älteste der Kirchen, welche in der ewigen Stadt zu Ehren der hl. Jungfrau errichtet worden sind. Sie wurde mehrfach umgebaut und erweitert, bis sie in ihrer jetzigen großartigen Pracht erstand und die Bewunderung aller Besucher erregt. Schon frühzeitig erhielt die Kirche, zuvor „Navia sä Xivs» — Maria zum Schnee" genannt, wegen ihres Vorranges vor allen anderen Marienkirchen Roms die Bezeichnung „Naris Naggiore", die Größere. Bemerkens¬ wert ist, daß der Glockenturm dieser öreischifsigen romanischen Ba¬ silika, welcher seit dem l l. Februar 1906 die neue Marien-Pfarrkirche in Marburg aggregiert ist, auch mit einem spitzen Dach versehen ist, welche Gestalt ihm Papst Gregor XI. (1370—1378) gegeben hat. 92 Aufstellung im südlichen Turme. Sie ist so eingerichtet, daß von einem kleinen, leicht in Betrieb zu setzenden und regulierbaren Uhrwerk die Bewegung in Zeiträumen von je einer Minute auf die großen Uhrräder übertragen wird. — Inzwischen wurden auch die Gewölbe der Seiten¬ schiffe und des rechtsseitigen Oratoriums fertiggestellt und die Kirchenwände im Innern verputzt, während man außen mit dem Verbrennen der Fugen und mit dem Ab¬ waschen des Ziegelrohbaues beschäftigt war. Am l6. Juli 1895 fand die erhebende Feier der Weihe zweier Kreuze für die Türme und eines für den First des Presbyteriums statt. Die drei Kreuze sind nach der Zeichnung des Wiener Archi¬ tekten Richard Jordan vom Marburger Schlosser¬ meister Karl Pirch aus Schmiedeisen geformt, reichlich vergoldet und stecken in kupfernen, ebenfalls stark ver¬ goldeten Knäufen, in deren einen eine Gedenkurkunde mit entsprechendem Inhalle gelegt worden ist? Die beiden Turmkreuze sind je 3 Meter hoch und 1'30 Meter breit. ' Die Urkunde lautet: In nomine ssnctissiwas st inUiviäuss Drinitatis! Hans crucem eetstssiinus ae revsrsnctissimus Domi¬ nus Dr. Nickset dtspotnik, Drincsps-Dpiscopus Dsvantinns, die 16. Inlii 1895 maxima sum solsmnitats bsneäixit — Ssnctissimo Datre ac Domino nostrn Dsons XIII. Donliües Naximo, Mnistro Oenersli rsvsrsndissimo Datrs Xlovsio äs Darina sl Drancisco loseptio I. außustissimo .Xustriae Imperators. Hass ecclesia una eum adnsxo monastsrio asdiücata est piorum üctelium oblationibus a DD. st DD. Drsnciscanis illo tempore in eonventu lVIarburgsnsi degsntibus. O erusts victoria st sämiradite signum, las nos kic sud- scrtptos st omnes Koc siZnum crucis ocutis pis intusntes in eoslsstt curia caxtars trtumpkum! -z- 93 -r- Das Firstkreuz mißt in der Länge 1 70 und in der Breite 0'90 Meter. — Nach erfolgter Abrüstung an den Türmen — am 9. Oktober 1895 waren sämtliche Gerüste in und bei der Kirche entfernt — wurde die Herstellung der Kirchentore in Angriff genommen. Das Hauptportal, zu dem, wie zu drei Seitentoren, eine vierstufige Treppe führt, befindet sich zwischen den beiden Türmen; unter ihnen aber und an der Nordseite derselben ist je ein kleineres Seitenportal angebracht. Die einzelnen Teile dieser Kirchentore sind teils aus Karstmarmor teils aus Aflenzerstein gehauen. Das Hauptportal wurde am 7., das der Tegetthoff-Straße zugekehrte Tor am 13., das linksseitige am 20. September und das rechtsseitige Turm¬ portal am 15. November vollendet. Außer den obbezeichneten Portalen führt an der nördlichen Presbyteriumsseite noch von außen eine Tür, zu welcher man über fünf Stufen gelangt und deren Tympanon von einem Kreuzfensterchen durchbrochen ist, in eine kleine, durch ein in der Weskwand an¬ gebrachtes, fünfpässiges, bemaltes Aundfenster beleuch¬ tete Vorhalle. Aus dieser kommt man in die Kirche, und durch eine Seitentür in den Gang, welcher um das Presbyterium angebaut ist und in die beide» Sakristeien geleitet. Den Gang erhellen vier zweiteilige, farbige Glasfenster; am Südende desselben führt (an Stelle des fünften Fensters) ein Ausgang in den um die Apsis angelegten kleinen Garten. Aus der oberwähnten -Kalle führt ferner eine Tür, beziehungsweise Stiege zum nördlichen Oratorium. Die Stiege erhält Licht durch ein schmales Schlitzfenster, das .Oratorium selbst durch ein bemaltes Doppelfenster von außen, während sich ein drei- k 94 r teiliges Ehorfensier, oberhalb mit mattfarbigen und unter¬ halb mit lichten Glasscheiben, nach dem Inneren der Kirche öffnet. Der beschriebenen Kalle und dem nördlichen Ora¬ torium entspricht in Anlage und Beleuchtung auf der Südseite die obere Sakristei (Taufkapelle) und über ihr das Oratorium. Außer dem Rundfenster der Westwand wird die obere und die etwas tiefer gelegene untere Sakristei durch je drei, und das sich anschließende Mini¬ strantenzimmer, aus dem man in das Klostergebäude gelangt, durch ein gewöhnliches Scheibenfenster erleuchtet. Aus der unteren Sakristei, sowie vom Klostergange her gelangt man in einen Gewölbegang, der den Ost- und Westtrakt des Klostergebäudes miteinander verbindet. Von ihm münden nach Süden hin eine Glastür und zu beiden Seiten derselben je zwei Bogenfenster in den Klosterhof. Nordwärts führt eine Tür zur Beichtkammer für die Schwerhörigen, während fünf dreiteilige große, mit Oberlicht¬ flügeln versehene Glastüren, unterbrochen durch vier ge¬ mauerte Pfeiler, die an das linke Seitenschiff der Kirche angebaute St. Franziskushalle abschließen. Die Kreuzge¬ wölbe der Letzteren werden von vier mächtigen Steinsäulen getragen. Sie dient gegenwärtig zu Versammlungen und zur Aufnahme von neuen Mitgliedern verschiedener frommer Vereine (III. Orden, Bruderschaften, Kongregationen). In derselben ist ein provisorischer Altar ausgestellt. — Aus dem Inneren der Kirche führt eine Tür gegenüber dem Orgelchor ins Kloster, ferner eine Tür beim St. Filumena- und eine beim Kochaltar in die zwei Sakristeien. Links von der Kirchenfassade führt eine Tür in den Pfarrhof und zur Klosterklausur. — Die gesamte Steinmetzarbeit lieferte der -k - 95 Wiener k. k. Kofsteinmetzmeister EduardKauser, der täglich 6 bis 8 Arbeiter unter der Leitung des Steinmetz¬ poliers Johann Kull ich beschäftigte. Beim Kirchen¬ baue standen täglich im Durchschnitte 40 bis 50 Arbeiter, zumeist aus Marburg und seiner Umgebung, in Dienst. Außer dem schon erwähnten Materiale wurden für den Kirchenbau noch verwendet: 1,100.000 Mauerziegel aus der Ziegelfabrik des AosefOberlechner in Roth- wein bei Marburg; 160.000 rotgeschlemmte Verkleidungs¬ ziegel aus der Wienerberger Patent-Ziegelfabrik in Wien; 16.000 Patent-Dachziegel, bezogen aus der gleichen Fabrik; 210.000 KZ oder 21 Waggon Weißkalk aus Sagor in Krain und aus Riezdorf im Sanntale; 2000 Kubik¬ meter oder 2000 Fuhren Mauersand, bezogen aus Marburg; 180.000 KZ oder 18 Waggon hydraulischen Kalkes aus Kufstein in Tirol; 380'00 Kubikmeter oder 95 Waggon Aflenzerstein aus Aflenz bei Leibniz; 84'00 Kubikmeter oder 21 Waggon Brunnerstein aus Steinfeld bei Wiener¬ neustadt; 36'00 Kubikmeter oder 9 Waggon Kunds- heimerskein aus Kundsheim an der Donau; 16'00 Kubik¬ meter oder 4 Waggon Budinzinerstein aus BudinEna in Kroatien; 24'00 Kubikmeter oder 6 Waggon Steine aus Store bei CM; 40'00 Kubikmeter oder 10 Waggon Steine vom Karst; 8'00 Kubikmeter oder 2 Waggon Steine für Stufen aus Maria Neuskist bei Pettau; 24'00 Ku¬ bikmeter oder 6 Waggon Steine aus Lindabrunn in Niederösterreich. Zusammen daher 612 Kubikmeter oder 153 Waggon S tein eim Gesamtgewichte von 1,530.000 k§. Ober dem Kauptportale prangt das große, am 18. September 1895 fertiggestellte Rundfenster. Außerdem be¬ leuchten das Hauptschiff zehn und das Presbyterium fünf -r- 96 große Fenster. Das rechte Seitenschiff hat Langfenster mit Gewänden und Mittelpfosten aus Kaustein, wovon jedoch die unteren Teile zugemauert sind und nur die runden fünfpässigen Oberfenster Licht spenden. Am linken Seitenschiff befinden sich sieben zweiteilige und drei ein¬ teilige, oberhalb aus mattfärbigen und unterhalb aus Hellen Glasscheiben zusammengesetzte Lhorfenster. Kinter ihnen zieht sich hin der Gebetchor des Klosters, bestehend aus der Vorhalle zum Orgelchor, der sogenannten Kreuz¬ weghalle, der Chorkapelle und dem schon erwähnten, zu¬ nächst dem Kochaltare gelegenen Sudoratorium. Im Kin- tergrunde der Kreuzweghalle, die ober der St. Franzis¬ kushalle liegt, verbindet, sowie ebenerdig, ein durch fünf zweiteilige Fenster erleuchteter Gewölbegang den Ost- und Westtrakt des Klosters. — Die kleine Vorhalle unter dem südlichen Glockenturm wird durch ein im Tympanon an¬ gebrachtes, in Kreuzform bemaltes Fensterchen, und jene des nördlichen Turmes durch ein ebensolches und außerdem noch durch ein farbiges von Norden her einmündendes Schmalfenster erhellt. Die Glasarbeit wurde von der ältesten österreichischen Glasmalerei-Firma Karl Geyling's Erben in Wien übernommen und geliefert. Karl Geyling hat durch mühevolle Versuche die längst vergessene Kunst der Glas¬ malerei wieder entdeckt und 184l sein Atelier gegründet. Im Lause der Jahre sind die größten Glasmalerei¬ werke in Österreich aus diesem Atelier hervorgegangen, so die meisten Fenster in St. Stephan und in der Votivkirche in Wien. Trotzdem die Zahl der bestellten Glasmalereien Jahr um Jahr gewachsen ist, hat sich die berühmte Anstalt doch in glücklichster Weise von jeder fabriksmäßigen Arbeit ferngehalten und ihre Leistungen sind stets künstlerisch vollendete geblieben. Ober dem Rad- oder Rosenfenster auf dem Fassade¬ giebel glänzt das nach einer genauen Photographie des Kochaltarbildes Mutter der Barmherzigkeit vom Marburger Gürtlermeister Franz Kager aus Kupfer getriebene, reich vergoldete und versilberte Bild Mariens mit der Inschrift: Omnibus bie pio intr-m- tibus 6t ä6V0t6 orantibus sis in vita stölla maris et in morte porta ooeti, o Ilaria! (O Maria, sei du allen, die hier gottesfürchtig eintreten und andächtig beten, im Leben der Meeresstern und im Tode die Pforte des Kimmels!) In dieses am 13. September 1895 geweihte und aufgestellte Muttergottesbild wurde ein älteres, auch aus Kupfer verfertigtes und vergol¬ detes Marienbild eingeschlossen, welches sich zuvor auf dem Dachgiebel der ehemaligen Minoritenkirche am linken Drauufer befand. Auf Ansuchen der Pfarrvorstehung ließ der gewesene Stationskommandant, Kerr Generalmajor Albert Graf Nostih-Rieneck, nach eingeholter Erlaubnis seitens des k. und k. Korpskommando in Graz, das schon schadhaft gewordene Bild von seinem bisherigen Standorte herabnehmen und der neuen Kirche übergeben. Die neuen Turmglocken und die neue Kirchenorgel. ^Me fünf neuen, von den Gebrüdern Franz und Georg Goeßner in Wien gegossenen Glocken langten am 7. Oktober 1895 aus Wien in Marburg ein und wurden am 1t. Oktober nachmittags in feierlicher Prozession vom Bahnhofe zur Kirche geführt. Für diesen Transport der Glocken stellten nachbenannte Wohltäter bereitwilligst die Bespannung bei: Kerr Gustav Scher¬ baum, Dampfmühlen- und Realitäten-Besitzer, überließ für den ersten Wagen mit der großen Glocke seine sechs Kengste. Für den zweiten Wagen, der von sechs Schimmeln gezogen wurde und die dritt- und viertgrößte Glocke führte, besorgte das erste Paar Kerr Baumeister Josef Nepolitzki, das zweite die Kandlungsfirma Emanuel Mayer, das dritte Kerr Dampfmühlenbesiher Ludwig Franz. Die sechs Rappen, welche vor den dritten und letzten Wagen mit der zweitgrößten und mit der fünften Glocke gespannt waren, wurden von der Firma Friedrich Wolf beigestellt. Die erste und größte Glocke wiegt 4121 Kilogramm oder ungefähr 82 Zollzentner und hat den Ton 6. Die zweite zählt 2488 Kilogramm oder 48 Zollzentner und läutet den Ton H. Die dritte hat 1300 Kilogramm oder 26 Zollzentner und den Ton 0. Die vierte ist 700 Kilo- -z- 99 gramm oder 14 Zollzentner schwer und besitzt den Ton Die letzte und leichteste enthält 311 Kilogramm oder 6 Zollzentner und tönt die Note b. Die Glocken haben demnach zusammen das imponierende Gewicht von 8920 Kilogramm oder beiläufig 176 Zollzentner. Der Glocken¬ stuhl wiegt 4050 Kilogramm oder gegen 81 Zollzentner, die Keime 950 Kilogramm oder 19 Zollzentner und die Schwengel 320 Kilogramm oder 6 Zollzentner, zusammen also 5320 Kilogramm oder 106 Zollzenkner. Das Ge¬ samtgewicht der Glocken und der Montierung beträgt 14.000 Kilogramm oder 282 Zollzentner. Die Glocken sind mit gelungenen Bildern und la¬ teinischen Inschriften geschmückt. Die 1. Glocke ziert das Gnadenbild Mariä, Mutter der Barmherzigkeit, und des hl. Johannes Damaszenus, wie ihm die Gottes¬ mutter die abgehauene Kand zuheitt. Die Legende lautet: In konoram lVIatris misoriLoräias. IVIaria, mater ^intiae, mater miserieoräiae, tu nos ab koste protöM, in kora mortis suseipe. — 8. Zoannes Oamaseene, eultus s. l machnum assertor, ora pro nobis. — chuoties sono, toties voeo: Orate pro tuuäatoribus meis Dobia et Karia Drexler et omnibus kuius eeetesias et oonventus kene- kaetoribus vivis atgue ciekmetis. (Übersetzt ins Deutsche: Zu Ehren der Mutter der Barmherzigkeit. Maria, du Mutter der Gnade, Mutter der Barmherzigkeit, du schütze uns vor dem Feinde und nimm uns auf in der Stunde des Todes! -- Kl. Johannes Damaszenus, du Ver¬ teidiger der Bilderverehrnng, bitte für uns! — Wie oft ich ertöne, so oft rufe ich: Betet für meine Stifter Tobias und Maria Drexler und für alle lebenden und verstor¬ benen Wohltäter dieser Kirche und des Konventes). — 7* 101 -4. Die II. Glocke schmückt das Bild des hl. Joseph und des hl. Franziskus von Assisi mit der Inschrift: Iv Konorem 8. )086pk, sLLleÄas oatbolioaa katroni, et 8. Vranomoi Zeraxkioi, oräini8 Vinorum tunüatorm. (Zu Ehren des hl. Joseph, des Patrons der katholischen Kirche, und des hl. Franziskus Seraphikus, des Gründers des Franziskaner¬ ordens). — Die 111. Glocke enthält das Bild des hl. Antonius von Padua und des hl. Stanislaus Kostka und ist ver¬ sehen mit der Aufschrift: In konorem 8. Antonii ?atavini. totiu8 munäi 8anoti 6t Ickauirmtui-Ai. 8. 8lani8la6, ora pro nobi8. (Zu Ehren des hl. Antonius von Padua, des Heiligen der ganzen Welt und des Wundertäters. Kl. Stanislaus, bitte für uns!) — Die IV. Glocke trägt das Bild der hl. Filumena mit der Umschrift: In konoram 8. külumonae, Virginm 6t Vartz-ris. Vunäaverunt ine VOLL Virchn68. 0 8anota Vitumaira, M6M6vto virginum I8tarum in vita 6t in mort6. (Zu Ehren der hl. Filumena, Jungfrau und Märtyrin. Es haben mich 1300 Jung¬ frauen gestiftet. O hl. Filumena, gedenke dieser Jung¬ frauen im Leben wie im Tode!) — Die V. Glocke schmückt das Bild der hl. Vierzehn Nothelfer und die Legende: In donorom guatuoräeoim 88. ^uxiliatorum. Vnnäavit ine virgo nobiÜ8 Varia 8ebmiciorer. (Zu Ehren der hl. Vierzehn Nothelser. Es hat mich die edle Jungfrau Maria Schnöderer gestiftet). Am 13. Oktober 1895 fand die feierliche Weihe und Segnung der Glocken statt, wobei als Paten und Patinnen fungierten: bei der I. Mutter der Barm- Herzigkeit-Glocke: Frau Franziska Scherbaum und Wittfrau Maria Drexler; bei der II. Franz Josef- Glocke: Herr Kirchenpropst IosefRottmann und Herr 102 JakobBancalari; bei der III. Antonius-Glocke: Kerr Kirchenpropst Mathias Marinšek und Kerr Franz Fraß, Grundbesitzer in St. Peter bei Marburg; beider IV. Filumena-Glocke: Fräulein Maria Sch wider er aus Warburg und die Jungfrauen Maria Flucher und Maria Fraß aus St. Peter bei Marburg; beider V. Vierzehn Nothelfer-Glocke: Maria und Johann Sch wider er, Kinder des Kerrn Dr. Johann Schmiderer, damals Vize-Bürgermeisters in Marburg. Am 18. Oktober wurden die drei kleineren, d. i. die Vierzehn Nothelfer- lind die Filumena- und die An¬ tonius-Glocke, am 19. die zweitgrößte, die Franz Josef- Glocke in den linksseitigen Turm, und am 21. Oktober die große oder die Mutter der Barmherzigkeit-Glocke in den rechtsseitigen Turm aufgezogen. Der letzte Schall der alten, im immer noch stehenden vorigen Kirchturme hängenden Glocken ertönte am Abende des 26. Oktober 1895 zum Gruße der Mutter Gottes.* Und am 27. Oktober um 4 Uhr früh morgens als am vierten Jahrestage des Auf¬ rufes der Pfarrvorstehung an die Stadtbewohner Marburgs ' Die sechs Glocken der vormaligen Vorstadtpfarrkirche, von denen sich vier im Turme und zwei am Dachboden des Franziskaner¬ klosters befanden, stehen noch immer in Verwendung. Zwei, und zwar die am gedachten Dachboden lange Zeit aufbewahrten Glocken wurden den ehrwürdigen Schulfchwestern in Marburg überlasten und werden gegenwärtig im Turme der l886 erbauten und der unbefleckten Empfängnis Mariä geweihten Klosterkirche benützt. Zwei Glocken erhielt am 25. September 1898 das Franzis- Kaner-Kospiz in Tiefchen (Diözese Seckau, Dekanat Straden) und dienen der dortigen Pfarrkirche Kl. Dreifaltigkeit. Die erste war ge¬ gossen in Graz 1749; ihr Durchmesser beträgt 81 cm und ihr Gewicht 508 Pfund (5 Zentner 8 Pfund). Ihre Zierde sind die Bildnisse : 103 zur Erbauung der neuen Pfarrkirche wurden die neuen Glocken zum erstenmale zum englischen Gruß der Mutter der Gnade geläutet. Vom 5. bis zum 8. Oktober 1895 wurde an dem Versetzen der sechs Steinsäulen für die Orgelbühne gear¬ beitet. Am 22. November war auch das Gewölbe der Orgelenipore fertiggeslellt. Die neue Kirchenorgel wurde beim Marburger Orgelbauer Josef Brandl am 13. Fe¬ bruar 1899 bestellt. Das Meisterwerk wurde vom 28. Fe¬ bruar 1899 bis zum 25. Februar 1900 in der Kirche ausgestellt, und am 25. Februar nachmittags und den 26. Februar vormittags revidiert, worauf am Nachmittage desselben Tages und Jahres 1900 ein großes Konzert in der Kirche skattfand. Nach der am 11. August 1900 er¬ folgten Kirchen- und Kochaltar-Konsekration wurde vom Kirchenkonsekrator am Sängerchore zugleich auch die neue Orgel geweiht. Das Werk wurde vom Ehordirektor an der landesfürst¬ lichen Propstei-Stadtpfarrkirche zu Wienerneustadt, Kerrn Moriz Kern, am 26. Februar 1900 einer eingehenden Kl. Kreuz, Unbefleckte Empfängnis, St. Franziskus und St. Antonius. — Die zweite war gleichfalls in Graz gegossen 1767; sie hat einen Durchmesser von 69 cm. Eine Glocke erwarb am 15. Juni 1896 Simon Go seid, Grundbesitzer in Windischdorf (Slovensa vas) Nr. 23 der Pfarre St. Martin in Kaidin für die Dorskapelle. Sie war gegossen in Graz 1757 und wiegt 156 Pfund (91 kg). Sie ist geschmückt mit den Abbildungen Kl. Kreuz, St. Donatus, St. Florian und St. Bar¬ bara. — Eine Glocke 42'10 schwer, erwarb am 20. Jänner 1896 Frl. Anna Friedl, Kausbesitzerin, für die Familie Friedl in Graz, Pfarre St. Leonhard, für eine Privatkapelle auf ihrer Realität. -z- 104 Prüfung unterzogen und als ein Meisterwerk anerkannt. Im Orgelkollaudierungs-Berichte vom 5. März 1900 heißt es unter anderem: Die gewaltigen Tonmassen des vollen Werkes ergreifen den Besucher des Gotteshauses mit geradezu überwältigender Majestät und Würde, aber wohltuend und wie aus einem Gusse empfindet das Ohr die herrlichen, erhabenen Harmonien dieser „Königin der Instrumente". Die gemischten Stimmen verleihen dem pleno oi-Kuno die nötige Schärfe und Frische, ohne dabei vor den anderen Stimmen grell hervorzutreten oder dieselben zu übertönen. Ebenso entsprechen auch die Neben- oder Füll¬ stimmen ihrer Aufgabe, indem durch sie das Werk seine erforderliche Fülle empfängt. Die Rohr- oder Zungenwerke prasseln nicht; ihr Ton ist angenehm und doch kräftig und klangvoll. Bezüglich der Intonation der Orgelstimmen ist jedem Register sein entsprechender Charakter und allen Tönen derselben Stimme gleiche Klangfarbe und prompte Ansprache gegeben worden. Die Disposition des Werkes, dessen 34 klingende Stimmen auf zwei Manuale und ein Pedal verteilt sind, ist folgende: Erstes Manual O—O. 1. Prinzipal 16Z 2. Prinzipal 8', weite Mensur, voller, sonorer Ton; 3. Gemshorn8h angenehme Flötenstimme, näselnder Ton; 4. Gamba 8', sehr schön streichend; 5. Salizional 8H weniger Strich als das vorhergehende Register; 6. lAuit tmrinomquö 8h sanfte Flöte; 7. Spitzflöke 8H offenes Flötenwerk, angenehmer Ton; 8. Gedeckt 8H dunkler Klang, die Dichtheit des Orgeltones sehr befördernd; 9. Eornett8Z 10. Trompete 8Z' 11. Oktave 4Z 12. Mola 4h weich und hell, der fünfte Partialton e gut hörbar; 15. Mixtur 2'V/; 16. Piccolo 2H 105 -r- Zweites Manual L—1. Bourdon 16", gedecktes Flötenwerk, Füller; 2. Geigenprinzipal 8", angenehmer, schneidender, geigenartiger Ton; 3. Amoroso 8", ein Heller Flötenton; 4. Lieblich gedeckt 8", angenehmer, weicher Flötencharakter; 5. Fugara 4", offenes Flötenwerk, Heller als Gamba; 6. Traversflöte 4", weicher, aber Heller Klang, der dem Ton der Orchesterflöke täuschend ähnlich ist; 7. Oboe 8", sehr schön intoniert; 8. Dolce 8", weicher, zart streichender Klang; 9. Aeoline 8"; 10. Voix Ooeloste 8", äußerst schön intoniert. Effektvoll durch die hervorge¬ rufene Vibration zweier Pfeifen auf einer Taste. Pedal L—ä^. 1. Posaune 16"; 2. Prinzipal 16"; 3. Molon 16', angenehmer Strich; 4. Karmonikabaß 16", äußerst zarter Baß; 5. Subbaß 16", gedecktes Flötenwerk, Fülle der Pedalstimmen; 6. Quintbaß 10^//; 7. Oktavbaß 8"; 8. Cello 8". — Nebenzüge und Koppeln: 1. des zweiten Manuale zum ersten Ma¬ nuale; 2. Koppelung des ersten Manuale zum Pedal; 3. Koppelung des zweiten Manuale zum Pedal; 4. Oktav¬ koppelung zum zweiten Manuale; 5. Kollektivtrikte für Mezzoforte, Forte, Fortissimo und Tutti im ersten und zweiten Manual und Pedal; 6. Ialousienschweller. (Echo¬ werk, in welchem sich Oboe, Dolce, Aeoline und Voix Ooeleste befinden). Die Stimmen scheinen beim Offnen der Klappen (Jalousien) wie von weikhertönend immer näher zu kommen, beim Schließen aber sich allmählig wie in die Ferne zu verlieren. Die mechanisch eingereihten Kollektivtritte wirken auf beide Manuale und auf das Pedal zugleich und lösen sich gegenseitig aus. Die Windladen sind Kegelladen. Für den Spieltisch ist das pneumatische System vortrefflich -L- 106 --L- verwertet. Ebenso wurde dieses System zu sämtlichen Koppelungen und zur Verbindung von Taste und Wind- lade benützt, über jeder Taste der Manuale sind kleine Kegelwindladen angebracht, von denen zu jeder Windlade Röhren führen. Die Kompression wird durch die Register¬ züge in vorzüglicher Weise bewirkt. Das Gebläse besteht aus einem sogenannten Ma- gazinbatg mit zwei großen Schöpfern und hat 4 m 20 em Länge und 2 m Breite. Die Falten des Blasebalges sind dreifach beledert. Diese Bälge treiben die eingestellte Windwage beziehungsweise Wassersäule auf 100 mm (Wind¬ druck). Das Gebläse hält durch ein einmaliges Auf¬ ziehen dem vollen Werke 18 bis 19 Sekunden hindurch Stand. Die Balghebel selbst sind mit einer Wage in Verbindung, durch welche das Balgtreten verhältnismäßig erleichtert wird. — Die Pfeifen sind aus bestem Material und mit allen modernen Einrichtungen als Stimmrollen für das Zinn, Stimmschiebern für das Kolz, Rollbarten u. s. w. ausgerüstet. Die schnellsten Passagen, Triller und Staccatos lassen sich in einzelnen Tönen und in ganzen Accorden überraschend deutlich zum Vortrage bringen. Das nach einem Entwürfe des Architekten, k. k. Baurates Richard Jordan angefertigte prächtige Ge¬ häuse schmiegt sich in Form und Malerei der romanischen Kirche vollkommen an. Kerr Jordan schreibt in seinem Briefe an den hochw. ?. Guardian Kallistus unterm 6. Dezember 1898: „Bemerke, daß ich in den Seitenkasten, wie man sieht, die Architektur der Mittelfronte durchspielen ließ, um eine Bindung und Zusammengehörigkeit der drei Kästen mit einander zu bewerkstelligen. Wohl wird der » 107 Orgelbauer es nicht gerne sehen, daß sein Pfeifenprospekt mit Architektur unterbrochen wird; allein folgen Sie mir, die großen und starken Pfeifen wirken als Fläche sehr brutal und aufdringlich, und wird dieser schlechten Wirkung durch die in der Zeichnung ersichtliche Verzierung hint¬ angehalten". Die Ausführung des Orgelgehäuses in steirischem und slavonischem Eichenholz besorgte der Orgelbaumeisker selbst, während die Vergoldung und Faßung dem Kerrn Josef Kott, k. k. österr. und königl. rumänischen Kos- Dekorationsmaler in Wien, übertragen ward. So möge denn das Meisterwerk seinen erhabenen Beruf erfüllen und mit seiner Töne Zauber in Karmonie mit den anderen Künsten, die hier ihre Schönheiten entfalten, die Gläubigen zu Gott hinfllhren, dessen Glorie es besingt! Nach diesem spärlichen, bis zum Schlußjahre 1895 reichenden Berichte über den Neubau, lasse ich alle während dieser Zeit bei verschiedenen Baufestlichkeiten gehaltenen Gelegenheitsreden folgen, in denen die verehrten Leser noch viele ergänzende Angaben über schon zuvor be¬ handelte Gegenstände finden werden. Ansprache anläßlich der Vornahme des sogenannten ersten Spaten¬ stiches zur Erbauung der neuen Marienkirche in der Grazervorstadt zu Marburg, gehalten am 26. Juli 1892'. Wenn der Kerr"das Kans nicht baut, arbeiten die Bauleute vergebens. Wenn der Kerr die Stätte nicht bewacht, wacht umsonst derjenige, der da wacht. (Ps. 126, 1. 2). ' Diese Gelegenheitsrede erschien im Druck zuerst als Feuil¬ leton der „Südsteirijchen Post" in zwei Nummern Juli 1892. Druck der St. Cyrillus-Buchdruckerei in Marburg. — Sodann erschien sie als Broschüre in der Wiener „St. Norbertus"-Druckerei unter -L- 109 -4- Teuerste im Kerrn! iMAne gar seltene, recht erhebende Feier hat uns heute an diesem Orte versammelt: es ist die Vornahme WM des sogenannten ersten Spatenstiches zur Erbauung einer neuen Pfarrkirche in diesem Teile der Stadt Marburg. Wahrhaftig, ein überaus schönes, aber auch sehr schweres Unternehmen, zu dessen Gelingen Gott gnädigst und die Menschen kräftigst mitwirken müssen. SoderKerr dasKaus nicht baut, arbeiten die Bauleute vergebens. So der Kerr die Stätte nicht bewacht, wacht umsonst derjenige, der da wacht — versichert uns der gotterleuchtete Psalmen¬ sänger David. An Gottes Segen ist alles gelegen, bleibt immerdar wahr. Und darum haben wir heute beim feier¬ lichen Kochamte Gott den Dreieinigen um seinen alles vermögenden Segen innigst und demütigst angefleht und wollen nun auch den Bauplatz unter frommen Gebeten weihen, auf dem sich das geplante neue Gotteshaus er¬ heben soll. Gebetet haben wir und wollen unablässig beten, daß auf die machtvolle Fürsprache der heiligen Mutter Anna, deren liebliches Fest wir heute begehen, und ihrer erhabenen Tochter Maria, der Mutter der Barm- dem Titel, geschmückt mit dem Bilde der neuen Pfarrkirche- Ansprache, welche Se. f.-b. Gnaden, der hochwürdigste Kerr Fürst¬ bischof Dr. Michael Napotnik am 26. Juli 1892 bei der Vornahme des sogenannten ersten Spatenstiches zur Erbauung der neuen Warien- Äirche in der Grazer-Vorstadt in Marburg gehalten haben. Verlag des Vereines zum Bau der Franziskaner-Vorstadtpfarrkirche. 1892. „St. Norbertus"-Druckerei, Wien. Gr. 8°. SS. 8. 110 r Herzigkeit, sowie auch auf die besondere Fürbitte des hl.Antonius von Padua, dieses Wundertäters, und der hl. Jungfrau Filumena, der Patronin aller Hilfesuchenden, welchen zu Ehren in der neuen Kirche Altäre errichtet werden sollen, daß auf dieser großen Heiligen Fürsprache Gottes Schutz und Schirm über dem löblichen Werke walte, daß Gottes Auge die Baustätte bewache, kurz, daß der Herr das Haus baue! Indes wird es an Gottes Beistand und Segen sicherlich nicht fehlen, wie es bei keinem guten Werke daran mangelt. Doch auch die Menschen müssen wacker mittun, müssen nachhaltigst mitwirken, damit das schöne Werk ge¬ linge, welches des Schweißes der Edlen vollauf wert und würdig ist. Und diese unbedingt erforderliche Mithilfe werden Verschiedene verschiedenartig leihen. Die einen durch Begeisterung ihrer Freunde und Bekannten zum Behufe der Unterstützung des gottgefälligen Werkes, die anderen durch Verabreichung milder Gaben und Geschenke, wieder Andere, so zumal der sehr verehrte, rühmlichst be¬ kannte und deshalb unser vollstes Vertrauen verdienende k. k. Hofbaumeister aus Wien, Herr Schmalzhofer, mit samt seinen Gehilfen und Werkleuten durch fleißiges, un¬ verdrossenes, stets in bester Meinung zu verrichtendes Ar¬ beiten, alle aber durch inbrünstiges Gebet um himmlischen Segen. In Sonderheit wird der hochw. Pater Guardian wie bisher so auch künftighin im Vereine mit seinen Mit¬ brüdern recht emsig in den reichen Schatz der gött¬ lichen Vorsehung greifen durch Lesung heiliger Messen und durch Verrichtung frommer Andachten und Gebete für alle die Gönner und Wohltäter des lobenswerten Unternehmens. -z- NI Geliebte in Christo dem Äerrn! Sehr lebhaft erinnere ich mich in diesem Momente all' des Rühmenswerten, das im 33. und 36. Kapitel des zweiten Buches Mosis über Israels Söhne erzählt wird. Glücklich waren sie aus Ägypten, dem Lande ihrer Ge¬ fangenschaft, an den Fuß des Sinaiberges gelangt, allwo ihnen Gott der Herr seine Gebote gab. überdies befahl Jehova seinem Lieblinge Moses, eine Bundeslade für die zwei Gesetztafeln und ein heiliges Zelt zu errichten, welches in Ermangelung eines Tempels zur Gottesverehrung dienen soll, weshalb" es auch mit möglichster Pracht hergestellt werden müsse. Sobald Moses den Befehl Gottes er¬ halten hatte, versammelte er das gesamte Volk und forderte selbes auf, freiwillige Opfergaben zur Errichtung des Heilig¬ tums darzubringen. Und was war notwendig hiefür? Edelsteine, Gold, Silber und Erz; Purpur, Widderfelle und sonstige kostbare Stoffe; Stangen und Bretter von wertvollem Holze; Gefäße, Leuchter und Lampen; Sl, Rauchwerk und Spezereien. Nicht genug! Moses ver¬ langte noch, daß d ie fähigen M änner und Frauen Mit¬ arbeiten an der Aufstellung des hl. Bundeszelkes. Tind welcher war der Erfolg dieser Mahnung? Männer und Frauen wetteiferten in der Herbeischaffung des Materials wie in der Bearbeitung desselben zur Erbauung der heiligen Stiftshütte. Rührend schön ist der diesbezügliche Bericht im Buche Exodus: „Und es ging weg die ganze Menge der Söhne Israels vom Angesichte Mosis, und sie brachten ganz willig mit andächtigem Herzen die Erstlinge dem Herrn zum Werke des Zeltes des Bundes. Was immer nötig 112 -x- war zum Dienste und zur heiligen Kleidung, reichten die Männer und Frauen: Armbänder und Ohrgehänge, Ringe und Kandzierden, allerlei goldenes Gefäß ward gesondert zum Geschenke des Herrn. Und hatte Einer Hyacinth und Purpur und zweimal gefärbten Carmosin, Byssus und Ziegenhaare, rötliche Widderfelle und bläuliche Felle, Silber und Erz und Akazienholz, so brachten sie es dem Herrn zu verschiedenem Gebrauche. Und auch die Frauen, die zu nähen verstanden, gaben Hyacinth und Purpur und Earmosin und Byssus und Ziegenhaare; freiwillig gaben sie alles. Und die Fürsten brachten Onyxskeine und andere eingefaßte Steine zu dem Schulterkleide und dem Brustbilde und Spezereien und Ol, die Lampen zuzu¬ richten und ein Räucherwerk von süßestem Gerüche zu bereiten. Alle Männer und Frauen brachten mit an¬ dächtigem Kerzen die Geschenke, das Werk zu machen, das der Herr durch Moses geboten. Alle Söhne Israels weihten freiwillige Gaben dem Herrn." (Lxock 35, 20—29). Moses bestellte nun Männer, welchen der Herr Weisheit und Verstand gab, geschickt auszuführen, was zum Heiligtums notwendig war und was der Herr ge¬ boten hatte. Und diesen übergab er alle Geschenke der Söhne Israels. „Als sie nun dem Werke oblagen", heißt es im Berichte weiter, „brachte das Volk täglich freiwillige Geschenke am Morgen. Darum mußten die Werkmeister zu Moses kommen und sagen: Das Volk bringt mehr als nötig ist. Da gebot Moses, durch eines Herolds Stimme auszurufen: Weder Mann noch Frau opfere noch etwas zum Werke des Heiligtums. Und so hörte man auf, Geschenke zu bringen, weit der Gaben -z- 113 genug waren und überflüssig". (Lxocl. 36, 3—7). Das Werk war baldigst vollendet, worauf eine Wolke das Zelt des Bundes bedeckte und die Herrlichkeit des Herrn erfüllte dasselbe. (Lxoä. 40, 31—32). Vielgeliebte im Herrn! Die Söhne Israels opferten freudig zur Errichtung der Stiftshütte, welche nur ein schwaches Vorbild unserer Kirchen war, in welchen der Gesetzgeber selbst wohnt und thront, inwelchenderSohn Gottes wahrhaft, wirklich und wesentlich zu¬ gegen ist. Welch' ein ungleich besseres Werk ist es dem¬ nach, zur Erbauung und Ausschmückung christlicher Kirchen, dieser wahren Gotteshäuser, opferwilligst beizuskeuern. Und Gottseies gedankt! Wie ich mit herzinnigster Freude ver¬ nommen, haben bereits viele edle Wohltäter und edelge¬ sinnte Wohltäterinnen für den Bau der neuen Mutter Gottes-Kirche an dieser Stelle namhafte Spenden gemacht. Doch zur Vollendung des herrlichen, jeglicher Unterstützung werten Werkes fehlt noch vieles, sehr vieles. Darum werden auch noch viele, sehr viele um ihr Scherflein ge¬ beten. Und so sie selbes willig beitragen, nützen sie sich selbst am meisten. Gott belohnte die Israeliten für ihre Opferwilligkeit zwecks Beförderung einer guten und heiligen Sache mit reichlichen Gütern. Wer Almosen gibt, leiht dem Herrn auf Zinsen, sagt die heilige Schrift. Und der größte Lehrer der Wahrheit versichert: Gebet, so wird euch gegeben werden, ein gutes, ein eingedrücktes, ein gerütteltes und aufgehäuftes Maß wird man in euren Schoß legen. (Luc. 6, 38). Ganz gewiß! Wer zur Verschönerung des Gotteshauses Almosen spendet, erwirb! sich damit Schätze, wofür er sich eine ewig schöne 8 -r- 114 -z- Wohnung im himmlischen Jerusalem kaufen kann. Wohlan denn, bauen mir mit vereinten Kräften, in der Eintracht liegt die Macht, dem Frieden und der Freiheit, der Wahrheit und der Liebe ein trautes Keim in unserer Mitte! Ist doch jedes Gotteshaus vorerst ein Tempel des Friedens. Denn wo Christus, dort Friede und Friedfertigkeit. Ohne Christus Mn Friede und keine Friedfertigkeit. Das zeigt das Heidentum, wo es keinen Frieden im Staate, keinen in der Gemeinde, keinen in der Familie gab. Der wahre Friede wohnt nur bei Christus im Gotteshause. In der Welt ist unablässiges Jagen und Kaschen nach zeitlichen Gütern und Genüssen, daher beständige Unruhe der Seelen, Zwist, Unfriede und Unzufriedenheit unter den Menschen. Treten wir dagegen in eine Kirche, so weht uns himmlischer Friede entgegen. Mag die Stadt noch so volkreich sein und die Straßen noch so belebt, an den Mauern der Kirche bricht sich der Erdenlärm: nur ein fernes Summen klingt herüber, das aber den Frieden nicht stört, sondern ihn noch fühlbarer macht. Kier ist ein Kafen der Ruhe, mag auch draußen die Brandung tosen. Wohl nirgends werden so viele Tränen geweint, als in der Kirche, von der ersten Kommu¬ nion des Kindes an bis bei der Totenbahre; nirgends werden aber auch so viele Tränen getrocknet, wie in der Kirche. O, so mancher Selbstmörder hätte die Waffe hinweggeschleudert und hätte Trost und Ruhe für seine arme Seele gefunden, wenn er zuvor über die Schwelle der Kirche getreten wäre. Kier hätte er die liebevolle Einladung des menschen¬ freundlichen Heilands vernommen: Kommet alle zu 115 -Z- mir, die ihr betrübt seid und beladen, ich will euch erquicken! Die Kirche ist ferner ein Tempel der Freiheit. Ohne Jesus Christus kein Friede, aber auch keine Frei¬ heit. Das lehrt uns die Zeit vor Christus, wo alle in der Sklaverei schmachteten: die Caesaren in ihren Palästen, das Volk in seinen Kütten, wo die Knechtschaft der Sünde alle Menschen in Banden gefesselt hielt. Diese Knecht¬ schaft schwand, als der Welterlöser erschien und sich über den Ruinen der alten heidnischen Tempel das Kreuz er¬ hob, als allenthalben katholische Kirchen erbaut wurden. Im katholischen Gotteshause wohnt die wahre Freiheit; denn hier kniet der Reiche neben dem Armen, der Glück¬ liche neben dem Unglücklichen, der Fürst neben dem Bettler, der Kerr neben dem Diener, und keiner darf dem anderen sagen: Stehe auf und gehe weg von mir! Im katholischen Gotteshause werden zu Wahrworten die oft gehörten Schlagworte: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Nicht genug!"Das Gotteshaus ist auch ein Kans der Wahrheit. Was ist Wahrheit, fragte der römische Landpfleger Pontius Pil a t us den Kerrn und erkannte nicht, daß die Wahrheit verkörpert vor ihm stand, was der göttliche Keiland durch die Antwort erklärte: Ich bin dieWahrheit, der Weg und dasLeben! Christus hat die Wahrheit in die Welt gebracht, und als er die Welt verließ, hat er die Wahrheit zu lehren den Aposteln an¬ vertraut, und die heiligenLwölfboten verkündeten sie in der Kirche und verkünden sie noch heute durch ihre rechtmäßigen Nachfolger. In der Kirche stMder.Lehrstuhl, wo die Wahr¬ heit doziert wird. Die Kirche ist die Stätte, ist die Küterin der ewig beseligenden Wahrheit. — Endlich ist das Gotteshaus 8* Die Feier der Vornahme des iogenannten ersten Spatenstiches. -2-11- einKaus goldechter Liebe, der Gottes-wie auch der Nächstenliebe. Auf diese Liebe deutet alles in der Kirche: Kreuz und Tabernakel, Altar und Kommunionbank, Tauf¬ stein und Beichtstuhl, der Kreuzweg und die heiligen Bilder. In der Kirche wird der Mensch zur wahren Nächsten¬ liebe begeistert, zur Liebe,He Opfer bringt für das wahre Wohl und Keil des Nebenmenschen, und dies ist gold¬ echte Liebe. Teuerste im Kerrn! So bauen wir denn mit Kilfe Gottes dem Frieden und der Freiheit, der Wahrheit und der Liebe ein bleibendes Keim in unserer Mitte! Ich weiß und weiß es zuversichtlich, daß Ihr, herzensgute Bewohner der so erfreulich aufblühenden Draustadt, Jesum Christum, den Sohn Gottes, liebet und anbetet, weshalb Ihr auch dessen jungfräuliche Mutter Maria liebet und verehret; wie denn auch unter den Kirchen Marburgs die Marien¬ kirche eine der ältesten war. Folget nun dem nach¬ ahmungswürdigen Beispiele Eurer Vorfahren und Eurem natürlichen Kange und bereitet der Mutter der Barmherzigkeit eine würdige Wohnung, damit sie unter ihren lieben Kindern gerne weile, sie beschirme und schütze für und für! Gebe Gott, daß meine Worte auf fruchtbaren Boden fallen, aus dem sich die neue Mutter Gottes-Kirche über kurz oder lang erhebe: zum Wohlgefallen Gottes, zum Lobe und Preise der preiswürdigen Mutter der göttlichen Gnade, zum Keile und Wohle der Gläubigen, zum Besten der Gesellschaft, zur Zierde Steiermarks, zum Schmucke 118 -x- Marburgs, zur Freude und Wonne unser aller! Und diese neue Marienkirche am Drau strande wird künftigen Geschlechtern erzählen von der innigen Liebe und von der tiefen Verehrung der aller¬ seligsten Jungfrau und Mutter Mariä seitens der gläubigfrommen Bewohner Marburgs. Ich sprach's und Gott walt's! Amen. Ansprache gelegentlich der feierlichen Weihe des Grundsteines für die neue Pfarrkirche zur Kl. Maria Mutter der Barmherzig¬ keit in der Grazervorstadt zu Marburg, gehalten am 10. August 1893.- Siehe, ich lege auf Sion einen Grund¬ stein, einen auserlesenen und köstlichen. Und wer an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden. (I. Petr. 2, 6). - Sie wurde das erstemal in 1000 Exemplaren in der St. Cyrillus-Buchdruckerei in Marburg gedruckt (klein 8». S. 23) und enthielt das Bild der neuen Pfarrkirche mit den ursprünglich geplanten, aber nicht ausgeführten romanischen Zeltdächern. -r- 119 -r- Vielgeliebte in Christo! mir alle gegrüßt, die ihr Euch von nah und fern so zahlreich im Herrn daselbst versammelt habt! Ich grüße Euch alle an dieser gottgeweihten Stätte mit dem Gruße unseres göttlichen Erlösers: Der Friede sei mit Euch! Gottes Friede und Segen sei mit Euch; denn Ihr seid ja hierher gekommen zu einem Werke des Friedens, zu einem Werke der heiligen Religion und der christlichen Kunst. Am lieblichen St. Annafeste des verflossenen Jahres 1892 waren wir an der gleichen Stelle unter dem Himmels¬ zelte des Weltenerbauers versammelt zu einer so seltenen als bedeutsamen Feier, zur Vornahme des sogenannten ersten Spatenstiches zwecks Erbauung einer neuen Pfarr¬ kirche in diesem schönen Stadtteile zu Ehren Mariä, der Mutter der Barmherzigkeit. Unter frommen Gebeten und sehr erbaulichen Zeremonien haben wir damals den Bau¬ platz geweiht und gesegnet, auf dem sich die geplante Marienkirche über kurz oder lang erheben soll! Wir haben Gott den Herrn um seinen alles vermögenden Segen inständigst gebeten und haben ihn um die große Gnaden¬ gunst angefleht, daß Er die Baustätte bewache und das Haus baue. Am 2. Juli l. 3. als am herrlichen Feste Mariä Heimsuchung waren wir zum zweitenmale an dieser gotk- gewidmeten Stelle zu einer herzerhebenden, aber auch tief¬ ergreifenden Feier erschienen, das ist zur Übertragung des hochwürdigsten Gutes und des altberühmten Gnadenbildes der Multer der Barmherzigkeit aus der bisherigen Pfarr- r 120 r Kirche in das Provisorium. Diese Übersiedelung und Wanderung Mariä erfolgte unter großartiger Beteiligung der Gläubigen, die dabei Trauertränen um die altehr¬ würdige Gnadenstätte vergossen, aber auch Freudentränen weinten im Hinblicke auf das neue, in den Hauptrissen sich bereits zeigende, prachtvoll aufzubauende Gotteshaus. Mit Wehmut nahmen wir Abschied von der heiligen Stätte, an welcher die Bewohner Marburgs unzählbare Gnaden und Wohltaten aus der freigebigen Kand der gnadenvollen Mutter der Barmherzigkeit empfingen. Mik betrübtem Kerzen schieden wir von der teueren Pfarrkirche, in welcher Hunderte und Kunderktausende von den Be¬ wohnern der schönen Draustadt und ihrer Umgebung Kinder Gottes, Brüder und Schwestern Jesu Christi, Tempel und Schützlinge des Heiligen Geistes geworden sind. Mit schwerem Kerzen verabschiedeten wir uns vom Heiligtums, in welchem Millionen frommgläubiger Christen im Laufe der Jahrhunderte Erhörung ihrer Bitten und Wünsche erlangten, Kraft und Trost fanden in den Bedrängnissen und Betrübnissen des Lebens. Gebe Gott, daß die Weihe, Heiligkeit und der Segen von der alten, nun schon fast völlig abgetragenen Kirche, in welcher ich heute das aller¬ letzte heilige Dank-, Bitt- und Sühnopfer Gott dem Drei¬ einigen darbrachte, auf die neue übergehe und daselbst noch vermehrt werde! Gebe ferner Gott, daß klösterlicher Gehorsam, klösterliche Armut und Keuschheit, daß klöster¬ liche Sittsamkeit und Frömmigkeit aus dem alten Klosker- gebäude Einzug halten in das neue, welches im romanischen Stile außerordentlich geschmackvoll und zweckentsprechend bereits aufgefllhrt ist und aus einem Haupttrakte und zwei rechtwinkelig daraufskoßenden Nebentrakten besteht, r 121 in deren östlichem die provisorische Kirche untergebracht ist, und welcher später zum Pfarrhofe umgestaltet wird. Um nun den allmächtigen und allgütigen Gott neuer¬ lich um seinen Segen, an dem zu aller Zeit für alle alles gelegen, zu bitten, stehen wir heute am Feste des helden¬ mütigen Diakons, des heiligen Laurentius, und am Sterbe¬ tage der glorreichen Jungfrau und Märtyrin St. Filumena, welcher zu Ehren heute in der Kirche ihrer heiligen Re¬ liquien zu NUMLNO äel Laräinals in der italienischen Provinz Avellino die heilige Messe, vom hochw. Pater Guardian auf unsere gute Meinung ausgenommen, ge¬ lesen wird', und welche machtvolle Patronin aller Hilfe¬ suchenden zugleich die Bauherrin wie der wundertätige St. Anton von Padua der Bauherr, unter der Oberaufsicht der weisheitsvollen Gnadenmutter Maria und ihres viel¬ vermögenden Bräutigams des hl. Vaters Josef, hinsicht- > Das Antwortschreiben des Rektors des Keiligtumes der hl. Filumena, des Kerrn Anton Cavaliero, hat folgenden Wortlaut : Nugnsno äst Lardlnals 3. Agosto 1893. (?rovinsia di ^.vsllino—Italia). Rsverendissims!?atsr! Summo Aguäio aesexi ex tua ad ms nupsr missa spistola, ts in Ü8 regionidus S88S sxseialsm proxagatorsra nostras Dtrau- msturgas salretas I'biluinenae eultus. Longrstulor tibi st rogo, ut kasis magis augsatur Mu8 eultus; ipsa ssrto protsget ts tuosgue üdslss; sis SAv rogo eam pro vobis. Lum vero iam iam sis aediüeaturus in tun karoslria tsm- plum Leatas Virgin! Narine dieatum st in die dssima surrsnüs .Vugust! pones lapidsm tundamentalsm itlius tsmpli, vis aedi- tiestionem itlius ineipers sub protsstions divae kbilumsnae. Idsogus ad ms misisti trss krank valoris austriaei, ut in die illa eslödrstur in altari sanetas PÄilumense pro tus intsntione missa. 122 lich der neuen Vorstadtpfarrkirche ist, nun wir stehen, sage ich, heute zum drittenmale an diesem Orte, von dem wir mit vollstem Rechte sagen können: O wie heilig ist dieser Ort; hier ist nichts anderes als Gottes¬ haus und die Pforte zum Kimmel! (I. Mos. 28, 17). Mit freudigem Kerzen haben wir uns allda einge¬ funden, um den Grund- und Eckstein zur neuen Mutter¬ gottes-Pfarrkirche zu legen und zu weihen. Das geschah soeben unter sehr sinnreichen und höchst erbaulichen Zere¬ monien, wie solche nur unsere heilige, katholische Kirche in reicher Fülle besitzt. Dort an der für künftige Zeiten so heiligen Stätte erhebt sich vor unseren Augen ein großes Kreuz. Es ist das Zeichen des Sieges und Keiles. Das hehre Zeichen, in welchem unser Kerr und Keiland Jesus Christus die Welt überwunden und in dessen Glanz und Glorie er dereinst zum Weltgerichte kommen wird, darf bei einer christlich-religiösen Feier nimmer fehlen. Sein Anblick ist so lehrreich, so trostvoll, ist so Geist und Kerz erhebend; durch dasselbe wird jedes Werk als ein gottgefälliges und gottgeweihtes Keilswerk bezeichnet. Möchte doch auch dieses bereits begonnene Werk ein gottgefälliges 8ie SA» Zstiskasiam tuas äsvotioni. I?sc, ut in tsinxlo sit stiain altars Ui vas kkilumsnas Uicatuiv. korsitan seis, quoU in slapso msnss ^xrilis, suin psrmulti nobiliorss psllegrini Visnsnsss pstisrunt Romain ob iudilasuin sxissoxsls Kumini kontiüsis, sontulsrunt 8S stiam in dos ssnstuariuin vsnsraturi äivam kbil: et ex boe äissssssrunt iubilantss omniumque asäi- üsstions. Ora pro ms. Vals st itsrum vsls. HuiniIIimu8 in I. Q. Irrster Osvotinus vsvotmus Antonius Lsvalisro, liestor Kanctuarii 8. kbiiumsnss. -z- 123 und gottgeweihtes sein und bleiben! Gewiß, nur im Kreuze ist Sieg und Keil. Ein schweres Kreuz wird dieser Bau noch für viele werden, aber bei allseitig gutem Willen wird sich dieses Kreuz in eine Kirche um- geskalten und so für alle Teilnehmer am löblichen Werke ein Zeichen des Keiles und Ruhmes werden. — Den Grundstein wie auch die Fundamente besprengte ich mit geweihtem Wasser, um anzudeuten, daß alles, was wir dem Kerrn opfern, rein und heilig sein solle, so unsere Kerzen, unsere Gebete, unsere Kandlungen. — Schlie߬ lich wurde der Grund- und Denkstein unter drei Kammer¬ schlägen dem Fundamentmauerwerke eingefügt, wobei ich mich an die vom heil. Petrus aus dem Buche des großen Propheten Isaias citierten Worte lebhaft erinnerte: Siehe, ich lege auf Sion einen Grundstein, einen aus¬ erlesenen, einen köstlichen. Und wer an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden. (I. Petr. 2, 6). Groh ist, meine Lieben, die Bedeutung des von mir geweihten und an dieser Stelle da eingesenkken Grund- und Kauptecksteines. Er ist das Symbol o d e r S i n n - bild der innigsten Glaubens- und Lebensein¬ heit der Mitglieder dieser katholischen Kirchen¬ gemeinde untereinander und sodann mit der ganzen Kirche, deren Fels und Kaupteckstein Jesus Christus ist. Erwägen wir, Liebwerte, diese Wahrheit etwas genauer! Im Herrn geliebte Zuhörer! Zum ersten, sage ich, bedeutet der Grund- und Denkstein, welchen wir geweiht und in die Kirchenmauer -z- 124 -L- eingefügt haben, die innigste Glaubens- und Le¬ benseinhei! der Angehörigen dieser katho¬ lischen Pfarrgemeinde. Zutreffender kann das Bild einer christlichen Gemeinde nicht gezeichnet werden, als wie es bei den ersten Christen verwirklicht sich darskellt. Die Menge der Gläu¬ bigen, schreibt St. Lukas so schön, war einKerz und eine Seele, und nicht ein einziger nannte von dem, was er besaß, etwas sein eigen, sondern ihnen war alles gemeinsam. Nicht einmal ein Dürftiger befand sich unter ihnen. Alle nämlich, welche Besitzer von Ackern oder Käufern waren, verkauften solcheund brachten die Wertbeträge des Verkauften, und legten sie zu Füßen der Apostel; ausgeteilt aber wurde einem jeglichen, sowie er es not hakte. (Apostelg. 4, 32.34.35). Der Grund und die Wurzel dieser wunderbaren Erscheinung war der lebendige, werktätige Glaube an den Einge- bornen Sohn Gottes, Jesus Christus, den Urquell der Liebe, der Eintracht, Versöhnung und des Friedens. Und dieser beseligende Glaube ist auch Euch, den Insassen dieser Vorstadtpfarre, übermittelt worden. Seine ewige Dauer und Unverrückbarkeit ist in der Kärte und Schwere des Steines versinnbildet, den wir heute als Grund- und Eckstein in das Fundamentmauerwerk eingesenkt haben. Möchte dieser alleinseligmachende Glaube, auf den ihr alle getauft und gefirmt seid, in allen zu einem lebendigen Mittelpunkte werden, von dem alle Lebensregungen aus¬ gehen und ihre bewegende Kraft erhalten. Ja, jedem aus Euch ruft der geweihte Grundstein zu: Strebe dahin, daß der Glaube an Jesus, an seine Lehre und seine Bei- -z- 125 -r- spiele, lebendige Überzeugung in dir werde. Dieser Grund wird dann zu einem Gesamtgrunde verwachsen, ein schönes geistiges Gebäude wird sich erheben, wo einer den andern hält, stützt und trägt, wo keiner so klein und unscheinbar ist, daß er nicht Bedeutung hätte für das Ganze, keiner so groß und vermögend, daß er der Unter¬ stützung des andern entbehren könnte. Sind wir aber einmal im Glauben an Christus, unseren Heiland und Seligmacher, vereint, dann sind wir es auch im Leben. Es kann gar nicht fehlen, wenn Jesus der Mittelpunkt unseres Glaubens ist, daß er es sei auch hinsichtlich unseres Lebens. Er, die Seele des Glaubens, verbindet alle zur herzinnigsten Liebe. Nicht Haß, nicht Zwietracht kann die Pfarrgemeindemitglieder entzweien, nicht Neid, nicht Mißgunst ihre Lebenstage verbittern, nicht Selbstsucht und Stolz des einen den andern kränken und verletzen. Nichts entfremdet ihre Gemüter einander, denn stark wie der Tod ist die Liebe. (Hohel. 8,6). So wird das neue Gotteshaus, welches auf dem heute von uns gelegten Grund- und Ecksteine ruhen wird, wenn es dereinst vollendet in seiner Herrlichkeit da steht, die Einheit des Glaubens und der Liebe der Parochianen untereinander verkünden. Zum zweiten sinnbildet dieser Stein, welchen wir heute feierlich in die Grundmauer eingefügt haben, noch eine höhere Einheit, es ist die Gemeinschaft mit der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche. Das Christentum, in seinem Ursprünge so klein und so unscheinbar, daß es sein göttlicher Stifter selbst dem Senfkörnlein verglich (Matth. 13, 31.32), wuchs und 126 erstarkte bald zu einem Riesenbaume, dessen Aste die ganze Erde lieblich beschatteten, an dessen Früchten alle Bewohner des Aufganges und Niederganges sich labten. Der Stall von Bethlehem ward zu einem Weltdome, dessen Strebepfeiler an den Grenzen der Erde aufgeführt sind und' dessen Wölbung der Kimmel bildet. In diesem Dome finden alle Völker und Nationen Wohnung und werden zu einer Gottesfamilie, die denselben Glauben bekennt, dieselben Sakramente gebraucht, dasselbe Opfer feiert und dasselbe sichtbare Oberhaupt, den römischen Papst, besitzt. In dieser großen sichtbaren Gemeinschaft oder Kirche, welche auf Christus als Grund- und Eckstein und auf den Aposteln als Säulen ruht, ehrten und liebten stets alle einander als Glieder eines Leibes, als Genossen einer Familie. Wenn einer litt, trauerten alle; so sich einer freute, frohlockten alle. Die Früchte des Guten, das einer wirkte, gingen auf alle über, weil des Gewirkten Verdienstlichkeit nur durch den besteht, der das Kaupt aller ist, und das ist Christus Jesus. Und in diese heilige Kirche, in der die christliche Menschheit als ein großer nie alternder, nie absterbender Leib erscheint, seid auch Ihr, Teuerste im Kerrn, ausge¬ nommen. Der Glaube aller^christlichen Jahrhunderte ist der Eurige. Worin seit Christus die Menschen ihr Keil gesucht und gefunden, darin wirket auch Ihr Euer Keil — werdet durch die gleichen Sakramente geheiligt, nähret Euch an derselben Tafel des Kerrn, werdet desselben Me߬ opfers teilhaftig, seid erhoben zur Gemeinschaft mit den Keiligen im Kimmel, deren Verdienste auf Euch übergehen, und mit den Seelen im Fegefeuer, welche für Euch bei Gott fürbitten und welchen Ihr durch gute Werke helfen könnet. -r- 127 Me trostvoll ist doch diese Wahrheit! Kalten wir fest an ihr! Der Anblick dieser Pfarrkirche, die aus so vielen verschiedenartigen Steinen erbaut wird, erinnert Euch an die Millionen Katholiken, welche alle denselben Glauben bekannten, den Ihr heute noch so freudig bekennet, und ein Tugendleben führten, dem Ihr auch eifrig nachstrebet. Wenn Ihr das alles verstehet, dann begreifet Ihr auch die Feier, die wir heute begehen, und deren hohe Be¬ deutung in dem herrlichen Gebete kurz zusammengefaßt erscheint, welches ich nach Einfügung des Steines in die Mauer verrichtete, und welches also lautet: „Im Glauben an Jesus Christus legen wir diesen Stein in das Funda¬ ment im Namen des Vaters und des Sohnes und des Kl. Geistes, auf daß hier stets lebendig blühe der wahre Glaube, die Furcht Gottes und die brüderliche Liebe, und daß dieser Ort bestimmt sei zum Gebet und zur Anrufung und Verherrlichung des Namens unseres Kerrn Jesu Christi, der mit dem Vater und dem Kl. Geiste lebt und regiert, Gott in alle Ewig¬ keit. Amen." So haben wir uns denn heute wirklich zu einem Feste der Religion, aber auch der christlichen Kunst ver¬ sammelt. Zu einem Gotteswerke haben wir den Grund¬ stein gelegt; denn was wir bauen, ist ein Kaus Gottes Zwar wohnt der Unendliche nicht im geschlossenen Raume. Der Kimmel ist sein Thron und die Erde der Schemel seiner Füße. Darum wissen wir, daß er keines Kaufes bedarf; aber er hat gewollt, daß wir seines Kaufes be¬ dürfen, wie sich ja schon im alten Bunde Jehova nur an bestimmten Orten den Israeliten besonders nahte. Des ewigen Vaters Wort ist Fleisch geworden, hat unter Menschen ^-128-4- gewohnt, unter ihnen sein Reich gegründet, seine heilige Kirche gestiftet, daß sie Spenderin seiner Gnade sei und bleibe bis an das Zeitenende. Sie sollte die Menschen aus dem Wasser und dem Keiligen Geiste wiedergebären, die Neugebornen im Namen Jesu versammeln, denselben dessen Fleisch und Blut zur Nahrung darreichen, sollte mit ihnen das blutige Opfer auf Golgatha unblutigerweise be¬ gehen. Zu allem dem aber ist ein sichtbarer Tempel not¬ wendig. lind darum bauten unsere frommen Vorfahren prachtvolle Kirchen, und darum bestreben auch wir uns, an dieser gottgeschützten Stätte ein neues und schönes Gottes¬ haus statt des alten und baufälligen aufzuführen. Sonach ist das heutige Fest wie ein Fest der Religion, so auch der christlichen Kunst. Fürwahr, die echte Kunst hat sich Gott geweiht und feiert gerade darin ihre schönsten und höchsten Triumphe. Während sie die menschlichen Wohnhäuser klein und niedrig ließ und selbst die Kerr- scherpaläste nur dürftig ausstattete, führte sie die Gottes¬ häuser in reichem, pracht- und glanzvollem Bau empor; denn sie fühlte, sie baute für Gott, für dessen Majestät nichts zu groß war, um seiner würdig zu sein. So will die christliche Kunst auch diesen Neubau im romanischeu Stile herrlich aufsühren, auf daß er sei ein Denkmal ihres Könnens und Vermögens, daß er sei ein Wahrzeichen der Frömmigkeit und des Kunstsinnes der Bewohner Mar¬ burgs. Im Äerrn geliebte Zuhörer! Ich habe vielleicht schon viel zu weit in die Zukunft geschallt, da wir doch vorerst mit der Gegenwart zu rechnen 129 -z- haben. Und wenn wir wirklich nur bei dieser verweilen wollen, so hat auch sie viel, sehr viel des Erfreulichen auf¬ zuweisen. Binnen kurzer Zeit ist zu unserem Erstaunen Meles und Großes bewerkstelligt worden. Mit aller Zuversicht darf ich es sagen, daß Gott der Kerr das Kaus baut, weshalb die Werkleute nicht ver¬ gebens arbeiten, und daß er die Stätte bewacht, weshalb nicht umsonst wachen, die da wachen (Ps. 126, 1. 2). Der bisherige so günstige Verlauf des mühevollen und kostenreichen Bauunternehmens ist ein vollgültiger Beweis, daß dieses schwierige, aber löbliche Werk Gott der Kerr will, weshalb wir nur Gottes heiligen Willen erfüllen, so wir mutig zu dessen ununterbrochener Fortsetzung und ehe¬ möglichster Vollendung nach Kräften mitwirken. Ich sagte, Gott selbst will dieses Werk, weil es ihm ja gewiß gefällt, daß die Mutter Gottes in hohen Ehren gehalten wird. Und zudem ist doch Gott der Kerr, welcher die Kerzen der Menschen den guten Werken zu¬ wendet. Und dies ist gerade unser Fall. Die Mitwirkung zu diesem lobwürdigen Werke ist eine allgemeine. Vorab gebührt ausnehmender Dank den sehr löblichen Behörden, die vom Beginne an das schöne Werk mit aufrichtigem Wohlwollen fördern und unterstützen. In Sonderheit gilt dies von der hohen k. k. Statthalterei in Graz, deren Vertreter wir zu unserer nicht geringen Freude bei der heutigen denkwürdigen Feier begrüßen können. Wir alle heißen herzlich willkommen den Kochgeborenen Kerrn k. k. Kofrat Grafen Ehorinsky, den edlen Gönner aller guten Bestrebungen. Geziemender Dank gehört der Wohl¬ löblichen k. k. Bezirkshauptmannschaft in Marburg, deren 9 -z- 13Ü -L- hochverehrter Chef dem Werke reges Interesse entgegen¬ bringt; ferner dem sehr löblichen Stadtrate, dessen kunst¬ sinniges Kaupt, der hochgeschätzte und verehrte Kerr Bürgermeister Alexander Nagy, mit großer Sympathie das Unternehmen fördert. Inniger Dank gebührt dem schätzbaren Baukomitee und dem Bauvereine, deren Mit¬ glieder durch persönliche Mühewaltung und durch Geld¬ mittel das bedeutsame Werk kräftigst unterstützen. Ja, die zehntausend Mitglieder des unentbehrlich gewordenen Bau¬ vereines sind der moralische Grund- und Eckstein des gottgefälligen Unternehmens. Meinen oberhirtlichen Dank sage ich weiters dem hochwürdigen Guardian und Pfarradminiskrator k. Kalli¬ stus Keric, der den goldenen Schlüssel zum unerme߬ lichen Schatze der göttlichen Vorsehung besitzt und ihn eifrig gebraucht. Es sind dies fromme Gebete und An¬ dachten, Empfang der heil. Kommunion und Lesung von heiligen Messen für die gesegnete Fortsetzung und das glück¬ liche Gelingen des gut begonnenen Werkes; es ist dies das unentwegte Vertrauen auf Gottes Beistand und auf die immerwährende Kilfe der Mutter der Barmherzigkeit. Gewiß ist der alte christliche Spruch immer neu und wahr: Wer auf Gott vertraut, hat wohlgebaut. Setzen Sie, hochw. Pater, was Sie mit Begeisterung begonnen, nur begeistert und fest auf Gott vertrauend fort, und der heute geweihte Grundstein wird bald zum Schlußsteine werden. Denn St. Petrus, der Kirchenfels, schreibt vom gelegten Grundsteine, der da ist Jesus Christus: Siehe, ich lege auf Sion einen Grundstein, einen aus - erlesenen, einen köstlichen. Und wer auf ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden. -r- 131 -4- Entsprechender Dank gehört auch dem tüchtigen Ar¬ chitekten Kerrn Richard Jordan, der die Pläne zum kunstvollen Kirchen- und Klosterbau so vorzüglich entworfen, und dem unermüdlich schaffenden k. k. Kofbaumeister Kerrn I. Schmalzhofer, dem die Ausführung des monumentalen Bauwerkes anvertraut ist und der bisher das auf ihn gesetzte Vertrauen glänzend gerechtfertigt. Von diesen beiden Meistern gilt, was ich im zweiten Buche Mosis lese über Beseleel und Ocholiab, welche Gott zur Erbauung des Bundeszeltes berufen und sie mit Weisheit und Verstand, mit Wissenschaft und Erkenntnis erfüllt hat. (II. Mos. 35, 30. 31. 34. 35). Schließlich gilt mein tausendfaches Vergeltsgott unterschiedslos allen den edlen und hochgesinnten Gönnern, Wohltätern und Freunden des lobwürdigen Werkes. Am Altäre habe ich heute den Vergelter alles Guten gebeten, er möge deren Gaben und Geschenke mit zeitlichen und ewigen Gütern gnädigst entlohnen. Die Namen der opferwilligen Geld¬ spender sind zwar im Buche der Öffentlichkeit nicht ein¬ gezeichnet, aber dieselben stehen sicherlich im Buche des Lebens. Die prophetischen Worte des frommen Tobias über die Wiedererbauer der Stadt Jerusalem werden auch an den Förderern dieses Marienkirchenbaues in Erfüllung gehen: ösnsäiott srunt,gui aeäikiLLverint ts. Gesegnet werden sein, die dich aufgebaut haben. (Tob. 13, 16). Im Weihegebete heißt es: Segne Kerr diesen Stein und gewähre durch die Anrufung deines heiligen Namens, daß alle, welche zur Erbauung dieser Kirche mit reiner Absicht Kilfe leisten, Gesundheit des Leibes und KeilungderSeeleerlangen! Amen, s* Der Grundriß des neuen Klosters und der neuen Pfarrkirche. -z- 133 -Z- Amen sage ich, die zum Kirchenbaue bereitwillig beisteuern, erwerben sich ein Anrecht auf einen bleibenden Sitz in der triumphierenden Kirche! Nun habe ich in Christo dem Kerrn allen Dank gesagt, welchen ich als Oberhirte Dank zu wissen mich in der Seele verpflichtet erachte. Doch der Dank ist sprich¬ wörtlich eine neue Bitte. Und so will ich dem abgestakteten Danke unverzüglich diese neue Bitte hinzufügen, es ist die herzinnige dringende Bitte um neue milde Gaben und Spenden zugunsten des hierortigen Pfarrkirchenbaues. Da aber Beispiele wirksamer sind, als die rührendsten Worte, will ich Euren Geist auf jene Umstände der heil. Vorzeit lenken, als der Bau des weltberühmten Tempels zu Jerusalem begann. König David und sein weiser Sohn Salomon bereiteten frühzeitig ihre Untertanen für dieses großartige Unternehmen vor, sie häuften großen Reichtum an Gold und Silber, an Edelsteinen und kost¬ barem Kotze in den Schatzkammern an. Ganz von der kindlichsten Ehrfurcht gegen Jehova, ihren Kerrn, durch¬ drungen, setzte der Vater und der Sohn in den Bau des Keiligtums allen Ruhm und alle Ehre, und sie beeiferten sich sogar, Künstler und verständnisvolle Arbeiter aus fernen Ländern für dieses wundervolle Werk zu ge¬ winnen. Das fromme Volk opferte willig Geld und Silbergeräte seiner Käufer, die Frauen gaben ihren Schmuck zur Zierde und Verschönerung des Tempels. Bewunderungs¬ würdig war der Eifer, mit welchem jedermann, hoch und niedrig, reich und arm, jung und alt sich bestrebte, den einmal begonnenen Bau fortzusehen und ehetunlichst zum erwünschten Ziele zu bringen. (III. König. Kap. 5, 6 und 7). Als endlich das große Werk vollendet war, 134 wurde dasselbe vom Weisesten der Könige mit einem Ge¬ pränge von Zeremonien und Opfern eingeweiht, dergleichen kein Menschenauge je gesehen. Und gleichwie am heiligen Bundeszelte die Wolke, Schechina, das Zeichen war, daß Gott dasselbe als seine Wohnung unter Israel anzunehmen sich gewürdigt habe, so auch jetzt beim Tempel. Denn, es geschah, als die Priester aus dem Heilig- tume traten, da erfüllte die Wolke das Haus des Herrn; und die Priester konnten nicht bleiben und dienen wegen der Wolke, denn die Herrlichkeit des Herrn hatte erfüllt das Haus des Herrn. (III. König. 8, 10. 11). Als Sa¬ lomon, auf den Knien liegend und die Hände gegen den Himmel ausgestreckt haltend, das wunderherrliche Weih¬ gebet, worin er Jehova um Erweisung von Kuld, Gnade und Barmherzigkeit für die Besucher des soeben vollen¬ deten Gotteshauses anflehte, verrichtet hatte, da erschien ihm der Herr und sprach zu ihm: Ich habe dein Ge¬ bet und dein Flehen erhört, da du vor mir betetest, ich habe geheiligt das Haus, welches du geb aut, so daß ich da selbst nieder! ege meinen Namen auf ewig, und meine Augen und mein Herz werden daselbst sein alleTage. (III. König. 9, 3). Demnach wird der Name Gottes d. i. Gott selber im Tempel allezeit wohnen und wird ein wachsames Auge und ein offenes Herz haben für jeden oder wird jeden erhören, der ihn an diesem Orte anrufen wird. Und dieser Tempel, dem der gefeierte König Salomon und seine Untertanen alle Schätze geweiht und die ganze Tätigkeit gewidmet haben, was ihnen Gott mit Gütern verschiedenster Art vergolten — dieser Tempel, sage ich, -Z- 135 -4- war doch nur ein Schatten- oder Spiegelbild unserer Gotteshäuser, in welchen Jesus Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, nicht etwa in einer dunklen Wolke, sondern im Tabernakel unter Brotesgestalt zwar geheimnis¬ voll, aber doch wesentlich, wirklich und wahrhaftig wohnt und thront. Um wie viel Gott angenehmer und um wie viel vorzüglicher müssen wohl darum unsere Pfarrkirchen sein im Verhältnisse zum Tempel Salomons! Und darum muß Gott auch weit höher die Opfer belohnen, welche man zur Erbauung und Ausschmückung einer Pfarrkirche darbringt, als er die Gaben für den Tempet Jerusalems vergolten. Sehr belehrend für uns sind auch die Vorgänge beim Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem nach der Rückkehr der Israeliten aus der babylonischen Gefangen¬ schaft unter Cyrus, dem Perserkönig. Unter Jubel und feierlichem Gesang der Psalmen Davids legten die Keim¬ gekehrten den GrundsteinUn^MAr^Tempel. Doch in kurzer Zeit erkaltete der Eifer, des Kerrn Tempel zu bauen, bei den Inken, welche sich lieber mit Erbauung schöner Käufer für sich selbst beschäftigten, als daß sie sich das Kaus des Kerrn seinem Schutte zu entheben angelegen sein ließen. Da sprach der Kerr der Keerscharen durch den Mund des Propheten Kaggäus zu ihnen: Führet euch zu Kerzen eure Wege! Ihr habt viel gesät und wenig eingebracht; ihr aßet und wurdet nicht ge¬ sättigt; ihrhabtgetrunkenundbekametnichk genüge; ihr kleidetet euch und wurdet nicht erwärmt; und wer Lohn eingenommen, hat in durchlöcherten Sack ihn geworfen. . . Ihr rechnetet auf vieles,und sieh, es wardwenig, -k- 136 und ihr brachtet es nach Kaufe- und ich wehte es hinweg. Weshalb? Weil mein Kaus öde liegt, und ihr euch beeilt habt jeglicher um sein Kaus. Deshalb wurden über euch eingehalten die Kimmel, daß sienicht Tau spendeten, und wurde gehalten die Erde, daß sie nicht gab ihr Erzeugnis. Und ich rief Dürre über das LandundüberdieBergeundüberden Weize n und über den Wein und überdasOlundüber alles, was hervorbringt der Bo den, und über die Menschen und über das Vieh und über jegliche Arbeit der Künde. (Kagg. 1, 5—11). Es gehorchten nun die Söhne Israels der Stimme des Kerrn ihres Gottes und begannen mit größtem Eifer den Tempel wieder zu bauen. Und als sie das Werk zur Vollendung brachten, sprach abermals Jehova durch den Mund des Propheten Kaggäus: Überdenket es nun, wie es euchbisaufdenTag ergangen ist, ehevor gelegt ward Stein auf Stein auf dem Tempel des Kerrn. Wie ihr hin tratet zum Garben Haufen für zwanzig Schöffel, und es wurden zehn; und zur Kelter kämet, umfünfzigMaßauszu pressen,undeswurden zwanzig. Geschlagen habeich auchmitBrand und Rost und mit Kagel all' eurer Künde Arbeit. Merket nun, was von dem Tage an geschehen wird, an welchem die Grundsteine zum Tempel des Kerrn gelegt worden sind. Führet es euch zu Kerzen! Ist etwa schon die Saat im Sprossen? Und auch der Weinberg und die Feige und Granate und der Slbaum -z- 137 blühen nicht. Aber von diesem Tage an will ich alles dies segnen. (Kagg. 2, 16—20). Nun, Andächtige im Kerrn! Die Majestät und All¬ macht Gottes ist seit den Tagen des Sehers Kaggäus nicht schwächer und kleiner geworden. Die Kand seiner Milde und seiner Gerechtigkeit ist nicht kürzer geworden, daß er die Opfer, die Ihr zur Verherrlichung seines Namens beim Aufbauen dieser Muttergotteskirche bringen werdet, nicht nach Verdienst belohnen könnte oder wollte. Gib mit fröhlichem Auge nach deinemVer mögen; denn der Kerr ist ein Vergelter und wird d ir's siebenfältig wieder vergelten. (Holt. 35,12.13). Vielgeliebte im Kerrn! Warum so viel der Worte? Es ist ja jetzt nicht Zeit der großen Reden, sondern der großen Werke. Ihr, meine viellieben Marburger, kennet die dringende Notwendig¬ keit der Erbauung einer neuen Pfarrkirche in diesem auf¬ strebenden Bezirke der Stadt Marburg, wofür ich ja schon zum wiederholten Male mein bischöfliches Wort eingelegt habe. Statt weiterer Worte erwähne ich nur noch, was ich von einem französischen Könige bei Dupanloup ge¬ lesen habe. Angesichts eines heißen Kampfes sprach dieser zu seinen Waffengefährten, die er wohl kannte, so wie ich Euch, Vielgeliebte im Kerrn, kenne: „Freunde, ich bin euer König, ihr seid Franzosen, dort ist der Feind. Der Sieg ist unser." Kein anderes Mahnwort richte ich an Luch als dieses. Teuerste, ich bin Euer Bischof, Ihr seid Marienverehrer. Wir haben keine Feinde, aber unsere Väter Franziskaner befinden sich in bedrängter Lage hin¬ sichtlich ihres Pfarrkirchenbaues. Eilen wir ihnen zu Kilfe! 138 So lassen wir denn das wundertätige Bild unserer Gnadenmutter Maria nicht zu lange weilen in der dürf¬ tigen provisorischen Wohnung. Errichten wir der glor- würdigen Königin des Kimmels und der Erde ohne Zeit¬ verlust und Aufschub ein würdigeres Keim unter uns. Wie so selig und glücklich würden wir sein, wenn das beab¬ sichtigte Gotteshaus schon vollendet da stünde im August des Jahres 1895, zu welcher Zeit die siebenhundertjährige Jubelfeier seit der Geburt des vielgefeierten Wundertäters St. Anton von Padua begangen wird, von dem der glück¬ lich und glorreich regierende Kl. Vater Papst Leo XIII. zutreffend sagt, daßerderKeiligeder ganzen Welt ist! Wie erfreulich wäre es, wenn, wie wir uns am heu¬ tigen Tage, welcher mit dem in den Grundstein einge¬ meißelten Jahre 1893 für Marburg und weit über Marburg hinaus für alle Zukunft denkwürdig bleibt, zur Weihe des Denksteines versammelten, uns damals versammeln könnten zur Konsekration der neuerbauten Marienkirche unter Absingung des Dankhymnus: Vs Oeum lauäamus. Großer Gott wir toben Dich! Ans Werk also mit vereinten Kräften und selbes wird sicherlich gelingen zur Verherrlichung der anbetungs¬ würdigen Dreieinigkeit, zur Verehrung der seligsten Jung¬ frau und Mutter Maria, zum Keile der Pfarrkinder, zur Zierde Marburgs, zum Schmucke Steiermarks und zur innigen Freude unser aller! Ich sprach's und Gott walt's! Amen. Ansprache, gehalten am Feste unserer lieben Frau vom Berge Karmel, am 16. Juli 1895, anläßlich der Weihe zweier Kreuze für die beiden Türme und eines für den First des Pres¬ byteriums der neuen Vorstadtpfarrkirche zur Kl. Maria in Marburg. ' Im Herrn andächtig Versammelte! MT^rei denkwürdige Feierlichkeiten haben wir init Kilfe Gottes und unter dem Beistände der Gnadenmutter Maria binnen recht kurzer Zeit auf diesem heiligen, gottgeweihten Boden abgehalten. Am lieblichen St. Anna-Feste, den 26. Juli 189'2, waren wir daselbst zum erslenmale in gehobener Stim¬ mung erschienen, um den ersten Spatenstich zwecks Er¬ bauung einer neuen Pfarrkirche zu Ehren Mariä, der Mutter der Barmherzigkeit und Zuflucht, vorzunehmen. Diese so seltene Feier bildete den Anfang zur Aufführung ' Wurde zuerst als Broschüre in 1000 Exemplaren veröffent¬ licht (Marburg, 1895. Kl. 8°. S. 23) und war mit dem Bilde der neuen Marienkirche ausgestattet. 140 eines würdigen Wohnhauses für jene, die da heißt: Goldenes Kans, Arche des Bundes, Pforte des Kimmels. Am Schluffe meinerdamaligen kurzen Anrede sprach ich die Bitte aus: „Gebe Gott, das meine Worte auf fruchtbaren Boden fallen, aus dem sich die neue Mutter Gottes-Kirche über kurz oder lang erhebe zum Wohlgefallen Gottes, zum Lobe und Preise der lob- und preiswürdigen Mutter der göttlichen Gnade, zum Keile und Wohle der Gläubigen, zum Besten der Ge¬ sellschaft, zur Zierde Steiermarks, zum Schmucke Marburgs, zur Freude und Wonne unser aller!" In wie weit diese meine Bitte und dieser mein sehnlicher Wunsch in Er¬ füllung gegangen, davon können wir uns heute mit eigenen Augen überzeugen. Wahrlich, an Gottes Segen ist alles gelegen! Wenn der Kerr das Kans baut, arbeiten die Werkleute nicht umsonst. Wenn der Kerr die Stätte be¬ wacht, wachen nicht vergebens, die da wachen, Uber diesem Bauwerke hielt und hält Gott der Kerr ganz sicherlich seine allmächtige, schützende Kand, und wachte und wacht sein allsehendes Auge, weshalb bislang nicht der geringste Unglücksfall sich ereignete, hingegen aber jedes Unter¬ nehmen glückte. Am schönen Feste Mariä Keimsuchung, den 2. Juli 1893, haben wir uns daselbst zum zweitenmale einge¬ funden zu einer überaus ergreifenden Feier, zur festlichen Übertragung des Kochwürdigsten Gutes und des wunder¬ baren Gnadenbildes der Mutter der Barmherzigkeit aus dem alten, baufälligen und deshalb zu demolierenden Pfarrkirchlein in die provisorische Kapelle im neuen Fran¬ ziskanerkloster. Die großartige Prozession war gleichsam eine Reise der Muttergottes mit ihrem göttlichen Sohne -r- 141 -L- von Nazareth, der unansehnlichen Stätte, nach dem Ge¬ birge Judäas zum kurzen Aufenthalt in stiller Einsamkeit, von wannen sie in eine viel herrlichere Wohnung glor¬ reich und triumphierend einziehen soll. Diese ihre von den Parochianen sehnlichsk herbeigewünschte Rückkehr dürfte in nicht allzuferner Zeit erfolgen. Wenige Wochen darauf, den 10. August desselben Jahres 1893 als am Sterbetage der hl. Jungfrau und Märtyrin Filumena, sind wir zum drittenmale hierher ge¬ kommen und dies zur Vornahme der Weihe der Grund¬ mauern und zur Vornahme der Einsegnung des Grund- und Ecksteines für das neue Mutter-Gotteshaus, das sich zu unserer nicht geringen Freude bereits in seinen Kaupt- umrissen Vertrauen erweckend präsentierte. Damals erhob sich an einer der wichtigsten, für alle künftigen Zeiten heiligen Stelle vor unseren Augen ein riesengroßes Kreuz, von dem ich bemerkte, daß es das sichtbare Zeichen der vielen, schweren Kreuze sei, welche der begonnene Kirchen¬ bau gar vielen verursachen wird. Keule erblicken wir, Gottlob, dieses schwere Kreuz nicht mehr auf seinem Platze. An dessen Stelle ist bereits das wunderherrliche Presby¬ terium aufgebaut, und wir stehen soeben im Begriffe, das heilige Kreuz am First des Presbyteriums und an den beiden Türmen aufzupflanzen, um damit das Gott gefällige und der jungfräulichen Mutter Maria geweihte Werk zu krönen. Wir sind gerade daran, das schwere Kreuz von den Schultern des Bauherrn, der Baumeister, des Bauleiterslund der Bauleute hinwegzunehmen und es auf deren Bauwerk zu setzen, das ein unvergängliches Denkmal ihres Kunstsinnes, ihres Wollens und Könnens, ihrer Mühe und Anstrengung bleiben wird. -5 . 142 Der heutige Tag nun ist der vierte denkwürdige Tag für diese große und schöne Vorstadtpfarre Marburgs. Keule den 16. Juli feiern wir ein hochbedeutsames Marien- fest, das Fest unserer lieben Frau vom Berge Karmel. Geliebte in Christo dem Kerrn! Unter den von der heiligen Kirche gutgeheißenen und besonders ausgezeichneten Bru¬ derschaften ist die des heiligen Skapuliers der allerseligsten Jungfrau Maria vom Berge Karmel eine der ältesten. Gegründet wurde diese heilige Skapulier-Bruderschaft (von soaxula, Schulter, weil die Sodalen ein kleines Kleid mittelst Bändern auf den Schultern kragen) vom hl. Simon Stock, dem ersten General des Karmelitenordens, soge¬ nannt vom Berge Karmel in Palästina, wo der Orden seinen Anfang nahm, und zwar am 16. Juli des Jahres 1251, worauf sie von den Päpsten Johannes XXII., Klemens VII., Paul HI., Pius V., Gregor XIII., Klemens XI., Benedikt XIV. und Pius IX. neuerlich bestäügt und mit reichlichen Ablässen versehen wurde. Zwei großartige Verheißungen sind den Mitgliedern dieser Konfraternität geworden, die erste durch Simon Stock und die zweite durch Papst Johannes XXII., die Verheißung nämlich der Bewahrung vor der Kölle und die Verheißung der baldigen Befreiung aus dem Fegefeuer. Was Wunder, daß diese ablaß- und gnadenreiche Sodalität in der ganzen Christen¬ heit die allergrößte Verbreitung fand. Päpste und Kar- dinäle, Bischöfe und Priester, Kaiser und Könige und un¬ zählige Gläubige haben sich seit mehr als sechs Jahr¬ hunderten mit diesem Gewände Mariä bekleidet, um sich ihres mütterlichen Schutzes im Leben und im Sterben zu vergewissern. Fast könnte man sagen, daß, wie das Kreuzzeichen das unterscheidende Merkmal der Christen, -z- 143 -r- so das Skapulier das Wahrzeichen der Kinder und der Verehrer Mariä ist. Und nun an diesem hehren Marien-Feste haben wir uns an dieser Stelle eingefunden zur Vornahme der feier¬ lichen Weihe der drei Kreuze, welche die hervorragendsten Punkte der neuen Marienkirche zieren und schmücken sollen. Die Zeichnung hiefür entwarf Kerr Richard Jordan, Architekt in Wien, und die Ausführung über¬ nahm der hierortige Schlossermeisker Kerr Karl Pirch. Den Weiheakt habe ich unter sehr sinnreichen und auferbau¬ lichen Zeremonien bereits vollzogen, und die aus Schmied¬ eisen geformten, reichlich vergoldeten und in kupferne, gleichfalls stark vergoldete Knäufe gesteckten drei Kreuze glänzen schon auf ihren Plätzen und leuchten hinein in die schöne Draustadt und strahlen hinaus in ihre herr¬ liche Umgebung, als hochwillkommene Kimmelszeichen den Stadtbewohnern wie der Landbevölkerung. Die zwei schlan¬ ken, ansehnlichen Türme halten wie mächtige Arme hoch in die Lüfte hinaus das Kreuz und winken im Umkreis allen: Kommet alle in die Kirche, hier findet ihr Trost, Keil und den Frieden! Vielgeliebte im Äerrn! Unwillkürlich werde ich in diesem weihevollen Mo¬ mente gar lebhaft an die Worte des hl. Evangeliums erinnert: Der Sohn des Menschen muß erhöht werden. (Ioh. 12, 34). Unwillkürlich denke ich an die Worte des göttlichen Keilandes: Und wenn ich erhöht sein werde von der Erde, werde ich alles an mich ziehen. (Ioh. 12, 32). Eine gar laute und be- -z- 144 redte Sprache spricht das Kreuz, das ich heute kirchlich geweiht und eingesegnet habe. Zum ersten verkündet es laut: Der Mensch hat mich gemacht. Ja, Gott schuf den Stoff, aber der Mensch gab demselben die Kreuzesform. Ohne Menschen gäbe es überhaupt kein Kreuz. Wunderbar schön und herrlich war das Paradies. Darin gab es keine Leiden, keine Not und keine Schmerzen, es gab darinnen kein Kreuz. Aber beim Baume der Erkenntnis des Guten und des Bösen zimmerte der Mensch das erste Kreuz, aus dem alle anderen Kreuze und Kreuzlein hervorge¬ gangen sind. Es kreuzte sich der Wille des ersten Menschen mit dem Willen Gottes, und so entstand das Kreuz, welches in des Menschen Seele und Leib tief eindrang. Der Geist wurde verdunkelt, der Wille zum Bösen geneigt, das Kerz von Leidenschaften erfaßt. Der Leib fiel Mühen und Drangsalen jeglicher Art anheim und wird daraus nur vom Tode befreit. Indes als ob dieser Kreuze nicht genug wären, zimmert und schmiedet der Mensch noch immer neue Kreuze. Wo in Familien Streit, Zank und Kader herrscht, wo in Gemeinden Zwietracht und Uneinigkeit waltet, wo sich die Bewohner einer Gegend feindselig gegenüberstehen, wo überhaupt Unfriede herrscht — wer hat diese Kreuze ge¬ schaffen? Gott der Kerr? Nein. Menschen haben sie gemacht. Nicht vom Kimmel sind sie gefallen, des Menfchen Werk sind sie alle. Unser Leben würde sich weit glück¬ licher und friedlicher gestalten, so der Mensch nicht unauf¬ hörlich neue Kreuze schaffen würde. Und er schafft sie, weil sein Wille mit dem göttlichen sich kreuzt; würde der¬ selbe in der Richtung der göttlichen und kirchlichen Ge- -z- 145 bote bleiben, gäbe es der schweren Kreuze nicht so viele. Gewiß, seitdem das alte Kreuz Christi aus den christlichen Wohnhäusern entfernt worden, zogen andere Kreuze ein, Kreuze voll Unheil und voll Verderben. Man weise nur wieder dem einen und einzigen und allein heilbringenden Kreuze Jesu Christi im Kaufe die Ehrenstelle an, und die vielen unheilvollen Kreuze werden wie von selbst wieder verschwinden. Zum zweiten spricht das von mir benedizierte Kreuz: Gott hat mich geweiht. Geliebte im Kerrn! Der sündige Mensch schuf nicht allein sich selbst das Kreuz, er machte es sogar für seinen Kerrn und Keiland. Es war eine furchtbare Freveltat, die Kreuzigung des gott¬ menschlichen Erlösers Jesus Christus, aber Gottes unend¬ liche Erbarmung hat diese schreckliche Tat in die Erlösungs¬ tat umgewandelt. Das Kreuz, bisher ein Zeichen des Fluches, wurde auf Golgotha vom göttlichen Keiland durch Berührung mit seinem heiligen Leibe und durch Benetzung mit seinem kostbaren Blute zum Zeichen des Segens und des Keiles geweiht. Die Kreuzerhöhung auf Kalvaria war die erste Kreuzweihe. O gnadenvolle Weihe, von welcher auch unsere heutige Kreuzweihe ihre Kraft und Gewalt erhielt! Geht ja doch aller Sakramente, aller Sakramentalien, aller kirchlichen Weihungen und Seg¬ nungen Macht und Kraft vom Kreuzestode Christi aus. Nur durch den Sühnungs- und Versöhnungstod Christi können die Dinge der sichtbaren Natur dem allgemeinen Fluche entzogen und Gott zu dessen Verherrlichung geweiht und gewidmet werden. Sehet, Liebwerte, welch wunderbare Veränderung mit dem Kreuze vorgegangen ist, seitdem es mit dem Gott- w 146 menschen Jesus Christus in Berührung und Beziehung kam. Das Zeichen der Schmach ward zum Zeichen der Ehre, das Zeichen des Todes ward zum Zeichen des Lebens, das Zeichen des Verderbens zum Zeichen des Keiles. Nun wissen wir, was wir tun sollen, damit unser Kreuz, und wer Hai nicht ein solches, ein heiliges und ge¬ segnetes, ein süßes und leichtes werde. Wir müssen es mit Jesus in Berührung bringen und müssen sorgen, daß es nicht ein Kreuz ohne den Gekreuzigten darauf werde. Drei Kreuze standen auf dem Kalvarienberge. Vom mittleren ging der Segen aus und die Erlösung. O, hätte der linke Schächer auf dieses Kreuz vertraut und hätte er das seinige willig und reumütig getragen, wie es der rechte tat, auch er wäre wie dieser des Para¬ dieses teilhaftig geworden. Aber der Unglückliche trug sein Kreuz, das er doch verdient, ungeduldig und unbu߬ fertig, deshalb ohne Verdienst und ohne Lohn, ja sogar zum ewigen Unheil. Dismas hingegen trug es geduldig und reumütig, und erhielt dafür die Krone des Lebens. So ist es, Teuerste im Kerrn, noch heutzutage. Zeder hat sein Kreuz oder wenigstens sein Kreuzlein. Die ganze Erde ist gleichsam ein Kalvarienberg. Die ganze weite Welt ist wie mit Kreuzen besät; und jeder muß sich das seinige auf die Schulter laden und es tragen, ob nun willig oder unwillig. Trägt er es gottergeben, so trägt er es zu seinem Keile und Ruhme. Schleppt er es mi߬ mutig, so schleppt er es ohne Verdienst und ohne Aussicht auf Belohnung. Bringen wir darum, Geliebteste, unser Kreuz stets in Berührung mit dem heilwirkenden Kreuze Christi, wie die hl. Kaiserin Kelena bei der Auffindung der drei Kreuze das wahre Kreuz dadurch erkannte, daß -z- 147 -r- durch dessen Berührung eine Todkranke vollkommene und augenblickliche Genesung erlangte. > Im Kreuze ist Sieg und Keil. Während der Kerr den Menschen mit dem Kreuze beladet, trägt er ihm schon die Krone entgegen. Wenn wir das Kreuz einstens zum letztenmale in unsere Künde nehmen und auf unsere Lippen drücken werden, und wenn es auf unser Grab aufgepflanzt sein wird, dann möge es unser Banner sein, unter dessen Schutz und Schatten sich uns die Kimmelspforten öffnen, wie bei der Kirchenkonsekration die Tore weit aufgehen, so der Kon- sekrant mit seinem Bischofstabe ein Kreuz über die Ein¬ gangsschwellen zeichnet und an der Kirchentüre pocht. Zum dritten spricht das von mir geweihte Kreuz: Zum'Menschentroste werdeich erhöht. Fürwahr! Erhöht auf den First des Presbyteriums und auf die höchsten Punkte der beiden Kirchentürme, welche wie zwei ehrfurchtgebietende Wächter links und rechts des Kaupt- einganges stehen, erhöht und dominierend, sage ich, über alle Giebel des imposanten Tempels, wird es glückver¬ heißend, Trost und Segen spendend hin strahlen über Stadt und Land, von der Sonne am Morgen zuerst be¬ grüßt und von ihr am Abende zuletzt beschienen. Möge das heilige Kreuz auch in unseren Kerzen eine hervorragende Stelle einnehmen; möge es der An¬ fang und das Ende unseres Tuns und Lassens sein! Es verdient alle Erhöhung und Verehrung, alle Koch- und Keilighaltung. Wenn wir es erhöhen, werden wir auch erhöht. Wenn wir uns desselben rühmen, wird es auch unser ewiger Ruhm werden und bleiben. Des großen ' Blätter für Kanzelberedsamkeit. Wien, 1885. S. 849. 10" Die Innenansicht, der alten Pfarrkirche einige Tage vor dem Verlassen derselben. -z- 149 Apostels Paulus einziger Ruhm war das hl. Kreuz, wie er dies selbst so feierlich beteuert: Kliki aut em ad sit gloriaii, ni8i in eruee Domini nostri lesu Okristi. Es sei ferne von mir, in irgend etwas mich zu rühmen, es sei denn im Kreuze unseres Herrn Jesu Christi. (6al. 6, 14). Ich beuge mein Knie vor dem Kreuze unseres Herrn Jesu Christi und bitte, daß ihr begreifen möget die Breite und Länge, die Kühe und Tiefe des Geheimnisses der Erlösung. (Dpdes. 3, 18). Wie St. Paulus, so suchten und fanden unzählige Christusgläubige im Kreuze ihren Trost, ihren Ruhm, ihr Keil. Das Kreuz war der Ruhm des heil. Apostelfürsten Petrus. Da er eines Tages kleinmütig auf einsamer Straße Roms dahin wandelte und nahe daran war, dieses Bollwerk des Heidentums zu verlassen und zu fliehen vor Nero, da erschien ihm der Heiland mit einem schweren Kreuze auf der Schulter an der Stelle, wo noch heute die liebliche Domine guo vaäis-Kirche steht, die ich jederzeit so gerne besuche, so ost ich nach Rom reise, um Petrus zu sehen. (6at. 1, 18). Petrus fragte seinen göttlichen Meister: Domine, quo vaäis? Herr, wohin gehst Du? Jesus erwiderte: „Ich will mich aufs neue für dich kreuzigen lassen". Tief ge¬ rührt schöpfte der greise Apostel neuen Mut, um alsbald auf klonte Vatioano auf dem Kreuze kopfunter für den Gekreuzigten zu sterben. — Das hl. Kreuz war der Ruhm seines leiblichen wie geistigen Bruders, des hl. Apostels Andreas, unseres mächtigen Diözesanpatrons und Schutz¬ heiligen. Als St. Andreas, vom Prokonsul Ageas zu Patras in Achaia zum Kreuzestode verurteilt, des Kreuzes ansichtig wurde, rief er herzinniglich: O liebes Kreuz, -z- 150 das ich so sehnlich gesucht und nun gefunden, nimm mich hinweg von denMenschen und gib mich Dem, der mich durch dich erlöst hat! Das Kreuz war der Ruhm Kaiser Konstantin des Großen. Als er mit seinem Keere gegen Maxentius, den Todfeind des Christentums zog, da gewahrte er und sein Keer ein wundersames, goldstrahlendes Kreuz am blauen Firmaments mit der Inschrift: In diesem Zeichen wirst du siegen. Er ließ nun Keeresfahnen in Kreuzesform anfertigen und zog unter Vorantragung der¬ selben mutig in den Kampf und überwand am ?onts Nolls unweit Rom den Feind vollständig. Die Römer errichteten dem Sieger eine herrliche Triumphpforte, die noch heute steht. Überdies wurde ein Standbild des Triumphators aufgestellt mit dem Kreuze in der Rechten und mit der Inschrift: Durch dieses heilbringende Zeichen, das Sinnbild der wahren Stärke, habe ich eure Stadt von dem Tyrannen befreit und dem Volke seinen alten Glanz wieder¬ gegeben. Gleich diesem gefeierten Kerrscher rühmte sich des Kreuzes Rudolf von Kabsburg, der große Ahnherr unseres erlauchten Kerrscherhaufes. Als zu Aachen bei der Krönung zum römisch-deutschen Kaiser am 24. Oktober 1273 das Zepter zufällig fehlte, nahm Kaiser Rudolf das Kreuz von der Wand herab und rief: Sehet das Zeichen, in welchemwirund die ganzeWelt erlöst sind. Es diene uns anstatt des Reichszepters. Und in der Tat! Das Kreuz blieb fortan das festeste Bollwerk des großherrlichen, altehrwürdigen Kabsburger-Kauses und Reiches. Als am 16. Juni 1619 die Rebellen in die kaiserliche Burg zu Wien drangen, um Kaiser Ferdinand 1l. zu gefährlichen Konzessionen zu zwingen, erbat sich der bedrängte Monarch wenige Augenblicke Bedenkzeit, da ging er in sein Gemach, sank hin zu Füßen des Kreuzes, benetzte es mit Tränen und küßte die Wundmale des Gekreuzigten. In dem Augenblicke vernahm er deutlich den Auf: l^eräivanäa, LZO ts non äessram! Ferdi¬ nand, ich werde dich nicht verlassen! Gehobenen Mutes kehrte er zurück zu den Aufständischen; aber da plötzlich ertönte das Trompetengeschmetter der Kürassiere des Dampierre'schen Regimentes, und Kaiser Ferdinand war gerettet. Es rettete ihn das hl. Kreuz. Dieses Kreuz wird heute noch in der k. u. k. Kofburg-Kapelle zu Wien sorgfältigst aufbewahrt als kostbare Reliquie. Und ich hatte als k. u. k. Kofkaplan oft die Freude, dasselbe an Sonn- und Feiertagen den Gläubigen beim nachmit¬ tägigen Gottesdienste zum Kusse darzureichen. Es bleibe das heilige Kreuz auch unsere Ehre und unsere Glorie, es bleibe unser Ruhm und unser Keil! Vielgeliebte im Kerrn! Wie von selbst drängt sich uns allen gegenwärtig die Frage auf: Wie ist doch die heutige so wunderschöne Feier möglich geworden? Wie ist's zu erklären, daß die vor beiläufig drei Jahren noch auf dem Papiere stehende und nur in unserem Geiste aufgebauke Marienkirche heute tatsächlich und wirklich schon vor unseren Augen in ihrer Pracht und Schönheit da steht? O, hier hat wahrhaft Gott der Kerr gnädigsk geholfen, und haben die Menschen kräftigst mitgewirkk. 132 Und darum sei vorab Gott, dem Allgüttgen, der pflichtschuldige, herzinnigste Dank gesagt für alle erhaltenen Gnadengaben und Wohltaten. Am Schlüsse der Feier wollen wir mit dankbarem Kerzen das herrliche Loblied anstimmen: Ts I)sum lauäamus! Großer Gott, wir loben dich, wir danken dir aus ganzem Kerzen, aus ganzer Seele und aus allen Kräften! Nach Gott gebührt mein oberhirtlicher Dank allen Gönnern, Wohltätern und Beförderern des monumen¬ talen Bauwerkes. Tief bewegt und gerührt sage ich es, daß die Mildtätigkeit der Beförderer unseres Unternehmens eine beispiellose war und ist. In Sonderheit fühle ich mich in meiner Seele verpflichtet, den alleruntertänigsten und ehrfurchtsvollsten Dank zu zollen Seiner k. und k. Apostolischen Majestät, unserem lieben und teuren Kaiser und Landesvater, Allerhöchstwelcher für „den Bau der Pfarrkirche zur Kl. Maria in Marburg" die großmütige Spende von Tausend Guloen aus der Allerhöchsten Privat¬ kassa allergnädigst zu bewilligen geruht hat. Möge Gott der Kerr diese große Opfergabe hundert- und tausendfach ent¬ gelten, möge er Seine Majestät mit einem noch langen und glücklichen Leben segnen und so gewähren, daß Seine Majestät im besten Wohlergehen das fünfzigjährige Regie¬ rungs-Jubiläum am 2. Dezember 1898 feiere, bei welcher Gelegenheit vielleicht schon in dieser neuen Pfarrkirche der Gottesdienst wird abgehalten werden können. Mein verbindlichster Dank gilt weiter allen den hohen und löblichen Behörden für alles Wohlwollen und für alle Bemühungen um das Zustandekommen dieses so überaus löblichen Kirchenbauwerkes. Allen den sehr ge- 153 -4- ehrten Vertretern dieser Behörden, welche durch ihr Er¬ scheinen so viel zur Erhöhung und Verschönerung der heutigen Festfeier beigetragen, sei mein aufrichtiger, herz¬ licher Dank abgestattei. Desgleichen sage ich meinen bischöflichen Dank dem hochw. Guardian und Pfarrverweser ?. Kallistus Keric, der aus dem unerschöpflichen Schatze der göttlichen Vor¬ sehung fleißig geschöpft hat und noch immer schöpft. Ja, das unerschütterliche Vertrauen auf Gott und seine Kilfe; das feste Bauen auf seine Verheißung: Wer bittet, dem wird gegeben, und wer klopft, dem wird auf¬ getan werden; die innerste Überzeugung von der erfolg¬ reichen Verehrung unserer lieben Frau von der immer¬ währenden Kilfe; die feste Koffnung auf die Freigebigkeit und Opferwilligkeit der Stadt- und Landbewohner — das war der Kostenvoranschlag und der Baufonds des hochw. U. Pfarradministrators. Und dieser Voranschlag und dieser Fonds erwies sich als vollkommen richtig und ausreichend. Was einstens Jehova zu David sprach, das Wort gilt auch dem hochw. Pater: Daß du in deinem Kerzen gedachtest, mir ein Kaus zu bauen, daran hast du wohlgetan. (III. UsM. 8, 18). — Wie dem Bau¬ herrn, so gilt ferner mein wärmster Dank den Baumeistern: dem bestverdienten Kerrn Architekten Richard Jor¬ dan, dessen Geistesprodukt das Kaus des „Goldenen Kaufes" ist; dem rühmlich bekannten Kerrn Josef Schmalzhoser, k. k. Kofbaumeister, der den Plan meisterlich ausführt; und dem k. k. Kof-Steinmetzmeister Kerrn Eduard Käufer, der bisher vielfach um Gottes¬ lohn gearbeitet und dem diese Dorstadtpfarre vieles, vieles schuldet. Alle die drei Meister ziert und schmückt auf der 1.54 Brust das Kreuz, als Zeichen ihrer vielen und großen Verdienste uni Kirche und Staat. Endlich verfehle ich nicht, dem sehr geehrten Bau- komite und namentlich den 27.000 Mitgliedern des Bau¬ vereines, welche unverdrossen zur Aufbauung der neuen Pfarrkirche beisteuern, ein tausendfaches Vergeltsgott zu¬ zurufen. Ich zweifle nicht, daß sie durch diese ihre christ¬ liche Mildtätigkeit auf die machtvolle Fürsprache Mariä hin vom ewigen Feuer bewahrt, aber auch aus dem Fege¬ feuer alsbald gerettet werden. Spricht doch der Herr der Heerscharen: Mein ist das Silber, mein ist das Gold. (Hagg. 2, 9). Gib mit fröhlichem Auge nach deinem Vermögen; denn der H e rri st e in Vergelter und wird dir's hundertfältig ver¬ gelten. (Eccli. 35, 12. 13). Hierher gehören auch die verheißungsvollen Schriftworte: Gib Almosen von deinem Vermögen... Wie du es kannst, so sei barmherzig. Wenn du viel hast, gib reich- lich;wennduwenighast, sucheauchdasWenige gern zu geben. Denn einen guten Lohn sammelst du dir auf den Weg der Not; weil das Almosen von jeglicher Sünde und vom Tode erlöst und die Seele in die Finsternis nicht kommen läßt. AlrnosengibtgroßesVer- trauen vor dem höchsten Gott allen, die es geben. (Tob. 4, 7—12). Mit Recht sagt ein Sprich¬ wort : Date et äabitur. Wohltätigkeit und Vergeltung sind zwei Schwestern, die sich untrennbar folgen. Maria, Hilfe der Christen, wird durch ihre vielvermögende Fürsprache allen ein Haus im Himmel bauen, die ihr durch Spenden oder Mühen eines auf Erden zu bauen beflissen sind. 155 -4- Jndem ich aber allen, die wie immer an der Auf¬ führung des stattlichen romanischen Baues mitgewirkt, geziemendst danke, bitte ich zugleich alle, dieses Gott ge¬ fällige und vor ihm verdienstliche Werk auch künftighin nach Kräften zu unterstützen. Nur unitis viribus, mit vereinten Kräften können die bereits kontrahierten, sehr großen Schulden getilgt und kann das prachtvolle Werk vollendet werden. Legen wir darum fleißig unsere Opfer¬ gaben auf den Altar dieses Heiligtums. Wie ihr wisset, Teuerste, hat die Kirche in der heiligen Messe einen Teil, der Offertorium, Opferung, Hingabe heißt. Weil es nicht angeht, diese Opferung gleich jetzt in Anwendung zu bringen, daß wir etwa die Gaben gleich jetzt absammeln, so verrichten wir unser Offertorium in der Zukunft für dieses so notwendige Gotteshaus. Jede, auch die geringste Gabe wird Gott dem Herrn angenehm sein, wie der Pfennig der evangelischen Witwe dem göttlichen Heilande so ge¬ fiel, daß er die Geberin öffentlich im Tempel vor den Aposteln und vor dem Volke belobte. (lKgre. 12, 41 6). Der Herr belohnt und belobt stets, was des Lohnes und des Lobes würdig ist. Damit wir uns aber um so leichter zum Opfern entschließen, wollen wir, Geliebteste, noch bedenken, daß wir für die Nachwelt bauen eine Kirche, in der sich Hun¬ derte und Kunderttausende zum Gebete, zum Gottesdienste versammeln, in der sie den dreieinigen Gott anbeten, Maria verherrlichen, die Heiligen verehren, im Glauben erstarken, in der Tugend wachsen, ihre Sünden bereuen und beichten, sich also bekehren und Trost und Frieden für ihre unsterblichen Seelen finden werden. Dadurch werden aber auch für alle die Erbauer dieses Heiligtumes 156 reichliche Früchte zeitigen für das ewige Leben- Krönet darum, edelgesinnte Freunde des Kirchenbaues, euer Werk! Bringet noch die letzten Opfergaben, damit schon demnächst ein freudiges Es ist vollbracht wird allenthalben er¬ schallen können. Im Äerrn andächtig Versammelte! Nun aber kehre ich zurück zum Kreuz, von dem die heutige erhebende Festfeier ausgegangen. Dasselbe ist be¬ reits erhöht. So leuchte denn, du heiliges Kreuz, und künde es weithin, daß hierzulande Menschen wohnen, die dich hoch und heilig halten, welche in dir ihr Keil suchen! Leuchte mit deinem Goldglanze hinein in die Wohnungen der Reichen, damit sie ihr Kab und Gut christlicherweise benützen; leuchte hinein in die Kammern und Stübchen der Armen, damit sie dich lieben und mit christlichem Gleichmut ihre Armut ertragen! Leuchte hinein in die Kerzen der Sünder, damit sie den Weg der Sünde verlassen und den Pfad der Tugend betreten! Leuchte hinein in das neue Keim der hochw. Franziskanerväter, auf daß sie deine begeisterten Liebhaber seien, wie es ihr Stifter und geistlicher Vater St. Franziskus von Assisi war! Strahle hinaus über die ganze weite Diözese, und schütze und schirme meine lieben Diözesanen! 2a, ziehe uns alle an, da du von der Erde erhöht bist! Sei uns allen das Zeichen des göttlichen Schutzes, gleichwie einstens alle in Jerusalem vom Engel mit dem Buchstaben T in Kreuzes¬ form Bezeichneten vor Verderben verschont blieben! (k^eeb. 9, 1-6). Zumal am Tage der Tage, wo Jesus Christus mit dir über dem zusammenbrechenden Erdenkreise in seiner -r- 157 himmlischen Glorie erscheinen wird, da sei du unsere Rettung, damit wir dich dort oben über den Sternen in ewiger Pracht und Herrlichkeit anschauen und — frohlocken! 0 crucm vlotoria et aämirabilc signum, t'uc omno8, Koc 8ignum oruoi8 ocu1i8 pis intuentS8, in cos1s8ti curia captarc triumpkum! Amen. Amen. Ansprache anläßlich der heiligen Weihe der fünf neuen Glocken für die Vorstadtpfarrkirche zur Kl. Maria in Marburg, ge¬ halten am 19. Sonntage nach Pfingsten, den 13. Ok¬ tober 1895.2 r O Siegestrophäe und wunderbares Zeichen, gewähre allen, welche dieses Kreuz gläubigfromm anblicken, ewigen Triumph im Kimmel! — Schlußworte der in den Turmtmaus gelegten Urkunde, refp. Worte der ersten Antiphon des zweiten Nokturn am Feste der Erhöhung des hl. Kreuzes. 2 Sie war bereits in lOOO Exemplaren gedruckt worden in der St. Cyrillus-Buchdruckerei zu Marburg, 1895. Kl. 8«. S. 3l. Die Broschüre mar durch das Bild der neuen romanischen Pfarrkirche illustriert. -r- 158 4 Im Äerrn andächtig Versammelte! MM^ir sind heute zum erstenmale zusammen gekommen in dieser fast vollendeten Vorstadtpfarrkirche, welche Gott zur Ehre, Mariä zum Lobe und den Gläu¬ bigen zum Keile unerschütterliches Gottverkrauen, begeisterte Mildtätigkeit und echt christliche Kunst in erstaunlich kurzer Zeit ausgebaut haben. Angesichts dieses kunstvollen Mo¬ numentalbaues begehen wir an diesem Tage des Kerrn eine Festfeier, die uns dem angeslreblen Ziele wieder be¬ deutend näher bringt, das da ist die würdevolle Aus¬ stattung und Ausschmückung der neuen, so herrlichen Marienkirche. In freudig gehobener Feststimmung kamen wir hierher zur Vornahme der kirchlichen Weihe des Glockengeläutes, welches in den beiden Kirchentürmen, die wie die beiden von Salomon errichteten ehernen Säulen Jachin und Boaz vor der Kirche stehen, Jahrhunderte hindurch das Lob des dreimal heiligen Gottes und der allerseligsken Jungfrau und Mutter Gottes Maria laut verkündigen wird. Das Geläute besteht aus fünf Glocken, welche die Herren Gebrüder Franz und GeorgGoeßner, Glocken¬ gießer in Wien, meisterlich gegossen, und welche am 7. Oktober von Wien am Marburger Bahnhofe einlangten, am verflossenen Freitage den 11. Oktober um drei Uhr Nachmittag in feierlicher Prozession vom Bahnhofe abge¬ holt und unter großem Andrange der Menschen zur Kirche geführt wurden. Die Glocken haben zusammen das im¬ ponierende Gewicht von 8920 Kilogramm oder ungefähr 176 Zollzentnern. Der Glockenstuhl mit den Keimen und Schwengeln wiegt 5320 Kilogramm oder 106 Zoll- -r- 159 zentner. Das Gesamtgewicht der Glocken und der Mon¬ tierung beträgt demnach 14.200 Kilogramm oder 282 Zollzentner. Die Glocken sind harmonisch gestimmt in Oclur. Aus diesen Angaben dürfen wir schließen, daß das Geläute, im großen Stile angelegt, sowohl durch seine Macht und Kraft, als durch seine angenehme Harmonie den wohltuendsten und mächtigsten Eindruck auf jedermann ausüben werde.' Zu der heutigen erhebenden Feier der Glockenweihe, welche nach den kirchenrechtlichen Bestimmungen der Bi¬ schof selbst vornehmen muß oder nur in Kraft päpstlicher Vollmacht durch einen anderen Priester vornehmen lassen darf, wie die geweihten Glocken auch nur der Ostiarier im Chorrock läuten sollte, gleichwie im alten Bunde die Leviten zur Zeit des Opfers silberne Posaunen bliesen, durch deren Schall das Volk zum Gebete aufgefordert wurde, nun, zu dieser liturgisch so bevorzugten Feier bin ich ungeachtet mannigfacher Hindernisse gerne gekommen, um dadurch meine aufrichtige Anteilnahme an der Freude zu bekunden, welche die Bewohner dieser Vorsladtpfarre und viele andere Gläubige heute empfinden. Ein gutes, ein frommes, ein heiliges Werk habt Ihr, christliche Paro- chianen, getan, ein vor Gott verdienstliches und ihm wohl¬ gefälliges Werk habt Ihr alle geschaffen, die Ihr zur Er- > Anmerkung. Der Guß ist nicht ganz gelungen. Die Glocken sollen die Töne haben: I. V — II. H — III. v — IV. s — V. k. Allein nach dem Urteile des Musikers U. Kugo l in Sattner und des Laibacher Glockengießers Samassa besitzen sie in Wirklichkeit die Töne: I. V-s-V.« Il.H-Vi° - III-Ls-s-"/» - IV. g--/,« - V. d. Die Ursache des nicht völlig reinen Klanges wird in der Glockenspeise liegen. -t- 160 Er¬ bauung der neuen, unerläßlich notwendigen Muttergottes- Kirche und zur Anschaffung der neuen Kirchenglocken opfer¬ willig beigesteuert habt oder noch beisteuern werdet. Dies Werk wird ein unvergängliches Denkmal bleiben Eures christlichen Gemein- und Opfersinnes. Fürwahr, wenn wir alle, die wir heute an dieser Stelle erschienen, schon längst im Grabe ruhen werden, wird die Nachwelt allen Gabenspendern eine dankbare Erinnerung bewahren für das gelungene Werk, dem ich soeben die kirchliche Weihe und Segnung erteilt habe. Ja Euch den Wohltätern, Gönnern und Stiftern dieses schönen Werkes werden die späten Geschlechter noch danken, wie ich Euch heute laut und offen danke für den bewun¬ derungswürdigen Opfersinn, der sich durch den großen Eifer für die Zierde des Kaufes Gottes so deutlich ge- offenbart hat. viIsxi8ti8ä6L0rsm äomu8 Lei st looum Kabitationi8 Ztoriao sius. (?8. 25, 8). Ihr habt geliebt die Pracht des Kaufes Gottes und den Ort der Wohnung seiner Kerr- lichkeit, kann ich mit dem Psalmendichter David heute rufen. Als Entgelt für die gebrachten Opfer wünsche ich Euch aus dem Grunde meines Kerzens die Fülle des himmlischen Segens. Und dieser Segen, an dem alles gelegen, wird Euch sicherlich niemals fehlen, so Ihr stets- fort die eindringliche Sprache beachten werdet, welche die neugeweihken Glocken zu Euren Kerzen sprechen. Und gerade über die bedeutsamen Weck- und M a h n - rufe der Glocken möchte ich in diesem weihevollen Mo¬ mente einige Worte sprechen, wobei ich auf Eure teilnahms¬ volle Aufmerksamkeit rechne mit Kinweis auf den Ruf 161 des Psalmisten: Heute, wenn ihr seine Stimme höret, verhärtet eure Kerzen nicht! (Ls. 94, 8). Andächtige Zuhörer! In den ersten christlichen Jahrhunderten gab es noch keine Kirchenglocken, weil die Christen, blutig verfolgt, ihren heiligen Glauben nicht offen bekennen durften und ihren Gottesdienst nicht öffentlich feiern konnten. Nur Kurso¬ ren oder Boten kündeten die gottesdienstlichen Feierlichkeiten an, deren Beginn dann hie und dort durch den Schall der Posaune, oder durch Anschlägen auf ein Schallbrett oder auf eine Stein- oder Metallplatte bezeichnet wurde. Kleinere Schellen jedoch waren schon im Altertum bekannt. Der Saum des Kleides des Hohenpriesters im alten Te¬ stamente war mit goldenen Glöcklein besetzt, deren lieb¬ licher Klang die heilige Handlung erhöhen sollte. (H. >los. 28, 33—35). Als Erfinder der nunmehr üblichen Glocken wird der gelehrte und fromme Bischof Paulinus (ch 431) von Nota bei Neapel in Kampanien genannt. Im Jahre 394 soll auf dem Dome zu Nola die erste Glocke ertönt haben, deren lateinische Benennung eampana (auch in aampo ckma) und nota aus der Ortsbezeichnung herge- leikek wird. Rührend schön ist die Legende, die davon erzählt, wie Bischof Paulinus die Glocken erfand. Die Sonne war gesunken, erzählt die fromme Legende, als der Heilige über eine grüne Waldwiese still sinnend dahin¬ schritt. Das goldene Abendrot durchglühte das üppige Blättergrün der leise rauschenden Bäume, und ringsum herrschte solch ein seliger Friede, daß Paulinus unwill- II -z- 162 kürlich die Künde faltend ausrief: „Sei gelobt und ge¬ priesen, Kerr der Welten, in deinem irdischen Kimmel; o, gib mir ein Zeichen, daß du jetzt bei mir weilst und bei mir bleibst bis an's Ende meiner Tage!" Da begann es leise, ganz leise im Umkreise zu klingen, und der fromme Bischof gewahrte, wie die blauen Glockenblumen rings ihre Köpfchen im Abendwinde wiegten. Zur Erinnerung an diese selige Stunde lietz der Diener Gottes zu Nota im Dome eine Riesenglockenblume gießen, die stets beim Gebete der frommen Gemeinde erklang. Die neueren glockenkundigen Autoren schreiben in¬ dessen irischen Mönchen des 5. und 6. Jahrhunderts die Einführung der jetzt üblichen Kirchenglocken zu. Als erster fach- und fachkundiger Glockengießer wird der hl. For¬ dern us, welcher als Bischof von Trim nach 490 starb, und den die Glockengießer als ihren Patron verehren, gerühmt. Von Irland aus, dieser Insel der Keiligen, verbreitete sich dann immer weiter und weiter die Kunst des Glockengießens, und mit ihr auch die damit zusammen¬ hängende irische Glockenbenennung. Das deutsche Wort Glocke, wie das französische ologuo oder oloobe, ist das altirische eto.^ (griechisch wohl lateinisch olamo), welches Wort einen Gegenstand bezeichnet, mit dem man ein klopfendes Geräusch erzielen kann. Lateinisch heißt die Glocke einfachhin si^vum. seltener tinürmabutum, oder auch, weil zu ihrem Guß das beste in Kampanien ge¬ wonnene Erz verwendet wurde, oampnna. aber auch nota, welches Wort auf das keltische nol, tönen, zurückgeführt werden mag.' — Als historische Tatsache gilt die Verord- ' Bergt. Arnold Stesens, Äirchenweihe und Glockensegnung. Essen, 1894. S. 155 ff. -k- 163 nung des Papstes S a bi ni an (604—606), daß die kano¬ nischen Tageszeiten, das siebenmalige Stundengebet, durch Glockenzeichen anzukündigen seien. Dieser Papst war der erste, dem bei seinem Tode im Jahre 606 die Glocken das ergreifende Totenlied sangen. Noch sei erwähnt, daß Papst Urban II. im Jahre 1096 das dreimalige lVIaria-Läuten anordnete, um Begeisterung und himm¬ lischen Schutz für die Kreuzfahrer zu erflehen. Und von dieser Zeit an wurde der Gebrauch der Glocken immer häufiger und allgemeiner. Wie nun der gottesdienstliche Gebrauch der Glocken ein sehr alter ist, ebenso altehrwürdig und höchst bedeutungs¬ voll sind die hl. Zeremonien, unter welchen die Glocken geweiht und dem Dienste Gottes gewidmet werden, gleich¬ wie im alten Bunde die Posaunen als heiliges, gottes¬ dienstliches Gerät betrachtet wurden. WennihrFreuden- mahle und Festtage und Neumonde habt, so blaset mit den Trompeten bei den Brand-und Friedopfern, daß sie seien zur Erinnerung eures Gottes an mich! Ich, der Kerr, bin euer Gott! (Num. 10, 10). Meine christlichen Zuhörer! Groß, heilig und er¬ haben ist die Bestimmung der Glocken. Vivos voeo. Zum ersten rufen die Glocken: Christ, blicke auf zu Gott und vertraue auf ihn, den Allmächtigen und Allglltigen! „()ui sonääit in Oso, kortis L8t at Iso". Wer auf Gott vertraut, hat fest gebaut. Alle die vielen Antiphonen, Psalmen, Versikeln und Gebete, unter denen ich die Glocken geweiht habe, zielen ab auf die Erflehung der göttlichen Kilfe und Erbarmung. Er¬ barme dich m ei n er, o Gott, erbarme dich meiner, 11' Querschnitt durch das Kloster- und Kirchengebäude. 165 denn auf dich verlasse ich mich! Und auf den Schuh deinerFlügelvertraueich, bis vorüber¬ gehe das Ungemach. (Us. 56, 1. 2). G o tt e rb a r m e sich unser und segne uns! Er lasse leuchten sein Antlitz über uns und erbarme sich unser. (k>8. 66, 2). Gott, merke auf meine Kilfe. Kerr, eile mir zu helfen... Mein Kelfer und mein Er¬ retter bist du. O Kerr, zögere nicht! (Us. 69, 2. 6). Aus der Tiefe rufe ich zu dir, o Kerr! Kerr, erhöre meine Stimme... Bei dir ist Er¬ barm ung und mannigfaltige Erlösung, (k^. 129, 1. 7). So und ähnlich beteten wir Priester beider Vornahme der Glockenweihe und flehten zu Gott, daß er alles Übel von den Seinigen abwende. Und bisher hat namentlich bei diesem großartigen Unternehmen der Kerr wunderbar geholfen, und auch in Zukunft wird der Arm seiner Allmacht und Güte nicht verkürzt werden. Darum, sursum eoräa! Aufwärts die Kerzen! Dies wird der beständige Ruf der neugeweihten Glocken sein. Und Ihr, meine Teuersten, wenn Ihr deren Stimme höret, verhärtet Eure Kerzen nicht! Zum weitern rufen die ehernen Kerolde mit dem hl. Apostel Paulus: Erhaltet Einigkeit des Geistes durch das Band des Friedens! (kchkes. 4, 3). Nicht wahr, Teuerste im Kerrn, wie angenehm ist die Karmonie, wie lieblich und bezaubernd ist der Wohl- und Vollklang gutgestimmter Glocken. Er ist wie ein Ge¬ sang von oben, ist wie eine geheimnisvolle Musik aus des Kimmels lichten Köhen. Es muß jedoch jede Glocke für sich einen guten Klang haben und muß zudem auch mit den Genossinnen gut zusammen stimmen und klingen. -z- 166 -r- Zst sie verstimmt, so tönt sie selbst unschön und verursacht auch der übrigen widerlichen Mißklang. — Nun jeder Christ soll den Wohlklang in seinem Innern haben, d. i. den Frieden des Herzens, die Ruhe des Gewissens be¬ sitzen. Darum spricht der Bischof bei der Salbung jeder einzelnen Glocke mit dem hl. Ole und mit dem hl. Chri- sam in Kreuzesform elfmal das ?ax ribi, der Friede sei mit dir! Eine einzige sündhafte Leidenschaft stört die Harmonie der Seele. Wer nur ein Gebot über¬ tritt, schreibt der hl. Apostel Jakob, der versündigt sich an allen. (lae. 2, 10). Wer selbst den heiligen Frieden besitzt, kann selben auch anderen mitteilen, wer sich der Harmonie der Tugenden erfreut, der lebt auch mit den Mitmenschen im guten Ein¬ klang. Den Wohlklang der Tugenden erzielt aber die christliche Liebe, deren Notwendigkeit St. Paulus so nach¬ drücklich betont: Wenn ich der Menschen undder Engel Sprachen redete, die Liebe aber nicht hätte, so wäre ich wie ein tönendes Erz und wie eine klingende Schelle. (I. Cor. 13, 1). Nun zur Friedfertigkeit, zur Eintracht, zur Liebe, die das Ze¬ ment der menschlichen Gesellschaft ist, werden Euch die neugeweihten Glocken einladen, zumal werden sie Euch rufen, wenn der Nächste vom Unglück, wie Feuer, Wasser oder Schwert, bedroht wird. Wenn Ihr also deren Stimme höret, verhärtet Eure Herzen nicht! Zum dritten gemahnen uns die Glocken ähnlich wie Propheten und Evangelisten an das eine Notwen¬ dige, an das ewige Seelenheil. Am Schlüsse der tiefsinnigen Weihezeremonien wird vom Diakon das wunderschöne Evangelium des hl. Lukas 16^ von der Aufnahine und Bewirtung des göttlichen Hei¬ landes im Kaufe des hl. Geschwisterpaares Martha und Maria feierlich gesungen. Mächtig klingen die Schlu߬ worte nach: Nur Eines ist notwendig. Maria hat den besten Teil erw ä h l t, der ihr ni cht wir d genommen werden, (lluo. 10, 42). ?orro unum L8t NL0L88UIium nur Eines ist notwendig, so wird es auch hoch von den beiden Türmen herab klingen und tönen, wenn die Glocken zum Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen rufen werden, wie der alte Spruch lautet: k^8tL äeeoro. Ihre Stimme wird die Stimme desjenigen sein, der unter Donner und Blitz am Berge Sinai das Gebot gegeben: Du sollst den Feiertag heiligen. Ihre Stimme wird die Stimme der hl. Kirche sein, die das Gebot erlassen: DusollstanSonn-undFeier- tagen die heilige Messe mit gebührenderAn- dacht hören. Aber zur Heiligung des Sonn-und des gebotenen Feiertages gehört nicht allein die Anhörung der hl. Messe, sondern auch die Anhörung der Predigt, der Christenlehre, das Anwohnen beim nachmittägigen Gottes¬ dienste. Preist doch Jesus Christus selbst jene selig, die Gottes Wort hören, es bewahren und halten. (Iwo. 11, 28). O meine lieben, lieben Diözesanen! Es geht ein schweres llbel durch die Welt, ich meine die Entheiligung der Sonn- und der gebotenen Festtage. Würde dieses llbel beseitigt, was leicht geschehen könnte, würden mit ihm viele große llbel aufhören, die die menschliche Gesell¬ schaft schon so hart bedrücken oder sie noch mit Schlimmerem bedrohen. Steuern wir, Liebwerte, nach Kräften diesem llbel und machen wir uns stets würdig des hohen Glückes, -Z- 168 -r- daß wir Gotteshäuser besitzen, worin wir der Sonn- und Feiertagspflicht nachkommen können; und daß wir Glocken haben, die uns freundlich dazu einladen. Unsagbar traurig wäre es, wenn wir keine Kirchen und keine Glocken be¬ säßen. Es bewahrheite sich an uns das Weihegebet: Segne, o Kerr, die Glocke, aufdaß,wenn die Christenkinder ihren Klang vernehmen, in ihnen gefördert werde das Wachstum der Frömmigkeit, damit sie hineilen in dieArme ihrer liebevollen Mutter, der Kirche, und in der Versammlung der Keiligen dir ein neues Lied singen, indem sie erschall en lassen das Schmettern der Posaune, den Wohllaut der Karfe, den süßen Ton der Schalmei, den Jubel der Pauke und die anmutigen Klänge der Lymbel, und sie so durch ihre Andacht undihrGebetimheiligenTempeldeinerKerr- lichkeit dieKeerscharen der Engel einzuladen vermögen! Indessen ruft die geweihte Glocke auch an Wochen¬ tagen zur Kirche, zum göttlichen Keiland, wie Martha ihre Schwester Maria rief und sprach: Der Meister ist da und ruft dich. Und diese, als sie dies hörte, stand eilends auf und ging zu ihm. (Ioan. 11, 28. 29). Wenn wir diesem Rufe ob der vielen Sorgen und Arbeiten nicht folgen können, so erwecken wir wenigstens die gute Meinung, beten wir Jesum in Gedanken an und vereinigen wir uns mit ihm geistig, wann es zum hl. Evangelium, zur hl. Wandlung und hl. Kommunion läutet. Die Glocke erweitert den Gottesdienst, indem sie nicht nur die Gläubigen in der Kirche, sondern 169 —K- auch außerhalb derselbe» auf die heiligste» Kandlungen aufmerksam macht. Ja, ausgedehnte Strecken Landes werden durch den Klang der Glocke auf einmal in einen großen Tempel umgeschaffen. Darum laß fallen, o christlicher Arbeiter, die Kacke aus deiner Kand, wenn du, auf dem Felde mit Arbeit beschäftigt, die Glocke hörst, und bete Gott an! Kalte inne, lieber Ackersmann, mit dem Pfluge und berühre zum Zeichen der Andacht die Brust mit der Kand; dann magst du sogleich weiter pflügen, und der Segen Gottes wird dir folgen! Unterbrich deine Beschäftigung, christlicher Bürger, und erhebe dein Gemüt zu Gott, und er wird deine Mühewaltung segnen! Wirf hin deine Feder, Ge¬ lehrter, führe deine Kand an die Stirne, bezeichne sie mit dem hl. Kreuze und bete die ewige Wahrheit an; dann magst du in der Wissenschaft weiter fahren, der hl. Geist wird dich erleuchten mit der Gabe der Weisheit, des Ver¬ standes und der Wissenschaft! Wanderer, stehe stille, wende dein Angesicht dahin, woher das Glöcklein schallt; es schwinge sich deine Seele zu Gott auf und bete deinen himmlischen Vater an, auf daß er dich einst ins Vater¬ haus aufnimmt! Kranker, der du auf deinem Schmerzens¬ lager die Glocke vernimmst und dich vor Elend nicht zu rühren vermagst, versetze dich in deinen Gedanken in die Kirche, allwo am Altar Jesus dein Keiland und Selig¬ macher weilt! Ermanne dich in deinen Leiden, richte den gebeugten Mut auf und denke festvertrauend an die Worte des himmlischen Arztes: Kommet zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, und ich will euch erquicken! (iVlattb. 11, 28). So erwecke jedermann beim Glockenschalle die gute 170 Meinung ! Daran mahnt uns noch das Rauchgefäß, welches, mit Weihrauch, Thymian und Myrrhe gefüllt, unter die geweihte Glocke gestellt wird, daß sie erfüllt werde mit Wohlduft, den sie dann weiter und weiter verbreiten solle durch Aufruf der Gläubigen zur Vollbringung guter Werke und zur Erwerbung christlicher Tugenden, wodurch sie ein guter Wohlgeruch vor Gott und den Menschen werden. Teuerste, wenn die Glocke am Boden steht, gibt sie keinen Wohlklang von sich; selbe muß von der Erde gehoben werden und in den Lüften schweben, dann erst wider¬ hallt ihr harmonischer Klang. Ähnlich darf auch der Mensch nicht auf dem Erdboden kleben, auf demselben kriechen wie der Wurm, er soll seinen Blick nach oben richten, soll sein Walten und Wirken durch die gute Meinung vor Gott verdienstlich machen. Darum, wenn Ihr der Glocken Stimme höret, verhärtet Eure Kerzen nicht! In weiterer Betonung des Einen Notwen¬ digen ermahnt uns zum vierten die Glocke zum Gebete morgens, mittags und abends, wie es in der hl. Schrift heißt: Abends und morgens und mittags will ich beten und seufzen; und er wird erhören meine Stimme. (k>8. 54, l8). Wenn die Glocke ruht und nicht geläutet wird, tönt und schallt sie nicht. Wenn die Werke des Menschen nicht von der Gnade Gottes geleitet werden, haben sie keinen übernatürlichen Wert, sind sie schal vor Gott. Die zur Seligkeit so notwendige Gnade Gottes erhalten wir aber vornehmlich durch das Gebet. Das Gebet ist der Schlüssel zu allen Schätzen der göttlichen Barmherzigkeit. Bittet, und es wird euch gegeben werden . . denn, wer bittet, der empfängt. (K-tttb. 7, 7.8). 171 -Z- Darum, wenn die Morgenglocke ertönt, bete, mein lieber Christ, und denke an die Worte des hl. Paulus: DieSkunde ist da, um vomSchlafe aufzustehen., die Nacht ist vorüber,der Taghatsich genähert. Laßt uns denn ablegen die Werke der Fin¬ sternis und anziehen dieWaffendesLichtes! (Kom. 13,11. 12). Das erste beim Erwachen, o Christ, sei das Gebet ; denn vor dem Tagesgeschäfte muß man Gott um Gnade und Beistand anflehen nach dem weisen Spruche: Mik Gott fang' an, mit Gott hör' auf, das ist der schönste Lebenslauf. — Zn der Mittagszeit ist die Kälfte des Tagesgeschäftes vorüber und die andere Kälfte beginnt. Das ist ein Moment zur Erhebung des Kerzens himmelwärts, von wannen aller Segen und alle Kilfe kommen. Darum läutet die Mittagsglocke und er¬ innert dich an deinen lieben Gott. — Zuletzt erschallt die Abendglocke und mahnt dich, daß wie dein erster so auch dein letzter Gedanke Gott dein Schöpfer sei. Nach vollen¬ detem Tageswerke sollen wir unserem Kerrn danken für den Beistand und sollen ihn bitten um eine glückliche Nacht, damit es nicht etwa heiße: Noch diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern. (Ime. 12,20). — Wenn Ihr also, meine Lieben, die Gebetglocke höret, verhärtet Eure Kerzen nicht! Überdies mahnt uns die Glocke, für den kranken Mitbruder und für die kranke Mitschwester zu beten; dies ist die Versehglocke, welche anzeigt, daß der gött¬ liche Keiland den Kranken besucht. O, wenn wir deren Ruf hören, beten wir für das Seelenheil des Kranken; oder wenn wir gar dem göttlichen Arzte auf der Gasse begegnen, grüßen wir ihn ehrfurchtsvoll und bitten ihn 1-2 um Keilung und Keiligung des Leidenden. — Noch weit eindringlicher ladet uns die Glocke zum Gebete ein, so sie das Kinscheiden des lieben Mitbruders meldet. .Vlortuns planM. Wohl mit Recht mahnt uns die Sterbglocke für den abgestorbenen Mitbruder zu beten, weil ja mit dem Tode nicht alles aus ist. Die Seele lebt weiter; und auch der Leib wird auferstehen. Es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern ruhen, die Stimme des Sohnes Gottes hören und her¬ vorgehen werden, die Gutes getan, zur Auf¬ erstehung des Lebens, und die Böses getan, zur Auferstehung des Gerichtes. (Ioan. 5, 28. 29). Wenn noch zu allerletzt am Abende nach altehr¬ würdigem, schon von der Salzburger Synode im Jahre 1616 hierorts angeordnetem Gebrauche die Armenseelen- Glocke geläutet wird, so gedenken wir im Gebete der im Fegefeuer leidenden Seelen. Wenn wir für die Verstorbenen eifrig sürbitten und wenn wir selbst für ein glückliches Sterben leben, sodann wird unser Grabgeläute sicherlich ein Freuden- und Friedens-Geläute werden. Darum, wenn Ihr heute meine Stimme höret, verhärtet Eure Kerzen nicht! Endlich erinnert uns der Kirchenglocken Klang an den trostvollen Glaubensartikel: Gemeinschaft der Kei ligen. Jede Glocke erhält nämlich bei ihrer Weihe den Namen eines Keiligen. Papst.Johannes Xlll., welcher im Jahre 968 einer für die Laterankirche bestimmten Glocke seinen Namen Johannes gab, ist der Urheber dieses löblichen Brauches. Die Person, welche bei der Salbung die Kand auf die Glocke legt und den Namen des Kei- ligen für die Glocke dem Bischöfe mitteilt, heißt Glocken- -z- 173 pate oder Glockenpatin, wie denn im Volksmunde die Seg¬ nung der Glocken gewöhnlich Glockentaufe genannt wird. Taufe im eigentlichen Sinne des Wortes ist freilich diese Weihehandlung nicht, weil das hl. Taufsakrament nur lebenden, vernünftigen Wesen, den Menschen, erteilt wird. Aber weil die Glocke innen und außen mit geweihtem Wasser besprengt, gleichsam gewaschen, dann mit heiligem Ole und heiligem Chrisam gesalbt wird, und weil sie den Namen eines Keiligen erhält und einen sogenannten Paten hat, wird diese Zeremonie auch Taufe genannt, die aber nur ein Sakramentale ist, wodurch die Glocke von pro¬ fanen Dingen abgesondert und dem hl. Dienste gewidmet wird und die Kraft erhält, den Gläubigen den Segen zu spenden, welcher an sie durch die Weihegebete geknüpft worden und der sich durch ihre Anwendung mitteilt. Die heilsame Wirkung liegt keineswegs in der Glocke an und für sich, sondern vielmehr in den von der Kirche bei deren Einweihung und Einsegnung verrichteten Gebeten. Wenn sonach z. B. die Gewitterglocke ertönt, so geschieht dies, um die Gläubigen zum Gebete aufzufordern und um durch die kirchlichen Gebete die schädlichen Folgen des Gewitters abzuwenden, bestem tugo. ?ulguia kr-mgo. Es wieder¬ holt sich gleichsam der Kilferuf der hl. Apostel, die in ihrer Bedrängnis mitten im großen Meeressturme riefen: Kerr, rette uns, wir gehen zugrunde! (.^lattb. 8, 25). Die nun heute von mir geweihten und gesalbten Glocken erhielten besonders schöne heilige Namen. Die große Glocke heißt Mutter der Barmherzigkeit, trägt also den süßen Namen Mariä, der Patronin der neuen Pfarrkirche. Die zweite Glocke führt den Namen des heiligen Joseph, welcher als Schuhherr der hl. 174 -4- Kirche, des christlichen Arbeitersiandes und als Sterbpatron allenthalben angerufen wird, und zudem noch den Namen des heiligen Franziskus von Assisi, der als Gründer und Daker des Franziskaner-, Klarissinnen- und des dritten Ordens verehrt wird. Die dritte Glocke em¬ pfing den Namen des hl. Antonius von Padua, des liebenswürdigen Keiligen mit dem Iesukinde, des geliebten Keiligen der Völker. Die vierte hat den Namen von der hl. Jungfrau und Märtyrin Filu m e n a, der Kelferin aller Notleidenden. Und die kleinste Glocke, eine Votiv¬ glocke, führt den Namen Vierzehn Nothelfer, welche besonders machtvolle Fürbitter der Christen in schweren Anliegen und Nöten sind, und deren Schutz und Kilfe die Anschaffung des schönen Geläutes von der Kirchen- vorstehung besonders anempfohlen wurdet ' Der diesbeziehentliche Aufruf lautete: „Der Bau der neuen Marienkirche in Marburg geht rüstig vorwärts und ist das gottge¬ fällige Werk vom fichtlichen Segen Gottes begleitet. Vieles ist bereits geschehen — jedoch vieles bleibt noch zu tun übrig. Vor allem flehen die herrlichen Türme leer da und warten noch auf ein schönes, der glorreichen Gottesmutter würdiges Glockengeläute ! Gewohnt, auf übernatürliche Mittel unser größtes Vertrauen zu fetzen, suchen wir auch für dieses gottgefällige Werk — für die Anschaffung des Glocken¬ geläutes — unseren Schutz und unsere Kilse bei den lieben Keiligen Gottes. Wie heißen nun diese lieben Keiligen und Freunde Gottes? Köre nun, liebes Marienkind: Weil es im Menschenleben vielfache Leiden, Schmerzen, Be¬ drängnisse und Gefahren des Leibes und der Seele gibt, so haben die Christen in einzelnen Anliegen bei diesem oder jenem Keiligen auf ihre Bitten besondere und auffallende Kilfe gefunden und wandten sich darum immer wieder an denfelben Fürbitter und Patron. Und so hat nach und nach das Vertrauen der Christen eine Anzahl von Keiligen besonders auserwählt, dieselben allmählich zu einer Gesell- -z- 175 Vielgeliebte im Kerni! Alle die genannten heiligen werden Euch durch den metallnen Mund, durch die eherne Zunge der fünf gottgeweihten Glocken zum tugendhaften, echt christlichen Lebenswandel rufen und mahnen! Darum, wenn Ihr deren Stimme höret, verhärtet Eure Kerzen nicht! Im Kerrn andächtig Versammelte! Noch schlummert die Macht der Töne; aber nach¬ dem die Glocken die kirchliche Weihe erhalten und dadurch schäft vereinigt und ihnen in besonderer Weise den Ehrennamen Not- Helfer d. i. Kelser in schweren Anliegen des Leibes und der Seele beigelegt. Die Namen dieser l4 auserwählten Nothelser sind folgende: Kl. Blasius, Georg, Erasmus, Vitus, Achatius, Margaretha, Christo¬ phorus, Pantaleon, Cyriakus, Aegidius, Eustachius. Dionysius, Katha¬ rina, Barbara. Sie stellen gleichsam eine heilige Nothelfergesellschast dar. Zu diesen heiligen Nothelsern trägt heute noch das gläubige Volk hohes Vertrauen, rüst dieselben wegen ihrer hohen Tugenden, ihres standhaften Glaubens, ihrer starken Liebe zu Jesus, für welchen sie schreckliche Markern erduldet haben, in schweren Anliegen des Leibes und der Seele an. Zu diesen hl. 14 Nothelsern haben auch wir uns gewendet und sie demütig gebeten, sie mögen uns recht viele, edle Wohltäter erwecken, damit die Schulden sür die Anschaffung der neuen Glocken getilgt werden und dieselben zum Preise des Allerhöchsten und seiner hei¬ ligsten Mutter in kurzer Zeit ertönen können! Euch aber, liebe Marienkinder, bitten wir, vereiniget euch mit unseren Gebeten und Fürbitten, empfehlet unser gottgefälliges Werk der mächtigen Fürbitte der hl. 14Nothelfer und gewiß- diese hl.Fürsten des Kimmels werden mit uns Erbarmen haben und unsere demütigen Gebete erhören! Franziskanerkloster in Marburg, am >1. August d. i. am Feste der hl. Jungfrau-Märtyrin Filumena 1895. ?, Kallistus Keric, Guardian. 176 ihnen gleichsam der Mund geöffnet worden, wird sich die Flut der Töne weithin durch die Lüfte ergießen, wird ihr Wohlklang, wird ihr Auf zuerst erschallen am 27. Oktober l. I. als am vierten Jahrestage des Aufrufes der Pfarr- vorstehung an die Bewohner Marburgs zur Erbauung einer neuen Pfarrkirche und, wie es der hochwllrdige Guardian und Vorstadt-Pfarrverweser so gut meint, zur Erinnerung an den sechsten Jahrestag meiner am 27. Oktober 1889 im Salzburger-Dome erfolgten Konsekra¬ tion zum Bischöfe von Lavant. r Der oberwähnte Aufruf lautet: An die Bewohner Marburgs! Wie bereits bekannt, soll im nächsten Jahre mit dem Baue der Marienkirche in der Grazervorstadt begonnen werden. Die Not¬ wendigkeit eines Neubaues wegen des Mißverhältnisses zwischen der Seelenzahl der Vorstadtpsarre und dem Fassungsraume der Kirche wurde schon vor 40 Jahren behördlich anerkannt und der Bau be¬ willigt — jedoch leider nicht ausgeführi. Seitdem ist dieses Mißver¬ hältnis zwischen der Seelenzahl und dem Fassungsraume der Kirche noch größer geworden — größer vielleicht, als in irgend einer andern Stadt Steiermarks. Dazu kam noch der höchst ungünstige Umstand, daß die Kirche bedeutende Baugebrechen aufweist, was Heuer eben¬ falls behördlich anerkannt und konstatiert wurde. Diese Mißver¬ hältnisse sind in der Tat arg, ärger als wir uns oorgestellt, ja auch nur für möglich gehalten hätten; das Bedürfnis einer neuen Kirche in der Grazervorstadt ist augenscheinlich, schleunige Abhilfe zu treffen und zu fördern ist unabweisliche Pflicht. Bewohner Marburgs! Ihr fühlet unseren Kummer, Ihr kennt das unabweisliche Bedürfnis so gut wie wir. Das kann, das darf nicht so bleiben. Wir wären keine würdigen Seelenhirten der Vor¬ stadtpsarre Kl. Maria, Mutter der Barmherzigkeit, keine treuen Diener Mariens, wenn wir nicht auf Abhilfe dächten. Schon seit mehreren Jahren haben wir diese unsere heilige Pflicht uns vorgehalten und uns ost mit dem Gedanken des Kirchenbaues beschäftigt; hervor¬ ragende Persönlichkeiten, die viel über unseren Verstand und unseren -k- 177 -r- Mögen denn die neugeweihten Glocken lange, lange klingen und tönen Gott zum Preise, Maria zum Lobe, den Heiligen zur Verehrung, den Wohltätern, Stiftern und Paten zum Danke, den Bewohnern Warburgs zur Freude und zum Jubel, kommenden Generationen zur Erbauung und Aufmunterung! Mögen sie künftigen Geschlechtern kundtun, daß im letzten Dezennium des neunzehnten Jahrhunderts in der schönen Draustadt Ehristusgläubige wohnten, welche die Zierde des Gotteshauses liebten und vor keinem Opfer zurückbebten, wo es sich um die würdige Feier des Gottesdienstes handelte. Ja, hätten die Glocken menschliche Zungen, sie wollten heute sprechen. Sie würden zuerst zum Himmel sich er¬ heben und rufen: Vs Osum lauäamus! Und hierauf Willen vermögen, haben uns in dieser Idee bestärkt und uns zu diesem großen Werke aufgemuntert. Nach vielseitiger lleberlegung haben wir im Vertrauen auf Gott und das Kaiserwort Viribu8 unirisemen Bau¬ verein gebildet und alle Bewohner Marburgs am 25. August l. I. zu recht zahlreicher Beteiligung an diesem Vereine freundlichst eingeladen. Wir hofften schon deshalb keine Fehlbitte zu tun, weil die Ansprüche des Bauoereines sehr bescheiden sind — es genügt ein monatlicher Beitrag von wenigstens fünf Kreuzern — und deshalb trotz des Dranges der Zeiten der einzelne leicht dem großen Zwecke dienen kann. Durch einheitliches und planmäßiges Vorgehen, durch Einmütigkeit und Sammeln aller Kräfte — kurz durch Erfüllung des Kaiserwortes muß ja das Kleine groß werden, zumal im opferwilligen und für alles Gute und Schöne stets begeisterten Marburg, einer Stadt mit nahezu 20,000 Einwohnern! Wir erneuern deshalb die dringende Bitte, diesem Vereine beizutreten und ihn nach Vermögen mit Beiträgen zu unterstützen. Doch reichen die Beiträge der opferwilligen Vereinsmitglieder, wenn sich deren Zahl auch bedeutend vermehren sollte, nicht aus, und so sind wir an die Mithilfe edler Menschenfreunde um so mehr ange¬ wiesen, als wir ohnedies keinen wirklichen Baufonds besitzen. t2 -r- 178 würden sie auf die Erde zu den Menschen sich neigen und rufen: voo gratias! Ja, Danksei jedem Almosen¬ geber, dessen Spende die Anschaffung des majestätischen Geläutes, dessen Kosten sich beiläufig auf achtzehntausend Gulden belaufen, ermöglichte. So oft die Glocken erklingen, dringe ihr Ton zum Throne des Allerhöchsten, um Gnade und Segen für die edlen Wohltäter flehend. Dank sei aber auch dem tüchtigen Meister, der das gediegene Werk geschaffen, welches ihn noch in späten Zeiten loben und verherrlichen wird. Dank sei überhaupt allen, welche das heutige unvergeßliche, so imposante Fest wie immer erhöht und verherrlicht haben. Nach Beendigung der Feier wollen wir alle in den Lobgesang der Glocken einstimmen: De Deshalb wenden wir uns hiemit an die sür die Ehre Gottes und die Verschönerung ihrer Stadt stets opferwilligen Bewohner Marburgs, wie auch an alle sonstigen Wohltäter und Gönner unserer Vorstadtpsarrkirche Kl. Maria, Mutter der Barmherzigkeit, von nah und fern, insbesondere in der Lavanter Diözese, mit der höflichsten Bitte, durch recht zahlreiche Beiträge mithelsen und ermöglichen zu wollen, datz der Bau im nächsten Jahre in Angriff genommen werde. Wem das Wohl und Wehe Marburgs am Kerzen liegt, kann sich, abgesehen vom religiösen Standpunkte, unserer Bitte nicht verschließen. Das Leben, welches mit einem Kirchenbaue an einen Ort kommt, stirbt ja nicht, sondern es verbreitet sich stets verjüngt in immer weitere Kreise. Wer also will, datz Marburg wachse und blühe, der sorge dafür, datz Mittelpunkte geistigen und kulturellen Lebens — wozu auch schöne Kirchen gehören — nicht ersterben, sondern neu erstehen. Das Blut, welches dem Kerzen zugeführt wird, ergießt sich aus dem¬ selben nährend und belebend in die Glieder, und das Kapital von geistiger und materieller Unterstützung, welches einem Kirchenbaue ge¬ widmet wird, trägt auch schon für das irdische Leben reichliche Zinsen. Kirchenbauten bringen ja in alle Gebiete des Lebens, des geistlichen und des geistigen, des bürgerlichen und industriellen, neue Bedürfnisse, Vichtungen und Triebkräfte! -r- 179 veumlauäumus! Großer Gott, wir loben dich! Kerr, wir preisen deine Stärke! Als Nachklang zu dieser meiner Ansprache bringe ich noch eine Bitte und einen Wunsch vor. Inmitten der Vornahme der so erfreulichen Glockenweihe kam mir ein gar ernster Gedanke in den Sinn. Ich habe nämlich heute Glocken geweiht zu meinem eigenen Grabgeläute. Denn früher oder später werden die Glocken dieser Pfarr¬ kirche, sowie der übrigen Kirchen der Diözese, meinen Tod verkündigen; melden werden sie meine Abberufung aus diesem Leben und meine Berufung zum Richterstuhle Gottes. Da uns unsere Ordensvorschriften die persönliche Annahme des Geldes verbieten, so werden alle unsere Gönner und Wohltäter höflichst gebeten, die Geldbeträge an das hiesige Franziskanerkloster beziehungsweise Vorstadtpfarramt Kl. Maria abgeben zu wollen. Wir werden nebenbei auch einzelne Käufer und Familien inner- und außer¬ halb Marburgs besuchen und persönlich unsere Bitte vortragen — jedoch selbstredend die Geldbeträge nicht annehmen, sondern inständig bitten, dieselben nachsenden zu wollen. Was die Veröffentlichung der Geldbeträge in den hierorts erscheinenden Wochenblättern anbelangt, so wird diesbezüglich dem Wunsche jedes einzelnen Spenders Rechnung getragen. Wir berühren auf diesem Bittgänge die zarteste und heiligste Saite in der Tiefe eines jeden menschlichen Kerzens — die heilige Religion, und erwarten demnach von jedermann ein freundliches Entgegenkommen. Ein entgegengesetztes Betragen würde uns zwar nicht entmutigen, jedoch uns den Bittgang erschweren. Wir wollen nun frisch ans Werk mit Gott und mit vereinten Kräften! Es gilt die Ehre des Allerhöchsten und seiner heiligsten Mutter, es gilt die Zukunft der Gesellschaft, es gilt das Wachstum und die Blüte unseres schönen, heißgeliebten Marburg! Marburg, am 27. Oktober, d. i. am Jahrestage der Konse¬ kration unseres hochwiirdigsten Oberhirten, I89l. ?. Kallistus Keric w. x., Vorstadtpsarrer. 12* Die Fassade mi! dem Glockenturme der alten orientierten Pfarrkirche und die neue okzidentierte Marienkirche. 181 -K- Dann, aber auch schon jetzt, betet, meine viellieben Diözesanen, für meine arme Seele, daß ihr Jesus Christus gnädig und barmherzig sei bei der furchtbaren Rechen¬ schaft, die ich für Euch und für mich werde zu bestehen haben. Bestehe ich sie gut, dann werde ich für alle bei Gott fürbitten und fllrsprechen. Der Wunsch geht aber dahin, daß die ganze mir anvertraute Seelenherde am großen Tage, wo die Po¬ saunen des Weltgerichtes erschallen, die Gräber in ihren Tiefen erschüttern und die Toten zur Auferstehung erwecken werden, in Gesellschaft Mariä, der Mutter der Barm¬ herzigkeit, und in Gemeinschaft der Heiligen erscheine und mit diesen in das Paradies einziehe, um daselbst den himmlischen Sphärenklängen zu lauschen und mitzujubeln: Ehre und Herrlichkeit, Weisheit und Dank, Lob und Macht und Stärke sei unserm Gott in Ewigkeit der Ewigkeiten! Amen. (.^poe. 7- IP. Ausschmückung der neuen Pfarrkirche durch die Bemalung und Pflasterung. UHMe Bauarbeiten vom Jahre 1896 an galten der UW würdigen Ausstattung der neuaufgebauten Ma¬ rienkirche. Die Malereien wurden vom Kerrn Josef Kokt, k. k. österreichischen und königl. rumänischen Kofdekorations- maler, besorgt. Dem Baue entsprechend ist die Malerei im Stile des eilften bis zum zwölften Jahrhunderte ge¬ halten. Der Kerr Dekorationsmaler lernte auf seinen Reisen, wie er in einem Briefe an ?. Guardian hervor¬ hebt, Reste der Malerei aus dieser Zeit teils in Italien, teils in Deutschland und in Frankreich kennen. So studierte er unter anderem die Malerei in der sogenannten Unter¬ kirche in Assisi, in St. Gereon in Köln, im Mainzer Dome, im Presbyterium des Straßburger Domes, in der Wart¬ burg bei Eisenach. Auch in dem Werke „Ua Usintuie äe- ooraUvs en Kranes xnr ?. Oeles-Oeäot" fand er in¬ teressante Details aus französischen Kirchen dieser Zeit. Die Arbeit wurde in Tempera gemacht. Auf den neuen, nicht getünchten Verputz wurde die Zeichnung mittelst Kohlenstaub gepaust. Darauf wurden die Konturen mit dunkler Farbe nachgezeichnet. Nachdem sie trocken geworden waren, wurde die Fläche solange mit Wasser befeuchtet, als sie Flüssigkeit aufnahm. Nachher wurde sie -z- 183 -z- mit einem ganz dünnen Mörtel pazocht oder grundiert, so daß die Konturen noch durchschauten. Wenn nun dieses trocken geworden war, wurde der zu bemalende Teil mit Tempera überzogen und sodann gemalt. Tempera ist ein Gemisch aus Eierdotter, Essig und Leinöl. Die Farben werden mit der Tempera angemacht, nur dürfen sie keine chemischen (Pflanzen-), sondern nur Mneral (Erd- oder Kalk)-Farben sein. Als Mischfarbe darf für lichte Farben und als Weiß nur Kalk genommen werden. Kofmaler Josef Kott, ein gebürtiger Mährer, hält es für erwiesen, daß sich derartige Temperamalereien besser halten als Fresko. Auf dem Campo Santo in Pisa sind großartige Malereien aus verschiedenen Zeitaltern, die meisten aus dem 14. und 15. Jahrhunderte, teils in Fresko teils in Tempera ausgeführt. Und da sind die Tem¬ peramalereien aus dem 15. Jahrhunderte besser erhalten, als die Freskomalereien nebenan aus späterer Zeit. Die figuralen Darstellungen sind nach der Angabe des hochw. ?. Guardian Kallistus Keric angeordnet. Die Skizzen zu den zwei größeren Bildern „Die Ver¬ leihung des Portiunkula-Ablasses" und die „Stigmatisation des hl. Vaters Franziskus" wurden vom Kerrn Professor AafaelGrünnes, einem Wiener, gemacht. Im großen an Ort und Stelle wurden diese Bilder vom Kerrn Franz Pruzsinszky von Pruzsina, einem Un¬ garn aus Sdenburg, ausgeführt. Alle anderen Bilder und Figuren wurden vom vorgenannten Kerrn Pruzsinszky von Pruzsina entworfen und ausgeführt. Desgleichen wurden die Ornamente von ihm gezeichnet und die Musterproben angesetzt und diese dann nach Genehmigung derselben unter dessen 184 -L- Aufsichtvon tüchtigen, dazu geschulten Malergehilfen aus- geftthrt. Alle Skizzen und teilweise auch die Detailzeich¬ nungen und Kartons wurden in Wien im Atelier des Meisters Kerrn Josef Kott fertiggestellt. Bei dieser Arbeit und auch als Beihilfe des Kerrn Franz von Pruzsinszky waren Schüler aus der Kunstgewerbe¬ schule tätig. Bei den Maler- und Vergoldungsarbeiten halfen aus: Keinrich Morelly aus Polen, Stefan G r e s ch e kaus Troppau, IosefIosef, Franz Milotta, Emil Neumann, AloisStetina, Anton Friedel, Franz Mazenauer und Franz Raster. Die Tempera-Malerei, sorgfältig ausgeführt auf den grauen Bewurf mit guten Kalkfarben und echter Ver¬ goldung (durchaus echtes Dukatengold), ist befriedigend ausgefallen. Was den Einwurf der Überfüllung anlangt, so kann bemerkt werden, daß zum romanischen Stile eine reiche Malerei gehöre, und daß man auch der Bevöl¬ kerung Rechnung tragen wollte, welche für den Kirchenbau gern Opfer gebracht hat und die neue Kirche wahrhaftig liebt. Der in unseren Gotteshäusern selten anzutreffende Regenbogen, oder wenigstens seine Farbengebung, ist in alten Kirchen häufig vorzufinden. Die Kosten für die Ausmalung der Kirche, der Sakristei, der Oratorien, der Säulenhalle, des Kreuzganges neben der Kalle und neben der Sakristei, alles von denselben Malern gemalt und zu gleicher Zeit fertiggestellt, betragen 40.000 Kronen. Kinsichtlich der die neue Pfarrkirche zierenden Glas- »md Wandmalerei sei folgendes angemerkt. Im mittleren Glasfenster des Priesterchores prangt das Bild¬ nis der.allerheiligsten Dreifaltigkeit und glänzt grüßend in die Kirche herein und herunter. Im ersten Fenster auf -r- 185 -r- der Evangelienseite befindet sich oberhalb das Bildnis des hl. Bonaventura, und unterhalb zeigt der seraphische Kirchenlehrer dem ihn besuchenden hl. Thomas von Aquin seine Bibliothek, das Kruzifix. Das zweite rechte obere Glasfensterbildnis stellt die hl. Elisabeth dar, und das untere veranschaulicht, wie die vielgeprüfte Landgräfin mit vier Kindern die Wartburg verläßt. Auf der Epistelseite strahlt auf dem oberen Felde des ersten Glasfensters das Bildnis des hl. Bernardin und auf dem unteren glänzt die Darstellung, wie der hl. Bernardin als Zuhörer bei den Predigten des hl. Vinzenz Ferrerius sich einfindet. Auf dem zweiten linken Fenster sieht man oberhalb das Bild des hl. Ludwig IX., Königs von Frankreich (1226 —1270), und unterhalb ist der selige Tod dieses gefeierten Herrschers dargestellt. Bei der Anschaffung der bemalten Glasfenster ist auf die Raum- und auf die Lichtverhältnisse Rücksicht genommen worden. Das hier verwendete Glas ist starkes, gegossenes Kathedralglas, mehr durchscheinend als durch¬ sichtig, ohne matt zu sein, und auf der einen Seite rauh und uneben. Durch diese rauhe Seite wird es vor dem Durchbrechen der Sonnenstrahlen geschützt und ist lebendig und in der Farbe brillant. Nur die Fenster des Presby¬ teriums sind mit Glasgemälden, die oft nachdunkeln, ver¬ sehen, während die Fenster der Schiffräume licht und hell gehalten sind, um die Dunkelheit, die durch den Anbau des Klosters an das südliche Seitenschiff zumeist verursacht wird, zu vermindern. Diese gemalten Fenster sind für die Kirche ein sehr schöner und erhebender Schmuck; sie sind gleichsam das seelenvolle Auge des Gotteshauses. Sie stimmen mit dem r86 Ganzen recht gut. Die Darstellungen, seien es Figuren seien es Teppichformen, tragen den Charakter eines auf¬ gehängten, flach gestickten Vorhanges. Alles ist streng dekorativ behandelt. In der christlichen Symbolik wird das Glas als Gleichnisbild auf die allerseligste Jungfrau Maria bezogen. Und diese Pfarrkirche ist eben der jungfräulichen Gottesmutter geweiht. — Die farbigen Glasfensker, zumal jene im Priesterchore, stellen den Gläubigen durch ihre Farbenpracht die Herrlichkeit des himmlischen Jerusalem vor Augen. Das äußere, in die Kirche fallende Licht geht durch die Glasmalereien hindurch und empfängt vermittelst der heiligen Gegenstände, welche sie enthalten, erst die Weihe. Dort ober dem Haupteingange nimmt das größte Fen¬ ster, die Rosette, das Licht von Osten in reicher Fülle auf und läßt es durch die heiligen Hallen geheimnisvoll fluten. Und das herrliche Mittelfenster über dem Allerheiligsten sendet das Licht der untergehenden Sonne wie zum Abschiede und Abendgruße noch der Gnadenskätte der Königin des Welt¬ alls zu. Das Helle Sonnenlicht leuchtet nicht, wie es in die Bürgerhäuser zur irdischen Arbeit hineinscheint, so auch iu die Kirche. Nein! Durch das weihe Fensterglas würden wir in der Kirche noch die weltlichen Gebäude und alle die irdischen Dinge draußen sehen und durch deren Anblick in der heiligen Andacht gestört werden. Die Fensterscheiben sind mit Farben überzogen und mit heiligen Gestalten überdeckt, damit unser Geist die Außendinge vergesse und sich ungestört und unzerstreut in die Betrachtung des Überirdischen, des Heiligen und Himmlischen versenke? - In alter Zeit wurden die Fenster durch Kaute, dann durch in Ol getränktes Papier verschlossen, Man überzog sie auch mit durch- -z- 187 Ober dem Tabernakel am Plafond des Presbyte¬ riums umgeben das hehre Kaupt Christi mit Kreuznim¬ bus auf farbigem Grunde, von dem aus rote Feuerflammen strahlen, die sieben mächtigen, auserwählten Engel, die immer vor dem Throne Gottes stehen: Michael, Wer- wiegott, der Schutzengel der Kirche; Gabriel, Bote Gottes, der Engel der Menschwerdung und der Beschützer Mariens; Raphael, Arzt Gottes, der Führer der Irrenden, das Licht der Blinden, die Arznei der Kranken. Kier sind auch jene vier Engel, deren Namen, wie auf einem unter Papst Zacharias (741—752) zu Rom abgehaltenen Konzil bemerkt worden war, von der Kirche nicht öffentlich anerkannt wurden, die aber nach gewissen Traditionen und besonderen Offenbarungen heißen: Uriel, Feuer Gottes, welcher im dritten und vierten Buche Esdras erwähnt und von der christlichen scheinenden Komplotten, mit dünngesägten Marmorplatten oder auch mit Teppichen. Deshalb wird heute noch den Kirchensenstern gern ein Teppichmuster gegeben oder auch ein geometrisches Gittermuster, weil die Fenster auch mit seindurchbrochenen Steingittern verwahrt wurden. Für Kirchen wurde zumeist ein etwas grünliches Glas verwendet, weil dieses den Lichtstrahl angenehmer bricht, als helldurchsichtiges Glas. Wie die übrigen Zünfte, so hatten auch die Glaser ihre hei¬ ligen Schutzpatrone. Im Mittelalter verehrten sie zugleich mit den Malern den heiligen Evangelisten Lukas als ihren Beschützer. Auch der sel. Jakobus Alemannus und der hl. Serapion werden als Pa¬ trone der Glaser genannt. In Frankreich war der hl. Evangelist Markus der Schutzherr der Glasarbeiter, weil in Venedig, dessen Schutz¬ heiliger der Evangelist Markus war, die Glasindustrie zur hohen Vollendung kam und sich von dort mit ihrem Patrone in andere Länder verbreitete. Das Wappen der Glaser ist ein gotisches Fenster oder ihr Kandwerkzeug im silbernen Felde. (Theologisch-praktische Lluartalschrift. Linz, 1909. I. Keft, S. 2l0, num. XXXIV). 188 Kunst dargestellt wird mit gezogenem Schwerte über der Brust in der rechten und mit Flammen in der linken Kand. Sealtiel, eine Bitte vor dem Kerrn, der Schutzgeist des Gebetesund jener Engel, welcher der Magd Kagar in der Wüste erschien. Diesen bildet die Kunst ab, Gesicht und Augen bescheiden niedergeschlagen und die Künde auf der Brust gefaltet, als ob er ein Büßender wäre. Der sechste Engel heißt J e h u d iel, der von Gott Gepriesene, der Vergelter, welchen Gott vor den Israeliten einhersandte. Er hält eine goldene Krone in der rechten und eine Geißel mit drei schwarzen Stricken in der linken Kand. Bara- chiel endlich, Gott segnet, soll der Engel sein, der mit Abraham sprach und Sara tadelte, als sie lachte. Auf dem Gemälde ist der Schoß seines Mantels mit weißen Rosen gefüllt? Jedem von den sieben Engeln, die vor dem Throne Gottes stehen, soll eines von den sieben Sakramenten insbesondere zur Obhut anvertraut sein, weßhalb denn auch ihre Bildnisse ober dem Tabernakel im Priester¬ chore recht passend angebracht sind. Die Eucharistie ist dem hl. Michael zugeteilt, die T aufe dem hl. Gabriel, die Firmung dem hl. Uriel, die Buße dem hl. Iehudiel, die letzte Ölung dem hl. Raphael, die Priesterweihe dem hl. Sealtiel und die Ehe dem hl. Barachiel. ^Vergleiche P. Friderick William Faber, Das heilige Altar- sakrament oder die Werke und Wege Gottes. Deutsch bearbeitet von Karl B. Reichling. Regensburg, 18S7. S. 500 und 557. — Anstatt der vier apokryphischen Engel hätte man Szenen der hei¬ ligen Schrift, wo von Engeln (z. B. vom Engel des Kerrn, von den neun Chören der Engel) die Rede ist, verwenden können. (Bergt, das Fastenhirtenschreiben vom 16. Jänner 1898 über die Engel). -z - 189 Wie nach dem oben Gesagten der Bilderschmuck der Glasfenster im Priesterchore größtenteils dem Orden des hl. Franziskus gewidmet ist, so gilt vornehmlich ihm auch jener des durch Gurten in zwei Felder geteilten Tonnen¬ gewölbes des Presbyteriums. Im ersten Felde sind dar¬ gestellt rechts oder auf der Evangelienseite die hl. Klara und die hl. Büßerin Margarita von Kortona, links oder auf der Epistelseite der hl. Johannes Kapistran und der hl. Leonardus von Porto Maurizio. Im größeren zweiten Felde kamen zwei wichtige Momente aus dem Leben des hl. Patriarchen Franziskus zur Darstellung, nämlich rechts die Gewährung des Portiunkula-Ablasses, links die Stigmatisation. Zwischen diesen zwei Gemälden ist passend das Ordenswappen der Franziskaner (zwei gekreuzte Arine mit Wundmalen und ein zwischen ihnen sich er¬ hebendes Kreuz; der eine Arm ist nackt — Christushand — und der andere ist mit dem Kabit — Franziskushand — bekleidet) angebracht. Auf dem zweiten Gurt ist in den Rosetten beiderseits, von unken nach oben zu lesen, die Anrufung 8alvo Vc- chna, iVtMcr misericorämc angebracht, während in den Rosetten der beiden anderen Gurte der Namenszug Mariä mit Darstellungen von Blumen wechselt, der sich überdies im herrlichen gemalten Wandteppiche ungezählte Male wiederholt. Auf der flachen Vorderseite des zweiten Gurtes wurde auch noch der Wahlspruch angebracht: Om- nm per iVtariam! Omniu cum iVluria! Omnia in Ilaria! Omnia PIO Vlmcki! Weil das Presbyterium auf den Ton Tiefrot gestimmt ist, Komoren diese Gemälde nicht so ganz zur rechten Geltung. Sie werden wenig beachtet, weil sie nur ein Stück Dekoration bilden. Vielleicht ist überhaupt 190 die Malerei etwas zu dunkel gehalten und absorbiert des¬ halb zu viel Licht. Dazu sind die Fenster selbst für eine altromanische Basilika, wo man noch keine Gebetbücher gebraucht hat, kaum genügend groß. Beides macht die Beleuchtungsverhältnisse minder günstig. Wären z. B. die Fenster des nördlichen Seitenschiffes Lang- und nicht Rundfenster, wäre schon vielleicht viel geholfen. Ober dem am Triumphbogen dargestellten glanz¬ vollen Regenbogen thront, links und rechts von schwe¬ benden Engeln flankiert und den Kalbmond zu ihren Füßen, Maria, auf dem Kauple mit der Kerrscherkrone, in der Linken mit dem auf ihrem linken Knie stehenden Iesukinde und in der Rechten mit dem Zepter. Ihr Thron ist auf einen lichtstarken Regenbogen gesetzt; denn wie dieses Friedenszeichen scheinbar die ganze Welt über¬ spannt, so umfaßt sie, die milde Königin des Weltalls, alle mit ihrer Liebe und Barmherzigkeit, grüßt freundlich die durch das Kauptportal Eintretenden und ladet sie vertraulich ein, hinzueilen zu ihrem Gnadenthrone. Der Kimmelskönigin gegenüber im Kintergrunde des Musikchores erblickt der Beschauer über der Rosette das Ge¬ mälde: Gott Vater (Sabbatsruhe) und oberhalb Jesse, den Vater Davids und Stammvater Mariens. Am Gewölbe und in den Bogenfeldern des Kochschiffes fesseln den Kirchenbesucher die Bildnisse der größten, heiligsten und berühmtesten Ahnen Mariä, nach dem Stammbuche im Evangelium des hl. Matthäus, und zehn ihrer Vorbilder aus der lauretanischen Litanei. In den ersten zwei Seiten¬ feldern, von der Orgelbühne angefangen, die auf sechs Steinsäulen ruht und auf deren Vorderseite die Brustbilder von drei betenden Engeln angebracht sind, befindet sich -z- 191 -4- das Gemälde Abraham mit dem Spruchbaude Vi rgo e lom on s, Gütige Jungfrau, und Isaak mit der An¬ rufung Virgo kiäelis, Getreue Jungfrau; dazwischen sind am Gewölbe angebracht die Sinnbilder: Vas spirituale, Geistliches Gefäß, und 1ax ti bi und ruft ihr zu 8 a ri o ti bi e o t ur k o o a 1 tu > e! Ilm die Mensa 206 geht er siebenmal herum und besprengt sie mitsamt dem Stipes mit dem eigens hiefür mit Salz, Asche und Wein vermengten und geweihten, sogenannten gregorianischen Wasser. In das Sepulkrum der Mensa legt der Bischof die Reliquien der heiligen Märtyrer. Sie wird beständig inzensiert während der Salbung mit dem heiligen Ole und Chrisam. Auf ihr wird über den fünf gesalbten Kreuzen Weihrauch mit den fünf Kreuz-Wachskerzlein verbrannt. Erst nach erfolgter Konsekration wird sie mit Chrisma an den vier Ecken mit dem Unterbau zu einem fixen Altäre verbunden. Solange die Mensa, dieses Zentrum des Altarbaues, mit dem Sepulkrum unverletzt bleibt, geht die Konsekration nicht verloren. Alle übrigen Teile können entfernt oder durch andere ersetzt werden, ohne daß der Altar exekriert oder entweiht wird. Die liturgischen Vorschriften berück¬ sichtigen nur den Altartisch. Die Mensa muß vom Zele¬ branten geküßt, im Kochamte und bei der feierlichen Ves¬ per von allen Seiten inzensiert und beim sonntäglichen ^sxerges mit Weihwasser besprengt werden. Nur für sie ist das Material und zwar Stein vorgeschrieben. Beim tragbaren Altar muß wenigstens der Teil, auf welchen der Kelch zu stehen und die Kostie zu liegen kommen, aus Stein sein. So ist die Mensa die Kaupisache im Altarbau; alle übrigen Teile sollen in ihrem Dienste stehen. Kein Wunder, daß sie von den heiligen Vätern mit hehren Attributen ausgezeichnet wird, wie mensa ctominiea, saera, m^stiea, äivina, regia, eoelsstis. Unser Kochaltar ist ein Tabernakelaltar, wobei das Tabernakel und die Mensa in gebührender Weise zu ihrem Rechte kommen, ohne daß eines das andere in -k- 207 den Schatten stellt. Der Tabernakelbau nimmt nicht eine solche Bedeutung in Anspruch, daß uns die Mensa ihm gegenüber unscheinbar und bedeutungslos vorkäme. Die im Tabernakel aufbewahrte Eucharistie ist die auf dem Altartische gewonnene Opferfrucht. Anderseits ist aber auch das Tabernakel so gestaltet, daß es in allem die wahre und wirkliche Gegenwart Jesu Christi im allerheiligsten Sakramente zur Schau trägt. Das Sakramentshäuschen ist nicht in Form eines Schrankes in die Retable oder in die Predella des Aufsatzes eingebaut. Der Tabernakelbau entwickelt sich in vertikaler Richtung, so daß sich die hori¬ zontale Achse der Mensa mit der vertikalen des Taber¬ nakels durchschneidet und sich auf der Schnittlinie beider Achsen die wichtigste Stelle der Mensa befindet. Zu beiden Seiten des Tabernakels mit dem Sakramentsbaldachin sind die Symbole der vier Evangelisten angebracht und die Statuen von vier, mit dem Opfertische in Berührung stehenden Heiligen — Priester Zacharias mit dem Rauch¬ fasse und Elisabeth, ferner Joachim mit zwei Turteltauben und Anna mit der Buchrolle — ausgestellt. Zuhöchsl des durch die Predella mit der Tischsläche verbundenen Oberbaues befindet sich das Altarblatt oder Altarbild mit dem Giebelkreuze, um welches Titelbild sich nicht etwa der ganze Hochbau gruppiert, so daß es von der Mensa unabhängig wäre, vielmehr ist es organisch an dieselbe angegliedert. Die architektonischen Linien des Altar¬ baues weisen auf die Mensa hin, worauf auch der Blick der Baulinien im Jnnenraum der Kirche lenkt. — Auch der Schmuck zu beiden Seiten der Mensa, wie Blumen, Lichter u. s. w. dienen zur Hervorhebung des Opfertisches. Mit Macht lenkt das zu beiden Seiten bis zum Boden 208 herabwallende schneeweiße Altartuch den Blick auf den Tisch des Herrn. Und die von beiden Seiten gegen das Altarkreuz hinansteigenden Kerzen bilden mit der Horizon- talachse der Mensa ein gleichschenkeliges Dreieck, als dessen tragende und stützende Basis die Mensa erscheint. Im Presbyterium oder im Heiligsten des Heiligtums ist der größte Glanz und die größte Herrlichkeit entfaltet. Recht so! Denn hier ist der Thron Gottes und der Gottes¬ mutter Gnadenstuhl aufgerichtet. Hier am Hochaltäre steigt Christus auf die Wandlungsworte des katholischen Prie¬ sters täglich vom Himmel herab, um sich unter den Gestalten des Weizenbrotes und des Traubenweines seinem himm¬ lischen Vater aufzuopfern, um im Tabernakel stets unter den Menschen zu weilen und seine Erlösungstätigkeit für sie fortzusetzen. Da betet der Menschensohn für uns, heiligt uns und bietet sich allen als Seelenspeise an. Was der göttliche Erlöser einst seinen Jüngern em¬ pfohlen hat: Wenn du betest,so gehe hinindein Kämmerlein, schließe die Tür zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen (Kattb. 6,6), das tut er selbst jetzt in unseren Tabernakeln. Er betet bei Tag, er betet bei Nacht, im Dunkel des Sakramentshäuschens. Einst stieg Jesus, nachdem er den ganzen lieben Tag das Volk unterrichtet hatte, am Abende auf den Berg, ganz allein, und brachte die Nacht im Gebete zu. (Katrb. 14, 23; I^io. 6,12). Das Gleiche tut Jesus Christus noch im allerheiligsten Sakramente des Altares. Wenn er den ganzen Tag das Volk vom Altäre aus gesegnet hat, dann betet er wieder allein in der Einsamkeit, wo kein Anbeter, kein Verehrer an den Stufen des Altares kniet. In der Nachtzeit, wo die Weltkinder ihre Gelage halten und im 209 Dunkel Übeltaten vollbringen, da steigt des menschen¬ freundlichen Keilandes versöhnendes Gebet, steigt des Gottessohnes flehentliche Fürbitte vom Tabernakel zum Himmel empor und zieht Erbarmung, Gnade, Heil und Segen auf die Menschen herab. An der Abschlußwand des südlichen Seitenschiffes wurde der St. Filumeua Altar aufgerichtet. Die Mensaplakte, die runde Stufe uud das Vorderantipendium sind aus Repen-Karftmarmor, das Seitenantipendium und die Leuchterbank aus istriauischem St. Girolamo-, die den Altartisch tragenden vier Säulen aus grünem Gasteiner- und ihre Kapitale und Basen aus weißem Carrara-Marmor, die Füllungsplatten im Antipendium aber aus Veronese rosso mit Goldgravierungen. Die Füllungen rechts und links vom Tabernakel sind lichtgelber Veroneser- und jene im Giebelfelde des Tabernakels Hotolje-Marmor. Der Aufbau des Altares besteht aus gelblichweißem dalmatini¬ schen Brazza-Marmor. Die zwei Säulen neben derHaupt- nische sind aus Hotolje-Marmor (Krain) gemeißelt, aus dem auch die Platte unter der Hauptfigur mit der Inschrift „8nnota b'itumona, Nia pro nobi8!" besteht. Die große Mschenplatte ist von rotem, und die zwei kleinen Nischen¬ platten sind aus lichtgelbem Veroneser Marmor; die große Nischenbogenplatte ist aus rotem ungarischen, und die klei¬ neren Bogenplatken sind aus rotem Engelsberger Marmor hergestellk. Die drei Figuren in den Nischen sind aus fran¬ zösischem Bildhauer-Sandstein (Savonieres) gemeißelt, und das Giebelkreuz besteht aus echt feuervergoldetem Metalle. Als Füll- oder Futterstein wurde immer Aflenzerslein benützt. Der Bau der Mensa und des Aufsatzes beim St. Antonius Altäre, der au der Abschlußwand des 14 -k- 210 nördlichen Seitenschiffes aufgestellt wurde, gleicht dem des St. Filumena Altares. Die große Mschenplatte ist gold¬ gelber Veroneser-, und die zwei kleineren Nischenplatten sind roter Engelsberger-Marmor; die große Nischenbogen- platte ist gleichfalls Engelsberger- und die zwei kleinen Nischenbogenplatten sind blauer Carrara (Bardiglio)- Marmor. Die beiden Füllungsplatten rechts und links vom Tabernakel bestehen aus belgischem Portovenere mit goldgelben Adern. Die Platte unter der Kauptskatue ist dunkelgrüner Verde Polcevere - Marmor und trägt die Aufschrift: 8anaw Antoni, ora pro nobis! Die Altaraufbauten sind mit schweren Eisenprahen und Klammern, sowie mit Traversen unmittelbar an die Mauer befestigt, so daß die verschiedenen Stücke nicht selbst in die Mauer greifen. Durch die ganze Länge der Altarmensen zieht sich eine Traverse. Die Köhe eines jeden Altares mit dem Firstkreuze beträgt 7'15 Meter, die größte Breite aber 3'40 Meter. Die Aufstellung des St- Antonius Altares dauerte vom 17. Juni bis 10. Juli, und jene des St. Filumena Altares vom 11. bis 30. Juli 1907. Was die Kerstellungskosten dieser Seitenaltäre anbe¬ langt, so kostet der Unterbau je 700 Kronen, also zusam¬ men 1400 Kronen, und der Kochbau samt den Statuen je 6360 Kronen, zusammen 12.720 Kronen. Die zwei echt feuervergoldeten Giebel-Metallkreuze kosten 144 Kronen. Die Polychromierung und Vergoldung der sechs Stand¬ bilder, der Ornamente und Gesimse beläuft sich auf je 700 1400 Kronen. Die Rückwand der beiden Altäre wurde im Nischenbogen kobaltblau mit Goldrosetten und unterhalb mit gelber Kasemfarbe bemalt um den Preis von je 65 130 Kronen. Dazu kommen noch beim ersten -z- 211 Altare drei echt feuervergoldete Scheine mik 94 und beim zweiten vier gleicherweise vergoldete Scheine mit 118 Kronen und eine Goldmosaikimitation mit 70 Kronen, mit welcher die gelbe Nischenplatte versehen werden mußte, um die Antonius-Statue mehr zur Wirkung zu bringen. Die im Dezember 1907 aufgestellten Kommuniongitter der beiden Altäre kosten je 1065'90-^2131'80 Kronen. Die Schlosser¬ arbeit lieferte Karl Pirch um je 875 Kronen, den An¬ strich Andreas Dohnalik um je 130 Kronen, die Tischlerarbeit Josef Kolariö um je 48 Kronen, und die Beihilfe bei Aufstellung leistete der Steinmetzmeister Ko- ci a nöiöum je 12'90 Kronen. Die herausnehmbaren Taber¬ nakel von Bronze, innen mit weißer Seide austapeziert, sind mit ihren, reich mit Email und Edelsteinen aus böhmischem Glase besetzten Türchen, sowie die Altarkreuze nach den Zeichnungen des Architekten Jordan (alle Zeichnungen für die zwei Altäre kosten 400 Kronen) vom k. k. Kos- Gold-, Silber- und Bronzearbeiter aus Schwaz in Tirol, Kerrn Jakob Rappel, gearbeitet worden — um den Preis von je 1725 Kronen. Dazu kommen noch in Be¬ tracht die Installation für elektrische Beleuchtung, sowie die Tabernakel- und Wandarmleuchker. Die Gesamtkosten des St.Filumena Mares belaufen sich auf 11.989'97 Kronen und jene des St. Antonius Mares auf 12.143'97 Kronen. Die erst in Marburg sowohl mit einem Schutzmittel ge¬ tränkten und nicht angestrichenen, als auch verglasten Kir¬ chentore und Türen wurden um Weihnachten des Jahres 1899 eingehängt. Sie wurden nach genauen Zeichnungen des k. k. Baurates, Kerrn Richard Jordan, vom Wiener Tischlermeister Binzen zKeffeleund vom Wiener Bau- und Kunstschlosser Karl Novak angefertigt. Der 14" Die vor dem Bahnhofe auf drei Wägen geladenen, verzierten fünf Glocken vor ihrer Überführung zur neuen Pfarrkirche. -z- 213 erstere verdiente dabei 8000 L und der zweite 6000 X, — Sämtliche äußere Türeu sind geradlinig abgeschlossen, obwohl sich über den Portalen Rundbogen wölben. Was die Form der Portale anbelangt, wird zu dem schon an verschiedenen Stellen über die Eingänge Gesagten noch folgendes bemerkt. Das schöne Kauptportal zeigt jeder- seits in der romanischen Abtreppung der Mauer je vier Kalbsäulen auf Sockeln und Basen mit Eckblatt und Blätterkapitälen, sowie reich profilierte und geschmückte Aundstäbe in der Wölbung,- wir sehen da den Rauten- und Sägefries, ein dreifach verschlungenes Flechtband und vertiefte Rosetten. Bei den einfacheren Seiteuportalen mit beiderseits je zwei Kalbsäulen ist links die Abschlußrundung mit Rollenornament und rechtwinkelig gebrochenem Band mit dazwischenliegenden Nägeln geschmückt, rechts aber mit Schuppenmotiv, außen in einfacher Reihung, innen reicher und an einen Palmslamm erinnernd. Die Türen sind aus Eichenholz angefertigt, zweiflügelig und auf jedem Flügel mit je drei horizontalen Bändern aus Schmiedeeisen in romanischer Rankenart bewehrt, während die noch leeren Stellen mit breitköpfigen und regelmäßig verteilten Nägeln geschmückt sind. Ein eisernes Anschlag¬ band unten, sowie senkrechte Bänder in der Berührungs¬ linie der beiden Flügel vervollständigen die einfache, abel- solide Arbeit. Das Kaupttor mißt 3'50 m in der Köhe und 2'00 m in der Breite, die beiden Eingänge unter den Türmen sind je 3'00 m hoch und je 1'60 m breit; die zwei Seitentüren an der Nordseite der Kirche sind je l'75m breit, und mißt die Köhe der Tür zum Presbyterium 2'35 m, der ostwärts gegen den Turin hin befindlichen aber 2'85 m. — Die schon erwähnten Eingangshallen vor dem 214 Zugang zum Presbyterium und unter den beiden Türmen sind gegen den inneren Kirchenraum durch doppelflügelige Glastüren (Windfänge) abgeschlossen; auch diese sind in Brusthöhe mit geschmiedetem romanischen Gitterwerk ge¬ schützt. Beim Kaupttore ist der Windfang oder die Spiel¬ tür in kurzem Abstande von der Eingangstür angebracht, es entfällt also die Eingangshalle, weil dieses Tor über¬ haupt nur selten in Aktion tritt. Die bequemen Gestühls für die Gemeinde sind nach Zeichnungen des vorerwähnten Kerrn Architekten vom Grazer Kunsttischler Kerrn Johann Roß mann geliefert worden. Im Monate Juni 1900 gelangten im Mittelschiffe zwei Reihen von je 21 Kirchenbetbänken zur Aufstellung. Sie stehen auf einem 13 am hohen Podium, welches seit¬ wärts rechts und links mit Drahtgitter überzogene längliche Öffnungen aufweist, wodurch unter den Bänken die Luftzirkulation ermöglicht und so das Morschwerden des Kolzes hintangehalten wird. — Die Bänke sind aus mas¬ sivem stavonischen astreinen Eichenholz, die Kniebretter und das Podium aus Lärchenholz verfertigt, alles in Naturluft getrocknet, gebeizt und mit Firnis eingelassen. Sie sind auf 4 m Länge berechnet, nur die an die Pfeiler ansto¬ ßenden sind entsprechend kürzer. Der Zwischenraum zwi¬ schen der Vorder- und Rückwand einer Bank beträgt 90 am, das 36 em breite Sitzbrett ist in einer Köhe von 50 em angebracht. Die Köhe des 16 em breiten Kand- auflagbrettes mißt 93 em mit einer Neigung von 3^ em, das 35 em breite Kniebrett ist rückwärts 21, vorne 18 em hoch. Letzteres ist rechts und links durch einen Eisenzapfen in die Seitenwände eingelassen, so daß es während der Bodenreinigung leicht und geräuschlos nach aufwärts -L- 215 -r- gedreht werden kann. — Die Schnitzerei der äußeren Lehnenflächen des rückwärtigen Bänkepaares stellt je 7 viereckige Felder und ober diesen je 2 Rosetten, und an den inneren Lehnenflächen je 7 viereckige Felder dar. Viereckige Felder oberhalb mit Rosetten zieren auch in einer der Länge entsprechenden Anzahl die äußeren Wände des vorderen Bankpaares. Bei den dazwischenstehenden Bänken von normaler Länge zeigt die Rückenlehne je 4, bei den kürzeren je 2 viereckige Füllungen. An den der Rückenlehne und dem Sitzbrett entgegengesetzten inneren Bretterwandungen befinden sich übereinander je zwei Rei¬ hen von 4, resp. 2 viereckigen Füllfeldern. Am Kopfe der Lehnenpfosken ist je eine größere, am Eck der die Sitzbank abschließenden Seitenwände je eine kleinere Rosette ein- geschnitzk. — Der Preis einer Bank belief sich auf292 Kronen, aller 42 Gestützte zusammen somit auf 12.264 Kronen. Derselbe Kunsttischler verfertigte auch die provisorische, aus weichem Kotz bestehende, täuschend wie Eichen¬ holz gefladerte und an den Hauptlinien vergoldete Kanzel, die am ersten freistehenden Steinpfeiler des Hauptschiffes auf der Evangelienseite angebracht wurde. Nach Auf¬ stellung der schon in Arbeit sich befindlichen marmornen Kanzel wird die vorsorgliche wegen ihrer gefälligen Form anderswo recht gut verwendet werden können. Genannter Meister wird auch nach Zeichnungen und genauen Detailangaben des Architekten R. Jordan die neuen in Aussicht genommenen 11 Beichtstühle liefern. Dieselben werden je 2'50 m breit, 3'35 m hoch und 1'00 m tief, aus gebeiztem und eingelassenem slavonischen Eichen¬ holz verfertigt und mit massiven Profilen und Schnitzereien versehen sein. Für den unteren Boden wird Lärchen-, für 216 den oberen Boden und für die Rückwand Fichtenholz verwendet werden. Je einer ist samt Verpackung und Aufstellung an Ort und Stelle, jedoch ohne Frachtspesen, auf 1410 bis 1450 Kronen veranschlagt. Am 11. Dezember 1899 wurden die vom Mar¬ burger Steinmetzmeister Karl Kocianeiö aus Marmor gemeißelten freistehenden Weihbronnbecken ausgestellt, nachdem die eingemauerte Weihwasserschale schon früher auf ihren Platz gekommen war. In den Monaten Juni und Juli 1900 wurden die nach den Originalzeichnungen des Kerrn Richard Jor¬ dan von der Direktion der Marburger Gasanstalt be¬ sorgten Gasluster, Kandelaber, Wandarme und hängenden Doppelarme in der Kirche, im Chore, in den Oratorien, in der Sakristei und in ihren Nebenräumen aufgestellt, beziehungsweise eingehängt. Die stehenden (nunmehr wegen der eingeführten elektrischen Beleuchtung hängenden) 10 Kandelaber kosten je 570 Kronen. Alle Gasbeleuchtungs¬ requisiten samt Montierung, Zugehör und Aufstellung kosten zusammen 8755 Kronen. Um diese Zeit wurden in den Oratorien alle in die Kirche führenden Fenster eingesetzt, deren Glasarbeit die Firma Karl Geyling's Erben in Wien um 90810 Kronen und deren eiserne Rahmen der Marburger Schlosser Karl Kerth um 886 Kronen lieferten. — Die Apostelleuchter wurden nach der Zeichnung des Kerrn Architekten vom Gürtler F r a n z K a g er um den Preis von je 48 Kronen aus Messing und feuervergoldet angefertigk. Der Vergolder Andreas Dohnalik renovierte den alten Kreuzweg, das Gnadenbild, die Maria Lourdes Statue und mehrere alte Bilder, die in die neue Kirche anläßlich 217 -x- ihrer feierlichen Konsekration gehängt wurden. — Der Schlossermeister K a rlPirch lieferte die zahlreichen Schutz¬ gitter an den Glastüren in der Kirche und in der Kalle, ferner die Gittertür zur Kanzeltreppe und die Glockenskühle für die zwei Sakristeiglöcklein, alles nach Zeichnungen von Richard Jordan. — Zn der Sakristei wurde der schöne, noch von den Minoriten herstammende, jetzt renovierte und um einen Teil vergrößerte Kasten aufgestellt und die steinerne Lavabo- und Sakrariumvorrichtung angebracht. Am 25. April 1902 wurden im Klosler-Refekkorium neun neue Bilder aufgehängt und zwar die Begegnung zwischen dem hl. Dominikus und hl. Franziskus, der hl. Franziskus mit den Patronen des dritten Ordens St. Ludwig und St. Elisabeth, die hl. Familie, der hl. Pas- chalis von Baylon, der hl. Nikolaus von Gorkum, der hl. Rochus, der hl. Didakus, der hl. Franziskus Sola¬ nus und die hl. Koleka. Dieselben wurden teils nach der „Gloria Franciscana", teils nach der Bilderserie„Seraphischer Ehrenkranz" ' von JosefMaschke, Maler in Reichenau bei Gablonz in Böhmen, mit Ölfarben aus Leinwand um denPreis von je 50 Kronen gemalt. Die gefladerten Rahmen ' Gloria Franciscana. Zehn Blätter mit Darstellungen von Keiligen aus den drei Orden des hl. Franziskus von AM. Photo- typien (10) nach Original-Federzeichnungen des Kistorienmalers K. Commans nebst einem Vorwort von P. Philibert Seeböck O. Fr. M. und den Lebensbeschreibungen der Keiligen von Antonius P- Platkner. Gladbach (Druck und Verlag von Kühlen). — Seraphischer Ehrenkranz. Keilige und Selige aus den drei Orden des hl. Franziskus von Assisi. Zwölf Phototypien nach Zeichnung des Kijtorienmalers Eommans nebst den Lebensbeschreibungen nach P. D. Tuzer und einem Vorwort von P. Philibert Seeböck O. F. M., Gladbach, 1899. (Druck und Verlag von B. Kühlen). 218 ož¬ ariš weichem Kotze besorgte der Tischlermeister und Eis- schränkenerzeuger Andreas Maizen, ihren Anstrich der Anstreicher Martin Sabukoscheg und das Auf¬ ziehen der Vergolder Alois 8Ket. Der in der Mitte der Kirche hängende Luster wurde nach der Zeichnung des mehrgenannten Wiener Architekten teilweise aus dem Materiale des alten Lusters vom Marburger Gürtler Franz Kager um den Preis von 1080 Kronen ausgearbeitet, die von den biederen Landleuten Franz und Katharina Fras und der Schwester des ersteren Maria Fras gezahlt wurden. Seine Enthüllung erfolgte am Feste der unbefleckten Empfängnis, den 8. Dezember 1902. — Am Feste Mariä Verkündigung, den 25. Mürz 1903, kamen zur Anwendung die zwei Luster im Pres¬ byterium, gearbeitet von Franz Kager um den Preis von 800 Kronen, während die zwei Wandarme dazu vom Schlossermeister Pirch hergestellt wurden. Die Kosten beglichen die gewesene Köchin K unig unde Mar ko und die Ableberin im Armenhause Theresia Nerat. Im Juni 1903 wurden zur Verhütung des starken Luft¬ zuges die Schallwände aus Schnürlguhglas mit Kolzumrah- mung beiderseitig vom Orgelchore gegen die Seitenschiffe ein¬ gesetzt, und zugleich wurde das Ziergitter auf der Orgel¬ chorbrüstung gegen das Mittelschiff, nach Plänen des Architekten Richard Jordan, hergeskellt. Die Kolz- rahmen für die Fenster lieferte der Marburger Tischler¬ meister Rupert Eisl um 260 Kronen, während die eisernen Rahmen mit den vier Türchen Karl Pirch um 172 Kronen und das Ziergitter aus Schmiedeeisen um 204 Kronen verfertigte. Die Fassung besorgte der Maler und Anstreicher Martin Sabukoscheg. Festpredigt anläßlich der feierlichen Einweihung der neuen Vorstadt¬ pfarrkirche zur Keiligen Maria, Mutter der Barmherzigkeit, in Marburg, am Feste der hl. Filumena, den t 1. August 1900. Ein großes Werk ist es; denn nicht für einen Menschen ist eine Wohnstätte hergerichtek worden, sondern siir Gott. (I. karal. 2y, 1). Im Äerrn andächtig Versammelte! i st v o llbracht und zwar vollbracht im h e ili g e n Jubeljahre! So können und dürfen wir heute aus dankerfülltem Kerzen rufen und jubeln. Der schöne, von vielen so lange ersehnte, hochwichtige Tag, der Tag, auf den sich schon Tausende frommer Gläubigen gefreut haben — er ist da. Anmerkung. Gelegentlich der Konsekrierung der neuen Psarr- kirche wurden vom Konsekrator auch zwei slovenische Ansprachen ge¬ halten, die in Druck unter dem Titel erschienen: 8pomin na slovesno posvscenss nove predmestne Lupnijske cerkve preblaLens device Klarise matere milosti v klaridoru. Dva cerkvena govora priobčil Dr. Nikasi Napotnik, knez in skok lavantinski. Vklariboru, 1900. 8°. str. 33. — Der hochw. Propst, Kaupt- und Stadtpfarrer von Pettau, .6err Josef Fleck, hielt bei diesem Anlässe, am 12. August 1900, eine slovenische Predigt, die unter dem Titel gedruckt wurde: kridigu o priliki posvečenja predmestne Župnijske cerkve dia¬ kone device klarise, matere milosti, v klariboru, dne 12. avgusta ldOv. V Naridoru, 1901. 4°. str. 18. -Z- 220 Es ist vollbracht und heute gekrönt, das große, herrliche Werk. Keule haben sich aufgetan die Pforten und geöffnet die weiten Kallen der neuen Vorsladtpfarr- kirche zur Keiligen Maria, der Mutter der Barmherzig¬ keit, die ich soeben unter ergreifenden Zeremonien, Gebeten und Segnungen konsekriert und so ihrer gottesdienstlichen Bestimmung zugeführt habe. Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist vollendet. Denn es ist ein Gottes Werk. Sanetuarium moum motuite! Vominu8. Mein Keiligtum sollet ihr ehren! Ich bin der Kerr. (Uev. 19, 30). Gott selbst hat befohlen, daß ihm Bauwerke mit der höchsten Kunst aufgeführt werden. (II. t^los. o. 25 et e. 26 et e. 27). Und der göttliche Keiland gründete mit den Aposteln die erste Kirche, es war das Coenaoulum auf dem Berge Sion, in welchem er mit seinen zwölf Freun¬ den das gnadenreiche Abendmahl feierte und das hoch¬ heilige Altarsakrament einsetzte. Und ein solches Bauwerk ist unser Werk, und eine solche Kirche ist unsere Kirche. Dieser kunstvolle Bau soll Gottes Ehre weithin über die Draustadt und über ihre Umwelt verkünden; er ist ja dem Dienste Gottes geweiht und gewidmet. Und so gewiß der Kerr in der Krippe weilte, welche er zu seinem Throne auf Erden gewählt hatte, und vor welcher er von Maria und Joseph wie von zwei Cherubim angebetet und von den Kirten und Weisen begrüßt ward; so wahrhaftig er im Kaufe seiner Freunde verkehrte und von Nikodemus, welcher B e l e h rung, und von Maria Magdalena, die V e rz e i h u n g wollte, besucht wurde, ebenso wirklich und wahrhaft wohnt und thront er im Tabernakel, auf daß wir ihn besuchen und Kilfe in unserer Not heischen dürfen und sollen. -X- 221 -L- Kommet alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, und ich will euch erquicken, lautet das ewig schöne Wort der unendlichen Liebe Jesu, das da unaufhörlich forttönt und widerhallt in unseren Gottes¬ häusern. An dieser geheiligten Stätte kann der katholische Christ mit Sankt Petrus in seliger Wonne rufen: Kerr, hier i st gut sein! K ier laßt uns Kütten bauen! (Kattk. 17, 4). Gott selbst sagte zu Salomon in Betreff des neu erbauten und eingeweihten Tempels zu Jerusalem: Krunt oouti moi et eor mouin ibi eunotis ciiobus. (III. I4oM. d, 3). Dort werden weilen meine Augen und mein Kerz alle Tage. Die Augen nämlich, um die Ein¬ tretenden anzusehen; das Kerz, um sie zu lieben und zu begnadigen. Und gleichwie Zachäus nach dem Berichte des Evangeliums, das am Kirchweihfeste gelesen wird, von Christus selbst angesehen und bemerkt worden ist — 8U8pieien8 viäit ittum (Iwo. 19,5) in ähnlicher Weise werden diejenigen von Gott mit Freuden angesehen rind nut unzähligen Gnaden bereichert, welche die Kirche, das Kaus Gottes, besuchen. So gilt denn dieses große Werk vorerst und vornehmlich der Ehre Gottes. Und recht so! Zuerst Gott die Ehre, dann kommt der Friede den Men¬ schen auf Erden. Otoria in exoolms t)eo, ot in toirn pax Komin ibn 8. Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist vollendet. Denn dieses heilige Kaus ist geweiht jener unter den Frauen Gebenedei ten, die in der lauretanischen Litanei genannt wird: Goldenes Kaus, Pforte des Kimmels, Arche des Bundes, Turm Davids. And wie es sich geziemt, daß die Kaiserin oder die Königin -r- 222 --- den schönsten Palast bewohne, so ist gerecht und geboten, daß die Königin des Weltalls das prachtvollste Wohnhaus besitze; und eine solche, der glorreichen Himmelskönigin würdige Wohnstätte ist dieses Heiligtum da. Gottbegeisterte Dichter sangen schöne Loblieder zu Ehren Mariä, wie unter anderen Bruder Philipp, der Kartäuser des Klosters Seiz in der Nähe des Marktes Gonobiz, aus dessen Hauptpfarrkirche das hierortige Gnadenbild der Mutter der Barmherzigkeit stammt, ein solch marianisches Loblied anstimmte. Es war das verbreitetste Gedicht des Mittelalters vom Leben der heiligen Jungfrau Maria. Auch diese heute von mir feierlich eingeweihte Kirche ist ein Hymnus auf die Mutter der Barmherzigkeit, verfaßt in unübertrefflicher Sprache von den Künsten, die sich zu- sammengekan, um mit vereinten Kräften zu verherrlichen die Mutter der Gnade und der schönen Liebe. Mariä erging es in Marburg nicht wie in Bethlehem, wo sie keine Herberge fand. In Marburg fand sie ein Heim, ein gar schönes, ihrer würdiges Heim. Nun möge es ihre Freude sein, unter ihren Kindern zu wohnen und an ihnen als Mutter der Barmherzigkeit, als Samariterin leibliche und geistliche Werke der Barmherzigkeit zu üben ! Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist vollendet. Denn es ist ein Werk, geweiht den Engeln und den Heiligen Gottes. Wie nämlich Christus in Bethlehem und auf dem Ölberge von Engeln umgeben, wie er von seinen Jüngern begleitet war, als er auf der Hochzeit zu Kana in Galiläa weilte, den Zöllner Zachäus besuchte uud bei Simon als Gast zu Tische saß, und als er mit wenigen Broten und Fischen Tausende und Tausende speiste, so ist er von seinen Engeln und Heiligen auch hier -2- 223 -z- im hohen und hehren Tempel umgeben. Alle diese himm¬ lischen Geister freuen sich über die Kirchenbesucher, sie ver¬ kehren gleichsam mit ihnen, nehmen sie als ihre Genossen auf, wie Zachäus an seinem Glückstage in die Gesellschaft der Jünger Christi eingehen durfte und später nach der frommen Überlieferung Bischof geworden ist. Insbesondere werden in diesem Kaufe eigene Altäre erhalten und so hier weilen die beiden großen Wundertäter der Welt: derzeitige mit dem Iesukinde auf den Armen, St. Antonius von Padua, und die große Fürskentochter und heldenmütige Glaubensbekennerin, St. Filumena. Der hl. Antonius wird angerufen, wenn etwas verloren gegangen ist und wieder gefunden werden soll. Nun, er möge alle finden lassen, die da verloren haben: Ruhe des Gewis¬ sens. Die hl. Filumena aus Griechenland ward im Alter von 14 Jahren von dem grausamen römischen Kaiser Diokletian um das Jahr 290 gemartert. Ihre Reliquien wurden am Beginne des neunzehnten Iahrhundertes (1802) in den Katakomben der hl. Priscilla zu Rom aufgefunden, im Jahre 1805 nach Mugnano gebracht und wurden seitdem von Gott durch zahlreiche Wunder verherrlicht, so daß die jugendliche Keilige die Wundertäterin des zur Neige gehenden Iahrhundertes genannt wird. Vielerorken ertönt mit Ruhm ihr Name und die Andacht zur mächtigen Keiferin ergreift viele Kerzen. Das demütige Mägdlein St. Filumena wird durch auffallende Wunder verherrlicht und durch Errichtung verschiedener Kei- ligtllmer, als Altäre, Kapellen und Kirchen, gelobt und geprie¬ sen. Italien ist eigens ihre Provinz. Das ewige Rom besitzt viele Gemälde, Statuen, Pilgerorte, wie die prächtige Kapelle in Caravita, zu Ehren der großen jungfräu- -z- 224 er¬ lichen Märtyrin. Ihre innigen Verehrer waren die Päpste Leo XII., Gregor XVI., der durch das Dekret der heili¬ gen Ritenkongregation vom 30. Jänner 1837 das Meß- formulare Commune V. M. mit dem Gebete vsus qui inwr eotera und die 4. Lektion für das Brevier gewährte, ferner der vielgeprüfte und besterprobte Pius IX., der selbst nach Mugnano zur heiligen Filumena pilgerte und am Altäre zelebrierte, auf welchem ihre kostbaren Reliquien verehrt werden, um sich für die Bitterkeiten seiner Ver¬ bannung zu trösten. — Die Bewohner Neapels wallfahren gerne zur „kleinen Heiligen«, und in den Marken Ankona, Ferrara und Florenz erweist man besondere Verehrung der außerordentlichen Wundertäterin. In der Schweiz fand vornehmlich in der Stadt Genf frühzeitig die Andacht zur hl. Filumena Eingang und erlangte große Verbreitung. — In Belgien wird bei der heiligen Taufe den Mädchen gerne der Name der hl. Filumena gegeben. Insbesondere wird die jungfräuliche Märtyrin in der Stadt Tournai verehrt, wo der selige v.IosefPasseral eines heiligen Todes starb und wo seine sterbliche Hülle ruht. — Nach Amerika brachten die Väter Redemptoristen mit der frohen Botschaft des Evangeliums auch den Ruf von den Wundern der hl. Filumena, welcher unter anderem die große und schöne Redemptorisken-Kirche zu Pittsburg in Pennsylvanien geweiht ist. — Die seelen¬ eifrigen Väter Redemptoristen, namentlich der ehrwürdige Diener Gottes ?. Josef Konstantin Passerat, Nach¬ folger des seligen Klemens Maria Hofbauer im General- vikariake, förderten mit allem Eifer in Österreich die Ver¬ ehrung der bewunderungswürdigen Heiligen. Kein Wun¬ der, wenn die geistlichen Söhne des hl. Alphonsus Liguori, 225 -Z- dessen Wiege in Neapel stand und dessen heiligen Gebeine unfern von Mugnano aufbewahrt werden, den Ruhm und die Ehre der hl. Filumena, die so nahe dem hl. Kirchen¬ lehrer auf Erden weilt, während beide im Kimmel Gottes Glorie anschauen, mit aller Liebe verbünden und vermehren. Am 16. April 1893, nachdem wir am 10. August des¬ selben Jahres den Grundstein zur neuen Marienkirche gelegt und geweiht hatten, besuchten bei Gelegenheit der österreichischen Rompilgerfahrt viele Wallfahrer aus Öster¬ reich das berühmte Keiligtum der hl. Filumena in Mugnano in der Diözese Nola bei Neapel und verrichteten alldort mit Inbrunst ihre Andachten. Der dortige greise Kirchen¬ vorsteher Prälat Antonius Cavaliero (Seite 121 und 122 dieses Buches) wurde durch die hl. Filumena wunderbar von einer schweren Krankheit geheilt. — In neuester Zeit wird im Bezirke Favoriten zu Wien eine schöne St. Filumenen Pfarrkirche gebaut? Im Sepulkrum des neukonsekrierten Kochaltares „Mutter der Barmherzigkeit" verwahrte ich Reliquien der heiligen Blutzeugen Engratis, Pius, Urbanus und der hl. Jungfrau Klara. In das Sepulkrum der beiden ' Die Wundertäterin des neunzehnten Jahrhunderts oder die heilige Filomena. Jungfrau und Märtyrin. Aus dem Fran- zöfijchen ins Deutsche übersetzt. Innsbruck, 1836. Kl. 8". 310 S. — Johann Darche, Vollständige Lebensbeschreibung der hl. Phi¬ lomena, Wundertäterin des XIX. Jahrhunderts. Aus dem Franzö¬ sischen. Regensburg, 1883. (8» VIIIP274 Seiten). — Dr. Peter Alcant. Macherl, Die heilige Philomena, Jungfrau und Märtyrin, die Wundertäterin des neunzehnten Jahrhunderts. Nach dem Fran¬ zösischen bearbeitet. Graz, 1900. (12°. IX-s-202 Seiten).—I.es pstits Uollandistes : »Vies des Saints". Doms 9., Saints Lbilomene Hergs et Xlartz-re. (10 aoüt.). -L- 226 -z- Seitenaltäre, von denen der auf der Epistelseite befindliche dem hl. Anton von Padua und der auf der Evangelien- seite stehende der hl. Filumena geweiht ist, legte ich Über¬ bleibsel der heiligen Märtyrer Iucundus, Pius und Urbanus. Im Laufe der Zeit werden Altäre noch zu Ehren des hei¬ ligsten Kerzens Jesu, des hl. Franziskus von Assisi, der hl. Maria von Lourdes, unserer lieben Frau vom heiligsten Kerzen Jesu und des heiligen Kreuzes errichtet werden. Im mittleren Glasfenster des Priesterchores prangt das Bildnis der allerheiligsten Dreifaltigkeit. Im ersten Fenster auf der Evangelienseite befindet sich oberhalb das Bildnis des hl. Bonaventura, und unterhalb zeigt der seraphische Kirchenlehrer dem ihn besuchenden hl. Thomas von Aquin seine Bibliothek: das Kruzifix? Das zweite rechte obere Glasfensterbildnis stellt die hl. Elisabeth dar und das untere veranschaulicht, wie die vielgeprüfte Landgräfin mit ihren Kindern die Wartburg verläßt. Auf der Episkel- seite glänzt auf dem oberen Felde des ersten Glasfensters das Bild des hl. Bernardin und auf dem unteren die Darstellung, wie der heilige Bernardin von Siena als Zuhörer bei den Predigten des hl. Vinzenz Ferrerius sich einfindet und von diesem als machtvoller Prediger und Keiliger bezeichnet wird, welche Weissagung genau in Erfüllung ging? Auf dem zweiten linken Fenster sieht ' Abbe Berthaumier, Geschichte des hl. Bonaventura (aus dem Orden des hl. Franziskus), Kardinal-Bischofs und Kirchenlehrers. Aus dem Französischen überseht. Regensburg, l863. S. 66 k. 2 Vinzenz Ferrerius, im Jahre l357 geboren zu Valencia in Spanien, trat als lMhriger Jüngling in den Orden des hl. Domi¬ nikus, in welchem er durch seine Heiligkeit und Wissenschaft alsbald eine hervorragende Stellung einnahm. Von l396 bis 1418 durch¬ wanderte er als apostolischer Missionär nicht bloß Spanien, sondern -k- 227 -L- man oberhalb das Bild des hl. Ludwig IX., Königs von Frankreich, und unterhalb ist dargestellt der selige Tod dieses glorreichen Herrschers. Eine heilige Vergangenheit grüßt uns mit dem beseligenden Lichte des beseelten Glases soviel wunderbarer ins Herz, als es jemals die tote Leinwand vermöchte. Wir lesen in den bunten Fenstern, welche die unbelebte, starre Mauer vergeistigen, die Ge¬ schichte der Heiligen, die sich uns tief einprägt in Geist und Gemüt und uns zum Gleichnis unseres eigenen Le¬ bens wird. Ober dem Tabernakel am Plafond des Presbyteriums umgeben das hehre Haupt Christi die sieben mäch¬ tigen, auserwählten Engel, die immer vor dem Throne Gottes stehen: Michael, Werwiegott, der Schutzengel der Kirche; Gabriel, Bote Gottes, der Engel der Menschwerdung und der Beschützer Mariä; Raphael, Arzt Gottes, der Führer der Irrenden, das Licht der Blinden, die Arznei der Kranken. Hier sind noch jene auch Frankreich, Italien, England, Irland und Schottland. Ein Jahr vor seinem 1419 erfolgten Tode zog er über die Alpen und predigte auch zu Alessandria im nördlichen Italien. Dahin kam der noch da¬ mals unbekannte Franziskaner Bernardin von Siena (geboren 1380) und wurde von dem Feuereiser und der Beredsamkeit des Domini¬ kaners Vinzenz zum Staunen und zur Bewunderung hingerissen. Bei einem Besuche erkannte Ferrerius die Heiligkeit und die hohe Begabung Bernardins und segnete ihn. Am folgenden Morgen pre¬ digte Vinzenz wieder, und unter seinen zahlreichen Zuhörern befand sich auch Bernardin. Während des Vortrages gab nun der hl. Vin¬ zenz Ferrerius folgende feierliche Erklärung ab: „Wisset, meine Kinder, in eurer Mitte steht ein Religiöse aus dem Orden der minderen Brüder, der nach wenigen Tagen in ganz Italien berühmt sein wird. Aus seinen Lehren sowie aus seinen Tugendbeispielen wird das christ¬ liche Volk groszen Nutzen ziehen. And obwohl er noch im jugendlichen IS* Einführung der neuen Glocken in die neue Pfarrkirche. - -z- 229 -Z- vier Engel, deren Namen von der Kirche nicht öffentlich aner¬ kannt wurden, die aber nach gewissen Traditionen und besonderen Offenbarungen heißen: Uriel, Feuer Gottes, welcher im dritten und vierten Buche Esdras erwähnt wird. Sealti et, Eine Bitte vor dem Kerrn, der Geist des Gebetes und der Engel, welcher der Magd Kagar in der Wüste erschien. Der sechste Engel heißt Iehudi et, Der von Gott Gepriesene, der Vergelter, welchen Gott vor den Israeliten einhersandte. Barachiel endlich, Gott segnet, soll der Engel sein, welcher mit Abraham sprach und Sara tadelte, weil sie lachte. Die in den Feldern der rechten Wandseite des Pres¬ byteriums angebrachten Gemälde stellen dar: die hl. Klara und die hl. Büßerin Margarita von Kortona, wie auch die Gewährung des Portiunkula-Ablasses; und jene in den Fel¬ dern der linken oder Epistelseite: den hl. Johannes Kapistran und den hl. Leonardas von Porto Maurizio, diesen glühen- Alter steht und ich bereits ein Greis geworden bin, so wird doch die Zeit kommen, da er mir in der römischen Kirche bezüglich der Verehrung wird vorgezogen werden. Ich ermahne euch also, Gott dem Kerrn zu danken und ihn zu bitten, daß er bald erfülle, was er mir geoffenbart hat. Weil dies geschehen soll, so kehre ich jetzt nach Spanien und Frank¬ reich zurück. Ich überlasse ihm die Bekehrung der Völker Italiens, zu denen ich auf meinen apostolischen Reisen noch nicht gekommen bin." Kierans setzte der hl. Vinzenz seine Predigt fort. Sodann kehrte er über die Alpen in seine Keimat zurück und starb am 5. April l4l9 zu Bannes in der Bretagne. In kurzer Zeit wurde Bernardin berühmt in allen Ländern Italiens: und obwohl Vinzenz 25 Jahre vor Bernardin (-j- 20. Mai 1444 zu Aquila) eines seligen Todes starb, so wurde er doch erst sechs Jahre nach ihm durch die seierliche Kano¬ nisation unter die Keiligen der Kirche ausgenommen. — Vergl. J. P. Toussaint, Das Leben des hl. Bernardin von Siena aus dem Fran¬ ziskanerorden quellenmäßig dargestellt. Regensburg, 1878. S. 47. -s- 230 . den Verbreiter der Kreuzwegandacht, und wie der hl. Fran¬ ziskus auf dem Berge Alvernia die Wundmale Christi erhält. Aber dem Quergurk im Triumphbogenfelde thront, rechts und links von schwebenden Engeln mit Lilien in den Künden flankiert, in ihrer Majestät und Glorie Maria mit dem Iesukinde, die ruhmgekrönte Königin des Weltalls. Gegenüber im Kintergrunde des Musikchores erblickt der Beschauer über der Rosette das Gemälde: Gott Vater (Sabbatsruhe) zwischen zwei Engeln und oberhalb Jesse. An der Dorderwand der Orgelbühne sind die Brust¬ bilder von drei betenden Engeln angebracht. Die figuralen Darstellungen in den Bogenfeldern des Kochschiffsgewölbes erinnern an die berühmte Weissagung des großen Pro¬ pheten Jsaias: And ein Reis wird hervorgehen aus der Wurzel Jesses und eine Blüte wird aufsteigen aus seinem Wurzelstocke. (Is. 11, 1). Ihr Beschauer denkt unwillkürlich an den im Mittelalter so beliebten Baum Jesses mit seinen wirkungsvoll schönen und gehaltreichen Gruppen. Von Jesse in seiner Umrahmung angefangen, fesseln gleichsam in den Medaillons oder Einfassungen wie in den Baumzweigen links und rechts den Kirchenbesucher die von unten besehen lebensgroßen Bildnisse der größten, heiligsten und berühmtesten Ahnen Mariens nach dem Stammbuchs im Evangelium des hl. Matthäus und dazu noch zehn Darstellungen ihrer Vor¬ bilder aus der lauretanischen Litanei. Es scheinen auf: die zwei Patriarchen Abraham und Isaak, die sechs Könige David und Salomon, Asa und Ozias, Ezechias und Josias, ferner Jakob und dessen Nachkomme Joseph, der Mann Mariä, von der geboren ward Jesus, der genannt wird Christus. ME. I, 16). Und über -r- 231 dem herrlichen Regenbogen thront wie auf der Krone des Stammbaumes Jesses Maria mit dem Iesukinde: das Reis u n d d i e Blüte aus Jesses Wurzelskocke. — Und so ist in der Tat dieser Prachtbau geweiht und gewidmet den Engeln und den Keiligen Gottes, und ist darum ein gar großes, heiliges Werk- Diese vielfältigen Gestalten sind ein Bilderkatechismus unseres Glaubens. Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist vollendet. Denn ein Werk der Religion ist es, ein Werk des Glaubens, würdig der frommen Vorzeit, es ist eine wahre Gottesburg, in deren hohen und heiligen Kallen Gott angebetet, Maria verherrlicht, die Engel und die Keiligen Gottes verehrt werden. Es ist eine Stätte der Andacht, ein Ort des Gebetes. Es ist eine Vorhalle des Paradieses, eine Pforte zum Kimmel. (I. tVlos. 28, 17). Das herrliche Werk ist geweiht der Religion, von der schon einer der Weisen Griechenlands erklärt hat: Eher kann dieWelt ohneSonne bestehen,als die Gesellschaft ohne Religion. Dieses neue Gotteshaus wird auch sein ein Bollwerk gegen den an¬ stürmenden Unglauben. Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist voll¬ endet. Denn es ist ein Werk des unerschütterlichen Gottvertrauens, des christlichen Opfermutes, der christlichen felsenfesten Koffnung. Gestern vor sieben Jahren, am 10. August 1893, ward der Grundstein gelegt und geweiht, und heute am 11. August des Schlußjahres des neunzehnten Jahrhunderts, ist schon der Schlußstein gelegt und gesegnet. Keute feiert die Kirche das Fest der heroischen Jungfrau und Blutzeugin Filu- mena, die mit bewunderungswürdigem Starkmute deu -Z- 232 heiligen Kampf kämpfte und die Siegespalme errang. Als geistige Bauherrin dieses schwierigen und kostspieligen Gottesbaues erbat sie durch ihre vielvermögende Fürsprache den Erbauern dieser großartigen Pfarrkirche den unent¬ wegten, hoffnungssicheren Mut. Deshalb ward dieser Prachtbau eben heute am Feste der ruhmreichen Thau- maturgin eingeweiht. Wie aber beharrliches Kossen und unverwüstliches Vertrauen diesen Gottestempel gebaut, so werden auch niemals zu Schanden jene, die denselben in christlicher Koffnung besuchen werden. Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist vollendet. Denn es ist ein Werk wahrer Gottes liebe und wahrer Nächstenliebe. Die opferbereite, werktätige Liebe hat gebaut. Die Liebe zu Gott, die Liebe zur Mutter der göttlichen Gnade, die Liebe zu den unsterblichen Seelen hat hier gebaut. Kier gilt oburitas eknritati, die Liebe der Liebe. Marienliebe war es, die sich da stets- fort äußerte: Der Mutter meines Kerrn Gebe ich von Kerzen gern! Und so werden hier auch Liebe, Friede, Eintracht gepredigt und erlangt werden. Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist vollendet. Denn es ist ein Werk echter und rechter christlicher Kunst. Die Weisheit hat sich einen Palast erbaut. (?rov. 9,1). Die Baukunst, die Maler-und Bild¬ hauerkunst, die Tonkunst und die verwandten Künste wett¬ eiferten, um ein ihrer würdiges Werk, um ein monumen¬ tales Kunstwerk zu schaffen, und es ist ihnen ausnehmend gut gelungen. Sie fühlten, sie bauen für Gott, für dessen -J- 233 —A- Majestät, Größe, Glanz und Glorie nichts zu groß ist, um seiner würdig zu sein. So ist denn vollendet der romanische Bau voll Ernst und Schönheit, voll Kunst und Anmut, und ist so vollauf würdig des Schlusses des neunzehnten Jahrhundertes. Die neue Pfarrkirche mit ihren Altären, ihren Säulen, ihrer Malerei, ihren Glasfenstern, ihrem Orgelwerke macht einen ungemein gefälligen und stimmungsvollen Eindruck. Sie ist wie eine herrliche Blume, die da blüht an dem lieb¬ lichen Ufer der freundlich vorbeirauschendeu Drau. Das heutige Fest ist die schönste Kuldigung, welche Marburg dem göttlichen Kerrn und Keilande Jesus Christus, dem Könige der Zeiten, am Ende des neunzehnten und am Anfänge des zwanzigsten Jahrhundertes darbringt für alle durch die machtvolle Fürsprache Mariä erhaltenen Gnaden und Wohltaten und zur Sühne für die Belei¬ digungen und Unbilden, die ihm zugefügt worden sind. Das hehre Fest ist aber zugleich auch eine Kuldigung für Maria, die in der lauretanischen Litanei mit zehn Titeln als Königin gegrüßt und zudem noch angerufen wird als Königin der Gnade, als Königin der Kirche, als Königin des Kimmels und der Erde, die mit der Sonne bekleidet ist und den Mond zu ihren Füßen hat und auf dem Kaupte eine Krone von Zwölf Sternen trägt, (^pocal. l2, 1). Es ist vollendet dieses gewaltige Werk zum Lobe und Preise Gottes, zur Verherrlichung der allerseligsten Jungfrau und Mutter Gottes Maria, der Gegenwart zum Ruhme und der Nachwelt zum bleibenden Vorbilde kirch¬ licher Kunst wie christlicher Frömmigkeit, Tatkraft und Eintracht. Es ist vollendet zur Erhöhung und zum Wachs- -z- 234 tum der Kirche, zu Nutz und Frommen des Staates, zur Zierde der Stadt Marburg, zum Segensborne der Pfarre, des Dekanates, der Diözese, zum allgemeinen Besten der Gesellschaft, zur Rettung und Erlösung unsterb¬ licher, durch das kostbare Blut Jesu Christi erkaufter Seelen. Es ist vollbracht! Im Äerrn Geliebteste! Der heutige Tag ist ein Freudentag für die Bewohner dieser Vorstadtpfarre, des Dekanates, der Diö¬ zese, des Kronlandes und auch des Reiches; denn sie alle sind um einen Monumentalbau reicher geworden. Als die Stiftshütte oder das heilige Bundeszelt mitsamt seiner kostbaren Einrichtung fertiggestellt war, freuten sich die Söhne Israels. Und als nun Moses sah, daß alles dies vollendet war, segnete er sie. (LxocZ. 39, 43). — Als König David auf dem Berge Sion zu Jerusalem für die Bundeslade ein prachtvolles Zelt aufgeschlagen hatte, ließ er sie in feierlichem Zuge wie im Triumphe von der Ebene in Silo, wo sie bisher stand, herausbringen. Außer einer unzählbaren Menge Volkes erschienen im Zuge die Fürsten Israels im Purpur gekleidet, die Priester in ihrem hochfestlichen Schmucke, und nicht weniger als dreitausend Bewaffnete. Die vorausgingen und die nachfolgten, spielten auf Karsen und Zithern, Posaunen und Pauken, Zinken und Cymbaln. Vor den Priestern ging David einher, auf der Karfe spielend und dazu tanzend. Und nachdem David dies vollendet hatte, segnete er das Volk im Namen des Kerrn. -L- 235 -4- Daraus stimmte er mit A sap h und dessen Brü¬ dern den herrlichen Lobgesang an: Preiset den Kerrn, rufet an seinen Namen: machet kund unter den Völkern, was er erfand! Singet ihm, spielet ihm und erzählet von allen seinen Wundern! Lobet seinen heiligen Namen, es freue sich das Kerz derer, die den Kerrn suchen! (I. karat. 16, 2. 8—10). Unnennbare Freude und unbeschreiblicher Jubel herrschte in ganz Israel, nachdem Salomon den wunder¬ herrlichen Gottesbau, den Tempel des Kerrn, ungefähr um das Jahr 1000 vor Christus in sieben Jahren vollendet hatte. (III. ksZK. 6, 38). Es war eine heilige Freude ob der Großtat, welche der Kerr den Königen David und Salomon und seinem Volke Israel erwiesen hatte. (II. karal. 7, 10). Sieben volle Tage dauerte das Fest der Einweihung des Wunderwerkes. König Salomon segnete die ganze Gemeinde und sprach auf Knien liegend mit ausgestreckten, zum Kimmel gebreiteten Annen unter an¬ derem das folgende herrliche, schwungvolle Weihegebet: „Kerr, Gott Israels! Es ist kein Gott dir gleich im Kimmel oben und auf der Erde unten; der du hältst den Bund und die Barmherzigkeit deinen Knechten, welche vor dir wandeln aus ihrem ganzen Kerzen; der du gehalten deinem Knechte David, meinem Vater, was du ihm ver¬ sprochen: Du hast es geredet mit dem Munde und mit der Kand es erfüllt, wie dieser Tag es zeigt... Und nun, Kerr, Gott Israels, laß deine Worte bestätigt werden, die du geredet hast zu deinem Knechte David, meinem Vater! Aber sollte man's glauben, daß Gott wahrhaft auf Erden wohne? Denn so der Kimmel und die Kimmel der Kim- -Z- 236 -r- mel dich nicht fassen können, wie viel minder dieses Kans, das ich erbaut? Aber sieh auf das Gebet deines Knechtes und auf sein Flehen, Kerr, mein Gott! Köre das Lob und das Gebet, welches dein Knecht vor dir emporsendet, damit deine Augen über dieses Kaus offen stehen Tag und Nacht, über das Kaus, wovon du gesagt: Mein Name soll da sein, um zu hören das Gebet, welches an diesem Orte dein Knecht zu dir verrichtet! Köre das Flehen deines Knechtes und deines Volkes Israel, um was sie immer bitten mögen an diesem Orte, höre es an dem Orte deiner Wohnung im Kimmel, und wenn du es hörst, sei gnädig! Wenn jemand sündigt wider seinen Nächsten und ihm ein Eid auferlegt worden, der ihn ver¬ bunden hält, und er kommt des Eides willen vor deinen Altar in dein Kaus, so wollest du darauf achten im Kimmel und es tun und deine Knechte richten und den Gottlosen verdammen und seinen Wandel auf sein Kaupt kommen lassen, den Gerechten aber rechtfertigen und ihm vergelten nach seiner Gerechtigkeit. Wenn dein Volk Israel vor seinen Feinden flieht — denn es wird sündigen wider dich — und wenn sie Buße tun und deinen Namen bekennen, und kommen und beten und vor dir flehen in diesem Kaufe, so wollest du sie erhören im Kimmel und die Sünden deines Volkes Israel nachlassen... Wenn der Kimmel verschlossen ist und es nicht regnet um ihrer Sünden willen, und sie an diesem Orte beten und Buße tun in deinem Namen und sich von ihren Sünden bekehren um ihrer Trübsal willen, so wollest du sie erhören im Kimmel und die Sünden deiner Knechte und deines Volkes Israel verzeihen, und wollest ihnen einen guten Weg zeigen, auf dem sie wandeln, und Regen 237 -z- über dein Land senden, welches du deinem Volke zum Erbe verliehen hast. Wenn eine Hungersnot entstanden im Lande oder Pest oder böse Luft oder Brand oder Heuschrecken oder Mehltau, wenn seine Feinde es bedrängen und seine Tore belagern, wenn sich erheben irgendwelche Plagen jeder Art, allerlei Krankheiten, Unheil und Verwünschungen, wie sie je einem Menschen aus deinem Volke Israel wider¬ fahren können; wenn dann jemand die Wunde seines Herzens erkennt und seine Arme ausbreitet in diesem Hause: das wollest du hören im Himmel, an dem Orte deiner Wohnung, und wieder gnädig sein und vergelten einem jeglichen nach allen seinen Wegen, wie du sein Herz erkennst — denn du allein erkennst das Herz aller Menschenkinder — damit sie dich fürchten alle Tage, die sie leben im Lande, welches du unseren Vätern gegeben. Auch wenn ein Fremder, der nicht vom Volke Israel ist, aus fernem Lande kommt um deines Namens willen — denn man wird hören von deinem großen Namen und von deiner starken Hand und von deinem ausgestreckten Arme überall — wenn er dann kommt und betet an diesem Orte, so wollest du ihn hören im Himmel, in der Feste deiner Wohnung, und alles tun, um was der Fremde dich anruft, auf daß alle Völker der Erde fürchten lernen deinen Namen, wie dein Volk Israel, und erfahren, daß dein Name angerufen sei über dieses Haus, das ich erbaut. Wenn dein Volk auszieht zum Streite wider seine Feinde, auf welchen Weg du immer sie senden wirst, und sie beten zu dir nach der Stadt hin, die du erwählt hast, und nach deinem Hause hin, das ich deinem Namen erbaut -z- 238 habe: so wollest du hören im Kimmel ihr Gebet und ihr Flehen und ihnen Recht schassen. Wenn sie wider dich sündigen — denn es ist kein Mensch, der nicht sündigt - und du, erzürnt, ihren Feinden sie übergibst, und sie gefangen in das Land ihrer Feinde geführt werden, fern oder nah, und sie tun Buße in ihrem Kerzen an dem Orte ihrer Gefangenschaft und kehren und flehen zu dir in ihrer Gefangenschaft und sprechen: Wir haben gesündigt, unrecht getan und gottlos gehandelt, und sie kehren sich zu dir von ihrem ganzen Kerzen und von ihrer ganzen Seele im Lande ihrer Feinde, in das sie gefangen geführt wurden, und beten zu dir nach ihrem Lande hin, das du ihren Vätern gegeben, und nach der Stadt, die du erwählt hast, und nach dem Tempel, den ich deinem Namen erbaut habe; so wollest du hören im Kimmel, auf der Feste deines Thrones, ihr Gebet und ihr Flehen und ihnen Recht schaffen, und wollest gnädig sein deinem Volke, das wider dich gesündigt, und allen ihren Missetaten, die sie wider dich begangen haben, und ihnen Barmherzigkeit geben vor jenen, die sie gefangen halten, auf daß sie sich ihrer erbarmen. Denn sie sind dein Volk und dein Erbe, das du hinausgeführt aus dem Lande Ägypten, mitten aus dem eisernen Ofen; daß deine Augen offen seien auf das Flehen deines Knechtes und deines Volkes Israel, und du sie erhörest in allem, um was sie dich anrusen. Denn du hast sie ausgesondert dir zum Erbe aus allen Völkern der Erde, wie du geredet durch Moses, deinen Knecht, da du unsere Väter aus Ägypten geführt, Kerr, Gott!" (111.1^.8,15—61). Welch ein herzliches, inständiges und inbrünstiges, all¬ umfassendes Gebet! Es gibt keine Not, sei es geistige 239 Bedrängnis oder leibliche Plage, welche Salomon nicht eingeschlossen hätte. Und sieh da, kaum hat er sein Gebet beendet, so schickt der Kerr ein augenfälliges Zeichen seiner Geneigtheit und der Erhörung: Feuer fiel herab und verzehrte die Brand- und Schlachtopfer. (Il.Uaral. 7,1). Und zur noch klareren Bestätigung erscheint der Kerr in der Nacht Salomon und gibt ihm die aus¬ drückliche Versicherung: Ich habe dein Gebet erhört. (II. ?aral. 7, 12). Was könnte es Tröstlicheres, was Er¬ hebenderes geben, als das Bewußtsein, daß das Auge des Kerrn mit Wohlgefallen auf diesem heiligen Orte ruhte, und daß jeder, der bei ihm Zuflucht suchte, unfehlbar Schutz und Rat fand! Während der Tempelweihefeier ließ Salomon 22.000 Rinder und 120.000 Schafe schlachten, um dem Kerrn Friedopfer darzubringen und um das in Jerusalem versammelte Volk gastlich zu bewirten. Als die Juden nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft im Jahre 535 (I. Usär. 3,1) den zweiten Tempel zu Jerusalem, den die Keilige Schrift l'amosis- 8IMUM in toto orbotemplumoderden berühm¬ testen auf der weiten Welt nennt (II. Kack. 2, 23), und welchen König Kerodes kurze Zeit vor der Ankunft Christi hatte erweitern und verschönern lassen, unter der Leitung Zorobabels ungeachtet der sich dawider erhebenden Kindernisse erbaut und vollendet hatten, feierten sie die Einweihung des Kaufes Gottes mit Freuden und sie opferten zur Einweihung des Kaufes hundert Kälber, zweihundert Widder, vierhundert Lämmer, zwölf Ziegenböcke für die Sünde des ganzen Israel... Und sie hielten das Fest sieben Tage mit Freuden, weil der Kerr sie erfreut und das Kerz des Königs von Assyrien ihnen zugewendek -L- 240 -r- hatte, daß er ihren Künden half am Werke des Kaufes des Kerrn, des Gottes Israels. (I. k-sär. 6, 16.17. 22). Als der große Keld Judas Machabäus den durch die Syrer entweihten Tempel wieder gereinigt und aus¬ gebessert und einen neuen Brandopferaltar gebaut hatte, feierte er mit dem Volke die Einweihung des Altars achtTage lang undbrachte Brandopfer dar mit Freuden und opferte Dank- und Lob¬ opfer. Sie schmückten auch den Tempel von außen mitgoldenenKronenundSchildchen... Und es war eine sehr große Freude im Volke. Und Judas und seine Brüder und die ganze Gemeinde Israels verordneten, daß die Tage der Einweihung des Altares gefeiert werden sollen von Jahr zu Jahr. (I. >1aab. 4, 38. 56—59). Und dieses Fest, zum Andenken an die Reinigung des Tempels eingesetzt, ward auch zur Zeit Christi gefeiert, und Jesus nahm selbst teil an demselben, wie uns der heilige Apostel und Evangelist Johannes berichtet. (Ioan. 10,22.23). Die Juden feiern dieses Fest noch heute unter dem Namen Chanucca, das ist Weihe insbesondere durch Anzündung von Lichtern, dem Sinnbilde der Freude, wes¬ halb es Flavius Iosephus das Fest derLichter nennt. So wurde denn stets mit größtem Jubel das Fest der Tempelweihe von den Israeliten begangen. Um so viel mehr können wir uns, Geliebte im Kerrn, freuen und dürfen frohlocken anläßlich der Vollendungsfeier der neuen Pfarrkirche, die da eine wahre Wohnstütle, eine würdige Kofburg Gottes ist, deren nur mattes Schatten- oder Spiegelbild das Salomonische Wunderwerk war. Zudem wird Maria, dieser lebendige Tempel des Allerhöchsten, -4- 241 -4- in der lauretanischen Litanei genannt: Cuu8a nostrao laetitias, die Ursache unserer Fröhlichkeit. Und so soll denn die Freude sich offenbaren, da sie nicht verborgen bleiben kann! Im Herrn Geliebteste! Der heutige, denkwürdige Tag ist aber auch ein Tag des Dankes. Vorab müssen wir unseren demütigsten Dank dar¬ bringen der allerheiligsten Dreifaltigkeit: dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste, deren Bildnis im Glasfenster ober dem Hochaltäre prangt, für den reichlichen Segen, von dem der mühevolle Bau stetsfort begleitet war. Ja ganz gewiß, der Herr baute das Haus, deshalb arbeiteten die Bauleute nicht umsonst. Der Herr bewachte die Stätte, deshalb wachten nicht vergebens, die da wachten. (08.126,1.2). Gott hat hier das Wollen ge¬ wirkt und auch das Vollbringen. (Ltülipp. 2,13). Möge Gottes allsehendes Auge und Gottes allmächtige Kand auch fürderhin diese geheiligte Stätte bewachen und beschützen! Da aber der große Völkerapostel Paulus gebietet: Ehre, dem Ehre gebührt (Uom. 13, 7), so muß ich angesichts des herrlichen Kunstbaues meinen ehrfurchtsvollsten Dank zollen Seiner kaiserlichen und königlichen Apostolischen Majestät, unserem lieben und teuren Landesvater, Kaiser Franz Josef dem Ersten, allerhöchstwelcher für den Neubau der Marienkirche die hochherzige Gabe von 2000 Kronen aus der allerhöchsten Privatkasse allergnädigst 16 -z- 242 -x- zu bewilligen geruht hat. Ich bin glücklich und hocherfreut, daß ich die wunderschöne Vorstadtpfarrkirche zur Heiligen Maria in Marburg konsekrieren konnte wie im 22. Jahre des glorreichen Pontifikates unseres Heiligen Vaters Leo XIII., so im 52. Jahre der ruhmvollen und gesegneten Regierung unseres allergnädigsten Kaisers und Herrn, allerhöchstwelcher noch dazu am kommenden 18. August das 70. Wiegenfest feiern wird. Ferner statte ich meinen verbindlichsten Dank ab dem hohen k. k. Kultusministerium und der hochlöblichen k. k. steiermärkischen Statthalterei, als der Vertreterin des Patrones des steiermärkischen Religionsfonds, für die namhafte Unterstützung von fünfzigtausend Kronen, welche aus den Staatsmitteln großmütig gemährt und in zwei Raten flüssig gemacht morden sind. Ohne diesen Staats¬ zuschuß wäre der Monumentalbau, der bisher 800.000 Kronen kostet, noch kaum zur Vollendung gebracht worden. Ausgleichen danke ich geziemendst der mohllöblichen k. k. Bezirkshauptmannschaft von Marburg, deren Leiter zu Beginne der Vorbereitungen und Vorkehrungen zum schwierigen Baue der nunmehrige Herr k. k. Landesprä¬ sident von Kram, Seine Exzellenz Baron von Hein war, hochwelcher wie auch seine beiden Nachfolger der Herr k. k. Statthaltereirat Friedrich Marek und der gegenwärtige Herr k. k. Statthaltereirat Franz Kan- kowsky das große Unternehmen überaus wohlwollend förderten. Bester Dank sei gesagt auch allen übrigen sehr löblichen Behörden, die mit Rat und Tat das kostspielige Werk unterstützten, für dasselbe stets ein reges Interesse zeigten. Dem sehr verehrlichen Gemeinde- und Stadtrate mit seinem kunstsinnigen Haupte, dem hochgeschätzten Herrn -z- 243 Bürgermeister Alexander Nagy, empfehle ich ange- legentlichsk das hehre Gotteshaus in Obhut. Meinen tiefgefühlten bischöflichen Dank muß ich weiters sagen dem hochw. Pater Guardian und Vorstadt¬ pfarrer Kallistus Keric für die gehabten und noch auf¬ habenden außerordentlichen Sorgen, Lasten und Mühen. Der Bauherr scheute keine Opfer, er sparte keine Mühe, da er nichts in der neuen Pfarrkirche haben wollte, was der wahren kirchlichen Ästhetik widersprechen könnte. Am 16. September des vorigen Jahres schrieb er mir unter anderem: „Weil wir nichts in der Kirche aufstellen wollen, was nicht mit der kirchlichen Baukunst übereinstimmt und das Auge und den Kunstsinn des kirchlichen Kunstkenners vollkommen befriedigt, so möchten wir das Werk nicht übereilen." Dieses lobenswerte Vorhaben erinnert mich lebhaft an den erhabenen Entschluß des willenskräftigen Königs David: Das Kaus aber, so ich dem Kerrn gebaut haben will, soll dergestalt sein, daß es in allen Landen genannt werde. Darum will ich rüsten den Bedarf für dasselbe. Und des¬ halb sorgte er vor seinem Tode für alle Aus¬ lagen. (I. Ickral. 22, 5). Ich beglückwünsche nun heute den rastlos tätigen Seelsorger zum gelungenen Werke, zum vollendeten Kunst- und Andachtbaue, für welchen ihm die Mutter der Barmherzigkeit die unvergängliche Kimmelskrone erwirken möge! Zugleich danke ich herzlichst auch seinen ehrwürdigen Mitarbeitern und Mitbrüdern, welche ihn durch Rat und Gebet und durch fleißiges Sammeln milder Gaben ausgiebig und anhaltend unter- ftützt haben. Ihre vielen Verdienste flehen im Schuldbuche des Kimmels. 16* Längsschnitt durch dis Äirchs. 245 Meinen oberhirtlichen Dank sage ich ferner dem hoch¬ würdigsten Domkapitel, welches für das gottgefällige Werk spendete, was es vermochte, sowie nicht minder dem gesam¬ ten opferbereiten Diözesanklerus, der das lobwürdige Werk nach Kräften unterstützte, wie dies auch recht viele Seelsorger der Nachbardiözesen getan. Keute möchte ich gerne alle diese edlen Wohltäter und treuen Freunde des großartigen Unternehmens mit Festgeschenken bescheren und sie mit einer Agape oder einem Liebesmahle bewirten. Dafür aber rufe ich allen aus ganzem Kerzen und ganzer Seele zu: Gott vergelte es hundert- und tausend- und millionenfältig! Zum innigen Danke fühle ich mich verpflichtet gegen die herzensguten Bewohner der freudig aufstrebenden Drau- stadt für die nachhaltige Unterstützung des Bauwerkes, das da ist und bleibt die schönste Zier von Marburg. Laut der an das hochwürdigske F.-B. Lavanter Ordinariat gerich¬ teten Zuschrift der hochlöbl. k. k. Statthalterei in Graz vom 4. Dezember t896 27,7t 1 haben Marburger Bürger schon im Jahre 1849 für den gegenwärtigen Bau die bedeutende Geldsumme von 1300 Gulden in Notenrenten zusammengesteuert. Der angezogene hohe Erlaß beginnt mit den Worten: „Unter den bei der k. k. Finanzlandes¬ kassa in Graz erliegenden politischen Depositen befindet sich bereits seit dem Jahre 1849 ein aus den freiwilligen Beiträ¬ gen der Bürgerschaft in Marburg zum Neubau der mindischen Pfarrkirche in Marburg anerlaufenes Kapital, welches die Bestimmung hat, den Fonds zur Bedeckung der Kosten des Baues besagter Kirche zu vergrößern". In der Geschichte der Stadt Marburg liest man, daß seiner Zeit die Frauen und Jungfrauen Marburgs in -z- 246 Schürzen Bausteine und Ziegel aus den nahe liegenden Kalvarienberg trugen, um das liebliche Kirchlein Sank! Barbara erbauen zu helfen. Dieser fromme Sinn ist nicht ausgestorben. Diese Tradition steht noch aufrecht. Denn zum Baue der zu Ehren der Königin der Jungfrauen heute eingeweihten Kirche haben Marburgs christliche Mütter und Mädchen auch verschiedenes Baumateriale beigetragen. Unsere schöne Stadt am Draufluhstrande ziert schon eine Loretokapelle, eine große Mariensäule und schmücken viele Bilder und Statuen der Muttergottes, die an verschiedenen Bürgerhäusern angebracht sind, doch der schönste Schmuck, welcher Marburg zu einer Marienburg macht, ist und wird sein die neugeweihte wunderherrliche Marien¬ kirche. Wärmstens danke ich den Mitgliedern „des Vereines zur Erbauung der Vorstadtpfarrkirche zur Keiligen Maria, Mutter der Barmherzigkeit in Marburg", die gegenwärtig 60,550 zählen und in allen Pfarren der Diözese und auch außer der Diözese sich verteilen. Reiche und Arme, Kohe und Niedere, Gerechte und Sünder, Fröhliche und Betrübte steuerten mit der beharrlichsten Opferwilligkeit zum löb¬ lichen Vereinszwecke bei. Die Namen der freigebigen Vereinsmitglieder sind bisher in 21 großen Bänden aus¬ gezeichnet, die unter dem wundertätigen Gnadenbilde an schon bereit gehaltener Stelle im Kochaltare der neugeweihten Kirche aufbewahrt bleiben zum frommen Gedächtnisse den nachkommenden Geschlechtern. Die Namen der Stifter, die für den Kirchenbau wenigstens zweitausend Kronen widmeten, werden in der Kirche zum ewigen An¬ denken auf einer Marmortafel ausgeschrieben werden. Der Engel aber, welchen der große Prophet Ezechiel mit dem -z- 247 Schreibgrisfel in der Kand geschaut hatte (klrreek. 9, 2. 11), wird die Namen der Spender von Liebesgaben für den Prachtbau in das Buch des ewigen Lebens eintragen; er wird sie einzeichnen in die Chronik des Kimmels, die da den Titel führt: Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Und am jüngsten Tage wird das Buch aufgeschlagen, in dem alles eingetragen. Urbar soriptus proberetur, in guo totum continotur. Geld ist nur e i n G ut, w e n n man damit viel Gutes tut. Wer von diesen umfangreichen Namensoerzeichnissen Kunde erhält, wird mit Rührung und Ehrfurcht das imposante Gotteshaus betreten, das auf die edelste und idealste Art und Weise erbaut worden, in der es über¬ haupt erbaut werden konnte, nämlich aus lauter milden Gaben, diesen goldenen Früchten freier Entschließung, edler Regungen und werktätiger Gottesliebe und der Liebe Zum Nächsten. Wer aber selbst Wohltäter war, wird es doppelt freudig und gerne betreten; denn sein Auge wird da und dort einen Baustein sehen, den er selbst herbei¬ geschafft, einen Gegenstand, den er gewidmet und den Gott nicht vergessen wird. Fürwahr, dieser Kirchenbauverein ist ein gar trefflicher Verein! Andere Vereine mühen sich ab, und sehen die Früchte ihres Wirkens nicht. Diesem Vereine ist es gegönnt, die goldene Frucht gezeitigt zu sehen. Andere Vereine arbeiten in der besten Absicht, und es bleibt alles beim alten; dieser Verein hat neues geschaffen. Andere Vereine dauern fort, dieser aber sieht sein Ende, seine Auflösung heran¬ nahen. Andere Vereine haben oft nur eine vergängliche Frucht, er hat eine dauernde, die noch bei Tausenden und 248 Millionen von Menschen ewige Früchte bringen wird. Und darum ist der heutige Tag ein Jubel-, Ehren- und Ruhmestag für die Mitglieder des lobenswerten Ver¬ eines, und die erhebende Kirchweihe bleibt allen ein unvergeßliches Fest. Ganz besonderen Dank schulde ich dem hochverehrten Kerrn Architekten, dem k. k. Baurate Richard Jordan — diesem würdigen Schüler des gefeierten Dombaumeisters und k. k. Oberbaurates Friedrich Freiherrn von Schmidt — der die Pläne für die neue Pfarrkirche entworfen, dessen Ideal das Wahre und das Edle; sodann dem verdienstvollen k. k. Kofbaumeister Kerrn Josef Sch m a l z h o fer, der mit seinem tüchtigen Bauleiter Kerrn Anton Schäftner den großartigen romanischen Bau aufführte; dem hochsinnigen Kerrn k. k. Kofsteinmetzmeister Eduard Käufer, von dem man mit Recht sagen kann: 1s 83XL toguuntur; ferner dem Kerrn Josef Brandl, hierortigen Orgelbaumeister, der sich bei seinem Arbeiten nach dem heiligen Mahnworte richtet: Lobet den Kerrn auf Saiten und mit der Orgel (Ls. 150, 4); und endlich allen bei diesem Bauwerke beschäftigten Meistern und ihren Kilfgenossen, sowie auch allen braven Maurern, Arbeitern und Taglöhnern. Alle, die bei diesem Baue tätig waren, wirkten zusammen, jeder tat in seiner Weise seine Pflicht und Schuldigkeit, vollführte gerne und pünkt¬ lich das, wozu er berufen war. Darum ist auch jeder von oben herab bis zum letzten Arbeiter seines Lohnes und des Lobes wert. Gott, der Geber alles Guten, belohne alle reichlich für Zeit und Ewigkeit! Die neue Pfarrkirche bleibt ein sichtbares, unvergängliches Ehrenzeichen ihres Wissens und Könnens, sie bleibt ein immerwährendes 249 Denkmal ihres Fleißes und Eifers, ihres Schaffens und Strebens. Schließlich danke ich gerührt noch für das geistige Almosen des Gebetes, das da nicht das letzte ist beim Kirchenbaue. Und gebetet wurde viel, und heilige Messen wurden viele Gott aufgeopfert. Außer fünfzehn heiligen Messen, die laut Statuten des obbelobten Bauvereines (8 5 b) an jedem ersten Monatssamstage und am 25. Jänner, 13. Juni und ll. August alljährlich gele¬ sen werden, werden noch überdies täglich zwei heilige Messen für alle lebenden und verstorbenen Vereinsmit¬ glieder und Wohltäter zelebriert. Auch ich habe heute das erste heilige Meßopfer in der neugeweihten Kirche für das wahre Wohl und Keil der Förderer des riesigen Unternehmens dargebracht. Fürwahr, welch großen Dank verdienen die Wohl¬ täter dieser neuen Pfarrkirche, wenn wir in die Zukunft schauen! Kier wird die göttliche, ewige Wahrheit verkün¬ det inmitten der verderblichen Irrtümer unserer Zeit, und von hier aus wird Licht und Wärme hinein-strahlen und strömen in die Kerzen aller, die Gottes Vorsehung in dieses geheiligte Kaus führen wird. Und kommen werden hier¬ her heilsbeflissene Seelen, und werden reichliche Gnaden schöpfen aus den Quellen der Sakramente. Kommen wer¬ den hierher arme Sünder, und Christi Blut wird sie heileu und retten. Kommen, werden Zweifler und Spötter, aber vor dem Keilande am Olberge wird schwinden der Zweifel und verstummen der Spott. Kommen werden Betrübte und Leidende, und Maria, die Trösterin der Betrübten, wird sie stärken und neu aufrichten. Kommen werden Kinder mit prüfenden Augen und empfänglichen Kerzen, -r- 250 lind sie wen en Keime der Gnade mii sich forttragen. Komnmn werden Scharen von Marienverehrern, und wer¬ den als Apostel ihrer Verehrung von dannen ziehen. Und dies alles wird heilsam wirken in Familien und Gemeinden. Denn wo der Mensch mit Gott und Maria gut steht, da steht er gut auch mit den Menschen. Welch ein Segen ist demnach die neue Pfarrkirche! Und ihre Erbauer verdienen den Dank für jede Seele, die hier von Sünden und Zweifeln befreit wird; für jeden Be¬ sucher, der hier besser wird und dann heilig lebt und heilig stirbt; für jede Träne, die hier vor himmlischer Freude oder vor lauterer Reue fließen, und für jede, die hier getrocknet wird. Sie helfen so retten diejenigen, für welche Gottes Sohn litt und starb; darum wird sie dank¬ bar sein Kerz umfangen. Sie retten so die Schmerzens¬ kinder Mariä, der Mutter aller Menschen, und ziehen so ihr das Schwert aus der Brust. Und sie bekennt sich als ihre Schuldnerin. Jesu Lohn aber und Mariens Dank gehen über Königslohn und Königsdank; denn sie dauern ewig. Ich habe im hochheiligen Meßopfer aber auch jener Wohltäter dankbarst gedacht, die uns schon ins Jenseits vorausgegangen sind, und die am heutigen Weihfeste gewiß mit Freuden auf das mit ihrem Zutun aufgebaute Gottes¬ haus herabblicken. Kiebei kam mir der tröstliche Gedanke: gar viele Wohltäter und Gönner dieses schönen Bauwerkes werden schon längst im Grabe ruhen, doch hier in dieser neuen Muttergotteskirche werden noch immer heilige Messen für ihr ewiges Keil zelebriert werden. Ihr Andenken wird bei der Nachwelt gesegnet bleiben, und ihre Verdienste für die Ewigkeit werden zunehmen, insolange die neue 251 -Z- Pfarrkirche stehen und in ihr heilige Wessen und fromme Andachten für ihre Wohltäter verrichtet werden. Kiedurch wird ihnen ein sie ewig beseligender Auferstehungsmorgen bereitet. O, zuletzt danke ich innigst auch jenen, die nur den frommen Wunsch hatten: das heilige Werk möge trefflich gelingen und baldigst vollbracht und gekrönt sein. Viele wollten sich gewiß am erhabenen Bauwerke beteiligen, sie konnten es aber nicht. Von diesen gilt der Spruch: Votuorunt. keeerunt. Gewollt, gewirkt. Ja, als Diözesan¬ bischof sage ich tiefempfundenen Dank für jeden Baustein, groß und klein, auch für jedes Sandkörnlein, das im Mörtel, das im Kitt der Bausteine eine mächtig verbindende Rolle spielt. Hundertfältig vergelte es Gott jedem einzelnen und allen zusammen, die sich Verdienste erworben haben um das glückliche Zustandekommen des majestätischen Baues, der Jahrhunderte überdauern wird. Ben oct teti erunt. gut ASäikiLavorint te. Gesegnet werden sein, die dich, o heilige Stätte, erbaut haben, so betete ich heute zum wiederholtenmal während der Konse- krierung der neuen Kirche. And dieses Gebet wird auch erhört werden. Za, erfüllen wird sich, um was wir Prie¬ ster bei der Einweihung des neuen Gotteshauses gebetet haben, „daß alle, die in reiner Absicht zur Erbauung der Kirche beigetragen haben, die Wohlfahrt des Leibes und das Keil ihrer Seelen erlangen". Im Kerrn andächtig Versammelte! Das heutige freudenreiche Kirchweihfest möge werden der Beginn des Segens für die Stadt, des Segens für Seitenansicht der Kirche. 253 -Z- das Land, des Segens für alle, die da knien und beten werden, um Gott zu loben, Maria zu preisen und die Engel und die Heiligen zu ehren. Von allen Besuchern dieses Gotteshauses möge gelten, was der göttliche Heiland von dem im Tempel demütig betenden Zöllner gesagt, wie es das morgige Sonntagsevangelium be¬ richten wird. Dieser ging gerechtfertigt nach Hause. (l>ue. 18, 14). Was Gott zu Salomon anläßlich der Tempelweihe sprach, das möge auch hier sich bewahrheiten und in Er¬ füllung gehen: „Ich habe dein Gebet erhört, und diesen Ort mir zum Opfer auserwählt. Wenn mein Volk sich bekehrt und zu mir fleht und mein Angesicht sucht und Buße tut.. so will ich sie erhören vom Himmel und gnädig sein ihren Sünden. Auch sollen meine Augen offen und meine Ohren aufmerksam sein auf das Gebet des¬ jenigen, der da betet an diesem Orte; denn ich habe diesen Ort erwählt und geheiligt, daß mein Name hier sei ewiglich, und meine Augen und mein Herz sollen da bleiben alle Tage". (11. kckral. 7, 12-16). Die Worte des herrlichen 131. Psalmes, der wohl gelegentlich der feierlichen Einweihung des Tempels — dieses größten Heiligtums der vorchristlichen Zeit, des Sinnbildes eines erhabenen Gottesbegriffes, des Herzens Je¬ rusalems — verfaßt und gesungen worden ist, mögen auch hier in noch höherem Maße und in noch tieferem Sinne ihre Geltung haben und behalten: „Erhebe dich, o Herr, zu deinem Ruhesitz, du und die Lade deiner Heiligung! Laß deine Priester antun Gerechtigkeit: laß deine Heiligen frohlocken! -z- 254 -Z- Das ist mein Ruhesitz, spricht der Kerr, ewiglich; hier will ich wohnen; denn ich habe ihn erkoren. Die Witwen will ich da segnen, und die Armen hier sättigen mit Brot. Da will ich die Priester in Keil kleiden, und die Keiligen werden jubeln und frohlocken." (Ls. 131, 8. 9. 14—16). Meine Lieben, die Welt liegt im Argen. Ein neues Jahrhundert wird bald beginnen. Möge es doch ein gutes und glückliches sein! Zu diesem Ende lasset uns eifrig beten und Maria fleißig verehren! Maria, ohne Makel der Erb¬ sünde empfangen, ist schon im ersten Augenblicke ihres Daseins der höllischen Schlange auf den Kopf getreten. Sie soll der Schlange der Zwietracht, der Scheel- und Selbst¬ sucht, die uns zu verschlingen droht, auch auf den Kopf treten und ihn zertreten, und sie möge uns werden die holde Führerin des süßen Friedens. Ist ja doch der Regenbogen, den wir auch hier in seinen strahlenden Farben abgebildet sehen, ist ja dieses wundersame, tröstliche und verheißungsvolle Zei¬ chen des Friedens ein Vorbild Mariä, der Mutter des göttlichen Friedensfürsten.' Schau den Regenbogen und preise seinen Schöpfer: Gar schön ist der¬ selbe in seinem Glanze! (8ir. 43, 12). Der Bo¬ gen wird in den Wolken stehen, und ich werde ihn sehen und eingedenk sein des ewigen 'Siehe: P. Peter Vogt 8. P, Maria in ihren Vorbildern. Marienpredigten, zurechtgelegt zu Lesungen auf die Fejte der seligsten Iungsrau. Regensburg, 1898. S. 345-370. r 255 Bundes. (I. >Io8. 9,16). So schaue denn und leuchte mit deinen Zinnen und Türmen hinein in die Stadt und weit hinaus ins Land du, stattliches Muttergotteshaus, uud künde der Nachwelt den frommen Sinn deiner Erbauer, und vermittle deinen Besuchern den dreifachen Frieden: den Frieden mit Gott, den Frieden der Seele und den Frieden mit dem Nächsten! Möge allen, die in diesem Kaus ein- und ausgehen, des allmächtigen und allgütigen Schöp¬ fers Gnade zu teil werden; und mögen dieselben stets eingedenk sein, daß des Menschen Leben ohne Gottes¬ gnade nicht das wahre Leben ist! Komm, o Kerr, in diesen Tempel, Komm herab auf unser Flehen: Neig' in ihm voll Kuld und Güte Dich der Gläubigen Gebet: Gieß' herab auf ihn die Ströme Reichen Segens immerdar! Amen! Anrede nach Vollzug der Kirchweihe gehalten beim Liebesmahle im Franziskaner-Kloster zu Marburg, den 11. August des Jubeljahres 1900. Sage! Dank bei allem; denn dies ist Gottes Wille in Christo Jesu inbezug aus euch alle. (I. Dkess. 5, 18). Äochgeehrte Festteilnehmer! ie Einweihung non neuerbauten Kirchen geschah seit altersher auf die feierlichste Weise. Der Vater der Kirchengeschichte, Eusebius, Bischof von Caesarea, ein Zeitgenosse Kaiser Konstantins des Großen, fühlt sich außer Stande, die Freude zu beschreiben, welche von allen Gesichtern strahlte, als sie die während der Chrislen- verfolgungen niedergerissenen Tempel glänzender und größer und höher sich wieder aus dem Schutte erheben sahen. „And welch ein rührender und ersehnter Anblick", ruft er begeistert aus, „war uns die Festlichkeit der Kirchweihen in den verschiedenen Städten, so wie die Weihe der neu aufgesührten Kapellen". Ausführlich berichtet Eusebius betreffs der Weihe jener prachtvollen Basilika, welche der Kaiser über dem Grabe des Erlösers zu Jerusalem erbauen ließ. Viele Bischöfe und Priester aus allen Teilen des -Z-257 -L- Reiches waren nach Jerusalem gekommen: sie alle nahmen durch einzelne Weihezeremonien, durch Darbringung des allerheiligsten Meßopfers, sowie durch Gebete und Psalmen¬ gesänge, mehrere durch Predigten an das zusammengeströmte Volk, teil an der heiligen Handlung. Der Kaiser hatte Anstalten treffen lassen, daß für das Unterkommen und die Bedürfnisse der andächtigen Pilger gesorgt wurde. Es wur¬ den sogenannte Agapen oder Liebesmahle den Festkeil¬ nehmern bereitet. Etwas ähnliches, meine Lieben, geht heute in unserer Stadt Marburg vor. Ein neues Gotteshaus ist vollendet, eingeweiht und seiner hocherhabenen Bestimmung über¬ geben. Nach der ergreifenden und auferbaulichen kirchlichen Feier haben wir uns da gleichfalls zu einer Agape oder zu einem Liebesmahle versammelt. Der heutige Tag ist für diese große Vorstadtpfarre kein gewöhnlicher Tag. Heute würden, wenn sie könnten, vor Freude aufjubeln und auf¬ hüpfen die mit Reben umkränzten Höhen und Hügel der Umgebung von Marburg. Das heute hier gefeierte Fest ist ein außerordentliches, für Stadt und Land denkwürdiges Fest. An diesem, von uns allen sehnlichst herbeigewünschten Kirchweihfeste ist es wohl würdig und gerecht, daß wir treu befolgen den apostolischen Auftrag: Saget Dank bei allem; denn dies ist Gottes Wille in Christo Jesu inbezug auf euch alle!^ ' Zur immerwährenden Erinnerung an das so seltene, wie freudenreiche Fest mögen hier die Namen der Festgäste solgen, die uns bekannt geworden sind: Vom hochwürdigsten f. b. Lavanter Domkapitel waren zugegen die Kerren: Laurentius Kerg, Domdechant: Dr. Johann KriLaniö, Kanonikus Senior; Jakob Philipp Bohinc, Dom- und Stadtpfarrer; >7 258 Natürlich, das erste Opfer unserer dankbaren Kerzen gehört Gott dem Dreieinigen. Sodann ist es geboten, daß wir eingedenk seien unserer beiden Väter: Seiner Heilig¬ keit und Seiner Majestät. Um Seiner Majestät unseres lieben und teuren Landesvaters heute dankbarst zu geden¬ ken, gibt es für uns einen besonders triftigen Grund. Seine Majestät sind nämlich ein großherziger Förderer des kunstvollen Kirchenbaues geworden, indem Allerhöchstdie- selben zwei Tausend Kronen aus der allerhöchsten Privat¬ kassa für denselben zu spenden geruht haben. Das kano¬ nische Recht gebietet, die Wohltäter der Kirche nach Ver¬ dienst und Gebühr zu ehren, wie es auch im schönen Ritus der Kirchweihe heißt: Loolsmu Aratituäivem aä kunäatoros 8UO8 6t b6netLLtoro8 O8t6väit. Die Kirche erweist stets Dankbarkeit ihren Gründern und Wohltätern. Karl Hribovšek, Sr. Heiligkeit Kausprälat; Dr. Josef Pajek, Dom¬ herr; Dr. Johann Mlakar, Domherr; Anton HajSek, Ehrendomherr, Dechant und Stadtpsarrer in Windischfeistriz. Von den k. k. politischen Behörden waren anwesend die Herren; Franz Kankowsky, k. k. Statthaltereirat; Norbert Graf Ferrari- Occhieppo, k. k. Obersinanzrat; Dr. Adalbert Leonhard, k. k. Ober¬ bezirksarzt. Von den Justizbehörden nahmen teil die Herren: Dr. Alois Föhn, k. k. Landesgerichtsrat; Dr. Gustav Wokaun, k. k. Landesge¬ richtsrat ; Dr. Karl Martinak, k. k. Landesgerichtsrat; Philipp Kermek, k. k. Gerichtssekretär. Vom Zivil beteiligten sich an der Feier noch die Herren: Felix Ferk, Magister der Chirurgie in Marburg; Dr. Franz Firbas, k. k. Notar in Marburg; Albert Ogriseg, Großindustrieller in Mar¬ burg ; Dr. Franz Radey, k. k. Notar; Heinrich Schreiner, Direktor der k. k. Lehrerbildungs-Anstalt in Marburg; Paul Freiherr von Twickel, Gutsbesitzer in Marburg; Jakob Vielberth, Direktor der Gasanstalt in Marburg. 259 Ich bin glücklich und hocherfreut, daß ich die herr¬ liche Pfarrkirche zu Ehren Mariä, der Muller der gött¬ lichen Gnade und der Schutzpatronin von Österreich, ein- weihen konnte im goldenen oder heiligen Jahre, in welchem und zwar am kommenden 18. August unser allergnädigster Kaiser und Herr allerhöchstsein siebzigstes Wiegenfest begeht. Wir bringen Seiner Kais, und König!. Apostolischen Majestät zu diesem freudenvollen, uns Österreicher beglückenden Feste in dankbarer Liebe schon heute unsere Huldigung dar, indem wir rufen, wie ein treuer Österreicher stets ruft und fleht: Gott erhalte, Gott beschütze Unfern Kaiser, unser Land! Sodann danke ich ergebensk dem hohen k. k. Mini¬ sterium für Kultus und Unterricht und der hochlöblichen k. k. steiermärkischen Statthalterei für den namhaften, aus Vom k. und k. Militär: Herr Dr. Ignaz Hermann, k. u. k. Oberstabsarzt in Marburg. Vom Gemeinde- und Stadtrate waren erschienen die Herren: Alexander Nagy, Bürgermeister (konnte wegen Unwohlsein nur der Feierlichkeit in der Kirche beiwohnen); Dr. Johann Schnöderer, Vize¬ bürgermeister ; Dr. Arthur Mally, kaiserlicher Rat, und Dr. Amand Rak, Stadtarzt. Vom hochwürdigen Säkularklerus die Herren: Bohak Franz, Vorstadtpfarrkaplan zu St. Magdalena in Marburg; Cestnik Anton, supplierender Religionslehrer am k. k. Staatsgymnasium in Cillii Cede Joses, Vorstadtpfarrkaplan zu St. Magdalena in Marburg; CiLek Alois, Religionslehrer in Marburg; öiLek Josef, F.-B. Geisil. Rat, Pfarrer und Dechant in Iaring; Dr. Franz Feus, Geistl. Rat, Theologieprofessor in Marburg; Bartholomä FrangeL, Pfarrer in St. Margarethen a. d. Pesniz; Franz Hrastelj, Pfarrer in Reifnik; Jakob Hribernik, Geistl. Rat, Spiritual in F.-B. Priesterhause in Marburg; Ludwig Hudovernik, Dom- und Stadtpfarrvikar in Mar¬ burg; Anton Jerovsek, suppl. Religionslehrer an der k. k. Staats- 17* 260 den Staatsmitteln geleisteten Beitrag von fünfzig Tausend Kronen, ohne welche munifizente Unterstützung der kostspie¬ lige Bau heute noch kaum vollendet vor unseren Augen stünde. Ich habe es für meine oberhirtliche Pflicht gehalten, Dank- beziehungsweise Einladungsschreiben zu richten an Seine Exzellenz den Kerrn Dr. WilhelmRitter von Kartel, k. k. Minister für Kultus und Unterricht, und an Seine Exzellenz den Kerrn Manfred Grafen Clary und Aldringen, k. k. Statthalter in Graz. Weiters habe ich in dankbarer Erinnerung an die mäch¬ tige Förderung des Neubaues der heute eingeweihten Pfarrkirche Begrüßungsschreiben gerichtet auch an Seine Exzellenz den Kerrn Guido Baron Kübeck, k. k. Statthalter a. D., und an Seine Exzellenz den Kerrn Viktor Baron Kein, k. k. Landespräsidenten von oberrealschule in Marburg; Martin Jurkoviü, Geistl. Rat, Pfarrer zu St. Peter bei Marburg; Jakob Kavčič, Religionsprosessor am k. k. Staatsgymnasium in Marburg; Franz Klepaö, Pfarrer in St. Oswald im Drauwalde; Anton Kocuvan, Pfarrer in Lembach ; Franz KovaciS, Doktor der Philosophie und Theologieprosessor in Marburg; Josef Krals, Geistl. Rat, Pfarrer und Dechant in Sauritsch; Jofef Majcen, Geistl. Rat, F.-B. Kofkaplan in Marburg; Johann MarkoLek, Chorvikar in Marburg; Martin Matek, Doktor roin. in iure csnvnieo, Geistl. Rat und Theologieprofesfor in Marburg; Dr. Anton Medved, Religionsprofesfor am k. k. Staatsgymnasium zu Marburg; Martin Osenjak, Pfarrer in Wurmberg; Jakob Palir, Kaplan in Zelniz; Franz Schwarz, Pfarrer in Gams; Alois Staro, Pension. Pfarrer in Laibach; Alois Sver, Seelsorger in der k. k. Män- nerftrafanftalt in Marburg; Jakob Tajek, k. und k. Militärkaplan in Marburg; Johann Topolnik, Kaplan in Gams; Bartholomäus Voh, Kons.-Rat, Kauptpfarrer und Dechant in Gonobiz; Johann VreLe, Religionsprosessor an der k. k. Lehrerbildungsanstalt in Marburg; Joses Zidanšek, Geistl. Rat und Theologieprofessor in Marburg; -k-261 Kram, gewesenen k. k. Bezirkshauptmann in Marburg. Ich freue mich von Kerzen, daß Seine Kochwohl¬ geboren, der Kerr k. k. Statthaltereirat Franz Kan- ko wsky, Vorstand der Marburger k. k. Bezirkshaupt¬ mannschaft, in unserer Mitte weilt, um ihm persönlich dan¬ ken zu können für das fördernde Wohlwollen hinsichtlich des schwierigen Bauunternehmens. Zugleich ersuche ich den hochverehrten Kerrn recht freundlich um den gütigen Liebesdienst, unser aller Dank auf geeignete Weise an den maßgebenden Stellen zu verdolmetschen. Ferner sage ich meinen herzlichen Dank dem wohl¬ löblichen Gemeinde- und Stadkrate von Marburg für das rege Interesse, welches er dem so notwendigen wie mühe¬ vollen Bauwerke enkgegengebracht hat. Da der hochgeschätzte Josef Lonaariö, Anton PeniL und Ewald VraLko: Alumnen des des F.-B. Priesterhauses in Marburg. Der Regularklerus war vertreten durch folgende Ordensper- fonen: P. Konstantin Luser, Provinzial des Franziskanerordens in Laibach; P. Kallistus Keric, F.-B. Konsistorialrat, Guardian und Pfarradministrator zur Kl. Maria in Marburg; P. Ludwig Wellen¬ thal, Geistl. Rat, Vikar des Franziskanerklosters in Marburg; P. Marcellin Caf, P. Severin Korošec, P. Valerian Landergott, P. Philipp Ben. Perc, P. Klarus Rottmann und P. Nazarius Schön¬ wetter; Franziskanerordenspriester in Marburg; P. Joannes Lopia, O. 8.I'r., Gymnasialprofessor in Kall; P. Nikolaus Meznarič, O. 8. k'r., Superior und prov. Pfarradministrator zur hl. Dreisaltigkeit in W. B.; P. Kugolin Sattner, O. 8. I'r.. Vikar und Pfarradministra¬ tor in Laibach; P. Ämilius Vollbert 8. z., Domprediger in Klagen¬ furt; I'r. Bernardin Leh, I'r. Rochus Fraß, I'r. Florian Koren, I'r. Ägidius Kovaaic, I'r. Josef Ploj. I'r. Alois 8ega und I'r. Raimund Vaupotič: Laienbrüder des Franziskanerklosters in Marburg; I'r. Vincenz Oeriä und I'r. Theodul Kramberger: Laienbrüder des Fran¬ ziskanerhospizes zur hl. Dreifaltigkeit in W. B.; I'r. Simon äurin, Drdenskleriker, I'r. Ludwig Lindner und I'r. Pantaleon Macher: -k- 262 Kerr Bürgermeister Alexander Nagy sich infolge Unwohlseins gleich nach der lang dauernden kirchlichen Verrichtung nach Kaufe begeben mußte, ersuche ich seinen hier anwesenden Stellvertreter, den hochverehrten Kerrn Dr. Johann Schmiderer, meinen besten Dank allen Kerren Gemeinde-.und Stadträten gelegentlich übermitteln zu wollen. Dadurch glaube ich meinen bischöflichen Dank auch allen , Stadtbewohnern für die willige Unterstützung des schönen Werkes gesagt zu haben. Möge Maria auch fürderhin sein die geliebte und liebende Mutter der Stadt Marburg! Nun wende ich mich aber an den hochwürdigen P. Guardian und hierortigen Pfarrvorsteher mit dem Schrift¬ worte : Daß du den Gedanken hattest,mir ein Laienbrüder des Franziskanerklosters in Graz; Vr. Peter Meister und Vr. Nikomedes Schreiner: Laienbrüder des Franziskanerklosters in Maria Lankowitz: Vr. Joannes Pichler, Laienbruder des Franzis¬ kanerklosters in Maria Trost bei Graz. Zu den Fesigästen zählten noch die Kerren: Joses Brandl, Orgelbaumeister in Marburg: Wenzel Caf, Kausmeister in Warburg: Johann Damis, Studierender der IV. Gymnasialklasse in Marburg; Andreas Dohnalik, Vergolder in Marburg; Julius Glaser, Baumei¬ ster in Marburg; Eduard Kauser, Steinmetzmeister in Wien; Anton Keric, Realitätenbesitzer in hl. Kreuz bei Luttenberg; Richard Jordan, k. k. Baurat und Architekt in Wien; Franz Kager, Gürtlermeister in Marburg; Karl KocianeiL, Steinmehrneister in Marburg; Jakob Korošec, Realitätenbesitzer in Radein; Josef Kregar, Möbeltischler¬ meister in Marburg; Mathias Marinšek, Realitätenbesitzer in Kar- Looin; Joses Melzer, Glas- und Porzellanhändler in Marburg ; Simon Novak, Kaufmann in Marburg; Karl Pirch, Schlossermeister in Marburg; Johann Rotzmann, Kunsttischler in Graz; Johann Rottmann, Realitätenbesiher in Mellingberg bei Marburg; Anton Schästner, Bauleiter in Wien; Georg Stern, Kus- und Wagenschmied in Marburg; Michael Teichmeister, Realitätenbesiher in Leitersberg. -k- 263 -4- Kaus zu bauen, daran hast du wohl getan. (III. keM. 8, 18). Um den Plan zur Erbauung einer großen Pfarrkirche zu fassen und ihn getreu auszuführen, dazu gehört mutiges, unerschütterliches Vertrauen auf Gott und auf Menschen, welchen ja Gott ein gefühlvolles Kerz gibt und sie zur Nächstenliebe verpflichtet. Und dieses seske Bauen auf Gott und starke Vertrauen auf edle Menschen haben sich hier glänzend bewährt. Die Kirche feiert heute das Fest der hl. Jungfrau und Märtyrin Filumena, die besonders ob ihres Mutes gerühmt und bewundert wird. Sie war die Tochter vor¬ nehmer Eltern und wurde als zarte Jungfrau wegen ihrer Wohlgestalt vom Kaiser Diokletian zur Gemahlin begehrt. Da sie als Braut Christi seine Kand ausschlug, ließ sie der Tyrann zuerst in einen finsteren Kerker werfen und dann am ganzen Leibe blutig geißeln. Nach ihrer wunder¬ baren Keilung gebot er, sie mit einem Anker am Kalse in den Tiberfluß zu werfen. Doch die Wellen schlugen die Gemarterte ans Ilfer, worauf Diokletian sie mit Pfeilen beschießen ließ. Ganz mit Wunden bedeckt, warfen die Schergen die Gemarterte in den Kerker, in welchem man sie aber am folgenden Tage ganz unversehrt fand. Der ergrimmte Tyrann befahl nun, glühende Pfeile auf das zarte Mägdlein abzuschnellen. Diese aber prallten ab und töteten nur die Bogenschützen. Jetzt wurde die helden¬ mütige Jungfrau auf kaiserlichen Befehl enthauptet. P. Kallistus Keric, Guardian des hiesigen Franzis¬ kanerklosters und Administrator dieser volkreichen Vorstadt¬ pfarre, stellte Sankt Filumena als geistige Bauherrin auf, weshalb denu auch die Einweihung der neuen Pfarrkirche eben heute als am Feste der christlichen Keldin stattfand. Auszug aus der Aotkirche in die neue Piarrkirche. -L- 265 Gestern am 10. August sind gerade sieben Jahre verflossen, als der Grundstein zum herrlichen Gotteshause den 10. August 1893 gelegt und geweiht worden ist. Wie König Salomon sieben Jahre an dem wunderbaren Tempel zu Jerusalem baute, so ward in sieben Jahren auch der Prachttempel zu Marburg aufgebaut. Einst sprach der Herr zum großen Heiligen von Assisi: „Gehe Franziskus, und stelle her mein Haus, das dem Einstürze nahe!" Und Sankt Franziskus ging unverweilt hin und tat nach dem Befehle Gottes. Ähnlich ging auch P. Kallistus, ein treuer Sohn des Vaters Franziskus, hin, und baute an der Stelle des alten und baufälligen Muttergotteshauses ein neues und herrliches auf. Außer Sank! Filumena verehrt der hochwürdige Guardian mit seinen Mitbrüdern einen Heiligen mit einem eigentümlichen Namen. Es ist Sankt Expeditus, der Be¬ hende oder Hurtige, dessen Fest jährlich am 19. April begangen wird. Er starb zu Melikene in Kappadokien als Blutzeuge und wird dargestelll, wie er mit dem rechten Fuße einen Raben zertritt, dessen Geschrei das lateinische Wort orn8, morgen, wiederholt. Schon der hl. Augustinus führt den Raben mit seinem Geschrei als Bild des Sün¬ ders an, der da auf die Mahnung zur Besserung antwortet morgen. Nein, nicht morgen, sondern heute sagt der hl. Expeditus, indem er entschlossen zeigt auf das Wört¬ chen boäie unter der Sonnenuhr, die da versinnbildet, daß die Zeit nie stille steht und daher benützt werden mutz. Hie und da hält Expeditus ein Kreuz in der rechten Hand, auf dem geschrieben steht: boäie, heute, als Höchst¬ weise Lehre, daß man trotz aller Schwierigkeit niemals, was man heute tun kann und soll, auf morgen verschiebe. 266 Wer weiß, ob wir morgen leben. Der hl. Expeditus wird als Patron um glückliche Vollendung aller Geschäfte ver¬ ehrt. Pater Guardian und seine Klostermitbrüder verehrten ihn fleißig und befolgten eifrig die kluge Lehre: Was du heute kannst besorgen, Das verschiebe nicht auf morgen! Fürwahr, Pfarrer und Pfarrangehörige haben das große mühselige Werk mit seltenem Gottvertrauen und unverdrossenem Eifer und zielbewuhter Energie in Angriff genommen und, begleitet vom auffallenden Segen Gottes, es glücklich und glorreich vollendet. Unser Jahrhundert, das zur Neige geht, stand unter dem Zeichen der gebenedeiten Gottesmutter Maria. Dem neunzehnten Jahrhunderte war es vorbehalten, das erfüllt zu sehen, wornach lange Zeiten sich gesehnt hatten. Die katholische Kirche errang einen Triumph, wie er glänzender kaum zu denken ist. Am 8. De¬ zember 1864 hatte der Träger des unfehlbaren Lehramtes, Papst Pius IX. unsterblichen Angedenkens, dem Erdkreise verkündet und allen als festzuhaltenden, weil durch Gott geoffenbarten Glaubenssatz erklärt die Lehre, welche be¬ stimmt, daß die allerseligste Jungfrau im ersten Augen¬ blick ihrer Empfängnis durch die besondere Gnade des allmächtigen Gottes und durch einzig dastehendes Vorrecht im Kinblick und auf Grund der Verdienste Jesu Christi, des Erlösers des Menschengeschlechtes, von jeder Makel der Erbsünde frei bewahrt worden sei. So ward der Königin der Kirche der Tribut der Dankbarkeit gezollt, und eine reiche Quelle neuer Gnaden geöffnet. Alsbald erschien wie zur sichtbaren Bekräftigung der Wahrheit des obigen Glaubenssatzes Maria als die unbefleckte Empfängnis einem unschuldsvollen Mädchen in -L- 267 -r- der Stadt Lourdes. Es blühte die Andacht zur jungfräu¬ lichen Mutter des göttlichen Erlösers allenthalben gar mächtig auf. Der altehrwürdige, aber nimmer alternde Franziskanerorden nahm den regsten Teil an der Ver¬ ehrung der Königin, ohneMakel derErbsünde empfangen. Der seraphische Orden war stets ein treuer Verteidiger dieses geheimnisvollen Vorrechtes Mariä, so daß er im obgenannten Jahre 1854 mit der Kirche beson¬ ders triumphierte. Vnd so haben die hochwürdigen Väter Franziskaner auch hier in Marburg zum Lobe Mariä eifrig gearbeitet und haben ihrer Ordenspatronin ein gar herr¬ liches Keim errichtet. Nun freilich, der Grundstein zu diesem Mariendom ist wohlgeborgen, er ruht in der Erde. Auch der Schlu߬ stein ist heute glücklich angebracht worden. Aber ein anderer großer Stein, der dem Bauherrn wie ein Alp am Kerzen liegt, ist noch wegzuwälzen: es ist der Schuldschein. Darum muß der hochw. Pater Guardian wieder ausgehen und das Netz werfen in das Meer guter Menschenherzen, um kostbare Fische zu fangen von der Art, wie Petrus einen gefangen, der eine Doppelmünze im Munde zubrachte, mit welcher der große Menschenfischer aus Bethsaida für sich und seinen göttlichen Lehrmeister die Steuerschuld bezahlen konnte. Die alte baufällige Kirche war ein Schmerzenskind des Pfarrers, möge die neue sein ein Kind der Freude, das eben heute durch die Vornahme der Einweihung die Taufe erhielt. Während der heiligen Weihehandlung kam mir der evangelische Bericht in den Sinn, in welchem es heißt: „chuis, volens turrim aeckitreare, non prius sockens eompuMt sumtus, gui neeessarü sunt, si kabeat ack pei ti- 268 eionäum, ne postaaguam posvarit kunäamantum ei non potuarit partioera, omnas, 4m viäeni, inoipiavt illuäere ei, äiesnies: (^uiakio komo eoexii aeäikenre ei non poiuit eonsunnnare.« (Uua. 14,28—30). Der Bericht über unseren Bau müßte anders lauten. Pater Guardian wollte nicht nur einen Turm, sondern zwei Türme und dazu noch eine Kirche und ein Kloster erbauen, und sitzend überdachte er den nötigen Kostenaufwand so, daß, nachdem er den Grund gelegt und den Bau vollenden konnte, alle, die dies sehen, anfangen, ihn zu loben, indem sie sprechen: Dieser Mann begann zu bauen und konnte es vollbringen. Nun, diesen gerechtes Lob und verdiente Anerkennung zollenden Beurteiler» des Neubaues will auch ich bei¬ gezählt sein. Und darum habe ich dem hochw. Pater Pfarr¬ administrator eine Auszeichnung zugedacht, deren er sich mit Gottes gnädiger Gewährung lange erfreuen möge. Mein Kerr Kofkaplan und Sekretär möge nunmehr das von mir ausgestellte Belobungs- beziehungsweise Ernen¬ nungsdekret des hochw. Paters zum Fürstbischöflichen Ehren-Konsistorialrate hier verlesen. Es lautet: Xr. 34. I'rass. Kochwürdiger P. Guardian und wohlverdienter Pfarradminislrator! Der Geist Gottes verkündet im Buche des weisen Siraziden im dritten Kauptstück und fünften Vers die hochbedeutsame Wahrheit: 8icut gui tkesauri^at, ita et gut konoriüoat matrem 8uam. Gleichwie der, welcher Schätze sammelt, so ist, wer seine Mutter ehrt. Wenn das schon von den leiblichen Eltern gilt, dann 269 mutz es sich um so mehr bewähren, wenn wir die gedachten Schriftworte im höheren, im geistigen Sinne nehmen. Sie, hochwürdiger Pater Guardian und Pfarrad¬ ministrator, haben nicht bloß Vater und Mutter geehrt, denen Sie Ihr irdisches Dasein verdanken, Sie haben noch mehr geehrt die heilige Kirche und den heiligen Vater Franziskus, dessen treuer Sohn Sie sind. Zumal aber haben Euer Kochwürden geehrt jene Mut¬ ter, die da ist hochgebenedeit unter den Frauen, die Mutter Christi, unser aller Mutter durch die Gnade Christi, und haben ihr ein schönes Keim, einen königlichen Palast erbaut. Es freut Mich im Grunde des Kerzens, daß ich die Vollendung des schönen Kunst- und Andachtsbaues erlebt habe. Sie haben sich durch diese ausgezeichnete Ehrung der glorreichen Kimmelskönigin einen reichen Schatz für den Kimmel erworben. Ich will Ihnen aber auch ein Denkzeichen Meiner Zufriedenheit und Meines Dankes geben und ernenne Sie hiemit zum Fürstbischöflichen Lavanter Ehren-Konsisto- rialrate und erteile Ihnen unter einem die Befugnis, sich der mit dieser Auszeichnung verbundenen Privilegien bedienen zu können. Gott bestärke Sie im Guten und verleihe Ihnen eine glückliche Vollendung! Gegeben in Unserer Fürstbischöflichen Residenz zu Marburg, am 11. August 1900. U. 8. ch M ich a el, Fürstbischof. Indem ich den jüngsten F.-B. Lav. Konsiskorialrat herzlich beglückwünsche und ihm zugleich noch für das 270 Liebesmahl, das er uns nach altehrwürdiger christlicher Sitte bereitet, verbindlichst danke, mutz ich auch seiner lieben Mitbrüder lobend gedenken. Hochverehrte Anwesende! Der Franziskanerorden besitzt große, mit Recht geehrte und gerühmte Männer, wie den Stifter und Vater Sankt Franziskus, den besten Reformer der Sitten der Menschen seiner Zeit und späterer Jahrhunderte, ferner den seraphischen Kirchenlehrer Sankt Bonaventura, den wundermächtigen Heiligen der ganzen Welt, Sankt Antonius, ferner Thomas von Celano, den Dichter des erschütternden viW irae, dies Ma, weiters laoo- pone da Vodi, den Sänger des ergreifenden 8tadat mater dolorosa, und viele andere Heroen an Geist und Gemüt. Auch Berthold Schwarz, der Erfinder des Pulvers, war ein Franziskaner im Kloster zu Freiburg. Die Wirksamkeit der Franziskaner ist eine stille, sehr reich gesegnete. Auch die ehrwmdigen Franziskaner von Marburg arbeiten in heiliger Stille überaus segensreich. Sie unter¬ stützen ihren Vorsteher in allen Arbeiten und Unterneh¬ mungen auf das kräftigste. Zum Zeichen meiner hohen- priesterlichen Dankbarkeit ernenne ich ihren Senior, den hochwürdigen Pater Ludwig vonWellenthal, zum Fürstbischöflichen Lavanter Geistlichen Rate mit dem nach¬ stehenden Dekrete: Xl'. 35. l'raes. An den Wohlehrwürdigen P. Ludwig von Wellenthal, Vikar des Franziskanerklosters in Marburg. In gerechter Würdigung Ihrer bisherigen muster¬ haften priesterlichen Haltung, in lobender Anerkennung -Z- 271 Ihrer vieljährigen sehr verdienstvollen Wirksamkeit in Mar¬ burg, in besonderer Berücksichtigung Ihrer gesegneten Tätig¬ keit als Konfessarius vieler Seelsorgepriester und der Kle¬ riker Meiner Diözese, wie nicht minder in Bedachtnahme auf Ihr bei dem Baue der neuen, heute konsekrierten Vor¬ stadtpfarrkirche zur Keiligen Maria in Rat und Tat geleisteten Dienste, ernenne Ich Sie hiemit zum Fürst¬ bischöflichen Lavanter Geistlichen Rate und erteile Ihnen unter einem die Befugnis, sich der mit dieser Auszeichnung verbundenen Privilegien bedienen zu dürfen. Gegeben in Unserer Fürskbischöflichen Residenz zu Marburg, am I I. August 1900. U.8. ^Michael, Fürstbischof. Kochgeschätzte Gäste! Je schwerer das Werk war, welches ich heute durch die kirchliche Weihe gekrönt habe, desto größer und inniger muß auch unser Dank sein jenen ge¬ genüber, durch deren rastlose Mühen und Anstrengungen es so vortrefflich gelungen ist. Ich fühle mich da in der Seele verpflichtet und im Kerzen gedrängt, meinen bischöf¬ lichen Dank zu sagen vorab Seiner Kochwohlgeboren, dem kunstbeflissenen Kerrn Richard Jordan/ Architekten und k. k. Baurate in Wien, dessen Brust viele Orden als sichtbare Zeichen wohlerworbener Verdienste zieren. Da- ' Richard Jordan war zu Wien am 6. März 1847 als der Sohn eines k. k. Baubeamten geboren, vollendete seine Studien an der k. k. Akademie der bildenden Künste unter den Professoren van der Nüll, Röhner und Schmidt. Vom Professor und Dombaumeister Friedrich Schmidt wurde Jordan zur Leitung des Baues der katholischen Pfarrkirche im Wiener Bezirke Brigittenau berufen. Bei Vollendung dieses Baues erhielt er das goldene Verdienstkreuz mit -Z- 272 mik der Dank nicht vergehe, sondern währe, habe ich ihn schriftlich aufgesetzt und lasse ihn nun laut vorlesen. ^37. I'rass. Euer Kochwohlgeboren! Der Kerr k. k. Kofbaumeister Josef Schmalzhoser be¬ gann am 4. Juli 1892 den Neubau des Klosters der wohlehr¬ würdigen Patres Franziskaner zu Marburg. Am 26. Juli 1892 wurde der erste Spatenstich für die mit dem vorgenannten Kloster ein Ganzes bildende Marienkirche vollzogen. Die Pläne für diesen Monumentalbau haben Euer Kochwohlgeboren zu entwerfen und durchzuführen die Güte gehabt. Der Bau ist glücklich situiert worden und macht auf den Beschauer, der sich ihm von Osten naht, einen recht günstigen Eindruck. Die schönen architektonischen Verhältnisse des Innern, die sorgfältige Gliederung aller größeren Mauerflächen, die innige Karmonie des zur Verwendung gelangten Schmuckes, die sehr gute Akustik und das dadurch bedingte Zusammen¬ wirken und Ineinandergreifen des Gesanges und der Orgel¬ töne, das alles ringt dem Besucher die Anerkennung ab: Kier ist nichts anderes, als GottesKaus und eine Pforte des Kimmels. (I. Nos. 28, 17). der Krone. Im Jahre 1870 machte Jordan als Baumeister sein Examen. Er war auch lehrämtlich tätig und zwar in Wien an der bis 1885 bestandenen I. österreichischen Baugewerbeschule. Richard Jordan hat eine bedeutende Anzahl größerer und kleinerer kirchlicher und profaner Bauten ausgesiihrt und besitzt außer einigen Allerhöchsten Anerkennungen auch das Ritterkreuz des päpstlichen Silvester-Ordens. -2- 273 Diese Kirche is! aber noch im besonderen eine Kim- melspforte, weil sie geweiht ist der Mutter der Barm¬ herzigkeit, welche in der lauretanischen Litanei bedeutungs¬ voll die Pforte des Kimmels genannt wird. Mit dieser Bestimmung des Keiligtums steht dessen reiche Aus¬ schmückung im tiefsinnigen Zusammenhangs. Keißt es doch im Buche der Psalmen: Es steht die Königin zu deinerRechtenimGoldgewan de, umgeben von bunter Pracht. (?8. 44, 10). Möge es dem Zusammenwirken aller Künste und Wissenschaften, welche, Kerr Architekt, so glücklich in den Dienst Gottes zu stellen verstanden haben, gelingen, mit Gottes Gnade recht viele zu Maria und durch dieselbe zu Christus hinzuführen, damit sie so zu Frieden und Ruhe hier auf Erden gelangen und nach diesem Leben den Weg zum himmlischen Frieden finden! Soll ja jedes kirchliche Bauwerk zu Gott hinführen, dessen sichtbare Offenbarung durch das Werk der Er¬ schaffung und Erlösung des Menschengeschlechtes in ihm versinnbildet erscheint: Sein — nämlich Gottes — An- schaubares wird, von der Weltschöpfung aus durch das, was geschaffen worden, geistig wahrgenommen an geschaut, nämlich seine ewige Macht und Göttlichkeit. (Kom. 1, 20). In Ansehung dieser Ihrer Verdienste um die Bele¬ bung der kirchlichen Kunst und dadurch auch mittelbar um den Aufschwung des kirchlichen Lebens in der Lavanter Diözese, fühle ich mich in angenehmer Weise verpflichtet, Euer Kochwohlgeboren den gebührenden Dank zu sagen und die wohlverdiente Anerkennung auszusprechen. 18 274 -L- Gott, der ein treuer Vergelter ist, möge es Kerrn k. k. Baurate lohnen, was durch Sie in der Lavanter Diözese für die kirchliche Kunst und für das Seelenheil der Gläubigen gewirkt worden ist! Marburg, am 11. August 1900. I..8. Dr. Michael Napotnik, Fürstbischof. Ein ähnliches Dank- und Anerkennungsschreiben habe ich auch für den Kerrn JosefSchmalzhofer,k. k. Kof- baumeister in Wien, Besitzer des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone, bestimmt? Leider ist der Kerr Baumeister durch Erkrankung an dem Erscheinen zur heutigen Fest¬ feier verhindert worden. Nr. 36. prass. Euer Kochwohlgeboren! Am 4. Juli 1892 begann der Neubau des Klosters der wohlehrwürdigen Patres Franziskaner zu Marburg. Die Pläne hiefür sowie für die neuzuerbauende Kirche der Keiligen Maria, Mutter der Barmherzigkeit, hat über Ihren Vorschlag Kerr Richard Jordan, Architekt in Wien, entworfen. ' Der Glücksradkalender für das katholische Österreich (Wien, 1893) brachte auf Seite 58 das Bild des auch mit dem Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens ausgezeichneten Mannes und kurze Bemer¬ kungen über seine vielseitige Wirksamkeit. Josef Schmalz Hofer, geboren in Oberösterreich im Innviertel, arbeitete zuerst als ländlicher Maurerlehrling, dann als Geselle und Polier; später wurde er Meister, Stadtbaumeister und endlich k. k. Kosbaumeister. Unter den zahlreichen, von ihm ausgeführten Bauten seien erwähnt: Das Kaus der Barmherzigkeit (auch Spital der Unheilbaren genannt), die St. Severinuskirche in Währing, die Kirche und das Kloster der Karme¬ litinnen in Baumgarten bei Wien, derselben Kloster und Kirche in -Z- 275 Am 26. Juli 1892 wurde der erste Spatenstich für die neue Marienkirche vollzogen. Am 2. Juli 1893 wurde das allerheiligste Altarssakrament und das altehrwürdige Gnadenbild Mariä von der zu demolierenden in die pro¬ visorische Vorstadtpfarrkirche im Osttrakte des neuen Fran- ziskanerkloskers übertragen. Am 10. August 1893 wurde der Grundstein für die neue Kirche geweiht. Am 16. August 1895 fand die Weihe der beiden Turmkreuze und des Firstkreuzes statt. Am 13. Oktober 1895 wurden die fünf neuen Kirchenglocken geweiht. Keule endlich, am 11. August des Schlußjahres des neunzehnten Iahrhundertes, geht das monumentale Bau¬ werk, dessen bereits anerlaufenen Kosten 800.000 Kronen betragen, welche Summe sich aber samt der inneren Ein¬ richtung auf eine Million Kronen erhöhen wird, dadurch seiner Vollendung entgegen, daß die Kirche und die Altäre durch den Diözesanbischof die kirchliche Weihe erhielten. Zur Vollendung dieses Mesenwerkes, zu dem wir alle, jeder in seiner Arl, nach Gottes gnädigem Date beizutragen gewürdigt worden sind, bedurfte es in der Mayerling, das fürsterzb. Knabenseminar in Oberhollabrunn, die Redemptoristen-Kirche in Puchheim in Oberöfterreich, das Redempto- risten-Kloster und Kirche in Dornbirn (Vorarlberg), das Kloster und öie Kirche Unserer lieben Frau von der immerwährenden Kilfe in Kemals, die St. Joseph-Votivkirche in Weinhaus (18. Wiener Be¬ zirk), die St. Leopolüs-Votivkirche in Gersthof bei Wien, das Kloster und die Kirche der Töchter der göttlichen Liebe in der Jac- guingasse in Wien, das Kloster und Pensionat der Damen vom hl. Kerzen Jesu (SsLrö Soeur) in Preftbaum, das Norbertinum des katholischen Waisen-Kilfsvereines u. s. w. >8' Ansicht der Lhorabside. -r- 277 -8- Tat aller sieben Gaben des Heiligen Geistes: der Gabe der Weisheit und des Verstandes, des Rates und der Stärke, der Wissenschaft, der Gottseligkeit und der Furcht des Herrn. Dieser hehren Geistesgaben suchten sich Herr Hof¬ baumeister dadurch würdig zu machen, daß Sie mit allen Ihren Werkleuten täglich mit dem Gottesdienste die Arbeit einleiketen rind mit einem Dankgebete am Abende be¬ schlossen. Ihr Wirken war so ein beständiger Gottesdienst, und dieses Bauwerk, dessen Baufonds der Hauptmasse nach aus christlichen Almosen bestanden ist, ist gleichsam ein versteinertes christkatholisches gutes Werk, das uns wohl im Buche des Lebens gut geschrieben worden ist. Angesichts des glücklich vollendeten Gotteswerkes fühle ich mich angenehm verpflichtet, Euer Hochwohl¬ geboren hiefür meinen bischöflichen Dank abzustatten. Gott möge Ihnen, Herr k. k. Hofbaumeister, auch im Himmel ein Vergelter sein für das, was Sie für die Lavanter Diözese durch diesen Bau geleistet haben! Marburg, am 11. August 1900. 1^.8. Dr. Michael Napotnik, Fürstbischof. Indem ich nun Gott den Herrn bitte, daß er auf die mächtige Fürsprache Mariä dem Herrn k. k. Hofbaumeister baldigst vollkommene Gesundheit verleihen möge, kann ich nicht umhin, auch seinem tüchtigen Bauleiter, dem Herrn An ton Schäftner, meinen warmen Dank durch ein eigenes Schreiben auszudrücken. -k- 278 - r Nr. 39. krass. Euer Wohlgeboren! Mit Rücksichtnahme auf die großen Verdienste, welche sich Euer Wohlgeboren, im Dienste des Herrn k. k. Hof- baumeisters Josef Schmalzhofer stehend, um das Zustande¬ kommen des monumentalen Neubaues der Vorstadtpfarr¬ kirche zur Keiligen Maria, Mutter der Barmherzigkeit, in Marburg erworben haben, fühlt sich das Fürstbischöfliche Lavanter Ordinariat in angenehmer Weise verpflichtet, Euer Wohlgeboren für diese Ihre hervorragende und sehr ersprießliche Mühewaltung den geziemenden Dank und die lobende Anerkennung auszusprechen. F.-B. Lavanter Ordinariat zu Marburg, am 11. Au¬ gust 1900. I.. 8. D r. M ich a e l N a p o t n ik, Fürstbischof. Großen Dank schulde ich Seiner Hochwohlgeboren, dem Herrn k. k. Kofsteinmetzmeister in Wien, Eduard Hauser, für die gelieferten schönen Arbeiten, wie nicht minder für den oft und oft durch geduldige Wartung auf den verdienten Liedlohn bekundeten Edelsinn. Nr. 38. krass. Euer Hochwohlgeboren! In Würdigung Ihrer hervorragenden Verdienste, welche sich Euer Hochwohlgeboren als Skeinmehmeister um das Zustandekommen des monumentalen Neubaues der Vorskadtpfarrkirche zur Heiligen Maria, Mutter der Barmherzigkeit, in Marburg erworben haben, fühlt sich das Fllrstbischöfliche Ordinariat in angenehmer Weise ver- -Z- 279 pflichtet, Euer Kochwohlgeboren für diese Ihre außer¬ ordentliche und sehr ersprießliche Mühewaltung den ver¬ bindlichsten Dank und die wohlverdiente Anerkennung auszusprechen. F.-B. Lavanker Ordinariat zu Marburg, am I I. August 1900. 1.. 8. Dr. Michael Napotnik, Fürstbischof. Dauäate Dominum in oboräis et orMno! (Ls. 150, 4). Lobet den Kerrn auf Saiten und mit der Orgel! In treuer Befolgung dieser Aufforderung des gefeierten Psal¬ mensängers und Karfenschlägers David, schuf Kerr Josef Brandl, Orgelbaumeister in Marburg, für die neue Ma¬ rienkirche ein Orgelwerk, welches mit seiner Töne Zauber die Ehre Gottes, aber auch das Lob seines Meisters mächtig verkündet. Diesem Lobe stimme auch ich bei und drücke ihn schriftlich also aus: Xr. 40. ?rL68. Euer Wohlgeboren! In der neuen Vorstadtpfarrkirche zurKeiligen Maria, der Mutter der Barmherzigkeit, in Marburg haben Euer Wohlgeboren eine Orgel aufgestellt, die als ein Werk, das nicht nur dem Meister, sondern auch dem hochwürdigen Konvente wie der Stadt Marburg zur größten Ehre gereicht, anerkannt worden ist. In Ansehung Ihres hiedurch bekundeten außer¬ ordentlichen Talentes, wie nicht minder in Würdigung Ihres großen Fleißes bei Aufführung dieses herrlichen Werkes, das mit seiner Töne Zauber den Zuhörer zu Gott hinführen wird, dessen Ehre es besingt, fühlt sich das 280 -x- F.-B. Ordinariat in angenehmer Weise verpflichtet, Euer Wohlgeboren hiefür den oberhirtlichen Dank und die verdiente Anerkennung auszusprechen. F.-B. Lavanter Ordinariat zu Marburg, am 11. August 1900. 1^.8. Dr. Michael Napotnik, Fürstbischof. Kochverehrliche Festgäsle! Zum Schlüsse danke ich bestens allen Wohltätern und Förderern des gewaltigen Werkes. Wie schön ist es doch, dah die neue Geldwährung die Namen aus der heiligen Schrift gewählt, welche von K e ll e rn der Witwe und von Kronen der Belohnung spricht. Jene nun, die ihre Silberkronen oder ihre Keller für die Erbauung dieses stattlichen Gottes¬ hauses geopfert haben, mögen vom Könige des himm¬ lischen Reiches die unvergängliche Krone des Lebens erhalten! Sei treu bis in den Tod, und ich will dir geben die Krone des Lebens, (^poo. 2, 10). Sie, die für die Behausung des neutestamentlichen Opfers beigesteuert haben, mögen erhalten das Lob und den Lohn, den die evangelische Witwe aus dem Wunde Jesu in Gegenwart der Apostel und der Volksmenge empfangen, als sie zwei Keller in den Opferkasten zu Gunsten des jüdischen Tempels geworfen! (Ime. 21, 3). Freilich, manche konnten nicht gleich ein Talent Silbers spenden, aber sie opferten willig und freudig den Denar der Witwe. Mit dieser kleinen Opfergabe konnte kein Baustein gestiftet werden, doch das kleine Geschenk, der Sparpfennig des Armen, hat einen Kellenwurf Mörtel -Z- 281 abgegeben, und auch der ist nötig, um die Fugen des Stein- und Ziegelbaues zu füllen, um die Steine und Ziegel für Jahrhunderte festzukitten. Darum sei allen für alles herzinnigst gedankt, und Gottes reichlichster Segen auf alle herabgefleht! Ja, schwer, sehr schwer war das Unternehmen; aber es hat ja ein jedes gute Werk seine Schwierigkeiten. Auch die Rebe muß tränen, ehevor sie die edle Frucht zeitigt. Und die Weintraube muß gepreßt werden, bevor sie köstlichen Wein spendet. Ich erhebe nun den Becher voll goldigen Weines und trinke auf das Wohl aller Wohltäter der heute von mir feierlichst konsekrierten Marien¬ kirche. Vivant in aetsrnum ot ultra! Viat! S S hervorragenden Mithelfers an der würdigen Ausstattung unserer Marienkirche muß ich hier MW noch besonders gedenken und ihm den verdienten Dank abstatten. Es ist der hochgeehrte Kerr Josef Kott, k. und k. Kos-Dekorationsmaler. Der tüchtige Meister war 1842 zu Freiberg in Mähren geboren, besuchte in Teschen die Realschule, in Wien die Akademie der bildenden Künste und wandte sich dann der Dekorationsmalerei zu. Studienhalber besuchte er öfters Italien. Als er später größere Aufträge in Rumänien und in Bulgarien erhielt, machte er einige Reisen nach Griechenland, Türkei, Palästina und Ägypten, um da die Innendekoration der alten byzantinischen und arabischen Bauten kennen zu lernen. -Z- 282 -2- Als Anerkennung seiner gediegenen Arbeiten in Österreich-Ungarn erhielt Herr Josef Kott von Seiner Heiligkeit Papst Leo XUI. das Ritterkreuz des St. Sil¬ vester-Ordens und das Komturkreuz des St. Gregor- Ordens. Von Seiner Majestät Kaiser Franz Josef I. wurde er mit dem Titel eines k. und k. Hofdekorations¬ malers ausgezeichnet. Für die Arbeiten in Rumänien bekam er das Ritter¬ kreuz des Kronen-Ordens und wurde zum Hofmaler ernannt, ebenso in Bulgarien. Seit einiger Zeit hat sich der verdienstvolle Künstler aus Gesundheitsrücksichten ins Privatleben zurückgezogen. Seine Nachfolger wurden Knausz und Franz Pruzsinszky von Pruzsina. Der k. k. Professor, Herr Rafael Grünnes, welcher die Skizzen zu den zwei großen Gemälden im Presbyterium „Die Verleihung des Portiunkula-Ablasses" und „die Stigmatisation des hl. Franziskus" entwarf, war am 27. Mai 1851 zu Wien geboren. Vom Jahre 1869 bis 1874 studierte er an der k. k. Akademie der bildenden Künste und von 1874 bis 1876 an der k. k. Kunstgewerbe¬ schule des k. k. österreichischen Museums in Wien. Ferner besuchte derselbe von 1880 bis 1884 an der Wiener Aka¬ demie der bildenden Künste die Spezialschule des berühm¬ ten Historienmalers Josef Mathias vou Trenkwald (* 1824 zu Prag und ch 1897 zu Perchtolsdorf bei Wien), der im Geiste der Nazarener monumentale Geschichtsbilder (z. B. für die Wiener Votivkirche) schuf. Vom tüchtigen Meister Rafael Grünnes wurden unter anderem im Auftrag des hohen k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht ausgeführt: 14 Bilder zur Illustra¬ tion der Apostelgeschichte (1877), 101 Zeichnung zur „Er- 283 Läuterung der Biblischen Geschichte des Alten und Neuen Testamentes" von Johann Panholzer, die im k. k. Schul¬ bücherverlage erschien und vom Gesamt-Episkopate Öster¬ reichs approbiert wurde. Ferner besorgte Grünnes 180 Feder¬ zeichnungen für die Firma Benziger in Einsiedeln, 130 Feder¬ zeichnungen für den St. Norberkus-Kunskverlag in Wien und 63 Kartons für die Chorfenster der St. Ludgerus Kirche in Billerbeck bei Münster in Westfalen (1895 bis 1897). An dieser Stelle will ich ein bescheidenes Denkmal errichten auch noch drei guten, schlichten Ordensbrüdern, die sich bei unserem Kirchenbau ein unvergängliches Monument, allerdings nicht vor der Welt, aber vor Gott, gesetzt haben. Es möge in diesem Druckwerke der Ver¬ gessenheit entrissen werden, was die drei braven Brüder bei diesem Kirchenbauwerke geleistet haben. Vorerst erwähne ich die beiden Ordensbrüder, welche allgemein Sammler von Gottes Gnaden genannt worden sind; so groß war nämlich ihr Eifer für das Kaus der Gottesmutter, und so gesegnet und erfolgreich waren ihre Sammlungen. Der erste ist der kr. R o chu s F raß,Tertiär. Er war am 29. Mai 1837 in der Pfarre zur Keiligen Dreifaltigkeit in W. B. geboren, erhielt am 25. Mai 1877 in Graz das Franziskaner-Tertiarenkleid und starb am 1. Jänner 1902 in Marburg.— Sein treuer Mitarbeiter war der Tertiär IA-. Alois öega, welcher am 12. Fe¬ bruar 1837 in Windischfeistriz das Licht der Welt erblickt hat, am 31. Juli 1878 eingekleidet worden ist und gegen¬ wärtig im Kloster zur Keiligen Dreifaltigkeit lebt. Der dritte ausgezeichnete Kelfer beim Baue der neuen Marienkirche war kr. Josef Ploj. Er wurde am I Ansicht der Kirchenfassade und der Türme, -Z- 285 -> 11. Juli 1858 in der Pfarre zur Kl. Dreifaltigkeit geboren. Am 1. Oktober 1878 mußte er zum Militär einrücken und diente fünf Jahre in Wiener-Neustadt, in St. Pölten und in Bilek in Kerzegovina. Dadurch erwarb er sich die k. und k. Kriegsmedaille, sowie die Jubiläums-Erinnerungs¬ medaille für die bewaffnete Macht. Am 4. Oktober 1888 wurde Josef Ploj im Kloster zur Kl. Dreifaltigkeit in W. B. als Tertiär in den dritten Orden des hl. Vaters Franziskus eingekleidek. Am 24. Oktober 1888 kam er als Pförtner und Substitutus 8vväioi apostolici in den Marburger Konvent und legte da am 25. Jänner 1901 die Ordensgelübde ab. Anläßlich des kostspieligen Kirchenbaues entfaltete Bruder J o s efals Säckelwart und Sekretär des Kirchen¬ bauvereines eine wunderbare, beispiellose Tätigkeit. Wenn heute der Kirchenbauverein nahezu 68.000 Mitglieder zählt und dieselben bisher allein 450.000 Kronen zum gewaltigen Bau beigetragen haben, so hat daran kein geringes Verdienst der opferwillige Bruder. Er arbeitete ohne Ruh und Aast für den hochwichtigen Verein und trat während der 18 Jahre seit seiner Gründung nur dreimal über die Schwelle des Klosters und dies gelegent¬ lich des Begräbnisses zweier Mitbrüder und des Leichen¬ begängnisses seines lieben Vaters M a t h i a s P loj. Bruder 3osef legte sich 22 Bücher in Folio an, worin er jeden Keller verzeichnete, den die Mitglieder eingezahlt hatten. And dies tat er mit so peinlicher Genauigkeit, daß, wenn heute eines von den 67.944 Mitgliedern ein neues Dereins- büchlein verlangt, ihm dasselbe sogleich mit dem Ausweise jeder bisher eingezahlten Gabe eingehändigt werden kann. -r- 286 Kiebei ist aber dies gar merkwürdig. Obwohl der gute Bruder beständig mit dem Gelds beschäftigt war und in unablässigem Geldverkehr stand, so setzte er doch sein ganzes Vertrauen auf die göttliche Vorsehung und sagte oft, daß Kirchen nicht bloß mit dem Gelde gebaut werden, son¬ dern daß dazu noch zwei Dinge unentbehrlich sind: Gebet und Geduld. In den größten Schwierigkeiten, die bei der Ausführung des gewaltigen Werkes nicht selten auf- tauchken, wankte niemals sein Gottvertrauen und er teilte dasselbe allen mit, die mit ihm verkehrten. Und so erwahren sich die Worte des hochwürdigen U. Guardian Kallistus Keric, die er in seinem, an den Verfasser dieser Druckschrift gerichteten Briefe vom 19. Februar 1909 niedergeschrieben hat: „Wir können nicht umhin, die genannten drei Brüder als auserwählte Werk¬ zeuge der Gottesmutter zu betrachten, und wir wissen nicht, ob uns das große Werk, wenigstens in verhältnis¬ mäßig so kurzer Zeit, gelungen wäre, wenn uns Maria, Mutter der Barmherzigkeit, diese Männer nicht geschickt hätte. „Ivürma elecht Deus, ut eorUuväat kortia«. Das Gnadenbild Mariä, Mutter der Barm¬ herzigkeit, in der neuen Grazervorstadt-Pfarr- Kirche zu Marburg. außerordentlichen Feierlichkeiten fand am ll. Au- gust des goldenen oder Jubeljahres 1900 die Konse- kration der neuerbauten Pfarrkirche zur Kl. Maria, Mutter der Barmherzigkeit, in der Grazervorstadt zu Marburg statt. Am darauffolgenden 12. August wurde das altehrwürdige Gnadenbild Mariä, Mutter der Barm¬ herzigkeit, in großartiger Prozession aus dem provisorischen Pfarrkirchlein in das neue prachtvolle Gotteshaus über¬ tragen. Welches ist nun die Geschichte dieses wundermäch¬ tigen Gnadenbildes, das unter dem Namen Mutter der Barmherzigkeit weit und breit bekannt und berühmt geworden ist? Die fromme Frau Gräfin Johanna Felicitas, geborene Neichsgräfin von Khünburg, verwitwete Kernu von Stubenberg, kam, auf der Keimreise von ihrer Wallfahrt' ' Über die Veranlassung zur Wallfahrt der frommen Frau Gräfin schreibt P. Nikasius Leeber in seinen im gegenwärtigen Berichte besprochenen „Gnaden Geschichten der Marianischen Bildnis" aus Seite I I und 12 also: „Nachdem der wohlehrwürdige und große Seeleneiferer P. Ignatius Parhamer, aus der Gesellschaft Jesu, nach Oberungarn seine Mission angetreten hatte, unternahm in der Absicht, damit das preiswürdige Werk desto reichlicher den erwünschten Ausgang erreichen möchte,Johanna Felicitas, eine geborene Reichsgräsin von Ähllnburg.als -r- 288 -Z- zum Gnadenorle des hl. Franziskus Xaverius bei Ober¬ burg, am 23. Mai 1746 nach Gonobiz, einem Markt¬ flecken Untersteiermarks, wo sie in der dortigen Kaupt- pfarrkirche und zwar in der Sakristei ein altes, schönes und liebliches Bild, die jungfräuliche Gottesmutter mit dem Iesukinde darstellend, vorfand. Sie bat den damaligen Kauptpfarrer Dr. Balthasar von Renzenberg (1738—1738) um die Überlassung dieser heiligen Statue. Es heißt, daß bereits in Gonobiz offenbar wurde, wie von diesem marianischen Bildnisse einst häufige Gnaden fließen werden. Denn als sich die gottinnige Gräfin vor dem Bilde zur Verehrung auf ihre Knie niedergeworfen und ihr Gebetbuch von ungefähr aufgeschlagen hatte, stand vor ihren Augen das „Gebet zu einem gnadenreichen Bildnisse." Nach Gewährung der Bitte gegen ein Ablösungs-Opfer brachte die gute und fromme Frau ihren kostbaren Schatz nach des Paters Beichtkind und geistliche Tochter, eine Wallfahrt nach Ober¬ burg zu dem berühmten Gnadenorte des großen Indianer-Apostels, des hl. Franziskus Xaverius aus der Gesellschaft Jesu." Ignaz Parhamer wurde den 15. Juni 1715 in Schwannenstadt in Oberösterreich geboren. Am 17. Oktober 1734 trat er in die Gesell- schast Jesu ein und wurde zu Tirnau im Jahre 1744 zum Priester geweiht und zum apostolischen Missionär bestimmt. Kier trat er zuerst als Schriftsteller aus, indem er „Das folgsame Kind. Tirnau, 1744" veröffentlichte, welches im Jahre 1748, in Verse gebracht, eine zweite Auflage erlebte. Parhamer ist ein recht fruchtbarer Schriftsteller gewor¬ den. Im Jahre 1745 finden wir ihn in Graz, wo er nicht nur das kanonische Recht hörte, sondern zugleich das Amt eines Katecheten in der Kirche des dortigen Jesuiten-Kollegiums sehr erfolgreich versah. In dieser Zeit konnte er^die obgenannte Gräfin kennen gelernt haben. Im Jahre 1747 wurde er an der Wiener-Universität zum Doktor der Philosophie und zum Magister der freien Künste promoviert. In diesem Jahre besorgte er in der akademischen Kirche und in jener am -k- 289 Graz, von da auf ihr Gut Freibichl ober dem Markt Leibniz und kurze Zeit darauf nach Marburg, wo sie das große Keiligtum den Vätern Minoriken am 24. Jänner 1747 über¬ ließ, die es gleich darauf am 25. Jänner desselben Jahres in ihrer Klosterkirche feierlich zur öffentlichen Verehrung auf¬ stellten, welcher Gedenktag noch immer alljährlich festlich begangen wird. Hier verblieb das verehrungswürdige, wundertätige Gnadenbild durch vierzig Jahre hindurch, bis es endlich im Jahre 1787 in die Klosterkirche der Väter Kapuziner vor dem Grazertore, von da am 2. Juli 1893 in die provisorische Kapelle im neuen Franziskanerkloster und von hier am 12. August 1900 unter großartiger Be¬ teiligung der Bewohner von Marburg, der Umgebung und weitentlegener Orte in feierlicher Prozession über den So- phienplatz, durch die Park-, Bürger-, Bahnhof- und Te- getthoffstraße in das neue prachtvolle Muttergotteshaus übertragen worden ist. Kos mit Auszeichnung den Religionsunterricht und hatte die Auf¬ sicht über die Trivialschulen Wiens. Überall suchte er die Christenlehr- Bruderschaft, die den Zweck verfolgte, auch außerhalb der Schule den Lehrlingen und anderen auch bereits Erwachsenen den Religionsunter¬ richt zu erteilen, wo sie noch nicht bestand, einzusühren, und wo sie bereits eingeführt war, derselben neues Leben und erhöhten Aufschwung zu geben. Im Jahre 1750 erschien in Wien sein „Katechismus mit den drei Schulen und gewöhnlichen Gesängen," der in vielen Diözesen als Lehrbuch vorgeschrieben und in die ungarische, illyrische und böhmische Sprache übersetzt wurde. Zudem verfaßte P. Parhamer noch folgende Werke: Der historische Katechismus, mit historischen Fragen, Glau¬ bens- und Sittenlehren. Wien, l754. 2. Auflage in 3 Bänden. — Schulregel für die Eltern, Kinder und Lehrer. Wien, l750. — Die Regel der Christenlehrbruderschast und Auslegung derselben laut der päpstlichen Bullen 8. Lil. V. und Laull V. Wien, l75l und 1779. 19 -z- 290 Johann Balthasar von Renzenberg, ein gebürtiger Cillier, studierte 1698 am ehemaligen Maria- Rastergymnasium, wurde zum Priester geweiht und kam 1716 als Kurmeister nach Pettau, wo er bis zu seiner im Mai 1728 erfolgten Bestellung als Hauptpfarrer in Kölsch wirkte. Auf diesem Posten, den er von 1728 bis 1737 bekleidete, lernte er vermutlich Johanna Felizitas von Stu¬ benberg, geborene Gräfin von Khünburg, auf dem Schlosse Hausambacher kennen. Denn um diese Zeit besaß die Herrschaft Anton von Laleon äs 8sa1äa 8o1s, der mit Maria Josefa Franziska geborenen Gräfin von Khünburg vermählt war. Diese dürfte eine Schwester der genannten Johanna Felizitas gewesen sein, die das berühmte Gnaden¬ bild erwarb, es den Minoriten überließ und am 11. Juni 1755 zu ihrer Liebfrauen-Kirche in Marburg 1100 Gul¬ den auf vier heilige Messen und für Kreuzwegandachten stiftete. — Allgemeines Mission-Fragbüchlein. Augsburg, 1771 und Tirnau, 1795. — Historische Beschreibung des ägyptischen Joseph. Wien, 1752. — Vollkommener Bericht von der Beschaffenheit des Waisenhauses unserer lieben Frau am Rennweg zu Wien im Jahre 1776. Augsburg, 1776. — Parhamers Schriften stehen in Meusels Lex. X. S. 283. Im Jahre 1754 wurde Parhamer Missionär der Wiener Erz¬ diözese und dann Vorsteher der katechetischen Missionen in Österreich, Ungarn, Steiermark, Kärnten, Kram und Tirol, welche Länder er aus Besehl der Kaiserin Maria Theresia bereiste, und wo er in den Kauptstädten während der Misstonszeit die Christenlehr-Bruderschaft einführte. Nach Art der Pilger trug er damals einen Pilgermantel samt Stab und liest sich den Bart wachsen. In dieser Tracht erscheint er auch auf einem im Franziskanerkloster zu Marburg ausbewahrten Gemälde, welches das Gnadenbild Mariä im dunkelgrünen, rotgestickten Mantel in den Lüsten schwebend, darstellt. Darunter entfaltet sich eine von P. Parhamer, der mit der Linken aus das Gnadenbild der -x- 291 Ende November 1737 übersiedelte der tatkräftige Kätscher Kauptpfarrer von Renzenberg nach Gonobiz, wo er sehr segensreich bis zu seinem Tode im Jahre 1758 wirkte. Unter ihm wurde die im 17. Jahrhunderte erbaute Rosenkranzkapelle niedergerissen und geräumiger, licht- und geschmackvoller wiederaufgebaut, wofür von Renzen¬ berg 700 Gulden lieh. Im Jahre 1745 wurde für diese Kapelle der St. Taveri-Altar bestimmt und später auch ausgestellt; ferner wurde die Kapelle 1749 mit Fresko¬ malereien geschmückt, und 1757 wurden die zwei Märe des hl. Franziskus Taverius und des hl. Blasius kon- sekrierk. Nun gerade bei Gelegenheit dieser Neuherstellungen dürfte unsere Marienstatue aus der Rosenkranzkapelle, auf deren einem Altäre, sei es des heiligen Rosenkranzes sei es des hl. Franziskus Taverius, sie stand und von da durch eine neuangefertigte Statue verdrängt ward, Mutter der Barmherzigkeit weist und mit der Rechten sich aus einen Pilgerstab stützt, geführte Prozession mit wenigstens 50 verschieden¬ farbigen Kirchenfahnen. Die Legende lautet: „L. Ignatius öarksmor 8.1. Mssionarius Befilcht sich mit all seiner unter dem Creutzfahn Christi streittenden Jugend die sich aus mehr als 30000 erstreckhe! in den schuh der mutter der Barmherzigkeit im Jahre 1754." Laut dieser Inschrift wäre P. Parhamer schon im Jahre 1754 in Marburg gewesen. Hingegen bemerkt Georg Rieder in der Lebens¬ geschichte Ignaz Parhamers Folgendes: „Unter Parhamers Leitung begann am 29. September 1755 die katechetische Mission in der Wall¬ fahrtskirche Maria Zell, wo zum erstenmal die Christenlehrfahnen — zur Aufmunterung der Jugend und der Erwachsenen wurden näm¬ lich besondere Chrijtenlehrfahnen verfertigt und feierlich geweiht — ausgeteilt wurden: am 6. Oktober fand sie statt zu Graz, wo bei der Schluszprozession die Weihe der Kirchenfahnen slattsand und 25.000 Kinder und Erwachsene gezählt wurden, die in Scharen und Abtei¬ lungen geordnet, auf dem „Lohfeld" sich versammelt hatten. Ebenso 19' -Z- 292 -Z- m die Sakristei übertragen und daselbst aufbewahrt worden sein. In dieser Zeit traf Johanna Felizitas geborene Gräfin von Khünburg mit Johannes Balthasar von Renzenberg in Gonobiz zusammen. Aus ihrer Keimreise von dem damals in hohen und höchsten Kreisen berühm¬ ten und beliebten Wallfahrtsorte St. Taveri zu 8tra2e bei Oberburg langte die fromme Malierin in Gonobiz im Mai 1746 ein und begab sich zur heiligen Messe in die dortige Pfarrkirche. Als sie von der heiligen Messe in die Sakristei trat, fiel ihr Blick auf ein altes Marien¬ bild, wie sie ein solches einmal zu besitzen schon lange den sehnlichsten Wunsch hatte. Sie fühlte sich sogleich zur Madonna mächtig hingezogen ob ihrer außerordentlich großen Schönheit und Lieblichkeit. Die eifrige Marien- war in demselben Jahre die Mission in Leibnih, Ehrenhausen, Mar¬ burg, Passau und Würzburg abgehalten worden". Kaiserin Maria Theresia befahl, daß in Österreich, Ungarn, Kärnten, Ober- und Unter¬ steiermark katechetische Missionen nach Parhamers Einrichtung zu halten sind, und bestimmte für sieben Missionäre 5500 Gulden, welche sie bei der k. k. Kammer behoben, damit sie die Diözesen der genann¬ ten Länder durchreisen und viele tausend Mitglieder in die Christen- lehr-Bruderschast ausnehmen möchten. Im Jahre 1758 erwählte Kaiser Franz I. Stephan, Maria Theresia's Gemahl (1745—1765), Parhamer zu seinem Beichtvater, verschaffte ihm 1759 die Leitung des Wiener Waisenhauses am Renn¬ weg und ernannte ihn 1762 zum k. k. Rat. In Anerkennung seiner großen Verdienste erhielt er im Jahre 1770 die entlegene Propstei Drozzo in der Diözese Erlau und später die Abtei Lekär in der Diözese Waihen. Als im Jahre 1783 in Wien die neue Psarrein- teilung ins Leben trat, und die Waisenhauskirche am Rennweg zur Pfarrkirche erhoben ward, wurde Parhamer zugleich Psarrer daselbst, blieb Oberdirektor der Waisenanstalt, welche auch Papst Pius VI. 293 -L- verehrerin stellte an den Hauptpfarrer von Aenzenberg die herzliche Bitte, ihr die liebliche marianische Statue gütigst überlassen zu wollen. „Weilen dann (denn)selbe alt, schlecht g e k ley d et, in keiner Kochachtung wäre: sintemalen schon eine andere neue anstatt selber verfertiget, hat ihr An¬ suchen gar bald Statt und Platz gefunden." Nachdem ihr innigster Herzenswunsch erfüllt worden war und sie dieses Bild der Gnadenmutter ihr eigen nennen durfte, brachte sie es nach Graz behufs Restaurierung und sodann auf ihr Gut Freibichl bei Leibnitz, wo es unter dem Namen des Gnadenbildes als Mutter der Barmherzigkeit Tag um Tag begeisterter verehrt wurde. Die Gräfin wollte nun das große Heiligtum den Gläubigen allgemein zugänglich machen, und da sie fürchtete, dieses wertvollen Schatzes beraubt zu werden, brachte sie das Bild aus ihrem Schlosse im Jahre 1782 besuchte, wie sämtlicher Waisenhäuser der ganzen Monarchie. Am 1. April des Jahres 1786 starb der würdige und verdienstvolle Priester. Das Volk am Rennweg rühmt ihm nach: „Das war nicht nur ein Vater den Waisen, sondern für alle, die seine Kilse suchten." In Oberösterreich pflegt man zu sagen: „Schwannenstadt hat seinen Parhamer." — Vergleiche Ignaz Parhamer's und Franz Anton Marxer's Leben und Wirken von Georg Rieder, Pfarrer der ehemaligen Waisenhauskirche am Rennweg in Wien. Mit Parhamers Porträt. Wien, 1782. (49S S.) In Kommission der Buchhandlung Mayer L Comp. in der Singerstrasze (Deutsches Kaus). l., 2., 12. bis 15. Kapitel. — Iöcher, Gelehrten-Lexikon. Band V. S. 1569. — Dr. Konstant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreich. Wien 1870. 21. Teil. S. 296—299. — LL. Augustin et ^lols äs Lasker 8.1., Lidliotksgue äss öcrivslns äs la Lompagnis üe Zösus ou notlses biblioZrapkiguss. I.isM, 1859. Linguisms säris. S. 570. — Alsred Ritter von Arneth: Maria Theresia. IV. Band. Wien, 1859. S. 112. — 8zwoäus äioees.sana Lavantina anno lyob sončita et kasta. VlarburU, 1907. Lap. LXV. paZ. 299. -L- 294 -z- nach Marburg und übergab es der Kirche der Mino- riten, in welcher es am 25. Jänner 1747 feierlich zur öffentlichen Verehrung ausgestellt wurde. Nähere Auskunft über das marianische Gnadenbild findet der Leser im Buche: „Gnaden-Geschichten der maria- nischen Bildnuß unter dem trostvollen Titul: Mutter der Barmherzigkeit, welche zu Marburg, einer Stadt in Unter- Steyer, bei denen??. Minoriten andächtig verehret wird. Samt dessen Ursprung. Steyr, gedruckt bei Gregori Men- Hardt, 1753." Das Buch wurde vom Baccalaureus ?. Ni¬ ka si u s L e e ber, 0. iVI. 8. ?. k'raneisoi Cnnventualium, verfaßt, zählt 397 Seiten, und ist vor dem Titelblatte mit dem Bildnisse Mariä, Mutter der Barmherzigkeit, geschmückt. Gewidmet ist es: „Der Koch- und Wohlgebohrnen Frauen Frauen Ioannae Felicitati, des heiligen römischen Reichs, Gebohrnen Gräfin von Kienburg, verwittibten Kerrin von Stubenberg, unser allergnädigsten Frauen, Frauen." In der Widmung heißt es unter anderem: „Wir, Guardian und der Convent deren Minoriten allhier zu Marburg, überreichen dieses geringe Werklein der Gnaden-Geschichten allhiesiger Marianischen Bildnuß unter dem kraftvollen Titul der Mutter der Barmherzigkeit Euer Kochgräfl. Gnaden als glückseligsten Erfinderin dieses Wunder-Bilds alleinig zum Beweih unserer Dankbarkeit demütigst." L. Nikasius Leeber war zu Graz am 16. No¬ vember 1711 geboren, trat am 8. September 1729 in den Orden, legte am 17. September 1730 die Profeß ab und wurde am 27. Dezember 1734 zum Priester geweiht. Im Jahre 1771 war er wieder Guardian und noch 1783 Vikar. Nach Aufhebung des Minoritenklosters starb Leeber 84 Jahre alt in Pettau am 26. März 1794. -Z- 295 Von Seite 11 bis 17 folgt: „Gründlich-und unver¬ fälschter Ursprung der grossen und Gnadenreichen Bildnuß Mariä, Mutter der Barmherzigkeit." Bis Seite 20 werden „Absonderliche Merkwürdigkeiten und merkwürdige Son¬ derheiten dieses Gnaden-Bilds" besprochen. Von Seite 21 bis 48 reicht die „Beschreibung derer empfangenen und angezeigten Gnaden, welche Maria, die Mutter der Barm¬ herzigkeit, alda gewürcket und ausgespendet von ihrem Ursprung an, bis Ende des 1747. Jahres." Angeschlossen ist ein zehn Strophen zählendes „Bitt-Lied zu Maria, Mutter der Barmherzigkeit, alda in ihrer gnadenreichen Bild- nusz" mit einem „Gebett." Die zweite Strophe lautet: Glückselig kannst du dich, mein Marburg, nennen, Vor Trost und Liebe streuen heiße Tränen: Daß sie zu dir gekommen, Dich in Schuh genommen. Sie ist unser Trost und Freud, Mutter der Barmherzigkeit. Die Schlußstrophe enthält Gelöbnis und Bitte: Zuletzt dir unsre Kerzen alle schenken, O Gnaden-Frau zum ew'gen Angedenken. Wollest uns erhören, Die wir dich verehren. Bleib' du unser Trost und Freud', Mutter der Barmherzigkeit! Von Seite 53 bis 103 erstreckt sich die Fortsetzung der „Marburger-Warianischen Geschichten, worinnen die Gnaden und Guttaten, so Maria die Mutter der Barm¬ herzigkeit von 1748 bis 49 ausgespendet." Angeschlossen ist ein sieben Strophen zählendes „Gruß-Lied" und ein „Gebett" zu Ehren Mariä, Mutter der Barmherzigkeit. Das Lied beginnt: Der Kochaltar mit dem glorwürdigen Gnadenbilde. -T- 297 Berg und Bichl euch ersreuet, Jung und Alt, Groß und Klein; Lilien und Rosen streuet, Mariä der Jungfrau rein: Singet, frohlocket mit Jubel und Schall, Barmherzige Mutter, wir grüßen dich all! Von 107 bis 166 werden die Gnaden und Wohl¬ taten erzählt, welche Maria, die Mutter der Barmherzig¬ keit, von 1749 bis 1750 gespendet. Beigefügt ist: „Maria- nischer Lob-Psalm des hl. Bonaventurae von der großen Barmherzigkeit Mariä" mit Antiphon, Versikel, Äespon- sorium und Gebet. Der herrliche, 21 Verse zählende Psalm hebt mit den Worten an: „Lasset uns Mariam loben, dann (denn) sie ist gütig:* Dann groß ist ihre Barmherzigkeit! Lasset uns loben die Königin der Kimmeln und die Frau der Erden:* Dann groß ist ihre Barmherzigkeit! Lasset uns loben die Schöne gleich dem Mond und die Auserwählte gleich der Sonne:* Dann groß ist ihre Barmherzigkeit!" Von Seite 170 bis 272 werden die Gnaden und Guttaten berichtet, welche Maria, die Mutier der Barm¬ herzigkeit, von 1750 bis 1751 in Marburg gespendet. In diesem Abschnitte befindet sich unter vielen anderen sehr interessanten Daten die Votiv-Inschrift, welche die Bürger¬ schaft von Marburg aus Dankbarkeit für die Abwendung einer gefährlichen Feuersbrunst errichten ließ. Dieselbe lautet: Liebster Christ! Bewundere allhier die mächtige Fürbitte Mariä, Mutter der Barmherzigkeit, und des hl. Florian. Im Jahre 1750 den 23. Juli um zwei Uhr früh -5- 298 entskand „außer dem Eärner-Tor" die allhier dargestellte Feuersbrunst, welche, gleichwie sie entsetzlich, bei jedermann desto größeren Schrecken verursachte, da man die feurigen Funken und Schindeln durch den Wind getrieben, an die trockenen Schindeldächer fallen sah, also, daß ganz Mar¬ burg die augenscheinliche Gefahr, in Asche gelegt zu wer¬ den, erkannt hat. Als aber die meisten frommen Bewohner der Stadt auf ihre Knie niedergefallen sind, mit lauter Stimme und festem Vertrauen Maria, die Mutter der Barmherzigkeit, angerufen haben: da ist durch ihre „gro߬ mögende" Fürbitte diese so augenscheinliche Gefahr von der Stadt abgewendet worden. Zur schuldigsten Dank¬ sagung ist die gesamte bürgerliche Gemeinde den 30. Juli des besagten Jahres in frommer und andächtiger Prozes¬ sion allhier (in der Minoriten-Kirche) erschienen und hat Mariä, der Mutter der Barmherzigkeit, mit einem Koch¬ amt und Predigt, mit Aufopferung dieser Dotivtafel den schuldigsten Dank abgestattet. Der Minoriten-Konvent hat aber nachstehendes Chronogramm beigefügt: „8anLta Der ganitrix, xin piMora respieo virao, guas Narbur- KSN8L8 axbibusre tibi." Beigeschlossen ist diesem vierten Abschnitte ein 18 Strophen enthaltendes „Abend-Lied zu der großen Gnaden- Mutter der Barmherzigkeit" und ein „Gebett" und eine „nächtliche Anbefehlung." Der Anfang des Abendliedes lautet: O Maria, voll der Gnaden, Mutter der Barmherzigkeit, Dir sey Dank zu tausendmalen, Daß du deine Gnaden Strahlen Diesen Tag uns zugesendet, Alles Übel abgewendet. O Maria, voll der Gnaden, Mutter der Barmherzigkeit. 299 -8- Der letzte Abschnitt bringt auf Seite 28l bis 393 die „Marburger Marianischen Geschichten", in denen Gnaden und Guttaten gepriesen werden, welche Maria, die Mutter der Barmherzigkeit, von 1751 bis 1752 ge¬ spendet hat. Unter anderem wird auf Seite 332 und 333 folgendes Geschehnis erzählt: „Gregorius Kolob (Golob, der Name kommt noch jetzt vor), ein Bauer von Gonabitz (Gonobiz, woher das wunderkräftige Gnadenbild eben herstammt) zeigte mit seinem Eheweib den 11. Juli 1751 an, wie sein vier¬ jähriges Kind mit Namen Caspar den 21. Oktober des hin¬ terlegten Jahres (also 1750) so erkrankt sei, daß es „den letzten Atem bald auszublasen geschienen," daher auch schon die Sterbekerze angezündet in Bereitschaft gewesen sei; es wäre zwar das Möglichste dem Kinde angewendet worden, allein ohne erwarteten Nutzen; weil dann nichts mehr helfen wollte, habe er mit seinem Weib das Kind Mariä in Marburg anbefohlen, indem er versprach, ihr zu Ehren eine heilige Messe allda lesen zu lassen, sofern Gott der Allmächtige durch die Fürbitte seiner liebsten Mutter dem¬ selben das kurz erst empfangene Leben ferners schenken möchte. Was geschah? Kaum hatten beide Eltern nach ein¬ gelegter Bitte sich auf ihre Knie niedergeworfen, Maria und ihren göttlichen Sohn mit einem Vater unser und englischen Gruß beehrt, eröffnete das sterbende Kind seine zuvor ganz geschlossenen Auglein, fing an gewöhnlich zu atmen, an Künden und Füßen, die zuvor schon erkaltet gewesen, warm zu werden, dieselben, die vorhin zusammen¬ gezogen waren, auszustrecken, mit einem Wort: also sich augenscheinlich zu bessern, daß es den dritten Tag darauf kein Merkmal mehr von einer Krankheit gehabt habe." -z- 300 Das in vielfacher Beziehung wertvolle Buch wird mit einem „kesponsorium von Maria, der in Marburg Gnadenreichen Mutter der Barmherzigkeit", mit einem „Gebet!" und mit „andächtigen Seufzern" geschlossen, von denen der Schluß-Seufzer diesen gedrängten Auszug beenden möge: „L> barmherzigste Mutter, deren große Barm¬ herzigkeit man sowohl in Leibes- als in Seelen-Gefahren erfahren tut, erzeige auch mir deine große Barmherzigkeit, damit ich, aus allen Gefahren errettet, einstens ganz sicher zu dir in den Kimmel kommen möge, allwo ich dich und deinen liebsten Sohn Iesum, dessen Vater und den Keiligen Geist loben, ehren und preisen möge in alle Ewigkeit. Amen."' Die vielen, im obbesprochenen Buche angeführten Namen von Marburger Familien sind ein deutlicher Be¬ weis, wie innig und eifrig die Bewohner Marburgs Maria seit jeher verehrten. Dies bestätigt auch ein im hiesigen Franziskanerkloster noch vorhandenes, »/4 Meter langes und '/2 Meter breites, von dem gelehrten Marburger ^Noch einige hierher gehörige Behelfe sind die Druckschriften: I'. Robert Lixel O. 8. I'r., Maria, die Mutter der Barmherzigkeit, oder das wundertätige Gnadenbild in der Franziskanerkirche zu Mar¬ burg in Steiermark. Marburg, l900. Das Vorblatt zum Titel der Brofchüre enthält den Nachdruck des Gnadenbildes nach dem Winkler- fchen Original. — Dr. Joses Pajek, Schlußwort nach der Konsekra- tionsseier der neuerbauten Vorftadtpsarrkirche zur Kl. Maria in Mar¬ burg. Marburg, 1900. — Die neue Franziskaner-Vorstadt-Pfarrkirche zur Kl. Maria, „Mutter der Barmherzigkeit" in Marburg. Geschicht¬ lich dargestellt von I. 8—i (Josef SneLki — Joses Majcen von Marija Sneitna). Marburg, 1895. — I>. lMcolas klennaric, wasnik reUa sv. irranöiska, ^Mäovlna Lucioäelne poäobo Klaters milosti v tranLiKKsnski cerkvi v .Vlnriboru. i8yy. Das Vorblatt zum Titel ist mit der Kopie des Gnadenbildes nach dem Winkler'schen Ori¬ ginal versehen. 301 -4- Iosef Frauenberger bestelltes und von Johann Christoph Winkler chouIMt et exeuäit) in Wien gestochenes und gedrucktes Bild der Gnadenmutter, von welchem noch weiter unten die Rede sein soll. Nach der aus Lindenholz geschnitzten Kochaltar- Gnadenstatue, welche durch das Bild vor dem Titel¬ blatte des vorliegenden Buches wiedergegeben wird, trägt Maria ein glockenförmiges Modekleid mit engen Ärmeln und weiten Manschetten oder Kandkrausen. Über ihr aufgelöstes Kaar wallt ein mantelartiger, mit feinen Spitzen eingesäumler Schleier herunter. In der Rechten trägt sie das bekleidete, mit seiner rechten Kand segnende und mit der Linken zum Kerbeikommen einladende Iesukind, wäh¬ rend sie das Zepter in der Linken hält. Mutter und Kind sind mit überaus schönen Kerrscherkronen bekrönt, auf welche, wie auch auf die Gekrönten, rechts und links zwei wunderliebliche Engel Hinweisen. Die glorreiche Königin steht auf mächtiger, weißschimmernder Mondsichel. Ein heiterer Zug umspielt Mariens Mund, während der sonst prächtige Kopf ein bischen unkünstlerisch steif sitzt. Der Brokatstoff des Kleides zeigt Barock (Rokoko)- Ornamente. Charakteristisch ist auch die linke Kand Mariens mit den gespreizten Fingern. Die Kolzstatue ist nach der Form der Barockzeit eine freie Imitation des Mariazeller Tnadenbildes. Das schon von Balthasar von Renzenberg für alt gehaltene Bild ist etwa um das Jahr 1640 angefertigt worden und dürfte mit der berühmten Kartause Seiz bei Gonobiz in Verbindung stehen. Entweder wurde es von einem Mönche selbst oder aber von einem anderen Bild¬ hauer im Auftrage des Klosters aus Lindenholz geschnitzt. Die Kartäuser zu Seiz waren eifrige Marienverehrer, wie -x - 302 dies das berühmte Marienleben, versaht von Bruder Philippus, Kartäuser in Seiz, sattsam bekundet. Von diesem literarischen Werke wird im Anhänge zu dieser Druckschrift genauer berichtet werden. Im Jahre 1628 stand in Diensten der Kartäuser der verehelichte Daniel „Uapioiäa in monackerio 8012", welches Wort nicht bloß Steinmetz, sondern auch Bildhauer bedeuten kann. In den Pfarrmatriken von Gonobiz wird am 25. November 1650 der Taufpate Georg Hein¬ rich Schmidt als xiotor oder Maler angeführt. Das in kunsttechnischer Hinsicht anspruchslose Bild dürfte nach Gonobiz zur Zeit gebracht worden sein, als die Pfarrpfründe Gonobiz mit päpstlicher Bewilligung vom 4. Dezember 1704 mit der Kartause Seiz zu deren leichterer Subsistenz ver¬ einigt war (1704—1738). Seine Aufstellung fand es in der Rosenkranzkapelle, von wo es vielleicht gerade wegen der Aufstellung eines neuen Bildes, den hl. Franziskus Taverius darstellend, in die Sakristei zur Aufbewahrung übertragen wurde. Am 14. September 1745 spendete der Gonobizer Seelsorgspriester Josef Anton Ianko- witsch für die bessere Besorgung des Gottesdienstes in der Hauptpfarrkirche 3000 Gulden mit der Anordnung, daß die Frühmesse, „wenn die Kapellen oder Altar 8. b'raneisei Xaveria aufgerichtet werde, intra riovenam eiu8äem Janeti, also neun Tage vor dem Feste des Heiligen, bei demjenigen Altar" soll gehalten werden. Unser ehrwürdiges Gnadenbild ist, wie überhaupt die Gnadenbilder z. B. jenes von Mariazell, von Ein¬ siedeln, Altötting, Luschariberg, kein fachgemäßes, voll¬ endetes Kunstwerk. Es steht zwischen Relief und Statue, -L- 303 nähert sich aber mehr dem ersteren und ahmt eine bekleidete Marienskatue nach. — Die zwei krönenden Engelchen sind vorzüglich gearbeitet und dürften später hinzugefügt worden sein, wahrscheinlich in Marburg, als das Bild¬ nis öffentlich in Verehrung kam. Im Laufe der Zeit wurde die altehrwürdige Statue öfters gereinigt und erneuert, wobei sie sicherlich eine wenn auch nicht wesentliche Änderung erlitt. Schon die um ihr Heiligtum sehr besorgte Reichsgräfin Johanna Felizitas von Khünburg (Kienburg) hatte das schöne und liebliche Madonnenbild von Johannes Wenzeslaus Wi g e l s föls, „incorporirtem Maler zu Grätz", restaurieren und reich schmücken lassen. Anläßlich dieser Herstellung des Gnadenbildes nahm die schwer kranke Frau des Malers ihre Zuflucht zur Mutter der Barmherzigkeit und wurde von der Gliedersucht, die ihr Tag und Nacht die heftigsten Schmerzen verursachte, sofort befreit. Diese wunderbare Gebetserhörung wird von ihr und ihrem Gatten also beurkundet: „Wir Ends Unterschribenen bezeugen hie- mit bey einem Iurament, als ich die Gnad gehabt, dise Gnadenmutter in meiner Wohnung zu haben und dieselbe zu fassen, geschähe einstens Abends, daß meine Hausfrau ganh allein wäre und sie in grossen Gliederschmerzen gelitten, hat sie sich verlobt zu der Gnadenmutter mit einer Opfertafel und sie ist augenblicklich gesund geworden. Also bezeuge ich vor Gott und seiner allerheiligsten Jungfrau Maria. Geschehen Grätz den 17. Juni 1746. Maria Theresia Wigelsfölsin. Johannes Wenceslaus Wigelsföls, incor- porirter Maler zu Grätz." Hiemit begannen, um nicht aufzuhören, die wunderbaren Gnadenerweisungen der Mutter der Barmherzigkeit und zugleich ihre Lobpreisungen 304 vonseiten ihrer Kinder, deren Vertrauen bis auf den heutigen Tag in der auffallendsten Weise belohnt wird. Ferner ließ der ehemalige Provisor an der „windi- schen Vorstadtpfarre" Josef Treplag (1828—1833) das vielverehrke Gnadenbild renovieren, wobei „das Antlitz der Gottesmutter keine Renovation angenommen haben soll". Nach dem Berichte des Chronisten Nikosias Leeber soll man schon in der alten Minoritenkirche bemerkt haben, daß während des großen Andranges von Wallfahrern besonders zur Sommerszeit sehr viel Staub in das Gnadenhaus hineingebracht wurde, so daß damit die Altäre der Kirche, ja sogar das Kleid der Gnaden¬ mutter bedeckt waren, doch das Angesicht der Mutter der Barmherzigkeit vom Staube ganz unberührt blieb. Die unter Provisor Treplag renovierte Muttergottesstatue wurde in feierlicher Prozession in die Kirche zurück¬ gebracht und gar festlich inthronisiert. — Desgleichen ließ der hochwürdige Guardian und Pfarrer k. Kallistus K e ricdas Gnadenbild vor dessen nachmittags am 12. August 1900 erfolgten solennen Übertragung aus dem Notkirch¬ lein in das neue Gotteshaus durch den Vergolder A n d r e a s Dohnalik reinigen und angemessen renovieren. Die zwei Kronen für Maria und Jesulein wurden vom Marburger Gürtler und Silberarbeiter Franz Kager feuervergoldet. Von unserem Gnadenbilde sind zwei Kupferstiche, ein größerer und ein kleinerer, in das vorliegende Druck¬ werk (Seite 36 und 100) ausgenommen worden. In der ersten Nachbildung (Plattengröße 31 em hoch und 21'/s em breit) steht die Gnadenmutter in königlichem Ornat auf Wolken und Mondsichel, und über ihr schwebt frei in der Lust das Rokokodach eines Baldachins, dessen schwere -z- 305 Vorhänge zn beiden Seiten Engel emporhalten. Liebliche Engelköpfchen wiegen sich daneben in der Luft. Unten ist die Minoritenkirche am Drauufer mit St. Urbani (oder St. Barbara) im Hintergründe dargestellt, während sich auf einer Anschwellung des Bodens vorne die verschieden¬ sten Kranken zusammengefunden haben, um bei Maria Hilfe zu suchen. Links ist es eine Dame, die um Ver¬ zeihung der Sünden fleht; der noble Jüngling neben ihr bittet um ein Ambt, während hinter ihnen sich noch ein Blinder, ferner ein Armer, der mit geschwenktem Hute Maria grüßt, und eine am Boden liegende kranke Frau befinden. Eine zweite Frau liegt mit dem Kopfe gegen die Zuschauer in der Mitte des Vordergrundes. Rechts haben wir einen halb entblößten Krüppel mit Krückenstock und Speiseschüssel- chen, dann eine Bauernfrau mit dem kranken Kinde auf den Armen, während wir in dem inbrünstig gehobenen Gesichte des Mädchens dahinter nicht lesen können, ob es bei der Mutter Christi Befreiung von Leiden oder Erfüllung von Wünschen sucht. Die Überschrift lautet: „Barmherzige Mutter schau gnädig uns an, die wir dich Ehren in dein Gnaden Thron." Die Unterschrift aber heißt: „Gnadenreiche Bildnus Maria unter dem Titul Mutter der Barmherzigkeit bey denen?. L. Minoriten in Mahrburg. Geweicht und angerührt." Rechts unten außerhalb der Unterschriftstafel steht die Legende: Alauborc:atb(arina)8L(uIp8it)^u8(u8t36)Vinä(oIlLorum)/' - Nagler bemerkt in seinem Künsllerlexikon unter dem Ar¬ tikel Klauber: Klauber Katharina, deren Lebensverhältnisse wir nicht kennen. Man hat von dieser Künstlerin eine Sammlung von Paramenten, von B. Götz nach Gottfried gezeichnet und von ihr gestochen, 98 Blätter. Neues KünstlerleMon. Band VII. S. 39. München (Fleischmann), 1839. 20 —J— 306 —A- Was die künstlerische Ausführung des Blattes be¬ trifft, so ist diese zwar nicht originell in Komposition und Motiven, aber geschmackvoll sauber und technisch vorzüg¬ lich. Der Rokokogeschmack zeigt sich in den phantastisch geschwungenen und weitausladenden Ornamenten am Baldachindache, äußert sich ferner in den Gesichtern, die alle etwas Hoffnungsvolles und deshalb Heiteres und Inniges ausprägen — selbst dem Blinden strahlt Zuver¬ sicht und Frohsinn aus dem Antlitz und nicht Kummer oder Trübsinn — und dann in den Augen. Es gibt kein Auge, dessen Blickrichtung nicht klar, dessen Ausdruck nicht lesbar wäre. Selbst die Mondsichel schaut aus Maria. Und wie Maria heiteren Antlitzes lächelt, so er¬ blicken wir auch die Engelknaben und die Engelköpfchen mit ihren stumpfen Näschen. Es ist also Rokoko-Kunst in diesem Blatte ausgeprägt mit vielen Schwächen und manchen Vorzügen. Dieser Kupferstich von KlauberKatharina gibt das obgedachte Hochaltargnadenbild nicht ganz getreu wieder. Im Originalbilde hält Maria den Kopf gerade und aufrecht und blickt nach vorwärts, im Stiche wendet sie den Kopf nach rechts, neigt ihn und richtet den Blick auf das Iesukind, dessen Blickrichtung auch geändert ist und dessen linke Hand und linker Fuß unsichtbar sind. Die Finger der das Kind tragenden rechten Hand sind geschlossen. Willkürlich ist das Muster des Glockenkleides und das hinzugefügte Muster des Schleiers. Die Mond¬ sichel ist zu einem Prosilkopf mit lebendigem Auge und geöffnetem Mund gemacht worden. So ist nur im großen die Nachbildung getreu, in den Details ist sie vielfach abweichend. -k- 307 Eigentümlich ist die Darstellung. Maria steht in dem Gnadenthron. Der Thron ist ursprünglich der Sitz, auf dem sich der Kerrscher niederläßt, und marianische Bilder aus romanischer Zeit zeigen noch den reich¬ geschmückten nnd mit Pölstern belegten weiträumigen Thronsih. Später wird aber der Sitz weiter und reicher ausgestaltek, Vorhänge werden darüber angebracht, also ein Baldachin nach orientalischer Weise, bis schließlich der Baldachin zur Hauptsache wird und der Sitz wegfällt. Deswegen sagen Landleute von dem oder jenem Heiligen, der in der Mitte des Hochaltares steht, er befinde sich im Thron. In der obangeführten Aufschrift unseres Kupferstich- Bildes heißt es gleicherweise: „Die wir dich Ehren in dein Gnaden Thron." Bemerkenswert ist auf dem geschilderten Bildnisse auch der Ausschnitt vom Stadtbilde Marburgs um die Mitte des achtzehnten Jahrhundertes. Die Kirche mit der in der Mitte vorspringenden, pilasierartig geschmückten Fassade und mit einem ganz stattlichen Turm^ samt dem daneben stehenden Kloster ist noch ganz erhalten. Wo daneben die Stadtmauer führte, dort stehen jetzt neue Häuser. Ilber den Kasernplatz, auf dem im Bilde eine Prozession mit fliegenden Fahnen einherzieht, sieht man die gegen die Kärntnerstraße hin erbauten Häuser. Die Zeichnung wurde von südöstlicher Richtung — von der - Auch aus der Abbildung im Vischers Schlösserbuche hat die Kirche einen ziemlich bedeutenden Turm. In dieser Gestalt sieht man sie auch aus dem Freskogemälde von der Decke des Presbyte¬ riums, das 1771 von Josef M. Göbler gemalt worden war. Dieser Turm, wie auch der zierliche Turm der St. Aloisikirche wurden eben bedauerlicher Weise abgetragen. 20' Die Mchenansicht der Gonobizer Kauptpsarrkirche mit der Rosenkranz-Kuppelkapelle, m we cher sich ursprünglich das Gnadenbild der Mutter der Barmherzigkeit befand. -Z— 309 —K Anhöhe von St. Magdalena aus — ausgenommen. Auch die im Vordergrund versammelten Bresthaften sind in gleicher Örtlichkeit gedacht. Das Auge des Zeichners haftet zuerst in der Nähe auf ihnen, gleitet dann in die Ferne und in die Tiefe hinunter — die beiden kranken Frauen liegen tiefer — und bleibt auf der Wallfahrtskirche haften und ruhen an dem Städtchen, dessen Dächer man von oben heruntersieht. Fern am Horizonte aber reißt es noch das St. Urbani-Kirchlein mit einem Wohnhause ein in die Kupferplatte, doch in verkehrter Ordnung der Baulich¬ keiten. Der Kupferstecher muß verkehrt auf die Platte zeichnen, das heißt links geben, was später rechts wird im Bilde. Kier hat der Stecher vergessen, die beiden Gebäude zu verstellen. Indes könnte allenfalls die auf dem Bildnisse befindliche Sehenswürdigkeit auch die im Nordwesten auf einer Anhöhe stehende Filialkirche St. Barbara mit der ehe¬ maligen Klause daneben bedeuten. Diese St. Barbarakirche auf dem Kalvarienberge wurde von den Marburgern im Jahre 168l — der Seckauer Fürstbischof Graf von Thun legte am 11. Mai 1681 den Grundslein dazu — aus Anlaß der damals grassierenden Pest erbaut. Bei dieser Kirche befand sich auch eine Eremitage. Der letzte hier lebende Eremit, zugleich auch Kirchendiener, war Abraham Zörer, ein geborener Grazer, der im Jahre 1783 gestorben und am Friedhöfe zu St. Ulrich vor dem Grazer Tore begraben worden sein soll. Auf dem zweiten kleineren Marienbilde (Seile 100) von Klauber Katharina in Augsburg thront die Kimmels- königin mit dem gekrönten Iesukinde in der Rechten m Wolken, mit dem Monde zu den Füßen und umgeben von zwölf Sternen, gekrönt von zwei Engeln. Itber ihrem Kauple 310 schwebt die Taube des Keiligen Geistes und breitet Gott Vater, segnend und Wohltaten spendend, seine Arme aus. So ist die ganze allerheiligste Dreifaltigkeit anwesend. Unter¬ halb dieser himmlischen Erscheinung sieht man festen Erd¬ boden mit der Ansicht der marianischen Wallfahrtskirche der Minoriten und der Stadt Marburg. Zur Kirche und zum Konvente bewegt sich mit wehenden Fahnen aus der Stadt heraus eine große Prozession. Im Vordergründe strömen die Kranken bei der Gnadenmutter Kilfe suchend zusammen. Rechts liegt ein Krtippel, der sich nur mittels der hölzernen Kandhaben, die er mit Lederriemen ange¬ schnallt hat, fortbewegen kann. Ein mitleidiger Mann hält neben ihm einen Besessenen, der beim Anblicke des Marien¬ bildes zusammenzuckt und vom Teufel befreit wird. In Gestalt von beflügelten Drachen fahren zwei böse Geister, umgeben von Dunst und Rauch, aus seinem Munde heraus, ein Motiv, das seit Peter Paul Rubens 0 1577 ch1640) sehr beliebt ist. Mehr in der Ferne liegt eine leidende Frau, die sich aus Schwäche nicht aufrichten kann. Den Kilfesuchenden auf der linken Seite geht eine vornehm gekleidete Frau voran, die in der Rechten ein Glöcklein schwingt, mit der Linken aber nach dem Ohre greift zum Zeichen, daß sie taub sei. Der Bürger nach ihr hält seine ordnungsmäßig zusammengefaltete Bittschrift in der Kand, wohl ein Stummer, während sein Nachbar sein Verlangen an Maria recht innig im Antlitze ausprägt. Zuoberst auf dem Bilde ist der Bittspruch zu lesen: „K. Maria Zeig uns deine Barmherzigkeit: Pest, Krieg und Kunger von uns abwendt allzeit." Die Unterschrift aber besagt: „Gnadenreiches Bildnis Maria Mutter der Barmherzigkeit bey der landesfürstelichen windischen Vor- -L- 311 -4- sladtpfarr Marburg in Unterskeyer in Jahre 1819." Der Künstlerin Namensfertigung lautet: „Klauber Oatb. 8a. .4. V." Das Bild ist oft abgezogen worden, und deshalb sind die tieferen Partien zu wenig gedeckt. Wegen der oft¬ maligen Auflage ist das Bild schon ganz abgebraucht. Aus dem Vergleiche dieses Bildes mit dem schönen Kupferstiche von Katharina Klauber ergibt sich, daß beide Bilder die gleiche Künstlerin — und wahrscheinlich gleich¬ zeitig — angefertigt hat. Das Marienbildnis ist bei beiden das Gleiche, ebenso das Stadtbild. Das größere, teuere wurde wohl besseren Wallfahrern verkauft, das kleinere, billigere war für das Volk bestimmt. Später, wie dies die Jahreszahl 1819 bekundet, hat man auf der kleineren Kupferplatte die untere Inschrift ausradiert und sie durch die neue: Gnadenreiches Bildnis bis in Jahre 1819 ersetzt. Beweis dafür sind zum Teil andere Buchstaben z. B. und Grund hiefür war der Umstand, daß nicht mehr Minoriten in Marburg waren. Man stieß sich an der Erwähnung derselben, nicht aber an der Darstellung ihrer Kirche. Die Grundlage für die zwei Katharina Klauber'schen Kupferstiche bildet der Kupferstich (etwa 21 x 15 am groß) von Kerrmann, Graz 1753, der das Dorblatt zum Titel „der Gnadengeschichten der Marianischen Bildnuß unter dem trostvollen Titul Mutter der Barmherzigkeit" von Nikasius Leeber recht schön ziert. Im oberen Wolken¬ kreise erblicken wir Gott Vater mit ausgestreckten segnen¬ den Künden, von Engeln umkreist und an der Brust mit der Taube des Keiligen Geistes. Im unteren Segment sehen wir Maria in der üblichen Darstellung. Aus dem Munde des himmlischen Vaters strömen die Worte. -x- 312 -Z- „Maria Mutter der Gnaden" und aus dem des gött¬ lichen Iesukindes: „Mutter der Barmherzigkeit." Unter¬ halb der majestätischen Erscheinung in den lichten Kimmels- höhen bemerkt man die Minoritenkirche mit der Stadt Marburg und davor Kilfesuchende. Links auf einer Erd¬ scholle ist Landvolk versammelt und zwar ein stehendes und mit erhobenen Armen flehendes Mädchen: „uns befrey von allen Schaden", wobei das „uns" aus dem Munde aller widerhallt und bei allen auch noch dazu geschrieben ist; ferner ein kniender Knabe mit Zahnschmerzen, eine kniende Mutter mit dem leidenden Kinde in Windeln, vorne ein sitzen¬ der Krüppel mit zwei am Boden liegenden Krücken und ein sitzendes Mädchen mit Glöckchen, das sie in der Rechten wohl zum Zeichen ihrer Taubheit schwingt. Rechts blicken wir in ein Gemach und bemerken darinnen eine Sterbende mit dem Minoritenpater zur Seite, der sie tröstet mit dem Kinweis auf die Gnadenmukter, während die Sterbens¬ kranke selbst ruft: „und (weil Fortsetzung des obigen Flehens) Steh bey in letzten Streit." Im ganzen und großen ist das Bild gehaltvoll und anziehend. Sehr sinnreich ist die Einteilung in drei Kreis¬ abschnitte: Kimmel, Erde und die Vermittlerin dazwischen. Wie die Draperie der links im Vordergründe befindlichen Personen zeigt, ist Kerrmann nicht gerade ein bestens geübter Künstler. Als seine Andachts- und Wallfahrtsbilder ausgegangen waren, wollte man ein besseres Kunstwerk haben. Aber dieses gelang nicht vollkommen nach Wunsch. Katharina Klauber hat die Kerrmann'sche Muttergottes mit dem Kinde ganz abgezeichnet, selbst mit dem lächelnd blickenden Kalbmond; auch die Stadtperspektive ist nach ihm geformt, nur hat sie die Käufer im Kintergrunde höher und -z- 313 -r- schmaler gemacht, die Fenster im Vordergründe aber größer. Und die in weitester Ferne ans hohem Berghügel stehende Kirche erhielt ein Wohnhaus zum Nachbar. Es gibt noch andere mehr minder gute Nachbildun¬ gen des marianischen Gnadenbildes von Marburg — der cteliaiae Narbui-ALN8ium. Kieher gehört das schon erwähnte Ölgemälde, den berühmten Missionär Ignaz Parh am er mit seiner Lehrbruderschaftsschar darstellend, aus dem Jahre 1754. Es ist da freies Feld mit blauen Bergen im Hintergründe, liber den Wolken erscheint Maria mildem Iesukindlein im Damastkleide, mit Perücken und kostbarem Geschmeid geziert. — Nach dieser Abbildung zu urteile», war damals nicht die einfache Kolzstatue zu sehen gewesen, sondern sie war eingekleidet. Kier verhüllt das angelegte Kleid sogar den Mantel. — Die Zuhörer des gottbegeisterten Missionspredigers, der in seiner Rechten den Pilgerstab hält und mit der Linken auf die Mutter der Barmherzig¬ keit hinaufzeigt, nehmen die Ebene ein und gruppieren sich in konzentrischen Kreisen um einen mittleren freien Platz. In der Peripherie steht die mächtige Gestalt des Predigers in zweifacher natürlicher Größe. Der innere Kreis, gebildet von Männern, kommt von rechts mit wallenden Fahnen auf ihn zu. Der nächste, aus weißge¬ kleideten Frauen bestehende Kreis wandelt in verkehrter Richtung, das heißt von rechts nach links, und kommt links an den Missionär heran. Es folgen noch die zwei ähnlich angeordneten Kreise der Jünglinge und Jung¬ frauen, und rechts dahinter bewegt sich eine unzählbare Volksmenge. Die Gruppierung in Kreisen ist umso inte¬ ressanter, weil sie wahrscheinlich ein Abbild der Wirklich¬ keit bei solchen Massenpredigten vor 30.000 Zuhörern ist. -Z- 314 In den Reihen der Anwesenden zählt man gegen fünfzig verschiedenfarbige, mit Heiligenbildern versehene Kirchen¬ fahnen und Fähnlein. Ein minderwertiges Nachwerk unseres prächtigen Lindenholz-Bildnisses ist das 1'56 m hohe und 90 om breite Ölgemälde der Mutter der Barmherzigkeit, welches sowie das St. Ulrichsbild auf dem Dachboden des alten Franziskaner-Klosters lag, als Hochaltarbild in der alten Pfarrkirche einige Zeit vor dem Auszuge aus derselben hing, wie es auf der Photographie des Innern dieser Kirche (Seite 148) aufscheint, und sich gegenwärtig in der neuen Pfarrkanzlei befindet. Es stellt die Gnadenmutter, flankiert von zwei, ihre Krone mit Händen stützenden Engeln dar. Das Iesukind lehnt mit aufeinander gelegten Händchen an der Brust der Mutter. Die Unterschrift auf einer weihen Schleife lautet: „Zu dir wür seuftzen Jederzeit, O Mutter der Barmherzigkeit." Das widrig übermalte Bild unterscheidet sich in vielen Punkten von seinem Vorbilde. Das Kleid Mariens ist roter Goldbrokat und vorn geschlossen. Die Mutter und das Kind tragen weihe Puderperücken. (Derlei Perücken sind nicht selten anzutreffen. In Maria-Neustift bei Oberburg sind bei der hölzernen Marien- und Iesukindstatue solche Perücken frei aufgesetzt und können abgenommen werden). Maria steht auf der Mondsichel, die Gesichtsprofil zeigt. Das Kind hebt mehr den Kopf und dreht ihn mehr nach rechts, die Hände hält es übereinander. Die Mutter, deren Hals eine Doppelperlenschnur schmückt, neigt den Kopf und blickt aus Christus hin. Das Herrmann'sche und das Klauber'sche Bild entsprechen nicht undeutlich diesem Gemälde. 315 -L- Ein recht gefälliges Nachbildchen unseres an¬ sprechenden Gnadenbildes befindet sich ans der zweiten Seite des Titelblattes der gegenwärtigen Druckschrift. — Ein mindergefälliges ist ans der Seite 108 wiedergegeben. Es trägt die Unterschrift: „Maria Mutter der Barmher¬ zigkeit Wird andächtig verehret bey den Wohl Ehrwürdi¬ gen ??. Minoritten zu Mahrburg in unter Steyermarck." Unterhalb der Umrahmungsleiste ist zu lesen: „geweicht und angerührt." Unter den steirischen Künstlern des l8. Iahrhundertes nimmt die Grazer Stecherfamilie der Kauperz einen hohen Rang ein. Aus ihrer chalko- graphischen Offizin gingen unzählige Andachtsbildchen und Wallfahrtsandenken hervor, die als Gebetbucheinlagen oder als religiöser Zimmerschmuck beim Volke lange Zeit in Ehren gehalten wurden. Von Johann Michael Kauperz, geboren um 1710, gestorben am 2. Novem¬ ber 1786, rühren zwei Darstellungen Mariens der Gna¬ denmutter von Marburg her und zwar nach der Angabe des Kerrn Dr. Franz Wibiral: „Madonna mit Chri- stuskind von zwei Engeln gekrönt im Aokokorähmchen. Unterschrift: Gnadenreiche Bildnis Maria Unter dem Titul Mutter der Barmherzigkeit bey denen ?. ?. Mino¬ rite» in Marburg. (Platte 18 cm hoch, 12'8 om breit). Schabkunst. — Die gleiche Darstellung mit ähnlichem Text. 14'2 x 9 cm. Schabkunsk."' ' Dr. Fr. Wibiral, Das Werk der Grazer Stecherfamilie Kauperz. Ein Nachtrag zu Josef Wastlers steirischem Künstlerlexikon. Graz, 1909. S. 18. — Nach der Schabkunstmanier wird das Bild Helldunkel, photographieähnlich, ohne Linien, in dunklen Flächen ausgeführt. Wo sich die zwei Blätter befinden, ist nicht angegeben. Vielleicht in der Kupserstichsammlung im Joanneum, wie sie 1907 auf der Kau- perz-Ausstellung in Graz zu sehen waren. 1 Ansicht von Südosten dec Gonodizer Kauptpfarrkirche mit ihrer mit Kaubendach und Laterne versehenen Rosenkranzkapelle. -L- 317 -x- Eine recht gehaltvolle Nachbildung unseres Gnaden¬ bildes bietet uns das im hiesigen Franziskanerkloster noch vorhandene, V4 Meter lange und '/s Meter breite, von Johann Christoph Winkler (soulpsit et exouäit) in Wien gestochene und gedruckte Bild mit der Auf¬ schrift: „Icon IckaumaturALL Oeiparae, matrck miMrieor- äias, guno ^InrburAi in 6LoIs8ia ?. ?. Ninoritarum magna äovotiono onlitur.« Josef Frauenberger, eingebore¬ ner Marburger, bestellte gelegentlich seiner am 3. Jänner 1771 erfolgten feierlichen Promotion zum Doktor der heiligen Theologie an der Grazer Universität dieses präch¬ tige Votivbild (Plattengröße 76:49 cm) und ließ es ver¬ vielfältigen, nachdem er es noch mit allen Thesen, deren Druck die Erben Widmannstad's in Graz (6raeeü, tvpck baereäum ^Viämanrmtaäü) bewerkstelligten, ausgestaktet hatte, die er in lateinischer Sprache aus der gesamten Theologie öffentlich zu verteidigen hatte. Aber Gott, Mensch¬ werdung, Gnade und theologische Tugenden hatte Frauen¬ berger, welcher schon zuvor 88. et Ickilos. lVlag/ (artium liberalium et pkitosopkiae magiMer) war, 25 Thesen und ebensoviele über Gesetze, Sünden (darunter die V. These: ?eeeatum ^äami in omnes eins po8tero8 pvopagatum t'uit, exeepta 13. N. V.), menschliche Wand¬ lungen und deren Endzweck, über Sakramente im all¬ gemeinen und im besonderen zu verteidigen. Wohl mit Recht hatte der gelehrte Marburger zu jener seine Zuflucht genommen, die da genannt wird 8eäo8 sapievticie, der Sitz der Weisheit. Die Darstellung Mariens in den Wolken mit dein Zesukinde, der Taube des Heiligen Geistes und des himm¬ lischen Vaters in ganzer über den Wolken schwebender -z- 318 Gestatt: ist die übliche mit geringfügigenAbweichungen. Höchst originell ist der Rahmen. Es ist ein Waraufsatz mit Unter¬ bau, seitlichen Pilastern, Gebälk und Baldachin, indem sich das Marienbild auf einem Volutenunterbau befindet, während sich davor die Gläubigen hilfesuchend versammelt haben. In der Mitte wird ein rasender Besessene von zwei Wachmännern, bei dem rechts stehenden sieht man deutlich das herabhängende Seitengewehr, feftgehalten; vor dem Marienbilde wird der Unglückliche gesund; denn zwei Teufel fahren aus seinem Munde aus. Links von dieser schaurigen Szene sind drei Personen: ein stehender und flehender Krüppel mit zwei Krücken rind hölzernem rechten Unterschenkel, der den erhobenen Fuß in der Luft stützt; dann ein kniender Taube, mit Glöckchen und breitem Hute zur Seite, und schließlich eine sitzende Mutter mit ihrem augenleidenden Knabenkinde. Rechts befinden sich vier Personen: ein stehender Blinde, mit Reisetasche ver¬ sehen und seine gefalteten, mit einem Rosenkränze um¬ schlungenen Hände auf den Stock stützend; weiters eine kniende Frau mit wegen Kopfschmerzen verbundener Stirn; schließlich ein Gichtbrüchiger, den seine Tochter in seiner Schwäche unterstützt und der Mutter der Barm¬ herzigkeit anempfiehlt. Die hl. Jungfrau war ja bei der Heilung des Gichtbrüchigen, der in einer Sänfte zu Christus gebracht wurde, anwesend. Schloßkapelle zu Freibichl als zeitweiliger Auf¬ bewahrungsort der Marburger Gnadenstatue der „Mutter der Barmherzigkeit". AWDn dem unmittelbar vorausgehenden Abschnitt und auch sonst wurde zu wiederholten Malen das Schloß Freibichl (Freibüchl, Freybühel) und dessen Kapelle als die Stätte erwähnt, wohin das Gnadenbild der Mutter l 342 r der Barmherzigkeit von Gonobiz gebracht und von wel¬ cher aus es nach Marburg übertragen ward. Freibichl' steht in Mittelsteiermark am Ausgange des Laßnihtales im Gerichts bezirke Wildon, am südwest¬ lichen Abhange des Wildoner- oder Buchkogels. Von den Eisenbahnstationen Wildon und Lebring je eine Stunde entfernt, nimmt es an der Straße von Preding nach Wildon eine mäßige Anhöhe ein, von der man gegen Osten einen Teil des Murtales bis Spielfeld, gegen Westen das Laßnitztal mit der Koralpe im Hintergründe übersieht. Eingepfarrt ist es nach Hengsberg, dessen landtäfl. Güter erstrecken sich aber außerdem in die Pfarren Langg, St. Margereten bei Lebring und Wildon. Das Schloß ist in gefälligem Renaissance-Stil gebaut. Der viereckige Gebäudekomplex umschließt einen geräumigen Kos, auf den sich rings ein galerieartiger Gewölbegang mit mächtigen Steinpfeilern öffnet. Die vier Ecktürme und der Glockenturm ober dem Westportale verleihen ihm das Ansehen eines, nach einem einheitlichen Plane ausgeführten, festen und zugleich freundlichen Baues. 3m nordwestlichen Eckturme befindet sich die Schloßkapelle, deren Eingangs¬ tor in der entsprechenden Ecke des inneren Schloßhofes angebracht ist, während man auf deren Orgelchor vom genannten Gewölbegange aus gelangt. llber die Entstehung des Schlosses und der Kapelle wurden bislang keine Urkunden aufgefunden. Seit dem Ausgange des 16. Iahrhundertes tauchen Namen von ' Dr. Jos. Neubauer, Chronik der Schloßkapelle von Freibüchel. 1880. Manuskript in 4° mit 77 Seiten, zusammengestellt nach I>. Nika- sius Leeber's „Gnadengeschichten" und nach Familien-Aktenstücken. -Z- 343 > z- Edelleulen auf, die sich Herren von Freibüchl nannten, aber nicht ständig in Freibüchl sich aufgehalten zu haben" scheinen. 3m Jahre 1648, welche Zahl in Stein eingehauen zu lesen ist, wurde das Schloß renoviert und wahrschein¬ lich vergrößert. In der Folgezeit wechselte es oftmals seine Besitzer. Von 1656 an gehörte es den Freiherren von Buchbaum (Puechbaumb), die es 1732 an Karl Ferdinand von Bichel veräußerten. Den 29. April 1740 kaufte diese Herrschaft Maria Ioannetta Felizitas von Skubenberg, geborene Gräfin Kienburg. Seit 1755 besaß sie die Edelfamilie von Laturner, dann 1789 Ioh. Bapt. Hardt, 1790—1796 Simon Anton Tastner, seit 6. März 1796 Anton Weiderer. Am 13. Juni 1807 verkaufte Weiderer das Gut Freibüchl an den Grafen Adrian des Enffans d'Avernas, den Urgroßvater des jetzigen (seit 1906) Inhabers, vr. iur. Karl Reichs¬ grafen des Enffans d'Avernas, k. und k. Käm¬ merers, vermählt mit Gabriele, geborenen Aeichs- gräfin d'Ursel aus Belgien. Die erste Nachricht, die auf das Vorhandensein einer Schloßkapelle zu Freibüchl schließen läßt, ist ein Grabstein in der Pfarrkirche zu Hengsberg mit der Inschrift: „Lxitapkium — Wo gehst du hin — Wo ich jetzt bin — Demnach gedench — der Tobten Treu — das mir und dir — Gott gnedig sey — Matthias Burell — Ca- pellon zu Freypichl — So gestorben den 4. — Februar) 1692." Demnach hätte in der zweiten Hälfte des 17. Jahr¬ hunderts die Familie Buchbaum das Gut zu ihrem Familiensitz erwählt und durch Aufnahme eines eigenen Kaplans für die Abhaltung des Gottesdienstes in der Schloßkapelle Sorge getragen. Weitere Nachrichten über Das nach einem im Gonobizer Psarrhofe ausbewahrten Ölgemälde photographierte und klischierte Porträt des Dr. Johann Balthasar von Renzenberg, Kauptpfarrers von Gonobiz (1737—1758). Seite 2S0L 345 die Kapelle oder gottesdienstliche Verrichtungen zu Frei- büchl fehlen bis zum Jahre 1746. Zu diesem Jahre bemerkt die zitierte Chronik: „Neuer ungeahnter Glanz verbreitet sich über dies Gottes¬ haus. Menschen strömen von allen Seiten herbei, um hier in den Anliegen des Leibes und der Seele Hilfe zu suchen. Denn der Gottesmutter hat es gefallen, diesen unschein¬ baren Ort auszuwählen, um in einem bisher unbekannten Bilde sich verehren zu lassen und in reichem Maße Hilfs¬ bedürftigen Gnade zu spenden. Für wenige Monate nur hatte die seligste Jungfrau diese Kapelle zum Gnadenorte ausersehen; aber sie genügten, zahlreiche Verehrer Mariä hieher zu führen, die Andacht zu ihr zu wecken und aus¬ zubreiten, bis sie ihren Höhepunkt in der Stadt Marburg erreichen sollte." Im Juni des genannten Jahres 1746 hatte nämlich die Besitzerin, Johanna Felizitas von Stu den berg, das in Gonobiz erworbene Gnadenbild der Mutter Gottes, nach erfolgter Restaurierung desselben durch den Grazer Maler Wigelsföls, in die Hauskapelle des Schlosses Freibüchl gebracht, und hier begann die Ver¬ ehrung der nunmehrigen Marburger Gnadenstatue unter dem Titel der Mutter der Barmherzigkeit, welcher trost- volle Name ihr vou einer frommen Person erteilt wurde, die unversehens um den Namen der Statue befragt, diesen Titel angab. Von den Krankenheilungen, welche der Fürbitte der Mutter der Barmherzigkeit in der Kapelle zu Freibüchl zugeschrieben werden, werden sieben angeführt, die auch L- Nik. Leeber in seinen „Gnadengeschichten" auf Seite 21—25 erzählt. Es wurde die genannte Inhaberin, Gräfin Johanna Felizitas, von einem „sehr heftigen Leiden in 346 inwstinis", Johannes Millwig aber von einer anderen lebensgefährlichen Krankheit, die zuletzt in heftiges Fieber übergegangen war, wunderbarerweise befreit. Johannes Leffler, „ein Millner unweit den Marckt Leibniz", und Jakob N. „von Kretsch einem Dorff unter dem Marckt Wildann.. ein freybichlischer Amtmann", fanden Leitung von „grossen", „unbeschreiblichen" Fußschmerzen. — N. Mörtin, eine Bäuerin aus obbenanntem Dorf (das heu¬ tige Gretsch an der Laßnitz, Pfarre St. Nikolai), verlobte ihr „Enikl, welches gähling auf beeden Füssen erlahmet", mit einer Kirchfahrt zur Mutter der Barmherzigkeit, und sie hat Gnade gefunden. Eleonora Zotnerin, ein Mägdlein von 11 Jahren in Graz, verletzte sich bei einem Gange durch die Stadt am Auge derart mit einem Stemmeisen, daß der Bader Ludwig Anton Lang sich nicht getraute, sie zu Kurieren. Die Eltern des Mägdleins verlobten sich demnach zur Mutter der Barmherzigkeit, und das Kind sah des andern Tags so gut mit dem verletzten wie mit dem gesunden Auge. Die Eltern bekräftigten diese ihre Aussage mit einer nach Freibüchl überschickten schriftlichen Tafel; so geschehn im Jahre 1746. — Der Leutnant Joseph Karl Freiherr von Plankenskein war Vr Jahre an Länden und Füßen dergestalt kontrakt, daß er sich selbst nicht zu speisen vermochte und auch täglich den Tod schon erwartete, „alldieweilen noch andere gefährliche Krank¬ heiten darzustosseten." Nachdem er von einer adeligen Person von der Mutter der Barmherzigkeit vernommen hatte, verlobte er sich und gelangte innerhalb sieben Tagen zu seiner vorigen Gesundheit. Solches bestätigte er mit seiner eigenen Landschrift, datiert vom 10. Dezember 1746. -k- 347 Diese sieben, der Mutter Gottes in Freibüchl zuge¬ schriebenen Krankenheilungen geben deutlich Zeugnis von der großen Verehrung, welche die Muttergottesstatue in Graz schon und nach der Übertragung ins Schloß in der Umgebung von Freibüchl genoß. Es ist also erklärlich, daß das Volk zu der Kapelle des damals in dichter Wald¬ einsamkeit stehenden Schlosses sich mächtig hingezogen fühlte, um seine Gebete und Opfer darzubringen. Ob und in welcher Weise der Gottesdienst während dieser Zeit darinnen gefeiert wurde, kann wegen Mangel an Urkunden nicht festgestellt werden. Sicherlich wurde damals das heilige Meßopfer öfter in der Kapelle gefeiert. Die Gräfin mochte eine außergewöhnliche Zuneigung zu dem von ihr unter merkwürdiger göttlicher Fügung aufgefundenen Bildnisse gefaßt haben und besorgte, daß die kleine Kapelle dem Zudrange des Volkes nicht mehr genügen dürfte. „Sie fürchtete wegen des sich täglich mehr anwachsenden Ruff und Zulaufs des Volckes des Bildnisses beraubt zu werden". Daher nahm die Gräfin das Bild und brachte es nach Marburg. In welchem Kaufe sie sich hier niedergelassen, ist unbekannt, doch dürfte die Burg als ihre zeitweilige Wohnung vermutet werden. Nach Ignaz OroZen (Das Bisthum und die Diözese Lavant. Marburg, 1875. I. Teil. S. 10) befand sich auch in den Käufern des Kerrn von Stubenberg zu Marburg eine Kapelle, welche also von der Gräfin als Aufbewahrungsort der Gnadenstatue in Aussicht genommen werden konnte. Doch Derjenige, welcher das Bildnis aus der Ver¬ borgenheit in Gonobiz hervorziehen ließ, wollte es in Marburg nicht zu unbekannt werden lassen und er ge- -z-.348 >4- brauchte gerade die Übertragung desselben durch die Gräfin dazu, das wundertätige Bild zahlreicherem Volke in einer größeren Stadl bekannt zu machen und so dessen Verehrung in weiteren Kreisen zu ermöglichen. Die Gräfin übergab die Statue der Kirche der Mi¬ norite«, um „allda verehret zu werden und ihre häus- Kans Jakob Freiherr von Khiesl, der Erbauer der Kapuziner-Kirche mit Kloster, aus der Totenbahre (ch 1637)? fige Gnaden auszuspenden". Dies geschah am 24. Jänner 1747 und am 2b. Jänner wurde, wie schon berichtet, die Statue das erstemal auf dem Kochaltar der Marienkirche zur öffentlichen Verehrung ausgestellt. Von diesem Tage an wurde sie Gemeingut der Stadt, des Landes, ja ' Im Franziskanerkloster ist ein 174'5 am langes und 112 cm breites Ölgemälde vorhanden, welches den in diesem Buche öfters genann¬ ten Kans Jakob Freiherrn von Khiesl auf der Totenbahre -r- 349 aller Kilfsbebürftigen. Die unter dem Namen der wnn- derlätigen bekannte Muttergottesstatue befand sich also mir durch sieben Monate, etwa von Ende Juni 1746 bis gegen Mitte Jänner 1747, in der Schloßkapelle von Freibüchl. Nach der Übertragung der Statue nach Marburg sind durch mehrere Jahre keine genaueren Nachrichten über die Schloßkapelle in Freibüchl vorhanden. Sie tau¬ chen wieder auf zur Zeit, als sich das Schloß im Besitze der Familie Loturner befand. Mit diesem Namen ist die Geschichte der Kapelle auf das innigste verknüpft. Die vorhandenen Schriftstücke geben Zeugnis vom religiösen Sinn der Familie, die durch eine bedeutende Stiftung eine rechtsverbindliche Grundlage für die weitere Entwick¬ lung der Rechte der Kapelle schuf, wie sie auch unzwei- darstellt. (Seite 7. Anm. 1). Die Leiche liegt in natürlicher Grütze auf der schwarz ausgeschlagenen Bahre mit doppeltem Polster unter dem Kopfe. Das eintönige Schwarz wird nur von dem weitzen Spitzenkragen und den reichen Spihenmanschetten unterbrochen. In der Kand hält der Verstorbene ein Kreuz und den Rosenkranz mit Perlen von braunem Kolz. Am besten ist das leichenblasse Gesicht ausgesührt. Das weitze Kaar ist zurückgescheitelt: auch der Knebel¬ bart ist ganz ergraut. Zu Seiten des Totenlagers brennt je eine Kerze, in der Mitte der Bahre steht dahinter ein Kruzifix, daneben ist das gräfliche Wappen angebracht. Zwei rote Draperien schneiden in die oberen Ecken der Bildfläche ein, eine schöne Inschrift mit reich bewegten Lettern begleitet den unterem Bildrand. Sie lautet: „Kanntz Jacob Grafs Kitzl graff zu Gottschee Freiherr zu Kaltenbrunn und Kerr Zu Purck Marburg, Erbland Jägermeister in Gräz und der Modischen March, Erbürucksatz der sürstl. Grasfschast Görtz, weyland der in Gott abgelebten Kay. König. May. Ferdinandi It. geheimer Rath und Obrist Cammerer und Obrisl Zeigmeister auch Schlotzhaubtmann zu Gräh Fundator dieses Capuciner Kloster zu Marburg 1612. gestorben 350 -z. felhaft bemüht war, derselben durch äußeren Schmuck größeres Ansehen zu geben und die Wohltat geregelten Gottesdienstes zu erwerben. Nach den ursprünglichen Bestimmungen der erwähn¬ ten, im Jahre 1783 konfirmierten Stiftung, welcher ein Kapital von 4000 fl. zugrunde gelegt worden war, sollte durch die aus drei Priestern bestehende Pfarrgeistlichkeit von Hengsberg gegen Nutznießung der Stiftungsbezüge dafür Sorge getragen werden, daß in der Pfarrkirche jeden Freitag, in Freibüchl aber jeden Sonn- und Feier¬ tag je eine, im ganzen 160 gestiftete Messen zelebriert werden, und daß bei Anwesenheit der Herrschaft zu Frei¬ büchl auf Verlangen ein Kaplan zur Lesung der heiligen Messe, jedoch liborao applioatiovck, dorthin beordert werde. — Mit der Bestätigung dieser Stiftung trat die Schloß- den 23. Junj 1637." Auf dem Bildfelde links vom Wappen ist noch die Angabe zu lesen: „H.etati8 suae 73. 1637." — Das Bild ist mit neuer Leinwand unterlegt und teilweise ganz übermalt. So sind die Buchstaben der unteren Schrift alle neu ausgezogen. Im Antlitze ist die rechte Wange, das untere rechte Augenlied und der Bart recht ungeschickt neugemalt. In der Mitte des Bildes ist ein Streifen quer über die Oberschenkel, von der Malfchicht entblößt, der nicht übermalt, wohl aber gefirnißt ward, wie das ganze Gemälde, welches als eine interessante, aber anspruchslose Arbeit erscheint. Demselben dürfte eine Skizze zugrunde liegen, die noch während der Aufbahrung der Leiche gemacht wurde. Es kommt also ein Marburger — vielleicht der Hofmaler desMstesl's selbst — oder höchstens ein Grazer Maler in Betracht. — Zur Verewigung des berühmten Grasengeschlechkes von Khiesl, welches nebst der Burg Marburg und Obermarburg noch viele andere Kerr- schaften in Südsteiermark besaß und zu Marburg einen kleinen Hof¬ staat mit einem Kapellmeister, Kantor, Hofmaler, Baumeister, Hof¬ zimmermeister hielt, wurde in der Gemeinderatssitzung vom 16. März 1893 eine neue Gasse im 3. Bezirke Meiling Khisl-Gasse benannt. Ausschnitt aus dem Gesamtbilde: Kans Jakob Freiherr von Khiesl auf der Totenbahre. CS. Z48). -z- 352 -z- Kapelle in den Rang einer öffentlichen Kapelle mit geord¬ netem Gottesdienst, wenn auch mit beschränkten Befug¬ nissen, indem durch besondere Bedingungen dafür gesorgt war, daß der Vernachlässigung des Gottesdienskbesuches in der Pfarrkirche kein Vorschub geleistet werden konnte. Es wurde wohl ununterbrochen durch die folgenden 14 Jahre hindurch die hl. Messe nach den Stiftungsver¬ bindlichkeiten gelesen. Unstreitig wurde von der genannten Familie auch die Kapelle entsprechend hergestellt, im Rokokostil ausge¬ schmückt und mit aller notwendigen Einrichtung versehen, wie sie bis zum Jahre 1879 bestand und auf dem dies¬ bezüglichen, im vorliegenden Buche abgedruckten Bilde ersichtlich ist. Das an jener Stelle, wo seinerzeit das Gna¬ denbild gestanden war, befestigt gewesene Altarbild, dar¬ stellend die seligste Jungfrau in fliegendem Gewände, mit dem göttlichen Kinde am Arme und schwebend über dem von der Schlange umringelten Erdball, das Geheimnis der unbefleckten Empfängnis sinnbildend, ist noch gegenwärtig auf dem Oratorium ober der Sakristei aufbewahrt. Zu beiden Seiten dieses Bildes standen auf dein Altäre die Statuen der Sterbepatrone, des hl. Joseph und der hl. Barbara. Bemerkenswert ist, daß an der Decke der Kapelle damals einige Titel aus der laure- tanischen Litanei, an den Seitenwänden aber gemalte Blumengewinde und Sträuße dargestellt waren, was teilweise auch in der nunmehrigen Marburger Marien- Gnadenkirche der Fall ist. Nach etwa 14 Jahren erlitt die Abhaltung des Gottesdienstes zu Freibüchl eine längere Unterbrechung, weil in der Ausführung der Laturner'schen Stiftungsver- -k- 353 -z- bindlichkeiten verschiedene Schwierigkeiten eintraten. Durch eine Konsistorialentscheidung vom 17. Jänner 1799 wurde der Pfarrer von Kengsberg von der Verpflichtung zur Entsendung eines Messelesers nach Freibüchl entbunden, da ihm nur mehr e i n Kaplan beigegeben werden konnte. Er bezog von nun an den Zinsenbetrag, der auf die Erfüllung der Stiftungsverbindlichkeiten in der Pfarr¬ kirche entfiel (52 ft. für 52 Messen), den übrigen Teil (108 fl.) hatte er an den Besitzer von Freibüchl zur Be¬ sorgung der Stiftungsmessen abzuführen. Im Jahre 1845 wurde die Anzahl der jährlich zu lesenden Messen wegen des immer mehr sinkenden Geldwertes auf 80 herabge¬ setzt, wovon 52 der Pfarrkirche, 28 der Schlotzkapelle aufgeteilt wurden. Schließlich sank das Zinsenerträgnis auf 26 fl. 87 kr. Nach dem letzten Reduktionsdekret vom 29. Juli 1874 werden davon 10 fl. I6V2 kr. von der Pfarrvorstehung an den Gutsinhaber abgelieferk und zur Instandhaltung der Kapelle verwendet, um den Restbe¬ trag sind in der Pfarrkirche jährlich 18 heilige Messen für die Stifter zu persolvieren. Die erwähnte Stiftung genügte also zur Sicher¬ stellung eines regelmäßigen Gottesdienstes in der Schloß- Kapelle nicht. Dessenungeachtet wurde im Laufe der Jahre der ursprüngliche Zweck der Laturner'schen Stiftung durch die hochherzige gräfliche Familie des Enffans d'Avernas auf andere Weise erreicht. Die Kapelle wurde dem frommen Sinne der Inhaber entsprechend immer in würdigem Zu¬ stande erhalten und sowohl von der Familie als auch von den Kausleuten zur Verrichtung der Privatandacht besucht, so daß sie auch während dieser Periode dem ursprünglichen Zwecke, der Gottesoerehrung zu dienen, 23 354 -Z- Schlosz Freibüchl^ Gesamtansicht von Süden. niemals entfremdet oder zu profanem Gebrauche ver¬ wendet wurde. Selbst die Ortschaft Kehlsdorf blieb ihrem, gelegentlich einer Pest zu Beginn des 18. Jahrhundertes abgelegten Gelübde treu und hielt alljährlich ihre Pro¬ zession zur Kapelle, -8-355 -L- Am 14. Juni 1842 bezog der älteste Sohn des Grafen Adrian, Graf Karl d'Avernas, mit seiner am 12. Juni vom Grazer Fürstbischöfe Roman Sebastian Zängerle in der Loretokapelle der Burg zu Marburg angetrauten Gattin Maria geb. Gräfin Brandis das Schloß Freibüchl und nahm daselbst seinen ständigen Aufenthalt. Er wandte gleich vom Anfang an seine Liebe und Aufmerksamkeit der Kapelle zu; sie wurde sowohl für die private sowie auch für die gemeinschaftliche Andacht mit besonderer Vorliebe auserwählt. Im ersten Jahre wurde jedoch in der Kapelle kein Gottesdienst gehalten. Gegen Ende des Jahres 1843 kam Fürstbischof Roman auf Besuch zur gräflichen Familie nach Freibüchl und zelebrierte in der Kapelle das heilige Meßopfer; das erstemal nach mehr denn vierzigjähriger Unterbrechung wurden die heiligen Geheimnisse wieder gefeiert. Von diesem Zeitpunkte an kam nun öfter ein Priester nach Frei¬ büchl zur Darbringung des heiligen Opfers in der Schlo߬ kapelle. Doch wurde nur Privakgottesdienst und auch nur in einzelnen Fällen abgehalten. Die durch Konfirmations¬ urkunde vom 29. August 1783 (betreffend die Lakurner'sche Stiftung) erteilten Rechte wurden wegen des vieljährigen Mchtgebrauches als erloschen betrachtet. Da nun Freibüchl wieder ein ständiger Familiensitz geworden, so war das Bestreben erklärlich, die früheren Privilegien für die Kapelle neuerlich zu erwerben. Auf Ansuchen des Grafen Adrian hin und nach Abgabe einer Erklärung seitens der gräflichen Familie, daß den diesbezüglichen kirchlichen Vorschriften genüge geschehen werde, wurde am 4. Juni 1845 vom Fürstbischöfe 23* SS>Vvk Froibüchi. t Auk«nan>ir. vv^d §7»r. TZOactzvm. §>l. cLti^c»betl) r^lnd ^l. 2cicl)c>ri«s. -r-373 von der Sehnsucht, für diese erste so ausnehmende Gnade zu danken. Geheimnisvoll webt und bebt ihr Gewand, eine heilige Erwartung und Ergebung zittert durch die entzückte Gestalt. Das Strahlenmeer auf dem Bilde mit der Reinheit seines Glanzes deutet hin auf die Reinheit der unbefleckten Jungfrau. Murillo's Bild der la ?m i88ima - der Allerreinsten (im Pradomuseum zu Madrid und im Louvremuseum zu Paris) ist das verbreitetste und beliebteste dieser Art. In fast unzäh¬ ligen Nachbildungen auf der Leinwand, in Stichen und Far¬ bendrücken, in Nachahmungen und Vervielfältigungen jeden Genres, in größeren oder kleineren Formaten hilft des großen Malermeisters Bild überall, wo katholische Kerzen schlagen, die Ehre der unbefleckt Empfangenen vermehren, die Liebe zu ihr zu höheren Flammen auflodern.' Vielgeliebte im Herrn! Wohlbekannt ist Euch die ergreifende Wehklage des gekrönten Psalmensängers David: Siehe, in Unge¬ rechtigkeit bin ich empfangen, und in Sünden hat mich empfangen meine Mutter! (?8. 50, 7). Dieser Klageruf ist die gemeinsame Lamentation des durch die Erbsünde entweihten Menschengeschlechtes. Diese Klage erhebt sich von allen Weltteilen, zieht sich durch alle Völker und Nationen, ertönt in allen Sprachen und Idiomen ' 3. Graus, Ooncaptio Immaculata in alten Darstellungen, (Kirchenschmuck, Monatsschrift für christliche Kunst und Kunstge¬ schichte. Graz, 1904. Nr. 9—12). — I'. Peter Winkler O. ss. N., Der Unbefleckten Bild und Verehrung in der katholischen Kirche. Vorträge. Paderborn, 1904. VI-P276 Seiten. — K. Knackfusz, Muiitlo. Dritte Ausl. Bielefeld und Leipzig, 1897, S. 70 und 71. Abb. 60 und 61, 374 -L- und erneuert sich durch alle Jahrhunderte und Jahrtau¬ sende. Denn alle Adamsnachkommen müssen seufzend bekennen: Siehe, in Ungerechtigkeit sind wir empfangen und in Sünden haben uns empfangen unsere Mütter! Doch nein, nicht alle Menschenkinder dürfen also jammern und Klagen. Eine Evastochter bildet die Aus¬ nahme und darf jubeln und mutz frohlocken: Siehe, in Gerechtigkeit bin ich empfangen, und ohne Makel der Sünde hat mich empfangen meine Mutter! Ihr, meine christlichen Zuhörer, Kennel alle dieses zuhöchst beglückte und begnadete Menschenkind: es ist Maria, die ohne Erbschuld empfangene und geborene Tochter des hl. Joachim und der hl. Anna, die jungfräuliche Mutter unseres göttlichen Kerrn und Keilandes Jesus Christus. Der geheimnisvolle Gnadenvorzug der unbefleckten Empfängnis lätzt Maria in dreifacher Schönheit und Grötze aufscheinen, glänzend aufstrahlen. Zumersten ist dieser Gnadenvorzug schon an und für sich hocherhaben, wunderbar grotz. Denn schon für uns ist gar hoch und hehr die Gnade, datz wir durch das Sakrament der heiligen Taufe von der Erbsünde gereinigt worden sind. Der gotterleuchtete Völkerapostel Paulus findet und feiert gerade hierin die unendliche Liebe des göttlichen Erlösers Jesus Christus. Als aber die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes unseres Keilandes erschien . . da hat er uns nach seiner Barmherzigkeit gerettet durch das Bad der Wiedergeburt. (Dir. 3, 4. 5). Wenn nun diese Gnade der Reinigung von der Erbsünde so grotz ist, o wie grotz mutz dann das gänzliche Freibleiben von jedweder Makel der Erbschuld sein! Und wie grotz und 375 wie schön muß dem zufolge die makellos empfangene Jungfrau Maria sein! Zumzweiten leuchtet aus dem Gnadenoorzuge der unbefleckten Empfängnis hervor die ganze künftige Größe und Hoheit Mariä als Mutter Gottes. Der innerste Grund der unbefleckten Empfängnis Mariä war ihre vorherbestimmte Muttergotteswürde. Diese allerhöchste Würde und unvergleichliche Auszeichnung, zu der ein Menschenkind erhoben werden konnte, bildet den Born, aus dem die immakulata Konzeptio quillt. Hierher gehört der weltberühmte Ausspruch des Vaters der Scholastik, des hl. Anselmus, Erzbischofes von Canterbury, der da zum Wahlspruche der Verteidiger unseres Glaubenssatzes geworden ist und welcher lautet: „Es war geziemend, daß jene Jungfrau in solcher Reinheit erstrahlte, wie eine größere nach Gott gar nicht gedacht werden kann, da ihr Gott der Vater seinen einzigen Sohn, den er wie sich selbst liebte, also zu geben beschloß, daß einer und derselbe zugleich Sohn des Gottvaters und der Jungfrau sei«.* Dieses Wort des großen Kirchenlehrers erhielt die höchste Weihe dadurch, daß es Papst Pius IX. glorreichen An¬ gedenkens fast unverändert in seine berühmte, grund¬ legende dogmatische Bulle Inelfubilis Deus vom 8. Dezember 1854 aufnahm. ? ' Vs sonLsptions Virginia. Lax. 18. In jüngster Zeit erschien Zu Freiburg im Breisgau nachbenannte Druckschrift: vsämeri Nonsekt Lsntusrensis tutstus äs Loncextions s-mstss Narise, Mim 8. Anselmo sttributus, NUNL primum intsZsr sä soäisum üäsm eäitus säieetis guidusäsin äoLumsntis Loaetsnsis s 1'. Verb. Dkurston 8. I. et I'. DK. 8Istsr 8.1. vriburgi in Lrisgovis, 1904. XV-s-104 8. - Lt guiäsm äesebst omnino, ut psrwetissimse ssnctitstis -Z- 376 Ansicht von Gonobiz aus dein Jahre 1830? Der Tag, an dem Maria durch den Erzengel und zugleich ihren Schutzengel Gabriel die Begrüßung erhielt, daß Golt der Vater sie zur wunderbarlichen Mutter seines Sohnes auserkoren, ist wohl der größte Tag in ihrem Leben und ein allerhöchst wichtiger für uns, für die ge- splerutoribus semper ornata kulgeret ac vst ad ipsa originatis culpas labe plane iinmunis ampltssimum Ne anttguo serpsnte triumpdum rsksrrst tam vensraditts Unter, eui Deus d'ater unleum 1?ilium suum, guem tamguam se ipsum cliligit, ita ctars äispo- 8uit, ut naturalltsr esset unus tclemgus eornmunis Ost d'atris et Virginis b'tlius. Das obige Bild, dessen lithographisches Original sich im Landesarchiv zu Graz befindet, veranschaulicht von Norden aus den 377 samte Menschheit, für die ganze Weltgeschichte. Denn mit ihm naht der Völkerfrühling, wie das Fest Mariä Ver¬ kündigung in den Iahresfrühling fällt. Zumdritten leuchtet aus der Lehre der unbefleckten Empfängnis hervor das künftige Mittler amt Mariä bei Jesus, ihrem göttlichen Sohne. Er, der gekommen ist, die Sünden aller zu tilgen, wollte die Sünde vollkommen ferne halten von seiner heiligsten Mutter, die eine ganz reine Jungfrau sein sollte, damit wir durch sie wie den Erlöser so auch die Gnade der Erlösung empfingen, welche Erlösung vor allem in der Reinigung von der Sünde besteht. So erscheint Maria schon als Mittlerin der Sünder bei ihrem göttlichen Sohne Jesus Christus. — Sie vermittelt die Versöhnung zwischen Gott und der gefallenen Menschheit. Sie ist es, durch die wir Versöhnung, Barmherzigkeit und Keil erlangen von Gott. Ein dreifaches Weh der Sünde gibt es: das der Erbsünde, Todsünde und läßlichen Sünde. Maria war frei von diesem dreifachen Weh. Durch die Geburt des Erlösers vermittelt sie den Menschen die Tilgung der Erbsünde und durch ihre mütterliche Fürsprache erwirkt sie uns die Gnade der Freiheit von der eigenen, persönlichen Sünde. Zutreffend bemerkt der gotterleuchteke hl. Alphonsus von Liguori: „Wenn Maria für mich ist, so fürchte ich den Teufel nicht; denn Maria ist mächtiger Anblick des Marktes Gonobiz aus dem Jahre 1830. Der Kirchturm trägt noch das Rokokodach. Links in der Ferne steht das Fürst Windischgräh'sche Schloß, rechts aus dem Berge die Ruine der Go- nobizer Burg, genannt auch Ruine Tattenbach. 3m Vordergründe des Bildchens erblickt man die Ankunst des Kaisers Franz l. (Kaiser von Österreich 1806—1835) in einem sechsspännigen Wagen. Wohl¬ wollend neigt sich der Monarch zum Fenster hinaus und schaut den Landleuten zu, die ihn mit Jubel begrüßen. -k- 378 als die Kölle. Ich fürchte nicht den Richter; denn Maria ist Mutter des Richters. Ich fürchte nicht meine Sünde; denn Maria weiß mir Verzeihung zu verschaffen. Ich fürchte nicht den Zorn Gottes; denn Maria weiß mir Ver¬ söhnung zu erwirken. Ich fürchte nur eines: ich könnte Maria meine Kofsnung in meiner letzten Stunde vergessen." Vielgeliebte im Äerrn! Da das Geheimnis der unbefleckten Empfängnis von solcher Größe, Koheit und Erhabenheit ist, was Wunder, daß die makellos Empfangene stets der Gegenstand der innigsten Verehrung vonseiten der katholischen Christen war, ist und sein wird. Wer wäre imstande, alle die be¬ geisterten Verehrer der Immakulata nur zu nennen? Mögen heute hier nur einige wenige erwähnt werden. An erster Stelle nenne ich einen gar zärtlichen Marienverehrer als Vorbild für die christliche Jugend. Es ist der hl. Johannes Berchmans aus der Gesell¬ schaft Jesu, die da auch in gewisser Beziehung zu dem im Überbau des Kochaltares befindlichen Gnadenbilde der Mutter der Barmherzigkeit steht? Es war der Iesuiten- pater Ignatius Parhamer, welcher der frommen Reichsgräfin Felizitas von Khünburg den Rat gab, eine Wallfahrt zum Gnadenorte des hl. Franziskus Xaverius bei Oberburg zu unternehmen, wobei sie auf der Rückreise durch Gonobiz in der dortigen Pfarrkirche das Marienbild antraf, es erwarb und nach mannigfachen Kreuz- und Querzügen schließlich nach Marburg, dieser »„Von der neuen Marienkirche in Marburg". (Feuilleton im Beiblatt zu Nr. 347 des Wiener Vaterland vom lö. Dezember 1904). -k- 379 -r- Marienburg mit der gewaltigen Immakulata-Säule auf dem Kauptplahe, brachte, wo es nach mehrfachem Wohnungs¬ wechsel endlich hier da droben seine bleibende Keimstätte fand. Nun, der jugendliche Jesuit Johannes Berchmans ist durch seine innige Andacht zu Maria, der unbefleckt Empfangenen, ein Kettiger geworden. Tief überzeugt von der Wahrheit dieses Geheimnisses betete er jederzeit, bevor er etwas vornahm, ein Ave zur unbefleckten Empfängnis. Im Jahre l620, im letzten seines Lebens (ch 13. August 162l), legte er mit Erlaubnis seines Beichtvaters vor dem allerheiligsten Sakramente das Gelübde ab, die unbe¬ fleckte Empfängnis beharrlich zu verkündigen, zu preisen und zu verteidigen; es fei denn, daß die Kirche anders beschließe und entscheide. An zweiter Stelle nenne ich aber eine ganze Schar von Verehrern der unbefleckten Empfängnis: es sind die Mitglieder des seraphischen Franziskanerordens, der ganz besonders die Lehre von der unbefleckten Empfängnis Mariä stand- und sieghaft verteidigt hat. Als einer der ersten Vorkämpfer gilt hierin der scharfsinnige Ioh annes Duns Scotus, der den Beweis für die Wahrheit der unbefleckten Empfängnis in drei Gedanken faßte: (Deus) potuit, äoeuit, arKo kocht. Gott konnte es, es geziemte sich, folglich tat er es. „Es gereicht dem Duns Scotus zum Ruhm", schreibt der gelehrte Kardinal Lambruschini, „wenn nach ihm der Glaube an die unbefleckte Empfängnis Mariä fast bei allen scholastischen Theologen und bei allen Christ¬ gläubigen so feste Wurzel gefaßt hat, daß niemand mehr sich davon abbringen ließ."! > visssrtclt. über die unbefleckte Empfängnis. S. 99. Das Seiner Keiligkeit Papst Pius X. in der Privataudienz am 18. Mai 1908 überreichte Abbild der Marburger Basilika. -r- 381 Doch nicht diesen großen Gelehrten mit dem Ehren¬ beinamen voctor Marianus etsubtilis auch kurz XlarlanitM will ich heute besonders hervorgehoben haben, sondern vielmehr einen heiligen Sohn des seraphischen Ordens¬ pakriarchen, der da in einem ganz merkwürdigen Zusam¬ menhangs mit der feierlichen Verkündigung des Dogmas von der unbefleckten Empfängnis Mariä steht. Es isl der berühmte Verfasser und Verbreiter unserer heiligen Kreuz- wegandacht: L. Leonhard von Porto Maurizio, der im Jahre 1751 starb, 1796 selig gesprochen ward und dessen Bild auch auf einem der schönen Priesterchor- Gemälde prangt. Ihm gebührt in diesem martanischen Jubeljahre ein ganz besonderer Ehrenkranz. Dieser große Volksmissionär und Apostel von Italien übte fleißig die Andacht zur unbefleckten Empfängnis Mariä und war rastlos bestrebt, für die feierliche Verkündigung dieser Lehre Personen zu gewinnen, zu begeistern, zu entflam¬ men. Berühmt ist diesbezüglich einer seiner Briefe, an welchen sich mehr als hundert Jahre später ein merk¬ würdiges Ereignis knüpft. In diesem Briefe wird näm¬ lich die Art und Weise beschrieben, wie dieses Dogma verkündet werden könnte. Man hielt allgemein dafür, daß mir auf einem allgemeinen Konzile diese Lehre zur Glaubenslehre erhoben werden könnte. Allein im Briefe unseres seligen Leonhard heißt es, daß nur die Bischöfe des katholischen Erdkreises sich an den heiligen apostolischen Stuhl zu wenden hätten.- ' orUinis kratruin minorulli immaoulatam Lvneeptionam L. XI. V. coocernentis anno ab eius ästinitionL rocurrsnto quin- quLMkimo. .Xci Oaras .X<_,us8, 1904. 8. 399 k. ° IX Apolünar Keithausen und Leonhard Gehlen O. 8. -r - 382 -r- Als Papst Pius IX. den Stuhl Petri bestieg, war es sein sehnlichster Wunsch, diese Glaubensfrage endgiltig zu entscheiden. Mitten unter den Stürmen der Revolution sann Pius IX. anfangs November 1848 über die Aus¬ führung seines Lieblingsplanes nach. Da hörte der Papst, daß in dem Reformaten Kloster St. Bonaventura ein Brief des seligen Leonardo von Porto Maurizio aufbe¬ wahrt werde, in welchem merkwürdige Äußerungen über das künftige Dogma von der unbefleckten Empfängnis Mariä enthalten seien. Es war der oberwähnte Brief des großen Marienverehrers. Bald darauf, am 15. November 1848, mußte Papst Pius IX. aus Rom flüchten. Doch siehe! Von seinem Verbannungsorte Gaeta aus erging das berühmte Rundschreiben, datiert von Mariä Lichtmeß dem 2. Februar 1849, worin Pius IX. vom Keiligen Geiste geleitet gerade jenen Weg einschlug, den der selige Leo¬ nardo in seinem Briefe bezeichnete. Pius IX. wandte sich an die Patriarchen, Erzbischöfe und Bischöfe des katho¬ lischen Erdenrundes, und diese erklärten einhellig — nur vier Bischöfe hielten den Zeitpunkt der Verkündigung nicht für geeignet — ihren eigenen und ihrer Diözesanen festen Glauben an die unbefleckte Empfängnis Mariä. Darauf nun schritt der große Pius am 8. Dezember 1854 zur ewig denkwürdigen feierlichen Proklamierung dieser von Gott geoffenbarten Glaubenswahrheit. Wenige Tage vor jenem weltgeschichtlichen Ereig¬ nisse, am 26. November 1854, als am Sterbetage des Leben des hl. Leonhard a Lorio Naurlnio. Paderborn, 1861. S. 164, 366 fs. — I>. Leonhard Wörnhart O. 8. Leben des hl. Leonhard von Lorto Naurixio. Innsbruck. S. 171 ff. — Priester-Konferenz¬ blatt. Brixen, 1904. Nr. 8. S. 230 ff. 383 seligen Leonardo äa Lorto Xlaurl^io, zog Pius IX. in feier¬ licher Prozession zur Ställe, wo die sterblichen Über¬ reste des Seligen ruhen und oblag daselbst stiller Andacht. Es war wohl ein Dankgebet für die endgiltige Entschei¬ dung betreffs der unbefleckten Empfängnis der seligsten Jungfrau Maria. Diese Andacht am Grabe des treuen Marienverehrers war eine schöne Krone für die Bemühungen, die der Orden des hl. Franziskus von Assisi seit seinem Entstehen sich kosten ließ, die Immaculata oonooxtio 8. V. XI. zu glauben, zu lehren, zu verteidigen, ihre feier¬ liche Verkündigung vorzubereiten. Am 29. Juni 1867, am achtzehnhundertsken Jahrestage des glorreichen Marter¬ todes der heiligen Apostelfürsten Petrus und Paulus, hat Papst Pius IX. die Heiligsprechung des Bekenners Leo¬ nardo äa Lorto XIaurmio feierlich verkündet. Im Äerrn andächtig versammelte Marien- verehrer! Getreu dem helleuchtenden Beispiele und Vorbilde ihres hl. Vaters Franziskus' und ihres hl. Mitbruders Leonardo äaLorto Xlaurwio haben auch die ehrwürdigen Väter und Brüder des hiesigen Franziskanerkonventes, welcher nach vielen Wechselfällen der Hüter dieses schon fast 160 Jahre in Marburg verehrten Gnadenbildes geworden ist, allen voran der hochw. L. Guardian und Pfarrvorsteher und F. B. Konsistorialrat K a lli st u s H eric, die allzeit reine Jungfrau und Gottesmutter Maria ver¬ ehrt und verherrlicht. Nicht genug! Sie haben derIung- - v. Athanasius Bierbaum O. L. >l., Der hl. Franziskus von Assist und die Gottesmutter. Paderborn, 1904. 8". 108 S. -r- 384 -r- frau der Jungfrauen unter dem Beistände Gottes und mit der Mithilfe opferwilliger Menschen einen Palast, eine Kofburg erbaut, würdig der Königin des Weltalls, und haben ihr einen Thron aufgerichtet, würdig der Königin aller Keiligen. Vor diesem prunkvollen Throne wollen wir heute huldigen der ohne Makel der Erbsünde empfangenen Königin. Wir wollen der Mutter der Gnade kindlich dan¬ ken für alle erhaltenen Gaben und Wohltaten und sie zugleich auch schon um neue Erweise ihrer mütterlichen Liebe bitten, da auch wir sie ohne Unterlaß loben und lieben wollen. Ein Bild ist mir ins Kerz gegraben, Ein Bild so schön und wundermild, Ein Sinnbild aller guten Gaben, Es isl der Gnadenmutter Bild. In guten wie in bösen Tagen Will ich dies Bild im Kerzen tragen! Nun wollen wir das Sanktissimum in der Mon¬ stranz vom St. Antonius Seitenaltare in feierlicher Pro¬ zession durch das nördliche Seitenschiff und durch das Hauptschiff zum vollendeten Kochaltar übertragen, dort das Vo veum tuuäamus begeistert anstimmen und ab¬ singen, sodann nach Empfang des sakramentalen Segens das hochwllrdigste Gut in das neugeweihte, von außen ganz vergoldete und von innen mit weißer Seide ausge¬ schlagene Tabernakulum einseßen. Im Jahre 1846 mußte sich die in Paris als erste Schönheit gepriesene Person ins Sterbebett legen. Es nahte ihr der unerbittliche Tod. Sie berief alle die berühmten Arzte zu sich und wünschte Genesung. Die Doktoren berieten über ihren Zustand und sie konnten nicht -L- 385 helfen. Denn ihr sündhaftes Leben war die Schuld, daß eine Keilung nicht mehr möglich war. Ein gut katholischer Arzt sagte der Kranken offen heraus: Was wollen Sie nach einem solchen Leben noch von uns? Und sie rief: Meine Mutter möchte ich noch sehen! Sofort ward die Mutter, eine Bäuerin in der Bretagne, verständigt mit der Bitte zu kommen. Die schlichte Frau kam und kniete hin zum Sterbebette ihrer, vor Jahren plötzlich ver¬ schwundenen, nun sogleich erkannten Tochter, und betete da inbrünstig und flehte solange die Tochter an, bis sie die Sterbesakramente empfing und dann ausgesöhnt mit dem Kerrn starb. Ganz Paris sprach darnach über diese Tochter und diese Mutter. Wir, meine Lieben, werden einst auch sterbend darniederliegen; ach, wenn die irdische Mutter uns nicht beistehen wird — das ist ja selten, wenigstens bei den älteren Sterbenskranken, der Fall — o daß uns die himmlische Gnadenmutter da beiskehe und uns versöhne mit ihrem geliebten Sohne! Und indem wir in diesem Sinne zum Schlüsse der Mutter unseres Erlösers kindliche Liebe, unwandelbare Treue und nie wankende Anhänglichkeit bis zur Sterbestunde, in welcher sie uns mit ihrem gött¬ lichen Sohne und ihrem lilienreinen Bräutigam St. Joseph beistehen und sodann zu ihrem Kimmelsthrone geleiten möge, zuschwören, rufen wir aus vollem Kerzen: Du, Königin ohne Makel der Erbsünde empfangen, bitte für uns! Amen. Erhebung der neuen Marienkirche zur Würde einer Basilika.' UkMe neue, nicht geostete sondern gewestete Marienkirche ist ein gewaltiges Werk von gewaltiger Wirkung, was der Leser dieses Buches aus den beigeschlossenen Baurissen selbst ersehen und fast fühlen kann. Der pracht¬ volle Bau ruht auf mächtiger Subskruktion, die Funda¬ mente sind je nach Maßgabe der Schwere, die sie zu tragen haben, z. B. die Fundamente der Zwillingstürme, mehr minder tief betoniert, die dem Ganzen den Charakter des Monumentalen geben, der übrigens auch dem ganzen Bau wegen der Einfachheit der Formen und ob des Überwiegens der horizontalen Linie eigen ist. Keine Frage, die neue Pfarrkirche steht da am Draustrande als Monu¬ ment, würdig der Denkmale der frommen christlichen Vorzeit. Die neue marianische Kirche ist im romanischen Stile unter Anwendung der Vorteile des gotischen Strebesystems aus Backziegeln gebaut, die auch nach außen in ihrer natürlichen roten Farbe erscheinen, mit welcher die weiße Farbe der gehauenen Steine an den Giebeln und Gesim¬ sen, Portalen und Fenstern wohltuend harmoniert. Dadurch ' vrivilegis, guibus Muäst suburbsns parocUisIis LeelssiL bestse Virginis Nsrise, mntris inissriLoräins, Nsrbui^i nuper aeäiüesta st sonsscrLtL. ^uetore Di . Niekssls Xspotnik, Lxiseopo i.avrmtino. Llsrburgi, 1907. Vr. 8". Seiten 41. -Z- 387 unterscheidet sich unser Bau schon durch sein äußeres Aus¬ sehen sehr vorteilhaft von den profanen, ihn umkreisenden Gebäuden. Der Beschauer erkennt auf den ersten Blick das Bauwerk als ein nicht weltliches Wohnhaus, sondern als ein erhabenes und hehres Gotteshaus. Nach dem Grundrisse zu ebener Erde (Seite 132) steht links das Kloster mit offenem Kos und Kreuzgang um den¬ selben, gegen die Kirche zu aber mit der zweischiffigen Kalle. Rechts ist die Kirche mit eingezeichneter Gesangsempore, den drei Schiffen und dem Presbyterium mit Umgang. — Der Eindruck der Kauptfassade (Seite 284) wird bestimmt durch die zwei Türme, die in der unteren Kälfte durch die östliche Abschlußmauer des Mittelschiffes zusam¬ mengehalten werden. Die in ihr befindliche, der Köhe und Breite des Kochschiffes entsprechende, 2 Meter tiefe, im romanischen Stile seltener übliche Nische erinnert an orientalische Prachtportalbauten und will, modernem Empfin¬ den folgend, die Gliederung des Innern nach Außen hervortreten lassen. Oben weitet sich in ihrem Schatten das romanische Nundfenster, das durch fünf größere um einen kleineren mittleren Kreis gereihte Kreise aus weißem Kaustein gebildet wird, während den unteren Teil der großen Nische der selbständige Portalbau mit eigenem Dach und Giebel ausfüllt. Ein dreiteiliges gekuppeltes Fenster mit gestelztem mittleren Bogen durchbricht die Giebelwand des Mittelschiffes, ein ehernes Muttergottes Bild krönt sie. Mit diesem Mittelbau ist das Turmpaar durch die Gesimse organisch verbunden. Die Türme bestehen aus je sechs ungleich hohen Geschossen, von denen die oberen drei frei in die Köhe emporstreben. Gegliedert sind sie durch Lise- nen, Rundbogen- und Zahnfriese, durch Gesimse, Schall- 25* -r - 388 löcher und zwei- oder dreiteilige gekuppelte Fenster. Sie enden nach oben mit je vier gerippten, durch ein Schlitz- fenster belebten Giebeln und pyramidalem achtseitigen, über 18 m hohen Dache. Weiße Säulchen und mitunter ein¬ gelegte weiße Steine, besonders bei den Rundbogenfriesen, mildern und beleben das tiefe Purpur der unbeworfenen Ziegelwand. Die drei bemerkenswerten Portale, deren Gewände mit Säulchen besetzt sind und von denen die Tympane des rechten und linken Nebenportals schon ge¬ ziert sind, während das Tympanon des Kauptportals noch des Schmuckes eines weihevollen Reliefs entbehrt, sind schon beschrieben worden. Nach der Seitenansicht (Seite 252) ist die Seiten¬ schiffswand durch lisenenartig heroortretende Strebepfeiler gegliedert, die unter dem Dach mit Kranzgesimsen ver¬ bunden sind. In Vs Köhe der Mauer schlingt sich noch ein einfaches Gesims aus Kausteinen um die ausgezackten Rundfenster und durchquert zugleich die Lisenen. Der malerische Eindruck wird wesentlich erhöht durch dieses Gesims, durch die Zacken und zweiteiligen vorgeblendeten Fenster darunter. Die Lisenen setzen sich in den vollaus¬ gemauerten Strebebögen fort, die sich gegen die Mauer des Kauptschiffes stemmen. Auch hier besteht das Kranz¬ gesims zwischen den Lisenen aus Rundbogenfries und Zahnschnitt. — Wunderherrlich ist die Chorpartie (276). Zwischen der Kapelle an der nördlichen Langseite und der Sakristei mit ihren Rundfenstern, die mit je fünf Bögen ausgesetzt sind, vermittelt der niedrige Chor¬ umgang mit einfach geteilten Fenstern. Aber ihn erhebt sich die dreiseitige Apsis mit großen, ungegliederten Fen¬ stern, dem Rundbogenfries und der Zwerggalerie. Der Das von fünfzehn Sonnenstrahlen umsluteke marianische Gna¬ den bild nach einem im Franziskanerkloster befindlichen Ölgemälde photographiert und klifchiert. (Seite 335). -Z- 390 -4- Galerie entsprechen zu beiden Seiten in den Strebebögen vorgeblendete Rundbogennischen. Der Giebel des Mittel¬ schiffes ist mit steigendem Rundbogenfries geschmückt. Im Hintergründe sieht man die mittleren Geschosse der beiden Türme. Der Längsschnitt (Seite 244) entspricht dem Bau¬ projekte in der ersten Fassung, wo die Glockentürme Zeltdächer hatten und das Presbyterium um ein Gewölbe¬ feld kürzer und ohne Umgang geplant war. Beachtens¬ wert ist die Gliederung, das System des Mittelschiffes. Zwischen den durch Rundbögen verbundenen Pfeilern sind die fünfteiligen Fenster der Klosterempore sichtbar. Uber den weiten Mittelschiffsbögen befindet sich die blinde Trifo- riumgalerie mit je zwei Doppelöffnungen und zuhöchs! die zweiteiligen Oberlichtfenster der Südseite. — Nach der Ansicht des Querschnittes (Seite 164) geht der Schnitt durch die Kellerräume und Zellen, Klostergänge, den Dach¬ stuhl und dann über den freien Kos wieder auf die Gänge und die Doppelhalle zu ebener Erde und das Oratorium mit den Fensteröffnungen ins Seitenschiff im ersten Stockwerke. Weiters gegen rechts zeigt der Schnitt die räumliche Aus¬ dehnung der drei Kirchenschiffe nach Breite und Höhe, dann die Bildung der Mauern, Pfeiler, Strebebögen, Gewölbe und des Dachstuhles. Der ersten Fassung gehören die zackigen Halbbogenfenster am Ende der Seitenschiffe an, die nicht ausgeführt wurden, weil die Sakristei und die nördliche Kapelle dahinter zu stehen kamen. Den imposanten Bau beurkunden auch die Ma߬ verhältnisse. Die neue Pfarrkirche ist, von außen gemessen, 57'5 Meter lang und 24 Meter breit. Ihre innere Länge vom Hauptporkale bis zum Endrande des Presbyteriums 391 beträgt 50'5 Meter und ihre Gesamtbreite mißt 22 Meter. Das Kochschiff besitzt eine Länge von 34'5 Metern, eine Breite von 9 Metern und eine Köhe von 17'5 Metern. Die zwei Nebenschiffe haben je eine Länge von 31 Metern, je eine Breite von 6 5 Metern und je eine Köhe von 9 Metern. Der Priesterchor weist eine Gesamtlänge von 16 Metern auf und ist im vorderen Teile 9 Meter breit und 13'5 Meter hoch, während die Apsis 8 Meter breit und 12'5 Meter hoch ist. Die Köhe der Glockentürme beträgt bis zur Kreuzesspitze 58 Meter. So macht denn unsere Liebfrauenkirche hinsichtlich der Architektur, der Aaumverhältnisse, der Beleuchtung, der Ausmalung und Bepflasterung, der Altäre, der Akustik, der Gesangsempore mit der Orgel, der großen und kleinen Kandelaber und Kronluster allgemein einen sehr günstigen Eindruk. Tüchtige Kunstkenner, wie Se. Exzellenz Kerr Dr. Josef Alexander Freiherr von Kelfert, Präsident der k. k. Zentralkommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale in Wien, der am 25. Juli 1900 den Bau besichtigte, ferner Seine Kais, und König!. Koheit der hochwürdigsk- durch¬ lauchtigste Kerr Koch- und Deutschmeister Erzherzog Eugen, höchstwelcher am 1. April 1901 das Gotteshaus besuchte, bezeichneten das neue Marienmünster als ein hervorragendes Meisterwerk der kirchlichen Baukunst, welches geschmackläuternd zu wirken berufen ist. Ja, der neue Mariendom erfreut sich bereits all¬ gemeiner Beliebtheit, so daß seine Abbildungen auf Kelchen, Gläsern, Schalen, Tellern und Schmucksachen nicht selten anzutreffen sind. Die erfreuliche Tatsache der außerordent¬ lichen Liebe und Verehrung, von welcher die Gläubigen -Z- 392 gegen das hehre Heiligtum erfüllt sind, bewog mich, die Erhebung der herrlichen Marienkirche zur Würde einer Basilika anzustreben. Für die ehemalige Wohnstätte der Mutter der Barmherzigkeit in der Minoritenkirche erteilte der gelehrte Papst Benediki XIV. (1740—1738) am 17. Mai 1747 unter den gewöhnlichen Bedingungen den andächtigen Besuchern dieser Gnadenftätte einen voll¬ kommenen Ablaß, der einmal im Jahre gewonnen werden konnte. Ähnliche und noch reichlichere Gnadenbegünstigun¬ gen wünschte ich für die neuerbaute Gnadenkirche zu erwerben, was ich in meiner am 7. Dezember 1904 da¬ rinnen gehaltenen Feskpredigt dadurch andeutete, daß ich die neue „Mutter der Barmherzigkeit-Kirche" mit aller Emphase Basilika nannte. Zur Erreichung dieser hohen, mit vielen Gnaden und Ablässen verbundenen Auszeichnung unterbreitete ich in der mir am denkwürdigen 7. November des Jahres 1906 gütigst gewährten Privataudienz Seiner Heiligkeit Papst Pius X. die demütige Bitte, daß er das zu Ehren Gottes der Mutter der Barmherzigkeit geweihte, in meiner bischöflichen Residenzstadt freigebig und herr¬ lich aufgeführte Heiligtum zur Würde einer Basil ton m i n o v zu erheben geruhen würde. Die vor dem Throne des Heiligen Vaters Pius X. in lateinischer Sprache abge¬ gebene Bittschrift lautet in deutscher Übersetzung also: Äeiliger Vater! Michael, Bischof von Lavant, zu Füßen Eurer Heiligkeit kniend, unterbreitet ergebenst folgendes: In Marburg, der Residenzstadt des Bischofes von Lavant, ist an Stelle der kleinen Pfarrkirche unter dem 393 Titel der Mutter der Barmherzigkeit ein neues Gotteshaus, hervorragend sowohl durch Größe und Aus¬ dehnung, als auch an herrlichen Werken der Architektur, im romanischen Stile mit zwei Türmen zu Ehren der allerseligsten Jungfrau Maria aufgeführt worden, dessen Kosten, durch freiwillige milde Gaben frommer Christ¬ gläubigen und auch des erlauchten Kaisers Franz Joseph I. gedeckt, weit über eine Million Kronen ö. W. betragen. Zugleich ist ein entsprechendes Klostergebäude für die Minderen Brüder, die daselbst die ausgedehnte Pfarrei versehen, errichtet worden. Die Kirche, im Jahre 1900 Gott zu Ehren der Mutter der Barmherzigkeit feierlich konsekriert und geweiht, wird alljährlich von frommen Pilgern nicht nur aus der Stadt Marburg und ihrer Umgebung, sondern auch aus sehr entfernten Gegenden, in großer Anzahl besucht: um hier dem heiligen Standbilde der Gottesgebärerin, das aus dem ursprünglichen Heiligtum in das neue übertragen und auf dem Kaupkaltar des herrlichen Tempels aufgestellt ist und durch Alter und Wunderkraft hervorragt, die gebührende Verehrung zu zollen. In der Diözese Lavant, die ungefähr 520.000 Christ¬ gläubige zählt, stehen mehr denn 500 größere Kirchen. Während des Episkopates des ehrfurchtsvoll gefertigten Oberhirten sind 20 neue Pfarrkirchen — Filialen und Kapellen nicht eingerechnet — aufgebaut worden. Doch gibt es unter so vielen Keiligtümern der Diözese keines, das mit besonderen Privilegien und Ablässen ausgestatket wäre. Seitenaltar: Kl. Barbara, Kl. Filumena, Kl. Agnes. -Z- 395 -Z- Das alles im Geiste erwägend, unterbreitet der gegen¬ wärtig die Lavanter Diözese verwaltende Bischof Eurer Heiligkeit die ergebenste Bitte um Erhebung der vor¬ genannten Marienkirche zum Titel und zur Würde einer KirmiliLa minor, da sie ja mit Recht zu den schönsten Kirchen der österreichischen Monarchie und insbesondere der Lavanter Diözese gezählt werden müsse. Die ihr zuteil gewordene Gewährung der Ehrenvorzüge und Privilegien, die den kleineren Basiliken der ewigen Stadt von Rechtswegen zukommen, würde sicher viel beitragen zur größeren Ehre der Gottesmutter, zum reicheren Keile ihrer Verehrer und zur Anregung des Eifers der treu¬ besorgten Küter des Heiligtums, der Väter Franziskaner. Für diese Gnade Dank und Gotteslohn . . . Eurer Heiligkeit demütigster und gehorsamster Diener und Sohn Marburg, am ch M ich a el, 21. Oktober 1906. Bischof von Lavant. Der Heilige Vater Pius X. nahm die Bittschrift huldvollst an, las sie unverweilt durch und schrieb sogleich auf sie folgende Worte: 396 Das heißt: Gemäß der Kitte mit alten de« kleinere» Basiliken der (ewigen) Stadt schon gemährten Privilegien. Am 7. November des P j § ??. x. m. p. Jahres 1906. Hierauf legte der Heilige Vater die Bittschrift in meine Hände und sprach: Siehe, ehrwürdiger Bruder, alles ist geschehen! — Hierauf zeigte ich Seiner Heiligkeit eine größere photographische Aufnahme der Kirche, die er gleich behalten zu wollen erklärte. Weil aber die Photographie schon abgegriffen war, erbat ich mir die gütige Erlaubnis, kommenden Jahres ein größeres und schöneres Porträt der allerjüngsten Basilika zum Danke für das erhaltene Privileg überreichen zu dürfen, wozu der heilige Vater bereitwilligst seine Zustimmung gab. Kurze Zeit nach der hocherfreulichen Audienz besuchte ich die heilige Ritenkongregation und stellte an sie die Bitte, sie wolle das Geschehene in ihren Archivakten auf¬ zeichnen lassen. Der hochwürdigste Sekretär der genannten Kongre¬ gation lieh auf der Rückseite der Bittschrift folgende Rubrik anbringen: . Xr. 60 Oavrmtirm. IS06. ?rue8en8 Ke8criptum ^utoxrapkum 8anc1i88imi Domini Xo8lri ?ii Dapae X. in acti8 Sucrorum kiluum Lonxl-exa6oni8 exkibiturn fuil äie 6uoäecima Xovem- bri8 anno 1906. I D. Danici, ^rokiox. Imoäieen. 8. N. (!. Zooret. -r- 397 Das heißt: Sas gtgciimiirligt, rigenhiindige prslrript unseres Heiligen Vaters Pap- Pius X. iü in die Men -er heiligen Menkongregatian eingetragen worden am mölkten povember im Jahre 1906. I.. 8. ch D. P a n ici, Erzbischof von Laodicea, Sekretär der Ritenkongregation. Welches sind nun die Ehrenvorzüge und Sonder¬ rechte der marianischen Basilika in Marburg? Ihr erstes Wahr- und Kennzeichen ist der gehaltvolle Name oder Titel Basilika. Dieser griechische Ausdruck bedeutet ein Königshaus, eine Königshalle. Im Altertum war die Basilika ein öffentliches, dem Marktverkehr und der Rechtspflege dienendes Gebäude,' das in der Regel aus einem hohen Mittelraum und einem niedrigeren, durch Säulen oder Pfeiler davon geschiedenen Umgang bestand. Dazu kam meist noch ein Tribunal in der Form einer Apsis oder Exedra. Neben den öffentlichen Basiliken (in Rom z. B. Basilika Porcia, 184 vor Christus von Cato erbaut, Julia von Caesar, Ulpia von Trajan, Alexandrina von Severus Alexander, Constantina von Konstantin dem Großen, die statt des Umganges zwei Seitenschiffe aufwies), gab es noch Kaus-Palast-Basiliken für private Zwecke. Die ersten Christen verwandelten die heidnischen Basiliken in Kirchen, benützten sie statt des profanen Gebrauches zur Feier des Gottesdienstes. Zn der vorkon- stantinischen Zeit dienten ihnen besonders die Kausbasiliken als gottesdienstliche Räume. Basiliken hießen früher Wohn¬ stätten der Könige, jetzt werden heilige Tempel so genannt, weil in ihnen dem Könige der Könige die gebührende ' 8ensea lib. 3. cis irn in eap. 33. — I'Iiniu» üb. 6. epist. 33. (Or. MeNael XsxotnNc, c>x. eit. 8. 18 — 23). -r- 398 -r» Verehrung und Opferung dargebracht wird. Es war ein Unterschied zwischen Tempel und Basilika. Der erste war äußerlich, die zweite innerlich mit Säulen geschmückt. Auch bei den ersten Christen gab es noch einigen Unterschied. Die Basiliken waren zur Verehrung der Heiligen, besonders der Märtyrer, die Tempel zur Feier der göttlichen Geheim¬ nisse bestimmt. Als aber die Zahl der Heiligtümer zunahm, wurden Tempel und Basiliken ohne Unterschied Kirchen genannt, und wurden in beiden die Heiligen verehrt und die heiligen Geheimnisse gefeiert. Im bautechnischen Sinne versteht man unter Basilika eine Kirche mit erhöhtem Mittelschiff. In der liturgischen Sprache ist aber Basilika der Ehrentitel einer Anzahl Kirchen von hervorragender Bedeutung, die nach ihrer Würde in öa- sitieae maiores auch primi oräinis und in UasiUeae minores auch soeuncU oräinm unterschieden werden. Die Basilika wurde nach Ansicht der liturgischen Historiker ohne Zere¬ monien einzig durch die Feier des Meßopfers eingeweiht. (.Vlarueeki III, 33). Nur vier der ersten Kirchen Roms werden größere Basiliken oder Patriarchalkirchen genannt, bei denen je eine heilige Pforte, porta 8aera, welche am Beginn des Jubeljahres feierlich geöffnet wird, an¬ gebracht ist. Es sind St. Johann im Lateran, St. Peter im Vatikan, St. Paul kuori Is mura und St. Maria Maggiore. Die erste, die Mutter und das Haupt aller Kirchen, mater et eaput ommum eeelesiarum geheißen, bezeichnet den römischen Stuhl, die zweite sinnbildek den konstantinopolitanischen Silz, die dritte den alexandrinischen und die vierte den antiochenischen. Die^berühmte Basilika St. Lorenzo tüori 1s mura ist dem Patriarchen von Jeru¬ salem vorbehalten. Seitenaltar: Kl. Blasius, Kl. Antonius, Kl. Ludwig von Toulouse. 400 -L- Sogenannte Ua8ilieas minors8 oder kleinere Basi¬ liken gibt es in Nom neun und zwar: 8. Uoren^o iuori Io mura, 8. Cross in Cerusalsmms, 8.8sba8tiano, 8. Naria in Dra8tsvere, 8. UorenLO in Oamaso, 8. Naria in Co8- msäin, 8. Ooäiei ^pO8to1i, 8. Listro in Vinsulis und 8. Narin äel Nonts 8anto. Außerhalb Roms werden wenige Kirchen als LamUsae ininore8 gezählt: z. B. die Kathe- dralkirche zu Lucera in Italien, die Kirche des hl. Jakob in Sizilien, des hl. Franziskus in Assisi (seit dem 23. März 1754), die Marienkirche in Lourdes, der Tempel des hl. Erzmärtyrers Stephanus in Jerusalem (seit 10. Juni 1904), die Kathedralkirche der seligsten Jungfrau äs Horto Clavarii in Ligurien (seit 27. November 1904), die Dom¬ kirche von Urgel in Spanien (seit 9. Dezember 1905), die Kirche Unserer lieben Frau auf dem heiligen Berge bei Pnbram in Böhmen, die Kirche der Gnaden-Mutter- gottes auf dem heiligen Berge bei Görz (seit 19. Novem¬ ber 1906), das Marien-Keiligtum äs Caravaggio in der Diözese Cremona (seit 7. Mai 1906), die Metropolitan¬ kirche 8ta. Naria äel Uonts in Uansiano (in der mittel¬ italischen Provinz Chieti, seit 5. Februar 1909).' Diesen ehrwürdigen bevorzugten Kirchenbasiliken ist seit dem 7. November 1906 auch unsere neue Marienkirche in Marburg als Uamliea minor beizuzählen, und es kom- ' Das apostolische Erhebungsbreve vom S. Februar 1909 be¬ ginnt mit dem grundlegenden Satze: „Lonsxisua tsinpla Osi, guas non minus vetustate sc molis ainxlituäine guain artis opsribus st exiinia imxriinis üäslium religions pras seteris excellant, cts mors instNutoquo Oomanorum Oontiücuin, prassipuis Ironoribus privilsgiisgus augsrs, libenti guiUsm animo, solsmus. (r^sta apo- stolisas Ssäis. Loinmsntsrium okirsials. Oomas, 1Y0Y. Vol. I. num. 5. pag. 24S st 250). -z- 401 -r- men ihr nach dem Wortlaute des eigenhändigen Reskriptes unseres Heiligen Vaters Pius X. vom 7. November 1906 alle Privilegien zu, deren sich die kleineren Basiliken der Papststadt erfreuen nach der berühmten Erklärung der heiligen Ritenkongregation vom 27. August 1836? Außer der altehrwürdigen Benennung Basilika kommt unserer neuen Pfarrkirche der Gebrauch des (lovoxöum zu, das in der heiligen Schrift und bei den Klassikern ein Mückenneh, in der liturgischen Sprache aber die der Tagesfarbe entsprechende Tabernakelum¬ hüllung und speziell den zeltartigen Schirm bedeutet, der bei Prozessionen dem Klerus einer Basilika als Aus¬ zeichnung vorgetragen wird. Dieses Lovoxöum, italienisch xaäiAlionL, xapilio, sivviobio, das ist Zelt, Gezelt, Pavil¬ lon, ist so das eigentliche Stemma oder Wappen einer Basilika. Der bekannte Kanonist und Historiker Kaspar Anton Heuser schreibt darüber: „Das Eonopöum ist ein zeltartiger Schirm, welcher unter Vortragen eines Glöckchens, tintinnabutuin, bei den Prozessionen der ein¬ zelnen Basiliken und den gemeinsamen Prozessionen des römischen Klerus mit dem Kreuze der Geistlichkeit der Basilika vorausgeht. Die Form ist bekannt aus dem Wappen der römischen Kirche, welches dieses Eonopöum über den gekreuzten Schlüsseln zeigt. Ursprünglich diente es wahrscheinlich dazu, bei einfallendem Regen dem > Die Ritenkongregation erklärte in eau8a Imesrna am 27. August 1836: . . . nomine xrivilsgioruin, gratiaruin, praeemi- nentiarum, exemxtionuin, inäultoruin eastsrorurnqus similiuM . . . kavors alieuius leLele.mae aä Zraäum Lasitioas irnnoris etsvatae venire : Lonoxosuin, omni tamen auri st arZsntt ornatu ab ec> exetuso, Untinnabulum et usuin Laxpae inagnas. 26 -r- 402 -4- Klerus Schutz zu gewähren. Es ist aus Streifen von roter und gelber Seide verfertigt und trägt oben auf der Stange ein vergoldetes Kreuz und ein Band mit dem Wappen der Basilika. Diese Farben waren bis zu Pius VII., welcher hiefür weiß und gelb festsetzte, die der römischen Kirche."' Das dritte Abzeichen einer öamliea minor ist das Vintinnabulum, gewöhnlich Campanella genannt. In der St. Peters Basilika sah ich ein gar großes 1m- tinnabulum, ähnlich einem Dreiecke, die allerheiligste Drei¬ faltigkeit darstellend, in der Mitte mit einer Glocke, die während der Prozession geläutet wird. In der Basilika des hl. Laurentius in Damaso wurde mir ein einfaches, auch dreieckiges Imtinnabulum, in der Mitte mit einer kleineren Glocke, gezeigt. Der Gebrauch des Conopöum und der Campanella ist auf den Umkreis der Kirche und auf die Grenzen der Pfarre beschränkt. K e u s e r bemerkt darüber: „Das Glöckchen (tintinnabulum, eamxanslla) wird bei diesen Basiliken vor dem Kreuze und dem Conopöum einhergetragen. Es hängt an einem aus Kolz geschnitzten vergoldeten Gestelle mit dem Wappen der Basilika und wird auch während der Prozession geläutet, und zwar wie Garampi meint, um das Volk an die Verehrung des Kreuzes zu erinnern oder um dasselbe zu veranlassen, Platz für die Prozession zu machen." (Op. eit. et loe. eit.) Das vierte Würdezeichen der Lasiliea minor ist der Gebrauch der Cappa maZna, der großen Festkappe — wo nämlich ein Kapitel kanonisch errichtet ist — mit ' Weher und Welte s Kirchenlexilwn. II. Auflage. Freiburg im Breisgau, l883. II. Band. Spal. 22. -z-403 -A- Kermelin geschmückt für den Winter, und der Cotta über den Chorrock für den Sommer, wenn die Cappa ab¬ gelegt wird. Die Caxpa ina^na, ein Mantel mit weiter Kapuze und langer Schleppe, ist ein auszeichnendes Chor¬ gewand kirchlicher Würdenträger. Bei den Kardinalen ist ist es von roter, bei Bischöfen und sonst dazu Berechtig¬ ten von violetter, bei den Benediktineräbten von schwar¬ zer Farbe. — Manche Liturgiker^ rechnen zur Caxpa maML als Ehrenkleid der kasiHoa Minor noch den Gebrauch der kalmatoria oder Lugia d. i. eines silbernen Leuchters mit daraufbrennender Kerze. Die Kanoniker der kleineren Basilika des hl. Laurentius in Damaso gebrauchen die Cappa maZna, ebenso die Palma- toria und den Canon bei der Zelebration der heiligen Messe. Nebst diesen Ehrungen und Auszeichnungen wurde die Marburger „Mutter der Barmherzigkeit-Pfarrkirche" noch mit außerordentlichen Ablässen bereichert. Das hochwürdigste Kapitel der hochheiligen Patriarchal-Basilika Liberiana in Rom hat nämlich mit dem Schreiben vom 11. Februar 1906 unsere Kirche der vorgenannten größeren Basilika zur heiligen Maria Maggiore aggregiert und einverleibt, wodurch sie alle jene Gnaden, Ablässe und Indulte erhalten kann, welche von den römischen Päpsten der Liberianischen Basilika verliehen worden sind. »So der Verfasser des ausgezeichneten Sussragiums über das Dekret der Ritenkongregation vom 27. August t836 in causa I.u- cerna Xr. 2744 (4781) im Werke: Lommsntaria sä instructionein Cteinentis XI. pro exposttions ss. Lacrainsntt in karma Xtt koraruin et suNragia atgue aänotationes super äecretis sscrorum tiituuin läongrsZationis. Vol. V. Nomae, 1900. tta^. 357—360. 26* Ansicht der „Burg Marburg" nach der Viicher'ichen Radierung. -2- 405 -z- Die lateinische Urkunde lautet in'deutscher Sprache also: „Das Kapitel und die Kanoniker der hoch¬ heiligen Patriarchat-Basilika Liberiana der Stadt Rom. Unserem geliebten Fürstbischof Michael Napotnik ewiges Keil im Kerrn! Die kindliche und außergewöhnliche Verehrung, welche Du gegen das heilige Bild der Gottesgebärerin- Iungfrau, das, von der Kand des heil. Evangelisten Lukas gemalt, schon seit vielen Jahrhunderten in unserer hoch¬ heiligen Liberianischen Basilika aufbewahrt und durch die Wunder, welche Gott durch dasselbe zu allen Zeiten bis auf den heutigen Tag gewirkt hat, immer berühmter wird, erwiesenermaßen hegst, verdient es, daß Du mit den Begünstigungen, die uns vom Apostolischen Stuhle verliehen worden sind, entsprechend ausgezeichnet wirst. Und darum, weil Du uns mit Rücksicht auf die Ver¬ ehrung, die Du zur Gottesgebärerin selbst und zu unserer ihr in besonderer Weise geweihten Liberianischen Basilika offen bekennst, ersucht hast, die in der Diözese Lavant erbaute Kirche zur Keil. Maria, der Mutter der Barm¬ herzigkeit, mit der hochheiligen Basilika Keil. Maria Maggiore zu vereinigen, derselben aggregieren und ihr einverleiben zu wollen, damit die genannte Kirche so teilhaftig werden könnte und vermöchte der Gnaden, Ablässe, Privilegien und apostolischen Indulte, welche die römischen Päpste uns und unserer Liberianischen Basilika verliehen haben, wollen wir, soweit wir es im Kerrn tun können, diesen Deinen frommen Wunsch erfüllen und gewähren Dir Kraft ordentlicher Aukkorität und jener, die wir zufolge obgenannter apostolischer Indulte und -L- 406 -z- Privilegien inne haben, insbesondere noch Kraft der Voll¬ macht, die uns von Klemens XII. sel. And. durch das apostolische Schreiben mit dem Sigille des Fischerringes vom 8. Juni 1736 gütigst verliehen worden ist, die ange¬ suchte Aggregation, so daß alle Christgläubigen beiderlei Geschlechtes, wenn sie gehörig vorbereitet, besagte Kirche besuchen, alle jene Ablässe, geistlichen Privilegien und Gnaden nach der von der Kirche vorgeschriebenen Form gewinnen und genießen können, die im vorgenannten Schreiben Klemens XII. enthalten sind. Die Ablässe, geist¬ lichen Privilegien und Gnaden aber sind die nun folgenden: Vollkommene am Feste der Unbefleckten Empfäng¬ nis, Geburt, Verkündigung und Himmelfahrt der aller- seligsten Jungfrau Maria. Unvollkommene am Feste Mariä Lichtmeß ein Ablaß von 25 Jahren und ebenso- vielen Quadragenen; Mariä Heimsuchung ein Ablaß von 5 Zähren und 5 Quadragenen; Mariä Opferung ein Ablaß von 4 Zähren und 4 Quadragenen; Kreuzerhöhung ein Ablaß von 3 Zähren und 3 Quadragenen; am Feste des heil. Erzengels Michael ein Ablaß von 2 Jahren und 2 Quadragenen. Desgleichen Stationsablässe am ersten Advent¬ sonntag, am Quatembermittwoch im Dezember, an der Vigil vor Weihnachten, am Weihnachtstag, am Quatem¬ bermittwoch in der Fastenzeit, am zweiten Sonntag in der Fasten, am Karmittwoch, am Ostersonntage, am Montag in der Bitkwoche, am Quatembermittwoch nach Pfingsten, am Feste Maria Schnee und am Quatembermittwoch im September. Zur Beglaubigung dessen haben wir gegenwärtige, von unserem hochwürdigen Sekretär unterschriebene und -z- 407 mit dem Kapitelsiegel versehene Urkunde abzusenden befohlen. Gegeben in unserer Kapitelresidenz zur Kl. Maria Maggiore am 11. Februar 1906. U. 8. chVinzenz Kard. Vannutelli m. x. Archipresbyter der Patriarchal-Basilika Liberiana. Kan. Titus Trocchi, Prot. Apost., Kapitel-Sekretär." Die Liberianische Basilika in Rom wird auch die Größere, Maria Maggiore, genannt und ist geweiht Mariä vom Schnee, deren Fest am 5. August begangen wird. In dieser Kirche wird die Krippe des göttlichen Jesukindes aufbewahrt und verehrt; auch wird hier schon seit vielen Jahren das heilige Bild der Gottesgebärerin-Jungfrau aufbewahrt, welches, wie man glaubt, vom hl. Evangelisten Lukas gemalt worden ist. Die römischen Päpste haben diese Basilika, welche den vier größeren Basiliken und den sieben größeren Stationskirchen beigezählt wird, mit vielen Gnaden und Ablässen ausgestattet. Klemens XII. sel. And. gewährte ihr mit dem apostolischen Schreiben vom 8. Juni 1736 die Vollmacht, sich außerhalb Rom gelegene Kirchen zu aggregieren so zwar, daß diese alle jene Indulte und geistlichen Privilegien gewinnen und genießen können, deren sich die Liberianische Basilika erfreut. Und in die Reihe dieser mit der Liberianischen Patriarchal-Basilika vereinigten Kirchen tritt von nun an auch die Kirche der seligsten Jungfrau Maria, Mutter der Barmherzigkeit, in Marburg. Alle Christgläubigen beiderlei Geschlechtes, welche dieselbe besuchen, gewinnen, so sie gehörig vorbereitet sind, alle jene Gnaden und Ablässe, welche sie gewinnen würden, wenn sie die hoch- -K-408 -4- heilige Basilika zur Keil. Maria Maggiore in Rom besuchen würden. Sie können aber unter Erfüllung der gestellten Bedingungen nachstehende Ablässe gewinnen. I. Vollkommene: 1. am Feste der Unbefleckten Empfängnis, 8. Dezember; 2. am Feste der Geburt, 8. September; 3. am Feste der Verkündigung, 25. März und 4. am Feste der Himmelfahrt der seligsten Jungfrau Maria, 15. August. II. Unvollkommene: 1. am Feste Mariä Licht¬ meß, 2. Februar, von 25 Jahren und 25 Quadragenen; 2. am Feste Mariä Heimsuchung, 2. Juli, von 5 Jahren und 5 Quadragenen; 3. am Feste Mariä Opferung, 21. November, von 4 Jahren und 4 Quadragenen; 4. am Feste der Kreuzerhöhung, 14. September, von 3 Jahren und 3 Quadragenen; 5. am Feste des heiligen Erzengels Michael, 29. September, von 2 Jahren und 2 Quadragenen. III. Stationsablässe: 1. am ersten Advent¬ sonntag, von 10 Jahren und 10 Quadragenen; 2. am Ouatembermittwoch im Dezember, von 10 Jahren und 10 Quadragenen; 3. an der Vigil vor Weihnachten, von 15 Jahren und 15 Quadragenen; 4. am Weihnachtsfeste, vollkommener Ablaß; 5. am Quatembermittwoch in der Fasten, von 10 Jahren und 10 Quadragenen; 6. am zweiten Sonntag in der Fasten, von 10 Jahren und 10 Quadragenen; 7. am Karmittwoch, von 10 Jahren und 10 Quadragenen; 8. am Ostersonntag, vollkommener Ablaß; 9. am Montag in der Bittwoche, von 30 Jahren und 30 Quadragenen; 10. am Quatembermittwoch nach Pfingsten, von 30 Jahren und 30 Quadragenen; 11. am Feste Maria Schnee, den 5. August (ist die Meinung zu -Z- 409 -L- machen, den örtlichen Ablaß zu Rom gewinnen zu wollen) und 12. am Quatembermittwoch im September, von 10 Jahren und 10 Quadragenen. Nachdem diese großen Ehrenvorrechte und Gnaden¬ erweisungen der neuen Marienkirche im Kirchlichen Ver¬ ordnungsblatte vom 15. Jänner 1907 (Nr. I. S. 1—5) veröffentlicht worden waren, wurde vom 24. bis 27. Jänner desselben Jahres 1907 eine glanzvolle Feslfeier abgehalten, zu der die Gläubigen von allen Seiten scharenweise strömten, um Gott dem Dreieinigen für die Erhebung und Erhöhung der neuen Marienkirche zur Würde einer Basilika ge¬ bührend zu danken und ihn zu bitten, daß die Verehrung und Nachahmung der verehrungs- und nachahmungs¬ würdigen weil heiligsten Jungfrau und Mutter Maria Tag um Tag in der Stadt Marburg und in der ganzen großen Diözese Lavant sich vermehre und verbreitere, erhöhe und vertiefe! Und auch ich mußte dafür Sorge tragen, daß ich mein dem Heiligen Vater gegebenes Versprechen würdig einlöse. Ich ließ nun ein schönes Bild der neuen Basilika von dem Wiener „bildenden Künstler" Aug. St. Kron st ein um 140 Kronen Herstellen. Dasselbe kam in ein Passepartout oder in eine Umrahmung von Karton, die 10 em rund herum breit und gegen das Bild goldgefaßt war. Am unteren Rande dieser Einfassung wurde nachstehende Legende eingedruckt: Xlatris mi- serieoräias seeleÄa XlarkurAensium paroekialis ab epi8eoxo Uavantino Mokaste 1900 eorweerata äiegue 7. Xovembrm 1906 konore Uamlieae aueta autoAraxko 8uae Janeti tatis kapae ?ii X. Das Ganze wurde vom Marburger Glaser Josef Melzer für -z- 410 22 L 80 K in einen schön profilierten Nußholzrahmen mit nur einem kleinen Goldprofil an der Glasfläche gegeben, dann in eine Kolzkiste sorgfältigst gelegt und mehrere Tage vor meiner am 15. Mai 1908 erfolgten Reise aä limine Lpostolorum mittels Bahn nach Rom abgesendet. Bereits am Sonntag den 17. Mai erhielt ich mittels „LiKlietto" vom hochwürdigsten Kerrn Maggiordomo GaetanoBisletidie erfreuliche Nachricht, daß mich Seine Heiligkeit am Montage den 18. Mai um 10^ Uhr in Privat¬ audienz zu empfangen geruhen wird. Die Freude darüber war keine vollkommene, weil das für den Keiligen Vater bestimmte Bild der Marburger Basilika noch nicht in meinen Künden war. Es lag im Zollamts und konnte wegen des Sonntags nicht ausgelösk werden. Ich ersuchte dringend den Monsignore Dr. Josef Lohninger, Rektor des National-Institutes 8. Narin äsll' ^.rüma, wo ich in der Papskstadt zu wohnen pflege, er möge alles aufbieten, daß ich morgen zeitgerecht in den Besitz des kostbaren Bildes gelange. Am Abende dieses vierten Sonntages nach Ostern besuchten mich vier Seelsorgspriester aus der Trienter Diözese und klagten mir ihr großes Kerzeleid, daß sie nämlich schon mehrere Tage in der ewigen Stadt weilen, aber noch immer nicht zu einer Audienz beim Keiligen Vater gelangen konnten, weshalb sie mich baten, daß ich sie zu meiner morgigen Audienz als Begleiter mitnehmen möchte. Allein ich hatte beim Majordomus niemanden als meinen Begleiter angemeldet, und in der Anzeige heißt es: „dleti' ^ppartamsnto non si ammet- tono persone äi ssZuito per essere pre8en1ate a 8ua 8antitä, oltre guelle notate nel ViZIietto.^ Als nun einer Denksäule zu Ehren der Immakulata aus dem Kauptplatze in Marburg. (Seite 335 und 336 in der Fußnote). -Z- 412 -s- der vier aufopferungsvollen Äuraten traurig bemerkte: Veni komam non aä viäenäum petra8 86ä Katram, er¬ klärte ich mich bereit, sie morgen in den Vatikan mit¬ zunehmen, ob ihnen die Audienz nun gewährt oder versagt wird. Am Feste des hl. Märtyrers Venantius den 18. Mai zelebrierte ich am Hochaltäre 8unta tVlaria äs11'H.nima auf die gute Meinung, daß heute alles nach dem hoch¬ heiligen Willen Gottes geschehen möge. Es war 10 Ahr geworden, und ich mußte zu meinem großen Leidwesen ohne das vielersehnte Bild zum Vatikan fahren, wo mich im Vorti le cli 8an vama80 die vier Seelsorger schon mit Sehnsucht erwarteten. Beklommen und befangen ging ich mit den unangesagten Begleitern in die Audienz¬ gemächer. Schon beim Betreten des ersten Saales wurden die vier Herren um das Permesso oder den Erlaubnis¬ schein für die Audienz gefragt. Ich klärte die Sache nach Möglichkeit auf und bat um Entschuldigung. So erging es uns auch im zweiten und dritten Empfangszimmer. Schlie߬ lich erschien der diensttuende Cameriere Adam Fllrsk Sapieha und entschied, daß die Begleiter warten sollen, bis ich persönlich bei Seiner Heiligkeit um ihr Vorlassen zur Audienz gebeten haben werde. Während der Audienz überreichte ich dem Heiligen Vater das Synodalbuch vom Jahre 1907, meine Hirten¬ schreiben-Sammlung (?Ä8tir8üi Ii8ti) aus dem Jahre 1906, meinen Fastenhirtenbries in beiden Landessprachen vom 25. Februar 1908 und die Broschüre über die Privilegien der Marburger Basilika. Hiebei bemerkte ich, daß ich das Bild, diese Basilika darstellend, meinem Versprechen gemäß bedauerlicherweise nicht überreichen kann, weil ich es noch -z-413 nicht aus der Dogana überkommen habe. Auf meine Worte eküZies nonäum venit, erwiderte der Heilige Vater veni et, worauf ich um die spätere gütige Annahme bat. Gerne, sehr gerne, sagte Pius X. zu, indem er noch immer in der illustrierten Druckschrift „kriviloma, quibus ALucZet seelssia beatae VirZinis Xlariae, inatris miseri- eoräiae, XlarburZi nuper aeäiüeata et eonsserata" fleißig blätterte. Nach beendetem Vortrage meiner eigenen Anliegen erzählte ich zum Schlüsse Seiner Heiligkeit von den vier Seelenhirten aus der Trienter Diözese, die sehnsuchtsvoll des Augenblickes harren, wo sie den obersten Hirten der Kirche sehen, sprechen und von Ihm gesegnet werden könnten. Der Heilige Vater gab unverzüglich dem Came- riere das Zeichen zum Hereinlassen meiner Begleiter. Zuvor wollte ich mich aber verabschieden; allein der Heilige Vater befahl: Du bleibst hier! Und nun folgte eine für mich und wahrscheinlich auch für den Papst höchst überraschende Szene. Die Saaltür ward sperrweit geöffnet, und hinein traten wie in feierlichem Aufzuge die vier Trienter Priester, von denen die beiden ersten hoch vor sich in den Händen haltend die Marburger Marienbasilika hineintrugen. (Monsig. Lohninger hat das Bild mittler¬ weile erhalten, es unverweilt in das Audienz-Vorzimmer bringen lassen, so daß es die vier dort wartenden Priester zur Audienz noch mitnehmen konnten). Hocherfreut sagte ich: 8eati88ims ?ator, äemäorsta imaAO öamtioae mnri- anae NarburMrwium venit, aäest. Der Heilige Vater erhob sich von seinem Thronsessel und ging einige Schritte den Eintretenden entgegen, besichtigte mit sichtlichem Wohl¬ gefallen das Bild, lobte dessen Ausführung und ließ es 414 -z- dann an den Tisch seines Audienzsaales anlehnen. Kier¬ ans unterhielt er sich stehend mit den vier Kumten, gewährte ihnen alle ihre Bitten und forderte sie auf zu beten, auf daß alsbald ein großes Wunder geschehe zu Gunsten der Heiligsprechung des seligen Pfarrers Joh. Bapt. Vianney und sie somit einen Schutzheiligen in ihrer Seelsorge erhalten. Inzwischen bemerkte Seine Heiligkeit, daß wir unter Gottes Beistände auch noch die Seligsprechung des Trienter Fürstbischofes Johann Nep. von Tschiderer (ch 1860) und des Linzer Bischofes Franz Josef Rudigier (ch 1884) er¬ leben können. Darauf weihte der Papst den vier Kuraten die Devotionalien und erteilte ihnen, ihrer Seelenherde und ihrem Diözesanbischofe den heiligen Segen. Hiemit war die mir zeitlebens unvergeßliche Audienz beendet. — Die beglückten vier Priefterfreunde dankten mir gerührt für die Vermittlung, ließen sich sogleich photographieren und überreichten mir vor ihrer Abreise die eigenhändig unter¬ zeichnete Photographie. Ihre Namen heißen: Jakob Regensburger, Pfarrer in St. Florian zu Storo (Settau¬ rum); Petrus Monticelli, Kurat in Lodrone Mariä-Ver- kündigung; Jakob Festi, Kurat in Bondone Mariä- Geburt; Luzillus Sartori, Kurat in Motina Leudri St. Vigilius Bischof und Märtyrer. — Jesus durch Maria und Maria durch Jesus: unsere immerwährende Hilfe! ........ Ansprache gelegentlich der Weihe des neuen Aufsatzes für den Altar der hl. Filumena und desgleichen für den Altar des hl. Anton von Padua gehalten in der Marien-Basilika zu Marburg am hohen Kirchweihfeste der Kathedrale und aller Kirchen der Diözese Lavant, am 22. Sonntag nach Pfingsten, den 20. Oktober 1907. Und es sprach, der auf dem Throne satz: Siehe, ich mache alles neu! 21, 5). Im Herrn geliebte Gläubige! MWunderbar, die heutige Festepistel ist wie für dieses herrliche Gotteshaus und für die heutige daselbst abgehaltene Feier geschrieben! Oder etwa nicht? Aber hören wir den hl. Apostel und Evangelisten Johannes, wie er, verzückt in den Kimmel, in seiner geheimen Offen¬ barung schreibt: In jenen Tagen sah ich die heilige Stadt, das neue Jerusalem, herab¬ steigen von Gott aus dem Kimmel, zubereitet, wie eine Braut für ihren Bräutigam geschmückt ist. Und ich hörte eine starke Stimme vom Throne, die da sprach: Siehe die Kütte Gottes bei den Menschen! Er wird bei ihnen wohnen,und sie werden seinVolk sein,und er, Gott selbst, wird mit ihnen sein. Und Gott wirdabwischen alleTränen vonihren Augen.. -L- 416 -r- Und es sprach, der auf dem Throne saß: Siehe ich mache alles neu! (^poaatz'x. 21,2-5). Nicht wahr, wie leicht können wir diese Schriftworte anwenden auf diese heilige Stätte und auf die heutige Festfeier! St. Johannes, der große Seher auf Pathmos, sah das neue Jerusalem, das ist den Tempel, herabsteigen von Gott aus dem Kimmel, zubereitet, wie eine Braut für den Bräutigam geschmückt ist. Ähnlich sehen und schauen, betrachten und bewundern auch wir dieses neue Jerusalem, diese neue Kirche, die da geziert und geschmückt ist wie eine Braut, sich freuend der Gegenwart ihres göttlichen Bräutigams, des gottmenschlichen Kerrn und Keilandes Jesus Christus. Und wortwörtlich gilt von dieser Basilika: Siehe, dieKütteGottes bei den Menschen! Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er, Gott selbst, wird mit ihnen sein. Ja, es wohnt und thront wirklich, wahrhaft und wesent¬ lich Jesus Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, dort im Tabernakel, das da ist tatsächlich die Stiftshütte, die Wohnung, das Kaus, der Palast Gottes. Zumal hier bewahrheitet sich die trostvolle Verheißung des Kerrn: Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ansEnde der Welt! (IVcktck. 28, 20). Denn hier lebt der lehrende, der segnende und heiligende Christus unter der Gestalt der heiligen Kostie. Ebenso erfüllen sich auch die weiteren Worte des großen Apokalyptikers: Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. Denn hier finden die Trauernden Trost, die Reumütigen Verzeihung und Vergebung ihrer Sünden, und somit den Frieden des -r-417 -4- Kerzens und die Nutze des Gewissens. Zudem hat Gott der Kerr gerade hierorts so manche Träne, so manchen Schweißtropfen an den Erbauern dieses Prachttempels ge¬ trocknet, da seine Ausstattung und Ausschmückung, also seine geplante Vollendung immer mehr heranrückt und naht. Ja, zur Wahrheit werden auch die Schlußworte der Krch- weihfest-Lesung: Und nicht mehr wird sein weder Trauer noch Klage noch Schmerz... denn siehe, ich mache alles neu! Teuerste im Kerrn! Zur Vervollkommnung und schließlichen Vollendung dieses wunderlieblichen geistlichen Vater- und Mutterhauses ist abermals ein großer Schritt getan worden. Unsere Basilika hat wieder eine anziehende Bereicherung erhalten. Denn wir haben uns heute in diesem Gottes- und Marienhause zu der erhebenden Feier der Weihe der beiden kunstvoll angefertigten Aufsätze für den Altar der heiligen Fi- lumena und für den Altar des hl. Anton von Padua versammelt. Ich habe die Weihe bereits vollzogen und habe darauf ihre Bedeutung in einer ersten Ansprache erläutert und das heilige Pontifikalamt zelebriert. Und jetzt möchte ich dasselbe Thema in einer zweiten Rede beleuchten; denn heute will ja jeder Besucher dieser Basilika die zwei neugeweihten Altäre sehen, von ihnen sprechen oder er¬ zählen hören. Wie Zachäus nach dem heutigen Festevan¬ gelium den großen Wundertäter von Nazareth sehen wollte und ihn glücklicher Weise auch sah und ihn sogar bewirten konnte und sprechen durfte, ähnlich wünschen die Anwesenden den Altar der heiligen Filumena, der Wun- 27 418 dertäterin des 19. und 20. Jahrhunderts, und den Altar des hl. Antonius von Padua, des Wundermannes der Welt, zu sehen und schildern zu hören. Und darum ver¬ nehmet eine kurze und bündige Beschreibung dieser zwei Heiligtümer. Alles Gott zur Ehre und uns zum Keile! Vielgeliebte im Herrn! Am 11. August des Jubeljahres 1900 konsekrierte ich diese neue Vorstadtpfarrkirche mitsamt dem Kochaltar zu Ehren der Mutter der Barmherzigkeit. Am 7. Dezember 1904 weihte ich den wunderschönen Altaraufsatz oder den Thron der Gnadenmutter Maria. Und so steht der Kaupt- altar vollendet da in seiner Pracht und Herrlichkeit. — Am 12. August des genannten goldenen Jahres 1900 konsekrierte ich die marmornen Opfertische für die Altäre der hl. Filumena und des hl. Anton von Padua. Und heute am Kirchweihfeste der Kathedrale und der übrigen Kirchen der Diözese Lavant, den 20. Oktober 1907, habe ich die zierlichen Aufsätze für die zwei Seitenaltäre geweiht und gesegnet. So sind denn schon drei Altäre in dieser Stiftshükte Gottes vollkommen hergeskellt. Die übrigen vier harren noch des Aufbaues und der kirchlichen Einweihung. Vielleicht werden wir im Februar des kommenden Jahres 1908 als des Jubeljahres der Erscheinungen Mariä in Lourdes (1858—1908) den Altar zu Ehren der Lourdes- Mutter Gottes weihen können. Der erste, heute von mir feierlich geweihte Altar steht im südlichen Seitenschiffe auf der Evangelienseite. Wie ihr sehet, ist derselbe ein Taber¬ nakelaltar, also geeignet zur Aufbewahrung der heiligen Koskie, zur Wohnung des eucharistischen Gottes. In der 419 -4- Mikle des Altaraufsatzes steht die Statue der hl. Jungfrau und Märtyrin Filumena mit ihren Erkennungszeichen. In der linken Kand hält sie den Anker zum Zeichen, daß sie an denselben befestigt, in den Tiberftrom geworfen, aber daraus von ihrem Schutzengel gerettet ward, aber auch zum Zeichen, daß sie festgeankert war in der heiligen Hoffnung auf Gottes Schutz und Hilfe. In der Rechten trägt sie die Lilie, das Sinnbild der jungfräulichen Keusch¬ heit, und einen Pfeil zum Zeichen ihres Martyriums, worauf auch die Blumenkrone auf ihrem Haupte deutet — es ist die Doppelkrone: die der Jungfräulichkeit und der Blutzeugenschaft. Mik Recht ist die Andacht zu dieser heldenmütigen Märtyrin allenthalben in der katholischen Welt verbreitet, zumal aber wird sie geübt in Frankreich, Italien und auch in Österreich. Ein eifriger Verehrer der jugendlichen Heiligen war der ehrw. Diener Gottes, der Franziskaner- Laienbruder Andreas Maria 6areia ^ao8ta, geboren am 10. Jänner 1800 und gestorben am 14. Jänner 1853, der ob seines glühenden Eifers für die Verbreitung der Ver¬ ehrung der hl. Filumena, die er zu seiner Schutzpatronin erwählt hatte, den Beinamen Filu menus erhielt. Sein Seligsprechungsprozeß ist bereits eröffnet worden? — Ein ' orctinis kratrum minorum. ^.cl Llaras ^guas, 1904. ?ag. 172. — Icksin, Llaras ^.quas, 1907. kag. 20—22. — Die zahlreichen und auffallenden Wunder, welche besonders zu Mugnano auf die Fürbitte der hl. Filumena geschahen und noch geschehen, machten den Namen dieser Keiligen in ganz Italien und weit über dessen Grenzen hinaus bekannt und berühmt. Am 25. Mai 1802 wurde in den Katakomben der hl. Priscilla eine Grabplatte (und ein Skelett) mit Symbolen und der Inschrift Immsna pax 27* Ansicht der alten Minoritenkirche „Mariä-Kimmelausnahme" aus dem Kasern-Platze in Marburg. -^-421 zweiter inniger Verehrer der hl. Filumena war der ehr¬ würdige, nun schon selig gesprochene Pfarrer von Ars, Johannes Bapt. Maria Vianney,der aber auch tseum k'i gefunden. Der durch Umstellung der Buchstaben beziehungs¬ weise des ersten und dritten Ziegels hergestellte Name Filumena wurde mit dem gleichzeitig darunter gefundenen Leib in Verbindung gebracht, den man zuerst in Neapel, dann in Mugnano beisetzte. Nach den neuesten Untersuchungen soll jedoch diese Grabplatte nicht zu den aufgefundenen Gebeinen gehören. Der fromme Priester I'rsneeseo äi Uueia brachte die Reliquien t805 nach Mugnano und beschrieb die Lebensumstände der Heiligen, welche drei verschiedenen Personen unabhängig von einander und ganz übereinstimmend geossenbart worden sein sollen. Desgleichen beschrieb er die geschehenen Wunder in einem eigenen Buche, das in verschiedene Sprachen überseht ward. Nebst den schon obangeführten Autoren (Seite 225 Note 1) schrieben über St. Filumena noch z. B. Sinhel, Verehrung der hl. Filumena. München, 1844. — Nelk, Die hl. Filomena. Regensburg, 1901. 5te Auflage. In jüngster Zeit wurden vielfache Bedenken gegen die von der Kirche nicht bestätigten Privatoffenbarungen und Mitteilungen erhoben. Aus dem aufgesundenen Epitaph schloß ^.nton äs^Vsal (Römische Quartalschrift 1898, 42 ty, daß Filumena in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts gelebt haben und gestorben sein mochte. Alles andere soll ungewiß sein. Koraz Marucchi hält dafür, daß die drei Ziegelplatten, welche das Grab der Filumena verschlossen, später zu einem anderen Begräbnis verwendet wurden, daß also die in Mugnano aufbewahrten Überreste nicht die der Filumena, sondern einer anderen, nunmehr Filumena allgemein genannten Heiligen seien. Das ursprüngliche Grab, von dem das mit Sinnbildern geschmückte Epitaphium Immens xax tseum genommen wurde, soll nicht eine Märtyrin in sich geborgen haben, weil die Palme, die Blume, der Anker, der Pfeil nicht gerade das Martyrium und die Jungfräulich¬ keit bedeuten. Und das Blutgefäß ward nicht im Grabe, sondern außerhalb desselben gefunden und ist nicht immer ein Zeichen des Martertodes; denn es kann auch wohlriechende Spezereien, wie Balsam, Salben enthalten haben, die symbolische Bedeutung haben 422 -K- von ihr die auffallendsten Beweise himmlischer Kuld empfing. Die zahlreichen Wunder, welche sich in Ars ereigneten, schrieb Vianus^ seiner himmlischen Beschützerin zu? — Ein dritter recht eifriger Verehrer der jungfräulichen Blut¬ zeugin in der jüngsten Zeit war der ehrwürdige Diener Gottes, ?. Petrus Iulianus Eymard (ch 1. August 1868), der Apostel der heiligsten Eucharistie, der gottbegnadete Stifter der Kongregation der Väter und der Dienerinnen vom allerheiligsten Sakramente. Er liebte diese Keilige so, daß er jedes Jahr die dieser Fürskentochter geweihte und zur Aufbewahrung ihrer Reliquien dienende Kapelle zu Lyon besuchte und alldort das heilige Meßopfer darbrachte. Er hatte sie zu seiner Beschützerin auf seinen Reisen nach Rom erwählt, wo nun schon sein Seligsprechungsprozeß emsig betrieben wird. Eymard versicherte, Filumena habe es wohl verstanden, alle bösen Geister zu verscheuchen, und zur Desinfektion oder Entgiftung der Beerdigungsstätten dienen mochten. Das Rax tseum ist ein Gebet und wird bei Märtyrern nicht angetroffen, weil von diesen als sicher galt, daß sie im Frieden Gottes ruhen. (Orsrio NsruLebi, Ltuäio srcbeotogiLo 8utts Lstsbrs i8eririovs äi Bitumens, ZLoxsrta not Limitsrio äi Rrisaitts. Diese archäologische Studie befindet sich im Werke: diuovo Luitetivo äi ^rebsologis eri8ttsns. ^nno UoäicsÄmo. Roms, 1906. S. 2S3— 300). Mag dem wie immer sein, die große Verehrung der hl. Filu¬ mena vonseiten geheiligter Personen und die zahlreichen unleugbaren Wunder beweisen, daß wir in dieser hl. Jungfrau eine der ungezählten Fürbitter besitzen, deren Verdienste nur dem allwissenden Gott bekannt sind und deren Verehrung und Anrufung ihm angenehm ist. Daher: 8stve, 8. Ritumsns! ' R. Ioh. Janssen, Der ehemalige Pfarrer von Ars, Joh. Bapt. Maria Vianney, in seinem Leben und Wirken. Nebst einem Blüten¬ strauß seiner geistvollen Reden. Steyl, t900. 4. Ausl. S. 232—238. -Z- 423 -r- welche sich der Genehmigung und Gutheißung seiner Genossenschaft widersetzten.' Rechts von der hl. Filumena steht die vielverehrte Jungfrau und Märtyrin St. Barbara. Auch die Marburger verehrten inniglich St. Barbara, der zu Ehren sie im Jahre 1681 auf dem nahen Kalvarienberge ein Kirchlein erbauten aus Dank fllr die Rettung von der grassierenden Pest. Die Embleme oder Kennzeichen der gefeierten Hei¬ ligen sind: das Buch mit dem Kelche und der Hostie in der Linken, das Schwert in der Rechten und ein Turm zu ihren Füßen. Das Buch bedeutet wohl das Evangelium oder die Heilsbotschaft Christi, nach welcher St. Barbara heldenmütig gelebt; der Kelch mit der Hostie bezeichnet St. Barbara als Patronin der Sterbenden, die da auf ihre Verehrung und Anrufung hin der Gnade des Emp¬ fanges der heiligen Wegzehrung in der Sterbestunde teilhaftig werden. Diese Heilige wird auch unter die hei¬ ligen 14 Nothelfer gezählt? Der Turm zu ihren Füßen erinnert uns an den Gewahrsam, in welchem die zarte, gottbegeisterte Jungfrau von ihrem eigenen Vater Dios- kurus festgehalten ward. Das Schwert sinnbildet ihren Martertod. Der eigene Vater begleitete das einzige, ihn so innig liebende Kind mit entblößtem Schwerte in der Hand auf den Richtplatz und schlug ihm das Haupt ab - Leben und Tugenden des Dieners Gottes L. Petrus Julianus Eymard, Stifters der Kongregation vom allerheiligsten Sakramente. Veröffentlicht zu Rom vom Postulator des Seligsprechungs-Prozesses. Deutsche Übersetzung. Bozen, 1902. S. 198. Kapit. 13. 2 Keinrich Weber, Die Verehrung der heiligen vierzehn Not¬ helfer, ihre Entstehung und Verbreitung. Kempten, 1886. S. 23—25, 49,50. / ! 424 — ein greulicher Kindesmörder, der alsbald vom Blitz¬ strahle getötet ward. Links von der hl. Filumena steht die berühmte römische Jungfrau und Märtyrin, St. Agnes*. Die ganze Christenheit ist einstimmig im Lobe und in der Bewun¬ derung der heiligen Agnes, die sowohl über die Schwäche ihres Alters — 13 Jahre alt ward sie gemartert — wie auch über die ausgesuchtesten Martern glorreich siegte, welche wie mit den Lilien des jungfräulichen Lebens, so auch mit den Rosen des blutigen Martertodes geziert ist. Welch ein Ruhm, der Name dieser dreizehnjährigen Mär¬ tyrin wird an tausend und tausend Altären täglich schon über tausend Jahre beim heiligen Meßopfer nach der Wandlung zugleich mit den Namen der Apostel aus¬ gesprochen! Uber ihrem Grabe erbaute Kaiser Konstantin eine schöne Kirche, die noch heute steht und zu den Ba¬ siliken Roms gezählt wird. Außerdem ist auch an der Piazza Navona in der Stadt Rom eine herrliche St. Agnes- Kirche erbaut. Auch anderweitig ragen ihre Heiligtümer zum Himmel. In unserer Diözese sind ihr fünf Filialkirchen geweiht. Und wenn selbst diese Heiligtümer in Rom und außerhalb Rom's in Trümmer sinken sollten, solange die Kirche betet, wird sie am 21. Jänner das Fest der hl. Agnes feiern und im Kanon der Messe täglich ihren glorreichen Namen nennen. St. Agnes triumphiert im Himmel und auf Erden. — Nun, die Kennzeichen der hl. Agnes sind: in der Linken ein Lämmlein, weil ihr Name Agnes, das lateinische ggnu8, dies bedeutet, oder besser, weil sie ihren Eltern, die am Grabe lange weinend ' Dr. I. C. Mitterrutzner, Leben und Verehrung der hl. Agnes 2. Ausl. Innsbruck, 1877. -z- 425 wachten, in ihrem himmlischen Glanze erschien, ein weißes Lamm an der Seite und von vielen Jungfrauen geleitet, und sie tröstete: „Trauert doch nicht um mich als um eine Tote; beglückwünschet mich vielmehr, daß ich jetzt in unendlicher Seligkeit mit dem vermählt bin, den ich auf Erden von ganzem Kerzen geliebt habe!" In der rechten Kand hält St. Agnes einen Palmenzweig, das Zeichen ihres Martertodes. Das holdselige Kind wurde am 2t. Jänner 304 mit dem Schwerte getötet. So habe ich euch, meine Lieben, das neue Altar¬ werk beschrieben. Recht, daß dieser wunderliebliche Altar gewidmet ist dem heiligen Kleeblatt, dem glanzvollen Drei¬ gestirn St. Filumena, St. Barbara, St. Agnes. Denn diese drei Keiligen Gottes sind ein bewunderungs¬ würdiges Beispiel der Kerzensreinheit und sind ein erhabenes Vorbild der unüberwindlichen Glaubensstärke. And das sind gerade zwei Tugenden, die heute der aller¬ größten Gefahr ausgesetzt sind, denen beständig Fallstricke gelegt werden. Zudem ist St. Filumena die erste und St. Agnes die zweite Schutzpatronin des hiesigen Jung¬ frauenvereines. So erflehet uns denn, o heilige Glaubens¬ heldinnen und jungfräuliche Keroinnen, die zu unserem Seelenheile notwendige Glaubensinnigkeit und Kerzens- lauterkeit, auf daß wir hienieden im Kerrn leben, einst in ihm selig sterben und uns drüben mit euch vereinigen zum ewigen Lobe und Preise Gottes! Mit schwerem Kerzen trenne ich mich von diesem Kleinod, nur ungern verlasse ich diesen Altarschah und wende mich dem zweiten, dort im nördlichen Seitenschiffe auf der Epistelseite stehenden auch Tabernakelaltare zu, aus dem wir gleichfalls lebensgroße Standbilder von -r- 426 3 Heiligen erblicken. Den Ehrenplatz oder die Mitte nimmt der hochgefeierte hl. Antonius von Padua ein, der Euch allen, christliche Zuhörer, seinem Leben und seinem Wirken wie seiner mächtigen Fürsprache nach wohl bekannt ist. Er gehört zu jenen liebenswürdigen Heiligen, die mit der Königin im Blumenreiche, mit der weißen Lilie ver¬ sehen, dargestellt werden, wie St. Joseph, St. Aloisius und andere. Die Lilie weist mit ihren sechs Blumen-Kelchblättern auf die sechste Seligkeit hin, die den Unschuldigen das Anschauen Gottes verheißt, und mit ihren sechs Staub¬ gefäßen deutet sie hin auf das sechste Gebot Gottes. Nun, dem hl. Antonius von Padua gebührt das Ehrenzeichen der Lilie, da er engelrein lebte und anhaltend heilsam wirkte. Ganze Nächte betete er vor dem Tabernakel, wo ihm das Iesukind öfters sichtbar erschien und ihn lieb¬ koste. Darum wird er auch mit dem göttlichen Jesukinde auf den Armen dargestellt. Am 13. Juni 1231 starb er und schon 1232 wurde er feierlich von der Kirche heilig gesprochen. Seine gläubig-fromme Mutter lebte noch, als ihrem Sohne die Ehre des Altars zuerkannt wurde. O glückselige Mutter des geheiligten Kindes, an dessen Grabe zu Padua in der prachtvollen, mit vielen Kuppeln versehenen Kirche so viele Wunder geschahen, daß der Spruch entstand: Wer Wunder sucht und will, Bei St. Antoni find't er viel. Zur Rechten dieses großen Wundertäters der ka¬ tholischen Welt steht der hl. Blasius, Bischof und Mär¬ tyrer von Sebaste in Armenien, dessen Fest die Kirche alljährlich am 3. Februar feiert. Er war Arzt, aber die Geistlichkeit und das Volk von Sebaste nötigten ihn ob 427 -4- seiner erbarmenden Menschenliebe in seiner Vaterstadt den Bischofsitz einzunehmen. Als Bischof nun wurde er ver¬ folgt und in den Kerker geworfen, wo er viele Kranke heilte, unter anderen auch einen Knaben, dem eine Fisch¬ gräte im Kalse stecken blieb und ihm der unvermeidliche Erstickungstod drohte. Später wurde St. Blasius aus dem Kerker gezogen, furchtbar zerfleischt und sodann ent¬ hauptet. — Die Statue des hl. Blasius wurde für diesen Altar da gewählt, weil der große Bischof und Blutzeuge schon in der alten Pfarrkirche einen eigenen Altar hatte, und auch ob des St. Blasius Segens, der seit unvordenk¬ lichen Zeiten in der Kirche erteilt wird. Der Priester hält zwei geweihte, brennende Kerzen dem Gläubigen kreuz¬ weise um den Kats und betet, daß ihn der Kerr durch die Fürbitte des hl. Blasius vor allem llbel und Wehe am Kalse behüten und bewahren wolle. Darum hält der Keilige als Kennzeichen zwei gekreuzte Kerzen in der Kand. Der hl. Blasius wird auch unter die 14 Nothelfer gezählt, deren Verehrung und Anrufung mit den Turm¬ glocken dieser Basilika in Verbindung steht. Man rief sie und ruft sie noch an um die glückliche Vollendung des schwierigen Bauwerkes. Die fünfte Glocke trägt den Namen und das Bild: Vierzehn Nothelfer. Sehet, der hl. Blasius hält die rechte Kand zum Segen erhoben! O großer Bischof und Blutzeuge, erhebe heute höher deine Kand und segne uns alle hier im Kerrn Versammelte! Zur Linken des gefeierten Keiligen von Padua erblicken wir die Statue eines zweiten Bischofs, des glorwürdigen hl. Ludwig von Toulouse, dessen Fest am 19. August die Kirche alljährlich begeht. Er war der zweite Sohn Karls II-, Königs von Neapel und Sizilien, und Nebenaltar' Kl. Lourdes-Muttergoktes, 429 dessen Gemahlin Maria, einer Tochter Stephans V., Königs von Ungarn. Er war väterlicherseits blutsverwandt mit dem hl. Ludwig IX., König von Frankreich, und mütterlicherseits mit der hl. Elisabeth, der glorreichen Landgräfin von Thüringen, deren 700jähriges Geburts¬ fest (1207—1907) wir gerade im laufenden Jahre feiern. O heilige Verwandtschaft! Ludwig strebte und eiferte diesen seinen heiligen Blutsverwandten rastlos nach. Er übte schon im siebenten Jahre verschiedene Bußwerke, um sich die Tugend der Seelenunschuld zu bewahren. Jeden Tag betete er inständigst zur lieben Mutter Gottes, daß sie ihm die Jungfräulichkeit unversehrt bewahren helfe. Als 14jähriger Prinz kam er als Geisel in die Gefangenschaft nach Barcelona, wo er heiligmäßig lebte, fleißig studierte und den Entschluß faßte, in den Orden des hl. Franzis¬ kus zu treten, was er nach siebenjähriger Gefangenschaft auch ausführte. Er wurde Ordensmann, Priester und alsbald Bischof von Toulouse. Er wirkte apostolisch und starb erst 23'/z Jahre alt im Jahre 1297. Ob der vielen auf seine Fürbitte im Leben und nach dem Tode geschehenen Wunder wurde er schon nach 20 Jahren in das Album oder in das Verzeichnis der Keiligen gesetzt. — Sein Kennzeichen ist ein Buch, das er mit beiden Künden hält und welches da seine wunderbare Wissenschaft anzeigt. Es entstand die Meinung, sie wurde dem jungfräulichen Diener der Kirche mehr von Gott eingegossen, als daß er dieselbe durch menschliches Studium sich erworben und angeeignet hätte. Sein heiliges Bild ward für den Altar erwählt, weil St. Ludwig von Toulouse im Franziskanerorden mit vollstem Recht gar eifrig verehrt wird und weil er -k- 430 ; auch in gewissem Zusammenhänge mit Papst Leo XIII. unsterblichen Angedenkens steht. Wieso? So! Die Gro߬ eltern Seiner Heiligkeit: Karl Graf undAnnaMaria Gräfin Pecci blieben lange ohne Nachkommen, so daß die Familie hätte aussterben müssen. Die fromme Gräfin trauerte viel ob der kinderlosen Ehe. Im Jahre 1767 kam aber ein Franziskanermissionär aus Rom nach Carpinetto namens ?. Raimund, der ein eifriger Ver¬ ehrer des hl. Ludovicus Tolosanus war. Gräfin Pecci besuchte fleißig die Missionspredigten und klagte dem Missionär ihr Leid. Dieser tröstete sie und empfahl ihr, die Zuflucht zum hl. Ludwig von Toulouse zu nehmen mit dem Entschlüsse, eine Novene ihm zu Ehren zu halten, ein Bildnis von ihm in der Hauskapelle aufzustellen und seine Verehrung auch in der Stadt Carpinetto zu be¬ fördern. Der Heilige wird dem Ehepaare einen Sohn er¬ flehen. Auch sollte sie versprechen, diesen Nachkommen Ludwig zu nennen und die Andacht zum hl. Ludwig von Toulouse in der Familie für immer einzuführen. Die glaubensstarke Gräfin befolgte den Rat, und Gott beschenkte sie mit einem Sohne, den sie Ludovicus nannte. And dieser Sohn des Gebetes ist der Vater des großen Leo XIII., in dessen Familie zu Carpinetto noch immer am 19. August das Fest des hl. Bischofes und Bekenners Ludwig mit besonderer Andacht begangen wird. Und Leo XIII., das lumsn äs soslo, der größte Papst der Neuzeit, welch ein fleißiger Verehrer des hl. Ludwig und des hl. Franziskus von Assisi war er nicht? Unter ihm nahm auch der Orden des Seraphs von Assisi einen ungeahnten Aufschwung. Nun, ihr großen drei Heiligen, Antonius von 431 Padua, Blasius von Sebaste und Ludwig von Toulouse, vergesset unser nicht, sondern bittet unablässig für uns, auf daß wir den guten Kampf Kämpfen, den Glauben bewahren und so die Krone der Ge¬ rechtigkeit dereinst erlangen! Und somit habe ich die Bedeutung der beiden, heute von mir eingeweihten Altäre, von denen jener der hl. Filu- mena 11.989'67 und der des hl. Antonius 12.143.97 L kostet, Euch, christliche Zuhörer, nach Tunlichkeit erklärt. Kiezu füge ich noch folgendes. Die sechs Statuen — ein Trifolium der Keiligen des Frauen- und ein Trifolium der Keiligen des Männergeschlechtes—sind aus Stein gemeißelt und zwar vom Bildhauer aus Graz Kerrn Eduard Kupo wsky, von dem auch die vier heiligen Standbilder am Kochaltar her¬ rühren. Diese mit vieler Kunstfertigkeit ausgeführten Statuen zeichnen sich aus durch frommen Ausdruck, schönen und reichen Faltenwurf, zarte und geschmackvolle Farbenfassung und bewirken einen tiefen Eindruck auf jedes fühlende Kerz und sind sehr geeignet, in den Gläubigen nicht nur den Geist der Andacht zu erregen, sondern auch die Ehre Gottes zu befördern. Die lebensgroßen Figuren tragen so liebenswürdige Physiognomien, wie sie wohl in Wirk¬ lichkeit ihren edlen Kerzen eigen waren, und es spricht ein Leben aus ihnen, wie man dies nur selten in solch plastischen Werken findet. So fesseln sie des Beschauers Auge und ergreifen sein Kerz. Kier ist nicht bloß das künstlerische, sondern auch das kirchlichgläubige Moment festgehalten. Die an den zwei Seitenaltären notwendigen Stein¬ metzarbeiten besorgte der Marburger Steinmetzmeister Kerr Karl Kocianojo. Die Polychromierung der Statuen 432 -r- und sonstige Vergoldung der neugeweihten Altaraufsätze führte der Grazer Vergolder und Skulpturmaler <6err Wilhelm Sirach aus. Die beiden Tabernakel mit den Altarkreuzen fertigte der tüchtige k. k. Kof- Goldarbeiter aus Schwaz in Tirol Kerr Jakob Rappel an. Die zwei Tabernakel sind aus Messingbronze, reich emailliert, ganz vergoldet, innen mit Seide verkleidet und in den Stein eingelassen, so daß sie auch, wenn nötig, herausgenommen werden können. Das Tabernakel des St. Antonius Altares zieren in Email sehr schöne Symbole. Links oben das Kreuz mit der Rolle sinnbildet die mit dem Kreuze verbundene Neugründung der christlichen Kirche; rechts oben die Taube. Sie ward von Noah ausgelassen, um zu erforschen, ob die Wässer zurllckgegangen. Eine neue Zeit beginnt. Links ein Kelch mit dem Kreuze. Aus dem Kelche entwickelt sich das unblutige Opfer; rechts die sieben¬ fache Wasserquelle, die als Springbrunnen senkrecht aufgeht und sodann in ein rundes Gefäß fällt. Ursprünglich war geplant das Kamel, das Schiff der Wüste; wenn die Kara¬ wane schon dem Verdürsken nahe, bringt es Rettung aus seinem Leibe. Links unten die Friedenspalme. Sie bedeutet den Frieden, welchen das Opfer des Altares den Gläu¬ bigen erwirbt; rechts unten der Palmbaum. Seine Frucht ist die einzige Nahrung, welche der müde Wanderer in der Wüste findet. Die beiden Löwenköpfe mit Ringen in den Rachen, die an Türen, welche einen besonders starken Verschluß darstellen sollen, angebracht zu werden pflegen, bedeuten hier, daß ja auch das Allerheiligste vor unbe¬ fugtem Nahen bewahrt werde? 'Obbeschriebene Tabernakeltür wurde als mustergültig in das Buch ausgenommen: Praktischer Führer auf dem Gebiete christlicher -Z- 433 -4- An großen Konkurstagen wird auch bei den zwei Seitenaltären die heilige Kommunion ausgeteilk werden können, und wird so den Gläubigen wohl gedient sein, und der feierliche Gottesdienst am Kauptaltare wird keine Störung erleiden. Den Grundplan und die Zeichnungen für die zwei neugeweihken Seiten-Altäre entwarf der gediegene Architekt und k. k. Baurat in Wien, Kerr Richard Jordan, welcher alle Pläne für diese Basilika lieferte, weshalb allenthalben in derselben schöne Karmonie und einnehmende Symmetrie herrschen und den Besucher angenehm berühren und freudig stimmen, sein Kerz zum Kimmel erheben. Im Kerrn geliebte Gläubige! Zum Schlüsse sage ich meinen innigsten Dank allen jenen, denen Dank und Ehre gebühren. Vor allem sei der dreieinige Gott gepriesen und ihm der demütigste Dank gezollt für alle an dieser heiligen Stätte erteilten Gnaden¬ gaben und Wohltaten. Auf diese Meinung habe ich das heilige Pontifikalamt zelebriert und werde am Ende der heutigen denkwürdigen Festfeier noch anstimmen den Lob- und Dankhymnus: Vs Dsum lauäamus, ts Dominum sonütsmur. Großer Gott, wir loben dich, Kerr, wir preisen deine Stärke! — Empfange unfern kindlichen Dank auch du, Mutter der Barmherzigkeit, du goldenes Kaus, du Pforte des Kimmels, du Ursache unserer Fröhlichkeit, für alle uns durch deine mütterliche Fürsprache von deinem Kunst in Österreich samt einer Auswahl neuerer Werke. Mit Unter¬ stützung des k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht heraus¬ gegeben von der Österreichischen Leo-Gesellschaft. Wien, 1908. Seite 46. 28 434 -L- göttlichen Sohne erwiesenen Gnadengaben! Stehe uns, o machtvolle Himmelskönigin, mit den Engeln und Heiligen des Himmels auch fürderhin schützend und schirmend bei! Wie ich auf Gottes Beistand unerschütterlich vertraue, so baue ich zuversichtlich auch auf der Menschen Mithilfe. Gott gibt zu jedem guten Werke seine Gnade, und der Mensch mutz mit dieser verliehenen Gnade mitwirken, Mitarbeiten; denn nur so entsteht ein gutes, ein verdienstliches, ein vollkommenes Werk. Dieser erfreuliche Fall ist hierorts zu konstatieren. Der Herr baute das Haus, darum ar¬ beiteten die Bauleute nicht umsonst; der Herr bewachte die Stätte, darum wachten nicht vergebens, die da wachten. Nun, im Angesichte dieser glanzvollen marianischen Basilika danke ich herzlich dem geistlichen Bauunternehmer, dem hochw. ?. Guardian als hiesigem Pfarrverweser für alle an Zeit, Geld und Arbeit gebrachten Opfer. Mit dem Psalmisten rufe ich ihm zu: Dx8pssta Dominum, viriliter a^s st oovkortstur eor tuum st 8U8- tins Dominum! (?8. 26,14). Erwarte den Herrn, handle mannhaft; latz dein Kerz stark sein und hoff' auf den Herrn! Ein tausend- und millionenfaches Vergelts Gott rufe ich ferner allen den edlen Freunden, Gönnern und Guttätern dieses schmucken Gotteshauses zu! Ausgleichen danke ich verbindlichsk allen Meistern, Gehilfen, Arbeitern und Taglöhnern. Mögen die Namen aller Teilnehmer an der Erbauung dieses Prachttempels in das Schuldbuch des Himmels eingezeichnet sein! Im Herrn Geliebteste! Ihr wisset, datz bei feierlichen Anlässen diese Basilika in einem Meere von Licht erstrahlt. Die Maschinenvorrichtung, die das so Helle elektrische -r- 435 Licht für die Kirche abgibt, befindet sich in den unteren Räumen des anstoßenden Klostergebäudes. Dieses Ma¬ schinenwerk werde ich jetzt unter tiefsinnigen Zeremonien, dem römischen Rituale entnommen/ weihen. Wir Priester werden unter Abbetung des vom hl. Zacharias ange- skimmten Lobgesanges Leueäiotus Dominu8Döu8 Israel hinabziehen zur Maschine für die Erzeugung des elektrischen Lichtes. Da werden die Gänge widerhallen von den Worten: Vi8itavit NO8 Oriens ex alto: illu- mivars bis, gut in tonebris et in umbra mor- ti8 8eäent: aä äiriKsnclos xeäes no8tro8 in viam xaois. Keimgesucht hat uns der Auf¬ gang aus der Kühe — d. i. die Sonne der Ge¬ rechtigkeit Jesus Christus — um denen zu leuchten, die imFinstern und im Todesschatten sitzen, und um unsere Füße auf den Weg des Friedens zu leiten. (bue. 1, 78. 79). In der Werk¬ kammer angekommen, werde ich die Antiphon: Dux orta 68t iu8to: rsoti8 eoräe lastiti a. Ein Licht ist aufgegangen dem Gerechten, und jenen, die aufrichtigen Kerzens sind, Freude: anstim¬ men und sodann den Psalm 96: Dominus rs^navit: exuttst terra! Der Kerr regiert, darum frohlocke die Erde... Feuer geht vor ihm her, und verzehrt ringsum seine Feinde. Seine Blitze beleuchten den Erdkreis, er sieht es, und es erzittert die Erde... du, ' Rituale Romanum Rauli V. Ront. Uax. iu88u eciituin st a Lsneäieto XIV. auetuin st esstigatum, sui novissima ücseäit bsosUictionuin et instrustionum axxsnclix. Rstisbonas, 18dl. Rag 215—218 axxsnäisis. 28* Gesamtansicht des Deckengemäldes ^Mutter der Barmherzigkeit" im Presbyterium der ehemaligen Minoritenkirche -k- 437 Herr, bi st derHöchste über die ganzeErde... Ein Licht ist aufgegangen dem Gerechten, und denen, die aufrichtigen Herzens sind, Freude. (?s. 96, 1. 3. 4. 9.11). Wie gehaltvoll und hochbedeutsam! Hierauf werde ich ein Gebet um Mariens Gnaden¬ vermittlung persolvieren und sodann ein zweites, in dem ich den allmächtigen Gott, den Schöpfer alles Lichtes, bitten werde, daß er das Maschinenwerk zur Hervor- bringung des elektrischen Lichtes segnen und gewähren möge, daß wir alle zu ihm, der das unvergängliche Licht ist, nach der Finsternis dieser Welt gelangen. So leuchte und strahle denn, o majestätische Basilika, im hehren Lichte Gott zur Glorie, Mariä zur Verherr¬ lichung, den Engeln und Heiligen zum Lobe und deinen Besuchern zur Seligkeit! O ihr großen Lieblinge Gottes, deren Statuen wir heute geweiht haben, bittet für uns, daß uns allen einst das ewige Licht leuchte, und daß sich an uns ganz erfülle der Schluß der Kirchweih-Festepistel: Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen; derTodwird nicht mehrsein noch Trauer, noch Klage noch Schmerz wird mehr sein, denn das Erste ist vergangen. Und es sprach, der aufdemThrone saß: Siehe, ich machealles neu! (.4poo. 21, 4. 5). Amen. Ansprache gehalten nach erfolgter Einweihe des Lourdes - Mutter¬ gottes Jubiläumsaltares in der Basilika „Mutter der Barm¬ herzigkeit" zu Marburg am Kirchweihsonntage, den 18. Oktober 1908. Du Königin ohne Makel der Erbsünde empfangen, bitt für uns! (Wortlaut der vorletzten Anrufung Mariens in der lau- retanischen Litanei. — Vvrgefchrieben durch Breve Leo XIII. vom 24. Dezember 1883). herrliche Basilika, Friede und Segen dir! In deinen hohen und heiligen Kallen vollzieht sich in diesem hochbedeutsamen Monate und in diesem jubelreichen Jahre eine denkwürdige Feier! Bedeutsam ist der laufende Monat Oktober, er ist, wie der blütenreiche Mai, ein Marien-Monat. Am ersten Sonntage im Oktober feierten wir das gnadenreiche Rosen¬ kranzfest, welches zur bleibenden Erinnerung an den glänzenden Sieg eingeführt wurde, den der heldenmütige Don Juan d'Auslria über die Erbfeinde der Christen, über die Türken am 7. Oktober 1571 erfochten hatte. Papst Gregor XIII. gestattete das liebliche Fest allen Kirchen, die einen Rosenkranzaltar besaßen. Klemens XI. dehnte es im Jahre 1716 auf die ganze Kirche aus. Und Leo XIII., der große Verehrer der Rosenkranzkönigin, -L- 439 -4- ordnete durch seine wunderschöne Rosenkranz-Enzyklika vom 1. September 1883 eine Rosenkranzandachl für den ganzen Oktober in allen Kathedral- und Pfarr¬ kirchen an. So ist um das Rosenkranzfest ein ganzer Rosenkranzmonat geschlungen. Am 2. Sonntage im Oktober beging die Kirche auch ein Marienfest und zwar das kostum matsruitatis 8. N. V., das Fest der Mutterschaft Mariä — welches Fest uns den größten Vorzug Mariä und den tiefsten Grund unseres Vertrauens zu Maria aufscheinen läßt. — Nicht genug! Am heutigen dritten Sonntage im Oktober wird in der Kirche gleichfalls ein Marienfest gefeiert: kostum xuritatis 8. N. V., das Fest der Reinheit Marias, das nicht bloß ein Gedenktag ihres Freiseins von der Erb- schuld und der persönlichen Sünde sein will, sondern das Geheimnis des Festes ist die allseitige Reinheit und Unver¬ sehrtheit ihres Leibes und ihrer Seele. — Am vierten Sonntage im Oktober feiert die Kirche das Fest der Verehrung der heiligen Reliquien, mögen sich dieselben wo immer befinden. Zn unserer Diözese begehen wir aber heute und die ganze Woche das Fest der Einweih¬ ung der Kathedralkirche und aller Kirchen der Diözese, welches Fest auch ein Fest der Verehrung der hl. Reli¬ quien ist, da ja in den Sepulkren der konsekrierten Altäre Reliquien von Keiligen aufbewahrt werden. So sind alle Sonntage im Oktober bedeutungsvolle Festtage. Dazu kommen die vielen schönen Feste an den einzelnen Tagen im Oktober. Am 4. Oktober begingen wir das Namensfest des seraphischen hl. Franziskus von Assisi, des großen Marienverehrers und Sängers. Er besang die Tugenden: wie die Königin Weisheit und ihre 440 Schwesier die Einfalt, die Frau Armut und ihre Schwester Demut, die Frau Liebe und ihren Bruder Gehorsam. Und dann schwang er sich empor zum Throne der Jung¬ frau, die alle Tugenden der Keiligen im höchsten Grade besaß. — St. Franziskus, der gottbegnadete Stifter des nach ihm benannten ersten, zweiten und dritten Ordens, der beste Verbesserer der Sitten seiner Zeit und aller nachfolgenden Zeiten, ist der Taufpatron unseres allver- ehrten und vielgeliebten Iubelkaisers Franz Josef I. — Um andere wichtige Feste im Oktober zu übergehen, nenne ich das Fest des hl. Maximilian, Bischofs von Laure- acum und Märtyrers der Stadt Eilli (284) am 12. Oktober, das Fest des Papstes und Blutzeugen Kallistus am 14. Oktober, der hl. Jungfrau Theresia am 15. Oktober, der hl. Ursula und ihrer Genossinnen am 21. Oktober, des hl. Erzengels Rafael am 24. Oktober, des hl. Evangelisten Lukas (im Brevier) am 18. Oktober, der hl. Aposiel Simon und Juda am 28. Oktober, des gefeierten Kappadoziers Basilius des Großen, der da eine Anweisung über die Ausnahme und Erziehung der Kinder im Kloster verfaßte. So ist der Monat Oktober bedeutsam, und tief bedeutsam ist auch das laufende Jahr 1908 als dreifaches Jubeljahr, das in unseren Kerzen auch eine dreifache Liebe mächtig aufflammen läßt: die Liebe zu Maria, die Liebe zum Papst und die Liebe zum Kaiser. — Vom 11. Februar 1908 bis 11. Februar 1909 wird in Lourdes und in der ganzen katholischen Welt das goldene Jubi¬ läum der achtzehn wunderbaren, bestverbürgten und beglaubigten Erscheinungen der unbefleckt empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria vor einer demütigen -4-441 -4- Schäferin gefeiert. Alle katholischen Christen freuen sich ob der großen Wundertaten, die dort an der marianischen Gnadenstätte und Gnadenquelle schon durch fünf Jahr¬ zehnte vollbracht werden. — Am 1l. Februar des Jahres 1858 erschien das große Zeichen am Kimmel der Kirche, das Weib mit der Sonne bekleidet, und am 18. September desselben Jahres ward der von Gott zum Papst Pius X. vorherbestimmte Josef Sarto zum Priester geweiht und zelebrierte am 19. September zu Riese in seiner Keimatskirche seine erste heilige Messe. And so werden Maria und Papst in diesem Jahre gemeinsam gefeiert. Die Liebe zur Immakulata, zur makellosen Jung¬ frau, und die Liebe zum Iubelpapst Pius X., dem treuen Diener Mariens, feiert allenthalben in der katholischen Welt ihre Triumphe, ihre Freuden- und Siegesfeske. Am 18. Mai dieses Jahres überreichte ich Seiner Heiligkeit eine prächtige Abbildung unserer Basilika „Mutter der Barmherzigkeit". — In unserem großen und schönen Vaterlande gesellt sich zu dieser Doppelliebe noch die Liebe zum Iubelkaiser hinzu. Am kommenden 2. Dezember wird der weihevolle, der glorreiche Tag des diamantenen Regierungsjubiläums Seiner Majestät festlich begangen werden, wozu ich ein Iubiläums-Kirtenschreiben mit den nötigen Anweisungen am 4. Oktober 1908 erlassen habe, und das Euch, meine Lieben, am 8., 15. und 22. November vorgelesen werden wird. Geliebte im Kenn! In einem so bedeutungsvollen Monate und in einem so denkwürdigen Jahre haben wir uns in dieser Pracht- -r- 442 vollen Marienburg zu einer gleichfalls bedeutsamen und für die Nachwelt denkwürdigen Festfeier versammelt. Das dreifache Jubeljahr wird in unserer Diözese auf mannig¬ fache Weise verewigt werden, Hierorts wurde ein kunstvoll gearbeiteter Seitenaltar zum bleibenden Gedächtnisse an die außerordentlichen Jubiläen aufgestellt. Ich habe den wunderschönen Altar an dem heutigen Sonntage konse- kriert, der da ist der Gedächtnistag der feierlichen Ein¬ weihe unserer Domkirche und aller übrigen Kirchen zumal Pfarrkirchen des Bistums. Keule gedenke ich mit Herzensfreude an die großartige Einweihungsfeier dieser Marienkirche, die am 1l. und 12. August des gol¬ denen Jahres oder vorzugsweise Jubeljahres 1900 statt¬ gefunden hat. Ihr, meine lieben Zuhörer, erwartet sicherlich von mir, daß ich Euch etwas näher und genauer den heute kon- sekrierten Lourdes-Muttergottes-Iubiläumsaltar beschreibe. Den Entwurf und die Zeichnung für das Meisterwerk besorgte der uns bestens bekannte Architekt, der k. k. Bau- ral in Wien Herr Richard Jordan, der der Schöpfer sämtlicher Baupläne unserer neuen Kirche und aller Ent¬ würfe ihrer Einrichtung sowie auch des schönen Pfarr¬ hauses und Kloslergebäudes ist. J o r d an's Pläne führten aus: Herr Karl KocianÄö, Steinmetzmeister in Marburg und Herr Wilhelm Sirach, Faßmaler und Vergolder aus Graz, der den Altar mit Gold- und Kaseinfarben faßte. Die Gesamlkosten belaufen sich auf 7276'14 Kronen. Der Altarbau ruht auf einer einstufigen mächtigen Marmorplatte (Suppedaneum, der oberste Antritt des Altars), die mit feinem Klinkerpflaster aus der Wiener- -L- 443 -s- berger-Ziegelfabrik geschmückt ist. Der Unterbau mit der Predelle, dem Antipendium, der Mensa und der Leuchter¬ bank sind aus Grastaler Marmor (Grastal in Oberkärnten) hergestellt. Das Antipendium hat drei Füllungen: die rechte und linke ist aus grünem Stein, dem sogenannten Vert-Vert aus Frankreich, und die mittlere ist aus rotem Stein UouAL moarnat auch aus Frankreich und enthält ein goldenes gleichschenkeliges Kreuz eingemeißelt. Der Altartisch ruht auf vier Säulen, deren Basen oder Füße aus obersteirischem weißen Marmor, deren Schäfte aus rotem llotovlfe-Marmor und die Kapitäle aus Arko- skein angefertigt sind. — Der Mittelbau und Oberbau sind aus karrarischem Marmor. Die Füllungen im Mittelbau sind aus Vert-Vert und NouZe inoarvat, wie jene im Antipendium. Von den drei auf Goldgrund sich abhebenden Emblemen stellt das rechte einen Lilienstrauß und das linke einen Rosenstrauch dar, während das mittlere den Namenszug, das Mono¬ gramm Mariä versinnbildet. Der Altaraufsatz ist ein auf zwei Säulen ruhender romanischer Triumphbogen, dessen Giebel mit einem griechischen Kreuz geziert und das Tympanon mit einer Rosette versehen ist. Die beiden Säulen sind aus rotem Hotovljs-Marmor, ihre Basen aus obersteirischem weißen Marmor und ihre Kapitäle aus Arkostein, wie die vier unteren Säulchen. — Die große Nische oder Lourdesgrotte für die Marienstatue ist aus Gr asta ter Marmor gehauen. Doch woher ist der Kauptschmuck des Altars, nach welchem er auch seinen Namen oder Titel führt und auf den er heute konsekriert worden ist? Woher die liebliche A Mittelstück aus dem Deckengemälde der ehemaligen Minoritenkirche in Marburg. 445 Maria Lourdes-Statue? Wie bekannt, wurde nach den genauen Angaben der gottbegnadeten Bernadette ein plastisches Bild der unbefleckten Empfängnis, so wie ihr jene Lichterscheinung zu Gesichte gekommen war, für die Grotte Massabielle geschaffen; und in Kürze wurde dieses marianische Gnadenbild zu einem internationalen Muttergottesheiligtum, zu dem Tausende und Kundert- tausende Pilger aus aller Welt jahraus jahrein zusammen¬ strömen. Dieses Wunderbild der Immakulata ist aus glänzendweißem Marmor vom Bildhauer Fa bisch aus Lyon so wundersam und anmutig gearbeitet, daß es wirklich einen gewissen Abglanz, eine gewisse Aberirdisch- keit von jener himmlischen Erscheinung überkommen zu haben scheint, die dereinst dem Müllermädchen zu Augen kam. Kein Wunder deshalb, daß die Beschauer der am 4. April 1864 feierlich eingeweihten und ausgestellten Statue, und nicht bloß fromme Marienverehrer, sondern vielfach auch Neugierige und Freigeister, geradezu hingerissen werden und eine unverlöschliche Verehrung für die unbe¬ fleckte Kimmelsjungfrau davon empfangen. Nun, Nachbildungen von dieser wunderbaren Lourdes- Statue sind schon in allen katholischen Landen sehr zahl¬ reich anzukreffen. Meine Lieben, eine großartige Feierlich¬ keit wurde in der a lt e n Dorstadtpfarrkirche zur Kl. Maria Mutter der Barmherzigkeit vom 5. bis zum 13. Oktober des Jahres 1884 abgehalten. Am 5. Oktober zog eine kaum übersehbare Prozession aus der alten Pfarrkirche zum Institute der ehrwürdigen Schulschwestern, um die daselbst aufbewahrte Statue der lieben Gottesmutter abzuholen. Diese Statue kam vor 24 Zähren aus Paris, ist ein Kunstwerk aus dem Atelier Derrebuk in Paris, Raffels -L- 446 Nachfolgers, kostete 600 Franken und ward in der Instituts- Kapelle der Schulschwestern provisorisch aufgestellt. Um halb vier Uhr kam die Prozession, an welcher der hochwürdigste Fürstbischof Jakob Maximilian, das fürslbischöfliche Domkapitel, die Alumnatspriester, die Alumnen des Priesterhauses, die hochw. Väter Franzis¬ kaner, sowie die Stadtrepräsentanz teilnahmen, beim Kloster der Schulschwestern an, übernahm das Marienbild und kehrte zurück, indem sich ihr noch die Schulschwestern mit ihren Zöglingen und 60 weißgekleidete Mädchen, wovon 30 Rosen und Lilien trugen, mit brennenden Kerzen anschlossen. Unter Abbetung des hl. Rosenkranzes, unter Absingung schöner Marienlieder und unter Spielen lieblicher Weisen seitens der Musikkapelle langte der herr¬ liche Festzug in der Pfarrkirche an, allwo die Maria Lourdes-Statue feierlich geweiht worden ist. An diese heilige Handlung schlossen sich verschiedene Andachten durch neun Tage an. Die deutschen Predigten hielt ein eifriger Beförderer der Andacht zur Lourdes-Muttergottes, der hochw. Kapuzinerpater Methodius Iellinek (O 20. Jänner 1824 zu Piselo in Mähren, ch I. November 1886 in Gmunden in Oberösterreich), der zu wieder- holtenmalen die berühmte marianische Gnadenstätte in Lourdes besucht hattet Die neugeweihte Maria Lourdes-Statue wurde in einer Kapelle auf den Altar gestellt, wo sich immer mehr fromme Verehrer einfanden, um der Königin ohne Makel der Erbsünde zu huldigen. — Alsbald wurde der Wunsch ' d. Ein Lourdes-Apostel Österreichs, ?. Methodius Iellinek, Kapuziner-Vikar in Gmunden. (Echo der Annalen unserer Lieben Frau von Lourdes. Donauwörth, 1887. S. 3—7). 447 geäußert, die Gnadenmutter zu krönen. Und in kurzer Zeit war auch das Geld für zwei Kronen beisammen — die eine um 110 Franken sollte für die gewöhnlichen Tage und eine kostbarere um 600 Franken aus reinem Silber, echt vergoldet und besät mit wertvollen Edelsteinen, sollte an hohen Festtagen das Kaupt der Königin des Weltalls schmücken. Kaum waren die Kronen in Marburg eingelangt, rüstete man sich zur feierlichen Krönung des Marien-Stand- bildes. Am 4. Jänner 1885 fand die Krönung in festlichster Weise statt, an die sich ein gnaden- und segensreiches Triduum anschloß. Ich nahm auch teil an der erhebenden Feierlichkeit und predigte am hochheiligen Dreikönigsfeste den 6. Jänner 1885 über Marias wohlverdiente Krönung? Marburg hat da gezeigt, welchen Glauben seine Mauern bergen und welche große Liebe seine Bewohner zur Mutter Gottes hegen und pflegen. Und unsere liebe Frau von Lourdes hat solche Liebe vielfach vergolten — aus dem kleinen Kirchlein entstand diese prachtvolle Basilika und die gekrönte Lourdes-Muttergoktes-Statue erhielt ihren bleibenden Platz dort in der Prachtgrokte auf dem heute feierlich konsekrierten Lourdes-Muttergottes-Altare. Vielgeliebte im Herrn! So besitzen wir jetzt eine Filiale der weltberühmten Massabielle-Grotte am Gave-Flusse nahe der Stadt Lourdes. Diese Mariengrotte am Drauflusse in der Stadt Marburg r Eine ausführliche Beschreibung der Weihe und der Krönung der Lourdes-Muttergottes Statue in Marburg brachte das Echo der Annalen unserer Lieben Frau von Lourdes. Donauwörth, 1885. 5. Jahrgang. S. 86—88 und S. 123—126. -Z- 448 -r- wird uns stets erinnern an die Bedeutung der Er¬ scheinung vonLourdes für unsereZeit. Darüber möchte ich noch gerne einige Worte sprechen. Diese Er¬ scheinung schließt trostreiche Folgerungen in sich. Im Jahre 1854 hatte Papst Pius IX. seligen An¬ gedenkens die unbefleckte Empfängnis der Gottesgebärerin als geoffenbarte Wahrheit, also als einen für jeden Katholiken verbindlichen Glaubenssatz verkündet. Mer Jahre später hat Maria in wunderbarer und einzig dastehender Art das Urteil des obersten Lehrers in Glaubens- und Sitten¬ sachen bestätigt. Ich bin die unbefleckteEmpfäng- nis, mit diesen Worten hat sich Maria dem Kinde, dem Hirtenmädchen vorgestellt. — Aber warum hat Maria gerade diesen Titel gewählt? Weil er der schönste ist und weil alle übrigen Bezeichnungen diesen Titel zur Voraussetzung haben. Er ist der Grund dafür, daß wir Maria nennen dürfen: Braut des Kl. Geistes, Mutter des eingeborenen Sohnes Gottes. Als unbefleckte Empfängnis steht Maria am Anfänge der Weltgeschichte. Auf den ersten Blättern der Heiligen Schrift steht ihre Aufgabe zu lesen: der Zweck ihrer Erschaffung, der unglücklichen Welt den Erlöser zu geben; der Erlöser aber wollte und konnte und mußte nur eine makellose Mutter haben. Als die unbefleckte Gottesmutter dem Hirtenmädchen erschien, da hielt sie in ihren Händen einen Rosenkranz. Hat das eine Bedeutung für unsere Tage? Ganz gewiß. Die Rosenkranzgeheimnisse enthalten ja nichts anderes als die Geschichte Jesu und seiner heiligsten Mutter, die Ge¬ schichte ihres Lebens und Leidens, die Geschichte des Erlösungswerkes des eingeborenen Sohnes Gottes. Der Rosenkranz ist somit eine summa tkeolo^ioa — ist -z- 449 -z- ein kurzer Inbegriff der Glaubenslehre, die uns Maria ans Kerz legt, ist ein oreäo, ein Glaubensbekennt¬ nis, das sie ablegt vor den Tausenden und Millionen Menschen. Bernadette hat den Rosenkranz gelegentlich der Erscheinung stets gebetet und Maria hat Perle um Perle fallen gelassen und Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste laut mitgebetet. Papst Leo XIII. hat wohl recht gehandelt, als er der Unbefleckten den Rosenkranz gleichsam aus der Kand nahm, um ihn der Christenheit darzureichen. Denn die Glaubensgeheimnisse, welche die Rosen dieses Gebetes aneinanderreihen und knüpfen, werden heute vielfach bekämpft und geleugnet. Leo XIII. erließ seine be¬ rühmten Rosenkranzenzykliken. Und mit Breve vom 24. Dezember 1883 hat er die Anrufung: Du, Kö¬ nigin des hochheiligen Rosenkranzes, bitte für uns: für die lauretanische Litanei vorgeschrieben und zwar sollte dieselbe nach dem Zusatze: Du, Königin ohne Makel der Erbsünde empfangen, bitte füru n s: eingeschaltet werden, wodurch auch dieser genannte Zusatz jetzt als allgemein üblich anerkannt und bewilligt, ja wenigstens einschlußweise vorgeschrieben ist. Papst Alexander VII. gebot durch das Breve In 8u- premo vom 28. Mai 1664, daß kein Zusatz zu der lauretanischen Litanei gemacht werden dürfe. Erst nach der Dogmatisierung der unbefleckten Empfängnis ist es üblich geworden, den Glauben an dieses Geheimnis durch eine entsprechende Anrufung in der lauretanischen Litanei zum Ausdruck zu bringen. Im Jahre 1855 wurde all¬ gemein der uralte und doch neue Ehrentitel der seligsten 29 -Z- 450 Jungfrau beigefügt: Maria, ohne Makel der Erb¬ sünde empfangen, bitte für uns: an beliebigen Stellen, bis Leo XIII. den Wortlaut und die Stellung dieser Anrufung: Du, Königin ohne Makel der Erbsünde empfangen: feskgelegt und ver¬ ordnet hat. Fürwahr, Geliebteste, der Rosenkranz in den Künden der unbefleckten Empfängnis zu Lourdes hat seine tiefe Bedeutung für unsere Zeit, in welcher der Unglaube das Erlösungswerk Jesu Christi zunichte zu machen bestrebt ist. Laut predigt weiters die Erscheinung von Lourdes, ohne den Mund zu öffnen, durch das Kleid, das Maria trägt, es ist ein weißes Gewand mit himmelblauem Band zusammengegürtet und ein weißer über die Schultern herabwallender Schleier. — Es ist nicht ohne Bedeu¬ tung, daß der Keiland bei seiner Verklärung auf dem Verklärungsberge in weißem Gewände sich zeigte. Seine Kleider wurden glänzend und überaus weiß wie der Schnee, sowie sie kein Walker auf Erden weiß machen kann. (i^are. 9, 2). Weiße Kleider pflegten von Kerrschem des auserwählten Volkes bei festlichen Anlässen getragen zu werden. Flavius Io- sephus berichtet, daß König Salomon die Gewohnheit hatte, bei Sonnenaufgang in weißem Gewände auszu¬ fahren, während seine Begleiter mit purpurnen Gewändern angetan waren? Auf dieses weiße Prachtgewand Salo¬ mons dürfte der Keiland mit den Worten angespielt haben: Ich aber sage euch: Selbst Salomon in all ' Jüdische Altertümer (8, 7. 3). Übersetzt von Dr. Fr. Kaulen. Köln. S. 27S 5 451 seiner Herrlichkeit war nicht gekleidet, wie eine der Lilien, (Kmrk. 6, 29). Das weiße leuchtende Kleid am verklärten Keiland führt eine königliche Sprache. Im Buche Daniel heißt es vom Kimmelskönige: Sein Kleid war weiß, wie Schnee, (van. 7, 9). Eine ähnliche Sprache spricht das weißeGewand der in Lourdes erschienenen Kimmelskönigin. Weiß sinn- bildet die It n s ch ul d. Welch' eine eindringliche Predigt für unsere Zeit, deren Parole lautet: Pflücket die Blume, ehe sie verblüht, also Genuß, Vergnügen, Vergnügen um jeden Preis, wenn es auch die ewige Seligkeit kostet. Für Genuß und Vergnügen wird heute allenthalben gearbeitet in Wort und Bild, in Schrift und Gesang. Maria hingegen mahnt durch ihr Kleid, das ihre jungfräuliche Gestalt umhüllt, zur Reinheit, wie es der hl. Petrus wiederholt: Ich ermahne euch, ent¬ haltet euch, als Pilger und Fremdlinge, der fleischlichen Begierden, welche wider d i e S e e l e st r e it e n ! (I. vatr. 2, 11). Das schneeweiße Kleid der Erscheinung ist umgürtet mit einem blauen Band. Blau ist das Sinnbild der Demut. Welch' eine Predigt für unsere Zeit, die da ruft: keinen Kerrn im Kimmel und keinen Kerrn auf Erden. Ni mmtra, ni Diou. Schrankenlose Freiheit ver¬ langt man allerorts. Jede Auktorität wird verachtet, jede Obrigkeit, weltliche und geistliche, wird bekämpft und zu beseitigen gesucht. Der Ruf des Rebellenfürsken: Ihr werdet Gott gleich sein, braust durch die Welt. Wir wollen Gott gleich sein, rufen viele in ihrem Kochmuk, in ihrer Koffart, in ihrer Selbstvergötterung. 29* Ausschnitt „Stadt Marburg von einem Engel gehalten" aus dem Freskogemälde an der Decke des Presbyteriums der einstigen Minoritenkirche in Marburg. -z- 453 -L- Da stellt sich diesem Ansturm die demütige Magd des Herrn entgegen, unsere liebe Frau von Lourdes. Ihr Erscheinen bringt uns in Erinnerung ihr Wahr-und Mahnwort: Der Herr hatMacht geübt mit seinem Arme; hat zerstreut, die da hof¬ färtig sind in ihres Kerze ns Sinne. Er hat Gewaltige vom Throne gestürzt und Nied¬ rige hat er erhöht. (Iwo. 1, 51. 52). Die Erscheinung predigt vom Scheitel bis zur Sohle, a) Die Füße der hl. Jungfrau sind mit goldenen Rosen bekleidet. Das Gold, das nie rostende Metall, ist das Symbol oder Sinnbild der starken, opfer¬ vollen, hingebenden Liebe. Die Rose strömt ihren Duft an jedermann aus, sie gibt ihr Bestes selbsk- und neidlos hin. Maria hat ihr Allerbestes, ihren gelieb¬ ten Sohn zur Rettung der sündigen Menschheit hiugegeben und geopfert. Eine gar gefährliche Krankheit unserer Zeit ist der Egoismus, das liebe Ich, welches den Mittelpunkt allerGedanken undWünsche für viele Men¬ schen bildet. Solche Menschen leben unter ihresgleichen mit wohlberechneter Herzlosigkeit und eisiger Selbstliebe. Maria aber darf mit Jesus rufen: Das i st mein Ge¬ bot, daß ihr einander liebet, wie ich euch geliebt habe. (Ioan. 15, 12). Sie ist ein Vorbild der glühendsten Liebe zu Gott und zu den Menschen. b) Die hübsche Statue der Unbefleckten mit dem verklärten, in die seligen Höhen aufwärts gerichteten Blicke ruft uns Menschenkindern die Erinnerung wach, daß es noch ein anderes, besseres Leben und größere Seligkeit dort oben gibt, und daß es ein noch wichtigeres Geschäft 454 hienieden gibt, als die kleinlichen Sorgen und vergänglichen Genüsse dieser Welt. 8uv8um ooräa! Vorwärts, aufwärts ! a) Der Mund der Erscheinung predigt. Maria öffnete den Mund und predigte auf dem Felsen Massa- bielle. Was sprach nun der Sitz der Weisheit? Was sagte die Königin der Apostel? Was redete die Mutter des guten Rates? Was Jesus beim Beginne seiner öffent¬ lichen Lehrtätigkeit den Scharen zugerufen: Tuet Buße, dazu mahnte auch Maria in Lourdes, indem sie dreimal das Wort Buße aussprach und die Schäferin beauf¬ tragte, für die Sünder zu beten. Das hat eine hohe und tiefe Bedeutung für unsere Zeit. Die moderne Welt kennt nicht mehr das Wort Buße. Der Weltgeist kennt keine Sünde, kennt darum auch keine Buße, keine Abtötung, keine Selbstverleugnung, keine Selbskentäußerung. Man will keinen Fast- und keinen Abstinenzkag mehr halten und will noch als guter Katholik gelten. — Aber die Jünger des Kerrn, die Apostel, die hl. Märtyrer, die hl. Jungfrauen, ja, alle Keiligen aller Zeiten waren Büßer. Ein Aloisius, ein Franziskus von Assisi, eine hl. Theresia und alle anderen Keiligen, deren Namen die heilige Kirche rühmt und preist, waren heroische Büßer. And heut¬ zutage legt man sich ein Christentum ohne Bußwerke zurecht. Da erscheint glücklicherweise die Königin der Mär¬ tyrer und zerstört unbarmherzig diesen Wahn und ruft in die Welt hinein: Buße! Buße! Buße! Weil Millionen die Buße verworfen haben, ruft Maria mit solchem Nach¬ druck, mit solcher Entschiedenheit zur Buße und Besserung. Fürwahr, erhabene und erhebende, ergreifende und heilbringende Sittenlehren predigt Maria ans der Lehr- -2- 455 -Z- kanzel von Massabielle. Aber nicht nur in das Gebiet der Moral, sondern auch in die Dogmatik, ins Kapitel von den Glaubenslehren hat Maria mächtig eingegriffen. Gerade die Lehre, die der Unglaube unserer Zeit am meisten bekämpft, die Lehre von den Wundern wird in Lourdes unwiderleglich gepredigt, verkündet, bewiesen. Wunder sind unmöglich, ruft die ungläubige Welt! Die Wunder sind möglich, antwortet die Erscheinung von Lourdes und läßt hiefür unumstößliche Beweise liefern. Auf Mariens Wink sprudelte und sprudelt zu ihren Füßen aus dem Felsen, wo zuvor niemals Wasser geflossen war, ein geheimnisvoller Born oder Quell hervor, der alle Eigenschaften eines guten Trinkwassers enthält, aber zugleich die Wirkungen der besten Keilquellen weit über¬ trifft. Dieses wunderbare Wasser kann alle Krankheiten heilen, angeborene und durch äußere Einwirkung ent¬ standene Krankheiten, Krankheiten, für welche die medi¬ zinische Wissenschaft kein Mittel besitzt, z. B. Schwind¬ sucht, Krebs, Lupus. In Lourdes haben sich Keilungen ganz plötzlich, ganz vollständig und andauernd, auf ganz unerklärliche Weise vollzogen. — Diese Tatsachen lassen sichweder totschweigennoch ableugnen. Ein vor¬ nehmer Franzose hat, um die Männer der Wissenschaft zur näheren Untersuchung der Wunder von Lourdes zu veran¬ lassen, einen Preis von 15.000 Franken ausgesetzt, den sich derjenige holen kann, welcher nur eines der vom berühmten Keinrich Lasserre (ch 1900) angeführten Wunder als unwahr nachweist oder feskstellt, daß der Vorgang auf natürliche Weise erklärt werden kann. Die schöne Summe ist noch heute zu haben und zu beheben. -k- 456 -Z- Ja, meine Lieben, das ist nicht zu vergessen, daß derjenige, der die Naturgesetze geschaffen hat, noch immer der oberste Kerr der Naturkräfte ist, er hat diese Ober¬ herrschaft nicht aus der Kand gegeben. Daher gab und gibt es Wunder, über die man spotten, sie aber nicht aus der Welt schaffen kann. Diese Wunder beweisen aber, daß es einen Gott gibt, der noch immer die Welt regiert, mag ihn der Unglaube auch schon für abgesetzt erklären und dafür halten. Ja, wie ein Ruf aus der Ewigkeit ist ein jedes Wunder von Lourdes, ist ein Ruf von Gott: ich lebe noch! Gott lebt noch, das verkündet uns die Königin der Patriarchen, der Propheten, der Apostel! Im Kerrn Geliebteste! So predigt und verkündet unsere liebe Frau von Lour¬ des erhabene Lehren, welche manche Menschen für nicht mehr zeitgemäß halten und sie einfach ignorieren. Gottes Wort bleibt sich in allen Jahrhunderten immer gleich. Gott bequemt sich den Anschauungen des Zeitgeistes nicht an. Kimmel undErde werdenvergehen, aberseine Worte werden nicht vergehen. (lVlattb. 24, 35). Deshalb wollen wir vertrauensvoll emporblicken zu dem hehren Frauenbilde, wollen der machtvollen Glaubens- und Sittenpredigerin danken für die heilsamen Lehren, die sie uns auf dem Felsenstuhle von Massabielle gegeben hat, und wollen ihr versprechen, daß wir denselben getreu nachleben wollen. Kein Kind kann widerstehen, wo die Mutter ruft. Am Schlüsse meiner Weihrede angelangt, will ich allen danken, denen Dank gebührt. Vorab sage ich: 457 6ratia8 agamu8 Domino Deo no8tro, ut äi^num ut iu8tum, asquum et 8rl1uture! Wir danken dem allmächtigen und allgütigen Gott für alle Gnaden und Wohltaten, die er uns an dieser heiligen Stätte erwiesen! Er bleibe auch fürderhin unsere Krasi und Hoffnung! In diesem Sinne werden wir auch den ambrosianischen Lob- und Dank¬ hymnus austimmen und beten. Ich danke dem hochw. ?. Guardian und Pfarr¬ verweser für diese neue Zierde der prachtvollen Basilika, für diese herrliche Iubiläumsgabe. ?. Guardian erfüllte den Auftrag Mariä an Bernadette, die Priester von Lourdes sollenan der Grotte Massabielle eine Kapelle bauen. Sie erbauten sie und noch zwei herrliche Kirchen. ?. Kallistus errichtete eine Lourdes-Kapelle in der alten Kirche und baute dann eine Basilika und stellte in derselben einen Maria Lourdes-Mar her. Desgleichen danke ich auch allen seinen Mitbrüdern für das rastlose Walten und Wirken zur Glorie Gottes, zur Verherrlichung Mariens und zur wahren Wohlfahrt der Gläubigen. Ich danke ferner allen Wohltätern des neukonse- krierlen Maria Lourdes-Altares. Möge ihnen die mäch¬ tige und gütige Jungfrau den reichlichsten Lohn dafür von ihrem göttlichen Sohne erbitten! Letztlich bitte ich die Königin aller Heiligen: Sie möge unseren Iubelpriester auf St. Petri-Stuhle uud unseren Iubelkaiser mitsamt den Untertanen unter ihren mächtigen Schutzmantel nehmen, denselben über alle stets ausgebreitet halten, auf daß wir hüben und drüben ihre Kinder sind und bleiben! Du, Königin ohne Makel der Erbsünde empfangen, bitte für uns! Amen. Das Deckengemälde „Mutter der Barmherzig¬ keit" im Presbyterium der ehemaligen Mino¬ ritenkirche. MMuf dem Kasern-Platz, so benannt nach der alten, aus dem ehemaligen zwei Stock hohen Minoriten- Kloster und aus dem einstigen einstöckigen Seizer- hofe bestehenden k. und k. Draukaserne, steht die geräu¬ mige, der Kimmelaufnahme Mariens geweihte Minoriten¬ kirche. Das Kloster und die Kirche der Minoriten wurden um das Jahr 1284 gegründet und gebaut. Die Gebäude standeu damals außerhalb der Stadt und waren mit ihr durch einen Baumgang verbunden. Bei näherer Unter¬ suchung der Konstruktion des Kirchengewölbes scheint sich zu ergeben, daß die Umfassungsmauern des Langhauses am ältesten sind. So dürfte die Kirche ehedem einen großen und weiten einschiffigen Raum gebildet haben, dessen Kolzdecke aus Balken und Brettern in der Köhe des jetzigen Mittelschiffsgewölbe-Scheitels lag. Die Wände waren weiß getüncht, nur unter der Kolzdecke befand sich ein gemalter Zierfries, bestehend aus einem dreifachen Bande, einem blauen von 21 om, einem roten von 15 em und zuoberst einem weißen von 20 am Breite. Auf den Längswänden waren überdies in großen Abständen gelbe Konsolen in Gestalt von Löwenköpfen mit einem Ring im Rachen gemalt — je drei auf jeder Seite. 459 -Z- Die Malerei ist schon stark verwittert. Die Mauern des Priesterchores zeigen über der Wölbung keine Spur alten Bewurfes, ein Zeichen, das? das Presbyterium erst später angebaut worden sein dürfte. Auch der Umstand, daß es im Westen steht, scheint dies zu bekräftigen, da im Mittelalter in unseren Gegenden die Ostnng bei Kirchen¬ bauten als Regel galt. Das frühere Presbyterium dürfte demnach im Osten gewesen sein. Das jetzige Langhaus könnte im 16. Jahrhunderte ausgeführt worden sein. Für eine frühere Bauzeit spricht der sehr tief gelegene Fu߬ boden; beim nördlichen Seitenaltar ist er um 1'18 m nie¬ driger als der anliegende Kasernplatz; der gemalte Fries unter der Decke trägt keine so spezifisch stilistischen Merk¬ male, um ihn näher datieren zu können. Das Langhaus kann noch aus dem Jahre 1284 stammen; es kann aber auch erst im 16. Jahrhunderte, nach der Belagerung Marburgs durch die Türken im Jahre 1532, hergestellt worden sein. Um die Mitte des XVU. Jahrhundertes wurde dann das Langhaus durch den Einbau von je zwei 3'20:1'20 m starken Pfeilern beiderseits überwölbt, das Presbyterium im Westen errichtet, jenes im Osten aber aufgelassen. Diese Richtungsünderung hängt vielleicht mit dem Umbau der Stadtbefestigung von Marburg zusammen, da ans gleicher Zeit der Skadtturm an der Drau herrühren dürfte. Es empfahl sich als Eingang für die Kirche mehr die gegen die Stadt schauende östliche Stirnseite, als die gegen die vorüberziehende Befestigungsmauer blickende Westseite. Ins XVII. Jahrhundert führen auch die Gesimse der ein¬ gebauten Pfeiler. Einen Turm scheint dieser Bau nicht gehabt zu haben, höchstens einen Dachreiter. Später, 461 -4» vielleicht schon vor 1682', wurde ein Turm an der Fassade angebaut, dessen geschwungene Linien im Grund¬ riß deutlich den damaligen Kunstgeschmack ausdrücken. Die inneren Turmgesimse in beiden Geschossen zeigen eine ganz andere Profilierung, als die Gesimse in der übrigen Kirche. So besteht der gegenwärtige Kirchenbau aus dem Untergeschoß des Turmes im Osten, einem gegen Westen anschließenden Kirchenschiffe mit je drei Kapellen an den Seiten und deni westlich befindlichen Presbyterium. Für eine dieser Kapellen weihte am 24. August 1510 der als gelehrter Kanonisk gerühmte Lavanter Fürstbischof Leon¬ hard Pewerl (1508—1533, laut Grabschrift starb er am 5. November 1536) einen Altar zu Ehren der hl. Muller Anna und der 14 Nothelfer. ,,^nno 1510 vmemma quarta M6v8l8 Iciam (Uoonaräuch Lxwooprm Lauentinrm Sttnsaerauit altaro in monaMerlo oxpiäi lVIanobburg kratrum minorum Laltrckurg. clioo. in korioro 8. 4mna et quatuorclecim auxillatovum, et eontinentur in eo Ueliguie, viäolieet: 8. ^nne, Lkri8topkori, Ltexbani protkomaitiri8, äo sapulebro äomini et Larbare virZ. et martiri8."2 Die Kirche ist innen 60 Schritte lang, im Schisse und im Priesterchor je 15, quer über das Schiff und die Kapellen aber 20 Schritte breit? Uber den Kapellen ' Das Vischer'sche Schloszbuch enthält schon den Turm, auch die verschiedenen Kupferstiche aus dem Jahre 1753 und den folgen¬ den stellen ihn dar. -° Lav. Pont. Reg. bei Orožen, Das Bistum und die Diözese Lavant. Marburg, 1875. I. T. Nachträge und Berichtigungen. S. 540. - Dr. Rudolf Gustav Puff, Marburg in Steiermark, seine Umgebung, Bewohner und Geschichte. Grah, 1847. S. 97. Nr. 238. 462 befindet sich ein schöner, gleichförmiger Emporengang. Alle Räume sind mit Kreuzgewölben überspannt. Das Presbyterium wurde süd- und nordseitig durch zwei große, 6'70 m hohe und 1'80m breite Fenster beleuchtet, während sich in der Westwand zwei niedrige rechteckige Fenster übereinander öffneten, worunter nunmehr eine Tür ausgebrochen ist. Im Schiff sind in den Emporen je drei vier¬ eckige rund abgeschlossene Lichtöffnungen, in den Seiten¬ kapellen aber nördlich drei größere Langfenster, deren mitt¬ leres durch nachträgliches Ausbrechen eines modernen Tores verkürzt wurde. Im Turme ist im Obergeschoß je ein Fenster gegen Nordosten und Osten, ebenerdig aber ein nordöst¬ liches Langfenster, sowie ein kleines Ostfensker, das durch Erniedrigung des ehemals hohen und rund endigenden Kauptportals gewonnen wurde. Die Fenster des Pres¬ byteriums und des Schiffes sind jetzt meistenteils bis auf kleine Öffnungen vermauert oder verschalt. Die Kirche hatte auch eine ins Schiff vorgeschobene Gesangsempore auf Pfeilern mit Ilnterwölbung, deren Abbruch noch an dem vorhandenen Bewurf zu konstatieren ist. Im Jahre 1771 erfolgte die Ausschmückung, wo¬ bei die barocken Pfeilergesimse im Presbyterium mit Rokokoschnörkeln in Stukko verziert wurden. Den schönsten Schmuck des lieblichen Gotteshauses bildete und bildet ihn noch heute das Freskogemälde am Ge¬ wölbe des Priesterchores. Es ist das Werk des Grazer Malers Josef M. Göbler (Gebier), der ein Schüler der landschaftlichen Zeichenakademie unter Kauperz war und — Die Kirche ist im Innern von der Westmauer bis zum Kaupt- portal 37 in lang und im Presbyterium 7'65 m, im freien Schiff 8'65 IN und mit den Seitentrapellen 1 t IN breit. 463 unter anderem auch das Kochaltarbild der Pfarrkirche in Radkersburg malte? Unser Wandgemälde besteht aus einem großen und farbenprächtigen Rundbild in der flach¬ kuppelartigen Wölbung und aus vier einfärbigen, in violettem Rot gehaltenen symbolischen Darstellungen in den Gewölbezwickeln. Das große Bild wirkt auf den Beschauer wie eine himmlische Vision und erinnert ihn lebhaft an den Kirchentitel, an das Geheimnis der Kim- melaufnahme Mariens. Zwei Engel haben einen tiefblauen, goldbefransten und mit Quasten versehenen Vorhang ent¬ fernt, indem der linke das Seil löste, das er noch immer in den Künden hält; der rechte aber das freigewordene Ende des Gewebes auf seinen Kopf nahm, so daß er sich in den Falten fast verbirgt und der schöne Stoff am Rande des Bildes tief herunterwallt — aber die Bühne ist nunmehr frei und sie umfaßt Kimmel und Erde. Am Kimmel erscheinen auf Wolken Gottvater, Maria die Muttergottes, St. Franziskus und St. Antonius, umringt von einer sehr bewegten Engelschar. Auf der Erde haben sich rechts Kilfesuchende niedergelassen, während links allegorische Persönlichkeiten auftreten. Im Mittel¬ punkte der himmlischen Erscheinung steht die gekrönte jungfräuliche Mutter in Form der in lichtem Rosaviolett gekleideten Gnadenstatue und trägt das gekrönte Iesu- kind auf dem rechten Arme, Uber ihr schwebt in der Köhe die Keiliggeisttaube, rechts aber Gottvater, der mit ausgestreckter Rechten auf Maria hinweist, während er das Zepter in der Linken und die Weltkugel ueben sich hat. Unterhalb der Madonna halten zwei Engel ihr » Josef Waftler, Steirisches Künstler-Lexikon. Graz, 1883. S. 25. k 464 Sinnbild, die Mondsichel, in deren eingezogenem Kalb¬ kreis der Name Maria erglänzt und nach allen Rich¬ tungen strahlt (diese Strahlen sind wohl dem Originale und seinen verschiedenen Nachbildungen entlehnt); und ebenso eine Lilie, das Zeichen von Mariens Makellosig¬ keit. Ein dritter Engel breitet vor unseren Augen aus ein Bild mit der Ansicht des westlichen Teiles der Stadt Marburg mit der Darstellung der Minoritenkirche und der damaligen Stadtpfarrkirche. Links von dieser Engelgruppe schwebt auf einer massigen Wolke der hl. Franziskus von Assisi, der mit dem erhobenen Antlitze die himmlische Glorie zu schauen und zu genießen, mit der Linken auf das Kloster zu deuten und mit der Rechten gegen den Kimmel zu weisen scheint. Der große Ordenspakriarch wird von Engeln begleitet, von denen ihm einer den Gürtel emporhebk und die ihn tragende Wolke stützt, ein zweiter ein kleines Kreuz trägt und ein dritter die Bußgeißet und den Rosen¬ kranz hält. Links erscheinen zwei betende Seraphim. Der zweite Ordenspatron, St. Antonius von Padua, rechts von der Mittelgruppe der Engel auf einer dichten Wolke schwebend, wendet sich in der Kaltung eines Predigers zum Volke. Ein Engel hält dem redegewaltigen Wunder¬ täter das Buch wie zum Gebrauche offen und ein zweiter trügt ihm eine Lilie, als Kennzeichen seiner Seelenunschuld. Dahinter schweben gleichfalls zwei Engel und schließen mit den beiden anderen auf der äußersten Linken die himmlische Vision nach unten ab. Die Erde bildet im Vordergründe eine flache Land¬ schaft mit Gewitkerstimmung und niederfahrenden Blitzen links und mit einer palastartigen barocken Architektur rechts. 465 Im Mittelgründe fließt parallel zum Bildrande die Drau, hinter welcher die Stadt Marburg und eine Hügelkette sichtbar werden. Vor dem Palast und auf der Treppe neben demselben haben sich Arme und Leidende aller Art niedergelassen. Wir sehen da zwei Mütter mit ihren Kindern, einen Tauben mit seinem Glöcklein, einen Besessenen, aus dem der Teufel ausfährt, zwei Krüppel mit ihren Krücken, einen Lahmen, der entblößt über die Stufen gelagert ist, sowie einen Pilger (Missionär Ignaz Parhamer) neben ihm in Pilgerkleidung mit Stab, Muschel und Wasser¬ flasche. Alle erwarten Hilfe und Heilung bei der Himmels¬ königin. Die Macht von Marias Fürsprache veran¬ schaulicht die Rettung eines Ertrinkenden, welchen ein hilfreicher Jüngling aus dem Drauflusse herauszieht, während ein zweiter Ertrinkender noch flehend seine Arme zu Maria erhebt. Die Mutter der Barmherzigkeit schützt auch vor Blitz und Ungewitter, die in der linken Ecke des Gemäldes wüten, sowie vor Pest, Hunger und Krieg, was die Sinnbilder daneben andeuten. In der Südwest¬ ecke sind dargestellt der Krieg als gewappneter Krieger mit Helm und erhobenem gebrochenen Schwert, die Pest als wilder Mann mit aufrechtstehenden Haaren und einer rauchenden Fackel, der Hunger als skelettartige Figur mit flehend erhobener Rechten. Eine entblößte lorbeer¬ bekränzte Iünglingsgestalt, der personifizierte Friede, weist siegreich auf diese zusammengekauerte Gruppe. Im Stadtbilde bemerkt man von links nach rechts zuerst das Minoritenkloster mit der Kirche, daneben den Seizerhof mit zwei gegen die Drau zu sich erstreckenden Flügeln, dann im Hintergründe die im Jahre 1766 erbaute Frauenkirche der Cölestins» mit der noch vorhandenen 30 -L- 466 Fassade in der Frauengasse (jetzt das Kaus des Freiherrn Gödel-Lannoy Basso) und dem später abgetragenen Dach¬ reiter, weiters die Aloisikirche mit einem Dachreiter über dem Sanktuarium, daneben östlich ein langes Kaus mit einem Türmchen (das Bürgerspital, das mit der Kirche zum Kl. Geist, die 1703 den Kl. Geist- und einen Ma- rienaltar hatte, in der Domgasse stand und später dem Baue des neuen k. k. Poskgebäudes weichen mußte) und die Stadtpfarrkirche mit hohem Turm, versehen mit schlankem Rokokodache, dessen Stelle seit dem Brande von 1790 das nunmehrige niedrige Dach in Empireformen einnimmt. Im Kintergrunde der Stadt dehnen sich Kügel mit Wein¬ pflanzungen aus. Von den Zwickelbildern zeigt das eine zwei Engel in den Lüften, die aus einem Füllhorn Geldmünzen und Früchte auf die Erde herabschütten. Aber ihnen steht auf einem Spruchbande die Anrufung: Ilaria, mater gratiae! — Ein zweites zeigt die durch Wolken hervorbrechende Sonne mit einem belaubten und einem entblätterten Strauch auf der Erde und die Inschrift: Naler miseriaoräiao! — In der Südwestecke hält eine himmlische Kand einen Schild mit dem Namenszug Mariens; dahinter hak sich ein Landmann geflüchtet, vor ihm aber weicht der gehörnte und geschwänzte Versucher. Die Bittworte „Tu no8 ab koste Protege" geben die Erläuterung. — Das vierte, und letzte Bild in der Nordweslecke stellt einen Sterbenden im Krankenbette dar, den ein Minoritenpater tröstet, indem er ihn hinweist auf Marias Namenszug in Wolken. Die Legende lautet: lLt kora mortis susoixe! Als Maler unterzeichnete sich auf einer Stufe der Palasttreppe: losepk N. 6öbler xinxit 1771. — Das 467 -4- Ehronogramm auf dem Triumphbogen enthält das Jahr 1772: I^au8 Dao unitrino ae Nariao Asvitrioi eius. (Dieses oius bezieht sich nur auf das zweite Wort der Iahr- zahlinschrift). Die künstlerische Leistung Göblers ist keines¬ wegs zu unterschätzen, wenn uns auch seine Motive schon in den obbesprochenen älteren Darstellungen unseres Gnaden¬ bildes häufig begegnet haben. Die Komposition des Kaupt- bildes lehnt sich zweifelsohne an die Stiche von Kerrmann, Klauber, Winkler, Kauperz an. Einzelne Figuren, wie der Besessene, der Taube, der liegende Kranke, die Mutter mit dem Kinde und der Krüppel sind geradezu daraus¬ übernommen. Im Zeitgeschmäcke bevorzugt Göbler das Nackte, wie z. B. im Retter des Ertrinkenden und im Kerold des Friedens. Anatomische Richtigkeit in den Figuren und Tiefe des Ausdruckes in den Gesichtern finden wir kaum. Die Darstellung der Stadt Marburg ist sachlich und perspektivisch mehrfach verfehlt. So ist die Fassade der Minoritenkirche im Grundriß gerade statt g e schwu n g en. Die Aloisikirche, wenn der betreffende Bau nicht die Spitalskirche vergegenwärtigt, ist zu sehr nach Norden gerückt, der Seizerhof ist perspektivisch im Gegensatz zur Minoritenkirche. Sehr lobenswert ist aber die hellfarbige und dekorative Wirkung des noch heute frisch aussehenden und anziehenden malerischen Bildwerkes. Dadurch hat dasselbe seinen Zweck vollkommen erreicht, da es ja auf Fernsicht berechnet sein mußte. Die stattliche Marienkirche stand in hohem Ansehen und war bei den Gläubigen sehr beliebt. Zu diesem Keiligtume legierten Kaiserin Elisabeth 1329 drei und ihr Gemahl Kaiser Friedrich 1330 fünfzig Pfund. Peter Kirmus überließ der Kirche am 2. November 1490 einen 30' -z- 468 Rondell der Kartause Seiz: der Kaupteingang mit den Statuen und dem Turme über dem Wasser aus dem Jahre 1802. Weingarten bei Welling und Rosina Wertnerin am 14. April 1694 einen Weingarten in Welling und einen in St. Jakob auf eine wöchentliche Messe. Am 6. Mai 1694 bestimmte der uns bestbekannte Kans Jakob Khiesl, Graf von Gottschee, 500 sl. auf Messen und am 7. Mai 1698 Georg Kasel einen Acker auf 8 Messen. Josef Graf Rabata widmete in Wildhaus am 16. Juni 1728 für drei wöchentliche Messen 3000 fl., Josef Leopold -k- 469 Graf von Ursin und Rosenberg am 25. Mai 1737 auf Messen 2000 fl. und Ursula Barbara Wagner opferte am 15. Mai 1738 auf Messen und zu einer Lichtskifkung 6000 fl. Weiters erlegten auf Stiftmessen Kelena Bucher 150 fl., Michael Bonaberger 100 fl., Eleonore Gräfin von Schönborn 3000 fl., Christof von Eibiswald 500 fl., Eli¬ sabeth Sturz 100 fl., Johann Panstingel 240 fl. und Emanuel Moser 75 fl. So flössen beständig und reichlich die Gaben für die Mariä Kimmelfahrts-Kirche, die am 24. Jänner 1747 wohl den kostbarsten Schatz erhielt, als ihr die gefeierte Johanna Felizitas Gräfin von Khünburg, verwitwete Kerrin von Stubenberg, das altehrwürdige Gnadenbild „Mutter der Barmherzigkeit" zum Geschenke machte.' Nun begann für die Liebfrauenkirche eine neue Zeit des Blühens, des Aufschwunges, des Ruhmes. Sie gestaltete sich zu einer weit und breit bekannten und vielbesuchten Wallfahrtskirche. Am 11. Juni 1755 opferte die große Marienverehrerin Johanna Felizitas Gräfin von Khün- burg und Kerrin von Stubenberg 1100 fl. auf 4 Messen, für ein ewiges Licht, für Erhaltung der Kreuzwegbilder und Abhaltung von Kreuzwegandachten. Und Maria Theresia von Frieß, geborene von Refing, vermachte am 1. September 1766 auf Messen 600 fl? — Die Väter Minoriten hüteten sorgfältigst ihr Kleinod, die wunder¬ tätige Gnadenstatue, die auch hier, wie in Gonobiz, Kar- täusermönche zu treuen Nachbarn hatte. Dort war es die Kartause Seiz selbst, hier aber der Seizerhof, ihr alter¬ tümlicher Besitz in Marburg. Im Jahre 1771 und 1772 ' ^u8tria Kalend. 1847. Seite 104. - Ignaz Oro2en, ox. eit. S. 11 und 12. 470 wurde die Gnadenstätte im Innern passend renoviert un d mit dem ansprechenden Deckenbilde bereichert. Aber nicht lange nachher wurde die prächtige Kirche dem gottesdienstlichen Gebrauche entzogen. Die Altäre wurden an Landkirchen (z. B. nach „Freiheim" d. i. Frauheim) verteilt, die Glocken verkauft oder verschenkt (vier an die Kapuzinerkirche); der Turm wurde bis auf den Fuß des Kirchendaches abgetragen und der übriggebliebene Torso mit einem niedrigen Satteldache geschützt. Nur die Madonna des Kochaltares steht noch am Koch- und Gnadenaltare der Marburger Basilika. Im Jahre 1784 wurde nämlich unter Kaiser Josef II. das Minoriten - Kloster aufgehoben, die Stiftsgüter wurden samt der Minoritengült zum Religionsfonde einbezogen und letztere 1818 mit allem Grundbesitze an den Fürskabt Berthold für das Benediktinerstift St. Paul um 11.307 Gulden 0. lVI. verkauft. Das Minoritenkloster wurde zur Kaserne, die dem Religionsfonde gegen die Mitte des vorigen Iahrhundertes um 6000 Gulden vom Militärärar abgekauft ward und in welcher gegenwärtig die Kanzleien des Ergänzungsbezirkes und der Kadre des 47. Infanterie- Regimentes untergebracht sind. Im Seizerhofe befindet sich das k. und k. Garnisonsgericht mit den Arresten. Die Kirche wurde von der Milikär-Skonomie-Kommis- sion, die von Judenburg nach Marburg übersiedelte, in Besitz genommen. Später diente sie als Monturs-Depot für das 47. Infanterie-Regiment. Nach dem von der Stadt Mar¬ burg 1904 in der Röckenzaungasse um 81.086 Kronen erbauten Augmentations-Magazin steht die, durch ein Brettergerüst in zwei Etagen geteilte Kirche zumeist leer, nur einige Pontons oder flache starkbordige Schiffsgefäße -*-471 -r- zum Tragen von Schiffbrücken sind in ihr aufbewahrt. Wird sie noch einmal ihre Auferstehung feiern? Oder ist ihr Ruin endgültig besiegelt? Veu8 seit. Ihre Auferstehung wäre höchst nützlich für das an Kirchen sehr arme Marburg. Der gänzliche Verfall des hehren, schon 725 Jahre alten Denkmals soll aber mit allen Mitteln hintangehalten werden. * * * (Wl ls Ergänzung und Nachtrag zu den im vorliegenden Druckwerke schon enthaltenen Angaben über die beim Baue der Basilika beteiligten Künstler mögen noch nachstehende Daten über einige derselben aus¬ genommen werden. Josef Brandl, Orgelbaumeister in Marburg (Seite 279), war geboren am 15. August 1865 zu Eissendorf, Regierungsbezirk Oberbayern, und ist zuständig nach Mün¬ chen. Vom 17. Februar 1878 bis zum 7. Jänner 1882 be¬ fand er sich beim Herrn Jakob Müller, Orgelbaumeister zu Rosenheim in Oberbayern, in der Lehre. Nach vollendeter Lehrzeit arbeitete Brandl durch drei Jahre als Gehilfe bei demselben Meister, dann bei den Firmen Matth. Burk¬ hardt in Keidelberg, Gebrüder Mayer in Feldkirch und Anton Behmann zu Schwarzach in Vorarlberg, ferner bei Ludwig Edenhofer zu Regen in Niederbayern. Im Sep¬ tember 1893 gründete er in Marburg seine Orgelbau- Anstalt mit elektrischem Betriebe. Seit Bestand derselben sind aus Brandl's Werkstätte für folgende Kirchen in der Lavanter Diözese Orgelwerke hervorgegangen: Polstrau 472 -Z- (Kapelle) 4 Register, St. Marxen 10 Register, Pickern- dorf (Kalvarienberg) 4 R, St. Margareten an der Pesniz 9 R, Zabukovje 5 R, Schönstein (Kl. Geist) 4 A, Windischfeistriz (Marienkirche) 9 R, jadram 16 R, Marburger Basilika 34 R, St. Peter bei Radkersburg 12 R, Iaring 10 R, Doliö 3 R, Felddorf 8 R, Kl. Maria in der Wüste 16 R, Razdor (St. Iudok) 3 R, Luttenberg 14 R, Zesendorf 5 R, K. k. Oberrealschule in Marburg 4 R, Wurmberg 9 R, Pettau Stadtpfarr¬ kirche 24 R, St. Margareten bei Pettau 10 R, Kl. Geist in Loüe 9 R, Zdole 5 A, St. Thomas 9 R, St. Niko¬ laus an der Drau 4 R, St. Lorenzen bei Laak 6 R, K. k. Lehrerbildungsanstalt in Marburg 4 R und eine zweite mit 3 R, St. Georgen am Tabor 12 R, St. Peter bei Marburg 10 R, St. Barbara bei Ankenskein 9 R, Lichtenwald 4 R, St. Peter (Frauenkirche) bei Marburg 7 R, Weitenstein (St. Anton) 4 R, Kötsch bei Marburg 10 R, Laporje 10 R, Marburg Domkirche 30 R. Eduard Käufer, Kof-Steinmetzmeister (Seite 278), war 1840 in Wien geboren, besuchte hier die Nor¬ malklassen und die Realschule und erwarb sich die anderen theoretischen Kenntnisse durch verschiedene Lehrer. Er arbeitete in der Werkstätte als Steinmehgehilfe, mußte jedoch infolge des plötzlichen Kinscheidens seines Vaters die praktische Tätigkeit aufgeben und übernahm im 18. Lebensjahre mit seiner Mutter die Wetterführung des im Jahre 1741 gegründeten Geschäftes. Käufer machte größere Reisen nach Deutschland und England, und ver¬ wertete die dort gesammelten Erfahrungen bei der ma¬ schinellen Einrichtung seines Betriebes. Die immer größere Entfaltung seines Geschäftes ermöglichte ihm, Ziegelwerke -Z- 473 -s- in Nußdorf und Keiligenstadt, wie auch Steinbrüche in Grinzing und im Wienerwald zu betreiben. Käufer verlegte sich in größerem Maßstab auf die Erzeugung von Grabmonumenten, wodurch sich sein Ge¬ schäft zusehends so erweiterte, daß er seinen Betrieb ma¬ schinell vervollkwmmte. Er erzeugte insbesondere Granit¬ waren und stellte Drehbänke, Schleifmaschinen, Steinsägen auf, wozu er durch die Aufträge für große Säulen zum Baue der Wiener-Universität und für Museen bemüssigt war. Er brachte dann die Granite von Schweden nach Wien, wodurch sein Geschäft einen noch regeren Zuspruch erhielt. Während seiner Geschäftstätigkeit lieferte er zu ungefähr 30 Kirchenbauten, 1000 größeren Profanbauten und zu vielen öffentlichen Gebäuden die Steinmeßarbeiten. Seine erste kirchliche Arbeit war 1859 der Altar für das Pilger¬ haus in Jerusalem. Käufers Leistungen wurden allseits anerkannt. Seine Majestät der Kaiser sprach ihm öfters die allerhöchste Anerkennung aus und verlieh ihm das Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens und das goldene Verdienstkreuz mit der Krone. Im Jahre 1888 besichtigte Seine Majestät ein- gehends sein Etablissement. Der Keilige Vater zeichnete ihn mit dem Ritterkreuze des St. Gregor-Ordens und der Kaiser von Rußland mit dem Ritterkreuze des St. Anna und Stanislaus-Ordens aus. Von der Gemeinde Wien erhielt er die goldene Salvator-Medaille. Nachdem Käufer von dem k. k. Kandelsministerium zum beeideten Sachverständigen und Schähmeister ernannt worden war, wurde er von der Regierung als Mitglied in die „Permanenz-Kommission zur Bestimmung der Kandelswerte" berufen, welche Ehrenstelle ihn zur Füh- -r- 474 -4- rung des Titels eines k. k. Kommerzialrates berechtigte. Er fungierte auch drei Jahre als Mitglied der öffentlichen Bau-Prüfungskommission der k. k. niederösterreichischen Statthalterei. Mit Beihilfe seines Sohnes, der Ingenieur und geprüfter Steinmetzmeister ist, war es ihm möglich, das Geschäft weiter auszudehnen, zu welchem Behufe er im Jahre 1907 im Vintschgau in Tirol die meisten Stein¬ brüche des bekannten Laaser Marmors und Onyx Brüche, wie auch das Werk Sterzing mit den Steinbrüchen in Ratschinges erworben hat, die ihm ermöglichten, eine weitausgedehnte Tätigkeit zu entfalten. Josef Schmalzhofer, Kos-Baumeister in Wien (Heile 274), geboren am 22. Jänner 1835 zu Altheim in Oberösterreich, begann 1849 seine Lehrzeit, arbeitete als Maurergehilfe von 1853 bis 1868, in welcher Zeit er auch eine Privat-Zeichenschule besuchte. Im Jahre 1868 erhielt Schmalzhofer die Konzession als Maurer¬ meister und 1875 als Stadtbaumeister. Am 6. Oktober 1885 wurde ihm das Bürgerrecht der Stadt Wien ver¬ liehen. Am 8. November 1889 wurde er durch die aller¬ höchste Anerkennung und Verleihung des Titels k. und k. Kofbaumeister ausgezeichnet. Am 18. März 1890 verlieh ihm Papst Leo XIII. für seine Verdienste auf charitativem Gebiete das Ritterkreuz des St. Gregor-Ordens; von Seiner Majestät dem Kaiser erhielt er aber das goldene Verdienstkreuz mit der Krone und am 3. Oktober 1901 das Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens. Die Gemeinde Wien zeichnete ihn am 14. Mai 1903 durch Verleihung der großen goldenen Salvator-Medaille aus. Anton Schäftner, Stadkbaumeister (Seite 277 und 278), wurde in Wien am 19. März 1863 geboren. -Z- 475 -Z- Er erlernte das Maurer- und Steinmetzgewerbe und absolvierte die k. k. Staatsgewerbeschule in Wien. Bis zum Jahre 1883 arbeitete er in Deutschland, Frankreich und in der Schweiz teils als Maurer teils als Steinmetz. Nachdem Schäftner seiner Militärdienstzeik bei der Genie- truppe genüge geleistet hatte, war er bis zum Jahre 1888 teils als Polier teils als Bauzeichner beschäftigt. Seit 1888 ist er bei der Firma Josef Schmalzhofer, k. und k. Kofbaumeister, als Bauzeichner, Polier, Bauleiter und Geschäftsführer angestellt. Nach der Ausführung der St. Antonius Kirche in Wien wurde ihm als Bau¬ leiter von Seiner Majestät das silberne Verdienstkreuz mit der Krone verliehen. Seit 1902 ist Kerr Schäftner Stadtbaumeister in Wien. Die Beleuchtung der Basilika. MMußer den liturgischen Kerzen auf den Altären, vor den zwölf Apostelkreuzen und vor den Bildern der vierzehn Kreuzwegstationen sind mit Kerzen nur die drei Kirchenluster beleuchtet, von denen die zwei kleineren im Presbyterium je 12, der große im Mittel¬ schiffe der Kirche aber 30 (in zwei Kreisen zu 18 und 12) Kerzen tragen, überdies hängen vor allen Seitenaltären Ansicht der Kartause Setz nach dem Steindrucke von I. Wachtt aus dem Jahre 1840. -Z- 477 -4- Ampeln, auf welchen außer der Öllampe auch 3, beim Sk. Filumena-Alkare aber 6 kleine Arme für Kerzen ange¬ bracht sind; nur die Ampel beim St. Franziskus-Altare besitzt solche nicht. Als praktische oder Nutzbeleuchtung diente bis 1906 die Gasbeleuchtung und zwar sogenanntes Auer-Licht mit Porzellankugeln. Die Rohrleitungen hiefür wurden schon während des Baues im April 1897 verlegt und so reich¬ lich vorgesehen, daß später keine offen verlegte Leitungen mehr notwendig wurden. Es bestanden zwei gesonderte Rohrleitungen, die eine für das Kloster, die andere für die Kirche, mit je einem Gasmesser oder einer Gasuhr. Die für das Kloster bestimmte Rohrleitung wurde im Kerbste 1897 samt den Beleuchtungskörpern fertiggestellt und diente auch zur Beleuchtung der Notkirche, im Kloster aber nur für die Gänge, das Musikzimmer, Refektorium, die Küche und Pfarrkanzlei. In der Kirche und ihren Nebenräumen wurden die Beleuchtungskörper im Sommer 1900 montiert. Es waren zehn freistehende Kandelaber für je fünf Flammen (acht im Mittelschiff, zwei im Orgelchor), vier Wandarme im Presbyterium für je eine Flamme, zwei dreiarmige Luster unter der Orgelempore, ein zweiarmiger Luster in der Kapelle nördlich vom Presbyterium, zwei gleiche in der Franziskus-Kapelle an der Südseite der Kirche, drei zweiarmige Luster in den beiden Sakristeien, zwei Lyra- Pendel im Gang hinter dem Presbyterium und eines im Ministranten-Stübchen, je ein dreiarmiger Luster in den zwei kleinen Oratorien beiderseits vom Presbyterium, fünf zweiarmige Luster in den zwei großen Klosteroratorien, zwei Lyra im Gang zur Sakristei und eine solche im -L- 478 Stübchen für Schwerhörige; also im ganzen sechzig Flammen in der Kirche und vierzig in ihren Nebenräumen. Im Kloster waren nur zwanzig Flammen. Sämtliche Kandelaber, Luster und Wandarme für die Kirche, die Kapellen, Oratorien und die Sakristei wurden nach speziellen Zeichnungen des Baurates Jordan über Bestellung der Marburger Gasanstaltsdirektion von einer Wiener Firma verfertigt. Die zehn Kandelaber kosteten ohne Montage ab Fabrik Wien je 750 L Alles wurde angeschafft und montiert durch die Marburger Gasanstalt, und kommen die Gesamtkosken einschließlich des Zubehörs auf 8755'06 L. In Gebrauch war die Gasbeleuchtung in der Sakristei und der nördlichen Kapelle bis 14. Dezember 1905, an¬ derwärts bis Juli 1906. Dann wurde sie aus wichtigen Gründen aufgegeben, die da sind: Das Verrußen der Decken oder Gewölbe in niedrigen Räumen (Sakristei und Kapelle), das Entweichen des Gases bei den Kähnen der vielen Lampen außer der Gebrauchszeit und der da¬ durch verursachte Verlust und die Vergiftung der Luft, endlich die hohen Kosten bei gleichzeitiger Beleuchtung des Kochaltares mit elektrischem Lichte. Den eigentlichen Anlaß zur Einführung der elektrischen Beleuchtung, un¬ geachtet schon eine reichliche Gasbeleuchtung installiert war, gab der Kochaltar. Als nämlich im Jahre 1904 dessen Aufstellung der Vollendung entgegen ging, bemerkte der Direktor der Marburger Gasfabrik, daß der marmorne Altar sich ohne künstliche Beleuchtung nicht günstig ausnehmen werde, und riet, ihn elektrisch zu beleuchten. Er meinte, dieses könne mittelst einer kleinen transportablen Akkumulatoren- ^-479 Batterie geschehen, die man in der Gasfabrik, welche schon eine elektrische Anlage besaß, laden würde. Da jedoch dieses zu umständlich und verhältnismäßig zu kostspielig gekommen wäre, so entschloß man sich auf Anraten des in der Elektrotechnik bewanderten?. Ildefons Veith, 0. 8. 8. in Seckau, eine eigene Maschinenanlage zu errichten, zunächst bloß für den Hochaltar und die von der Gas¬ beleuchtung zu sehr verrußte Kapelle (nördlich vom Pres¬ byterium) und Sakristei, doch so, daß man die Anlage eventuell auch durch Aufstellung eines zweiten Maschinen¬ aggregates vergrößern könnte, um die ganze Kirche und das Kloster damit zu beleuchten. Zu diesem Zwecke wurde ein Kellerraum unter der Sakristei zum Maschinenraum bestimmt und mit Terrazzo gepflastert, der daneben befindliche Gang mit einer Mauer abgeteilt und mit Asphaltpflaster belegt, um als Akku¬ mulatorraum zu dienen, während ein kleiner, an das Maschinenhaus anstoßender Raum unter der Stiege durch Anbringung einer Eisentür zum Rohöldepot adaptiert wurde. In diesen Räumen wurde nun in den Monaten Mai, Juni und Juli 1905 von der Firma „Öster¬ reichische Siemens-Schuckert-Werke", welche die Adap¬ tierung durch den Grazer Baumeister Konrad Beyer besorgt hatte, eine kleine nur dreipferdige Maschinenanlage errichtet, bestehend aus einer Gleichstrom-Nebenschluß- Dynamo Type einem Rohölmotor System Climax - Die Modellbezeichnungen der Dynamomaschinen sind zusam¬ mengesetzt aus den Anfangsbuchstaben der technischen Ausdrücke für die einzelnen Motorgattungen einer Fabrik und aus Zahlen, die sich auf die Größe und Stärke derselben beziehen (z. B. V — Gleichstrom, ---- Antrieb, öl ----- Nebenschluß, L-l --- Motor, Maschine, L Batterie rc.) 480 -L- von Bachrich §c Eomp. als Antriebsmaschine und einer entsprechenden Akkumulatoren-Batterie System Tudor mit Einfach-Zellenschalter samt den übrigen nötigen Instru¬ menten auf einer kleinen Marmor-Schalttafel. Da jedoch der Climax-Motor das Rohöl zu unvollständig verbrennt und infolgedessen unangenehm raucht und riecht und darum auf Verlangen einiger Anrainer beseitigt wer¬ den mußte, ein anderer billig arbeitender Motor aber für so kleine Leistung nicht zu haben ist, wurde die ganze Maschinenanlage gegen eine größere vertauscht, die hin¬ reicht, auch die ganze Kirche samt dem Kloster elektrisch zu beleuchten, wodurch der Betrieb verhältnismäßig billiger kommt. Auch diese zweite, ebenfalls von den Österreichischen Siemens-Schuckert-Werken errichtete Anlage wurde in den zuerst adaptierten hinlänglich großen Räumen unter¬ gebracht. Als Antriebsmaschine dient nun ein zwölfpferdiger Rohölmotor System Diesel, geliefert von der Grazer Waggon- und Maschinenfabriks-Aktien-Gesellschaft vor¬ mals Ioh. Weitzer in Graz. Der Diesel-Motor ist bisher der vorzüglichste Verbrennungsmotor, der auch das wohl¬ feile Rohöl vollständig verbrennt und verbraucht, daher billig und sauber arbeitet. Auch ist sein Gang ein ruhiger, weil er eben das Treiböl nicht explosionsartig, sondern ruhig verbrennt, nicht mittelst einer künstlichen Zündung sondern allein infolge der hohen Kompression der atmo¬ sphärischen Luft, die plötzlich auf 30 Kilogrammatmo- sphären verdichtet wird, wodurch im Verbrennungsraum eine Temperatur von 500—600° 0. bewirkt wird, die das Rohöl rückstandlos verbrennt. Das Rohpetroleum wird dein Molor mittelst einer kleinen Allweiler-Flügelpumpe -Z- 481 und Rohrleitungen direkt vom Depot über ein hochgestelltes Filtergefäß in einen kleinen Raum am Motor gepumpt, aus dem er es sich selbst mittelst einer Plungerpumpe, die vom Regulator beeinflußt wird, und mittelst Druckluft in den Verbrennungsraum fördert. Angelassen wird der Motor mit Preßluft von 45—60 Atm., die in zwei gu߬ eisernen Gefäßen von 50 Liter Inhalt aufgespeichert und von einer an der Fundamentplatte des Motors ange¬ brachten und von ihm direkt betätigten Luftpumpe erzeugt wird. Ein kleineres Luftgefäß dient zum Einspritzen des Rohöls in den Verbrennungsraum. Zur Kühlung des Wärmemotors dient eine Rückkllhlanlage, bestehend aus einem zweiteiligen Reservoir mit einer mittelst Riemen¬ antrieb vom Motor selbst betriebenen Zirkulakionspumpe. Als Lichtmaschine dient nun eine zweipolige Gleich- skrom-Nebenschlußdynamo Type lM für 10 Kilowatt, 110 Volt, 91 Ampere^ und 800 Touren, die mittels Riemens angetrieben wird, welcher auf Seite des Motors auf dem 1600 tLA schweren Schwungrade selbst liegt. Als Zusatz¬ maschine zum Laden der Akkumulatoren-Batterie mittelst 'Das Ampöre (H.), benannt nach dem französischen Physiker Andr. Ampöre (O 1775-s- 1836), ist die Maßeinheit für die Stärke des elektrischen Stromes (-Elektrizitätsmenge), die gemessen wird mittels Ampöremeter. — Das Volt (V), benannt nach dem ital. Physiker Alexander Volta (O 1745 -s- 1827), ist die Maßeinheit für die Spannung des elektrischen Stromes (-elektromotorische Kraft), zu deren Messung der Voltmeter dient. — Das Watt (V), benannt nach dem engt. Mechaniker James Watt (O 1736 -s-1819), ist die Maßeinheit für das Produkt aus verstärke und Spannung des elektrischen Stromes, das ist für die in einer gewissen Zeit durch den elektrischen Strom geleistete mechanische Arbeit, gemessen mittels Wattmeter (^xV—K-y. 1000 Watt heißen Kilowatt (--LKZ. 3l -r- 482 -r- Einfach- Zellenschalters ist eine zweite Dynamomaschine Type 6MR4^ für 2'9 KXV, 0—50 Volt, 58 Amp. und 890 Touren beigegeben, die ursprünglich von einem mit ihr durch Memenkuppelung verbundenen Elektromotor gleicher Type wie die Dynamo selbst angetrieben wurde. Im November 1907 aber wurde die Antriebsweise dahin geändert, daß die Zusatz-Dynamo mittels Riemens von der Riemenscheibe der Kauptdynamo angetrieben wird, während der so frei gewordene Elektromotor eine Zirkular¬ säge oder eine Drehbank zum Putzen der Kirchenleuchter treibt. An der Verschalung unter der freistehenden Mar¬ morschalttafel, an der alle Regulier- und Meßapparate vereinigt sind, wurde an Stelle des Anlassers für diesen freigewordenen Motor eine marmorne Gedenktafel mit der Inschrift: lVlaekivao bevsäiotas a ?rmo. Lp. Mokasto 20. X. 1907 angebracht. Die Akkumulatoren-Batterie bestehl aus 60 Zellen der Type ^5 System Tudor der Akkumulatoren-Fabrik Aktiengesellschaft Generalrepräsentanz Wien. Diese zweite elektrische Anlage wurde in den letzten drei Monaten des Jahres 1905 fertiggestellt und kommt samt den Adap¬ tierungsarbeiten und einschließlich der Kosten für die Rück¬ nahme der ersten Anlage und mit allen Nebenauslagen auf 21.139B6 Kronen. Von der Schalttafel im Maschinenraume führen nun vier von einander unabhängige Leitungen zu kleineren Verteilungstafeln in der Kirche und im Kloster. Für die Beleuchtung des Kochaltares, des Pres¬ byteriums und der Kapelle an der Nordseite desselben sowie des Ganges hinter dem Presbyterium wurde ein mit Eisenband armiertes Bleikabel von 2x10 mm? im -z- 483 -4- Erdboden durch den Garten verlegt, das bei einer kleinen an der Rückwand des Kochaltars angebrachten Verteilungs- Schalttafel endet. Von dort führen die Leitungen an der Rückseite des Altars in schwarzen Isolierrohren (Berg¬ mannrohr) zu den einzelnen Lampengruppen am Altar und als Schnurleitungen zu den entfernteren Beleuchtungs¬ stellen im Presbyterium u. s. w. Der Kochaltar wird beleuchtet mit 98 fünfkerzigen und ll dreikerzigen Mignon-Kugellampen, l8 fünf¬ kerzigen und 2 zehnkerzigen Glühlampen in Kerzenform, von denen die 2 zuletzt erwähnten den ganzen Tag brennen, und endlich noch mit zwei gewöhnlichen Glüh¬ lampen, die sich in dem durchbrochenen Granatapfel des Giebelkreuzes befinden. Das Presbyterium erhielt 1906 vier Wandarme für je zwei Glühlampen, die Kapelle einen zweiarmigen Lusler. Die zweite Kauptleitung von 10 mm- führt in einem Bergmannrohr in die gerade ober dem Maschinen¬ raume gelegene Sakristei-Kammer für den Betrieb der Drehbank zum Putzen der Kirchenleuchter und für die Beleuchtung der Sakristeien, welche wieder 3 zweiarmige Luster und ein Rohrpendel im Ministrantenskübchen erhielten. Die Installation dieser zwei Kauptleitungen wurde 1905 von den österreichischen Siemens-Schuckert-Werken aus¬ geführt. Die Kosten hiefür samt dem echt feuervergoldeten Reif um das Gnadenbild, aber ohne die Wandarme, betrugen 1921'32 Kronen. Im folgenden Jahre 1906 wurde die Installation der Kirche und des Klosters dem Grazer Installateur Alexander Gschanes übertragen, der dieselbe in der Zeit vom 5. Juni bis 15. September von zwei Monteuren 31' Die Aartarhe Seiz im Winter des Jahres 1849 (nach dem Ölgemälde von Johann Nep. Pehchnig). 485 -4- (Alois Kindelhofer und Johann Müller) ausführen ließ unter Mithilfe eines Hilfsarbeiters und der zwei Kloster- Elektrotechniker (?. Severin Korošec und Stefan FaleS). Die dritte Hauptleitung (25 mm?) wurde in Iso¬ lierrohren mit Messing-Nberzug zu einer großen Ver¬ teilungs-Schalttafel in der Sakristei eingeführt, von wo die einzelnen Verteilungsleitungen in ebensolchen Vohren durch das darüber befindliche Oratorium und die Para- mentenkammer auf den Speicher des südlichen Seiten¬ schiffes der Kirche führen, dort aber auf Rollen montiert sind. Um vom südlichen zum nördlichen Seitenschiff zu gelangen, wurden die Leitungen auf der Rückwand des Orgelchores wieder in Isolierrohren geführt. Ähnlich sind auch die Leitungen für den Kirchenventilator und eine Reserve-Ringleitung, die auch von der Verteilungs- Schalttafel in der Sakristei abzweigen, zuerst in Messing- Isolierrohren auf den südlichen Kirchenspeicher, von dort aber an der Außenmauer des Hochschiffes in Isolierrohren mit verbleitem Eisenmantel auf den Dachboden des Mittel¬ schiffes geführt und dort auf Porzellanrollen montiert. In ganz gleicher Weise führen endlich bereits mehrere Reserve-Schalterleitungen auf den Dachboden des Mittelschiffes, um eventuell die großen Kirchenluster für elektrische Beleuchtung adaptieren, an die erwähnte Re¬ serve-Ringleitung anschließen und von der Sakristei aus schalten zu können, sowie die acht kleinen Luster und die drei provisorisch unterhalb des größten Kerzenlusters an¬ gebrachten Glühlampen von der Sakristei aus schaltbar sind. Für die zwei Luster im Orgelchor befindet sich dortselbst eine kleine Verteilungstafel samt Schaltern. -k- 486 -4- Die kleinen Luster, die jetzt zur elektrischen Beleuch¬ tung dienen, waren früher freistehende Gaskandelaber und wurden vom Grazer Gürtler Karl Krieg! nach An¬ gaben des Installateurs für den jetzigen Zweck umge¬ staltet. Dasselbe geschah auch mit den Wandarmen im Presbyterium, sowie mit sämtlichen zwei- und dreiarmigen Lüstern in den beiden Kapellen, der Sakristei und den Oratorien. Die Luster in der Kirche erhielten je eine größere (25 Glühlampe nach unten, je vier ebenso große nach seitwärts und je vier kleine (5 M) auf Kerzenformen nach aufwärts, an Stelle der früheren Gaslampen. Ähn¬ lich bekamen die Wandarme im Presbyterium je zwei größere Glühlampen nach seitwärts und eine auf Kerzen¬ form nach aufwärts. Bei Umgestaltung der zwei- und dreiarmigen Luster wurde einfach der die Lampe tragende Nippel nach abwärts gedreht. Unter der Orgelempore wurden ähnlich den Gasrohren, welche die Luster tragen, zwei Rohrpendel mit je einer Lampe und ober den drei gewöhnlichen Eingängen je eine Deckenlampe angebracht. Die vierte Kauptleitung (25 mmP führt in Iso¬ lierrohren mit Messingüberzug als senkrechte Steigleitung durch alle Stockwerke des Klosters und von ihr zweigen in jedem Stockwerke die Verteilungsleitungen ab, von denen jene im ersten Stockwerke eine in sich geschlossene Ringleitung bildet. Diese Leitungen (6 mmy sind aber¬ mals in Isolierrohren mit Messingüberzug durch die einzelnen Räume geführt und von ihnen zweigen über Sicherungen - — Kefner- oder Normalkerze, ist eine vom Elektro¬ techniker Friedrich v. Kefner-Alteneck (O 1845 -s- 1904) ange¬ gebene praktische Lichteinheit, nach der die Stärke anderer Flammen gemessen wird. -r- 487 die Zuleitungen zu den einzelnen Lampen oder Lampen¬ gruppen als offen verlegte Schnurleitungen ab. Als Be¬ leuchtungskörper dienen im Kloster auf den Gängen außer der Klausur Rohrpendel, innerhalb der Klausur Decken¬ lampen, in den Oratorien die schon erwähnten zwei- und dreiarmigen Luster, in den Wohnzelten stehende Tischlampen, in den größeren Zimmern und in den Kanzleien überdies noch Zugpendel. Die ganze Installation der Kirche und des Klosters mit Ausnahme des Maschinenraumes und des Kochaltares, d. i. alles, was vom Installateur Alexander Gschanes aus¬ geführt oder umgeändert wurde, kostete samt allem Instal¬ lationsmateriale und den Nebenausgaben 8849'77 Kronen. Der Kirchenventilator wurde zumal zur Schonung der Malerei angeschafft und im September 1906 von Alexander Gschanes geliefert und installiert. Er ist ein sogenannter Schraubenventilator mit 1'20 m Flügel¬ durchmesser in gußeisernem Rahmen und für Riemenantrieb. Er ist am Kirchenspeicher nächst dem großen vorderen Luftlochs des Mittelschiffes aufgestellt und mit demselben mittelst eines weiten Schlauches von Blech verbunden. Als Antriebsmaschine dient ein Elektromotor der Firma Franz Pichler in Weiz von 2 88' Type 81 für 110 Volt und 1290 Touren, dessen um 50°/„ regulierbarer Anlasser sich in der Sakristei befindet. Samt allem Zube¬ hör und Arbeit stellen sich die Kosten des Ventilators auf 1665'70 Kronen. Als die Seitenaltäre zur Aufstellung gelangten, wurde abzweigend von der erwähnten Reseroe-Ringleitung ' ?8 — Pferdestärke oder Pferdekraft ist jene, welche 75 kß in 1 Sekunde 1 Meter hoch hebt. -r- 488 -r- von den Klosterelektrotechnikern je eine Schnurleitung zu den einzelnen Altären geführt, um sie auch am Glanze der Elektrizität teilnehmen zu lassen. Als Beleuchtungs¬ körper erhielten der St. Antonius und der St. Filumena Altar je zwei dreiarmige Wandleuchter mit Kerzenformen und zur Festbeleuchtung einen echtoergoldeten Bogen aus Kalbrohr mit 35 kleinen Kugellampen, der wegge¬ nommen werden kann und für beide Altäre dient. Die Kosten hiefür für beide Altäre belaufen sich auf 519'34 Kronen. Der Maria-Lourdes Altar erhielt als ständige Be¬ leuchtungskörper zwei freistehende Leuchter, ähnlich den Altarleuchtern, mit Kerzenformen, zur Festbeleuchtung aber einen aus einem vergoldeten Rosenstock mit Blattwerk und 15 Rosen geformten Bogen, gemacht von Karl Ne- bauer K Thomas Pany, Lustererzeuger in Wien, der mitten einer jeden Rose je eine und an der Kinterseite noch fünf kleine Kugellampen trägt. Die Kosten dieser Installation samt den Beleuchtungskörpern betragen 427'27 Kronen. Da ich hiemit die Baugeschichte von so vielen und verschiedenen Arbeiten, Sorgen, Plänen und Gefahren beendige, zolle ich den pflichtschuldigen Tribut des demütig¬ sten und innigsten Dankes dem, der zu allem das Beginnen gab und das Gedeihen bewirkte, dem Weltenschöpfer, dem letzten Urquell alles irdischen Wesens und aller endlichen und unendlichen Schönheit. Das gewaltige Werk vor Augen können wir nicht anders als zum Kimmel hinauf rufen: Ooo xratilw! Lempor voo Aratia8! Die Schutzheiligen der einzigen Basilika in der Diözese mögen dieselbe nachhal¬ tig beschirmen und deren Wohltäter immerdar gedenken! Ansicht des Meierhofes Kumen der Kartause Seiz. Bruder Philipp, der Lobsänger Mariä in der steirischen Kartause Seiz bei Gonobiz. MWWederholt erwähnte ich sähen den berühmten Philipp, über den Zu den beliebtesten und ten des vierzehnten und in den vorstehenden Auf- Kartäusermönch Bruder ich nun Näheres berichte.' daher verbreitetsten Schrif- fünfzehnten Jahrhunderts »Im Buche „Das Karthäuser-Klosker Seiz von Dr. Jak. Max. Stepischnegg" befinden sich zwei bildliche Darstellungen dieses bedeu¬ tenden Klosters mit seiner schönen Kirche. Das erste Bildnis veran¬ schaulicht das „Closter Seiz", wie es einst Pfarrer Georg Matthäus Bischer 1628 -j-1699) in seiner Topographia Stiriae veröffent¬ lichte. Das zweite, ebenso wie das erste von Gebr. C. L N. Benziger in Einsiedeln Schweiz lithographiert, trägt die Unterschrift: „Seiz der Gegenwart". -z- 490 -4- gehörte das Marienleben Bruder Philipps des Kar¬ täusers, über dessen Leben uns aber nur sehr spärliche Nachrichten überliefert worden sind. Dr. Keinrich Rückert, Professor an der Univer¬ sität in Breslau, veröffentlichte dieses anspruchslose aber sehr anziehende Reimwerk zum erstenmale im Jahre 1853. Zur Ergänzung dieser kostbaren Ausnahmen liest ich durch die k. und k. photochemigr. Kunstanstalt C. Angerer und Göschl in Wien Matrizen oder Klischees von zwei anderen Darstellungen um den Preis von 50 L 83 K besorgen. Die Originalbilder malte im Jahre 1849 Johann Nepomuk Petschnig in St, und sie sind gegenwärtig Eigentum des Kerrn k. k. Kosrates Robert Greistorfer, k. k. Gerichts- hospräsidenten in Marburg, eines geborenen Gonobizers. Deren Abdrücke fertigte Kerr Ferdinand Weihinger, Photograph in Mar¬ burg, um den Preis von neun Kronen an. Diese zweite Auflage enthält nebst den schon in der ersten Ausgabe und mitunter auch anderweitig veröffentlichten Abbil¬ dungen recht viele ganz neue, sehr kostbare und höchst interessante Aufnahmen. Mehrere Photographien wurden mir ohne Entgelt über¬ lassen, wofür ich verbindlichst danke, unter anderem z. B, die vom Kerrn Franz Jurkovič, Schuldirektorin St. Worein bei Erlachstein, besorgten Ausnahmen des Koch- und Gnadenaltars (Seite 296) und dreier Seitenaltäre (Seiten 394, 399 und 428); ferner fünf Darstel¬ lungen von Freibüchl (Seiten 354, 356, 358, 360 und 364), die mir die gräfliche Familie d'Avernas gütigst zukommen liest. Einige Licht¬ bilder liest das Marburger Franziskanerkloster durch verschiedene Photographen anfertigen und sie mir übersenden (Seiten 1l6, 148, 180, 196, 212, 228, 264). Für die vom Kerrn Theologie-Professor Dr. Augustin Stegenšek ausgeführten Photographien (z.B. Seite 332,345,348,351, 381, 389, 411, 420) zahlte ich den Materialienpreis von 13Lund für die Bedeckung hiemitverbundener Auslagen 25'56 L. Das Klischee „der Schlotzhof von Freibüchl" (Seite 262) kaufte ich von der Ulrich Moser's Buchhandlung in Graz um 9'60 Kronen. Dasselbe wurde schon benützt in der Broschüre: Bernard Arens 8. P, Pius Graf des Cnfsans d'Avernas (1875—1901). Graz, 1902. (Zwischen Seite 176 -k- 491 Den Text umschrieb er, wie ihn dessen die Gegner zeihen, in die mittelhochdeutsche Sprache? Unter anderem beanständete Franz Pfeiffer in seinen diesbezüglichen Beiträgen das vermeintliche Vor¬ gehen Rückerts, und er selbst scheint den Dichter unter die mitteldeutschen Schriftsteller der ersten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts stellen zu wollen? Oskar Schade erklärte sich ebenfalls gegen die Ansicht des Professors Rückert und trat für die mitteldeutsche Abkunft der geistlichen Dichtung ein, über deren Hand¬ schriften und Dialekt er bemerkt, wie folgt: Lxtant Loäioes multi, partim linZuam maäias Oermaniae, guae est genuina kuius oxsri8, xrotitentss... Hsvrieus l-iüoker- tus in äüuäiLanäa, qua poeta U8U8 8it, äialeoto... erravit? Auch Joseph Haupt versuchte die schwierige Frage über die Zuständigkeit dieses bedeutsamen mittelalterlichen Schriftwerkes der gewünschten Lösung näher zu bringe», indem er die steirisch-österreichische Heimat Philipps seines Verfassers bestritt und die Vermutung aufftellte: Bruder Philipp schrieb zu Selem bei Diest, einer belgischen Stadt unweit Löwen, sein Dichtwerk. „Wenn durch einen glück¬ lichen Fund Philipp wirklich in der Kartause 8elem, auch Xelam und vollem geschrieben, nachzuweisen ist, oder und 177). — Die meisten anderen Buchdruckplatten (Nehähungen) lieserte die berühmte Wiener k. und k. photochemigr. Kofkunst- anstalt C. Angerer und Gäscht um den Preis von 519'04 Kronen. - Dr. Keinrich Rückert, Bruder Philipps des Kartäusers Marienleben. Quedlinburg und Leipzig, 1853. XXXIV. Band der Bibliothek der deutschen National-Literatur. SS.VIIl-st 391. Grosz 8° Fr. Pseifser, Beiträge. S. XV. und XXX. s O. Schade, laber äs inkantia Xlsrias et tlkristi Lstvatoris. Halis Kaxonum, 1869. S. 8. lit. o. 492 -r- wenn ein mnl. (mittelniederländisches?) Stück eines Marienlebens gefunden wird, das sich als Original zu den mehr oder weniger hd. Bearbeitungen in Anspruch nehmen läßt, dann wird erst die Frage zu entscheiden sein, ob ich richtig oder nicht richtig vermutet habe"? Der erhoffte Fund ist bisher nicht gemacht worden, insoweit nämlich mir die Literatur über diese Kontroversfrage bekannt ist. Der Name und der Stand unseres Dichters erhellt aus dem ansprechenden Gedichte selbst, wie auch der Ort der Abfassung. In der Nachschrift lesen wir nämlich: Lruoäer lckitipp bin lob Kenant, Kot ist mir leiäer unerbant. in äem oräen von Oartbus Kssebriben ban iek in äsm küs re 8eit2 äit2 selbe büeebelin sanä -sosep ^vas äer inaner min äer Marien buoter was, ctiu sesus, Kotes suns, Kenas. Oer selbe ^sesus müs2 uns Keben tröst äureb siner muoter leben. Marien leben Ket bis U2, nu Kell uns ir kint ^sesus. .4 men. Nach Wilhelm Sommer, der Bruder Philipps Marienleben in gereimten Versen bearbeitete und es im Jahre l859 Herausgabe lauten die Schlußverse: ' Joseph Kaupt, Bruder Philipps Marienleben. Wien, 1871. Sitzungsberichte der Philosoph, hislor. Classe. NXVIII. Band II. Keft. Von Seite 157—218. S. 173 tk. - Wilhelm Sommer, Bruder Philipps, des Kartäusers, Marien¬ leben. Münster, 1859. SS. VI-s-327. -r-493 -4- Bruder Philipp bin ich genannt, Gott ist mir leider unerkannt.? Im lieben Orden von Kartaus Geschrieben hab' ich in dem Kaus Zu Seih das arme Büchelein. Sanct Joseph war der Mahner mein, Der Keilige, so immerdar Mariä treuer Küter war, Die Iesum, unfern Kerrn, gebar. Derselbe Jesus woll' uns geben Trost durch seiner Mutter Leben. Ihr Leben hier zu Ende ist, Nun helfe uns Kerr Jesu Christ. Amen. Diesemnach war Bruder Philipp Kartäusermönch und schrieb das anmutende Gedicht, welches nach der grundlegenden Ausgabe Rückerts 10,133 Reimverse enthält, auf Befehl oder Mahnung des hl. Joseph, des allzeit keuschen Küters und Beschirmers der jungfräulichen Mutter¬ gottes Maria. Und zwar schrieb Philippus sein ansehnliches Werk im Kloster Seitz, worunter wohl kaum eine andere Kartause zu verstehen sein wird, als die allerälteste und berühmteste in ganz Österreich und auch Deutschland, die mächtige Kartause 8012 in vnlle s. loannis oder im Tale des Wüstenpredigers Sankt Johannes bei Gonobiz in Untersteiermark, welche Markgraf Ottokar VII., auch der V. gezählt (1129—1164), gründete. - Unerkannt bedeutet hier soviel als nicht vollkommen erkannt, nicht ergründet. Der erschaffene und deshalb beschränkte menschliche Geist kann den unerschafsenen Geist, den unendlichen Gott, ja nicht vollkommen erkennen und begreifen. Anhcht der Äartau^e Selz aus dem Jahre 1849 (nach dem Ölgemälde von Johann Nep. Pehchnig). -L- 495 -Z- Stifter der Kartäuser von Chartreuse, mittelalterlich lateinisch Cartusium bei Grenoble in der alten Provinz Dauphine, war der hl. Bruno von Köln (* 1040 ch 1101), der sich im Jahre 1084 mit sechs Genossen in die wilde Einöde Chartreuse zurückzog und daselbst die erste Kartause errichtete. Der fünfte Prior Guigo schrieb die Satzungen des überaus strengen Ordens nieder, welche Papst Alexander III. (l 159—1181) im Jahre 1170 feierlich bestätigte. liber persönlichen Auftrag eben dieses großen Papstes kamen die Kartäuser aus Chartreuse im Jahre 1160 nach Gonobiz und hielten sich im dortigen Pfarrhause so lange auf, bis das Kloster und die Kirche im anmutigen St. Johannes Tale, heute Spitaliö geheißen, zur Not wenig¬ stens hergestellt wurden, was nach der gewöhnlichen Annahme im Jahre 1164 geschah? Beiläufig zwölf Jahre später erhob sich in nicht weiter Ferne eine zweite Kartause und zwar zu Gairach bei Tüffer im alten Cillier Kreise. Dieselbe stiftete der Gurker Bischof KeinrichI. (1167—1174) im Jahre 1172, und Papst Alexander III. bestätigte die Stiftung um 1174 oder 1175 von Anagni aus? Im Jahre 1407 gründete Ker mann II., Graf von Cilli, im Nachbar¬ lande Kram die Kartause in ?Iatrlsa,» die nach langer > Dr. Jak. Maximilian Stepischnegg, Das Karthäuser-Kloster Seiz. Marburg, 1884. S. 6. Ignaz OroLen, Das Decanat Tiisser. Graz, 1881. S. 272. - Freiherr von Valvasor, Die Ehre des Kerzogtums Kram. Rudolsswerkh, 1877—79. III. Band. XI. Buch. S. 444. -Z- 496 -4- Auflassung im Jahre 1899 wieder von den Söhnen des hl. Bruno * erworben worden ist. Schön singt und sagt Wilhelm Sommer im Vor¬ worte zu seiner neuhochdeutschen Umarbeitung des Bruder Philipps Marienliedes: Es stimmte einst ein Ordensmann Dies schlichte, fromme Liedlein an, Und sang es in seiner Klause Zu Seitz der mächtigen Kartause. Und aus dem stillen Ordenshaus Klang's friedlich in die Welt hinaus, Und tönte fromm durch Flur und Bann Und klopft' an manchem Pförtchen an Und ward nicht müde auf dem Gang, Bis willig ihm ward aufgetan. War doch die Kehre, der's geweiht, Die's harmlos pries mit schlichtem Klang, Die Mutter aller Christenheit. Mit Demutssinn so fromm und stark Ergeben unsrer lieben Frauen, Zog's aus dem frommen Steiermark Bescheiden durch die weiten Gauen. Der Name Seitz, auch Lew und 8ai? geschrieben, ist urkundlich gewiß. Deutlich überliefert ihn die Kand- schrift der gräflichen Schönborn'schen Bibliothek zu Pom- mersfelden, welche Dr. Keinrich Rückert in seinem obge¬ dachten Werke näher beschreibt? Die anderen Kand- schriften bringen, wie Rückert anmerkt, die wunderlichsten ' Kermann Löbbel, Der Stifter des Kartäuser-Ordens der heilige Bruno von Köln. Münster, 1899. ' Op. olt. S. 277 k. -k- 497 -r- Entstellungen des geschichtlich beglaubigten Namens z. B. Seles, Seldin, Seiden, die aber alle von dem „re 8eitr cliir 8e1be büeekeljn", also von dem Ortsnamen 8eitr ihren Ausgang genommen haben. Der Name des in einer reizenden Waldwildnis erbauten Kartäuserklosters Seiz ist zweifelsohne slove¬ ni sch en Ursprungs? Nach der vulgären Auslegung bedeutet es Käse, rcho, rchoo. Dieser Name ist entweder aus der sehr alten Legende von der Gründung der Kartause Seiz, oder ist die Legende aus ihm entstanden. In der „minutosa Obartkusias 8eirov8i8 kunäMio« wird nämlich Folgendes erzählt. Als einst der Markgraf Ottokar im damals noch öden Iohannestale jagte und ermüdet unter einem Baume einschlief, hatte ein von den Jägern und Kunden ver¬ folgter Käse in seinem Schoße Zuflucht gesucht. Erwachend ' Urkundlich wird das Kloster schon im Jahre 1173 genannt: 8^rs uallis 8. loaniiis cts 8aunia, 1182 8itr, 1203 Asai, 1229 8lslia; vom Jahre 1233 weiter heißt es 8sit8, 8sM, 8e^ar. Ähn¬ lich wird das obersteirische Seih, in der Ortsgemeinde Kammern (bei Mautern) genannt 1145 8its, 1160 8it8s, 1230 und weiterhin 8eic8, 8sit8. Nach dem Urteile des Grazer Universitätsprosessors Dr. Karl Ztrekelj weisen diese Formen auf den ursprünglichen Wurzelvokal i hin. Das Wort bedeutet, was das heutige Äaa, Seiz- dors, welches zwischen Lode und Gonobiz beim Einbiegen der Straße nach Spitalie zur Klosterruine Seiz steht. In Serbien gibt es einen Ort ÄSa und ein Kloster Žica. Und Äca ist aus Ata-ea d. i. der Besitz des Äta-K-b oder Äta>ko. Der Name Ätek ist noch heutzutage in Steiermark Familienname. Der Plural ÄSs (— Ät-ucans) ist ent¬ standen aus dem Dativ, Lokal, Instrumental Äcam, ÄLab, vicami. ÄL-ml sind die Bewohner des Dorfes Äta-La — ÄLa. (öa8oxi8 ra rgoäovivo In naroctopi8)e. Iräazo LZoUovivsko äruZtvo v Mari¬ boru. Maribor ISOü. 8tr. 63. Ztsv. 26). 32 -r- 498 glaubte der Traungauer darin ein von oben kommendes Mahnzeichen zu erblicken, auf dieser Stelle ein Kloster für solche Mönche zu erbauen, wie er sie einst in der Dauphine besucht, und wie er deren einen soeben im "Traume gesehen hatte. Es war der hl. Johannes Baptista in der Gestalt eines Kartäusers? Nach dem steiermärkischen Geschichtsschreiber Aqui¬ lin us Cäsar (*1720 -j-1792)^ wäre dem Kloster der Name Seiz im Jahre 1182 beigelegt worden und zwar infolge der Schenkung, welche Ottokar VI. (1164—1192), der Sohn Ottokar V., des Gründers der Kartause, dem armen Kloster mit dem Meierhofe 8it2 (8si?), im heutigen Seizdorf, slovenisch Äös, gemacht hatte, welcher Name vom Fahre 1185 angefangen urkundlich vorkommt? ' Eine gemauerte Säule unweit des Klosters bezeichnet die Stelle, an welcher Markgraf Ottokar geruht hatte. Ein altes Bild stellt die fromme Legende auf derselben vor. — Das über dem Grabe des Mark¬ grafen liegende ausgehauene Marmorbilü zeigte Ottokar unter einem Baume ausruhend mit einem Käsen im Schatze unter seinem Arme. Im Jahre l826 wurden die in der Gruft zu Seiz befindlichen Über¬ reste nach dem Cistercienser-Stifte Rein bei Graz übertragen. Staats- und Kirchengeschichte des Kerzogthums Steiermark. Graz, t78S—1788. Band 3. S. 26. ° Als aufgegeben kann betrachtet werden die mitunter vor- sindliche Kerleitung des Namens Seiz vom altnordischen sw, breit oder niedrig, weil der Talkessel dort „eine tiefe und niedrige Gegend" fein soll. Aus dem ä wäre nämlich seitens des volle Zischlaute liebenden Slovenen ein t8 oder 2, aus dem l durch Diphtongisierung ein ei geworden. Vergl. Beiträge zur Kunde Steiermärkischer Geschichts¬ quellen. 17. Jahrgang. S. 105. Ferner Dr. Jak. Maxim. Stepischnegg, ox. cit. S. 6. -- Desgleichen ist die Erklärung unhaltbar, als ob Seih gleich Seits das Kypokvristikon, der Schmeichel- oder Lieb¬ kosungsname für Seifried, Siegfried wäre. Im zwölften Jahrhunderte war diese Entstehung noch unmöglich. 499 „Mit dieser Ortsbestimmung" nämlich Seitz bei Go- nobiz in Untersteier, schreibt Dr. Heinrich Rückert, dieser bisher beste Beurteiler und Herausgeber unseres Dicht¬ werkes, „stimmen nun auch der Sprachgebrauch, der Styl, Versbau und vor allem die Reimfreiheiten des Dichters. Sie sind größtenteils so charakteristisch österreichisch, daß man auch ohne jene genaue Ortsangabe bei einer sorg¬ fältigen Untersuchung des Textes, die bisher freilich nie¬ mals angestellt worden ist, auf seine südostdeutsche Heimat hätte schließen müssen". Der gelehrte, nunmehr selig im Herrn ruhende Fürst¬ bischof von Lavant Jakob Maximilian (1862—1889) bemerkt in seiner bereits oberwähnlen Geschichte des Klosters Seiz ganz kurz: „Ob Bruder Philippus ein geborener Steiermärker war, läßt sich nicht so mit Gewißheit fest¬ stellen, wie daß fein Gedicht in Steiermark entstand/" Dr. I. W. Nagt, Dozent für deutsche Sprache an der k. k. Universität, und Jakob Zeidler, k. k. Gym- nasial-Professor in Wien, die zwei jüngsten Bearbeiter der deutsch-österreichischen Literaturgeschichte, halten gleichfalls dafür, daß Bruder Philipp in der Kartause Seitz bei Gonobiz lebte und seine Mariendichtung verfaßte. Im Übrigen aber meinen sie, daß er selbst ein Mittelfranke war. Denn „dies beweisen deutlich die Reime des Marienlebens. Wie dieser mitteldeutsche Kartäusermönch in das unterskeirische Seitz gelangte, entzieht sich natürlich vollständig unserer Kenntnis; er muß mindestens sehr lange im Gebiete der bayerischen Mundart verweilt haben, weil er eine Menge rein und ausschließlich bayerischer Worte braucht, ja neben r Ox. cit S. 5. 32* Die Kirchenfassade von Seiz aus dem Jahre 1852 nach C. Kaas. -K- 501 der fränkischen auch rein bayerische Lautgebung kennt und im Notfälle verwendet; er hat sich also in die bayerisch¬ österreichische Mundart hineingelebt"? Als sicheres Ergebnis der neuesten Untersuchungen über Bruder Philipps Marienleben gilt die Tatsache, daß der Verfasser in der steirischen Kartause Seiz lebte und wirkte, wohin ihn wohl der gute Ruf der Mönche gezogen haben mag. Die Kartause Seiz stand damals in ihrer Blüte und erfreute sich eines hohen Ansehens. Die Be¬ wohner zeichneten sich durch strenge Ordenszucht, durch Frömmigkeit und Wissenschaft, durch den Bau einer herr¬ lichen Kirche und durch das Abschreiben von Klassikern aus. Daher ist es begreiflich, daß von allen Seiten streb¬ same Jünglinge der schönen Kartause zuskrömten. Indes läßt sich aus dem Dialekte, in welchem das Marienleben abgefaßt ist, nicht mit Sicherheit auf die mittelfränkische Heimat Bruder Philipps schließen. Mit Recht fügen Nagl und Zeidler zur Beurteilung der Mundart unseres Dichters bei: „Es muß betont werden, daß nach den Auseinandersetzungen über die Kolonisation Österreichs bis ins XIV. Jahrhundert herunter aus dem Dialekte kein sicherer Schluß auf die Heimat eines Dichters möglich ist. Die gemischten Kolonien behielten lange, spurenweise bis heute ihre mitgebrachten Dialekte"? Bruder Philipps frommer Sang fand außerordentlich schnelle Verbreitung, was die vielen noch vorhandenen Handschriften deutlich bekunden, es die mannigfachen Um¬ arbeitungen, ja eine Übertragung in's Niederdeutsche und ' Dr. I. W. Nagl und Jakob Zeidler, Deutsch-österreichische Literaturgeschichte. Wien, 1899. S. 177L -Ox. ait. S. l77. Anm. I und S. 165. Anm. 2. 502 eine daraus entstandene Prosaauflösung (Leben der hl. Jungfrau Maria und ihres lieben Kindes) beweisend Joseph Haupt kennt dreißig Handschriften, mit welcher Zahl Bruder Philipp zunächst den Werken Wolframs von Eschenbach folgt. Nur von wenigen größeren mittel¬ hochdeutschen Dichtwerken wird die Zahl der Handschriften von Bruder Philipps Marienleben erreicht. Infolge dieser ungewöhnlich raschen Verbreitung des kindlich frommen Werkes kann es kaum befremden, daß sich unter anderem auch in zahlreiche Handschriften mittel¬ deutsche und niederdeutsche Einflüsse bis zu völliger Ver¬ wischung des ursprünglichen Idioms eingeschlichen haben, welche dann älteren und neueren Forschern, z. B. W. Grimm, W. Wacker nagt, Dr. Karl Weinhold und anderen Veranlassung gaben, Philipp den Repräsentanten der Dichtkunst dieser Gegenden anzureihen und seine Heimat nach Mitteldeutschland, oder wie es sogar einige wollen, nach dem Nordosten Deutschlands, namentlich nach Preußen, dem einstigen Ordenslande des deutschen Ritter- Ordens zu verlegen? r Karl Goedeke, Deutsche Dichtung im Mittelalter. Dresden,187t. Ictsm, Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. Dresden, 1884. S. 228 I. — August Koberstein, Grundriß der Geschichte der deutschen Na¬ tionalliteratur. Leipzig, 1872. S. 306. Fünfte Auflage von Karl Bartsch. Fr. Pfeiffer zählt von Wolframs Parzival 43 und dessen Willehalm 35 Handschriften. Vergleiche Quellenmaterial zur altdeut¬ schen Dichtung. Denkschriften der k. Akademie. Band. XVII. S. 36 und 38. — Von den Nibelungen find alles in allem nur 28 Hand¬ schriften aufgefunden worden. Vergleiche Karl Bartsch, der Nibelunge Not. Leipzig, 1870. S. XV. ° Dr. Heinrich Rückert, ox. eil. S. VI I. — W. Wackernagl, Geschichte der deutschen Literatur. Basel, 1851. (2te Aufl. 1878). — Fr. Pfeiffer, Nikolaus von Jaroschin. S. XV. -r- 503 -r- Bruder Philipp weihte sein Büchlein von der lieben Frau zwar der ganzen Christengemeinde: Ousb 8sväo iek nu äitr büssbslin von äsr lieben vrouvsn win ^ller cisr bristenbsit gemeine, cla2 si vvi22en v'ie . Erasmus Fröhlich 8. I., Niplo- matarta saara UuLstus Ztvrise. S. 207. -z- 506 Erzbischof von Salzburg (1200—1246), die Schenkung der Kirche zum Keiligen Sonntag, welche Friedrich und Kartnid, Brüder von Pettau, den in Grossonntag lebenden Brüdern des deutschen Ritter-Ordens neuerdings machten, nachdem ihr Großvater diese Kirche dem Orden geschenkt, ihr Vater dann dieselbe jedoch widerrechtlich entzogen hatte? Am 6. Dezember 1236 erklärte Bruder Ortulph von Traiskirchen (ch 1253) zu Sankt Peter bei Marburg, als Deutsch-Ordenskomtur für Österreich und Steiermark, daß er den Ordensuntertanen zu Tepsau unter Sankt Peter bei Marburg die Ordensgründe daselbst freistiftlich über¬ lassen habe? Aus chieser Urkunde ist zugleich ersichtlich, daß dazumal der deutsche Ritterorden einen Sitz zu Mar¬ burg hatte, allwo am 30. April 1279 ein Generalkapitel abgehalten worden ist? Der für das Jahr 1236 nach¬ weisbare Sitz des Ordens zu Marburg dürfte nach Dr. Puff (1808 bis 1865), dem Geschichtsschreiber der Stadt Marburg, mit dem von Kriehuber'schen Freihause Nr. 14 der Mktringhofgasse nach der alten Straßenbezeichnung, nach der neuen aber mit dem Josef Pelikan'schen Nr. 30 identisch sein. Der deutsche Sitz in Marburg hatte bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts die Bezeichnung Frei Haus Nr. 14 der Viktringhofgasse? In der jetzigen Diözese Lavant sind dem Marianer- Orden schon seit dem Jahre 1222 inkorporiert die Pfarren: ' Die Urkunden des deutschen Ordens-Centralarchives zu Wien. Prag, Leipzig, 1887. I, Band. S. 42 I. 2 I. von Zahn, op. eit. II. S. 447. s I'. Erasmus Fröhlich 8. I., Diplomatoma saora äucatus 8tvriae. Vtennas, 1756. II. S. 228. Dr. Rudolph Puff, Marburg in Steiermark. Graz, 1847. Band I. S. 38. -L- 507 -x- Kl. Dreifaltigkeit in Grossonntag mit dem um das Jahr 1220 erbauten Schloß Groß-Sonntag, Kl. Jakob in Frie- dau, Kl. Geist in Polstrau und Kl. Nikolaus bei Friedau; in der Nachbardiözese Sekau die Kirche Kl. Maria, früher Kl. Kunigunde, am Leech zu Graz seit dem Jahre 1233; in der Diözese Laibach die Kirche Kl. Maria in der Stadt Laibach seit der ersten Kälfte des 13. Jahrhunderts und die Kirche Kl. Blasius in Friesach in der Diözese Gurk seit dem Jahre 1240? Auch in anderen österreichischen Provinzen siedelten sich die „Brüder vom deutschen Kaus unserer lieben Frau" frühzeitig an und entfalteten allent¬ halben eine segensreiche Wirksamkeit zur Zeit, in welcher Bruder Philipp zu Seiz lebte und dichtete. Vielleicht gab gerade das im Jahre 1279 in Marburg abgehaltene Generalkapitel der Marianer dem frommen Kartäuser willkommenen Anlaß, ihnen das Büchlein von der lieben Frau zu widmen und zu zusenden. Die Kartäusermönche von Seiz konnten sehr leicht mit den Mitgliedern des deutschen Ritterordens in Be¬ rührung gekommen und in einen engeren Verkehr getreten sein. Die schnell und herrlich aufgeblühte Klause hatte Be¬ sitzungen in der Nähe von Petkau. Aus Anlaß der bevor¬ stehenden und dann von Gottfried, Patriarchen von Aquilea, im Jahre 1195 vollzogenen Einweihung der Klosterkirche machte im Jahre 1190 Rudolf von Rasia und seine Ge¬ mahlin Kiltrude den Mönchen die Spende von zwei Villen zu Candin (Kaidin) in der Nähe von Pettau. Am 11. April 1202 erneuerte Rudolf von Rasia die Spende von zwei Villen auf der Ebene der Drau bei Pettau, Candin, der ' Rangsliste und Personal-Status des deutschen Ritterordens. Wien, 1901. S. 64, 70 und 71. 508 Friedhofkapelle der Kartause Seiz. Klosterkirche von Seiz. Kerzog Leopold III. (1195—1230) schenkte im Jahre 1204 der Kartause Seiz zwei Meier¬ höfe bei Pettau und mehrere Grundstücke. Die Brüder Friedrich III. und Kartnid II., aus der einflußreichen, mit dem deutschen Orden in enger Verbindung stehenden Familie der Kerren von Pettau, erteilten den Kartäusern zu Seiz die Vergünstigung, bei der jenen Kerren gehörigen Maut zu Pettau nur einen Teil des Zolls zu entrichten? *Dr. Jak. Max. Stepischnegg, ox. cit. S. 10, 13, 14 und 15. 509 Zn Grossonntag domizilierte der Ordenskomtur und mehrere Brüder, von denen einige aus Untersteier, ja aus der nächsten Nähe von der Kartause Seiz stammten. Dor dem Jahre 1256 traten in den deutschen Ritterorden die Gebrüder Ortulph und Berthold de Vreudenberch oder Freudenberg, welches Schloß auf einem Hügel östlich von Reischach bei Gonobiz stand. Im Jahre 1257 weilte Bruder Wernherr aus Grossonnkag und wahrscheinlich der damalige Komtur in der Kartause Seiz, im Jahre 1273 werden Gunther von Kerschbach und Frizo von Friedau und 1287 Ottokar von Ponigl unweit Seiz als Komturen angeführt. Wie in oder nahe der Stadt Pettau, so hatten die Kartäuser von Seiz auch in Marburg ihren Besitz, woran noch heute der Seizerhof und die Seizerhofgasse erinnert, desgleichen auch in Graz, wo es ebenfalls noch gegenwärtig einen Seizerhof gibt. Sonach fand unser Kartäusermönch Bruder Philippus schon allein in Steier¬ mark genug Brüder „von dem diutschen kusch um ihnen sein umfassendes Dichtwerk widmen und zukommen lassen zu können. Er hatte es nicht nötig, dieselben in Preußen zu suchen, wo sie zum erstenmale im Jahre 1228 erschienen. Nach Marienburg verlegte erst im Jahre 1309 seinen Sih der Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen. Um diese Zeit war Philipps Marienleben schon weit und breit bekannt; der Verfasser selbst aber lebte wahrscheinlich nicht mehr. Was die Zeit, in welcher Bruder Philipp lebte und wirkte, anlangt, so läßt sich aus dem Gedichte eine chro¬ nologische Bestimmung nur mittelbar entnehmen. Nach dem Urteile Rückerts weisen die Sprachformen, einzelne Ausdrücke und Wendungen etwa auf die zweite Hälfte -Z- 510 -x- des 13. Jahrhunderts. Damit stimmt auch der Umstand überein, daß die ältesten bekannten Handschriften etwa dem Anfänge des 14. Jahrhunderts angehören. Toscana del Banner schreibt in seiner Literatur¬ geschichte, daß Bruder Philipp um 1245 zur Zeit der Ne¬ gierung des vierten Priors von Seiz, Peter I. (1234—1247), sein Marienleben verfaßt habe? Vilmar bemerkt: „Aus der Mitte des 13. Jahrhunderts ist unter mehreren Le¬ genden von der hl. Familie die bekannteste eine unzählige Male abgeschriebene, über und umgearbeitete und bis in das 16. Jahrhundert gelesene, welche von einem Kartäuser- mönch, Bruder Philipp, verfaßt ist; ein einfaches, herzliches, anspruchsloses und eben darum wenigstens in seinen besten Stellen sehr ansprechendes Gedicht.« ? Wilhelm Lindemann erwähnt Philipps Marienleben in der Legenden-Dichtung der Zeit zwischen 1150—1300? G. Brugier reiht es ein in die dritte Periode, welche er von 1190—1300 sich erstrecken läßt? Dr. Jak. Max. Stepischnegg macht in seinem mehrerwähnten geschichtlichen Aufsatze über das Kloster Seiz betreffs des Zeitraumes, in 'welchem Bruder Philippus Mariä Leben besang, die kurze Bemerkung: „Vielleicht lebte schon unter dem Priorate ' loscüno äel Lanner, Geschichte der deutschen National-Lite- ratur der gesamten Länder der österr. Monarchie von der ältesten Zeit bis zur Gegenwart. Wien, 1849. Band I. S. 331. —läsin, in Fränkels Sonntagsblättern, 1847. Nr. 22. - A. F. C. Vilmar, Geschichte der deutschen Literatur. Marburg, 1851. (Im Jahre 1901 erschien die 25. Auslage). Band I. S. 246. 3 Wilhelm Lindemann, Geschichte der deutschen Literatur. Frei¬ burg im Breisgau, 1879. (7. Auflage 1898). S. 62 k. « G- Brugier, Geschichte der deutschen National-Literatur. Freiburg im Breisg au, 1884. (10. Ausl. 1897). S. 30. -L-511 -r- Burchard's (1234? bis nach 1260) im Kloster Geiz Bruder Philippus, dessen Leben in die zweite Kälfte des 13. Jahr¬ hunderts versetzt wird.«* * Andere gewiegte Literaturtrenner wie Dr. Nagt und Zeidler- nennen den Verfasser des vielgelesenen Marien- lebens, Bruder Philippus, einfach einen Kartäusermönch des 13. Jahrhunderts. Nach dem Gesagten wird man nicht fehl gehen, wenn man die Wirksamkeit des begeisterten Lob¬ sängers Mariä in die zweite Kälfte des 13. und in den Anfang des 14. Jahrhunderts seht, in welcher Zeikperiode ja gerade in Steiermark und in Österreich überhaupt die geistliche Poesie blühte. Der Steiermärker Gundacker von Judenburg — OuoänLtwruZ äe ^uäeoburA — beschrieb nach der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts in seinem „Christi Kort« das Leben, Leiden und die Auferstehung unseres Keilands in Versen (über 7000). In den letzten Tagen des dreizehnten Jahrhunderts schrieb der Bruder Johannes von Frankenstein im Iohanniterhause zu Wien seinen Kreu¬ zig er, eine mehr als 11.000 Verse zählende Darstellung der Passion unseres Kerrn? Zudem ist um diese Zeit in Steiermark noch ein zweites „Marienleben« verfaßt worden, wovon später die Rede sein wird. Der Kauptinhalt unseres in gereimten vierhebigen Versen verfaßten Gedichtes wäre nachfolgender? Nach gött¬ licher Verheißung ward Maria den betagten Eheleuten > Ox. eit. Seite 23. ' Op. Lit. S. 177 f. ° Dr. Ferdinand Khull, Geschichte der altdeutschen Dichtung. Graz, 1886. S. 558. * Den Inhalt und Auszüge findet man bei Bernh. Jos. voasn, NisLstlanesn. 1807. 2, 99 und weitere. -r- 512 -z- Ioahim und Anna geboren und im Tempel zu Jerusalem erzogen. Dort pflegten Priester die Frauenarbeiten zu ver¬ losen; diejenige, der die Stickereien in Gold und Silber zufielen, hieß Königin. Das Los traf Maria. Als nun die Jungfrau im Tempel herangewachsen ist und einen Mann bekommen soll, sträubte sie sich; denn sie sei schon verlobt und kein geringerer sei ihr Bräutigam als der höchste Gott im Kimmel. Bei Christi Geburt geschahen Wunder in Rom. Ein Brunnen gab Sl, der Friedenstempel stürzte ein, es regnete König, alle Gewässer standen drei Stunden lang still, drei Sonnen zeigten sich am Kimmel. Dieser Schilderung ist auch die Erscheinung eingeflochten, welche damals Kaiser Augustus in Rom hatte, indem die Sibylle ihm in einer Vision die Jungfrau mit dem eben geborenen Kinde wies und das Gesicht also deutete: Nicht du, sondern dieses Kind ist der Kerr der Welt. Sodann folgen die Kindheitslegenden, wie solche die apokryphischen oder unechten Evangelien, zumal „das Evangelium der Kindheit Jesu" erzählen. Die meisterliche Schilderung der Flucht nach Ägypten ist eine herrliche Idylle und gehört zu den besten Partien des anregenden Gedichtes. Zur Kindheit Jesu gehört hier auch, daß Maria ihrem Sohne den wunderbaren Rock webt, der mit ihm wächst und nie befleckt werden kann. Als Jesus erwachsen ist und mit seinem Lehramte in der Welt ein neues Leben anheben will, erklärt er der Mutter in einem langen Gespräche die Bedeutung seiner Menschwerdung und tröstet sie über die entsetzlichen, ihr durch ihn bevorstehenden Leiden. Darauf folgt die tief¬ rührende Trauerklage Mariä beim Kreuze und endlich ihr -z-513 Tod und ihr wunderherrlicher Empfang im wimmel. Hier sieht Maria alle, die sie auf Erden geliebt hatte, ihre Eltern, Johannes den Täufer, den treuen Joseph; doch sie darf bei diesen irdischen Erinnerungen nicht ver¬ weilen, denn sie wird vor den Thron der Dreieinigkeit geleitet, um in dem Kreise der himmlichen Heerscharen den Mittelpunkt bildend, die Krone zu empfangen. Wolf¬ gang Menzel bemerkt: „Das Göttliche herrscht in diesem Gedichte immer vor; das Menschliche nimmt nur gleich¬ sam den mit Blumen gezierten bescheidenen Boden ein."' Bruder Philippus beginnt ganz nach Dichkerart feierlich seinen Gesang, unter Anrufung Mariä der Mutter Königin um Huld und Beistand, mit vier durch¬ gereimten Verspaaren zur schärferen Hervorhebung des Eingangs: Maria, muotsr, bünechnne, al äer everläs loesaerinne, verlieb mir, vrouve, 8olbs sinne, cla2 ieb äiss xüsebelins beginne, äa ieb äieb mü^e loben inne äa von ieb äin Mnaäe geevinne unä sesus, clines Linäes, minne, äes bilk mir, evisiu meisterinne. Maria, Mutter, Königin, Aller Welt Fürbitterin, Verleih' mir, Frau, mit weisen Sinnen Dies Büchlein also zu beginnen, Daß ich dich möge loben drin, Damit ich deine Huld gewinne ' Wolfgang Menzel, Deutsche Dichtung. Band l. S. 270 5. 33 514 Und Jesu, deines Kindes, Minne, Deß hilf mir, weise Lehrerin! Nach der Anrufung Mariä um Hilfe und Liebe gibt der gläubigfromme Sänger nur allgemein die Quellen an, aus denen er schöpfte. Es ist die evangelische Geschichte, ferner eine bestimmte Schrift, sodann die mündliche Tradition und die eigene Erfahrung. Schreiben will ich, reine Magd, Alles, was die Schrift uns sagt Von deiner großen Beinigkeit Und deines Leibes Heiligkeit. Was ich gehört hab' und gelesen Von dir, wo immer ich gewesen, Das will ich aller Welt verkünden. Bruder Philipp benützte bei Abfassung seines großen Gedichtes, zwar oft wörtlich aber doch recht verständig und mit Auswahl das lateinische metrische Werk: Vita bsatas Mariae virginis st Lalvatoris mstrisa. Dieses lateinische, auch von anderen mittelalterlichen Lobsängern Mariä vielfach benützte Gedicht dürfte Bruder Philippus unter dem Ausdrucke die Schrift verstehen. Auf diese lateinische Quelle Philipps Marienleben machte nach Heinrich Rückert zuerst Dr. Hans Ferd. Maß- in a n n aufmerksam? Wie Bruder Philippus, so bediente sich dieses lateinischen Reimwerkes auch Walther von der Rheinau in seinem, dem Anfänge des 14. Jahrhunderts gehörigen, über 15.000 Verse enthaltenden Marienleben? Weiters erscheint dieses in gereimten Hexametern, wie ' J. F. Matzmann, Keidelberg. Jahrbücher. 1826. S. 1184. ? Wilhelm Lindemann, op. eit. S. 62. — Adolf Vögtlin, Walther von Rheinau und seine Marienlegende. Aarau, 1886. ^-515 Goedeke dafürhält, verfaßte Werk im ersten Buche des großen Passional benützt? Nach Dr. Nagt und Zeidler „scheint noch ein zweites Marienleben, das eine Grazer Kandschrift enthält, Steier¬ mark zu entstammen. Sein Dichter, dessen Name uns unbekannt ist, war ein Zeitgenosse Bruder Philipps und schrieb es um die Mitte des 13. Jahrhunderts; uns liegt es in einer bald nach seiner Entstehung vorgenommenen Umarbeitung vor. Kauptquelle war für den Dichter diese, wie für Bruder Philipp: die vita beatao .Vlariae vivAinis ot Lalvatoris r^tbmioa (mit Ausnahme in den ersten 430 Versen, die Erzählung von Joachim und Anna, in denen er dem Pseudo-Matthäus folgt); und ihr folgte er viel genauer als jener, dessen Werk er offenbar nicht kannte. Leider sind uns von dem Gedichte nur 958 Verse über¬ liefert worden. Alles übrige ging verloren.« ? Diese fleißig benützte vita tVIariao virginis motrioa ist eine Zusammenstellung der älteren und neueren frommen Überlieferung über Mariä Leben. Der Verfasser, der Ort und die Zeit ihres Ursprunges sind unbekannt. Das lateinische Reimwerk ist noch häufig handschriftlich vorhanden. Dr. Heinrich Rückert benützte in seinem bahnbrechenden Werke über Bruder Philipps Marienleben eine Handschrift, die sich in dem Münchener Loäox lat. 12518 auf Per¬ gament in4°vorfindet und die Schmetter noch ins ^.Jahr¬ hundert setzt. Übrigens besitzt die Münchener Bibliothek ' Fr. Karl Köpke, Das Passional. Eine Legenden-Sammlung des dreizehnten Jahrhunderts. Band XXXll. der Bibliothek der gesam¬ ten deutschen National-Literatur. Quedlinburg und Leipzig, 1852. Op. eit. S. 179 5. 33' Fassade der Seizer Kirche aus dem Jahre 1904. .z- 517 allein fünf Handschriften dieses Werkes? Auch die Grazer Universitäts-Bibliothek besitzt deren drei? Nach der Anschauung Dr. Heinrich Rückerts gehört die vita Marias virchniL st 8a1vatori8 mstrisa, welche unserem Bruder Philipp bei der Verfassung seines kosms vorlag, dem Ende des XII. und dem Anfänge des XIII. Jahr¬ hunderts an, und ist wahrscheinlich in Istrien oder Friaul entstandenb, was alles für die steirische Heimat des Bru¬ ders Philippus Marienleben günstig lautet. Dr. Nagt und Jakob Zeidler sind der Ansicht, daß diese vita Marias um 1230 in lateinischen Reimversen mit deutscher Be¬ tonung gedichtet ward? Anton Iäcklein, Kgl. Professor am Gymnasium in Bamberg, glaubt nachgewiesen zu haben, daß Hugo von Trimberg, geboren 1235 zu Werna-Werneck in Unterfranken, nebst anderen lateinischen Dichtwerken auch die vielgenannte „Vita Marias rb^tbmisa" verfaßt habe?' Hugo von Trimberg, ein Laie und Lehrer an der Stifts¬ schule zu St. Gangolf bei Würzburg, geißelt in seinem 24472 Verse zählenden Gedichte „Renner" der Mensch¬ heit Laster: die Augenlust, Fleischeslust und Hoffart des Lebens und preist und empfiehlt hingegen die evangelischen Räte: Armut, Keuschheit, Gehorsam. In seiner aus 422 Versen bestehenden „Uaursa Zanstorum" (ein Kalender, den Oi- ' Dr. Keinrich Rückert, ox. eit. S. 324 L 2Dr. I. W. Nagt und Jakob Zeidler, ox. alt. Seite 178. Anmerk. I. - Ox. cit. S. VIII. Op. cit. S. 178. i Anton Iäcklein, Kugo von Trimberg ist der Verfasser einer Vita dsaias virgivl8 Marias. (Programm des K. neuen Gymnasiums in Bamberg für das Schuljahr 1900/01. Bamberg, 1901. Seite 20—47). -Z- 518 sioMnus nachahmend) werden Monat um Monat die Keili- gen in ihren Kaupkzügen gefeiert. Sein in 1032 gereimten Langversen verfaßtes „VeZiMi-um multorum auolorum" ist ein Verzeichnis der lateinischen Dichter vor und nach Christus. Nun, dieser fleißige Poöt Kugo von Trimberg soll auch der Verfasser der 8031 lateinische lange Reimverse zählenden „Vita beatao virZinm Narirw" sein, die in vier Bücher eingeteilt ist, von denen jedes mit einem Prolog beginnt, worin sich der Verfasser ausspricht, was für Quellen er benützt hat, und auch wünscht, daß man Unrichtiges und Falsches in seinem Werke verbessert oder dasselbe ganz vernichtet. Der Bamberger Codex, welcher der ursprüngliche sein soll, enthält einen Zusatz von 61 Versen, der bei allen anderen Handschriften fehlt und der den Namen des Dichters angeben soll: „lsibrum. Kuno lllu- mivauit guicZam äel varna, ()ui st sorlbi proeurauil, säi- tu8 äe V^srna, Villa eis liarblxolim, noman aiu8 sinZo. Dies Buch illustrierte (illuminault, stattete es mit Initialen, Ranken und roten Rubriken aus) ein Gottesdiener, Namens Kugo, geboren in Werna diesseits von Würz¬ burg; er ließ es auch schreiben." Sodann kommen gleiche oder ähnliche Wörter und Ausdrücke vor, wie in den obgenannten echten Dichterwerken Kugo's. Das von den beiden mittelalterlichen Dichtern Walther von Rheinau und dem Kartäusermönche Bruder Phi¬ lippus von Seiz ins Deutsche übertragene lateinische Marienlied soll von 1298 bis 1310 zum Abschlüsse ge¬ kommen und der Schwanengesang des im Jahre 1315 gestorbenen Kugo von Trimberg sein? ' Die angeführten Beweise sind nicht durchschlagend und zwin¬ gend. Es fallt auf, daß den besagten, entscheidend sein sollenden . -r-519^- Die Vorrede Philipps vom Vers 1 bis 22 ist ein bündig gehaltener Auszug aus seiner lateinischen Quelle, die eine Menge Angaben über ihre Autoritäten macht, welche Philipp ganz weggelassen hat. Statt derselben erwähnt er die Schrift, das heißt sein lateinisches Original, dessen Eingang also lautet: LauLtus Lxipdanius äostor veritatw, ZalamivL pontitsx s^pri sivitatw, Ot 8LNLtu8 lKva1iu8, VLVU8 murtvi' äsi, ^okunnis äl8eixulu8 tilii ^ebsäsi, Ot ^obannss ä3MÄ8L6VU8, gui xüil080pkium Omvsm 8ULM rsvoesvit äivinam in U8iuam, Os Ilaria virgine guasäam eon8Liäp8srunt, <^us nodi8 in autentieis 8eripti8 rsligusrunt, I9. Sonntage nach Pfingsten, den 13. Oktober 1895 157—181 Ausschmückung der neuen Pfarrkirche durch die Bemalung und Pflasterung l82—197 Ausstattung der neuen Pfarrkirche durch die Aus¬ stellung des Kochaltares, zweier Seitenaltäre und durch die Anschaffung verschiedener Gerätschaften 198—218 Festpredigt anläßlich der feierlichen Einweihung der neuen Vorstadtpsarrkirche zur Keiligen Maria, Mutter der Barmherzigkeit, in Marburg, am Feste der hl. Filu- mena, den l l. August l900 219—255 Anrede nach Vollzug der Kirchweihe gehalten beim Liebesmahle im Franziskaner-Kloster zu Marburg, den 11. August des Jubeljahres 1900 256—286 Das Gnadenbild Mariä, Mutter der Barmherzig¬ keit, in der neuen Grazervorstadt-Pfarrkirche zu Marburg 287—341 Schloßkapelle zu Freibichl als zeitweiliger Aufbe¬ wahrungsort der Marburger Gnadenstatue der „Mutter der Barmherzigkeit" 341—365 Predigt, anläßlich der jeierlichen Weihung des Koch¬ altar-Aufsatzes in der Vorstadtpsarrkirche zur Keiligen Maria, Mutter der Barmherzigkeit, in Marburg gehalten 534 -4- -I Seite am Vigiltage zum Jubelfeste der unbefleckten Empfängnis Mariä, den 7f Dezember des marianischen Jubeljahres 1904 36S—385 Erhebung der neuen Marienkirche zur Würde einer Basilika 386—414 Ansprache gelegentlich der Weihe des neuen Auf¬ satzes sür den Altar der hl. Filumena und desgleichen für den Altar des hl. Anton von Padua, gehalten in der Marien-Basilika zu Marburg am hohen Kirchweihfeste der Kathedrale Und aller Kirchen der Diözese Lavant, am 22. Sonntag nach Pfingsten, den 20. Oktober 1907 . . 415—437 Ansprache, gehalten nach erfolgter Einweche des Lourdes-Muttergottes-Iubiläumsaltares in der Basilika „Mutter der Barmherzigkeit" zu Marburg am Kirchweih¬ sonntage, den 18. Oktober 1908 . 438—457 Das Deckengemälde „Mutter der Barmherzigkeit" im Presbyterium der ehemaligen Minoritenkirche . . . 458—475 Die Beleuchtung der Basilika 475—488 Bruder Philipp, der Lobsänger Mariä in der stei¬ rischen Kartause Seiz bei Gonobiz . 489—529 Gedächtnisfeier . 530-531 Inhaltsverzeichnis 532—534 Verzeichnis der Abbildungen 535—538 Verzeichnis der Abbildungen. Das Gnadenbild „Mutter der Barmherzigkeit" im Hochaltar - Aufsätze der Marburger Basilika (gehört zur Seite 301—304). Seite Bild „Mutter der Barmherzigkeit" ....... 2 Die neue Pfarrkirche mit den geplanten, aber nicht aus- gesührten Turmhelmen. 5 Die alte Pfarrkirche. 8 Die alte Pfarrkirche mit dem Kloster .20 Die neue Pfarrkirche mit den spitzen Türmen .... 30 Das Gnadenbild Mariä Mutter der Barmherzigkeit nach dem Klauberin'schen Kupferstiche (gehört zur Seite 305 ff) . . 36 Die neue Pfarrkirche mit den geplanten, aber nicht aus- gesührten stumpfen Türmen und oberhalb das Guadenbild der Muttergottes . so Die Stirnseite der neuen Pfarrkirche und die Ostfront des neuen Klosters.52 Die Innenansicht der neuen Pfarrkirche.68 Die neue Pfarrkirche mit den spitzen Türmen und links oben das Gnadenbild der Mutter der Barmherzigkeit ... 78 Das Presbyterium der neuen Marienkirche mit dem Kochaltare.84 Gnadenreiches Bildnis Maria Mutter der Barmherzig¬ keit im Jahre 1819 nach dem Klauberin'schen Kupferstiche (gehörig zur Seite 309 ff). l00 Maria, Mutter der Barmherzigkeit..108 Die Feier der Vornahme des sogenannten ersten Spa¬ tenstiches .1'6 Der Grundriß des neuen Klosters und der neuen Pfarr¬ kirche (gehört zur Seite 387).>32 -z- 536 Seite Ostfront des Klosters und der neuen Pfarrkirche ... >39 Die Innenansicht der alten Pfarrkirche einige Tage vor dem Verlassen derselben (vergleiche Seite 314).148 Querschnitt durch das Kloster- und Kirchengebäude (siehe Seite 390). 164 Die Fassade mit dem Glockenturme der alten orientierten Pfarrkirche und die neue okzidentierte Marienkirche . . . . 180 Die zwei im Bau begriffenen Türme der neuen Pfarrkirche 196 Die vor dem Bahnhofe auf drei Wägen geladenen ver¬ zierten fünf Glocken vor ihrer Überführung zur neuen Pfarrkirche 212 Einführung der neuen Glocken in die Pfarrkirche . . 228 Längsschnitt durch die Kirche (gehört zur Seite 390) . 244 Seitenansicht der Kirche (erklärt auf Seite 388) . . .252 Auszug aus der Notkirche in die neue Pfarrkirche . . 264 Ansicht der Chorabside (erläutert aus Seite 388) . . . 276 Ansicht der Kirchenfasfade und der Türme (besprochen auf Seite 387). 284 Der Kochaltar mit dem glorwürdigen Gnadenbilde (be¬ schrieben aus Seite 199 tk).296 Die Außenanficht der Gonobizer Kauptpsarrkirche mit der Rofenkranz-Kuppelkapelle, in welcher sich ursprünglich das Gnadenbild der Mutter der Barmherzigkeit befand .... 308 Ansicht von Südosten der Gonobizer Kauptpsarrkirche mit ihrer mit Kaubendach und Laterne versehenen Rosenkranzkapelle 316 Das Gnadenbild „Mutter der Barmherzigkeit" nach dem Winkler'schen Kupferstiche photographiert und klischiert (Seite 317 bis 322) 320 und 321 Das Gnadenbild „Mutter der Barmherzigkeit" nach dem Kerrmann'schen Kupferstiche (gehört zur Seite 311 und 312) . 324 Das marianische Gnadenbild nach einem im Franziskaner¬ kloster aufbewahrten Ölgemälde photographiert und klischiert (gehörig zur Seite 314).332 Das nach einem im Franziskanerkloster befindlichen Öl¬ gemälde photographierte und klischierte Bild des Ignaz Par- Hamer 8. I., wie er vor dem Gnadenbilde den Chrijtenlehr- bruderscharen predigt (zur Seite 287, Note 1; S. 313 und 314) 340 537 -Z- Das nach einem im Gonobizer Psarrhofe aufbewahrten Ölgemälde photographierte und klischierte Porträt des Dr. Jo¬ hann Balthasar von Renzenberg, Kauptpfarrers von Gonobiz (1737—1758). Wird auf Seite 290 ff besprochen.344 Kans Jakob Freiherr von Khiesl, der Erbauer der Kapu¬ zinerkirche mit Kloster, auf der Totenbahre (->- 1637).... 348 Ausschnitt aus dem Gesamtbilde: Kans Jakob Freiherr von Khiesl auf der Totenbahre (Seite 348). 351 Schlosz Freibüchl: Gesamtansicht von Süden .... 354 Schloß Freibüchl: Autzenansicht von Westen mit Portal, Dachreiter und abgerundetem Doppelfenster der Kauskapelle im nordwestlichen Eckturme.356 Altar der Schloßkapelle in Freibüchl vor dem Jahre 1879, wo einstens das Gnadenbild „Mutter der Barmherzigkeit" stand 358 Innenansicht der Schlotzkapelle in Freibüchl nach dem Jahre 1880 . 360 Der Schloßhof von Freibüchl. In der Ecke zur Rechten Eingang in die Marienkapelle.362 Ansicht des Schlosses Freibüchl von Norüosten.... 364 Die vier Nebenstatuen im Kochaltaraufsatze: Kl. Anna und Kl. Joachim, Kl. Elisabeth und Kl. Zacharias (beschrieben auf Seite 367). 372 Ansicht von Gonobiz aus dem Jahre 1830 . 376 Das Seiner Keiligkeit Papst Pius X. in der Privat¬ audienz am 18. Mai 1908 überreichte Abbild der Marburger Basilika (geschildert auf Seite 409 ff).380 Das von fünfzehn Sonnenstrahlen umflutete marianische Gnadenbild nach einem im Franziskanerkloster befindlichen Öl¬ gemälde photographiert und klischiert (Seite 335). 389 Seitenaltar: Kl. Barbara, Kl. Filumena, Kl. Agnes (gehört zur Seite 209 k und 4l8 ff) .394 Seitenaltar: Kl. Blasius, Kl. Antonius, Kl. Ludwig von Toulouse (zur Seite 209 k und 425 ff).399 Ansicht der „Burg Marburg" nach der Vischer'schen Ra¬ dierung .404 -r- 538 -4- Seite Denksäule zu Ehren der Immakulata auf dem Kaupt- plahe in Marburg (Seite 335 und 336 in der Fußnote) . .411 Ansicht der alten Minoritenkirche „Mariä Kimmetauf- nahme" auf dem Kasernplatze in Marburg (Seite 458 S) . . 420 Nebenaltar: Kl. Lourdes-Muttergottes (zur Seite 442 S) 428 Gesamtansicht des Deckengemäldes „Mutter der Barm¬ herzigkeit" im Presbyterium der ehemaligen Minoritenkirche in Marburg (Seite 462 tk).436 Mittelstück aus dem Deckengemälde der ehemaligen Mino¬ ritenkirche in Marburg (gehörig zur Seite 463 S) .... 444 Ausschnitt „Stadt Marburg von einem Engel gehalten" aus dem Freskogemälde an der Decke des Presbyteriums der einstigen Minoritenkirche in Marburg . . . . . . . . 452 Kartause Seiz nach dem Rekonstruktionsbilde von L. Kaas 460 Rondell der Kartause Seiz. Der Kaupteingang mit den Statuen und dem Turme über dem Wasser aus dem Jahre 1802 468 Ansicht der Kartause Seiz nach dem Steindrucke von I. Wachtl aus dem Jahre 1840 . 476 Die Kartause Seiz im Winter des Jahres 1849 (nach dem Ölgemälde von Johann Nep. Petschnig).484 Ansicht des Meierhofes Kumen der Kartause Seiz . . 489 Ansicht der Kartause Seiz aus dem Jahre 1849 (nach dem Ölgemälde von Johann Nep. Petschnig) ...... 494 Die Kirchenfassade von Seiz nach L. Kaas aus dem Jahre 1852 . 500 Friedhofkapelle der Kartause Seiz.508 Fassade der Seizer Kirche aus dem Jahre 1904 ... 516 Eckturm der Kartause Seiz.524 °