- * Studie Ii über Bosnien und die Herzegotina, f Studien über Bosnien und die Herzegovina von Johann Roskiewicz, k. k. Mujur iiu Cieueialfita.be. Mit elf AlibiLdungen in Holzschnitt und einer lithographirten Karte. Leipzig1 und Wien: F. A. Brock Ii a 11 s. Vorwort. In jüngster Zeit war mir die Gelegenheit geboten, ein Land kennen zu lernen, das, wiewol an den Süd- und Ostgrenzen des Kaiserstaats gelegen, dennoch wenig gekannt ist, vermöge seiner geographischen Lage aber berufen sein dürfte, früher oder später eine vielleicht nicht unbedeutende Rollo in der Geschichte zu spielen. Zankapfel der Völker früherer Jahrhunderte, somit reich an geschichtlich-politischen Begebenheiten, von der Natur in mancher Beziehung verschwenderisch ausgestattet und mit genügenden I Hilfsmitteln versehen, eigentümlich in seinen Institutionen, in Sitte und Gebrauch der Bewohner, bietet dieses Land jedem Reisenden reichhaltigen Stoff zu beurtheilenden Parallelen. Die niannichfachcn Eindrücke, welche ich während eines 15monatlichen Aufenthaltes und vielfacher Reisen daselbst empfing, versuchte ich, von dem Nutzen derartiger Mittheilungen überzeugt, in den folgenden Blättern niederzulegen, und übergebe nun das Resultat meiner Beobachtungen und ergänzenden Studien der 0Öffentlichkeit Bei Abfassung des vorliegenden Werkes war ich stets von dem Bestreben geleitet, ein möglichst vollständiges Bild des Landes, der Bewohner und der Einrichtungen desselben in gesonderten und gedrängten Gruppen zu entworfen, Um jedoch zu diesem Ziele zu gelangen, musste ich Fachgegenstände berühren, denen ich vielleicht nicht vollkommen gewachsen war, die aber wegen der Vollständigkeit des Ganzen besprochen werden mussten. Demnach enthält diese Schrift folgende Hauptabschnitte: I. Geographisch-statistische Beschreibung. II. Ueber das Reisen im Lande; die Reisebcschreibuug selbst; die Schilderung Serajevos als Hauptstadt des Landes. III. Der Koran und die wesentlichsten Bestimmungen desselben; Sitten und Gebräuche der Bewohner, insbesondere die der mohammedanischen Bevölkerung. IV. Die Administration des Landes; Consulate und deren Zweck. V. Kurze Geschichte, die eingeführten Reformen und der gegenwärtige Stand der osmanischen Landmacht. Die geographischen Notizen dürften ziemlich reichhaltig sein. Ein Vergleich der bisher bestandenen mit der aus mehr als 500 von mir entworfenen topographischen Skizzen zusammengesetzten Karte wird dies in vielen Theilen darlhun. Das Krivaja, das obere und mittlere Narentathal, die Zagoria sowie andere Gegenden dürften kaum noch von Reisenden im geographischen Interesse betreten worden sein. Während mehrfache Gründe die Beigabc der eben erwähnten, in 4 Blättern bestellenden, im k. k. militär-geographischen Institut lithographirten Karte*) imthunlicli machten, liefert die Verkleinerung derselben, welche zu dem vorliegenden Werke angefertigt worden ist, ein recht anschauliches Bild der oro-und hydrographischen Verhältnisse des Landes. Von den in den Text eingedruckten Abbildungen sind Fig. 1 und 2 dem Archive des Klosters zu Fojnica entnoni- J Zu beziehe» vom Kartcnvcrsehleissamto des Kricgsminislu-riiiins und von Artaria iu Wien. Vorwort. VII inen, Fig. o, 5 und 10 sind Origihalentwüffe, die Abbildungen Fig. 4, 6, 7, 8 und 9 sind nach Photographien, Fig. 11 ist nach einem Bilde dargestellt worden. Die Reisebeschreibung beschränkt sich grösstenteils, mit Ausnahme einiger Episoden von allgemeinem Interesse, auf die örtlichen geographischen und topographischen Angaben, da ich, um Wiederholungen zu vermeiden, und um die Uebersicht zu ermöglichen, alles dasjenige, was auf Sitten und Gebräuche der mohammedanischen Bewohner und auf deren Religions-priueipien Bezug hatte, in die betreffenden Abschnitte aufzunehmen für nothwendig hielt. Der Sittenschilderung musste die Angabe der wesentlichsten Bestimmungen des Koran vorangehen, weil diese in vielen Fällen Einfluss auf die Lebensweise der Bewohner üben. Die Beschreibung der Sitten und Gebräuche war ich bestrebt, wenn auch nur in grossen Zügen, so doch in einem gewissen Zusammenhange zu liefern, indem ich den Mannten zuerst in den Hauptphasen seines Lebens (Geburt, Erziehung, Vermählung, Tod), und dann erst in seiner individuellen Lebensweise, je nach seinem Stande, darzustellen versuchte. Das Wenige, was von Sitten und Gebräuchen in den Rahmen dieses Abschnittes nicht eingefügt werden konnte, wurde mit Rücksicht darauf schon vorher an passender Stelle, in der Beschreibung der Hauptstadt Bosniens, aufgenommen. Der Abschnitt über die Administration enthält die Angabe der Behörden, die Zweige, die Art und die Eigentümlichkeiten der Verwaltung. Die Landmacht des osmanischen Reichs endlich, die den Staat gründen half, die durch das Lehnswesen Einfluss auf die politische Einteilung des Landes ausübte, und mit der Staatsverfassung innig verknüpft war, konnte nur als ganzer Körper in allen Theilen geschildert; werden. V111 Vorwort. Ich war bemüht, alle Verhältnisse ohne vorgefasste Meinung wahrheitsgetreu zu beurtheilen. Wenn es mir nicht gelungen sein sollte, den verehrten Leser in allen Punkten, wie Ich es gewünscht und redlich augestrebt habe, zufriedenzustellen, so wolle die Reichhaltigkeit sowie .mitunter die Schwierigkeit der zu behandelnden Gegenstände als Entschuldigungsgrund betrachtet, und dabei berücksichtigt werden, dass ich diese Blätter nur als einen Beitrag zur bessern Kenntniss dieses noch wenig gekannten Landes biete und, wie schon der Titel besagt, nicht den Anspruch erhebe, etwas Vollkommenes geliefert zu haben. Darüvab in Slavonien, 29. August 1867. Der Verfassen Inhalt. Erstes K a p i t e 1. Geographisch - statistische Beschreibung. A, Physikalische Verhaltuisse. Seite Dago............................ 3 Grenzen........................... 3 Flächeninhalt und Einwohnerzahl.............. 5 I. Gruppenweise Gebirg'sbeschreibung. 1. Detailbeschreibung.-der Wasserscheide in Ihrem nordwestlichen Zuge vom Dinaragebirge gegen die Unna und Abzweigungen ...................... G 2. Wasserscheide vom Ursprung der Sauna bis zum Ursprung des Verbas und Abzweigungen............. 8 3. Wasserscheide zwischen der Verbas- und der Zclesnica-qucllc, d. h. von der Zoe- bis zur Trescovica-i'laiiina und Abzweigungen.................... 11 4. Wasserscheide zwischen der Zelcsnica- und Sutinakaquelle (Zufluss der Drina) und Abzweigungen.........18 5. Wasserscheide von Voinik durch Montenegro nach Albanien und Abzweigungen..................27 II. Flüsse. 1. Die Save.......................31 Rechtsseitige Zuilüssc der Save.............32 Zuflüsse zur Save zwischen der Bosna- und Drinanninduiig 37 2. Die Narenta.....................42 3. Der Ibar.......................45 III. Die Hochebenen und deren Bewässerung durch Schlundflüsse .........................46 IV. Allgemeine Bemerkungen über Gebirge und Flüsse . . 55 V. Tiefebenen, Sümpfe, Moräste, Landseen........56 VI. Allgemeine Charakteristik der Wege und Strassen in Bosnien und der Herzcgovina.............58 VII. Distanzmass.....................Kl VIII. Charakteristik der Ortschaften............62 IX. Klima, Naturproducte, Producte des Thierreichs, Mineralien, Thermen...................60 B. Politische Verhältnisse. I. Die Bevölkerung nach Confessionen......... 77 II. Bodencultur und Grundbesitz............ 83 III. Allgemeine Bemerkungen, Industrieproduction, Handel 84 Zweites Kapitel. Ueber das Reisen im Lande. Reisebeschreibimg. Serajevo. I. Ueber das Reisen im Lande..............89 „ II. Die Hauptverkehrswege Bosniens und der Herzegovina 95 Von Serajevo über Livno nach Sign...........96 Von Travnik nach Bihac.................97 Von Kljuc nach Resanovce................97 Von Travnik über ßanjaluka nach Novi..........98 Von Banjulaka nach Berbir (Gradiska).......... . 98 Fahrweg. Von Serajevo im Bosnathate nach Busud (Brood) . 99 Von Serajevo über Unter-Tuzla nach Bercka........99 Von Serajevo über Zvornik nach Raca..........100 Von Serajevo über Konjica, Mostar nach Mctkovic.....100 Von Neretva über Rama nach Livno...........101 Von Mostar nach Imoschi................101 Von Mostar über Stolac, Ljubinje nach Trcbinje......101 Von Stolac über Dabra nach Bilek............102 Von Mostar über Neveseny, Gacko nach Niksic......102 III. Vom Verfasser bereiste Haupt- und Nebenwege. Von Kostainica über Banjaluka, Rama, Imoschi nach Almissa 103 Von Ragusa über Gacko, Foea, Visegrad nach Serajevo . . . 109 Von Serajevo über Fojnica, Travnik, Vranduk und zurück über Zenica.....................118 Von Serajevo durch das Krivajathal nach Unter-Tuzla, Bercka, Samac, Brod und Rückweg über Tesanj, Komusina, Gucia- gora nach Serajevo..................124 Von Brood über Tesanj, Komusina, Guciagora nach Serajevo 128 Von Serajevo über die Hochebene von Zagorien, Utlok, Neveseny nach Mostar und von dort durch das Narentathal und über Kresevo nach Serajevo............133 Von Serajevo über Gorazda nach Novibazar........148 Von Serajevo über Zvornik, Tuzla nach Samac......168 IV. Serajevo (Bosna-Seraj).................175 Drittes Kapitel. Der Koran. Stufenleiter des Priesterstandes. Sitten und Gebräuche der Bewohner. Suite I. Der Koran und die wesentlichsten Bestimmungen desselben. 1. Kurzgefasste Lebensskizze des Propheten ........ 195 2. Der Koran...................... 197 3. Hauptgrundsätze und Sittenlehre........... 201 4. Prädestinationsglaube................. 218 5. Irrungen und Widersprüche im Koran......... 220 6. Gesetzeskraft habende Commentare.......... 222 7. Uebergang der geistlichen Macht vom Sultan auf den Priesterstand..................... 223 8. Fetva........................ 225 Stufenleiter des Priesterstandes............ 220 Der Scheich ul Islam (Herr des Glaubens)......... 226 I. Die Richter ................... 227 II. Die Muftis oder berathenden Gesetzgeber...... 227 III. Die Diener der Religion oder Priester....... 228 IV. Die Emire oder die nahen Verwandten des Propheten 228 V. Die Müdderis, Vorsteher oder Professoren...... 229 VI. Die Derwische.................. 229 Schlussbemerkungen................... 231 Charakter des Mohammedaners.............. 235 II. Sitten und Gebräuehe der Bewohner. 1. Der Islamite in den Hauptphasen seines Lebens..... 235 2. Individuelles Leben.................. 249 3. Moralischer Zustand................. 266 4. Häuserbau...................... 267 6. Zimmereinrichtung.................. 270 6. Tracht der Männer und Frauen............ 272 Viertes Kapitel. Die Administration des Landes. Die im Lande befindlichen Consulate. I. Politische Eintheilung. Bosnien........................ 283 Herzegovina ...................... 285 Centraibehörde . . ................... 285 Kreisvorsteher..................... 287 Districtsvorsteher.................... 287 Gemeindevorsteher ................... 288 Der grosse Verwaltungsrath (Medschlissi-kebir)...... 288 Das Mehkemeh oder das geistliche Gericht........ 289 Tnhkik-Medschlissi, das weltliche UnterBUChungsgericht . . . 289 Das Tüdscharet-Medschlissi, d. h. das Handels- oder Weehsel- gericht............mu . J........• 290 Art der Verhandlungen................. 292 Geschäftsgang...................... 293 Titulatur........................ 295 Privatcorrcspondenz................... 295 Gensdarmcrie...................... 297 Gefängnisswesen..................... 298 Sanitätswesen...................... 299 Geldwesen....................... 800 Zvvangscurs....................... 302 Mass und Gewicht.................... 303 Oeflfcntlkhfg Einkommen. Steuern und Abgaben (Riissum)............. 304 Zollwesen....................... 311 Ausfuhr aus Bosnien.................. 313 Einfuhr nach Bosnien................. 314 Postwesen........................ 315 Telegraphen wesen.................... 317 Allgemeine Bemerkungen über Administration, Bestimmungen über den Chattischerif von Giuliani', Durchführung desselben IJ18 Oeffentlicho Arbeiten.................. 322 II. Die im Lande befindlichen Consulate und deren Zweck :',;>!"> Fünftes Kapitel. Kurze Geschichte, eingeführte Reformen und gegen wärtiger Stand der türkischen Landmacht. Vorwort........................ 331 I. Gründung des Reichs der Osmanen. Errichtung der Piade und der .lanitseharen..... 332 Der .lanitseharen-Aga.................. 335 Die Generale des Corps................ , 335 Die Offiziere und die Symbole eines Regiments...... 386 Eint Heilung der Regimenter............... 3:57 Kleider, Bewaffnung, Besoldung, Starke und innere Organisation des Corps................... 338 Taktische Ausbildung und moralische Eigenschaften1 der .lanitseharen.................... 341 Die Reiterei...................... 342 Inhalt. XIII Seite Artillerie (Topdschi)................... 344 Extracorps....................... 347 Belehnte Truppen.................... 349 Belehnte Infanterie (Fusstruppen)............. 350 Die belohnten Reiter................... 351 Die Truppen der Paschas und Sandschakbegs ........ 352 Verschiedene Hälfstruppen................ 353 Die Garden des Sultans................. 353 Allgemeine Bemerkungen über das .ehemalige türkische Heerwesen und die Taktik der Türken........... 354 Aufruf zum Kriege (Kriegsmanifest)............ 356 Die Armee auf dem Marsche............... 357 Die Armee im Lager.................. 358 Die Armee im Gefechte................. 360 Beuteverthcilung.................... 30:5 Schlussfolgerungen ..................• 364 Verfall des osmanischen Heerwesens und veranlassende Ursachen 365 Nizami Dsehedid (neue Ordnung)............. 372 Vernichtung der .lanitseharen .............. 373 Fortgesetzte Reoiganisirungon.............. 376 Gegenwärtiger Stand der türkischen Armee. Grundzüge der Staatsorganisation............. 378 Politische Eintheilung.................. 378 Ausdehnung und Bevölkerung.............. 379 Oberbefehl....................... 379 Militärhierarchie..................... 380 Der Nizam (Linientruppen)............... 380 1. Zusammensetzung der Armeecorps.......... 380 2. Nizamtnippen in die Ordu eingetheilt........ 382 a. Infanterie.................... 382 1). Cavalerie (Süwari)................ 383 c. Artillerie (Topdschi)............... 384 ;>. Nizamtnippen, welche in die Ordu nicht eingetheilt sind 385 a — b. Die Artillerietmppen an den Seestrassen des Mar- marameercs................... 385 e. Das Geniecorps................t 38(5 d. Die selbständige Brigade auf Kreta........ 386 e. Die Gensdarmeric............... . 38<> f. Truppen in Bosnien............... 387 g. Das Artillerie-Handwerkerregiment........ 387 h. Die Admiuistrations• Arheitercompagnieu . . 387 Der Etedif (Reserve oder Landwehr)........... 387 1. Infanterie...................... 388 2. Cavalerie . . . .-................. 389 3. Artillerie . ,.................. 389 Die irregulären Truppen................ 389 1. Die Baschi-Bozuks.................. 390 2. Die muselmanischen Freiwilligen............ 391 3. Die Miriditen..................... 391 4. Die Jerli-Topdschis.................. 392 Die Armeeverwaltung.................... 392 1. Heeresergänzung................... 392 2. Militärschulen..................... 394 3. Beförderung..................... 395 4. Beurlaubungen.................... 396 5. Remontirung..................... 396 6. Gebühren . . . .................... 397 7. Unterkunft...................... 401 8. Bekleidungswesen................... 402 9. Sanitätswesen.............r....... 403 10. Transportwesen.................... 404 11. Armirung....................... 404 12. Militärctablissements.................. 405 13. Justiz............ . . . '.....-tm . 406 14. Uniformirung................. 406 Einige Bemerkungen über die türkische Armee ........ 408 Schlussbemerkungen..................... 411 Nachtrag......................... 415 Verzeiclmiss der Holzschnitte, Fig. 1. Landeswappen von Bosnien............. 119 ,> 2. Landeswappen der Provinz Primorien......... 119 » 3. Ein Arnaute.................... 155 ,> 4. Ansicht von Serajevo................ 181 » 5. Ein Rajah..................... 253 » 6. Türkischer Kaufmann................ 271 » 7. Ein Cavass..................... 272 » 8. Ein türkischer Beamter............... 274 » 9. Ein griechisches Mädchen.......... , 275 » 10. Originalentwurf einer mohammedanischen Bosnierin der untern Stände............1...... 277 » 11. Eine Türkin aus vornehmem Stande......... 278 Karte: Bosnien, die Ilerzegovina und Rascien. Erstes Kapitel. Greograpliisch- statistische Besclireibung. HüHKlEWICZ. 1 A. Physikalische Verhältnisse. Las«. Bosnien und die Herzegovina liegt zwischen dem 42° — 40' und dem 45° — 15*' der nördl. Br. und zwischen dem 33° — 22' und dem 38° — 45 ' der östl. L. ffaeiies. Im Norden bildet die Glina von Maljevac bis unweit Staroscllo (Grenzposten Kamen), sodann die durch Tschar-daken bewachte, auf der Karte ersichtlich gemachte Linie bis Topla, die Unna über Kostainica bis Jassenovac und. die Save von diesem Punkte bis zur Einmündung der Drina bei Raca die Grenze. Im Osten scheidet der letztgenannte Fluss bis zur Einmündung der Zcpa in dieselbe das bosnische Gebiet von dem serbischen. Zvornik gegenüber erstreckt sich das bosnische Territorium, ungefähr 1 Stunde im Halbkreise, auf das rechte Ufer der Drina. Von der Zepamündung an zieht die Grenze abermals auf dem rechten Ufer der Drina, umschliesst den Stolac, die Biela, Usiel-Planina und die letzten Abfalle des Bjelo Brdo. Serbische Tscbardaken bezeichnen sie bis zum Grenzposten Podzigla in der nächsten Nähe der Einmündung des Uvac in den Lim. Von diesem Posten aus bildet der Uvac ungefähr 7 türkische Stunden hindurch (3 Stunden nordöstlich von Nova Varos) die Grenze, worauf sie durch den Gebirgskarnm der Muretina-Planina, durch das Macbnat, das Javor und die Solnia-Planina (letztere in einer Ausdehnung von 11 Stunden) gebildet und durch Cordonposten bezeichnet wird. Unweit Raska läuft die Grenze längs dem Flusse Ibar bis zu dem Orte Jarenjc, von wo aus sie längs der rechte» Thalwand desselben Flusses, und ungefähr 1 Stunde von diesem entfernt, bis in die Gegend von Mitrovica sich erstreckt. l* Im Sil den wendet sich die Grenze von Mitrovica aus in einem 2 Stunden im Halbmesser betragenden Bogen abermals zum Ibar, läuft wahrend l Stund«! längs diesem Flusse, sodann auf dem Kamm der Mokra-.Planina, von dieser nordwärts ziehend, zur Kru-sevica-Planina und zum Lim bei dem Borte Bioce. Innerhalb dieser Sirecke ist die Grenze nicht genau anzugeben, die türkischen Behörden selbst dürften nicht im Stande sein, dieselbe zu bezeichnen. Die Einmündung der Yranjuslica in den Lim bezeichnet den dreifachen GrenzSCheidepUnkt zwischen Bosnien, Albanien und Montenegro. Von diesem funkte läuft die Grenze längs dem ebengenannten Bache bis zur Quelle, sodann in gerader Linie bis /um Gikva .h'zcm fOehttgssee)^ von dort, das Gebiet von Ko-Jasin in einem Bogen im Süden uinschliesseiid, in nordwestlicher Richtung zum Ornicaberge, und in westlicher, dann südwestlicher zum Vojnik, endlich in gerader Bichtung nach Süden ziehend zur Schliindmündung der Malica. Der letztgenannte Flüss bilde! bis zur Einmündung der Goro-porjska-Bjeka in den Slanosee die. Grenzscheide. fohl Slanosee läuft dieselbe, über die Kitta, Pomelenik-Planina zum Vuei Zub (triplex confinum), sodann bei dem Dorfe Mokrine in das Thal Suttorina zum Busen von CastelnuövdJ Im Westen bis zum Hafen von Kiek bei Imotica bilden das dalmatinische Grenzgebirge des Drinji und das des Üebeli-Vrch die Grenze. Die Meeresküste von imotica bis gegen Slivno, in der Ausdehnung von 1 Meile in nordwestlicher Bichtung, gehört zur Herzegowina, während die Grenze sich ostwärts zum Zaböberge wendet, um von dort aus eine nordwestliche Bichtung zur Narehta bei Melkuvic zu nehmen. Weiterhin berührt die Grenze das Dorf Blasinac, "Vertovic, umschliesst in einem gegen Ost gewendeten Bogen Imoschi, verfolgt ohne besondere Anhaltspunkte im Terrain bis Arzano dieselbe Bichtung und erhebt sich von hier aus auf den Kamm der Prologkeüe, welcher bis zum Dinara das dalmatinische Gebiet von dem bosnischen trennt. Flächeninhalt und Einwohnerzahl. 5 Vom Dinaraberge aus wendet sich die Grenze durch das Ballsnjcathal zur Unna, läuft längs derselben bis Armaiu, erstreckt sich sodann, die Unna verlassend, in fast gerader Richtung bis zum Grenzposten Zavaljc (l/2 Stunde westlich von Biliar), und zieht von da über Tarzac längs der Koranna bis Studio, endlich von dort über Yaüsclo nach Maljevac an die Glina. Fliicheiiinhalt und Einwohnerzahl. Da in Bosnien weder eine Katasteraufnahmc noch eine Landesvermessung oder Volkszählung bis-jelzl vorgenommen worden ist, so kann auch der Flächeninhalt und die Einwohnerzahl des Landes nur annäherungsweise angegeben werden. Wir durften jedoch der Wahrheit am nächsten kommen, wenn wir, wie es gewöhnlich geschieht, annehmen, dass Bosnien 760 □ M. mit 796000 Einwohnern, Die Herzegowina 220 QM. mit 230000 Einwohnern, und der Diötrict \0 Schritt breit. Ober-, inner- und unterhalb Serajevo ist sie achtmal überbrückt. Sie nimmt rechts liehst einigen unbedeutenden Bächen die Mosiainica und Kosava, links die Paostica und Dobrinja auf, welch letzlere an der llauplslrasse ebenfalls überbrückt isl; ferner die Vogoseia oberhalb lian-Seminova und die Slabnja, welche in der Zarudzje-Planina entspringt, in einem von Fels- und Waldgebirge eingeschlossenen Thale gegen Süden Iiiesst, nach Aufnahme der gegen Nordwest lliessenden Ccrna-Bjeka sich gegen Westen wendet und nun, ein breites fruchtbares Thal durchmessend, bei Slabnja-Ifan 40 Schritt breit in die Bosna mündet. Die dem Ilauplllusse zueilenden Bäche und zwar die Pod-vinca, Podviniacka, Terslienica, Crosnica, Ribnica und Babina sind kaum neunenswerth. c) Die Krivaja entsteht aus dem Zusammenflüsse der auf dem Visocnik entspringenden Bioslica, welche den Pjenovao, die Stubcanica und Oaboviea aufnimmt, und aus der Blei führenden Olova, die nach der Vereinigung in der Nähe des Marktfleckens Olovo die Krivaja bilden. Dieser Fluss bau in seiner Hauptrichlung einen westlichen Lauf, ist anfangs von hoben Felswänden, sodann im Mittel- und Unterlaufe von hnhein Waldgebirge eingefasst, hat felsiges Bett, ist reissend, führt Felslrümmer und mündet ungefähr 80 Sehrill breit, 4 Fuss lief, bei Zavidovic in die Bosna. Bei Viaka, Carev-Han und Gosovica führen Siege über denselben.- Er nimmt rechts den Grabovac, die Distica und die Ribnica mit der Zelava, links die Ti'ibia, Dubosica nebst andern unbedeutenden Bächen auf. Weitere Zuflüsse der Bosna sind: die Bukovica, welche in der Kralica-Planina entspringt und bei Maglai mündet, und d) die Spreca; diese entspringt in der Vilia-Planina, 2 Stunden westlich von Zvornik, fliesst in nordwestlicher llauplrichlung in einem breiten und gut angebauten Thale, welches sich bei Baliavic südwestlich von Unter-Tuzla und an der Mündung verengt, wird im Unterlaufe wasserreich und ergiessf sich bei Slaniearjeka fast 70 Schritt breit und 3— 4 Fuss tief in die Bosna. Oie Gebirgsfüsse des mächtigen felsigen Konju und dessen Verzweigungen begleiten den Fluss am linken, jene der Majevica, des Betajn und Tribovo am rechten Ufer Sie ist hei Slipovopolje überbrückt und hat 2 Stunden westlich von Tuzla und bei Slaniearjeka Ueberfuhrsplatten. Deren Zuflüsse links sind: derPoprac, die Mala-Spreca, die Gracanicka-Rjeka, die Oskova (Torrente), der Gostilj, die Turia und die Soskova; rechts die Perujavina, die Dubnica, Ribaja, Jalla (der bedeutendste Nebertfluss) mit der Solina, ferner einige unbedeutende Wasseradern, dann die Dojnicka, Lesnja und Gracaniöka-Rjeka. Zuflüsse zur Save zwischen der Bosna- und Drinamündung. Die Tolisa entspringt in den nördlichen Abzweigungen des Re-lanj, der Gojmir in der Ebene östlich von Slalina, die Mresnica östlich von Gradacac, die Perkovica (Sirkavina) in der Ebene nordlich Blazevica, endlich die Tinja, welche aus der Grossen und Kleineu Tinja in der Majevica entsteht, südlich, von Srebrnik. Die letztere tritt erst nach sechsstündigem Laufe durch das Gebirge und nach Aufnahme der in der Karte ersichtlichen Bäche in die Ebene, wo sie nebst der Bercka als der bedeutendste der eben genannten Nebenflüsse der Save, zueilt. Alle diese Zuflüsse sind unbedeutend und überall zu durchwaten, an der Mündung sind dieselben für den von Samac nach Bercka führenden Fahrweg überbrückt. In der Ebene haben diese Flüsse niedere und sumpfige Ufer. 5) Die Drina entsteht aus dem Zusammenflusse der Piva und Tara bei dem Dorfe Hum 4 Stunden südwestlich von Foca, weshalb wir mit der Beschreibung dieser Flüsse beginnen. Die Piva wird aus dem Zuflüsse der Tusina, Bukovica, Ko-marnica und ßila gebildel, Iiiesst als reissendes Gebirgswasser durch ein hohes felsiges Thal und ist beim Kloster Piva überbrückt. Die Tara entsteht am Fusse des Korn aus der Vereinigung der Margarica und Verusa, durchfliegst in nördlicher Etichtung das Gebiet von Kolasin, ist von hohen felsigen Thalwänden eingefasst, nimmt bei Kolasin die Kapilanova-Rjeka auf, und vereinigt sich über 50 Schritt breit bei Huin mit der Piva. Sie wird bei Jezero, Leveri und Tepsa mittels Kähnen übersetzt. Von Hum bis Foca hat die Drina noch einen nördlichen Lauf, wendet sich von hier gegen Osten, fliesst in vielen Windungen zwischen hohen Fels- und Waldgebirgen bis Visegrad und von hier in nördlicher Hauptrichtung unter fast gleichen Verhältnissen von der Zepa-mündung an, die Grenze bildend, bis Zvornik, wo das Thal breiter wird. Bei Jauja tritt der Fluss in die Ebene, sich vielfach verzweigend, und mündet Raca gegenüber in die Save. Die Drina ist reissend, hat im Ober- und Mittellaufe grösstenteils felsiges Bett, ist von Hum au nicht mehr zu durchwaten, bei Foca 100, bei Visegrad 170, an der Mündung 3 — 400 Schritt breit und von Ljubovia an für kleine Fahrzeuge schiffbar. Stromschnellen und Felslrümmer lassen eine Geschiffimg weiter aufwärts gegen Visegrad nicht zu. Bei letztgenanntem Orte ist eine schöne steinerne Bogeiibriicke (mit elf Pfeilern) über die Drina gebaut. Ueberfuhren bestehen bei Huna, bei dem Dorfe Brood oberhalb Foca, bei Ustikolina, Gorazda, Medzidzje, Ljubovia, Zvornik, Los-nica, Janja, Balalun und bei Raca. Der Drina Zuflüsse links sind: a) Die Sutinska, entspringt am hohen Volujak, fliesst anfangs in nördlicher, dann bis zum Durchbruche bei Proscjenica in östlicher, sodann abermals in nördlicher Ilauptrichtung und mündet unterhalb BasLaci in die Drina. Der Fluss ist bis Tientisfa von hohen senkrechten Felsen eingeschlossen, von hier abwärts wird das Flussthal breiter, ist bewaldet und nur wenig angebaut. Bei Proscjenica (Pirlitor auf der Kiepcrl'schen Karte) durchbricht der Fluss die imposanten Felsmassen des Sedlo und des Yolujak und bildet einen 60 Fuss breiten Felspass, wo zur Zeit der serbischen Kaiser eine Passsperre bestand. Noch jetzt sieht man auf den Felskuppen die letzten unbedeutenden Reste, eines ehemaligen Schlosses. Die Sutinska hat einen raschen Lauf und ist reich an Felstrümmern. In dem Passe selbst, wo der Weg streckenweise in den Fels gehauen ist und streckenweise im Flussbett führt, ist sie dreimal und unterhalb Tientisla einmal überbrückt. Sie nimmt einige unbedeutende Bäche auf, deren Namen nicht zu erfahren waren. b) Die oberhalb Foca einmündende Bistrica (der Ullokfluss der Kiepert'schen Karte) entspringt als Drobopolska am Verbindungssattel zwischen der Treskovica und der Jahorina-Planina, ist eine im bewaldeten Thale (liessende Torrente, jedoch bei normalem Wasserslande überall zu durchwaten. Die Kolona und Odschka sind unbedeutende Bäche. c) Die Praca entspringt in der Gola Jahorina, durehfliessl in südöstlicher Richtung den Ort Praca, hat einen schnellen Lauf, ist von hohen bewaldeten Bergen, im Unterlaufe von Thalwänden felsiger Beschaffenheil eingefasst, und mündet ungefähr 40 Schritt breit 1 Stunde unterhalb Gorazda in die Drina. Sic wird an der Mündung vermittels einer elenden hölzernen Brücke übersetzt. d) Die Zepa entspringt am Berge Zep, fliesst anfangs durch ein Haches Thal, hat stellenweise sumpfige Ufer, ist im Mittelläufe durch hohe iheils felsige, theils bewaldete Gebirgsabßtle eingeschlossen, fliesst kurz vor der Mündung zwischen Felswänden und mündet unterhalb Vratar über 30 Schritt breit. Bei dem Dorfe Zepa führt ein Steg über dieselbe. Die Krisevie.'i entspringt in dem Beiglande südwestlich von Srebrnica und mündet 1 xl.i Stunde unterhalb des Dorfes Mihailovic in die Krina. Unter den vielen unbedeutenden Zuflüssen dieses Bai lies ist die Cervenica wegen der chemischen Bestandtheäe ihres Wassers bemerkenswert!). Sie entspringt bei Srebrnica, durehfliessl die Stadl und erreich! nach kurzem faule die krisevica. Ihr Wasser kann von niemand genossen werden, ohne Erbrechen zu erzeugen; kein lebendes Wesen ist in demselben aii/ulrcfl'en. Grund und Kiesel ist mil einer liniendicken rothen, lösbaren.....I färbenden Kruste überzogen, und die Bewohner der Umgebung benutzen das Wasser als Färbemittel, indem sie Kuh- und Schafhäute in den Bach versenken und diese nach 36 48 Stunden schön schwarz und dabei dauerhaft gefärbt emporheben. Professor V. Kletzinsky in Wien, welcher die Güte halte, eine von mir mitgebrachte Probe dieses Wassers zu analysireo, sagt: „Das zur Untersuchung überbrachte Wasser zeigt ekelhaften Geschmack, saure Reaction, einen rostigen Belag am Glase, besitz! keinen nachweisbaren Gasgehalt und enthält in 10000 Theilen: 12.484 Theile festen Rückstand bestehend aus: 0.635 Theilen Gips (scliwefelsaiieriii Kalk), 0.034 Theilen Glaubersalz (schwefel-sauerm Natron) und 11.815 Theilen Eisenvitriol (schwefelsauerm Eisenoxydul), welch letzterm Salze dieses Vitriolwasser seinen Geschmack und seine Eigenschaften verdankt." e) Die Drinaca entspringt als Kladina 2 Stunden westlich von dem gleichnamigen Orte in der Stoboria-Planina, fliesst bis Graboviea, wo sie den Namen Drinaca annimmt, in einem von hohen Gebirgen eingeschlossenen Thale, bildet einen Durchbruch unterhalb des Ban-Kolibaca und mündet im breiten Thale bei Kossierevopolje in die Drina. Sie ist au der Mündung 60 Schrift breit. Ihre Zuflüsse am linken Ufer sind unbedeutend; am rechten Ufer nimmt sie auf: die Tivca, welche bei Vlassenica entspring! und unterhalb Tupovari mündet, dann den Bach Suovarac und endlich den Jadar. Dieser Fluss entsteht aus dem Zusammenflüsse des Zeleni-Jadar und des Mali-Jadar. Der erstere entspringt im Javorgebirge, fliesst durch ein ziemlich breites und gut bevölkertes Thal in nordwestlicher Dichtung; der zweite entquillt der Kraljeva-Planina, fliesst in nördlicher Richtung, vereinigt sich nach kurzem Laufe bei Galov-llan mit dem erstem und mündet nun unter dem Namen des Grossen Jadar oder Jadar schlechthin, im nördlichen Laufe ein ziemlich gut cultivirtes Gebirgsthal durcheilend, bei Ivuslal 80 — 40 Schritt breit in die Drinaca. Der Zoleni-Jadar ist im Oberläufe unweit Pales, der Grosse Jadar bei Nova Kasaba überbrückt. Die nun folgenden Zuflüsse der Drina bis zur Mündung derselben in die Save sind: Die Josava, die Sapna, die Jaseniea, die Lokajuska, Pjelicka, Tavna und Janja, welche sämmtlich bis auf den letztgenannten Fluss, der fast 30 Schritt breit mündet, unbedeutende Bäche sind, Der Drina Zu IIiisse rechI s sind: ä) Die Gehotina, entspringt 3 Stunden südöstlich von Taslidzje (Plevlje) in der Babina und Kraljeva-Gora, hat die Richtung gegen Nordwesten, durchfliegst Taslidzje, sodann ein sehr wenig bewohntes und bewaldetes Mittelgebirgstbal, und mündet über 30 Schritt breit bei Foca in die Drina. Die sie begleitenden Gebirgszüge sind aus der Karte zu erstdien. Sie führt unter normalen Verhältnissen wenig Wassel- und ist bei Foca zweimal überbrückt. Sie nimmt auf beiden Ufern eine Menge unbedeutender Räche auf, worunter die liarasliua und Jugovina nördlich von Taslidzje die bekanntesten sind. b) Der Prisoj entspringt nordwestlich Gainica und mündet unweit Gorazda. c) Die Janina entsteht aus sehr kleinen versumpften Gebügstümpeln, fliesst anfangs in ziemlich breitem, angebautem, im Unterlaufe felsigem Thale und mündet bei dem Dorfe Baeva in die Drina. d) Der Lim entspringt an den Abhängen des 9000 Fuss hohen Kom und des Zljebgebirges im Districte Gusinje, durchmesst mit nördlichem Laufe den See Plava, wendet sich 2 Stunden vor Bjelo-polje nordwestlich, berührt Priepolje und mündet Medzidzje gegenüber in die Drina. Er fliesst fast durchgehends in einem von hohem Waldgebirge begrenzten Thale, ist an der Mündung 60—70 Schritt breit, von Felsen eingeengt und bei Priepolje schlecht überbrückt. Bei Hochwasser wird er bei Bjelopolje, Bardarevo, Priboi, Rudo und Stergacina in Kähnen (Plätten) übersetzt. Seine Zuflüsse sind links: die Krestica, Gradisnica, Vranjustica, Jallovica im Ober-, die Akocka, die Selasnica mit der Svezdanska-Rjeka im Mittel- und die Poblatnica im Unterlaufe; rechts die Lju-bustica und Dreka im Ober-, die Koceva und Miloseva mit einigen andern unbedeutenden Bächen im Mittel-, die Bislrica, Kratova, Godusa-der Uvac und die aus Serbien kommende Hrzava im Unterlaufe, welche alle bis auf die beiden letztgenannten nur unbedeutende Ge-birgsbäche sind. Der Uvac entspringt im Jadovnikgebirge, durchmesst, die Vappa mit der Jablanica aufnehmend, die Hochebene von Sjenica, fliesst in einem karstigen Gebirgsthale, bildet durch fast 7 Stunden die serbisch-bosnische Grenze, und mündet unterhalb Priboj fast 40 Schritt breit in den Lim, wo er überbrückt ist. Die Hrzava ist auf bosnischem Gebiete bei Jagodina überbrückt und fliesst in entern ziemlich breiten bewaldeten Thale bis Visegrad, wo sie in die Drina mündet, Auch im Orte führt eine hölzerne Brücke über dieselbe. Die Hrzava ist an der Einmündung 30 — 40 Schrill breit, jedoch im ganzen Laufe zu durchwaten. 2. Die Narenta. Dieser Fluss entsteht aus dem Zusammenlaufe zweier Bäche, und zwar des Krupac, welcher am .fabukagebirge, und der Pridvoricka-Rjeka, welche ziemlich mächtig am Berge Gredl entspringt. Heule bilden vom Vereinigujjgspimkle bei Pridvorica an die Narenla, welche von hier bis Konjica in nordwestlicher, bis zur Einmündung der Rama in westlicher Richtung fliesst, sich sodann nach Süden wendet, diese Richtung bis Buna behält, von hier einen südwestlichen Lauf annimmt, bei Metkovic das österreichische Gebiet betritt, und sich in mehrern Armen bei Fort Opus in das Adriatische Meer ergiessl. Sie hat eine vielfach wechselnde Tiefe und Breite. Bei Mostar beträgt die Tiefe 4 Fuss, die Breite über 60 Schritt, welche letztere gegen die Mündung bedeutend zunimmt. Von Kruseviea wird sie für kleine Kähne, von Metkovic für Dampfboote schiffbar. Die Narenta wird vom Ursprünge bis Konjica von hohen, theil-weise bewaldeten Felswänden begleitet, fliesst von hier bis Jablanica in etwas offenerm, theils bewaldetem, theils cultivirtem Thale, wird von da bis in die Höhe von Podporim von senkrechten 2 3000 Fuss hohen Felswänden eingeengt, und bildet oberhalb und unterhalb Mostar Thaierweilerungen. Von Buna bis unterhalb Pocitelj und bei Gabella wird der Fluss nur von massig hohen Gebirgsfüssen begrenzt. Bei Glavaticeva besteht eine hölzerne Brücke, bei Konjica und Mostar sind steinerne Bogenbrücken, von welchen die letztgenannte schon zur Zeit der Römer gebaut wurde. U e b e rf u hre n: bei Buna, Peeitelj und Metkovic. Bemerkenswerth ist eine Stelle der Narenta, '/4 Stunde oberhalb Mostar, wo das Wasser zwischen mehrern blos 2 — 6 Fuss breiten Felsspalten durchmesst, wodurch sozusagen eine natürliche Brücke gebildet wird, die bei kleinem Wasserstande die Ueberschreitung trockenen Fusses ermöglicht und von diesem Umstände den Namen „Skakati", d. h. zu überspringende Stelle, führt. Die Greiselica, welche unterhalb Ullok, die Verchovina, die bei Glavalicevo, die Tesainica und .Trisnjevica, welche beide unterhalb Konjica der Narenta zulliessen, sind unbedeutende Bäche. Grössere Zuflüsse der Narenla sind rechts: a) Die Neretva oder die Kleine Narenla, entspringt in der Bitovnja-Planina, lliessl in schönem, breitem und angebautem Thale und mündet 3 Stunden unterhalb Konjica 20 Schritt breit in die Narenla. b) Die Rama entsteht als Schlundtluss am Fusse der Dragusa-Pianina bei dem Dorfe Varvara, durchmesst den fruchtbaren Ramakessel, läuft dann in einem von hoben Gebirgen eingeschlossenen Thale. und mündet 30 Schrill, breit 2 Stunden unterhalb össdo in die Narenta. Bei Stil, und Uzdo sind hölzerne Brücken, an der Mündung eine steinerne Brücke. Die Dolianka ist unbedeutend. Bemerkenswert!! sind die Zuflüsse c) Perulac und d) Proporae, welche beide l/2 Stunde unterhalb Jablanica als mächtige Schlundbächc dem Uferfels entquellen, und von einer über 80 Fuss beiragenden Höhe schäumend der Narenla zustürzen. e) Die Diva Orabovica entspringt der hellen felsigen Gverstnica und mündet dem Dorfe Luksa-Grab gegenüber. f) Die Drczniea hat ihre Quellenim Vrangebirge und mündet nach sechsstündigem Laufe in einem von kahlen Felsen eingeschlossenen Thale, 25 Schrift breit, 4 Stunden unterhalb Jablanica in die Narenta. g) Die Vojna, Schlundbach hei dem gleichnamigen Orte, mündet nach einem kaum 60 Schritt langen Laufe. h) Die Lisfiea entspring! am Gabul.jagebirge, wird in der Nähe des Klosters Siroki Brieg durch eine zweite Quelle, die einem Schlünde des Berges Geruac entquillt, genährt, fliesst anfangs südlich, dann östlich, durchläuft den Sumpf Moslarski-Blafo in einer Länge von 2l/.i Stunden, und verschwindet unter der llöhonverbindung des Hunl und des Nemacko Brdo westlich Mostar. Bei Milkovic trifl der Fluss in die Ebene von Mostar, nimmt den Namen Jassenica au, fliesst in südöstlicher Richtung und mündet fast 40 Schrill, breit unweit Buna in die Narenta. Sie ist bei Siroki Brieg und bei Buna überbrückt. Sie nimmt auf links: die Geruasfica und den Svalie, rechts: die von Gvozd kommende Ugrovaca und den von Vrannic kommenden Brazovac. i) Der Trebisät entsteht aus der Vereinigung mehrerer Karstbäche in der Gegend von Imoschi und Vergorac, fliesst in raschem Laufe südöstlich von Veliace an in breitem, gut cultivirtem Thale und mündet bei Slruge in die Narenta. Westlieh Ljuhiiska, bei Priboj und bei Struge ist der Fluss Überbrückl Her Narenta Zuflüsse links sind; Die Gvoznica, Bach, unterhalb Ullok. a) Die Stranina, Welche im Prenjgebirge entspringt, den kleinen See Jezero (an der von Konjica nach Mostar führenden Strasse) im östlichen Laufe durchfliesst, und als Vlaeh-Rjcka unterhalb Glavaticevo in die Narenta mündet. hie Biela oberhalb, die Tissevica unterhalb Konjica. Die Lagosi'iea bei Jablanica. Die Biela ■> Stunden nördlich von Mostar. b) Die Buna entquillt als wasserreicher Fluss einer felsigen Höhle unterhalb der Ruine Blagaj, ist im ganzen Laufe fast 100 Schritt breit, 2— 4 Fuss lief, fliesst in südwestlicher Richtung und mündet nach dreistündigem Laufe bei Runa in die Narenta, wo eine steinerne Brücke über sie fuhrt. Die Iiisina, deren Thal in das der Buna ausmünde!, führt nur nach heftigen Regengüssen Wasser. c) Die Bregava entspringt am Trusinagebirge 2 Stunden nordöstlich von Stolac, fliesst bis dahin in tiefem, felsigem Thale, welches sich von hier an erweitert, tritt bei Prebiloee in die Ebene und mündet (50 Schritt breit bei Gaplina in die Narenta. Sie ist bei Sfolae zweimal (steinerne Brücken) und bei Prebiloee einmal über-brückt. An der Strasse Mostar-Metkovic" besteht eine lieberfuhr. d) Die Kruppa entsteht aus dem Ulovo-Rlato (Sumpf), hat einen westlichen Lauf, sumpfige Ufer, kann aber an den meisten Stellen durchwate! werden und mündet bei Doljanc in die Narenta. :i. Der Ibar. Geber den Ursprung oder die Bildung und den Lauf des Ibar ist wenig bekannt. Die Mokra, welche in der Mokra-Planiua entspringt, hal einen Östlichen Lauf, ist einer der Zuflüsse des Ibar. Bei Mitrovica wendet der Ibar gegen Norden, bildet von Jareny an die Grenze und durchfliesst unterhalb Raska serbisches Gebiet. Er nimmt bei Raska den gleichnamigen Fluss auf, welcher 4 Stunden westlich von Novibazar entspringt, links die Ludska und Dezeva, rechts die Jassanica, Trnava, die Ilicka, alle in der Nähe von Novibazar aufnimmt, und über 50 Schrill breit in den Ibar mündet. Die über die vorerwähnten Flüsse besiehenden Brücken, Siege und Ueberfuhrsplätten sind meistens sehr schadhaft. III. Die Hochebenen und deren Bewässerung durch Schlundflüsse. Die Kesselformationen beginnen schon südlich des Breitengrades Bilme-Banjaluka, nehmen gegen Süden und Westen des Verbas, dem Karstcharakter der Gebirgszüge entsprechend, immer grössere Dimensionen an und verdienen der reichlichem Bewässerung und der hohen Lage wegen mit der zunehmenden Grösse den Namen von Hochebenen. *) Wenn man jedoch die Gcbirgsverzweigungen auf der Karte, ohne sich in Detailstudien einzulassen, mit Einem Blicke umfassl, so wird man leicht erkennen, dass (im allgemeinen) die nördliche und nordöstliche Abdachung der Wasserscheide Thalformationen, die südwestliche Abdachung derselben aber Kessel- und Beckenformen enthält. Die Hochebenen sind gewöhnlich im Verhältnisse zur allgemeinen Bevölkerung des Landes stark bevölkert und demgemäss ziemlieh gut angebaut, doch steigert sich sowol die Bevölkerung als die Feld-cultur auf den Hochebenen vom Breitengrade Glamoc- Kupres an gegen Süden. Die Ursache dieses verschiedenen Ansiedelungs- und Gullurver- ') Hochebenen von geringer Ausdehnung sowie auch Tiefebenen erhalten gewöhnlich die Bezeichnung „Polje" (Feld). hältnisses dürfte in dem Umstände zu suchen sein, dass die spärlich vertheilte Bevölkerung nördlich der Linie Glamoc-Kupres* genügenden Ansiedelungsraum und guten Boden in den angrenzenden Thälern fand, während die Bewohner des sterilen Karstgebietes der Herzegovinä auf tue Gultur der Lebensunterhalt gewährenden Thäler und auf die glücklicherweise reichlicher bewässerten Hochebenen beschränkt blieben. Die nun beginnende Delailbcschreibung der Hochebenen folgt der Richtung von Nord nach Süd. Die Hochebene von Bilaj und Petrovac wird im Norden von der Germec- und Srnalica-Planina, im Osten von der Sainovac, im Süden von der Grljevica-Planina und von dem Bilaisko Brdo begrenzt, ist im Westen nicht abgeschlossen, hat eine Ausdehnung von 5 — 6 Stunden in die Länge und von lx/% — 2 Stunden in die Breite, ist massig angebaut und bevölkert, und trägt von Westen gegen Osten hin die Namen Lipovo-Bilaisko-Medeno-Petrovaiko oder auch Vedro-Polje. Diese Hochebene wird nur durch ein unbedeutendes Bächlein, die Covka, bewässert. Das angrenzende Bravsko-Polje wird durch die waldigen Gebirgszüge; des Germec, des Prissika und der Srnatica eingeschlossen, hat eine Ausdehnung von nur 1 — 1% Stunden Länge und Breite, ist ressourcen- und wasserarm, da nur Cisternen den Wasserbedarf liefern. Die Kesselbildungen, die in der Strecke von Banjaluka und Sitnica vorkommen und durch die Gebirgsverzweigungen der Kuka-vica-und Dobrinia-Planina entstehen, führen den Namen Hochebene von Dobrinia und Hochebene von Hidin Megdan (der letztgenannte Name stammt von den dort befindlichen uralten Grabsteinen). Sie sind kahle Hutweidellächen, wenig bewohnt, ferner schlecht und nur periodisch bewässert. Die Hochebene Podrasnica bildet der Form nach ein Breieck von 1%. Stunden Länge, wird im Norden und Osten von der waldigen Kragujevaca, im Süden und Westen von der Lissina-Pianina und vom Dimitor begrenzt, durch die Gadjavica, die unter der Kragujevaca verschwindet, reich bewässert, ist jedoch sumpfig, nur schwach bevölkert und wenig bebaut. Die Hochebene von Grahovo, welche sich in Gorni- uml Dolni- (Ober- und Unter-) Grahovo-Polje theill, hat südüsHiebe Ausbreitung und liegt am östlichen Fusse des Dinara, des Gnjat und des Mracai, am westlichen Fusse des Jadovnik - sowie, des Sator-gebirges. Diese Hochebene dehnt sieh ungefähr A Stunden in die Länge, 1 Stunde in die Breite aus, ist gut bevölkert und angebaut und durch die Zvizda-Rjeka (Dach) bewässert. Ueber die Ausdehnung und Beschaffenheit der Hochebene von Sinokossa ist wenig bekannt. Sie soll absolut höher liegen als die bisher genannten, wird in Osten muh ¥itorog, im Westen von der Herbine und der Grna-Gora begrenzt, ist sehr schwach bevölkert, wenig eultivirt und sumpfig. Die Hochebene von Livno (oder das Livainsko-Polje) wird im Osten von dem Staretina- und vom Gerbicagcbirge, dem Krug und der Jollovica, im Süden von unbedeutenden Höhen, im Westen von der Prologkclle, deren Flüsse sich im Norden mit der Staretina verbinden, umgrenzt, hat eine Länge von 12 und eine durchschnittliche Breite von*2 Stunden, eine südöstliche Lage, ist ziemlich gut bevölkert und eultivirt. Das Livainsko-Polje wird durch die Bistrica bewässert, welche ziemlich mächtig einem Felsen bei Livno entquillt, den Zahljak, die Sludba und den Brinabach aufnimmt und nordwestlich Iiiessend m einem Schlünde der .Prologkette verschwindet. .Man betrachtet die Gettina als die Fortsetzung dieses Flüsscheus. Die Bistrica ist öfter überbrückt, fast 40 Schrill, breit, 2—3 Fuss lief, hat Sumpfige Ufer und überschwemmt im Frühjahr und bei Hochwasser einen grossen Theil der Hochebene. Die Hochebene von Glamoc (Glamoeko-Polje). Der Urin Yrch und die Herbine im Osten, der Grosse Gincer im Süden, die Gerbica und Staretina im Westen, und die Verbindungsfüsse mit dem erstgenannten Gebirge im Norden umschliessen diese Hochebene, welche von der unbedeutenden Vrba durchflössen wird. Sie. hat t eine Ausdehnung von 6 Stunden in die Länge und % — 2 Stunden in die Breite und ist in der unmittelbaren Umgebung von Glamoc ziemlich stark bevölkert. Die Hochebene zieht sich im Nordwesten bis gegen Rore hin und ist in dieser Strecke von kahlem Hügellande erfüllt. Diese Gegend ist wegen ihres kräftigen Pferdeschlages berühmt, doch hat dieser seit dem letzten Kriege durch übermässige Requisition und im Jahre 1862 durch die Pferdekrankheit sein- gelitten. Die Hochebene von Kupres wird im Nordwesten von der waldbedeckten Karnoguika, Plasenica und dem Slozer, im Südosten von den Abfällen der Radusa, im Westen vom Malovan- und Viloroggebirge begrenzt,, bildet einen Triangel von 2 — 4 Stunden Seitenausdehnung, ist sehr fruchtbar und wird durch den dem Slozer entquellenden Milaebach bewässert, welcher, nach südwestlichem Laufe sich in zwei Arme Iheileud, unter dem Berge Jaram und unter dem Male vi i n verschwinde t. Südlich dieser Hochebene und nur durch einen liefen Sattel geschieden, dehnt sich die Hochebene von Duvno aus, welche östlich von der Ljubusna-Paklina und der Orugla-Planina, südwestlich und westlich von der Midenn-, Tissovica- und Jellovica-Planina und nördlich vom Kovacgcbirge eingefasst wird, der Form und Richtung nach ein schiefsiebendes mit der Langseile gegen Süden gerichtetes Kreuz bildet und mit dem Namen Duvno bezeichnet wird, wiewol eine Orfschaft dieses Namens nicht vorhanden ist. Diese Hochebene ist 4 Stunden lang, 1-—3 Stunden breit, bat sterilen, wenig angebauten Boden und ist massig bevölkert. Zupanjac ist der Name des Hauplortes. Die Bergabfälle sind kahl und karsliger Beschaffenheit. Die Bewässerung der Hochebene wird durch die bei Slarzani einem Fels entquellende Suica bewirkt, welche als eine Fortsetzung des Milac betrachtet wird, einen südlichen Lauf hat, unterhalb Zupanjac den Namen Drina annimmt,. 25 — 30 Schritt Breite, 1 Fuss Tiefe hat und unterhalb Seonica verschwindet. Roskiewioz. ?! Nebst den bisher benannten Hochebenen sind noch nordwestlich der Narenta erwähnenswerth: die Hochebene von Rakitno südöstlich von der obenerwähnten, welche die Zmianja bewässert, der Kessel von Rusko-Polje östlich von Arzano, die Hochebene von Posusje östlich von Imoschi, die von der Grabovica durchflössen wird, und die Hochebene von Brolnjo an der Narenla nördlich von Pocilclj. Alle diese Hochebenen sind im Karstterrain gelegen, von geringerer Ausdehnung und mit Ausnahme der letztgenannten schwach bevölkert. (Konfiguration und Ausdehnung genannter Hochebenen sind aus der Karte zu entnehmen. Innerhalb des durch die Narenta gebildeten nordwestlichen Ausbugs findet man auf dem Wege von Konjica nach Mostar die sterile Karstfläche der Bachfievica und an diese grenzend die Hochebene von Neveseny, welche die ausgedehnteste Bosniens und der Herzegovinä ist. Sie wird im Norden von den Karstabfällen der Lipeta-Planina, im Osten von den nur zum Theil bewaldeten Abfällen-der sägeartig gebildeten Felsmassen des Cervanjgebirges und vom Sviniac, der nach und nach zu der Bjelaslica ansteigt, begrenzt, im Süden von der Baba -Planina]) und im Westen von der zum grössten Theil bewaldeten Trusina-, Bukovica- und Velez- Planina eingefasst, welche zusammen in ihren mannichfalligcn Formen, Massen und Farben dem auf der Hochebene befindlichen Beschauer den prachtvollsten Pcrspcclivanblick gewähren. Das letztgenannte Gebirge ragt einige' lausend Fuss ganz isolirl empor und ist in den Spitzen kahl. Die Hochebene von Neveseny liegt 1800 Fuss über dem Meeresspiegel, hat eine durchschnittliche Breite von 2, eine Länge von 12 Stunden, ist sehr fruchtbar und wird von mehr als 1500 Familien bewohnt. Die Bewässerung bewirkt die Zalomska-Rjeka (auch Kolecka- J) Diese hat Aehnlichkeit mit dem Schneeberg südwestlich von Wiener-Neustadt. Rjeka genannt), welche 3/2 Stunde von Fojnica in der Bjelastica und im Javor entspringt, im Beginne Raseltca heisst, im nordwestlichen Laufe rcclits den von der Marine kommenden Moreski Potok aufnimmt, bei Kifino Selo in die Hochebene tritt, diese hier westwärts, sodann südwärts durchfliesst, und bei dem Dorfe Dukovica unter der gleichnamigen Planina in einein Schlünde verschwindet. Sie führt nur wenig Wasser, ist aber im Frühjahr und im Herbst bedeutend. Ebenso ist der Moreski Potok im Hochsommer wasserleer. Westlich vor Bralae wird die Zalomska-Rjcka vermittels einer steinernen Brücke übersetzt. Neveseny und Zalom sind kleine Marktflecken, jedoch die bedeutendsten Orte. Die Hochebene von Gacko bildet sozusagen die östliche Fortsetzung der Hochebene von Neveseny und ist nur durch einen niedrigen Sattel, der von der Bjelastica- und von der Baba-Planina gebildet wird, von der Hochebene Neveseny gefrennl. Sie führt die obenangegebene Bezeichnung, wiewol kein Ort gleichen Namens daselbst besteht, und umfasst unter dieser alle dort unter besondern Namen vorhandenen Ortschaften. Die Östliche Fortsetzung dieser Hochebene heisst Biela Dolina. Sie wird im Norden von den Abfällen des Javor, Pcnikol und vom Lcbcrsnikgebirge, im Süden von der Somina- und von der Baba-Planina eingefasst, liegt 2500 Fuss über dem Meere, ist fast 5 Stunden lang und 1—1 % Stunden breit, doch nur massig angebaut, da der Boden sumpfig und morastig ist. Die ziemlich wasserreiche Musica, welche ihre Quellen in der Gemerna-Planina hat und bei Lipuik die Hochebene betritt, durchläuft die Hochebenen in westlicher Richtung, erhält nach Aufnahme der Gracanica unterhalb Metokia den Namen des Zuflusses, nimmt weiter noch rechts die Ljesnica auf und verliert sich im Schlünde bei Medanic unter der Bjelastica. Dieses Flüsschen ist südlich von Metokia überbrückt. Lipnik und Metokia sind die wichtigsten Orte auf dieser Hochebene. Das Hochthal der Cernica schliefst sich südlich der Hochebene von Gacko an und ist von dieser nur durch einen unbedeutenden Höhenzug getrennt. Die ganz unbedeutende Cernica hat einen westlichen Lauf und verschwindet bei dem Dorfe Kljuc unter der Baba-Planina. Parallel zu den Hochebenen von Neveseny und Gacko und südlich von beiden breiten sich die Hochebenen von Bahra und Fatnica aus, welche beide nördlich von der Trusina- und Baba-Planina, südlich vom Kubas und den Ausläufern der Ljubomir-Planiua begrenzt werden. Sie haben 1—2 Stunden Ausdehnung, die in der Karle angegebene ('Konfiguration, sind schwach bewohnt, spärlich bebaut, gleichen Karstkesseln und weisen nur höchst unbedeutende Wasseradern auf. Als eine weitere östliche Fortsetzung der Hochebene von Fatnica können die Hochebenen von Plana undKorito betrachtet werden, welch«;, südwestlich von Rogove und von Bukove Vrch, südöstlich von der theilweise bewaldeten Troglava und nördlich von den Felsmassen der Baba-Planina eingeschlossen, durch den Planik voneinander getrennt werden und nur wasserlose, unangebaule und wenig bewohnte Steinwüsten bilden. (.Kistemen und das in eigens zu diesem Zwecke gebaute Steinböcken aufgefangene Regenwasser decken nur uolhdürftig den Bedarf au Trink- und Kochwasser. Südöstlich von der letztgenannten Karstfläche und östlich von der Somina-Planiua dehnen sieh die Steinflächen Golia und im üugagebirge das wenig bewohnte, jedoch bewässerte Gornje-Polje aus (s. Karte). , Die Hochebene von Niksic wird nordwestlich halbkreisförmig von den Abfällen des Kittagebirges unter dem Namen Boreva Kappa, dann von den steilen Abfällen des Dugagebirgcs, nördlich und östlich vom Priciski und Zderbonica Vrch, von der Kablena Glava und südlich vom Vjetrnigebirge begrenzt, und von der die montenegrinische Grenze bildenden Matica bespült, die in Montenegro am PuJti-Lisac ihren Ursprung hat, links die Goropolska, Mostanica, Zela und Gracanica-Bjeka aufnimmt, und an der Grenze in einem Ponor (Brunnen) verschwindet. Die genannten Zuflüsse sind unbedeutend und am Strassenzuge von Niksic nach Bilek überbrückt. Die Hochebene ist ziemlich fruchtbar und bevölkert. Die Stadt Niksic ist der Hauptort und der wichtigste Verkehrspunkt der Hochebene. Drei Stunden südöstlich von Stolac und 2 Stunden südlich von Dabra befindet sich die Hochebene von Ljübinje, welche westlich und nördlich vom Kubas, östlich von der Vidusa und südlich vom Za-valagebirge eingeschlossen ist, kaum 1 Stunde Ausdehnung und wenig Bewässerung hat, jedoch ziemlich fruchtbar ist. Südöstlich von dieser Hochebene ist noch der Karstkessel von .lassen an der Strasse Trebinje-Bilek gelegen, dann auf 5 Stunden nordöstlich hiervon die Hochebene von Bilek zu erwähnen, welche kaum 1 Stunde Länge und '/2 Stunde Breite umfasst, wenig bebaut, schwach bevölkert und von unbedeutenden Höhenzügen eingeschlossen, jedoch als militärischer Punkt gegen Montenegro wichtig ist. Bilek verdankt seine militärische Bedeutung — nebst dem Zusammentritte mehrerer Wege und der nahen Grenze —■ hauptsächlich dem Umstände, dass an dem südlichen Abstürze der Hochebene die Sprudelquellen der Trebincica zu Tage treten, die in den weit ausgedehnten wasserloseu Sleinwüsten die einzigen sind, welche grössern Truppenmassen den nöthigen Wasserbedarf liefern können, und somit die Ansammlung derselben in jedem Kriege gegen Montenegro an diesem Punkte herbeiführen. Das Hochthal der Trebincica. Die Trebincica entsteht am Fusse der Hochebene von Bilek an der Sohle einer felsigen Schlucht aus drei nebeneinanderliegendeh brunnenartigen Quellen, wird gleich am Ursprünge ziemlich wasserreich, hat anfangs einen südlichen, dann bis Trebinje einen südwestlichen, von hier, wo sie drei Arme bildet, einen nordwestlichen Lauf und verliert sich, indem sie sich in zwei Arme fheilf, mit dem kürzern westlich abbiegenden, bei Poljica, mit dem Hauptarme bei Hutovo unter niedern Höhen, welch letztere die Verbindimg zwischen dem dalmatinischen Grenzgebirge und den Ausläufern der Gradina-Planina bilden. Sie ist anfangs nur 20, unterhalb Trebinje jedoch 50—60 Schritt breit. Ihre durchschnittliche Tiefe beträgt 2 — 4 Fuss. Eine Stunde oberhalb Trebinje (Arslan-Agica-Most) sowie bei Slano ist der Fluss überbrückt und trägt bei Grancarevo und bei Trebinje Ueberfuhrsplätten. Das Thal ist anfangs von Felsen eingeengt, erweitert sich jedoch 1 Stunde unterhalb der Quelle, nimmt bei Kloster Dobricevo rechts die Gepeliea auf, wird sodann bis Trebinje von hohen bewaldeten Cebirgsfüssen eingeengt, nimmt unterhalb Trebinje den Mokrobach auf, und fliesst von dort in einem 1% Stunden breiten von Karst-felsen begrenzten Thale, welches Popovo-Polje benannt wird. Das Trebinsko- und Popovo-Polje ist ziemlich bevölkert und gut eultivirt. In der sogenannten Suma wächst der beste Taback, der unter dem Namen des Trebinjer Tabacks bekannt ist. Arn rechten Ufer der Narenta und 4 Stunden nordöstlich von Ullok breitet sich sozusagen auf dem Rücken der Wasserscheide die Hochebene von Zagorien aus, welche gegen Westen und Osten offen und nur von Hügoltcrrain abgeschlossen ist, im Norden von den Bergfüssen der kahlen und felsigen Treskovica, im Süden von jener der theil weise bewaldeten Vucia-Planina abgegrenzt wird. Sie hat eine Breite von lVa—2, von Westen gegen Osten eine Länge von 3 Stunden, ist sehr hoch gelegen, massig bevölkert, theilweisc angebaut und wird durch unbedeutende Schlundbäche bewässert, Frühjahr und Sommer, d. h. die schncelose Zeit, sind hier auf die Zeitdauer vom Monat Mai bis September beschränkt. Zwei Stunden nördlich der Zagoria dehnt sich — östlich von den Kuppen der Treskovica — der nur 1 Stunde im Durchmesser haltende Kessel der Krblina (Gerolle) aus, welcher, 'wie der Name besagt, einem unebenen Steinfelde gleicht, das nur von einzelnen Hirten bewohnt ist und nur Schafhccrden kümmerliche Nahrung gibt. An den tiefsten Stellen ist die Krblina sumpfig. Die Hochebene von Clasinac breitet sich auf dem Karstplateau und den südlichen Abfällen der Romanja-Planina aus. Sie hat eine Ausdehnung von 1% — 2 Stunden in der Länge und Breite, IV. Allgemeine Bemerkungen über Gebirge und Flüsse. 55 ist gut bevölkert, etwas angebaut, wird nordwestlich von waldigen, östlich und südlich von kahlen, sanften Höhen eingefasst und durch den unbedeutenden Resetnicabach bewässert. Auf dieser Hochebene vereinigen sich die Hauptstrassen, die von Zvornik und von Visegrad nach Serajevo führen. Oestlich von dieser Hochebene befindet sich der Kessel von Kosutica, der von der Lehova im westlichen Laufe durchflössen wird, die sich in der Gegend von Kusaca verliert. Nebst der ebengenannten Hochebene und dem Kessel von Kosutica findet man auf dem grossen karstigen Hochplateau, welches von der Romania, dem Semec, dann weiter nördlich von der Kopita-, Studena-, Batura-, Kraljeva- und der Vtiksic-Planina gebildet wird, eine Menge kesselartige Einsenklingen, die gewöhnlich schwach bevölkert, kahl und fast gar nicht angebaut sind. Die Bewohner erhalten das Wasser meistens aus Cisternen, in-denen das Begenwasser gesammelt wird. Hier und da gibt es wol auch Quellwasser. Zu den vorzüglichsten dieser Hochebenen gehören: An der Strasse nach Visegrad das Ivan-, Seliani-, Pesurici-, Semeö-Polje und östlich von Glasinac die Hochebenen oder die Kessel von Mrkale-, Arnautovic-, Kraljevo-Polje u. s. w. Die Bildung der Hochebenen sowie auch jene der Kessel wiederholt sich in der Strecke zwischen Sjenica und Novibazar, wo ebenfalls Karstformen vorherrschen. \ IV. Allgemeine Bemerkungen über Gebirge und Flüsse. Trotz des Karstcharakters, welchen sämmtliche Gebirgszüge der Herzegovinä aufweisen, ist doch ein zur Meeresküste paralleler Zug derselben, und von der Wasserscheide gegen die Prologkette zu (mit Ausnahme der letzfern) eine in der Höhe immer mehr abnehmende Tcrrassenbildung nicht zu verkennen. Diesem von Nordwest gegen Südost gerichteten Zuge der Gebirge in der Herzegovinä entsprechend, reihen sich auch die Hochebenen naturgemäss derselben Richtung folgend an, wie dies aus der Lage der Hochebenen von Neveseny und Gacko, von Dabra, Fatnica, Plana, Ljübinje, Jassen sowie aus dem Laufe der Trebinöica zu ersehen ist. Auch nordwestlich von der Narenta ist, wenn auch weniger deutlich, dasselbe System der Gebirgs- und Beckenbildung zu erkennen. Ueber den Zusammenhang der die Thäler und die Hochebenen durchziehenden Flüsse lassen sich nur Hypothesen aufstellen. Doch kann mit einiger Bestimmtheit angenommen werden, dass die dem Felsen bei Blagaj entströmende Buna, dem Laufe nach, die Fortsetzung der Koleeka-Rjeka und diese die Fortsetzung der die Hochebene von Gaöko durchmessenden Mu&ica ist. Die Cernica kann ebenso gut ein unterirdischer Zufluss der Trebinöica wie die Nährquelle der kleinen Wasseradern auf der Hochebene von Fatnica sein. Die Gettina wird als die Fortsetzung der die Hochebene von Livno durcheilenden Bistrica angesehen. Ebenso betrachtet man die Ombla bei Ragusa als^die Fortsetzung der im Popovo-Polje verschwindenden Trebincica, jedoch hat diese Annahme wegen des sehr entfernt von der Ombla im Nordwesten endenden Laufes der Trebincica wenig Wahrscheinlichkeit. Viel eher könnte die der Narenta zueilende Kruppa als die Fortsetzung des Hauptarms der Trebincica angesehen werden. V. Tiefebenen. Sümpfe. Moräste. Landseen. 1. Ti e febe ue 11 von grösserer Ausdehnung sind grösstenlheils nur längs des rechten Ufers der Save anzutreffen. Hierzu sind zu zählen: Die Ebene östlich von. der Einmündung der Unna in die Save, Jassenovac gegenüber. Das Ljevcanica-Polje, zwischen der Save, dem Unterlaufe des Verbas und der im Westen gedachten Linie V. Tiefebenen. Sümpfe. Moräste. Landseen. 57 Gradiska-Maglai. An der Save südlich von Busud (Brood). Westlich von der ßosnamündung, dann Östlich von derselben längs der Save bis zur Einmündung der Drina in einer wechselnden Breite von 3 — 6 Stunden. Diese sowie die zahlreichen Thalerweiterungen sind aus der Karte zu entnehmen. 2. Sümpfe, Moräste. Durch das Austreten der Save und der grossen Zuflüsse entstehen auf den obengenannten Ebenen Versumpfungen, welche jedoch im Hochsommer zum grösslen Theil eintrocknen. Eine Ausnahme hiervon macht der westlich von der Drinamündung gelegene Morast von Brodaca, der eine bedeutende Ausdehnung hat und nie austrocknet. Die Hochebenen von Grahovo, Livno, Glamoc, Sinokossa, Kupres, Duvno, Fatnica, Dabra Gacko und das Hochthal der Trebincica werden fast regelmässig im Frühjahr nach der Schneeschmelze unter Wasser gesetzt und behalten nach dem Ablaufe des geschmolzenen Schnees Versumpfungen, die jedoch bei anhallender Dürre vollkommen austrocknen. Zu den Sümpfen und Morästen von grösserer Ausdehnung und immer gleichbleibender Beschaffenheit gehören noch: das Busko-Blato, 3 Stunden südlich von Livno, welches 1 Stunde Ausdehnung hat; der Morast südöstlich von Siroki Brieg, 2 Stunden lang, 1 Stunde breit, und die Versumpfung nördlich vom Laufe und der Einmündung der Kruppa in die Narenta, welche unter dem Namen IJtovo-Blato bekannt ist. 3. Landseen. Mit Ausnahme des Jezero bei Göllhisar und des kleinen Sees (Jezero), der zwischen dem Vrabac- und LipeLagebirge an der Strasse von Konjica-Mostar liegt, gibt es in Bosnien und der Herzegovinä keine grössern Landseen. Der Krupacsee bei Niksic, der Jezero bei Jezera (östlich von Piva), der Gisko Jezero (an der montenegrinischen Grenze nordöstlich von Kolasin) sind unbedeutend. Der zuerst genannte Jezero wird durch die Pliva gebildet, ist ungefähr 1 % Stunden lang, 1000—2000 Schritt breit, und hat eine prachtvolle Lage. Der zweite der genannten Seen wird durch die Stranina gebildet, hat eine Ausdehnung von ungefähr % Stunde, ist von waldreichen Bergabhängen umschlossen und findet einen Abfluss durch die Vlach-Rjeka, welche 3 Stunden oberhalb Konjica in die Narenta mündet. VI. Allgemeine Charakteristik der Wege und Strassen in Bosnien und der Herzegovinä. Die Wege dieser beiden Provinzen lassen sich in vier Klassen scheiden und zwar: 1) Saumwege; 2) natürliche fahrbare Feldwege; 3) die sogenannten Kaidermas (gepflasterte Wege) und 4) die gebahnten Fahrstrassen. 1) Die Saumwege. Die Saumwege dürften ungefähr 95/ioo des ganzen Wegenelzes einnehmen. Sie bilden die gewöhnliche Verbindung zwischen den Ortschaften, sind je nach dem Terrain und der Gebirgsbescbafl'enheit mehr oder weniger beschwerlich, doch gleichen sie einander in gleichartigen Gebirgsformationen. In Niederungen und auf den Hochebenen bieten sie bei trockener Jahreszeit wenig Hindernisse im Fortkommen, werden aber je nach den örtlichen Verhältnissen und nach anhaltenden Regengüssen oft grundlos. Die Beschwerlichkeit nimmt jedoch im Berglande mit der Höhe der Gebirgszüge bedeutend zu. Wände von 30 und selbst 40 Graden Böschung werden in zahllosen kurzen Serpentinen durch Wald und Busch über Stock und Stein erklommen. Nur die durch wiederholte Benutzung entstandene Wegspur kann oft dem Reisenden Anhaltspunkte für seine Richtung geben, jedoch ist es wegen der zahlreich vorkommenden Wegkreuzungen absolut nothwendig, sich mit Wegweisern zu versehen. Seiten schmiegt sich der Saumweg den Formen des Terrains an, schwierige Stellen umgehend, beinahe immer ist nur die möglichst kürzeste Linie zwischen den Ortschaften aufgesucht worden. Auf weniger betretenen Routen, welche durch Mittelgebirge und Urwälder führen, hindern zahllose durch Windbruch zum Umsturz gebrachte Raumstämme das weitere Fortschreiten und zwingen den Reisenden; Stumpf oder Wipfel zu umreiten. Nicht selten werden diese Stämme, wenn sie den Durchmesser von 4—6 Fuss erreichen und die Communication an schmalen Gebirgsrücken sperren, an der Stelle des Saumweges zur Hälfte durchgehauen, um das Ueberschreiten zu erleichtern. So erschweren besonders auf einer Nebencommunication Stamm inid Stein, und stellenweise die durch den ewigen Schatten der dichten Urwälder nie zur Austrocknung gelangenden weichen und versumpften Stellen das Fortkommen in einer nicht zu beschreibenden Weise, und nur das im Lande geborene, brave, genügsame, geschickte und über alles Lob erhabene Pferd vermag diese häufigen Schwierigkeiten, welche dem Reisenden entgegentreten, zu überwinden, Reim Niedersteigen in ein Thal oder in eine Ebene ist man wegen des grossen Falls des Wegs immer gezwungen, vom Pferde zu steigen und es am Zügel nachzuziehen. Die Saumwege in der Herzegovinä führen, wie schon bei der Gebirgsbcscbreibung erwähnt wurde, wenn sie Karststeinflächen durchziehen oder kahle Gebirgszüge übersetzen, ebenfalls grösstentheils ohne sichtbare Spur, indem sie sich vielfach verzweigen und ausbreiten, oder bei unglaublichen Steigungen sich detileearlig verengen und Steinblöcke oder Steinstufen übersetzen. Nicht selten findet man im Karstfelsen 3—5 Zoll tiefe, runde, kleine Löcher, welche durch den Verkehr der auf diese Linien angewiesenen Säumt feiere entstanden sind. Jedes Pferd tritt genau in dieselbe vertiefte lfufspur und findet dadurch den nöthigen Halt, um die oft nur zu glatten Steinplatten überschreiten zu können. Zu diesen örtlichen Schwierigkeilen gesellt sich in dieser Provinz der fühlbarste Wassermangel, da im Hochsommer selbst die an den Strassen erbauten Cislernen oder Wasserbecken auch nicht einen Tropfen eines zudem noch schlechten Wassers enthalten. 2) Die natürlichen fahrbaren Feldwege kommen nur in der Possavina, dann längs der Save auf kurzen Strecken in den Thälern und auf den Hochebenen vor. Sie gleichen jenen in andern Ländern, werden jedoch nur in der Savestrecke, im Innern des Landes aber gar nicht befahren, da Wagen nicht im Gebrauche sind. 3) Die Kaidermas oder Pflasterwege sind einzig in ihrer Art und nur in den türkischen Provinzen anzutreffen. Sie verdanken ihr Entstehen grösstenteils dem Gemeinsinn einzelner Privaten, mitunter auch den Anordnungen der Behörden, ziehen gewöhnlich nur auf kurze Strecken über die grössern Ortschaften hinaus, sind aber auch auf den Hauptpoststrassen, wie z. B. an jener von Serajevo über Gorazda nach Novibazar, und an beständig durchweichten Stellen in grösserer, 1—2 Stunden betragender, Länge anzutreffen. Die Bahn ist gewöhnlich 1 - 1 y2 Klafter breit und wird aus rohen, unbehauenen, unregelmässigen, fast fussgrossen Steinblöcken gebildet, welche bei erhobener Mittelbahn aneinandergeschichtet wurden. Zeit und Benutzung brachten einen grossen Theil der Steine aus ihrer Lage, rundeten die Oberfläche derselben ab und gestalteten diese Pflasterwege oder Kaidermas sozusagen zu künstlich hergestellten Bewegungshindernissen, welche nur mit Gefahr zu überschreiten sind. Wo es daher die localen Terrainverhältnisse gestatten, trachtet man diesen Steindämmen auszuweichen und längs denselben fortzukommen, wodurch au den Seiten grabenartige, fusstiefe und fuss-breite Vertiefungen entstanden, welche nach Regengüssen sich mit Wasser füllen und daher oft auch noch bei trockener Witterung grundlos sind. 4) Die gebahnten Fahrsfrassen existiren erst seit dem Jahre 1862. Bisjetzl sind nur die Routen von Brood nach Serajevo im Bosnathale, von Gradiska nach Ranjaluka, von Raca über Zvornik nach Serajevo, und zum Theil jene, welche von dort nach Visegrad führt, fahrbar hergestellt worden. Diese Strassen werden gewöhnlich ohne Grundbau durchschnittlich 3 Klafter breit gebaut. Bei ebener Trace markirt 6 —10 Zoll hohes Flechtwerk die Breite, innerhalb welcher die Bahn geebnet und beschottert wird. Ebenso werden auch die senkrechten Strassen- aufdämrnungen durch Flechtwerk und durch mit Steinen angefüllte senkrecht stehende Faschinenkörbe gestützt, die mit der Zeit aus-einanderfallen und den Einsturz eines Theils des Slrassenkörpers verursachen. Da nun auf eine regelmässige Nachscliollerung und auf die Erhaltung der Fahrsfrasse in der ursprünglichen Anlage nicht gesehen wird, oder höchstens in grossen Zwischenräumen in dieser Hinsicht etwas geschieht, so ist auch nicht auf eine fahrbare Benutzung derselben zu jeder Zeit zu rechnen. Es sollen jedoch im .fahre 1865 auch die Reitwege zwischen Travnik und Livno in ähnlicher Art verbessert, jene im Narenla-thale hingegen sowie die Wegstrecken zwischen den Städten Trebinje und Ragusa, dann zwischen Livno und Sign durch Kunststrassen ersetzt werden. VII. Distanzmass. Die grossen geographischen Ortsentfernungen werden in Bosnien und der Herzegovinä nach Reilstunden gemessen. Die Reilstunde ist auf den Passschrill des Pferdes basirt und innfassl den Längenraum, welchen das Pferd auf diese Weise zurücklegt. Die Reitstunde ist jedoch nicht in allen Gegenden der wahren Entfernung nach gleich, und repräsentirt in ebenen Gegenden eine grössere, in Gebirgsgegenden und in solchen, wo Terrainschwierigkeilen zu überwinden sind, eine kleinere Wegstrecke, die überdies noch durch locale, vergrösserndc oder auch verkleinernde Angaben der Bewohner, bedeutend modificirl, somit oft willkürlich angenommen wird. Im allgemeinen variirl die wahre Länge einer Reitslunde der Entfernung nach zwischen % und 3/4 deutschen Meilen. Der Zeil nach sind jedoch zur Zurücklegung von ungefähr 10 angegebenen Heil- oder Entfernungsstunden (die Zeil der Rast und des Anhallens eingerechnet) 14 —15 Tagesstunden erforderlich. VIII. Charakteristik der Ortschaften. Wie in allen Ländern, lieferL auch in Bosnien und in der Herzegovinä die Umgebung der Ortschaften, d.h. der Boden und dessen Bedeckung, das Material zum Ilauserbau. In dem holzreichen Bosnien werden die Häuser aus Hofe und Lehm, der Bauart nach in Form der Riegelwäude aufgeführt. Die Bedachung besteht aus roh gezimmerten Schindeln und nur in wenigen Gegenden aus Schiefer. In der Herzegovinä hingegen sind die Häuser grosstentbeils aus Stein gebaut und selbst zu der Bedachung werden Steinplatten genommen. Die Häusergruppen der grössern Städte und jene der geschlossenen Ortschaften sind durch höchst unrcgelmässige krumme Gassen geschieden und fast jedes Haus hat im Hintergrunde einen kleinen Garten. Die kleinen Ortschaften und Dörfer bestehen fast durchweg aus zerstreut und entfernt stehenden einzelnen Häusern oder kleinen Gruppen, wovon oft jede einzelne einen eigenen Namen hat, oder, wie dies auf den Hochebenen und in den ausgedehntem Kesseln der Fall ist, mit einem gemeinschaftlichen Namen bezeichnet werden. Viele der grössern Ortschaften, d. h. die kleinen Städte und Marktflecken, besitzen ausserdem noch dem Verfalle entgegengehende Schlösser und Citadellen, welche meistens unbewohnt sind. Hier und da erblickt man Häuser oder Thürmc (Kulas) mit bewohnbarem Oberstock und einem Erdgeschoss, welch letzteres oft mit Schiessscharten versehen zur Vertheidigung vorgerichtet ist, gewöhnlich aber zur Unterbringung des Viehes dient. Die sogenannten Palanken, mit Palissadon und Gräben umgebene Ortschaften oder Häusergruppen, verschwinden immer mehr und mehr. IX. Klima. Naturproduete. Producte des Thierreichs. Mineralien. Thermen. 1. Klima. Das Klima ist in Bosnien rauh, der Winter ziemlich streng, die höchste Temperatur erreicht nur 25— 28° R. und fällt im Winter ungefähr auf 12° unter Null. In den Savedistricten beginnt das Frühjahr zeitlicher als in Mittel-Bosnien, wo die Temperatur im Winter kälter, im Sommer sogar kühl und in den waldreichen Bezirken vorherrschend feucht ist. Der Herbst kann als die schönste und angenehmste Jahreszeit betrachtet werden. In den Ilochgcbirgsgegenden dauert der Winter volle acht Monate. Die Früchte, mit Ausnahme der Rebe, welche in Bosnien nur in sehr wenigen Gegenden fortkommt, reifen etwas später als in Kroatien, doch in verhällnissmässig kurzer Zeit. In der Herzegovinä ist das Klima, besonders in dem grossen Becken zwischen Mostar, Stolac, Bilek, der Prologketlo und der Narenta, im Winter bedeutend milder und gleicht fast jenem Dalmaticns. Im Sommer tritt anhaltend drückende Hitze ein. Die Luft (Hava im Dialekt) ist im allgemeinen der Gesundheit zuträglich. Vorherrschende Winde sind der Nord- und Nordostwind (Bora), der off, besonders in der Herzegovinä, seh/ heftig stürmt, dann der Südwestwind (Sirocco). 2. Naturproduete. Der gebirgige, reich bewässerte und bewaldete Boden Bosniens, unterstützt durch das Klima, liefert die man-nichfaltigsten Producte aus dem Pflanzen- und Tliierreiche und enthält Schätze des Mineralreichs. Der Getreidebau wird in der Kraina, der Possavina und in Rascien (Dislrict von Novibazar) stark betrieben. Nicht minder fruchtbar ist das Thal des Verbas zwischen Gorni-Vakuf und Skoplje sowie die Hochebenen von Livno, Ljübinje, Neveseny, das Popovo-Polje und das Thal des Trebisat. Vor allem wird Weizen, Korn, Gerste (letztere als Pferdefutter), dann Mais und etwas Heidekorn und in noch geringerer Menge Hafer gebaut. Der Erlrag des Getreidebaues in Bosnien übersteigt den Bedarf des Landes. Der Ueberfluss wird aus dein nördlichen Theile der Possavina, die Save aufwärts, nach Sissek verschifft und aus den fruchtbaren Gegenden Mittel - Bosniens und aus Novibazar in die Herzegovinä verführt. Das letztgenannte Land erzeugt wegen seines unfruchtbaren Karstbodens nicht Getreide genug, um seine Bewohner ernähren zu können. Der Reis könnte zwar in manchen Gegenden der Herzegovinä gedeihen, doch ist mir nur die Gegend von Ljubuska und zwar speciell das Trebisathal bekannt, wo er gebaut wird. Der Weinbau wird in der Gegend von Banjaluka, Tuzla, Novibazar, dann, in der Herzegovinä, besonders im Narentathale bei Konjica und Mostar, jedoch ohne Sachkenntniss, betrieben. Er wächst hier wild und ohne Pflege. Der Rothwein aus der letztgenannten Gegend gleicht der ordinären schweren Sorte des dalmatinischen Weins. In Mittel-Bosnien kommen die Trauben wegen der Rauheit und Feuchtigkeit des Klimas selten zur vollkommenen Reife, und alle angestellten Versuche scheiterten an diesen klimatischen Verhältnissen. Der Maulbeerbaum kommt sowol in der Herzegovinä wie auch in einzelnen Theilen Bosniens vor. Auch in dem Garten des k. k. österreichischen Generalconsulats zu Serajevo (Inden sich einige prachtvolle Exemplare dieses Baumes, jedoch bleibt es immer noch in Frage gestellt, ob auch die Seidenraupe sich aeclimatisiren lassen würde. Der Taback gedeiht wie der Wein nur in einigen Gegenden Bosniens, namentlich bei Srebrnica und Novibazar, wo er (nebst Flachs) in grössern Quantitäten gebaut wird und von ziemlich guter Qualität ist. In der Herzegovinä kommt der Taback überall fort, die beste Sorte ist der sogenannte Trebinjer, der nordwestlich von diesem Orte in der Umgebung des Klosters Duze gebaut und wegen der bessern Verwerlhung stets ausgeführt wird. Obst. Aepfel, Birnen, Pflaumen, Nüsse und Kastanien, Kirschen und Kitten kommen überall, jedoch die zuerst genannten nicht in veredelten Sorten vor, da überhaupt die Obslcullur vernachlässigt ist. Birnen liefern Pekmes, welches ein süsser verkochter Saft ist. Die grosse Menge der gewöhnlichen Apfelsorte wird zu Apfelwein verwendet. Am besten gedeiht der Zwetschenbaum, der sehr zahlreich in allen Gegenden Bosniens und in grössern Gruppen, kleinen Waldungen gleich, gefunden wird. Mit seiner Frucht wird, besonders aus der Possavina, grosser Handel getrieben und daraus der sogenannte Slivovitz erzeugt, welcher in Ermangelung des Weins in allen Theilen des Landes ein Lieblingsgetränk der Bewohner ist. Melonen gedeihen in der Herzegovinä überall und sogar auf dem 1750 Fuss hoch gelegenen Serajevsko-Polje. Waldungen. Den grössten Reichthum besitzt Bosnien an allen jenen Holzgattungen, welche dem Klima gemäss gedeihen können. Fast alle Gebirge, besonders jene Mittel-Bosniens, sind mit un-ermesslichen Waldungen bedeckt, die in den meisten Gegenden noch gar nicht durch die Axt geöffnet wurden. Altersschwache Stämme fallen, verfaulen und bilden in den Ur-waldungen, wie z. B. im Mazuliagebirge, nordöstlich von Travnik, in der Zarudzje nördlich von Vares, und im Vranngcbirge ostwärts von der Krivajamündnng u. s. w. mächtige Humusschichten, welche wegen der schwer eindringenden Sonnenstrahlen feucht und nass bleiben und selbst an den Gebirgsabfallen die grundlose und morastige Beschaffenheit der Strassen und Wege erklären. Wenn auch im allgemeinen die Baumsorten dem Naturgesetze entsprechend nach der Höhenlage gesondert vorkommen, so findet man doch auch in vielen Gegenden des Landes gemischten Bestand. Eichen, Buchen, Tannen, Fichten, Lärchen, Linden sind die am häufigsten vorkommenden Baumarten. Die Eiche ist wegen ihrer Härte sehr geschätzt und soll zum Schiffbau sehr geeignet sein. Der Troghier südlich von Teäanj trägt die prachtvollsten Buchen, die bei einem Durchmesser von 4—5 Fuss eine Höhe von 16—20 Klaftern orreichen, dabei gerade in die Höhe streben. Ebenso erreichen Fichten und Tannen eine noch bedeutendere Höhe. ROSKIEWICK. 5 Die Waldungen gehören grösstentheils dem Staate, jedoch kann jeder Bewohner so viel vom Holzbestand schlagen, als er zum eigenen Bedarf benöthigl. Gegenwärtig ist die Ausfuhr des Holzes geringer als vor Jahrzehnten. Der Inländer (Bosniak) hat nicht den Sinn und den Unternehmungsgeist, die Holzausfuhr im grossen zu unternehmen, wiewol ihm die Gewässer dieselbe erleichtern würden, und der Ausländer erhält nicht leicht eine Goncession zu diesem Zwecke. 3. Die Producte des Thierreichs sind in Bosnien und der Herzegovinä sehr mannichfaltig. Hornvieh. Besonders wird Viehzucht betrieben, wozu sich das Land durch die vorhandenen ausgedehnten und guten Weideplätze vorzüglich eignet. Das Hornvieh, welches am zahlreichsten in der Kraina, in den Gebirgsabästungen gegen die Save, dann in der Gegend zwischen Srebrnica, Serajevo, Gorazda und Visegrad, endlich gegen Novibazar zu, und in geringerer Menge in den Hochebenen der Herzegovinä vertreten ist, ist zwar klein, doch gedrungen und ziemlich gut genährt. Der Viehstand hat durch Seuchen während der letzten Jahre (1862 und 1863) sehr gelitten und ist fast auf das Drittel der frühern Anzahl gesunken. Schafe und Ziegen. Schaf- und Ziegenheerden findet man verhältnissmässig zahlreicher in der Herzegovinä als in Bosnien. In der letztgenannten Provinz, namentlich in der Kraina, der Savegegend, dann in der Zagoria und in der Strecke zwischen Sjenica und Novibazar wird die Schafzucht stark betrieben. Schafe und Ziegen liefern gute und feine Wolle. Borstenvieh. Schweine werden nur in der Savegegend und zwar im Bezirk von Banjaluka, Derbend und Srebrnik gezüchtet und über die Save nach Oesterreich zum Verkauf geschwemmt. Ochsen, Schafe und Schweine werden aus den nördlichen Districten meistens nach Kroatien, weniger über Livno nach Dalma-tien und aus der Gegend von Novibazar nach Ragusa getrieben. Pferdezucht. Das bosnische Pferd war noch vor ungefähr einem Jahrzehnt wegen seiner Güte gesucht. Leider hat der Pferdcsland des Landes durch die Kriege mit Montenegro gelitten, während dessen Pferde aus allen Theilen der Provinz zusammengetrieben wurden, die aber aus Mangel an Futter meistens zu Grunde gingen. Auch durch die Pferdekrankheiten im Jahre 1862 und 1863 hat der Bestand sehr gelitten und ist fast auf den vierten Theil der ehemaligen Zahl zusammengeschmolzen. Dessenungeachtet wird, um diesem Uebelstandc abzuhelfen, auf die Vermehrung und Veredlung des Pferdes wenig Mühe und Sorgfalt verwendet, und nur wenige Private schenken der Pferdezucht Aufmerksamkeit. Das bosnische Pferd ist klein, erreicht kaum die Höhe von 13 Faust, sieht im Sommer besser genährt aus als im Winter, ist fromm, ausdauernd, genügsam und im Ueberwinden der örtlichen Hindernisse ausserordentlich gewandt. Die steilsten Böschungen erklimmt es mil Leichtigkeit, Felsslufen und Trümmer, Baumstämme u. s. w. übersetzt es mit der grössten und bewunderungswürdigsten Sicherheit. Verdächtige und unsichere Stellen, es mögen nun Steinplatten, Stufen oder Stege sein, berührt das Pferd zuerst mit einem der Vorderfüsse und betritt erst dann nach einigem Zögern den Boden oder Gegenstand. Selbst in sumpfige Stellen taucht es mit Vorsicht den Vorderfuss ein und wagt nur weiter zu schreiten, wenn es festen Grund erreicht hat. Einige Stunden Erholung und Grasung genügen, die Kräfte des genügsamen Thiercs wiederherzustellen und es sodann erneuerten Anstrengungen zu unterwerfen. Das gewöhnliche Bauernpferd gleicht fast dem kroatischen. In den etwas edlern Rassen ist arabisches Blut nicht zu verkennen. Doch sind die letztern nur in geringer Zahl vorhanden und werden hoch im Preise gehalten. Das Pftrd in Bosnien und der Herzegovinä ist vor allem andern Reifpferd, und man kann sich den Bosnier, der von Natur aus ein guter Reiter ist, ohne Pferd gar nicht denken. Die schwächsten und ältesten Pferde gehen in den Besitz der Kiridzi (Karavanenführer) über, welche dieselben mit Waaren beladen und, auf den Hauptverkcbrslinien zu Fusse einherschreilend, den Handel vermitteln. Die Kiridzipferde erhalten im Sommer selten Hart-fulter, gewöhnlich lässt man sie grasen. Die Pferde distinguirterer Personen erhalten nebst Heu gewöhnlich Gerste, selten Hafer als Nahrung. Der Hufbeschlag besteht wegen der ungebahnten, steinigen Com-municationen aus einer den untern Theil des Hufes bedeckenden eisernen Platte, welche in der Mitte ein zollgrosses rundes Loch enthält. So wie das Horn-, Woll- und Borstenvieh werden auch die Pferde im Winter in nolhdürftigen, schlechten Stallungen untergebracht, und stehen in manchen Gegenden sogar im Freien. Merkwürdigerweise sind die edlcrn Pferde im Stall an den Yorderfüssen gefesselt. Maulthiere und Esel sind in Bosnien nur in geringer, in der Herzegovinä in etwas grösserer Menge und guten Schlages anzutreffen. Federvieh ist in genügender Menge vorhanden. Der gegenwärtige Yiehstand beider Provinzen lässt sich übrigens mit Sicherheit nicht angeben. Die nachfolgenden Zahlen dürften vielleicht der Wahrheit nahe kommen: Ejalet. Hornvieh. Pferde. Maulesel und Esel. Schafe und Ziegen. Schweine. Bosnien . . . Herzegovinä 900000 100000 200000 40000 1000 5000 2,500000 1,200000 200000 100000 Summa . . . 1,000000 240000 6000 3,700000 300000 Wild. Hochwild und zwar Hirsche, Rehe, Wildschweine, dann reissende Thiere wie Bären, Wölfe, Luchse und Füchse werden in den Gebirgsgegenden zahlreich angetroffen. Jagd. Die. Jagd ist frei und wird hauptsächlich nur als Nutz-jagd der Felle wegen betrieben. Fischerei. Ebenso ist der Fischfang frei. Forellen gibt es in Menge. Bienenzucht. Bienen werden allenthalben gezogen und geben viel Honig und Wachs. 4. Mineralien. Im Monat Januar des Jahres 1863 hatte ich Gelegenheit, im Gouvernementsgebäude zu Serajevo jene Natur- und Kunstproducte des Landes zu besichtigen, welche zur Industrieausstellung nach Konstanlinopel abgesendet werden sollten. Im allgemeinen war die Sammlung unbedeutend zu nennen, doch gab es manches Schätzenswerthe in derselben. Der grösste Beichlhum des Landes war durch die eingesendeten Muster von Mineral entfaltet; sie mussten den Beschauer in Erstaunen setzen, da er aus denselben schliessen konnte, welche Schätze die Gebirge Bosniens bergen müssen. Leider war ich nicht in der Lage, alle eingesendeten Gegenstände und die Orte, woher sie stammten, zu verzeichnen, und kann nur den nachträglich gemachten Notizen gemäss erwähnen, dass vorzügliche Muster von Eisen, Kupfer, Quecksilber, Blei, Schwefel, Marmor u. s. w. zur Ansicht vorlagen. Die hier folgenden Angaben basiren sich theils auf die Produc-tenausstellung, theils auf gesammelte Mineralsorten oder auf angestellte Nachfragen, deren Beantwortung mehr oder weniger verlasslich sein dürfte. Gold. Wenn man alle jene Gegenden für goldenthaltend annehmen wollte, welche die mit dem Namen Slatina (Gold) bezeichneten Ortschaften umgeben, so müssten in Bosnien reiche Goldlager zu finden sein. Trotz vielfach angestellter Nachforschungen ist es mir nicht gelungen, Goldkörner oder Goldstaub zu erhalten. Häufig wird von den unwissenden Bewohnern Schwefelkies als Gold, von vielen je* doch, da ersteres mehrfach vorkommt, nur mit zweifelhafter Miene als solches betrachtet. Aeltere Angaben bezeichnen die Umgegend von Srebrnik, Zvornik und von Vares als goldhaltig. Schon zu Zeiten der Römer sollen die Bergwerke Bosniens an 220 Oka Gold täglich geliefert haben, welches von dem zu Salona eingesetzten Propositus Tesaurorum Dalmatinorum nach Rom abgesendet wurde. Zu jener Zeit wurde im Radovan- und Yranicagebirge bei Gorni-Vakuf und Fojnica nach diesem Metall gegraben. Einst sollen Epiroten mit Erlaubnissscheinen der Regierung versehen in einigen Flüssen Rosniens Gold gewaschen haben» So ist auch jetzt noch und vielleicht nicht mit Unrecht der Glaube verbreitet, dass die durch Travnik iiiessende Lasva sowie der Verbas, die Rosna und Drina Goldsand führen. Auch bei Vares, dann östlich von Sutiska (nördlich von Visoka) in der Nähe des Dorfes Slatina an der Ussora, im Tinjalhale (westlich von Srebrnik), ferner am halben Wege zwischen Unter-Tuzla und Srebrnik in der Bclska-Planina soll Gold zu finden sein. Der einst rasch steigende Reichlhum einer mohammedanischen Familie in Tuzla, deren Grundbesitz südlich von dieser Stadt in den Tuzlanski-Brda lag, verbreitete die noch gegenwärtig vorherrschende Ansicht, dass diese Familie auf ebendiesem Grundbesitz eine Goldader zur Ausbeute hatte. Silber (und zwar Fahlerz.) Srebrnik und Srebrnica, Städte im Norden und Nordosten Bosniens, deuten schon durch den Namen auf in ihrer Umgebung vorhandenes Silbermineral. In beiden Orten bestanden in alter Zeit Silberminen. Jene zu Srebrnica wurden schon von den Bagusanern ausgebeutet. Ausserdem soll zu Krupa (KrainaJ, bei Banjaluka und östlich von dieser Stadt und dem Verbas bei Slatina, Vucina, Mali Vaganj Varsevo, ferner im Fojnicathal und bei Vares Fahlerz sehr silberhall ig zu finden sein. Als Thatsache kann angeführt werden, dass der Gouverneur von Bosnien im Jahre 1863 einige Pferdeladungen Silbererz nach Kroatien und nach Schemnitz zur Analyse sandte, und dass der Bericht über die vorgenommene Analyse dahin lautete, dass bei einem Gentner des eingesendeten Minerals, nebst etwas Gold, für 154 Frs. Silber enthalten sei, und dass ferner bei einer nur 3 Zoll dicken Erzschicht — wenn diese eine Kubikklafler durchzieht — nach Ab- schlag aller Transportkosten ein Reingewinn von 800 Frs. bleiben würde. Soweit meine Erkundigungen reichen, dürfte dieses Erz im Fojnicalhal und zwar südlich des Klosters gegraben worden sein. Blei glänz, silber- und goldhaltig, bei Borovica, Fojnica, Gorni-Vakuf, Priedor. Zinnober, reich an Quecksilber, gibt es in der Nähe von Kresevo, am Inac, bei Kostainica, bei Dusina unweit Fojnica, und bei Obojan am Stil. Kupfer bei Kresevo, Banja und im Rainakessel. "~ Rlei. Bei Tuzla sind die reichsten Lager dieses Metalls, das auch bei Zvornik und an den Quellen der Olova gefunden wird. Eisenerz ist in grossen Massen vorhanden. Es ist das einzige Mineral, welches gegenwärtig noch gegraben und ausgebeutet wird. Franz Schulze bereiste 1841 und 1842 einige Gegenden Bosniens und errichtete ein Bergwerk bei Boravica (östlich von Sutiska), welches in je 100000 Drachmen Erzes 9 Drachmen Gold, 85 Drachmen Silber und 30ÖOO Drachmen Blei lieferte. *) Das vorzüglichste Eisen (Brauneisenstein) wird zu Stari Majdan, zu Vares, im Fojnica-, Zelesniea- und Dusinathale (letztere Zuflüsse der Fojnica) zu Tage gefördert. Eisenglanz bei Vares und Kresevo. Daselbst auch Magneteisenstein und Magnetkies. Gutes Schmiedeeisen liefert die Umgebung von Bihac und Vares. Die Hohöfen dieser Eisenwerke sind in der primitivsten Art aufgeführt. Ein 2—3 Klafter hoher, aus Klaubsteinen rund aufgeführter, 1 Klafter breiler Trichter, welcher unten mit einem Steingüter abgeschlossen wird, bildet den Hohofen. Sobald das Holz, welches in bedeutenden Mengen hineingeworfen wird, an dem Gitterboden zur Flamme angefacht ist, werden Erzflölze und sodann abermals Holzstösse hinabgelassen. Das zum Fluss gebrachte Erz findet !) Siehe „Unsere Zeit" {Jahrgang 1860). den Ausgang durch das unten angebrachte Gitter und wird über Steinrinnen in Wasser geleitet, wo es (mit Schlacke) zum Erkalten gebracht wird. Der männliche Theil der Bewohner von Fojnica, Vares und Stari-Majdan sowie die der angrenzenden Thäler sind fast sämmt-lich Eisenschmiede. In diesen Gegenden werden jedoch nur Krampen, Schaufeln, Hufeisen u. s. w. erzeugt, welche im Lande selbst Absatz finden und in die Herzegovinä sowie nach Serbien verführt werden. Ausserdem gibt es Eisenerzlager zu Kamengrad, Kosarac, Brun-zeni-Majdan, Timar, Busovac, Visoka und Banja. Das Eisenerz liegt oft zu Tage, so z. B. in Stabniathale bei Vares und am Ozren, wo man Roth- und Brauneisenstein findet. Stahl wird in der Gegend von Vissoka erzeugt. Westlich von Vares liegt die Ruine Dubrovnik, wo schon die Ragusaner eine Colonie gegründet und den Bergbau auf Silber und Eisen betrieben hatten. Schwefel wird in der Gegend von Srebrnica und im Rama-kessel gefunden. Schwefelarsenik ist im Fojnicathale und bei Kresevo vorhanden. Der Konju, die Zarudzjc, die Vrana-Planina und das Ge-birgsland um Srebrnica enthalten Schwefelkies. Zink soll es in der Gegend von Kresevo, Steinsalzlager in der Gegend von Tuzla geben. Hierfür spricht das Vorhandensein der Salzcpiellen zu Unter-Tuzla (drei Quellen) sowie jener zu Ober-Tuzla, welche durch Aussud sehr gutes Kochsalz liefern. Steinkohlen. Die beste und schönste Kohle, deren Mächtigkeit nicht ermittelt werden konnte, ist zu Uukavec, 1 Stunde westlich von Serajevo, vorhanden. iNebst dieser findet man daselbst noch eine andere Kohle schlechterer Sorte, die fast 30 Zoll Mächtigkeit hat. Ferner gibt es Steinkohlen zu Tuzla, bei Sebse, Kisseljak, Mostar, Stolac, Neveseny und Metkovic, sowie Torfkohle bei Zenica, Asphalt bei Metkovic und Drazevo an der österreichischen Grenze. Meerschaumlager soll es zwischen üerbend und Banjaluka geben. Weissen und rothgezeichneten Marmor u. s. w. findet man bei Serajevo, rothen Granit im Bamakessel, weissen Marmor am Semecgebirge nördlich, und am Bielo Brdo südlich von Visegrad. Jener am Semecgebirge gleicht fast dem Carraramarmor und sieht wie Alabaster aus. L i thographirschiefer ist nordwestlich von dem Kloster Sutiska, östlich von Kakanj vorhanden, und ein ähnliches Gestein im Semecgebirge, Wetzschiefer zu Konjica, Thonschiefer, im-preghirt mit Malachiten, bei Kostainica und Kresevo, Dachschiefer im Fojnicathale bei Gorazda, bei Gueiagora und an andern Orten anzutreffen. - Pfeifenthon, roth und weiss, bei Banjaluka, Töpferthon zu Bercka an der Save. Mühlsteine werden bei Theocak nordwestlich von Zvornik gegraben. Bergbau. Die Bergwerke und Minen sind Staatsgüter. Der Bergbau wird, wie schon erwähnt, nur auf Eisen betrieben, wobei der Privatunternehmer 5 Proc. des Reingewinnes an den Staat zu entrichten hat. Zu einer rationellen Ausbeulung der edeln Metalle mangeln der Regierung Kapitalien, leitende technische Kräfte, welche im Inlande nicht zu finden sind, und das Vertrauen in die Kenntnisse und in die Redlichkeit ausländischer Fachmänner, welche deshalb auch nicht herbeigezogen werden. 5. Mineralquellen, wie schon erwähnt wurde, gibt es folgende: Salzquellen zu Ober- und Unter-Tuzla sowie bei Nachvince 5 Stunden nördlich von Unter-Tuzla an der Strasse, die nach Bercka führt. Anderthalb Stunden westlich von Unter-Tuzla am Wege zum Han-Polizza ist eine Quelle von bittersauerm Geschmack, üeberdies soll es im tuzlaer Dislrict bei Poliane, Usina und Drienca Mineralwasser geben. Sauerbrunnen findet man zu Slatina östlich von Banjaluka, westlich von Tuzla bei Han-Kisseljak, bei Krapina zwischen Zvornik und Serajevo, bei Han-Bretalovac 2 Stunden südöstlich von Busovac, bei Kiseljak nahe der Mündung der Fojnica und westlich von dem Berge Ljubuska, nicht weit von der Hochebene von Duvno. Ami ßoue hat in seinem umfassenden Werke „La Turquie d'Europe" viele dieser Wässer analytisch beleuchtet. Die vorzüglichste dieser Quellen ist die zu Kiseljak an der Lepenica. Sie enthält (nach Ami Boue) schwefelsaures Soda, kohleu-sauern Kalk und Eisen. Sie entquillt mächtig und stark aufsprudelnd in vollständig ebenem Boden und ungefähr 15 Schritt von den Ufern der Lepenica entfernt. Die Quelle ist von einer brunnenartigen Verschalung von ungefähr 6 Fuss in Gevierte eingefasst. In Geschmack und Wirkung gleicht dieses Mineralwasser dem rohitscher. Es ist äusserst angenehm zu trinken und die Quelle wird im Sommer von Tausenden besucht, welche unter Zelten oder unter freiem Himmel lagern. Sie wirkt vorzüglich in Unterleibs- und Leberkrankheiten. Temperatur 8° B. Die Quelle bei Bratalovic-Han ist von ähnlichem Gehalt, scheint jedoch mehr Eisen zu enthalten und wird von Reisenden, da sie an der Strasse liegt, gewöhnlich nur im Vorübergehen gekostet. Die Quelle westlich von Tuzla hat, wie bereits erwähnt, einen bittersalzigen unangenehmen Geschmack. Die Eigenschaften der andern obengenannten Quellen sind nicht gekannt. Warme Schwefelquellen gibt es zu Banjaluka (schon zur Zeit der Römer gekannt), zu llidzie westlich von Serajevo, zu Vru-cica westlich von Tesanj im Ussorathal und das sogenannte Römerbad südöstlich von Novibazar. Die Schwefelquelle bei llidzie wird wenig, und als Staatseigenthum hauptsächlich von Militärpersonen besucht. In neuester Zeit wurde in der Nähe der Quelle eine kleine Kaserne erbaut. Die Schwefelquelle bei Novibazar hat 34 — 35° R. Wärme und ist noch aus den Zeiten der Römer durch eine von einem oktogon- artigen Thurm getragene Kuppel eingedeckt worden. Von aussen sieht das mit Seitenflügeln versehene Gebäude sehr verfallen aus, im Innern jedoch ist es noch gut erhalten, wiewol auch dort die nach der Kante gelegten Ziegel stellenweise ausgebrochen dem Besuchenden entgegenstarren. Das achtscitige marmorne Basiu, von ungefähr 4 Klaftern Durchmesser, ist noch ganz gut erhalten. Endlich befindet sich im Garten des k. k. Generalconsulats eine kalte Schwefelquelle, über welche ein Dumpbrunnen gestellt wurde. Ihr Wasser kann jedoch nur zum Waschen benutzt werden. Die Thermen zu Banja unweit Priboi, deren es nur zwei benutzbare gibt, wiewol noch eine dritte vorhanden ist, entquellen Felsblöcken einige hundert Fuss über dem Wasserspiegel des Lim. Eine dieser Quellen ist dem Gebrauche der Männer, die andere dem der Frauen überlassen. Beide haben einen Wasserspiegel von 4 Klaftern im Quadrat und 2 Fuss Tiefe. Während blos 4 — 5 Fuss hohe llreterwände den Einblick in das Innere des für Männer bestimmten Bassins verhindern und ein darübergebautes Flugdach die Badenden vor Sonne und Begen schützt, ist das für Frauen bestimmte Bassin durch Breier vollständig abgeschlossen und hat in einem eigens erbauten ersten Stockwerke einige Aus- und Ankleidezimmer. In der Nähe stehen die Ruinen einer Kapelle, welche vom serbischen Kaiser Urosch III. erbaut wurde, der hier geheilt ward und es jedem seiner Nachfolger zur Pflicht machte, dieselbe zu erhallen oder bei deren Verfall eine neue zu erbauen. Diesem Wunsche ward insofern entsprochen, als hart an die Ruinen schon vor geraumer Zeit eine schöne griechische Klosterkirche aufgeführt wurde, zu welcher in der Absicht, gleichzeitig die Räder zu gebrauchen, aus nah und fern gewallfahrtel wird. Drei bis vier Geistliche des griechischen nichtunirten Ritus versehen hier den Gottesdienst. Das Wasser der eben genannten Quellen, welches ungefähr 30° R. halten dürfte, ist ausserordentlich klar und rein, hat weder einen prononcirten Geruch noch Geschmack und dürfte nebst sehr wenig Schwefel etwas Eisen und vielleicht nur dieses Mineral enthalten, da alle hineingeworfenen Fett- und Schleimsloffe sich rasch zersetzen und verschwinden. Für die nur in äusserst geringem Masse vorhandenen chemischen Bestandteile spricht der Umstand, dass wir erstens in dem dritten unbenutzten Bassin eine Schlange gefunden hatten, zweitens dass dieses Wasser in Röhren unterirdisch abgeleitet und dadurch abgekühlt als Trinkwasser verwendet wird. Die Vitriol enthaltende Grvenica, welche Srebrnica durchfliesst, ist hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung schon bei der Flussbeschreibung erwähnt worden. B. Politische Verhältnisse. I. Die Bevölkerung nach Confessionen. Die Zahl der Bewohner Bosniens und der Herzegovinä ist nicht genau anzugeben, da eine Volkszählung noch nicht vorgenommen wurde. Die Bewohner werden — mit Ausnahme der Katholiken, deren Zahl durch die Taufbücher der Franciscaner genau bekannt ist, nach Familien gezählt, und nur die verschiedenen Abgaben, welche in der einen oder andern Kategorie jede Familie treffen, geben die Grundlage für die annäherungsweise Kenntniss der Bewohnerzahl. Die Bevölkerung besteht der Religion nach aus Mohammedanern, Katholiken, Griechen, Juden und Zigeunern, welche mit Ausnahme der Arnauten und Juden slawischer Abstammung sind und die südslawische, serbische oder kroatische Sprache, welche auch mit türkischen Worten gemengt ist, sprechen. Zwischen der serbischen und kroatischen Sprache ist kein nen-nenswerther Unterschied. In der Schrift jedoch bedienen sich die Kroaten der lateinischen, die Serben der Cyrillischen Schriftzeichen. Die Mohammedaner einerseits, die Katholiken und Griechen andererseits sondern sich in jeder Reziehung streng voneinander. Die eingeborenen Mohammedaner selbst nennen sich pravi Turci, d. h. echte Türken, und heissen mit den Griechen vereint die Katholiken Latinci, Lateiner oder Krisciani (weil sie „Jesu Krisl" sagen), während die Anhänger der römischen Kirche mil den Mohammedanern die Griechen Vlachi (Walachen, Schimpfname) oder auch Krisciani nennen, da diese „Jesus Christus" sagen. Der Abstammung nach bewohnen Kroaten die Kraina, Arnauten den Bezirk von Novibazar. Die von den Serben, Moiiaken, Montenegrinern und Daimaten stammenden Bewohner lassen sich gegenwärtig nicht mehr unterscheiden, sie zählen zu den Bosniaken oder zu den Herzegovinaern. Eigentliche Türken oder Osmanen gibt es in Bosnien und der Herzegovinä nur wenige eingewanderte Familien. 1. Die Mohammedaner sind die herrschende Volksklasse. Man kann die Zahl derselben in Bosnien incl. der im District von Novibazar wohnenden Arnauten auf 323000, in der Herzegovinä auf 60000, zusammen auf 383000 Köpfe veranschlagen. Sie nahmen zur Zeit der Eroberung dieser Provinz (1463) theils freiwillig, theils gezwungen den mohammedanischen Glauben an, erhielten sich dadurch in ihrem Besilzthum, erlangten Privilegien, wussten diese im Verlaufe der Zeiten auszudehnen und wurden durch ausgeübte rücksichtslose Bedrückungen jeder Art die eigentlich grundbesitzende und vermögende Klasse. Der grösste Theil der Landgüter und Meiereien, die meistens an Christen verpachtet oder durch christliche Arbeiter bebaut werden, ist das Eigenthum der Türken. Die ärmern mohammedanischen Bauern jedoch bewirthSchäften ihre Gründe selbst. Die in dem District von Novibazar mit den Griechen gemischt lebenden Arnauten sind mit den Albanesen stammverwandt, haben eigene Sprache (albanesische) und Kleidung. Die Grundzüge der mohammedanischen Religion sowie die Sitten und Gebräuche der Islamiten werden später näher besprochen werden. 2. Die Katholiken. Gegenwärtig gibt es in Bosnien 135000 Katholiken, welche in 19000 Häusern wohnen. Der Orden der Franciscaner in Bosnien ist allein berechne, dem katholischen Gultus vorzustehen. Die ersten Ordensbrüder kamen 1233 nach Bosnien, wo sie als Missionare gegen die Sekte der Patarener zu kämpfen hallen. Nach und nach vermehrte sich ihre Zahl. Zur Zeit der Eroberung Bosniens durch die Türken besass der Orden über 30 Klöster, die bis auf drei, d. Ii. Fojnica, Kresevo und Sutiska, zerstört wurden. Die Auswanderungen der Katholiken nach Bagusa und über die damaligen türkischen Grenzen nahmen zu jener Zeit so überhand, dass Sultan Mahmud II. fürchtete, „das Land könne ihm menschenleer werden". Dieses veranlasste ihn, dem damaligen Oberhaupte der Franciscaner, Pater Angelo Zvidovic, in einem Ferman — dem sogenannten Ad-Nähme — dem Orden und den Katholiken Schutz, Sicherheit und freie Ausübung des Glaubens zuzusichern. Wiewol nun Ghosrevbeg als ßeglerbeg von Bosnien fast den ganzen bosnischen Adel durch Vertilgung der Geburts- und Besitzurkunden den Islam anzunehmen zwang, welchem Beispiele dann ganze Gemeinden folgten, so ist es doch nur dem Einflüsse und den Bemühungen der Franciscaner zu verdanken, dass der katholische Glaube in Bosnien trotz der Verfolgungen heimisch blieb. Gegenwärtig befinden sich in Bosnien 142 Ordensgeistliche, welche in 63 Pfarren und 4 Klöstern vertheilt sind. Die Bischöfe von Bosnien hatten bis zum Jahre 1701 ihren Sitz zu Diakovar. Sie werden gegenwärtig aus der Mitte der Ordensbrüder erwählt, vom Papst bestätigt und unterstehen in allem der Propaganda zu Rom. Der jetzige Bischof von Bosnien hat seinen Sitz zu Brestovsko aufgeschlagen, einem Dörfchen zwischen Visoka und Jehovac. Die Franciscanermöncbe *) (Kingeborene, welche ihre Studien entweder in Italien oder in Diakovar vollenden) besitzen fast in jedem Pfarrsprengel eine kleine Kirche oder eine Kapelle. Sie stehen sowol bei der katholischen als mohammedanischen Bevölkerung in grossem Ansehen und werden selbst von letzlerer oft zu Rathe gezogen, weshalb sie grossen Einfluss auf die Bevölkerung ]) Die Kleidung der Franeiscanermönche auf dem Lande gleicht jener der griechischen Kaufleute. Sie tragen den Fez und fast durch-gehends den Schnurrbart. ausüben, und in jeder Beziehung weit über der Geistlichkeit des griechisch nichtunirten Ritus stehen. Sie werden durch die österreichische und theilweise durch die französische Regierung sowie durch die Missionsanstalten zu Rom und Lyon materiell unterstützt; leben einfach und armselig, und erhalten durch Gaben der Wohl-thätigkeit und aus den Renten ihres Grundbesitzes Elementarschulen in vielen ihrer Pfarrsprengel. Die Jahresrente des Bischofs beträgt nur 4000 Frs. In Bosnien gibt es gegenwärtig vier Klöster und zwar zu Fojnica, Kresevo, Sutiska und das in jüngster Zeit entstandene und grösste zu Guciagora, nordwestlich von Travnik. Die drei erstgenannten Klöster, klein und unansehnlich, besitzen noch von Mohammed IL aus der Eroberung Bosniens verbriefte Rechte, zu denen, wie schon erwähnt, die Gultusübung, dann das Becht des Glockengeläutes gehört. Ausserdem besitzen sie noch aus jener Zeit ziemlich ausgedehnte steuerfreie Grundcomplexe, welche jedoch vor der Eroberung des Landes viel ausgedehnter gewesen sein sollen. Die katholische Bevölkerung der Herzegovinä zählt 47180 Seelen, über welche in geistlicher Beziehung zwei Bischöfe gesetzt sind, die zu Mostar und zu Trebinje residiren sollten, jedoch zu Siroki Brieg (bei Mostar) und zu Ragusa wohnen. Ehemals hatte der Rischof von Bosnien auch die oberste geistliche Leitung des katholischen Cultus in der Herzegovinä, die jedoch einem eigenen Bischof im Jahre 1844 überantwortet wurde. Dem Bischof zu Mostar unterstehen 16 Pfarren mit 4 Kirchen, jenem zu Ragusa 5 Pfarren mit 9 Kirchen. In der Herzegovinä besteht nur das im Jahre 1846 erbaute ziemlich geräumige Kloster zu Siroki Brieg. Die katholische Bevölkerung lebt zerstreut in kleinen Ortschaften, mitunter gemischt mit Mohammedanern und Griechen, jedoch findet man auch sehr oft ganze Ortschaften, wie in der Nähe der Klöster, die nur von Katholiken bewohnt sind; so z. B. Fojnica, Dolac bei Travnik, Kresevo und mehrere andere. Dergrössle Theil der Katholiken gehört dem ackerbautreibenden und dem Handwerkerstände an. Wiewol schon im Hattischerif von Gülhane jedem Ciillus gleiches Recht und der Kirchenbau zugestanden wurden, so werden doch letztcrm unter allerhand nichtigen Vorwänden Schwierigkeiten in den Weg gelegt. Erlangt nun eine katholische Gemeinde die Bewilligung zum Bau einer Kirche, so bleibt sie noch immer an gewisse Formalitäten bezüglich der Ausführung des Baues gebunden. Dach und Thurm der Kirche (letzterer ist selten bemerkbar) dürfen eine gewisse vorgeschriebene Höhe nicht, überschreiten. Das Glockengeläute, wiewol seif den Jahren 1839 und 1854 gestaltet, ist nur im Innern der Kirche zu vernehmen und nur im Kloster zu Sutiska hört man an Festtagen das Geläute der Thurmglocke. Gewöhnlich wird die christliche Gemeinde durch Schlagen eiserner Hämmer auf eiserne Scheiben (ähnlich dem bei der Cavalerie in den Canlonnirungen üblichen Schlagzcichen auf Breter) zum Gottesdienst gerufen. Man fürchtet noch immer, die mohammedanische Bevölkerung durch das Glockengeläute in Aufregung zu bringen. 3. Die Griechen (nichtunirtcn Glaubens). Die Griechen bilden den grössten Theil der Bevölkerung Bosniens und der Herzegovinä. Man zählt, in Bosnien mit Einschluss des Districts von Novibazar, wo vorherrschend Griechen wohnen, 460000, in der Herzegovinä 75000, zusammen 535000 Seelen. Für die griechische Bevölkerung Bosniens sind zwei Bischöfe oder Metropoliten (Vladikas) und zwar zu Serajevo und zu Zvornik, sowie für die Herzegovinä einer zu Mostar eingesetzt. Die Bischöfe werden vom Patriarchen zu Konstanfinopel ernannt. Den beiden erstem unterstehen 374 Geistliche (Popen), dem Bischöfe zu Mostar 135 Geistliche, welche theils in den Dörfern, theils in den Klöstern den Gottesdienst versehen. Die Geistlichkeit in Bosnien besitzt die Klöster zu Mostainica in der Kraina zwischen Pridor und Dubica, Gomjeniea oder Gomojnica Rosribwicz. () zwischen PrMor und Banjaluka, und Banja 7 .Stunden südöstlich von Visegrad. Vom Bischof zu Mostar hängen ab die Klöster zu Zytomislic (am linken Narenlaufor), Zavalc im Popovo-Polje, Zaricin bei Tre-hinje, Duze bei Trebinje, Piva (das grössle), Drobniak in der gleichnamigen (legend, Mokro, Taslidzia, Gainica (Wallfahrtsort) und zwei Klöster zu Kolasin; Miloscvo, einst das grössle und bedeutendste Kloster, ist seit mehr als 260 Jahren Ruine und wurde von Sinan-Pascha zerstört. Ehemals bestanden noch zu Papraö (unweit der Sprecarpielle), zu Osren (an der Bosna), zu Krupa und zu Armanj in Bosnien griechische Klöster, die jedoch aufgehoben wurden. Die Einnahme der Bischöfe ist sehr bedeutend (220000 Piaster = 22000 Fl.), da sie von jeder Familie unter mancherlei Namen Taxen und Abgaben erheben. Die niedere Geistlichkeit ist unwissend und ohne 'Grundbesitz. Die griechische Bevölkerung befasst sich hauptsächlich mit Ackerbau und Handel, sodass die griechischen Kaufleute in den grössern Städten durch den Handel wohlhabend geworden sind. 4. Juden. In Bosnien dürften incl. Novibazar 5200, in der Herzegovinä ungefähr 500, zusammen 5700 Juden wohnen. Dieselben sind spanischen Ursprungs und über Konstantinopel nach Bosnien eingewandert. Sie haben nebst dem Hebräischen ihre ehemalige Landessprache, wenn auch nicld in ihrer Reinheil, bis zum heutigen Tag erhalten, beschäftigen sich fast durehgehends mit Handel und sind von der Bevölkerung geachtet. Sie haben einen Oberrabbiner (Haschambaseha) zu Serajevo, ausserdem Rabbiner zu Travnik und Novibazar. 5. Zigeuner. Wiewol nomadisirend, sind dieselben doch auch während längerer Zeitperioden in der Nähe grösserer Städte ansässig anzutreffen. Sie bilden eint; eigene islamitische Sekte, dürfen keine Moscheen betreten und werden als halb nationalisirt betrachtet. (Mezza nalione.) Sie sind fest durehgehends Schmiede. Körperbau, Charakter undJNahrung der Bewohner. Die Bosniakcn sind, sie mögen nun Mohammedaner, Christen, Juden oder Zigeuner sein, von mittlerer untersetzter Statur, und im Durchschnitt ein kräftiger schöner Menschenschlag. Der Herzegovinaer gleicht im Körperbau und Charakter dem Dalmatiner und zeigt mit den Bewohnern der Kraina mehr Unabhängigkeitssinn als der Bosnier. Beide, der Bosnier und der Herzegovinaer, sind ruhig, ernst, sittlich, massig, abgehärtet und im gegebenen Moment unternehmend. Nur Unreinlichkeit ist an ihnen zu tadeln. Ihre Nahrung bestellt in gebratenem Schaffleisch, Bei«, und beim Landinann gewöhnlich nur in Maiskuchen, der sogenannten Polenta der Ilaliener oder Mamaliga der Walachen, Zwiebeln, Käse und Milch. II. Bodencultur und Grundbesitz. Von dem auf 895 QM. angenommenen Flächeninhalt Bosniens und des Dislricts von Novibazar kann man circa %0 — 89 QM. der Ausdehnung als unfruchtbaren oder als Karslboden, 5/H) = 445 Q M. als Wald, und */,„ «»der ungefähr 361 QM. als fruchtbaren Boden annehmen. In der Herzegovinä dürften von den 220 QM. 4/10 = 88 IJM. als Karsfboden, 3/10 ±s 66 fJM. als Waldboden und 3/lft = 66 QM. als fruchtbarer Boden anzunehmen sein. Die Waldungen beider Provinzen, nämlich 511 QM., gehören grösstenfheils dem Staate. Kaum der zehnte Theil ist Privatgut und nur ganz unbedeutende Parcellen sind zur Ausnutzung verpachtet. Der cullurfähige Boden, zusammen ungefähr 427 QM., ist, wie wir bereits erwähnten, .grösstenfheils in den Händen der Mohammedaner. Das Eigenfhnin der Moscheen, die sogenannten Vakufs oder Vakfs, aus liegenden Gründen und Gebäuden bestehend, ist beträchtlich. 6* Der Grundbesitz der Gemeinden an Acker und Wiesen, sowie jener der Franciscanerklöster zu Sutiska, Fojnica und Kresevo ist nicht unbedeutend an Wald- und Gulturboden. III. Allgemeine Bemerkungen. Industrieproduction. Handel. Das Erfrägniss des Bodens in Bosnien genügt nicht nur für die Bedürfnisse der Bewohner, sondern liefert einen beträchtlichen üeber-schuss, der in das Ausland verführt wird. Jedoch könnte das Land bei seiner Fruchtbarkeit noch weit mehr hervorbringen, wenn der Grundbesitz zum Theil Eigenthum der Landbevölkerung wäre, und wenn ein ausgebreitetes Strassennetz das Land durchziehen würde, um den Ueberschuss der Producte mit weniger »Schwierigkeiten und Kosten auszuführen. Hierzu kommt noch, dass die Bosnier, namentlich die Ackerbauern, träge, und dass die Ackerbauwerkzeuge noch in primitivster Form und schwer zu handhaben sind. Zwei, auch drei Paar Ochsen sind notwendig, um einen Pflug zu ziehen. Zum Einheimsen der Feldfrüchte bedient man sich der Pferde, welchen die Garben aufgeladen werden. In manchen Gegenden (Thälern) werden zu diesem Zwecke vierräderige roh gearbeitete Wagen mit siebenschuhigem Gleise verwendet, an welchen nicht ein eiserner Nagel zu finden ist. Der Grundherr hat keinen Sinn für Neuerungen und Verbesserungen. Da nun die Arbeit des Ackerbauers (grösstenfheils Christen) beschwerlich und mühevoll ist, demselben selbst bei gutem Erträg-niss nur das Notwendigste zum Lebensunterhall gelassen wird, so wird er infolge dessen träge und bleibt unter allen Umständen gleichgültig, III. Allgemeine Bemerkungen. Industrieproduetion. Handel. 85 Das durchschiuttuche Jahreserträgniss an Gerealien dürfte in Bosnien über 4 Millionen, in der Herzegovinä ungefähr eine halbe Million Gentner ergeben. Die Industrieproduction beschränkt sich in Bosnien auf roh gearbeitete Eisengegenstände, auf die Erzeugung von Hand- und Schusswaffen (zu Serajevo, Foca und in andern grössern Städten), auf die Erzeugung von Kotzen zu Serajevo, auf jene von weissen Tahackspfeifen zu Zvornik, endlich in Bosnien und in der Herzegovinä auf die Erzeugung von Wollstoffen zu Hemden u. s. w. für den eigenen Gebrauch, auf Rosshaarsäcke und auf die Zubereitung der Thierfelle und des Leders, speciell zu Serajevo, Foca und Visoka. Der Handel. Das Nähere über denselben ist aus den Ueber-sichtslabellen „Aus- und Einfuhr" (s. Zollwesen) zu entnehmen. Der Handel ist zwar nicht unbedeutend, kann jedoch wegen der schon erwähnten sehr schlechten Beschaffenheit der Gommunicationen und wegen der unbedeutenden und dabei unbenutzten Schifl-barkeil der Flüsse kaum einen grössern Aufschwung nehmen. Zweites Kapitel. lieber das Reisen im Lande. Reise-beschreilmng. Serajevo. I. Ueber das Reisen im Lande. Reisen in den türkischen Provinzen .sind anstrengend und kostspielig. Oer ganz unbemittelte Theil der Bevölkerung ist natürlicherweise gezwungen, seine welch immer für einen Zweck habende Reise zu Fuss zurückzulegen. Der Bemittelte vollführt dieselbe auf eigenem Pferde und gewöhnlich in Begleitung eines Dieners. Standespersonen und Funclionäre reisen mit zahlreichem Gefolge. An den Haupt- oder Postrouten ist der Gebrauch von Postpferden anzuempfehlen, da man Pferde sogleich erhalt, und diese innner von einem Surudgi (Postknecht) begleitet werden, welcher für die Verpflegung der Pferde sorgt und während der Reise die Aufnahme eines eigenen Führers (Wegweisers) überflüssig macht. ([Näheres darüber siehe Postanstalten.) Nur auf der lahrbaren Strasse im Rosnathale von Brood nach Serajevo l) können Reisen im Wagen vollführt, und in drei bis vier, sowie zu Pferde, ohne übermässige Ermüdung zu verursachen, in vier bis fünf Tagen zurückgelegt werden. Ist man gezwungen, die Postroute zu verlassen und Seitenwege einzuschlagen, so muss man entweder die notwendigen Pferde für die ganze Reise, oder diese von Station zu Station (in Rosnien und der Herzegovinä gleichbedeutend mit einem Reisetag) miethen. Der Durchschnittspreis für ein Miethpferd beträgt ungefähr 2 Fl. per Tag, nebstbei ist man verpflichtet, das Pferd und den dasselbe ver-miethenden Mann, welcher in den meisten Fällen sein Pferd begleitet, auf die Dauer der ganzen Reise zu verpflegen. ]) Auch Banjaluka kann gegenwärtig zu Wagen von Alt-Gradiska (Berbir) aus in circa 5 Stunden erreicht werden. Bei Reisetouren, welche nur drei bis vier Tage Zeit in Anspruch nehmen, kann mau im Nolhfall ein Pack- oder Bagagepferd entbehren, und die notwendigen Kleider und Effecten in den Satteltaschen —■ hier Bisake genannt — verwahren, welche aus roh gearbeitetem rohen Leder erzeugt, ungefähr 1 Fuss laug und breit sind und Vermittels eines 6 — 8 Zoll breiten Riemens zusammengehallen werden, der in der Mitte einen Ausschnitt enthält. Diese Taschen werden mit dem Ausschnitt über den rückwärtigen Theil des Sattels gelegt und hängen im Gleichgewicht an den Weichen des Pferdes, ohne dieses bei der Bewegung im mindesten zu hindern. Die Zäunung ist die bekannte türkische, mit scharfer Stange, einlach bei dem wenig Bemittelten, verziert mit Silberplättchen beim reichen Bosniaken. Der ungarische Sattel (Bock) ist am meisten gebräuchlich und wird fast immer mit einem Teppich oder mit einer mehr oder weniger reich verzierten Schabrake überdeckt. Bei Reisen von längerer Dauer ist man gezwungen, vier Pferde, und zTvar ein Pferd für die eigene Person, ein Pferd für den Diener, ein Pferd für die Ragage als Packpferd und ein Pferd für den Führer zu miethen, oder wenn letzterer mit eigenem Pferde erscheint, dieses zu bezahlen. Rechnet man hierzu noch den Gensdarmen (ehemals Zaptie), welcher einer Standesperson auf Verlangen beigegeben wird, eine Schutzwache, Dolmetsch und Vermittler bei vielfältigen Anlässen sein soll, so hat man die Kosten für die ganze Suite, bestehend aus vier Personen und vier bis fünf Pferden zu tragen. Es sind daher die Auslagen eines Reisetags incl. der Mitlags-rast und des Nachtlagers auf 20—25 Fl. ö. W. zu veranschlagen, worunter die häufigen Trinkgelder (ßaktschis) nicht mit inbegriffen sind. Als Reiseausrüstung sind die von Mannstein zu Wien verfertigten Packsachen ä la Caucase, wie sie von den im Kaukasus verwendeten russischen Offizieren im Gehrauch sein sollen, empfehlenswert!]. Diese Art Packtaschen leisteten mir vorzügliche Dienste. Sie werden aus fünffach gebogenem Holz in ovaler Form erzeugt, sind I. Ueber das Reisen im Lande. Hl 1 Fuss hoch, l3/a Fuss lang, solid, dauerhaft und an den kurzen abgerundeten Seifen mit eisernen Ohren verseben, in welche beim tiebrauche der 'raschen als Schlafstelle ein in Charnieren bewegliches mit einem Kreuz als Unterstützung versehenes Holzgeslell eingelegt wird. Die langen Arme dieses Gestells sind durch festgespannten Zwillich in Art einer Hängematte verbunden, über welche ausserdem eine zolldicke Matratze gelegt wird. Der Kopf ruht auf dem geöffneten Deckel der einen Packlasche, die Füsse ruhen auf der geöffneten zweiten Tasche. In dieser Art bilden die Packtaschen eine wenn auch nicht sehr breite, doch reinliche Gellstelle, an Hast- oder Ruhetagen aber einen Di van, beide von grossein Nutzen, wenn man lange Hciselouren zu machen hat. In Ermangelung derselben wäre man gezwungen, in den Hans (Wirtshäusern) auf dem am Boden ausgebreiteten, von allerlei Insekten wimmelnden Teppich oder der Wollmalratze das Nachtlager aufzuschlagen, ohne Hoffnung, sich eines erquickenden Schlafes erfreuen zu können. Die Taschen werden während der Reise an das hölzerne Sattelgerippe auf beiden Seiten des Pferdes angehängt, Das Gestell wird zusammengesetzt in die Hängematte, Decke, Leintücher, ferner in eine amerikanische Lederleinwand gerollt. Alle diese Gegenstände geben einen 3 Fuss langen, 1 Fuss Durchmesser hallenden Rund, welcher auf dem Rücken des Pferdes über den Taschen festgebunden wird. Jede der Taschen enthält acht Weinflaschen und noch den notwendigen Raum für Kleider und Effecten. Leuchter, Kerzen, Essbesteck, Gläser, Sehnellsicder, einige der gebräuchlichsten Medicamenle, Insektenpulver sind auf solchen Reisen von höchster Wichtigkeit. Wein, welcher in Bosnien nirgends zu haben ist und aus Brood oder Mostar bezogen wird, ist ebenso wie Rum unentbehrlich. Die ganze Ausrüstung wog 100—120 Pfd. und konnte nebst einer Vorrathsfourrageportion für fünf Pferde leicht sogar von einem schwächlichen Pferde getragen werden. Reisende von Distinction trachten immer von selten des Gouverneurs oder seines Kaimakarns (Stellvertreters) ein Bujuruldi (einen Geleitschein) oder eine Art Generalpass zu erhalten. Geht der Ertheilung eines solchen Bujuruldi gleichzeitig ein Avis der beabsichtigten Reise, z. 13. eines Gonsuls, voraus, so kann man, wiewol nicht immer, doch meistens auf eine rasche Beistellung der nöthigen Zaptien oder Gensdarmcn und auf die Lieferung der benöLhiglen Pferde gegen einen bestimmten Preis rechnen. Die Reisen zu Pferd werden fast immer nur im Passgange (eine Bewegung des Pferdes, die der Schnelligkeit nach in der Mitte zwischen Schritt und Trab liegt, und wobei dasselbe [nahezu] immer die Füsse einer Seife vorsetzt) ausgeführt. Diese Bewegung ist für den Beiler die wenigst anstrengende, schont dessen Kräfte, ist jedoch nur auf ziemlich ebenem Boden anwendbar. Auf steinigem und unebenem Boden ist man gezwungen im Schritt zu reiten. Der Passgang ermöglichl es, in einem Tage grosse Distanzen zu durcheilen. Das Zurücklegen von 6 — 8 Reitslunden (4—-6 deutsche Meilen) an einem Sommertage zählt zu den gewöhnlichen, 8 —14 Stunden zu den bedeutenden Leistungen eines Pferdes. Im Winter und im Herbst kann man wegen der kurzen Tage selten mehr als 10 Stunden hinterlegen. Das bosnische Pferd, an alle Wilterungseinflüsse, an karges Futter und. unregelmässige Abfütterungszeit gewöhnt, legt 50 — 60 Stunden (36—42 Meilen) in 6 — 8 Tagen zurück, ohne eines Rasttags zu bedürfen. Lastpferde, die hier mit 160— 200 Pfd. beladen werden, können, da sie sich im Schritt bewegen, nur 4 — 6 türkische Reitstunden in einem Tage zurücklegen. Mehrere Personen, die gleichzeitig ein Reiseziel verfolgen, sind wegen der schmalen Pfade gezwungen, immer hintereinander zu reiten, bei bedeutender Senkung abzusteigen und die Rergabslürze, das Pferd am Zügel nachziehend, zu Fuss zurückzulegen. Im hohen Gebirge und in Waldungen linde! man auf Pos Ironien von Strecke zu Strecke kleine Wachtposten (Panduren) aufgestellt, welche für die Sicherheil zu sorgen und angesehenere Reisende zu begleiten haben, wofür ihnen gewöhnlich ein Trinkgeld gereicht wird. Infolge dessen kommen Beraubungen selten vor. Da nun aber die Sicherheit auf manchen Wegstrecken nicht unbezweifell sein dürfte, so sieht man oft reisende Kaufleute eine der türkischen Offiziersuniform sehr ähnliche Kleidung anlegen, wozu dann das Umhängen eines Säbels und einer an einem breiten golddurchwirkten Rande hängenden kleinen Palrontasche gehört, um dadurch eine grössere persönliche Sicherheit zu erzielen und Ansehen bei der Bevölkerung zu erlangen. Bei eintretender Dunkelheit muss die Fortsetzung der Reise eingestellt werden, und man ist sodann gezwungen, in einem Dörfchen oder bei einem Dan anzuhalten und hier zu übernachten. Beabsichtigt man aber trotz eingetretener Nacht das Reiseziel des Tages zu erreichen, so muss man sieh auch auf Unfälle gefasst machen, denn die zu überwindenden Schwierigkeiten, welche besonders in Gebirgsgegenden schon bei Tage nicht unbedeutend sind, nehmen selbstverständlich bei Nacht grössere Dimensionen an. Der Reisende kann sich daher glücklich schätzen, wenn er in einem solchen Falle nur mit einem von den Zweigen zerkratzten Gesicht sein Ziel erreicht, und ihm kein weilerer Unfall begegnet. Der Eingeborene trachtet daher immer, vor Sonnenuntergang (Achscham) die Nachtstation zu» erreichen, und wagt es nur, beim Mondschein seine Reise des Nachts fortzusetzen. Die sogenannten Hans oder Herbergen sind in allen Postrouten in einer Entfernung von 2— 3 Stunden anzutreffen, doch sind sie vermöge der Grösse, Bauart und hinsichtlich des Gomforts (wenn wir dieses Wort in Bosnien anwenden dürfen) sehr verschieden. Die besten Hans findet man an der. fahrbaren Strasse zwischen Serajevo und Brood, und zwar die reinlichsten zu Kisseljak; die grösslen, der Bauart nach wahre Karavanseraien, au der Route von Serajevo nach Novibazar, welche im Erdgeschoss 60—100 Pferde aufzunehmen vermögen. Gleich den meisten Häusern sind auch die Hans nur mit einem Stockwerke versehen. Der eltenerdige Raum wird in der ganzen Ausdehnung bis au die Umfassungsmauer als Stauung benutzt. Eiße hölzerne Stiege führt in das Stockwerk, welches je nach der Frequenz der Roule mehrere, oft auch nur ein einziges auf Pfeilern ruhendes Zimmer enthält. Die ganze Einrichtung dieses Zimmers besteht gewöhnlich in einer am Roden liegenden Malrafze, die nie geklopft, gereinigt und gelüftet wird und oft so von Ungeziefer wimmelt, [dass man trotz der körperlichen Ermüdung schon nach drei-bis viersfündiger Ruhe den Moment herbeiwünscht, sich abermals in den Sattel schwingen zu können. An den Seilencommunicationen sind die Wirthshäuser seltener, in manchen Gegenden gar nicht anzutreffen. Mau übernachtet in Scheunen oder im Freien und muss sich mit Reis, Lammfleisch; oft nur mit Eiern begnügen. Ist der Wirth verheirathef, so besorgt die Frau die Küche. In einem solchen Falle befindet sich dieselbe im Stockwerke oder auch ausserhalb des Hau in einem Nebengebäude und ist für den Fremden unsichtbar. Der iinverhciralhele Wirth dagegen bereifet entweder im Frdgeschoss in der Milte der Stauung oder auch im Stockwerk unter den Augen der Nachtlager suchenden und um das Feuer gruppirlen Gäste die Mahlzeiten. An den Hauplroulen erhält man in jenen Wirlhshäusern, welche gewöhnlich als Nachtlager gewählt und von der Bevölkerung als solche bezeichnet werden, gebratenes Lammfleisch, Pillaf (Reis), irgendeine Pitta (Mehlspeise) nebst saurer und süsser Milch, Kaimak (zur Gon-sistenz gesottener Milchrahm), Honig, endlich ungesäuertes Brot und schliesslich Kaffee. Das Mahl wird zuerst dem Herrn servirl, ist immer der Quantität nach uuf die Personenzahl der Regleitung berechnet, und wird zum Schlüsse der Dienerschaft gereicht. Die Rechnung wird immer summarisch gemacht. Gewöhnlich rechnet der Wirth an den Hauptcommunicationen des Landes für die Abendmahlzeit, für das ohenbescluiehciie Nachtlager und das Füllern der Pferde per Kopf 14 Piaster (auch Groschen genannt); für fünf Personen wären somit 7 Fl. ö. W. zu entrichten; bei einein weniger reichlichen Mahle sind auch die Kosten geringer. In der Herzegovinä ist das Pferdefütter im Hochsommer der theuerste Artikel. Eine einmalige Abfütterung eines Pferdes kostet zwischen 2— 3 Piaster = 1 Zwanziger Es bleibt hier noch die Art und Weise zu schildern, in welcher Frauen und ganze Familien ihre Heise durchführen. Reisende Frauen bedienen sich der Reitpferde ebenso wie die Männer und vollführen die Reise immer in Begleitung des Gatten oder eines Dieners. Ganze Familien führen die Reise, wo dies angeht, in der Araha (türkisch Wagen) aus, d. h. in einem plump gestalteten vierräderigen Fahrwerke, welches an den vier Endpunkten 4—6 Fuss hohe, oben durch Latten verbundene Pfeiler trägt. Dieses Gerüst wird mit einem rofhen Stoff überhängt und deckt vollkommen die im Wagen befindlichen vier bis sechs, ja oft acht Personen. Zwei bis drei Paar Ochsen ziehen diese schwerfällige, kreischende Araba mit den Insassen au ihre Bestimmung. Kleine Kinder werden in Korben, die an den Seiten eines Pferdes hängen, transportirt. Damen von hohem Range bedienen sich auf Reisen der Sanften, welche in derselben Form wie die in Europa gebräuchlichen gebaut sind, statt, der Thürgläser aber Holzgitter haben. II. Die Hauptverkehrswege Bosniens und der Herzegovinä. Ehe ich nun zu den delaillirten Beschreibungen derjenigen Haupt-und Nebenwege, die ich auf meinen Reisen in Bosnien und der Herzegovinä selbst kennen lernte, schreite, will ich eine tabellarisch zusammengestellte und kurz gefasste Schilderung der Häuptverkehrswege und jener Routen geben, welche ich nicht Gelegenheit halle, aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Von Serajevo, der Hauptstadt Bosniens, als dem Centraipunkt beider Provinzen angenommen, führen folgende Hauptrouten gegen die Grenzen und zwar: Von Serajevo über Livno nach Sign. 2 egg Von über nach Entfernung turkiscl Reitstunc Allgemeine Bemerkungen. Serajevo Rakovica Kisseljak 7 Zerstreut liegender Ort, Sauerbrunnen, mehrere Wirthshäuser (Hans), die besten und reinlichsten in Bosnien. Kisseljak Busovac Vites Travnik 9 Stadt, 12000 Einwohner, altes von Tvartko IL stammendes Castell, 16 Moscheen, 1 Thurmuhr, 1 grosse Kaserne. Travnik war bis zum Jahre 1850 die Residenz des Gouverneurs von Bosnien. In der Nähe Dolac, katholisches Dorf, 1200 Einwohner, katholische Pfarre mit Kirche. Travnik Skoplje 7 Marktflecken, 2000 Einwohner. Alte steinerne beschädigte Brücke über den Verbas. Skoplje Prusac Kupres 5 Prusac mit altem Berg-schloss, 4—500 Einwohner. Kupres, 300 Einwohner, Marktflecken. Die •Hochebene gut bevölkert, Ottinovce katholische Pfarre. Kupres — Suica 4% Dorf, 400 Einwohner. Suica Livno 8% Stadt und Handelsplatz, 3500 Mohammedaner, IC Moscheen, 1600 Christen Altes Schloss, Consular-agentie. Livno — Prolog-Hai 3 Han. Prolog-Hai Sign 4 48 Von Travnik nach Bihac. Von üher nach Entfernung nach türkischen Reitstunden. Allgemeine Bemerkungen. Travnik Jaice Varcar-Vakuf ('adjaviea Kljuc Han-Bravsko Petrovac Lippa Karaula Bilai DuLovsko Ripac Jaice Varcar-Vakuf Cadjavioa Kljuc Han-Bravsko Petrovac Lippa Bihac 9 4 3 3 4 r> 5% Stadt, 2500 Einwohner, 8 Moscheen, altes Schloss, katholische Pfarre. Der Ort ist schön gelegen, hat geschichtliche Bedeutung. Stadt, 2000 Einwohner, 4 Moscheen, katholische Pfarre. Sehr schlechter Han auf der Hochebene mit einigen zerstreuten Dörfern. Stadt, 1700Einwohner, altes Schloss von gescl licld -lieber Bedeutung. Dan in steriler Hochebene. Stadt, 1800Einwo hner, 2 Mo-scheen, 1 griechisch nicht-unirte Pfarre. Bilai, Dorf, 2 Stunden hiervon Petrovac; Stadt, 2000 Einwohner (zerstreut), 2 Moscheen, 1 griechisch nichtunirte Pfarre. Stadt und verwahrloste Festung, 4000 Einwohner, Türken,Stunde hiervon Grenzposten (Zavalje). novec. Von Kljuc nac 37 h Rcsa Von über nach Entfernung nach türkischen Reitstunden. Allgemeine Bemerkungen. Kljuc Petrovac Dervar Bravsko Petrovac Dervar Resanovce 5% 3% Bekannt. Dorf an der Stelle vonDojui-ünnac der Kiepert'schen hurte. Dorf. Die ganze Route von Resanovce nach Petrovac ist in dieser Gegend unter dem Namen Dzjada, d. h. Hauptweg bekannt. 16% KuSKlEWICZ. 7 Von Travnik über Banjaluka nach Novi. Von über nach Entfernung nach türkischen Reitstunden, i Allgemeine Bemerkungen. Travnik Vitovlje Skender-Vakuf Ugar II. Ploca Vitovlje Skender-Vakuf Javora 5% 4% 4% Dorf,zerstreutund \ hoch gelegen. 1 Kleines Städtchen 1 «t61 mit 1 Moschee, f .. wcg . { äusserst Dorf auf einer/ be-Ilochebene, uml schwer-ersteres wurde! lieh. 1527, 1688 und ] 1737 gekämpft./ Javora Koranovao Banjaluka 5 Stadt, 16000 Einwohner, kleines Fort im Verfall, 40 Moscheen, 1 katholische und 1 griechische Pfarre, besitzt gute Eisen- und Waffenschmiede, 2 hölzerne Brücken über den Verbas. Consularagentic. Banjaluka Ivainako Kosarac 8 Stadt, 2—3000 Einwohner, verfallenes Castell. Kosarac — Prjedor 3 Stadt, 1500 Einwohner, verfallene Feste. Prjedor Novi 6 Stadt mit aufgelassener Festung, welche öfters belagert wurde, 1600 Einwohner, griechische Pfarre. Wurde 3. Oct. 178!) durch Laudon genommen. 36% Berbir Von Banjaluka nach (Gradiska). nach «SS Von über Entfernu] türkisi Reitstui Allgemeine Bemerkungen. Banjaluka — Maglai 5 Dorf. Maglai Berbir 6 Stadt und Festung, 1500 Einwohner; 1789 nahm Laudon die Festung ein. 11 Fahrweg. Von Serajevo im Bosnafhale nach Busud (Brood). Von über nach Entfernung nach . türkischen Reitstunden. Allgemeine Bemerkungen. Serajevo Kisseljak BuBovac Vrauduk Zepse Maglai Doboi Foca Dervent Rakovica Vites Zenica Kisseljak Busovac Vrauduk Zopsc Maglai Doboi Foca Dervent Brood (Busud) 7 5 7 6 5 5 3 4 4 Bekannt. Marktflecken, 700 Einwohner, viele Eisenschmiede. Kleines Dorf, 150 Einwohner, Bergschloss halb verfallen, guter Han. Stadt mit 2000 Einwohnern, 3 Moscheen. Bei Ponievo katholische Pfarre. Marktflecken, 1800 Einwohner, 3 Moscheen, 1 griechischer Pope, altes Schloss. Marktflecken, 1600 Einwohner, altes Schloss. Dorf zerstreut. Zusammen 2000 Einwohner, katholische Pfarre. Marktflecken mit altem Ca-stell, 2000 Einwohner, zum Thcil Griechen. Marktflecken, 6 — 800 Einwohner. Ilaupteinbruchs-station nach Bosnien. h Zenica 16 Stunden. Wird a nach Bercka. Zu Von Hei sputer besch sammen ......... 46 ifcr nac ir-Tid ajevo am rechten Bosnai rieben werden. Von Serajevo über Uni Von über nach Entfernung nach! türkischen i Reitstunden, j Allgemeine Bemerkungen. Serajevo ülovo Kladain Unter-Tuzla Han-Osren OIovo Kladain Unter-Tuzla Bercka 8 4 9 9 Dorf, 400 Einwohner, 1 Moschee, hat seinen Namen von den Bleilagern in der Umgebung (Olovo-Blei). Marktflecken, 1600 Einwohner, 2 Moscheen. Stadt, 6000 Einwohner. (Wird später beschrieben.) Stadt, 2000 Einwohner. (Wird später beschrieben.) 30 Von Serajevo über Zvornik nach Raca. Von über nach Entfernung nach türkischen Reitstunden. AMgemeae Bemerkungen, Serajevo Glasinao Vlasenica Zvornik 24 (Wird später beschrieben.) Zvornik — Janja 8 Marktflecken, 1000 — 12< )< > Einwohner, 2 Moscheen, Jan ja Balatun Raea 6 Auf dem österreichischen Ufer der Save. Zusammen......... 38 Von Serajevo über Visegrad, Novi \ Varos nach Novibazar.....51 Stunden! Diese Routen wer- „ Serajevo über Gorazda, Cainica, > den später beschrie- Priepolje, Sjenica nach Novi- \ ben. bazar...............49 „ / Von Serajevo über Konjica, Mostar nach Metkovic (bis Konjica zur Nolh fahrbar, von da bis MosLar sehr beschwerlich), , Von über nach Entferuung nach türkischen ] Reitstunden, j Allgemeine Bemerkungen. Serajevo Blazni Tarcin 7 Kleines Dorf, 200—300 Einwohner und Han. Tarcin Bradina Konjica 5 Marktflecken, 1200 Einwohner, steinerne Brücke mit 10 Pfeilern über die Narenta, vom König Hwali-mir erbaut. Konjica — Borke 3 Han. Borke Zimlje-Han Mostar 4% Hauptstadt der Herzegovinä. Beschreibung folgt. Mostar Buna 2 Dorf, 400 Einwohner, Bre-tersägemühle, alte steinerne Römerbrücke mit 13 Bogen über die Buna. Buna Metkovic 7 Städtchen in Dalmatien, rechts auf demselben Wege Pocitelj, ein Bcrg-schloss. 28% Von Nerclva über Rama nach Livno. Von über nach Entfernung nach' . türkischen Reitstunden. Allgemeine Bemerkungen. Neretva Rama-mündung Prozor Stit Mokronoge am linken Narentaufer üzdo in denRama-Kessel zur Rarna-mündung Prozor Stit Mokronoge Livno 7 4 4 7 3 25 dich Im An der Einmündung der Rama, steinerne Brücke, über dieselbe. Marktflecken, 600 Einwohner, mit Schlossruine. Kleines Dorf, katholische Pfarre, Dorf. Livno, siehe oben, oschi. Von Mostar n Von über nach Entfernung nach türkischen Reitstunden. Allgemeine Bemerkungen. Mostar Marmnic Doberkovi Mammic Imoschi 6 6 Dorf. Städtchen in Dalmatien. 12 Von Mostar am rechten Narentaufer nach Gabella 9 Stunden. Gabella, Dorf, Haupteinbruchsstation. Die Bewohner befassen sich mit dem Waareutransport nach Mostar. Von Mostar über Stolac, Ljübinje nach Trebrinje. Von über nach Entfernnng nach] türkischen | ^eitstunden, j Allgemeine Bemerkungen. Mostar Buna 2 Bekannt. Buna — Stolac 4 Marktflecken, 3000 Einwoh- ner, gut erhaltene Berg- feste. Stolac __' Ljübinje 4 Marktflecken, 1500 Einwoh- ner, altes Castell. Ljübinje — Trebinje 8 Festung, Beschreibungfolgt. ~~18 Von Stolac über Dabra nach Bilek. XI ü g a c ^ 4) i Von über nach Entfeniuu; türtisci Reitstum Allgemeine Bemerkungen. Stolac — I )abra 4 Dorf auf der gleichnamigen Hochebene. Dabra — Fatnica 3 Dorf auf der gleichnamigen Hochebene. Fatnica Plana Bilek 5 Dorf auf der gleichnamigen Hochebene. Zusammen......... 12 Von Mostar über Nevese ry, Ga( •ko nach Niksic. Entfernung nach türkischen Reitstunden. Von über nach Allgemeine Bemerkungen. Mostar — Neveseny 6 Beschreibung folgt. Neveseny Zalom und über Grabo-vica Metokia 10 Marktflecken, 800 —1000 Einwohner, Weg auf der Hochebene gut. Metokia Krstac 5 Dorf. Krstaö — Niksic 8 Stadt mit 1500-2000 Einwohnern und mit Schloss. 29 III. Vom Verfasser bereiste Haupt- und Nebenwege. Vorwort. Die Beschreibung der nun folgenden Verkehrswege werde ich nach der Reihenfolge der ausgeführten Reisen in gedrängter Kürze zu liefern trachten, dabei aber hauptsächlich nur die geographische und topographische Schilderung des Landes im Auge behalten, da ich dasjenige, was auf Sitten und Gebräuche der Bewohner Bezug haben könnte, in einem eigenen Abschnitt zusammenzufegen beabsichtige. Die geognoslischen Bemerkungen basiren sich auf von mir an Ort und Stelle gesammelte Steinsorlen, welche (da ich selbst kein Geognostiker bin) in Wien näher bestimmt wurden. Von der ersten Beise jedoch, welche ich in Gesellschaft des damals zu Serajevo residirenden Genoralconsuls und. eines Freundes zurücklegte, besitze ich keine Sleinsammlung, da ich erstens anfangs noch nicht gedachte, das-Land auch in dieser Beziehung kennen zu lernen, und zweitens, wir unsere Beise ungeachtet der Hindernisse und der höchst ungünstigen Witterung in so grosser Schnelligkeit zurücklegten, dass mir selbst bei vorhandenem Willen für das Anhalten und Sammeln der Steinsorten keine Zeil geblieben wäre. Von Kostainica über Banjaluka, Rama, Imoschi nach Almissa. 1. Tagereise. Von Kostainica nach Kosarac 8 Reit-slunden. Am 15. Sept. 1862 überschritten wir auf bosnischen Bierden die Unuabrücke bei Kostainica, also die österreichischbosnische Grenze. Zu dieser Zeit stand hart am rechten Ufer der Unna nur eine türkische Tschardake. Gegenwärtig breitet sich an diesem Punkte der ziemlich bedeutende über 4000 Einwohner zählende Markttieeken Türkisch-Kostainica aus, der im Sommer des Jahres 1863 von einem Theile der aus Serbien ausgewanderten türkischen und mohammedanischen Familien angelegt und bevölkert wurde. Ueber 20000 Seelen verliessen damals, wie bekannt, infolge eines zwischen der Pforte und der serbischen Regierung abgeschlossenen Uebereinkommens Serbien, und wurden längs der Unna, Save und Drina, und zwar Ueslerreiehisch-Kostainica gegenüber, bei Orahovo (östlich von Dubica), in der Nähe von Samac, Orasjc (unweit Zu-panje), Brezovopolje und Kossluk an der Drina angesiedelt. Die grössten ^Niederlassungen wurden zu Kostainica und Samac gegründet. Von der letzlern werde ich später noch ausführlicher sprechen. Wenn man die hölzerne Jochbrücke überschritten hat, führt der Weg während einer halben Stunde im breiten» ebenen Unnathale, dann aber durchzieht er einen dichten Wald, der auf beiden Seiten des Weges ausgehauen wurde, um der wachsenden Unsicherheit zu steuern, wird, nun sehr beschwerlich und steil und führt auf die Abfälle der Gereva-Kossa. Nach Passirung des Knesopolje, welches eigentlich der Beginn des Jasscnov-Polokthales ist, gelangt man nach einem Ritte von 4'/a Stunden zu dem Jassonov-Potok Han. Von hier erhebt sich der Weg mit ziemlich bedeutender Steigimg auf den Sattel der bewaldeten Gereva und der Bukova-Kossa, führt sodann massig fallend über den Kücken eines Gebirgszweigs über Paprice, Jellovac — von wo aus man eines schönen Uober-blicks über das Gomoinicathal geniesst — nach Puharino. Von dem letzten Orte aus führt ein Weg nach Prjedor und ein anderer, der fahrbar ist, in das breite Gomoinicathal sowie längs des Gebirgsfusscs der Kosarac-Planina nach Kosarac. Dieser Marktflecken zählt 2— 3000 Einwohner und besitzt ein ruinenartiges Castell. Wir wurden von dem Mudir (Bezirksleiter) freundlich aufgenommen und setzten Tags darauf unsere Beise nach Banjaluka fort. 2. Tagereise. Von Kosarac nach Banjaluka 8 Reitstunden. Der Weg führt über die BergfüSSe des zur Linken liegenden bewaldeten und von einigen Felsköpfen überragten Kosarac-gebirges im breiten Gomoinica thale, welches hier Omarski-Lug genannt wird, ist abwechselnd steigend und fallend bis auf den Sattel bei tvanska, von wo aus man bereits das breite Verbasthai bei Banjaluka überblickt. Am rechten Ufer der Gomoinica breiten sich niedrige waldige (die Fortsetzung des Dobrinjagebirges) Höhen, aus, deren specielle Namen ich nicht erfahren konnte. Vom Ivanskasaltcl senkt sich der Weg sanft zur Ebene hinab. Der Kaimakam (Kreisvorsteher), von der Ankunft des General-consuls in Kenntniss gesetzt, kam uns auf eine Stunde Wreges in einem Wagen entgegen, gefolgt von einem Zuge Husaren und mit einem prachtvoll gesattelten Hahdpferde, welches für den General-consul bestimmt war. Letzterer zog es jedoch vor, mit uns die angebotenen leeren Plätze im Wagen einzunehmen. Wir hatten Gelegenheit zu bemerken, dass an der Fahrstrasse nach Gradiska und Ivanska fleissig gearbeitet wurde. An unsenn Ziele angelangt, stiegen wir in der Wohnung des kurz vorher verstorbenen Gonsularagonten Milenkovie ab, und erwiderten gegen Abend dem Kaiinakam die uns kurz nach der Ankunft gemachte Visite. Wegen der mittlerweile eingetretenen Dunkelheit waren wir zu unsenn Bedauern gezwungen, auf die Besichtigung der Stadt und der Umgebung zu verzichten, und mussten uns, als wir dieselbe am folgenden Tage durchschritten, mit einem flüchtigen Ueberblick begnügen. Auch das in der Nähe befindliche, schon zur Zeit der Börner gekannte Schwefelbad konnten wir aus Mangel au Zeit nicht besuchen. Banjaluka hat eine sehr schöne Umgebung, grosse Ausdehnung, liegt zu beiden Seiten des Verbas, ist der Sitz eines Kaimakams und treibt bedeutenden Handel. Die statistischen Daten haben wir bereits gegeben. 3. Tagereise. Von Banjaluka über Sithica nach Varcar-Vakuf 14 ^eitstunden. Mit Morgengrauen wurden wir von der Musik eines zu Banjaluka slationirl.ru Husareureginients in angenehmer Weise aus unsenn Schlummer geweckt, bestiegen Mie.lh-pferde und setzten uns unter dem Geleite eines Zuges Husaren in Bewegung. Am südlichen Ende der Stadl, welche wir durchreiten mussten, verabschiedete der Generalconsul die Ehrehsüite, und nun begann, anfangs auf gepflasterter, aber nichtsdestoweniger fast lebens-gefährlicher Kalderma, sodann auf einem sleilon, engen Saumpfade das Ersteigen der Kukaviea-Planina. Ungeachtet des sichern Trittes der Pferde wird die Aufmerksamkeit der Reisenden in Bosnien wegen der namenlos schlechten Pfade, besonders während der ersten Reisen, mehr von dem Pferde und dem Wege als von der Beschallung des Landes in Anspruch genommen. So erging es auch mir auf dieser Strecke, und ich genoss nur während der kurzen Haltepunkte des schönen Anblicks, welcher aicti mir über das Verbasthai und über die angrenzenden Gebirgszüge darbot. Nachdem wir nach zweistündiger Steigung die Kukaviea-Planina erreicht hatten, ging der Weg anfangs durch Wald und über steinigen Hoden, sodann über die abgeholzten Rücken der Kukaviea-Planina und über kesselartige Formationen an der Quelle Kadina Voda vorüber, über die Dobriuia-Planina in den Gebirgskessel Jüdin Megdan, welcher seinen Namen einer grossen Anzahl uralter, mit grossen verwitterten Steinplatten bedeckter Gräber zu verdanken haben dürfte. Der letztgenannte Gebirgskessel sowie jener von Bunarovi wurde, da der Weg gut, die zurückzulegende Wegstrecke aber lang war, wie es der mitunter steinige, meistens aber unbewaldete Roden zuliess, bis Sitnica — 8 Stunden — im Galop durcheilt. Sitnica, ein kleines nettes Oertchen, liegt auf dem Rücken der Kuk-Planina, die Umgebung beherrschend. Nach kurzer Rast und nach Abfütterung der Pferde setzten wir uns in Bewegung, durchschritten zu Fuss die waldigen Bergabfalle bis zur sumpfigen Hochebene von Podrasnica, und gelangten sodann erst nach weitem) sechsstündigen Ritte, da der Führer und die Bagage zurückgeblieben waren und wir den Wey daher zu wiederholten malen verloren, über den breitem, flachen und abgeholzten Sattel zwischen der Kragujevaca- und Lissina-Planiua spät des Abends nach Varcar-Vakuf, wo wir von dem Franciscanerpfarrer uns das Nachtlager erbaten. Die Gebirgszüge, welche die Podrasnica umgeben, sind dicht bewaldet, die Hochebene ist sumpfig, Der Weg war damals in den höher gelegenen Theilen sogar von dem seif unserer Abreise von Sitnica eingetretenen Regen ganz durchweicht. Dil" Stadt zählt 1800 — 2000 Einwohner, deren eine Hälfte Christen sind, und hat 4 Moscheen sowie eine katholische Pfarre. 4. Tagereise. Von Varcar-Vakuf über Jaice (4 Stunden) nach Skoplje, im ganzen 10 Reifsfunden. Sehr zeitig waren wir im Sattel. Der Weg ist anfangs ziemlich gut; die Berg-abfälle tragen Buehenwalduugeu. Nach einem Ritt von 2 Stunden gelangten wir nach Göllhisar, einem am westlichen Ende des Jezero schön gelegenen kleineu Geriehen, das in Verbindung mit dem See und den denselben einschliessenden bewaldeten Höhen eine prachtvolle Landschaft bildet. •Nach weilerer zweistündiger Reise erreichten wir auf wenig anstrengendem Wege Jaice, eine hoch gelegene, terrassenartig zur Pliva abfallende Feste, mit zinnenartigen hohen Mauern, welche 1463 von den Türken, sodann vom Könige Matthias Gorvinus genommen worden war; 1524 wurden die Türken hier aufs Haupt geschlagen, und nahmen erst 1527 die Feste ein, die seitdem in ihrem Besitze blieb. Der Ort breitet sich auch ausserhalb der Bingmauer der Feste aus. Zwei hölzerne Brücken unfern voneinander verbinden die Ufer des Verbas. Nach kurzer Rast im Franciscanerplärrhause, welches am rechten Ufer des Verbas liegt, setzten wir die Reise im Verbasthaie fort. Der ziemlich gute Saumweg führt steigend und fallend an den reich- • bewaldeten Gebirgsabfällen des linken Ufers vorüber. Das Thal ist eng, der Wasserlauf rasch. Hier und da erblickt man, off hoch im Gebirge, kleine Häusergruppen. Nach dreistündigem Ritte kamen wir zu dein Dorfe und der schön gelegenen Schlossruine Vienae (auch Vinac), nach weitern 3 Stunden nach Skoplje, wo wir unter strömendem Regen und bei vollständiger Dunkelheit anlangten. Skoplje (Dolni-Vakuf) ist eine Stadt mit 2000 Einwohnern und der Silz eines Mudirs. Die Unterkunft, die wir hier im Han fanden, war wie gewöhnlich recht schlecht. Aus elenden von Ungeziefer wimmelnden Matratzen bestand die ganze Zimmereinrichtung. 5. Tagereise. Von Skoplje über Bugoino, Gorni-Vakuf nach Stit im Baiuakessel 1 dem Tage seiner Geburt begonnen habe, da 63 volle Lebens- jähre (Mondjahre), die er übrigens nicht erreichte, ungefähr 23000 Nächte ausmachen. Wann die letzten 1000 Blätter erschienen, und wohin die angeblichen Blätter nach seinein Tode kamen, darüber könnte nur ein Imam genauere Auskunft geben. Der Koran (Offenbarung, Lesung oder auch Bibel) enthält 114 Suren oder Kapitel unter den verschiedensten Benennungen, die oft so gewählt sind, dass ein Ungläubiger beim Durchblättern des Buches aus dem Kapitelschlagwort unmöglich auf die Bedeutung und den Inhalt desselben schliessen kann. Unter den verschiedenen verständlichen Bezeichnungen, wie z. B. die Weiber, der Tisch, die Propheten, die Römer, der Krieg, die Schlachtordnung, das Bestreben sich zu vermehren etc., gibt es Kapitel unter den Schlagwörtern: die Zwischenmauer (die Mauer, die das Paradies von der Hölle scheidet), die sich Ordnenden, die Zerstreuenden, die Entreissenden (nach den Anfangssätzen der Kapitel), Er runzelt die Stirn (der Prophet), die Zer-reissung (wenn der Himmel vor dem Gerichtstage zerreissl) u. s. w., die nur durch die nähere Erklärung verständlich werden. Sehr oft führen die Suren oder Kapitel einen einzigen Buchstaben, wie z. B, K oder Z als Bezeichnung. Jeder Satz einer Sure erhielt, wie in der Bibel, eine fortlaufende Nummer, und wiewol sonach der Koran sehr übersichtlich gegliedert zu sein scheint, so ist man bei dem höchst unlogischen Zusammenhange der berührten Gegenstände, bei der Abhandlung eines oft ganz andern Gegenstandes, als der Titel der Sure vermuthen lässt und anzeigt, endlich bei dem Mangel eines vollständigen Inhaltsverzeichnisses nicht im Stande, irgendeinen Gesetzartikel aufzufinden. Im allgemeinen sind die Lehren durcheinandergeworfen und werden oft wiederholt. Es erscheint daher ganz begreiflich, wenn Professor Schlosser in seiner „Allgemeinen Weltgeschichte*' sagt, dass das Studium des Koran und zwar das Lesenlernen nach theologischen Ansichten 4 Jahre, das Auswendiglernen und Schreiben desselben weitere 8 Jahre erfordert, insbesondere als hierbei 25 verschiedene Stücke gefordert werden, wozu bei aufgeworfener Frage die Angabe der Kapitel, Seiten und Zeilenzahl eines Satzes, die Auslegung in dem als allgemein richtig angenommenen Sinne u. s. w. gehört. Ein derartig gebildeter Theolog ■ und Rechtsgelehrter heisst Halls (vom glücklichen Gcdächtniss), und dieser ist es, der mit dem grösslen Selbstgefühl äussert, dass er den Koran „im Herzen" trage. Mit Ausnahme der neunten beginnt jede dieser theils in Mekka, theils in Medina geoffenbarten Suren mit der Segensformel: „Im Namen des allbarmherzigen Gottes", und die ganze Lehre trägt Mohammed immer wie auf Gottes Anordnung mit dem Vor- und Zusätze vor: „Sprich zu den Gläubigen" oder: „Verkünde denen, so da glauben." Während ungefähr die erste Hälfte der Kapitel sehr ausgedehnt ist, und fast umfangreich genannt werden kann, zeichnet sich die zweite Hälfte derselben (speciell aber die letzten Kapitel) durch ausserordcnlliehe Kürze aus. Der Koran als Buch exislirl in allen Grössen, selbst bis zur Schwere von 30 — 40 Pfunden, zeichnet sich aber sodann durch schöne und grosse Schriftzeichen aus, und dient alters- und augenschwachen Muselmanen in der Moschee zum Lesen und zur Reci-tafion der fallweise vorgeschriebenen Gebetform ein. Nur die Gläubigen dürfen den Koran berühren. Es würde zu viel Raum und bedeutendere Kräfte, als wir sie besitzen, erfordern, um den Koran einer eingehenden Bcurfheihmg zu unterziehen. Es dürfte daher genügen, das Wesentliche der Lehre sowie einige Widersprüche hervorzuheben, um den Geist der Schrift und deren Anwendung kennen zu lernen, um so mehr, als über dieses Rcligions- und Gesetzbuch, d. h. über die Koransdogmen, so viele umfangreiche Auslegungen vorhanden sein sollen, dass eine Sammlung derselben eine kleine Bibliothek bilden würde. Der grössle Thcil der Lehrsätze des Koran ist den jüdischen Gesetzbuchern, zum Theil der christlichen Beligion entnommen. Jene Theile, welche die bürgerlichen und die Strafgeselze enthalten, scheinen des Propheten eigene Ideen zu sein. Jesus Christus wird in der 21. Sure als ein grosser Prophet, als ein Wunderzeichen für alle Welt und am Gerichtstage als einer der Vermittler, sogar als einer der Richter, nicht aber als Sohn Gottes, anerkannt. In der 43. Sure wird Mohammed befohlen zu lehren: Sprich: „So der Allbarmherzigc einen Sohn hätte, so wäre ich der erste, der ihn verehren würde. Aber fern von ihm, dem Herrn des Himmels und der Erde, dem Herrn des Thrones ist das, was sie von ihm behaupten." Nebst Jesu werden aus der Vorzeit Abraham, Isaak, Jakob, Moses, ein gewisser Dhulkofel, Aron, Edris, Johannes u. a. als Propheten anerkannt. In der 61. Sure spricht Mohammed, dass seine Ankunft schon durch Jesus vorhergesagt worden sei, und nennt sich selbst an einer andern Stelle das „Siegel", d. h. den letzten aller Propheten. Zur Beweisführung und zur Begründung seiner Thesen beruft sich Mohammed auf das Alle Testament, auf den Glauben Noah's, Abraham's und Moses', deren Leben und Wirken er vielfältig schildert, mitunter je nach dem zu erreichenden Zwecke entstellt, und den im Unglauben verharrenden Völkern jene Strafen in Aussicht stellt, welche die Erdbewohner zur Zeit der Sündflut, die Aegypter unter Pharao und speciell die Städte Sodom und Gornorrha trafen. Diese Drohungen enthoben ihn, wie Volney sagt, „wunderthälig aufzutreten", und die Unmöglichkeit, Wunder zu thun, einsehend, verwies er immer bei vorkommender Aufforderung seine Zuhörer auf die bestehenden Wunder der Natur. Erst gegen Ende seines Lehramts und nach seinem Tode wurden ihm Wundcrhandlungen zugeschrieben. So soll er im Traumgesicht einer Nacht auf dem Thiere Borak, das er bestieg, und das halb Weib und halb Pferd war, 90 Himmel durcheilt haben; auf sein Wort füllten sich die Cisternen mit Wasser, die Bäume wurden grün, die Mondscheibe spaltete sich auf sein Geheiss, u. dgl. mehr. 3. Hauptgrundsätze und Sittenlehre.1) Die Hauptgrundsätze der mohammedanischen Religion sind: Einheit Gottes, Offenbarung, Weltgericht. Da der Koran vor allem das unumstössliche Religionsgeselz der Gläubigen zu bilden bestimmt war, so erscheint auch die Sittenlehre am vollkommensten durchgeführt, und hierzu dürfte die Lehre Jesu den Leitfaden gegeben haben. Ungerechtigkeit, Rachsucht, Hochmuth, Lüge, falscher Schwur, Spott, Geiz, Verschwendung, Ausschweifung, Eitelkeit, Ostentation, Argwohn, kurz alle Laster und Untugenden werden streng getadelt und ewige Strafen hierfür angedroht; Menschenfreundlichkeit, Bescheidenheit, Geduld, Nachsicht, Ausdauer, Genügsamkeil, Gerechtigkeit, Redlichkeit, Züchtigkeit, Wahrheitsliebe, Ergebenheit u. s. w. anempfohlen, und hierfür reicher paradiesischer Lohn versprochen. Die 1. Sure des Koran, die bei sehr vielen Gelegenheiten gesprochen wird, kann ungefähr mit dem „Vaterunser" verglichen werden. Gebote der Nächstenliebe. Die Nächstenliebe wird durch folgende sieben Gebote empfohlen: 1. Thue dem Muselman nur das, was dir angenehm wäre, und unterlasse alles, was dir selbst misfallen würde. 2. Suche ihn zu befriedigen. 3. Diene ihm mit deiner Zunge, mit deinem Gut, mit deiner Seele (Geist). 4. Sei sein Führer und sein Spiegel. 5. Sättige dich insolange nicht, als er Hunger und Durst hat. 6. Hast du einen Diener und er keinen, so bediene ihn mit dem deinigen. 7. Nimm seine Einladung an, besuche ihn, wenn er krank ^t, und gehe zu seiner Deerdigung. Schade, dass diese schönen Gesetze der Nächstenliebe nur gegen den gleichgläubigen Muselman in Anwendung kommen sollen. ]) Benutzte Quellen: Ucbersctzung des Koran von Dr. L. Ulhnann; Einleitung in den Koran von Dr. G. Weil, 1. Heft; die Ruinen v°a Volney. Rechte der Frauen. Die Rechte der Frauen, welche in Arabien bis zu jener Zeit in sehr untergeordneten, fast drückenden Verhältnissen lebten, die Bedingungen zum Ehcschluss, sowie ihre Testaments- und Nachlassansprüchc, das Abhängigkeilsverhältniss der Sklavinnen, kurz alles auf die Rechte der Frauen Bezug Habende, werden genauestens festgestellt. Jeder Gläubige darf, je nach seinen Vermögensverbältnissen, bis zu vier Frauen besitzen; nur für sich selbst macht der Prophet eine Ausnahme, indem er in der 33, Sure sagt: „Dir, o Prophet, erlauben wir deine Frauen, die du durch eine Morgengabc erkauft, und ebenso deine Sklavinnen, welche dir Gott geschenkt, und die Töchter deiner Oheime und Muhmen von Vater und Mutter Seite, die mit, dir aus Mekka geflüchtet sind, und jede gläubige Frau, die sich dem Propheten überlassen und die derselbe heiralhcn will. Diese Freiheit sollst du haben vor den übrigen Gläubigen; wir wissen recht gut, was wir hinsichtlich ihrer Frauen und Sklavinnen befohlen haben, dennoch begehst du kein Verbrechen, wenn du Gebrauch von dieser Freiheit machst, denn Gott ist versöhnend und barmherzig. Du kannst zurücksetzen, wen du willst, und zu dir nehmen, wen du gerade willst, ja selbst die du früher Verstössen, wenn du jetzt Verlangen nach ihr hast." Dieses Recht wurde auf den jeweiligen Begonien, als Nachfolger des Propheten, übertragen. In seiner Nachsicht gegen sich selbst ging er so weit, das Weib Zeineb (Zenobia) seines ehemaligen Dieners und Adoptivsohnes Zaid zu verlangen. Zaid willigle, theils aus Politik, theils aus Gründen der Dankbarkeit, in das Verlangen und entsagte seiner Frau, die nun Mohammed zum Weihe nahm, indem er im Koran durch ein eigenes Kapitel sein Verfahren beschönigte. In ähnlicher Art trachletc er, seine Untreue, die er durch den Verkehr mit einer koptischen Sklavin Marie beging, zu bemänteln, indem er in der GG. Sure sagt: „0 Prophet, warum willst du, um das Wohlgefallen deiner Weiber zu erlangen, dir verbieten, was Gott dir erlaubt hat?" Das Abhängigkeitsverhällniss der Weiber wird auch in dem Spruche ausgedrückt: „Die Weiber sind eure Aeckcr, kommt in eure Aecker auf welche Weise ihr wollt, weihet aber zuvor eure Seele" (d. h. thut zuvor ein gutes Werk), Das Gebot der Absperrung und Verhüllung der Weiber, welches als ein Ausfluss der Eifersucht des Propheten zu betrachten wäre, erhielt durch die folgenden Aussprüche gesetzmässige Kraft: „0 ihr Gläubigen, betretet nicht die Häuser des Propheten, um mit ihm zu speisen, wenn er es euch nicht erlaubt und es ihm nicht gelegen ist. Wenn ihr etwas SNothwcndigcs von den Frauen des Propheten zu verlangen habt, so fordert es hinter einein Vorhange (oder Schleier); dies trägt zur Reinheit eurer und ihrer Herzen wesentlich bei." Dieserhalb wird jener Theil des Hauses, welcher den Frauen angewiesen ist, „der Harem", von niemand betreten. Jeder dagegen Handelnde setzt sich den grössten Unannehmlichkeiten und Strafen aus. Ein fanatischer Muselman wäre im Stande, den Betreffenden zu lödlcn. In demselben Kapitel gebietet der Prophet, dass jeder Besuch eines Fremden, der natürlich nur dem Herrn gellen kann, angekündigt werde. Frauen dürfen unvcrschleicrt nur mit ihren Vätern, Söhnen, Brüdern und den nächsten Verwandten sprechen. An einer andern Stelle befiehlt ihm Gott zu lehren: „Sage, o Prophet, deinen Frauen und Töchtern und den Frauen der Gläubigen, dass sie ihr Uebergevvand umwerfen sollen, wenn sie ausgehen, denn so ist es schicklich, damit man sie als ehrbare Frauen erkenne und sie nicht beleidige." Dann an einer andern Stelle: „0 ihr Frauen des Propheten, ihr seid nicht wie die andern Frauen. Wenn ihr Gott fürchtet, dann seid nicht zu freundlich in euren Reden, damit nicht der nach euch lüstern werde, dessen Herz liebeskrank ist, sondern redet nur so, wie es sich geziemt." Die letzterwähnten Gebote erhallen eine noch grössere Ausdehnung. Eine Frau, die ohnedies nur mit den nächsten männlichen Verwandten sprechen darf, enthält sich auf der Gasse des Gesprächs mit ihrem Manne. Bei einer unverhofften Begegnung weichen sie sich aus. Selbst die Stimme der Frau soll nicht gehört werden, wesshalb man häufig sieht, dass Frauen ihre zurückbleibenden Kinder nicht mit der Stimme, sondern durch das Ineinanderschlagcn der Hände rufen. Nur der Arzt kommt manchmal in die Lage, eine Frau in Gegenwart des Mannes sehen und sprechen zu können. Die Betastung irgendeines leidenden Körpertheils aber dürfte selten vorkommen, da sogar der Puls nur durch einen feinen Stoff gefühlt werden darf. Genuss von Schweinefleisch etc. verboten. Der Genuss von Schweinefleisch, Blut u. s. w. ist verboten (ehemals durften auch Schalthiere nicht genossen werden). Der Genuss von Wein, überhaupt von erhitzenden Getränken, ferner Hazardspiele werden nur getadelt, das Schachspiel ist aber verpönt. Das Verbot lautet: „Wer Schach und Dame spielt, ist ebenso unrein als der, welcher seine Hände in das Blut eines Schweines taucht," Dennoch bildet dieses Spiel häufig die Zerslreuung vornehmer Mohammedaner. Zeitliche Strafen. Mit der Sittenlehre untermengt sind an Ort und Stelle für Uebertretungen zeitliche Strafen, welche grösstentheils in Almosenspenden und Fasten bestehen, die jedoch jetzt nur vielfältig modificirt zur Anwendung kommen, angegeben. Für grössere Vergehen und für Verbrechen wurden durch Faslen verschärfte Freiheilsstrafen festgestellt. Für Diebstahl war das Abhauen der rechten Hand, die Todesstrafe über die Sodomitcn verhängt. Gegenwärtig werden diese Fälle milder behandelt. Die Lästerung gegen Jesus, Moses, überhaupt gegen die aner- kannten Propheten, wurden ehemals mit dem Tode bestraft; gegenwärtig werden die Läslerer als irrsinnig betrachtet oder dafür ausgegeben, und dieser Vorwand wird oft benutzt, um Fanatiker, welche fromde Flaggen oder Regierungen beschimpfen, straflos ausgehen zu lassen. Im letztern Falle werden jedoch die betreffenden Uebelthäter unter Beobachtung gestellt. Für Mord und Todtschlag wird ebenfalls der Tod als Strafe vorgeschrieben, doch gleichzeitig auch, mit der vorausgesetzten Zustimmung der belheiligten Verwandten des Getödteten, eine Sühne zugestanden, die gewöhnlich in der Erlegung eines gerichtlich bestimmten Betrags, des sogenannten Blulgcldes, besteht. Die Zeugenaussage spielt — wie in jedem Justizwesen, auch hier eine grosse Rolle. Mit den Worten: „0 ihr Gläubigen, bleibt Ireu der Gerechtigkeit und Wahrheit, wenn ihr zur Zeugenschaft gerufen werdet, sei es gegen euch selbst, gegen eure Verwandten oder gegen eure Feinde, bleibt treu der Wahrheit sowol gegen Arme wie gegen Rache" u. s. w., muntert der Prophet die Gläubigen zur Gewissenhaftigkeit und Gerechtigkeit auf. Zur Beweisführung gehören wenigstens zwei Zeugen, und nur Gläubige waren dem Korangesetze nach sowol vor dem geistlichen wie dem weltlichen Gerichte zeugenschaflsfähig. Erst seit dem Jahre 1854 werden Christen, jedoch nur vor dem welllichen Gerichte, als Zeugen zugelassen. Die Abgabe des Zehcnts ist eine mehr politisch-administrative Massregcl, und bedarf keiner nähern Erklärung. Kriegsgebote. Mehrfach wird den Gläubigen die Verbreitung des Islam durch Gewalt und Schwert anempfohlen. So heisst es aq einer Stelle: „Alle Gläubigen sind zum Beligionskriege verpflichtet und die, welche an Gott und den Jüngsten Tag glauben, werden sich ihm nicht entziehen, sondern ihre Güter und ihr Leben willig hingeben" u. s. w. Ferner: „Nach geschehener Aufforderung der Ungläubigen zur Annahme des Islam und nach wiederholter Weigerung sollen die Ungläubigen bekämpft werden." Es heisst darin: „Schlagen sie es wieder aus, so rufen die .Muselmanen Gott um Hülfe gegen sie an und führen Krieg mit ihnen, hauen ihre Bäume nieder, sengen V.il'l brennen unter ihnen, verwüsten ihre Saaten und werfen Geschosse auf den Feind" u. s. w. Dann: „Gott lieht die, welche für seine Religion in Schlachtordnung so kämpfen, als wären sie ein wohlzusammengefügtes Gebäude. Ich bin mit euch, stärket daher die Gläubigen, aber in die Herzen der Ungläubigen will ich Furcht bringen, darum hauet ihnen die Köpfe ab und hauet ihnen ab, alle Enden ihrer Finger", oder, wie es anderwärts heisst: „Leget sie in Kelten." Die Worte: „Seid nicht mild gegen eure Feinde und ladet sie nicht zum Frieden ein, sobald ihr die Mächtigen seid", wurden zur Zeit ihrer kriegerischen Erfolge buchstäblich befolgt, beweisen, was man nach verlorenen Schlachten zu gewärtigen hätte, und enthalten gleichzeitig die Lehre, selbst in der Ohnmacht schlau alle Umstände zu benutzen. Von diesen Vorschriften wurde später Umgang genommen und gestattet, für die Gefangenen Lösegeld zu fordern und anzunehmen. Die im Kriege gemachte Beute vertheilte der Prophet nach eigenem Ermessen, da dies nach seinem Ausspruche „Sache Gottes und des Propheten ist". Selbst die Vorschrift, wie zu kämpfen war, ist im Koran angegeben. Hierfür zeugt der Spruch: „Kämpfet einzeln oder in Haufen." Im zehnten, elften, zwölften und ersten Monat des Jahres war es ursprünglich verboten zu kämpfen, wiewol Mohammed selbst bei seinem Zuge gegen die Mekkaner dagegen handelte, und im achten Jahre der Hedschra auch sein Angelöbniss, Frieden zu halten, brach. Gestützt auf dieses Beispiel des Propheten und auf ein darauf gegründetes Fetva (Gutachten) des Mufti-begann Sultan Sclim II. im Jahre 1771, indem er ebenfalls vertragsbrüchig wurde, den Krieg gegen die Republik Venedig und eroberte Cypern. Märtyrer. Jeder, der vor dem Feinde fällt, wird als ein für den Glauben gefallener Märtyrer angesehen, als solcher verehrt, und diesem wird ein hervorragender Platz im Paradiese zugesprochen. Der in den lebhaftesten Farben geschilderte paradiesische Lohn sowie die Aussicht auf Beute erzeugten die. fanatische Tapferkeit der türkischen Armeen in den ersten Kriegen, die vielleicht auch jetzt noch, wiewol schwerlich mehr in so hohem Grade, wachgerufen werden könnte. Prophetenfahne (Sandschak Scherif). Das wirksamste Mittel, den religiösen Fanatismus zu erwecken, besteht in der Entfaltung der Prophelenfahne. Wie die Herren Hammer-Purgslall und Withe erzählen, soll diö Fahne des Propheten nach Angabe einiger als Vorhang zu dem Zellcin-gange Ajischa's, der geliebtesten seiner Frauen, gedient haben. JNach Ansicht anderer war diese das Turbangewinde eines gewissen Soemi, der von den Bewohnern Mekkas zur Besiegung Mohammed's ausgesendet worden war, indessen sich bekehrte und, das Turbangewinde um die Lanze schlingend, beides als Fahne im Dienste und zum Ruhme des Propheten entfaltete. Diese Fahne ging durch die Hände der Omaj-jaden und Abbassiden, und war durch letztere von Bagdad nach Kairo gebracht worden, wo sie Sclim im Jahre 1517 eroberte. Sie wurde in der Moschee von Damaskus niedergelegt, und alljährlich an der Spitze der Pilger nach Mekka getragen. Murad III. nahm sie mit sich nach Ungarn zum Heere und brachte sie 1595, als der Feldzug zu Ende war, nach Konstantinopel zurück. Seit jener Zeit wurde sie nur gezeigt, wenn der Sultan oder der Grossvezier sich persönlich zum Heere begaben, wie 1596 und 1829, oder wenn der Staat in Gefahr war, wie dies 1826 bei Vertilgung der Janitscharen geschah. Sie wird alsdann einer Wache von 300 Emiren (Abkömmlinge oder Verwandte des Propheten) anvertraut. Die Fahne ist gegenwärtig von der Stange abgenommen, in e'ne andere von Omar stammende Fahne und in 40 verschiedene Seidene Hüllen, die alle mit Inschriften versehen sind, eingewickelt, uod in einein mit Schildkrot, Perlmutter und Edelsteinen ausgelegten Kasten von Rosenholz aufbewahrt. Die Fahnenstange hat eine hohle silberne Kugel, in welcher, der Sage nach, eine von Omar gemachte Abschrift des Koran eingeschlossen sein soll. Der Knopf der zweiten Fahnenstange soll die Abschrift dieses Buches von Osman enthalten. Paradies. Das Leben und die Wonne im Paradiese wird im Koran oft und ausführlich geschildert. Es ist schon insofern interessant, eine kurze Beschreibung desselben zu liefern, als man in der gewöhnlichen Lebensweise der Muselmanen (Moslemin bedeutet ein Gottergebener, Müslimim ein Rechtsgläubiger), gewisse Analogien findet, die darauf hinweisen, dass viele Gebräuche und Sitten der von dem Propheten gemachten Schilderungen des Paradieses entnommen sind, und dass der Türke schon hier auf Erden sich ge-wissermassen ein Paradies zu schaffen trachtet. Die Zahl der Himmel ist nicht genau festzustellen. Mohammed spricht von sieben Himmeln, soll aber, wie oben bereits erwähnt wurde, neunzig Himmel im Traume durcheilt haben. Ausserdem bestehen in einem andern Räume des Paradieses für zwei Klassen Menschen verschieden verzierte und ausgestattete Gärten. Ueberau gibt es jedoch das herrlichste Wasser, und zwar die paradiesische Quelle Selsebil (schnell-lliessendes, helles Wasser), eine Ingwer- und eine Kafur- (Kampher-) Quelle, aus welcher nur die Diener des Herrn trinken. Die schönsten und schattigsten Bäume mit weit ausgebreiteten Zweigen, die herrlichsten Früchte tragend, hängen mit letztem so tief auf die üppigsten Rasenplätze herab, dass sie vom Basen aus leicht mit der Hand gepflückt werden können. Unter prachtvollen Zelten werden die Gerechten auf grünen, mit Gold und Silber durchwirkten, erhöhten Kissen und auf prachtvollen Teppichen an der Seite der schönsten, in Seide, Gold und Perlen gekleideten Mädchen (die schwarze, keusch niedergeschlagene Augen besitzen) ruhen, die noch nie berührt wurden, und die ewig schön, jung und Jungfrauen bleiben. Ewig blühende Jünglinge, schön wie die Perlen, in Sammt gekleidet, werden sie bedienen, und ihnen in goldenen und silbernen Gelassen die saftigsten Früchte, und in herrlichen Bechern den reinsten Wein in versiegelten Flaschen (zu dessen Versiegelung Moschus genommen wurde, und welcher keinen Kopfschmerz verursacht), darreichen. Die Vorliebe der Türken, an schattigen Plätzen, an Quellen oder an den Ufern von Bächen und Flüssen stundenlang in träger Unthäligkeit zu liegen und in die Wellen zu starren, die Vorliebe lür die grüne Farbe, die Annahme des erhöhten Kissens als Ehrenplatz für Gäste u. dgl. mehr dürften sich infolge dieser Koransprüche herangebildet haben. Die ewige Strafe (Hölle). Ebenso genau sind die ewigen Strafen, die den Ungläubigen und Ungerechten erwarten, angegeben. Diese werden an einer 70 Klafter langen Kette in einem ewigen Feuer angeschmiedet; ihre Kleider sind aus Feuer bereitet; siedendes Wasser wird auf ihre Häupter gegossen, mit eisernen Keulen werden sie geschlagen; Haut und Eingeweide werden sich auflösen etc. Der Oberaufseher der Hölle (im Koran Malck genannt) wird für alle gleich unerbittlich bleiben. Nur über eine Brücke, die so schmal ist wie ein Haar und so scharf wie ein Schwert, und die über der eben beschriebenen Hölle schwebt, kann der Gläubige in das Paradies gelangen. Glaubensceremoniell. Das Glaubensceremomicll ist bis in das kleinste Detail geregelt und vorgezeichnet. Gebetzeiten. Fünfmal am Tage, und zwar 2 Stunden vor Sonnenaufgang (Sabah-Namazi), um 12 Uhr mittags (Oile-Namazi, variirt nach türkischer Zeitrechnung), 2 Stunden vor Sonnenuntergang (Ikindi-Namazi), bei Sonnenuntergang (Ahscham-Namazi) und 2 Stunden nach dem Untergange derselben (Jafci-Namazi) wird durch den Gebetausrufer (Muezin) von den Minarets der Moscheen in die vier Wcllgegenden das folgende Gebet (das eigentliche Glaubens-bekenntniss gerufen, oder eigentlich nach Koransvorschriften gesungen: „Gott ist der Höchste, ich bekenne, dass es nur einen einzigen Gott gibt, und dass Mohammed Gottes Gesandter ist. Kommt , zum Gebet, erscheinet zum Heile! Gott ist der Höchste, es gibt nur einen einzigen Gott." Oft wird es nur gekürzt, und zwar mit den Worten: „La ilalie ilf allalii we Mohammed ressul-üllahi." „Es ist kein Gott ausser Gott und Mohammed ist sein Prophet" Zugleich im Morgengebete wird der verheirathete Moslim (oder Moslemim) auch aufgefordert, für die Fortpflanzung der muselmanischen Rasse Sorge zu tragen und hierin dem Beispiele des Propheten zu folgen. Das Gebet wird sodann mit gegen Mekka gewendetem Gesichte gesprochen, wobei je nach der Wichtigkeit und der grössern Bedeutung der Gcbefzeiten, so z. B. beim Morgen- und Abendgebete, die länger als die übrigen dauern, die Stellung und die Geberde genau vorgeschrieben sind. Im Beginn seines Lehramts halle Mohammed die Wendung des Gesichts gegen Jerusalem angeordnet, um die jüdischen Stämme für seine Religion zu gewinnen; da ihm dies aber nur wenige, ja fast keine Anhänger erwarb, bestimmte er nachträglich die Wendung des Gesichts während des Gebets gegen Mekka, welcher Ort überdies nach der Einnahme, durch Mohammed's Berührung des im Tempel befindlich gewesenen schwarzen Steins (der Kaaha) eine besondere religiöse Bedeutung erhielt. Das Gebet wird mit der ernsteslen Miene begonnen, wobei die Daumen in der "Höhe der Ohrläppchen gehalten werden, dann wird ein Koranvers gelesen oder gesprochen, während welcher Zeit das Auge gesenkt und die rechte Hand über die linke gelegt, in der Höhe der Hüften nach vorn gehalten wird. Die Gesten und Stellungen werden streng eingehalten. Bei grössern Ccrcinonien, d. h. bei langer Gebetdauer in der Moschee, beginnt man stehend das Gebet, später kann man sich mit gekreuzten Füssen setzen, muss aber aus dieser Stellung auf kürzere oder längere Dauer den Boden mit der Stirn berühren, und dabei gewisse Koranverse hersagen. Gewöhnlich verrichtet derjenige, der den innern Baum der Moschee betritt, ein längeres, jener im Vorräume nur ein kurzes Gebet. Für die Frauen werden eigene Tage bestimmt, an welchen sie die Moschee besuchen dürfen, dt sie, wie überall, so auch hier, von den Männern vollständig getrennt gehalten werden müssen. Ursache der schirmlosen Kopfbedeckung. Die Berührung der Erde mit der Stirn ist die Ursache, dass kein Muselmann, auch kein Soldat, eine mit einem Schirme versehene Kopfbedeckung tragen darf, da das Gebet mit beibehaltener Kopfbedeckung, dem Fess oder Turban, verrichtet wird. Merkwürdigerweise war die Annahme des Schirms zur Zeit des Reformators Mohammed II. vom Scheich ul Islam mittels Fetva bereits bewilligt, erregte jedoch unter den Muselmanen, die alle Neuerungen mit schelen Augen anblickten, einen derartigen Unwillen, dass sich die Begierung gezwungen sah, diese Anordnung zu widerrufen. Das Gebet kann überall, im Kriege vor dem Feinde sogar gekürzt, verrichtet werden. Waschungen. Immer jedoch soll dem Gebete die Waschung vorangehen, welche in der Bewässerung der Augen, Ohren, des Mundes, der Hände bis zum Einbogen, der Füsse bis zum Knöchel besteht, und wobei die W7orte gesprochen werden sollen: „0 Herr, verzeihe, was ich Unreines oder Verbotenes gesehen, gehört, gesprochen oder gefhan habe, wozu ich gegangen." Dies ist sozusagen die Erweckung von Reue und Leid. Vor einer derartigen Waschung, welche nie unterbrochen werden soll, darf die Moschee nicht betreten werden. Einen grossen Streitpunkt bildet die Frage, ob die Waschung der Hände am Einbogen oder an den Fingerspitzen beginnen soll, und die Art, wie ein oder der andere Muselman diese vornimmt, zeigt, ob derselbe ein Anhänger des Kalifen Omar oder Ali ist. Dieser Principiensfrcit soll so weit gehen1), dass zwei Muselmanen, die sich auf der Reise antreffen, sich freundschaftlichst begrüsscji und zusammen verkehren, nach der Betstunde Todfeinde werden können, wenn sie bemerkten, dass der eine seine Waschung beim Einbogen, der andere bei den Fingerspitzen begann. ') Volney. Das Tragen von eigenlhümlich*gefärbten, eng anliegenden, wollenen Gamaschen enthebt den Betreffenden der Fusswaschung. In Gegenden, wo grosser Wassermangel herrscht, genügt, es, einen kleinen Stein, gebrannte oder getrocknete Erde bei sich zu führen und zuerst diese, dann die erwähnten Körpertheile damit zu berühren, um dadurch das Verfahren der Waschungen zu ersetzen. Dieselben werden überdies jedesmal vor und nach dem Essen wiederholt und hierbei entsprechende Gebete gesprochen. Im weitern Sinne gehört zu den Waschungen der Gebrauch der Bäder, die vor einer Pilgerreise oder vor dem Besuche des Grabmals eines Märtyrers sowie bei verschiedenen andern Veranlassungen genommen werden. . Wiewol auch schon die Juden ähnliche Waschungen vorgenommen haben sollen, so scheint bei dieser Vorschrift der Prophet besonders die sanitären Rücksichten im Auge gehalten zu haben, und dem Beispiele Johannis des Täufers und, wie Renan erzählt, jenem des Banu gefolgt zu sein, der, um sich zu purificiren, öfter des Tages und bei Nacht Waschungen vornahm. Den Frauen werden noch weifer gehende Bathschläge in dieser Bichtung ertheüt. Wie genau die obenerwähnten Ceremonien von den strenggläubigen Türken eingehalten werden, dürfte der Fall beweisen, dass ich auf einer Reise während des grössten Regens unter freiem Himmel an einer Quelle wiederholt anhalten und die Vornahme der Waschungen meines Führers wie dessen Gebet abwarten musste. Die Strenggläubigkeit dieses Mannes ging so weit, dass er beim Aufbruche von Serajevo in Ermangelung eines landesüblichen Sattels die ihm zur Benutzung dargebotene englische Pritsche ausschlug, und eine anstrengende fünftägige Reise lieber auf ungesatteltcm Pferde vollführte, als sich auf Schweinsleder (mit welchem der Sattel überzogen war) zu setzen und so die Gebote des Korans zu verletzen. Da die Reinigimg der Kleider, dann speciell jene der Stelle, wo das Gebet verrichtet werden soll, dem Gebete immer vorangehen muss, so bemerkt man, dass fast jeder reisende Muselman mit einem kleinen Teppich, den er /um Beginn des Gebets auf den Boden ausbreitet und der ihm gleichzeitig als Schlafstelle dient, und mit einem Handtuch versehen ist, das er um den Hals auf den RÜeken herabfallend oder um die Hüften geschlungen trägt. Ablegen der Pantoffeln, Ehrfurchtsbezeigung. Das Tragen von Pantoffeln sowie das Ablegen derselben beim Betreten einer Moschee, des eigenen oder fremden Wohnzimmers, dürfte einerseits durch die täglich vorzunehmenden Waschungen bedingt, andererseits als ein Ehrfurchls- und Ergebenheitszeichen, das der Niedere dem Höhcrn zollt, anzusehen sein. Diese Sitte scheint noch von den Juden zu stammen, und dürfte sich auf den im Alten Testament vorkommenden und im Koran wiedergegebenen Spruch: „0 Moses, ich bin dein Herr, darum ziehe deine Schuhe aus, denn du befindest dich im heiligen Thale Thova", basiren, welchen Moses aus dem brennenden Busche zu hören bekam. Die niedere Volksklasso trägt Pantoffeln auch am blossen Fusse, im Winter aber starke wollene Strümpfe; die sich europäisch kleidende Klasse, wozu namentlich Beamte und deren Dienerschaft gehören, trägt in jeder Jahreszeit über die gewöhnliche Fusskleidung Ueberschuhe, die in den eben erwähnten Fällen abgelegt werden. Ebenso tragen die Frauen ausserhalb des Hauses gelbe und rothe schmiegsame Halbstiefelchcn, die sie über die Pantoffeln anlegen. Beschneidung, Scheren des Hauptes. Zu den Saniläts-gesetzen zählen: die Beschneidung, und die Vorschrift, das Haupt geschoren zu tragen, welch letztere Bestimmung in der Ausübung die Türken von den andern europäischen Nationen so wesentlich unterscheidet. Die Beschneidung, dem jüdischen Gesetze entnommen, soll vor der Vcrheiralhung stattgefunden haben. Gewöhnlich wird dieselbe Knabenalter, d. b, wenn der Knabe die Schule besuchen soll, vollzogen. Erst nach dieser Operation wird er wahrer Muselman; wenn er jedoch dieselbe aus Gcsundheits- oder Gefährlichkeitsrück-sichlen unterlassen und sich dennoch vermählt hätte, so steht er in keiner besondern Achtung, und kann kein gültiges Zeugniss vor Gericht ablegen. Die Vornahme derselben muss zum mindesten in Gegenwart zweier Zeugen und des Imam stattfinden (wird oft durch den lefzlern vollführt) und ist die Veranlassung zur feierlichen Versammlung der Verwandten und zur Beglückwünschung der Aeltern. Der Beschnittene wird mil Geschenken bedacht und ist durch einige Tage Gegenstand der Aufmerksamkeit. Das Scheren, eigentlich das Basiren des Hauptes, vom Propheten wahrscheinlich in Berücksichtigung des heissen Klimas und aus Rein-lichkcilsgründen angeordnet, erfolgt um dieselbe Zeit wie die Beschneidung. In Bosnien war es lange Zeit Silte, das erstgeschorene Haar des Knaben dem Ilaarschneider mit Gold aufzuwiegen; diese Sitte scheint jedoch aufgegeben worden zu sein. Gewöhnlich lässt man dem Muselman ein ungefähr 8 Zoll langes Büschel von thalerförmigcm Umfange am Oberhaupte stehen, in dem Glauben, damit der Betreffende am Gerichtslage an diesem Büschel vom Engel emporgezogen werden könne. Bilderbesitz, lebende Wesen darstellend, verboten. Der Bilderbesitz ist als verabscheuungswürdig verboten. Mohammed wollte dadurch die Anbetung der Götzenbilder sowie überhaupt die Bilderanbetung verhindern. Dies ist demnach der Grund, dass man in den Wohnhäusern nirgends menschliche Abbildungen, selbst sehr selten Landschaftsbilder antrifft, und die weitere Ursache, dass die Bildhauer- und Malerkunst gar nicht betrieben wird, ja sogar nicht bekannt ist, und dass überhaupt, obwol gegenwärtig schon eine freiere Auffassung herrscht, noch vor kurzer Zeit Maler in ihrem Kunstbetriebe gehindert wurden. In jüngster Zeil tauchten hier und da Photographen auf, die, trotz des Bildcrvcrbots, ganz gute Geschäfte machten. Fasten (Ramazan). Einen der wesentlichsten Glaubensartikel bildet die Bestimmung, dass jeder Muselman einen Monat im Jahre zu fasten habe. Da die Mohammedaner als Zeilbestimmung das Mondjahr mit 354y2 Tagen angenommen haben, so tritt der Fastmonal oder Ramazan alle Jahre um 11 Tage früher ein, und fällt somit, wie überhaupt alle Fest- und Zeitbestimmungen, in ungefähr 33 Jahren in dieselbe Jahreszeil, Der Fastmonat, der wegen der Tageskürze im Winter willkommener ist als im Sommer, wird nichtsdestoweniger von den Muselmanen immer mit Sehnsucht erwartet. In diesem wird bezüglich der Lebensweise der Tag zur Nacht, die Nacht zum Tage; der Mohammedaner wird zu dieser Zeit lebhafter, fröhlicher, unternehmender, fast verschwenderisch, was gegen seine gewöhnliche Buhe und Einfachheit seltsam absticht. Das betreffende Gesetz befiehlt, dass jeder Gläubige vom Sonnenauf- bis zum Sonnenunlergange weder feste noch flüssige Nahrungsmittel zu sich nehme. Meines Wissens wird diese Vorschrift streng eingehalten und selbst so weil ausgedehnt, dass nicht einmal Wasser getrunken wird. Die Pfeife wird des Tages über zur Seite gelegt, und strenggläubige Muselmanen vermeiden es sogar, den Speichel zu schlucken oder an Essenzen zu riechen. So gross nun die Enthaltsamkeit bei Tage ist, ebenso gross wird Frass und Völlerei bei Nacht betrieben. Die Entbehrungen des Tages werden mit Sonnenuntergang reichlich eingebracht. Kaum sind die drei Kanonenschüsse, die im Hamazan die fünfmaligen Gcbetstunden anzeigen, gefallen, so stürzt ein Theil auf die Brunnen zu, um sich zu laben, ein anderer Thcil holt die langentbehrte Pfeife hervor, um sich unvcrweilt in Bauchwolken zu hüllen. Mit diesem Moment beginnt ein regeres Leben. Die Butiken und Gewölbe, die tagsüber bis ungefähr zum Nachmittagsgebet grösstentheils geschlossen waren, werden geöffnet und erleuchtet, kurz die Nacht wird in Saus und Braus, unter Lärmen und Freudcn-schicssen verlebt. Mit Morgengrauen (Sabah) beginnt wieder das fasten und die Entbehrung. Der Ramazan kann daher mit der Fastenzeit der Christen, jedoch unter gleichzeitiger Verbindung mit dem Carneval, verglichen werden. Wenn mau nun die Lebensweise der Türken im Fastmonale näher betrachtet, so drängt sich, einem vor allem der Gedanke auf, dass der beabsichtigte Zweck dieser ReligionsVorschrift, die Gläubigen an Massigkeit und Entbehrung zu gewöhnen und die Willenskraft zu stählen, nicht ganz erreicht wird, da die Türken sich iür die Ka-sleiung während des Tages durch die Unmässigkeit bei Nacht zu entschädigen suchen. Da nun ferner der Tag aus vielfachen Gründen dem Schlafe gewidmet wird, alle Geschäfte tagsüber stocken, der Handelsverkehr, mit einem Worte alle commcrzielle und sonstige Thätigkeit aulhört, so kann der ganze Monat, abgesehen von den Krankheiten, die er im Gefolge hat, in jeder Beziehung als verloren betrachtet, und bei zwölfmaliger Feier des Bamazans (d. h, in einem Zeilraum von zwölf Jahren) im Verhällniss zur weiter schreitenden Welt ein einjähriges Zurückbleiben angenommen werden. Fast könnte man daher, wenn auch nur scherzhafterweisc, sagen: wiewol die Türken vermöge der Annahme des kürzern Mondjahres in 33 Jahren ein ganzes Jahr mehr zählen als wir, sie dennoch durch die abgelaufenen 1282 Fastmonale (nach der türkischen Zeilrechnung) in der Givilisaliou bereits um 107 Jahre gegen andere Nationen zurückgeblieben sind. Sobald man derartige Bechenexempel bei mehrern andern den Fortschritt hemmenden Koransbestimmungen und Lebensgewohnheiten durchführen würde, könnte selbst auf mathematischem Wege das dadurch bedingte Zurückbleiben bewiesen, und dem Ausspruche: „dass die Türkei noch um so viel hundert Jahre zurück sei," die Bestätigung gegeben werden. Bajramfeste. Die letzten drei Tage des Fastmonats Ramazan bilden den Ramazan-Bajram; dieser sowie der 70 Tage darauf folgende grosse oder Kurban-Bajram, die Nacht Al-Kadar und der Geburlstag des Propheten sind die grössten religiösen Feierlage. Mit dem Eintritt des Ramazan-Bajram hört, das Fasten auf. Die Gebelzciten werden durch 21 Kanonenschüsse verkündet. Jeder wirft sich in die schönsten Kleider (die nur an diesen Festtagen getragen werden) und besucht den Hohem, um ihm Glück zu wünschen. Der Gouverneur empfängt die Würdenträger und veranstaltet gewöhnlich Diners; die Wohlhabenden tauschen gegenseitig Geschenke aus und verthcilen reichliche Almosen. Selbst die Truppen werden an diesen Tagen mil Nahrungsmitteln reichlicher versehen und legen die eigens nur für diese Festläge bestehende Bajrams-Parade-uniform an. Besonders auffallend aber sind die sonst sehr einfach umhergehenden Diener und die Ilausoffiziere der höher gestellten Beamten gekleidet. In den nach europäischem Schnitte gemachten, an Kragen und Aermel reich mit Gold verzierten Kapulröcken sehen diese Leute sehr gravitätisch und doch komisch aus. An allen den obenerwähnten Feiertagen werden die Häuser, besonders aber die Moscheen, illurnmirt. Der Kurban-Bajram, der ebenso wie der Bamazan-Bajram gefeiert wird, dauert vier Tage und ist das Opferfest der Türken. Das Opfer, in Lämmern bestehend, wird in der Moschee dargebracht, Zu den grossen Festlagen zählen noch: die sieben heiligen Nächte, wozu das Geburtsfest des Propheten (Mewlud) und zwei Bajramslage gehören:. Der Freitag wird bei den Mohammedanern ebenso gefeiert wie in der christlichen Kirche der Sonntag. Pilgerreise nach Mekka. Bei der Feststellung des Grundsatzes, dass jeder Muselman wenigstens einmal im Leben nach Mekka pilgere, konnte der Prophet nicht ahnen, welch grosse Verbreitung seine Lehre linden, und wie schwer es Bewohnern entfernt liegender Länder werden würde, diesem Gesetze nachzukommen. Volney sagt: „Millionen müsslen fast fortwährend unterwegs sein, die bei der Beschwerlichkeif der Bcisen im Orient and bei den Entbehrungen in bedeutender Zahl zu Grunde gehen mussten." Es gehört auch zu den Seltenheiten, dass bosnische Mohammedaner in grosser Zahl diese Pilgerreise unternehmen; der grössere Theil zieht es vor, dieser Vorschrift durch die Erlegung des beiläufigen Reisekostenbetrags für wohllhälige Zwecke zu genügen. Diese Anordnung scheint auch mehr eine politische Massregel gewesen zu sein, um den Stammsitz des Islam zu einer Bedeutung zu erheben und den dortigen Bewohnern eine gewisse Wohlhabenheit zu verschaffen. Die aus Mekka ankommenden sowie die alljährig dahin abgehenden Pilger werden in jedem grössern Orte unter religiösen Gesängen empfangen, und ebenso (immer jedoch in einer beschleunigten Gangart) hinausbegleitet. Die Mekkapilger stehen in grossem Ansehen, haben nach bewirkter Beise das Recht, den Vollbart und einen weissen Turban zu tragen und erhalten den Namen Chodzia (oder Hadschi), dessen eigentliche Bedeutung dem Ausdrucke Herr, Greis oder auch landesüblich der Bedeutung „Pilger von Mekka" gleichkommen dürfte. 4. Prädestinationsglaube. Wiewol mehrfach ausgesprochen wurde, dass der Koran eigentlich nichts über die Prädestination lehrt, dass menschliche Willensfreiheit nicht geleugnet wird, und das letztere um so mehr zugegeben werden muss, als schon durch die Fetvas des Scheich ul Islam diesem Glauben mehrfach entgegengearbeitet wurde, so lohnt es doch die Mühe, einige Beispiele aus Mohammcd's Lehre anzuführen, die zu dem Schlüsse berechtigen, dass nebst dem bei den Arabern schon vorbanden gewesenen Hange zur Idee der Prädestination sich auch der Verbängnissglaube bei den andern, später bekehrten Volksstämmen den Koranslehren gemäss herangebildet haben muss. So ist z. B. im 64. Kapitel angeführt: „Kein Misgeschick trifft ein ohne den Willen Gottes", oder: „Gott bestraft, wenn er will, und belohnt, wenn er will." „Ma schallah, der Wille Gottes geschehe", wodurch der Türke sehr leicht verleitet wird, ein ihm zugestossenes Misgeschick oder Glück als eine ihm bereits zugedachte Strafe oder als einen Lohn anzusehen. Auch die streng befolgte Lehre: nie etwas ohne den Zusatz: „so Gott will, In schallah", zu verheissen, spricht dafür, dass der Prädesti-nalionsglaube gepredigt und durcli den Koran herangebildet werde. Indem nun dieser Lehrsalz einerseits jeden, selbst den in den ärmlichsten Verhältnissen lebenden Mohammedaner mit seinem Schicksale zufriedenstellt, ihn das grösste Unglück mit Ruhe und unglaublicher Resignation ertragen lehrt, ihn endlich zu einem tapfern, Tod verachtenden, Entbehrung erlragenden Soldaten macht, erzeugt er andererseits Indifferentismus, Trägheit, beraubt ihn des Gedankens der Selbslhülfc, der Selbständigkeit, und bleibt der hauptsächlichste Grund der niedern Gulturstufe der den Orient bewohnenden Völker, da nach diesem Grundsätze alles ohne Zuthun von selbst kommen und entstehen müsste. Dies ist auch der Grund, dass der Muselman bei eintretenden Leiden und bei Krankheiten keine oder nur selten ärztliche Hülfe sucht, dass er z. B. bei ausbrechenden Viehseuchen gleichgültig seinen Viehstand sich verkleinern sieht, die Cadaver vor seinem eigenen Hause liegen lässt, und theilweise aus Trägheit, theilweise in Befolgung des Gesetzes, das Aas nicht zu berühren, dasselbe weder entfernt noch vergräbt, lieber in der ihn umgebenden pestartigen Luft lebt, und die Gefahr theilt, selbst ein Opfer derselben zu werden. „So steht es geschrieben-, so musste es kommen", bleibt sein einziger Trost. Verzehrt ein Brand ganze Stadttheile, so bleibt der Türke gleich-güllig, solange sein eigenes Haus noch steht, und leistet dann erst Hülfe, wenn er von der Behörde dazu gezwungen oder durch versprochenen Lohn aufgefordert wird. Auf diese Art und Weise lebt und stirbt der wahre Gläubige. Verhör nach dem Tode. Nach dem Tode wird derselbe nach seinem Glauben durch die Foltercngel Münker und Nekir ins Verhör genommen und dabei körperlich gezüchtigt. Auferstehung, Weltgericht. Die Auferstehung und die Eni-geltung am Gerichtstage wird durch den Propheten fast in jedem Kapitel in Aussicht gestellt. i Vierzig Jahre vor dem Untergänge der Welt, d. h. vor dem Gerichtstage, wird ein erschütternder Posaunenschall die Gläubigen mahnen, dass das Ende der Welt nahe, und in vierzig Jahren, beim zweiten Posaunenschalle, Lohn und Strafe zuerkannt werden wird. Kurz vor diesem Zeitpunkte wird, nach der Lehre des Islam, Jesus wieder erscheinen, und bald darauf mit Gott und dem Propheten zu Gericht sitzen. Nicht ganz zu verstehen ist der Ausspruch Mohammed's, „dass an diesem Tage die Gläubigen und Ungläubigen sich gegenseitig zu betrügen suchen werden", welcher Spruch derart gedeutet und ausgelegt wird, dass die Seligen jene Plätze im Paradiese einnehmen werden, welche die Verdammten erhallen hätten, wenn sie gläubig geblieben wären, und so umgekehrt. *) 5. Irrungen und Widersprüche im Koran. Wiewol Mohammed im 4. Kapitel den Koran als frei von allen Widersprüchen erklärt, so sind deren dennoch vorhanden, und es kann nur der allgemeinen Unwissenheit des Volks und dem ausgeübten Zwange bei Verbreitung der Religion zugeschrieben werden, dass weder diese noch die groben Irrungen, die er beim Vortrag der biblischen Geschichte des Allen und Neuen Testaments begeht, seinen Anhängern den Glauben an seine göttliche Sendung, an die er schliesslich selbst geglaubt haben soll, benahmen. So z. B. beruft er sich in einer Stelle auf den Propheten Dhulkofel, der im Alten Testament unbekannt ist. Maria, die Mutter Gottes, hält er im 18. Kapitel für die Schwester Moses' und Aaron's. Nach der Erklärung des Dr. Geiger bieten die Ausleger des Koran alle möglichen Vermuthungen auf, um diesen Zeitfehler von Mohammed abzuwenden. Weiter erwähnt er: „Ich und der Sohn Maria's sind die ersten (vorzüglichsten) Menschen. Die Propheten sind alle Kinder Eines Vaters. Zwischen Jesus und mir gibt es keinen Propheten." Mohammed erkennt also Jesus als göttlichen Propheten. Da aber Gott als ewig, allwissend und unfehlbar anerkannt wird, und durch Christus viele Jahrhunderte früher seinen Willen, d. h, seine Religion, vortragen liess, wie kommt es nun, dass Mohammed ebenfalls das !) Siehe Uebersetzung des Koran von Dr. L. Ullmann. unfehlbare Wort Gottes in theilweise andern Grundsätzen, und überdies ein ewig Gellung behauendes Strafpolizei- und Cercmonialgesetz zu lehren berufen war? Im Widerspruche mit der bereits citirlen Lehre: „die Ungläubigen mit Gewalt zu seinem Glauben zu zwingen", spricht er an einer andern Stelle: „W7ir wissen wohl, was die Ungläubigen sagen. Du aber bist nicht berufen, sie mit Gewalt zum Glauben zu zwingen." Ebenso heisst es Seile 416 1): „So Gott es gewollt, so hätte er alle Menschen sich zu Einer Religion bekennen lassen, so aber führt er in seine Barmherzigkeit, wen er will." Dann aber wäre Gott nicht höchst gerecht, der für alle Menschen gleiche Lebensbedingungen und Gesetze schuf, und weiter durften die Mohammedaner niemand zum Islam zwingen, da dies nicht im Willen Gottes lag. Einmal predigt er: „Nehmet weder Christen noch Juden zu Freunden." Ein anderes mal modificirt er den Ausspruch, indem er sagt: „Dem Gläubigen sind am meisten freundlich gesinnt, welche sagen, wir sind Christen," und gestattet dadurch eine gewisse Freund-schafts-Reciprocität. Aehnliche oft vorkommende Widersprüche sowie die unlogisch durcheinandergeworfenen Gesetze dürften der hauptsächlichste Grund gewesen sein, dass nach Mohammed's Tode Auslegungen und Bestimmungen in Menge auftauchten, die dadurch fast ebenso viele Sekten hervorriefen. Es sollen 72 verschiedene Sekten existiren, wovon die einen {und zwar die Schiiten, wozu die Perser gehören) Ali als den wahren Nachfolger ansehen, die andern (d. h. die Sunniten) Abubekr verlhei-digen, ein Theil die Ewigkeit des Koran, ein anderer Theil die Nothwendigkcit der Reinigungen und der Gebote bestreitet. So soll der Karmatle die Wallfahrten verwerfen, und den Wein erlauben, der Hakemile die Seelenwanderung predigen u. s. w. l) Uebersetzung des Koran von Dr. L. Ulimann (Bielefeld 1857). 6. Gesetzeskraft habende Oommentare. Die hauptsächlichsten Gesetzeskraft habenden Commentare sind ausser dem Koran: I. Die Sünna oder Hadis (d. h. Uebcrlieferungen). Diese begreift die Worte, Maxime, Handlungen, Werke u. s. w. des Propheten. Selbst sein Stillschweigen zu verschiedenen Thaten und Handlungen der Menschen wird hier als stille Zustimmung gedeutet. II. Das Werk: Jaschma oder Allgemeine Uebereinstim-mung begreift die Erläuterungen, Bemerkungen und die gesetzlichen Anordnungen der vier ersten Gesetzausleger (Imame), bezüglich der theologischen Bestimmungen, der Sittenlehre; ferner des bürgerlichen und Strafgesetzbuchs. Diese Erläuterungen, welche fast ebenso hoch gehalten sind wie die Lehren des Koran selbst, werden nach den Auslegungen oder dem Multeka des bedeutendsten Imam, Scheich Ibrahim aus Halek, in 5 Hauptabtheilungen, und zwar: 1) in die Dogmen, 2) die Religionsübungen, 3) die bürgerlichen Handlungen, 4) Strafen und 5) in die Sühnungen gethcilt, wovon die religiösen Gesetze 5, die bürgerlichen aber 47 Bücher ausmachen, und alle denkbaren Rechtsfragen und Bestimmungen enthalten 1). III. Der Kias oder die Analogie. Eine Sammlung der vom 2. Jahrhunderte des Mohammedanismus oder der Hidschrel gefällten kanonischen Entscheidungen der ersten und angesehensten Religionslehrer. IV. Der Kanun-Namch. Eine von Soleimau dem Gesetzgeber stammende Gesetzsammlung oder ein Reglement, welches die Organisation des Gerichtswesens, der Sitten und Gebräuche des Serails (excl. des Harems), die Disciplinar-Vorschriften der Land- und Seetruppen begreift und die Administration —. die Pforte als Gentraistelle — sowie jene in den Provinzen regelt. Die Vorschriften des Kanun-Namch wurden von den Nachfolgern ]) Siehe Hammer. Soleiman's so geachtet, dass sie bisjetzt noch ohne besondere Acn-derungen in Wirksamkeit stehen sollen. V. Ad et, die Sitte oder das Herkommen, bezieht sich, wie der Titel besagt, auf die provinziellen oder localen Gebräuche eines Landes. Diese werden immer geachtet, sobald sie nicht mit den Bestimmungen des Koran, der Sünna und des Kanun-Nameh in Widerspruch gerathen. VI. Der Urf enthält die Bestimmungen über die willkürliche Gewalt des Sultans. Durch dieses Gesetz kann der Sultan jeden auf frischer That ertappten Verbrecher zum Tode vcrurlhcilcn, ohne die Gesetzformalitäten zu beachten; täglich 14 Personen seiner Familie, des Hofstaats oder der Würdenträger das Leben nehmen. Derartige. Gewaltacte werden von den Türken höhern Gemülhs-bewegungen zugeschrieben (was sie wol auch sind) und als Eingebungen betrachtet. Durch dieses Gesetz ist der Snltan auch berechtigt, administrative und politische Vorschriften zu erlassen und alle abzuändern. Erst auf Grundlage der eben cilirten Erläuterungen und Gcsctz-beslimmungen sind die mohammedanischen Bcchlsgelehrten im Stande, jede ihnen zur Entscheidung vorgelegte Frage, deren sonstige Lösung mit den Koransbeslimmungcn in Widerspruch gerathen könnte, zu beantworten. Der Koran, die Sünna, die Jaschma und der Kias wird unter dem Namen Scher oder das Gesetz, die andern durch den Willen des Regenten sanclionirlen Bestimmungen unter dem Namen Kanun oder Staatsregel begriffen. Es wurden demnach die religiösen und bürgerlichen Gesetze scharf geschieden. »• Uebcrgang der geistlichen Macht vom Sultan auf den Priesterstand. Es muss hier noch kurz erwähnt werden, wie es komme, dass der Sultan, als Repräsentant der höchsten geistlichen und weltlichen Macht, dennoch in religiösen, ja selbst in allen Fragen, dem Urthcil des ersten Priesters unterworfen ist. Nach dem Ausspruche Mohammed's sollte das vollkommene Chalifat nur 30 Jahre dauern. Ein anderer Spruch bestimmte, dass der erste Priester, der Chef der Muselmanen, aus dem Geschlechte der Koreischiten stammen müsse. Factisch waren jedoch nur die ersten vier Chalifen Sprossen dieses Stammes. In den folgenden Religionskriegen kamen durch die Macht des Schwertes die Osmanen, welche tatarischen Ursprungs sind, zur Herrschaft, und wiewol sie sich den Titel erste Priester beilegten, so entstanden dennoch Zweifel, die Rajazct I. auf seinem Marsche nach Nikopolis (in der Sorge, sich die asiatischen Provinzen zu erhalten) veranlassten, den Chalifen von Kairo als den wahren, eigentlichen Nachkommen der ersten Chalifen aus dem, anverwandten Stamme der Abbasiden, zu ersuchen, ihm auch die Investitur über die eroberten und ererbten Provinzen zu erthcilen. Jedoch schon Selim I., der die Mamluken in Syrien und Aegypten unterwarf, zwang, weit entfernt, diesem Beispiele zu folgen, Mohammed XII., den letzten Chalifen dieses Stammes zu Kairo, auf den Titel des ersten Priesters zu verzichten und ihm die Prophetenfahne auszuliefern. Da nun auch gleichzeitig der Schcrif von Mekka als Zeichen seiner Unterwürfigkeit die Schlüssel der Kaaba dem Sultan übersendete, so blieb in dem Hause der Osmanen die doppelte Würde von nun an unangefochten. Mit kriegerischen Unternehmungen beschäftigt und nur oberflächlich theologisch ausgebildet, haften die ersten Sultane es unterlassen, die religiösen Functionen (wozu das Vorlesen der Gebete am Bajram und Freitags in der Moschee gehört) auszuüben, Recht zu sprechen etc., und überliessen das erstere den Imams und Scheichs, das letztere den Muftis und Mollahs, welche, von der Bevölkerung in allen Fragen des öffentlichen und privaten Lebens zu Bathe gezogen, sich auf diese Art einen grossen Einfluss und grosse Selbständigkeit zu schaffen wussten. Ursprünglich nur Jurisconsulten, die blos ein Gutachten abzulegen hatten, massten sie sich später die Rechte eines gesetzgebenden Körpers an, sodass kein Gesetz ohne das Fetva Rechtskraft erhielt. 8. F e t v a. Sind nun Reformen vorzunehmen, so wird der betreffende Fragepunkt von der politisch-administrativen Behörde, in Staatsfragen vom Grossvczier (dem Vertreter der weltlichen Macht des Sultans) derart gestellt, dass die Antwort vom Mufti ganz kurz positiv oder negativ ausfällt. So wurden bei Gelegenheit der Abschaffung der Janilscharen im Jahre 1828 von Seite des Grossveziers Hussein-Pascha im Namen des Sultans Mahmud dem Mufti folgende Fragen vorgelegt: „Dürfen die Muselmanen im Kriege mit dem Glaubensfeinde, um den Sieg zu erringen, die feindliche Disciplin, die feindliche Taktik, ihre Waffen und alle Feinheiten ihrer militärischen Kunst anwenden? Ist selbes nicht selbst durch den Koranvers: .Wendel gegen die Feinde alle Mittel an, die ihr euch verschaffen könnt', gebotene Pflicht?" Der Mufti — der übrigens für alles einen Koranspruch als Auskunflsmiltel finden muss, antwortete: „Ja, dies ist eine Pflicht." Die zweite Frage war: „Die militärischen Kenntnisse können nur durch Studium und durch die Praktik erlangt werden. Hat der Sultan nicht das Recht, den muselmanischen Truppen jene Exerciticn vorzuschreiben, die ihnen diese Kenntniss verschaffen kann?" Der Mufli antwortete einfach: „Ja, er hat das Recht dazu!" Es ist bekannt, dass der Abscheu der Janitscharen gegen die »ach europäischem Muster eingeführten Soldtruppen und der Widerwille gegen die Exercitien, trotz der Gutheissung der begonnenen Reformen durch den Mufti und durch die Bevölkerung, zur Revo-totion derselben und zu deren Vernichtung führte. Rosiens wie*. 15 Stufenleiter lies Priestcrstamles. Zur Vervollständigung des Ganzen führe ich hier noch die Stufenleiter der muselmanischcn Geistlichkeit und des Richterstandes kurzgefasst an. Im ganzen genommen theilt sich die Priesterkaste in: 1) die Klasse der Richter, 2) die berathenden Gesetzgeber (Mufti), 3) die eigentlichen Priester, 4) die Nachkommen Mohammed's (Emire), 5) die Professoren, 6) die Derwische (Mönche). Der Scheich ul Islam (Herr des Glaubens). Der oberste Chef dieser ganzen Kaste ist der Scheich des Islamismus, gleichzeitig der Mufti der Hauptstadt. Er ist, gleich dem Grossvczier, der die höchste wellliche Macht besitzt, mit der höchsten geistlichen Macht bekleidet, Er ist sozusagen der Papst der Muselmanen und wird der „Rathgeber der Menschen", das „Meer aller Wissenschaften" genannt, Er hat eine beralhendc Stimme, ist das Orakel des Glaubens und des Gesetzes und ist unenlsclzbar. Er übt das Richlcramt in den ihm vom Sultan übertragenen Fällen aus, und sein Spruch in Fällen von Goftcsleugnnng und Abfall vom Islam kann auch vom Sultan nicht cassirt werden. Seit, dem Jahre 1854 hat die Pforte auf die Bestrafung dieser Fälle mit dem Tode Verzicht geleistet. Er bezieht vom Staate eine monatliche Besoldung von 100000 Piastern (10000 FL). Nach ihm kommen vier Consistorialrälhe: 1) Der Scheich ul Islam Kiajossi, des früher Genannten Bevollmächtigter oder Stellvertreter in politischen und ökonomischen Angelegenheiten. 2) Der Telschidschi, Berichterstatter. 3) Der Mektubaschi, Kanzler. 4) Der Fetva-Emini, der Vorstand des Anlwortsbureau. I. Die Richter theilen sich in 5 Klassen und zwar.: a) Die grossen Mollahs oder Provinzrichter, deren es 17 gibt, die sozusagen 6 Diälenklassen bilden, d. L: 1) für Rumelien, 2) für Anatolien, 3) für Konsfantinopel, 4) für Mekka und Medina, 5) für Adrianopel, Brussa, Cairo, Damaskus, 6) für Scutari, Galata, Jerusalem, Smyrna, Aleppo, Larissa und Salonik. Jeder hat seine Beamten, Die ersten zwei Mollahs für Rumelien und für Anatolien sind Kadiaskjer (Armeerichter, Grossrichter oder Richter des Heeres), ersterer für Europa, letzterer für Asien; beide beziehen den vierten Theil aller durch sie verhandelten Erbschaftsangelegenheiten und folgen nach Wahl des Sultans in die erledigte Würde des Scheichs ul Islam. b) Die kleinen Mollahs. Diese sind Richter in den Städten Bagdad, Serajevo, Sofia, Belgrad etc., im ganzen gibt es deren zehn. c) Die Müfettische oder Untersuchungsrichter, deren es drei für Konstantinopel, einen für Adrianopel, einen für Brnssa gibt. Diese haben die Interessen des Grossveziers, der Muftis, des Kislar-Agassi (Chef der Eunuchen) und der Wohllhäligkeitsanstalten zu vertreten. d) Die Kadis oder Richter, welche, verfheilt in allen kleinem Städten, drei Kategorien bilden und 456 an der Zahl sind. Sie unterstchen den Kadiaskjern von Rumelien und Anatolien, und werden nur 18 Monate an einem Orte in ihren Functionen belassen, dann gewechselt. Nur zwei derselben in Aegypten sind auf Lebensdauer ernannt. e) Die Naibs oder Stellvertreter der Mollahs und Kadis, die sich in fünf Klassen theilen, Civil- und Criminalangelegcnheilen entscheiden, und gleichzeitig die Functionen als Notare ausüben. IL Die Muftis oder berathenden Gesetzgeber. Sie halten die Mitte zwischen den Dichtern und Priestern, sind, 210 an der Zahl, in den grössern Städten vertheilt, und unterstehen dem Scheich ul Islam, der sie auf Lebensdauer ernennt. 15* Ihre Beschäftigung besteht darin, dass sie die gestellten Fragen durch die Fetvaforrael beantworten, dazu das Siegel beisetzen, den Ort des Aufenthalts angeben, den arabischen Text und das kanonische Werk anzuführen haben. Alle bisher genannten Richterabstufungen bilden zusammen die Klasse der Ulcmas (Bechtsgelchrlen oder Theologen), welche die besondern Privilegien besitzen, dass sie steuerfrei sind, ihre Privatgüter nicht willkürlich confiscirt und sie selbst nicht mit dem Tode bestraft werden dürfen. III. Die Diener der Religion oder Priester. Diese theilen sich in: 1) Scheichs (Greise), welche Prediger in den Moscheen und Klöstern sind. 2) Die Ghatibs, welche das Gebet für den Sultan am Freilage in den Moscheen verrichten. 3) Die Imams. Diese sind, wörtlich genommen, die Vorbeter, da die ganze Gemeinde ihre Bewegungen beim Gebete nachahmt. Sie verrichten, mit Ausnahme des Freitags, fünfmal im Tage das Gebet in der Moschee, und wiewol die üblichen Ceremonien bei der Beschneidung, bei der Vermählung, bei Begräbnissen jeder Muselman zu verrichten das Becht hat, so wurden doch diese Functionen, da sie mehr oder weniger Geschick und Uebung erfordern, freiwillig und stillschweigend den Imams überlassen. 4) Die Muezins, die von den Minarets der Moscheen fünfmal im Tage zum Gebet rufen. 5) Die Kaimes sind die Sakristane oder Kirchendiener. IV. Die Emire oder die nahen Verwandten des Propheten. Diese gehören nicht zu den Ulemasj nur der erste unter ihnen und der Che! der zur Prophelenfahne Gehörigen nehmen mehrere höhere Würden unter diesen ein. Sie werden je nach der Abkunft und nach grössern oder mindern Verwandtschaftsgraden verschieden benannt. Gewöhnlich hör-t man sie Emir oder Scherif, was ungefähr Fürst bedeutet, nennen. Sie sind in allen Volksklasscn vertreten und tragen einen grünen Turban. . V. Die Müdderis, Vorsteher oder Professoren. Sie bilden die Pflanzschule für die Theologen und Juristen. Die erste Schule errichtete Orchan in Brussa, gegenwärtig, d. h. seit Mohammed IL, sind sie ziemlich zahlreich. Die Schulen sind in drei Kategorien getheilt. Die erste Kategorie bilden die Suchla-Sofia, die zweite die Mind, die dritte die Danischmend. Die Schüler der lelzlon Kategorie können sich dem Bichlcr-, gesetzgebenden oder dem Priesterstande widmen. Die Vorsteher der Schüler heissen Mudderis (Professoren). Im ganzen gibt es zehn Klassen, welche absolvirt werden müssen, sobald irgendeiner eine höhere geistliche Stelle einnehmen will. Ausserdem sind die Schulen dieser drei Kategorien abermals in drei Klassen getheilt, wovon jene zu Konstantinopel den ersten, die zu Brussa und Adrianopel den zweiten, und die der andern Städte den dritten Rang einnehmen. Nur die Schüler des ersten Collegiums können zu den höchsten Stellen gelangen, jene der andern müssen sich mit niedern Verwendungen begnügen. Bis es nun irgendeinem gelingt, alle diese Schulen und die ganze Stufenleiter der früher geschilderten Anstellungen zu durcheüen, hat er bereits ein sehr, vorgerücktes Alter erreicht. VI. Die Derwische stammen nach einigen Angaben schon von Ah und Abubekr, jedenfalls aber aus dem ersten Jahrhundert des Islamismus. Sie können unsern Mönchen gleichgestellt werden. Es gibt ungefähr 30 verschiedene Orden, die an der Kopfbedeckung, d. h. an der Form des Turbans, zu erkennen sind. Sie sind gehalten, wenigstens zweimal des Tages die sieben mysteriösen Namen Gottes zu beten, und zwar: 1) La ilahe, UT allahi (es gibt keinen andern Gott, als Gott); 2) Hab (o Gott); 3) Ja hu (o Er); 4) Ja Hack (o der Wahre des Wahren), 5) Ja Ilaji (o der Lebensertheiler); 6) Ja Kajum (o ewiger Gott); 7) Ja Kahhar (o Allmächtiger). Diese 7 Namen sollten die Anspielung auf die 7 Himmel, 7 Erden, 7 Meere, 7 Farben, 7 Planeten, 7 Metalle und auf 7 Töne haben. Der Fortschritt muss wol diese Ansicht erschüttert haben. Bei Gelegenheit der Janitscharcn-Auflösung wurde der Ordcns-Bektasi, als geheimen Umtrieben dienend, aufgehoben. Die Derwische, gewöhnlich sehr fanatisch, durchreisen bettelnd oft ganze Provinzen, werden von Leichtgläubigen, die sie durch Gaukeleien zu bethören wissen, unterstützt, stehen jedoch im allgemeinen in keinem besondern Ansehen. Die übrige Geistlichkeit lebt von den sogenannten Vakufs oder Vakfs (der Kirche gehörige Güter), die zu verschiedenen Zeiten als fromme Stiftungen den Moscheen hinterlassen werden und gegenwärtig bereits zwei Drittheile des hegenden Eigenthums ausmachen sollen. Die Vakufs sind vollkommen steuerfrei, werden von einer Centraibehörde zu Konstanlinopel verwaltet, und theilen sich in drei Klassen, und zwar in jene, die der Geistlichkeit gehören, in jene, deren Revenuen zur Unterstützung der Armen verwendet werden, und endlich in solche Güter, die der Geistlichkeit nur bedingungsweise, so z. B. gegen eine Lebensrente für die Betreffenden und deren Nachkommen, oder gegen sonst vereinbarte Bedingungen überlassen wurden. Durch die fortwährend sich mehrenden geistlichen Güter vermindert sich das jährliche Einkommen des Staats; und nur in kritischen Momenten und bei grosser Geldnoth kann der Staat mit Genehmigung des Mufti einen Theil der Güter einziehen. Wie hieraus zu ersehen ist, übt diese mächtige Körperschaft durch Schule, Kanzel, Beichthum und durch das Fetva den wesentlichsten Einfluss auf Volk und Begierung aus, und kann somit, indem sie den usurpirten Einfluss mit aller Macht zu wahren sucht, und durch Reformen nur verlieren könnte, als der eigentliche Hemmschuh des Fortschritts betrachtet werden. Die Beschreibung der Sitten und Gebräuche der bosnischen Muselmanen wird die Gelegenheit bieten, noch auf einige Grundsätze und Bestimmungen des Koran, die als minder wichtig hier vorläufig übergangen werden, zurückzukommen. S cid u ssbcm erk nngcn. Wenn man die drei Hauptgrundsätze der mohammedanischen Religion, nämlich: Einheit Gottes, Offenbarung, Weltgericht, sowie die reine Sittenlehre in Betracht zieht, so kann man diesen Lehrsätzen, wenn sie auch entlehnt sind, Erhabenheit und strenge Moralität nicht absprechen. Der Islamismus, im ganzen eine Wiedergeburt des Judenlhums ist, so wie die jüdische und christliche Religion, auf die 10 Gebote Moses basirf, jedoch durch die Aufnahme der Lehre Jesu veredelt. Viele der religiösen Handlungen haben eine gewisse Aehnlichkeit mit jenen des Chrislenlhums. So wie der Muselman die täglichen Waschungen vornimmt, um gereinigt das Gebet zu verrichten oder den Tempel Gottes zu betreten, so gibt es bei uns Fusswaschungen zu Ostern, als Nachahmung des Beispiels Christi, um die Demuth vor Gott zu beweisen, die Taufe der Erwachsenen als eine Art Reinigung vom Vorleben und als Zeichen der Aufnahme in die christliche Gemeinschaft. Unser Osterfest kommt dem Opferfeste der Türken (Kurban-Bajram) der Bedeutung nach nahe. Die Pilgerreisen der letztern nach Mekka gleichen den Pilgerreisen der Christen nach Jerusalem. Die Wallfahrten der Christen zu Wunder- und Gnadenbildern gleichen den Pilgerreisen der Mohammedaner zu den Grabstätten gefallener Märtyrer oder Glaubensstreite^ wie z. B. zur Ruhestätte Gül Baba's (Rosenvater) nach Ofen. Das Glaubonscercmoniell ist einfach und würdevoll; das Innere der Moscheen einfach, ohne Prunk. Die Geistlichkeit, reich dotirt, verrichtet alle religiösen Handlungen unentgeltlich. J) Renan. Wesentlich verschieden fällt das Urtheil jedoch aus, wenn man die andern Gesetzbestimmungen des Koran, den Werth derselben untersucht, und spcciell die Motive in Berücksichtigung zieht, die den Stifter bei Feststellung derselben geleitet haben mögen. Schon im Beginne seines Lehramts hoffte der Prophet durch die Aufnahme gewisser Landessitten und Gebräuche, die er ohnedies nicht abschaffen konnte, den Juden, unter denen er lebte, die Annahme seiner Dogmen zu erleichtern, und als ihm dies besonders im Anfange nicht gelang, suchte er durch Ränke und Gewalt sich und seiner Religion die Oberhand zu verschaffen. In diesem Sinne gab er die Kriegsgebote. Seine Handlungsweise sollte auch für die Zukunft massgebend bleiben. Der Widerstand der Juden rief die Gesetze der Intoleranz gegen Ungläubige hervor. Kühnen Charakters, poetisch in seiner Sprachbegabung, wusste er die Leidenschaften und die Unwissenheit des Volks auszubeuten. Er verlangt kein Wissen, nur den Glauben an seine Lehre, er reizt die Gier und die Habsucht durch Hoffnung auf Beute, er verspricht dem Gläubigen und Tapfern Ehre und Schätze im Himmel, schafft den Verhängnissglauben und stärkt dadurch den Schwachen1), kurz er weiss sich Hingebung, Glauben und alle Factoren, die zur Erreichung seines Zweckes nolhwendig sind, zu verschaffen. Wie Dr. Weil bemerkt, „trägt die mohammedanische Beligion zu sehr das Gepräge der Unvollkommenheit und das Zeichen der Abstammung eines Menschen an sich", der, wie alle andern, Schwächen und Leidenschaften unterworfen war und, einmal zur Herrschaft gelangt, oft seine Meinungen als das Wort Gottes zum unumstösslichen Gesetz machte, wie dies manche seiner Lehren darthun. Seine Religion ist daher weder für alle Zeiten. noch für alle Völker anwendbar, da sie sich nicht auf die reine Sittenlehre beschränkt, sondern auch gleichzeitig die Ceremonial-, Civil-, Polizei-und Strafgeselze, d. h.. Bestimmungen enthält, die oft nur für den Orient und die damalige Zeit, wo es viele Misbräuche abzuschaffen gab, passend und durchführbar waren, in spätem Perioden aber über andere Völkerstämme durch Gewalt verbrciLet, nur zum Stillstande und in der Folge zum Rückschritte in fast allen Zweigen der menschlichen Thäligkeit führen mussten. Zeitgemässe Reformen sind in der Türkei, ohne die Korandogmen zu verletzen, schwierig, oft fast gar nicht durchzuführen, da Mohammed an seinen Worten, die er als Offenbarung Gottes zu betrachten befiehlt, zu klügeln verbietet, und, um eine wesentliche Modification des Gesetzes für alle Zukunft unmöglich zu machen, sich als den wahren und letzten Propheten hinstellt. Der Fanatismus der ersten Jahrhunderte, das Gesetz, den Glauben durch das Schwert zu verbreiten, der in Aussicht gestellte paradiesische Lohn, der den Glaubensstreiter erwarte, und, mehr als alles andere, die Hoffnung auf Beute, schufen das grosse Reich der Muselmanen oder richtiger Müssulmancn. Mit der befriedigten Raubsucht erkaltete der Fanatismus, der Muselman trachtete, sich schon auf Erden das Paradies zu schaffen; das Schwert fand ebenbürtige Gegner, und da nun im Auslande keine Reichthümcr zu holen waren, und die vieldeutigen Gesetze wenig oder gar nicht beachtet wurden, so entstand der gesetzlose Zustand, der die Bedrückung der eigenen Unterthanen ermöglichte. Die Statthalter und Beamten, die ihre Stellen erkauften, betrachteten die Provinz und die Bezirke als Pachtung und erlaubten sich alle möglichen Erpressungen. Der Zolleinnehmcr drückte den Kaulmann, der Grundherr den Bauer, der Handel und die Agrieulliir litt; Misjahre und Zahlungsunfähigkeit wurden der Grund zur Pfändung; das Elend des Volks und die Nahruugslosigkeil der Grund zu Krankheiten, Seuchen und zur Entvölkerung. Jeder wollte, da er seiner Entsetzung täglich gewärtig sein musste, in kurzer Zeit Reichthümcr sammeln.1) Die Gesetze der Moral, der Nächstenliebe waren vergessen. Wenn auch diese Zustände bedeutend sich gebessert haben, so kann man dennoch den Muselmanen eine abermalige (auch nur scheinbare) Grösse und Zukunft nicht vorhersagen. Wie soll ein Land gedeihen, wie Erspriessliches für die Nachwelt geleistet werden, wo das Religionsgesetz das Staatsgesetz ist, das letztere nicht mehr den zeitgemässen Anforderungen entspricht, wo alles Wissen blos in der Kenntniss dieser einseitigen, den Forlschritt hemmenden und mit dem Zeitgeiste in Widerspruch stellenden Gesetze besteht, wo die Geistlichkeit mit aller Macht an veralteten Gebräuchen und Institutionen hält, die nur dazu dienen, ihre Macht und ihren Einfluss zu bewahren, wo die Bestechlichkeit ganze Volksschichten durchdrungen hat, und Habsucht, Erpressung, Käuflichkeit nichts Seltenes sind, wo ein ganzer Monat (Ramazan) verschlafen wird, welcher der Thätigkeit geweiht sein sollte, wo Künste und Wissenschaften misachlet werden, wo nicht einmal der Name fortgepflanzt wird, daher Manneswerth, Familienehrc und Familienruhm ganz unbekannte Dinge sind! Die Türkei, wiewol sie durch die absolute Gewalt einerseits, durch die Unwissenheit des Volks andererseits noch viel Lebensdauer verspricht, steht, trotz mancher später erwähnt werdenden zeitgemässen Reformen, weit auf der Declinalionsbahn der Existenz, und konnte nur zur Blüte gelangen, wenn ein erleuchteter Regent, gestützt auf einen klar blickenden Mufti und Grossvezier und auf einen ergeben herangebildeten Armeekörper (anderer Glaubensbekenntnisse), sich als inspirirtcr Reformator aufwirft, und das Religions- und Staals-gesetz voneinander trennend, das letztere, noch vollkommener dem Einflüsse der Ulemas entziehend, wesentlich modificirl. Die Muselmanen, ihre Zukunflslosigkcit fühlend, werden tolerant gegen andere Glaubenssekten, suchen nicht mehr zu convertiren, besitzen nur noch Erhaltungstrieb, und dürften, getröstet durch den Prädestmationsglaubcn, unreformirt zusammenschrumpfen, und wenn auch vielleicht erst in Jahrhunderten, ihre politische Selbständigkeit cinbüssen, endlich, wie Dr. Weil sagt, ein ähnliches Ende nehmen wie die Juden. Charakter des Mohammedaners. Es muss angenommen werden,' dass Beligionsprincipion einen grossen Einfluss auf die Charakterbildung des Volks ausüben, denn so vielseitig wie der Koran ist, ebenso vielfällig gestaltet sich der Charakter der bosnischen Muselmanen. Unterwürfigkeit, Ruhe, Ergebung in einen höhern Willen, Ehrlichkeit, Treue, Wohllhätigkcit, Dankbarkeit für erwiesene Dienste, bilden die Grundzüge eines altgläubigen Muselman, und überhaupt die der mittlem und untern Volksschichten; Schlauheit, Eigendünkel, Habsucht zeichnet den Freidenkenden, Trägheit, Unwissenheit und Bestechlichkeit aber einen grossen Theil der Islamiten aus. Im Benehmen ist der Mohammedaner ernst, würdevoll und ungezwungen. II. Sitten und Gebräuche der Bewohner.1) W7enn wir auch die Schilderung der Sitten und Gebräuche von der Geburt des Muselman beginnen, und die Hauptphasen seines Lebens, abgesehen von dem speciellen Stande und der Beschäftigung des Individuums, darzustellen versuchen, so werden wir dennoch manche Eigenthümlichkeitcn wenn auch nur in grossen Umrissen gesondert erzählen und unter einem eigenen Titel behandeln müssen, hm das Bild der türkisch-slavischen Sitten und Gebräuche dieses Landes möglichst übersichtlich geben zu können. Geburt. Dem mohammedanischen Sprössling gelingt es fast mimer, ohne fremde Hülfe das Licht der Welt zu erblicken. Äerzte dürfen hierbei nie hülfreich aui'lretcn, und nur vornehmere Familien nehmen die Kenntnisse und die Geschicklichkeit der Hebammen in Anspruch. Die Geburl des Kindes wird dem Imam des Sprengeis bekannt gemacht, welcher die betreifende Familie ') Benutzte Quellen: With, Drei Jahre in Konstantinopel; L'empire turc par Alfred de Besse. besucht, das Kind mit dem von den Aeltcrn gewählten Namen anspricht, und demselben in das eine Ohr den Aufruf zum Gebet, in das andere die Abkürzung dieser Aufforderung (Glaubensccremoniell) zuflüstert. Ich glaube nicht, dass jedes neugeborene Kind in die Moschec-oder Kirchenbücher eingeschrieben wird, da sonst die genaue Kopfzahl der Bevölkerung zu ermitteln sein müssle, während bis zum heutigen Tage die Behörden selbst die Einwohner nur nach Familien zählen, und auch diese Zahl nie mit Bestimmtheit anzugeben wissen. Für die politisch-administrative Behörde erlangt der männliche Sprössling erst dann einige Wichtigkeit, wenn er jenes Alter erreicht, welches ihn Steuer- oder militärdienstpflichtig macht, und wenn derselbe einen eigenen Herd zu gründen vermag. Nach der Zahl der weiblichen Bevölkerung fragt niemand. Erst im Sommer des Jahres 1863 wurde durch den für Bosnien und die Herzegovinä bestimmten, mit den umfassendsten Vollmachten ausgerüsteten, ausserordentlichen Commissar Müfollisch Achmed Dschevdet eine Volkszählung in der Herzegovinä angeordnet, die später auch in Bosnien vorgenommen werden solllc. Namen. Mil Ausnahme der Perser und Araber haben die Mohammedaner keine Familiennamen. Das erst seil dem Jahre 1826 aufgehobene Gesetz, wonach der Sultan jeden Würdenträger oder in seinem Dienste Stehenden als seinen Sklaven, ebenso wie jeden ohne Nachkommen Verstorbenen zu beerben das Recht hatte, liess keine Familie zu dauernder Macht, Ansehen nnd Reichthum gelangen. Der' Wohlhabende und der Reiche hatten viel mehr als andere für ihr Leben zu fürchten. Hierdurch entstand eine Art von Gleichheit vor dem Gesetz oder richtiger gesagt vor dem Sultan. Jeder musste von Jugend auf nach Stellung, Ansehen und Gnade ringen, und dies bewirkte, dass alle türkischen Unterthanen sich als zu einer, d. h. zur herrschenden Familie gehörig, betrachteten, und sich nach dem Familiennamen des Regcnlcnhauses Osmanen (oder Ottomanen) nannten. Da nun der Türke keine Kalendernamen hat, und die Zahl der als heilig Verehrten (für den Glauben gefallenen Märtyrer) eine geringe ist, so erhält der Neugeborene entweder eine religiöse Bezeichnung oder ein Eigenschaftswort als Namen, wie dies auch im Kalholicismus im vorigen Jahrhundert und im Mittelalter durch die Namensbcilegujig „Lebrecht" oder „Traugott" geschah. Da es nun in einem Orte sehr viele gleichen Namens gibt, so setzt man, wenn das Prädicat oder die Stellung des Betreffenden, endlich der Spitzname, der den meisten beigelegt wird, nicht hinreicht, ihn zu kennzeichnen, dem Namen nebst dem Prädi-cate auch den Geburtsort, oder endlich, wenn dessen Vater sich einer gewissen Berühmtheit erfreute, auch den Namen desselben hinzu, z. B.: Ibrahim von Visoka, oder Arslan (Löwe), Aga von Mostar, Sohn des N. N. Mit dem Familiennamen entsagt der Muselman sozusagen dem Familienruhme. Wiewol jeder nach Möglichkeit seinen Sohn zu poussiren trachtet, und die Söhne der Gross Würdenträger auch nach dem Kanun Mohammed's II. Anrechte auf bessere Anstellung hatten, so bleibt doch das hauptsächlichste Streben eines jeden auf das eigene Fortkommen gerichtet, da jedermann einsieht, dass die Errungenschaften seines Ehrgeizes nicht über seine Lebensdauer reichen können, im Princip nur das Verdienst emporgehoben werden sollte, und bevorzugte Kasten nicht existiren, obwol andererseits Gnadenspenden nicht ausgeschlossen sind. Nur wenn einer oder der andere von niederer Abkunft zu einer hohen Würde und zu Ansehen gelangt war, lebt s°in Name im Andenken der Familie oder des Geburlsortes fort. Line Ausnahme hiervon macht der ehemalige bosnische Adel, der durch den freiwilligen Uebertritt zum Islam bis zum Jahre 1843 (in sichern Jahre die erblichen Kapitanien abgeschafft wurden) mächtig Und fast ganz unabhängig blieb, und bis zum heutigen Tage die Pamilienn amen beibehielt. So findet man die bosnisch-musclmanischen Emilien fiengic, Sokolovic, Philippovic, Capitanovic etc., die alle je uach dem Beichlhume und dem Grundbesitze, der Stellung und dem Ausehen den Titel Aga oder Beg führen. Viele haben zwar ihren ehemaligen slavischen Namen ins Tür- kischc übersetzt und sind nur unler diesem gekannt, doch sollen manche noch im Besitz ihrer allen von den bosnischen Königen stammenden Diplome sein. Ebenso werden den mohammedanischen Frauen Eigenschaftsnamen beigelegt, wie: die Schöne, Gefällige, Edle u. s. w. Der noch von den Juden stammende Name Maria (Mariem), sowie der Name Josef (Jussuf) und wenige andere dürften die einzigen Eigennamen sein, die, wie in allen christlichen Kirchen, auch im Mohammedanismus in Anwendung gebracht werden. Das Wort „Türke" in der Mundart „Turak" sollte der Fremde bei Bezeichnung eines bosnischen Muselman nie anwenden, da diese Bezeichnung fast einem Schimpfe gleichkommt und einen ungeschickten Menschen bedeutet. Nach den Vorschriften des Koran sollen die Kinder zwei Jahre hindurch gesäugt werden, eine jedenfalls zu lange bemessene Periode, die nicht immer eingehalten werden kann. Die Säugung des Kindes wird selten einer Amme überlassen, die Mutter lässt es sich fast nie nehmen, selbst dieser Pflicht nachzukommen. Wenn jedoch eine Amme angenommen werden muss, was gewöhnlich nur in wohlhabenden Familien geschieht, so hat sich diese der besten und aufmerksamsten Behandlung zu erfreuen. Liebe zu Kindern. Die Polygamie, die übrigens in Bosnien aus Bücksichten für den häuslichen Frieden und das Vermögen fast gar nicht vorkommt, thut der Liebe der Aeltern zu den Kindern keinen Abbruch; die zärtlichste Sorgfalt wird allen gleich zugewendet und äussert sich dem Fremden, dem jeder Einblick in das häusliche Leben absolut versagt ist, nur selten an öffentlichen Vergnügungsorten, d. h. Promenaden, durch Liebkosungen und durch den reichen Klciderpulz, mil dem die Kinder, gleich Puppen, überladen sind. Eine kinderlose Ehe kann, den Gesetzen nach, getrennt werden, doch wird eine geschiedene Frau wenig geachtet. Kinder, namentlich erwachsene, zollen den Aeltern sowie den altern Geschwistern die grössle Achtung. Ein Sohn oder ein jüngerer Bruder setzt sich nie ohne vorangegangene Einladung, so wie er auch selten unaufgefordert das Wort ergreift. In den höhern Ständen rufen sich die Verwandten nie anders, als indem sie dem Namen auch den Titel hinzufügen, was wol weniger herzlich klingt, aber doch immer von gegenseitiger Achtung zeugt. Erziehung. Auf Erziehung, d. h. auf die Geistesentwickelung, wird wenig Sorgfalt und Aufmerksamkeit verwendet. Dies ist besonders bei Mädchen der Fall, die in völliger Unwissenheit aufwachsen, höchst selten lesen lernen, und nur in den Hauptgrundsätzen des Koran sowie allenfalls im Nähen und Sticken unterrichtet werden. Eine Ausnahme hiervon machte, meines Wissens, der General-Steuereinnehmer von Bosnien, welcher seine G —8jährige Tochter die zu Serajevo bestehende, von griechischen Kaufleuten gestiftete Mädchenschule besuchen Hess. Trotz der ziemlich zahlreichen Schulen gcslaltet sich das Urlheil hinsichtlich des Unterrichts der Knaben nicht viel günstiger. Schulen. Knaben werden mit dem siebenten oder achten Jahre, jedesmal jedoch eine Zeit lang nach der slattgefundenen Cere-monic der Beschneidung und nach dem Scheren des Hauptes, in die Schule gesendet. Fast jeder Ort und in einer grössern Stadt fast jede Moschee, besitzt eine Schule, die ihr Entstehen gewöhnlich wohlthätigen Stiftungen verdankt. In der Provinzhauptstadt gibt es drei Abstufungen von Schulen, und zwar Elementarschulen (Dschudschuk-Mektebi), zweitens eine Art theologische Schule (Medresse), und eine höhere, mehr auf gemein-uülzlichen Unterricht abzielende und vom Staate erhaltene Schule (Melüebirüschdje), in welcher die Jugend aller Beligionsscklen aufge-Uommen und unterrichtet wird. Ausserdem besteht in fast jeder katholischen Pfarre eine Elementarschule für die Kinder christlicher Emilien. Diese Schulen werden durch die im Lande ansässigen Franciscancr und durch Subventionen Oesterreichs, theilweise auch Frankreichs, sowie endlich durch gespendete unbedeutende Beiträge der Bewohner, erhallen. Die Vorträge in den früher erwähnten mohammedanischen Schulen werden entweder in besondern Schulgebäuden oder in den Moscheen selbst gehalten. Die Einrichtung einer solchen Schule besteht gewöhnlich in einem erhöhten Sitze für den Lehrer, und in Bänken, welche jedoch nicht zu Sitzen für die Schüler, sondern nur zum Auflegen der Bücher bestimmt sind, während die Knaben auf Fellen, die von den Opferlhieren (Schafen) herrühren, oder auf Teppichen mit verschränkten Beinen ruhen. In der Elementarschule lernt der Knabe nur Buchstabiren und Lesen der Koranausziige. Ist nun der Koran durchgelesen, was je nach der Intelligenz des Schülers (Sofia heisst Student) oft mehrere Jahre dauert, so wird der Knabe von Seite seiner Aeltern und Verwandten reichlich beschenkt. Je nach dem Berufe besucht er sodann die theologische oder die Staatsschule. In der erstem bildet das Hauptstudium das Auswendiglernen des Koran, welches oft acht Jahre in Anspruch nehmen soll. Nach beendetem Cursc wird der angehende Doctor der Theologie vor einer Commission geprüft, die Kennlniss des Koran jedoch derart gefordert, dass er nicht allein die Zahl des Koranverses, sondern auch die Seiten- und Zeilenzahl, wo derselbe cilirt erscheint, anzugeben wisse, was bei den ohne logische Ordnung aneinandergereihten Kapiteln und Versen immer eine grosse Aufgabe bleibt. Hat ein solcher Zögling die Prüfung bestanden, so geniesst er, wenn er auch keine weitem Studien macht, grosses Ansehen und wird Hafis (vom glücklichen Gedächtniss) genannt. Will er sich nun dem Stande der Giemas (Rechtsgelchrlen), dem der Geistlichkeit oder jenem der Richter widmen, so beginnt das Erlernen des Abschreiben und der Auslegungen des Koran, welches abermals mehrere Jahre in Anspruch nimmt, und wobei auf schöne Schrift besonders gesellen wird. Erst dann erlangt er den Titel eines Effendi (Herr, Scliriflgelcbrler). Dieser Titel wird jedoch oft misbrauchl und von den untern Volksklassen jedem, der ein etwas distinguirteres Aussehen hat, sowie auch allen Fremden beigelegt. Vermögende senden ihre Söhne, sobald sie über das Lesen und Schreiben hinausgelangt sind, zum weitern Studium nach Kon-slantinopel. In der Staatsschule (Mektebirüschdije, d. h. Schule, die auf den rechten Pfad führt), wird nebst dem Koran etwas Arithmetik, Algebra, Geographie und Geschichte vorgetragen. Diese Schule, eine Institution der Neuzeit, wird von Christen gar nicht, von den Türken nur wenig benutzt und findet keinen Anklang, da darin Gegenstände vorgetragen werden, welche von Ungläubigen herrühren. Der für Serajevo für diese Schule bestellt gewesene Lehrer, ein Türke, der in Paris erzogen worden war, erfuhr noch vor wenigen Jahren so viel Unbilden und hafte mit so vielen Hindernissen zu kämpfen, dass er auf sein Lehramt verzichtete. Ein eigentümliches Beispiel von Bequemlichkeit und Trägheil geben die Lehrer auf dem Lande und sogar in den Städten dadurch, dass sie sich mit 2—3 Klafter langen Stäben versehen, um damit unruhige und unaufmerksame Schüler vom eingenommenen Lehrersitze aus — zu mahnen und zu züchtigen. Auch die griechisch-nichlunirte Bevölkerung unterhalt in allen grössern Städten des Landes Schulen, von welchen die für 60 Schüler zu Serajevo errichtete, unter dem Protectoralc des Metropoliten stehende Schule in jeder Beziehung als die beste bezeichnet werden muss. Von der ganzen männlichen Bevölkerung dürften kaum mehr als 1—2 Procent eine gewisse Schulbildung genossen haben. Die untern Volksklassen betrachten diese entweder als überflüssig oder können selbst die so geringen Kosten für Bücher u. s. w. nicht erschwingen. Sie ziehen es daher vor, ihre Kinder in der Serbien Unwissenheit zu lassen, besonders da von seilen der Behörden kein Impuls gebender Einfluss genommen wird. Hat ein KOiiKIEWICZ. 16 Knabe die Elementarschule absolvirt, so wird gewöhnlich der weitere Schulbesuch sistirt, und der kräftiger gewordene Sohn ist nun, gleich dem wild heranwachsenden Bauernburschen, berufen, den Vater auf dem Felde, im Laden, kurz im Bcrufsgcschäflo zu unterstützen, wenn er nicht gleich diesem es vorzieht, ein beschauliches Schlaraffenleben zu führen. Doch trachten die Aeltern den Sohn schon in den Jünglings* jahren möglichst vorlhoilhafl zu verehelichen, und da die Heirathen gewöhnlich als Geschäftssache behandelt, und deren Bedingungen von den gegenseitigen Verwandten festgestellt und abgeschlossen werden, so ist es immer vor jeder Vereinbarung die hauptsächlichste Sorge der Mütter, für ihre Söhne eine Braut zu finden, wozu meist in den Bädern Umschau gehallen und gewöhnlich die Bekanntschaft mit der Schwiegertochter angesponnen wird. Sehr oft jedoch wird dem Sohne die Wahl überlassen, die er der äussern Erscheinung des Mädchens nach leicht treffen kann, da in Bosnien nur die Frauen vollkommen verhüllt ausgehen, die Mädchen aber das Antlitz unver-schlciert zeigen, und nur bei einer etwas aufmerksamem Betrachtung ein über die Schullern herabhängendes Kopftuch vor dasselbe ziehen. Wiewol Koketterie auch bei den mohammedanischen Frauen und Mädchen zu finden ist, und diese besonders dann hcrvorlrilt, wenn sie sich unbewacht glauben, so ist es doch einem Fremden nicht aiizurafhen, auf der Gasse ein Mädchen oder eine Frau, wenn der Bruder oder der Gemahl ihr das Geleite gibt, mit Aufmerksamkeit anzublicken, da man in einem solchen Falle sehr leicht vom Begleiter die barsche Frage: „Sto gledas?" („was blickst du?") zu hören bekommt, von 'einem fanalisch denkenden mohammedanischen Mädchen aber sogar mit dein Ausspcicn beehrl werden kann, wie es manchem bei seiner Unkenntniss der Sitten widerfahren ist. Ueberraschend ist es daher, wenn man an den mittlem Lauf der Narenla gelangt und, im Gegensatze zu der im ganzen Lande streng gehaltenen Sitte der Verschleierung, die Bewohnerinnen der Gegend zwischen Jablanica, dann auf beiden Seilen der Bamamündung bis Seonica, — am linken Ufer der Narenta — ganz unversclileiert findet, und sogar die Erfahrung macht, dass die Frauen und Mädchen dem Fremden Auskünfte erthcilen und sich in Gespräche einlassen. In ganz Bosnien und der Herzegovinä ist dies die einzige Gegend, wo die mohammedanischen Bewohner eine Ausnahme in dieser Beziehung machen. Die Sitte der Verhüllung, von den dortigen Bewohnern bei Annahme des Islam wahrscheinlich verworfen, konnte sich in dieser wenig besuchten Gegend nicht einbürgern; der Gebrauch, unversclileiert zu erscheinen, vererbte sich bis zum heutigen Tage, und wird selbst von den türkischen Behörden und der Geistlichkeit geachtet, da sie durch Verjährung zum Adet, d. h. zur überkommenen Landessitte und Gewohnheit wurde, welche in der Türkei in allen Provinzen unangetastet bleibt, und oft auch die Entschuldigung für ladelnswcrlhc Gebräuche bildet. Aschyklik (Dameudienst). Zur Landessille oder zum Adet zählt nun auch der Brauch, dass türkischen Frauen am Freilag und Montag (jeder Tag hat seine Bestimmung; Einkäufe, Reisen etc. werden nur an gewissen Tagen unternommen), immer in grösserer Anzahl und dann ausnahmsweise ohne männliche Begleitung Promenaden und Ausflüge in die nächste Umgebung des Orts machen, womöglich Aussicht gewährende Punkte besteigen, um daselbst, frei vom Zwange der Verhüllung, sich im Anblick der Natur zu zerstreuen und die Zeit durch Gesang abzukürzen. Sind die Mädchen nun in ihre Haremszellen zurückgekehrt, so ist es an diesen Tagen der grössern Freiheit auch dem heirathslusLigen Manne geslattcl, sich der Dame seiner Wahl zu nähern und an das hinler dem vergitterten Fenster oder hinler dein geschlossenen Haus- oder Hoflhore weilende Wesen seiner Verehrung von der Gasse aus das Wort zu richten, ü*- h. sich dem Damcndiensfe zu weihen. Dieser Brauch, lebhaft an das in Oberösterreich und in Steiermark übliche Fensterin erinnernd, wird in Bosnien mit dem Namen Asehykiik bezeichnet, und bleibt für den jungen Muselman die einige Gelegenheit und das einzige Mittel, der nach freier Wahl Aus-erkorenen in der Folge die Ehestandsfesseln anzulegen. 16* Verlobung. Hat sich der Mann zur Heirath entschlossen, so verlangt er das Mädchen durch die Vcrmittelung zweier Verwandten oder zweier Freunde, welche die Braut ebenfalls hinter verschlossener Thür befragen, ob sie z. B. dem Ismail, Sohn des Dschjafer, als Frau folgen wolle. Erfolgt die Bejahung, so verfügen sich die Verwandten sammt den Zeugen zum Kadi, wo sich mittlerweile der Bräutigam mit seinem Imam sowie der Imam der Braut eingefunden hatte, während die Braut selbst das Ende der Verhandlungen zu Hause abwartet. Beim Kadi werden nun die gegenseitigen Einwilligungen, die Verpflichtungen bezüglich der Erhaltung der Frau im Falle einer Trennung etc., festgestellt und verzeichnet, sodann durch die beiden Imams Braut und Bräutigam als vor Gott wie Adam und Eva, wie Mohammed und Chadidscha vermählt und vereinigt erklärt. Diese Erklärung wird dreimal wiederholt, womit die eigentliche Vermählungs-ceremonie beendet ist. Ehe. Nach dem gerichtlich vollzogenen Verbindungsacte werden die beiden Imams und die Geladenen sowie von seilen des Bräutigams die Braut mit Geschenken bedacht, welche diese erwidert. Diese gegenseitige Aufmerksamkeit, welche auch die Ueberscndung verschiedener Hauseinrichtungsslücke, wie Teppiche u. s. w. begreift, wird durch mehrere Tage fortgesetzt und endet mit der Zustellung des Hausscrvice in das Haus der Braut1), worauf dieselbe endlich, nachdem sie sich einer mehrstündigen Toilette im Bade unterzogen hat, von den Verwandten des Bräutigams in einer Araba (d. i. in einem von Ochsen gezogenen, verhängten, plumpen Wagen) abgeholt wird. Erst nach einem gemeinschaftlich eingenommenen Mahle und nach einem vom Imam gesprochenen Gebet und crtheilten Segen tritt die Braut in die äusserst beschränkten Bechte einer Hausfrau und beginnt ihr geräuschloses, fast klösterlich zurückgezogenes Haremslcben. Der Muselman besitzt von Rechts wegen fast ohne Controle alle Gewalt über seine Frau, da er schon bei der Abfassung des Ehe- J) Withe. conlracls die Bedingungen stellen kann: dass seine Frau von den entfernten Verwandten gar nicht und nur von den allernächsten Angehörigen, d. h. von den Aeltern, besucht werden dürfe. Sie scheint somit besonders für das Auge des Fremden vollständig dem Willen des Mannes unterworfen, ohne persönliche Freiheit zu sein, und ihre ganze Zeit und Sorgfalt auf die Führung des Haushalts und auf die Erziehung oder eigentlich Verhätschelung der Kinder zu verwenden. Da man jedoch nie Klagen über harte Behandlung hört (wenigstens dringen diese nie in die 0Öffentlichkeit), so ist es wol nach den übrigen Charaktereigenschaften der Muselmanen eher anzunehmen, dass sich die Frauen des aufmerksamsten und liebevollsten Benehmens ihrer Ehemänner erfreuen, eine gewisse Selbständigkeit besitzen und, wie zu vermuthen, auch einen Einfluss auf ihre Ehemänner ausüben. Als Ersatz für die den Frauen geraubte Freiheit wird ihnen je nach dem Vermögen des Mannes der grösslmögliche Comfort und ein gewisser Luxus geboten, der sich aber gewöhnlich nur auf Schmuck, Perlen und kostbare Kleiderstoffe beschränkt. Mit diesen können sie dann vor Freundinnen, denen der Besuch nicht verwehrt ist, prunken. Diese Damenreunionen, die durch keines Mannes Anwesenheit und Blick gestört werden, sind immer Momente grosser Fröhlichkeit. Gesang, Tanz (Kolo, das Rad oder der Kreistanz) und die ungezwungensten Spiele wechseln wie bei Kindern bunt miteinander ab und bilden die Lichtpunkte des Harcmslcbcns. Besitzt ein reicher Muselman mehrere rechtmässig angetraute Frauen, so halt jede für sich ihr eigenes Hauswesen. , Merkwürdigerweise soll es jedoch nie Eifersuchtsscenen geben. Jede Frau weiss sich in die ihr entweder aufgebürdeten harten Umstände oder überhaupt in das sich selbst gewählte Schicksal zu fügen. Wenn eine Frau eine Untreue begeht, die aber bei der grossen Uebcrwachung und der Abgeschlossenheit fast unmöglich ist, oder wenn die Frau einem Fremden unverhüllt das Antlitz zeigt, so kann der Mann die Scheidung verlangen, muss aber sodann für den Lebensunterhalt der geschiedenen Frau nach den eingegangenen Verpflichtungen sorgen. Nach dein Polizei- und Strafgesetze Suleiman's sollen die Entführer von Knaben und Mädchen mit dem Verlust der Mannhcit gestraft werden. Für jeden geraubten Kuss, für jedes gewechselte Wort mit einer fremden Frau musste 1 Asper (1 Neukreuzer jetzigen Geldes) gezahlt werden. Dieses Gesetz muss nun wol wesentlich modificirt worden sein. Gewöhnlich werden Mädchen mit dem 13. oder höchstens 15. Jahre verheirathet. Deren körperliche Reize nehmen rasch ab, und mit dem 35. Jahre zählen sie meistens schon zu den alten Frauen. Mischehen mit und ohne Wechsel des Glaubens sowie Entführungen von Mädchen kommen nur selten vor. Uebergehen wir nun vorläufig die langen Jahre einer glücklichen oder bewegten Ehestandsperiode, und schreiten wir zur Darstellung der Schlussmomente eines moslemitischen Gebens und zu den letzten Ehrenbezeigungen, die dem gläubig Verstorbenen erwiesen werden. Im allgemeinen nehmen die Türken in Bosnien in Erkrankungsfallen wenig oder gar keine ärztliche Hülle in Anspruch. Einerseils sehen sie, als vollendete Fatalisten, allen Widerwärtigkeiten mit Gleichmuth entgegen, wagen kaum ein nahendes Unglück abzuwenden und erblicken in allem die Hand Gottes; andererseits mangeln ihnen gebildete Aerzlc, und selbst die vorhandenen erhallen nur höchst selten und unter sehr erschwerenden Umständen den Zutritt in den Harem. Unwillkürlich drängt sich nun dem Fremden der Gedanke auf, wie so manches Weib ihrem Leiden, das sie nur durch Hausmittel zu lindern sucht, hülflos erliegen mag, und wie sehr die Sitte der gänzlichen Abgeschlossenheit der Frauen und der Mangel einer Ueberwachung unnatürliche Todesfälle hervorrufen und begünstigen musste, wenn nicht bei der bekannten Sittenstrenge der Moslcmitcn die Grundsätze der Moral vorherrschen würden. Tod. Beim herannahenden Tode werden einige Koranversc gelesen, das Zimmer wird durchräuchert (ein sehr vernünftiger Brauch) und der Imam gerufen. Ist nun das Leben ganz entschwunden, so werden dem Verstorbenen von den nächsten Verwandten die Augen geschlossen, die Glieder gestreckt und der Körper mit der rechten Seite gegen Mekka hingewendet. Nach Erscheinen des Imam wird der Körper mit lauem Wasser gewaschen, die Hände, Knie und Füssc, d. h. jene Theile des Körpers, welche beim Gebet Anlheil haben, mit Kampher gerieben, der Körper parfumirt, und endlich Nase und Ohren mit Baumwolle verstopft, wahrscheinlich um den Körper vor zu rascher Verwesung zu schützen. Während der Gebetsprüche des Imam wird der Leichnam entkleidet in ein Leineuluch geschlagen, auf eine Bahre gelegt und unverweilL vor die Moschee getragen. Diese Ceremonie vollführen Männer bei Männern, Frauen bei brauen. Zuweilen wird die Waschung in der Moschee vorgenommen, dann aber der Todte, nachdem er auf der Bahre mit einem Tuche, das auf dem Grabe Mohammed's gelegen, bedeckt wurde, gewöhnlich von Verwandten auf den Friedhof getragen. Bemitteile lassen den Verstorbenen ihrer Familie eine eigene Bahre anfertigen, die in der Moschee deponirt und in der Folge zum Dienste der Armen verwendet wird. Begräbnissfeierlichkeiten. Die Beerdigung erfolgt schon 'n den ersten 24 Stunden, selten später. Stirbt jemand nach Sonnenunlergang, so wird dessen Leichnam über Nacht in die Moschee gelragen und am folgenden Tage begraben. Die Eilfertigkeit, mit der diese Schlussceremonien betrieben werden, rindet in dem Korangeselze ihre Begründung, wo es heisst: »Zählt der Todle zu den Auserwählten, so bringe man ihn so schnell al$ möglich an seine Bestimmung, gehört er aber zu den Verworfen, so entledige man sich seiner rasch." Da nun nach der Uebcrzeugung der Verwandten der Verstorbene immer zu den Auserwählten zählt, in jedem Falle aber im Verlaufe einiger Stunden beerdigt werden muss, eine gerichtliche oder ärztliche Todtenschau nicht stattfindet, endlich eine Leiche behufs Nachforschung der den Tod veranlasst habenden Krankheitsursache vermöge der Koranvorschrift nicht geöffnet werden darf, so dürften nicht selten Fälle vorkommen, dass Scheinlodle beerdigt werden. Im Sinne des vorerwähnten Glaubens, nach welchem der Todte zu den Auserwählten gehört, sein Geist somit einer bessern Bestimmung entgegengehl, darf auch keine Trauer geäussert werden, weshalb denn auch Frauen, deren Wehklagen man fürchtet, dem Verstorbenen die Ehre der letzten Begleitung nicht erweisen dürfen. Der Todte wird, nachdem über der Leiche auf das geheiligte Bahrtuch ein Turban, bei einer Frau ein Schleier, bei einem Mädchen aber eine Blume gelegt wurde, schweigend, ohne Musik hinausgetragen, und jeder Vorübergehende erweist ihm dadurch seine Achtung und Aufmerksamkeit, dass er die Bahre, wenn auch nur während einiger Secunden, auf die Schulter nimmt. Die Bahre wandert daher von Hand zu Hand, sodass die Vorübergehenden dieselbe von den rückwärts Tragenden übernehmen, sogleich zum Platze des zweiten oder mittlem und sodann zum vordersten übergehen und auch diesen Platz sofort dem Nachdrängenden überlassen. Ist der Andrang gross, so begnügt man sich oft damit, die Bahre auf die Schulter zu setzen und sie sogleich einem neu Ankommenden zu übergeben. Auf diese Weise bewegt sich der Zug in den belebtem Gassen einer Sladt zwar langsam, aber ohne einen Stillstand zu erfahren. Auf dem Friedhofe angelangt, wird der Todte in eine 3—4 Fuss liefe Grube, mit der rechten Seite gegen Mekka gewendet, gesenkt, und mit einigen Bretern, die sich schief an eine der Grubenwände lehnen, bedeckt, damit ihn die Erde nicht unmittelbar berühre und bedrücke. Nachdem dies geschehen ist, wird die Grube zugeworfen, die Leillragcnden begeben sich nach Hause, nur der Imam bleibt zurück, entfernt sich sodann von der Grabställe auf eine gewisse Anzahl von Schrillen,* ruft den Todten dreimal beim Namen und erinnerl ihn an das, was er am Tage des Weltgerichls zu antworten habe. Es dürfte dies wahrscheinlich das Glaubcnsbekenntniss sein. Die Grabsteine, gewöhnlich zwei 4 — 5 Fuss hohe steinerne Säulen, wovon eine derselben einen gemeissclten Turban und den Namen des Verstorbenen aufweist, werden auf einige Fuss Entfernung vom Kopfe und von den Füssen des Ruhenden gesetzt, um die Leiche mit den Grabsteinen nicht zu belasten. Frauengräber werden nur durch einfache, mit Inschriften versehene, oben in eine Spitze auslaufende Säulen, jene der Mädchen durch glatte, oben flache Steine bezeichnet. Ebenso darf sich niemand auf einen Grabhügel stellen, da er möglicherweise den Leichnam eines Auscrwählten treten oder drücken könnte. Trauerabzeichen werden von seilen der Verwandten nicht getragen, doch pflegt man durch ein oder zwei Tage im Hause der Leidtragenden und in der Moschee Gebete und Koranverse zu lesen. War der Verstorbene bemittelt oder von Distinclion, so wird auf Veranlassung der Verwandten gegen Erlag einer Taxe mehrere* mal zu gewissen Zeiten, gewöhnlich aber um Mitternacht, vom Minarel in die vier Weltgegcndcn ein nervenerschülternder Todlengesang angestimmt. Für Nichtmoslems ist es nicht ralhsam, dem Leichenzuge eines verstorbenen Türken in der Nähe zu folgen oder der Beerdigung beizuwohnen, da dies nicht geduldet und jedem Fremden von den mit den Sitten Vertrauten abgeralhcu wird. 2. Individuelles Leben. Versuchen wir es nun, die Mohammedaner auf ihrer Laufhahn zu begleiten und ihr Wirken, je nach ihrem Berufe im öffentlichen und im häuslichen Leben, zu schildern. Der Landmann, der Tagelöhner u. dgl. leben in ärmlichen und bückenden Verhältnissen, wie man zu sagen pflegt: „von der Hand Zll)n Munde." Abhängig vom Grundherrn oder Dicnslgcbcr, denen die Früchte t ihrer Arbeit gehören, oft willkürlich bedrückt und nur im Besitze der allernolhwendigsten Lebensbedürfnisse, endlich ohne Aussiebt, sich durch Fleiss eine gesicherte und unabhängige Zukunft zu schaffen, ist der Landniann gleichgültig, träge, hat gezwungenermassen wenig, ja fast keine Bedürfnisse, ist dabei aber ehrlich und friedfertig. Bas Ebenerwähnte betrifft weniger den Muselman, welcher überhaup! seltener Ackerbauer ist, und lieber ein Handwerk, den Handel u. dgl. betreibt, ohne hierzu die nöthigen Kenntnisse zu besitzen, als den Bajah, unter welchem .Namen die Türken die christlichen Bewohner, Juden und Zigeuner der Provinz verstehen, und mit demselben nicht nur den Landmann, sondern selbst die griechischen Kautleule beehren. Bajah. Das Wort Bajah ist arabischen Ursprungs und bedeutet eigentlich Heerde. Schon der Sinn dieses Worts lässt das Abhängigkeitsverhältniss errathen, in welchem der Bajah als Pachter oder Tagelöhner zum Muselman stand und theilweise noch immer sieht. Abgesehen von den drückenden Steuern, die ihn belasten, und die er je nach dem Gefallen des Mudirs oder Rezirksleilers oft auch zweimal erlegen musste (da er keine Quittung hierüber erhielt), fand derselbe z. B. als Kläger wegen unbilliger Anforderungen bei Behörden ehemals gar kein Gehör. Durch die Zulässigkcit der christlichen Zeugenaussagen, durch die thätige Einwirkung der Gonsulate in Fällen, wo der Kläger nicht Unlerthan der türkischen Begierung war, endlich durch den Rechtssinn des gegenwärtigen Gouverneurs von Bosnien, hat sich jedoch die Lage derselben in letzter Zeil wesentlich gebessert. Wiewol der Bajah vom Anbeginn der türkischen Herrschaft an nie Waffen tragen durfte, da dieses Recht nur den Mohammedanern zusteht, so wurde dieses Gesetz bis zum Jahre 1850 vielfach umgangen. Erst nach der Unterdrückung des Aufstandes im Jahre 1851 liess Omer Pascha die Entwaffnung der Christen vornehmen, und gegenwärtig darf nur derjenige Waffen besitzen, der sich mit einem Waffenpasse ausweisen und hierfür 7 Piaster jährlich entrichten kann. Ausserdem darf der Rajah sich der hochrofhen Stoffe speciell für das Beinkleid nicht bedienen. Geradezu als entwürdigend muss jedoch die Forderung bezeichnet werden, welche gebietet, dass der Rajah jedem Mohammedaner, auch dem in Lumpen gehüllten, auf der Gasse auszuweichen, wenn er ihm zu Pferde begegnet, zu halten, von dem seinigen abzusteigen, und erst nachdem der Türke vorübergeritten ist, das Pferd wieder besteigen und seinen Weg fortzusetzen habe. Dieser Brauch wird zwar nicht in allen Gegenden Bosniens gleich streng gefordert und befolgt, hat jedoch noch lange nicht aufgehört. Man kann sich vorstellen, welche Unbequemlichkeiten und welchen Zeitverlust diese knechtische Ehrfurchtsbezcigung besonders bei grosser Frequenz einer Strasse herbeiführen muss. Zur bessern Würdigung des Abhängigkeitsverhältnisses, in welchem der Rajah bis zum Jahre 1839 lebte und, streng genommen, in manchen Fällen noch bis zum gegenwärtigen Moment lebt, führe ich nach Hammer die Gesetzesparagraphen an, die ehemals als Richtschnur zu dienen hatten, behalte mir jedoch vor, in einem folgenden Kapitel die in der Durchführung begriffenen Reformpunkte entgegenzustellen. Das bezügliche Gesetz hiess Kanuni-Rajah, stammt vom zweiten Khalifen Omar al Ghattab und verordnet: 1. Christen und Juden dürfen in den unterworfenen Ländern keine Klöster, Kirchen und Einsiedeleien erbauen. 2. Sie dürfen ihre Kirchen nicht ausbessern. 3. Diejenigen, welche#in der Nachbarschaft von Moslems wohnen, dürfen ihre Häuser nur in dem Falle dringender Notwendigkeit ausbessern. 4. Sie werden für die Durchreisenden die Thorc der Klöster und Kirchen vergrössern (d. h. diese selbst). 5. Sie werden allen Fremden drei Tage hindurch Gastfreundschaft gewähren. G. Sie werden keine Kundschafter bei sich aufnehmen, und wenn sie solche kennen, dieselben den Moslems angeben. 7. Sie dürfen Kindern den Koran nicht lehren. 8. Sie dürfen unter sich nicht Hecht sprechen. 9. Sie dürfen aus ihrer Mitte keinen hindern, Moslem zu werden. 10. Sie werden sich gegen die Moslems ehrerbietig betragen, bei deren Eintritte aufstehen und ihnen den Ehrenplatz ohne Murren überlassen. 11. Sic dürfen sich in Leibes- und Fussbekleidung nicht wie die Moslems tragen. 12. Sic dürfen nicht das gelehrte Arabische. (Schriftsprache) lernen. 13. Sie dürfen kein gesatteltes Pferd besteigen, keinen Säbel oder andere Waffen tragen, weder zu Hause noch ausser dem Hause. 14. Sie dürfen nicht Wein verkaufen und ihre Ilaare nicht wachsen lassen. ■ 15. Sic dürfen ihren Namen nicht auf Siegelringe graben. 16. Sic dürfen keinen breiten Gürtel tragen. 17. Sic dürfen ausser ihren Häusern weder das Kreuz noch ihre heilige Schrift öffentlich tragen. 18. Sie dürfen in ihren Häusern nicht laut und stark, sondern nur gemässigt läuten. 19. Sie dürfen darin nur mit halblauter Stimme singen. 20. Sie dürfen nur still für die Verstorbenen beten. 21. Hie Moslems dürfen auf christlichen Friedhöfen, die nicht mehr zum Regräbniss dienen, ackern und säen. 22. Christen und Juden dürfen nicht Sklaven als Dienstboten hallen. 23. Sie dürfen nicht die gefangenen Moslems kaufen und nicht in die Häuser derselben schauen, endlich 24. Wenn Christ oder Jude von einem Moslem mishandelt wird, zahlt dieser die darauf gesetzte Strafe. Es muss hier jedoch gleich bemerkt werden, dass bis auf die Punkte 8, 10 und theilweise 11, 14, 18, 23 und 24 alle andern vermöge der neuem Gesetze aufgehoben wurden und nicht mehr in Wirksamkeit sind. Mit dem ersten Anblick ist der Rajah schwer von einem Türken zu unterscheiden, da jener wie dieser dem Stande gemäss denselben Schnitt des Kleides und das Haupt geschoren trägt. Erst später fällt dem Fremden der Unterschied auf. Seine Kopfbedeckung ist der Fess, oft mit einem dunkelrothcn Tuche umwunden; seine Jacke besteht aus braunem, sein Beinkleid aus weissein oder dunkelblauem, Fig. 5. Ein Rajah. grobem, filzartigem Stoffe. Eine farbige Leibbinde (blau oder dunkel-r°th) und ein paar Opanken vervollständigen den Anzug, wozu noch das hinter dem Genick steckende Pfeifenrohr (Csibukj sammt dem ^feifenkopfe und ein an der Hüfte hängender Tabacksbeutel gehört, Un-d welche Gegenstände fast nie fehlen dürfen, wenn das Costüm v°liständig sein soll. (Siehe Abbildung Fig. 5.) Heber die Lebensweise eines Rajah ist nicht viel zu sagen. Er lebt, je nach der Gegend, in einer von Holz und Lehm oder von Steina! eigenhändig aufgerührten Hütte, schläft in seinen Kleidern, hat keine grosse Wahl in seinen Speisen, und beobachtet, wo er es zu Ihun im Stande ist, in allem die Sitten und Gebräuche des Landes. Handwerker. In ähnlicher Weise wie der Landmann, doch unabhängiger und verhällnissmässig besser, leben der Handwerker und der kleine Gewerbsmann. Wiewol nun in Bosnien die Bewohner des gricchisch-nichtunirten Glaubens vorherrschen, und vermöge der Zahl und der Zähigkeit des Charakters als zukunftsreicher betrachtet werden können, so müssen wir doch die Sittenschilderung des Mittelstandes der Griechen sowol wie der Katholiken übergehen, diese nur wo es nolhwendig ist berühren, und hauptsächlich nur die Lebensweise der Mohammedaner im Auge behalten, da die erstem allerorts leben, und deren Sitten und Gebräuche bereits gekannt oder eingehend geschildert sind. Der Mittelstand der Islamilen, Kaufleutc, Beamte, Rentiers etc. Viel gleichförmiger wickelt sich das Leben des Mittelstandes (wenn man Kaufleute etc. hierzu rechnen kann) sowie jenes der besitzenden Klasse ab. Bevor wir jedoch von der Lebensweise dieses Standes zu sprechen beginnen, hallen wir es für nolhwendig, einiges über die Zeitrechnung der Türken vorauszusenden, da besonders die Tages-beschäRigung des regelmässiger lebenden Mohammedaners aus dem Mittelslande, sowie auch jene des Landbewohners überhaupt, mit der erstem im Zusammenhange steht. Zeitrechnung. Wie wir bereits erwähnten, haben die Mohammedaner zu ihrer Zeitrechnung das Mondjahr gewählt, welches in zwölf Monate gelheilt ist, wovon sechs 29, die andern Monate 30 Tage zählen, sodass das ganze Jahr aus 354 Tagen besteht. Da nun das Mondjahr um 11 fag« kürzer als das Sonnenjahr ist, so durchläuft jeder Monat in 33 Jahren nach und nach alle vier Jahreszeilen, ist somit an keine bestimmte Saison gebunden und bezeichnet nicht durch den Namen Wurme- oder Kälteperiodcn eines Jahres. Ebenso ist ein Muselman, der 66 Jahre als sein Lebensalter angibt, nach unserer Rechnung erst 64 Jahre alt. Die Tagesrechnung beginnt mit dem Sonnenuntergänge (Aeh-scham), die Nacht zählt zum folgenden Tage, und mit dem nächsten Sonnenuntergänge beginnt die nächstfolgende Tagesbezeichnung. Der Tag selbst ist in zweimal 12 Stunden getheilt. Da nun der Sonnenuntergang nach der Jahreszeit und last täglich wechselt, so wird dadurch auch der ganze Slundencyklus des Tages verrückt, und der Fremde kann sich nur schwer eine nach türkischem Gesetze angegebene Tagesstunde vergegenwärtigen. Ist z. R. Ende Deccmber der Sonnenuntergang um 4 Uhr, so zählt der Türke 12 Uhr des abgelaufenen Tages, und um 4 Uhr früh weist seine Uhr abermals die zwölfte Stunde. In dieser Art werden die Stundenzahlen mit. zunehmender Tageslänge verschoben, sodass Ende Juni, am längsten Tage, der Mohammedaner um 8 Uhr abends 12 Uhr, um die neunte Abendstunde 1 Uhr u. s. w., des Morgens um 8 Uhr nach unserer Zeitrechnung abermals 12 Uhr angibt. Obgleich nun die Mittagszeit durch den Ruf zum Gebet nach vorausberechneten Tafeln ziemlich genau angegeben wird, so könnte man in der populären und anspielenden Sprachweise sagen, dass man in Bosnien, trotz der die Zeil verkündenden Glockenschläge (wie z. B. von der Höhe des einzigen hierzu erbauten Thurmes in Serajevo), nie weiss, „wie viel es an der Zeit ist" oder „wie viel es da geschlagen hat". Das einzige Aiiskunftsmillcl, mit den Türken eine gewisse Stunde zu irgendeinem Vorhaben feslzuslellen und sich darüber verständlich zu machen, bleibt der Zusatz, class dies oder jenes 1, 2 oder 3 Stunden vor oder nach Morgengrauen (Sabah), der Mittagszeit (Öjlö) oder vor oder nach dem Sonnenunlergange (Achscham) zu geschehen habe. Die im Gebrauche stehenden Taschenuhren sind von ausser-Bewülmliclier Grösse, oft 3 Zoll im Durchmesser. Nur angesehenere Leute sind mil Cylinderuhren versehen. Tagesbeschäftigung. Nachdem nun der Muselman des Morgens sich erhoben, gewaschen, sein Morgengebet verrichtet und gegen 8 Uhr früh, nach unserer Zeilrechnung, ein ziemlich reichhaltiges Mahl, bestehend aus 2—3 Gerichten, zu sich genommen, verfügt er sich an sein Geschäft. Wir sprechen hier hauptsächlich vom Kaufmann, da jeder nur halbwegs Bemittelte ein Gewerbe oder den Kleinhandel betreibt, und oft nur deshalb in einer waarenloscn Bude sitzt, um tagsüber an dem sich an den Marktbuden, der sogenannten Carsia (Viereck, Tscharschu), concentrirenden Verkehr und Leben zu ergötzen und sich zu zerstreuen. Fast jede grössere Stadt besitzt aus Stein gebaute Waaren-oder Markthallen, welche in Gestalt eines oder mehrerer miteinander verbundener Quadrate feuersicher und solid erbaut sind, gleichförmig eingeteilte zcllenarfigc Bäume enthalten, und lediglich nur zur Aufbewahrung der Waaren und zum Handelsverkehr dienen. Jedes einzelne dieser mit einer eisernen Thür versehenen Gewölbe, die überdies auch kleine durch Holzläden abzuschliessende Vorhallen besitzen, wird an die sich gewöhnlich zunftweise zusammenziehenden Kauflcutc vermielhel, obschon dieselben in entferntem Stadtlheilen wohnen. Nichtsdestoweniger findet man auch entlegener vom Mittelpunkte des Verkehrs sowie auch in kleinern Ortschaften Häuser, die im Erdgcschoss den Verkaufsladen und im ersten Stockwerke die Wohnung des Kaufmanns enthalten. Die Läden des Vorgewölbes oder der Bude werden nach auf-und abwärts geöffnet, der untere Flügel, der sich auf eingerammte Pfahle stützt, bildet eine 3 Fuss vom Boden erhöhte Terrasse oder Estrade, auf welcher nach Ausbreitung eines Teppichs der Inhaber des Geschäfts Platz nimmt. Das ganze Vorgewölbo ist selten höher als 3 Fuss und breiter als 2 Klaftern. Die an den W'änden angebrachten offenen Fächer sind mil verschiedenen Artikeln, welche in der reizendsten Unordnung umherliegen, angefüllt. Nach Ordnung und Aufstellung einiger Artikel nimmt der Chef der Bude mit verschränkten Füssen Platz, raucht eine Pfeife um die andere, befeuchtet zeitweise seine trocken werdende Kehle mit schwarzem Kaffee, und betrachtet, indem er zur Abwechselung den nie fehlenden Rosenkranz (Tesbih) unzähligcmal durch die Finger gleiten lässt, mit gleichgültiger Miene das Treiben in der Gasse. Tritt ein Kunde an seinen Laden, so bietet er die Waaro ohne besondere Anpreisungen an, verliert mit Feilschen keine Worte und bleibt sich gleich, ob ihm die Waare abgenommen oder gelassen wird, sich mit dem Gedanken tröstend, „dass es so kommen musste". Man kauft auch gewöhnlich bei einem echten Mohammedaner hesser und billiger als bei einem griechischen oder jüdischen Kauf-maunc. Nur Saltler, Riemer, Waffenschmiede, Opankenmacher, Tabacks-verkäufer findet man im Laden thätig, alle andern Kleinhändler geben sich der oben beschriebenen Ruhe hin. Im Verlaufe des Tages empfängt er en visilo seine Freunde: Beamte, Militärs, Rentiers etc., die sich mit Kaffee und Csibuk oder Nargile (Wasserpfeife) regaliren lassen, und nach einer Stunde der schweigsamsten Betrachtung andere Freunde und andere Läden aufsuchen, um auf diese Art die Langeweile des Tages zu tödlen. Zum Mittagsgebete verfügt sich der strenggläubige Muselman, nachdem er die Waschungen vorgenommen hat, in die Moschee, und kehrt nach verrichtetem Gebete in den Laden zurück, der gewöhnlich während dieser Zeit abgeschlossen war. Diese Lebensweise erleidet im Winter keine Veränderung, nur die Sommerkleider sind dem Pelze gewichen, und der Kohlenpfanne (Mangal) wurde ein Plätzchen angewiesen, um die Hände des im Freien silzenden Kaufmanns vor Erstarrung zu bewahren. Im Sommer gegen 5 Uhr nachmittags, im Winter mit dem Bufe zum Abendgebet werden die Gewölbe geschlossen, die Tages-beschäfligung ist zu Ende, und jeder eilt nach Hause oder zieht sich in die innern Gemächer, d. h. in den Harem zurück, wo ihn entweder die Frau mit dem Mittagsmahle, das gleichzeitig das Abend- uoskiewicü. 17 mahl bildet, erwartet, oder dem Kaufmann-Gemahl dieses je nach seinem Wunsche auch ausserhalb des Harems im Begrüssungszimmcr (Salamlik) serviren lässt. Harem. Wir müssen hier wol einige Bemerkungen über das Wort Harem und die Bedeutung desselben einfliessen lassen. Im weitern Sinne ist der Harem die Privatwohnung eines jeden Muselmanen. Im engern Sinne jedoch begreift man unter diesem Worte überhaupt etwas Heiliges, d. b. diejenigen Gemächer oder denjenigen Theil der Wohnung, welcher von den Frauen bewohnt wird, und wo der Zutritt jedem Fremden untersagt ist. Ein jeder Muselman, besonders aber jeder Würdenträger, will durchaus unbeläsligt bleiben, sobald er sich in den Harem zurückgezogen hat. Es ist dies ein gutes Auskunftsmittel, sich lästigen Besuchen oder Anforderungen zu entziehen. Der Harem einer Frau ist aber auch unler Umständen selbst von dem eigenen Gemahl, insbesondere aber in dem Falle respectirt, wenn er vor dem Eingange in denselben Damenpantolfeln erblickt. Diese sind immer der Beweis eines weiblichen Besuchs, und da Frauen bei dieser Gelegenheit sich zu entschleiern pflegen, und entschleiert von keinem fremden Manne erblickt werden dürfen, so bleibt es auch dem Herrn des Hauses verboten, das Zimmer seiner Frau bei anwesendem Besuch unangemeldet zu betreten. Nicht selten wird auch unler dem Ausdrucke „Harem" das Frauenpersonal eines Hauses oder die Gebieterin mit ihrer Begleitung verstanden. So hört man z. B. sagen, der Harem dieses oder jenes Paschas ist ausgegangen oder ausgefahren. Hauptmahlzeit gegen Abend. Folgen wir nun dem Muselman in den Harem oder besser noch in sein Gemach (Salamlik), und betrachten wir ihn während seiner Mahlzeil. In die Mitte des Zimmers, dessen Einrichtung bekanntlich aus einem längs den Wänden laufenden Divan und einem am Boden ausgebreiteten Teppich oder einer Strohmalle besieht, wird ein Schemel oder ein eiserner Rost gestellt. Der Diener übernimmt in einem an die Küche anslossenden Zimmer, gewöhnlich die Vorhalle des Hauses, die Speisen, die ihm in verzinnton, kupfernen, sehalcnartigen Schüsseln mittels einer Drehlade aus der Küche zugeschoben werden, und stellt diese auf eine 2, selbst bis 4 Fuss Durchmesser haltende und ebenfalls verzinnte kreisrunde Kupfer- oder Hölzplatte, die sogenannte Tebsi (Tepsia), ordnet die erhaltenen 4—6 oder 8 Gerichte, legt, entsprechend der Zahl der speisenden Personen, hölzerne Löffel, ferner das ohne Sauerteig, blos aus Wasser, Mehl und Salz erzeugte, nur zoll-dickc Brot hinzu, und trägt, das Ganze auf den obenerwähnten Schemel stellend, es in das Gemach des Herrn, welcher, nachdem er ••sich die Hände gewaschen und dabei ein Gebet gesprochen, entweder allein oder mit den nächsten männlichen Verwandten und den etwa geladenen Fremden mit gekreuzten Füssen um die Tepsia Rietz nimmt. WahremI ein Diener über die Knie der Sitzenden ein mehrere Ellen langes Handtuch, welches oft reich mit Silberfäden durchwoben ist, ausbreitet, jeder sich eines Löffels und eines Stückes Bröl, „Pogalscha" genannt, das nicht geschnitten, sondern gerissen wird, bemächtigt, hat ein anderer Diener bis auf die Suppe (Corba) alle andern Gerichte beiseitegeschoben, und nur diese in der Mitte der Tepsia belassen. Auf die Einladung des Hausherrn: „Bujur", („Beliebe") langt alles zur Schüssel. Hat nun jeder den Löffel auf die Platte gelegt und hiermit angezeigt, dass er nicht mehr von dieser Speise zu gemessen gedenkt, so wird auf einen Augenwink des Hausherrn die Suppenschüssel weggehoben, und hierfür ein anderes Gericht auf die Platte gestellt. In dieser Art wird, ohne dass dabei viel gesprochen wird, das Mahl servirt. Der niilchartigcn Suppe folgen Gemüse und Fleischspeisen, feiner gewöhnlich eine ganz flach bereitete Mehlspeise (Pitta) von grossem Umfange; den Schluss bildet der Pilaf, eine Art gedünsteter Beis, ferner süsse und sauere Milch, Honig oder Kahnak, ein Licb-bngsgericht der Türken, welches eigentlich nichts anderes ist als bis z«r Consisteuz verkochter und erkalteter Milchrahm. Alle flüssigen Speisen werden mil Löffeln, alle festen, da Gabeln und Messer nicht im Gebrauche sind, mit den Fingern zum Munde geführt. Dennoch wird das Mahl mil vielem Anstände und einer gewissen Würde genommen. Die süssen Speisen trachtet man mit den sauern zu wechseln. Als Getränk wird auf Verlangen in grossen gläsernen oder kupfernen, bei Vornehmen oft in schön ciselirten, vergoldeten breiten Schalen Wasser oder Früchteabguss gereicht. Die Halva, eine Mehlspeise, wozu Honig, Gel und Rosenwasser verwendet wird, ist ebenfalls eine Lieblingsspeise der Muselmanen. Im Hause des Vornehmen, des Bemittelten sowie im Wirlhs-hanse (Han) stehen immer ein, zwei, selbst mehrere barfüssige Diener in ehrerbietiger Stellung, welche die Winke des Herrn ausführen. Hat nun das Mahl geendet, so wird die Platte samml dem Beste der Speisen hinausgetragen, um von den Dienern auf gleiche Weise verzehrt zu werden, während einer von ihnen mit einem kupfernen Becken und einer verzinnten Wasserkannc erscheint, aus welcher er zuerst dem Gaste, dann dem Hausherrn 'Wasser über die Hände giesst, das er mit dem Becken auflangt. Der Türke wäscht sich Hände und Zähne, benässt das Ohr, oh auch das Auge, trocknet sich mit dem gereichlen Handtuche ab, und bittet dann, wenn er der Hausherr ist, auf die liebenswürdigste Art die Gesellschaft, auf dem Divan Platz zu nehmen. Kaum ist dieser Einladung Folge geleistet, so erscheinen abermals zwei Diener, von denen der eine eine Tasse mit der erforderlichen Anzahl Schalen in der bekannten kleinen Form, und mit dazugehörigen, wie Eierhaltcr aussehenden metallenen Behältnissen, ferner eine Kaffeekanne hält, während der andere das die Schalen bedeckende, manchmal silberdurchwirkte Tuch abhebt, die Schalen mit ungezuckertem Kaffee anfüllt und herumreicht, wobei er immer die linke Hand an das Herz drückt, als wollte er damit andeuten, dass er diese oder jene Sache im Auftrage seines Herrn „von Herzen" biete. Oefters wird vor oder nach dem Kaffee noch ein gallertartiges Zuckerwerk, das sogenannte Bahallaküm oder eingemachte Früchte (Dulczass) gereicht. MiL demselben Ccremoniell werden die bereits angezündeten Pfeifen (Csibuks) oder Cigarretten öfters auch vor dem Kaffee dargeboten. Auf schöne Bernsteinmundslücke, die je nach dem Vermögen oft Brillantreife enthalten, sowie auf schöne und gerade Rohre hält der Türke grosse Stücke. Rei besondern Feierlichkeiten oder wenn z. B. der Gouverneur am Geburtslage des Sultans die fremden Consuln zu Tische bittet, wird das Diner nach europäischer Sitte servirl, wobei die besteh Weine nicht fehlen und auch von den Muselmanen, die sich selbst den Dispens erlheilen, gern genossen werden. Doch scheint dies nicht die einzige Gelegenheit zu sein, welche die Türken benutzen, um sich den Genuss geistiger Getränke zu erlauben. Zeitweise versammeln sich gegen Abend Freunde, um unter Scherz und Kartenspiel (gewöhnlich halb zwölf, on-bir-boutschuk) Trankopfer zu bringen. In solchen wenn auch seltenen Fällen wird dem aus Zweitschen erzeugten Branntwein der Vorzug gegeben, welcher dann die ganze Gesellschaft sehr bald unzurechnungsfähig macht. Je nach der Stellung der Muselmanen speisen die Frauen mit den Kindern entweder allein, wie es bei Vornehmen geschieht, oder, wo die Dienerschaft fehlt, bedient die Frau oder der Sohn den Gernahl, resp. den Vater. Abendbeschäftigung. An langen und schönen Sommertagen verfügt sich der Muselman nach Tische an einen schattigen, Aussicht gewährenden Punkt ausserhalb des Ortes oder an die Ufer eines Baches, und verbleibt daselbst in dem Anblicke der Natur versunken bis zum Sonnenunlergange, und erst der um diese Zeil erschallende Buf zum Gebet mahnt ihn an die Heimkehr. Die Mehrzahl der Türken, besonders aber Vornehme, die im allgemeinen nicht gern anhaltend gehen, und auch deshalb die Spaziergänge eines Fremden als eine unnütze körperliche Anstrengung befrachten, ziehen es daher immer vor, ihren „Kici'f", welches Wort eigentlich Genuss, Vergnügen, bedeutet, und welches wol am besten mit dem italienischen Worte „Siesta" übersetzt werden könnte, in ihren Divanhanes, d. Ii. dem im ersten Stockwerke gelegenen balkon-arligen Vorbau oder Veranda, zu halten. 1—2 Stunden nach dem Sonnenuntergänge hört aller Verkehr in den Gassen eines Ortes auf, es tritt vollständige Ruhe ein, hier und da begegnet man einem Muselman oder einem Diener, der, eine zusammenzuschiebende cylinderartige Papierlaterne voranhallend, seine ihm schweigend folgende Frau oder seinen Herrn von irgendeiner gesellschaftlichen Unterhaltung nach Hause geleitet. Selten wird ein Wort und dieses dann nur flüsternd gewechselt. Der Gebrauch der Laterne, von den Behörden angeordnet, ist auch in allen Orten Bosniens ein absolut notwendiger, da eine Strassenbeleuchlung noch nirgends existirt und man bei der namenlos schlechten Pflasterung und bei den vorhandenen Löchern und Lachen ohne Leuchte nur einen Beinbruch oder eine Fussverstauchung erfahren könnte. In den grössern Städten wird jeder, der abends oder nachts ohne Laterne auf der Gasse betreten wird, von den streifenden Militärpatrouillen arretirl. Selbst die allerorts sehr zahlreich vorhandenen Hunde sind schon an die beweglichen Lichter so gewöhnt, dass sie jeden ohne Laterne Vorübergehenden anbellen und anfallen, den mit dem Lichte Versehenen aber ruhig seines Weges ziehen lassen. Nachtruhe. Ist endlich die Zeit der Buhe gekommen, so werden aus den — in die Wände eingebauten — grössern Schränken die schafwollenen Matratzen und Polster hervorgesucht, auf den Divan oder auf den Boden ausgebreitet, und die Bewohner des Hauses suchen, jeder in dem ihm angewiesenen Baume, halb, oll auch ganz angekleidet, den Schlummer. Die Lebensweise der Muselmanen aus den hohem Ständen (wiewol eine strenge Standescheidung kaum zulässig ist), gleicht der eben beschriebenen, nur findet man in allem mehr Gomlbrt und in mancher Beziehung, so z. B. hinsichtlich der Kleidung, der Einrichtungs- und der unbedeutenden LuxusgegcnsLände, eine Annäherung an europäische Sitten. Zur Vervollständigung dieser generellen Sittenschilderung füge ich noch hinzu, wie Besuche, besonders von Vornehmem, angenommen und abgegeben werden. Besuche. Der Besuch eines Muselmanen, den dieser einem ihm fasl Gleichgestellten abstattet, wird von dem im Vorzimmer befindlichen Diener angemeldet, und der Besuchende, nachdem er die Pantoffeln oder die Überschuhe an der Schwelle zurückgelassen, ohne viele Ceremonien in das Empfangszimmer, wo sich gewöhnlich der Hausherr aufhält, eingelassen. Nach der Begrüssung, welche darin besteht, dass der Eintretende die Rechte zum Herzen (uralte Sitte, Ehrfurchtsbezeigung), zum Munde und zur Stirn führt, und welches ungefähr die Bedeutung haben mag, dass er den Begrüsslen im Herzen, im Sinne trägt, und dessen fob allenthalben sprechen will, lässt er sich, ohne ein Wort zu äussern, auf den Divan oder das am Boden liegende Kissen nieder. Wir lügen dem Begrüssungsceremoniell noch die Bemerkung hinzu, dass, je höher und einflussreicher die Person ist, die bcgrüssl wird, desto tiefer auch der Bückling und die erste Handhewegung ausgeführt wird, sodass ein Armer oder Rittsteller die Hand bis zum Boden senkt und damit eine Mimik verbindet, als wollte er ausdrücken, dass er die ganze Person an das Herz drücken möchte. Wie überhaupt im Orient bei allen Ceremonien, die bei der Begegnung, bei Besuchen, kurz bei allen Anlässen sich nach der Stellung °der dem Anseilen der in Berührung kommenden Personen richten, das Mehr oder Weniger der zu erweisenden Ehrenbezeigung genau Bestimmt ist und beobachtet wird, so ist auch bei Besuchen ge-W(»hnlich der Brauch angenommen, dass der Höhere oder der Empfangende das Wort zuerst ergreift Eine dislinguirtere Person, etwa ein Bey oder ein höherer Beamter, stattet seine ofticicllen Visiten in Begleitung einiger Personen seiner Umgebung ab, und begibt sich üirimer zu Pferde dahin. Bei Privatbesuchen und überhaupt bei jedem Ausgange unter-lässt es der Türke jedoch nie, den Pfeifenstopfer (Csibukdscbi) mit-Zuuehmcm, der, auf einige Schrille folgend, ein oder mehrere Pfeifenrohre in einem Tuchfuttcrale nachträgt. Beabsichtigt aber ein Fremder, wie z. B. der Consul einer fremden Macht, der etwa erst tags vorher angekommen ist, und der Sitte gemäss vom Gouverneur und den bereits installirten Conculn fremder Mächte durch Entgegensendung der Secretäro begriisst wurde, dem Gouverneur einen Besuch abzustatten, so lässt er vorher anfragen, um welche Stunde es dem betreffenden Herrn genehm wäre, ihn zu empfangen. Dies ist auch bei den obenerwähnten Personen immer die Voreinleilung für jede Besuchsabstattung oder Besuchserwiderung, und ein ganz löblicher, wenn auch ceremoniöser Gebrauch, der die AbstalLung „blinder" Visiten ausschliesst, und jedem die Freiheit und die Zeit lässt, seine Geschäftsangelegenheiten der erhaltenen Besuchsankündigung entsprechend zu ordnen und ein-zutheilen. Zur angegebenen Stunde verfügt sich der Besuchende in Gesellschaft eines Dragomans (Dolmetsch) oder auch des ganzen Con-sulatspersonals und unter Vorritt der Cavassen (Bogenschützen) zu Pferde oder zu Wagen nach der Wohnung desselben, wo mittlerweile die Flagge gehisst wurde. Die Flaggen des Gouverneurs und der Consuln bleiben in der Bogel nur an dem ersten Tage der Ankunft eines fremden Gonsuls sowie während der Dauer der ersten Visite gehisst, während in der Folge die Erwiderung sowie jeder Besuch des Gouverneurs bei einem Consul durch das Hissen derselben auf die Dauer seiner Anwesenheit geehrt wird. Der Empfang und die Begrüssung der ebengenannten Personen geschieht durch das Reichen der Rechte nach europäischer Sitte; der Gast nimmt sodann den Ehrenplatz ein, der immer zur Linken des Hausherrn und in einer Ecke des Zimmers auf dem sogenannten Minder (Kissen) angeboten und eingenommen wird. In allen Fällen wird Csibuk, Kaffee und Dulczass mit Wasser gereicht. Die Verabschiedung geschieht ebenfalls in der obenerwähnten Art. Nur wenn der Muselman dem Muselman den Besuch macht, erhebt er sich schweigend, grüsst in seiner Art, welcher Gruss ihm ähnlich erwidert wird, schlüpft in seine Schuhe und zieht still und anspruchslos von danncn. Als Eigentümlichkeit verdient noch erwähnt zu werden, dass der Niedere bei Begegnung eines hoher Gestellten auf der Gasse jedesmal dessen Gruss (sich gegen ihn wendend und stehend) zuerst erwartet und sodann erst die Begrüssung erwidert. Gleichgestellte rufen sich im Vorübergehen verschieden lautende Bcgrüssungsformeln zu. Oeffentliche Belustigungen und Schauspiele sind in Bosnien sehr wenig, fast gar nicht gekannt. Manchmal ereignet es sich wol, dass eine wandernde Akrobalengcscllschafl in irgendeinem Locale, gewöhnlich aber im Freien, ihre Produetioncn gibt. Haben diese Künstler einiges Benommec erlangt, so werden sie von einem oder dem andern der Grossen der Stadt citirt, worauf dieselben die erforderlichen Pfähle zur Anbringung der Trapeze und Ringe in der Mitte der Gasse aufrichten, und ihre Kunstfertigkeit vor dem Hause des beireffenden Beys zeigen, der mit seinen Frauen hinter den vergitterten Fenstern die Künstler anstaunt, und auf diese Weise auch dem sich sammelnden Volke eine Gratis Vorstellung verschafft. Ausser derartigen Spectakeln hat in Bosnien nur noch das Marionettentheater Eingang gefunden, das jedoch hinter einer Leinwand oder hinler mit Oel getränktem Papier als eine Art Schattenspiel vorgeführt wird, unter dem Namen „Kara Jus" (das schwarze Gesicht) bekannt ist, und sich trotz des meist obseönen Sujets oder gerade deshalb, grosser Theilnahme von jung und alt des selbstverständlich nur männlichen Publikums erfreut. Illuminationen. Als öflentliche Belustigungen können auch die allgemeinen Illuminationen einer Sladl angesehen werden, da diese die Bevölkerung aus dem Alltagsleben rütteln, sie fröhlicher stimmen und beweglicher machen. Die Illuminationen an Religionsfestlagen beschränken sich auf die Beleuchtung der Moschcegalerien, d. h. des zum Gebetruf erbauten Minaretsrundgangs, mitteis 2 oder 3 Reihen Lampen. Am Jahrestage der Thronbesteigung des Sultans (Dschulussi humajum) werden, nachdem am Tage die officiellcn Gratulationen durch den höchsten Würdenträger entgegengenommen, und zu allen Gebclzeitcn Kanoncnsalven gelöst wurden, des Abends die Thore des Regierungsgcbäutles mittels Lampen, dann die Kaufhallen und Bu-tiken mittels Flambeaux erleuchtet, wobei die Vorhallen mit bunten Seidenstoffen ausgelegt werden. Die grossen gedeckten Kaufhallen werden im Innern zellartig drapirt. Es ist Sitte, dass der Gouverneur oder der erste Würdenträger der Stadt die Gassen durchgeht, und sich sowol bei türkischen als auch bei christlichen Kaufleuten auf den schon hergerichleten Kissen während einiger Minuten niederlässt, um dadurch den Kaufmannsstand zu ehren. Hier und da wird ein Kunslfeuerwerk primitivster Gattung auf Begierungskosten abgebrannt, ausserhalb der Stadt und in den Vorstädten aus Handfeuerwaffen geschossen. Männer und Weiber, jung und alt durchströmen sodann die Gassen. Die Fensler der Däuser werden nur in geringer Zahl erleuchtet, da einesteils die Erleuchtung der aus Holz gebauten Häuser wegen Feuersgefahr unzulässig wäre, andererseits aber die Armulh bei dem grössten Theile der Bevölkerung so gross ist, dass dieselbe die Kosten auch für die ärmlichste Beleuchtung nicht erschwingen könnte. 3. Moralischer Zustand. Jede angesehenere muselmanische Familie in Bosnien hält einen das Hauswesen leitenden Sachwaller, den sogenannten Kjahja, der für alle Bedürfnisse der Familie sorgt, die Einnahmen empfängt, Ausgaben bestreitet, die gewöhnlich weit über den Bedarf vorhandene Dienerschaft überwacht, und einen grossen Einfluss auf alle Angelegenheiten, welche die Interessen der Familie berühren, ausübt. Sein Einfluss wächst mil dem Ansehen der Familie und verdoppelt sich bei einem Beamten, da sodann sein Bali) selbst in administra- llven Angelegenheiten des Bezirks gehört wird. Er darf von keinem Bittsteller übergangen werden. In unbemittelten Familien besorgt der Mann die auswärtigen Angelegenheiten, die Frau jene im Hause. Die Frauen sind im allgemeinen sehr arbeitsam und flcissig. In jeder, selbst sehr zahlreichen, Familie steht dem Aclteslen die Leitung aller Angelegenheiten zu. Der Muselman, bis auf wenige und seltene Ausnahmen, ist sittenstreng und nüchtern, da er wenig Bedürfnisse kennt, einfach in seiner Lebensweise, ferner gastfreundlich, aber mitunter roh und meistens sehr unwissend ist. Den äussern Anstand trachtet er immer zu wahren, auch weiss er im Benehmen den Anforderungen einer hohem Stellung leicht zu genügen, sobald ihn Glück und günstige Umstände aus untergeordneten Sphären zu dieser emporhoben. Wiewol der bosnische Mohammedaner noch immer gegen den Fremden einen herausfordernden Stolz, Eigendünkel und eine Art Verachtung zeigt, so hat ihn doch die Berührung mit christlichen „Europäern", wie daselbst Fremde genannt werden, und mit deren Sitten, von manchem Vorurthcil befreit Den christlichen Bosnier, besonders den Landmann, zeichnet Religiosität, Geduld, Enthaltsamkeit und Fügsamkeit im hohen Grade aus. Der auf ihn übergegangene Fatalismus der Mohammedaner frostet auch ihn in allen seinen Lagen. 4. Häuserbau. Zum Baue der Häuser wird in Bosnien und der Herzegovinä, wie schon berührt wurde, hauptsächlich dasjenige Material verwendet, Welches an Ort und Stelle vorhanden ist. So findet man in Bosnien aus Holz und Lehm, in der Herzegovinä grösstentheils aus rohen Steinen aufgeführte Häuser, die sich der Landbewohner selbst erbaut. Der Städter und der Bemittelte bedient sich hierzu der Zimmerleute und Maurer. Das Bauholz wird in den nächsten Waldungen gefällt, und oft von 2—3000 Fuss hohen Borgen mit grosser Mühe über pfadlose Abhänge durch Ochsen herabgeschleift. Die Bauart der Däuser ist höchst einfach und primitiv. Ist das Baumaterial, wozu nebst dem Stammholz Breier, Luftziegel, Sand, Erde und etwas Kalk gehören, zur Stelle, so wird der Boden etwas geebnet, die Balken als Eckpfeiler in den Boden eingerammt, durch Horizontalbalken in Art der Biegelwände verbunden und die leeren Räume (ohne Grundbau) mit Luftziegeln, und nach einer Ziegellage von je 2 Fuss Höhe mit horizontal eingelegten Zwischcnbalken ausgefüllt. Die Zwischenwände bestehen oft aus schlecht aneinandergereihten Bretern, die durch schief darauf genagelte Latten verbunden werden, und dazu dienen, den Mörtelanwurf zu erhallen. Die Bedachung besieht gewöhnlich aus roh gezimmerten, grossen Schindeln. Fenster und Thürstöcke sind selbst an den grössten und schönsten Häusern selten in den Dimensionen gleich und genau vertical gestellt. Die Fenster und Thüren müssen gewöhnlich für jede Thüröffnung speciell angepasst und angefertigt werden, da diese fast immer ein verschobenes Viereck bilden. Das Ganze wird mit Kalk überworfen und getüncht, und erhält dadurch ein ziemlich gefälliges Aussehen. In der Herzegovinä findet man bei dem Holzmangel grösstentheils nur aus rohen Klaubsteinen aufgeführte Häuser, deren Bedachung Steinplatten bilden. Die meisten Häuser in den Städten (Konaks genannt) und selbst auf dem Lande, ebenso alle Wirthshäuscr (Hans) sind einstöckig. Die Einteilung des Hauses ist verschieden. In einem mittelgrossen Hause findet man gewöhnlich rechts und links des Eingangs oder des Hausthores auf beiden Seiten der Hausflur ein oder zwei Zimmer, welche von der Dienerschaft bewohnt werden. Im ersten Stockwerke befindet sich über dem Eingange und, wenn das Haus den Frauen als Wohnung dient, an der entgegengesetzten, gewöhnlich der Gartenseile, die sogenannte Divanhane, die zumeist mit einem feinen llolzgiller umschlossen ist, welches wol die Aussicht, jedoch nicht den Einblick gestattet, geöffnet werden kann, und das Erholungsplätzchen des Muselmanen bildet. An die Divanhane reihen sich 2—4 Zimmer an, deren Lage verschieden, doch immer symmetrisch angeordnet ist. Die Stiegen sind durehgehends von Holz. Ebenso sind die Fussböden der bessern Häuser mit Dretcrn belegt, während man auf dem Lande und in den Hans oft nur festgestampfte Erde als Zimmerboden findet. Jedes Fenster eines von einem Mohammedaner oder Juden bewohnten Hauses ist mit einem über die äussere Wandseite hinausragenden hölzernen Gifler versehen, dessen V2 Zoll dicke dreiseifige Stäbe sich in der Diagonale des Fensters derart, kreuzen, dass sie ungefähr */a Zoll weile Gifteröffnungen bilden. Nur die Fenster öffentlicher, dann von Fremden und einigen griechischen Kaufleuten bewohnter Gebäude in Serajevo sind nicht vergittert, Jedes Haus, es läge denn inmitten des Häusorlabyrmlhs einer Stadl, ist mit einem Garten umgeben. Reichere Familien bauen gewöhnlich, gesondert von dem gegen die Gassenseile gelegenen, vom Hausherrn selbst bewohnten und zum Empfange der Gäste bestimmten Hause, ein zweites Häuschen im Garten selbst, welches dem weiblichen Hauspersonale als Wohnung dient, den eigentlichen Harem bildet, und fast immer durch einen gedeckten Gang mit dem erslgenannlen Hause in. Verbindung steht. Die letzterwähnten Häuser, sowie jene der griechischen Kaufleute, werden stets sehr reinlich gehalten, fast ununterbrochen gescheuert, und siechen auflallend gegen diejenigen ab, die den Aufenthalt der Muselmanen lagsüber bilden, und welchen man grosse Reinlichkeit n,chl nachrül imen kann. Rei Erbauung eines Hauses übernimmt der Bauherr gleichzeitig d'e Verpflichtung, den Hau derart anzuordnen und durchführen zu 'asson, dass er nicht durch ein oder das andere Feinster den Ein-in den Garten oder Hof des Nachbars erhalte, da er sonst «lesen und dessen Frauen belästigen könnte. Auf des Nachbars Beschwerde würde er gezwungen werden, die Fenster zu vermauern oder eine mehrere Klafter hohe Yorwand aufzuführen. 5. Zimmereinrichtung. In manchen Häusern werden schon bei dem Haue derselben rings an den Wänden der Zimmer 1 Fuss hohe, 3—4 Fuss breite Estraden (wie Auftritte vor hohen Fenslern) von Holz gelegt, welche als Schlafstellen dienen oder die Grundlage der Divans bilden. Wo diese nicht angebracht sind, werden gleichartige Ilolzgeslelle in beliebiger Länge, in den Ecken gerundet, errichtet, auf diese ein mit Stroh gefüllter, durchnShter Sack oder eine mil Schafwolle gefüllte Matratze gelegt, mit einem farbigen, damastenen Stoffe, oft auch nur mit Perkai bedeckt, mit ungefähr 3 Fuss langen aneinandergereihten Rückenpolstern versehen, und auf diese Art das Universalmöbel hergestellt, welches mil dem den Hoden deckenden Teppich, bei ärmern Familien der Rohrmatte, eigentlich die ganze Zimmereinrichtung bildet. In irgendeine Ecke des Zimmers wird auf den Divan ein grosses Kissen (Minder) gelegt, welches die Stelle des Ehrensitzes andeutet. Die gebräuchlichsten Teppiche, welche man in den Häusern des Mittelstandes findet, werden in Rumelien erzeugt, enthalten oft IG Flächenklafter, sind gewirkt, sehr dauerhaft, in allen Farben, mit vorherrschend blauem Grundton, haben jedoch ungefällige Zeichnung. Schöner sind die wolligen, fast % Zoll dicken persischen und smyrnaer Teppiche, die man aber der Kostspieligkeit wegen nur in den Häusern der Vornehmen findet. In dem Empfangs- oder Begrüssungszimmer (Salamlik) der Würdenträger, die schon in vielen Hingen dem europäischen Ge-schmacke huldigen, erblickt man, an die Divans gereiht, FauteuilS, Kanapees und hin und wieder^ ein kleines Tischchen, worauf gewöhnlich Schreibutensilien liegen. Denkt man sich noch rolhe und blaue Fenstervorhänge hinzu, so hat man das Bild eines nach dortigen Begriffen schon luxuriös ausgestalteten Zimmers. Fig. ü. Türkischer Kaufmann. Mit der Armulh des mohammedanischen Hausbesitzers hält auch der Luxus der Ifauseiiirichlung gleichen Schrill, sodass man z. B. bei einem Landbewohner oder bei einem Chandschi (Handzia, Wirih; ia der vor Jahren getünchten Stube fast nur eine Rohrmatte mit ''''lern sehr abgenutzten, durchlöcherten Kissen und, wenn es hoch ''ergeht, eine zolldicke uralle Matratze als „lebende" Schlafstelle und a's gesammle Zimmereinrichtung findet. G. Tracht der Männer und Frauen. Es würde uns wol zu weil führen, eine genaue Schilderung aller in Bosnien vorkommenden Trachten der Muselmanen zu entwerfen. Fig. 7. Ein Gavass. Mit Ausnahme der von den Albariesen stammenden Arnauten, die in der Gegend Novihazars vorkommen und deren Tracht aus dem Seite 155 gegebenen Gilde zu ersehen ist, gleicht die Kleidung in Schnitt und Farbe mehr oder weniger jener der Türken, und ist aus Beschreibungen und Abbildungen ziemlich bekannt. Da ich jedoch durch einen reisenden Photographen in den Besitz einiger Originalbilder gelangt bin, wovon das eine einen Turban tragenden mohammedanischen Kaufmann, das andere einen Cavassen (Bogenschützen oder Leibgardislen) eines in Serajevo residirenden Gonsuls darstclll, und die Tracht heider so ziemlich jene der besitzenden, arbeitenden oder handelnden und der dienenden Klasse ohne besondere Unterscheidung zeigl, so ziehe ich einer dclaillirlen Beschreibung die Abbildung vor, und füge die Copie der Photographien im Holzschnitte bei. Unler dem Fess trägt jeder ein gestricktes, wie eine Nachthaube aussehendes Käppchen, um das geschorene Haupt wärmer zu ballen. Gas um den Fess geschlungene Tuch (Turbangewinde, Sarik) sowie die Leibbinde (Kuschak) ist vielfarbig, die Weste oder eigentlich das Leibchen gewöhnlich von gestreiftem Seidenstoff. Die Stoffe des kurzen Ueberrocks bestehen vorzugsweise aus hochrolhem Tuche. Je nach dem Reichthum oder der Phantasie des Individuums (er sei nun ßey, Aga, Effendi u. s. wr.) ist der Oberrock mehr oder weniger mit Goldborden und Schnüren verziert. Das Beinkleid ist unter den Hüffen weit, an den Knien enge, und rückwärts am Gesäss mit einein in eine Spitze endigenden, oft runden, sackartigen, 1 Fuss langen Zusatz versehen, um das Niedersetzen auf die Fersen zu erleichtern. Gamaschen und Beschuhung sind aus dem Bilde ersichtlich. Im Wmler wird über diese Kleider der Kaflan (ein bis an die Knöchel reichender Pelz) oder bei der armem und dienenden Klasse eine Art kurzer Mantel sammt Kapuze von sehr starkem, dunkel« rolhcm, lodenartigem Stoffe übergeworfen. Zu Hause oder im Laden fragt der Muselman im Leibbunde eine Kohlenzange, deren Griff, off, schön gearbeitet, ganz das Aussehen eines Dolchgriffs hat. Ausserhalb des Dauses und auf Reisen trägt, er über der Leibbinde noch einen ledernen Gürtel, in welchen der Muselman ein paar reich mit Silber und Perlmutter ausgelegte Sleinschlosspislolen, einen Handschar, ein kleines Messer und eine Feuerzange steckt, und zur Vervollständigung dieses am Körper befindlichen Arsenals eine ebenfalls sehr schön gearbeitete lange albanesisclie Steinschlossflintc (Djeferdar) vermittels eines Riemens über Schuller und Rücken schwingt. H-OSKIEWlCZ. 18 Um schöne Feuer- und Handwaffen zu besitzen, bringt der Bosnier jedes Opfer. In Kapselgewchrc und Kapselpislolcn setzt er kein Vertrauen, und nur ein Revolver zwingt ihm einige Achtung ab. Fig. 8. Ein türkischer Beamter, Die Kleidung der Beamten nähert sich, wie die Abbildung Fig. 8 zeigt, im Schnitte und im Stoffe (schwarzes Tuch) der sogenannten fränkischen Tracht. Das Haar tragen dieselben kurz geschoren, wodurch das früher erwähnte gewirkte Kappchen überflüssig wird. Den Vollbart darf von Hechts wegen nur derjenige Beamte tragen, der den Grad eines Pascha (Generals) besitzt. Diese Vorschrift wird jedoch nicht slreng eingehallen, da man oft Beamte sieht, die glatt rasirt sein sollten, und doch den üppigsten Vollbart tragen. Die Uniform, die von den Beamten am Bajrams- und sonstigen Festlagen sowie bei officicllen Gelegenheiten gelragen wird, gleicht im Schnitte der aus dem Bilde ersichtlichen Kleidung, nur sind Fig. 9. Ein griechisches Mädchen. Sodann je nach dem Range und der Charge, die der Betreffende einnimmt, der Kragen, die Aermel und die vordem Brustlhcilc des Bocks mehr oder weniger reich mit goldgestickten Arabesken verziert. Die Tracht der griechischen Kaufleutc ist in allen Ländern gleich, daher bekannt; ich füge hier nur, Fig. 9, die Abbildung der Tracht eines griechischen Mädchens aus dem Kaufmannsstande bei. 18* r Die Tracht der Juden gieiehl jener der armenischen Handelsleute; die Tracht der jüdischen Frauen hat einige Aehnlichkeit mit jener der mohammedanischen Frauen; der Ueberwurf derselben ist aber gewöhnlich von krapp- oder dunkelrother Farbe. Der Zigeuner endlich kleidet sich, gleichwie dessen Weib, nach muselmanischem Muster. Da man die türkischen Frauen in der Hauslracht nur seifen, und* das nur flüchtig und höchstens in einem Garten zu Gesichte bekommt, so ist auch deren Hauskleidung etwas schwieriger zu beschreiben. Gewöhnlich tragen sie über einem Hemde von feinem, fast durchsichtigem Stoffe Sammt- oder Tuchjacken, die, reich betresst, die Düste sehr vortheilhaft hervortreten lassen; ferner vielfarbige seidene oder blos leinene, sehr weite Beinkleider, die sogenannten Schalvars, die unten am Fussknöchel geschlossen werden. Im Strumpfe sind verschiedene, farbige Figuren eingestrickt. Der Fuss selbst endlich steckt in zierlichen, mit Gold oder Silber gestickten Sammt« oder Lederpantofl'eln (Tschipschip). Das Haar, nach Boscnöl duftend, sollte kurz geschnitten sein, wird jedoch meistens in zahlreichen, mit Goldfäden, oft mit Perlenschnuren durchzogenen Flechten getragen und mit einem reichgezierfen Fez bedeckt. Um ihre Beize zu erhöhen, pflegen sich die türkischen Frauen die Augenbrauen schwarz zu färben, und auf die stark mit Henna geschminkten Wangen oder auf das Kinn ein Schönheitspflästerchen aufzukleben. Die Nägel an den Händen sowie diese selbst werden gewöhnlich rosenroth gefärbt. Die Anwendung aller dieser Schönheitsmittel beeinträchtigt sehr die Schönheit der gewöhnlich von Natur reich mit Beizen ausgestatteten Frauen. Wohlbeleibte Mädchen und Frauen zählen in Bosnien zu den -Schönheiten. Wie aus der Abbildung Fig. 10 zu erschon ist, erscheint eine Frau in wesentlich geänderter Kleidung, sobald sie die Schwelle des Hauses verlässt. Don ganzen Körper deckt ein bis an die Knöchel reichender, mit Aermeln versehener Mantel, der gewöhnlich von dunkelgrünem, schwarzein oder dunkclviolellem Tuche gefertigt ist, manchmal weit und sackartig oder auch an den Hüften anliegend getragen, und vorn vom Halse abwärts über der Brust mittels kleiner gleichfarbiger Knöpfe geschlossen wird. Fig. 10. Originalentwurf einer mohammedanischen Bosnierin der untern Stände. Der unlere Thcil des Gesichts bis zum Auge sowie der Hals und das Hinterhaupt wird mit einem kleinem, das Oberhaupt, wie die Figur zeigt, mit einem grossen weissen Tuche (Jaschmak) bedeckt, welches über die Schultern bis an die Hüften fällt. Diese beiden Tücher, wovon das obere schirmartig vorgezogen wird, bilden vor dem Auge einen schmalen Zwischenraum. Nur bei hoch erhobenem Kopfe ist die vermummte Dame im Stande, in die Entfernung zu blicken, und bei nur massiger Neigung des Kopfes erblickt der Vorübergehende nicht einmal das Auge. Die Füsse stecken in weichen Ilalbstiefcln von gelbem Schafleder. Da die wenigsten aus den untern Ständen sich der Handschuhe bedienen, die Hände aber nicht sichtbar werden lassen dürfen, so stecken sie diese in die vorn am Mantel angebrachten Taschen. Fig. 11. Eine Türkin aus vornehmem Stande. Die ganze Erscheinung ist nicht geeignet, auf den Fremden einen vortheil haften Eindruck zu machen. Die Vermummung, der schwere schleppende Gang, wozu die Stiefeln das Ihrige beitragen, das unverwandte Niederblicken, alles dies ruft dem Fremden stets den Ort seines Aufenthalts ins Gedächlniss. Die Frauen der vor- nehmen und reichen Muselmanen (siehe Abbildung Fig. 11) verhüllen den Kopf nur mit einem sehr leichten und durchsichtigen Stoffe (Jaschmak) Batlist oder Florslolf, immerhin aber derart, dass die Gesichtszüge nur schwer zu sehen sind. Der Schnitt des Ueberwurfs (Fcridschis), der gewöhnlich im Sommer aus violettem, braunem, oft auch rosenrothem Orleans, im Winter aus Tuch besteht, da Seide öffentlich nicht getragen werden darf, ist, wie das Bild zeigt, verschieden von dem früher beschriebenen, indem statt des grossen weissen Uebertuches ein viereckiger Kragen von gleichem Stolle hinzugefügt wird. Glacehandschuhe bedecken die Hände, die Füsse stecken in zierlichen Schnürstiefelelten. Viertes Kapitel. Die Administration des Landes. Die Lande befindlichen Consulate. I. Politische Eintheilung'. Die Kreis- und Districtsgrenzen des Landes wurden meist nach natürlichen geographischen Grenz- oder Scheidelinien bestimmt, mitunter aber auch willkürlich und dabei so ungünstig festgestellt, dass dadurch die Verwaltung des Landes erschwert ist. So z. B. gehört, wie aus der nachfolgenden Tabelle zu ersehen ist» der Bezirk von Foca, der an dem nordöstlichen Fusse der hohen und unwegsamen Trescovica und Lelia-Planina liegt, zur Herzegovinä, der Bezirk von Livno aber zu Bosnien u. s. w. Bosnien. Sandschak-Kaimakamats- oder Kreisbehörden. (Der Vorsteher Kai-^akam genannt). Kaza od. Mudirluks, Districts-behörden. (Der Vorsteher Mudir gen.) Nahie, Gemeinde. (DerVorsteher Zabit genannt.) Bosna -Saraj. 1. Serajevo. — 2. Fojnica und Busovaca mit Kresevo. — 3. Neretva. — 4. Visoka mit Vares. — 5. Rogatica. mit Tschelebibazar. Travnik. 6. Travnik. — 7. Livno mit Graovo. — 8. Glamoe. — 9. Rama (Hauptort Prozor). TT 10. Zenica. — 11. Skoplje Akhissar. — 12. Gölhissar. — 13. Jajce mit Vazzar Vakuf. Sandschak- Kaimakamats - oder Kaza od. Mudirluks, Districts- Nahie, Gemeinde. Kreisbehörden. behörden. (Der Vorsteher Zabit (Der Vorsteher Kai- (Der Vorsteher Mudir gen.) genannt.) makam genannt.) Banjaluka. 14. Banjaluka mit Pernjavor und KobaS. — 15. Derbend mit Brood. 16. Tesanj mit Zebse u. Doboi. — 17. Gradiska. Bihac. 18. Bihac. — 19. Novosel, Kulen-Vakuf mit Petrovac u.Unac. 20. Cazin, Ostrozac. — 21. Kruppa mit Buzim. — 22. Stari-Majdan. — 23. Prjedor. — 24. Kozarac. — 25. Dubica. — 26. Kljuc. — 27. Novi. Zvornik. 28. Unter-Tuzla. — 29. Ober-Tuzla. — 30. Gradeanica. — 31. Gradacac mit Modric. — 32. Beröka. — 33. Bjelina mit Janja. _ 34. 35. Zvornik. Birce mit Nova-Kasaba. — 36. Srebernica. — 37. Kladanj mit Olovo. — 38. Maglaj. Novi - Bazar. 39. Novi-Bazar mit Mitrovica und Visegrad. Banjska. — 40. — 41. Sjenica (Regier.-Sitz). — 42. Akova, Bjelopolje mit Bihor. — 43. Tergoviscc mit Rozai. — 44. Nova-Varos. Herz; Pgovin a. Sandschak- Kaimakamats- oder Kaza od. Mudirluks, Districts- Nahie, Gemeinde. Kreisbehörden. behürdcn. (DerVorsteher Zabit (Der Vorsteher Kai- (Der Vorsteher Mudir gen.) genannt.) makam genannt.) Mostar. 1. Mostar mit Blagai. — . 2. Duvno. — 3. LjubuSka. — 4. Konjica. — 5. Pocitelj. — 6. Stolac. — 7. FöSa. — 8. Gafko. — 9. Bilec (oder Bilek). — 10. Niksic. Trebinje. 11. Trebinje. — 12. Ljübinje. — 13. Korjanic. Taslidzie. 14. Taslidzie. —i 15. Kolasin. — IG. Priepolje. Aus der beigefügten Karle sind nur die Grenzen der Ejalets (Sl ötthalterschaften) ersichtlich, da die Grenzen der einzelnen Kaima-^''"nate, besonders aber jene der Kazas, nicht genau zu ermitteln waren. Centraibehörde. An der Spitze der Verwaltung steht der Ve/ier oder V.ili Paselia (Gouverneur), der einen Jahrcsgehalt von fast 60000 Fl. bezieht, {|;,v,,n jedoch einen bedeutenden llausstaat erhalten, und nebst dem 'Ts||,n Privafbeamlen (Cehaja, auch Kjaja oder Geschäftsträger) eine ^"ossc Zahl von llofchargen erhallen muss, wozu Leibwächter, Thür-sleher, Aufseher der Harems, KalTeesieder, Pfeifenstopfer, Wäsche-,1,Jd Waflenhüter, Stallbedienslete etc. gehören. Der Gouverneur der Provinz ist zugleich auch Kainiakam des Sandschakats oder Kreises Serajevo. Für alle Administrativ- und Justizangclogenheitcn'ist ihm der Landcsfinanzdireelor (Muhaszebedsehi) an die Seite gestellt. Dieser ist in Abwesenheit des Gouverneurs dessen Stellvertreter und bezieht einen Jahresgchalt von ungefähr 20000 Fl. Der von der Regierung ernannte Gencralsleuer- und Zolleinnehmer für Bosnien und die Herzegovinä ist dem Gouverneur nur mittelbar unterstellt und ziemlich selbständig, da er direct vom Finanzministerium die Befehle erhält. Er bezieht einen monatlichen Gehalt von 7500 Piastern oder 9000 Fl. jährlich. Ausser den ebengenannten Personen sind dem Gouverneur für die geistlichen Angelegenheiten der Moliah (Oberrichter), für die kirchlichen Angelegenheiten der griechisch-nichtunirten Kirche der Metropolit (Yladika; zu Serajevo, ferner der römisch-katholische Pfarrer dieser Stadt, und.zur Vollziehung aller Anordnungen der Comman-danl der Gensdarmerie zugewiesen. Das Kanzleipersonal des Gouverneurs besteht aus einigen Secre-lären, Kanzlisten und Schreibern (Kjatibs), deren einzige wissenschaftliche Bildung nur in philologischen Kenntnissen besteht. Der Pascha oder Stallhalter des ncucrcirlcn Paschaliks von Sjenica und Novi-Bazar ist in jeder Beziehung dem Gouverneur von Bosnien untergestellt. Das Ejalet (Statthalterschaft) der Herzegovinä war bis zum Jahre 1832 Bosnien einverleibt, wurde nach Unterdrückung des zu dieser Zeit erfolgten Aufstandes dem Ali Pascha Risvan Begovic als Belohnung für hierbei geleistete Dienste verliehen, und ist seitdem im Besitze einer eigenen Administration geblieben. Der Statthalter der Herzegovinä untersteht nur in denjenigen Angelegenheiten dem Gouverneur Bosniens, welche politisch-administrativ die Wohlfahrt beider Provinzen betreffen. *) ]) In neuester Zeit taucht die Nachricht auf, dass die türkische Regierung die Statthalterschaft der Herzegovinä — zu Mostar — aufzulassen, das Ejalet mit Bosnien zu vereinigen, zu Mostar und Trebinje Kaimakame einzusetzen, somit Bosnien die Herzegovinä und Rascieo (oder den District von Novi-Bazar) unter dem Namen eines „Vijalets" zu einer einzigen Generalstatthaltcrschaft zu vereinigen beabsichtigt. Die Slatlhalterci sowie überhaupt alle höhern politischen Amtsposten werden nicht mehr wie früher ausschliesslich durch Eingeborene besetzt, sondern können seit der Unterdrückung des letzten Aufslandes (1850) von der Pforte auch an Personen, die aus andern Provinzen stammen, verliehen werden. Die ganze richterliche, politische, kurz die politisch-administrative Gewalt ruht aber in den Händen der Mohammedaner. Kreisvorsteher. Ein Kaimakam (Kreisvorsteher) hat gewöhnlich den Rang eines Pascha, einen jährlichen Gehalt von fast 20000 Fl, freie Wohnung in dem aus Staatsmitteln erbauten Begicnmgsgcbäude (Kapia), und besitzt einen sehr ausgedehnten Wirkungskreis, der mit der Entfernung vom Sitze der Provin/Jalregierung sowie mit Zunahme der Communicationsschwierigkeilen wächst. Gewöhnlieh verdanken Beamte (mit Ausnahme jener bei der Central Verwaltung, wo die bessern und intelligenten» Kräfte in Verwendung stehen) ihre Stellung dem Ansehen ihrer Familie oder ihrem Reichthume, seltener den erworbenen administrativen Kenntnissen, und fast nie — einer gründlichen wissenschaftlichen Bildung. Distrietsvorsteher. Die Mudirc, eine Art Dislrictsvorsteher, bisher von dem jeweiligen Gouverneur der Provinz erwählt, werden in jüngster Zeit von der hohen Pforte auf Vorschlag des Statthalters ernannt. Auch bei diesen Beamten entscheiden selten Verdienst und Wis-s°n, sondern meist Factoren sehr beklagenswerlher Natur die Wahl. Ihre ganze wissenschaftliche Bildung beschränkt sich auf einige Kenntniss der türkischen Sprache, die sie manchmal nur lesen, aber ulcht schreiben können. Der Gehalt eines Mudirs variirt je nach der Grösse des Bezirks tischen 1500—3000 Fl. Gemeindevorsteher. Der Zabit oder Vorsteher einer Nahie ist ein ganz untergeordnetes politisches Organ eines ganz kleinen Dislricts, einer Gemeinde oder eines Ortes, im letztern Falle gewöhnlich in demselben Orte ansässig, und den an ihn gestellten geringen Anforderungen gemäss mit eng gezogenem Wirkungskreise ausgestattet. Die Nahien zerfallen weiter noch in Dschemalc (Kirchsprengel) und diese in Stadtviertel, schlechthin Viertel. Jedes Dschemat hat einen Imam, jedes Viertel einen Mahalebaschi, auch Chodschabaschi genannt, an der Spitze, welcher im Lande Knes heisst. Alle Angelegenheiten, die auf das Wohl der Gemeinde, auf die öffentlichen Arbeilen oder Unternehmungen etc. Bezug haben, werden durch den Medschliss in Anregung gebracht. Da ein grosser Theil der politischen Beamten aus andern Provinzen stammt (Q-smanlis), ihre Verwaltung (aus Besorgniss, dass sie grossen Einfluss gewinnen und denselben gegen die Begierimg kehren könnten) oft nur von kurzer Dauer ist, und bei mangelhafter Verwaltung nicht deren Pensionirung, sondern einfach deren Entlassung erfolgt, da ferner die niedern Beamten verhällnissmässig schlecht bezahlt werden, so sind sie natürlicherweise auch weniger um die Wohlfahrt des Dislricts, als vielmehr für ihre eigene Wohlfahrt besorgt, und daher der Bestechung leicht zugänglich, welche das Einkommen vermehren und die bösen der Enthebung folgenden Jahre erlragen helfen soll. Der grosse Verwaltungsrath (Medschlissi-kebir). Alle wichtigen Administralivangclcgcnhciten des Landes werden durch den grossen Verwaltungsrath (Medschlissi-kebir) entschieden, welcher unter dem Präsidium des Gouverneurs aus den obengenannten Amtsorganen und einigen vornehmen Eingeborenen und Kaufleuten besteht. Der grosse Verwaltungsrath ist auch die dritte Instanz in Justiz-angelegcnhcitcn, die nicht rein geistlicher Natur sind, und enlscheidel ebenso wie die weiter unten genannten Körperschaften alle ihnen compelenzmässig zukommenden judiciellen Fragen nach dem Straf-und Polizeigesetzbuche Sultan Suleiman's und Sultan Selim's III., welche übrigens, namentlich in Bezug auf Geldstrafen, wesentlich modificirt in Anwendung stehen dürften. Nebstdcm besteht bei der Cenlralleitung: Das Mehkemeh oder das geistliche Gericht. Dasselbe ist unter dem Präsidium des Moliah aus mohammedanischen Mitgliedern zusammengesetzt. Nach dem Korangeselze sind hier nur die Muselmanen als Zeugen zulässig. Das Gericht füllt das Urtheil in Glaubenssachen und bei Grimi-nalverbrechen, im letztem Falle bis zur Erkennung der Todesstrafe, oder wenn z. ß. bei einem Morde die Verwandten des Erschlagenen sich mit einem Blulgclde zufriedenstellen, auf den Erlag desselben bis zur Höhe von 30000 Piastern (ungefähr 3000 Fl.), obvvol nach dem Gesetze Sultan Mohammeds II. das Sühngeld für Todlschlag auf blos 3000 Asper — 300 Fl. festgestellt worden war. Tahkik-Medschlissi, das weltliche TJntersuchungsgericht. Dieses besteht ebenfalls aus einigen Mitgliedern der Geistlichkeit, einigen angesehenen Eingeborenen, und seil dem Jahre 1854 aus 1—2 Mitgliedern, Nicht-Mohammedanern, die dem Kaufmannsslande angehören, oder die der besitzenden Klasse aus der katholischen, griechischen oder jüdischen Glaubensparlei entnommen werden. Das Strafausmass reicht bei kleinen Vergehen von einigen Piastern oder kurzer Haft bis zu 7 und 15 Jahren Kerker (bei einem Mordfalle). Ich glaube, dass hier die Verurthcilung eines Individuums zum T°de nicht ausgesprochen werden kann (noch viel weniger vollzogen werden darf), sondern dass immer erst das Gutachten des geistlichen Gerichts und die Bestätigung des Gouverneurs, oft auch die des ^slizminisleriums oder des Grosveziers, und bei Todcsurtheilen die Sanciion des Sultans eingeholt werden muss. R0.iKlE\VICZ. 19 Nach dem Strafgesetze Suleiman's sind, mit Ausnahme der Einbrecher, die gehangen wurden, für alle möglichen Dicbstahlsahstu- i hingen unbedeutende Geldstrafen, ebenso für jeden Trunk Wein, nur 1 Asper (1 Kr.) als Strafe bestimmt. Im allgemeinen verlangt das mohammedanische Strafgesetz gleiche oder ähnliche Strafe für gleiches oder ähnliches Vergehen oder Verbrechen. Es verlangt Zahn für Zahn, Auge um Auge. Das Marktpolizeigesetz geht in minutiöse Details: Mass, Gewicht, Qualität, Quantität einer jeden Sache ist genau festgestellt. Der gesetzmässig zugestandene Gewinn für Bäcker, Schneider, Kotzenmacher, kurz für jedes Gewerbe, wurde mit 10 —12 Proc. bemessen, jeder Gewinn, der darüber hinausgeht, soll als Wucher bestraft werden. Das Urthcil fällt gewöhnlich ziemlich mild aus. Theilweise gründet sich das geringe Strafausmass auf eine ver-hältnissmässig linde Gesetzgebung, theilweise wissen die Verwandten des Angeklagten durch Geld (in den möglichen Grenzen) das Gesetz sich dienstbar zu machen (Bestechung), was um so leichter gelingt, wenn der Verbrecher ein Mohammedaner ist, und das Vergehen oder Verbrechen an einem Christen begangen wurde. Diese milden Aburteilungen oder die Hoffnung auf gänzliche Straflosigkeit ist oft der Grund, dass behördliche Anordnungen mis-achtet oder gar nicht befolgt werden. Endlich besteht noch seit kurzem in Serajevo: Das Tüdscharet-Medschlissi, d. h. das Handels- oder Wcchselgericht, welches unter dem Präsidium des Kiaja zwar Mitglieder aus allen Ständen, jedoch meist Kaufleute zählt. Die christlichen Mitglieder haben hierbei keine entscheidende Stimme, verschulden aber die Misachtung ihres Votums theilweise selbst, da die Kaufleute, wenn die Beihc zur Medschlissberathung an sie kommt, Stellvertreter senden, die sich durchaus schweigend ver- halten, nur zur Abgabe des Siegels (Namensfertigung) da zu sein scheinen, und wenn erstere auch persönlich anwesend sind, oft nicht den Mulh haben, ihre Meinung entschieden auszusprechen. Durch das Tüdscharcl-Mcdschlissi werden alle Ilandelsstreitigkciten entschieden, das Urtheil, welches auf Geld- und Arreststrafen lautet, gefallt, dieses jedoch erst nach Bestätigung des Gouverneurs und auf dessen Anordnung vollzogen. Von diesen eben erwähnten Körperschaften existirt in dem Hauptorte eines Sandschakats ein geistliches und weltliches Gericht, in jedem Mudirluk (Hauptort der Bezirksbehörde) ein weltliches Untersuchungsgericht unter dem Vorsitze des Kadi, endlich in den Nahicn ein ähnliches, jedoch mit geringerm Wirkungskreise, unter dem Vorsitze eines Naibs (Vicerichters). In Serajevo sowie überhaupt am Sitze eines jeden Provinz-gouverneurs, wo vier verschiedene rechtsprechende Körperschaften eingesetzt sind, ist oft eine und dieselbe Persönlichkeit, wenn sie als Gapacität anerkannt ist, das permanente Mitglied zweier oder dreier dieser berathenden und urteilenden Gorporalionen, und wird oft aus dem einen Beratungszimmer in das andere berufen, um das Parere in irgendeiner Angelegenheit abzugeben. Schon der Name, unter welchem ein Medschliss constiluirt ist, lässt, wie auch bezeichnet wurde, auf die Natur der Verhandlungs-gegenstände schliessen, mit welchen sich der beratende Körper hauptsächlich befasst. Im Ilauptsilze des Sandschakals oder in jenem des Mudirluks werden aber auch dem geistlichen und weltlichen Untersuchungsgerichte Gegenstände von verschiedenem Inhalte, überhaupt alle diejenigen Angelegenheiten zur Beschlußfassung übergeben, über welche der Bezirksleiter die Verantwortung persönlich nicht übernehmen will oder kann, und bei deren Durchführung er sich auf das Votum des Medschliss stützen will. In strafgerichtlichen Verhandlungen urteilt das Untersuchungs-gericht (Tahkik-Medschliss) im Mudirluk in erster, jenes im Kaima-kainluk in zweiter, endlich der grosse Verwaltungsrath unter dem 19* Präsidium des Gouverneurs — anf den Tod lautende Urtheüe ausgenommen — in dritter Instanz. Der Verurtheilte kann zwar nach Kouslantinopel im Inslanzen-wege recurriren und dieserart eine abermalige Untersuchung erlangen, doch fördert dieses Verfahren nur dann seine Zwecke, wenn er den Gang der erneuerten Verhandlung, wie schon erwähnt, entsprechend zu unterstützen weiss. Der Recurs dürfte jedoch selten ergriffen werden, da sich dem Beschädigten, ohne das russische Sprichwort: „Gott ist hoch und der Kaiser weit", zu kennen, derselbe Gedanke durch die Worte: „Allah ist gross und der Padischah weit", aufdrängt, welcher ganz geeignet ist, seine Hoffnungen zu zerstören. Art der Verhandlungen. Für die Verhandlungen der verschiedenen berathenden Körperschaften werden die Tage von dem jeweiligen ersten Beamten der Verwaltung festgestellt. Die Mitglieder versammeln sich in einem Locale des Regierungsgebäudes oder im Burcauzimmer des jeweiligen Präsidenten, werden mit Gsibuks und Kaffee bewirthet, und die Berathung bei dampfender Pfeife begonnen, Die Verhandlungen werden mündlich, immer in türkischer Sprache geführt. Den Medschlissimitglicdern der andern Confessiouen werden, wenn dieselben der türkischen Sprache nicht vollkommen mächtig sein sollten, die Berathungsgegenstände verdolmetscht, der Beschluss jedoch selten nach einer aus eigenen Anschauungen hervorgegangenen Stimmenmajorität, sondern vielmehr nach dem Ansehen und der Ansicht eines einflussreichen mohammedanischen Mitgliedes, dem die andern beipflichten, gefassl, schriftlich niedergelegt, und demselben von jedem einzelnen Mitglicde statt der Unterschrift das eigene Siegel beigedrückt. Da die bestehenden Gesetzbücher und die Bestimmungen derselben von den meisten Medschlissibeisilzern nicht gekannt sind, überdies auch nicht vorliegen, somit die meisten Angelegenheiten dein auf die Erfahrung und dem individuellen Wissen basirlen Urteile ihre Lösung verdanken müssen, so werden auch die Gerichtsverhandlungen im allgemeinen in einer höchst einfachen Weise abgewickelt. Lautet z. B. die Forderung des Klägers in einer Geldangelegenheit auf die Summe von G00O Piastern, welche der Schuldner, unter Anführung verschiedener Beweisgründe, nur auf den Betrag von 4000 Piastern gellen lässt, so verurteilt das Gericht, die weise Mitte hallend, den Schuldner, wenn nicht klar gestellte Gründe dagegen sprechen, nach kurzem Besinnen zum Ersatz der Summe von 5000 Piastern, d. h. die Entscheidung liegt gewöhnlich in der Milte der beiden Forderungen. Geschäftsgang. Ger administrative Geschäftsgang ist ein ziemlich schleppender. Die von seiten der Unterhchörden bei irgendeiner Stelle einlangenden Piecen werden, wenn sie nicht von besonderer Wichtigkeit sind, je nach der Laune des betreffenden Leiters oft erst nach Wochen der Erledigung zugeführt. Der Divan, der in der Türkei eine grosse Bolle spielt, der zum Sitzen und Schlafen dient, auf welchem beraten, intriguirt und geschrieben wird, und welcher selbsL der hohen türkischen Regierung, eben der Beratungen wegen, den Namen gab, soll schon oft die unschuldige Ursache einer unerledigten Angelegenheit gewesen sein, indem der Districtsvorstand ein eingelaufenes Schriftstück unter das Divanpolster schob, die ganze Angelegenheit vergass, und dasselbe dort, ohne sich dessen zu entsinnen, so lange liegen liess, bis der Zufall die Piece zu einer Zeit ans Tageslicht brachte, wo die Erledigung bereits unnötig geworden war. Unter dem Begime des jetzigen Gouverneurs von Bosnien dürften derartige Fälle nicht mehr vorkommen, da er selbst mit dem besten Beispiele vorangeht und alle Angelegenheiten, die von seiner eigenen Entscheidung abhängen, rasch zu Ende führt. Um uns den Geschäftsgang recht zu versinnlichen, wollen wir Qun einen Blick in das Arbeitsburean oder in die Geschäftskanzlei eines Ccntralverwallungszweiges werfen, und die Erledigung irgendeiner Angelegenheit verfolgen. In jedem Kanzleizimmcr findet man ausser dem nie fehlenden Divan höchstens noch (wie schon erwähnt wurde) ein kleines Tischchen, worauf auf einer Tasse in kleinen Behältnissen schwarze, rothe und blaue Tinte, oft jede dieser Gattungen, nebst Papier und einigen hölzernen Federn ruhen. Die türkischen Schriftzcichcn erfordern glattes Papier und stumpfe, weiche Federn, womöglich Rohrfedern (Kalem). Auf dem Divan selbst nimmt der Chef des Bureau nebst dem ersten Beamten und dem Secretär Platz. Die andern gruppiren sich nach Belieben in allen Winkeln und in der Mitte des Zimmers. Der eine hockt, der andere sitzt mit gekreuzten Füssen, der dritte kniet, kurz jeder wählt auf dem mit einem Teppich bedeckten Boden des Zimmers diejenige Stellung, die ihm momentan die bequemste ist. Es gewährt einen eigenlhümlichen Anblick, auf einem kleinen Baume 15—20 Concipienten zu erblicken, die neben-, ja man könnte fast sagen übereinander, in den verschiedensten Stellungen gruppirt und beschäftigt sind, auf dem Knie, in der freien Hand oder auf dem Boden die ihnen zugewiesenen Conceptarbeitcn zu verfassen, und den betreffenden Bescheid auf schmalen und langen Papierstreifen von der Rechten zur Linken hinzumalen. Ist nun das zur Expedition bestimmte Aktenstück zu Ende geschrieben, so wird es dem Chef des Bureau vorgelesen, sodann von diesem oder vom Leiter des Dislricts unterfertigt, oft aber auch, was fast immer geschieht, das Siegel (Mühr oder Mur), — welches jeder Functionär in einem oft sehr kostbaren Beutelchcn am Leibe trägt, nach vorgenommener Befeuchtung der Stelle am Papier und Bestreichung des Siegels mit rother oder blauer, kurz mit der Lieblingstinte, — beigedrückt. Dieses Verfahren mag ursprünglich von den höhern Beamten aus Bequemlichkeit, von einem grossen Theile der Bediensteten aber wegen Unkenntniss der Schrift in Ausübung gebracht worden sein. Gegenwärtig ist dies allgemeiner Gebrauch, der Gesetzeskraft erlangt hat, und der aus dieser Ursache auch in Wirksamkeit bleiben wird. Die Unken nlniss der Schrift bei einem grossen Theile der niedern Beamten wird übrigens begreiflich, wenn man den Mangel an Schulen, die Unlust zum Studium, die Schwierigkeit der Schrift-zeichen, die je nach der Stellung im Worte oft vierfache Formen annehmen, in Berücksichtigung zieht. Da der Türke die Wahl hat, sich eines Ausdrucks in drei verwandten Sprachen, nämlich der arabischen, persischen und der eigenen zu bedienen, auch noch poetische Begabung besitzt, so ist die Stilistik gewählt, blumenreich, geschraubt und überschwenglich, was jedoch mehr in der Privat- als dienstlichen Correspondcnz hervortritt. Titulatur. In der Geschäfts- oder Dicnstcorrespondenz geben sie den Vertretern europäischer Mächte weder die z. B. im Deutschen üblichen Titel von Wohl- und Ilochwohlgeboren und Hochgeboren, noch den Titel „Herr", da der Türke einen Ungläubigen nicht, als Herrn anerkennt, und auch nicht jene Bezeichnungen, die sie ihren eigenen Functio-nären zugestehen, da der Ungläubige nie gleich hoch geachtet wird, i Gleichgestellte erhalten in ihren Correspondenzen die Bezeichnung „Vernünftiger', „Geistreicher", „Witziger", „Stellungeinnehmender"; gewöhnlich die letztere. Untergeordnete Beamte der Con-sulatc werden mit dem Titel: „Sachkundiger" beehrt. Es verstellt sich von selbst, dass die diplomatische Correspondcnz eine Ausnahme macht, in welcher bekanntlich die Excellenztitcl in Gegenseitigkeit gewechselt werden. Ebenso findet man einen Unterschied in der Privatcorrespon-denz der untergeordneten türkischen Beamten, an Vertreter fremder Nationen, besonders wenn letztere einigen Einfluss ausüben. Privat co rrespondenz. Zur Charakteristik der schwungvollen Privatcorrespondenz führe ich mit Erlaubnis« des betreffenden Herrn beispielsweise ein an ihn gerichtetes Artigkeilsschreiben in der Uebersetzung an. Es lautet: „An Seine Hochgeboren, den residirenden hohen .... des erlauchten Reichs .... Hoher Freund, Excellenz! „Indem es ausser Zweifel ist, dass ich in Gemässheit meiner seit langem gegen Eure Generalität gehegten vertrauten Freundschaft stets im Gebete für Hochdero Gesundheit und Wohlbefinden begriffen bin, enthalte ich mich des Wagnisses, die erforderlichen Freundschaftsversicherungen zu jeder Zeit vorzutragen; nur den Wunsch für Eurer Generalität Gesundheit und Wohlbefinden ausdrückend, wage ich diesmal diese unterlhä-nigste Repräsentation zu übergeben, um meine demülhige Freundschaft darzuthun. Die Verfügung und Beurtheilung hierüber steht Eurer Generalität zu. Der N. N." Wie in Italien und anderwärts kann man leicht von der armen Volksklasse den Titel Bei oder Beg (Fürst in der Ueberselzung, doch nicht der Bedeutung nach), seltener den Excellenzlitel, da er nur von der gebildeten Klasse gekannt ist, erhalten, wenn man nur einen kleinen Luxus entfaltet und der Stellung entsprechende Trinkgelder in Aussicht stehen. Kehren wir nun zur Corrcspondenz zurück. Dienst- und Privatbriefe werden wie überall in Papier-, wichtige Actenslücke in leinene Couverts gelegt, gesiegelt und expedirt. Der Bcgistratur und dem Archive scheint bei den administrativen Behörden keine besondere Sorgfalt und Aufmerksamkeit zugewendet zu werden. In dem oben beschriebenen Kanzlei- oder Arbeitszimmer erblickt man an den Wänden eine Reihe eingetriebener Nägel, an welchen ungefähr 1 Fuss lange, leinene Säckchen, welche mit Correspön-denzstücken angefüllt und an der Aussenseite beschrieben sind, hängen. Diese vertreten die Stelle unserer mit Fächern und Fasci-keln versehenen und gefüllten Archive. Manchem Mudir genügt ein einziger Sack zur Aufbewahrung der Correspondenzstücke eines ganzen Jahres. Die zum schriftlichen Dienstverkehr benutzten langen Papierstreilen werden theils gerollt, theils zusammengelegt in einem Sacke verwahrt. Man kann sich daher leicht vorstellen, mit welchem Zeilverluste ein Aclenstück aufgesucht, und in welchem zerknitterten Zustande dasselbe ans Tageslicht gezogen wird. Gensdarmerie. Bis zum Jahre 1862 waren die sogenannten Zaplien die amtlichen Vollstrecker aller denkbaren Anordnungen der administrativen Behörden. Sie wurden der musclmanischen Bevölkerung entnommen, versahen den Dienst in der landesüblichen Kleidung, und ihre Zahl wurde je nach dem Bedarf von den Kaimakams vermehrt oder vermindert. Als Sold erhielten die zu Fuss dienenden 2 Dukaten monatlich, derjenige, der mit einem eigenen Pferde versehen war, erhielt ungefähr zwischen 4. und 5 Dukaten Löhn. Da sie aber dem Zwecke nicht entsprachen, Excesse verübten, auf Kosten der Lanclesbewohncr lebten, überhaupt unzuverlässig waren, so entschloss sich die Regierung, dieselben militärisch zu organisiren und das Institut der Landcsgcnsdarmerie ins Leben zu rufen. Für jede der beiden Provinzen Bosnien und die Herzegovinä wurde je ein Begiment in der Stärke von 1800 Mann aufgestellt, von denen 500 Mann beritten gemacht wurden. Der Mann erhält die Ausrüstung und Kleidung; der Berittene überdies noch das Sattelzeug für das eigene Pferd von der Regierung. Die Adjustirung, die recht praktisch und gefällig ist, besteht aus einem dunkelblauen Waflenrock, Pluderhosen von gleichfarbigem Stoffe, Halbs tiefcln, ferner aus einem Fess. Eine über den Rücken geschwungene Kammerbüchse nebst einer an einem schwarzen Leib- oder Hüftriemen hängenden Patron-lasche und eine Pistole, sowie ein kurzer Säbel bilden die Aus- rüstung. Die Züumung des Pferdes ist jener der österreichischen Cavalerie ähnlich, den Satlelbock bedeckt eine blaue Schabrake. Jedes Regiment wird von einem Oberst, wovon der eine zu Serajevo, der andere zu Mostar seine Stabsstation hat, commandirt, und ist mit den bei der Armee systcmisirten Offiziers- und Unter-offizicrschargen (vergl. Militärwesen) versehen. Der zu Fuss dienende Gensdarm erhält 140 Piaster (14 Fl), jener zu Pferd 280 Piaster (circa 28 Fl.) Besoldung monatlich. Die Gcnsdarmerie ist allen politischen Organen zur Verfugung gestellt und in den grössern Ortschaften vcrlhcill, hat für die öffentliche Sicherheit, für die Aufrechthaltung der Buhe und Ordnung zu sorgen, und wird von der administrativen Behörde zur Stcuereintreibung, zur Begleitung von Standespersonen, zur Escortirung und Bewachung der Verbrecher etc. verwendet. Gefängnisswesen. Ueber das Gelängnisswcscn ist nicht viel zu sagen. Alte Häuser oder Magazine in sehr verwahrlostem Zustande, unrein, voll Ungeziefer, dienen als Arrestiocale, in welchen die# Gefangenen in grosser Zahl eingesperrt werden. Rohrdecken bilden die Schlafstellen. Die Arrestanten werden entweder aus Staatsmitteln, grösstentheils aber auf Gemeindekosten erhalten. Wasser und Brot dürfte die tägliche und einzige Nahrung derselben sein. Schwere Verbrecher tragen Eisen an Händen und Füssen, und werden gleich denen, welche blos eines Vergehens wegen gefänglich eingezogen wurden, mit erstem gemeinsam in Haft gehalten, und zu Strassenbauten oder Strassenkehren, kurz zu öffentlichen Arbeiten verwendet. Nur zu grossen kirchlichen Ceremonien und zum Gebrauche der Bäder während der Bajramszeit werden die Arrestanten zugelassen, bleiben in diesem Falle aber wohlbewacht und gefesselt. Oefters erblickt man auch schwere Verbrecher mittels eines Halseisens und mittels Fesseln an Händen und Füssen, an einen Pfahl oder an die Gefängnissthür des Begierungsgebäudes (Kapu, gleichbedeutend mit Pforte) gekettet, und sozusagen an den Pranger gestellt. In Erkrankungsfällen wird der Inhaftirte entweder gegen Bürgschaft seiner Verwandten bis zur Genesung entlassen, oder geht unter höchst mangelhafter Pflege seiner Auflösung entgegen. Sanitätswesen. Dem öffentlichen Gesundheitszustande wird weder von sciten der Behörden die notwendige Aufmerksamkeit zugewendet, noch wird diese von der Bevölkerung beansprucht. Die Ursache liegt erstens in der Abneigung des Muselmanen, Aerztc zu Rate zu ziehen und speciell dieselben im Hause wirken zu lassen, zweitens in der Scheu vor Auslagen, die für Aerzte und Medicamente entstehen mussten, drittens in dem Stumpfsinne, der bei einem Theile der Bevölkerung in Erkrankungsfällen eintritt und sie mit dem Gedanken erfüllt, dass dieses ihnen von höhern Mächten zugedachte Leiden ebenso schnell als es gekommen wieder versehwinden werde, und viertens in dem Mangel an Aerzten und Apotheken, welch letztere Gründe als theilweise Entschuldigung für die Regierungsorgane gelten können, die dadurch der Mittel beraubt sind, erspriessliche Vorsorge zu treffen. In ganz Bosnien und der Herzegovinä dürfte es kaum zwei CiviJürzte, Doctoren der Medicin, oder auch nur Thierärzle geben. Die in den grössern Garnisonen befindlichen Militärärzte und Chirurgen, die unter der Leitung des -in Serajevo befindlichen, Mündlich gebildeten Chef- oder Stabsarztes stehen, sind die einzigen, ^° in dieser Richtung helfend wirken können. Der Mangel an Aerzten dürfte auch der hauptsächlichste Grund sein, deshalb, trotz der bestehenden und schon von Suleiman festgestellten Marktpolizeigesetze, weder Qualität der Getränke und Nahrungsmittel, noch die Reinhaltung der öffentlichen Locale überwacht, und beim Auftreten epidemischer Krankheiten der Ausbreitung derselben so schwer tranken gesetzt werden können. Enlschliesst sich aber der Muselman, gegen eine Krankheil anzukämpfen, so wählt er entweder Haus- oder auf Aberglauben beruhende Hülfsmittel, oder er nimmt die Kenntnisse der vorhandenen Quacksalber, gewöhnlich Juden in Anspruch, die sehr oit seine Leiden zu verschlimmern oder zu verlängern, selten aber diese zu heben wissen. Als Beispiel für unsere Behauptung kann angeführt werden, dass die Bewohner während der in ziemlich hohem Grade aufgetretenen Blallcrnepidemie im Jahre 1863 trotz des Zuspruchs der Behörden und Militärärzte nur schwer, und erst nach längerer Zeit zu bewegen waren, ihre Kinder impfen zu lassen. Ebenso war andererseits bei dem Auftreten der Viehkrankheit im Jahre 1862, welche mehr als die Hälfte des Viehstandes verschlang, die türkische Begierung gezwungen, um österreichische Aerztc zu bitten, welche durch Belehrung dem Uebel entgegentreten mussten. Die Armuth der Bewohner und die Unwissenheit derselben veranlasste sie off, die Felle gefallener Thicre ohne vorhergegangene entsprechende Reinigung zu benutzen, nicht ahnend, dass dadurch verschiedene Krankheitserscheinungen auf den Menschen selbst verpflanzt werden können. Geldwesen. Alle Einkäufe, alle Um- und Zurechnungen, kurz der ganze Geldverkehr in Bosnien und der Herzegovinä basirt sich auf die Piastermünze. Der Piaster ist eine türkische Silbermünze mit starker Kupfer-legirung von schlechter Präge, und im Werthe von 40 Para. Das Parastück, eine sehr kleine. Kupfermünze, ist bereits ausser Gurs gesetzt, existirt nur in geringer Menge, und dient gegenwärtig hauptsächlich nur als imaginäre Bechnungshülfsmünze im Handel bei Kauf und Verkauf. Im österreichischen Gelde äquivalirt 1 Piaster = 9 Neukreuzern, der österreichische Gulden in alten Zwanzigern enthält ll4/5 Piaster. der Neugulden 3 Procent weniger, d: h. 11 Piaster 18 Para, oder mit der Münze beglichen lll/3 Piaster. Die in Bosnien circulirenden Münzen sind folgende. Türkische Goldmünzen. Lira d'oro (Medschidje) im Werlhe von 110 Piastern — Mahmudie . . . . „ „ „ 78 — Alter Funduk..... „ „ 50 — Halber Mahmudie . „ „ „ 38% „ — Stambul alt ... „ i, „ 37 — Stambul neu . . . „ N „ 28 % „ — Adlije alt . . . . „ „ „ 19 26 Adlije neu . . . „ „ 17 27 23 14 Missirc alt . . . . „ »t 26 33 Missire neu -. . „ >» » 24% „ — Ausländis che Goldm ünzen. Russischer Imperial im Werthe von 88 Tiastern — 1 Napolcondor . . „ ,» 81 „ 27 K. Österreich. Dukaten „ „ 57 „ — Zecchino veneto . „ 51 „ 9 Türkische Silbermünzen. Medschidje ... im Werthe von 20 Piastern. Altilik (Sechsstück) Beschlik (Fünfstück) „ Jüzlik (lOOParastück) „ Piaster . . . . „ Halber Piaster . . „ Türkische Kupfermünze. Viertelpiasterstück im Werlhe von % Piaster. 6 5 2% 1 = 100 Para Ausländische Silbermünzen. Oesterreich. Thcresicnthaler im Werthe von 22 y2 Piastern — Para. „ 3 „ 24 „ 4 _ ii ~ ii »» Zwanziger alt Oest. Zwanziger neuer Präge Oesterreich. Viertelgulden x) Russischer Rubel . . . Fünffrancstück .... Collonnado (spanisch) . . Griech. Thalcr oder Drachme 2ya „ = 100 Para. 17 „14 Para. 21 „ 28 „ 23 pi 17 „ 19 „ 24 ,, Endlich bedient man sich zur Bezeichnung grösserer Geldbeträge des Ausdrucks „Beutel", wovon einer den Werth von 500 Piastern idealisirt. Von den türkischen Münzen sind grösstentheils nur Silberscheidemünze vom Altilik (6-Piasterstück) abwärts, und mit Ausnahme dieser Geldsortc ist fast ausschliesslich nur österreichisches Geld und zwar Dukaten und Zwanziger im Umlaufe. Nach den österreichischen sind die russischen Münzsorten die zahlreichsten. Türkische Geldstücke sowie die oben genannten spanischen und griechischen Münzen sind nur spärlich vorhanden. Zwangscurs. Zu gewissen Perioden, wie dies im November 1862 der Fall war, wo der Werth der ausländischen, speciell aber jener der österreichischen Münzen bedeutend stieg, und man für einen österreichischen Dukaten 60 Piaster und, diesem Werthe entsprechend, für einen Zwanziger 4 Piaster und 2 Para erhielt, wurde plötzlich durch einen Ferman der Pfortenregierung der Curs dieser Geldsorten auf 50, resp. auf 3l/2 Piaster hcrabgedrückt, und die Annahme dieser Geldstücke zu diesem Werthe bei Strafandrohung angeordnet. Dieser Zwangscurs wird immer unter dem Vorwande eingeführt, die ausländischen Münzen auf den wahren, dem türkischen •) Wurde kurz nach dem Erscheinen sehr oft als Zwanziger verausgabt. Gelde (welches weit schlechtere Legirung hält) entsprechenden Werth zu bringen. In Wahrheit dürfte aber diese Massrcgel, welche sodann grosse Verlegenheit, Verluste und Nachtheile im Handel und Verkehr erzeugt, nur deshalb in Anwendung gebracht werden, um die Kassen bei Gelegenheit der Steucreinzalüungen etc. mit dem Gewinne eines Sechstels zu füllen, und vielleicht nicht ganz ohne Absicht dem Functionär, der, wie es gäng und gebe ist, alle möglichen an sich gebrachten oder gekauften Efl'eclen und Gegenstände eine Zeit lang-schuldig bleibt, die Gelegenheit zu bieten, seine Schulden mit demselben Gewinne zu tilgen. Die vorsichtigem Kaufleute schliessen daher selten Geschäfte ab, oder verkaufen selten Gegenstände nach dem Dukaten- oder Zwanziger-, sondern immer nur nach dem Piasfervvcrthe. Nach dem Verlaufe von 6 Monaten oder nacli 1 Jahre steigt der Werth dieser Gcldsortcn nach und nach wieder bis zu der früher angegebenen Höhe, ohne von seilen der Behörden Gegenmassregeln hervorgerufen zu haben. Bemerkenswerth bleibt es jedoch, dass, wie uns von Kaufleuten mitgetheilt wurde, die Kassen in solchen Momenten den Dukaten lange Zeit nach Publicirung des Fermans zu dem Werthe von 60 Piastern ausgeben, ihn aber immer nur zu dem Werlhe von 50 Piastern annehmen sollen. Mass und Gewicht. Als Gewichtsmass ist die türkische Drachme, wovon 3y2 auf 1 Lolh gehen, ferner die Oka, welche 2y4 wiener Pfunden gleicht, angenommen. Die Oka (Kia) ist in 4 Litras zu je 100 Drammen getheilt. Die Flüssigkeiten werden gleichfalls danach gemessen. Die Jumga fasst 1V2 Oka oder 38/8 wiener Pfunde, und dient 1Jh Handel als Gewichtsmass für Fett u. dgl. Der Kilo bedeutet einen Kübel. Der Kantar hat 44 Oka und kommt dem Gentner gleich. Als gewöhnliches Längenmass gilt der alle Arschin, der um y8 Elle kleiner als die wiener Elle ist, und zum Ausmass von Seide und Tüchern dient. Der neue Arschin ist um yi6 Elle kleiner als die wiener Elle, und wird für das Ausmass von Leingeweben benutzt. Der Name Pik (gleich 26 Zoll) wird oft statt des Ausdrucks Arschin angewendet. Zur Bezeichnung von grössern Längenausdehnungen dient nebst dem Arschin die türkische Stunde „Saat", welche in Bosnien je nach der Gegend verschiedenen Längenwerth hat, und zu 2/3 — 3/4 österreichischer Meile und ebenso in der Herzegovinä zu % — 3/4 Meile angenommen werden kann. OciTeiitlichfs Einkommen. Steuern und Abgaben (Itussum). Das Stcuerwesen ist in Bosnien und der Herzegovinä, wo weder die Volkszählung noch die Kalasleraufnahme durchgeführt wurde, in einem sehr ungeregelten Zustande, daher auch die Steucrbeincssung meist willkürlich erfolgt. Die Einhebung der Steuern wird in einer fast drückend zu nennenden Weise durchgeführt. Diejenigen Steuern, welche nicht in Pacht gegeben sind, werden durch die Begierungsorgane und durch die Medschlisse in grossen Summen auf die Dislricle rcpartirl. Die Medschlisse der kleinem Dislricle oder Gemeinden geben die einzuhebende Steuerquote dem Malmudir (d. i. dem von der Begierung angestellten Steuereinnehmer), dieser dem Ilodgziabaschi (Viertelsmeister), der verschiedenen Confcssionen bekannt, welcher dieselbe sodann von seinen Glaubensgenossen sammelt, und die eingegangenen Steuern dem erwähnten Malmudir einsendet, der nun seinerseits die gesammlen Geldbeträge in der administrativen Stufenleiter der Landesregierung (d. h. dem Generalsteuereinnehmer) zuführt. Die Steuerquoion werden nach den approximativ geschätzten Vermögensverhältnissen der Steuerpflichtigen eingehoben, wodurch Ungerechtigkeiten und Zwistigkeiten entstehen, da nicht selten ein unbemittelter Bewohner, je nachdem dessen Wohlhabenheit beurteilt wird, und nach Massgabe manch anderer hinzutretenden Umstände oft über das Mass einer Steuerfahigkeit belastet wird, während der Bemittelte mit einer massigen Summe seiner Steuerpflicht genügt, Die Steuern werden unter folgenden Namen erhöben: 1. Pores oder die Landessteuer. Diese zerfällt in drei Klassen, und zwar zu 50 Piastern jährlich für die ärmste Klasse, zu 150 Piastern für den Mittelstand und zu 350 Piastern für die reiche Klasse der Bewohner. Anfangs nur von den Christen gezahlt, wurde dieselbe 1850 auch der mohammedanischen Bevölkerung auferlegt. Rechnet man nun 135000 steuerzahlende Familien für Bosnien, was so ziemlich der Wahrheit nahe kommen dürfte, wovon %0 zü der ersten, 3/10 zu der zweiten und x/io zu der dritten Kategorie gehören, so erzielt diese Steuer ein Erträgniss von 12,675000 Piastern. Die Herzegovinä, deren Bevölkerung ungefähr den vierten Theil jener von Bosnien ausmacht, würde daher die gleichnamige Steuer in der Höhe von 3,167000 Piastern entrichten. 2. Die Militärsteuer (Bedelie). Ehemals hiess diese Steuer Charadsch (Kopfsteuer) und bezeichnete den Tribut, mittels dessen sich der Rajah von dem Schwerte des Siegers loskaufte, im Gegensätze zu dem nur zehntpflichtigen Muselman, der für seinen Kopf nichts zu zahlen hatte. Gegenwärtig ist diese eine Militärenthebungstaxe, welche von allen christlichen Bewohnern, überhaupt von der nichtmuselmanischen Bevölkerung Bosniens und der Herzegovinä als eine Jahressteuer, und zwar mit 90 Piastern per Kopf erhoben wird. Bis zum Jahre 1864 war die Conscription in Bosnien noch nicht eingeführt. Seitdem wurde wol die mohammedanische, nicht aber, wie man vermutete, die christliche Bevölkerung derselben Unterworfen. Da nun nach Abschlag der mohammedanischen Bevölkerung in Bosnien ungefähr 496000 Seelen der andern Confessionen zn zählen sind, deren Hälfte, d. h. 248000, als männliche Individuen ttorimawicz. 20 angenommen werden können, da ferner bei Veranschlagung des durchschnittlichen Menschcnalters zu 40 Jahren nur die Altersklassen vom 20. bis zum 30. Jahre, daher nur der vierte Theil hiervon militär-, somit steuerpflichtig ist, so dürfte die Militärbefreiungstaxe für Bosnien etwa die Summe von 5,580000 Piastern abwerfen. Derselben Berechnung nach dürften 175000 Bewohner (Nieht-mohammedaner) der Herzegovinä eine Steuerquote von 1,967600 Piastern entrichten. 3. Taback. Ist seit Achmed I. 1603 in Anwendung und gegenwärtig besteuert. Im Jahre 1862 wurde für den in Bosnien und der Herzegovinä gezogenen Bauchlaback die Steuerabgabe auf 6 Piaster per Oka erhöht. Das Erträgniss dieser Steuer lässt sich nicht mit Sicherheit angeben und kann daher, wie bei den meisten Posten, nur annähernd bestimmt werden. Veranschlagt man die Bevölkerung Bosniens und der Herzegovinä auf 1,151000 Bewohner, die männliche Bevölkerung auf 500000 Seelen, und nimmt man von dieser Zahl ein Fünftheil, somit 100000 Raucher an, so würden diese, bei einer jährlichen Tabackconsumtion von nur 5 Oka per Kopf, eine Stcuerquote von 3,000000 Piastern entrichten. Diese Quote dürfte um so eher als annähernd richtig angenommen werden, als, mit Ausnahme einiger Gegenden der Herzegovinä (wie z. B. Trebinje), in Bosnien nur eine Mittelsorte gedeiht, der bessere Taback aus Bumelien und Macedonien eingeführt wird, und die Quantität der erlaubten und nicht erlaubten Ausfuhr (Schmuggel) so ziemlich der obenerwähnten Einfuhr gleichkommen dürfte. Bei den meisten der noch zu erwähnenden Steuern lässt sich die eintliessende Summe nach den wenigen bekannten Daten nicht einmal annäherungsweise bestimmen, indem die Beamten selbst entweder keine Auskunft zu erthoilen im Stande sind, oder aus wohl begreiflichen Gründen nicht ertheilen wollen, überdies die Höhe der Steuerquoten fast alljährig wechselt. 4 Das in Ober- und Unter-Tusla aus den dortigen Quellen durch Absud gewonnene Salz, an 400000 Oka jährlich, der Regierung gehörend, wird im Verliältniss zu dem durch das llandlungshaus Flesch aus Oesterreich importirten Salze um 20 Procent des Werthes höher verkauft. (1 Oka zu 1 Piaster), erscheint somit, da die Bewohner zum grössten Theile dieses Salz zu kaufen gezwungen sind, mit der oben angesetzten Procentzahl besteuert, und deckt kaum die Betriebskosten. 5. Die Bergwerke des Landes sollen ehemals einen Pachl-schilling von mehr als 700000 Piasfern abgeworfen haben. In jüngster Zeit hatte Ali Pascha von Travnik diese um den jährlichen Pachtzins von 35000 Piastern erstanden, behielt das Schür-iimgsrecht 7 Jahre hindurch, konnte jedoch aus Mangel an intel-lectuedlen Arbeitskräften zu keinem günstigen Resultate gelangen. Gegenwärtig hat jedes Bergwerk für die Ausbeute 5 Procent des Erträgnisses an die Begierung abzuliefern. 6. Für jedes Stück Borstenvieh, das im Lande geworfen wird, zahlt der Eigenthümer 1 Piaster und 8 Para (48 Para) als Steuer. Das Ergebniss der Steuereintreibung bleibt wegen der Möglichkeit, dasselbe verbergen zu können, immer sehr relativ. Ueber-dies besteht auch eine Schweineschlachtsteuer (Kassabie), die mit 3 Piastern per Stück eingehoben wird, ferner ein«1 nicht zu beslim-mende Eichelmaststeuer. 7. Sämmtliche Wälder beider Provinzen sind Eigenthum der Regierung. Noch vor kurzer Zeit wurden grosse Waldcompiexe verpachtet, Gegenwärlig schlägt jeder Landesbewohner so viel Holz, als er für den eigenen Bedarf henölhigt. Für die Holzausfuhr jedoch sind 2 Procent vom Werthe dem Staate zu entrichten.*) 8. Nebst der Verzollung, welcher der Wein und gebrannte Flüssigkeiten bei der Einfuhr an der Grenze unterliegen, muss jeder Wirth oder Besitzer einer Mejhane, der diese Getränke ausschenkt, °0 Piaster monatlich für die Schankbefugniss entrichten. J) Wie verlautet, beabsichtigt die türkische Regierung, sowol die Bergwerke und das Schürfungsrecht, wie auch sämmtliche Waldungen ausländische Kapitalisten auf weitreichende Dauer zu verpachten, um hierdurch grössere Einkünfte zu erzielen. In Bosnien betrug der Pachtschilling vor 10 Jahren 800000 Piaster. Biese Einnahmequelle kann gegenwärtig auf 1,000000 Piaster veranschlagt werden. Das diesfällige Erträgniss (Chamrie) in der Herzegovinä können wir nicht angehen. Auch der im Lande erzeugte Branntwein ist besteuerl. Wo Wein wächst, wie in der Herzegovinä, werden 10 Proc. des Werthes dem Staate als Weinsteuer entrichtet. 9. Miethsteuer. Von jedem Hause und Locale wird 1 Proc. des Mietherlrägnisses eingehoben. 10. Für jede Geld- oder Schuldeintreibung bei Process-verhandlungen, wenn dieselbe durch Vermittelung der Regierungsorgane geführt worden, sind an die Begierung 5 Proc der Summe als eine Art Provisionssteuer zu entrichten. 11. Die Stempeltaxe bei Gesuchen aller Art, d. h. bei solchen, wo es sich um Summen oder um Gegenstände von Werth handelt, wird mit yi0 Proc. — oder 1 von 1000 — erhoben. Zu den Begierungs- oder allgemeinen Steuern sind noch: die Erwerb-, die Heiraths-, Braut-, die Fenster-, die Thürsteuer (Badsch), die Flussbarken-, die Mühlsteuer, ferner die Steuer für die Benutzung der der Regierung gehörigen Weideplätze (Otlakje) etc. zu zählen, welche schon zur Zeit Suleiman's nebst andern noch bestehenden Steuern erhoben wurden, jedoch aus Mangel an Daten nicht angegeben werden können. Kirchensteuern. Erbsteuer. Beim Ableben eines jeden türkischen ünterthanen sind für die sogleich erfolgende Sperre von den Verwandten oder Erben 2-% Proc. vom Nachlass der Mehkemeh (dem geistlichen Gerichte) zu entrichten, welche eigentlich in den Seckel des alle zwei Jahre wechselnden und von Konstantinopel delegirten Mollah lliessen. Ebenso müssen die Griechen ihrer Geistlichkeil, speciell aber dem von der Pforte ernannten Metropoliten, unter verschiedenen Namen ziemlich bedeutende Abgaben entrichten, die den Ersatz für die verausgabten Summen der erkauften Stellen in der ganzen Stufenleiter dieser Geistlichkeit bieten müssen. Pachtsteuern (d. h. in Pacht gegebene Steuern). 1. Der Zehent (türk. Aschr, slav. Uesetina), welcher von allen Bodenerzeugnissen, d. h. Früchten, zu entrichten ist, wird gewöhnlich in jedem Sandschak (in jedem Kreise) verpachtet. Die Pächter, welche wieder ihr Pachtreeht an Unterpächter und Parteien vergeben, und sammt diesen bei der Fruchltheilung anwesend sind, wissen die gezahlten Summen mit reichlichen Interessen hereinzubringen. Den Schaden Irägl der Steuerpflichtige. Der Pachtzins betrug vor 10 Jahren für Bosnien 6,146000 Piaster. Durch den Zuwachs an Flächeninhalt, welchen Bosnien durch einige Theile Nordalbaniens erhalten, ferner in Berücksichtigung des Fortschritts, den seit dieser Epoche die Agricullur gemacht haben mag, kann man wol diese Steuereinnahme auf 7,500000 Piaster veranschlagen. Der Zehent der Herzegovinä soll den Ertrag von 5,000000 Piastern abwerfen, welche Summe, in Anbetracht der Sterilität des Bodens, jedenfalls zu hoch angegeben sein muss. 2. Jeder Besitzer eines Kafleeschanks ist gehalten, seine Kaffee -vorräthe aus bestehenden Depots (Tachmis, Tachmis-Chana bedeutet Regierungskalfecinühlc oder Verkleinerungshaus) zu beziehen. Der Kaffee wird bereits gebrannt und gestossen verkauft. Das Depotoder Verkaufsrecht wird verpachtet und trägt der Regierung in Bosnien über 300000, in der Herzegovinä an 150000 Piaster ein. Der Inhaber einer solchen Befugniss zu Serajevo zahlt hierfür 24000 Piaster jährlich, 3. Der Pachtschilling für das Verkaufsrecht des Schnupf-tabacks wirft in Bosnien allein die Summe von 250000 Piastern ab; der Pachtschilling, welcher hierfür in der Herzegovinä gezahlt Wird, ist uns nicht bekannt. 4. Die Verpachtung des Blutegelfangs ergab vor 10 Jahren die Summe von 58000 Piastern, dürfte jedoch gegenwärtig reichlich die Summe von 60000 Piastern, in der Herzegovinä das Fünftel hiervon, somit 12000 Piaster, abwerfen. 5. Der Pacht für das Einsammeln von Knoppern betrug !$54 für Bosnien 42000 Piasler, und kann wol incl. der Herzegowina auf 45000 Piaster veranschlagt werden. 6. In den grössern Handelsstädten ist die Gewichtssteuer eingeführt, und beispielsweise für Serajevo um den Preis von 18000 Piastern verpachtet. Für jeden Collo, der mehr als 40 Oka (90 Pfund) wiegt, müssen dem Pachter 6 Para entrichtet werden. Endlich 7. muss der Besitzer eines jeden von Serajevo abgesendeten, mit Waaren beladenen Pferdes 3 Piaster als Mau thgeld (Mururic; entrichten. Die Kirchengüter (Vakufs oder Vakfs) sind, wie schon bei der Besprechung des Koran erwähnt wurde, steuerfrei, und viele Grundbesitzer entziehen sich der Steuerpflicht, indem sie ihre Güter dem Vakuf dem Namen nach überlassen,* und für die Erklärung, dass diese nunmehr im Besitze der Kirche seien, einige Procente jährlich erlegen, nichtsdestoweniger aber die eigentlichen Grundbesitzer bleiben. Addirt man die bekannten Steuerquoten, und veranschlagt hinzurechnend: 700000 Piaster als Steucrerträgniss der Bergwerke, 3600 Piaster für 3000 jährlich geworfene Schweine, 100000 Piaster als Steucrerträgniss der Wälder, 1,200000 Piaster als Branntweinsteuer, 200000 Piaster als Miethsteuer, 50000 Piaster für eingetriebene 'Schulden und 50000 Piaster als Stempeleinnahmen, so würde die Totalsumme der Steuereinnahmen beider Provinzen 46,693550 Piaster erreichen. Da aber manche Steueransätze unter der wahren Summe, manche vielleicht gar nicht angegeben sind, so kann man die Steuereinnahmen Bosniens und der Herzegovinä mit voller Wahrscheinlichkeil auf 47,000000 Piaster annehmen. «) Die Tretina, Zu allenden oben angeführten Abgaben kommt noeji die sogenannte Tretina (das Drittel) hinzu, welche der ackerbautreibende Bauer dem Gutsherrn, der in der Regel Mohammedaner ist, zu entrichten hal. Der besitzlose Landmann nimmt nämlich Haus, Hof und Grund in Pacht, bestellt die Felder und gibt das Drittel oder die Hälfte der gewonnenen Naturproduete als Pachtzins ab. ') Viele der vorstehenden Angaben verdanken wir der freundlichen Mittheilung eines angesehenen, in Serajevo ansässigen griechischen Kaufmanns. Da nun grosse Bedrückungen vorkamen, wurde durch Omer Pascha im Jahre 1850 Jestgestellt: dass der Bauer, nach Abschlag des Zehents, dann die Hälfte des Erträgnisses zu entrichten habe, wenn er die Aussaat und die Werkzeuge vom Gutsherrn erhält, jedoch nur y3, wenn er beides aus eigenen Mitteln bestreitet. Bei schlechtem Boden erhält der Gutsherr nur den vierten Theil. Die Willkür des Gutsherrn hat hier genügenden Spielraum, sein eigenes Interesse zu wahren, und dieses bethätigt sich durch die Auswahl der bessern Qualität und in dem Anspruch auf eine ver-hältnissmässig grössere Quantität der Früchte. Da die Beweisführung des erlittenen Unrechts und Verlustes sehr schwierig ist, so werden vorkommende Klagen selten berücksichtigt. Der Gutsherr hat eigentlich nicht das Recht, den Bauer (auch Kmet genannt) zu entlassen, doch geschah es nicht selten, dass, nachdem der Boden mit Mühe gut eultivirt worden war, der Gutsherr den Bauer verabschiedete, um einem andern gegen bessere Bedingungen die Pachtung zu überlassen. Die diesfalls geschlossenen Gontracte heissen Beiluks und enthalten, abgesehen von den verschiedenen Gelegenheitsgeschenken, die geboten werden müssen, oft allerhand mehr oder minder harte Nebenbedingungen. Zollwesen. Das Zollwesen ist mit andern Ländern tractatmässig geregelt. Der Mauthtarif ,(Mauth heisst Gjumruk), der für den österreichischen Handel im osmanischen Beiche im März des Jahres 1862 auf 7 Jahre geschlossen wurde, bestimmt: „dass für von den österreichischen Kaufleulen nach der Türkei ein- oder aus der Türkei ausgeführte Waarcn, nach vorgenommenem Abzüge von 10 Proc. vom Werthe, ein Zoll von 8 Proc. zu entrichten sei". Dieser Zollsatz sinkt jährlich um 1 Proc, betrug daher im Jahre 1864 nur noch 5 Proc, wird im Jahre 1868 nur 1 Proc. betragen, und wenn der Tarif nicht abermals modificirt wird, von diesem Zeitpunkte an durch weitere 7 Jahre in der letztgenannten Höhe erhohen werden. Die in die osmanischen Staaten eingeführten österreichischen Producte unterliegen einem unveränderlichen Zolle von 8 Proc. Die Zollbeträge sind in vorhinein in klingender Münze und zwar nach dem Courswerthe zu entrichten. Wenn bei der Werthbestimmung der Waaren, welche nicht schon tarifmässig festgesetzt ist, eine Einigung zwischen den Zollbeamten nicht erzielt werden kann, so wird nach altem Gebrauche der Zoll in natura erhoben. Der Zoll wird jedoch von den Kaufleuten auch bei solchen Artikeln, die im Tarife keinen festgesetzten Werth haben, lieber in Geld als in natura entrichtet, da die Berichtigung in letzterer Art für den Kaufmann oft mit Verlusten an Zeit und Waare verbunden ist, und abgesehen von den Unannehmlichkeiten, die durch das Oeffnen der Ballen entstehen, manche Artikel, wie Tücher, Kleiderstoffe u. s. w. Gefahr laufen könnten, verschnitten oder verdorben zu werden und im Werthe zu verlieren. Die meisten Processe mit den Zolleinnehmern drehen sich um den Punkt, ob die Waare nach dem aus- oder inländischen Werthe laxirt werden soll. Die Consuln fremder Mächte sind für alle Waaren und Artikel, die zu ihrem persönlichen Gebrauche dienen sollen, von Erlegung der Zolltaxe befreit. Ehemals hatte die Regierung die Zolleinnahmen um den Preis von 2—2ya Millionen verpachtet. Gegenwärtig hat sie das Maulh-wesen in eigene Verwaltung genommen, und zu diesem Behufe einen Dzumruktschi (Generalsteuereinnehmer) für Bosnien und 'die Herzegovinä, mit dem Sitze zu Serajevo, ernannt, welcher an den Grenz-verkehrspunkten Zollbeamte und grössere Finanzposten errichtet hat, die wieder je 4—5 Filialfinanzposten unterhalten. Der Handelsverkehr erfolgt an 45 verschiedenen Punkten, wovon die zu Baca, Bercka, Brood, Gradiska, Livno in Bosnien, und Metkovic-Gabella in der Herzegovinä, die wichtigsten sind. Nach dem im Monat April 1865 ofliciell bekannt gewordenen Berichte des zu Serajevo residirenden italienischen Consuls Gavaliere di Durando erreicht die mit der möglichsten Wahrscheinlichkeit angegebene jährliche Werlhsumme der aus- und nach Bosnien eingeführten Waaren folgende Höhe: Ausfuhr aus Bosnien. Korn nach Oesterreich und Albanien im Werthe von 5,500000Piastm Heidekorn n. Oesterreich u. Montenegro „ Hafer nach Oesterreich u. Montenegro „ Futter nach Oesterreich u. Montenegro „ Cerealien n. Oesterr. u. in d. lürk.Prov. ,, Ochsen, Kühe, Kälber nach Oesterreich und in die türkischen Provinzen „ Schafe und Ziegen nach Oesterreich und in die türkischen Provinzen „ Schweine n. Oesterr. u. in d. türk. Prov. „ Ochs.- u. Schafhäute nach Triest u. Wien „ Gefärbte Felle nach Albanien, Montenegro und in die Herzegovinä Wolle nach Triest und Wien . . . „ Wachs nach Triest und Wien . . „ Gedörrte Zwetschken nach Pesth, Wien und Hamburg......„ Grobe Schafwolle nach Montenegro, Serbien u. in die türk. Provinzen „ Posamenlirwaaren in d. türk. Provinzen „ Fasen, roh und verarbeitet, nach Serbien und in die Walachei . . „ Zinn n.Bumelien,Albanienu.Montenegro „ Waffen n. Bumel., Alban, u. Montenegro „ besser n. Rumel., Alban, u. Montenegro „ Fassdauben n. Slavon., Triest, Dalmalien „ Bauholz nach Oesterreich . . . . „ ^üsso nach Oesterreich und Serbien „ Pelze (Felle) nach Konstantinopel . „ Eingeweide........,» 2,900000 2,000000 750000 1,000000 3,000000 1,800000 400000 2,900000 1,000000 2,400000 2,000000 5,000000 1,170000 2,000000 4,000000 200000 350000 300000 600000 800000 100000 800000 35000 Zusammen: 41,005000 Piaster. Der Werth der Rohproducte und Artikel, die aus der Herzegovinä ausgeführt werden, und welche hauptsächlich aus Schafwolle, Wachs, Fellen, Wein, Taback, nur wenig Cerealien und Hornvieh bestehen, beträgt ungefähr 18,170000 Piaster, somit die Totalwerlh-summe der Ausfuhr 59,175000 Piaster. Einfuhr nach Bosnien. Zucker von Triest für......... 1,200000 Piaster. Zucker in Hüten von Triest für..... 240000 „ Kaffee von Triest für......... 1,430000 „ Reis von Triest für.......... 1,600000 Raumwolle, weisse, von Triest für..... 4,000000 „ Baumwollstoffe, gefärbte........ 6,000000 Musselintücher für Halstücher und Turbangewinde von Triest und Wien für...... 3,000000 „ Tuch von Triest und Wien für...... 7,000000 „ Seide aus Italien, der Schweiz und Deutschland für 4,000000 „ Goldborten von Wien und Böhmen für . . . 1,300000 Fesse von Wien und Böhmen für..... 1,500000 „ Europäische Teppiche von Wien und Böhmen für 20000 Schafwollstoffe von Triest für...... 1,500000 „ Kupfer, roh und verarbeitet, von Triest für . . 1,100000 „ Blei von Triest für.......... 750000 „ Weissblech von Triest für....... 56000 „ Oel von Triest und Dalmalien für..... 500000 Spiritus, Wein, Li<|ueur von Triest für ... 1,000000 Hanf von Triest und Ungarn für..... 600000 „ Stearinkerzen von Triest und Wien für . . . 30000 Trockene Früchte von Triest und Dalmalien für 10000 „ Seife von Triest und Dalmatien für .... 400000 Verschiedene Esswaaren v. Triest u. Dalmatien für 60000 Pelze von Leipzig und Wien für ..... 400000 Eisenstangen von Leipzig und Wien für . . . 30000 Luxuswaaren von Wien und Triest für . . . 600000 Zusammen für: 38,326000 Piaster. Es sind hier die Einfuhrartikel: Türkische Teppiche aus Rumelien für .... 480000 Piaster. Seide für Posamentirarbeiten für..... 5,000000 Taback aus türkischen Provinzen für .... 5,500000 „ Waffen aus Albanien für........ 900000 „ Fertige Kleider aus Rumelien für..... 5,000000 Ambra, Korallen u. Pretiosen aus Konstantinopcl für 400000 zusammen: 17,280000 Piaster, als nicht nach dem österreichischen Mauthlarif zu verzollende Waaren ausgelassen worden.l) Nimmt man nun von der Waarenvverthsumme von 38,326000 Piastern den unveränderlichen 8procentigen Zoll, so ergibt sich für Bosnien, nach Abschlag des Zehntels, eine jährliche Zolleinnahme von 2,759472 Piastern. Die Einfuhr in die Herzegovinä erreicht in denselben Artikeln an Waarenwerth ungefähr die Summe von 17,500000 Piastern. Berechnet mau in gleicher Art auch hier den Zollquotienten, so erhält man die Einnahme von 1,280000 Piastern, welche, zu der Zolleinnahme Bosniens zugeschlagen, ein Totale von 4,039,472 Piastern aufweisen. Diese Summe stimmt auch überein mit den Approximativangaben der bosnischen Beamten, welche die Totalzolleinnahme Bosniens und der Herzegovinä mil der Ziffer von 3!/2—4 Millionen Piastern veranschlagen. Von diesen Einkünften werden alle Auslagen für das Maulhwesen bestritten, alle Beamten besoldet, und es soll noch ein Best von einigen hunderttausend Piastern in die Regierungskassen fliessen. Postweaen. In Bosnien und der Herzegovinä besteht bisjetzt nur die reitende Posl, wiewol der gegenwärtige Gouverneur seit der fahrbaren Herstellung der von Serajevo nach Brood führenden Strasse mit dem Gedanken umgeht, auf dieser Route die Fahrpost einzuführen. ') Näheres über Handel und Verkehr sowie über den Werth der einzelnen Gegenstände und Artikel ist aus der Seite 312 angezogenen Schrift zu entnehmen. Das Postwesen ist streckenweise in Pacht gegeben. Nebst der Beförderung von Passagieren übernimmt und expedirt die Postanstalt nur Briefe und kleinere Packete, die in kleinen, auf dem Bücken eines oder auch zweier Pferde befestigten Felleisen aufbewahrt, von einem reitenden Postknecht und einem Tataren (einer Art Conducteur) an'den Bestimmungsort befördert werden. Wo es möglich ist, werden die bepackten Postpferde im Trabe, an schlechten Wegstrecken, die aber 8/io der sämmtlichen Routenlängen ausmachen dürften, im Passgange oder selbst nur im Schritte getrieben. In Serajevo hat das Postbureau eine türkische und eine italienische Ueberschrift. Man darf sich von der innern Ausstattung dieser Amtsstube keine besondern Vorstellungen machen, da in derselben (unter dem mühelosen Walten eines einzigen Beamten) nur ein Tisch, ein Sessel und ein grosser Korb als Einrichtungsgegenständc stehen, in welch letztern die einlangenden und abgehenden Briefe geworfen werden. Da die Adressen der Briefe oft in verschiedenen Sprachen ab-gefasst sind und von einem türkischen Beamten die Kenntniss mehrerer Sprachen nicht verlangt wird, so ist der Interessent, sobald die Adresse nicht türkisch abgefasst war, gezwungen, sich seine Briefe aus dem Papierkorbe selbst hervorzusuchen. Es lässt sich denken, in welchem Zustande die oft vom Regen durchweichten und im Korbe durcheinandergeworfenen Briefe dem Empfänger zukommen. Die Garantie für die gewissenhafte Zustellung des Schreibens wird nur gegen schweren Gelderlag übernommen; auch für die gewöhnlichen nicht recommandirten Schreiben wird eine bedeutende Taxe erhoben, und doch geräth trotz aller Mängel der Gebarung selten ein Brief in Verlust. Je nach der Wichtigkeit der Route verkehrt die Post ein- oder zweimal die Woche. In den kleinern Stationen gibt es keine Postbeamten, da in diesen nur die Pferde gewechselt werden; der die Post begleitende Talar führt das Postfelleisen in eigener Person ohne Wechsel bis zur Grenze, und kehrt mit den für Bosnien bestimmten Briefschaften zurück. Die Benutzung der Postpferde zum persönlichen Fortkommen ist äusserst kostspielig, da für jedes Pferd per Stunde 1 Zwanziger zu entrichten ist. Beabsichtigt z. B. jemand die Beise von Serajevo nach Brood mit Postpferden zu vollführen, und benöthigt derselbe nebst dem Reitpferde für seine Person ein Pferd für den Diener, ferner ein Packpferd, so ist er gezwungen (wenn er auch ganz allein reisen würde), nebstbei das Pferd des ihn begleitenden Poslknechts (Surudzi), somit 4, resp. 2 Pferde zu bezahlen. Für die 46 Stunden betragende Strecke (1 Stunde == % Meile) müsste er sonach im erstem Falle 61 Fl. 35 Kr. und sammt Trinkgeldern ungefähr 70 Fl. erlegen. Die Benutzung von Postpferden bleibt jedoch immer für jeden Reisenden empfehlenswerth, da die Pferde stets zur Hand sind, und unterwegs, je nach der Beschaffenheit der Boute, in jedem Tempo geritten werden können. Das kaiserlich österreichische Generalconsulat verwendet zur Beförderung der Dienstcorrespondenz nach Brood zwei der im kaiserlichen Solde stehenden Gavassen, von welchen einer wöchentlich einmal (und zwar in 54 Stunden) nach Brood reitet, und die in Brood liegenden Piecen und Briefe in Empfang nimmt. Telegraphen wesen. Bis zum Jahre 1863 durchzogen nur zwei Tclegraphenlinien Bosnien und die Herzegovinä, d. i. jene, welche von Konstantinopel über Novibazar nach Serajevo, und jene, welche von dort über Mostar nach Metkovic führten. Im Jahre 1865 wurde die Linie über Serajevo über Travnik, Banjaluka nach Altgradiska ausgebaut; im Jahre 1866 die Telegraphenlinie von Serajevo einerseits nach Zvornik, andererseits nach Unter-Tuzla errichtet, endlich die letztgenannten beiden s^dte miteinander durch eine solche verbunden. Sie zählen zu den besten Einrichtungen des Landes. 318 Viertes Kapitel Die Telegraphenbureaux sind wie im übrigen Europa eingerichtet. Die Beamten, die gewöhnlich Italiener oder Dalmatiner sind, müssen au den Hauptstationen, wie z. B. in Serajevo oder Mostar, der türkischen und französischen Sprache mächtig sein, werden gut bezahlt, von der Regierung angestellt und nach Gutdünken versetzt. Trotzdem dass der Gebührentarif für abzusendende Telegramme verhältnissmässig hochgestellt ist, dürfte die Einnahme wegen der geringen Benutzung kaum die Erhallungskosten decken. Allgemeine Bemerkungen über Administration, Bestimmungen über den Chattiseherif von Gülhane, Durchführung desselben. Von Zeit zu Zeit, jedoch immer in spät aufeinanderfolgenden Perioden, sendet die hohe Pforte in die verschiedenen Provinzen des Reichs ausserordentliche Commissare mit den grössten Machtbefugnissen ausgerüstet ab, welche in allen Zweigen der politischen Verwaltung die ihnen nöthig scheinenden Reformen durchführen. Der im Jahre 1862 nach Bosnien und in die Herzegovinä delc-girte ausserordentliche Commissar Achmed Dschevdet Effendi ist Hof-historiograph, und verbindet mit einer seltenen Intelligenz Menschen-kenntniss und Güte. Er ist Kadi Asker von Anatolien, bekleidet somit eine der ersten geistlichen Würden des Staats, und gerade diese Stellung und die erwähnten Eigenschaften erleichterten die Durchführung einiger nothwen-digen Reformen, die theilweise mit dem Koran im Widerspruch waren. Durch ihn erhielten sie eine Art geistliche Sanction und stiessen somit auf geringen Widerstand. Sowol die Proclamirung des kaiserlichen Fermans, welcher die Ernennung des ausserordentlichen Commissars bekannt gab, als auch der persönliche Einzug dieses lefzlern in die Hauptstadt der Provinz geschah unter dem Donner von 21 Salutschüssen. Die elenden Wege wurden schon früher, so gut es eben ging, ausgebessert (d. h. sie wurden nach dortigem Ausdrucke „verschönert"), und alle Behörden nebst einigen Truppenabtheilungen, incl. der Militärmusik, zogen, erstere zu Pferde, dem Mächtigen entgegen. (Es sei iiier erwähnt, dass auch der Gouverneur einer Provinz sowie überhaupt ein hoher Würdenträger oder Militär, bei Inspicirungs-oder bei einer sonstigen Reise in ähnlicher Art empfangen wird. Das Mass der zu leistenden Ehrenbezeigungen richtet sich jedoch nach dem Grade des zu Empfangenden.) Das Land verdankt der Amts Wirksamkeit des ausserordentlichen Commissars manche wohlthälige Einrichtungen und Reformen. So musste zu Ende des Jahres 1863 jeder ohne Unterschied des Standes seinen Besitz (den seine Vorfahren oft durch Erpressung vom Bauer erzwungen hatten) legalisiren lassen, und wurde für die Ausserachtlassung dieses Befehls Confiscirung der Güter und Ver-tbeilung des Bodens angedroht. Femer wurde eine Volkszählung angeordnet. So wie die erste Verfügung für den Steuersatz, so war die letztere für die beabsichtigte Durchführung der Bekrutirung der muselmanischen Bevölkerung von Wichtigkeit, welche auch ein Jahr darauf, d. h. 1864, wirklich zur Ausführung gelangte. Ebenso hielt er das Gesetz hinsichtlich der Zehntabgaben streng aufrecht und verordnete Erleichterungen. Eine weitere sehr lobenswerte Massregel war, dass die Mu-dire nicht wie bisher von den Provinzgouverneurs, sondern vom Ministerium in ihre Stellen ernannt wurden. Sie erhielten dadurch einerseits mehr Selbständigkeit und Sicherheit den hohem Provinzbehörden gegenüber, indem sie nunmehr nicht so leicht eine Entlassung zu fürchten haben, andererseits wurde dadurch der Bcstech-tahkeit eine Schranke gesetzt. Ebenso bestimmte Dschevdet Eftendi, dass in Hinkunft nur das Gouvernement in Rechtsverhandlungen als Appellationsgcricht zu ent-seheiden habe. Es wäre hier noch zu erwähnen, dass die lobenswertesten Anstrengungen gemacht werden, das Land mit fahrbaren Communi-Cationen zu versehen und hierdurch Handel und Bewegung zu erpichtem. Dies ist jedoch mehr ein Verdienst des Gouverneurs, welcher die hohe Wichtigkeit und den Nutzen dieser Bauten in der vollsten Bedeutung erkannte. Die durch den ausserordentlichen Commissar getroffenen Verfügungen scheinen eine theilweise Ergänzung und Erfüllung derjenigen Bestimmungen zu sein, welche durch den Chattischerif von Gülhane (3.-Nov. 1839) und durch die nach dem russisch - türkischen Feldzuge aufgestellten Reformpunkte in Aussicht gestellt wurden. Zur bessern Würdigung des oben Gesagten und zur richtigem Beurteilung der administrativen Lage der beiden Provinzen fügen wir die bezüglichen Reformpunkte bei. Der Chattischerif von Gülhane bestimmt in seinen drei Hauptpunkten: 1. Die Garantie der Person und des Eigenthums eines jeden Untertans. 2. Eine zweckmässige Art der Verteilung der Steuern. 3. Die Einführung eines geordneten Verfahrens bei der Rekru-tirung der Truppen und die Bestimmung der Dauer ihrer Dienstzeit. Die nach dem russisch-türkischen Feldzuge aufgestellten Reformpunkle sind folgende: 1. Aufrechthaltung der Bestimmungen des Chattischerifs von Gülhane und der Tansimatsgesetze. 2. Gewährleistung der der griechischen und romanischen Kirche ab antiquo zuständigen geistlichen Privilegien durch eine neue Acte des Sultans. 3. Entbindung der Patriarchate und Synoden von aller weltlichen und Justitiaren Gewalt. Ernennung der Patriarchen auf Lebenszeit, fixe Besoldung der höhern und niedern Geistlichkeit, Emrich-tung einer besondern Administrativbehörde für die griechischen und armenischen Bajahs. 4. Gleichstellung der verschiedenen Culte und Nationalitäten im Reiche; Erlaubniss, christliche Kirchen im Reiche zu bauen. 5. Verzicht auf die Verfolgung und Bestrafung solcher mit dem Tode, die ihren Glauben wechseln. 6. Zulassung der Christen zu allen Staatsämtern. 7. Errichtung allgemeiner Schulen zur Vorbildung für den Staatsdienst für Mohammedaner und Christen. 8. Einführung einer besondern weltlichen Gerichtsbarkeit für die christlichen Rajahs. Zusammensetzung dieser Tribunale aus Mohammedanern und Christen, sobald gemischte Interessen zur Frage kommen. 9. Codilication der bestehenden Civil- und Criminalgesetze und deren Umgestaltung nach Bedürfniss. 10. Veröffentlichung dieses Gesetzbuchs in allen Sprachen des Beichs. 11. Beform des Gefängnisswesens. 12. Reform der Polizei. 13. Rekrutirung unter den Rajahs und Zulassung der Christen zu allen militärischen Graden. 14. Reform der administrativen Behörden in den Provinzen, Vertretung der Christen in den Medschliss. 15. Erlarfbniss für Franken (Fremde), Grundbesitz zu erwerben, doch mit der Beschränkung, dass das liegende Eigenthum nicht unter die exceptionelle Gerichtsbarkeit trete, welche die Verträge den Europäern gewähren. 16. Einführung der directen Besteuerung, Abschaffung des Systems, die einzelnen Steuerkategorien en bloc an Staatsbeamte zu verpachten. 17. Verbesserung der Communicationswoge zu Wasser und zu Lande. 18. Einführung und vernünftigere Ordnung des Voranschlags für den Staatshaushalt. 19. Vertretung der Christen in dem obersten Staatsrate zu Konstantinopel durch zwei Organe jeder Nation der Rajahs. 20. Einrichtung von Greditinsfituten für den Handel. 21. Reform des Münzwesens. Die Punkte 1, 2, 3, 9, 10, 18, 19, 20, 21 entziehen sich dem Urlheile dieser Schrift, da sie mehr Staats- als provinzielle Interessen berühren. Punkt 4 wird im allgemeinen beobachtet, wiewol es Fälle gab, wo dem Kirchenbaue mancherlei Hindernisse in den Weg gelegt wur- KOSKIEWICZ. 21 den. Bisher war es den Pfarrern nur gestallet, in ihren Wohnungen Kapeilen aufzurichten. Es dürfte' eine geraume Zeit vergehen, ehe die Punkte 6 und 13 zur Durchführung kommen. Punkt 7, in Wesenheit von der Regierung angeboten, wird von der christlichen Bevölkerung leider nicht ausgenutzt. Die Durchführung des Punktes 15 ist in der Schwebe. Punkt 8 und 14 wird wenigstens dem Wortlaute nach vollständig, Punkt IG theilweise, Punkt 17 nach Möglichkeit berücksichtigt. Die Bestimmungen der Punkte 11 und 12 bleiben von relativem Werthe. Das Vortheilhafte von jetzt gegen das Misliche oder Ta-delnswerthe von früher entzieht sich der Beurtheilung. Dies ist die Charakteristik der administrativ-politischen Lage im allgemeinen, wobei nicht zu verkennen ist, dass die kaiserlich türkische Regierung in verhältnissmässig kurzer Zeit bedeutende Hindernisse und Vorurtheile überwunden, und dem bürgerlichen Gleichhcils-prineip sowie der religiösen Toleranz die freie Bahn eröffnet hat. Oeffentliche Arbeiten. Bis zum gegenwärtigen Moment geschah in Bosnien und der Herzegovinä sehr wenig für die Erhaltung und Ausführung der öffentlichen, dem allgemeinen Wohle dienenden Anstalten und für Bauten von allgemeinem Werthe. Die Unruhen der letzten Jahrzehnte und die Kriege der letzten Zeit absorbirten die Aufmerksamkeit der Regierung, und führten die spärlich vorhanden gewesenen Geldmittel andern und damals wichtigern Zwecken zu. Gegenwärtig trachtet man aber das Versäumte nach Möglichkeit einzuholen. Zu den wichtigsten Unternehmungen gehört die Herstellung von fahrbaren Gommunicationen, die das Land in den Hauptrichtungen theilweise bereits durchziehen, theilweise durchziehen sollen. Ein grosser Theil der Slrasscnbauten verursacht zwar der Regierung, mit Ausnahme der Lieferung einiger Centner Pulver zum Bcliufe der Felssprengungen, keine Auslagen, da alle diese Arbeilen im Requisitionswege ausgeführt werden, doch wurden andererseits theilweise auf Verwendung des österreichischen Generalconsulats namhafte Geldbeträge zur Erbauung einer Kunslstrasse von Livno an die Grenze gegen Sign bewilligt, und in neuerer Zeit, nach Versicherung eines höhern türkischen Offiziers, zum Baue einer Strasse im Na-rentathale 800000 Piaster angewiesen. Während zu den letzterwähnten Bauten ausländische Ingenieure verwendet werden sollen, überliess man die Anlage der Fahrwege der ersterwähnten Kategorie den Kenntnissen der verschiedenen Bezirksleiter, welche den Zug der Strasse im grossen angaben und streckenweise Zaptien (vor Errichtung der Gensdarmeric Landespolizei) als Bauleiter aufstellten, die im Baue entweder der ehemaligen Spur des Bcitweges folgten, oder nur durch unwesentliche Abweichungen dem Zwecke genügt zu haben glaubten. Daher kommt es, dass die Bewohner mancher Gegend, die vielleicht nie einen Wagen sahen, und an die Benutzung steiniger, zerklüfteter und höchst steil führender Reitwege gewöhnt sind, jeden etwas bessern Weg für „ravan" oder „ravno" (slav. eben), die angelegten neuen Strassen aber für fahrbar halten. Nichtsdestoweniger sind diese Wege in den Thälern oder wo überhaupt keine Terrainschwierigkeiten zu überwinden waren, wirklich fahrbar, an Gcbirgspassagen jedoch für 2—3 Pferde nebeneinander nur gut reilbar, was immerhin als grosser Fortschritt gelten kann. Zum Behufe des Slrassenbaues werden die Bewohner aus meilenweiter Ferne zusammengerufen, jedem ein Stück von mehrern Klaf-lern Länge (gemeindeweise) zugewiesen, welches er, nachdem die Breite mittels Flechtwerk bezeichnet wurde, nach Ermessen herstellen muss. Oft geht der Zug durch Wälder, die gelichtet, werden müssen, was durch Ausbrennen geschieht; manchmal wird Grundbau und Aufschotterung angewendet, oft blos die letzlere u. s. w. Der ganze Bau trägt, man könnte fast sagen individuelles ^präge, da man nach den Strecken die fleissigere Arbeit des Bajah 21* von der leichtfertigem des Mohammedaners zu unterscheiden im Stande ist. Die Arbeiter bleiben 6—8 Tage, oft auch länger, gewöhnlich bis zur Beendigung der Strecken, an Ort und Stelle, bivuakiren längs der Strassentrace, indem sie sich in das Erdreich eingraben oder Reisigbütten bauen, und leben von mitgebrachten Mundvor* räthen. Nur die Arbeiter aus der ärmsten Klasse, die ihrer Pflicht bereits genügt haben und für Bemittelte arbeiten, erhalten von diesen Lohn und Verpflegung. Die Zimmerleute werden ausgeschieden und zur Herstellung der Brücken verwendet. Ebenso wurden zum Baue der Blockhäuser an der montenegrinischen Grenze im Jahre 1863 die Zimmerleute aus allen Theilen Bosniens durch Gensdarmerie in die Gegend von Niksic escortirt. So primitiv nun diese Strasscnzüge angelegt und erbaut sind, so haben sie doch schon Handel und Verkehr (einstweilen jedoch nur in der Richtung Brood-Serajevo und Altgradisk-Banjaluka) gehoben. Die Bewohner sehen die Vortheile der fahrbaren Gommunicationen ein, wissen bereits die Leistungsfähigkeit des vorgespannten Pferdes im Vergleich mit jener eines Lastthieres zu schätzen, und trachten, sich Wagen zu verschallen. Es muss hier jedoch beigefügt werden, dass die Wagenbeschaf-iüng bis jetzt grösstentheils nur von Christen, Juden, selbst Zigeunern angestrebt wird, dass der bosnische Mohammedaner vielleicht aus Eigendünkel nur langsam auf die Neuerung eingeht, und noch immer lieber sich auf sein braves Pferd schwingt, als in den Wagen steigt. Nebst den Strassenbauten wurden in den letzten Jahren einige Kasernen oder Pulvcrlhürme entweder neu gebaut, wie z. B. zu Mostar, Travnik etc., oder einige alte als Festungen betrachtete Schlösser, dann Pulverthürme ausgebessert. II. Die im Lande befindlichen Consulate und deren Zweck. 325 Dem in der Nähe von Serajevo befindlichen warmen Schwefelbade zu Illidzje, welches Staatseigenthum ist, wurden einige Unter-kunftslocalitäten zugebaut. Ebenso soll im Jahre 1865 die zu Visegrad über die Drina gespannte, sehr schöne und massiv gebaute steinerne Bogenbrücke, die dem Vezier Sokolovic, einem Bosnier, ihre Erbauung verdankt, gründlich restaurirt worden sein. Dies wäre so ziemlich die ganze Thätigkeit, die auf dem Gebiete der „öffentlichen Bauten" entfallet wird, immerhin mit Berücksichtigung des Strassenbaues gross genug, um mit der Zeit oder „mit Eile und Weile" Bedeutenderes erwarten zu lassen II. Die im Lande befindlichen Consulate und deren Zweck.') Zum Schulze der Unterthanen, zur Wahrung der Handelsinteressen und zur Förderung und Erleichterung der Verkehrsbeziehungen im Orient von Seiten der fremden Mächte eingesetzt, üben die Consulate durch ihren Rath einen nicht unbedeutenden Einfluss auf den Fortschritt und auf das Gedeihen des Landes aus. Die kaiserlich österreichische Regierung hat für Bosnien ein Ge-neralconsulat zu Serajevo eingesetzt, welchem die Consularagentien zu Bercka, Banjaluka2) und Livno unterstehen. Ebenso besteht für die Herzegovinä ein Viceconsulat zu Mostar, von welchem die Consulalsagentur zu Trebinje abhängt. Das Viceconsulat zu Mostar ist vom Generalconsulat zu Serajevo unabhängig und mit denselben Vollmachten wie das eben genannte ausgerüstel. J) Das österreichische Consulatswesen von Dr. Piskur. J) Noch vor kurzem bestand die Consularagentie von Bercka zu Tusla, jene von Banjaluka zu Bihac. Zur Bearbeitung der vielfachen Geschäfte sind dem General-consulale ein Generalconsulats-Kanzler als Stellvertreter des General-consuls, ein Dolmetsch (Dragoman) und ein Consulareleve, ferner drei Schreiber beigegeben. Ausserdem sind /.um Theil für die Cor-respondenzvermiltelung des Generalconsulats nach der österreichischen Grenze, zum Theil für Versendungen und für Begleitungen im Innern des Landes selbst, sowie zum Schutze des Consulats, 5 Cavassen (Mohammedaner) in kaiserlichem Solde, welche aus den Eingeborenen gewählt und von der Landesregierung in ihrer beschränkten Amiswirksamkeit, die jener der Landesgensdarmerie gleichkommt, bestätigt werden. Das Personal des Viceconsulats zu Mostar besieht in einem Vicekanzler, einem Dolmetsch, ferner einem Schreiber und zwei Cavassen. Die Consularagentieu haben kein Dülfspersonal, und dürfen nur zur Versendung der Correspondenzstücke, mit specialer Bewilligung des Ministeriums des Aeussern, einen Bolen oder Cavassen aufnehmen. Die Consulate sind mit keinem diplomatischen Charakter bekleidet, doch sind den Consularfunctionären gewisse Vorrechte zugestanden, worunter die wichtigsten sind: 1. Die Repräsentation der österreichischen Colouien als Begierungsorgane, gegenüber den Landesautoritäten innerhalb ihres Amts-sprengels, sowol in Geschäften als bei feierlichen Anlässen. 2. Die vollständige Exemtion von der Landesgerichtsbarkeit in Civil- und Strafsachen für sich und das Personal. 3. Das Becht der Aufhissung der kaiserlichen Flagge am Con-sulalsgebäude. 4. Die Immunität des Consulatsgebäudes von jeder Durchsuchung und von dem Eintritte der bewaffneten Macht. 5. Das Becht, Kuriere und Estafellen zu versenden. 6. Das Recht, Schutzwachen zu unterhallen. 7. Das Recht, den Gottesdienst im Consulatsgebäude abhalten zu lassen. II. Die im Lande befindlichen Consulate und deren Zweck. 327 8. Das Recht zum zollfreien Bezüge der zum Hausgebrauche nöthigen Einrichtungsstücke und Consumtionsgegenstände. Die österreichischen Unterthanen, deren Zahl sich in Bosnien und der Herzegovinä auf ungefähr 4000 Köpfe belaufen dürfte, müssen als solche mit Pässen versehen sein, die alljährig oder auch in kürzern Fristen visirt werden müssen. Sie sind allen österreichischen Gesetzen unterworfen, militärdienstpflichtig, haben aber auch das Anrecht auf den Schutz ihrer Person, ihres Eigenthums und des Betriebs ihrer Geschäfte. So wie dem General- und Viceconsulate ist auch den Consular-agenlien die Jurisdiction über die österreichischen Unterthanen nach österreichischem, nur wenig beschränktem, Gesetze zugestanden. Verbrecher werden nach durchgeführter Voruntersuchung dem zuständigen österreichischen Gerichte zur Aburteilung ausgeliefert, wozu von der Provinzialregierung die Escorte beigestellt wird. Aehnlichc Vorrechte und ein ähnlicher Wirkungskreis dürfte den in Bosnien und der Herzegovinä, d. h. in Serajevo und in Mostar, belindlichen Consulaten fremder Mächte zugestanden sein, doch reducirl sich ihre Amtswirksamkeit nur auf allgemeine Fragen, da sich in diesen Provinzen fast keine Franzosen, Engländer, Russen und nur sehr wenige Italicner aufhallen. Frankreich hat einen Consul für Bosnien in Serajevo, einen Viceconsul für die Herzegovinä in Mostar, welch letzterer jedoch dem Consul zu Serajevo untergeordnet ist. Bussland erhält einen Consul zu Serajevo und einen Viceconsul zu Mostar, beide selbständig. Erwähnenswerth ist der Einfluss, den die russischen Consulate vermittels der gleichen Religion auf die griechische Bevölkerung ausüben oder auszuüben trachten. England ist durch einen Consul zu Serajevo vertreten, welchem ein Consularagent zu Mostar untersteht. (Gegenwärtig ist der letztgenannte Posten unbesetzt). Endlich wurde im Jahre 1862 ein königlich italienischer Und im Jahre 1664 ein königlich preussischer Consul für Bosnien zu Serajevo eingesetzt. Jedem der fremdländischen Consuln wird von seilen der betreffenden Regierung gewöhnlich nur ein Secretär zugewiesen, der auch der türkischen Sprache mächtig sein muss, um als Dolmetsch die vorkommenden Verhandlungen mit dem Gouvernement führen zu können. Ebenso wie das österreichische Generalconsulat sind auch die andern Consulate berechtigt, Schutzwachen (Cavassen) zu halten. Fünftes Kapitel» Kurze Geschichte, eingeführte Eeformen und gegenwärtiger Stand der türkischen Landmacht. Vorwort. Es dürfte wol nicht überflüssig sein, der Schilderung des gegenwärtigen Heerwesens der Türkei die kurze Geschichte desselben, vom Ursprünge der herrschenden Dynastie angefangen, vorauszusenden, um so mehr, als schon die vollkommenere Organisation ihres Heeres im 14. und 15. Jahrhundert, gegenüber ihren Gegnern, die militärischen Erfolge der türkischen Armee, welche das grosse Reich gründen halfen, hierzu auffordern, und als die eigenthümlichen, mit der Staatsorganisation innig verknüpften Einrichtungen und die Art der Truppenbesoldung noch vor wenigen Jahrzehnten einen so wesentlichen Einfluss auf die politische Eintheilung und auf die Wohlfahrt der verschiedenen Provinzen, somit auch auf jene Bosniens nahmen. Mohammed, als Prophet und Beligionsstifter, vereinigte wie bekannt in seinen Händen die höchste geistliche und weltliche Macht, vererbte diese an seine Nachfolger, und gründete somit die vollkommenste Willkür- oder Gottesherrschaft (Theokratie), die erst in spä-lern Jahrhunderten durch die Geistlichkeit beeinflusst wurde. Einen der wichtigsten Religionsgrundsätze bildete die Bestimmung, den Islam durch das Schwert zu verbreiten. Jeder einzelne war zum ^ege verpflichtet, und nebst jeder andern Beschäftigung vor allem Krieger. Ganze Nationen wurden freiwillig oder gezwungen Glaubens-sheiter für den Islam und übernahmen mit diesem die Verpflichtung, ^obernd und bekehrend für die Religion zu wirken. I. Gründung des Reichs der Osmanen.1) Die Gründung des osmanischen Reichs beginnt im Jahre 688 (1289) mit der Belehnung Osman Reg's durch den letzten Sultan der Seldschuken lkoniums Alaeddin, mit Ross schweif und Kai tan, mit Schwert und Pferd, mit Pauke und Fahne, endlich mit dem Diplom als siebentes Symbol der Herrschaft. Dennoch war erst sein Sohn Orchan der eigentliche Gründer der Dynastie, da er die nur den absoluten Herrschern zukommenden Rechte der Münzpräge (Sikke, daher Zecca, nach Hammer) und des Kanzelgebetes usurpirte, dem Heere 729 (1328) eigene Unterscheidungszeichen in der Kleidung, d. h. Kopfbedeckung (weisse Mütze) gab und dasselbe durch ein neu errichtetes Corps Fussgänger (Piade, später Pionniere) vermehrte. Er setzte die Würden eines Grossveziers, als Stellvertreter seiner Person mit allen Machtbefugnissen, somit auch als obersten Commandanten der Truppen, ferner jene eines Armeerichters (Kadi-Asker) und eines Beglerbegs ein, und betraute den ersten Grossvezier Kara-Chalil-Dschenderi mit der Organisirung der Truppen. Errichtung der Piade und der Janitscharen. Man wählte jährlich 1000 junge Türken zu den Fusstruppen (Piade) und ebenso viele als Beiter, welche nur in Kriegszeiten erhalten (verpflegt) wurden, in Friedenszeiten jedoch von allen Abgaben befreit waren und den Namen Mossellem, d. h. Gefreite, erhielten. Sie hatten ihre Obersten (Bölükbaschis) und Fahnenfürsten oder Sandschakbegs, bestanden auch später neben der regulären Infanterie (Janitscharen) und Cavalerie (Sipahis) als Miliztruppe, und bewährten sich besonders im Jahre 759 (1357) bei Einnahme der Städte Galli-polis, Bodosto, Bulair etc. J) Benutzte Quellen: Skork, das Volk und Reich der Osmanen; Hayne, Abhandlung über die Kriegskunst der Türken; Hammer, des osmanischen Reichs Staatsverfassung und Staatsverwaltung. Die grosse Beute, besonders in letzterer Stadt an goldenen und silbernen Tassen, welche diese Milizen im Triumphe auf den Köpfen trugen, war die Veranlassung, dass ihnen Helme (Uskufj mit Reiberfedern als Kopfbedeckung gegeben wurden, die später nur die Garden behielten. Vier Jahre nach Errichtung der Piade und der Mossellems, 1329, wurden die Janitscharen ins Leben gerufen, jedoch erst 1362 vollkommen organisirt. Der oben erwähnte Vezier machte, sich auf das Gesetz stützend, dass die Besiegten sammt Weib und Kind Sklaven des Siegers seien, den Vorschlag, eine neue Truppe aus Christenkindern zu bilden, und zu diesem Behufe jeden zehnten Knaben, die alle mit Gewalt zum Islam bekehrt werden sollten, auszuheben, und successive jährlich 1000 dieser Christenknaben in die Truppe einzureihen. Sein Vorschlag wurde angenommen, und dieses Gesetz bis zum Jahre 1685 aufrecht erhalten, wo Mohammed IV. die Bekrutirung des Corps aus Janitseharenkindern anordnete. Sie wurden anfangs auf 2—3 Jahre nach Asien gesendet, um dort die türkische Sprache zu erlernen, bekleidet und besoldet, um sodann erst verwendet zu werden. Der zu jener Zeit in grossem Ansehen stehende Scheich Hadschi Bektasch, vom Sultan Orchan um seinen Segen und um einen Natten für die neue Truppe gebeten, legte einem vorgeführten Renegaten den langen Aermel seines Filzmantels rückwärts herabhängend über den Kopf und sprach: „Sie sollen den Fremden Schrecken einflössen und die neue ^ruPPe „Jeni-Tscheri" genannt werden." Diesen Namen erhielten sie zum Unterschiede von einem schon bestandenen Corps regulärer Infanterie, welches den Namen Segban (Nhndehütcr) führte, die in das Corps verschmolzen wurden und nun ei"en Theil desselben bildeten. Zum Andenken an diesen Segen erhielten sie eine weisse, riickwärts herabhängende Filzmütze, den Aermel des Scheichs vorteilend, und vorn statt eines Feldzeichens ein messingenes Futteral, ln welchem der Löffel stak, womit der Reis (Pilav) genossen wurde. Die Zahl der Regimenter und ihre Stärke, anfangs unnormirt, wurde durch Sultan Suleiman auf 165 mit dem unbestimmten Stande von 1ÖO—500 Mann festgestellt. Im 18. und im Beginne des 19. Jahrhunderts waren bereits 196 Ortas (Regimenter) und 4 Regimenter Soldatenkinder (Adschem Oglan, d. h. unerfahrene Knaben), diese letzfern als die eigentliche Pflanzschule, geschaffen. Wiewol schliesslich die Slandlisten weit über 100000 Janitscharen aufwiesen, waren doch zur Zeit der glänzendsten Erfolge höchstens nur 40000, vor Sigeth nur 12000 Mann im Felde. Ausser den besoldeten Soldaten gab es auch unbesoldete, d. h. Ehrenmitglieder, zu denen die höchsten Staatsbeamten gerechnet wurden, wozu sogar der Grossherr zählte. Der Sultan war Janitschar des 1. RegimenIs, empfing als solcher 1000 Asper, d. i. den höchsten Sold, und verfügte sich nach der Thronbesteigung, d. h. nach der Säbelumgürtung, worin die Ceremonie besteht, in die Kaserne des 61. Regiments, wo er Kaffee und Scherbet nahm, und beim Weggehen zu den Janitscharen sprach: „Will es Gott, zu Rom sehen wir uns wieder." Jedesmal wurde nach der Thronbesteigung des Sultans, vermöge Anordnung Suleiman's, den Janitscharen ein Thronbesteigungsgeschenk von ungefähr 24 Fl. per Kopf, den Spahls 30 Fl. verabfolgt. Die 196 Ortas oder Janitscharenregimentcr hatten eine ganz besondere Rangordnung. Das 19. hatte den ersten, das 1. den zweiten, das 111. den dritten Rang, die andern folgten der Nummer nach. Die Ortas oder Regimenter waren in ebenso viele Odas oder Kammern einquartiert, wodurch sie auch den Namen Compagnien erhielten. Es war daher Orta (Umfang der Abtheilung) mit Oda (Ort der Einquartierung) des Regiments oder der Compagnie gleichbedeutend. Jede Orta hatte eine gabelartig' ausgeschnittene Standarte, zur Hälfte gelb, zur Hälfte roth. Die Form und Farbe derselben wechselte. Es gab auch rothe Fahnen mit Schwert und Halbmond fco Felde, und zur Zeit der russischen Kriege zu Ende des vorigen Jahrhunderts bestand diese. aus rothem Felde mit grünem Rande, einem breiten, zweiklingigen Schwerte in der Milte und vier vollen Mondemhlcmen in den Ecken. Der Janitscharen - Aga. Der oberste Chef der Janitscharen war der Jenitscheri Agasi, d. h. Aga der Janitscharen. Er war gewöhnlich Pascha von 2—3 Rossschweifen, gleichzeitig obersler Polizeichef der Hauptstadt, hatte seinen eigenen Hof oder Divan, das Emennungsrecht im Corps, mit Ausnahme der nach ihm folgenden drei Generale, und war mit Ungeheuern Renten dotirt. Im Kriege wurden ihm eine weisse Fahne, dann die ihm gebührenden Rossschweife vorgetragen und vier Handpfcrde nachgeführl. . Es war dies der grössle Vertrauensposten. Ihm folgten: Die Generale des Corps. 1. Der Kul Kiaja, der erste Generallieulcnant. Er war der Generalquartiermeisler der Armee und durfte vom Sultan nur mit Zustimmung des ganzen Corps abgesetzt werden, ein Vorrecht, das selbst sein Chef nicht besass. Aus seinem Bureau gingen alle Befehle an die Armee hervor. 2. Der Scgban Baschi (das Haupt der llundcwächler), Generallieutenant, war Commandant der 33 Segbanregimcnlör. 3. Der Sagardschi Baschi (Jagdhundehüler) war Commandant ues 64. Begimcnls. 4. Der Samssundschi Baschi, Generallieulcnant und Com-hiandanl des 71. Begiments. 5. Turnadschi Baschi (Kranichwachterhaupt), hatte General-lieutenanlsrang. Die Namen dieser Generale waren verschiedenen Jagdverrich-tu%ren entnommen. 6. Der Bäsch Tschausch (Junker), Oberst des 5. Begiments, ^ejieralmajorsrang, Commandant der Militärtschauschen (Adjutanten). Ausser diesen gab es noch einen Orta Tschausch, der die Hinrichtungen vollziehen Hess, sodann. Agenten, Kanzleivorsteher, Rechnungsführer, dann Vorsteher des Pfaffenregiments No. 84 (Odschak-Imam) etc., die nach dem Dienstalter avancirten. Die Offiziere und die Symbole eines Regiments. Die vorzüglichsten Offiziere einer Orta waren: 1. Der Oberst, Tschorbadschi oder Suppenmacher. Er musste an Divanstagen den Pilav aus der Küche holen, daher der Name. 2. Der Oda Baschi, Hauptmann. 3. Der Vekili Chardsch, Lieutenant, Rechnungsführer. 4. Aschdschi Baschi, der oberste Koch. 5. Sakka-Baschi, der oberste Wasserträger. Das Wasser diente sowol zu den Waschungen als auch zum Kochen. 6. Der Bäsch Kara Kuludschi, oberster Küchenjunge. 7. Der Rasch Eski, Oberst der Veteranen, nebst andern mehr untergeordneten Chargen. Der Drittgenannte war der Vollstrecker der Urtheile, die bis auf 40 Fusssohlenstreiche lauteten, und bei angezündeter Kerze ertheilt wurden (vielleicht damit ihm das Licht der Erkenntniss leuchte!), oder aber, die den Tod forderten, welches Urtheil nach Streichung des Namens des Individuums aus den Standeslisten, mittels Erwürgung und sodann Versenkung des in einen Sack eingenähten Körpers in die See, vollzogen wurde. Die Offiziere der Regimenter verdankten ihre Namen der nun eingeführten regelmässigen Verpflegung, deren sie theilhaftig wurden; doch entsprach die Benennung in der spätem Epoche nur der eingenommenen Charge des Individuums, nicht aber der Dienstesverrichtung. Der Oberst trug bei feierlichen Aufzügen einen grossen Schöpflöffel in der Hand, der zur Verkeilung des Pilav oder der Suppe diente. Dieser Löffel war das Symbol der ihm obliegenden Verthei-lung der Lebensbedürfnisse und gleichzeitig das der Macht. Die Kessel waren das Palladium des Regiments und hatten die Bedeutung einer Fahne, zu weicher angeworben, bei der geschworen wurde, deren Verlust als Schimpf galt, und welche, wie die Tempel der Allen, die schulzgewührende Freistätte der Verfolgung wurde. An Divans- oder Beralhungslagen wurden die Janitscharen mit Pilav aus der kaiserlichen Küche versorgt, und rückten samml den Kesseln (für je 20 Mann ein Kessel) in das Serail (kaiserliche Schloss). Waren sie mit ihren Obern, mil ihrer Verpflegung und den an sie gestellten Forderungen zufrieden, so wurde der Pilav im Lauf-tritte geholt und rasch verspeist. War dies nicht der Fall, so blieben die Janitscharen Iheilnahinlos stehen, welches das Zeichen ihrer Unzufriedenheit, der Moment der Unruhe für die Grossen des Reichs, und, bei nicht zugestandener Erfüllung ihrer Forderungen, das Anzeichen der blutigsten Empörungen war, deren Folgen vielen Würdenträgern und manchem Grossvezier den Kopf, manchem Sultan den Thron kostete. Eintheilung der Regimenter. Die 196 Regimenter wurden überdies in drei grosse Corps getheilt, wovon die ersten 62 Regimenter Buluk, d. i. die Haufen oder die Hotten, die folgenden 33 die Segban (Namen der allen Infanterie oder Miliz), die letzten 101 Regimenter Dchamat, gewöhnlich aber Piade oder Jaja genannt wurden. Viele dieser Regimenter genossen grosse Begünstigungen oder waren zu besondern Verrichtungen verpflichtet Buluk (die Haufen). Von diesen waren das 3. und 4. Regiment die Kameltreiber. Die Gerichtsdiener bildeten ein Regiment; zwei Regimenter waren Chasekis oder die Gefreiten; im Nolhfalle Errichteten sie Henkersdiensle. Ein Regiment war das der Zeltauf-Schlager, ein Regiment gab die Feuerwache ab, und wurde zur Zeit Selim's als Pompiercorps organisirt. Das 56. hatte immer die Wache l)(,|m Aga der Janitscharen. Die Seghan waren sozusagen die Feldjäger des Reichs, die Orta begleitete den Sultan zur Jagd. Jaja, Piade oder Dschamat. Das 1., 2., 4. und 5. Dschamat waren ebenfalls Kameltreiber, das 14., 49., 66. und 67. üschamat-regiment waren Chasekis oder die Gefreiten. Vom 60. bis zum 64. Regiment wurden die Leute zur Arcieren-garde des Sultans genommen. Das 17. Regiment enthielt die Vorzeltaufscblager und hatte die Ehrenwache beim Sultan im Felde. Das 54. Regiment war aus Exercirmeislern zusammengesetzt, das 64. bestand aus Spürhundewärtern, das 71. aus Doggenwärtern und das 82. aus Armbrustschützen. Die 4 Regimenter Adschem-Oglan waren, wie schon erwähnt wurde, die Pflanzschule für das Corps der Janitscharen. Kleidung, Bewaffnung, Besoldung, Stärke und innere Organisation des Corps. Das Ceremonienkleid des Janitscharen-Aga war ein Pelz aus Goldstoff (Goldbrokat) mit Zobel gefüttert, mit weiten, herabhängenden Aermeln. Die Generale trugen grünsammtene Kaftans mit Luchspelz gefüttert. Bis inclusive des Obersten trugen die Oberoffiziere die Kuka oder helmförmige Daube mit einem Busche von Straussfcdern. Die Dislinclionszeichen der Grade bildeten Spangen, Gürtel oder Schilder. Die Offiziere vom Obersten abwärts trugen die weiss-filzene Janitscharenhaube, Uskuf-Ketsche, jedoch mit einer goldenen Einfassung. Die Obersten der 62 Buluk trugen schwarze, die der 33 Orta der Segban rothe, jene der Dschamalregimenter gelbe Stiefeln. Alle Offiziere trugen den Vollbart. Die Mannschaft hatte als Kopfbedeckung die schon erwähnte Haube, Uskuf-Ketsche. Die Farbe des Oberkleides Dolama (woraus Dolman entstanden ist) konnten sie sich nach Belieben wählen, nur der Schnitt des Dolama war vorgeschrieben. Die weiten Beinkleider (Schalvars) bestanden aus blauem Tuche, welches sie jährlich geliefert erhielten. Bis zu Ende des 17. Jahrhunderte bedienten sie sich Panzerhemden und Armschienen. Im Urbeginn wurden die Janitscharen mit Säbel, Schild, Streitaxt, Bogen und Pfeil, ein Theil nebstdem mit dem Dschirid, einem 3y2 Fuss langen Wurfspiesse, ausgerüstet. Im 15. Jahrhundert wurde ein Theil, im 18. die ganze Truppe mit Flinten bewaffnet. Nebst einer täglichen Naluralverpllegung, die, einschliesslich der untern Offiziersgrade, in der Verabreichung von Brot, Fleisch und Reis bestand, erhielten: 1. Die Janitscharenkinder, Adschem Oglan, vom Tage der Geburt an 3 Asper oder 1 Para. 2. Der Sold der diensttuenden Janitscharen wurde nach den Dienstjahren- zugemessen, betrug zwischen 4 und 7 Asper, und stieg bei denen, die sich vor dem Feinde besonders hervorgelhan hatten oder bei Invaliden bis zu 39 Asper des Tages, welche Summe den höchsten Sold eines Janitscharen ausmachte. Diejenigen, welche blos in die Standlisten eingetragen waren, erhielten nur in Kriegszeilen Sold und Verpflegung, und nur nach einem mitgemachten Feldzuge einen Invalidengehalt. Die letztgenannte Kategorie der Janitscharen konnte auch Vertreter, sogenannte Jamaks, stellen. Nebst der Besoldung erhielten ferner die Janitscharen jährlich 32 Asper Kragengeld und 50 Ellen Leinwand für den Kopfbund. Es würde hier zu weit führen, die Gehalte der Regimentsoffiziere anzugeben, dieselben variirlen je nach der Charge zwischen 15 und 120 Asper des Tages. Die Gehalte der höhern Offiziere L|nd Generale waren sehr bedeutend. Die Stärke dieser Truppe war in den verschiedenen Kriegsund Friedensperioden auch verschieden. Während eines Friedens wurde die grössere Hälfte des Corps in die Provinzen verlegt. So w^r in Serajevo zur Zeit der Begierung Mohammed's IV. um das Jahr 1680 ein Begiment mit 669 Mann garnisonirt. Zu derselben betrug die Gesammtstärke des Corps l) 54000 Mann. l) Siehe Hammer. Die belehnten Fusstruppen sollen später erwähnt werden. Beim Schlüsse des 18. und im Beginne des 19. Jahrhunderts betrug die Zahl der in den Standeslisten Eingeschriebenen fast 400000 Mann; factisch erreichte aber der eflective Stand der regulären Truppen in Kricgszeiten selten die Höhe von 80000 Mann. Die Disciplinargesetze sowol in den Adschem Oglan als in den andern Begimentern wurden ursprünglich sehr streng gehandhabt und unbedingter Gehorsam verlangt. Nebst körperlichen Ucbungen, die in Turnen, Bingen, Fechten und Werfen des Speeres, später in Schiessen bestanden, wurden sie im Frieden vielseitig verwendet, insbesondere als im Orient die Civil- und Militärverwaltung und die Dienstanforderungen beider Theile nicht so streng geschieden waren, wie es gegenwärtig vermöge der weiter gehenden Ausbildungsansprüche der Fall ist. Die Adschem Oglan, wie alle andern Begiinenfer kasernirt, erhielten überdies Unterricht im Lesen und Schreiben, und wurden, je nach der bewiesenen Intelligenz, entweder zu Hofdiensten oder als Chargen in der Truppe verwendet. Mit Ausnahme der Ehrenmitglieder (Würdenträger) wurden in der ersten Zeit keine Muselmanen von Gehurt in die Reihen des Corps aufgenommen. Ihren Angehörigen schon im Knabenalter entrissen, fern von diesen, ja fast ohne Aussicht, dieselben je wiederzusehen, betrachteten sie die Orta (Regiment) als ihre Heimat, und wurden Berufssoldaten im vollsten Sinne des Wortes. Der gute Sold, der mit den Dienstjahren wuchs, die Aussicht, durch Tapferkeit und bewiesene Intelligenz zu den höchsten Ehrenstellen zu gelangen oder zum mindesten das Leben im Genüsse hoher Invalidengehalte beschliesscn zu können, der Vorzug, den sie vor allen andern Truppen genossen, erweckte ihr Selbstvertrauen, machte sie sodann übermüthig, und sowol im Innern des Beichs als auch bis zu Anfang des 17. Jahrhunderts nach aussen gefürchtet. Taktische Ausbildung und moralische Eigenschaften der Janitscharen. Vor dem Feinde reducirten sich ihre taktischen Evolutionen nach dem Abfeuern ihrer Gewehre (Flinten), die sodann in die linke Hand geworfen wurden, auf ein geschlossenes tollkühnes Vorgehen in gegliederten Haufen mit dem Säbel in der Faust. Sie suchten durch die Initiative des Angriffs sowie durch die Tiefe der Angriffs-colonnen, welche oft aus mehrern Regimentern, die hintereinander folgten, gebildet und nur durch einzelne Flügelcolonnen in den Flanken gesichert wurden, zu reussiren. Ris zur Ausbildung und richtigen Verwendung der Artilleriewaffe, d. i. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts, waren diese Angriffe gewöhnlich auch von Erfolg begleitet. Von diesem Zeitpunkte an nahm einerseits die Disciplin und der Kriegseifer der Janitscharen ab, hingegen andererseits die taktische Ausbildung der Truppe, die bessere Verwendung der Artillerie bei den Gegnern zu. Die Gewalt der kopflosen, ungestümen, in der Regel dreimal wiederholten Angriffe brach unter dem mörderischen Feuer der Geschütze, und verwandelte die begonnene Offensive in unaufhaltsame Flucht, Bei den äusserst mangelhaften Sicherheitsmassregclu der Türken halte eine unverhofft durchgeführte Offensive von seilen des Gegners jedesmal die günstigsten Resultate zur Folge. Die in einem gewissen Eigendünkel zur Hebung des moralischen Elements getroffenen, mehr stationären Lagereinrichtungen, wozu die Anlage von Magazinen und Depots, die Mitnahme der schwerfälligen Kassakisten, der Haus- und kostbaren Zelteinrichlungsgegenstände, die Ansammlung grosser Vor-r;i|he etc. gehörte, lieferten in solchen Fällen die grosse Reute, die a's Preis dem Sieger zufiel. In der Defensive, speciell aber bei Verlheidigung fester Plätze, bewiesen die Janitscharen eine zähe Ausdauer, die nebst andern Motiven ^«on in der Korausvorschrift: „die Moscheen und die Grabstätten der Märtyrer und Angehörigen zu vertheidigen", ihre Begründung fand. Die'Reiterei. Diese zerfiel in zwei Theile: 1) in die besoldete und 2) in die belehnte Reiterei. Die erstere zählte zu den Pfortendienern oder der Reichstruppe, die letztere bildete die Landmiliz oder die Landwehr. Die besoldete Reilerei wurde in 6 Corps oder Odschaks (die Herde, da sie diese zu verlheidigcn berufen waren), getheilt, wovon jedoch nur die erstem 2 diesen Ehrennamen führten, die letztem 4 Corps aber die 4 Rollen hiessen. Die ganze Cavalerie war zum Schulze der heiligen Fahne und des Grossherrn bestimmt. Jedes dieser 6 Corps war je nach der Verwendung unter specialen Namen bekannt: 1. Die Sipahi (Reiter). Sie wurden unter der Regierung Murad's I. um das Jahr 1376 errichtet und theilweise der Bevöl-kerung entnommen, theilweise aus den vorzüglichsten der Adschem Üglan-Regimenter ergänzt. Ihr General war der Sipahilar Agasi. welcher eine rothe Fahne führte, und mit dem Corps unmittelbar zur Rechten der heiligen Fahne die Aufstellung nahm. Die Stärke des Corps betrug unler Mohammed IV. über 7000, im- Beginne des 19. Jahrhunderls zwischen 10—12000 Mann. Die Kleidung war nicht streng vorgeschrieben, doch wurde eine gewisse Gleichheit oder Aehnlichkeil in der Wahl der Farben und im Schnitte angestrebt. Anfangs trugen sie Panzer und Sturmhauben, welch letzlere später dem mit Federn gezierten Turban wichen. Die meisten trugen rothe Mäntel. Die europäischen Sipahis trugen breite krumme Säbel, Karabiner und Pistolen; die asiatischen Säbel, Wurfspiess, Streitaxt; die Araber Bogen, Pfeil und Säbel. Ein grosser Theil derselben führte 10 Fuss lange Lanzen. Der Sold des einzelnen Beiters war bedeutend höher als der eines Janitscharen. Er konnte bis auf 99 Asper des Tages, somit auf fast das Vierfache des Soldes eines Fussgänger.s erhöhl werden. Das Manövriren in grössern geschlossenon Körpern war ihnen nicht bekannt. Ihre Attaken wurden in losem Zusammenhange, wie ungefähr die Schwarmattaken der Neuzeil, ausgeführt. Hauptsächlich wurde auf die Geschicklichkeit des einzelnen Reiters im Gebrauche seiner Waffen beim Angriff1 und der Verteidigung, auf dessen Gelenkigkeit und auf die Beweglichkeil des Pferdes, endlich auf die Kühnheit im Reiten und auf die Schnelligkeit in der Bewegung gesehen. 2. Die Silihdare (Waffenträger). Sie waren eine ebenso alte Truppe als die Sipahis und ebenso angesehen. In der Schlachtordnung hatten sie den Bücken des Grossherrn zu decken und wurden oft den Sipahis vorgezogen. Nach Mohammed dem Eroberer erhielten sie eine gelbe Fahne und die taktische Eintheilung zur Linken des Sultans. Ihr Commandant Silihdar Agasi hatte gleichen Bang mit dem Sipahilar Agasi. Ihre Stärke betrug ebenfalls zwischen 10—12000 Mann. Im Felde hatten sie verschiedene und besondere Verwendungen, mussten die Wege und Brücken herstellen, die Hügel vor dem Zelte des Sultans oder Grossveziers zur Aufpflanzung der Rossschweife aufwerfen, wozu sie mit Schaufeln und Hauen versehen waren, die einige Maulesel trugen. 3. Die Ulufedschiani jemin (die Söldlinge des rechten) und 4. die Ulufedschiani jessar (die Söldlinge des linken Flügels). Jede dieser Rotten zählte ungefähr 500 Mann, sie schlössen sich in der Schiachtordnung an den rechten und linken Flügel der erstgenannten beiden Corps an. Das Corps des rechten Flügels führte eine grüne, das des linken Flügels eine grünweiss gestreifte Fahne. Sie hatten überdies die Kriegs- oder Feldkasse zu bewahren und den Lagerpolizeidienst auszuüben. Die schlecht gewordenen Zelte wurden durch dieses Corps versteigert. 5. Die Ghurebai jemin (die Fremdlinge des rechten) und 6. die Ghurebai jessar (die Fremdlinge des linken F,ügels). Diese beiden Corps, welche ursprünglich zu den här- testen Arbeiten verwendet wurden, hatten ihre Posten zur Verteidigung der heiligen Fahne rechts und links der früher genannten Corps. Jedes Corps war 500 Mann stark; das des rechten Flügels hatte eine weissrothe, das des linken Flügels eine weissgelbe Standarte. Ausser diesen 6 besoldeten Corps bestand noch: Das Corps der Tschausche oder Adjutanten (Tschausch, Unteroffizier, bewaffneter Diener), welche im 19. Jahrhundert 900 Köpfe stark waren, und im Frieden als Ilofbeamle, im Kriege als Adjutanten, Herolde und Colonnenführer verwendet wurden. Die unregelmässige Reiterei oder die Freiwilligen zu Pferde waren unter den Namen Akindschi (Streifer), Deli (Wahnsinnige), Gönülli (Beherzte) u. s. w. bekannt, und machten sich im Kriege durch Kühnheit und glücklich unternommene Slreifzüge bemerkbar. Sie erhielten für den geleisteten Kriegsdienst nach dem Feldzuge angemessene Pensionen. Die Kleidung der verschiedenen Corps war willkürlich, in Bewaffnung, Besoldung und Ausbildung glichen sie den Sipahis. Artillerie (Topdschie). Schon Mohammed II, specie.ll aber Suleiman II. (1520—1566) widmete der Artilleriewafie eine besondere Aufmerksamkeit, und zwar zu einer Zeit, wo die Artillerie in europäischen Heeren noch in der Kindheit war. Suleiman errichtete das Corps der Topdschi, welches sehr angesehen war, und erbaute eine Stückgiesserei. Schon im 16. Jahrhundert sah man die Türken Geschütze des verschiedensten Kalihers ins Feld nehmen, darunter Piecen, die 120pfündige Sleinkugeln schössen. Bei der Belagerung Wiens hallen sie einige Mörser von noch grösserm Kaliber. Später wurden auch Geschütze kleinern Kalibers, 6-, 10- und 12pfündige Kanonen, und zwar zerlegt, das Rohr auf einem, die Laffette auf einem andern Wagen, die durch Ochsen oder Büffel gezogen wurden, mitgeführt, kamen aber immer spät, oft gar nicht zur Verwendung. Selbst nach der Belagerung von Wien blieb die türkische Artillerie bis zum Jahre 1770 stationär, öbschon die europäischen Mächte ihr Artilleriewesen gänzlich umgestalteten. Sie machten bis zu diesem Zeitpunkte fast keinen Unterschied zwischen Feld- und Belagerungsgeschütz, versahen ebenso ihre Feslungen mit den verschiedensten Kalibern, wie sie sich derselben bei Belagerungen und im Felde bedienten. Jedes Geschütz erforderte fast 20 Mann zur Bedienung. Das 16. und 18. Janitscharenregimcnt war ausschliesslich zur Bedienung der Geschütze bestimmt. Die Abnahme der Disciplin der Janitscharen inlluenzirte sehr nachtheilig auf die Ausbildung und den Fortschritt dieser Walle. Es Wurde nichts gelcrnl, nichts geübt. Wiewol Graf Bonneval als Achmed Pascha zwischen 1729 und 1747 eine Feldartillerie und manche gute Einrichtungen nach europäischem Muster in dieser Waffe in Vorschlag brachte und theilweise auch durchführte, so wurden diese in den Friedensjahren von den gleichgültig und träge gewordenen, von der Geistlichkeit unterstützten Truppen unbeachtet gelassen. Der unglückliche Ausgang des Kriegs gegen Bussland 1769—1771 und die grossen erlittenen Verluste veranlassten Sultan Mustapha III., an die Beorganisirung der Artillerie zu denken. Auch die Einrichtungen B. Tott's blieben wegen des Ablebens ^'eses Renegaten erfolglos. Erst dem Sultan Selim III. gelang es, die Artillerie mit Hülfe Englischer, französischer und schwedischer Offiziere dauernd umzugestalten. Das Gusshaus (Arsenal) zu Tophane, das schon zu Ende des 1 7 '■ Jahrhunderts unter der Leitung des Venetianers Sardi ganz Ruchbar eingerichtet worden war, wurde durch französische Offi-2lerc vervollkommnet, und 4-, 8-, 12-, sodann 6pfündige Feld- geschülze nach österreichischem Muster, sowie 36pfündige schwere Geschütze gegossen. Das Corps der Artilleristen wurde in 110 Compagnien, jede 120 Mann stark, und in Batterien getheilt, behielt aber alle Vorrechte der Janitscharen und eine Besoldung — je nach der Charge — von 20—40 Aspern. Die Artillerie erhielt eine eigene Uniform, wurde einer strengen Disciplin unterworfen und musste, im Gegensatze zu allen andern Truppen, die gar nicht geübt wurden, zweimal die Woche exerciren. Vor Ende der Begierung Selim's III. 1807 wurden Cavalerie-oder reitende Artilleriebatlerien errichtet. Nebst den eigentlichen Artilleristen bestanden noch als Institutionen Soleiman's des Grossen oder des Gesetzgebers das Corps der Arabadschi (Artilleriefuhrleute), der Kumbaradschi (Bombardiere) und der Tüfenkschi (Tüfenk, Flinte — Artilleriebedeckung). Die Arabadschi (Artilieriefuhrleute). Dieses Corps hatte nur einen kleinen Stamm. Die Mannschaft bestand aus Leuten aller Glaubensbekenntnisse und aller Nationen, besonders aber aus Bulgaren, welche in Kriegsfällen in Städten und auf dem Marsche ge-presst und dadurch ergänzt wurden. Sultan Selim organisirte sie vollkommen und gab ihnen Offiziere und Uniform. Die Stärke betrug zu dieser Zeit 3000 Mann. Dieses Corps enthielt schliesslich auch Handwerkscompagnien, aus Tischlern, Sattlern und Schmieden bestehend. Die Kumbaradschi (Bombardiere). Zur Zeit Suleiman's bestand das Corps aus 301 Mann, die einen Theil der Topdschi bildeten, und nicht besoldet wurden, sondern Lehen erhielten. In dieser Stärke verblieben sie bis 1734, in welchem Jahre dieselben durch den Benegaten Grafen Bonneva! auf 600 Mann verstärkt, besoldet, als Bombardiercorps instituirt und ausgebildet wurden, zu deren Chef Graf Bonneval ernannt ward. Sie wurden in 15 Bollen oder Compagnien zu ungefähr 100 Mann gelheilt, als ein für sich bestehendes Corps kasernirC. und ihrem Berufe entsprechend unterrichtet. Dieses Corps rekrulirte sich vorzüglich aus Dosniaken und Alba-nesen. Wie fast in allen Truppengattungen, nahmen auch in diesem Corps nach dem Tode Bonneval's Disciplin und Kenntnisse ah, bis es unter Sultan Selim durch den englischen Renegaten Campbell reorganisirt wurde. Es wurden für das Gorps Reglements entworfen, das Gusshaus wurde umgebaut und das Corps zu häufigen praktischen Uebungen angehalten. Die mathematische Schule musste an vier Tagen der Woche von den Aspiranten, d. h. den Commandanten der Rollen, besucht werden. Ausser diesen Artilleriecorps war noch ein eigenes Artillerie-Bedeckungscorps, die sogenannten Tüfenkschi (Musketiere) vom Sultan Selim errichtet worden. Von dieser Truppe wurden jedem Geschütz 10 Mann beigegeben, welche rechts und links mit der Bedienungsmannschaft (10 Mann) marschiren und überall hülfreiche Hand leisten mussten. Bei Empörung der Janitscharen unter Selim hatten sie sich besondere Verdienste bei Vertheidigung des Throns erworben, wurden später als neue Miliz „Nisami-Dschedid-Askeri" umgestaltet, waren bei 12000 Mann stark, und blieben bis zum Untergänge der Janitscharen den Fusstruppen der Grossmächte ähnlich organisirt. Extracorps. Die Caghumdschi (Mineure). Der ZciLpunkt des Entstehens dieses Corps ist nicht genau zu ermitteln; jedenfalls dalirt dasselbe a«s alter Zeit, da die Türken während ihrer Eroberungskriege bei Belagerungen sich der Minen fast immer und mit grossem Geschick '"'dient halten. Im Beginn des 18. Jahrhunderts wurden sie fast wie das Bombardiercorps organisirt, in Rotten zu 15 Mann getheilt und mit den lombardieren kasornirt. Sie besuchten mit den letzfern die von T°U errichtete mathematische Schule und waren gut instruirt. Die Stärke dieses Corps betrug zu Anfang des 19. Jahrhunderts 200 Mann. Bis zu Ende des 18. Jahrhunderts waren die Chargen der beiden letztgenannten Corps gleichzeitig Militäringenieure. Die unglückliche Verteidigung der festen Plätze Oczakow und Ismailow veranlasste Sultan Selim III. ein eigenes Corps und zwar das der Mühendis (Militäringenieure) zu errichten. Es wurden zu diesem Behufe fremde Professoren gesucht, die schon bestehende Militärschule (mathematische Schule) zu Sulitze mit allen llülfsmilteln versehen, und die Jüngern Ober- und Unteroffiziere der beiden früher erwähnten Corps angehalten, die Schule zu besuchen. Der Curs dauerte 8 Jahre. Vorgetragen wurden: Kriegskunst, Fortification, Artilleriewissenschaft, Physik, französische Sprache und Militär aufnähme. Sultan Selim widmete der Schule ganz besondere Aufmerksamkeit. Nach absolvirtem Curse wurden die Aspiranten durch Avancement belohnt und gelangten nicht selten zu den höchsten Stellen. Dschebedschi (Waffenschmiede). Dieses Corps hicss eigentlich, nach Hammer, wörtlich übersetzt: „Panzerschmiede", und wiewol der Zeitpunkt ihres Entstehens als Corps nicht bekannt ist, so scheinen sie, dem Namen nach, als Corps noch vor Erfindung des Schiesspulvers bestanden zu haben. Schon zur Zeit des Sultans Suleiman waren sie 700 Mann stark und, mit Ausnahme der Offiziere, welche Lehen hatten, eine in Sold stehende Truppe. Sie waren wie die Janitscharen in Odas (Kammern) getheilt, halten im Frieden die Waffen im Arsenal in gutem Stande zu erhalten, und zum gleichen Zwecke der Armee ins Feld zu folgen. In spätem Perioden stieg die Kopfzahl des Corps bis auf 6000 Mann, doch nur auf dem Papier. Der Ertrag der Offizierslehen und der Sold" eines grossen Theils der fingirlcn Truppe wurde unler Offiziere und Mannschaft und durch dieselben kameradschaftlich getheilt. Dem Befehle, zweimal wöchentlich zu exerciren, wurde selten Folge gegeben. Die Reorganisationsversuche Sultan Seliurs scheiterten an dem durch die Janitscharen und Giemas unterstützten Widerstände der Waffenschmiede, die, wiewol sie- beschäftigungslos waren, keine andern Waffen (Feuergewehre) erzeugen wollten als jene (Säbel etc.), welche nach ihrem Ausspruche „Königreiche" erobern halfen. Erst zu Sultan Mahomed's II. Zeit wurden sie, nach Vertilgung der Janitscharen, reorganisirt. Belehnte Truppen. Das Lehnssystem stammt aus dem persischen Reiche und wurde durch die Dynastie der Osmanen schon bei Gründung des Reichs als Lohn vermittels grosser und kleiner Lehen, d.h. als Siamet und Timar, in Anwendung gebracht. Jedes Lehn hiess Kilidsch, d. h. der Säbel, der Ertrag desselben Mali Mukatele, d. h. der Kampfpreis, der Lehnsmann, der„Sipahi" oder der Reiter, da mit Ausnahme des Mosselems (der Gefreite, der Fussgänger oder der Pionnier) nur der Reiter, und nur ausnahmsweise Chargen anderer Truppengattungen belehnt wurden. Nach der Lchnseinlheilung gestaltete sich gleichzeitig die politische Eintheilung eines Landes. Mehrere Siamets und Timars standen unter einem Sandschakbeg (Pascha von 1 Rossschweif) oder unter einer Fahne. Mehrere Sandschakate machten ein Ejalet oder e>ne Statthalterschaft aus, die unter einem Reglerbeg oder Pascha von 2 oder 3 Rossschweifen standen. Das Einkommen eines Timars stieg bis zu 20000 Asper, das eines Siamets bis zu 700000 Asper. Von je 3000 Asper Ertrag Musste ein Reiler, von je 5000 Asper mehr abermals ein Reiter ins Feld gestellt werden. Die Söhne der Siamiten und Timariten hallen nur den Anspruch auf ein neues Lehn vom vierten oder zehnten theile des dem Vater Zugehörigen, wobei der Unterschied gemacht M'Urde, ob der Vater im Kampfe gefallen war oder ob der Sohn 0ereits im Felde stand, in welchen beiden Fällen die Erlragsquole des Lelms stieg, und bis zu einer gewissen Höhe vom Statthalter, sodann aber vom Sultan ertheilt wurde. Die Lehen waren demnach nicht im vollsten Sinne erblich. Das ganze Territorium des osmanischen Reichs war zu Anfang des 19. Jahrhunderts nach Abschlag eines Drittels, welches der Kirche gehörte, in 210 Reyliks (Sandschakbeyliks), 300 Siamets und in 50000 Timars getheilt, Im 17. Jahrhunderl war die Zahl der verschiedenen Lehen (da noch Ungarn und das Banat unter türkischer Botmässigkeit stand) noch grösser. Das ganze Reich hätte im Falle eines Kriegs über 120000 Lehnsmänner zu stellen gehabl, doch konnte man bei der grössern oder mindern Unabhängigkeit der Statthalter, in die sie sich zu versetzen wussten, bei den unterbliebenen Musterungen, die alljährig abgehallen werden sollten, und daher bei der Unkenntniss der zum Kriegsdienst lehnmassig Verpflichteten), auf kaum die Hälfte dieser Zahl rechnen. Am meisten stellten die Provinzen Rumelien und Rosnien. Letztere Provinz zählte 8 Sandschakbegs (Fahnenfürsten), deren jeder im Bezirke seines Lehens wohnen musste und das Recht hatte, einen Reiherbusch am Turban zu tragen. Die Lehen dieser Fahnenfürsten sowie des bosnischen Adels, welcher, um die Güter zu erhalten, den Islam angenommen hatte, waren, wie die Lehen der Kurden und Turkomanen, vollkommen erblich. Wenn Rajahs, überhaupt Nicht-Islamilen, welche keine Wallen tragen durften, und zum Kriegsdienste nicht zugelassen wurden, sich im eigenen Lande an den Grenzen auf irgendeine Art auszeichneten, so worden sie als „Joldasch" (Waffengefahrten) eingeschrieben, und erhielten aus der bestehenden Kasse für Grenzbesoldungen Timare. Späler erhielten auch Rajahs Lehen ohne Schwierigkeiten. Belehnte Infanterie (FuBstruppen). 1. Mossellems, d. h. die Gefreiten. Die Mosselleins waren eine Fussmiliz, im Frieden .von allen Abgaben befreit, hierfür aber verpflichtet, im Kriege mit dem Heere zu ziehen und die Strassen und Brücken herzustellen, bei Belagerungen die Laufgräben und Batterien zu bauen etc. Sie führten Haue und Schaufel, und waren sozusagen die Pionniere der Armee. Sie standen unter dem Mossellembeg. B. Tott war der erste, der 1773 den Türken den Gebrauch der Pontons lehrte. Für die Entziehung vom Felddienstc wurden sie Geldstrafen unterzogen, für Feldflüchtigkeit war das Abschneiden der Nase und der Ohren, für wiederholte FeJdflüchtigkcit war der Tod durch den Strang angedroht. 2. As ab. Murad II. trennte einen Theil des vorerwähnten Corps, unterstellte diesen einem Beg, Namens Asab, welcher dem Corps den Namen gab. Diese Miliz wurde später eine gefährliche Nebenbuhlerin der Janitscharen, mit denen sie sich immer verfeindete. 3. Die Segban. Eine wenig geachtete Miliz, die aus zusammengerafften Individuen aller Nationen bestand, und nicht mit den Segbanregimentern der Janitscharen zu verwechseln ist. 4. Die Wojnak waren ebenfalls nur mohammedanische Un-terthanen, stammten aus den ältesten Zeiten, d. h. von der Zeit der Errichtung der Janitscharen und Sipahi, waren von Abgaben befreit, mussten jedoch im Frieden wie im Kriege zum Theil Fuhr- und StaUknechtdionste beim Munitionswesen und der Artillerie, theilweise aber Handlanger- und Privatdienste bei den Sipahis ausüben. Die eben erwähnten 3 Corps wurden im 18. und 19. Jahrhun-^ert, ebenso wie die untergeordnetste Klasse der Reitermiliz, unter ^m Namen Seratculis zusammengefasst. Die belehnten Reiter. Die Zahl der belehnten Reiter ist schon früher angegeben wor-^en- Sie sollte nach den erlheilten Lehen mehr als 120000 Mann betragen. Bosnien war in 4000 Siamets und 14000 Tumars gelheilt, die 44000 Reiter zu stellen hatten, doch sind seilen über 16000 Mann aufgebracht worden. Die Reiter wurden in Regimenter zu 1000 Mann getheilt, die von einem Bimbaschi (Major) geführt, mehrere solche Regimenter aber von ihrem Fahnenfürsten Sanclschakbeg geleitet wurden. Nebst diesen waren 1. die Serratculis (belehnte Reiler) zur Bewachung der Grenze und ausserdem 2. die Isarelis als Carnisonsarlilleristcn in festen Plätzen zur Bedienung der Geschütze bleibend ansässig. Die Truppen der Paschas und Sandschakbegs. Ausser den bisher erwähnten, theils organisirlen, theils irregulären Truppenkörpern, erschienen im Felde die Haustruppen der verschiedenen zum Kriege berufenen Paschas und Sandschakbegs, die mancherlei Namen führten und, je nach dem Beichthume der Paschas und Sandschakbegs, oft 2—300 Mann stark waren. In spätem Zeiten, besonders im 18. und 19. Jahrhundert, als die Disciplin und der Gehorsam der Janitscharen nachgelassen halte, und selbst Lehnsmänner und Milizen nur in beschränkter Zahl dem Bufe des Kriegsherrn folgten, erhielten die Statthalter von der Regierung den Auftrag, Truppen zu werben. Die vorhandenen Mittel des Landes und Erpressungen jeder Art, die unler Vorschützung des Zwecks autorisirl waren, lieferten die Summen zur Anwerbung und Besoldung von Truppen, welche auch durch solche Individuen vermehrt wurden, die schon der Regierung zum Kriegsdienste verpflichtet waren, wodurch die Haustruppen der Paschas zahlreicher und stärker als die eigentlichen Regierungsconlingenle wurden. In den Feldzügen gegen die Russen zu Ende des 18. und im Beginn des 19. Jahrhunderts bildeten diese Contingente den grössten Theil des Heeres. Wenn nun einerseits die den Statthaltern überlassene Machlbefug-niss der Truppenaushebung und Truppenbesoldung dem desorganisirlen Staate überhaupt die Möglichkeit gab, den Krieg zu führen, so war dieselbe andererseits die Grundursache zur Unabhängigkeitserklärung einiger Statthalter, wie z. B. zu der des Paschas von Widdin, Pas-savan Oglu, des Paschas von Janina u. a. m., welche, die Truppen im Solde behaltend, sich den Begicrungsanordnungen nicht fügen wollten, sich empörten und, ebenso wie die erblichen Sandschakbegs (Kapelans) von Bosnien, erst nach blutigen Kriegen zur Unterwürfigkeit gebracht wurden. Zu den bis nun angeführten Truppen und Milizen gesellten sich im Falle eines Kriegs Verschiedene Hülfstruppen, die in sehr variabler Zahl von den tributpflichtigen Völkern, und zwar den Mamluken, Beduinen, Tataren, später von den Moldauern und Walachen, grösstentheils als Reiter, der Pforte zur Verfügung gestellt werden mussten. Zum Schlüsse der eben beschriebenen Heeresmacht müssen hier noch die Garden des Sultans erwähnt werden, da diese zum grössten Theile mit ins Feld zogen, sobald der Grossherr selbst die Armee befehligte. Die Garden des Sultans. 1. Die Peik oder die Botengarde, 20—30 an der Zahl, Prachtvoll gekleidet, wurden, wie ihr Name schon andeutet, zu ^'sondern Sendungen und zur Ueberbringung der Depeschen verwendet. 2. Die Solak oder die Arcierengarde war die eigentliche Leibwache des Grossherrn, 400 Mann stark, in 4 Bollen zu 100 Mann geeilt, mit Bogen und Pfeil bewaffnet und in Scharlach, Weiss und G°ld gekleidet. 3. Die Baitadschi (Axtträger oder Holzhauer). Diese Gilten sich in zwei Kategorien; 300 derselben waren nebst den durch den Namen angezeigten Dienstverrichtungen gleichzeitig die ^ffeesieder des Harems, 100 andere, die sogenannten „gelockten KOSKIBWICZ. 23 Baitadschi", waren als weisse Verschnittene für den äussern Dienst des Harems bestimmt. Sie waren mit Lanzen bswaffnet. 4. Die ßoslandschi oder Gartenwache wurde vom Sultan Suleiman errichtet, der die Bewachung seiner Person den Janitscharen allein nicht anvertrauen wollte. Anfänglich nur 5000 Mann zählend, stieg sie in spätem Kriegen auf 12000 Köpfe. Selim III. wollte durch deren Organisirung auf europäische Art aus diesem Corps ein Gegengewicht für die empörungssüchligen Janitscharen machen, erreichte jedoch nicht seinen Zweck, da bei dem Aufruhr 1807, der ihm den Thron und bald darauf das Leben kostete, diese Garde fast gänzlich vernichtet wurde. Die Bostandschi waren gleichzeitig Artilleristen in den kaiserlichen Schlössern und die ßarkenführer des Sultans. Die Farben ihrer Kleidung waren roth und hellblau, Kaipaks ihre Kopfbedeckung. 5. Die Kapudschi oder die Thorhüter zählten zu der letzten Klasse der Garden, waren zu Mohammed's IV. Zeit nur 2000, später fast 3000 Mann stark, in 45 Compagnien (Buluks) getheilt, und hatten zu je 50 Mann die Wache an den Thoren des Serails. Sie durften jedoch den Grossherrn nicht begleiten. Die angesehenste Garde oder Leibwache des Sultans waren 6. Die Mutcfcrika oder die Hoffouriere, welche, ungefähr 500 Köpfe stark, die angesehensten Würdenträger des Reichs in ihren Reihen zählten und die Ehrengardo des Grossherrn bildeten. Sie waren nur dann gezwungen, ins Feld zu rücken, wenn der Sultan selbst, der gleichzeitig Oberst dieser Garde war, das Heer befehligte, in welchem Falle das Gefolge noch durch Fahnenträger, Adjutanten, Waffenschmiede, Zeltaufscliläger, Musikanten u. s. w. vermehrt wurde. Allgemeine Bemerkungen über das ehemalige türkische Heerwesen und die Taktik der Türken. Wie aus den Jahreszahlen der Errichtung der verschiedenen Corps zu ersehen ist, waren die Türken die ersten, die in Europa das stehende Heer errichteten. Die Truppen, nach Waffengattungen taktisch gegliedert, an strenge Mannszucht und Disciplin gewöhnt, in den Waffen geübt, vom Religionsfanatismus gelragen, und in Kriegsepochen von einsichtsvollen, thatendursligen und unumschränkten Herrschern oder deren Stellvertretern (Grossveziere) geführt, waren bis Mitte des 17. Jahrhunderts jedem andern europäischen Heere überlegen, Ris zu diesem Zeit-Punkte widmeten die mohammedanischen Regenten den Heereseinrichtungen sowie den militärischen Wissenschaften, speciell der Ausbildung der technischen Truppen, die grössle Aufmerksamkeit. Die Türken bedienten sich des Rclagerungsgeschülzes und der Mörser mit grossem Geschick, sie waren die ersten, die bei den Belagerungen Minen mit Vorlheil in Anwendung, — und dadurch Rhodus 1512 und andere Festungen zu Falle brachten. Sie sind die zufälligen Erlinder der Tranchcon und Parallelen, indem ursprünglich bei der Erschliessung der Festungen ihre Vortruppen, d. h. die ersten Schwärme, durch ausgehobene Gruben unregelmässiger Form sich Schutz und Deckung zu verschaffen suchten. Diese Gräben wurden später untereinander verbunden, auf kleine Distanzen gegen die Festung hin abermals ausgehoben, mit der ersten Linie und parallel zur Festung in Verbindung gebracht, und auf diese Art die Bildung der Trancheen und Parallelen der Neuzeit ^gebahnt. Sie bedienten sich vor allen andern europäischen Armeen der Bontons, d. h. leichter Kähne, die sie auf Wagen transportirten. Diese sowie manche andern Einrichtungen und erspriesslichen Neuerungen wurden im 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts so sehr vernachlässigt, dass sie selbst ihre eigenen Erfindungen (Pontons, Approchcn) gegen Ende des 18. Jahrhunderts (1?74) von Toll neuerdings lernen mussten. Die taktische Gliederung der Truppen im grossen war wohl ^ehdaeht, und kam fast unsern jetzigen Anforderungen nahe. Das Verhältniss der Waffengattungen zueinander war ein ziemlich richtiges, die Reibungscoefficienten, die vor und an Schlachllagen 23* durch speciellc Zuweisung von Truppensorlen und specielle Leistungsanforderungen entstehen, waren schon durch die Fricdensorganisalion möglichst vermindert. Es gab nebst den Hauptwaffen Pionniere, Mineurs, Arlillcrie-bedeckungen, Zeltaufschläger, Lagerwachc, Lagerpolizei etc., nur Sanitälsanstalten und Wundärzte fehlten. Das Benehmen der türkischen Armee auf dem Marsche, im Lager und im Gefechte, welches in allgemein gehaltenen Zügen geschildert werden soll, zeugt von ihrer militärischen Ueberlegenheit zur Zeit ihrer Eroberungskriege im IG. und 17. Jahrhundert und von ihrer Inferiorität von diesem Zeitpunkte an bis zum gegenwärtigen Moment, welche, hei den stationär gebliebenen Verhältnissen, hauptsächlich der Mangel an grossen Feldherren, der erkaltete Fanatismus und die Indisciplin verschuldeten. Aufruf zum Kriege (Kriegsmanifest.) Kaiserliche Fermane und Botschafter verkündeten den beschlossenen Krieg. Wenn während der Eroberungskriege im 15., 16. und 17. Jahrhundert der Sultan selbst das Gommando der Armee zu führen gedachte, so wurden mehrere Monate vor Ausbruch des Kriegs die kaiserlichen Rossschwoife unter grossen Ceremonien vor dem Serail als Kriegszeichen aufgepflanzt, und die Aufstellung dieser Würde-und Machtzeichen ward>on allen Grossen des Boichs abgenommen. Der Zweck des Kriegs und der Kriegsschauplatz wurden jedoch geheim gehalten. Von Soliman dem Gesetzgeber angefangen, befehligten meistens Grossveziere die Armee und wurden Serdars, Seraskiers oder Heerführer genannt. Die Fahne des Propheten oder die heilige Fahne, welche vor dem Ausmarsche ebenfalls unter grossen Ceremonien entfallet wurde, kam gewöhnlich nur mit dem Grossherrn ins Feld, doch gab es auch Ausnahmen. Während der ersten sechs Monate (später in weit kürzern Zeit-perioden) wurden die Kriegsvorbereitungen getroffen, Freiwillige geworben u. s. w. Einige Tage vor dem Aufbruche versammelten sich die in und um Konstantinopel befindlichen Heeresabtheilungen auf dem Exercir-platzc bei Stambul oder bei Adrianopcl zur Vornahme der Musterung, zur Empfangnahme von Lebensmitteln auf 14 Tage sowie der dreimonatlichen Löhnung. Die Heeresabtheilungen aus den andern Provinzen wurden gegen die Grenzübcrschreitungspunkte dirigirt. Die Armee auf dem Marsche. Die Avantgarde bildeten die freiwilligen Reiter, die Tataren etc., welche der Armee auf 3 — 4 Meilen oder selbst auf weit grössere Entfernung zur Deckung des Heeres, Herbeischaffung der Lebensmittel u. s. w. vorausgesendet wurden. Diesen folgten die Janitscharen, hierauf die Dschebedschi, die Topdschi, Top-Arabadschi, die Kanonen auf Wagen, die ßostandschi, die Träger der Rossschweife, dann die Sipahis, hinter diesen der Sultan, der Grossvezier und der Hofstaat, umgeben von den Silih-daren; sodann die 4 Rotten der Reiter. Hülfsvölkcr unter Com-mando eines Paschas bildeten den Nachlrab. Die Märsche des türkischen Heeres konnten infolge des zahlreichen Trains, der grossen Provianlvorräthe und der zahlreichen Bagage nur sehr langsam ausgeführt werden. Den Offizieren und höhern Befehlshabern war die Zahl der mitzunehmenden Reit- und Bagagepferde freigestellt. Es wurden dem Grossvezier — unter andern Geschenken — °0 Paare, dem Defterdar (Minister) 5 Paar Kamele oder Maullluere zur Fortbringung ihrer Bagage vom Sultan gespendet. Jeder einzelne k°nnte die Trainpferde nach Bedarf auch vermehren. Die Janitscharen erhielten für je 10 Mann ein Bagagepferd, für Je ^0 Mann ein Kamel zur Fortschaffung der Zelte. Ausserdem Wurden noch Wagen und Karren requirirt. Die Sipahis, d. h. die Siamiten (Gros slehns träger), hatten jeder sein eigenes Zelt, überdies eine Anzahl Handpferde und einen ganzen Tross Diener. Die Zahl derselben war so bedeutend, dass Grossvezier Mohammed im Jahre 1663 vor Neuhäusel einen Theil derselben zur Ergänzung der Armee verwendete. Für je 1—2 Mann des Heeres konnte durchschnittlich ein Pferd in Anschlag gebracht werden. Pontons und Geschütze wurden auf Wagen fortgebracht. Nachtmärsche ausserhalb des Bereichs des Feindes wurden bei Fackclbcleuchtung, immer aber schweigsam durchgeführt. Für die Verpflegung war reichlich gesorgt, da sonst Gemurre und Unzufriedenheit in den Reihen des Heeres entstand. Die Belehnten mussten sich selbst verpflegen. Uebcrdies wurden aus der ganzen Umgebung alle denkbaren Lebensmittel requirirt. Waren die Türken gezwungen, Forcemärsche zu vollführen, so wurden entweder nur Cavaleriemassen vorausgesendet, oder ein Thcil derselben nahm einige Abtheilungen der Janitscharen auf die Croupe der Pferde, wie dies 1689 vor Nissa geschah. Ein weiteres, jedoch selten angewendetes Auskunftsmittel, Eilmärsche auszuführen, bestand darin, aus den Bezirken des Landes, durch welche das Heer zog, Bauern mit Karren gewaltsam auszuheben, auf jedem Karren 2 — 3 Janitscharen zu placiren, und diese von den Bauern in möglichst schnellem Gange ziehen zu lassen. Diese Abtbeilungen wurden gewöhnlich von Cavalerie begleitet, und kamen am Orte der Verwendung ausgeruht in voller Kraft an. Raub, Mord, Plünderung, Brandstiftungen waren im Feindeslande an der Tagesordnung. Der Landstrich, welcher von einer türkischen Armee durchzogen wurde, war auf Jahrzehnte verwüstet. Die Armee im Lager. Die Türken bezogen und beziehen noch heutzutage immer Zeltlager, da Canfonnirungen und die Unterkunft beim Landbewohner nicht üblich sind, und schon dem Bcligions- und Sittengesetze widerstreiten. Der Commandant der Avantgarde, oder vorgesendete Adjutanten (Tschauschc) halfen den Lagerplatz auszumitteln, der wegen der grossen Pferdezahl und aus Ursache der vorzunehmenden Waschungen immer reichlich messendes Wasser enthalten musste. Die Truppen lagerten regimenfer- und abtheilungsweise, und mehr in die Tiefe als in die Breite geordnet. Die Milte des Lagers nahm der Sultan oder der Grossvezier ein, der von einem Theile der Beilerei, sodann von den übrigen Truppen umgeben war. Die Verlheilung der Truppen war nicht immer die gleiche. Gewöhnlich bildeten die Janitscharen das erste Treffen, die Cavalerie kam in das Centrum, sodann die Infanterie an die Flügel, die Extracorps und die Ilülfsablheilungcn in das letzte Treffen. Der Lagerraum des Sultans oder Grossvezicrs wurde ebenso wie die Flügel des Lagers oder die bedrohten Theile durch aneinandergereihte Wagen, sogenannte Wagenburgen, gesichert. Im 18. Jahrhundert verstärkten die Türken ihre Lagerplätze, besonders Front und Flügel, durch Anlage von Verschanzungen, die aus einfachen, oft zusammenhängenden Erdaufwürfen bestanden. Um diese ohne Zeitverlust haltbar herzustellen, führten sie nicht selten bereits zugehauene und fertige Palissaden mit. Die Zelte der Commandanten waren sehr luxuriös und mit Ein-schluss derjenigen für die Umgebung und die Dienerschaft zahlreich. e der Armee weil voraus gesendet wurden, sicherten schon theil-w°ise die Buhe des Heeres. Zur unmittelbaren Bewachung des Lagers wurden 3—4000 Mann Cavalerie bestimmt, die das Lager umschwärmten. Im Lager selbst wurden Bereitschaften gehalten, die aber mit der Abnahme der Disciplin auch oft ihre Obliegenheiten vergassen. Einen Theil des Vorpostendienstes übernahmen — sozusagen — einige Lausend Hunde, die von den Eigonthümern, besonders von den Lehnsmännern, mitgenommen wurden, und durch ihr Gebell die Annäherung Fremder, und daher einen etwa beabsichtigten feindlichen Ueberfall ankündigten, im Handgemenge mitunter den Herrn verthei-digen halfen, hauptsächlich aber in sanitärer Beziehung sehälzenswerlh waren, da sie das Aas vertilgten. Fourragirungen der Cavalerie wurden immer in der Nähe des Lagers, bei Tag und Nacht, selbst in der Nähe des Feindes, durchgeführt, da sie bei der grossen Zahl der Pferde auf diese Art der Pferdeernährung angewiesen waren. Die Hälfte des dazu bestimmten Cavaleriecorps liess die Pferde grasen, während die andere Hälfte zum Schutze der erstem zu Pferde blieb und sodann den Wechsel vornahm. Die Armee im Gefechte. Auch die Gefechts- oder Schlachtordnung der Türken wechselte in den verschiedenen Zeitperioden; doch lässt sich ein gewisses System nicht verkennen. In das erste Treffen wurden die Serdengetschi, d. i. die Freiwilligen, welche den Janitscharen und Sipahis entnommen und dafür im Kriege und in dem darauf folgenden Frieden besser bezahlt wurden, gestellt. Die Sipahis bildeten die Flügel der Aufstellung. In das zweite Treffen kamen gewöhnlich die Janitscharen, ebenfalls an den Flügeln von den Sipahis unterstützt. Das dritte Treffen bildete der Sultan oder Grossvezier mit dem Beste der Cavalerie zu beiden Seilen. Das vierte und manchmal auch das fünfte Treffen formirten die Hülfsvölkcr, Tataren, Moldauer, Walachen etc., nebst der Artillerie, die selten oder nur spät zum Gefechte kam. Der Tross und die Bagage blieb zurück oder ward zurückgesendet. Diese Stellung wurde zwar vielfach modificirt, doch strebte die Armee wo möglich immer eine den Feind umfassende, d. h. halbmondartige Stellung zu gewinnen. Die Türken trachteten während ihrer Eroberungskriege immer, sowol strategisch (wiewol damals von Strategie noch keine Rede war, da das Wort eine Erfindung der neuern Zeit ist), als auch taktisch die Offensive zu ergreifen. Die Leitung ging vom Grossherrn oder vom Grossvezier aus. Das Fussvolk wurde durch unvermuthete und rasche Attaken der Cavalerie, das erste Treffen durch Zusendung der Unterstützung aus den rückwärtigen Treffen, die somit die Reserven bildeten und auch als solche zu betrachten sind, unterstützt. Die Janitscharen eröffneten ein gut genährtes Feuer, welches sie gedeckt und abwechselnd gliederweise abzugeben trachteten. Bis gegen das Ende des 17. Jahrhunderts stürmten die Janitscharen nach abgegebenem Feuer, die Flinte in der Linken zur Abwehr bereit, den Säbel in der Beeilten, wie wahnsinnig in geschlossenen Haufen auf den Feind ein. im 18. Jahrhundert war deren Taktik theilweise modificirt. Sie rückten möglichst gedeckt, nur in etwas geöffneter, loser Ordnung v'or, um die \Virkung des feindlichen Artilleriefeuers zu beschränken. Bie Fahnenführer der Regimenter (Odas) trachteten einen kleinen Ursprung zu gewinnen, pflanzten, indem sie sich aufeinander alignir-ten, die Fahnen als Raillirungszeichen auf, und stürzten sich schliess-UA in entsprechender Nähe an den Feind gelangt, die Compagnien Eilend, mit Todesverachtung auf denselben. Der Angriff wurde, infolge der Koransvorschrift, dreimal wiederholt, hiervon war der erste der heftigste, mislang er auch das dritte mal, so wurde die Flucht ergriffen, die dann auch — bis zum paschen Schreck sich steigernd — gewöhnlich unaufhaltsam war. ^Ur im Feldzuge gegen die Russen (1769) bei Chotym Hessen sieh die Janitscharen zu sieben Angriffen bewegen, die jedoch ohne Erfolg blieben. Die das Fussvolk unterstützende Cavalerie — Reiter vom Kindesalter.— war in ihren Bewegungen rasch und entschlossen, trachtete, wo es möglich war, durch Umgehungen entscheidend einzuwirken, manövrirte selbst im coupirtesten Terrain mit grosser Leichtigkeit, nahm alle möglichen Hindernisse (ein Verdienst der vorzüglichen, an Steppe, Stein und Berg gewöhnten Pferde) und führte die Attaken in tiefen ungeregelten Colonnen bergauf und bergab, bei starker Steigung mit grosser Entschlossenheit aus. Ihr Erfolg lag in ihrem unvermutheten Erscheinen und in der raschen Aufeinanderfolge der Altaken. Die „vier Rotten" und 300 Emire, unter dem Oberhaupte Nakib-ul-Eschraf (Anführer der Edlen), hatten für die Sicherheit der heiligen Fahne zu sorgen, und waren verpflichtet, bei unglücklichem Ausgange des Gefechts mit dieser zu fliehen. In den Offensivkriegen der Türken war der Wirkungskreis der Feldartillcric ein sehr beschränkter, und wiewol sie 6-, 8- und lOpfündige Feldgeschütze anfangs, im 16. Jahrhundert im Verhällniss von 1 Geschütz auf 1000, später von 2 Geschützen auf 1000 Mann führten, so kam dieses wegen der Schwerfälligkeit nur in geringer Anzahl ins Gefecht, wurde aber mit dem Belagerungsgeschütz desto richtiger zur Einnahme befestigter Punkte verwendet. Wie schon bemerkt, ruhte das Geschützrohr, das vollkommen cylindrisch geformt war, auf einem, die Laflctte auf einem zweiten Wagen. Im 17. Jahrhundert ersetzte ein vierräderiger Wagen die Laflctte, welche demnach das Abprotzen nicht gestaltete. Das ganze schwerfällige Geschütz, das auch später in der Laf-felte liegend, wegen der weit rückwärts angebrachten Schildzapfen, ein bedeutendes Vorgewicht hatte, wurde von Büffeln, hingegen gegen Ende des 17. Jahrhunderts von Pferden gezogen. Die Conslruction sowie die Bespannung der Geschütze und der Laffetten gestattete deren Verwendung nur in der Verteidigung. Die Schwerfälligkeit derselben, die ohne wesentliche Verbesserungen aus dem 16. in das 17. und selbst in das 18. Jahrhundert hinübergenommen und beibehalten wurden, war die Ursache, dass nach einer verlorenen Feldschlacht das ganze Artilleriematerial in die Hände des Siegers fiel. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts versuchten die Türken eine beweglichere Feldartillerie einzuführen, und verfielen auf den Gedanken, 3pfündige Geschützrohre, die auf eigens construirten Gabeln und Sattellaffetten ruhten, an den Seiten und auf den Rücken der Kamele zu verwenden. Es trug daher ein Kamel entweder zwei Rohre an den Seiten oder ein Rohr quer über den Rücken, und musste vor dem Feuer zum Niederlegen gebracht werden. Diese Geschütze wurden das erste mal in dem Gefechte bei Patasch im Jahre 1689, dann bei Chotym 1769 verwendet, wo sie jedoch grösstentheils von der russischen Cavalerie erbeutet wurden. In Persien bestanden diese Batferien noch vor 20 Jahren. Beuteverth eilung. Bei Erstürmung eines Orts sollten nach dem Koran Weiber, Kinder, Greise geschont und nur als Gefangene behandelt werden, doch wurde diese Vorschrift selten geachtet. Von der Beute, wozu bewegliche und unbewegliche Güter der gefangenen Einwohner nebst Frauen und Kindern zählten, wurde der fünfte Theil dem Koran gemäss zu Religionszwecken verwendet, vom Beste erhielt der Fussgänger einen, der Reiter zwei fheile; das letzte Fünftel wurde nach Gutdünken an die Tapfersten vertheilt oder war Eigenthum des Heerführers. Was vom Material und von Effecten nicht fortgebracht werden konnte, wurde zerstört. Ausserdem war jedem gestaltet, alles dasjenige sich anzueignen, was der Gefallene am Leibe trug. Die Aussicht auf diese Reute sPornte daher die Tapferkeit jedes einzelnen an, machte aber das Neer nach jedem Siege schwerfälliger. Die Gefangenen wurden zur Forlschaffung, d. h. zum Ziehen der mit Beute beladenen Karren verwendet. Um nicht zu weitläufig zu werden, übergehen wir ein grösseres Detail des Vorgehens der türkischen Armee bei der Belagerung und bei der Verteidigung fester Punkte, und wiederholen nur, dass sie bei erster er Approchen, Geschütze und Minen mit vielem Geschick zu verwenden, und bei der Verteidigung den grösslen Muth und die grösste Hartnäckigkeit zu entwickeln verstanden; dass aber auch die Verteidigung auf das hartnäckigste durchgeführt werden musste, da dem Commandanten des Platzes, wie z. B. jenem von Ofen, Ahdi Rohaman Pascha im Jahre 1616, nach dem Orakelspruche des Scheich ul Islam, „dass Ofen unter jeder Bedingung zu halten sei", nur die Alternative übrigblieb, entweder ehrenvoll zu fallen oder das Leben durch die Schnur zu verlieren. Der Commandant-Stellvertreter, welcher in Gefangenschaft geriet, nahm, vielleicht in Befürchtung einer ähnlichen ihn bedrohenden Gefahr (wiewol er seine vollste Schuldigkeit gethan halte), den christlichen Glauben an, und comtnandirle 4690 im Kriege gegen Frankreich ein österreichisches Ilusarenrcgimcnt. ScMussfolgera ngen. Bis zu Ende des 17. Jahrhunderts war das offensive Element in strategischer und taktischer Beziehung vorherrschend. Der Krieg wurde auf fremdem Boden geführt, das Heer theilweise auf Feindeskosten erhalten, und der Angriff auch in laklischer Beziehung fast nie abgewartet. Die Feldzugsdauer beschränkte sich gewöhnlich auf die Sommermonate. Gewöhnt an das warme, heimatliche Klima, waren den Türken die Winterfeldzügc in Europa sehr lästig. Ein Stillstand in den Operationen musste bei dem grossen Pferdestandc schon wegen der Undurchführbarkeit der Fourragirungen eintreten. Aus der eben in allgemeinen Zügen gelieferten Beschreibung des Benehmens der türkischen Armeen im Felde im 16. und bis gegen das Ende des 17. Jahrhunderts ist weiter zu entnehmen, dass die Türken zu jener Zeit nicht nur eine den damaligen Anfor- derungen entsprechende organische Gliederung in den Waffengattungen beobachteten, sondern auch diese Theile, speciell aber das Fussvolk und die Cavalerie, nach gewissen Grundsätzen in einem Zusammenhange verwendeten, wofür die Aufstellung in Treffen, dicVer-theilung und Verwendung der Truppen nach dem zu erreichenden Zwecke, die gegenseitige Unterstützung einer Waffe durch die andere, sprechen. Verfall des osmanischen Heerwesens und veranlassende Ursachen. Bis zum Beginne des 17. Jahrhunderts blieben die Türken, wie in allem, so auch in ihren militärischen Einrichtungen dem allen Gebrauche getreu, und — wie noch gegenwärtig — Feinde jeder Neuerung und Verbesserung, besonders wenn diese von Ungläubigen herrührten. Der Grund des stationären Verbleibens der Osmanen auf der Erfahrungs- und Bildungsstufe des 16. Jahrhunderts, auf welcher sie in militärischer Beziehung bis zum Beginne des 19. verblieben, ist jedoch in vielfachen Ursachen zu suchen, die, andere Uebel erzeugend, in ihrem Zusammentreffen und in ihren Folgen von geschichtlicher Bedeutung wurden. Zur Zeit der Begierung Selim's IL, Sohn Soleiman's des Gesetzgebers, erreichte die türkische Herrschaft den höchsten Glanz, der S|ch zwar schon zu Ende der Regierung dieses Herrschers 1571 zu hüben begann (Lcpanto), immerhin aber noch das Reich durch mehr als 100 Jahre mit einem Glorienscheine umgab. Unter seinem Nachfolger Amuralh, der 1574 zur Herrschaft gelangte, begann die Demoralisation, die Bestechlichkeit der Beamten Und die Entwerlhung des Geldes. Bisher hatten die Kronprinzen bis zum Momente der Thronbesteigung ihre Thätigkeit dem Staate geweiht, sammelten, an die spitze irgendeiner Statthalterschaft geteilt, Erfahrungen und admi-nishative Kenntnisse, und gelangten mit gereiftem und geläutertem Urtheil zur Herrschaft. Amurath III. war der letzte Regent, welcher entfernt von der Hauptstadt sein Leben als Kronprinz zubrachte. Von nun an wurde der Thronerbe im Serail eingeschlossen, durfte nur mil wenigen Personen verkehren, und trat erst mit dem Tode seines Vorgängers als Regent in das öffentliche oder Slaalsleben ein. Dieser Brauch, der wegen der geregelten Erbfolge eingeführt wurde, war von den traurigsten und beklagenswertesten Folgen für ein Reich, dessen Regent die höchste geistliche und weltliche Macht in sich vereinigte, und den man als den Inbegriff der vorzüglichsten intellectuellen Eigenschaften zu betrachten gewohnt war. Die Erfahrung musste er sich erst auf dem Throne sammeln, Wahrheit bekam er selten zu hören. Ein weiterer Grund des Verfalls lag in der Institution des Lehnswesens seihst. Die Lehen, welche anfangs nach bestehenden Gesetzen und nach Gerechtigkeit vertheilt und zuerkannt wurden, jedem Lehnsträger reiche Einkünfte und ein behagliches und unabhängiges Leben verschafften, wurden bald der Gegenstand heisser Regierde eines jeden, und gelangten oft durch das Mittel der Bestechung in die Hände ganz Unverdienter und Unwürdiger. Jeder dieser Lehnshalter trachtete eine möglichst hohe Bentc zu erzielen, bedrückte den Landmann und lieferte dem Staate, der zum grössten Theile auf den Zehnlertrag angewiesen war, möglichst geschmälerte Abgaben. Die meisten Siamiten betrachteten ihre Lehen als erbliches Gut, wenn dies auch dem Gesetze nach nicht der Fall war, und gerirten sich als kleine unabhängige Herrscher, die von den Statthaltern aus dem Grunde wenig oder gar nicht beeinflusst und belästigt wurden, weil sie sich derselben im eventuellen Falle im eigenen Interesse gegen die Begierung bedienen zu können hofften. Bei ausbrechendem Kriege blieb der grössle Theil, Krankheit vorschützend, die ihn von diesem dispensirte, zu Hause, und sendete schlecht armirte und schlecht bezahlte Stellvertreter, die nach gemachter Beute bei der ersten Gelegenheit zurückbliebcn, und brandschatzend die Heimat zu erreichen suchten. In noch viel, grösserm Masslabe nahm der Kriegseifer, die Disciplin und das Pflichtgefühl bei den Janitscharen ab. Stolz auf die Erfolge ihrer Vorfahren oder auf ihre eigenen, wurden sie über-müthig. Im Frieden in den Garnisonen unbeschäftigt, dem Müssig-gange überlassen, hallen sie in Kaffeeschenken genügende Gelegenheit, Tages- und politische Angelegenheiton zu besprechen. Einig in ihren Ansichten und Forderungen, stark durch die Zahl und heimlich unterstützt von der Geistlichkeit, die das Corps der Janitscharen oft in ihrem eigenen Interesse zu leiten, unter schwachen Regenten Unruhen zu erzeugen, und diese zur Consolidi-rung ihres Einflusses auszubeuten wusste, waren sie von den Grossen des Reichs gefürchtet und blieben unbelästigt. An Uebungen wurde gar nicht gedacht, und die technischen Schulen in den letzten Jahrhunderten wurden gar nicht besucht. Kaufleule, Handwerker, Nichtsthuer, kurz alle trachteten, selbst unter Darbringung von Opfern, einer oder der andern Orta anzugehören, um als Mitglieder des Corps in ein gewisses Ansehen zu kommen, selbst den Quälgeistern der Hauptstadt anzugehören, und dadurch den Belästigungen derselben zu entgehen. Die Offiziere kannten ihre Leute, — die Janitscharen kannten sich untereinander nicht, Nebst den besondern Dienstobliegenheiten, denen einige Regimenter als Polizeikörper und Organe bei der Bewachung der Haupt-skidt und bei Handel und Verkehr unterzogen wurden, wussten selbst die besoldeten Janitscharen sich mit Kleinhandel zu beschäftigen oder diesen auszubeuten. Die 56. Orta balle darüber zu wachen, dass die für Konslan-Unopol bestimmten Lebensmittel nicht weiter verführt wurden, Hess sieh aber bestechen, und half selbst die Lebensmittel auf fremde ^ehiffb zur Ausfuhr laden. Die Janitscharen-Kaufleute übernahmen nach willkürlich selbst ^stimmten Preisen das über den Kanal anlangende Obst und Gemüse, und verkauften dieses um das Zehnfache an die Bevölkerung. Andere nahmen ankommende Schiffe, beladen mit Holz und Lebens- mittein, in Schutz, Hessen sich aber für den geleisteten Schulz bedeutende Summen auszahlen. Janitscharen, welche Maurer, Steinhauer oder Zimmerleute waren, verjagten die Arbeiter irgendeines im Bau begriffenen Hauses, vollendeten dieses wider Willen des Hausherrn nach ihrem Gescbmacke, und erpresslen einen hohen Arbeitslohn. Falsche Anklagen gegen harmlose Personen (zwei Zeugen genügten zur Wahrbeitscrhärtung), die, um willkürlich aufgelegten Strafen zu entgelten, sich loskaufen mussten, Beschimpfungen, manierliche Beraubungen waren an der Tagesordnung. In engen Gassen breiteten mehrere Janitscharen ihre Mäntel aus, und Hessen sich von den Vorübergehenden die Erlaubniss zum Durchgang bezahlen. Bankiers wurden von ihnen besteuert. Zu Ostern wurde einem oder dem andern Christen ein Glückwunsch dargebracht, den er ebenfalls tbeuer entlohnen musste. Diebe und Mörder konnten straflos ausgehen, sobald sie sich die Zeugen-schaft, dass sie einer oder der andern Orta angehörten, erkaufen konnten. Niemand wagte es, sich diesem Treiben, das immer ärger wurde, zu widersetzen, um nicht Unruhen hervorzurufen und ein Opfer der Janitscharen zu werden. Beim Ausbruche eines Krieges und beim Abmärsche aus Konstantinopel blieb ein grosser Theil unter dem Vorwandc, Naturalien abzufassen, zurück, und zog es vor, das Iucrative Leben in der Hauptstadt weiter zu führen. Der auf dem Marsche befindliche Theil der Truppe war damit zufrieden, da dadurch die Lebensmittel für die Zurückgebliebenen und deren Sold zur Verlheilung kamen. Im 18. Jahrhundert war auch die Tapferkeit, welche einst die Janitscharen so sehr ausgezeichnet hatte, der Geist der Kameradschaft und jede moralische Triebfeder verschwunden. Nicht selten soll im Felde der barbarisch-grausame Fall vorgekommen sein, dass verwundete Kameraden, trotz Wehklagen und Bitten und trotz der Fürsprache der Offiziere, geplündert und noch lebend verscharrt wurden.l) l) UebersetzungPerceval's: Assad Effendi, Destructions des Janissaires. Sie dachten nur an Plünderung und Beute, um sich dann dem Heeresdienste zu entziehen. Die erste Empörung der Janitscharen fand zwar schon zur Zeit der Regierung Amurath's II. im 15. Jahrhundert stall, welche den zurückgetretenen Regenten an die Stelle dessen Sohnes wieder auf den Thron setzen wollten, doch halle zu jener Zeit die Demoralisation noch keine Wurzeln gefassl. Selim I. wurde 1512 mit Hülfe der Janitscharen, die er theilweise zu Unruhen aufgewiegelt halle, Grossherr. Zehnmal empörten sich die Janitscharen unter der Regierung des schwachen Amurath's III. (1574—1595). Sie wurden durch Geldgeschenke und Aufopferung der Grossen beschwichtigt. Osman II. wussle die Slörrigkeit der Janitscharen lange niederzuhalten, wurde aber doch, da er dieses Corps reorganisiren wollte, 1622 entthront, später in einem Gefängnisse eingeschlossen und von Daud Pascha erwürgt. Soldaten der 65. Oda waren, zum Schrecken Und Abscheu des Corps der Janitscharen — die wol die Grossherren absetzten, aber diese nie mordeten — als Meuchelmörder Osman's II. Verwendet worden (1622). Der Nachfolger Osman's, Sultan Amuralh IV., löste diese Oda zur Strafe auf. Bis zum Untergänge der Janitscharen musste alle 14 Tage bei uer Naturalienverlheilung ein Offizier die Zahl dieser Compagnie aufrufen, worauf ein anderer zu antworten halle: „Möge ihr Name verschwinden, sie sei verflucht!" Der Befehl Kara Muslapha's vor Wien 1683, „nach Erstürmung ^er Mauern nicht ohne seinen Befehl in die Stadl zu dringen", er-wegen der dadurch benommenen Aussicht auf eine Plünderung tllre Unzufriedenheit. Nach dem Siege des Königs von Polen und ^es Herzogs von Lothringen waren sie nicht zum Stehen zu bringen Ut)d flohen bis Raab, welche Strecke sie in drei Tagen zurücklegten. Zur Zeit Suleiman's IL, 1687, empörten sie sich wegen des ^bleibe ns des Thronbesteigungsgeschenks, wodurch der erste und er folgende Grossvezier Opfer ihrer Unzufriedenheil wurden. ewicz. 24 Es würde jedoch zu weit führen, alle Empörungen der Janitscharen hier zu verzeichnen. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts hatten die Türken ihre Erfolge nebst der strategischen und taktischen Initiative, den weisen Einrichtungen Suleiman's des Gesetzgebers zu verdanken, sie Ihalen jedoch wenig, um diese den Zeilerfordernissen entsprechend zu verbessern. Während sie nun durch fast 150 Jahre an dem Stammkapitale der guten Einrichtungen zehrten, jedoch nichts für die Ergänzung desselben thaten, Unterricht und Studium schon lange kaum dem Namen nach bekannt war, militärische Capacftäten fehlten, hatten die Heere der Gegner, die Kriegserfahrungen ausnützend, in Kriegswissenschaft und Kriegsführung bedeutende Fortschrille gemacht. Dem Prinzen Eugen von Savoyen war es vorbehalten, das Uebergewicht der österreichischen Waffen den Türken fühlbar zu machen, und dem moralischen Elemente der türkischen Armee sozusagen den Todesstoss zu versetzen. Die aufeinander folgenden glänzenden Siege, welche dem Genie des Prinzen (dessen unvermuteter Initiative (Offensive) in der Bewegung und im Angriff zu verdanken waren, und einerseits den Prinzen zum Herrn des ganzen Armeematerials und des schwerfälligen Trosses machten, zertrümmerten andererseits die Siegeszuversicht und den Uebermuth der türkischen Armee, speciell aber den der mohammedanischen Prätorianer, und waren noch nach vielen Jahrzehnten der Grund des geringen Kriegseifers (da auch die Beuteaussicht geschwunden war) und jener Feldemeuten, die trotz der Hülfsquellefl» welche dem osmanischen Reiche an schlagfähigem Material zu Gebote standen, die Regierung oft zum Waffenstillstände und theilweise zum Friedensschlüsse zwangen. Zu Anfang des Kriegs gegen die Russen in der Krim 1771 waf das osmanische Heer über 200000 Mann stark; Krankheiten, häuf»1' sächlich aber Desertionen, brachten die Zahl desselben bald aw 20000 Mann herab. Obgleich die Türken in allen Kriegen bei Vertheidigung d# festen Plätze den grossten Muth bewiesen halten, erklärten doch 1785 die Janitschareaoffiziere im Kriege gegen Oesterreich und Russland dem Grossvezier; Jussuf-Pascha, „dass, wiewol dfe Armee über 100000 Mann zähle,v sie doch dem weit schwachem Gegner in Taktik und Manöver nicht gewachsen sei." Sie baten, dies dem Sultan zu melden und ihn zu billen, dass er sie entsprechend unterrichten lasse. Sultan Selim III. nahm nach seiner Thronbesteigung 1789 mit Befriedigung diesen Wunsch der Janitscharen entgegen, und beschloss, diese Truppe zu reorganisiren. Kaum waren sie nach erfolgtem Friedensschlüsse nach Konslan-u'nopel zurückgekehrt, so fanden sie, dass sie als „neue Truppe" einer strengen Disciplin unterworfen werden, Kasernen bewohnen, sich Üebungen unterziehen mussten, und im Falle eines Kriegs nicht zurückbleiben könnten. Diese Betrachtungen veranlassten die Janitscharen, ihren frühern Ausspruch unter der Behauptung zurückzunehmen, „dass sie die Feinde nicht einmal gesehen hätten, dass man sie ihnen entgegenstellen solle, und dass sie bald den l'remden König vom Throne stürzen würden; ausserdem wollten sie nicht der Ungläubigen Manöver nachahmen, die nicht in ihren Reglements enthalten wären", •'ussuf Pascha hatte schon während des Kriegs von 1788 eine kleine Abiheihmg nach europäischem Muster zusammenstellen und abrichten lassen, führte sie nach geschlossenem Frieden nach Konslanlinopel, ness sie vor dem Sultan manövriren und erntete" dessen vollsten Beifall. Sultan Selim III. beschloss, trotz der Unzufriedenheit der Janitscharen, die Mannschaft dieses Corps zu vermehren. Die Kriege 1789, 1790 und 1798 verzögerten zwar montan die Durchführung der Reorganisationspläne des Sultans, die Erfolge aber, welche das von Jussuf Pascha gegründete und zur erlheidigung nach St.-Jean d'Acre gesendete Corps 1790 er-ran8> bestimmten den Grossherrn, in seinen Reformen weiter zu leiten. Im Jahre 1802 decrelirle er, ein aus allen drei Wallen bestehendes Truppencorps aufzustellen, welches nach den Mililärgrund-sätzen der Grossmächte uniformirt, und nach französischen Reglements geübt werden sollte. Der Erlrag gewisser Einnahmen wurde zu dessen Erhaltung bestimmt, und die Truppe Nizami Dschedid (neue Ordnung) oder nach ihrem Gantonnementsorle Levend Tschiftlik-Askieri (Soldaten) benannt. Mit der Organisirung und Aufstellung der Truppe wurde Grossvezier Husseyn Pascha betraut, der vom Mufti Veli-Zade-Ell'endi unterstützt wurde. Sie sollte das Gegengewicht gegen die Janitscharen bilden. Erneuerte Unruhen zwangen jedoch diesen einsichtsvollen Herrscher, die vollständige Ausführung dieser Massregel aufzuschieben und die neue Truppe den Roslandschi (Gartenwache) einzuverleiben. Sie wurden in Regimenter getheilt. Jedes Regiment halle 2 Bataillons zu 6 Compagnien; jeder Compagnie war ein Geschütz zugewiesen. Die Stärke einer Compagnie betrug 130, die des ganzen Regiments, mit EinsclÜUSS der Artilleristen, Zeltaufschläger, Fuhrleute etc., 1602 Mann. Im Jahre 1804 hallen albanische und bosnische Räuberbanden sowie Unzufriedene Rumelien und Bulgarien verwüstet, und näherten sich Adrianopel. Die Paschas dieser Provinzen konnten mit ihren eigenen Truppen und den in den Provinzen dislocirlcn Janitscharen diese Horden nicht besiegen. Der Sultan entschloss sich, 1 Regiment Infanterie, 1 Escadron und 1 Batterie der neuen Truppe denselben entgegenzusenden. In' Verlaufe von einigen Monaten wurden die Banden zerstreut und die Buhe hergestellt. Wiewol hiermit der abermalige Beweis geliefert worden war, was Disciplin und Taktik zu leisten vermochte, konnte die Truppe» wegen der Eifersucht der Janitscharen und der Giemas und deren Einflusses auf die Bevölkerung, keine Beliebtheit erlangen, erreichte aber trotzdem bis zum Jahre 1807 die Stärke von fast 30000 Mann, die, zum Theil bei Kons tan tinopel, zum Theil auf asiatischem Boden dislocirt, in der am 27. Mai 1807 gegen Selim III. ausgebrochenen und vom Grossvezier-Stellvertreter Musta Pascha und dem neuen Mufti unterstützten Empörung theils niedergemetzelt, theils zerstreut wurden. Siebzehn Würdenträger verloren ihr Loben, der Sultan Wurde auf einen Ausspruch des Mufti entthront. Sultan Mustapha IV. folgte auf dem Throne, wurde aber, nachdem er Selim erwürgen Hess, am 28. Juli 1808 von Bairaktar Pascha von Bustschuk abgesetzt, und an dessen Stelle Mahmud II. zum Grossherrn ausgerufen. Dieser gründete die Seymans, die jedoch mit seinem Sturze 1808 verschwanden.*) Der Krieg gegen den aufrührerischen Ali Pascha von Janina, der zwei Jahre gedauert hatte und 1822 beendet wurde, sowie der griechische Unabhängigkeitskampf (vom Jahre 1821 bis 1826) hinderten den Sultan, die Militärreformen weiter zu führen. Vernichtung der Janitscharen. Erst nach Beendigung der innern Fehden fasste der Grossherr den Entschluss, aus dem Corps der Janitscharen durch freiwillig sich Meldende oder zu Wählende einen Theil auszuscheiden, diese gut zu Isolden, und unter dem Namen Eskendschi (active Soldaten) ei11 eigenes Corps nach dem Muster der andern europäischen Heere 1X1 organisiren. Bisher waren alle Organisirungsversuche nicht nur an dem Verstände der Janitscharen, sondern auch an dem Unwillen der ^evölkerung, welche Neuerungen abgeneigt war, und hauptsächlich ari dem Widerstande der Geistlichkeit gescheitert, *) Details hierüber: Juchereau de S.-Denis, II. Bd. Mahmud II. beschloss, die vorerwähnte Massregel, gestützt auf die Sanclion des Scheichs ul Islam, durchzuführen. In einer feierlichen Zusammenkunft am 22. Mai 1826, in welcher alle Würdenträger des Reichs mit dem Scheich ul Islam und alle Janitscharengenerale versammelt waren, wurde in einer langen Rede durch den Grossvezier Mohammed Selim die militärische Ohnmacht des Reichs, die Zuchtlosigkeit und Unwissenheit der Janitscharen, und die NothwendigKeit der Reorganisirung dieses Corps hervorgehoben. Der Mufti unterstützte diese Anschauung der Regierung, indem er sich auf den Koran berief und daraus mehrere Stellen vorlas. Zur weitern Begründung dieser Massregel erklärte er auch in einem Fetva: „dass die Moslems verpflichtet sind, die Kriegskunst zu erlernen, um die Ungläubigen besser besiegen zu können." Die ganze Versammlung, mit Einschluss der Janitscharengenerale, stimmte für die Entscheidung des Scheich ul Islam, und jeder einzelne unterzeichnete einen Verpflichlungsact, „sich den neuen Anforderungen ohne Murren zu unterwerfen". Dieser Act wurde auch einige Tage später von den Ober- und Unteroffizieren des Corps mit ftamensunterschriff und Siegel versehen. Der Reorganisationsentwurf bestimmte im Wesentlichen: „dass vorläufig jedes der in Konstantinopel dislocirten 51 Regimenter 150 Mann zu den Eskcndschis abzugeben habe, welche Truppe mit allen namhaft gemachten Chargen und Organen versehen werden wird, dass sie aus dem Staatsschatze besoldet, gleichmässig bekleidet und bewaffnet werden solle; ferner, dass die Truppe mehrcremal der Woche zu üben sei." Ueberdies enthielt der Organisirungsent-wurf umfassende Disciplinarvorschriften. Die Bevölkerung wurde durch eine Proclamation des Gross-veziers, welche die Notwendigkeit und Tragweite dieser Massregeln enthielt, beruhigt und aufgeklärt. In einigen Tagen waren über 5000 Mann, theils Freiwillige-theils Janitscharen, für die neue Truppe ausgehoben} doch den1 grössten Theile misfielen die neuen Anordnungen, welche strenge Disciplin und Exereiren forderten, Anforderungen, welche in kurzem auch auf den grossen Ueberrest des Corps ausgedehnt werden sollten. Sie versuchten, indem sie von Schenke zu Schenke zogen, den Fanatismus der Bevölkerung gegen die kaiserlichen Befehle, speciell gegen die gleichzeitig erlassene Steuererhebung wach zu rufen, und versammelten sich endlich in der Nacht vom 15. auf den IG. Juni 1826, 20—30000 Mann stark, auf dem Atmejdan (wörtlich Pferdebahn), wohin sie ihre Kochkessel mitnahmen. Von hieraus wurden nach Verabredung einiger der erwählten Chefs, Abtheilungen in die Hauptviertel der Stadt sowie zu den Wohnungen ihrer Generale, zu der des Grossvcziers u. s. w. abgesendet, welche unter fortwährendem Toben und dem Ausrufe: „Tod den Fefvagebern, den Giemas und allen denen, die sich uns widersetzen!" die Häuser plünderten und in Brand steckten. Glücklicherweise waren der Grossvezier wie alle Würdenträger auf der asiatischen Seile des Bosporus. Von den Unruhen benachrichtigt, schiffte der Grossvezier unbe-lästigt über denJKanal, landete im kaiserlichen Schloss und concen-trirle daselbst die Seesoidaten, die Artilleristen, Bombardiere, die Garlenwache und die Pagen, und benachrichtigte hiervon den Sultan, welcher damals in seinem Sommerpalaste zu Beschiktasch residirte. Der Grossherr fand sich bei seiner Landung von fast 50000 Streitfähigen umgeben, und Hess, um die Bevölkerung gegen die Janitscharen aufzubieten, die heilige Fahne en Hallen. Ein grosser Theil der Giemas und der Bevölkerung stellte sich 2u seiner Verfügung. Der Sultan liess, die Fahne in der Hand, die Versammellen S(hwören, »das meineidige und meuterische Corps zu vertilgen". Die Ansprache des Sultans und sein Entschluss, persönlich in den Kampf zu gehen, wovon er jedoch abgehalten wurde, wirkte bindend. Unter dem Rufe: „Tod den Janitscharen, langes Leben dem Grossherrn!" zog das Heer gegen die Kasernen, wohin sich die Janitscharen, unler Verbarrikaclirung aller Eingänge, zurückgezogen hatten. Auf die Aufforderung, sich zu ergeben, verlangten sie die Köpfe der Minister und Uleraas, und verwünschten die Osmanen, die den Giauren nachstreben. Diese Antwort wurde mit einem Hagel von Kartätschen begrüsst. Die Thore wurden durch das Feldgeschütz geöffnet, die Kasernen durch Granaten in Brand gesteckt, gestürmt, und die Janitscharen nach hartnäckigem Widerstände, wobei viele Hunderte blieben, überwunden. Der grössto Theil flüchtete und zerstreute sich in der Stadt, um von dort aus verkleidet zu entkommen, doch wurden sie von der Bevölkerung gruppenweise massacrirl. Ueber 4000 Mann verloren an diesem Tage das Leben. Die Kasernen wurden bis auf den Grund zerstört. Des andern Morgens wurde strenges Gericht über die Gefangenen gehalten, wobei einige Hunderte geköpft und ertränkt wurden, und denselben Tag (17. Juni 1826) verkündete ein Haiti Scherif die Aufhebung der Janitscharen für ewige Zeiten, indem er zugleich anordnete, dass die Symbole (Kessel) zu zerstören, die Abzeichen, Vorräthe u. s. w. dieses Corps auch von den Ortas, welche in den Provinzen dislocirt waren, nach Konstantinopel einzusenden seien. Der Name der Janitscharen sollte nie mehr ausgesprochen werden. Gleichzeitig mit der Auflösung dieses Corps wurde der Mönchsorden der Bektaschderwische, der oft die Seele der Unruhen gewesen war, aufgelöst. Dies war nach öOOjährigem Bestände das Ende des einst so gefürchteten Corps, welches so wesentlich zur Grösse und Ausbreitung, in den letzten Jahrhunderten aber, zum Verfalle und zur Schwäche des osmanischen Reichs beigetragen hatte. Fortgesetzte Reorganisirungen. Der Krieg gegen Bussland 1828 und 1829 hinderte den Ausbau der Heeresorganisation, und zerstörte fast den kleinen, bis dahin gebildet gewesenen Kern. Dieser Krieg wurde grösstentheils mit Milizen und Aulgebotstruppen (wie schon vorn erwähnt) geführt. Sultan Mahmud II. musste die vollständigere Durchführung der Reformen seinem Nachfolger Abdul Mcdschid überlassen, der sogleich nach seinem Regierungsantritte durch den Haiti Scherif von Gülhane 1839 die begonnenen Reformen sanclionirte und vervollkommnete. Die Reste der regulären Truppen bildeten den Kern für zwei Armeecorps, die durch französische und preussische Offiziere nach Art der andern europäischen Heere und auf Grund französischer Reglements organisirt und geschult wurden. Nach und nach wurden die Militärreformen, mit Ausnahme Rosniens und der Herzegovinä, über das ganze Reich ausgedehnt, und die Armee successive verstärkt. Die Sipahis, d. h. die Siamiten und Timarioten, wurden nebst •der durch freiwilligen Eintritt gebildeten regulären Cavalerie beibehalten, blieben nach wie vor eine Art von Aufgebot, und verschwanden auch dein Namen nach erst nach der Bekanntgabe des Hatti Scheriis von Gülhane, welcher die Feudalherrschaft aufhob, jedoch erst spät und nach vielfachem Widerstande (durch Omer Pascha in Bosnien 1850) zur Ausführung gelangte. In keinem Staate Europas stiess die Organisation des Heeres auf so viele Schwierigkeiten wie in der Türkei, und nirgends war der Uebergangsunterschied ein so gewaltiger wie hier. Der Widersland der übermüthigen Janitscharen musste gebrochen, die Trägheit und Indolenz dieser Truppe, der Hang des Volks an alte Institutionen bekämpft, selbst Sitten und Gebräuche (Kleidung) mussten — der religiöse Fanatismus arjer durfte nicht verletzt werden. Schon seit geraumer Zeit sind die Vorurtheile der Bevölkerung überwunden, die Organisation und die Ausbildung des Heeres schreitet stetig vorwärts, und wenn auch die türkische Armee noch lange nicht die Vollkommenheit anderer europäischer Heereseinrichtungen und den Ausbildungsgrad unserer Armeen erreicht hat, so sind doch die Resultate, die das türkische Heer in dem letzten Kriege gegen Mon- tenegro 1801 (wenn auch nur partiell) erreicht hat, grösstentheils nur der angenommenen neuen Ausrüstungsari und Taktik zu verdanken. Zur Vervollständigung dieses dem Militärwesen gewidmeten Abschnitts führen wir den gegenwärtigen Stand der osmanischen Landmacht an, wobei wir den in der Mililärzeitschrift (1863) erschienenen, auf officiellen Daten beruhenden Artikel zur Grundlage nehmen, ihn zum grösslen Theile wiedergeben, und denselben durch eigene Notizen und gemachte Erfahrungen theilweise ergänzen. II, Gegenwärtiger Stand der türkischen Armee. Grundziigc der Staatsorgaiiisalion. Der Thron ist im Hause Osman in männlicher Linie nach der Erstgeburt erblich. Der Sultan (Padischah, Grossherr) gibt die Gesetze durch die Vcrmiltelung des Grossvcziers als seinen Stellvertreter in der Civil« und Militärverwaltung, und durch den Divan oder den gesetzgebenden Körper und obersten Staalsrath, der aus den Ministem und den Vorstehern aller Verwallungszweige zusammengesetzt ist. Die Minister haben Marschallsrang (Muschir), der Scheich ul Islam ist Stellvertreter des Herrschers in geistlichen Angelegenheiten. Die Hierarchie der Ulemas und deren Wirkungskreis wurde bereits besprochen. Politische Eintkeilung. Das Reich umfasst halbsouveräne und unmittelbar hinzugehörige Provinzen. Die letztem werden in Statthalterschaften, Generalgouvernements oder Ejalels, diese in Provinzen (Kaimakamien oder Sandschiaks) und in Dislricle (Kazas oder Mudirale) eingetheilt. Ausdehnung und Bevölkerung. Das osmanische Reich umfässt: Unmittelbar zugehörig. In Europa: 12 Statthalterschaften mit 6708 □Meilen und 10,500000 Einwohnern, In Asien: 20 Statthalterschaften mit 27500 □Meilen und 16,100000 Einwohnern. Halbsouverän. In Europa: Moldau, Walachei, Serbien und Montenegro mit 3355 □Meilen und 5,320000 Einwohnern. In Afrika: Aegypten, Tripolis und Tunis mit 37000 □Meilen und 5,300000 Einwohnern. Zusammen: 74583 □Meilen und 37,220000 Einwohner. Das türkische Heer besteht aus: 1) Nizam (Linie); 2) Redif (Landwehr, Reserve); 3) aus dem irregulären Aufgebote. Oberbefehl. Der Sultan ist Oberbefehlshaber der bewaffneten Macht. Die Centraileitung der militärischen Angelegenheiten wird durch den Seraskier (Kriegsminis leij und das Seraskierat (Kriegsminislerium) ausgeübt. Für das Arlilleriewesen, die Festungen und die Militärfabriken bestehen eigene Commissioiien als Hülfsbehördcn des Kriegsministeriums. Das Seraskierat hat seinen Sitz zu Konstantinopel; dasselbe ist zusammengesetzt aus dem Seraskier, 4 Feriks (Divisionsgeneralen), 5 Livas (Brigadegeneralen), dem Molla (oberstem Militärrichter), 5 höhern und der erforderlichen Anzahl niederer Beamten und Offiziere. Die Reiräthc des Ministeriums bestehen aus je 1 Ferik als Vorstand, 4 höhern Offizieren als Mitgliedern und einigen niedern Beamten als Schreibern. Der Vorstand des Artillerieraths führt den Titel Pascha von Tophane. Militärhierarchie. In der Armee bestehen folgende Chargenstufen: a. Generale. Serdari Ekrem (Generalissimus, nur in besondern Fällen), Muschir (Marschall), Ferik Pascha (Divisionsgencral), Liva Pascha (Brigadegeneral). b. Stabsoffiziere. Miri Alaj (Oberst), Kaimakam (ObersLlieutenant, Stellvertreter), Alaj Emini (Venvallungsmajor), Bimbaschi (Balaillonscommandant). c. Ober Offiziere. Kolagasi (Adjutantmajor), Sani Juzbaschi (Escadroncommandant), Alaj Iman (Hcgimentspater), Alaj Kiatib (Regimcntsschreiber), Tabor Klaub (Bataillonsschreiber), Juzbaschi (Compagniecommandant), Tabor Imami (IMaillonspfarrer), Mülazimi Evvcl (Oberlieutenant), Mülazuni Zani (Unterlieutenant). d. Mannschaft. Bäsch Tschauschi (Sergeanlmajor), Sira Tschauschi (Sergeant), Buljuk Emini (Fourier), Onbaschi (Corporal), Nefer (Soldat), Mehter (Spiclmann)l), Sakka (Wasserträger). Der Nizam (Liiiicnrrunncii), 1. Zusammensetzung der Armeecorps. Der Nizam (Linienarrnec) besteht aus 6 Ordus (Heerlager oder Armeecorps) und einigen in diese Armeecorps nicht cingetheilten Truppen. Die Armeecorps haben folgende Bezeichnung: 1. Ordu (Garde), Stab zu Konstantinopel. 2. Ordu (Stambuli oder efer Hauptstadt), Stab zu Skulari am Bosporus. ') Mehter Chane (die Musikbande). 3. Ordu (von Rumelien), Stab in Monastir. 4. Ordu (von Anatolien), Stab in Kerberut. 5. Ordu (von Arabien), Stab in Damaskus. 6. Ordu von Irak), Stab in Bagdad. Commandant einer jeden Ordu ist ein Muschir. Dessen Stab besorgt die Verwaltung und die Generalstabsgeschäfte, und zählt 1 Ferik, 1 Liva, 3 Miri Alaj oder Kaimakams und 2 Giemas (Gesetzkundige des Priesferstandes). Ein besonderes Corps des Generalstabs existirt zwar im türkischen Heere nicht; doch wird dessen Dienst durch zeitweilig beim Stabe commandirle Offiziere versehen, die dann die Bezeichnung „vom Generalstabe"x) erhalten. Jede Ordu soll an Truppen enthalten: 6 Regimenter Infanterie ä 4 Bataillonen = 24 Bataillonen. 4 Regimenter Cavalerie ä 6 Esca-drons = 24 Escadrons. 1 Artillerieregiment zu 12 Batterien = 72 Geschützen. Die Infanterie und die Cavalerie sind in Brigaden und Divisionen formirt. Zwei Regimenter der gleichen Waffe formiren eine Brigade, zwei Brigaden eine Division. Die Zusammensetzung der Armeekörper ist aber von dieser reglemenlsmässigen Formation meislonfhcils abweichend und sehr verschieden. Die politischen, localen und administrativen Verhältnisse erklären zur Genüge diese Erscheinung, welche auch in der Folge stattfinden wird, solange die ungeordneten Zustände im Staate und in der Armee nicht behoben sind. Die Organisirung der Ordus befindet sich in sehr verschiedenen Stadien. Bei den beiden ersten Armeecorps, welche gewissermassen als Elitecorps betrachtet werden, ist dieselbe vollständig durchgeführt; der Sollstand bei den Truppen ist sogar überschritten. Von dieser Deberzahl werden zeitweise Chargen und Leute an die in der Formalion zurückgebliebenen Armeecorps abgegeben. l) Erkiani harb (Generalstab, d. h. die Säulen des Krieges) steht gegenwärtig unter dem Präsidium des Brigadiers (Miriliva) Mahmud-^ascha. Das 1. Corps bildet die Garde. Das 4. und 5. Corps ist noch nicht vollständig, das 6. nur zur Hälfte organisirt. Die Formirung der Redifcadres ist in den 4 ersten Ordus beendet; bei der 5. und 6. Ordu hat dieselbe aber noch gar nicht begonnen. 2. Nizamtruppen in die Ordu eingetheilt. a. Infanterie. Das Regiment (Alaj) der Linien- (Nizam) Infanterie hat 4 Bataillone (Tabor) zu 8 Compagnien (ßuljuk) und wird von einem Miri-Alaj (Obersten) commandirt. Der Regimentsstab besteht aus dem Obersten, dem Oberstlieutenant (Kaimakam), dem Vcrwaltungsmajor (Alaj Emini), dem Fahnenträger, dem Bekleidungsoffizier, 5 Unteroffizieren, 2 Aerzten, 12 Chirurgen, (5 Apothekern. 48 Musikern und 13 Imams (Prediger mit Unteroffiziersrang). Aerzte und Apotheker sind nie vollzählig. Die drei ersten Bataillone sind als Linicnbataillone organisirl; das vierte Jäger- oder Zouaven- (Scheschchanedschi) Bataillon soll ein leichtes Bataillon sein. Dem Bataillonschcf (Bimbaschi) sind zwei Adjutantmajors (Kologasi oder Kolasses) beigegeben. Die Compagnien sind, wie bei der französischen Infanterie, in zwei Sectioncn, diese in zwei Züge, die Züge in Escouaden eingetheilt. Dtr Sollstand hat 100 Streitbare und 1 Wasserträger, und zwar: 1 Hauptmann (Jüz-Baschi), 1 Oberlieutenant (Mülazim-Evel), 1 Unterlieuteriant (Mülazim-Zani), 1 Scrgeanlmajor (Basch-Tschauschi), 4 Sergeauts (Sira-Tschauschi), 1 Fourier (Buljuk-Emini), 8 Corporale (On-Baschi), 80 Gemeine (Nefer), 1-Wasserträger und Marketender (Sakka). Die Sollstärke eines Bataillons beträgt: Streitbare . . . 27 Offiziere, 776 Mann = 803 Köpfen. Nichts treilbare — „ 8 „ = 8 „ Zusammen . . 27 Offiziere 784 Mann = 811 Köpfen. Der vorgeschriebene Stand eines Regiments hat: Streitbare ... 116 Offiziere, 3104 Mann == 3220 Köpfen. Nichtstreitbare 2 „ 87 „ = 89 „ Zusammen . . 118 Offiziere 4191 Mann — 3309 Köpfen. Man kann jedoch den ausrückenden Stand eines Rataillons im Durchschnitte höchstens zu 700 Mann, jenen eines Regiments zu 2800 Mann annehmen. Die Organisirung der 4. Bataillone als Zouaven ist eine neue, erst in der Durchführung befindliche Massregel. Gegenwärtig sind in den ersten 4 Ordus bereits je 2 Zouavenbataillone, im ganzen circa 6000 Mann, welche mit Dornstutzen versehen sind, in kurzem aber mit Hinterladern bewaffnet werden sollen. Das Regiment hat eine rothe Fahne, welche ins Feld mitgenommen wird. * b. Cavalerie (Süwari). Die Türkei hat nur leichte Reiterei. Jedes der 24 Nizamregi-menter hat 6 Escadrons, die erste und sechste mit Säbeln, die vier Mitlclescadrons mit Lanzen bewaffnet. Der Stab eines Regiments, welches keinerlei Fahnen oder Standarten hat, zählt: 1 Obersten, 1 Oberstlieutenant, 1 Verwaltungsmajor, 2 Chefs d'Escadron (Divisonscommandanten), 2 Adjutantmajors, 2 Chirurgen, 4 Hufschmiede und 2 Imams, zusammen 15 Mann. Der Sollstand einer Escadron, welche in zwei Sectionen und vier Züge zerfällt, besteht in: 2 Hauptleuten, 2 Oberlieutenants, 2 Lieutenants, 6 Unteroffizieren, 18 Corporalen, 2 Trompetern, 112 berittenen und 10 unberittenen Gemeinen, dann 1 Hufschmied; zusammen 155 Mann mit 145 Dienstpferden. Diese Stärke erreichen jedoch die Escadrons nicht. Man kann den streitbaren Stand einer Escadron bei den ersten 3 Ordus etwa mit 125, bei der 4. und 5. Ordu mit 80—100 und bei der 6. Ordu hur mit 60—70 Mann und Pferden annehmen. Der Sollstand eines completen Regiments würde 993 Mann, wovon 858 Mann streitbar wären, und 871 Pferde betragen. c. Artillerie (Topdschi). Die Artillerieregimenter unterstellen in technischer und administrativer Beziehung dem Arlillerieinspector, in den übrigen dienstlichen Angelegenheiten dem Armeecorps-Commandanlen. Das Begiment wird von einem Topdsehi-Pascha, dem Bange nach Brigadegcneral, commandirl, welchem als Gehülfen 1 Oberst und 1 Oberstlieutenant beigegeben sind. Dasselbe hat einen Ge-sammlsland von 1638 Köpfen, und enthält in 5 Abiheilungen 12 Batterien, darunter 5 achlpfündige Fussballerien, 1 achtpfundige reitende, 2 zwölfpfundige Fussballerien, 1 zwölf pfundige leichte, 2 zwölfpfündige schwere Haubitzbalterien und 1 Gcbirgsbatterie. 2—3 Batterien werden von einem Major commandirl. Der Stand einer Batterie, welche 6 Geschütze und ebenso viele Munitionswagen hat, besieht in: 1 Hauptmann, 2 Oberlieutenants, 3 Lieutenants, 8 Unteroffizieren, und per Geschütz lCorporal und 12—16 Mann. Die Geschütze der 8pfündigen Fuss- und reitenden, der ^pfundigen Fuss- und leichten Ilaubitzbatterien sowie sämmtliche Munilions-wagen sind mit 6, die Geschütze der schweren 12pfündigen Haubitzbatterien mit 8 Pferden bespannt. Diese starke Bespannung ist durch die schlechten Gommunicationen und den kleinen Pferdeschlag bedingt. Die Arlilleriercgimcnler der 4 ersten Ordus sind vollkommen organisirt; bei der 5. Ordu sind die Batterien nur mangelhaft ausgerüstet; das Begiment der 6. Ordu hat blos 4 Batterien. Das Arlilleriemalorial ist im allgemeinen praktisch brauchbar; die Geschützrohre sind gut, die Laffcllen (Blocklall'ellen) etwas plump, aber dauerhaft. Die Mnnifionswagen sind nach französischem Muster gebaut; der Vorderwagen derselben besteht in einer vollkommen ausgerüsteten Geschützprotze. Für das Fortschaffen eines Gebirgsgeschützes sind 3 Tragthiere bestimmt. Das Bohr wird auf das erste Thier geladen, das zweite trägt eine kleine Blocklaifelle, das dritte 2 Munilionskisten mit je 8 Patronen. Mit der Beservemunition werden nach Bedarf andere Tragthiere beladen. Erlaubt es die Bodenbeschaffenheit, das Geschütz ziehend fortzubringen, so wird das Bohr in die Laffelle gelegt, an diese eine Deichselgabel befestigt, und ein Thier in die Gabel oin-und das zweite vorgespannt. Die Feldarlillerie ist die am besten geschulte Waffe im türkischen Heere; sie bat ihre Tüchtigkeit bereits bei vielen Gelegenheiten bewiesen. Es herrscht ein reger' Eifer, die Artillerie zu vervollkommnen und die neuen Erfindungen und Verbesserungen hei derselben einzuführen. Im Auslande wurden gezogene Geschütze bestellt. Auch das Artilleriearsenal ist mil der Anfertigung solcher Bohre nach französischem System beschäftigt. 3, Nizamtruppen, welche in die Ordu nicht eingetheilt sind. Zu dem Nizam zählen, obzwar in die Ordu derselben nicht ein-getheill: a. Die Artilleriebrigade des Bosporus, h. Die Artilleriebrigade der Dardanellen, o. Das Ccniecorps. d. Die selbständige Brigade auf der Insel Kreta. e. Die Gensdarmerie. f. Das Artillerie-Handwerkerregiment g. Die Adminislralions-Arbeitercompagnien. a —b. Die Artil lerietruppen an den See Strassen des M a r m a r a m 6 e r e s. Die Arlilleriebrigade des Bosporus und jene der Dardanellen sind zur Verteidigung der Befestigungen an diesen Wassersirassen bestimmt. Beide Brigaden haben eine gleiche Organisirung, werden von ^°pdschi-Pasehas (Livas) commandirt, und haben je zwei Regimenter, Vo" Obersten befehlig!. Die Regimenter sind in 2 Bataillons (Tabor) Zu 3 Compagnien gegliedert. Die Stärke eines Regiments, dessen Aktheilungen zur Besetzung der Werke an einem Ufer der Meerenge Vfirwendet werden, beträgt circa 900 Manu. hi den Batterien einer joden Meerenge befinden sich 4— 500 schwere Geschütze des verschiedenartigsten Kalihers. Raishans sind nur in geringer Anzahl, gezogene Kanonen gar niehl vorhanden; dagegen gibt es Kamerliks (Kammergcsehülze), welche Steinkugeta von ungewöhnlicher Grösse schiessen, aber sehr schwerfällig und unpraktisch sind. Die Batterie Kilil-Bar des Bosporus hat das grössle Exemplar dieser sonderbaren Geschülzgalfung. Die Steinkugel dieser von den Türken „Papa Ihijdar" genannten Riesenkanone wiegt 12 Gentner. c. Das Geniecorps. Das Geniecorps besteht aus 2 Bataillonen. Jedes Bataillon hat 4 Compagnien von derselben Stärke wie bei der Infanterie, und zwar 1 Mineur-, 2 Sappeur- und 1 Ponlonniercompagnie. Den Pon-tonniercompagnien sind je 2 Bruckenequipagen Birago'schen Systems zugewiesen. Die in andern Armeen von den Geniestaben besorgten Geschäfte versehen Artillerieoffiziere. d. Die selbständige Drigade auf Kreta. Die abgesonderte Lage und die häufigen Unruhen auf der Insel Kreta haben die Aufstellung einer selbständigen Brigade in dieser entfernten Besitzung des türkischen Boichs nolhwendig gemacht, deren Stärke etwa 4000 Mann beträgt, über deren Organisation jedoch nichts näher bekannt ist. e. Die Gens darin er ic. Die- Gensdarmerie ist erst im Entstehen begriffen, und soll die noch bestehenden, für den Kriegsdienst ganz ungeeigneten Polizei-truppen (Zaptien) zu Fuss und zu Pferde ersetzen. Mit der Aufstellung der Gensdarmerie wurde erst vor kurzem begonnen. Gegenwärtig dürfte der Stand derselben mit 8—10000 Manu zu veranschlagen sein, da in Bosnien und der [Ierzegovinfl allein schon 3000 Mann aufgestellt wurden. Die Stärke, welche das Corps erreichen soll, wird öfters mil 40000 Wann und selbsl noch höher angegeben; Zahlen, die nicht übertrieben, .sondern sogar verdreifacht erscheinen. Jedes der grössten 2 oder 3 kleinern Ejalcls erhält ein Regiment. Das Corps soll sich aus den besten ElemenLen der Armee und der grossenfheils schon aufgelösten Landespolizei rekruliren. Kein Gensdarm darf unler 25 oder über 40 Jahre, sowie nicht kleiner als 05 wiener Zoll sein. Eine mindestens dreijährige Dienstzeit ist eine weitere Ilaupthedingung zur Aufnahme in die Gensdarmerie, Welche ungleich hesser bezahlt ist als die übrigen Truppen der Armee. f. Truppen in Bosnien. Nebst diesen Truppen sind im Jahre 1804 in Bosnien und der Herzegovinä zur Verfheidigung dieser Lautier 0000 Mann aus der muselmanischen Bevölkerung ausgehoben worden, die in 0 Bataillone getheilt sind und als leichte Truppe (Jäger) unilbrmirt und ausgerüstet werden. Das Nähere unter Ergänzung. g. Das Artillerie-Handwcrkcrrcgimcnt. Das Artillerie-Handwerkerregiment besieht aus 3 Bataillonen, jedes zu beiläufig 600 Mann. Die beiden ersten Bataillone sind in dein Ärtilleriearsenale zu Tophana, das drille in den Gowchrfabrikon zu Dolma-Bagdsche und Zeilum-Burnu verwendet h. Die Admi nistrat Jons- Arbeiter compagnien. Au Administrationstruppen bestehen 2 Compagnien ä 100 Manu. Dieselben werden in der dem Staate gehörigen Lederfabrik von Beykos zur Erzeugung des für die Armee erforderlichen Riemzeugs verwendet. Wer Redlf (Reserve oder Landwehr). Der Bedif (Landwehr) soll Truppen aller Wallen in derselben Anzahl, Stärke und Formalion aufweisen wie der Nizam (Linie). Im Frieden sind mir die Cadres aufgestellt, die übrige Mannschaft ist beurlaubt. Im Kriege werden die Redifregimenter in besondere Redifarmeecorps zusammengesetzt, welche die nämliche Stärke und Zusammensetzung haben sollen wie die Nizamcorps. Hie Terrilorialeinlheilung ist für den Redif dieselbe wie für den Nizam. Jeder lufanterie-Reyiiuenfsbczirk wird in 4 Bataillonsbezirke eingetheilt. In den Hauptorlen dieser 24 Bezirke Stationiren die Ra-laillons- und die Kscadronsstämme; auch ist in denselben die Ausrüstung für die betreffenden Truppenabtheilungen doponirl. Der Stamm des Arlillerieregimenls garnisonirl in dem Hauptorte der Ordus, und hat daselbst sein ganzes Material und seine ganze Ausrüstung depouirf. Nach dem Wortlaute des Gesetzes soll die beurlaubte Redif-mannschaft jährlich durch einen Monat zu den Waffenübungen einberufen werden. Diese Massregel ist bis nun noch nie in Anwendung gekommen. Die Organisirung der Rediftruppen ist noch nicht ganz durchgeführt. Bei den vier ersten Ordus hat die Aufstellung der Cadres bereits stattgefunden. Die beiden ersten Corps sind im Stande, die Stämme hei allen Waffen auf den Kriegs.sland zu compleliren, und sogar einen Ueberschuss von circa 100 Mann per Bataillon an den Nizam abzugeben; während bei dein 3. und 4. Ordu die Infanterie nur annähernd die Sollstärke erreicht, die Cavalerie- und insbesondere die Artillerieabteilungen aber nur theilweise aufgestellt weiden könnten. Im 5. und 6. Ordu hat die Formirung der Cadres noch gar nicht begonnen. Die Mohilisirurig der drei ersten Redifordus ist binnen 4—6 Wochen möglich, beim 4. Ordu würden dazu mindestens zwei Monate nolhwendig sein. 1. Infanterie. Der Cadre eines Redif-Infanlerieregiments besteht aus 1 Obersten, 4 Majors, 8 Hauptleuten, 8 Oberlieutenants, 8 Lieutenants und 112 Unteroffizieren, Spielleuten und Gemeinen; zusammen 1&9 Mann. Im Kriege soll das Rcdil'regiiuenl, in 4 Bataillone ä 8 Compagnien formirl, dieselbe Starke wie das Nizainregiment erhallen; Mos die Kaimakam- und die Kolassochargen situl nicht reglomenlsmässig. 2. Cavalerie. Die Rcdif-Cavalcricrogimciilcr haben Cadres von der nachsiehenden Zusammensetzung; 1 Oberst, 2 Majors, 12 Haüptleute, 12 Lieutenants, 120 berittene und 30 Manu unberittene Mannschaft; zusammen 177 Mann und 147 Pferde. Die Regimenter der Redifs bei den beiden ersten Armeecorps können hei einer Mobilisirung als reguläre Reiterei vollzählig, beim 3. Corps mit zwei Dritteln des Standes aufgestellt werden. Beim 4. Ordu würden die Regimenter den Charakter einer irregulären Reiterei haben, und höchstens die Hälfte der Sollstärke erreichen. 3. A r t i I I c r i c. Die Feldartillerie des Redifs ward bei der ersten Organisirung vergessen. Infolge dieser Vernachlässigung hat sich im letzten Kriege an der Donau ein Misverbällniss zwischen der Kopfzahl der Armee und der Geschützzahl herausgestellt, welchem man durch die Errichtung neuer Batterien bei den Nizauiregimcntern abzuhelfen suchte. Um diesem Uobolslaude vorzubeugen, beschloss man, die zur Aufstellung eines Bedil-Artillerieregiinenls in jedem Armeecorps erforderlichen Geschütze und Requisiten (12 Batterien derselben Gattungen wie bei den Nizamregimontern) in den Hauptorten der Ordus zu deponiren, und zur Conservining dieses Materials einen Gadre aufzustellen, welcher per Regiment aus 1 Obersten, 2 Majors, 1 Hauptmann, l Lieutenant und 60 Mann, zusammen aus 6.5 Köpfen zu bestehen hat. Die irregulären Truppen. Die irregulären Truppen sind der Zahl und dem Werthe nach so sehr von den politischen Verhältnissen der verschiedenen Popu- lalionen des Reichs abhängig, dass sie sich jeder genauem Schätzung entziehen. Dieselben bestehen aus: 1. den Baschi-Bozuks, 2. den Freiwilligen, 3. den Miriditen. 4. den Jerli-Topdschis. 1. Die Baschi-Bozuks. Die geworbenen Irregulären heissen Baschi-Bozuks (ToUkö|>fe), sind meistens schlecht bewaffnete Infanteriehorden und nur selten Reiterbanderien. Vor Ausbruch eines Kriegs, bei innern Unruhen etc. erhalten die Gouverneure der Ejalels den Auftrag, eine bestimmte Anzahl Mannschaft und die notwendigen Werbgelder aufzubringen. Die Gouverneure übergeben die ganze Werbung in der Regel an Stammhäuptlinge oder andere Unternehmer, welche die billigsten Forderungen stellen, um dann durch allerlei Mittel ein Volk zusammenzubringen, wie es eine europäische Werbetrommel in den bedenklichsten Zeiten kaum vermöchte. Die Werbcgelder bleiheu beinahe ganz in dem Sockel der Gouverneure und der Unternehmer, die geworbene Mannschaft erhält den kleinsten Theil davon. Diese un-disciplinirten Horden werden gewöhnlich als Vor- und Sicherhoits-Iruppen sowie zu den kleineu Diensten des Heeres verwendet; leben hauptsächlich von Erpressung und Plünderung, da ihnen von der Regierung in der Regel nur Brotrationen verabfolgt werden; kommen am Kriegsschauplätze selten vollzählig an; benehmen sich in den Gefechten schlecht, und sind stets mehr eine Geisel für das eigene Land als ein Schrecken für den Feind gewesen. Im Kriege von 1853 und 1854 soll die Zahl der Baschi-Bozuks bevor dieselben von Omer Pascha, vor seiner Einrückung in die Walachei, zu Anfang August 1854, wegen ihrer Undisciplin grösstentheils nach Hause geschickt wurden — circa 30000 Mann betragen haben. 2. Die mu sei manischen Freiwilligen. Verschieden von den Baschi-Bozuks sind die eigentlichen Freiwilligen, welche heinahe ausschliesslich nur Bcilcrbanderien bilden und unter verschiedenen Bezeichnungen: Sipahis, Beduinen etc., gekannt sind. Das liauplconlingcnl dieser Freiwilligen stellen die arabischen Stämme. Die Leute formiren grössere oder kleinere Trupps unter Anführung ihrer Beys [Stammchefs), welche eine beinahe unumschränkte Gewalt ausüben und eine strenge Disciplin aufrecht erhalten. Diese Beilorscharcn sind daher, wenn auch eine irreguläre, aber doch -recht brauchbare, tapfere Cavalerie. MiL Gewissheil kann man jedoch auf das Auftreten dieser Freiwilligen nicht rechnen. Das Erscheinen derselben ist von dein guten Willen der Geys abhängig, welche oft nur durch Versprechungen oder Geschenke zur Theilnahmc an einem Feldzuge zu bewegen sind. Im letzten russisch «türkischen Kriege haben beiläufig 10000 solcher Freiwilligen im Felde gestanden. Bei grossen politischen Gefahren des Boichs wird die Fahne des Propheten aufgepflanzt, und die Gläubigen zur Verteidigung des Landes und der Religion aufgeboten, in einem solchen Falle lässt sich erwarten, dass die mosleinilisehe Bevölkerung, besonders dort, wo sie gedrängter beisammen wohnt, sich massenhaft erhebt und, den Mangel an üebuug und Formation durch wilden Fanatismus ersetzend, Entscheidendes zu leisten vermag. 3. Die Miriditen. Die katholischen Albanesen (Miriditen) haben eine Clanorgani-ition; dieselben bilden unler den Stammältesten kleine Infanterie-trupps, welche wieder unter ihrem eigenen Fürsten stehen. Die. Miriditen können circa 1500 geübte Schützen stellen, welche sich bei allen Gelegenheiten, besonders 1853 bei Ollenilza, vor allen irregulären Truppen rühmlich ausgezeichnet haben. ■1. Die Jerli-Topdschis. Die Jerli-Topdschis sind eine Art Nationalgarde in den festen Plätzen des Deichs, hauptsächlich zum Artilleriedienst in denselben bestimmt, und von Jugend auf, wenn auch nur sehr unregelmässig, ausgebildet. Der hartnäckige Widerstand, den türkische Festungen gewöhnlich leisten, ist zum Theil ihnen zuzuschreiben, da sie mil dem Platze zugleich ihre Habe und ihre Familien vertheidigen. Es fehlt jeder Anhaltspunkt, die Zahl der Jerli-Topdschis zu schätzen; so viel ist jedoch gewiss, dass dieselben zur Erfüllung ihrer Aufgabe vollkommen ausreichen. Die Aiwevcrwaltuiig. 1. Heeresergänzung. Die Linienarmee (Nizam) ergänzt sich durch Abstellung (Losung) und durch freiwilligen Eintritt, Das jährliche Contingent wechselt nach Dedarf, beträgt "20000 bis 30000 Manu, und wird auf die Provinzen entsprechend vertheilt. Die SteUungspflichligkeit beginnt mit dem vollendeten zwanzigsten Lehensjahre, dauert durch fünf Jahre, erstreckt sich nominell auf die gesammle Bevölkerung, in der Wirklichkeit aber beinahe ausschliesslich nur auf die Muselmanen. Jeder Gestellte kann sich gegen den Erlag von 5000 Piastern (500 Fl.) loskaufen. Die Dienstzeit beträgt sieben Jahre in dem Nizam (Linie), hierauf fünf Jahre in dein Redif (Landwehr oder Reserve). Die Abstellung in den Nizam wird durch das Los bestimmt. Es kann jedoch hei einer Stellung aus einer Familie nur ein Sohn zu dem Nizam genommen werden. Wenn bereits zwei Brüder in der activen Armee dienen, sind die übrigen Geschwister von der Einreihung in dieselbe, sowie alleinige Söhne, Yerhciralhele, welche kleine Kinder haben, Priester etc. von jeder Militärpflicht befreit, Zu dem Redif gehört die Mannschaft, welche die Dienstzeit im Nizam vollstreckt hat; dann jene Stellungspflichligen, welche durch das Los mm Eintritt in die active Armee nicht bestimmt wurden, aber diensttauglich sind. Die Rekrutirung erstreckt sich zwar nominell auf die Gesamml-bevölkerung; die Christen (Rajah) aber werden derselben nichl unterworfen, sondern müssen den Kopfsteuerzuschlag (Bedelie, ehemals rlaradsch) mit 1) El. per Kopf entrichten. Die politische Einteilung ist zugleich die Abgrenzung für die Stellungsbezirke. Alljährlich im Frühjahr begibt sich eine Assentcommission, aus Ollizieren, Giemas (Priestern) und Aerzten zusammengesetzt, in den Stellungsbezirk, und hebt aus den Conscriptionspflichtigen durch das Los die angeordnete Zahl aus. Die Rekruten werden dann in das Hauptquartier des betreffenden Ordu geführt, und dort nach Bedarf und mit möglichster Berücksichtigung der Heimatsbezirke in die verschiedenen Truppei ikorper ei i ige (heilt. Dies sind die Grundzüge für die Ergänzung der türkischen Armee. Die Durchführimg ist jedoch äusserst mangelhaft; Willkür und Indolenz der Beamten, sowie. Abneigung der Bevölkerung gegen den Dienst im Heere sind Hindernisse, welche zur Abstellung des Kontingents oft beinahe ein Jahr nolhwendig machen. In manchen Provinzen zeigt sich tatsächlicher Widerstand gegen die Rekrutirung, sodass sich die Regierung alsdann nur durch förmliche Razzias in den Besitz einer gewissen Anzahl Rekruten zu setzen vermag. Dies galL spcciell von den beiden Provinzen Bosnien und Iler-^'govina. Im Jahre 18(54 wurde daselbst die Conscription für die. Mohammedanische Bevölkerung eingeführt. In diesem Jahre wurden ^000 Mann ausgehoben, welche in 6 Bataillone getheilt, als leichte Truppen (Jäger) uniformirt und ausgerüstet wurden, und speciell zur Verteidigung des Landes dienen sollen. Sie haben ^ijährige active und neunjährige R'eservedienstpflicht. Jedes Jahr y°llcii '2000 Manu ausgehoben werden, wodurch die bosnische regu-1,lre Streitmacht nach 10 Jahren 26000 Mann erreichen wird. Die wesentlichsten Mängel der türkischen Uceresergänzimg sind: '*ie Ausschliessung der Christen aus der Armee, und der Widerwille der bessern muselmanischen Klassen gegen den Waffendienst. Die Regierung ist zwar, wenn auch ohne Erfolg, bemüht, diese Uebel-stände zu heben; es wurde öfters versucht, die Conscription auch auf die Rajahs auszudehnen, an dem hartnäckigen Widerstande der orthodoxen Moslems, sowie nicht minder an der Dienst- und Waffenscheu der verkommenen christlichen Rajahs sind aber alle derartigen Versuche vollkommen gescheitert. Die Befreiung der vermöglichern Klassen vom Militärdienst besteht zwar seif 1861 nicht mehr zu Recht; doch finden die Reichen in der Türkei immer Mittel, das GeSelz zu umgehen. Die Armee geniesst nicht das notwendige Ansehen, um zum Eintritt in dieselbe aufzumuntern. Junge Türken aus guter Familie widmen sich seilen dem Waffendienste. Alles drängt sich zu dem in hohem Ansehen stellenden Berufe der Giemas. Die Last der Heeresergänzung fragen daher beinahe ausschliesslich die ärmern Klassen der Moslems; sie ist für dieselben um so drückender, als die vorherrschend von Türken bewohnten Gegenden relativ geringer bevölkert sind, und durch die ungewöhnlichen Mühseligkeilen des dortigen Kriegsdienstes die herrschende Rasse immer mehr vermindert wird. 2. Militär schulen. Die Militärschulen in der Türkei stehen noch auf einer niedrigen Stufe, und sind nur in sehr geringer Anzahl vorhanden. Der Mangel an Lehrkräften, die geringen Kenntnisse der eintretenden Zöglinge, und die Abneigung der Moslems gegen die occidculalische Bildung werden das Aufblühen dieser Ausfallen noch lange hindern. In der Hauptstadt bestehen zwei Anstalten zur Heranbildung von Offizieren: die allgemeine Militärschule (Molüobie-Harbio) und die Arlillerieschulc (Muhcndis-llane). Die allgemeine, Militärschule, 1830 gegründet, ist eine Nachahmung der französischen Militärschule von Sl.-Cyr und hat grösstentheils ehemalige französische Offiziere als Professoren. Der Curs dauert vier Jahre. Die Arlillerieschule soll Artillerie- und Genieoffiziere, dann Civil- ingenioure heranbilden. Der Curs dauert vier Jahre. Preussische und französische Offiziere erlheilen- den Unterricht Die jungen Leute erhalten eine gute inililärisehe Ausbildung, gelangen jedoch bei der in der Türkei gegen Neuerungen herrschenden Eifersucht selten zu höhern Oflizierstellen. Beide Schulen sieben unmittelbar unter dein Seraskierat und haben je 100 Zöglinge von 14.—20 Jahren. Als Vorbereitungsanstalten für die Offizierschulen besteht in dem Hauptorte einer jeden Ordu eine Schule für mohammedanische Jünglinge. Die bessern Zöglinge derselben werden in die beiden Mililärsrhulen aufgenommen. Der Lehrcurs dauert fünf Jahn;. An Truppenschulen gibt es nur Batterie- und Compagniesehulcn bei den Artillerie- und Genieregimentern. Oefters lässt die Regierung befähigte Jünglinge im Auslande •— Frankreich, Preussen —■ erziehen, sowie häufig talentvolle Offiziere behufs ihrer Ausbildung auf längere Zeit in das Ausland geschickt werden. 3. Beförderung. Generale und Stabsoffiziere ernennt der Sultan auf Vorschlag des Soraskiers; ehemals wurden dem betreffenden Stabsoffiziere mit dem Ernennungsdiplom die charaktermässigen Epaulelten zugesendet. Die Muschire der Ordus ernennen die Oberoffiziere der Infanterie und der Cavalerie; jene der Artillerie und der technischen Truppen das Seraskierat auf Vorschlag der betreffenden Regimenter. Die Zöglinge der Militärschulen treten als* Offiziere in die Armee. Die der allgemeinen Militärschule dienen gewöhnlich 6 Monate bei der Infanterie, 6 Monate bei der Cavalerie als Subalterne, hierauf 2 Jahre als Hauptleute, und werden dann zu Kolasses (Adjutant-Majors) ernannt. Die Mehrzahl der Offiziere jedoch ist dem Mannschaftsslande entnommen, und der Bildung nach von den Gemeinen wenig unterschieden. Die Mannschaftsbeförderungen sieben den Obersten zu. Alle Vorrückungen sollen nach dem Dienstalter erfolgen, und nur hei besondern Kenntnissen und Verdiensten Uebergehungon stattfinden; doch wird mit der grössten Willkür verfahren, und nicht seilen werden ausgediente Pfeifenstopfer verdienstvollen Offizieren vorgesetzt. 4. Beurlaubungen. lieber den Winter linden bei den Truppen gewöhnlich zahlreiche Beurlaubungen stall, welche um so leichter durchführbar sind, als die Regimenter in Friedenszeiten meistens in der Nähe ihrer Ergänzungsbezirke liegen. Der beurlaubte Soldat nimmt seine Kleidung, der Reiler auch sein Pferd mit, welches von der Gemeinde, wo er beurlaubt ist, erhalten werden muss. 5. R c m o n t i r u n g. Der Bedarf der Armee an Pferden wird durch die Truppenkörper mittels 1 landeinkauf, und bei dem grossen Plerderoichlhum ganz itu Inlande gedeckt. In Rumelien befinden sich zwei, in Anatolien ein Remonten-depot, welche jedoch keine stabilen Stationen haben. Die Bestimmung derselben isl, grössere Pferde als Zuglhierc für die Artillerie anzukaufen. Der türkische Pferdeschlag ist klein, gedrängt, ausdauernd und gelehrig, besonders zu leichten Reitpferden geeignet, dagegen für den Zug minder tüchtig. Das Erkennungszeichen der ärarischen Pferde jst ein auf dem Hinterbacken aufgebrannter Halbmond. 6. Gebühren. Dir- Individuen der Armee erhalten vom Staate: den Sold, die Naturalverpllegung, die vollständige Bekleidung und Bewaffnung, die Unterkunft, die Transportmittel (auf dem Marsche) und die Spitalverpflegung (für Kranke). Aus der nachstehenden Uebersicht sind sämmtliche Gebühren, wie. selbe im Jahre 1863 festgestellt wurden, zu entnehmen. Geb ersieht der Gebühren. Monatl. Gage. rirr.i.' rationen (Yem). Naturaliengebühr (Tajn), Lebensmittel. Charge. In Piastern. jl Nach österr. II Gelde in Fl. CS a < "* H £ Taglieh. I -Iis i |«s Reisegebühr, Anmerkung, Sordar F.krem (Generalis slm.) Omer Pasoha. Muachüx (Marschall). Ferik (Feldiuar-schalllieuteu.). Liva (Generalmajor). Miii-Alaj (Oberst). Kainiakam ""'(■rstlientcn.). Alll.i-Ki,iiui (Be-8l,».-0ekmi0 Piaster per Stunde für sich und seine Dienerschaft. Für jede Reise-stunds 30Ptaster für Pferde, 20 Piaster für sich und solnu Dienerschaft, 24',4 Piaster per Stunde für Pforilciniothe, Piaster für soino Person u. Dienerschaft, 17 % Piaster für Pferde, 7% Pstr, für seine Person u. Diouersehaft. 11 Piaster für Pferde, 5 Piaster für sich und Dienerschaft per Beisestunde. 10l/$ Piaster für Pferde, :iJ , Pstr. für Mich u. Dienerschaft per Stunde. Die Naturalien werden zur Beköstigung des Hauptquartiers verwondet. Das Paar(Csift) Brote zu 300 Drammen Dr. = 1 Both), also ungefähr lOka. Munal 1. Gage.- Pferderationen (Yem). NTaturaliongehühr(Tajn), Lebensmittel. i O _; Charge. In Piastern ! Nach osterr 1 Gelde in Fl Anzahl. 'Bs 4 SÄ ä © ' Piaster per Reisestande, Beziehen gewöhnlich N;1" turalieu. MülaHiin-Fvvcl (Obeiiieuto-nant). ;ioo 110 6 Oka Fleisch, 3% Oka Kein, '/., Oka Fett, 30 Csift Brot. 1 10 '■'•'/; Piaster per Relsestns.de. Desgl. Mttkwtm /aui ( L nteilieute-nant). 250 6 Oka Fleisch, 3»/s Oka Beis, '/, Oka Fett, :n Csift Brot. 1 10 '■'•'/,, Piaster per Keisestundo, Desgl. Die Naluralgebühr (Tajn) wird im Kriege doppelt verabfolgt. Der Monat ist zu 31 Tagen angenommen. Eine monatliche Fourrageporlion (Yem) beträgt 99 Oka 80 Dr. Gerste und Hafer, 124 Oka Heu und 1 Uka Streustroh. Die Offiziere bis inel. Kalagassi erhallen überdies vom Staate 1 Hock, 1 Weste, 1 Winter- und 1 Sommerpantalon, 2 Paar Schuhe, 2 Paar Wäsche mit einjähriger und 1 Manie! mit dreijähriger Tragdauer. Der Dasch-Tschauschi (Sergeahfmajor) hat monatlich 80, der Sira-Tsehauschi (Sergeant) 00, der Buljuk-Emini (Fourier) 60, der Onbaschi ((Korporal) 40, der Nefer (Gemeine), der Möhler (Spielmann) und der Nakka (Wasserträger) je 30 Piaster monatlich Sold (der Spielmaim hat auch Zulage); ferner im Monate an Naturalien per Kopf: 23 Oka und 100 Dr. Brot, C ,, „ 80 „ Fleisch und Grünzeug, 3 „ „ 335 „ Beis, 217 Dr. Erbsen, 214 „ Fett, 195 „ Salz, 195 „ Zwiebeln, 31 „ Oel, 31 „ Kerzen, 31 „ Seife und 17 Oka Holz. "Von den Naturalien erhält der Mann nur das Bröl auf die Hand. Im Spital befindliche Militärs behalten den Sold, verlieren aber die Naturalgehühren. Die Mannschaft fest dos Tages zweimal ab, morgens zwischen 8 und 9 Uhr und nachmittags gegen 4 Uhr. Die Kost, die aus Pilav 'Beis) oder Keis mit gemengtem Fleisch, dann Gemüse besieht, ist nahrhaft, .schmackhaft, ausgiebig, und wird in grossen verzinnten Kupfersrhüsselii hereile|. Je Ii) Mann gehören zu einei Henage. Das übrigbleibende Essen wird an die Armen, die zur Zeit der Mahlzeit sich an den Kasernenthoren sammeln, verlheilt. Während des Monats Ramazan (grosse Fasten) erhält der Manu eine Zuhusse an Naturalien. Diese besteht für die ersten 15 Tage in 108ya Dr., für die folgenden 14 Tage in 93% Dr. Reis und 13ya Dr. gebrochenem Weizen, zu der Aschure, 24 Dr. Zucker, 16Va Dr. Fett, 4% Dr. Oliven, 4% Dr. Bedschel (eingesottene Früchte) und 4l/a Dr. Käse. Am Ramazan- (3 Tage) und am grossen Kurban-Bairam (Opfer-fest) wird für jeden Mann ausgefolgt: 40 Dr. Zucker, 30 Dr. Fell und 50 Dr.. Mehl zur Bereitung der Haiva, welche des Morgens verabreicht wird. Die Naturalien werden den Truppen gewöhnlich durch Unternehmer geliefert, auf Märschen requirirt, in Konstantinopel, wo sich Staatsmagazine befinden, aus diesen gefassl. Die Artikel werden in natura oder relulum verabfolgt, und bilden bei den Offizierschargen sozusagen einen Theil der Gage. Das Seraskierat bezahlt die Lieferanten mit Bons, welche an der Börse bei 40 Proc. verlieren, und kann dabei- nicht mit vollem Nachdrucke auf die Erfüllung der Contracte dringen. Dazu kommt noch die Bestechlichkeit der Beamten und hohem Offiziere, die sich dabei bereichern wollen. Die Auszahlung des Soldes erfolgt in ganz unregelmässigen Terminen, sodass selbst ganzjährige Soldruckstände vorkommen. Nebst der Naturalienverpflegung fasst der Mann, vom Basch-Tschauschi abwärts, an Monlursorlen: Alle 4 Monate 1 Paar Schuhe, alle Jahre 1 Fess, 1 Tuch- und 2 weisse Hosen, 2 Hemden, 2 Unterhosen, 2 Leibchen, 2 Paar Fuss-socken, 1 Paar Fäustlinge (für denWinter), 1 Rock; nach Umständen auch 2 Böcke; ferner alle 3 Jahre 1 Manie], 1 Teppich, 1 Malratzo und ein Kopfpolster. An den Bairamsfesllagen wird an die Mannsehafl die in den Magazinen liegende beste Uniform herausgegeben, sodann aber wieder deponirl. Kreide, Wichse, Zwirn elc, um ■ er sich selbst kaufen. wozu er aber wegen der Soldrückstande oft nicht einen Kreuzer besitzt, daher unsauber herumgeht. Alle Donnerslage muss er sich die Wäsche selbst waschen, wozu bei jeder Kaserne eigene Waschhäuser erbaut sind. Für Rauchtaback gibt es keine Preisermässigung; diesen muss er sich um den gangbaren Preis selbst kaufen, Wiewol die meisten starke Raucher sind, sieht man sie seilen sich dieser Zerstreuung hingeben, da ihnen auch hierin der zeitweise Geldmangel Massigkeit auferlegt. Ucbcrdies ist das Rauchen auf der Gasse untersagt. Zu Zeiten der Geldebbe nehmen sie den Taback lothweise von den Tutundschihs ä Conto der zu erhallenden Soldgeböhren. Bei einem plötzlichen Ausmarsche werden die Schuldquittengen vom Ba-laillonscommandanlen vidirl, d. h. bestätigt, und der Kaufmann nachträglich pünktlich bezahlt. Alle Kleidungsartikel werden von Konstantinopel an die entferntesten Gegenden gesendet, Das verspätete Eintreffen der Montursorlcn, die überdies durch den langen Transport sehr leiden, ist mit. ein Grund der vernachlässigten Adjustirung des Soldaten. 7. Unterkunft. Im Frieden garnisonirt die Armee in den grössern Städten des Reichs, und ist in geräumigen Kasernen, in kleinern Ortschaften in den Karavanscraien oder Hans untergebracht, oder lagert im Sommer unter Zelten. Konstantinopel allein hat 11 Kasernen, in welchen 40000 Mann bequeme UnlerkunR linden, und welche ihrer Geräumigkeit, bequemen innern Eintheilung und gesunden Lage wegen wahre Musterbaulen sind. Die türkischen Kasernen sind meistens mit sehr grossen Höfen, mil Bädern und Waschhäusern versehen. Die Zimmer werden rein gehalten, wozu die Sitte, beim Eintritte die Fussbekleidung abzulegen, nicht, wenig beiträgt. Die. Mannschaft schläft nicht in Betten, sondern auf 2 Zoll dicken Schafwoilmalralzen, welche auf dem Boden oder auf einige Zoll hohen Pritschen ausgebreitet und mit ihren Teppichen bedeckt sind, die bei Tage jedoch zusammengerollt werden. Bis zum Major sind auch die Offiziere in den Kasernen bequartiert. Die Offiziere einer Compagnie bewohnen ein Zimmer. Gewehre und Rüstungen sind auf Bechen im Kascrnengangc aufgehängt. Zur Aufbewahrung der Moutur hat jeder Mann ein am Kopfende der Schlafstelle in der Wand angebrachtes Kästchen. Die Stallungen lassen nach unsern Begriffen viel zu wünschen übrig. Die Pferde stehen ohne Standsäulen und Slreubäiune, au den Vorderfüssen gefesselt, nebeneinander. Im Felde bedienen sich die Türken stets runder, lichlgrüuer Zelte, mit einem Fassungsraunie für 10 Beiler und 12 Infanteristen. Die Olliziere einer Compagnie haben ein Zell. Die Lagerart ist die mit Compagnie- oder Fscadronsgassen, doch sind diese nie deutlich wahrzunehmen, es herrscht in dieser Beziehung sozusagen eine „geordnete Unordnung". Zum Ceberlluss bleiben die Cadaver der gefallenen Pferde, die Gebeine des geschlagenen Viehes zwischen den Zelfreihen liegen und erzeugen, die Luft verpestend, mancherlei Krankheiten. 8. Bekl eidun #s wesen. Die Bekleidung wird durch Unternehmer in Konstantinopel geliefert und von dort aus an die Truppen versendet Die betrügerische Verwaltung, die grossen Entfernungen und die schlechten Gommunicationen vermehren noch die Nachlheile dieses unpraktischen Systems; die Truppen in den entferntem Provinzen haben off an den noth-vvendigsten Bedürfnissen Maugel. Au ein Aufgeben dieser Bescliaf-fuiigsarl wird nicht gedacht; es linden zu viele einflussreiche Personen dabei ihren Vorlheil. Das Tuch für die Walfenroeke und Pantolons ist grösstentheils Sehlechtes französisches, für die Mäntel noch schlechteres inländisches, kotzenartiges Fabrikat. Das Riemzeug für die ganze Armee kommt aus der ärarischeti Lederfabrik von Boykos; die Fesse aus der gleichfalls ärarischen Fabrik zu Kyub. Den tosten Theü der Bekleidung bildet die. Beschuhung, wenn sie vorhanden ist. Das Leder ist vorzüglich und auch die Arbeil gut. Doch sind nur die Truppen in der Nähe der Hauptstadt gut beschuht; in den Provinzen trägt die Mannschaft nicht selten Sandalen (Opanken) und läuft sogar mitunter barfuss herum. Das Aussehen der Truppe, besonders in den Provinzen, ist nicht sehr nett. Zu der schlechten Beschaffenheit der Kleidung gesellt sich noch die Unordnung, welche weniger Schuld der Mannschaft als der Offiziere ist. Wem es genehm ist, der lässt die Halsbinde zu Hause, knöpft sich nicht zu etc.; Kleider, Schuhe und Riemzeug werden beinahe gar nicht gereinigt, und doch ist die äusserlieh verwahrloste Mannschaft für ihre Person nicht unsauber, denn der Türke ist durch die ihm von der Religion auferlegten täglichen Waschungen an Reinlichkeit gewöhnt. Monlurvorrätho existiren bei dem Nizam nicht; bei Standeserhöhungen muss alles neu angeschafft werden. Für den Redif ist die Bekleidung zwar zum Theil in den Hauplorlen der Bataillons-hezirke deponirl, dieselbe wird aber bei der Nachlässigkeit der türkischen Behörden in kurzer Zeit unbrauchbar, und dürfte daher bei einem Kriege ebenfalls grösstenfheils mangeln. 9. Sanitätswesen. Der Armee fehlen im allgemeinen gründlich durchgebildete Aerzte. Die vorgeschriebene Zahl derselben wird nie erreicht. Bei vielen Truppenkörpern funetioniren ehemalige Apolhoker-gehülfen als Aerzte. Geschickte Aerzte gibt es nur einige, oll in einer ganzen Provinz nur einen, welcher sodann gewöhnlich Chefarzt, ordinirender Arzt des Garnisonspitals oder des im Orte etahlirlen Marodehauses ist, gleichzeitig aber zu Assentirungscommissionen, zur Untersuchung und Unterdrückung ausgebrochener Epidemien abgesendet wird, und die einzige Hoffnung der Kranken einer Stadt ausmacht. Permanente Spitäler gibt es nur in Konstantinopel und in Sehumla; in den übrigen Garnisonen werden dieselben nach Bedarf 26* clablirl. Die Leitung der Spitäler isl gewöhnlich europäischen Aerzten anvertraut; das niedere Sanitätspersonal wird den Truppenkörpern entnommen; eigene Krankenwärter gibt es nicht, Im Frieden ist die Krankenpflege gut; es wird weder an Medi-camenlen noch an der Kost gespart. Die Heilanstalten verdienen hinsichtlich der Reinlichkeit und Ordnung besonderes Lob. Dagegen ist im Kriege die Sanitätspflege sehr vernachlässigt. Es sind bisher noch in allen Feldzügon die lebhaftesten Klagen erhoben worden gegen die geringe Sorgfall, mit welcher die Kranken und Verwundeten behandelt wurden, 10. Transportwesen. Die türkische Armee bat. kein geregeltes Fuhrwesen, Die höhern Offiziere versehen sich im Felde selbst mit den zur Forlbringung ihrer Bagage notwendigen Traglhieren. Gewichts- und Volumen-ausmass ist nicht festgesetzt, Ebenso besorgen die Unterabtheilungen das Fortschaffen der Kochkessel, der ledernen Wassersäcke und der /eile. Der Bagagetrain eines Bataillons darf die Zahl von 50 Pferden nicht übersteigen. Der Transport der Anneebedürfnisse geschieh! durch requirirte Saumlhiere, welche überall in grosser Zahl vorhanden sind. Der Train türkischer Heeresabtheilungen im Leide isl daher zahlreich und schwerfällig. 11. Armirung. Die Bewaffnung des Nizam ist im allgemeinen gut. Die Gewehre sind gezogen und werden meist in belgischen und englischen Fabriken angekauft. Ein Theil ist noch mit allen österreichischen Percussionsgewehren bewaffnet. Gegenwärtig werden Wallen aller Art (in Zeilum-Burnu) und auch Munition in hinreichender Menge im lulande erzeugt. Die Säbel der Cavalerie wurden grösstentheils aus Frankreich bezogen, sind mit Körben versehen und von guter Qualität. Die Depots in den Balaillousbozirken enthalten die erforderliche Anzahl gezogener Gewehre und Handwaffen, um den Redif auszurüsten; doch leidet die Brauchbarkeit der Schusswaffen häufig in den Magazinen, wo dieselben ordnungslos umherliegen und beinahe gar nicht conservirt werden. Für die Irregulären sind Waffen vorräthe nicht vorhanden und auch nicht nolhwendig, da in der Türkei beinahe jedermann eigene Waden besitzt. Material für die Feldartillerie ist im Ueberlhiss vorhanden. Die Nizamregimeiilcr der 5 ersten Ordus und die 4 Redifregimenlcr haben durehgehends 12 Batterien. Ausserdem sind in dem Artilterie-arsenai noch bei 400 ausgerüstete Feldgeschütze, nahezu an 1000 Geschützrohre und viele Fuhrwerke deponirl, sodass man zu der Annahme berechtigt ist, die Feldartillerie werde in einem Kriege nicht leicht Mangel an Material leiden. Weniger gut ist die Artillerieausrüstung der Festungen. Die Anzahl der Geschütze in den Plätzen ist zwar gross, doch von den allerverschiedensleu Kalibern. Die Laffetten sind sehr primitiv, dem Einflüsse der Witterung ausgesetzt, zum grossen Theile morsch, verfault und unbrauchbar. Gegenwärtig arbeitet man an der Umwandlung der glatten Kolire bei der Foldarlillerie in gezogene (System La Hille). Auch einige Armstrong- und preussischo Ifinlerladungsgoschülze wurden für die Festungen angefertigt. 12. M i 1 i t ä r c t a b 1 i s s o m e n t s. An Militäretablissements sind zu bemerken: a) Die Militärschulen. b) Das Artilleriearsenal in Tophana. In dieser Anstalt sind 2 Arfillerie-Ilandwerkerhatailloiis beschäftigt; es werden daselbst Me-tallgeschütze aller Art gegossen: Laffetten, Wagen, Pferdegeschirr etc. angefertigt und Munition adjustirt. e) Die Eiscngiesserci zu Samakof für Marino- und Festungskanonen und für Gesehülzprojectile. d) Die Waffenfabrik in Zeilum-Burnu (am Marmarameer) beschäftigt 1 Arbeiterbataillon, liefert Handwaffen und auch Dampf- maschinert für die Marine. Diese Anstalt liat in Dolma-Bagdscho ein Filiale. e) Pulverfabriken an verschiedenen Orten erzeugen Pulver in hinreichender Menge und von guter Qualität. 13. Justiz. \ Militärs werden wegen Verbrechen nach einem eigenen Strai-gesetzbuche abgeurtheilt, und zwar durch ein Gericht, welches aus Offizieren und Mannschaft nach dem Chargengrade des Inquisiten zusammengesetzt ist. Die Bestätigung des Urtheils erfolgt durch die Truppeneommandanten. Die Aussprüche der Rcgimcnlsgerichlo gelangen zur Revision an die Corpsgerichte. Zu diesem Zwecke ist in dem liauptorto einer jeden Ordu ein Gerichtshof, aus hohem Offizieren und Ulemas bestellt. Als oberstes Militärgericht fuugirt eine Scelion des Seraskierals, unter dem Vorsitze des Kadi Asker (oberster Militärrichter). Kein Soldat darf von einem andern als dem competeulen Militärgericht abgeurtheilt werden. Das Disciplinarslral'gcricht steht jedem Ablheilimgscoiniuandauleii zu. Als Strafen werden Arrest, Degradirung, bei der Mannschaft auch Slockstrafen angewendet, von diesen letztem jedoch seilen Gebrauch gemacht, weil der türkische Soldat sehr folgsam, nüchtern und selten "excessiv isl. in frühem Zeilen verhängten die höhern Befehlshaber nach Willkür über Offiziere und Mannschaft Peitschenhiebe, Erdrosselung etc. als Disciplinarslrafen. Dieser Mishrauch ist aus der Armee verschwunden. 14. Uniformirung. Infanterie (Füsiliere). Waffenrods dunkelblau, Aufschläge und Kragen von derselben Farbe, Passepoils rolh, eine Reihe Messing-knöpfe, iSchösse beinahe bis au das Knie. Mantel grau mit Kapuze. Pantalons aus dunkelblauem Tuch mit rothein Streifen. Sommerhose aus Zwillich. Fussbekleiduug: Schnürschuhe und nalurfarbige Ledergamaschen. Kopfbedeckung: rolhcr Fess mit einer Hachen messingenen Platte und blauer Quaste am Scheitel. Die Platte ist das Abzeichen des Militärfesses, Das Haupthaar wird nicht rasirt. Vom General aufwärts kann der Vollbart getragen werden. Tornister aus Kalbsfell. Riemzeug schwarz. Patroiitaschc und Dajonnel werden an einem Leibgurt getragen. Walle: ein gezogenes Dajonuetgewehr (17 Millim. Kaliber). Unteroffiziere gleich der Mannschaft; als Unterscheidung jedoch weisses Riemzeug und ein gelbmonlirler Säbel in lederner Scheide Die Offiziere tragen durchaus eine krapprothe Hose, als Disliue-tioiiszeichcn haben sie goldene Kpaulell.cn und goldene Streifen am Aermel, welche, auf ungarische Art verschlungen, nach der Zahl die Chargengrade bezeichnen. Bei den Stabsoffizieren sind goldene und silberne breite Streifen in Anwendung. Ein General trägt in ähnlicher Verschlingung Bört-chen. Gleichheit im Schnitt wird wenig beachtet, in den Provinzen sieht man off von der Vorschrift sehr abweichende Uniformen, da die Adjuslirungsvorsohrifl in letzter Zeit oft wechselte, die neueste oft gar nicht, gekannt ist, Die Stabsoffiziere halten auch Goldborten in den Pantalons. Das Dienstzeichen ist ein schmaler Hingkragen (hausse-col) die Walle ein Säbel mit Slahlscheide. ■lä g er-Zuaven. Schnitt und Form der Kleidung arabisch. Spenser und Weste dunkelblau mit rofheu Tressen. Hose rolh, im Sommer weiss. Kopfbedeckung: grüner Turban. Die übrige Kleidung wie die Füsiliere. Waffe: Dorpstutzen mit Säbelbajonnel. Cavalerie. Allila dunkelblau, schwarz verschnürt, Melalloliven. Aufschläge und Kragen rolh bei der Garde, rolh passepoilirl hei den übrigen Regimentern. Weste dunkelblau. Fussbekleidung: Halbstiefeln. Fess, Pantalon, Maulel wie die Füsiliere. Bewaffnung; Korbsäbel, zwei Pistolen, nebstdem bei den vier Mittelescadronen jtöch eine Lanze, bei den Flügelescadronen ein Stutzen. Bio Patrontasche hängt an einem weisslcderueu Ueborsehwuug. Sattel und Zäumung nach Husarenart. Artillerie. Bio Bekleidung der berittenen Artilleristen ist jener der Cavalerie, die der unberittenen jener der Infanterie sehr ähnlich. Die berittene Mannschaft isL mit dem Cavaleriesähel und zwei Pistolen, die unberittene mit einem Faschinenmesser bewaffnet. Gensdarmerie, berittene. Kopfbedeckung: Stahlhelm, sonst wie die Flügelescadronen der Reiferei. In Bosnien hat dieselbe Fess, dunkelblauen Wallenrock und Hose, schwarzes Riemzeug. Bewaffnung: Dornstutzen am Riemen über die Schulter geschwungen, eine Pistole, in ledernem Leibgurt. Unberittene. Kaipak statt des Fess, sonst wie die Füsiliere. Rediftruppen ganz wie der Nizam, jedoch weisse Mäntel. Irreguläre haben keine eigens vorgeschriebene Uniform; die Mannschaft kleidet und bewaffnet sich selbst. Die Kleidung ist ganz orientalisch. Einige Bemerkungen über die türkische Armee. In den vorhergehenden Abschnitten wurde, so gut dies nach den vorhandenen Quellen möglich war, die Organisation des türkischen Heeres beschrieben. Die Elemente desselben sind in vielen Beziehungen von denen anderer europäischer Armeen so verschieden, dass es angezeigt erscheint, die taktische Ausbildung und den inneni Gehalt der Truppen, dann die Eigenschaften des türkischen Soldaten zu beleuchten. Die Neubildung der türkischen Infanterie ist nach französischem Musler unternommen. Die Reglements sind eine heinahe wörtliche Ueberselzung der französischen (1831). Die Ablichtung beschränkt sich hauptsächlich auf die präcisc Ausrührung der Handgriffe und auf den Reihen- und Frouluiarsch; das Manövrireu und die Ausbildung der Olliziere ist 'sehr vernachlässigt. Aus diesem Grunde hat muri, obwoJ einzelne Ablheilungen sich sehr brav geschlagen haben, in dem letzten russischen Kriege Anstand genommen, die Infanterie in grossem Massen in das Gefecht zu führen. Der Feld und Vorposlendieiisl wird gar nicht geübt. I5ei bezogenem Gager, selbst vor dem Feinde, werden auf 1000—2000 Schrill einige Lagerwachen in der Kunde, gewöhnlich in aufgeworfenen schlechten Erdwerken, aufgestellt, und eine rein passive Bewachung durchgeführt. In der Verteidigung von Befestigungen und Ocrlliehkeilcii werden jedoch die Leistungen der türkischen Infanterie nicht leicht durch ein anderes Fussvolk ühertroflen. Die Cavalerie ist gleichfalls nach französischem Muster reorga-nisiiil. Die Reglements sind, wie bei der Infanterie, üeberselzungen aus dem Französischen. Die Defailabrichluug der Mannschaft isl mangelhaft, die Manövrirlahigkeif der Regimenter sehr gering; die Reilerei ist auch gegenwärtig, wie im Kriege 1853—1855, für den Sicherheitsdienst und in kleinen Abtheilungen recht brauchbar, dar gegen als Liniencavalerie nicht gut zu verwenden. Die beabsichtigte Errichtung von Kürassieren aus einem solchen Elemente erscheint schwer ausführbar, und den türkischen Verhältnissen nicht entsprechend. Die Artillerie ist eine recht brauchbare, im Manövrircn und Schiessen gut ausgebildete Waffe; sie hat ihre Tüchtigkeit im Felde vielfach bewährt. Der wesentlichste Nachlheil hei derselben ist der zu leichte Pferdeschlag der Bespannungen. Im türkischen Charakter liegt viel Eignung (Kaltblütigkeit, Ausdauer) für den Dienst in der Artillerie; der grössle Theil der erfolgreichen Neugestaltung dieser Waffe isl jedoch dem Eifer und der Ausdauer der fremden Offiziere zuzuschreiben, welche, seit 20 Jahren an diesem Werke arbeilend, gegen Eifersucht, Mislraueu, Indolenz, Bestechlichkeit und fanalisches Vorurllieil zu kämpfen halten. Der Werth der Irregulären ist von sehr verschiedenen Umständen, und insbesondere von den politischen Verhältnissen abhängig, Von den Baschi-Bozuks lassen sich keine besondern Leistungen erwarten; dagegen haben die irregulären freiwilligen Heiler, besonders aas den asiatischen Provinzen, in allen Kriegen sich als brauchbare leichte Truppen erwiesen, und manche schöne Reiterthat aufzuweisen. Gewandtheit im Reiten und im Wallengebrauch, Schlauheil und Kühnheit sind diesen Steppenbewohnern in hohem Grade eigen. Die Jerli-Toptschis (Garnisonsarlilleriej endlich verdienen, ob-wol im Schiessen nicht geübt, ihrer Hingebung und Ausdauer wegen alle Anerkennung. Der Dienst in den Friedensgarnisonen wird ziemlich lau her trieben. Zu Fassungen gehl die Mannschaft einzeln oder haufenweise in beliebiger Adjustirung. Ich sah Schildwachen bei Pulvermagazinen, die unter den Augen des Wachlcommandanlen mil beiseitegelegtem Gewehre in der commodesten Stellung schliefen. Die Disciplin in der Armee ist gut, ohwol man, dem äussern Scheine nach, nicht leicht zu diesem Schlüsse gelangen dürfte. Der türkische Soldat ist nüchtern und massig, musterhaft gehorsam, treu, pflichteifrig und gelehrig. Exeesse kommen beinahe nie vor. Zwischen den Offizieren und den Soldaten besteht eine für Europäer unverständliche Vertraulichkeit; man sieht oft Offiziere mit dem grdasten Phlegma sich au den Dienstverrichtungen der Gemeinen betheiligen. Diese sonderbare Erscheinung erklärt sich durch den geringen Bildungsgrad der Offiziere. Die Mehrzahl derselben unterscheidet sich in keiner Weise von der Mannschaft, aus welcher sie, mehr durch Zufall als durch Verdienst hervorgehen; selbst die hohem Offiziere entbehren in der Regel, einige Dienslroiitine abgerechnet, jeder Bildung. Die wenigen aus europäischen Armeen oder aus den Militärschulen stammenden Offiziere verschwinden unter der Masse der Unwissenden. Am schlechtesten ist in der türkischen Armee die Verwaltung. Bestechlichkeit und Unordnung herrschen in allen A.hninistralions-zweigen. Die Mannschaft ist oft mit Fetzen bekleidet; die Geldgebühren sind häufig monatelang in Rückstand. Die Gebrechen des türkischen Heeres lassen sich wie folgt resumiren: Unfähige Goininandaulen, unwissendes Offiziercorps, ge- ringe Mauövrirfähigkeil, nicht hinreichend ausgebildete Infanterie und Cavalerie, und elende Verwaltung.. Dagegen hat aber die Armee auch grosse Vorzüge: sie isl von einer erprobten Treue, im Gefechte tapfer und zäh, in Ertragung von Strapazen und Entbehrungen unübertrefflich ausdauernd und geduldig. Diese Zähigkeit und hingebende fatalistische Ausdauer des türkischen Soldaten, besonders in der Defensive, mit den ausserordentlichen Schwierigkeiten in Verbindung gebracht, welche die Unwegsamkeit der Türkei, das ungewohnte und ungesunde Klima und der gänzliche Mangel aller Subsislenz- und Transportmittel für fremde Invasionstruppen darbieten, sind wesentliche Faeloren, die bei der militärischen und politischen Bciirlheilung der türkischen Wchrkrafl besondere Beachtung verdienen. ScliliissbcMicrkuiigcii. .Nach den Angaben des oben erwähnten Artikels der Militärzeil-i lullt würde die Gesaminlmacht des osmanischen Uandheeres, wenn man die Heeresergänzung mit 1 % Proc. der 16,000000 betragenden mohammedanischen Bevölkerung Europas und Asiens veranschlagt, 215000 Mann, darunter 24000 Reiter mit 552 Geschützen betragen. Die halbsouveränen Provinzen der Moldau und Walachei, von Serbien und Montenegro können liier gar nicht in Rechnung gebracht werden. Zählt man hierzu die llülfscontingente von Aegypten mit 13000 Mann, 2000 Beilern und 24 Geschützen, und von Tunis mil 1000 Mann, 1000 Beilern und 8 Geschützen, so erhält man zusammen 229000 Mann, 27000 Reiter und 584 Geschütze als Totalstreil macht, die aufgeboten werden könnte. Nach Abschlag der Besatzungen in Europa und Asien blieben ungefähr nur .165,000 Mann, die ins Feld gestellt werden könnten. Im Krimleldzuge waren im ganzen 206000 Mann schlaglahig; hiervon standen 125000 Mann unter dem Oberbefehle Omer Pascha's. In grosser Bedrängniss könnte wol die Pforle, unterstützt durch den noch nicht ganz erloschenen Fanatismus und den kriegerischen Geist der Moslems, ein bedeutend stärkeres Heer aufstellen, welches an taktischer Ausbildung hinter andern europäischen Armeen zurückbleiben, diesen Mangel aber durch die den Türken eigentümliche Zähigkeit des Charakters, durch fatalistische Hingebung und Ausdauer, und durch die seltene Abhärtung gegen Strapazen und Entbehrungen aller Art aufwiegen dürfte. Zu diesen vorzüglichen, mehr moralischen Eigenschaften der türkischen Armee gesellen sich als Jhilfslactoreu der Verteidigung die eigentümlichen geographischen, dann die klimatischen und Cultur-verhällnisse der türkischen Provinzen, welche jedem Irivasionsheere durch den gänzlichen Mangel von Strassen, der Unterkunft, der Lebensmittel, und manchmal, wie in der Herzegovinä, sogar durch Mangel an Wasser, vielfältige, sich polenzirende, fast unüberwindliche Hindernisse entgegenstellen. Hingegen isL die türkische Armee weder dem Zahlenverhältnisse der Armee, noch der innern Organisation, der Ausbildung der hohem und niedern Offiziere nach gegenwärtig geeignet, einen Eroberungsoder offensiven Krieg zu führen. Die Heeresmaschine ist noch zu schwerfällig, die Reibungs- coeflicienten in allen Theilen derselben noch zu zahlreich; v Ein anderer Geist musste alle Schichten der Bevölkerung durchwehen, wenn der Staat und die Armee lebens- und tatkräftig dastehen sollten, und um dies zu erreichen, muss eine neue Generation entstehen, welche, die Nützlichkeit und Notwendigkeit der angestrebten Reformen einsehend, diese in sich aufnimmt. Vor allem aber musste, wie Jachereau de Sl.-Dcuis sagt, der öffentliche und geheime Widerstand der Ulcmas gebrochen, deren Macht und Einfluss getheilt und eingeschränkt, die durch den llatli-scherif von Gülhane ausgesprochene Gleichheit aller Religionssekleu wahr gemacht und, auf diesen Grundsatz Lasar!, Truppenkörper nichtmohammodanisehen Glaubensbekenntnisses, wenn auch unter Führung mohammedanischer Offiziere, aufgestellt werden, die anfangs in geringer Zahl, naeh und nach vermehr! und, wie zur Zeil der Errichtung der Janitscharen die Siülze des Thrones werden mussten. Erst die Ausdehnung der Conscription auf die ganze Bevölkerung, auf alle Nichlmohainmedaner, und die Vollkommene Gleichstellung der letzlern mit den Muselmanen, würde der Regierung Kraft und Autorität gehen. Die Errichtung einer Nobelgarde, bestehend aus den Söhnen der vornehmsten Familien aller Religioiiseonfessionen. welche im Jahre 18(52 durch den gegenwärtig herrschenden Sultan Ahdiii-Aziz angeordnet wurde, kann als der erste Versuch zur Gleichstellung aller Unlerlhanen betrachtet werden. Aus allen europäischen Provinzen wurden C>G schöne junge Männer, den angesehensten Familien angehörend, im Alter zwischen 20—25 Jahren gewählt, wozu Bosnien und die Herzegovinä (i Jünglinge christlichen (Katholiken und Griechen) und 10 Jünglinge mohammedanischen Glaubens stellten. Sie erhielten den Bang eines Kapitäns 1. Klasse (Kologasi), nationale Kleidung, und haben die Verpflichtung, 3 Jahre im kaiserlichen Dienste zu bleiben. Sie sind alle gleichgestellt und gleichberechtigt, müssen die Kenntniss der türkischen Sprache besitzen, und erhalten Gelegenheil, diese auszubilden. Ausserdem wird ihnen Unterricht in der französischen Sprache und andern Militärhülfswissen-schaften ertheilt. Nach sechsjähriger Dienstzeit sind sie zum Bezüge einer Pension von 3000 Piastern berechtigt. Diese Garde, bildet einerseits den Fühler, wie die Gleichstellung aller Religionssekten von der mohammedanischen Bevölkerung aufgenommen werden würde, und soll wahrscheinlich andererseits ein Beispiel der Eintracht geben, sowie der erste Versuch für die Durchführung der in Aussicht stehenden Conscription unler den Rajahs hei gemeinsamem Dienste mil den Mohammedanern sein, und die letztem mil dein Gedanken an die bevorstehende Massregel vertraut machen. In Friedensverhällnissen sind in Bosnien und der Herzegovinä nur sehr geringe Streitkräfte vorhanden. Mit Ausnahme kleiner Truppenkürper, die in den grossem Städten garnisoniren, wird seif den letzten Differenzen der Pforte mit Serbien eine sehwache Brigade bei Bielma, und seit dem letzten Kriege mit Montenegro ungefähr eine Armeedivision in der Herzegovinä, und zwar in Mostar, Trebinje. Stolac, und auf der Hochebene von Gacko, ferner eine Brigade bei Sjenica und Novi-Bazar in Canlonnements erhalten. Der grössle Theil der Truppen befindet sich in Bulgarien, Hu-melieii und Nordalbanien. Nachtrag. Die vorliegenden Blätter sollten schön im Jahre 1805 der Oeffentiichkeit übergeben werden. Verschiedene Umstände sowie die Ereignisse des Jahres 180(5 verzögerlen die Bruoklegiing. Da nun seit jeher Zeil manche Aehderungen auf politische administrativem (! ".biete sowie Sfrassenbaiileu u.dgl. in Bosnien durchgeführt würden, wir überdies auch manche andere wcrlhvollc Notizen über dieses Land der Kreiind.seliaf! der Herren Lousularagenten zu Banjaluka und Bercka verdanken, so halten wir es für geboten, die uns naoh-träglich Zugekommenen Daten kurz zusammenzufassen und sie hier am Schlüsse dieser Arbeit vorzubringen; wobei wir die im Buche angenommene Reihenfolge der Materien festhalten wollen. 1) Die auf Seite 73 erwähnten Meerschaiiinlager befinden sieh zwischen Dervent und Prnjavor, und zwar bei Beljevac und Liubic wurden gegen 12 Proc. des Erträgnisses an einen türkischen Handelsmann verpachtet und lieferten im Verlaufe zweier Jahre 3017 Zollpfunde Ausheule, 2) Bei Sargovae, eine Stunde von Banjaluka, belinde! sich vorzügliche Malerkreide; ebenso bei letztgenannter Stadt 3) Steinkohle. 4) Auf dem Wege von Banjaluka nach Altgradiska, und zwar 3l/a türkische Reitstuntfen vom erstem Orte entfernt, esistirt bei Laktas "ine Mineralquelle, welche nach der Analyse des Hrn. Dr. Beiner aus Essegg kohlensauern Baryt, kohlensauem Flussspat, ferner Spuren von Kieselsäure in hellem, reinem Wasser enthält, und eine Temperatur von- 25° B. besitzt. Die reich aufsprudelnde Quelle füllt ein aus uralter Zeit stammendes gemauertes Bassin von iy2 Klafter Durchmesser, ist aber ungedcckl und daher allen Witterungseinflüssen ausgesetzt. An der Herstellung fahrbarer Cornmunicalioncn wurde seit dem Jahre 1805 rüstig gearbeitet. Nebst den in der Karle als. fahrbar bezeichneten Slrassenzügen von Serajevo nach Brood und Travnik, dann von Serajevo einerseits nach Zvornik, andererseits nach Visegrad (theilweise) und von Banjaluka nach Altgradiska sowie Novi, wurden für den Wagenverkehr brauchbar hergestellt: a) Die Boute von Novi nach Krupa, sodann, Ufer wechselnd, nach Ostrocac, ferner abermals- am rechten Unnaufer nach Bihac. h) Der Strassenziig von Banjaluka über Tiuiar nach Priedor ist im Baue. Die türkische Regierung beabsichtigt, längs dieser Boule sodann über Novi auch die Telegraphenleitung nach Biliar zu errichten. c) Ebenso wurde in diesem Jahre eine (ährbare Communi-cation von Banjaluka, 8 — 9 Schrill breit, am rechten Verbasufer nach Slatina erbaut. Die Neigungen der Strasse variiren zwischen 2 und 6 Zoll auf die Klafter. Die Ufer der Verbanja verbinde! eine 90 Schritt lange und 4 Schritt breite hölzerne Brücke. d) Im Sprecathale wurde die Communication von Unter-Tuzla nach Gracanica als Verbindung zu der im Bosnalhale führenden Strasse, dann e) der Weg von Unter-Tuzla über Über-Tuzla, Lopare, Cellic nach Bercka fahrbar hergestellt; doch ist diese Wegstrecke schlecht geführt, und im Winter oder auch bei Regengüssen kaum zu Pferde zu passiren. f) In ähnlichem Zustande führt die unterhalb Cellic von dieser Route nach Bjelina abzweigende Communication. Endlich wurde g) der Weg von Bjelina nach Brezovopolje und von dort nach Bercka verbessert, wovon die erstgenannte Strecke als „ziemlich gut", der Theil des Weges von Brezovopolje an aber als „schlecht zu befahren" bezeichnet wird. Die wesentlichsten Aenderungen sind in politisch »administrativer Beziehung aus dem Jahre 1865 zu verzeichnen, welche wir in den Hauptpunkten anführen, und hierbei die in diesem Jahre abermals vorgenommenen Modificationcn berühren wollen. Das Constitutivgesetz, welches im Juli des Jahres 1805 erlassen wurde, bestimmte: 1) Auflassung der Statthalterschaft zu Mostar und Novibazar, Vereinigung der Herzegovinä und Basciens mit Bosnien zu einem Verwaltungsgebiete unter dem Namen eines Vilajets und unter Leitung eines Generalstatthalters (Vali-Pascha). 2) Politische Theilung des Landes in 7 Kreise oder Sandschaks Ms wurde diesemnach das ehemalige Kaimakamal von Trebinje zu Mostar, jenes von Plevlje (Tazlidzia) zu Novibazar geschlagen. 3) Beduction der Bezirke oder Mudirale der Zahl nach — von 60 auf 45 Verwalfungsgebicte, — durch welche Verfügungen eine einheitlichere Leitung und in ökonomischer Beziehung eine bedeutende Ersparung im Verwallungsapparate erzielt wurde. Der Sand-schak von Serajevo, welcher vor dem Jahre 1865 vom Gouverneur verwaltet wurde, nach der Puhlicaliou des Constitutivgesetzes einen eigenen Kaimakam erhielt, wurde in diesem Jahre aus ErSparungs-rücksichten abermals der Provinzialregierung einverleibt, wobei nur ein höherer Beamter, „Divan EITcndi", den Dienst, und die Stelle des i.Mutasarifs" bekleidet, Nebsfdem wurden im Monate Juni I. J. allen politischen Beamten gegen einen Tax erlag, der einer zweimonatlichen Gage gleichkommt, höhere Titel bewilligt, wonach der Vorstand eines Sandschaks den Titel eines „Mutasarifs" (Statthalters oder Gouverneurs), derVorstand eines Kaza, Mudirats oder Bezirks jenen eines „Kaimakams" (Stellvertreters), das diesem untergeordnete Organ in den zugehörigen Ortschaften oder Gemeinden (Dschemat), der früher Mülazim, aucli Muchlar (Lieutenant oder auch Candida!) hiess, den Titel eines „Mudir" erhielt. Der Malmudir (Steuereinnehmer) eines Sandschaks, nunmehr eines Mutasarifliks, erhielt den Titel eines „Muhaszebedschi" (Finanzdirectors). Das gleiche Organ beim frühern Mudirlik, nunmehr Kaima-kamlik, welches früher Kiatib benannt wurde, erhielt den Titel eines „Malmudirs". Zur Verminderung der Slaalsausgaben wurde seit diesem Frühjahre an den Besoldungen des Beamten ein Abstrich von IG Proc. vorgenommen. Die „politische Ein theilung" des Landes ist nunmehr die folgende: Land. Mutasarifliks (Kreise),-ehemals Sandschaks. Kaimakamliks (Bezirke), ehemals Kazas oder Mudirate. Bosnien. Ii 1) Serajevo. 1. Visoka. 2. Fojnica. 3. Kladain. 4. Celebi-Bazar (Rogatica). 5. Visegrad. 6. Cainica. Zvornik mit dem Amtssitze zu Unter-Tuzla. 1. Bercka. 2. Zvornik. 3. Srebrnica. 4. Maglai. 5. Bjelina. 6. Birce (Vlasenica). 7. Gradacac mit Gracanica. Travnik. 1. Jaice. 2. Prozor mit Skoplje. 3. Livno. 4. Glanioc. Banjaluka. 1. Gradiska. 2. Tesanj. 3. Dervent. Bihac. 1. Pricdor. 2. Kostainica. 3. Stari-Maidan. 4. Ostrocac. 5. Krupa. 6. Kljuc mit Novosel in Novosel. Herzegovinä. Mostar. 1. Stolac. 2. Ljubuska. 3. Konjica mit Ncrctva. 4. Foca. 5. Trebinje. 6. Neveseny. 7. Bilek. 8. Gacko. 9. Niksic. Rascien. Novibazar mit dem Amtssitze von Sjenica. 1. Novibazar. 2. Mitrovica. 3. Nova-Varos. 4. Bihor. 5. Tcrgovistje. 6. Taälidzia (Pleolje). 7. Priepolje. 8. Kolasin. 9. Gusina. 10. Vassocvic. Dem Generalstatthaller sind zur Verwaltung als Hilfsorgane beigegeben : 1) der DirecLor der Finanzen Tefterdar-Eflendi (früher Muhasze-bedschi), welchen Titel derselbe gleichfalls erst in diesem Sommer erhielt. 2) Der Direetor der Kanzleien (Mektubdschi). 3) Der Commissar für auswärtige Angelegenheiten. 4) Der Direetor der öffentlichen Hauten und 5) ein Beamter für die üeberwachung der Ackerbau- und Handelsinteressen. Nebst diesen Begierungsorganeu ist dein Vali-Pascha ein „Ver-wallimgsausschuss" für die Beralhung der administrativen Angelegenheiten zugewiesen, welcher aus den 3 erstgenannten Dircctoren, den Vorstehern der Gerichte und 6 Beisitzern zusammengesetzt ist, und ihm weiter die Möglichkeit gegeben, alljährig einen „Gcnoralrath" auf die Dauer von 40 Tagen einzuberufen, der aus 28 gewählten Mitgliedern und den Organen der Provinzialrogierung besteht, von ihm (ebenso wie der vorbenannte) präsidirt wird, und alle denkbaren Angelegenheiten des Landes in Verhandlung zieht, die sodann vom Generalstatthalter endgültig entschieden werden. Ausser diesen he-rathenden Körperschaften sind bei der Centralverwaltuug die auf Seite 289 und 290 erwähnten Gerichtshöfe, und zwar das „geistliche Gericht", das „weltliche Untersuchungsgericht oder der Criminal-gerichtshof" und das „Handelsgericht" in Wirksamkeit.. Dem Mutasarif ist der Muhaszebedschi für das Finanz- und Beclmungswescn und ein Sccretär zugewiesen, die beide gleichzeitig Mitglieder des am Sitze des Mutasarifliks bestehenden „Verwaltuugs-ralhes" sind, und welch letzlerer nebst diesen aus 6 gewählten Beisitzern, dann dem Kadi und Mufti zusammengesetzt ist. Den Kaimakam unterstützt in seinen Functionen ein Sccretär, dann ein Verwaltungsrath von 4 Mitgliedern. In jedem Mutasariflik besteht, unter dem Präsidium des Mufti, ein aus G Mitgliedern zusammengesetztes „geistliches" und, dieselben Mitglieder begreifend, ein „weltliches", sodann ein „Handelsgericht", während im Kaimakamlik nur die beiden erstgenannten Körperschaften, und zwar das „bürgerlich-religiöse" und das „Unlcr-suchungsgericht" die Rechtspflege ausüben. (Siehe Seite 289.) In den kleinern Ortschaften ist, wie schon erwähnt wurde, der „Mudir" Vorstand in politisch-administrativer Beziehung, wo er von den Ortsältesten in seinem Wirkungskreise unterstützt wird. Alle vorgenannten Gerichtshöfe (auch Medschlisse genannt) sind zur Hälfte aus Mohammedaner]], zur Hälfte aus Mitgliedern der andern Gonfessionen zusammengesetzt. Jedes Mitglied (Mcdschlissi-Akai) erhält monatlich 300 Piaster oder 30 Fl. Gehalt. Wiewol nun die erwähnten Medschlissversammlungen allerorts auch früher bestanden hatten, so ist ein erneuerter Fortschritt insofern zu bemerken, als sämmtliche Beisitzer nunmehr durch Wahl aus der Bevölkerung hervorgehen. Nach Thömmel ist jeder 50 Piaster zahlende Unterlhan, ohne Unterschied des Glaubens, stimmberechtigt, und kann, sobald er 100 Piaster an Steuern zahlt und das 30. Lebensjahr erreicht hat, zum Mudir erwählt werden. Wahlberechtigt isl für den Vcrwaltungs-ralh im Kaimakamlik jeder, der 150, für jenen im Mutasariflik derjenige, der 300 Piaster an Steuern bezahlt, während die Wahlfahig-keit für den Gcncralralh von der Steuerenlrichtung von 500 Piastern ahliängt. Die Wahlen erfolgen in dreifacher Anzahl. Die Funcfionäre der Bezirks- und Kreisbehörden (Kaimakamie, Mutasariflik) bilden die Wahlcomites. Für den Verwaltungsrath im Kaimakamlik wird das erste Drittel vom Wahlcomitc des Dislricts, das zweite Drittel von jenem der Kreisbehörde gestrichen, und die übrigbleibenden Candi-dalen vorn Mulasarif in ihre Functionen ernannt. Ebenso wird für den Verwaltungsrath im Mutasarillik das erste Drittel daselbst, das zweite Drittel bei der Cenlralverwallung gestrichen, der Best der Candidalcn vom Vali-Pascha in den zukommenden Wirkungskreis eingesetzt. Die Candidalenlislc für die in den Gcncralralh zu wählenden Personen circulirl in allen Mutasarilliks, und kehrt nach erfolgter Abstimmung an das Central-Wahlcomite zurück, wo das in der Minorität verbliebene Drittel ausgeschieden wird. Die zweite Ausscheidung erfolgt zu Konstantinopel, worauf die übrigbleibenden Mitglieder vom Grossvezier zu „Generalrälhen" ernannt werden. Der Gcncralralh soll alljährig einberufen werden, während die Wahl der Mitglieder für die Verwallungskürpcr alle zwei Jahre vorgenommen wird. Der Verfasser der Beschreibung des „Vilajel Bosnien" hat in seinem Werke die Wirkungssphäre der verschiedenen conslilulionellen Körperschafleu eingehend geschildert, doch stimmen auch neuere Nachrichten mit seinem Ausspruche darin überein, „dass für das alte Wesen der Sache eine neue und schönere Form gefunden wurde"; demnach das Volum der mohammedanischen Mitglieder noch lange das massgebende bleiben dürfte. In jüngster Zeit wurde auch ein Forstinspcctor nach Bosnien gesendet, unter dessen Leitung die Klassificalion des schlagbaren Holzes vorgenommen und vorläufig 150000 Eichenstämme bezeichnet wurden, welche im Licilalionswcgc an In- und Ausländer verkauft werden sollen. Erklärung der auf Seite 119 befindlichen Figuren 1 und 2. Fig. 1 sicllt das ehemalige Landeswappen von Bosnien dar; dasselbe enthielt silbernen Stern und Halbmond im hochrolhen herzförmigen Schilde, welches über zwei gekreuzten, mit geklönten Moorenköpfen versehenen Knolenstückcn auf braunem Felde lag. Fig. 2 zeigt das ehemalige Landeswappen der Provinz Primo-rien; dasselbe enthielt einen mil einem Schwerte bewaffneten Arm im hochrothen Felde, Berichtigungen. Ueberau statt: Stolac, lies: Stolac; st.: Spreza, 1.: Spreca; st.: Cainica, L: Gainica; st.: Semec, 1.: Semec; st: Novi-VaroS, 1.: Nova-Varos ; St.: Trebincica, 1.: Trebincica. Seite 3, Zeile 1 v. o., st: liegt, 1.: liegen » 3, » 6 v. u., st: Javor, 1.: Javorgebirge, und st: Solnia, 1.: Golia » ß, » 4 v. o., ist vor „Hochlande" das Wort „dem" einzu- schalten ; » 9, » 9 v. o., st.: Vitergo und, 1.: Vitorgo oder » 21, n 11 v. o., st: Pormaea, 1.: Bormnßa » 20, » 9 v. o., st: einnehmen, I.: begrenzen » 25, » 7 v. o., ist nach „von" das Wort „der" einzuschalten; » 2G, » 8 V. o., st: Trebinjathal, 1.: Trcbincieathal D 28, » 2 v. u., st.: Golo, 1.: Golia » 34, » 5 v. o., st: Cerkoen, 1.: Cerkven » 86, » 7 v. o., ist nach „Schritt" das Wort „breit" einzusehalten; 3G, » 5 V. u., st: c) die Krivnja, 1.: c) die Vogosoia, d) die Stabnja, e) die Krivaja 37, 11 v. o., st: d) die Spreca, 1.: f) die Spreca » 13, » 15 V. u., st: Peeitelj, 1.: IVteifeelj Berichtigungen. Seite 70, Zeile 3 V. u., st.: Frs., 1.: Fl. 71, » 1 V. 0., st.: Frs., 1.: FL 80, 8 V. 0., St.: Frs., 1.: Fl. 112, » 5 V. u., st.: Fmll, 1.; FMLt. » 133, 3 V. 0., st.: Kusovac, 1.: Busovac 150, » 10 V. u., st.: Pljesevnia, 1.: BleSevina » 163, » 2 V. u., st.: Javer-, 1.: Javor- » 165, » 3 V. u., st.: heisser, L: heiser » 173, » 1 V. 0., st.: Jella, 1.: Jalla 177, 4 V. u., st.: Kera, 1.: Kara- •» 218, » 8 V. u., St.: wenn, 1.: wen » 218, 9 V. u., st.: wenn, 1.: wen » 267, » 11 V. 0., muss das Wort „ist" wegfallen; 276, » 14 V. u., st.: Fez, 1.: Fess » 324, 16 V. u., st.: Altgradisk, 1.: Altgradiska » 351, » 1 V. u., ßt.: Tumars, 1.: Timars Druck vim F. A, Brockhaus in J.oipziy-. 13 0. Ii. v. Paris 33°0.X.v.Ferpfl. IS Tletemtcet., C it ^\c-.-^W * Itt&^aflf*^ tAAA ' i ) 77'lV"' ßairiltl Falanfca mirsATZi Futak dein RihW- jtoA'llfaJtr tfü-oAn.Eula | ; ispi<' \\ Ars T""'Ä- .V ;aa\. , a .'" •,**v-^ -PÖS^L «ST «4 ^^^Sp«,.,-^' ^,A^ %^?ÄA7i .a rirr^r art^ MaäiiiK 3 y, v\ 'v. v rto>ifä\J-----»T» 4SBl nKitJtt'Vopofie' : . ■°7tiS,ipT'J' A7 l» ^ VI) >/aJ E ° N Paiu-ova ?T)oloT» NvikarcJJ^n > ' / / ^^^^ VW ./I /0 J> f. ¥) y^fvy\ '>a^w S \ffcengum ^ V' 1 \; \ ';"A^^ r-'i-^.^^ W'"" .-17 *2r '■v ^Wnmoe L,,^^,, 0 A ^TfflfA/A ''"A ?"Ä = °';.i^rAJ'A\ ,\ ' Ar;""-. " "''äfft \<*'' vmArj; /^fj^A a"'^7 ^ ' A v-a Affy*UlttA x— .AAb. A '/»»iehen Krk 1 iirun^. © STÄDTE mit mehi-Jüiu,. SOOOO fj,„m © NlÜtlU» m,Mit- 3000 XOOOO Khuo A/iim O Ort» mit mnujer denn 5000 Xirim. fJilx polit.ße/iArdrn) o Kleine Städte od.. JlarM/'tain» o Dörfer t Matter " ■ tfireheit •' Ruj/ie/i -a—CItaasserii • --Latidstmtstn ______Itritmn/r-------Trirtfrii/z/ieiifinieif La/u/tuyrrit%e----- /'roririxjrrrar. «f. Andrea, /MW-' 'Xtyd/rU. ^öl'.v....»'P. A>» "«ywwAi, { ,^A' 'rtuJl^ v«\.\ .«..ei. Malishil. ia 1 : 1152000. t t •_» s « Z_|_ . J__1? Gr„tjr„/,/, ot/fr tU„(s,J /Grad d .tcyu«' Orsierr. Aktien., tt£te ■ f ßrod. das ,4n[«atvr* -«fv^-„.'N „ ,.i"A 7 JX^tioi "C^Bpl.Lagorta. ^ , 1 a t r A- POLITISCHE EINTHEILUNC DES VILAJETS BOSNIEN in SaiHUühnJcii oder Mutasariflik» tKjeil*;) und 'Kasan oder Kaiiiiahniuliks (:Bezirke:). B OSXIKX. Kreis Serajevo. 1 /. Vürotia, \ %, fi'o/ttirtr •f. AUu&m 4. t'rMti'.'6njifrr füm/at/ea :> 6. t'/um'fa,. Kreis Zwornik. il iuil dem .\nilnfli1ze in Vnl.TuiJa.! Kreis Banjaluka Zn'arriiA- i %, 'FeMrst/ 3. Sreber/iirxt. 4. Afrtt/tttt J. fi'jilt'jtii 7 Crrit/aAte mit ßnuxfsiiea Kreis Travnik. y. t/tiiri' 3. Lirno De.TVJit. 1 3. Kon/t'ett /iiilArt'/vti'/i " \ 3- JVoya lltrw ./. /'r/etlfif 1 0. jvere.ri/i/e ".. Kothirrtiea I 7 fii/e/t/e './MeA > \ S. Citri» ff. K/jttenut'WorosrlviJo,osef.\ RAS CJ E N HERCE (10Y.INA.. I Kl,,,is xOTiU»ia« Krei« Mostar. , nritd0m.AnrU«itze mSjenica-/. .Yto/ttr \ ^;6"'r 6\ 3m laolit MeleJa* ^AA" a^^A?4 ^%7M. V'rnyoriftf ff. Tu ift'dxüt 7. Prie/iotf'e S. Ko/tt.irji Ä (rtt.rtlttt /(>. VtiMoertr, Aiixx|ii'ai'hi-. (f, mir t'di , <: mir tt», imir srti, £ mir turica . äbldcrtuTig eii. !)>{. H'l'uu. 'tVtiunni !tirn/hi/,1 \>. Vu-Il fßeyrjBi/ieJ /' Mjr (Tmfooene-J. 14 15 III Flächeninhalt und Einwohnerzahl (annähernd). !fAr /j»-Ä»iHiV' „^,///,„v. VT V/.v.,.. Pliif.lnui Kiawoliin'i'. ProTinz Jnluilt in a Mwilwi Kai Im lik.MI Urin dien jiii'ht unii-l Mnluniiiiti-danei'. .luden j .Sn mm;. Bosnietn 7110 122000 360000 300000 5000 - 9000 700000 42000 IS 0000 .i Olli) 2500 ____ >J 20000 XrivibaÄUi' 131 - ---- looooo 2SOO0 *>00 tsoo LS5000 r * Sunuiia ■ Uli 1«4000 390000 .'{7 8 000 ;"»7 00 13300 ■in» i. ■ l.l.'ilOOO 18 KA. ftrorJeliiiuxtitutgr. arttsf.^ htstttJi.. Lr, Xu ItoiAirmirx, „A'tiitltrn über ISosnirtt mit/ fite Hrrnrtjari i