Der Belüge Vater Pius X. hat der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Meilen geleien, Ulis Empfehlung der hochwürdigifen Oberhirten von Mixen, Brünn, ®raz, heitmeritz, hinz, Oimüfj, Marburg, Crienf, Crieit und Wien. Best 1 und 2. ÜJcinuar-Februar 1924. XXVII. Jahrgang. Preis ganzjährig 10.000 K - 1 R.-IUk. -Sh.- 8000 u. K - 8 Itch. K - 20 Di. - 2 Fr. Katholische rniffionszeitfcftriff. Berausgegeben vom miliionshaus IUeüendorf bei 6raz, Steiermark. Redigiert von P. Beinrick Wohnhaas F. 8. C. Abgereist In dem bekannten Liede Heißt es: „Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen." Gemeint ist hier allerdings, daß er auf der Reise viel gesehen und viel erlebt hat. Für den Missionär, der seine Wanderungen durch den Urwald oder die Sandwüsten Afrikas macht, ist das eigentlich etwas Selbstverständliches. Weniger vorauszusehen war, daß unsere Missionäre, die sich schon seit einem Jahr für die neue Mission fahrbereit gemacht hatten und beit Augenblick ihrer Abreise mit heiliger Ungeduld erwarteten, erst am 4. Dezember in die See stechen konnten. Ende Oktober erhielten wir in Europa die Nachricht, daß die Missionäre bestimmt am 8. November das Schiff besteigen könnten. So hatte es der Agent der ^ Schiffsgesellschaft versichert. Da inzwischen keine andere Nachricht kam, waren auch wir „Europäer" vollkommen überzeugt, daß kein neues Hindernis sich eingestellt hatte. Wir nahmen au, die Reise dauere ungefähr drei Wochen. „Jetzt werden sie in Port Sudan fein." Ein anderesmal hieß es: „Jetzt werden sie schon aus dem Indischen Ozean schwimmen." „Gott gebe ihnen eine glückliche Fahrt!" — „Gegen Weihnachten werden wir wohl schon hören, daß sie drunten im Natal angekommen sind." Und richtig, gegen Weihnachten kam ein Brief, aber der Stempel war nicht Durban in Südafrika, sondern Suez, die Hafenstadt Ägyptens am gleichnamigen Kanal. Wie? was? wo?—Allgemeine Überraschung! Aber schließlich war es eben doch so. Da der Brief einige authentische Aufklärungen betreffs der unverhofften Verzögerungen gibt und nebenbei einen Einblick gewährt in die Schwierigkeiten, unter denen heutzutage ein Missionär schon von Ansang an zu leiden hat, so sei für die Leser des „Stern der Neger" ein Auszug aus diesem Schreiben des Hochwürdigsten Herrn Apostolischen Präfekten P. Dr. Daniel Kauczor hier wiedergegeben: Hochwürdigster Pater General! Sie werden jedenfalls glauben, daß wir um diese Zeit schon in Transvaal oder doch wenigstens auf dem Meere seien. Der Mensch denkt, Gott lenkt. Ich glaube, Ihnen schon geschrieben zu haben, daß wir gleich nach unserer Ankunft in Kairo alles taten, um die erste Schiffsgelegenheit nach Transvaal benützen zu können. Von den verschiedenen Agentien war die „American Expreß" die erste, die uns eine Nachricht gab, wie Sie bereits wissen, für den 29. Oktober mit dem italienischen Schiff „Costantinopoli". Der Preis war in Franken angegeben, und auf unsere Anfrage, wieviel ägyptische Pfund es seien, wurden 19 Pfund für eine Person berechnet. Ein ägyptisches Pfund sind zwar über 300.000 Kronen, aber in Anbetracht der Umstände war das fabelhaft billig, und alles schien nach Wunsch zu gehen. Allein, bald darauf wurde uns mitgeteilt, daß die „Costantinopoli" gestrichen sei und statt ihrer die „Faviguana" am 2. November in Suez ankommen werde. Der 2. November wurde dann zum 8. und 12., und als wir die Karten kaufen wollten, begann der Agent zu zweifeln, ob es eigentlich nicht Goldfranken sein sollten, demnach keine 19 Pfund, sondern 59 Pfund pro Mann. Auf eine Erkundigung beim Hauptagenten kam die unerfreuliche Nachricht für uns: „Selbstverständlich Goldfranken." Das war mehr als eine Überraschung; das war eine schwere Enttäuschung. Wir hatten wirklich Lust abzusagen. Dann hätten wir die 50 Pfund Kaution, die für die Reservierung von 14 Plätzen schon eingezahlt worden waren, wieder zurückerhalten. Wir warteten daher mit unserer Zusage und schauten uns sofort nach einer andern Gelegenheit um. Aber es wäre nur ein englisches Schiff für den 17. Dezember in Betracht gekommen. Dabei war es aber ganz unsicher, ob dort überhaupt noch Plätze frei seien. Wohl oder übel mußten wir daher bei der „Favi-gnana" bleiben. Leider war es uns nicht möglich, 3. Klasse zu fahren, da auf diesem Schiff Männer, Weiber und Kinder kunterbunt durcheinander in dieser Klasse fahren müssen. Um Geld zu sparen, trafen wir die Abmachung, 2. Klasse zu wohnen, aber 3. Klasse zu essen. Wir erlangten schließlich noch eine Ermäßigung, aber auch so kommt die Fahrt auf 41 Pfund für die Person. Immerhin eine fürchterliche Summe für 14 Missionäre, nämlich 180,000.000 Kronen. Damit noch nicht genug. Der liebe Gott ist oft sehr langsam für ungeduldige Menschenherzen. Auch in unserem Fall hat er gewollt, daß es nicht zu hurtig ging. Die „Favignana" wurde für den !?. November abgesagt und für den 29. November angekündigt. Als diese Nachricht kam, waren wir gerade beim Mittagessen, und P. Giacomelli, der Obere des Hauses in Heluan, der tags zuvor von seiner tirolischen Heimat, wo er gesundheitshalber den Sommer zugebracht hatte, angekommen war, befand sich bei uns. Die erste Wirkung dieser Nachricht war eine gewisse Niedergeschlagenheit der Gemüter aller. Aber P. Giacomelli meinte: „Lasset nur die göttliche Vorsehung walten!" Wir fanden wieder Mut und waren beseelt von festem Gottvertrauen. Es war der 7. November. Da war es mir, als ob eine innere Stimme mich drängte, den unfreiwilligen Aufschub zu benützen und mich meinen höheren kirchlichen Obern in Rom vorzustellen. Alle waren damit einverstanden. Ich hatte allerdings schon im Anfang den Gedanken, daß es gut wäre, dieses zu tun, aber sah ich keine Möglichkeit dazu. Jetzt schien sie wirklich von der Vorsehung gegeben zu sein. Die Zeit reichte gerade aus. Ich konnte mich voraussichtlich eine Woche dort aufhalten. So fuhr ich denn am 9. November ab und war am 12. in Rom. Ich war zweimal beim Kardinal van Nos sum (dem obersten Leiter des gesamten Missionswerkes der Kirche), zweimal beim Sekretär der Propaganda, Erzbischof Marchetti (früheren Nuntius in Wien), zweimal beim Untersekretär Pecorari und beim Minutanten. Alle erklärten, daß ich sehr gut daran getan hätte, nach Rom zu kommen. Auch eine Privataudienz beim Heiligen Vater hatte ich. Außerdem besuchte ich die Gräfin Falkenhayn, die derzeitige Generalleiterin der Petrus-Clavcr-Sodalität. und noch einige andere wichtige Persönlichkeiten, die für das Missionswerk reges Interesse bezeugen. Am 22. November habe ich Rom verlassen und am 26. war ich wieder in Kairo. Tags darauf wurde uns wieder berichtet, daß die „Favignana" erst am 2. Dezember in Suez ankomme, und daß wir spätestens um 11 Uhr von Kairo abzufahren hätten. So sind wir hierher nach Suez gekommen, aber das Schiff war nicht da. Es trifft erst heute mittag ein. Am 4. Dezember haben wir die lange Seereise in die neue Mission angetreten. Sie soll nicht drei Wochen dauern, wie wir zuerst angenommen haben, sondern fünf bis sechs Wochen. Auf Anregung Sr. Eminenz des Kardinals van Rossum habe ich an die Missionäre von Marianhill telegraphiert, wo wir auf unserem Weg ins Innere vorbeimüssen. Ich habe die echt brüderliche Antwort erhalten: „Die vierzehn Missionäre sind jederzeit willkommen." Wenn nun auch soweit alles in Ordnung ist, so kann ich Ihnen nicht verhehlen, daß mir Unsere nach Transvaal abgereisten Missionäre. Obere Reihe von links nach rechts: Br. Karl Schmidt, Br. Raphael Kollene, Br. Karl Stobt, P. Stephan Berger, P. Hugo Ille, Br. Josef Huber, Br. Alex. Cpgan. Untere Reihe von links nach rechts: P. Josef Engerer, P. Bernhard Zorn, P. Joief Klassert, Msgr. Dr. Daniel Kauczor, Apostolischer Präfekt von Lvdenburq, ____________________________________________________P. Alois Jpfelkofer, P. Karl Fischer, P. Josef Musar. Heft 1 und 2 Stern der Neger unsere finanzielle Lage schwere Sorgen macht. Der unfreiwillige, lange Aufenthalt in Kairo hat für die 14 Missionare große Ausgaben verursacht. Dazu mußte zu fast vollständigen Neubeschaffungen an Wäsche geschritten werden, da das Klima der neuen Mission völlig verschieden ist von dem der alten. Bevor wir den Boden der neuen Mission betreten, haben wir für sie schon einige hundert Millionen Kronen geopfert. So ziehen wir denn endgültig von Nordafrika aus. In Port Sudan werden wir noch einmal kurz den Sudan betreten. Dann aber geht's hinaus, und wir legen unsere Zukunft vertrauensvoll in die Hände der göttlichen Vorsehung. Der Segen des Heiligen Vaters und des Kardinalpräfekten der Propaganda begleiten uns. Der Kardinal hat mir noch gesagt: „Sie werden sehen, wenn Sie einmal drüben sind, werden Sie sich freuen, diese Mission erhalten zu haben." Bitte, gedenken Sie öfter unser während der Reise. Mag auch nicht immer alles nach unserm eigenen Wunsch gegangen sein, wir alle sind doch fest überzeugt, daß eine besondere Vorsehung über uns waltet. Wir halten es nicht für notwendig, dem Brief des Hochwürdigsten Herr Apostolischen Präfekten von Lydenburg noch vieles hinzuzu- fügen. Wer die Zahlen bedenkt und die persönlichen Opfer erwägt, die ja nur zwischen den Zeilen zu lesen sind, der wird auch die Worte des verstorbenen Papstes Benedikt XV. begreifen, wenn er in seiner Missionsenzyklika sagt: „Endlich sind auch Gelder, und zwar keine geringen, zum Fortbestand der Mission erfordert, hauptsächlich auch darum, weil ihre Bedürfnisse infolge des Krieges ins Unermeßliche wuchsen; zahlreiche Schulen, Krankenhäuser, Asyle und die übrigen Wohltätigkeitsanstalten wurden zum Teil ja weggenommen, zum Teil vernichtet. Hier richten Wir nun einen Ausruf an alle edlen Herzen, sich nach Kräften wohltätig zu zeigen. ,Wer Güter dieser Welt besitzt und seinen Bruder Not leiden sieht, aber sein Herz vor ihm verschließt, wo bleibt die Liebe Gottes da in ihm?' (1. Joh. 3, 17). So schreibt der Apostel Johannes zugunsten jener Mitmenschen, die drückenden Mangel leiden in leiblicher Hinsicht. Weit mehr verpflichtet int Gewissen das Gesetz der Liebe in unserer Sache. Denn hier ist nicht nur Hilfe nötig für den Mangel und die Not des Leibes und das mannigfache Elend einer unermeßlichen Menschenmasse, sondern an erster Stelle, damit die ungeheure Zahl Seelen aus der stolzen Knechtschaft des Satans zur Freiheit der Kinder Gottes erlöst werde." . . Ls£Z?=iJ BeicMche GeFcftwitferliebe« Stürmisch pochte es an meine Türe. Ich rufe — „Herein!" Auf der Schwelle erscheint Nikolaus, mein braver Hausbursche. „Was ist los?" „Pater," antwortete er, „ein Mann ist da, der dir seine Ziege verkaufen will." Sprach's und schob beide, Mann und Ziege, durch die sperrangelweit geöffnete Tür in mein Zimmer herein. „Aber, was fällt dir ein? Schaff' mir sogleich das Vieh hinaus! Mein Zimmer ist doch kein Ziegenstall!" rief ich entrüstet. Doch die kühle Stubenluft und der blanke Fußboden hatten im Ziegenherzen schon das Gefühl der Behaglichkeit und Gemütlichkeit geweckt. Ohne weitere Komplimente legte sich das augenscheinlich müde Tier auf den Boden nieder. Nikolaus zwang es aufzustehen, reichte ihm zur Labung meinen gefüllten Waschwasserkrug und schaffte es dann in den Hof hinaus. „Wieviel verlangst du für die Ziege?" fragte ich nun den Besitzer. „Gib mir 30 Piaster (6 Friedensmark)!" „Höre, mein Lieber," sagte ich, „du bekommst 15 Piaster, denn mehr ist die magere Geiß nicht wert. Bist du damit einverstanden?" „Gib mir 20!" „Nein, es bleibt bei 15 ! Ist dir das zu wenig, dann geh!" „Gut," antwortete der Mann, „aber gib mir noch ein Stück Zwirn und einige Nadeln." „Meinetwegen, das kannst du haben." „Pater," sagte er darauf, „könntest du mir nicht auch eine Schachtel Zündhölzer geben?" „Na, die will ich dir auch noch geben, aber jetzt Schluß!" Ich zahlte ihn aus: 15 Piaster, Zwirn, Nadeln und Zündhölzer. Eine Weile stand der Mann schweigend da. Ich sah, daß er noch etwas Wichtigeres auf dem Herzen habe, und blickte ihn fragend an. „Pater," begann er von neuem, „möchtest du nicht noch etwas von mir kaufen?" „Ei, was denn?" „Meine . . . meine Schwester!" „Was? deine Schwester? wo ist sie denn?" „Sie steht draußen." „Laß sie hereinkommen!" „O, Pater, hier in dieses Zimmer?" sagte er verwundert. „Fürchtet sie sich etwa vor mir?" forschte ich. „Nein, das nicht," gab er zur Antwort, „ich glaubte nur, das sei zuviel des Guten für eine Frau." „Wie," erwiderte ich ärgerlich, „du scheust dich nicht, ein Tier in mein Zimmer zu bringen, und deine Schwester hältst du für unwürdig, einzutreten?" . „Sofort!" sagte er und brachte nach einigen Augenblicken seine Schwester herein, ein kleines Mädchen von etwa zwölf Jahren. Ihre ganze Kleidung bestand aus einem schmutzigen Stück Tuch. „Sieh, Pater, hier ist meine Schwester. Ich habe sie hergebracht, mit sie dir zu verkaufen, wie ich dir meine Ziege verkauft habe." „Warum willst du sie denn verkaufen?" Der Mann holte tief Atem. Eine innere Erregung bemächtigte sich seiner. „Ach, Pater," sprach er seufzend, „ich will dir alles erzählen. Vor zwei Monaten geriet ich in einen heftigen Streit mit einem Burschen namens Ngeke. Diesen habe ich so schwer verwundet, daß er nach einigen Tagen gestorben ist. Hast du davon nichts gehört?" „So, du bist also jener Mörder?" „Pater, ich war betrunken! Doch, höre weiter! Die Sache kam vor die Behörde und ich wurde verurteilt, zur Sühne für das Verbrechen den Eltern des Erschlagenen 10 Pfund (200 Friedensmark) zu zahlen oder ihnen ein Mädchen zu geben. Nun will ich ihnen aber meine Schwester nicht überlassen, denn ich fürchte, man will sie töten, um Ngekes Blut zu rächen. Darum bitte ich dich, sie zu kaufen. Bei deinen Leuten (den Christen) ist sie sicher. Im Christendorfe wird es ihr gut gehen. Jeder wird sie auf dein Geheiß aufnehmen." „Aber wie viel verlangst du, wenn ich sie kaufe?" „Zehn Pfund." „Wo denkst du hin? Ich brauche das Geld ! zum Bau der Kirche und zum Unterhalt der Katechisten. Für den Loskauf von Mädchen habe ich kein Geld. Nein, ich kann deine Schwester nicht kaufen." „Pater" flehte nun das Mädchen und warf sich weinend aus den Boden, „o, kaufe mich doch! Ich will dir gehorchen und fleißig das Wort Gottes (den Katechismus) lernen!" Ihre Tränen und flehentlichen Bitten rührten mein Herz. Es ist wahr, dachte ich, für diesen Zweck,.habe ich keinen Knopf in der Kasse. Allein meine Wohltäter werden mir wieder zu Hilfe kommen, wenn ich dieses Werk der Barmherzigkeit übe. Der Mann erhielt also die 10 Pfund und ging. Kaum war er vor der Tür, wandte er sich um und sagte: „Pater, ich will aber noch das Kleid meiner Schwester haben." „Nein, laß es ihr! du bekommst dafür ein anderes Stück Tuch." Er war zufrieden und eilte hinweg. Nikolaus nahm das Mädchen, gab ihm zu essen und führte es zum Katechisten in die Schule. Als ich wieder allein im Zimmer war, schoß mir der Gedanke durch den Kopf: Welch ein unverschämter Mann I Er bringt mir die Ziege ins Haus herein und seine Schwester läßt er draußen stehen. Die Ziege verkauft er mir samt dem Strick und von seiner verkauften Schwester will er noch das Kleid haben! O wie traurig ist doch das Los der Frau im Heidentum! Sie wird verhandelt wie ein Stück Vieh. Sie ist eine Ware und eine rechtlose Sklavin. Hätte ich das Mädchen nicht gekauft, so wäre sie wohl von sonst jemand gekauft worden, um später au einen heidnischen Mann mit Gewinn wieder verkauft zu werden. Aller Voraussicht nach wäre sie Heidin geblieben. Das Sklavenlos hätte auch ihre heidnischen Kinder getroffen. Nun aber gehört sie nach den Gesetzen des Landes der Mission. Sie wird bald die heilige Taufe empfangen. Im heiratsfähigen Alter kann sie eine christliche Ehe schließen und so die Stammutter eines christlichen Geschlechtes werden. Jede christliche Ehe aber legt eine neue Bresche in die dicke Mauer des Heidentums. P. 91, F. S. C. WWW Sein Zweifel. ill Munter spielten unsere Taufbewerber im schattigen Hofe der Mission. Silberhell klangen ihre Stimmen und sonnige Fröhlichkeit strahlte aus ihren Augen. Ein frisches, fast übermütiges Lachen scholl oft über den weiten Platz bei dem wechselvollen Gang des Spiels. Die herzliche Freude unserer schwarzen Jungmannschaft entsprang aber nicht bloß ihrer heißen Liebe zum Sport. Sie strömte viel mehr noch aus einer großen heiligen Hoffnung und Sehnsucht. Das Tauffest nahte. In zwei Wochen sollte das gnadenreiche Wasser über ihre Stirnen fließen und ihre Seelen reinwaschen von ererbter und persönlicher Schuld. Das Verlangen nach der Gotteskindschaft war die tiefe, lautere Quelle ihres Glückes. Mit gespannten Sinnen folgten alle dem Verlauf des Spiels, nur einer ausgenommen. Der stand abseits der spielenden Gruppen und blickte wie geistesabwesend in das Gewoge der lustig Ringenden und Kämpfenden. Düstere Schwermut malte sich in seinen Zügen. Der Sturm des Zweifels und der Angst durchtobte sein Inneres. Seine Seele glich einem aufgewühlten See . . . Die Spieler machten eine Pause, umringten ihn und stellten ihre neugierigen Fragen: „Warum bist du so übel aufgelegt? Fühlst du dich krank? Hat deine Angehörigen ein Unglück getroffen?" „Nichts von alledem", entgegnete er unwirsch. „Laßt mich in Ruhe!" Man tat es, und er versank wieder in seine trüben Gedanken. Bestürzt wandte er sich zur Seite, als der Missionär vorüberschritt und einen fragenden, forschenden Blick nach ihm warf. Eine Stunde später ließ ihn der Pater rufen: „Was fehlt dir, mein Junge?" „Ich fürchte die Taufe", war seine ernste, erregte Antwort. „Ich will getauft werden, aber . . . ich . . . weiß nicht, wie ich es anstellen soll, um so ruhig und sorglos zu sein wie meine Kameraden." Die Rede überraschte den Missionär, entschleierte aber nicht das Geheimnis. Nun, der Schlüssel zu diesem Rätsel wird sich noch finden, dachte der Glaubensbote und entließ den Katechumenen mit einigen ermutigenden Worten. Nach drei Tagen trat der begabte Bursche, dessen sinnvolle Antworten bei der Taufprüfung das Staunen der übrigen hervorgerufen hatten, unerwartet in das Zimmer des Priesters. „Höre," begann er, „tilgt die Taufe wirklich alle Sünden?" „Gewiß, alle ohne Ausnahme!" „Auch den Diebstahl?" fragte er hastig. „Auch den Diebstahl," sagte der Pater, „jedoch muß man das ungerechte Gut zurückerstatten." „Und wenn einer die Taufe empfängt, ohne das fremde Eigentum zurückzugeben?" „So empfängt er das Sakrament unwürdig." Ein tiefer Seufzer entrang sich der gepreßten Brust des jungen Mannes. „Das nun ist es, was mich verwirrt und mir den Frieden raubt," sagte er traurig; „denn ich habe gestohlen. Pater, ich bin ein Dieb. Ich habe bei einem Kauf, den ich für einen andern abschloß, zwei Pfund (40 Friedensmark) unterschlagen. Wie kann ich mich da taufen lassen?" „Hast du noch die zwei Pfund?" fragte der Pater. „Nein, ich habe das Geld verbraucht . . . Aber ich habe ein Paar schöne Ochsen zu verkaufen." „Nun gut! Warum verkaufst du sie nicht und verwendest einen Teil des Erlöses zur Wiedergutmachung?" „Warum? Ich brauche das Geld zu einem andern Zweck, und dann . . . wissen alle, daß ich ein Dieb bin, wenn ich den entwendeten Betrag zurückerstatte." „O, da kann ich dir schon an die Hand gehen und dir aus der Klemme helfen", meinte der Missionär. „Du gehst heim, verkaufst die Ochsen, bringst mir die zwei Pfund und sagst mir, wem ich sie geben soll. Ich werde das Geld dem Eigentümer übermitteln, ohne dich zu verraten. Kein Mensch wird erfahren, daß du gestohlen hast." „Ja, aber könnte ich dir das Geld nicht einhändigen, ohne zu sagen, wem es gehört?" „Keinesfalls, denn wie könnte man sonst das Geld dem rechtmäßigen Herrn zukommen lassen?" „Ach, Pater, du brauchst die Summe nicht weiterzugeben! Behalt du sie!" „Was? wie?" „Ich sage die Wahrheit. Das Geld gehört dir!" „Eine schöne Geschichte", lachte der Pater auf. „Du hast also mich bestohlen. Wie ist denn das zugegangen?" Sichtlich erleichtert erzählte der Junge: „Vor zwei Jahren habe ich auf deine Rechnung Kühe gekauft und dabei zwei Pfund weniger bezahlt, als ich dir angab. Die zwei Pfund habe ich für mich behalten. Deshalb habe ich die Taufe gefürchtet. Wohl hätte ich das Geld schon früher gern zurückgegeben, aber es fehlte mir der Mut, mich vor dir als Dieb zu bekennen. Jetzt habe ich dir alles rückhaltlos gesagt und fühle mich wieder beruhigt." Nach diesen Worten eilte er zur Türe hinaus, ein frohes Lachen im Gesicht, der Ausdruck seines wiedergewonnenen Seelenfriedens. Zwei Tage danach stürmte er freudestrahlend in das Zimmer des Missionärs und legte das veruntreute Geld auf den Tisch. Er hatte inzwischen seine Ochsen verkauft. In der folgenden Spielzeit überbot er alle anderen an Witz und guter Laune, an Lebhaftigkeit und Frohsinn. Die Kameraden konnten sich die auffällige Veränderung in seinem Benehmen nicht erklären. „Er muß eine heilkräftige Medizin vom Pater bekommen haben", bemerkte einer. „Nein," meinte ein anderer, „er hat Ochsen verkauft, um bald eine Braut heimzuführen." Mit glühender Andacht empfing er die heilige Taufe. Wilhelm — so heißt er jetzt — zeichnet sich nun aus durch Offenheit, Treue, Gerechtigkeit und Güte. Die Zurückerstattung des fremden Gutes hat augenscheinlich Gottes Segen auf sein Leben herabgezogen. 'bbbs Aus der öefdiidife Kordofans. OB DB □□ VS von P. Offo Buber. □O DO s In den beiden letzten Jahrgängen unserer Zeitschrift haben wir eine Reihe von interessanten Berichten über die Kordofan-volker aus der Feder des hochmürdigen Huber veröffentlicht, der als Wandermissionär durch 20 Jahre reichlich Gelegenheit hatte, das ganze private und gesellschaftliche Leben jener Stämme gründlich kennenzulernen. Im nachstehenden behandelt der Verfasser die Eroberung Kordofans unter Mohammed Ali und die Tätigkeit der Häuptlinge, die von der Regierung eingesetzt werden. Die Losreißung Kordofans vom Dar-Fur-Reiche. Als Napoleon Bonaparte, damals noch General, später erster Kaiser der Franzosen, am 1. Juli 1798 mit 35.000 Mann auserlesener Truppen in Alexandrien landete, entschloß sich der Sultan von Konstantinopel, den Mamelucken, die Ägypten innehatten, Hilfstruppen zu schicken, um die Franzosen zu bekämpfen. Unter ihnen befand sich auch der Albanese Mohammed Ali, geboren zu Cavalla 1768, Sohn eines türkischen Polizeidieners. Das war der Mann, der später das alte Königreich Senaar erobern und Kordofan dem Sultan von Dar-Fur entreißen sollte. 33 Jahre alt, kam er nach Ägypten mit einem Aufgebot von 300 Mann. Nach dem Abzüge der Fran- zosen wurde er Befehlshaber über 1000 Mann. Es brach nun der Krieg aus zwischen den vom Sultan von Konstantinopel entsandten Truppen und den einheimischen Mamelucken der Oberherrschaft halber. Die ersteren wurden gründlich geschlagen. Der schlaue Albanese Mohammed Ali hatte indessen die Volksgunst gewonnen und wurde 1805 zu Kairo als Pascha von Ägypten ausgerufen. Bald darauf kam ein Ferman vom Sultan von Konstantinopel, der ihn zum Gouverneur von Ägypten erhob. Im Jahre 1807 schlug er zwei Angriffe der Engländer auf Rosette zurück. Frei von äußeren Feinden, hatte er es nun mit inneren, den Mamelucken zu tun. Diese waren so unklug gewesen, gegen den schlauen, energischen Albanesen Stellung zu nehmen, und planten einen Angriff auf Kairo. Sie erzwangen sich den Weg in die Stadt und zogen durch die L-traßen, ohne Widerstand zu finden. Als sie aber zur Hauptstraße „Bein el Kasrein" gelangten, wurde plötzlich auf sie gefeuert. Sie wandten sich zur Flucht, fanden jedoch alle Seitenstraßen versperrt. Verschiedene aus ihnen bahnten sich einen Weg durch die Menge und flohen aus der Stadt. Andere waren so dumm, zur Moschee des Sultans Bargüg ihre Zuflucht zu nehmen, in der Meinung, unter dem Schutze des Heilig- tums sicher zu sein. Jedoch Mohammed Ali kannte keine ägyptischen Heiligtümer und ließ fünfzehn von ihnen an Ort und Stelle die Köpfe abschlagen. Die übrigen ließ er gefesselt in feinen Hofraum bringen und da übernachten. Am folgenden Morgen begann eine grausige Arbeit. Henkersknechte häuteten die Köpfe der fünfzehn, die am Tage vorher getötet worden, ab und stopften sie mit Stroh aus, und zwar unter den Augen der Gefesselten. Diese bekamen so einen Vorgeschmack von dem, was mit ihnen geschehen würde. Tatsächlich wurden Gold sollten ihm die Goldminen am Blauen Nil liefern. Soldaten wollte er unter den schwarzen Stämmen rekrutieren. Eine Kriegsunternehmung gegen den Süden bot ihm überdies Gelegenheit, eine gute Anzahl Söldner von türkischer Herkunft los zu werden. Die kühnen, grausamen Leute hatten gegen die Mamelucken vorzügliche Dienste geleistet. Nun waren sie aber ohne Beschäftigung und eine stete Gefahr, die innere Ruhe zu stören. Sie sollten in den Sudan ziehen und sich dort an den Eingeborenen austoben. Die brennende Einheimische Brücke im Bahr el Ghasal. sie in der folgenden Nacht zu Tode gefoltert, nur drei ausgenommen, und ihre abgezogenen Kopfhäute ebenfalls mit Stroh ausgestopft. Kurz darauf schickte Mohammed Ali 83 ausgestopfte Mameluckenknöpfe dem Sultan nach Konstantinopel und rühmte sich, die Mamelucken vernichtet zu haben. Ein so grausames Verfahren flößte ihnen Furcht ein und sie hüteten sich, andere Streiche zu unternehmen. Jedoch Mohammed Ali wollte sie gänzlich los werden und verordnete 1811 eine allgemeine Nieder-metzelung der Mamelucken. Frei von äußeren und inneren Feinden, wollte er nun das Joch des Sultans von Konstantinopel abschütteln. Dazu brauchte er Geld und Soldaten. Beides hoffte er im Sudan zu finden. Sonne jener Länder würde überdies auch manchen unter ihnen den Tod bringen. Im Jahre 1820 schickte Mohammed Ali seinen jüngsten Sohn Ismail mit etwa 5000 Mann zur Eroberung des Königreiches Senaar aus. Der Araberstamm der Scheigieh in der Umgegend der Insel Argo in Obernubien war töricht genug, einen Versuch zu machen, die Flut der Eindringlinge zu hemmen. Sie mußten es teuer bezahlen, denn Ismail ließ allen Männern und Weibern dieses Stammes, die er finden konnte, die Ohren abschneiden und schickte sie als Siegeszeichen seinem Vater nach Kairo. Dieser hätte anstatt der abgeschnittenen Ohren lieber Gold gesehen. Ismail gelangte ohne Unfall nach Senaar. Das Land war in völliger Uneinigkeit und er nahm die Stadt ohne Kampf. Hierauf begab er sich dem Blauen Nil entlang nach Fazogli, nahe der abesfynischen Grenze, too er die ägyptische Herrschaft aufrichtete, aber wenig Gold fand. Nach dem Falle von Senaar entsandte Mohammed Ali eine zweite Armee, gegen 4000 Manu stark, mit 10 Geschützen und etwa 1200 alten Gewehren, unter seinem Schwestersohn Mohammed Bey zur Eroberung Kordofans. Diese Truppen waren durchaus keine zahmen Leute. Sie bestanden aus Strolchen und Abenteurern, die aus Kleinasien, Albanien, den Vasallenstaaten Nordafrikas und aus allen Zum Marsche durch die Wüste mußte die Regenzeit abgewartet werden, wo sich in den Oasen reichliches Wasser sammelt. Die Armee gelangte glücklich von einem Oasentale zum andern. Nur der Häuptling des Haräsaberg-stockes wollte es versuchen, den Eindringlingen den Weg zu sperren. Er verschanzte sich hinter einer Steinmauer zwischen zwei nahen Bergen. Einige Kanonenschüsse reichten hin, um in die Mauer eine Bresche zu schlagen. Der Häuptling bestieg nun sein schnellstes Kamel und entfloh, um den Angreifern nicht in die Hände zu fallen. Endlich gelangte Mohammed Bey zum letzten Asrikanischer Kornverkäufer. Ecken der Länder des Halbmondes in Ägypten zusammengelaufen waren. Zu Debbah oberhalb Dongola am Nilknie angelangt, beschloß Mohammed Bey, die Wüstenstraße einzuschlagen, die von dort nach Kardofan geht, weil sie eben der kürzeste Weg war. Dazu brauchte es natürlich ortskundige Leute zu Führern; denn es war gerade keine leichte Aufgabe, Tausende von Soldaten durch die Wüste zu bringen. Die dortigen Scheigieharaber waren dazu am geeignetsten, denn sie kannten sozusagen jeden Weg und Steg und sämtliche Oasen. Diese hielten es für geraten, dem Mohammed Bey ihre Dienste anzubieten, sonst wären sie auch in Gefahr geraten, ihre Ohren zu verlieren, wie es ihren Stammesgenosseu bei Argo ergangen war. Hügel vor Bara in Kordosan, namens Scheröm, und sah vor sich in der Ebene das Kundschara-heer zur Schlacht bereit. Die Kundscharakrieger trugen Lanzen, Schilde, Beile und andere einheimische Waffen und hatten von den Feuerwaffen nicht die entfernteste Ahnung. Kaum hörten sie die ersten Schüsse krachen, fuhr ihnen ein jäher Schrecken in die Glieder. Sie warfen sich zur Erde nieder, in der Meinung, der Himmel donnere gegen sie, und das ganze Heer löste sich in wilder Flucht auf. Wie sollte man sich mit einem Feinde messen können, dem der Donner des Himmels zur Verfügung stand? So wurde denn Kordosan eine ägyptische Provinz im Jahre 1822. Bara wurde geplündert, ebenso El-Obeid, und große Reichtümer fielen in die Hände der Sieger. Diese übten an der einheimischen Bevölkerung unerhörte Greueltaten aus und jagten ihr dermaßen Furcht und Entsetzen ein, daß heute noch ihr Andenken wie eine Art Schreckgespenst wirkt. Will die Mutter ihr unbändiges Kind einschüchtern, so ruft sie aus: „Der Tiirke kommt!" und es wird sofort mäuschenstill. An den meisten Orten Kordofans, besonders an den abgelegenen, werden Reisende mit weißer Gesichtsfarbe kurzweg Türken genannt, und bei ihrem Erscheinen nimmt die Jugend gewöhnlich Reißaus, um sich in ein Versteck zu verkriechen. Wahrscheinlich haben jene Scheusale von Eroberern gelegentlich auch Kinder gestohlen. Je größer der Schrecken war, den die Eroberer den Einheimischen eingejagt hatten, desto weniger hielten diese auf ihren Koran, indem sie sagten, der Koran habe in den Händen der Türken keinen Wert mehr. Ja, sie zauderten nicht, falsch darauf zu schwören, und so ist es heute noch. Will man einen Araber Kordofans dazu bringen, daß er einen aufrichtigen Schwur ablege, so muß man ihn bei seinem Viehstand schwören und sagen lassen: „Wenn es nicht so ist, soll das Unglück kommen über meine Kamele, Kühe, Esel, Schafe und Ziegen." Vor diesem Schwur hat der Mann Furcht und sagt die Wahrheit. Gewiß hat irgendeiner von ihnen einmal falsch auf seinen Viehstand geschworen und dann nach einiger Zeit eines Morgens infolge einer Seuche eine große Anzahl Tiere tot gefunden. Jedoch der Mann war der Ansicht, das sei die Strafe für seinen falschen Schwur gewesen. Er hat Furcht bekommen und alle anderen mit ihm. Also Kordofans sonnverbrannte Araber muß man beim Leben ihres Hornviehs, ihrer Esel und Hämmel schwören lassen, um die Wahrheit zu erfahren. Die Macht der Stammeshäuptlinge wurde gebrochen. Die Häupter der verschiedenen Araberstämme mußten die neue Regierung anerkennen, auf den Titel eines Sultans verzichten und sich mit dem Namen eines „näser“, d. h. Aufsehers, begnügen. In früheren Zeiten, unter den Königen von Senaar und den Sultanen von Dar-Fnr, besaßen sie eine Herrschaft im vollem Sinne des Wortes und verfügten über Hab und Gut, über Leben und Tod ihrer Stammesangehörigen. Als Zeichen ihrer Würde dienten ihnen die Trommeln. Diese wurden I geschlagen, um den Stamm zu den Waffen zu rufen, bei freudigen und traurigen Ereignissen, wie bei Hochzeit oder Tod des Häuptlings, an hohen mohammedanischen Festtagen usw. Kein Privatmann durfte sich eine Trommel verschaffen, denn das galt als eine Auflehnung gegen das Stammeshaupt und wurde mit dem Abhauen der rechten Hand bestraft. Im Kriege verblieben die Trommeln bei der Nachhut, damit sie im Falle eines ungünstigen Ausganges gerettet werden konnten. Gingen sie trotzdem verloren, so war es das Zeichen einer völligen Niederlage und ihr Verlust wurde schmerzlicher empfunden, als wenn europäische Soldaten die Fahne verlieren. Die neue ägyptische Regierung ließ die einzelnen Häuptlinge Trommeln besitzen nach Vergnügen, jedoch deren ursprüngliche Bedeutung war dahin, denn die Häuptlinge waren keine absoluten Herren mehr. Es tvurde ihnen zwar manche Vorrechte zugestanden, aber der mächtige Pascha, der zu El-Obeid residierte, hatte bei allen Angelegenheiten das wichtigste Wort mitzureden. Das Eintreiben der auferlegten Kopfsteuer geschah durch Rcgierungsbeamte. Dabei ging es nicht immer gewissenhaft zu. Die Steuereinnehmer wurden verhaßt und die erbitterten Araber riefen aus: „miat fittorba wa la real fittolba“, d. h., Hunderte sollen ins Grab gehen, aber kein Real in die Steuerkasse. Dies war auch einer der Hauptgründe des bekannten Mahdi-Aufstandes. Gelegentlich dieses Aus-standes, wobei das wildverwegene Reitervolk Südkordofans den Hauptschlag zuungunsten der ägyptischen Regierung gab, ließen sich die Araber gleich unvernünftigen Tieren von ihren Häuptlingen, die nach Unabhängigkeit strebten, aufhetzen. Nach der Wiedereroberung Kordofans durch die Sudanregierung im Jahre 1900 mußte die Macht der Stammeshäuptlinge vollständig gebrochen werden. Wie zu alten Zeiten, so vererbt sich auch jetzt die Häuptlingswürde vom Vater auf den ältesten Sohn oder auf dessen Bruder, wenn der Verstorbene keine Kinder hatte oder diese noch minderjährig sind. Dazu braucht es aber die Einwilligung der Regierung. Diese hat scharfe Augen und erkundigt sich über die Eigenschaften des Betreffenden. Ist er hinterlistig, zu Gewalttaten oder religiösem Fanatismus geneigt, so kann er sicher sein, daß die Regierung ihn ausschließt. Erweist sich der neue Stammeshäuptling als zuverlässiger Manu, so ernennt ihn die Regierung auch zum „näser“, d. h. Aufseher. Letzterer braucht jedoch nicht gerade Oberhaupt des Stammes zu sein, und jeder, der von der einst herrschenden Familie stammt, kann sich um die Würde eines näser bewerben. Da war einst ein Fremder von Nahud in Westkordofan auf der Reise nach El-Obeid im mittleren Kordofan begriffen. Er befand sich in Gesellschaft eines Regierungsbeamten. Sie gelangten nach dem Orte Abu Zobat, der inmitten einer furchtbaren, gesegneten Gegend liegt. Ein gewisser Bakri, Häuptling eines Dorfes, das eine Stunde entfernt war, kam herbei, um den Beamten zu begrüßen. Wie artig und höflich benahm er sich doch! Der Beamte dagegen bewahrte eine ernste Miene, fragte ihn nach verschiedenen Dingen, unter anderem, wie viele Gewehre er besäße, und entließ ihn mit einer guten Ermahnung. Nachdem Häuptling Bakri sich entfernte hatte, wandte sich der Beamte zu seinem Reisebegleiter und sagte zu ihm: „Dieser Mann ist eine Schlange, ein gefährliches Jndivuum, und muß mit Füßen getreten werden wie die Disteln längs der Straße. Er ist aus der alten Herrscherfamilie der Hamar-Araber und wollte auf jeden Fall näser werden und bot auch eine Geldsumme au. Jedoch die Regierung verwarf ihn und gab die Würde einem seiner Verwandten. Bekäme dieser Mann Gewalt, so hätten wir nichts Gutes von ihm zu erwarten." Einem näser trägt seine Stellung viel ein. Er genießt großes Ansehen und übt bedeutenden Einfluß aus, besonders bei Stämmen, die noch in patriarchalischen Verhältnissen leben nnd wenig Berührung mit der Regierung haben, Ein Missionär aus Uganda schreibt: „Es ging gegen Mitternacht. Ich lag noch schlaflos da. Plötzlich drangen verzweiflungsvolle Hilferufe an mein Ohr. Ich sprang auf, eilte hinaus und vernahm aus dem Stimmengewirr, der Löwe habe ein Mädchen angefallen und zerrissen. Meine Gedanken flogen zu den Taufschülerinnen, deren Hütten den weiten Missionsplatz umsäumen. Die Furcht packte mich und ich lief dahin. Tiefe Stille! Alle Hütten waren wie z. B. die Kababisch in Nordkordofan. Dort sagt der Normade heute noch zu seinem Aufseher: „Du bist mein Herr, mein Hab und Gut gehören Dir." Er läßt sich von ihm Strafen auferlegen, die gewöhnlich in der Abtretung einiger Kamele bestehen. Bei Mordtaten muß die Sache der Regierung hiuterbracht werden, was auch meistens geschieht. Doch gibt es Fälle, wo man die Angelegenheit nicht ins Amtslokal bringen will. Man wendet sich an den „Aufseher". Dieser gibt sich dazu her, den Friedensvermittler zu machen, wenn er die Sache für geheuer hält. Er gleicht im geheimen die beiden streitenden Parteien mit einander aus und verhängt über den Mörder die sogenannte „dia“, d. h. Genugtuung. Sie besteht entweder in Geld oder in Vieh. Der „Aufseher" bekommt die Hälfte davon, und das übrige fällt der Familie des Ermordeten zu. Findet eine schwere Schlägerei statt, so muß der Angreifer ein Stück Vieh abtreten oder eine schöne Summe zahlen, von welcher der Aufseher dem Angegriffenen nur einen kleinen Teil gibt und das übrige für sich behält. Bekommt einer von seinem Nächsten eine tüchtige Ohrfeige, so erhebt er Anklage beim „näser“. Der Schläger wird zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Geschlagene steckt die Ohrfeige ein und der „Aufseher" das Geld. Beschimpfen sich aber zwei Araber auf recht gehörige Weise, so meint der „näser“, daß nichts dagegen einzuwenden sei, denn sie hätten sich gegenseitig die Wahrheit gesagt. Eine Frau, die von ihrem Mann mißhandelt wird, wendet sich ebenfalls an ihn, und er legt dem Ehemanne eine Geldstrafe auf. Ebenso ein Vater, der : einen erwachsenen unbändigen Sohn hat usw. (Fortsetzung folgt.) gut verschlossen. Ich kehrte zurück. Da kam die Meldung, das Unglück habe sich im Nachbardorfe ereignet. Schon hatte das Raubtier zur Hälfte sein Opfer verzehrt, als die Leute mit Lanzen und Stöcken bewaffnet an der Unfallstelle erschienen und durch ihr Geschrei den Löwen in die Flucht jagten. Am nächsten Morgen versammeln sich die Männer des Dorfes und beschlossen, den Löwen im Walde aufzustöbern und zu erlegen. Erst Eine höwenjagcL am späten Nachmittag wurde die Bestie entdeckt, verfolgt und verwundet, aber die hereinbrechende Dunkelheit entzog sie den Blicken der Jäger. Wenige Tage darauf brach der Löwe neuerdings in das Dorf ein und raubte ein Mädchen, das sich eben in die Hütte begeben wollte, um zu schlafen. Bei Tagesanbruch unternahm die Jungmannschaft eine Streifung im ganzen Waldgebiet der Umgebung und fand auch die Spuren von zwei jungen Löwen. Daraus schloß man, daß eine Löwin mit ihren Jungen die Dörfer umschleiche. Die Erregung der Bewohner wuchs, als am folgenden Tage das blutgierige Tier abermals ein Menschenleben vernichtete; denn hat der Löwe einmal Menschenfleisch gekostet, so kann er es nicht mehr entbehren. Niemand wagte mehr, gegen Abend aus seiner Hütte zu gehen. Auch bei Tag durfte man nur mit größter Vorsicht das Dorf verlassen. Die Lage wurde geradezu ganz unerträglich, da die Löwin, trotz aller Umsicht der Neger, sich dennoch auch ihr viertes und fünftes Opfer holte. Es mußte deshalb ein Generalangriff gegen den entsetzlichen Feind unternommen werden. Man entwarf den Kriegsplan und lud auch mich ein, an dieser durchaus notwendigen Jagd teilzunehmen. Ich lehnte ab, denn mit meinem Kugelgewehr hätte ich bei dem Hin- und Herlaufen so vieler Treiber und Jäger nicht geringes Unheil anrichten können. So beschränkte ich meine Tätigkeit darauf, den Christen und Katechumenen die entsprechen Weisungen zu geben. Am Vorabend des festgesetzten Tages riefen Hornsignale die waffenfähige Mannschaft zum Versammlungplatz. Nach Sonnenaufgang Gewiß, es gibt auch in der fortgeschrittenen Zeit unserer Tage noch der Rätsel gar viele in der Welt. Der größten eines aber scheint mir zu sein, daß es Menschen gibt, die mit Hilfe ihrer Finger bis auf zehn zählen können und doch nicht imstande sind zu begreifen, daß eine Uhr von einem Uhrmacher verfertigt sein muß. Nun hat noch kein Meister ein herrlicheres Gehwerk hergestellt, als es die große Weltenuhr ist. Wir vermögen nie genau vorherzusagen, wieviel Stunden, Minuten und Sekunden unsere rückten die Abteilungen von verschiedenen Seiten in den Wald ein. Lanzen, Speere, Bogen, Pfeile, Schilde und Stöcke bildeten ihre Ausrüstung. Nach einigen Stunden entdeckte man die Löwin mit ihren Jungen. Kriegsgeschrei ertönte. In wilder Hast setzten die Krieger dem fliehenden Feinde nach. Ein braver Bursche der Mission hatte als erster das Glück, einen der jungen Löwen tödlich zu verwunden. Bald brachten ihn die Kameraden mit ihren Lanzen und Pfeilen vollends zur Strecke. Man trug die Beute in das nächste Dorf und feierte mit Kriegsgesängen und Kriegstänzen das Jagdglück. Doch nicht lange. Unsere Jäger zogen wieder in den Wald. Tolle Szenen spielten sich ab im Laufe des Tages. Das zweite Junge flüchtete gegen die Berge und konnte erst gegen Abend nach mühevollen Umgehungen erlegt werden. Ein heißer Kampf entbrannte um das Fell der alten Löwin. Sie entkam aus dem Walde. Doch entrann sie ihren Verfolgern nicht. Unweit der Mission ereilte sie das Schicksal, das die fünffache Mörderin verdient hatte. Man schleppte das stattliche Tier auf den Missionsplatz. Von allen Seiten strömten die Leute herbei und gaben ihrer Freude Ausdruck über den Untergang des gefährlichen Feindes. Alles atmete auf, wie von einem drückenden Alp befreit. Die Buben umstanden die Löwin und zogen sie unter drolligen Bemerkungen bald -an den Ohren, bald an den Füßen, während die glücklichen Jäger sich gütlich taten. Längst schon glänzten die Sterne am wolkenklaren Nachthimmel, als die Menge sich zerstreute, um in ihre Dörfer zurückzukehren und nun ruhig und sicher zu schlafen." Küchenuhr nach einigen Jahren um diesen oder jenen Augenblick gerade anzeigen wird. Doch der Kalendermann weiß uns pünktlich anzugeben, wann in der großen Weltenuhr zum Beispiel der Mond vor der Sonne am hellen Tage vorüberhuscht. Ohne Wanken und Schwanken, ohne Zagen und Zaudern erklärt er uns: an dem und dem Tage, zn dieser Stunde, um so viele Minuten tritt die Sonnenfinsternis ein, dauert so und so viele Sekunden und wird von da und dort gesehen. □ŽS Die Religion der heidnischen Schilluk, Den Schilluk nacherzählt von Onkel 3akob. [SD Wahrhaftig, man muß erzdumm sein, um auch nur einen Augenblick daran zweifeln zu können, daß diese unsere Welt in ihrer Größe, Schönheit und Zweckmäßigkeit dem blinden Zufall ihr Dasein verdanke. „Alle Menschen sind töricht, die keine Erkenntnis Gottes haben; die aus den sichtbaren Gütern den nicht zu begreifen vermochten, der da ist, und den Meister aus seinen Werken nicht erkennen" (Weish. 13, 1). Für alle Alt- und Neuheiden gilt das Wort des hl. Paulus: „Weise nennen sie sich, aber Toren sind sie geworden. Eine Entschuldigung gibt es für sie nicht" (Röm. 1, 22. 20). Man hat im vergangenen Jahrhundert angefangen, die Religionen der verschiedenen Völker genauer zu untersuchen und zu vergleichen. Man hieß diese Bestrebungen vergleichende Religionswissenschaft. Unter dem Mantel dieser Wissenschaft verbarg sich indes auch die ganz unwissenschaftliche Sucht, darzutun, daß es nicht nur einzelne Menschen, sondern sogar ganze Völker gebe, die von einem Gotte nichts wüßten. Es war doch gar zu rührend, wie da ungläubige Juden und gottlose Gelehrte auf einmal so viel Interesse für die Religion an den Tag legten. Allein das Ergebnis zeugte gegen den Wunsch des Freidenkertums. Es fand sich kein einziges Volk, so tiefstehend und so verkommen es auch sonst sein niochte, das da ohne Gottesglauben gewesen wäre. Die Schilluk sind nun zwar kein kulturell hochstehendes Volk, sie sind aber auch sittlich nicht ganz verkommen. Sie haben als Heiden viele und bedeutende Laster, doch sie kennen ebenso den Unterschied zwischen Recht und Schlecht, Gut und Bös. Sie bekunden schon damit den Glauben an ein höheres Wesen, deicht die göttliche Offenbarung, sondern das natürliche Sitten-gesetz sagt ihnen, daß ein höchster Gesetzgeber und Richter über ihnen waltet. Sie haben das Gesetz Moses nicht erhalten, wie die Juden im Alten Bunde, aber wenn sie, wie der hl. Paulus sagt, „der Natur zufolge das tun, was gesetzmäßig ist, so sind sie, ohne Gesetze zu haben, sich selbstGesetz". Was der Finger Gottes für die Juden ausdrücklich noch auf Stein geschrieben, J tragen auch die Heiden wie alle Menschen in der Form des Gewissens im Herzen. Nur ein völlig gewissenloser Mensch kann daher behaupten: Es gibt keinen Gott. Dazu kommt, daß auch der Schilluk wie jeder unbefangene Mensch, dem noch ein Fünkchen , Vernunft auf den Irrfahrten des Lebens geblieben ist, die völlige Abhängigkeit von einem höheren Wesen anerkennt. In jeder hilfsbedürftigen Lage sucht er sich durch Anwendung von Opfern oder Zaubermitteln die Gunst des Himmels zu sichern. So grundfalsch die äußere Betätigung dieses Glaubens ist, so sicher steht damit die Tatsache vor unseren Augen, daß er mit allen Fasern seines Herzens an einer überirdischen Vorsehung festhält. Es ist doch eine gar auffällige und alltägliche Erscheinung, daß Gott „sich nicht unbezeugt ließ, indem er Wohltaten spendete vom Himmel aus, Regen gab und fruchtbare Zeiten, mit Speise und Freude unsere Herzen erfüllte" (Apg. 14, 16). Vernunft, Gewissen und Vorsehung sind daher die drei Hauptmittel, durch die der Heide zu einer wahren Gotteserkenntnis kommen kann, ja kommen muß. Denn Unwissenheit in diesem Punkte ist strafbar. Auch für die Heiden gibt es in diesem Punkte keinen Entschuldigungsgrund. Nicht ein Fehler des Verstandes ist es, sondern die Sündhaftigkeit des Herzens, die den Glauben nicht aufkommen läßt. Der Schilluk erkennt ganz gut, daß es einen Gott gibt und daß dieser Gott eigentlich nur ein einziger sein kann. Allein das Herkommen hat einen Teil der göttlichen Wirksamkeit ans den Stammvater des Volkes übertragen, und das genügt dem Schilluk, sich mit dieser widerspruchsvollen Sachlage abzufinden. Fragt man einen Schilluk, ob denn sein Volk an einen Gott glaube, so erhält man ohne weiteres die Auskunft: „Dschwok ngang en“, „ein höchstes Wesen wird anerkannt". Geht man dann aber mehr ans das einzelne ein, so kommt der Schwarze in nicht geringe Verlegenheit. Wenn Dschwok euer Gott ist, warum kümmert ihr euch so wenig um ihn? Würde der Schilluk die europäischen Verhältnisse kennen, so möchte er vielleicht dieselbe Gegenfrage stellen. Die gewöhnliche Antwort, die der denkende Schilluk gibt, lautet: „Ursprünglich wurde von den Schilluk nur Dschwok verehrt. Aber seit den Tagen unseres Stammvaters Nyikang ist es anders geworden." Dem Schilluk fällt der Widerspruch in dieser Antwort nicht auf, denn Stammvater ist für ihn nicht nur der „Erzvater" der Schilluk, sondern auch der Stammeshäuptling Nyikang, der das Volk in den heutigen Wohnsitzen ansiedelte. Es verursacht aber dem Schilluk keine große Schwierigkeit, im nächsten Augenblick Nyikang wieder zum Erzvater zu stempeln und das ganze Schilluk-Volk von ihm abstammen zu lassen. In die Enge getrieben, erklärt der heutige Schillnk: Unsere Väter haben schon immer angenommen, daß Nyikang für sich lebt. „Er hat uns Menschen (uns Schilluk) erzeugt, und er hat deshalb für uns Wert. Aber Dschwok hat die anderen Dinge erschaffen, was hat das für uns viel Wichtigkeit?" Der Schilluk ist selbstverständlich ganz zufrieden damit, daß Gott alle Dinge erschaffen hat, aber nachdem sie einmal da sind, ohne daß er besonders darum gebeten hat und da sie ja immer in ihrer Art da waren, so fällt es ihm gar nicht ein, dafür erkenntlich zu sein. Dankbarkeit kennt er in unserem Sinne überhaupt nicht. Vergebens wird man für „Danke schön" oder „Vergelt's Gott" im Schillukwörterbuch nachschauen. Gibt man einem Schilluk ein noch so großes Almosen, so wird er es von allen Seiten betrachten und dann sagen: „pa nok“, „ist das eigentlich nicht wenig?" Wie sollte es ihm da unter gewöhnlichen Verhältnissen einfallen, Gott zu danken, den er nicht sieht. Ja er läßt den Herrgott nicht einmal „einen guten Mann" sein, wie man so von leichtsinnigen Christen zu sagen pflegt. Der Stammvater Nyikang sorgt für die Schilluk wie ein Vater für seine Kinder. Er gibt alles Gute, Regen und Segen. Wenn man daher etwas Gutes benötigt, so geht man zu Nyikang. Aber Krankheit und Tod kommen von Dschwok. Aber gerade dadurch geben sie wieder zu erkennen, daß eben Dschwok doch der größere und mächtigere ist. Für „Ich bin krank" sagt der Schitluk: „ya da dschwok“, ich bin in der Gewalt des Dschwok". Auch in den Begrüßungen, die sich ja von Geschlecht zu Geschlecht weiterpflanzen ist es Dschwok, der väterlich über einem waltet. Unser farbloses „Guten Tag" übersetzt der Schilluk mit dem Gruß: „yi kal Dschwok“, „Gott hat dich hergeführt", und unser oft ganz heuchlerisches „Auf Wiedersehen!" durch den schönen Wunsch: „yi mita Dschwok“, „möge Gott dich erhalten". Ein anderer Umstand, der darauf hinweist, daß die Schilluk im Grunde oder vielmehr ursprünglich nur einen Gott kannten, besteht in der Verwendung verschiedener Bezeichnungen für das Gebet zum Dschwok und die Bitte an Nyikang. Zum Dschwok beten heißt „lamo“, wohl soviel als opfern, den Stammvater Nyikang hingegen „bettelt" man an. Auffällig bleibt auf den ersten Blick, daß das höchste Wesen keine Kultusstätte und keine Priester hat, während die Tempelchen des Nyikang über das ganze Land zerstreut sind. Der Zauberer hat hundert Weisen, um mit Nyikang in Verbindung zu treten, aber das Gebet an den Dschwok wird nur vom Häuptling im Namen seiner Untergebenen dem höchsten Wesen vorgetragen. Die Zeremonien des Nyikang finden meistens mit Aufwand äußeren Gepränges, wie Gesang, Tanz und Spiel, statt. Die Bitte an Dschwok ist immer feierlich und ernst. Zwar hört man von ihm selten, aber stets verstummt dabei aller äußerer Lärm. Auch der Schilluk begreift, daß es sich für den Menschen gezieme, mit dem Schöpfer aller Dinge nur höchst ehrerbietig zu verkehren. Trotzdem ist für den Schilluk der Dschwok überall. Fragt man ihn, wo Gott wohne, so sagt er „a malo“, „er ist in der Höhe". Ist aber jemand krank, so wird das Opferblut auf die Erde gegossen, damit es eindringe zum Pan de Dschwok. Daber wird der Wert des Opfertieres nach der Größe der Krankheit bemessen. Der Schilluk gibt seinen Anschauungen folgenden Ausdruck : Erkrankt jemand, wird zuerst ein Huhn geopfert. Ist die Krankheit aber „heiß", s» muß ein Schaf geschlachtet werden, und sein Blut geht zum Dschwok. Will aber der Dschwok einen Menschen sterben machen, dann bringt man eine Kuh zum Opfer dar, um zu sehen, ob er nicht mit dem Leben davonkommt. Auch der Opfergedanke war ursprünglich nur ein einziger, aber der Stammvater hat ihn gespalten. Das heißt also nach der eigenen Überzeugung, der Schilluk, daß ihre Vorfahren anfangs nur den Dschwok als einzigen wahren Gott verehrten und ihm allein Opfer darbrachten. Wenn der ganzen Schilluküberliefernng überhaupt ein geschichtlicher Wert zukommt, hat Nyikang vor ungefähr 400 Jahren gelebt. Er war also ein Zeitgenosse der Reformatoren. Wenn man bedenkt, welche Umwandlung der christliche Glaube durch eine falsche Philosophie bei ganzen Völkerschaften Europas seitdem erlitten hat, so muß man schließlich zufrieden sein, daß es bei den heidnischen Schilluk in diesem Punkte nicht noch schlimmer aussieht. Heft 1 und 2 Stern der Neger 15 HB Vermischte Ilcidiridifen, ilili' v Die Missions-Weltausstellung in Nonr 1925. Im Jubiläumsjahre 1925 findet im päpstlichen Palast zu Rom eine Missionsausstellung statt, die von allen Missionsgebieten des Erdkreises beschickt werden soll. Diese großzügige Veranstaltung beweist aufs neue, wie sehr dem Heiligen Vater Pius XI. die Ausbreitung des katholischen Glaubens unter den Heidenvölkern am Herzen liegt. Aus aller Welt werden im folgenden Jahre Pilgerzüge nach Nom gehen, um den Jubiläumsabtatz und andere reiche Gnadenschätze zu gewinnen. Die geplante Ausstellung wird nun den frommen Besuchern der Ewigen Stadt einen klaren Einblick gewähren in das Wesen und Wirken der katholischen Missionen. Schon sind die Vorbereitungen im vollen Gange. Eigenartige und hochinteressante Gegenstände ferner Länder, merkwürdige Er-zeugnisse fremder Kulturen, die wissenschaftlichen Arbeiten der Missionäre, die Vertreter aller Menschenrassen, unter denen die ^ Frohbotschaft des Evangeliums verkündet wird, zu sehen und kennenzulernen, muß notwendigerweise das Feuer der Missionsbegeisteruug entfachen und zu opferwilliger Mithilfe am kirchlichen Weltmissionswerk anspornen. Hierüber hat sich der Heilige Vater in der Ansprache an die Kardinäle bei Gelegenheit des Geheimen Konsistoriums vom 23. Mai 1923 folgendermaßen geäußert: „Wir hegen die feste Überzeugung, daß das erhabenste und heiligste unter allen katholischen Werken, was ja dasMissions-wcrk ist, dadurch nicht geringe Förderung erfährt; denn die Gläubigen, die im Jubiläumsjahr aus aller Welt zu den Gräbern der Apostel pilgern, werden die Größe und Erhabenheit dieses göttlichen Werkes sozusagen in einem einzigen Blick erkennen. Da werden sie dann selber nachsinnen, welche Unsumme an Geld und anderen Hilfsmitteln ein derartiges Unternehmen nötig hat, welch gewaltige Hemmnisse jeglicher Art die frommen Christusboten zu überwinden haben, was für Riesenleistungen sie bereits vollbracht und welche Unzahl noch größerer Leistungen der Zukunft vorbehalten bleiben. Auch werden sie nicht einsehen, welch schwere Gewissenspflicht auf ihnen lastet, daß sie alle, ein jeder nach seinem Vermögen, solch tatkräftigen und hochherzigen Männern zu Hilfe eilen. Diese lassen ja Heimat, Verwandte und Freunde im Stiche, ziehen in die fernsten und wildesten Länder, um Schweiß und Blut für die Rettung der Seelen zu vergießen, die Jesus Christus mit seinem eigenen Blute erkauft hat. Überdies werden die katholischen Missionen selbst aus dieser Ausstellung nicht geringen Nutzen schöpfen, indem ihre Leiter zu gemeinsamen Beratungen zusammentreten und ihre Erfahrungen passend austauschen können. Ja, Wir hegen sogar das Vertrauen, daß sich diese Ausstellung besonders segensreich für die Missionäre erweise, damit sie sich der modernen Technik und wissenschaftlichen Arbeitsweise anpassen und so von Tag zu Tag weisere und fähigere Spender der Gnade und Heiligkeit werden; die göttliche Gnade freilich nimmt in der Bekehrung der Ungläubigen zu Christus jetzt und in der Zukunft immer die erste Stelle ein, da es sich um ein völlig göttliches und übernatürliches Werk handelt." Die Reise des Kardinals van Roffurri in die europäischen Nordstaaten. Eine seltene Ehre und Auszeichnung wurde im verflossenen Sommer den Katholiken von Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland durch den Besuch des Kardinalpräfekten der Propaganda zuteil. Seit den Tagen der unglückseligen Glaubensspaltung im 16. Jahrhundert hatte man keinen Purpurträger urehr in Skandinavien gesehen und auch vorher waren nur viermal Kardinäle in den nordischen Neichen erscheinen. Zunächst besuchte der hohe Kirchenfürst Kopenhagen, die Hauptstadt Dänemarks. Nach Einblicknahme in die kirchlichen Verhältnisse des Landes schiffte er sich am 30. Juni nach Island ein, wo er dem P. Meulenberg die Kunde von dessen Ernennung zum Apostolischen Präfekten der Insel überbrachte. Von dort ging die Reise durch Norwegen, Schweden und über den Bottnischen Meerbusen nach Helsingfors. Am Feste Mariä Himmelfahrt er- teilte er daselbst dem ersten Apostolischen Vikar von Finnland, Dr. Michael Buckx, die heilige Bischofsweihe. Überall wurde der Kardinalpräfekt von den Katholiken mit herzlichster Freude empfangen. Aber auch die Andersgläubigen und ihre Presse zollten ihm die gebührende Achtung. An verschiedenen Orten hielt er Reden in deutscher, französischer und holländischer Sprache und besichtigte mit Vorliebe die kirchlichen Denkmäler aus der katholischen Vergangenheit Skandinaviens, wie den Dom von Roskilde, die Grabstätte der dänischen Könige, die Domkirchen zu Drontheim und Linköping und die Insel Birka, von der aus der hl. Ansgar vor 1100 Jahren die Christianisierung des Nordens begonnen hatte. Die Audienzen, die König Christian X. von Dänemark, König Hakon VII. von Norwegen und der Kronprinz von Schweden dem Abgesandten des Papstes gewährten, dursten gleichfalls dazu beitragen, das Ansehen der alten Mutterkirche im nördlichen Europa zu heben. Die großen Heidenländer Asiens. China, das mit seinen Nebenländern Europa an Ausdehnung übertrifft und 460 Millionen Einwohner zählt, ist das größte Heidenland der Erde. Um die Wende des 13. Jahrhunderts begannen Franziskaner eine gesegnete Missionstätigkeit im „Reich der Mitte". Nach zweihundertjährigem Ausschluß aller Fremden aus China lebte das Missionswerk im 16. Jahrhundert unter Führung der Jesuiten wieder auf. Doch zahlreiche Verfolgungen und andere Ursachen hemmten die Ausbreitung des Christentums. Seit Beginn der Neuzeit erlitten 177 europäische Glaubensboten und Schwestern den Märtyrertod. Im 19. Jahrhundert wurde das Niesenreich in Apostolische Vikariate aufgeteilt, deren man gegenwärtig 60 zählt. Insgesamt wirken in China 1400 europäische und 1030 einheimische Priester, 1200 europäische und 800 eingeborene Schwestern. Die Katholikenziffer ist auf 2y4 Millionen gestiegen. Rund 500.000 Heiden bereiten sich zum Empfang der Taufe vor. Im Berichtjahre 1921/22 betrug der Zuwachs an Neubekchrten 86.778. Japan. Die japanische Kirche ist eine Märtyrerkirche. Der hl. Franziskus Javerius und seine Mitbrüder hatten in Japan blühende Christengemeinden geschaffen. Die Verfolgungen im 17. Jahrhundert haben sie ausgerottet. Tausende der Neuchristen wurden hingerichtet oder starben in den Gefängnissen. Als 1858 katholische Missionäre nach Japan kamen, trafen sie in den Bergen von Nagasaki Familien, in denen der alte Glaube durch zwei Jahrhunderte ohne priesterlichen Unterricht und Beistand sich erhalten hatte. Die katholische Kirche zählt heute unter 48 Millionen Einwohnern 83.600 Katholiken. Die zu Japan gehörigen Inseln weisen 15.000 Nenchristen auf. Von den 10 Millionen Bewohnern der japanischen Kolonie Korea sind etwa 92.000 Bekenner des wahren Glaubens. Eingeborne Priester besitzt Japan 40 und Korea 33. Die 1912 von den deutschen Jesuiten in Tokio gegründete Hochschule gewinnt immer mehr an Ansehen und Einfluß. Indien. Die Einwohnerzahl beläuft sich auf 325 Millionen. Davon gehören mit Einschluß der Insel Ceylon 3 Millionen der katholischen Kirche an. Der Klerus setzt sich zusammen ans 1320 europäischen und 1960 einheimischen Priestern. Während China noch keine eingebornen Bischöfe besitzt, sind die vier syro-malabarischen Oberhirten Söhne des Landes. Im verflossenen Jahre hat der Heilige Stuhl einen geborenen Indier, P. Tiburtius Roche aus der Gesellschaft Jesu, zum Bischof der neugeschaffenen Diözese Tutikorin ernannt. Monsignore Tiburtius Roche wurde in Kalkutta zum Bischof geweiht. Da die Kathedrale die Menge nicht fassen konnte, fand die Feier in einem eigens für diesen Zweck errichteten Zelte statt. Auch Hindus und Mohammedaner wohnten den Feierlichkeiten bei. Am Abend begab sich der Bischof im Festzuge, an dessen Spitze ein Elefant schritt, durch die mit Triumphbögen geschmückten Straßen und erteilte um 10 Uhr abends den ersten Segen im Dom. Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Missionshaus der Söhne des heiligsten Herzens Jesu in Messendorf Nr. 102 bet Graz. Verantwortlicher Schriftleiter: Isidor Kronsteiner, Laienbruder, in Messendorf Nr. 102 bei Graz. Universttäts-Buchdruckerei „Styria-' in Graz.