^ 35. Vierter Jahrgang. ^H. September 286^. Wappensage von Auersperg. „Gemach ihr Herren, ich weiß genug Und eile zum Walde im Wind'esflug', Den grimmigen Ur zu erreichen, Vou dem Ihr eben mir Kunde gebracht, Und sollt' ich ihn treffen, sei's Tag oder Nacht, Erliegt er gewiß meinen Streichen. Was zitterst Du, Weibchen, und zeigst mir den Sohn? Bin oft ja gezogen zum Kampfe schon, Nicht soll uns das Uuthicr bekriegen, Die Wälder verwüsten noch fiirderhin, Nein bald — bei der Himmelskönigin! Soll es zu Füßen mir liegen." Herr Aucrspcrg ruft cß beim frohen Mahl, Noch einmal leert cr den vollen Pokal, Daß allcS gedeihe anfS Beste; Dann faßt er den Spieß, umgürtet das Schwert, Umarmt die Seinen und schwingt sich aufs Pferd, Und sprengt aus der stattlichen Vcste. Es winkt ihm die Gattin viel Grüße nach; Bald birgt ihn des Waldes belaubtes Dach, Fort geht's, sonder Bangen und Zagen. Und rastlos verfolgt er die dornige Bahn, ! ' Inö Thal hinunter, den Hügel hinan, Als wollt' cr den Himmel erjagen. Und fünf Mal wechselt der Tag mit der Nacht, Nicht hat cr den Mnth'gcn zurückgebracht, Umsonst nach ihm spähen die Blicke; Doch wie am sechsten der Abend thant, Da stößt der Thürmer ins Horn so lant, Und Alles drängt sich zur Brücke. Ein selt'ucs Schauspiel zeigt sich dem Troß, Dcuu unversehrt naht der Herr dem Schloß, Und führt mit das Unthicr gcfaugc», i Und wie es sich sträubt, aufwirbelnd den Sand, '! Fort zieht's des Siegers gewaltige Hand ! Am eisernen Ning, ohne Bangen. ! Noch gibt im Schlosse ;n Ancröpcrg ! Den Eukclu von ihres Ahnherrn Werk, Ein steinern Wappenschild Knndc: Ein Stier, im rasenden Widerstand, Im Munde tragend ein eisern Band, Steht prangend auf rothem Gruude. Das schwarze /raulein von Clces. Eine Knnde aus alter Zeit, erzählt vou Drärler-Manfred. (Fortsetzung.) ! «^33as wollte ich sagen? — Ich schwieg und betete. Der Priester sprach seinen Segen und tauschte die Ninge. Die ^ beiden Väter küßten Lllinden und entfernten sich. Der junge ^ Gemal umarmte sie lange auf das zärtlichste, bis er sie mir endlich übergab. „Margarethe," sprach er zu mir, „fühlt meine Gemalin in ihr Schloss ich vertraue sie euch bis zu ! jenem Augenblicke, wo ich sie zu mir heimbringe, und Hof« ! fcntlich werdet ihr euch nicht mehr widersetzen, daß sie von dem Pilger Vesuche empfange." Da erst erkannte ich in dem Ritter den jungen Pilger, der mir auf der Brücke vorgesungen hatte. Erlinde weinte; allein sie vergoß süße Thra-" nen und konnte sich nicht aus den Armen ihres Gemals reißen. Endlich Nahm sie meine Hand.' «Komm," sprach sie, „ich nM Dir und meinem Frcnndc Peter Alles erzählen. ! Mein Gemal gleicht, wie Dn siehst, meinem Vater wenig." — Wir k^mcn zurück und--------- „Hat sie Dir Alles gesagt?" schrie ich auf. «Wozu diese Geheimnisse, wenn mein Gebieter darein gewilligt? Ach! dahinter steckt gcwisi etwas. Wo hat sie ihn gesehen, wo ! kennen gelernt? Wie ist sein Name, sein Adel?" — Ich «war ganz erdrückt von dieser Nachricht und konnte die Ein« willignng meines Herrn nicht für möglich halten. „Erliude hat mir Alles eröffnet," sagte mein Weib; ! „am Ufer des Stromes war es, wo sie sich zum ersten ! Male sahen, die Grotte war der Ort ihrer Zusammenkünfte. Ich glaubte, das Vad sei es, was sie dort suchte; ach, es ruar ihr Geliebter, der jetzt ihr Gemal. Gr heißt Roland ! von Lucens; das ist alles, was ich weiß, alles, was Erlinde selbst zn sagen wußte." ! «Von Lncens!" rief ich entsetzt aus; Margarethe, man ! hat Dich betrogen, mau hat den Priester hintergaugcn, viel« leicht auch die arme Erlinde selbst. Nie würde mein Ge« ! bictcr eingewilligt haben, einen der Lucens seinen Eidam zu ! nennen; diese sind seine unversöhnlichsten Feinde; tausend Mal hörte ich ihu den Tod dem Herrn auf Lucens schwören. Wo ist Erliude? ich muß zu ihr." „In ihrer Vetstubc," sprach mein Weib. Ich stürzte hin, und doch hatte ich nicht die Kraft, ihr Vorwürfe zu machen In Thränen zerflossen warf sich das arme Kind ^ »146 an meine Brust: „O guter Peter!" rief sie, „liebe meinen Gemal, liebe ihn aus Liebe zu mir, wie Du mich liebst; o, wüßtest Du, wie gut und freundlich er ist, und wie glück« lich er Deine Erliude macht! „Daß Gott es wolle!" entgegnete ich; „aber hat auch 'Ritter Amanri wirtlich eingewilligt? Wer war es, der statt seiner erschien?" „Der Oheim Roland's," sprach sie, die Augen sen« kend, „der Herr auf Lucens.« „Der Herr auf Lucens? Der größte Feind Eures Va-ters! Unglückliche Erlinde, man hat Euch betrogen!" „Mein Gatte ist kein Betrüger!" sagte sie mit einem süßen Lächeln, „er selbst wird Dir Alles aufklären. Mein Vater versprach, mich dem Tapfersten zu verbinden — Roland wird es gewiß sein, ich habe sein Wort, und so bin ich der Einwilligung meines Vaters gewiß." Arme El linde! All ihr Wissen bezog sich nur darauf, daß sie Rolland liebe, und ich erfuhr nichts weiter. Des Abends ließ sich eine wohlklingende Stimme in einem Liede vernehmen. Es war ein Pilger, der eingelassen zu werden verlangte. Er wurde es, zu großem Vergnügen aller Diener, und zu noch größerem Erlindenö. Nachdem er eine lange Zeit gesungen und gespielt, bat er mich um Gastfreundschaft für dicse Nacht. Ich harrte dieses Augenblicks mit Sehn« sucht und führte ihn, trotz seinem Wunsche, sich zu Erlin« den zu verfügen, in meine Stube. Hier verlangte ich, daß er alle meine Nagen beantworte. Sein liebenswürdiges Aeußcrcs hatte mich gewonnen, es verkündete Edelmuth und Treue. „Vei meiner Nitterehre schwöre ich Euch," sprach cr, »Ihr erfahret die Wahrheit von mir." ' Er versicherte mir, daß er wirklich Roland, Neffe des Herrn aufLuccns. des geschwornen Feindes meines Gebieters, und der Sohn eines jüngern Bruders dieses Stammes sei! „Gewiß war es dieser, der meines Herrn Rolle übernahm?" fragte ich, tief in seine blauen Augen sehend. Er schlug sie nieder; nach einer stummen Pause sprach er: „Guter Peter, Eure Erlinde und ich wären beide wohl gestorben, wenn man uns getrennt hätte. Wir mußten uns noch vor Montheuar's Ankunft vereinigen, o^>er nie mehr. Der Priester hätte uns ohne die Einwilligung von Erlindens Vater nie verbunden — wir bedienten uns daher der List. „Könnte ich es auch Eurer Liebe verzeihen — doch wie Euren Eltern?" „Die Liebe ist mächtiger, denn aller Haß," sprach er. „Dem Ritter von Monthcnar so fein sein Kind zu raubeu, war meines Onkels süßeste Rache, und weder er, noch mein Vater zürnte, daß ich die junge Erbin von Monthenar ehelichte." „Und Ihr "wohl auch nicht, Ritter?" „Ach! ich begehrte nichts, als Erlindcn; sie ist mein, nun kümmert es mich nicht, um selchen Preis. Ob sie ihren Vater beerbt oder nicht, ist mir gleich, ich liebe nur . sie um ihrer selbst willen. In demselben Augenblicke, als ich sie mit Euch aus dem Schloßthore kommen sah, schwur ich mir/ sie zu besitzen; sie zu sehen, irrte ich im Pilger-gewande herum. Alles ist mir gelungen, jetzt will ich die Einwilligung ihres Vaters erlangen, wo nicht, sein Kind heimführen und auf ihr Erbe gern verzichten." Er erklärte mir sein ganzes Vorhaben: Er wollte in den Krieg ziehen, sich Monthenar nähern, verbindlich machen, sein Leben retten, wenn sich Gelegenheit böte, und so dahin gelangen, daß ihm dieser zur Vergeltung seine Tochter gebe. Der Jüngling sprach von seiner Liebe und seiner Hoffnung mit solchem Feuer und solcher Veredtsamkcit, daß auch ich Vertrauen faßte und wohl einsah, daß ihm das Fräulein nicht habe widerstehen können. Ich behielt ihn mehrere Tage im Schlosse, unter dem Vorwande, Erlinde lerne die Harfe spielen. Die späte Nacht, da schon alle Diener schliefen, vereinigte ihn mit seiner Gattin, und Erlinde genoß der seligsten Zeit ihres Lebens; ihre Liebe zu ihm war grenzenlos; sie vergoß bittere Thränen, als die Stunde der Trennung schlug, und die einzige Hoffnung, ihn mit dem Schloßherrn rückkehren zu sehen, vermochte sie zu trösten. „Gewiß," sprach sie, „er muß sein Herz gewinnen. Wer könnte zaudern, Roland zu lieben?" Mancher Monat, der ihr ewig lange dauerte verging-Endlich kam mein Herr an; aber, o Himmel! nicht Roland war es, den er mitbrachte — es war der Ritter Naoul von Monthenar, sein Vetter, Herr auf Chillon. Noch nie sab-ich solch einen furchtbaren Maun; Ritter Amauri war im Vergleich mit ihm ein Lamm. Herr Naoul war seit Kur- " zem, nach dem Tode seiner zweiten Gemalin, Witwer, und es ging ein lautes Gerücht, seiue beiden Gattinnen seien au übler Behandlung gestorben; man nannte ihn allgemein den rasenden Raoul, und schon sein Anblick erregte Schrecken. Er hatte die Größe eines Niesen; dichte schwarze Brauen durchkreuzten seine Stirn und verbanden sich mit dem Haupt« haar; sein Bart, auf den er eitel war und den er wachsen ließ, senkte sich bis an den Bauch und stieg vom Kncbel-und Schnurbarte bis zu den Augen. In der Mitte des Gesichtes erhob sich eine lange Habichtnase, darunter lagen dicke Lippen und ungeheuere Zähne; 1o ::?ar er ein wahrhaftes Schrcckbild, obwohl noch nicht schr gealtert. Man rühmte ihn wegen seiner Kraft und Tapferkeit. Erlinde, durch seine Gestalt entsetzt, wagte nicht zu entfliehen, schk-g die Augen zur Erde, ihn nicht zu sehen, »nd blieb weit von ihm weg. „Komm doch näher, mein Kind, sprach der Vater, sieh, wie groß Du geworden, reichst ja Deinem Oheim beinahe an den Bart. Nur näher, mach ihm Deine ehrfurchtsvolle Verbeugung; denn dieser wild Dein Herr und Gebieter, dieser ist es, den ich Dir zum Gemal erkiesen. Dem Himmel sei Dank, daß der Name der Monthcnar's nicht mit mir zu Grabe geht. Wahrlich, die Botschaft: Roland sei nicht mehr, hätte die Arme mit keiner größeren Angst erfüllt; der einzige Ge< 147 danke an die Unauflösbarkeit jenes Bandes gab ihr Kraft. ! Ihr Vater hätte wohl gleich gewünscht, sie mit Raoul ver> > einigen zu können; allein der Umstand, daß der Bräutigam ! in allzu nahem Grade mit ihr verwandt war, machte eS ^ nothwendig, früher die Dispens zn erwirken; dieß ließ uns ' einige Zeit und neue Hoffnung gewinnen, Roland bald zu« rückkebren zu sehen. Es lpar beschlossen, daß ich und meine Margarethe mit ! den Liebenden nach dem Schlosse Luceng flüchten wollten, von wo aus man leichter an FriedcnZverhandlungen denken > konnte; denn wir fühlten feine Lust, uns dem Grimme des ! Vaters und der Wuth des rasenden Naonl auszusetzen. ^ „Du mußt Dich an ihn gewöhnen," sprach mein Herr zu seiner Tochter, „denn Ihr sollt Euer Leben mit einander verbringen; er wird Dich gewiß beglücken, wenn Du ! ihm überall Gehorsam leistest; mußten seine früheren Ge- -lnalinnen leiden, so geschah es, weil sie ihm widerstreben ^ wollten. Erwäge stets, daß der Frauen Los Ergebung — ! daß Dein Onkel ein Monthcnar ist und Du mir den Verlust meiner Söhne ersetzen mußt." — Erlinde erwiederte, ! nichts; ihr Vater glaubte sie zufrieden. Er wünschte, sie bliebe unter ihnen; aber sie hörte die Erzählungen der blutigen Abenteuer nur mit Grauen an und verwünschte ihren Oheim täglich mehr. Aber, Gott! wie ward ihr zu Muthe, als einst Amauri beim Nachtische zu Naoul sprach: „Der ^ größte Gefallen, den Ihr mir, Vetter Naoul, erwiesen, 1 war, daß ihr mir vor dem kleinen Schurken von L.ucens' Ruhe geschafft, der mich ewig wie meiu Schatten verfolgte, ^ mir gegen meinen Willen Dienste erwies und prahlte, sein Leben für meines gewagt zu haben. Wahrlich, ein nettes Bübchen, wenn man unsere Lebensart mit der seinigen ver- ! gliche, ha! ha! Zehn so kleine Rolands, was sind sie ge- ! gen Einen Amauri von Clces? O! — wäre ich damals ^ nicht Frank und verwundet gewesen, ich hätte ihm bewiesen, in welchen üblen Zustand mein Arm sein Leben und seinen gan;en Staunn versetzte. Aber ihr habt ihm tüchtig mitgespielt, wie ich glaube; denn ich habe ihn seit jener Zcit ^ nicht wieder gesehen. ,/Ich zweifle auch, ob er je zurückkehren weröe," sprach ^ Raoul; — aber seht, dieses Mägdlein kann unsere Gefechte ! ^ nicht anhören, ohne sich übel zu befinden; solch Betragen will ich ihr schon abgewöhnen." , ! Die arme El'lindc lag indessen in einer tiefen Ohn- ! macht; ich faßte sie schnell auf und trug sie zn Margarethen. ! Jetzt erkannte mein Weib, sie cntgürtclnd, daß die Unglück- ^ liche nahe daran war, Mutter zu werden. Ach, ein neuer ! Grund zur Verzweiflung! Was war zuthun? Noland, todt ! oder verwundet durch Naoul, konnte uns nicht zu Hilfe eilen. ' Als Erlinde wieder zur Besinnung kam, beschwor sie ! :nich, unbemerkt uach Luccnö zu gchcn und Erkundigungen ! über ihren Gcmal einzuziehen. Ich dachte selbst daran, — ^ allein in derselben Nacht brach eine der, Wunden meines ! Herrn auf, nnd es stand so übel um ihn, daß ich ihn nicht ! verlassen konnte. Er rief seine Tochter zu sich, seiner zu ^ pflegen; allein die Arme rang selbst auf ihrem Vette mit : einem Fieber und konnte ihm daher nicht gehorchen. Kurz ! darauf genas sie, unter dem Beistände meiner Frau, eines ^ herrlichen Mägdleins, so schön wie Vater und Mutter. Frei-' lich hätte Erlindc gewünscht, das Kleinod der Liebe pflegen und nähren zn können, — allein das war unmöglich. Mar« garethe, froh, das Kind den beiden Feinden rauben zu kön« ! nen, trug es Nachts durch das kleine Schloßthor und übergab es einer Muhme zu Clees, unter dem Vorwande, es > gehöre einer Dienerin der Burg, die den Zorn ihres Herrn ! fürchte. Die Sehnsucht, die Kleine wieder zu sehen und i Kimde von ihrem Gatten zu vernehmen, beschleunigte Erlin-dens Erholung. Sie war bereit, mit uns zu entfliehen und nach Lucens zu gchcn, ihrem Vater einen Brief hinterlassend. ^ ,/Ich sehe voraus," sprach sie, es wird eine blutige Fehde - geben, wenn mein Roland noch lebt — und ist er nicht , mehr, so erbarme sich der Himmel meiner uud meines Kindes! ! (Schluß folgt.) Menschliche Lebensdauer. Von Dr. M. Ganstcr. II. Es soll sich rcgcn, schaffend handeln, ! ' Erst sich gestalten, dann verwandeln, i Nur scheinbar steht's Momcute still. Das Ew'gc regt sich fort in Allen: Dcuu Alles muß in Nichts zerfallen, ^ Wenn es ini Sein beharren will. Gölhc. Die Gelehrten nehmen das allgemeine Maß der höchsten menschlichen Lebensdauer bei 199 Jahre an. Noch jetzt ! liest man zeitweilig von Verstorbenen, welche über 199, ja ! bis 129 Jahre alt wurdeu, besonders hört man dieß aus ! Gegenden, wo die Lcbensverhältnisse sehr primitiv sind, z. V. aus Rußland beim Bauernstände und dgl. Doch wird die Zahl 199 selten erreicht, und das letzte Dezennium in der ^ 199jährigen Reihe ist bei uns schon selten. ^ Es mag in den Urzuständen der Meuschheit ein hohes ! Alter wahrscheinlich häufiger gewesen sein, als jetzt; das ! Nomadenleben, die ursprüngliche, noch nicht degenerirte Kraft ! der Organismen, die einfachere Lebensweise, die seichte Ve-i völkerung des Bodens, die strengere, aus den Stammesg» ! wohnheitcn hervorgehende Sittlichkeit, die entsprechenderen ! nthmosphärischen Einflüsse u. s. w. bieten sprechende Anhalts-, punkte, daß iu der Urzeit des Menschenthums die durch« ! schniltliche Lebensdauer eine weitaus Höhcrc war. Bci No-^ madcn soll noch jetzt die Lebensdauer bezüglich ihrer Naye ^ besonders lang sein; so bei den Arabern, Kurden u. s. w. ! Die Bibel spricht dem Methusalem 990 Jahre zu. Diese ! Mgabc widerspricht nicht unserer Annahme, denn die Jahre der ! Alten bestanden bis auf Abraham nur aus drei, später aus ! acht und erst nach Josef aus zwölf Monaten; so sinkt sein ! Alter auf beiläufig 2l)9 Jahre herab, nicht so sehr unsere ! gegenwärtigen Erfahrungen überschreitend, und durch die ^ größere ursprünglichere Kraft der Organisation, so wie durch 148 das naturgemäßere Leben erklärlich. Weiß ja sogar Hum« boldt m diesem Jahrhunderte von einem Peruaner zn erzählen, welcher !43 Jahre alt geworden sein soll. Trotzdem aber, daß einzelne Individuen ein so hohes Alter ! erleben, ist die Durchschnittsdauer dcs menschlichen Lebens jetzt eine bedeutend niedere; sie schwankt zwischen 29 und 40, mehr als die Hälfte aller lebend Geborenen wird 40 Jahre ^ alt, und es erreicht also ein Theil derselben nicht dasDrit- ! theil der normalen Lebensdauer. Und doch scheint es keinem ! Zweifel unterworfen, daß jetzt die durchschnittliche Lcbenö- ! dauer der Menschen in den gegenwärtig zivilisirten Staaten höher, als in den Staaten der vorangegangenen Jahrhunderte, ist. Die Berechnungen von Odicr und Serre« ^ Mallet beweisen für Genf, jene von Schneider für Vern ! das Steigen der wahrscheinlichen Lebensdauer in den letzten ^ 80 Jahren. In den achtziger Jahren dcs verflossenen Jahr- ! Hunderts betrüg die mittlere Lebensdauer in Frankreich etwas ! iiber 26 Jahre, in den Jahren 1826 — 1830 bei 37. In London lcbte man im 17. Jahrhunderte mit derselben Wahr« ^ scheii'lichkcit 2ö bis 30 Jahre, als jetzt 40 bis 43 Jahre. ! In Genf ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein Kind das rei« ! ferc Alter erlebt, in 300 Jahren fünf Mal größer geworden. ! Auch in unserem Vaterlandc zeigt sich in den meisten i Gebieten die mittlere Lebensdauer gestiegen. Dcr in Laibach ^ gewiß noch im besten Andenken stehende Professor Lippich z gibt in seiner medizinischen Topographie Laibachs die mitt« ! lere Lebensdauer allda in den Jahren 1820 bis 1829 auf! nahe 32 an, bemerkt aber, daß diese Zahl zn Ende deö vorigen Iahrhundertes nach allen Andeutungen kleiner gewesen sein müsse. Eine neuere Durchschnittsrechnung steht mir leider nicht zu Gebote. Doch genug der vielen Zahlen; das Steigen der Lebens« dauer ist zweifellos, dagegen drängt sich unmittelbar eine ^ doppelte Frage auf. Nach einer Richtung, im Hinblick auf! die normale Lebensdauer muß es sonderbar erscheinen, daß ! nur eine kleine Zahl dcr Sterblichen sie erreicht, oder in ! dcr Negel sich ihr nur nähert. Andernthcils muß der Fort- ^ schritt zum Bessern in Beziehung auf die Dauer des Lebens ! um so auffälliger sein, und nach seinen Ursachen ueugierigmachen. Wann und warum ist die normale Lebensdauer so scl» ten geworden? Eine Andeutung wurde schon früher gewagt. ! Die wachsende Bevölkerung veranlaßte weiterhin Verhältnisse, ^ welche unter Unkenntnisi der in ihnen ruhenden Schädlich« ! feiten, hemmend, oder mindestens schwächend auf die mensch» ! liche Organisation wirken mußten (schlechte Luft, anstcckcnde Krankheiten, Krieg, Nahrungsmangel u. s. w.) In den i ' hislorizch genauer bekannten ältesten Zeiten hören wir auch nichts mehr von fabelhafter Lebensdauer, und ersehen wir, daß die Lebensdauer im Allgemeinen kaum viel von der jetzigen unterschieden gewesen sein dürfte. Es muß ja uüch hier ein bestimmtes Gcictz walten und die Erscheinungen den wir« ! kendcn Kräften entsprechen, denn des Dichters Wort ist ^ ewig wahr: , Nach ewigen, chrncu Großen Gesetzen, Müssen wir alle Unseres Daseins Kreise vollenden. Das Größeriverden der Lebensdauer liegt aber in der Veranlassung günstigerer Bedingungen, für das Leben, hervorgegangen aus dem Bewußtsein des Nebels, der Schad« lichkeiten. Hier wie überall weist sich die Herrschaft des forschenden Geistes so herrlich. Im Erkennen liegt der Nach, und im Laufe der Zeit auch die That! Langsam durchforschend das weite Gebiet der Natur, hat der Wensch, nachdem er sich von seinen Fantasiegebilden der Bedingungen menschlicher Eristenz losgerissen, und der klaren Anschauung seiner Umgebung in die Arme geworfen hatte, die gegenseitigen Ve« ziehlingcn zwischen seiner Organisation und der Außenwelt erkannt, und erkennt fort und fort immer neue; und mit dieser Erkenntniß ward ihm auch der Alp bewußter, dcr auf seiner Eristenz lastet, der sein Leben um die Hälfte, ja um zwei Driltheile seiner berechtigten Zeit bringt, der ihn da« durch in seiner Entwicklung hemmt, und ihn seinen höchsten Zwecken minder branchbar macht, als er sein sollte. Jahrhunderte schlummerte das Bewußtsein davon im Schooße dcr Menschheit, sich durch geistige Gewalt auch physisch hoher und höher zu erheben, was die alten Vorfahren, die Orie« chen. mit ihrer harmonischen Durchbildung zu erreichen streb» ten, es sank in Vergessenheit, bis die Leuchte des Verstandes von Neuem dieß Feld erhellte, und nun Hoffnung bie« tet, im Laufe kommender Jahrhunderte den Einzel-Menschen nicht bloß geistig, soodern auch physisch innncr höher und reicher zn entwickeln, daß er nicht bloß lange, sondern auch glücklich zu lcben verstehe. (Fortsetzung folgt.) Archäologisches. Aus Alerandria schreibt man dcr „Indöpendance bclge" daß die Arbeiten zu dem ägyptischen Museum bald beginnen sotten. Ein prächtiger Palast aus vergoldetem Olißeisen, im reinsten arabischen Styl, wird in einer der ersten Fabriken Frankreichs angefertigt, um in der Hauptstadt Aegyptens aufgestellt zn werden. Dazu läßt dcr Vlzekönig von etwa 25U0 Menschen Nachgrabungen in den Tempeln und Grabstätten Hochägyptens anstellen, welche neues, Licht über die so dunkle Geschichte der Pharaonen verbreiten werden. Fast kein Tag vergeht, wo nicht unter der gelehrten Leitung Mariette's neue nnd interessante Entdeckungen gemacht, wo nicht viele kostbare, der Vergessenheit anheimgefallene Gegenstände aufgefunden werden, deren Ventz das Glück von manchem Anticpiariuiil machen würde. Noch ganz vor Kurzem faud man nahe bei Theben den unberührten Sarkophag einer Vrin;essin, deren noch vollitäüdig erhaltener Körper mit allen Arten von Schmucksachen buchstäblich bedeckt' war. Darunter bemerkte man zwei Armbänder, wahre Meisterstücke, deren Schloß ein bcwundernngswürdig ziselirter Löwe bildet, ferner mehrere Ketten von Scarabä'en, Ringe von entzückender Originalität, ein Spiegel, eine Art von Messer, und ein prächtiges Halsbands das aus einer sehr großen und starken Kette besteht, auf welcher in kleinen Distanzen Bie« nen von 8 Zentimeter Länge angebracht sind. - Alle diese Gegenstände, den Spiegel mit einbegriffen, dcr allein mehr als 4 Pfund wiegt, sind von Gold und haben schon deßhalb einen hohen Werth, der aber in Hinsicht auf Kunst und Archäologie unschätzbar ist. Druck und Vcrlag von Ign. v. Kleinmayr i55 F. Vamberg in Laibach. — Verantwortlicher Redacteur F. Bämberg.