Ir. XXX der Berichte der Phonogramm-ArcMvs-Kommission der kaiserl. Akademie der Fissenschaften in Wien. Bericht uber phonograpliisclie Aufnahmen epischer, meist moliammedanischer Volkslieder im nordwestliclien Bosnien im Sommer 1912 von Dr. Matthias Murko, ProfG8s Ir. XXX der Berichte der Phonogramm-ArcMvs-Kommissioii der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien. Bericht Ubor phonographisclie Aufnalimen episclier, meist moliammedanischer Volkslieder im nordwestliclien Bosnien im Sommer 1912 von Dr. Matthias Murko, Profossor nn der Universitat in Graz. Vorgelegt in der Sitzung am 12. Marž 1913. Aus dem Anzeigor der philosophisch-historischen Klasse der kais. Akademie der Wissenschaften vem 12. Marž (Jahrgang 1913, Nr. VIII) separat abgedruckt. Wien, 1912. In Kommission bei Alfred Holder k. u. k. Hof- und Universitats-Buchh&ndler Buchhandior der ktii.seilichen Akademie der Wisiienschafteu. 0-1-X -ck#/? Druck von Adolf Holzhausen, k. nnd k. Hof- und Univer«itat«-Riichdnicker in Wien. ?,In den Sommerferien 1912 unternahm ich mit Unter-stiitzung der Balkankommission der kais. Akademie der Wis-scnschaftcn cine Studienroise nach dem nordvvestlichen Bos-nien und den angrenzenden Gebieten von Kroatien und Dalma-tien zur Erforschung der Volksepik der bosnischen Mohammedaner.1 Um moglichst sichere Besultate zu ge-winnen. und mit Riicksicht darauf, dati von philologiscber Seite (Prof. Dr. M. R. v. Rešetar,1 2 Prof. Dr. P. Kretsch-mer3) dic Gebraucbsfiihigkeit des Phonographen fiir lin-guistiscbe Zwecke nicht hoch angeschlagen, dagegen geradc fiir die Aufnahme von Volksliedern stark betont wurde, bat ich durch Vermittlung der Balkankommission das Phono-gramm-Archiv auch um die Boistellung eines Phonographen fiir Bosnien. Dabei leitete mich hauptsachlich der Wunsch, einige epische Lieder ganz nach dem Gesange aufzunehmen, denn unsere Texte beruhen auf Diktaten oder hbchstens auf dem Gesang ganz kleiner Abschnitte, da speziell den Sangern liingerer mohammedanischer epischcr Volkslieder,4 wenig-stens in vielcn Partien, nicht einmal der schnellstc Stenograph folgcn kbnnte. Versuche mit dem im indogermanischen Institut der Grazer Universitiit bei Prof. Dr. R. Meringer be-findlichen Akademiephonographen iiberzeugten mich jedoch gleich, daB dieses Vorhaben undurchfiih-rbar war, denn auf cine Platte kbnnte man hpphstefts 20 bis 30 gesprochene zehn- 1 Der offizielle Ausdruck ist jetzt in Bosnien Moslim, serbokroatisch musliman. 2 II. Bericht Uber den Stand der Arbeiteh der Phonogramm-Archivs-Kom-mission, S. 25. s Ibid., S. 27. 4 Nabereš iiber die Siinger und ihre Lieder vgl. in meinem Bericht an die Balkankommission (Sitzungsberichte der phil.-hist. KI., 173. Band, 3. Abhandlung) und in dem vorbereiteten Werk, das in den ,Schriften der Balkankommission1 veriiffentlicht werdcn soli. silbige Verse bringen. Da aber der Gesang, das Vorspiel und die Begleitung mit einem primitiven Instrumente (Tambura, Tamburica mit 2 Metallsaiten, eventuell und namentlich bei den Cbristen Gusle mit einer oder zwei Saiten aus RoBschweif-haaren) auch Zeit und Itaum erfordern, so wiirde man fiir ein einziges Lied von 1000 Versen schon mindestens 50 Platten verbraucben, in den meisten Fallen aber noch viel mehr, da ja Lieder von mehr als 1000 Versen ganz gewbhnlich sind und sogar die Zahl von 4000 Versen und dariiber erreichen kbnnen. Fiir die Aufnahme eines einzigen Liedes konnten also unter Umstanden alle 350 Platten, wclche das Phono-gramm-Archiv im Jahre fiir alle Expeditionen erzeugen und konservieren kann, nicht geniigen. Ich lieB mich jedoch da-durch nicht abschrecken und beschrankte meine Hoffnungen auf verlaBliches Material beziiglich des Vortrages der Lieder, der Silbenzahl ihrer Verse, des Ithjthmus und seines Ver-hiiltnisses zum Wortakzent, der Dialektmischung und eventuell auch anderer sprachlicher Beobachtungen. Ich arbeitete mit dem Phonographen vom 10. August bis 2. September in Cazin, Bosnisch-Krupa, Bihač, Kulen Vakuf, Bosnisch-Petrovac, Ključ, Sanski Most und Prijedor, doch stammten die Siinger haufig aus der Umgebung, manchmal aus groBer Entfernung, z. B. kam gleich der erste (Pl. 1—3) auf den Ruf des Bezirksamtes Cazin 20 km weit. tlberhaupt hatte ich mich der zuvorkommendsten Unterstiitzung aller Behbrden und bffentlichen Organe, namentlich der Bezirks-iimter, zu erfreuen, so daB ihnen der warmste Dank gebiihrt. Die Unterstiitzung der Behorden und natiirlich auch entsprechende Belohnungen ermoglichten mir Aufnahmen ohne die geringsten Schwierigkeiten. Erfahrungen, wie sie Phonographisten selbst in den vorgeschrittensten Liindern Europas gemacht haben, blieben mir ganz und gar erspart. Als ich den ersten Siinger, Sejdo Mujkič aus Todorovo, um die Erlaubnis bat, seine ,Stimme auffangen' (uhvatiti glas) zu diirfen, antwortete er: ne branim (ich wehre nicht), ganz im Stile eines Grenzers (krajišnik), dessen Heimat durch Jahr-hunderte ein Kriegslager war. Diese Bereitwilligkcit ist um so hbher anzuschlagen, als geradc die Mohammedaner .mit photographischen Aufnahmen nicht immer einverstanden sind. Grofi war das Staunen und die Freude der Siinger, dieser hochbegabten Naturkinder, die sich im Laufe einiger Jahrzehnte an so manchen Fortscbritt gewohnt haben, als sie ihre eigene Stimme gleich nach der Aufnahme horten und erfuhren, daB dieselbe in Wicn noch fiir spatere Zeiten auf-bewahrt werden soli. Ein Sanger (Pl. 21) apostrophierte mich, als ich mit ihm in einen Disput geriet: Znam ja, da si ti pametan. Eto piva to tvoje bez duše kao i ja koji imam dušu (Icb weiB, daB du verniinftig bist. Sieh, dein Ding da singt okne Seele so wie ich, der ich eine Seele habe). Ich bedauere noch heute, daB ich wiihrend des Abhbrens keinen Siinger photographieren konnte, was schon deshalb nicht mog-lich war, weil ich alle Aufnahmen in geschlossenen Raumen,1 wo die Sanger auch gewohnlich singen, und ofters auch in der Nacht machte, um die Zeit nach Mbglichkeit auszuniitzen, hiiufig aber, weil im Ramasan (Fastenmonat) die Sanger von dem strengen Fasten wiihrend des Tages ganz erschopft waren und namentlich gegen Abend nur mit Muhe sangen. Ein bequemer Reisegenosse war aber der Phonograph trotz der schonen StraBen in Bosnien (der ganze Bihačer Kreis ist ohne eine Balin) und trotz seines verhaltnismaBig geringen Gewichtes (73 kg) noch immer nicht; seine Ver-packung in drei Kisten macht den Besitzer ,einem Reisemlen' iihnlich, der manchmal von den Kutschern auch entsprechend behandelt wird; so fuhr mir ein bestellter Fiaker um 6 Uhr in der Friih davon, als er horte, was fiir ein Gepack ihn noch im Bezirksamt erwartet, und ich muBto meino Reise um 2 Stunden verschieben, weil ich nicht gleich 3 Gulden, mehr als ein Drittel des ausbedungenen Preises, daraufzahlen wollte. Viel Zeit und Miihe kostet auch das Aus- und Ein-packcn und die Manipulation mit dem Phonographen, die man nicht leicht anderen Personen iiberlassen kann. Trotz-dem ich also in der Erfiillung meiner eigentlichen Aufgabe hiiufig und viel behindert wurde, bereitete mir mein Reise- 1 Meist in den Beziiksiimtern, die den Apparat gewt!hnlich aufbewalirten, ziveimal in Schulen, einmal in einem Beamtenkasino, einmal im Fest-saal eines Hotels. Hier liat man auch die entsprechenden Tische, Stiihle und andere Hequifdten gleich zur Verfiigung und kann sich neugierige und stOrende Elemente fernhalten. begleiter dennoch groBe Freude, weil er fiir mich und andere wertvolles Studienmaterial verewigte. Ein Musikhistoriker wird den rezitierenden Vortrag der Sanger charakterisieren und -vviirdigen konnen, was mir unmbglieh war, da ich nicht musikalisch bin. Auf den Platten gibt es untriigliche Be-weise, daB die Sanger Vokale und ganze Silben am Versende unterdriicken, anderseits aber auch Silben in Wortern ein-schieben, daB der Ver s iiberhaupt ofters weniger oder mehr als 10 Silben zabit, daB namentlich beim Gesang ein Auftakt sebr haufig ist und schon desbalb die Casur nicht immer nach der vierten Silbe fallt, daB die Betonung von der in der Bede iiblicben haufig abweicht und daB Dialektmisehungen nichts AuBergewbhnliches sind, denn dersclbe Sanger bietet sie so-gar in geringen Bruchstiicken eines Liedes oder sein Diktat weicht in dieser Hinsicht vom Gesange ab. Die wertvollsten Funde verdanke ich aber der Vorschrift des Phonogramm-Archivs, daB jeder Text vor der Aufnahme niedergeschrieben werden soli. Dadurch erfuhr ich, daB sogar derselbe Sanger ganz kleiner Bruchstiicke eines epischen Volksliedes (ungefahr 20 Verse) anders diktiert und nach wenigen Minuten boreits anders singt; ja ich bekam Gelegen-heit, das sogar dreimal zu beobachten, wenn der Text des Siingers auch beim Einiiben in den Trichter verglichen wurde. Ein Sanger (Pl. 31) brachte es zustande, sogar den ersten Vers in jedem der drei Fallc ganz anders zu singen. Das hat bisher wenigstens auf slawischem Boden niemand beobachtet und es wiire auch mir nicht eingefallen, sich den Anfang eines Liedesvon demselben Sanger dreimal nacheinander vortragen zu lassen. Die Abweichungen beschriinken sich nicht auf den Austausch von einzelnen Morton und auf Veranderungen in der Wortstellung, sondern ganze Verse werden ganz anders gefaBt oder ausgelassen (das schreiendste MiBverhaltnis ist auf der Pl. 31, wo 15 diktierte Verse beim Phonographieren nur 8 ergaben, auf Pl. 32 13 gegen 8) oder hinzugefiigt. Um so mehr begreift man dann groBere Auslassungen oder Ein-schiebungen und Zusatze in den Liedern desselben Siingers, noch mehr aber im Munde verschiedener Bhapsoden, die bis zu einem gewissen Grade ein Lied immer wieder von neuem schaffen. Ich kam daher zur Uberzeugung, daB speziell alle unsere epischen Licder, wie sie uns in groBer Zahl ge-druckt vorliegen, in Wirklichkeit nur ein einziges Mal so gesungen, beziehungsweise diktiert worden sind.1 Auf diese Weise wird uuch das auBergewdhnliche Gedaelitnis der Siinger erkliirlick, denn z. B. Salko Vojnikovic allein diktierte im Jahre 1887 (vom 2. Januar bis 17. Februar) in Agram 90 Lieder mit iiber 80.000 Versen,1 2 also fast doppelt so viel, als die ganze Ilias und Odjssee umfassen. Aus dem Ganzon geht aber auch hervor, daB die Forderung, daB der zn Phonograpbierendqwahrend desHineinsprechens in den Apparat von dem friiher genau festgestellten 1 Zu iihnlichen Resultaten ist, wie ich mit Vergniigcn naclitriiglieh be-merke, auf Grund des Studiums der Liedersammlungen der Matica hrvatska (als Herausgeber ibrer Hrvatske narodne pjesme seit dem V. Bande) Dr. Nikola Andric in der Vorrede seiner Izabrane narodne pjesme, II. Ženske (Književna izdanja Društva brvatskih srednjoškolskih profesora, knjiga četvrta), u Zagrebu 1913, gekommen. Er fiihrt aus (S. XIX—XX), daC das Hauptmerkmal der ,Heldenlieder‘ vollstandige Freiheit ist. ,Deshalb liatteu wir weder noeh haben wir irgendein Ileldenlied, welches mit einem anderen desselben Inbaltes im Texte (u rijefiima) und in der poetiseben Form Ubereinstimmen wiirde. Identisch ktinnen nur die ersten Verse sein, feststehende stereotype Pbrasen und die SchluGpointe.' Epische Lieder von derselben Form lindet man ,vveder in versebiedenen Gegenden noeh in dcmselben Dorf, ja nicht einmal boi denselben Sangern, wenn man sie in versebiedenen Zeiten b(irt‘. Das cbarakteristische Beispiel ist die Siingerin Kata Pa-lunko, verehelicbte Murat, auf der Insel Sipan bei Ragusa, welebe die-selben Lieder im Jahre 1870 ihrem Bruder im eakavischen, 1884 aber ihrem Sobne im žtokavischen Dialekte diktierte. ,Ich gehe in dieser Hinsicht sogar so vveit und behaupte, daG nicht einmal derselbe Siinger in derselben Zeit (wenn er das Singen nicht als Gevverbe betreibt) ein Lied ohne verschiedene Veriinderungen vortriigt‘. Meine exakten Versuche lehren, daG nicht einmal diese Einschrankung gilt, denn die meisten meiner Siinger iiben ihre Kunst gewerbsmaGig aus. Ebenso zeigt das Beispiel von Osman Karabegovic, daG nicht einmal der erste Vers feststehend ist. Auf Grund seiner Bcobachtungen konnte daher N. Andrid mit Redit erkliiren, daG von zwei gleichlautenden Texten eines Liedes einer die Vorlage des andern sein muG. Der Bevveis dafiir muG in jedem Einzelfall allerdings mit grOGerer philologiseher Ge-nauigkeit gefilhrt vverden, als das N. Andrid im ,Glas Matice hrvatske' vom Jahre 1908 und 1909 getan hat. 2 Hrvatske narodne pjesne, herausgegeben von der Matica Hrvatska, Bd. III (Zagreb 1898), S. XXII—XXIV. und niedergeschriebenen Wortlaute nicht mehr ab-weichen darf,1 wenigstens bei den epischen Volkssiin-gern ganz und gar undurchfiihrbar ist. Aufier den bereits cbarakterisierten epischen Liedern nahm icb von mohamniedanischen Siingern auch lyrisch-epi-sche auf, bei denen die Melodie in den Vordergrund tritt; diese sind viel kiirzer und werden ebene Lieder (ravna pjesmo oder bloB ravna, pjesma u ravan) genannt, womit ihr langgedehnter Vortrag charakterisiert \verden soli. Zum Ver-gleiche zog icb auch christliche Lieder der betreffenden Orte heran, und zwar in Bihač epische Lieder eines orthodoxen (serbischen) und katholischen (kroatischen) Siingers, ein lyri-sches von einem orthodoxen Sanger in Ključ wegen der Be-gleitung mit einer zweisaitigen Tambura, in Prijedor konnte ich aber iiberhaupt nur mit orthodoxen Siingern Aufnahmen machen, da mohammedanische daselbst und sogar in dem be-nachbarten Kozarac bereits ausgestorben sind und selbst im Ramasan (Fastenmonat) nicht mehr dahin kommen. Da ich auf dieser Reise nur die mohammedanische Volksepik im nordwestlichen Bosnien, den Krajinatypus (Krajina = Grenz-gebiet, ungefiihr der Bihačer Kreis) studieren wollte, so trennte ich mich in Prijedor vom Phonographen, denn Aufnahmen des herzegowinischen Typus der mohammedanischen und christlichen epischen Volkslieder konnte ich nur auf einer besonderen, dem Studium desselben gowidmeten Reise machen. Von den Liedern konnte ich meist nur die Anfange auf-nehmen, wahlte aber hier ofters dasselbe Lied, damit der Vortrag und der Text verschiedener Sanger verglichen werden kbnnen. Die Zahl der auf einer Platte aufnehmbaren Ver se war wegen desVorspiels und der Begleitung mit der Tambura oder den Gusle viel geringer, als ich erwartete. Gleich beim ersten Sanger brachte ich auf die erste Platte nur 5, auf die zweite 9, auf die dritte 8, also im ganzen 22 Verse eines Liedes, dessen bekannter gedruckter TeKt2 985 Verse zahlt. Man wiirde also fiir die Aufnahme dieses Liedes, voraus- 1 XXIII. Mitteilung der Phonogramm-Archivs-Kommission: ,Die indisclie Musik der vedischen und der klassischen Zeit‘, von Dr. Ervvin Felber, S. 2. * Hrvatske nar. pjesme III, S. 227—251. gesetzt, daB es dcr Siinger nicht zerdelmen wiirde, 134 Platten bx-auchen. DaB sich das Verhaltnis nicht viel iindert, zeigt der Umstand, daB ich beim zweiten Siinger auf drei Platten (Nr. 4—6) nur 21 Verse brachte, und zwar in der Reihen-folge 4, 6, 11, was sehr gut den immcr schneller werdenden Vortrag charakterisiert. Die hochste Zahl der Verse eines mohammedanischen Siingers betrug am Anfang eines Liedes 12 bei Tamburabegleitung (Pl. 21) und ebenso zu den Gusle (Pl. 33), bei einem katholischen Sanger, der aber seine Lieder nicht aus der miindlichen Tradition, sondern bereits aus dem Buche geschopft hat, 17 (Pl. 22); von einem ortho-doxen Sanger brachte ich 10 Verse auf die erste Platte (Pl. 35), 17 auf die zweite (Pl. 36), so daB weder bei den mohammedanischen noch bei den christlichen Siingern 20 Verse erreicht wurden. Bei einem lyrisch-epischen Sanger brachte ich auf 2 Platten nur 8 (Pl. 7—8), bei einem auf vier nur 10 Zehnsilber (Pl. 17—20), bei einem dritten jedoch auf zvvei 20 Achtsilber (Pl. 9—10). Leider kann die phonographische Aufnahme auch vom Vortrage eines ganzen Liedes keine richtige Vorstellung geben. Dieser ist durchaus nicht so monoton, wie er auf den ersten Blick erscheint, denn der Sanger iindert oft und sehr stark das Tempo und auch die Stimme, namentlich vor den Pausen, die er ja aus phjsischen Griinden machen muB, und bei Situationsiibergiingen. Solche Pausen und Ubergiinge kann man aber nicht im voraus bestimmen, um rechtzeitig mit dem Phonographieren einzusetzen, iiberdies wiirc eine Niederschrift des Textes nicht einmal beim Abhoren moglich. Anderseits sind die Sanger nicht imstande, irgendeinen be-liebigen Abschnitt auch in Bezug auf den Vortrag so zu wiederholen, wic sie ihn kurz zuvor zum besten gegeben haben, ja man kann ihnen nicht einmal bcibringen, was sie vviederholen sollen. Man kann die Siinger mit einem Werkel vergleichen, das ein Lied zu Ende spielen und von neuem aufgezogon werdcn muB, wenn man irgendeinen Teil noch einmal hbrcn will, nur kommt er hier bei der Wiederholung nicht mehr ganz gleich heraus. Nadi langen Bemiihungen ist es mir einmal gelungen, das Ende eines Absatzes (naoštraj) mit Pause und den tlbergang zum folgenden aufzunehmen (Pl. 21, bloB das Endo Pl. 32), eincn Situationsiibergang obne Pause konnte ich aber mit meinen Aufklarungen und mit Jlilfe der Einheimischen (vgl. Pl. 25) nicht erlangen. Unter solchen Umstiinden wirkt natiirlich aucb der Plattenwechsel sehr storend und ich lieB daher bei Fortsetzungen gewbhnlich den bereits phonographierten Text noch einmal singcn, damit der Siinger mbglicbst in seinem Element bleibe. Ein Sanger geriet bei einer solchen Fortsetzung in Verwirrung (Pl. 34), konnte sich anfangs in seinen Text nicht hineinfinden und sang ihn mit Unterbrechungen, was ich wiikrend meiner ganzen Ecise nur in diesem cinzigcn Falle beobacbtete,1 denn sonst bewunderte ich nicht so sehr das starke Gedachtnis dieser Siinger, sondern vielmehr die Sichcrheit ihrer Uiktion. Bei Aufnahmen gebrauchte ich immer den vergroBerten Papiermachetrichter, damit nach Mdglichkeit auch das be-gleitende Instrument der Sanger zu boren sei. Sonst suclite ich sie mdglichst in ihre gewohnliche Lage zu hringen, daher saBen sie meist auf Stiihlen, Sophas und Banken mit unter-geschlagenen und gekreuzten Beinen oder auch nach unserer Art. Photographische Aufnahmen der Sanger und ihrer Instrumente werden in dem vorbereiteten Werke in den ,Schrif-ten der Balkankommission* veroffentlicht werden. An eigentliche sprachliche Aufnahmen dachte ich nie, da ich ganz andere Ziele verfolgte und Volkslieder bekannt-lich nicht das treueste Bild des Dialekts einer (legend bieten. Eine Ausnahme machte ich nur in einem einzigen Falle, indem ich Siitze bildete, in denen W6rter mit einem guttural gesprochenen l vorkommen. Dieser auf serbokroatischem Sprachgebiete im ]Srordwesten iiberraschende Fund bat eine lehrreiche Vorgeschichte. Als ich im August 1909 von Bihac nach Spahiči fuhr, um den Sanger Bečir Islamovic aus-findig zu machen, kam ich in eine der vielen primitiven Miihlen an der Una (vor Kostel) und intcressierte mich fiir die Termi-nologie derselben. Fiir einen auf einem Miihlsteine hin- und Durch das vicle Znreden von mir und den Anvvescnden, unter dcncn sich der Bezirksvorsteher und der Biirgermeister befanden, konnte und mulite der Sanger, der im Dienste der Gemeinde steht, auch nervils werden. herspringenden Holznagel glaubte ich aus dem Munde eines Mohammedaners kuin zu boren und dachte sofort an cine dia-lektische Aussprache von kon (Pferd) in einer Form, wie sie im Kleinrussischen von kon iiber kuen, kvtn zu kin fiihren, und meinto, ein neues Beispiel fiir die in den slawischcn Sprachcn so zaldreichen Animalisierungen von Gegenstanden gefunden zu haben. Aus dem weiteren Gespracbe mit dem Miiller er-kannte ich aber, daB ich es mit einem ganz gewohnlichen klin (Holznagel) zu tun babe und das l vor dumpfen und wenig-stens urspriinglich hellen Vokalen guttural gesprochen wird, also ungefahr wie l im Polnischen und Russischen, das mir praktisch sehr geliiufig ist. Ich konnte mich jedoch aus Mangel an Zeit mit dem Studium dieses Lautes nicht naher befassen, hatte aber noch einmal in der Habe von Bihac selbst Gelegenheit, den Laut ganz deutlich zu hbren und erfuhr von Mohammedanern, daB man in der Krajina, spcziell am rechten Ufer, das l ,so sclnver' (ovako teško) spreche. Als ich davon an einem Abend in einer groBeren Gesellschaft erziihlte, war der katholische Pfarrer sehr gekrankt, daB ich seiner Pfarre eine ,verdorbene Sprachc‘ zuschreibe, die bisher kein Grammatiker bemerkt habe. Bei der lebhaften Diskussion iiber diese Frage stellte sich heraus, daB den meisten Beamten das Streitobjekt fremd \var oder daB sie sich dariiber keine Meinung bilden konnten. Auch einem Ruthenen, der als Kreisgerichtspriisi-dent doch genug Gelegenheit hatte, das einfache Volk sprechen zu boren, ist dieser Laut, der ihm aus seiner Muttersprache bekannt war, nicht aufgefallen; nur ein polnischer Kreis-ingenieur erkliirte, daB ich unbedingt recht habe, denn l werde ganz deutlich gehbrt. Auch in Zavalje, einem katholischen Orte, der Bihac gegeniiber in der Lika in Kroatien liegt, sagte man mir, daB dort molym fiir molim gesprochen werde. Als ich im vorigen Jahre in Bihac den Pfarrer abermals traf, kam er sofort wieder auf meine Zumutung, daB um Bihac ein ,ver-dorbenes* l gesprochen werde, zuriick, denn diese hatte ihn im Laufe der drei Jahre gar oft beschiiftigt. Infolgedessen ach-tete ich mehr auf die Aussprache dieses Lautes bei den San-gern, mit welchen ich mich beschiiftigte, und horto ihn be-sonders deutlich bei dem Mohammedaner Muharem Hošič aus Bihac (Pl. 13 und IG). Um allen Zweifeln vorzubeugen, cntschloB ich mieh, von ihm eine Sprachprobe mit Siitzen, in denen l vorkommt, aufzunehmen (Pl. 15), damit sich Laut-phjsiologen von der Riclitigkcit meinor Beobachtung iiber-zeugen und die Natur dieses Lautes, soweit das nacb dem Gehor moglicb ist, niiher bestimmen konnen. Auf dem Wege von Ripač nacb Lipa horte icb ihn noch aus dem Munde einer (wohl orthodoxen) Christin. In Banjaluka erklarte mir dann der Professor der serbokroatischen Sprache am Realgymna-sium, Nikola Simič, daB er den Laut, der ,starker sei als im Polnischen‘, auch im Gjmnasiiim in Mostar aus dem Munde der mohammedanischen und katholischen Schiller nbrdlich der Narenta oft gehbrt babe, so daB wir es also mit einer von Mostar bis in die Krajina reichenden Lauteigentumlichkeit zu tun haben, die im Zusammenkange niiher studiert werden muB. Ahnliche Erscheinungen wurden bisher im Dialekte der Mohammedaner von Antivari und Podgorica, im oberen Drinatal in Serbien und in Siidungarn bemerkt.1 Im ganzen machte ich 46 Aufnahmen von 20 Siingern, darunter 5 christlichen. Die Lieder aller Siinger beruhen natiirlich nur auf miindlicher Tradition, wenn nicht aus-driicklich das Gegenteil bemerkt ist. Gegen das Ende sind einige Aufnahmen technisch nicht gelungen, so daB zum Stu-dium nur Wachsplatten, \velche nicht oft verwendet werden konnen, iibrig bleiben, weil sie von einer galvanoplastischen Bearbeitung ausgeschlossen werden muBten. Dadurch geht jedoch nichts Wesentliches verloren, weil es sich um Bruch-stiicke von Liedern handelt, die auf anderen Platten gelungen sind oder gar nicht in das Programm gehbren, wie namentlich die Aufnahmen des letzten Sangers. In der folgenden Beschreibung der Platten sind • die Sanger Mohammedaner und das Begleitinstrument die Tam-bura oder Tamburica mit zwei Metallsaiten, wenn nicht aus-driicklich das Gegenteil bemerkt ist. Der Dialekt des Ge-bietes ist što-kavisch (nach dem Fragepronomen što = was), auf dem die serbokroatische Schriftsprache beruht, und zwar in der i-kavischen Abart (i = ije, je der siidwestlichen Dia- Vgl. M. RoSotar, Der štokavische Dialekt, 12G; O. Brodi, Slavvische Phonetik, 99. lekte fiir altes e [nach Miklosich e], je nachdem es lang oder kurz war), wie sie im nordwestlichen Bosnien von den Mo-hammedanern und Katholiken1 in der gewohnliclien Eede rein gesprochen wird, wahrend sich die Orthodoxen (als spatere Einwanderer) und jetzt natiirlich immer mehr auck die Intelligenz der je-kavischen Mundart bedienen. Pl. 1—3. Aufgenommen in Cazin von Sejdo Mu jkic, Kaffee-sieder in Todorovo, gebiirtig aus Peči-Šabici, im Be-zirke Cazin, enthiilt den Anfang des epischen Liedes (Vers 1—22): Gjulic bajraktar (der Fahnentrager) ent-fiihrt Jela Konjevic. Gedruckt in den ,IIrvatske narodne pjesme‘, herausgegeben von der Matica hrvatska unter der Redaktion von Dr. Luka Marjanovič, Bd. ITI (Zagreb 1898), S. 227ff. Niedergescbrieben und mit dem Gesang verglichen von Nikola Ladič, polit. Adjunkt des Bezirksamtes in Cazin, unter Kontrolle des absolvierten Rechtshorers Osmanbeg Kulenovič. Vgl. Pl. 13. Der Phonographist achtete hier und in den fol-genden Fallen, wenn nicht ausdriicklicb das Gegenteil bemerkt wird, auf den Apparat und konnte sich daher nicht konsequent an dem Vergleichen beim Abhoren be-teiligen. Im Phonogrammbuch wurden die Texte vom Phonographisten niedergescbrieben (die Konzepte blie-ben bei ihm) und die Abweichungen des gesungenen Textes vom diktierten mit Botstift hervorgehoben. Pl. 4—6 in Cazin von Ahmo Samardžič, Feldarbeiter (war auch Handler) aus Mutnik im Bezirke Cazin. Anfang des Liedes (Vers 1—21): Heirat der beiden Cejvanagič. Gedruckt ebendaselbst, Bd. III, S. 192 ff., niedergeschrie-ben und verglichen wie Pl. 1—3. Vgl. Pl. 23, 26, 27, 28. Pl. 7—8 in Bosnisch-Krupa von Suljo Bamič, Musikant und Arbeiter, bosnischcr Zigeuner aus Otoka, Bezirk Bosnisch-Krupa, gebiirtig aus Prijedor. Anfang (Vers 1 bis 8) des Ijrisch-epischen Liedes (ravna pjesma) in zehnsilbigen Versen: Fine Vila warnt den Wesir von Mostar vor dem Feinde Čengič Smailaga, gesungen zum 1 Vgl. M. Reseiar, Der stokavische Dialekt. Schriften der Balkankom-mission, linguistische Abteilung, Ileft IV, S. 60ff. Saz (Tambura mit (i Saitcn), nicdergesehriebcn und mit dem Gesang verglichen von Gjoko Bogojevič, polit. Adjunkt des Bezirksamtes Bosnisch-Krupa. Pl. 8 ist zerbrochen angekommen. Pl. 9—10 in Bosnisch-Krupa von Ale Kadič, Barbier und Kaufmann daselbst. Anfang (Vers 1—20) des Ijrisch-epischen ,Liedes vom Imzibeg' in acbtsilbigen Ver sen, gesungen zur Violine (friiher sang man solche Lieder zum Saz), niedergesclirieben und verglichen wie Pl. 7—8. In Banjaluka sak ich spiiter schon eine Grammophon-platto des Liedes von der Firma Grammophone Concert Kecord Nr. 20.043, aufgenommen nach dem Gesang und dem Spiel ,der bosnisch-herzegowinischen nationalen Musik und des Sangerchors (bosansko-hercegovačko narodna glazba i pjevački zbor) von Beča Arapovic in Sarajevo', der aber nur den Namen zur Reklame ge-geben haben soli, wahrend ,die Stimme von einem an-deren' sei. Pl. 11 in Bihac von Niko Gjerič (Heric), serbisch-ortho-doxen blinden Sanger (Guslar) aus Pritoka im Bezirke Bihač. Anfang des epischen Liedes: Die Briider Jakšic versucben ihre Frauen, gesungen zur Begleitung ein-saitiger Gusle. Gedruckt zum ersten Male von Mat. Relkovič im ,Satir' in der II. Ausgabe u Osiku (Esseg) 1779, III. 1822 u. b. (s. Djela Mat. Ant. Belkoviča, izdao Martin Senekovič, u Vinkovcih, 1875, S. 375—377) und nach ib m (das lehrten mich die Phonogramm-aufnabmen!) von Vuk Stef. Karadžič in den ,Srpske narodne pjesme', Belgrader Ausgabe, Bd. II, S. 624ff., trotzdem der beriihmte Herausgeber der serbischenVolks-lieder behauptet, das Lied aus dem Munde eines Sangers aus Serbien aufgezeicbnet zu haben.1 Der Sanger bc- * II. 1 Die Vorredo des Dr. Nikola Andrič zu seinen Izabrane narodne pjesme II. Ženske (s. oben S. 62—63) brachte mich darauf, daB dieser Kenner des serbokroatischen Volksliedes das Gleicho bereits im Glas Matice brvatske III (1908), S. 148, 164 Anm. 1 bemerkt bat, als er daselbst und im Jahrg. IV (1909) zu zeigen suchte, daB Vuk Stcf. Karadžič die Lieder Zidanje Skadra, Smrt majke Jugoviča, Bog nikomu dužan ne ostaje mittelbar oder unmittelbar aus der jetzt im Besitz der Matica gann beim Phonographieren beim 5. Vers, den Anfang, den er zur Probe gesungen hatte, wiederholte er nicht, auf der Platte sind 11 Verse. Dialekt je-kavisch. Der Text (Vers 1—20) wurdo nacb dem Diktat niederge-schrieben von Ivan Tominac, Kreisschulinspektor in Bihač. Pl. 12. Derselbe Siinger muBtc das Lied wiederholen. Die Zahl der Verse konnte nachtraglich nicht festgestellt werden. Pl. 13 in Bihac von Muharem Hošic, Arbeiter und Kutscher bei einem Beg in Bihac, gebiirtig ebendort. Anfang des Liedes (Vers 1—9): Grjulic bajraktar entfiihrt Jela Kon-jevič, wie auf Pl. 1—2. Niedergeschrieben und ver-glicken von Ivan Tominac, Kreisschulinspektor in Bihač. Pl. 14 in Bihač von Redžo Muhamedhodžič, blinder Siinger (eine Seltenheit unter den Mohammedanern) aus Bihač. Anfang eines Liedes (Vers 1—51/2) iiber Zlatka, Tochter des Gazi Osmanbeg in Kaniža. Niedergeschrieben und verglichen wie Pl. 13. Pl. 15 in Bihač: Sprachproben iiber die Aussprache des guttu-ralen l von Muharem Hošič (s. Pl. 13). Die ihm stili vorgesprochenen und von ihm laut wiederholten Siitze \vurden zusammengestellt vom Phonographisten und er-giinzt von Ivan Tominac (s. Pl. 13). Pl. IG von demselben der Anfang des Liedes: Bosnič No-vljanin riicht seinen Onkel und Bundesbruder. Gedruckt in den ,Hrvatske narodne pjesme< der Matica hrvatska, Bd. III, S. 5291L Nach dem vierten Verse konnte der gesungene Text mit dem diktierten nicht mehr ver- hrvatska befindlichen Liedersammlung des Ante Fr. Alačevic, der schon am Ende des 18. und am Anfange des 19. Jahrhunderts auf diesem Ge-biet im Kilstenland von Makarska in Dalmatien (s. daselbst lil. 97, 134—135) tiitig war, gescbOpft babe. Der Bevveis fUr Smrt majke Jugoviča scheint mir crbracht zn sein, im iibrigen bedarf aber die prinzipiell wichtige Frage einer Revision mit streng philologischen Berveismitteln in einem Facborgan. Polemiken in literarischen Bliittern fiihren niebt zum Zicl. Vgl. meinen Bericht an die Balkankommission in den ,Sitzungs-berichten*, 173. Bd., 3. Abhandlung. glichen werden, weil dor Sanger zu stark abwicli. Nie-dergeschrieben und verglicben wie Pl. 13. Pl. 17—20 in Bikac von Suljo Tulič, Arbeiter aus Bihač. Anfang des Ijrisch-episcken {ravna pjesma), zu ein-saitigen Gusle gesungenen Volksliedes in Zehnsilbern (Vers 1—10): Wirtin und Geliebte (beginnt: Pice piju age sarajlije, U Saraj’vu krajem željeznice). Nieder-gescbrieben wie Pl. 13. Pl. 21 in Bihac von Huse Selimovic Kiševič, Sattler und Arbeiter aus Bakšaiš bei Bihač. Anfang des Liedes (Vers 1—12): Heirat des Hrnjica Halil aus Kladuša mit Zlata des Gazi Omerbeg, vgl. in den ,Hrvatske narodne pjesme‘ der Matica hrvatska, Bd. IV, S. 3G7. Niedergeschrieben wie Pl. 13. Pl. 22 in Bihač von Franje Jankovič, katholischem (kroati-schem) Bauer aus Žegar bei Bihač. Anfang des zu ein-saitigen Gusle gesungenen epischen Volksliedes (Vers 1 bis 17): Heirat und Zweikampf des Niko Gjulkovič. Gedruckt in der ,Narodne pjesme po Bosni*, herausge-geben von Fr. J. Jukič und G. Martič, II. Aufl., S. 1G3. Der Sanger brachte dieses Buch, aus dem er die meisten seiner Lieder bat, gleich mit, da er schon von meincr Beschaftigung gehort hatte; ich konnte also sofort kon-statieren, dafi auch er von seiner Quelle abwich, auch im Dialekt, indem er i-kavisch sang (bis auf besjedila im Vers 13). Niedergeschrieben wie Pl. 13. Pl. 23 in Kulen Vakuf von Jakup Hukič, einem halbblinden Volkssiinger und Kramer aus Orašac. Anfang des Liedes (Vers 1—7): Hochzeit der beiden Oejvanaga. Gedruckt in den ,Hrvatske narodne pjesme* der Matica hrvatska, Bd. III, S. 192, wie Pl. 4. Niedergeschrieben und ver-glichen von Ljubomir Dragojevič, Lehrer in Kulen V akuf. Pl. 24 von demselben SchluB des ersten Absatzes (naoštraj) desselben Liedes und der Bbergang zum folgenden. Niedergeschrieben und verglichen wie Pl. 23. Pl. 25 von demselben eine Stelle aus dem weiteren Vortrage desselben Liedes. Gewiinscht wurde ein durch Stimme und Begleitung sich unterscheidender Ubergang ohne Pause (vgl. 24), doch konnte das dem Siinger nicht bei-gebracht werden. Der Text wird erst festgestellt werden miissen. Pl. 26 von demselben eine Rezitation okne Tamburabegleitung des Anfanges desselben Liedes olme eine Vorbereitung. Der Siinger hielt das iibliche Tempo ein, trotzdem er er-mahnt wurde, langsamer und lauter zu sprechen, doch mufi dieWiedergabe sehr gut genannt werden. EinVer-gleichen des Textes wiihrend des Vortrages war unmbg-lich. Vgl. Pl. 4. Pl. 27 in Bosnisch-Petrovac von Pašabeg Kulenovic Hadži-kadibegovič, Gutsbesitzer daselbst. Anfang desselben Liedes (Vers 1—6). Begs als Siinger waren bisber un-bekannt. Der Siinger bediente sich keines Instruments, schlug aber den Takt mit seinem Stock. Niedergeschrie-ben und verglichen von Ibrahim Effendi Goric, Schul-leiter in Bosnisch-Petrovac. Vgl. Pl. 4. Pl. 28 von demselben eine Wiederholung desselben Liedes. Vgl. Pl. 27. Pl. 29 in Ključ von Jefto Guslov, orthodoxer (serbischer) Arbeiter aus Donje Batkovo bei Ključ. Ein Ijrisches Volkslied, das nur deshalb aufgenommen wurde, weil es wie die epischen Lieder der Mohammedaner zu einer z\veisaitigen Tambura gesungen wird. Dialekt je-ka-visch. Der Siinger war unbedeutend und hatte eine schwache Stimme; dem entsprechend fiel auch die Auf-nahme aus, weshalb die Platte von der galvanoplasti-schen Bearbeitung ausgeschlossen wurde. Pl. 30 in Ključ von Omer Pehadžič, Feldarbeiter aus Vele-čevo bei Ključ. Anfang eines Liedes iiber Mustajbeg lički. Der Siinger sang zu einsaitigen Gusle, was sich daraus erkliirt, daB er sich nach der Okkupation vier Jahre in Jajce aufhielt. Niedergeschrieben und verglichen von Josip Žeravica, Diurnist des Bezirksamtes Kij uč. Pl. 31 in Sanski Most von Osman Karabegovič, Feldarbeiter und Hafner aus Don ji Kamengrad. Anfang des Liedes ,Pavišič Luka und Ha jser generak (Vers 1—8). Ge-druckt in den ,Hrvatske narodne pjesme' der Matica hr- vatska, IV, S. 555 ff. Das Musikinstrument mit zwei Metallsaiten wurde mir Saz (vgl. Pl. 7—8) genannt. Niedergeschrieben und verglichen von Demeter v. Ivanovič, Steueramtsoffizial in Sanski Most. Pl. 32. Versuch, demselben Sanger das Ende des ersten Ab-satzes mit Pause im vorangehenden Lied abzugewinnen. Wie Pl. 31. Vgl. Pl. 24. Pl. 33 in Sanski Most von Smajo Mašič, stadtischer Aus-rufer und Abdecker daselbst, mohammedaniscker Zi-geuner, gebiirtig aus Varcar Vakuf. Anfang des Liedes ,Hochzeit des Blaževic OrneP (Vers 1—12). Der Sanger sang zu einsaitigen Gusle in einem i- und je-kavischen Mischdialekt, was sich alles durch seine Herkunft aus Varcar Vakuf, seine Stellung und viele Keisen erkliirt. Niedergeschrieben und verglichen wie Pl. 31. Pl. 34. Fortsetzung desselbon Liedes (Vers 13—22), wobei sich der Sanger in den Anfang nicht hineinfinden konnte und mit Unterbrechungen sang. Pl. 35—36 in Prijedor von Luka Bilbija, Feldarbeit^r aus Prijedor, gebiirtig aus Basavci, Bezirk Sanski Most, wo er sich aber nur bis zum vollendeten 5. Jahre auf-hielt. Anfang des Liedes (Vers 1—9, 10—26): Marko Kraljevič und sein Bruder Andreas (Marko Kraljevič i brat Jandrijaš). Gesungen zu Gusle mit einer Saite, Dialekt je-kavisch. Niedergeschrieben und verglichen von Gjuro Popovič, Schulleiter in Prijedor. Pl. 37—39 in Prijedor von Mičo Vukadinovič, orthodoxer (serbischer) Friseur und Hausbesitzer, vor zehn Jahren aber noch wandernder Sanger, aus Prijedor. Anfang des epischen Liedes: Tod der Mutter der Jugoviči (Smrt majke Jugoviča). Gedruckt von Vuk Stef. Karadžič, ,Srpske narodne pjesme4, Belgrader Ausgabe, II, S. 2941T. Gesungen ,herzegowinisch£ (po hercegovačku) zu Gusle mit einer Saite. Dialekt je-kavisch. Da der Sanger seine Kunst nicht mehr ausiibt, sah er den Text friiher zu Hause ein, lieB sich aber trotzdem auch Abweichungen zuschulden kommen. Niedergeschrieben und verglichen von Gjuro Popovič, Schulleiter in Prijedor unter Kon-trolle von Anton Daffner, polit. Adjunkt des Bezirks- amtes Prijedor. Von der galvanoplastischenVerarbeitung ausgesckieden. Pl. 40—41 von demselben der Anfang desselben Liedes ,biiue-risch' (po seljačku), d. h. wie im Bezirke Prijedor gesungen wird. Pl. 40 wurde von der galvanoplastiscben Verarbeitung ausgeschlossen. Pl. 42 von demselben der Anfang des Liedes: Beginn des Aufstandes gegen die Dahi j en (Početak bune na dabije). Gedruckt ebendaselbst, Bd. IV, S. 117 (hier: protiv dahi j a), gesungen ,herzegowinisch‘ (po hercegovačku). Niedergeschrieben und vergliehen wie Pl. 37ff. Aus-geschieden. Pl. 43 in Prijedor von Jovo OstojicVidic, ortkodoxer (ser-bischer) Viehhandler aus Prijedor. Die ersten zwei Strophen des Ijrischen Volksliedes: Kleine Amša ging spazieren (Pošetala pembe Amša), das trotz seiner mosli-mischen Herkunft allgemein gesungen wird. Gesungen einstimmig (iiblich auch zweistimmig) ohne Begleitung eines Instrumentes. Der Sanger bat sogar zwei Gym-nasialklassen in Belgrad absolviert. Den Text schrieb er sich friiher nieder, so daB er beim Herunterlesen nichts anderte bis auf svo to blago in Vers 6 fiir sve. Ausgeschieden. Pl. 44—45 von demselben die ersten zwei Strophen des mosli-mischen lyrischen Liedes: Verfall des Vermdgens des Mujo Hadžagin (Propast imanja Muje Hadžagina). Melodie und Text waren beim Abhdren unverstiindlich. Ausgeschieden. Pl. 46 von demselben der Anfang desselben Liedes, gesungen ohne Musikbegleitung, doch gewbhnlich wird dazu ver-wendct eine 5—6saitige Tambura, hier šargija genannt. Niedergeschrieben und vergliehen von Gjuro Popovič, Schulleiter in Prijedor.4' Domoznanski oddelek MURKO M. Bericht 59184 398.8(497.4=163.43)(041) 5326399 j j> TJ £ COBISS o KNJIŽNICA IVANA