Bert 6 und 7. Juni-Juli 1916. XIX. Jahrgang. i uwim wwimj «wwwwwtrih: Kafbolifctie missions-Zeltfdirlll der Söhne des heiligsten Berzens Jeiu. - Organ des [Hanen--Vereines für Afrika, ==r—- Der Heilige Vater Papst PiuS X. hat der Redaktion, den Abonnenten aAS Wohltürern den apostolischen Segen erteilt. Mit Empfehlung vieler hochwürdigster Bischöfe. Erscheint monatlich einmal und kostet jährlich mit Post 2 K — 2 Mt. — 8 Franken Redaktion und Administration: IBiffionshaus ITUHand bei Brixen, tlroL Nachrichten aus unserer Mission 121. - Des Heilands Herz und der Heidenmissionär 122. — Religiöse Vorstellungen und Gebräuche bei den Eingeborenen der südlichen Nachbnrsckiaft von Dar-es--Salaam 124. — Ein christlich Heldenherz 129. — Meine Schule 135. — Schicksal einer verlassenen Frau in Afrika 138. — Das Salz bei den Negern 140. — Die äußere Erscheinung des Wanyamwezi 110. — Barua 144. — Wie heiraten die Tibetaner? 147. — Quonie, das. alte Küchlein 149. — Räuberssohn und Räuberstochter 153. — Piega soll von ihrer Mutter verkauft werden 1S7. — „Zwei Bräute aus einmal" 160. — Die Söhne des Mondes 162. — Nachrichten des „Th. M. B. SD." 166. Abbildungen: Kaffernkindsmädchen 127. - Eine katholische Negerfamilie in BelgischKongo 143. — Aussätzige in Mandalay (Hinterindien! 159. ßebefserfiörungen und -empieMungezi: Ein treuer Abnehmer unserer Zeitschrift schreibt: „Meine Frau wurde von schwerer Lungenentzündung befallen, welche ihr Leben ob ihrer nicht zu starken Natur in äußerste Gefahr brachte. Das Gebet zum heiligsten Herzen Jesu, zum heiligen Josef, heiligen Antonius, heiligen Judas Thaddäus und besonders and) zu den armen Seelen wurde auffallend erhört. Nach Empfang der heiligen Sterbesakramente trat Wendung zum Besseren ein und erfolgte rasche Genesung. Tausendfachen Dank dem Herzen Jesu und den heiligen Fürbittern. Veröffentlichung war versprochen". Ein besonderer Freund unseres Hauses empfiehlt nachstehende zwe- Anliegen dem Gebete aller Leser: 1. Wiederkehrende Gesundheit, schwere Heimsuchungen Gottes und ein langjähriges Anliegen mit baldiger gottgefälliger Aenderung. 2. Eine unglückliche Ehe. Dem Memento werden empfohlen: Hochw. Herr Markosck, Marburg; Frau Th. StiUuer, Miesbach; Hochw. H. I. Bullinger, Pfarrer, Postmünster; Frau Marianna Schicht!, Brixen. 9 6abenverzeidmis (bis 1« Suni 1916), In Kronen. Gpserstock: Abtei, K. O. 12—; Aumühl, F. N. 2'—; Bozen, F. R. 4'—; Brixen, F. O. 10-30, Ung. 50-—; Eberstallzell, G. 12-—; Gramais, Pft. K. 20-—; Gries, R. L. 2-—; Hochkretscham, F. M. 82-80; Innsbruck, M. G. 4-—; Klausen, fingen. 36 -: Mielk, F. K. 1-; Müffchen, E. K. 5-52, C. E. 1-38; Niedernsill, Pftt. 4'- ; Reiffenberg, M. H. 6-90; Ruprechtshofeil, Bfzt. S. 30-—; Rüstors, T. Z. 8'—; Schvrfling, M. H. 1 —: Schwabmünchen, M. S. 27-60; St. Florian, Th. M. V. 10-—; Sankt Valentin, F. St. 140 —, Pft. S: 50 — ; Thüringen, W. S. 25'—; Unterbruck, I. H. 15-—; A.-Langersdorf, W. B. 1'-: Westendorf, I. S. 13-60. . Mr heilige Messen: Äsers, Ung. 12-—; Ettlingenweier, I. K. 17-13; Eggenberg, Sch.-Schw. 12 —, 8'—; Hochkretscham, F. M. 5-52; Kesseling, Th. S. 103'öOf Klägenfurt, I. O. 49-10; Lienz, B. T. 4-—; Nied.-Heimbach, H. W. 30' ; Prambachkirchen, I. H. 20--; Rüstors, Th. Z. 20-—, Th. Sch. 12- : Rech, M. W. 8-28; Roben, F. K. 4-28; Sailauf, Pfr. R. 16-56; Telfs, M. G. 3'-; Loblach, S. B. 7-50; Unterbruck, I. H. 15'-; Villnvß, Pfrt. 100'-; Wieil, M. E. v. A. 4 -. Zur Taufe von yeidenkindern: Burgfrieden, B. Th. 26-- (Alois, Anton); Hohenems, M. P. 23-— (Barbara); Pfunders, A. U. 30'— (Alois); Saiiarlft Erstkommunikanten, 52-44; Schwanenstadt, Pft. 60-— (Josef, Job. E., Johanna); Sierning, Bar. V. S. 20-— (Valentin). Dient vornehmlich der Unterstützung und Ausbreitung der Ulissionstätigkeit der Söhne des heiligsten Berzens Jesu und sucht Verständnis und werktätige hiebe des IBissionswerkes in Wort und Schrift zu fördern. Das Arbeitsfeld dieser Missionare ist der Sudan (ZenfraUAfrika.) Der „Stern der fleger" erscheint monatlich und wird vom Missionshaus Milland bei Brixen (Südtirol) herausgegeben. Abonnementspreis ganzjährig mit Posfversendung 2 K - 2 ITlk. — 3 Frc. Der Heilige Vater Papst Pius X. hat der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den apostolischen Segen erteilt. Für die Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Hiessen gelesen. Mit Empfehlung der hochwürdigsten Oberhirten von Brixen, Brünn, Qeifmeri($ Liinz, Olmüfj, Marburg, ürienf, Triest und Wien. Heft 6 und 7. Juni-Juli 1016. XIX. Jahrgang. nadiridifen aus Vor kurzem erhielten Win aus Afrika bie sichere Kunde, daß sich die Lage unserer Mission da selbst verschlimmert hat. Bereits im Feber 1915 Wurden zwei unserer Missionäre, ein Pater und ein Bruder von Assuan ausgewiesen und in der Hafen-festung Ras-el-Tin gebracht: doch gelang es ihnen, frei zu und nach Öster- reich zu entkommen. Nunmehr erfahren wir aber durch den hochw. P. Angerer I1'. 8. C., daß er und mit ihm noch eine große Anzahl unserer Missionäre gleichfalls eingezogen und in der oben genannten Festung interniert wurden. Es sind die hochw. Patres Grazzolara, Hofmayr, Kauczor, Kohlten-, Lehr, Mohn, Slang und Die Brüder Huber, Kronsteiner, Maccani und Pauschek, während der hochw. P. Giacomelli und der hochw. P. Titz nach Spanien ausgewiesen wurden. Der hochwür- unferer Million. digste Apost. Vikar, Bischof Geyer sowie seine bei ihm weilenden Missionäre befinden sich in Khartum in „nobler" Gefangenschaft. Die beiden Stationen Tongo (Attigo) unter den S-chilluk und Dilling unter den Nubanegern wurden geschlossen, Lul wird durch italienische Missionäre versehen. „Mr sind", schreibt der obengenannte Pater, „teils in Zelten, teils in Kammern untergebracht; doch erfreuen wir uns der besten Gesundheit und sind guter Laune. Da wir einen kleinen Tragaltar bei uns haben, können wir täglich die hl. Messe lesen .. . Priester mtb Heiden, Christen und Juden, Millionäre und Arbeiter, Ordensleute, Offiziere und Matrosen, ein Konsul usw., kurz Vertreter aller Sprachen und Nationen sind hier zusammengewürfelt . . ." Des Beilands Berz und der BeidenmiHionär. Es war itmniitel&ax vor der Himmelfahrt des -Herrn; alle, welche den Heiland noch ein letztes Mal fehlen wollten, waren gekommen, Apostel und Jünger; sie alle wollten noch ein letztes Wort aus seinem heiligsten Munde vernehmen, bevor er vou ihnen schied. Und er sprach d-as Wort; -ent Wort, das unauslöschlich in ihren Herzen eingegraben blieb, ein Wort, das den innigsten Wunsch seines Herzens zur Erfüllung bringen sollte. — Schon früher hatte er erklärt: „Ich habe auch- noch andere Schafe, die noch nicht in meinem Schafftalle sind, und auch sie müssen in denselben gebracht werden"; damit nun daraus kein Mißverständnis entstehe, erklärt er jetzt direkt, daß diese -Schlafe nicht nur unter den Juden, sondern auchl unter den Heiden zu suchen wären: „Gch-et hin," spricht er, „gehet hin in alle BW und lehret alle Völker!" Nicht nur zu den Julden, wie damals, als er sie ausgeschickt hatte, den Weg vor ihm zu bereiten durch- Samjaria und Galiläa, nein, in die ganze Welt sollen sie gehen, und überall seine heilige Lehre verkün-den! Und die Apostel sind hinausgezogen in die weite, -gottentsremdete Welt, hinaus auf den unabsehbaren Kampfplatz, und find allen alles geworden, uM alle für Christus zu gewinnen: voll der Kraft des Allerhöchsten und unerschrocken sehen wir sie hintreten vor die Könige und Machthaber dieser Erde. Zwar werden sie von ungerechten Richtern verurteilt, und müssen sie Hunger und Durft unlb Leiden aller Art erdulden, während Verleumdung, Hohn und Spott ihnen auf Schritt und Tritt folgen, wie der Schatten dem Wanderer. Doch- die Gewässer vieler Trübsale vermögen ihre Liebe nicht auszulöschen. Stärker als der Tod, überwindet sie alles und 'sv fjchen wir sie nach- harter Arbeit und- Mühe !freNdi-g und -gern des qualvollsten Todes sterben. Diese ersten Heidenmifsionäre find nicht -allein geblieben. Tausend- imiö abertausend haben sich im Laufe der Zeit ihnen angeschlossen, haben gekämpft und- gelitten, gearbeitet und sich- -abgemüht und find nicht zurückgeschreckt vor den Anstrengungen ihres schweren Berufes. Schau nur hin, wie sie freudig und opferwillig fortziehen aus der -liebgew-ordenen Heimat, wie sie sich -losreißen vo-n Eltern und -Geschwistern, tote sie großmütig verzichten auf alle Genüsse des Lebens und- hinausziehen in 'Die unbekannte Fremde, hinaus in den harten, mühsamen Kampf; freilich, es kostet sie Opfer, — schwere Opfer. Frage sie nur, was sie empfinden, wenn sie d-as Herzeleid der zärtlich- liebenden Mutter oder die Tränen des alten Vaters sehen, frage sie, ob da i-hr -Herz nicht blntet; haben sie doch im Lichte des Glaubens die wgh-ve Liebe kennen -gelernt, jene Liebe, die sie noch- weit inniger mit den Eltern verbindet, als alle Bande des Blutes -es ver>nögen. O ja, ihr Herz blutet, aber sie müssen fort, müssen jenen: folgen, der gesagt hat: „Wer Water oder Mutter . . . mehr liebt als mich, kann mein Jünger nicht sein." Er hat sie berufen und -auserwählt itrtiö sie müssen seinem Rufe folgen. So ziehen sie -beim hinaus. Vorüber sind die glücklichen Tage trauten Zusammenseins im freundlichen Kreise- der Brüder, sie müssen hinaus ins feindliche- Löben, müssen das stille Leben im Kloster eintauschen -gegen harten Kampf, aber sie fürchten sich nicht, heldenmütiger als -die S-chlachtenb-ezwinger trotzen sie allen Schwierigkeiten. Gewiß gibt es viele andere, -die ebenfalls hinaus ziehen in -die weite Welt-; allein diese sind ge- tragen, von -der frohen Hoffnung, daß ihnen anderswo das Glück lächelt, daß fick) ihnen reiche Geldquellen ober andere günstige Gelegenheiten zu mühelosem Erwerb von Reichtum und Ehren dieten. Was aber zieht den Missionär hinaus in die unbekannte Fremde? Ist es vielleicht ein unerschöpf-liches Goldland, sind es reiche Petroleum-quellen oder ne u entdeckte Diamantenfelder? 0 nein, sein Hertz sehnt sich- nach anderem. Er weiß, dort drüben, wohin es ihn zieht, herrscht noch! schreckliche Nacht und Finsternis, dort gibt es noch Millionen von Seelen, die Gott noch nicht gesunden, haben im Licht des wahren Glaubens, Seelen, die nocfj verstrickt sind in die Fesseln des abscheulichsten Götzeudienstes, und ohne Missionäre immer und, ewig- vom Himmel ausgeschlossen bleiben:—das ist es, was ihn hinaus treibt, was ihn nicht ruhen und rasten läßt. Es ist eine harte ltnb mühevolle Aufgabe. Ja, wenn er sich hinstellen könnte, wie der Schnitter vor das reife Ernteseld-, um Garbe Um Garbe hinwegtzunehmen, ober wenn er sich hineindrängen könnte unter eine zahlreiche Wolksmenge, um den gssstcmmt Lauschenden eine ti-esergreisende Bußpredigt zu halten, wie der Prophet Jonas, so- daß sie voll Reue umkehren würden bon -ihren bösen Wegen, ja dann wäre es freilich! leicht, Missionär zu sein. Wer wie ganz anders find>et er alles vor. Da ist vor allem ein ganzer llrtoalb von, langjährigen Lastern, Vorurteilen, Rassen- und Fremdenhaß, von Zauberei, Deujselsdieust und anderem Gelichter auszurotten; dann gilt es die armen, arNeitsscheuen Naturkinder langsam, langsam einzuführen in den Geist der Arbeit, und selbst jetzt kann er nur allmählich, den Samen des göttlichen Wortes hineinsenken in den so bearbeiteten Boden. Aber wie oft kommt dann wieder der böse Feind unfe sät Unkraut mitten unter die junge Saat des Christentums und vernichtet alles durchs feen; Einfluß der Zauberer, der üblen Nachreden u. dgl. — Und der arme Missionär, der, sich! mühte, allen alles zu fein: den Armen ein Vater, den Kranken ein Arzt, den Bedrängten ein Beschützer ... er muß sehen, wie die edlen Keime, die er gelegt, wieder -erstickt werden, oder, wie man die neue Religion vielleicht als zwar schön und- gut bezeichnet, es aber zu fäib-er findet, für dieselbe irgend-ein kleines -Opfer- zu bringen und so lieber in Finsternis und Todes-schatten sitzen bleibt. Unverdrossen und ungebeugten Mutes arbeitet der Glaubensbote weiter, gebrochen und- vielfach; vor b-er Zeit -gealtert, sinkt -er ins Grab und- muß sich vielleicht sagen: Den ganzen Tag gearbeitet und nichts gefangen, scheinbar alles umsonst, und dann ruht -er, in fremder Erde ■— vergessen,; oder er wird das blutige Opfer seiner Feinde oder er erliegt in jungen Jahren schon dem mörderischen Klima. Schöne, sichtbare Mis-sions-srüchte findet -der Missionär selten, besonders, wenn es gilt, die -ersten Keime des heiligen Glaubens zu legen. Eine harte, undankbare Arbeit ist es, und doch, frägst du ihn, ob- er nicht lieber tauschen möchte mit einem Priester in der, Heimat, ob er nicht ein -ergiebigeres Arb-eitsfelld- haben mö-chte ... er wird mit Entschiedenheit ab-w-ehren. Er- harrt aus und verläßt seinen Weinberg ni-cht. Und nun frage ich: Woher nimmt der Missionär all die Kraft und- den 'iDiut zur Übernahme und beharrlichen Durchfüh-rung seiner schweren Aufgäbe, was kann ihn' trotz -all der Schwierigkeiten, die- man ihm während bet -Jahre -der Vorbereitung auf seinen schweren Berus! beständig vor Augen -gehalten, was kann ihn d-a noch so- begeistern? Was anders als die Liebe Gottes, und das Verlangen, recht, viele Seelen für Christus zu gewinnen!! Ja, wie den großen HeLervapostel, so drängt auch ihn Die Liebe Christi — und diese Liebe, wo schöpft er sie anders als am Feuerherd der Liebe, am heiligsten Herzen Jesu? Freilich, wenn er das nicht hätte, wenn ihm nicht Tag und Nacht dieses göttliche Herz offen stünde, dann wäre es fürwahr schlimm um ihn bestellt. So aber hat er beständig dieses erhabene Vorbild in seiner Nähe, Ms Weser Quelle jeglicher Tugend schöpft er alles, was er in seinem harten Beruf braucht, besonders den ganz unentbehrlichen Gebetsgeist, die Abtötung, die Selbstüberwindung un!d einen uniöe-sieigjb.aren Seeleneifer. Ihm kann er alle seine Mühen und Sorgen klagen, bei ihm findet er Trost und Stärke in allen Schwierigkeiten, bei ihm geht er Tag für Dag in die Schule, von ihm lernt er, daß der Jünger nicht über dem Meister ist, der Knecht nicht über dem Herrn, daß ihm Leiden und Trübsal nicht erspart Bleiben wecken, -wenn er in den Seelen Früchte erzielen will. „Vertrauet, ich habe die Welt üb'erüJmt'ben," hat der Herr einst seinen Aposteln gesagt, und auch der Missionär vertraut, — solange es ihm gegönnt ist, seinen Herrn und Meister bei sich zu haben, ihn empfangen zu dürfen im Sakramente seiner Liebe, jofonge es ihm ge- gönnt ist, in allen seinen Nöten und Anliegen bei ihm fits) Rat, Hilfe und Trost zu holen, ihm jederzeit sein ganzes Herz mit allen seinen Wünschen und Sorgen erschließen zu dürfen, solange wird ihn auch nichts zu trennen vermögen von der Liebe Christi, to*er Trübsal noch Angst, weder Verfolgung nod) Schwert, lind wenn er leinst sein müdes Haupt zur ewigen Ruhe legt, wird auch er voll Zuversicht mit dem Apostel sagen dürfen: „Jchl habe den guten Kampf ,gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt. Im übrigen ist -mir die Krone des Lebens hinterlegt". Was macht es ihm, wenn man auf Ecken seiner nicht mähr gqbenlft, an seinem Grabe keine Träne weint, — er ist eingeschrieben ins Buch des Löbens und wird in Ewigkeit glänzen und leuchten wie ein Stern des Himmels: er hat auf den Herrn gehofft, er wird in Ewigkeit nicht zuschanden werden; Vielmöhr wick ihm 'ba§ Glück beschicken sein, einmal aus dem Munde des Herrn die beseligenden !Worte zu vernehmen: Wohlan, du guter und getreuer Knecht, weil b-u über Weniges getreu gewesen bist, will ich Dich über Vieles setzen: gehe ein in die Freud>e deines Herrn! Fr. B. Religiöse Verfettungen und Gebrauche bei den Eingeborenen der südlichen Nachbarschaft von Dar=es=SaIaam, Don P. Ambrosius Mayer 0. S. B. Die Bewohner des Küstenstriches von Deutsch^Ostafrika nennen sich Suaheli und halten sick) für den vornehmsten aller Negerstämme. In Wirklichkeit bilden sie überhaupt keinen eigentlichen Stamm, sondern sind aus Elementen der verschiedensten Stämme zusammengewürfelt, die in: Laufe der Jahrhunderte -aus dem Innern teils freiwillig an die Küste kamen, teils von den Arabern als Sklaven dorthin gebracht wurden und später die Freiheit erlangten (sei es, daß sie freigelassen wurden, sei es, daß sie mit dem Zusammenbruch arabischer Herrschaft die Freiheit er- langten). Von den Arabern wurden sie hauptsächlich durch den Islam in ihren Gewohnheiten und Anschauungen,gefirnißt. Die Beschneidung drückt jedem den Stempel eines Suaheli und eines Jslamiten (kurz „Islam" genannt) auf, wenn er auch weiter von der Religion Mohammeds so gut wie gar nichts versteht. Die religiösen Anschauungen und Gebräuche dieser Suaheli sind darum zwar nahe verwandt mit denen der eingeborenen Heiden des Jnnenlandes, aber vom Islam manni gfach beeinflußt. 1. Gott (mungu), Die Leute haben den Begriff mungu, d. h. Gott. Wie sie denselben auffassen, darüber sagten solche Neger, die sich weder als Christen noch als Islam ausgeben, wlgendes aus: Mungu ist derjenige, der in der Höhe thront. Seine Erscheinungsweise kennen wir nicht, auch können wir ihn nicht sehen. Derjenige ist Gott, b-er die Geister der Menschen und alle Geister (mizuka und mapepo, Dämonen, und die mizimu, d. h. Geister der Verstorbenen), sowie alles Schädliche und Krankheiten aller Art geschaffen hat. Er hat auch Heilmittel zubereitet und Schutzmittel gegen die Geister und ihre Nachstellungen. Die bösen Geister können uns schaden, aber wenn Gott nicht will, so vermögen sie nichts. Will Gott aber jemand aus dem Leben räumen, so muß dieser auch sterben ohne Krankheit. Hm mungu kümmert man sich wenig, viel näher und wichtiger sind den Menschen die Geister. Man unterscheidet eigentlich scharf zwischen Geistern der Verstorbenen, mizimu, und den höher stehenden, mapepo (Einzahl pepo, Mehrzahl ma-pepo). 2. Die mapepo (Geister). Diese mapepo sind für diejenigen, die ihnen jährlich das zukommende Opfer bringen, gute Schutzgeister, insoferne sie vor körperlicher Krankheit bewähren, glückliche Geburt gewähren und den Besitzstand mehren. Solche mapepo gibt es drei: 1. den Kinyamkela, der als schwarzes Gespenst gilt und aus Affenbrotbäumen haust; 2. den Kilima, der ebenso aussieht, aber im Meere wohnt; 3. den Djini, der als weißgekleideter Araber am Meere oder in Flüssen und ihrem Mündungsgebiet erscheint. SBtcb' nun ein Neger krank und hat er sein Opfer nicht gebracht, was bei Wohlergehen meistens der Fall ist, dann ist nach seiner Meinung der pepo schuld, der, über seine Lässigkeit ergrimmt, in ihm Platz genommen und so die Krankheit verursacht habe. a) Das Xinyarnkeli-Op fer. Glaubt der Patient, sein Gebrechen komme vom Kinyamkela, so geht er zum mganga, der Priester und Arzt in einer Person ist. Dieser befragt das Orakel und meldet: Deine Krankheit kommt davon her, weil dein pepo wegen Unterlassung des Opfers über dich erzürnt ist. Willst du gesund werden, so verlangt er das Opfer und den Opfertanz ngoma ya Kinyamkeli oder auch madogoli. (Ngoma ist Tanz mit Trommelbegleitung.) Nun sucht der Patient einen Tanzmeister (fundi — Meister). Ist dieser gesunden, so wird die ganze Nacht gespielt, woran sich der Patient, sein mganga und sein Tanzmeister, sowie zahlreiche Zuschauer beteiligen. Bevor der Tanz be- 126 Heft 6 und 7. Stern der Neger. ginnt, gräbt der lssgoma=<5trieler iw Hofe oder auf dem Platze der Beschwörung ein kleines Loch, steckt einen Stein -aus einem Wasserschöpfloch hinein, rings herum Hirfekolben und deckt alles zu, jedoch nicht mit den Händen, sondern mit den Ellenbogen. Er breitet eine Matte darüber, auf die sich der Besessene fetzt. Dann bläst der Tanzmeister auf einem eigens dafür bestimmten Hörne (bargmnu genannt) zu Dem Zwecke, Den Geist herbeizulocken!. Sofort nach dem Blasen ruft er: „Komm -herbei, Geist, wir wollen jetzt dir zu -Ehren diesen Tanz veranstalten." Nach diesen Vorbereitungen beginnt der Tanz und dauert die ganze Nacht hindurch, ein Ohrenschmaus für die Neger, aber eine Qual für die etwa in Der Nähe wohnenden Europäer. Nach dem Tanze am frühen Morgen mahlt der fundi einen gewissen Stein, macht Einschnitte in die Schläfen und Brustseiten des Kranken und- reibt die Schnittwunden mit diesem Steinmehl ein. begibt sich die ganze Versammlung zum Affenbrotbaum und bringt Du§ Opfer: Brote, Eier, Zuckerrohr, Huhn usw. Diese ©aßen werden -am Baume niedergelegt, alles kniet nieder und der mganga spricht: „Wir sind zu dir gekommen, o Kinyam-keli, weil du diese Person wegen Unterlassung des Opfers krank gemacht hast; jetzt haben wir diese Opfer hicher gebracht und wünschen, daß sie wieder gesund werde. Hier sind die Opfergaben." Beigegeben wird noch eine aus Lehm geformte menschliche Figur, männlich oder weiblich, je nach Dem Geschlechte des Kranken, . die Dem Geiste für Die Person, -aus der er ausfah-ren soll, Ersatz bieten und so das Ausfähren erleichtern fall. -Damit ist der Kinyamkeli befriedigt und alles -geht nach Hause. b) Opfer und Opfertanz des Kilima. Hiezu werden bestimmte Speisen und Kleidungsstücke hergerichtet und getanzt wie im vorigen Falle. Dieser Opfertanz wird ein oder zwei Tage lang ausgeführt und 'soll einer etwaigen Schädigung des Kilima zuvorkommen. Nach dem Tanze wandern alle Teilnehmer an Die Küste und werfen alle Opfergaben ins Meer. c) Der Djini, Vom Djini haben die Leute nur Schlimmes zu erwarten, da er sie auf Dem Wege anfällt. Er ist nur einen Augenblick sichtbar und verschwindet -Dann sofort im Leibe dessen, dem er begegnet. Wird er nicht wieder ausgetrieben, so richtet er unfehlbar Schaden an. Zum Austreiben Dient derselbe Tanz wie beim Kinyamkela, aber es wird dann dem Betroffenen noch ein eigenes Schutzmittel (hirizi) um den Hals oder die Hand gebunden. Ein solches hirizi kann man sich auch zur Vorsorge igeigen Diesen pepo kaufen. Es kostet 2 Rupies und -muß vor dem ersten Anlegen mit Weihrauch und wohlriechendem Holze b-eräuchert werden. Der Kinyamkela und- Kilima sind wohl aus mizimu, d. h. -aus Geistern der Ver-storbenen, hervorgegangen, worauf schon das Speiseopfer hinweist, das ganz ähnlich gebracht wird wie Beim Ahnenkultus. Der Tanz oder vielmehr der dabei veranstaltete Lärm ist ein Schreckmittel für Den pepo. Der Djini aber ist arabischen Ursprunges. Schon fein Name ist arabisch und bedeutet Teufel, Dämon, Gespenst. Die Ein-wanderunge-n der Araber nach- Afrika haben nie ganz aufgehört, das Auftauchen aus dem Meere, ihre plötzliche -Überschwem- mung des Landes und das Fortführen aller Wehrlosen ließen sie den ahnungslosen Negern als übernatürliche feindliche Gewalten erscheinen, und irrt Geiste der Übergebliebenen bildete sich die Vorstellung eines pepo heraus. Vielleicht hat sich auch die Vorstellung der anderen lnapepo ähnlich aus einem nationalen Unglück, etwa dem Tode eines Häuptlings, entwickelt. 3. Der mganga als Mittler zwischen Geistern und Menschen. Der mganga (Arzt, Priester) oder fundi (Meister) kann den Vermittler machen, er allein kann die Ursache der Krankheit ergründen. Diesen Beruf üben nur ältere Männer oder Weiber aus, nur alte Leute erfreuen sich eines besonderen Vertrauens. Wer in diese Zunft aufgenommen werden will, muß schon im voraus eine ordentliche Summe erlegen, wenn er nicht etwa einen Meister als Verwandten hat. Nicht jeder fundi beherrscht die ganze Wissenschaft, im Gegeitteil haben die bodenständigen, sehr zahlreichen Ätzte und Heilbeflissenen beiderlei Geschlechtes nur einen engbegrenzten Wirkungskreis; sie sind Spezialisten und erfreuen sich nicht eines allgemeinen Zuspruches, sondern werden nur irad)1 Ruf und Umfang ihres Könnens aufgesucht. Es gibt aber and), fundi, die sich aus Le-bensberuf der leidenden und zahlenden Mitwelt widmen, die sich eines hervorragenden Rufes und allgemeinen Zulaufes erfreuen. Solche Leute bleiben aber nicht in ihrem Dorfe sitzen, sondern sind eigentliche Wanderärzte. Erst kürzlich kam ein solcher Wanderarzt mit einer ganzen Traglast von Medizinen aller Art in die Nähe von Dar-es-Salaam und etablierte sich auf dem Landgute eines Arabers. Die Stadt wird gemieden wegen der Polizei. An sich wäre noch scharf zu unterscheiden zwischen mganga (Arzt oder Priester) und mtsehawi (Zauberer). Der mganga ist Mittler zwischen den Geistern und den Menschen, er kann Arzt genannt werden, weil ihm auch die ganze Heilkunde ob,liegt, wobei er freilich,,manches tut, was wir als Zauberei bezeichnen. Der mtsehawi aber sollte richtiger mit „Giftmischer" übersetzt werden. Mit diesem haben wir es hier bei Kaffernkindsmäclchen. der Religion nicht zu tun. Doch gehen die Zauberer aus der Zunft Her Ärzte hervor und üben auch ärztliche Kunst und, alle Künste ärztlicher Künste aus. Wie nun befragt der mganga die Geister? Er bestreut ein Brett oder einen Teller oder ein Flachbecken mit Asche oder Sand und schreibt mit dem Finger seine Zeichen hinein. Hat er nichts dergleichen, so schreibt er einfach, auf den Boden,. Daraus liest er dann, auf welchen Geist die Krankheit zurückzuführen sei (ob auf einen pepo oder einen zimu) und- was dagegen geschahen müsse. Eine Untersuchung des Patienten ist nicht nötig. Er beobachtet 128 Stern der N e g e r. Heft 6 und 7. keine Symptome, sondern er hat nur nach dem schuldigen pepo zu forschen. Ein Teil der Bezahlung hat sofort zu erfolgen, der Nest nach der Heilung. Daß der mganga zu seinem Gelde kommt, dafür sorgt schon die Furcht der Leute, er könne etwa die Heilung wieder durch Gegenmittel aufheben. 4. Die Geister der Verstorbenen (mizimu). Ist der Tote begraben und die Trauer-klage nach sieben Tagen verstummt, so kann es doch trotfommen, daß der Geist des Verstorbenen noch nicht befriedigt ist. ÜBeniT nämlich unter den Hinterbliebenen einer nach zwei oder drei Monaten oder auch innerhalb eines 'Jahres erkrankt, so kann dies nach allgemeiner Auffassung nur -von dem Geist des Verstorbenen herrühren. Der Betroffene geht also zum mganga, um durch ihn das Orakel zu befragen. Dieser verkündet: „Deine Krankheit rührt offenbar vom Geist deines Vaters (oder Mutter, Kind) her, weil du dich seiner nicht erinnert hast (d. h. Gaben auf das Grab zu stellen), weil du ganz auf ihn vergessen hast; jetzt hat der ©eist dir diese Krankheit verursacht, auf daß du dich wieder seiner erinnerst. Willst du also wieder gesund werden, gut, so opfere Mehl, Bier, ein Huhn und veranstalte eine kleine jSsgoma." Der Kranke wird diesen Anordnungen sofort nachkommen. Ist alles in Bereitschaft, so erbaut er eine kleine, offene Grashütte außerhalb seiner eigenen Hütte, pflanzt vor derselben einen kleinen Baum mit grünen Blättern, der „mtopetope“ heißt. Hierauf werden die Verwandten gerufen. Ter Kranke bringt Hirsemehl, Bier und Huhn herbei. ©a§ Huhn — es muß ein weißes sein — wird in das Gezweig des Opferbaumes gebunden, das Mühl daruntergestellt, der volle Pombetopf aber in die kleine Grabhütte. Darauf beginnt er zu beten: „O Geist, ich, euer Kind, habe hier geschlafen, seit eurem Hinscheiden habe ich eurer nicht mehr gedacht. Darum habt ihr mich' krank gemacht, auf daß ich wieder an euch denke. Wer jetzt bringe ich ein Opfer dar, auf daß ihr mich freilasset. Ja, ich bitte euch, verlasset mich, damit ich mich wieder wohl befinde. Steht mir schützend bei, daß ich viel Geld erhalte und euer wieder gedenken kann. Hier habt ihr euer Opfer: dieses Huhn, als Zuspeise Mehl zu eurer Nahrung und Bier zum Getränke, statt Wasser. Gebt mich frei, daß ich wieder gesund werde." Auch andere Leute bringen ihre Opfer-gaben herbei und sagen: „Ach, ihr Geister, verlasset ihn doch, daß er gesunde. Seht an euer Opfer, das er hi eher gestellt!" Haben alle geopfert, so verlassen sie den Platz mit dem Hüttchen, kehren in das Haus zurück und veranstalten eine kleine jSfgoma — eine oder zwei Stunden lang. Dann geht 'man schlafen. Gleich -am Morgen begibt sich alles nach der Opferstätte, um die geopferten Gaben nachzusehen. Sind Huhn, Mühl und Bier verdorben, das Mehl zerstreut, d-ie Pombe weniger geworden, so sagt -man, „der Geist hat unser Opfer nicht angenommen". Findet sich aber alles Wohl und unversehrt vor, so heißt es, „der Geist hat unser Opfer angenommen". Die Opfergaben werden nun von den Leuten mit fortgenommen und- verzehrt, jedoch nur Mehl und Bier. Das Huhn läßt man -auf dem Opserbaume, es darf nicht verzehrt werden, sondern bleibt dort, bis es verendet. 5. Die Schutzmittel (Amulette, hirizi). Soviel Geister, soviele Gefahren zu Wasser und aus dem Lande, zu Hause und auf dem Felde, soviele Schutzmittel gibt es. In ihrem Besitze fühlt sich der Neger sicher und fürchtet keinen Geist und keinen Feind. Freilich muß er sie alle beim lnganga kaufen. Von solchen Amuletten (hirizi) seien zunächst nur einige, genannt: a) Das hirizi für neugeborene Kinder. Es besteht aus Kleiderfetzen, die zu einer Schnur gedreht und mit einem gewissen Pflanzensaft eingerieben werden. Man trägt sie um Hals, Handgelenke und den linken Fuß. b) Kinder, die bereits gehen können, erhalten ein hirizi mit zahlreichen Knoten, das nur um den Hals getragen wird. c) Ein Täschchen wird an einer Schnur befestigt und um den Hals getragen. In beni Täschchen ist ein Hölzchen aus nrvuje-Holz und in einem Papier ein Steinchen verborgen. Dieses hirizi schützt gegen den Kiuyanxkela pepo. Wenn dieser das Hölzchen riecht, läuft er weg. cl) An einer schwarzen Schnur mit dreifarbiger Quaste ist ein Täschchen befestigt, in das mehrere Hölzchen eingenäht sind. Dies ist gut gegen die Zaubermedizinen £in christlich Vo n P Es war im Jänner 1895. — Ich war damals Rektor an der Wallfahrtskirche 11. L. Frau von Afrika. Einets Morgens hatte ich eben mein Brevier zu Ende ge^ betet und wandelte nun ans dem freien, mit südländischen Bäumen bepflanzten Platz vor der Basilika aus und ab, um das anderer Leute, die etwa schaden könnten. Es muß bei zunehmendem Monde über Weihrauch gehlalten werden, sonst verliert es seine Kraft. e) Das hirizi für die Reise besteht aus gtoei Löwenkrallen, deren Hohlraum mit Fett unb Haaren von Löwen ausgefüllt ist, und mit Donner, der sich zur Erde niedergeschlagen hat (vermutlich Meteorbestandteile). Die beiden Krallen werden mit Löwenhaut und Wachs verbunden und an einer schönen, weißen Schnur über der rechten Schulter getragen. Wer ein solches hirizi hat, geht bei Löwengefahr voraus, niemand darf nach rückwärts schauen. Im Lager hängt man es in der Nähe der Tür auf. Es sichert nicht nur gegen Löwen, sondern auch gegen Blitzschlag. f) Ein anderes hirizi aus einer Wurzel schützt gegen Krokodile. Zu den Schutzmitteln gehören auch die meisten häuslichen und' ehelichen Gebräuche, die ebenfalls vom mganga ihre Weihe erhalten. So beherrscht der mganga das ganze Leben der Neger und umschlingt das Wölk wie mit einer eisernen Fessel. Das ganze Leben dieser Neger ist von religiösen Anschauungen durchdrungen; ihr Sinnenleben steht vorwiegend unter der Furcht von Geistern, die von Zauberern dauernd wachgehalten wird. Heidenherz, . L. D. ewig-neue entgiicfenbe Schauspiel zu genießen, blas jeden: Besucher dieses einzigschönen Punktes unvergeßlich bleibt. Vor mir und zu meiner Linken dehn: sich in endlose Fernen das- blaue Meer. Auf seinem leichlgekräuselten Spiegel ist hie und da ein schneeweißes Segel sichtbar, 130 Stern der Neger. Heft 6 und 7. das sich einer munteren Möve gleich auf den ewigbewegten Wellen zu wiegen scheint. In einiger Ferne, ein wenig nach rechts, lernst der stolze Marseille-Dampfer seinen Kurs nach Norden; schneidig und scharf durchschneidet der behende Kolosi die Flut, dah '6er Gischt empört um den Bug des Störenfrieds emporfpritzt und sich fast mit dein Dampfstreisen vermischt, den das Schliss hinter sich läßt. Die Seinen Segel in der Nähe verneigen sich untertänig vor dem sichern Fußes daherstürmenden Riesen, während die erregten Wogen hinter ihm sich schäumend schlichen und erst allmählich! wieder zur Ruhe kommen. Dicht vor mir fällt das terrassenartige Vorgebirge, auf dem ibie Wallfahrtskirche erbaut ist, ziemlich steil zum Meer hinab, dessen Kögen schmeichelt^ den graniten Fuß umkosen, dier ihnen gleichsam ein kühnes Halt gebietet. Links, etwas hinter mir, hebt sich der Turm unb das stachle, geschweift'» Dach des Seminars St. Eugen tiüin azurnen Himmel ab. St. Eugen lugt freundlich hervor aus einer subtropischen Pflanzenfülle, aus einem Hain von wür-ziigen Eukalyptus mit ihren langen, weidenähnlichen Blättern, uralten Ölbäumen mit ihrem melancholischen, staubig-grauen Blattwerk, den gigantischen, stachligen Aloes, vie dort gange Hecken bilden. Zwischen St. Eugen und der Basilika dehnt sich eine vebenbepflanzte Mulde, in deren gelbbraunem Sandboden sich die Stöcke ausfallend üppig entwickeln. Anspruchslose Cy-pressen, ernsten, stummen Wächtern gleich, umsäumen d'lls li'Miche Bild. Ich wende ntichl zur Rechten. Dort zieht sich wie ein riesiger Halbmond auf blauem Grunde die Reede von Algier hin; dahinter, sanft ansteigend, die schöne Stadt mit ihren freundlichen, weißen Häuserwürsölm Drüben an der Spitze des Halbmondes dais Kap Matifu, und rechts daneben tim Horizont die Spitzen des Dschurd- schnra. — Eben Sam ein junger Araber behenden Schrittes den steilen Weg zum Büsarea herauf. „Ein aräbischer Student aus einer Nachbarstadt," dachte ich und lenkte meine Schritte dem früheren Kolleg der Meißen Väter zu, das nur durch einen ntäßigbrei-ten Wjeig von der Basilika getrennt liegt. Doch da ertönte plötzlich ein fröhliches „Guten Morgen, Pater D.!" hinter mir her. Wie ich mich umwende, steht d>er junge Eingeborene schon vor mir. „Kennst du bett Aschnr-nait-Salem nicht mehr?" rief er lachend und streckte mir tue Hand entgegen. Jetzt erkannte ich ihn. Richtig, es war Aschur, ber kleine Springinsfeld von srü-her, ber wildeste meiner braunen Schulbuben. „Komm, Aschur," sagte ich und bot ihm einen Platz aus der Gärtenbank neben dem Hause an, „erzähle mir von deiner Hei-mat, beten Eltern und besonders von deinen eigenen Erlebnissen!" „Von meiner Heimat?" meinte er. „Davon weiß ich, leider nicht viel zu berichten. Kurz, nachdem du von unserem Stamm schiedest, starben meine Eltern; mein Onkel verließ darauf unser Dorf und zog nach Tunesien. So wär ich' denn verwaist urtib verlassen von allen. Die arabischen Marabuts kümmerten sich auch nicht um mich. Aber Gott sorgte; die Missionäre nahmen mich zu sich. Bei ihnen lernte ich bie christliche Religion Sennen. Lange habe ich darüber nachgedacht und studiert, und als ich sie gut begriffen hatte, bat ich' um die Taufe. Dann mußte i'ch meine vier Jahre als Katechumene in der Mission zubringen, und endlich, endlich hxtrb ich getauft auf den Namen Leo Maria. Hamdullah! (Gott sei gepriesen 1} — Nach der Taufe brachten mich die Pa- tves bei einem Kaufmann unter. Es hat mir dort ganz .gut gelfallen, aber kürzlich ist mein Herr nach '©uttipct zurückgekehrt. Nun sucht man wir eine neue Stelle. Währenddessen habe ich- um Erlaubnis gebeten, einstige Tage nach Algier gehen zu dürfen; ich' hatte schon so oft von 11. L. Frau von Afrika gehört und wollte doch mal gerne eine Wallfahrt dorthin machen." „Brav, Leo, Idas war ein schönten Ge-danke!" entgegnete ich, freudig überrascht über diese glückliche Entwicklung meines ehemaligen Keinen Schülers. „Um 8 Uhr lese ich die hl. Messe," fügte ich bei, „der wohnst du bei, nicht wahr?" „Gewiß, sehr gerne, Pater!" „Inzwischen bleibt mir noch! einige Zeit, um dir die Basilika zu zeigen." Wir stiegen die Stufen des herrlichen Gotteshauses hinan und traten ein. Der junge Kabyle blieb erstaunt stehen; solche Pracht hatte er nndji nie gesehen, ja, nicht geahnt. Seine Augen schweiften über die marmorbekleideten Wände mit den tausenden von Botivtafeln, über die kostbaren Altäre und Kandelaber, die von beni frommen Sinn der italienischen, spanischen und besoirders der maltesischen Wallfahrer beredtes Zeugnis ablegen. Vor allein blieben seine Blicke halsten auf dem Bildnis IT. L. Frau von Afrika, das sich hoch oben über dem Hochaltar auf marmornem Sockel erhebt. Es ist die mehr als lebensgroße, gekrönte Statue der Königin Afrikas. Das wallende, weite, 'mit Blumen übersäte Ge-tomtb ist schneeweiß und läßt die ebenholzschwarzen Züge Mariens um so mehr hervortreten. Die Arme sind mütterlich ausgebreitet, als wollten sie alle aufmuntern, sich mit Vertrauen, der Getreuen Jungfrau zu nahen. Darüber aber wölbt sich in goldenen, aus lauter Botivherzen gebildeten Lettern die Inschrift: „Unsere Liebe Frau von Afrika, bitte für uns und für Die Mohammedaner!" — Ich machte Aschur auf die Krücken aufmerksam, welche zum Danke für erlangte Heilung neben dem Altar ihren Platz gefunden, auf die Schiffe, welche erkenntliche Seeleute rrnd) glücklicher Rettung aus dem Schiffbruch! dort in verkleinertem Maßstabe aufgehängt, auf die schier zahllosen Herzen, von Gold und Silber, auf die vielen, mit den rühreirdften Inschriften bedeckten Marmortafeln, unter denen die Wände des Gotteshauses förmlich' verschwanden, lauter sprechende Beweise der mächtigen Fürsprache Mariens. Nun gingen wir an dem schönbronzierten, gußeisernen Geländer vorbei, das ails Chovabschlnß und Kommunionbank bient, auf den Hauptaltar zu. Lev -betrachtete ihn anfmer'ksam. Am meisten interessierten ihn die hier angebrachten Waffen, „Dev Degen dort," setzte ich meine Erklärung fort, „gerade unter dem wundertätigen Bild, stammt vom Marfchall PÄefsier. Daneben siehst du den Säbel des tapferen Generals Jus-suf; endlich der Rahmen hier enthält die kleine Mutteryottösmedaille, die dev berühmte Marschall Bngeaud auf allen seinen Feldzügen in Afrika bei sich trug." „Und diese vielen Orden und' Ehrenzei-cheist, die man fast überall dort hängen sieht?" „Das sind meist Kreuze der Ehrenlegion, die Offiziere oder einfache Soldaten hier nach glücklich überstandener Gefahr nieder-gelegt, oder die sie durch andere noch nach ihrem Tode hier haben niederlegen lassen, alls Zeichen der Steiße und Erkenntlichkeit." Leo sah schweigend vor sich hin. „Ach, Pater," sagte er endlich, „wenn ich doch einmal Der Mntlergvttes etwas Ähnliches schenken könnte!" Wie froh würde ich- dann sein!" -I- * * Es war Zeit zur ht. Messe, Leo, diente mir, zur Verwunderung der anwesenden Pilger, und empfing voll Andacht die hl. Kommunion. Den Tag iiBet behielt ich ihn bei mir. Leo kam mir zeitweise sehr ernst und in sich gekehrt vor. Ich- fragte ihn nach der Ursache. „Ich denke nach ...", erwiderte er, — mehr brachte ich nicht aus ihm heraus. Gegen Abend kaufte sich mein junger Freund eine Medaille, ließ vor der Statue XI. L. Frau eine Kerze -anzünden und betete den Rosenkranz. Dann nahm er Abschied von mir. Ich gab ihm noch einige Ratschläge für: seinen Aufenthalt in Algier und versprach ihm, daß ich ihn am folgenden Sonntag den Mitgliedern der Erz-bruderschaft besonders empfehlen wurde. Er dankte. mir herzlich, küßte meine Hand und1 sagte lächelnd: „Heute morgen dachte ich nach . . . Heute nachmittag hab' ich's gesunden!" Damit ging er hurtigen Schrittes den Hügel hinab der- Stadt zu. Von Zeit zu Zeit wandte er sich. um und sandte mir einen letzten Scheidegruß zu. Einige Zeit nachher traf ich einen unserer Kabylenmissionäre. Natürlich erkundigte ich niich bei diesem auch nach Leo. Der Pater wußte mir aber leider nur soviel zu sagen, daß oer Jüngling von seiner Reise nach Algier nicht zurückgekehrt sei; man- wisse überhaupt nicht, was aus ihm geworden sei. * * * Seit jenem Besuche war über ein Jahr verstrichen, als mich eines Tages ein Turko * in der Sakristei zu sprechen wünschte. Beim Eintreten sah ich mich einem armen jungen Manne gegenüber, dessen fahle, * Die Turkos ober algerische Schützen bilden eine Truppe, die aus den Eingeborenen ausgewählt wird. abgezehrte Züge mir Mitleid einflößten. Er glich einem wandelnden Skelett. Als er mich. -erblickte, richtete er sich mühsam von seinem Stuhle auf und legte militärisch grüßend seine Rechte an die Scheschia. „/Sie wünschen Mich zu sprechen?" fragte ich. „Ich- habe mich sicher sehr verändert," erwiderte der braune Krieger, und ein Lächeln glitt über die abgemagerten Züge. „Kennst du mich. denn nicht mehr?" Jetzt betrachtete i.ch- ihn aufmerksamer. „Wie, Leo, du bist es!" rief ich schmerzlich überrascht aus. „Armes Kind, wie elend du aussiehst! Woher kommst du denn eigentlich?" „Von Madagaskar, Pater. Als ich Abschied vo-n dir.genommen, habe ich mich sofort zu den Tirailleurs gemeldet und den Wunsch ausgesprochen, sofort mit ins Feld zu ziehen.; ich- hatte meine Absicht dabei!" „Armer Freund, was hast dü durchmachen müssen!" „Pater, Unsere Liebe Frau von Afrika hat mich während der ganzen Expedition beschützt. Von der Landung in Majnngn an bis zur Einnahme von Tananarive hat sie mi'dj. nie verlassen!. Sie hat mich vorn Sumpsfieber errettet, hat mich vor den Kugeln der Howas bewahrt, wo so viele Kameraden um mich her gefallen sind. ©arum habe ich. mich auch. sofort heute -morgen nach der Landung -hierher aufgemacht, um dieser guten Mutter zu danken und ihr ein kleines Andenken zu bringen." Damit zog tier Turko unter seinem Le-dergurt ein Weines Päckchen hervor, das er mir überreichte. Ich öffnete. Es war — das Kreuz der Ehrenlegion. „Nicht wahr, Pater," bat der arme Soldat und sei im Augen leuchteten flüchtig, auf, „du legist es zu den anderen zu den Füßen der Mutter Gottes nieder?" Stumm ergriff id)1 Leos Hand und führte dem Wackeren vor den Altar. Dort angekommen, hob er feine Hand, in der das Kreuz ruhte, zum Bilde XL. L. Frau empor; dann stieg er mit meiner Hilfe mühsam die Stufen hinauf und legte den Tribüt seiner kindlichen Liebe zu den Füßen Mariens nieder. Ich wollte den armen Ingen noch! ein paar Tage bei mir behalten. Er lehnte meine Einladung dankend ab. „Ich soll mich noch heute iitn Dey-Laza- retti einfinden. Wie würde ich mich: freuen, wenn du mich dort hie und da besuchen könntest!" „Ganz gewiß, Leo! Ich hoffe übrigens, du kommst bald wieder zu Kräften urrö bist in einem Monat hergestellt. Dann mußt du aber wieder hier herauf zur Basilika kommen; ich lese dann für dich eine heilige Messe zur Danksagung." „Gott ist der Herr, Pater! — Vielleicht liest du eine Seelenmesse für mich, bevor der Monat abgelaufen ist. ©od) ich fürchte den Tod nicht, — ich bin bereit!" Bewegt reichten wir uns die Hand, dann schied er von mir. * * * Drei oder vier Tage später begab ich mich zum Militärlazarett, um meinen lieben Turko zu besuchen. Auf dem Wege begegnete ich einem Xlnteroffizier, der eben vom Lazarett kam und gerade aus mich zuging. „Herr Pater," redete er mich an, „kennen Sie vielleicht Pater D., Rektor an XL. L. Frau von Afrika?" „Der bin ich selbst, Herr Unteroffizier!" „Sie gehen jedenfalls zum Lazarett, um den Turko Aschur zu besuchen?" „Jawohl; wie geht es ihm?" „Ich bringe Ihnen eine traurige Nachricht; der arme Kamerad ist gestern nachts gestorben. Unter seinem Kopfkissen hat sich dieser Brief an Sie befunden." Ich erbrach das Schreiben. Es enthielt nur ein paar Zeilen, die von unsicherer Hand gekritzelt waren: „Guter Pater! Mein Ende naht; ich fühle es. Aber ich sterbe gern, denn ich habe mein Versprechen, das ich XL. L. Frau von Afrika gegeben, erfüllt. Bete für Turko Aschur, Dein Kind Leo Maria." Unwillkürlich drückte ich meine Lippen auf das bescheidene Blatt Papier, — es war der letzte Gruß von lieber Hand, — und Tränen traten mir in die Augen. „Sie entschuldigen meine Bewegung, Herr Unteroffizier; es war ein gutes Kind, ich hatte es liebgewonnen." „Wer hätte ihn nicht gern gehabt, Hochwürden ! Wir haben zusammen den Feldzug nach Madagaskar mitgemacht, und ich habe ihn sehr gut gekannt. Seine Vorgesetzten hielten große Stücke auf ihn und stellten ihn dem ganzen Regiment als Muster hin. Dazu war er der Liebling seiner Kameraden. Aschur war immer dort zu finden, wo es am heißesten herging. Wenn es hieß: „Freiwillige vor!", so war er der erste, der sich meldete. Er war stets gutes Mutes und bei schwierigen Märschen heiterte er alles auf durch seinen Humor. Im Feuer hielt er sich wacker, ja hartnäckig, mochten ihm auch die Kugeln um die Ohren pfeifen. Fast kein Dag verging, wo er sich nicht irgendwie hervortat. Bald rettete er das Lager vor einem Howa-Über fall, bald nahm er dem Feinde eine ganze Proviant-kolonne weg. Fast nach jedem Gefecht wurde er zum Rapport kommandiert. „Aschur," sagte id): eines Abends zu ihm, — es war nach einem Zusammenstoß mit dem Feinde, wobei er fid> wieder aus- gezeichnet 'hatte, — „du wirst deine Tollkühnheit noch einmal teuer bezahlen." — „Das ist wohl möglich," antwortete er mir treuherzig, „aber ich mutz das Kreuz der Ehrenlegion gewinnen, und ich weiß noch nicht recht, wie ich es anstellen soll." „Nimm dem Feind eine Mahne alb," rief ich lachend, „und bringe sie dem kommandierenden General!" „Gut," lautete die Antwort, „ich werde sie ihm bringen, — so Gott will!" * * * Nach einer Pause fuhr der Unteroffizier fort: „Kurz -vor der Einnahme von Tana-narivo fand eines Tages wieder ein Gefecht statt. Gleich im Anfang rettete Aschur feinem Hauptmann das Leben. Wer das genügte dem Wackeren noch nicht; er h-atte es eben -auf die Fahne abgesehen. So harrte er eine Stunde in einem wahren Kugelregen aus. Bald kniend-, bald- liegend, bald- wieder stehend feuerte er auf di-e Madeg-asfen, bis ihn zwei feindliche Kugeln in den Sand streckten. Ich suchte ihn im Feldlazarett auf. „Es ging wirklich nicht!" war sein erstes Wort, als er mich sah. „Es w-aren ihrer z u viele, ich konnte -die Falhne nicht in meine Hand bekommen. Nächstens hoffe ich mehr Glück zu haben!" Übrigens -war Afchurs Zustand nicht unbedenklich; der Arzt zuckte die Achseln und der Kranke 'schien trotz seiner Willenskraft täglich schwächer zu werden. Wir glaubten alle, er sei verloren. Da, -eines Tages, als ich gerade bei ihm w-ar, um Abschied zu nehmen, —■ ich sollte mich am folgenden Tage -einer Kolonne ansch!lietz-en, — tritt zu meiner größten Überraschung der Herr Oberst mit mehreren Offizieren in das große Zelt, das als Lazarett diente. „Aschur - näit - Salem!" ertönte die Stimme -des Obersten. „Hier!" „Im Namen des Regiments gratuliere ich Ihnen zu Ihrer musterhaften Haltung vor -dem Feinde!" „Zu Befehl, Herr Oberst, wir haben alle unsere Pflicht -getan!" „Hiemit," fuhr -der Offizier fort, „überreiche ich Ihnen i-m Namen des kommandierenden Generals das Kreuz der Ehrenlegion!" 'Aschur h-atte sich nur mit größter Anstrengung aufgerichtet. Infolgedessen öffnete sich die Wunde wieder und-, — war es der Blutverlust oder die tiefe -Erregung, — der Kranke sank bewußtlos -auf das Feldbett zurück. Der Oberst trat hinzu, heftete das Kreuz vorsichtig auf die vom Blut gerötete Brust des jungen Helden und drückte ihm stumm! die H-and. „Der arme Kerl ist verloren," meinte er und wandte sich zum Gehen. Trotzdem besserte sich der Zustand des Kranken zusehends und- die Kräfte kehrten so schnell zurück, d-aß unser Aschur zwei Monate später Widder einrücken konnte. Aber es war nur für kurze Zeit. Hatten ihn die Kugeln der How-as nicht tödlich getroffen, so sollte -er dafür dem Malaria-fieber zum 'Opfer fallen. Aschur kämpfte mit der ihm eigenen Willenskraft gegen das tückische Leiden; er pflegte scherzend- zu sagen: „-Gegen Fieber gibt es kein besseres Mittel als Pulverdampf." — Aber endlich gewann das Fieber die Oberhand und der Arzt befahl die schleunige Heim-fend-ung. D-as übrige wissen Sie." „Wußte man beim Militär," fragte ich, „zu welcher Religion Aschur sich! bekannte?" „Zuerst meinten wir, er sei Mohammedaner, bis wir einmal bemerkten, wie er vor einem Angriff mit der blanken Waffe zuerst das Kreuzzeichen machte. Der Mann, der ihn abends zum Sagaiett brachte, hatte aus der Brust des Verwundeten eine kleine Medaille der Mutter Gottes bemerkt. Daraus mußten wir-schließen, daß er ein Christ fei. Er machte übrigens aus seiner Religion kein Hehl; zudem war er häufig beim Feldkaplan." Unterdes waren wir, der Unteroffizier und ich, fast unbemerkt beim Lazarett an- IReine In dem Programm fast jebe§ Miffions-postens kommt auch eine Schäle vor, und bei meiner Ankunft Hierselbst wurde ich gleich gum Professor im Abc-Unterrichte promoviert. Die Negerknaben nun sind nicht weniger fchulsaul als so mancher Schulschwänzer daheim. In Gottes freier Natur hüpfen und springen tun sie viel lieber als auf den Schulbänken sitzen unter dem strengen Auge des Lehrers. Im- Vater-lande wäre Schulzwang nicht so nötig als hier, denn bort gehen die meisten Kinder sozusagen von selbst zur Schule, weil sie nichts anderes wissen — aber die jungen Neger kannten vorhin keine Schule und wollen dieselbe auch jetzt noch nicht richtig kennen. Dies liegt selbstverständlich hauptsächlich an den Eltern, die ihre Kinder auch gar nicht dazu anhalten wollen, die Schule fleißig zu besuchen, weil sie selber noch gar nicht einsehen, welchen Nutzen es haben könne, daß ihre Kerlchen einige Striche und Krähenfüße in Reihe und Glied- hinzukritzeln verstehen, und die Kinder selbst schätzen den Wert dieser Kunst noch viel gekommen. Der Militärgeistliche ergänzte die Mitteilung des Unteroffiziers. „Er ist sanft entschlafen," sagte er, „als echter Christ, voll rührender Erge!bung in Gottes heiligen Willen!" Tags darauf begab ich mich zürn Friedhof. Schon kennzeichnete ein bescheidenes hölzernes Kreuz die letzte Ruhestätte des tapferen Soldaten. Ich aber ließ auf das Kreuz die Worte fetzen: Leo Maria Miles Christi Servus Mariae. Schule, geringer. Könnte man diese Buchstaben essen oder mit denselben einige Pfennige verdienen, na, würden sie sagen, dann wäre es noch so ganz übel nicht, dann wäre es noch! ein Spaß —aber nun ist es eine solch dumme Arbeit. Alles dies zu lernen, ohne daß damit sofort etwas zu verdienen ist, und dazu -bann und wann noch eine Ohrfeige zu bekommen, das ist etwas Gruseliges für sie. „Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Weisheit"; dieses Prinzip, gelinde angewendet, ist hier das einzige, das günstige Resultate erzielen kann. Nun ist Schullehrer spielen zwar nicht intimer der höchste Begriff des Angenehmen, aber hier unter den schwarzen Kerlchen hat es doch auch seine angenehme und nützliche Seite. Dabei lernt man die Negersprache und deren Eigentümlichkeiten kennen und «oft übt man aus Herz und Geist der Kleinen mehr Einfluß aus, als man zu vermuten vermag. Dazu kommt, daß es hier unter den Wangwana-Kindern fast das einzige Mittel ist, ihnen etwas von den Glaubenswahrheiten beizubringen. Da die Kleinen aber meistens Kinder von Haussklaven sind, ist es ihnen von ihren Herren durchwegs streng verboten, bei den Missionären dem Religionsunterrichte beizuwohnen. Wagen sie es trotzdem, bei uns in den Unterricht zu kommen, so haben sie fast immer eine Tracht Prügel zu erwarten oder noch Schlimmeres. Aber kommen sie einmal in die Schule, so findet man, wenn man will, recht häufig Gelegenheit, einige gute Samenkörner in ihr Herz auszustreuen. Wir wollen hoffen, daß diese wie von ungefähr ausgeworfene Saat unter Gottes Segen und dem Schutze Unserer Lieben Frau von Afrika gedeihe und dereinst noch reise Früchte trage. Es läßt sich leicht begreifen, daß unsere Schule noch ungemein primitiv eingerichtet ist; es ist ein Gebäude von Holzpfählchen, zwischen welchen wir ein Flechtwerk von Zweigen angebracht haben. Diese Hürdenwände sind mit grauem Lehm beworfen und ein kunstloses Strohdach bedeckt das Ganze. Für die Neger, die nur ihre schlechte Hütte kennen, ist aber unser Schulgebäude -ein wahrer Palast. Das Mobiliar bestand bis vor wenigen Tagen aus einigen Kistenbrettern, die, mit Tinte geischwärzt, die Wandtafel abgaben, und dazu kam noch ein Schemel für den Herrn Lehrer. Die Schüler kauerten sich einfach auf dem Sandboden hin, und da ihr nichts weniger als steifes Kostüm aus einem schlichten Lendentuch besteht, so riskieren sie dabei nicht, sich die Hose im Sande zu beschmutzen und noch minder den Anzug an der betreffenden Stelle abzunutzen. Zu Anfang der Schulzeit findet allemal die schwer wichtige Austeilung der Schiefertafeln, alias Schieferfragmente, und der Griffel statt, wobei jedesmal tapfer gestritten wird, wer den längsten Griffel, wer das größte Schieferstück haben soll. Hie und da ein nicht allzu derber Hieb um die Ohren, ein strenger Mick des Magisters, und die Ordnung ist wieder hergestellt. Die drolligsten Szenen finden statt, wenn dann und wann ein neuer Schüler kommt, der noch nicht das heilige Kreuz-zeichen machen kann. Diese Manöver kosten der ungeübten Hand oft viele Mühe, und itoeil die Kinder anfangs gar nichts von der Bedeutung des Kreuzzeichens wissen, so kratzt sich manch einer ein wenig aut die Stirn und die Schulter. „Nun, es ist gut gemeint, braver Bursche, ein nächstes-mal wird- es schon besser gehen," so tröstet man sich und das schüchterne Kind. Auf die von altersher gewohnte, wenn schon nicht ganz saubere Weise wird die Schiefertafel gereinigt. Um das Trocknen der eingeschmierten Schiefersläche ein wenig schneller vor sich gehen zu lassen, können die kleinen Neger nicht mit dem Rock-ärmel manövrieren, denn wer keinen Rock trägt, hat auch keinen Ärmel. Ebensowenig können sie dazu ihren schwarzen Arm anwenden, denn dieser würde nur zu wenig Feuchtigkeit absorbieren. Und dennoch sind Die Kerlchen gleich mit dem Verfahren des Trocknens fertig: erfinderisch, wie sie sind, reiben sie die glitzerige Schieferplatte einigemal über ihren — Bauch! Und nun geht es daraus los: A, B, C, aus voller Kehle mit der Variation b-a, 6a! Schade nur, daß des Lehrers Zwerchfell oft so stark dabei erschüttert wird. Nach der Lesestunde allgemeines Nasenputzen — und zwar gerade so, wie unsere Vorfahren dies getan haben müssen: den rechten oder linken Zeigefinger abwechselnd auf den einen und den anderen Nasenflügel. Ganz kurios guckten die Kerlchen, als sie mich neulich bei einer gleichen Operation sorgsam aufbewahren sahen. was sie trotz ihrer Armut als unbrauchbar wegwarfen — sie verstanden nichts davon. . . . Sind nun alle Näslein geputzt, so folgt programmgemäß das Schönschreiben. Dies ist just nach dein Geschmack der Mehrheit, und mit Herz und Seele, ja sogar unter ohrenzerreißender Musik kratzen sie auf ihrer iSchieferplatte die Buchstaben nach, die ich ihnen -ans der Wandtafel vorschreibe. Aber auch unter dem schwarzen Völkchen findet man Taugenichtse, wie überall, und solche kleinen Bengel amüsieren sich öfter damit, daß sie einander mit einem angespitzten Griffel in die zarte Haut stechen. Neulich dozierte ich von meinem Katheder — wollte sagen Schemel — herunter, und in meinem feurigen Vortrage hatte ich kaum gespürt, daß sich ein paar -Krausköpfe an meine Schuhe herangeschlichen hatten. Als sie nun mit dem Losschnüren der Schuhriemen fertig waren, erkühnten sie sich, mich- in meiner Rüde einen Augenblick zu stören, und fragten mich ganz indiskret, ob ich- einmal eben meine Schühe un-d- Strümpfe ausziehen wollte, damit sie sich überzeugen könnten, ob meine Füße ebenso weiß seien wie mein Kops und meine Hände. Auf eine empfindliche Weise zur Ordnung zurückgerufen, erneuern sie ihren guten Vorsatz, nicht mehr so unbescheiden und dann aufmerksamer zu stin. Gelegentlich der treulichen totalen Mondesfinsternis -glaubten die Eingeborenen Hierselbst, es nähme jetzt die Welt ein Ende. Ganz Dabora war -auf den Beinen: Männer, Weiber, Kinder, sämtlich mit Spaten oder Hackmessern bewaffnet, schlugen damit ans Töpfen oder sonstigen Geschirren, daß einem Hören und Sehen verging. Alles spran!g tanzend umher, nicht gerade vor Freude, sondern wirklich vor lauter Angst. Der Polterlärm dauerte bis spät in die Nacht hinein, es war uns unmöglich, ein Auge zu schließen. Am nächsten -Morgen kamen meine Schüler in die Schule mit der frohen Meldung: „Bwana, da ftnib wir heute nachts doch gut weggekommen. Der Mond h-atte die Sonne beim Kragen und so waren sie dort oben miteinander in Streit geraten. Aber wir haben die Sonne vom Monde weggejagt. Ms sie uns rufen und schreien hörte, hat sie den Mond- vor Angst losgelassen. Und dies war unser Glück -auch!, denn sonst wäre es um uns alle geschehen gewesen!" „Ihr Burschen," so sage ich, „ihr seid doch richtige Dummköpfe. Ich- will euch einmal erklären, wie eine solche Mondesfinsternis entsteht." Ich gebe ihnen -auf der Wandtafel, so einfach es nur angeht, eine Vorstellung von diesem Phänomen. „Seht nun -gut," -so sage ich in der Mitte meiner -ErklärunK „die Sonne stehlt still, die Erde, aus der wir wohnen, dreht sich um die Sonne und ebenso- der Mond um die Erde." Ein paar Schlaupelze fühlen al-sogleich mit der Hand -aus den ©oben, um sich zu überzeugen, daß -die '@16e doch wirklich fest unter ihren Füßen liegt und nickst itoeniger tut, als sich herumdrehen, und dann guckt einer den anderen art, als wenn er sagen wollte: „Sollte es beim Bwana heute wohl richtig unterm. Hüt sein? Sonst ist er immer so klug, aber heute, nein, -er hat es gewiß nicht beim rechten Ende." Und- einer d-er Schlauberger erklärt gerade heraus: „Glauben Sie nur, Bwana, was Sie wollen, aber wir bleiben bei unserer Meinung!" Wenn ich für klein und- -groß Christenlehre halte, so -bediene ich mich eines großen Bilderkatechismus. Es ist dies ein gutes Mittel, ihre Andacht rege zu ma- Stern der Neger. Heft 6 und 7. 138 chen. Oft ist es merkwürdig, zu hören, welche sonderbaren, ja lächerlichen Bemerkungen sie dabei machen. Vor einiger Zeit behandelte ich den Sündensall Wams. Während ich ihnen mit Hilfe des Bildes möglichst deutlich erkläre, daß Adam durch seinen lüsternen Ungehorsam für uns alle, Weiße und Schwarze, die ganze Sache verdorben habe, und ich schon aller Aufmerksamkeit erregt zu haben glaube, ruft. einer der Zuhörer plötzlich aus: „Du, Ali, sichst du das, die Tiere in Ulaya («Europa) haben auch Schwänze", und damit zeigt er auf die Tiere des auf dem Bilde vorgestellten Paradieses! I! — Ein anderer fragt mich ganz treuherzig, ob diese verruchte Frucht, von der Eva gegessen hat, eine Mapera, ein Granatapfel oder eine Zitrone gewesen sei. Und so» hört man allerlei. Geduld» und »abermals Geduld, dies muß die Losung des Missionärs sein, sonst erzielt er nichts. Schicksal einer verlassenen Frau in Afrika. Der Häuptling N'konga- hatte unter sei- | neu Frauen, »ober besser gesagt, unter seinen Sklavinnen, auch »eine, die einen fürchterlichen Krebsschaden am Bauche hatte. Sie nahm alle ihre noch! übrige Kraft zusammen, um sich» an d»en Fluß zu schleppen und aids einem kleinen Nachen sachte rudernd, kommt sie und» bittet ihren Häuptling nnd die Fetischpriester um Hilfe. »N'konga jedoch empfängt sie hart, schilt sie und verweist sie auf 60 Schritte hinter seine Hütte. Da ist sie ohne Obdach, ohne Nahrung, ohne Kleidung, überhaupt ohne alles, was a»uil)i zur erbärmlichsten Existenz unumgäugbch» notwendig wäre. Fliehen »kann sie nicht; sie ist ja ganz kraftlos und es ist ihr zudem auch streng» stems verboten. Eines Tages Bairn ein guter Ghrist, Al«-b»ert genannt, zur Mission und setzte Sen Pater »davon in Kenntnis. „Es hat Eile," sagte er, „du mußt dieser armen Frau zu Hilfe komm!eu! Wir »armen Schwarzen haben nicht Mut genug, ihr helstu zu können; sie riecht so» übel . . . wir müßten uns gewiß erbrechen; wir würden es nicht aushalten können!" Der Pater wendet sich zu den Knaben der Mission: „Meine Kinder, wird der liebe '©loti zufrieden fein, wenn wir diese arme und» v»erlassene Frau, für deren ewiges Heil Christus ja auch» am Kreuze ge-ffotißen ist, in der Not und verloren gehen lassen?" — „O nein!" rieslen alle, sichtlich bewegt, „going sicher nicht!" — „Wer will also mit mir Bemmen, »damit wir ihr Helsen?" — „Ich, ich, ich, Vater!" und alle streckten die Hände auf. — „Aber," wiederholte der Pater, „bed»enkt es euch« gut; wir gehen zu einer verlassenen Sklavin, deren Körper bereits zur Hälfte verfault ist." — „Ichs ich», Vater!" riefen alle, noch »begeisterter als zuvor. — „Wohlan denn, gehen wir alle zusammen und», Schmach über diejenigen, welche zurückweichen!" So machten sie sick) Senn auf den Weg. Bald waren sie bei »N'ko»ng»a angelangt. „Wb» ist die Braute Frau?" fragte ihn der Pater. N'konga, der auf einer »Strohmatte lag, antwortete, ohne» »sich umizuwenden: „Hinter der Hütte in den Gebüschen." Die Kinder waren dem Pater vorausgeeilt. Nachdem er einige Schritte gemacht, bemerkte er, wie »zwei derselben aus dem 'Gebüsche traten und auf ihn zuliefen; sie hielten sich» die Nase zu: „O, das ist aber zu arg, Vater ! — Das $an|n aber kein Mensch aushalten!" — Der Pater sprach ihnen Mut zu tmrtlb so ging es vorwärts. Welch! ein Schauspiel, in der! Tat! . . . Lieber Leser, bitte nicht beschreiben zu brauchen. was dev Pater da sah, und seine Natur trotz alten guten! Willens cmp'and! Ich möchte euch diesen Genuß gerne ersparen! Man durste gar nicht daran denken, diese arme Alte in eine Hütte bringen zu lassen, denn es hätten sich vor ihr sicher alle Türen verschlossen. In die Missioln konnte man sie auch! nicht bringen; berat, abgesehen davon, daß man nirgends eiinen gefunden hätte, der sie bis dlnhin transportiert, wäre sie auch dem gangen Hanse zur unerträglichen Last geworden und hätte alte aus demselben verscheucht. Nachdem der Pater sich, die ©iadjie einen Augenblick überlegt hatte, sprach er zn den Kindern: „Zuerst muß jemand nach der Mission gehen, um Messer, Beil, Stroh, Lianen, Pfähle, Strohmatten unb etwas Nahrung h ich er zu bestellen. Sodann muß dieser Platz gereinigt werden, ein Bett aus Bambus verfertigt, eine Strohmatte darüber ausgebreitet und alles so bequem als möglich, hergerichtet werden. Schließlich muß noch eilte kleine Hütte erbaut werden und das alles noch vor Weitd. — Verstanden?" „O, Vater!, sollen wir denn hier in ihrer Nähe arbeiten? Es ist zu arg! Wenn es noch ein wenig weiter von ihr entfernt wäre, aber neben ihr samt niemand es aushalten!" „Feiglinge, die ihr seid!" tadelte sie der Pater, „ist das eure Tapferkeit, euer Mut und eure Nächstenliebe? Sie kann sich ja unmöglich weiterschleppen und darum muß Hierselbst, dicht neben ihr alles hergerichtet werden!" Die flinksten der Knaben waren unterdessen zur Mission gelaufen, um selbst die verlangten Gegenstände zu holen. Einem derselben fiegeignete auf dem Wiege seine Mutter. „Du gehst mir nicht hin," sagte diese zu ihm, „ich! will nicht, daß du dich solchem Gestanke näherst!" — Der Kleine mochte sich wohl der Worte Christi erinnert haben: „Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan hobt, ba§ habt ihr mir getan," und „Mer Water oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert," denn er blickte seine Mutter kurz mitleidig an und lief weiter. Bald kamen sie mit den notwendigen Werkzeugen zurück. Zwei Quadrattneter toiarm bald ausgerodet und 18 Pfähle in die Erde geschlagen!. Da fing es an zu regnen. „Macht nichts," sagte der Pater, „nur voran! ®erfeet sicher nicht zerschmelzen!" Um 2 Uhr fehlte nur mehr die Bedek-kung; Um 4 Uhr war schon alles fertig. Es ist zwar ein armseliges Obdach, doch es reicht, um die arme Verlassene genügend zu schützen. Da sie unter diesem ärmlichen Dache ein Feuer knistern hörte, schleppte sie fid) zu ihm, legte sich, auf die Strohmatte und toätmite sich. Dann sprach der Pater ihr vom lieben Gott, von ben Geheimnissen unserer Religion und versprach, ihr Naihruug und Holz für jeden Tag. Bald war ihr Herz gewonnen! Sie bat inständig um die heilige Taufe ratlb sobald sie genügend vorbereitet war, wurden ihre Bitten erfüllt. Veronika heißt jetzt die arme, verlassene Sklavin und freut sich, auch scho!U mit den ließen Engeln und Heiligen im Himmel. Das Salz bei Es gibt Dinge, über welche sich nicht streiten läßt; ein jeder kann recht haben, und dann sagt man: Dias ist Geschmacksache. Wir Zivilisierte können das Salz kaum entbehren; fehlt diese Würze, so schmeckt auch die beste Suppe nicht. Aber zur Salzschleckerei haben wir es noch nicht gebracht. Unsere Neger jedoch, wenn sie zwischen Zucker und Salz zu wählen haben, entscheiden sich ohne Zaudern fürs letztere. — Kommt der Missionär unter seine schwarzen Pfarrkinder, so wird er gleich umringt und angebettelt um eine Prise — Salz. Eilig humpeln die alten Weiber herbei und begrüßen ihn mit dem freundlichsten Lächeln auf den Lippen: „Guten Tag, Bwana, gib mir ein wenig Salz." Dabei lassen sie die einschmeichelndsten Laute vernehmen und ein Schnalzen mit der Zunge, bag nicht mißverstanden werden kann. Wie wünschen sie allen Segen auf einen herab, wenn sie die gewünschte Schleckerei erhalten haben! — Neulich fing ein kleiner Knirps, noch in der Ziegenhaut aus den Rücken der Mutter gebunden, bei meinem Anblicke jämmerlich zu schreien an; und so ein kleiner Schwarzer versteht sich aufs Schreien so gut oder noch besser als unsereiner, da wir noch in den Windeln lagen. Doch ein paar Körnchen Salz in den weit geöffneten Mund gelegt, glätten in einem Nu das so- den Negern. eben noch jo schrecklich verzerrte Gesichtchen und lassen das freundlichste Lächeln darübergleiten, und noch ehe die gesalzene Gabe aus der Zunge geschmolzen ist, find wir die besten Freunde. Eines Tages steckte ich mir eine Pfeife an und warf das Streichhölzchen beiseite. Gleich stürzten sich einige Kinder auf das armselige Hölzchen. Der Glückliche, der es erhäschte, hatte nichts eiligeres .zu tun, als das Ding in den Mund zu stecken unlb gierig daran zu schnullen. „Weshalb denn das?" fragte ich ihn. „Es ist salzig," war die Erwiderung des Kleinen, unb er setzte eifrig seine Schlek-kerei weiter. Ein Engländer hatte einen Zigarrenstummel weggeworfen; einer unfern: kleinen Halbwilden fand ihn unlb rauchte ihn so kurz, wie es unsereiner nie fertiggebracht hätte; dabei steckte er noch das zuerst angerauchte -Ende in den Mund, um sich zugleich auch an der salzigen Asche laben zu sönnen. Bei dieser Vorliebe der Neger für das Salz erklärt es sich>, daß dieses der ^gesuchteste Tauschartikel ist. Für ein halbes Glas Salz erhält mau ein Huhn, für einen Kaffeelöffel voll ein Ei usw. Salz und immer Salz! Hätten wir nur immer einen großen Salzvvrrat. Die nutzere Erscheinung des Wanyamwezi. Die Bewohner von Uny'amwezi, Wa-nyamwezi genannt, gehören zur großen Familie der Bantnneger, die in zahlreichen Stämmen und Völkerschaften über ganz Mittelafrika verbreitet ist. Wie im Laufe der Zeit die Gliederung der Bantu- neger vor ftd) gegangen ist und in welchem Verhältnis die einzelnen Stämme zur gesamten Familie stehen, läßt sich wohl kaum oder doch nur annähernd bestimmen; benn es ist sehr schwer, einen geschichtlichen Einblick in die Vergangenheit dieser Völker zu gewinnen, einerseits wegen der zahlreichen politischen Erschütterungen, die in den verflossenen Jahrhunderten stattfanden, anderseits wegen des Mangels an historischen Quellen. Kein Denkmal, kein Schriftstück hat nns etwas Genaues über die Wanyamwezi überliefert, und von bestimmten Zeitangaben kann überhaupt keine Rede sein. Das Wenige, was auf uns gekommen ist, ist so mangelhaft und ungenau, daß eine gründliche kritische Sichtung der iQiuälen und des Materials erforderlich wäre, bevor man an eine geschichtliche Darstellung sich wagen dürfte, und zu einer solchen Arbeit hat der Missionär keine Zeit. Deshalb ist es mir auch nicht möglich, mich ü&er die Vergangenheit der Wanyamwezi eingehend zu verbreiten, und nur gelegentlich werde ich einige hifto-rifche Notizen einsließen lassen. Was die äußere -Erscheinung unserer Neger betrifft, so wäre es unrecht, über dieselben gleich nach dem ersten Eindruck urteilen zu wollen. Wer länge« Zeit unter den Negern zugebracht hat, wird sich allmählich mit manchen Äußerlichkeiten versöhnen, ja er wird dem Äußeren des Negers selbst eine gewisse Schönheit nicht absprechen können. Die Farbe Iber Wa-nyamwezi-Neger ist durchschnittlich tief-schwarz. J-Hre Haut zeigt weder jene schöne, glänzende Farbe der Sudanneger, noch auch den hellbraunen Teint, durch den andere Negerstämme, wie die Wataturn, sich auszeichnen. Da jedoch die Wataturu Nachbarn der Wanyamwezi sind, so hat im Laufe der Zeit eine Art Vermischung stattgefunden, ja daß außer den eigentlichen Wanyamwezi auch eine ziemliche Anzahl Mischlinge sich im Lande befinden. Die Wataturu finb nämlich weit und breit berühmt wegen ihres kräftigen Körperbaues und ihrer außerordentlichen Muskelkraft. Deshalb eignen sie sich vorzüglich zu schwe-ren Arbeiten und sind schr gesuchte Sklaven. So ist es erklärlich, daß Wanyam-wezi-Häuptlinge durch Kauf oder Raub sich ihre Sklaven aus den Wataturüstäm-men verschafften und sich auch nicht selten ehelich mit Wataturnfrauen verbanden. Durch eine solche Vermischung hat alsdann die Farbe der Wanyamwezi viel von ihrer ursprünglichen Schönheit eingebüßt, während anderseits der ©tornim auf diese Weise -gekräftigt wurde. Die Farbe des Negers ist durchaus nicht unveränderlich. Die neugeborenen Kinder sind weiß und werden erst am zweiten, dritten oder vierten Tage schwarz. Bei schweren Krankheiten verliert der Neger den Glanz seiner Hautsarb-e, ja nicht selten werden die Handflächen und Fußsohlen fast weiß. Auf d-em Kopse trägt er starkes, wolliges oder, besser gesagt, verfilztes schwarzes Haar; sein Bartwuchs ist dagegen sehr spärlich, bei den meisten sogar fehlt er gänzlich. Weder Männer noch Frauen tragen langes Haar, vielmehr schneiden beide Geschlechter sich- von Jugend- auf d-as Haar ganz oder teilweise -ab; die einen schneiden es kreisförmig nachi Art einer großen Tonsur, andere lassen nur ein Haarbüschel stehen, entweder in b'er Mitte des Kopses, oder vorne, ober hinten, oder seitwärts; wieder -andere scheren die linke Hälfte des Kopses, während die rechte unbehelligt bleibt; nodji -andere endlich bilden die wunderlichsten Figuren, kleine Kreise, Ringe, Rauten, Dreiecke, je nach dem Geschmacke -des einzelnen. Sie tun dies sowohl aus Schönheitsrücksichten als auch- z-nr Beförderung der -Reinlichkeit. Im -allgemeinen wird ein Europäer an derartigen Kops-zeichnungen wohl wenig Geschmack finden; doch! läßt es sich nicht leugnen, daß der Neger hiedurch ein gewisses -Schönheits-ge- fü!hl ■ bekundet, das selbst dem Auge des Weißen -wohKnt. Im Alter werden die Haare b'e§ Negers grau; niemals jedoch sieht man einen ehrwürdigen Greis mit schneeweißem Haar; denn selbst im höchsten Alter bleibt der Haarwuchs mit Schwarz untermischt. — Durch ihre Haartracht unterscheiden sich bei den Negern die Za-ube-rer von allen anderen, denn sie -allein haben d-as Recht, lange, ungeschnittene Haare zu tragen, worauf sie sich natürlich- nicht wenig zugute tun. ©ine besondere Sorgfalt widmen die Mger bet Pflege ihrer Zähne. Sie sind stolz daraus, wenn -deren schöne, weiße Farbe si-ch recht scharf von ihrem schwarzen Untergründe abhebt. Deshalb reinigen sie dieselben nicht nur einmal, sondern selbst öfter des Tages durch -Reiben mit einem Stückchen Holz. Dank dieser äußersten Reinlichkeit haben die Neger im allgemeinen -gesunde Zähne, und Zahnschmerzen sind -Bei ihnen, wenn -auch nicht ausgeschlossen, so- doch viel seltener als Bei uns in- Europa. Die Schneid-ezähne des Oberund Unterkiefers seilen sie -sich- soweit ab, d-aß beide Z-ahnreihen sich gegenseitig nicht berühren. Betreffs der Zähne herrscht unter den Negern die seltsame Sitte, diejenigen Kinder, bei denen die Zähne des Oberkiefers zuerst hervortreten, zu töten, eine Worstellung, die wohl mit ihren abergläubischen Gewohnheiten- zusammenhängen mag. Gesicht und- -Gehör des Negers sind durchschnittlich sehr gut ausgebildet. Ihr Blick ist so -durchdringend, -daß sicher nur wenige Europäer -an Schärfe der Augen sich mit einem Neger messen können. Graue, überhaupt hellfarbige Augen sind bei ihnen selten. Der dunklen Haut- und Haarfarbe entsprechend haben die meisten aucff dunkle Augen. Kurz- und weitsichtige Neger habe ich nur selten angetroffen, wohl aber viele, die vollkommen erblindet waren. Dies rührt von den Pocken her, die unter Ben Negern unerhörte Verheerungen anrichten. Eine besondere Pflege wenden -die Neger dem Auge nicht zu, doch helfen sie ein-and-er mit -großer Geschicklichkeit, etwaigen Staub aus den Augen zu entfernen. Sie h-alten d-abei d-as Auge mit den Fingern -offen und blasen- dann den Staub heraus. — Wie bei den meisten Naturvölkern, so ist auch bei den Negern d-as Gehör sehr fein, und Taubheit ist unter ihnen ziemlich selten. Da ich gerade von den Ohren spreche, will i-ch die Ohrringe und andere SchMuckge-genstände kurz berühren. Die Sitte, Ohrringe, Arm- und Fußsp-angen, Halsbänder usw. zu tragen, ist bei d-en Negern allgemein, doch finden sich- Bei den einzelnen Völkerschaften bedeutsame Unterschiede. So tragen die Wa-go-go-Neger (Bewoh,ner von llg-o-ga) gewaltige und dazu häßliche Ohrgehänge, welche, in die Ohrläppchen -eingezwängt, den ganzen Kops entstellen und die Ohren bis auf die Schultern herabziehen. Andere hängen sich- kleine Krüge oder Z-auber-geg-enstände an die Ohren-, wodurch d-ie Bewegung des Kopfes erschwert und d-as gange Aussehen entstellt wird. Das tun unsere Wanyamwezi nicht; ihr, natürliches Schönh-eits-gefühl verbietet ihnen derartige Entstellungen, und sie selbst machen sich lustiig üb-er die unter ihnen wohnenden Wagogo. Dagegen sind kleine, mehr oder weniger dem europäischen Geschmacke entsprechende Schmuckgegenstän-de aus Holz oder -Elfenbein auch bei den Wanyamwezi beliebte Ohrgehänge. An Armen und Beinen tragen sie nicht selten schwere Ringe, und- ma-nch-m-al wunderte ich mich-, wie sie mit einer solchen Last beschwert, doch so leicht und anmutig- alle Bewegungen aus- 143 Heft 6 und' 7. Stern der Neiger. zuführen wußten. Im Gebrauch! von derartigen Schmuckgegenständen zeichnen sich die Zauberer vor allen anderen aus; sah ich deren doch, die 10 bis 1-5 Zentimeter breite elfenbeinerne Arm- und- Fußspangen trugen. Sie Körpergröße der WanyaMwezi ist durchschnittlich mäßig. Man trifft unter ihnen zwar auch Männer von auherord-ent-licher Höhe und kräftigem Wuchs, allein anderseits sind auch- kleine Leute nicht selten. Ich erwähne dies, weil manche andere Völkerstämme unter den Negern sich, gerade durch ihren riesigen Körperbau vor allen anderen auszeichnen, so- -daß der Europäer vor ihnen nur wie ein Zwerg erscheint. Dies ist, wie gesagt, -bei den Wa-nhamwezi nicht der 'Fäll; mäßige Körpergröße, aber gewaltige Muskelkraft ist ihnen eigen. Das Alter ist bei ihnen durchschnittlich das gleiche wie bei den Europäern. Zwar sterben viele Kinder unter den Negern in ganz zartem Alter, -allein das ist begründet in- der mangelhaften Pflege, die ihnen zuteil wird. Würde der Neger van Jugend aus so zärtlich und liebevoll behandelt wie die Kinder in 'Europa, so würden auch mehr -Kinder das reifere Alter erreichen. Allein das Negerkind ist schon- von frühester Jugend- an allen Arten von Leiden und -Entbehrungen ausgesetzt, von denen der Europäer keine Ahnung hat. Was Wunder, d-aß d-a manches Kind einer frühen Krankheit zum Opfer -fällt. Anderseits finden sich aber auch Neger, die sicherlich über hundert Jähre alt sind. So kannte ich eine Negerin, die ich mindestens auf 110 Jahre schätzen mußte. Ihr Sohn toat einer der ehrwürdigsten Greise des Landes und mochte 90 Jahre zählen'. Sie selbst aber nannte mir Namen von Königen des Landes und erzählte mir Ereig- nisse, von denen sonst niemand' im Lande mehr etwas wußte. Keiner erinnerte sich, sie jung ges-eh'en zu haben, sie -aber wußte Eine katholische slegerfamilie in BelgisdvKongo. von den Ju-gendjahren und den Voreltern aller im Lande zu erzählen. Der liebe Gott schien dieser Alten nur deshalb ein -so langes Leben geschenkt zu haben, um ihr schließlich noch d-as Glück der heiligen Taufe zuteil werden zu lassen. Denn wenige Stunden- vor ihrem Tode konnte ich sie durch das Bad- der Wiedergeburt in den Schoß der heiligen Kirche aufnehmen. Solch alte Leute, die, wenn auch nicht über 100, so doch beinahe 100 Jahre hatten, habe ich mehrere gekannt. Wenn man nach dem ©i'imbe forscht, weshalb der Neger manchmal ein so hohes Alter erreicht, so glaube ich, daß dies seine Begründung einesteils in der rauhen Jugenderziehung des Negers hat, die schwächliche Naturen unfehlbar zugrunde richtet, die kräftig veranlagten dagegen immer mehr stärkt und gegen Krankheiten -abhärtet; anderseits ist auch die Reinlichkeit des Negers ein Grund für fein hohes Alter. Man hört zwar manchmal unter Europäern von der lln= reinlichkeit des Negers wie von etwas Selbstverständlichem sprechen, allein die Wirklichkeit -entspricht dem bei weitem nicht. Die oberflächlichste Beobachtung könnte da den Reisenden eines Besseren belehren. Sobald der Neger ides Wends ins Lager kommt, legt er seine Last ab, und sein erster Gang ist zum nächsten Wasser, um sich Gesicht, Arme und Beine zu waschen. Gegen Slbenb nimmt er dann j ein vollständiges Bad. Und das tut der Ne--ger nicht nur auf Reisen, sondern auch, wenn er zu Hause ist. Überhaupt ist er viel zu eitel, um an sich Unreinlichkeit zu dulden. Wer einmal gesehen hat, wie sorgfältig und fyäufi-gi er sich wäscht, wie fleißig er seine Kinder reinigt und wie stolz er dann in blendend weißem Stoffe einherschreitet, der wird an das Märchen von d-er Unreinlichkeit Negers nicht mehr -glauben können. Mag Wohl auch nicht -alles an der äußeren Erscheinung des Negers d-em Geschmack eines Europäers entsprechen, jedenfalls tut man der schwarzen Rasse un- recht, wenn man sie einfachhin als häßlich und ihre Angehörigen als unsaubere, abstoßende Menschen bezeichnet. Man darf eben in der Beurteilung der afrikanischen Stämme sich nicht von den in Europa so häufigen Karrikaiuren des Negers leiten lassen; m-an m-uß ihn selbst in feiner Heimat gesehen haben, und dann wird man diesbezüglich bald ein richtigeres Urteil gewinnen. -Gewiß gibt -es unter den Negern häßliche -Erscheinungen in Menge, doch finden sich aber auch ganze Stämme, d-ie sich- durch -schönen, ebenmäßigen Körperbau und- durch feine Gesich!tszüge auszeichnen, und auch unter den Wanyamwezi gibt es Leute genug, deren hübsche, ja edel geformte Züge nur durch ihre schwarze Farbe den Afrikaner verraten. „Freilich wird der Europäer," wie Falkenstein richtig -bemerkt, „in Europa selbst stets an der eingesunkenen Nase, den vorstehenden Backenknochen und den vollen, aufgeworfenen, doch selten wulstigen Lippen Anstoß nehmen; befindet er sich aber längere Zeit mitten unter ihnen, so bewirken die für- die Umgebung vorteilhaft dunkle Schattierung der -Haut und die -anmutige Leichtigkeit d-er durch kein Übermaß der Kleidung begrenzten Bewegung, die elastische Frische der Jugend, die natürliche Naivität des reiferen Alters, daß er d-er Rasse als solcher Gerechtigkeit widerfahren läßt. Es liegt in ihrem Wesen, ihrem Charakter, ihrer Umgan-gsweis-e etwas Urwüchsiges, Natürliches, das un-s notwendig mit ihr befreundet." Banici. Im Leben des -Schwarzen bildet d-er Barua oder „Brief" eine wichtige Rolle. Wenn- ich das Wort mit Brief übersetze, so habe ich damit dessen Bedeutung nicht ganz -erschöpft. Wir Europäer nennen Brief nur eine Mitteilung, die wir einer Person schriftlich zukommen lassen, und zwar muß diese Mitteilung verschlossen sein. Selbst da gibt es noch Einschränkungen. Eine Rechnung nennen wir keinen Brief, Akten und amtliche Schriftstücke bezeichnen wir ebenfalls nicht mit dem Worte Brief, und eine Postkarte ist auch kein Brief. Nicht so macht es der hiesige Neger. Bei ihm ist alles Geschriebene eine Barua, ja noch mehr, es ist ihm alles Ba-rua, was von der Post kommt, wenn es auch schließlich nur Drucksachen jmb. Jeder kleine Zettel und Fetzen, der beschrieben ist, wird ebenfalls mit Barua bezeichnet. Damit will ich! aber keineswegs sagen, daß nicht besser unterrichtete Neger zwischen einer „Seitung" (Zeitung), einer habari ya sim (Telegramm), einer hisabu (Rechnung), einem cketi (Bescheinigung) usw. und einem gewöhnlichen Briefe unterscheiden können. Beim Volke aber gibt es diese Unterschiede nicht oder nur in verschwommener Weise. Das aber weiß jeder Neger, daß man mittels einer Barua einem anderen etwas mitteilen und etwas auftragen kann, daß also einem Barua eine gewisse Kraft innewohnt. Der Barua ist ihm ein Schlüssel und Zauberstab zum Herzen eines ante ren. Es ist darum erklärlich, daß unsere Neger zur Bekräftigung irgendeines Auftrages sich einen Barua erbitten. „Kann denn der lesen?" fragte ich schon oft. — „Nein!" — „Was tust du dann mit dem Barua?" — „Ja, 'wenn er ihn sicht, bann fürchtet er sich und tut, was ich sage." Ganz natürlich muß ich, damit kein Mißbrauch getrieben toirb, den Barua in einem solchen Falle verweigern. Oft aber weiß ich, daß in dem betreffenden Dvrfe oder nahe dabei ein des Lesens kundiger Christ wohnt, dann kann ich! ruhig einen Barua schreiben. Es fiel mir schon oft dabei auf, daß der Neger offene Briefe als minderwertig ansieht. „Andikia tena bahasha,“ — „Beschreibe auch ein Kuvert" •— sagen sie öd. Drücke ich dann noch den Stempel mit dem Kreuze darauf, dann ist Freude und.'Staunen. Freude, weil jetzt noch ein Zeichen auf dem Briefe ist, und Staunen, weil dieses Zeichen so schnell und schön gemacht werden kann. Dchß ein mit einem amtlichen Stempel versehenes Schreiben auch bei Europäern Ansehen genießt, ist auch den meisten Negern bekannt, und sie kennen ganz gut den „chapa cha ndege“, den Stempel des Vogels ober den Reichsadler, der hier überall den amtlichen Stempel schmückt. Eines Tages erlebte ich folgende Geschichte: Als ich abends heimkomme, liegt ein halber Sogen Papier auf meinem Tisch, der Rest irgendeiner amtlichen Mitteilung an einen Europäer. Der obere Teil ist abgeschnitten, der untere Teil, der Schluß, mit dem amtlichen Stempel versehen. Ich besehe das Papier und denke, „das hat irgendein Knabe gefunden und aus Achtung vor dem Stempel mir auf den Tisch gelegt". Damit leige ich den wertlosen Fetzen an seinen richtigen Ort unter dem Tisch in den Papierkorb. Einige Wochen später kommt einer meiner Leute zu mir und fragt mich, ob ich seinen Barua erhalten habe. „Ich weiß nichts davon. Wem haft du den Barua gegeben?" — „Dem Am'dalla." — „Rufe ihn." Er kommt. „Hat dir dieser einen Barua gegeben?" — „Ja." — „Wo haft du ihn hingchan?" — „Ich gab ihn dem Bruder." — „Gjut, rufe den Bruder." Nun stellt es sich hieraus, daß der betreffende Barua nichts anderes war als jener gestempelte Halbe Bogen, den ich' in den Papierkorb geworfen hatte. Der Bruder hatte verges- sen, mir die Sache mitzuteilen. Zum Unglück war unterdessen der Papierkorb entleert Worden und der Bogen verschwunden. Das foar mir nicht lieb, denn dieser halbe Bogen hatte einen Schuldschein über einige Ru'pies darstellen sollen. Statt eines richtigen Schuldscheines hatte der Schuldner seinem Gläubiger nur den gestempelten Bogen gegeben und später entstand wegen der Zurückzahlung Streit und zur Prüfung hätte man1 mir den angeblichen Schuldschein geschickt. Die beiden haben sich schließlich dann doch noch geeinigt. Aber man sicht: der Warna spielt eine bedeutende Rolle. An den Militärstationen und beim Bezirksamtmann, der den wichtigen Namen bwana shauri, „Mann der Beratung", trägt, sind schwarze Polizeisoldaten ange= stellt. Diese, obwohl gut unterrichtet in ihrem Dienste, haben doch auch Respekt vor jedem Warna. Das wissen die Schwarzen. Steht darum ein Neger zu einem Europäer in einem Dieüssverhältnis oder, wie bei der Mission, im Verhältnis eines Kindes zu seinem Vater, so sucht er, wenn er etwas mit dem bwana shauri zu verhandeln hat, einen Warna zu erlangen, damit der Askari (Soldat) ihn eher vorlasse. Mancher Schlingel meint schließlich auch, des Europäers Bries könne die Entscheidung am Bezirksamt 'Beeinflussen. Diese Ansicht suche ich gründlich auszurotten. Der Neger ist zufrieden, wenn er nur eine Bescheinigung hat, daß er soundso heiße und da und dort wohne und diese und jene Angelegenheit verhandeln wolle. Hat aber einer gestohlen oder sonst sich ein Vergehen zuschulden kommen lassen und man bringt den Übeltäter zu mir und ich sage, was bei Rückfälligen stets geschieht: „Mpelekeni shaurini,“ „Bringt ihn zur Verhandlung", und ich! setze milch dann hin und schreibe das notwendige Begleitschreiben, so ist ein solcher Brief gefürchtet; denn die Hiebe — meist fünfzehn —, die der Taugenichts empfängt, brennen schpn im voraus, und gerade das ist oft die beste Medizin, die der Barua vermittelt. "■ Viel lieber als solche Uriasbriefe trägt aber der Negersklave einen Brief zum bwana shauri oder zur homani (zur Festung) , der ihm die Freiheit bringen soll.* Bei dieser Gelegenheit möchte ich die in Europa vielverbreitete falsche Meinung berichtigen, daß es hier dem Sklaven so schlimm ergehe. Unter der deutschen Regierung ist ein großer Umschwung zum Besseren eingetreten. Der frühere Sklavenraub im großen Stile mit Mord' und Brand' hat gänzlich aufgehört und es liegt im eigenen Interesse des Herrn, seinen Sklaven nicht durch harte Behandlung zur Arbeit untauglich zu machen. Ausnahmen gibt es ja. In solchen Fällen verliert aber der Herr' sofort seinen Sklaven, indem die Behörde ihm einen Freibrief ausstellt. Anderseits weiß ich jedoch auch -einen Fall, daß ein Sklave die ihm winkende Freiheit sogar verschmähte. Der Loskauf von Sklaven ist viel seltener als sonst und wird wohl bald' ganz aufhören. Denn die Aushebung ber Sklaverei ist nur noch eine Frage der Zeit. Manche meinen, es fei noch zu früh, manche meinen, man brauche so viele Rücksichten gegen unsere arabischen Sklavenhalter nicht walten' zu lassen, daß man mit der Aushebung noch' zögere. Wegen des Ansehens, das ein Warna genießt, ist dem Eingeborenen, der nicht * Ein kleiner Brief, Zettel, heißt mit Vorschlag der Verkleinerungssilbe kibarua. Da nun die Taglöhner früher sehr häufig einen Zettel (kibarua) erhielten, auf Grund dessen ihnen der Lohn ausbezahlt wurde, so ging der Name des Zettels auch auf den Arbeiter über, so daß man heutzutage das Wort kibarua fast nur mehr in der Bedeutung Taglöhner gebraucht. Heft 6 und 7. Stern der Neger. 147 selbst schreiben kann, jeder ihm übergebene beschriebene Fetzen etwas Außergewöhnliches, das er mit großer Sorgfalt aufbewahrt. Da nun Hosen und Rock zwar nicht unbekannte, aber ungebräuchliche Kleidungsstücke für den Neger find, so wickelt er Briefe in sein Lendentuch. Dieses am Leib zu befestigen, haben alle Schwarzen große Geschicklichkeit. Sie hüllen den Leib ein und drehen dann die Enden oben so zusammen, daß ein kleiner Wulst entsteht. Dieser Wulst hält das Tuch zusammen und ersetzt zugleich die fehlende Tasche. Da wird alles Mögliche mit hineingewickelt, auch ein Warna older Brief. Er ist dann ganz klein gefaltet. — Größeres Format tragen sie in der Hand, wenn der Weg nicht weit ist, oder sie stecken den Brief an einen oben gespalteten Stock und klemmen ihn ein. Andere tragen ihn unter der Mütze, manchmal so, daß sie ihn bei den Schläfen hineinstecken und der Brief neben den Qhren sichtbar ist. Wieder andere tragen Briefe in einen eigenen Stoffstreifen eingehüllt wie eine lederne Geldkatze sorgfältig um den Leib gewickelt. Europäer verpacken ihre Briese meist selbst in wasserdichten Stoff, und dieses kleine Paket-chen umschnürt der Neger -bann noch und hängt es um wie eine Tasche. Einmal sah ich, wie eine alte Frau, eine ehemalige Sklavin, ihren Freibrief, ganz klein -gefaltet, fandet in Leder eingenäht hatte. Diesen Barua trug sie wie ein Amulett an einer Schnur um den Hals. Im Hause werden ©riefe sehr -gut behütet, entweder in Dontöpsen oder Holzkisten, immer aber in ein -anderes Papier oder in ein Tuch eingeschlagen. Frisch erhaltene Briefe stecken die Jumben ober Ortsvorsteher gerne unter die Stangen, auf denen das Grasdach ruht. X. Wie heiraten die Tibetaner? Von P. Ignatius Bethan 8. D. 8. Unser Nachbarland Tibet, welches gegenwärtig auf einem nicht freundlichen Fuße mit der englischen Regierung in Indien steht, unterscheidet sich sehr von unseren assamesischen Sitten und Gebräuchen. Für diesmal soll nur kurz über zwei Arten die Rede sein, wie eine Hochzeit zustande kommt. Die Notizen habe ich aus einem von einem indischen Tibetreisenden veröffentlichten Buche entnommen, welches kürzlich erschien, und ich gebe hiemit nur die getreue Übersetzung. Die Hochzeits-Zeremonien des tibetanischen Volkes sind sehr sonderbar und interessant; manche befragen und beratschlagen sich mit Sterndeutern. Wenn ein junger Mann ein Mädchen zu heiraten sich ent- schlossen hat, dann treffen sich beide auf Verabredung, ohne ihre Eltern davon in Kenntnis zu setzen, an einem bestimmten Platze, gewöhnlich auf dem Marktplatz, vorausgesetzt, daß derselbe sich in der Nähe Befindet. Gewöhnlich ist das Mädchen von Freundinnen begleitet. Ter zukünftige Ehemann muß dann fingen. Die Gesänge müssen so gedichtet sein, daß er durch dieselben feiner Zukünftigen recht schmeichelt und ihre Person sehr lobt. Wenn er während des Gesanges von seiner Braut, deren Hand er begehrt, geschlagen wird, dann macht er sich mit tiefer Beschämung aus dem Staube, ein Zeichen, daß er von ihr einen Korb bekommen hat. Ge!ht seine Gesangskunst soweit, daß das Herz seiner Auserkorenen -dadurch gefesselt wird, dann nimmt er sie bei der Hand und führt sie nach Hause. Eine andere Art, eine getreue Lebensgefährtin zu gewinnen (und diese scheint gewöhnlich stattzufinden), besteht darin, daß der Heiratslustige seiner Auserkorenen im Hause ihrer -Eltern einen Besuch abstattet, zu welchem bte Erlaubnis erteilt wird-, vorausgesetzt, daß die nächsten Verwandten, welche im Hause der -Braut wohnen, von dem Brautwerber ein totes Schweinchen (Phudang genannt) als Geschenk erhalten. Wenn endlich, die H-o-ch-zeitsfeiierlichkeit stattfinden soll, dann muß der zukünftige Ehemann, wenn er hinreichend bemittelt ist, noch extra einen Büffel und ein Schwein stellen, welche als Geschenk den Eltern seiner Braut borge* bracht werden; zudem wird eine einheimische Silbermünze an der Stirne des Viehes befestigt. Freunde und- Verwandte versammeln sich aus einem geräumigen Hosraum; ein jeder Bringt -ein Geschenk mit, bestehend aus Reis und einer Flasche Reisbranntwein (Murwa genannt). Der Bräutigam schlägt begeistert seine Trommel, Tam-Dam, bei welcher Musik seine Braut mit ihren Hochzeitsgästen längere Zeit hindurch tanzen muß. Wenn dieses geschehen ist, werden bestimmte Zeremonien von einem Phedangha-Priester vorgenommen ; derselbe beginnt mit folgenden Worten: „Gemäß den uns seit ältesten Zeiten eingehändigten Überlieferungen und- der Praxis unserer alten Väter verknüpfen wir Sohn und Tochter zum ehelichen Leben." Diese Formel wird von betn Priester wiederholt und -darnach legt der Bräutigam seine flache Hand auf -den Kopf seiner Frau. Zugleich -hält er in der anderen Hand einen1 -Hahn, seine junge Frau eine Henne, welche d-as junge -Ehepaar dem Priester einhändigt. Wenn die ongegeB-ene Formel zum drittenmal vorgenommen ist, werden die Hälse der Hühner abgeschn-itten und dann das Blut sorgfältig in einem -breiten Baumblatt gesammelt, um darnach das glückliche -Omen herauszuphilosophi-e-ren. Nun werden die Hühner als Hochzeitsgabe unter das Volk geworfen. In einem zweiten Blatt befindet sich eine Scharlach-farbe, in welche der -Ehemann seinen Mittelfinger eintaucht, mit welcher er die Stirne des Priesters 'bemalt imib dann die Nasenspitze seiner Frau mit den Worten: „Von jetzt -an, Mädchen, bist du meine Frau", und er wiederholt Ulster mit steigendem Geheul diese Worte und bestreicht dann mit dieser lieblichen Farbe das ganze Gesicht seiner Frau. Am folgenden Tage ruft der Priester alle guten Geister an und sagt zu den Vermählten: „Von jetzt an sollt ihr beide leben als Mann und Frau, solange ihr aNs -Erden lebet!" Wenn nicht ausdrücklich von dem Priester betont wird, daß sie lebenslang zusammen sein sollen, dann wird- eine solche Ehe -als unglücklich prophezeit und wohl oder übel müssen, natürlich zum materiellen Vorteil des Priesters, neue Zeremonien vorgenommen werden. Mm Hochzeitsfeste spielt der Schnaps eine Hauptrolle, welcher einem j-dien -Glaste verabreicht wird, ebenso Schweinefleisch; endlich itoirb' -ein Teller mit gekochtem Reis den verh-eiratet-en Hochzeitsgästen zugedacht. Ist der Hoch-zeitsschmaus -vorüber, dann kehrt die Braut (oder besser gesagt die junge -Frau) in das Haus ihrer Eltern zurück und nach zwei oder drei Tagen kommt der Ehemann in das Haus seiner Frau, um mit ihren Eltern Familienangelegenheiten in Ordnung zu bringen. Es ist Regel, daß -er drei -Gegenstände mitbringen muß: 1. eine Flasche Schnaps, 2. ein kleines -Schwein und 3. eine Sil- bermünze, als Geschenke für die Schwiegereltern. Wenn er gertibe im Begriffe ist, ihnen b'ie Geschenke darzureichen, geraten die lieben Schwiegereltern gezwunge-nerweife in: heftige Leidenschaft und drohen, ihn zu fchlagen, jedoch bittet er sie, solches nicht zu tun, und versucht, sie mit einem zweiten Geldstück zu beruhigen. ('Es sei bemerkt, daß die Schwiegereltern nur zum Schein sich aufregen, als wenn sie von der Hochzeitsgeschichte keine Idee gehabt und darum auch ihre Einwilligung nicht gegeben hätten.) Nachdem sie ba§ Geldstück angenommen, fragen sie den gutmütigen Ehemann mit erzürntem Herzen: „Warum hast bu uns unsere Tochter gestohlen?" Nocks mehrere andere unliebsame Fragen stellen sie an ihn. Hat sich .bet Niger der Schwiegereltern ziemlich gelegt, dann bezckhlt der Schwie- 3uonie, das Er war weder weiß, noch schwarz, gehörte weder der gelben Rasse an, noch konnte man ihn den Rothäuten zugesellen:. Er war auch kein ^Europäer und kein Mulatte; ebensowenig konnte man sich über sein Alter klar werden. Etwas gezeugt schritt er einher; tiefe Runzeln durchfurchten sein braunes Gesicht. Man sah es seinen sonnenverbrannten, aber zart geformten Händen an, daß er viel und schwer hatte arbeiten müssen. Er war jo> etwas wie „Strandgut". 'Eines Tages fanden wir den Mann auf einem Lager des Saales Nr. 1 recht elend, von heftigem Fieber befallen, mit schwerem, keuchendem Atem. Es torn: im Monat März 1908, den man auf Ceylon den Wonnemonat nennen dürfte. Die mächtigern Schlingpflanzen, welche in leichten gersohn den Preis und den Wert seiner Frau gemäß feinem Wohlstände mit 15 bis 160 Mark; zudem ist aus jeden Fall das Geschenk eines Schweinchens eine unabänderliche Bedingung und' Kaution; außerdem muß er auch an die Ältesten des Dorfes sich erinnern und ihnen eine Geld-münze von ungefähr 20 Mark vermachen. Diese Summe wird betrachtet als Sühne, weil er seinen Schwiegereltern ihre Tochter geraubt hat. ‘Um dem löblichen „Stern der Neger" nicht zu viel Raum ans einmal abzuzwicken, behalte ich mir vor, weitere Hochzeits-Zeremonien in Tibet, namentlich unter den reichen umb angesehenen Tibetanern, wie sie ■gegentoärtig noch streng beobachtet werden, durch einen weiteren Beitrag Bei einer anderen Gelegenheit den verehrten Lesern und Leserinnen zur Kenntnis zu bringen. he Küchlein. Spiralen Palme mit Palme verbinden, prangten im Schmucke ihrer sarbenfri scheu Blüten, und die zarten, neuen Keime und Blätter an Baum und Gebüsch erinnerten in etwas an den so freudig begrüßten Frühling in der europäischen Heimat mit seinem unsagbaren Reiz. Jüonie, so nannte sich der oben bezeichnete Mann, sah> mich mit einem so klaren Blicke an, wie er sonst nur den reinen., unberührten Kindern eigen ist, und antwortete zu meinem Erstaunen auf die an ihn gerichtete Frage auf Französisch: „Mir geht es schlecht, große Mutter, sehr schlecht. Das Fieber hat mich überwältigt. Aber ich übergebe mich ganz in Ihre Hände. Von nun an soll Ihr Wollen über mir walten." Ich wollte etwas mehr von seinem Leben wissen, um in der Lage zu sein, ihm wirklich Gutes zu tun, auch für feine Seele, und fragte weiter: „SSO haben Sie denn Französisch gelernt?" „In Mahls," sagte er stolz. „>Es ist dort ein großes Kollegium, wo ich meine Jahre verbrachte, als ich Kind und Jüngling war." „SOfj: so-! Nun, fielen Sie jetzt nur ganz ruhig. Hier im ©pital wird man sein Möglichstes tun, um Sie gut zu pflegen, und wir wollen auch für Sie beten. Wie alt sind Sie?" „Bei siebzig Jahre!" „Wollen Sie mir auch- sagen, welcher Religion Sie angehören?" „Große Mutter! Ich fpaPe stets die Tugend geliebt. Ich weiß, daß das höchste Wesen alles vermag. Was der -große 'Gott beschließt, ist gut!" Mehr und Genaueres über seine religiösen Ansichten konnten wir nicht -aus ihm herausbringen, auch nicht -an- den folgenden Tagen. 'Es hatte sich 'herausgestellt, daß Juonie eine Lungenentzündung h-atte, die gerade für Greise meist so gefährlich ist. Er war dem -Ersticken nahe; er sprach im Fieberwahn bald Englisch oder Französisch, bald Tamulisch in -einem unaussprechlichen Durcheinander; denn er besaß genannte Sprachen auf seine Weise. Wir standen große Angst aus um den armen Alten wegen der Heftigkeit des Übels. Wir wußten ja nicht einmal, ob er getauft fei oder nicht . . . Reichten wir ihm das Kreuz, so küßte er es; öfter auch -machte er mit zit-ternd-er Hand das Kreuzzeichen. Endlich tear die Krisis überstanden. Juonie h-atte wieder sein klares Bewußtsein und er sagte zu uns: „Ich kenne die katholische Religion sch-r gut; -aber ich bin noch nicht getauft. Meine Eltern waren- Anhänger der Hindureli-gion." Mit ehrfurchtsvoller Aufmerksamkeit hörte er dem zu, was wir zur Vervollständigung seines Unterrichtes i'pm sagten, und bat um die Taufe. Doch- bald schwand- die unmittelbare Gefahr; nach vierzehn weiteren Tagen schien es, als sollte Juonie noch -gesund werden. Immerhin war sein Zustand noch bedauernswert. Der Alte hatte Wunden an- den Beinen, die ihm d-as Gehen unmöglich machten. Man brachte ihn in einen n-ahe-gelegen-en Saal, wo meist jene Kranken hinkommen, die -des Chirurgen -bedürfen. Dort waren nur vier Betten. Durch! die hohen Fenster drang Licht und Lust in Fülle; ein nahest ehender Baum mit goldigen Blüten sandte seinen Dust, der dem W-eihrauchdufte ähnelt, in den -Saal. Ein frohes Lächeln lag auf dem runzeligen Perga-mentgesichte, als wir zu Juonie kamen. „-Guten Tag, -große Mutter!" sagte er. „Ich bin sehr zufrieden. Die -große Schche-ster ist sehr gütig -gegen mich. Aber, kann ich die Erlaubnis haben, einen Wunsch meiner Seele kundzugeben?" „Ganz gewiß!" „Ich möchte ein Buch d-er heiligen Evangelien und auch drei appam (indischer Kuchen, der gewöhnlich heiß gegessen wird). Hören Sie Wohl, große Mutter: einen um 7 Uhr früh, -den anderen um Mittag, den dritten abends. Das ist sehr heilsam für mich." Selb'stverständli-ch wurde ih-m beides — Nahrung für die Seele und Nahrung für den Leib — sofort gebracht, auch Augengläser, denn Juonie drückte — mit meiner Erlaubnis natürlich — den Wunsch aus, man möge ihm Augengläser -geben, d-amii er besser lesen könne. Auch an den Arzt stellte d-er Alte -manchmal eine Bitte. Eines Tages sagte er: „Herr Doktor, ich möchte so- gerne Küchlein essen. Möge Ihre Güte es mir gewähren!" Er wollte sagen „ein Hühnchen"; aber für seine Bildungsstufe schien ihm das Wort zu wenig sein. Von da an nannte man ihn -allgemein „das Küchlein" oder das „alte Küchlein"! Er spielte ja auch die Rolle -eines Küchleins, das sorglos in den Tag hinein lebte unter den -Flügeln einer guten Mütter; die göttliche Vorsehung hatte den verlassenen -Greis in ihre treue Hut .genommen. Freunde und Verwandte kümmerten sich nicht um ihn. Ein junger Tam-ule, sein Vetter oder Nesse, war zu ^Beginn der Krankheit wohl einigemal gekommen; später ließ -er sich nicht mehr sehen, weil er wahrscheinlich fürchtete, daß er für den Alten sorgen müßte, im Falle dieser wieder einigermaßen hergestellt würde. Der Stil Juonies war nicht minder malerisch als seine Redeweise. -Einmal schickte er mir einen Zettel, auf den er mit Bleistift folgende naive Adresse geschrieben hatte: An die g r o ße M u t t er Zimmer Nr. 1 Erste Straße im Spital. Der Inhalt lautete: Glroße Mutter! Ich bin sehr glücklich. Die appam um 7 Uhr, -am Mittag und Abend genügen mir. Mit Ehrfurcht möchte ich Sie um die Erlaubnis bitten, einen Wunsch auszu-drücken, canzy (Reislwasser) und auch sp-anischen Pfeffer zu bekommen. Es ist dies für mich etwas Gutes. Ihr ergebenes Kind Juonie. Ich fragte ihn oft: „Beten Sie arich- oft zum lieben Gott?" „O- ja!" antwortete er. „Ich liebe unseren Herrn Jesus Christus. Er ist unend- lich groß und jeden Tag erhebt sich mein Gebet zu ih-m!" -Er hatte auch noch seine Zukunftsträume. Je mehr seine schlichte, gerade Seele sich der Gnade öffnete, desto mehr stieg seine Dankbarkeit gegen hie Schwestern. Er wollte für immer bei ihnen bleiben. „Große Mutter," vertraute er mir eines Tages -an, „meine Absicht ist es, Pförtner in Ihrem Kloster zu sein. In Mahe- habe ich- meine -Frau und Kinder und- -einen kleinen Garten, -der 5 Franken wert ist. Wenn es Ihnen gefällt, große Mutter, daß ich- Ihr Pförtner werde, so lasse ich meine Familie kommen." Um den guten Alten nicht zu betrüben, lenkte ich seine Gedanken auf ein Greifen-asyl in herrlicher Sage und- guter -Luft bei einem- See, wo die Greise von den „kleinen Schwestern der Armen" mit hingebender Liebe gepflegt werden. Ich versprach-, ih-m, wenn er wieder hergestellt würde, dort b-te Aufnahme zu erwirken. Dieser Vorschlag gefiel ihm sehr. Des öfteren fragte er nun: „Große Mutter, wann bringen Sie mich' an den schönen Ort, wo so viele große Mütter und- der schöne- ©arten sind?" Gott wollte ihm ein besseres Plätzchen geben. Juonie wurde zusehends schwächer. Seine Wunden verbreiteten einen üblen Geruch, so daß der Arzt fürchtete, es möge den erst operierten Gefährten Schaden bringen, und er ließ ihn in einem entlegenen Saale des -Spitals unterbringen, wo alle -an schlimmen, unheilbaren Wunden Leidenden vereinigt sind. Ich- fürchtete, die Änderung möchte dem gefühlvollen Manne weh tun, fand ihn aber zufrieden und lächelnd wie immer -an seinem neuen Aufenthaltsorte. „Sind Sie zufrieden-, Juonie? Brauchen Sie etwas?" fragte i-ch. Er -antwortete: „Nein, große Mutter. Ich habe auch in diesem Saale eine sehr gute, große Schwester, die mich pflegt." Bald verlangte Juonie keine appam mehr, auch kein Küchlein. Sogar das Buch und die Augengläser ,gict$ er zurück. Er hatte keine Kraft mehr zum Lesen und sah den Tod herankommen. Gerne sprach er von der Taufe ünö von den einteilten Glaubenswahrheiten klar und bestimmt und mit innigem Ausdrucke. „Juonie," sagte eines Tages der Haus-geistliche, welcher die Vorbereitung zur Taufe genügend fand, „willst du heute abends getauft werden?" „Ich will getauft werden, Vater, aber heute noch' nicht," antwortete der Alte mit seinem gewöhnlichen, freimütigen Lächeln. „Warum nicht heute?" „Weil ich Montag getauft werden will!" „Und wenn du vorher sterben solltest?" „£>, dann möge man mich taufen; aber wenn es nic^t soweit kommt, dann toiß ich das heilige Sakrament Montags empfangen." Und Juonie legte dabei solchen Nachdruck auf sein „Ich will", daß man ihm nicht weiter zuredete. Wir viermuteten, diaß der gute Alte die Taufe bis Montag verschob, weil er seine 'Einladungen hiezu machen wollte. Denn jede Schwester, die vorüberging, bat er, zu seiner Taufe zu kommen. Zu mir sagte er: „Große Mutter, ich wünsche, daß die große Schwester, welche mich im kleinen Saale pflegte, auch! bei meiner Taufe gegenwärtig sei." Der Montag, 25. Mai, brach an. Juonie erhielt die Dause und die schönen Namen: Maria, Josef, Michael. Die Mutter Provinzialin brachte ihm ein Kreuzchen, das sie ihm um den Hals hängte, und ein schönes Bild des hl. Josef. Auch ein Säckchen Zuckergebäck gab sie ihm. Der Greis strahlte förmlich vor Freude. „Große und gute Mutter," flüsterte er; „idj werde für Sie beten. Ich möchte Ihr Antlitz immer vor Augen haben!" In der darauffolgenden Nacht konnte er vor Schmerz nicht schlafen. Die Schwester sagte ihm von Zeit zu Zeit ein Stoßgebetchen vor, welches er mit Andacht wiederholte. Plötzlich sagte er: „Schwester, ich kaun auch' ein anit'ereS, schönes Gebet." „Wie lautet es?" „Sv: Mein Gott, gib mir deine Gnade, um dich zu erkennen, dich zu lieben und dir zu dienen. Amen." „Das ist wirklich ein schönes Gebet, Josef. Bon wem hast du es gelernt?" Der Greis dachte nach. „Vom Bruder Angelus," erwiderte er. „Meine iMutter hieß Kali. Als ich noch ein Kind war, schickte sie mich ins Kollegium; Bruder Angelus hat mich dieses Gebet gelehrt. Mein ganzes Leben lang habe ich dasselbe jeden Abend verrichtet." Einige Wochen noch lebte unser alter Juonie, aber in welchem Zustande! Er glich' einem Skelette. Nur die großen, sanften Augen belebten noch das abgezehrte Gielsicht. Eines Abends schien er sehr traurig und bedrückt. 'Er rief mich mit angstvoller Gebärde zu seinem Lager. „Große Mutter, etwas in meinem Herzen tut mir weh. Wenn alle die schwarzen Männer, die im Saale sind, fterfren, was geschieht mit ihnen? Ich habe es gesehen, große Mutter, ich habe es gesehen. ... Man wickelt sie in eine Matte und trägt sie hinweg. Der Gedanke tut mir weh, daß man es mit mir auch so machen wird. Aber ich bitte Sie, ordnen Sie alles für mich nach meinem Tode. Lassen Sie mich in eine Kiste legen, und daß der Missionär mich in geweihte ©rbe bringe! Große Mutter, verstehen Sie, was ich meine?" Ich brachte dem Greise mit sanften Worten bei, baß seine von ihrer irdischen Hülle befreite Seele nicht in ibie Erde komme, sondern in den Himmel und am Ende der Welt auch sein Leib deren Glorie teilen werde. Tags darauf gab ihm auch der Missionär die Versicherung, daß er ihm einen Sarg besorgen und- seine Leiche fircf)ricE)i einsegnen werbe. Nun war Joses wieder ruhig und heiter. Er hatte auch noch einige Wünsche, wie sie den Kranken eigeiT sind. Einmal wollte er einen Apfel, tags darauf eine Orange, schließlich eine Kokosnuß. Mit kindlicher Dankbarkeit nahm er die @aße in Empfang. Übrigens ließ der gute Alte nie eine Klage vernehmen, so sehr er auch litt. In der Nacht auf den 7. Juni stand ihm der Todesschweiß aus der Stirne. Andächtig wiederholte er die Stoßgebete, die ihm die Schwester vorsagte. Am Pfingstmontag früh um 6 Uhr erlosch das Lebenslichtlein; sanft und kampflos ging er in die Ewigkeit hinüber. Sein letzter Wille wurde erfüllt. Sein Grab liegt im katholischen Friedhofe, mit dem Kreuze, dem Zeichen der Erlösung, des Sieges über Hölle und Tod, geschmückt. Juonie, das alte Küchlein, die schlichte, einfache Seele tooH Heiterkeit und Ergebung, bleibt uns eine liebe, tröstliche Erinnerung in unserem vielbewegten Missionsleben. Annalen d. Franzisk. Mariens 1910; Nr. 10. Räubersfofm und Räubersfodifer, Zwei christlich glücklich Vermählte. In. dem Hochlande Nordafrikas in Ka--bhlien wirken die weißen Väter und auch weiße Schwesterm. In einer Missionsstation daselbst, im Stamme der Beni-Uadhia, lebte das Brüderpaar Mohad a Said n’SIäll) und sein älterer Bruder MbH n'Aaly. Letzterer war als Haupt sämtlicher Räuber der Umgebung weit und breit bekannt und berüchtigt. Aber auch Mohad a Said verstand sein Geschäft; er nahm an den Plünderungszügen seines älteren Bruders regelmäßig teil und stand ihm bei der Ausführung seiner Gaunerstück-chcn gewissenhaft zur Seite. Eines Tages sagte er zum Missionär, Pater Amat, im Vertrauen: „Wir haben schon alles mögliche gestohlen, aber noch nie Kamele." „Warum denn diese Ausnahme?" fragte er. „Weil man die Kamele in Kabylien weder zum Reiten noch zum Essen gebraucht." Zur Ehre Mohad a Saids muß bemerkt werden, daß er sich an der Ermordung der Überfallenen nicht beteiligte; diese Aufgabe behielt sich der Ältere vor, und sie wurde von diesem meisterhaft gelöst. Mohad sie! die Rolle zu, die geraubten Tiere in Sicherheit zu bringen, sie durch einsame Schluchten, abseits von den belebten Verkehrsstraßen, zu führen und sich mit geeigneten Helfershelfern und Hehlern in anderen Stämmen zu verständigen. Dieses Amt Mohads erforderte und Kaltblütigkeit. Er war imstande, aus Den Leuten, denen er begegnete, gleich von weitem die geschädigten Eigentümer her-anszukennen, wußte aus die .verfänglich- sten Fragen Antwort zu geben, ohne sich zu verraten, und war stets, je nach Umständen, 5um Kampfe bereit oder geschickt genug, um sich den Verfolgern zu entwinden. Mohad « Said wußte sich denn auch immer mit großem Geschick aus der Klemme zu ziehen. Das alles wurde aber plötzlich anders, als der ältere Teilhaber au§ dem „Geschäft" ausschied. Moh n'ALly starb, und nun büßte Mohad allen Wagemut -ein. Von dieser Stunde an weigerte er sich beharrlich, an größeren Expeditionen teilzunehmen, und sann auf Mittel, sich auf eine andere W-nfe „ähnlich" durch -das Leben zu schlagen. Schließlich besann er sich, als Hasardspieler und falscher Zeuge sein Brot zu verdienen. Es währte aber gar nicht lange, so hatte ihn- das Spielen vollkommen ruiniert, so daß er faktisch nichts mehr zu beißen und zu brechen Ej.atte. Doch bediente sich die -göttliche Vorsehung gerade dieses leidenschaftlichen Hanges zum Kartenspiel, um die Seele des früheren Banditen zu retten. Eines Tages hatte sich Mohad a SLi-d wieder feiner Gewohnheit gemäß bis tief in die Nacht hinein umhergetrieben und Karten gespielt, bis er schließlich auch s-ei-nen Burnus -verloren -hatte. Als er endlich -heimkehrte, besaß er nichts mehr. Dafür brachte er ein heftiges Stechen in der Lungengtzgend mit nach Hause. „Der Wind", wie es dortzulande heißt, „hatte den leichtgekleideten Kabylen nach Verlusj seines Burnus getroffen" und eine schwere Lungenentzündung war -die Folge. Nun mußte Mohad di-e Wahrheit des Sprichwortes an sich selbst erfahren: Mi bed dor imdanen iaok inu; Mi a’elir’ had ur eissin. Wenn ich aufrecht bin, (kommen) die Leute alle zu mir, Wenn ich gefallen bin, kennt mich nicht ein einziger. Zwei Tage lang fand- der Arme niemand, der die Missionäre herbeirufen wollte. Sie hörten aber doch von feiner traurigen Lage und- eilten an sein Lager. Er war -vollkommen vereinsamt und- la-g in Fieberschauern auf seiner Matte. Nun besuchten ihn die Missionäre täglich morgens und- abends, brachten ihm Arznei und geeignete Speisen und kühlende Getränke. Tie anfeuchtenden Früchte taten ihm so wohl, sie linderten seinen quälenden Durst und bahnten den Missionären den Weg zu Mohads Herzen. „Ihr guten Marabuts Sidna Aifsas," flüsterte er, „ob lebendig oder tot, id) bin fortan der eurige und verlasse euch nicht mehr!" „Wir behalten dich gerne bei uns, lieber Freund," erhielt er zur Antwort, „aber der unferige kannst du nur unter bestimmten Bedingungen werden." „Unter welchen?" klang es leise zurück. „O bitte, sagt doch, unter welchen?" „Daß du dich vorher in der christlichen Religion unterrichten läßt und ein ganz anderes Leben führst." „Unterrichtet mich!" drängte er hastig. „Lehrt mich die Religion Sidna Aifsas kennen!" Der Unterricht begann. Mohad hatte einen klaren Kopf, und begierig., wie er war, die christliche Lehre kennen zu lernen, wußte er bald die wichtigsten Glaubenswahrheiten. Trotz aller Pflege verschlimmerte sich der Zustand des Kranken täglich. An einem Abend schien es, als stehe der -Kranke, nach dem Ausdrucke der Kabylen, „am Fuße des Todes". Ter Missionär machte ihn auf seinen gefährlichen Zustand aufmerk- fettn; ohne Zögern bat er um die „Arznei für die Seele". Seine Bitte wurde erfüllt, und nun hieß er nach dem Empfang der heiligen Taufe nicht mehr nach Moham-med, ibem falschen Propheten, sondern nach dem großen heiligen Wundertäter von Padua. Des anderen Morgens eilten die Missionäre, um nach dem neugetauften Antonius zu sehen; sie meinten, gewiß weile diese wiedergeborene Seele, trotz des früher geübten Banditengewerbes, schon selig beim' guten Schächer Dismas. Groß war ihr Staunen, Anton lebend zu treffen und tron ihm die Worte zu vernehmen: „Deine gestrige Medizin, das heilige Taufwasser, hat nicht nur der Seele geholfen, sondern mich auch von einer großen Last befreit. Ich fühle mich so leicht wie ein Vogel und glaube sicher, daß ich gesund werde." So- 8^2^ es. Anton hatte -die Krisis glücklich überstanden, und als man das Erstaunen darüber ausdrückte, sang er in einem selbstgeschmiedeten Gedichte: „Ich war ersaßt von einer schrecklichen Krankheit, einer Krankheit, bie Tausende von Friedhöfen füllt. Meine Freunde haben mich allein gelassen, ganz allein in meinem kleinen Quabi C^ütte) gleich einem toten Stück Vieh. Die christlichen Marabnts haben es erfahren und sind herbeigeflogen, schnell wie die Taube. Sie haben mich gepflegt ohne Amulette; ihre Arznei ist gut, ihre Herzen sind besser, ich bin geheilt! Möge der Herr — ihm sei die Ehre — sie mit Segen überhäufen, mich aber in ihrer Religion sterben lassen." Der Eindruck dieser Begebenheit -aus die Kabylen war groß; einige ermahnten ihn, selbst Christ zu werden, denn niemand ahnte, daß er es bereits sei. Kurze Zeit nach dem geschilderten Ereignisse starb die gute, bejahrte Mutter Antons, bei welcher er jetzt lebte. Sie war eine rechtschaffene Frau, mahnte seit langem ihren Sohn, das Räuberhandwerk auszugeben, ihn auf ehrenhafte Wege zu bringen und wollte nie von den von ihrem Sohne gestohlenen Lebensmitteln etwas beim gemeinsamen Mahle essen. Nach dem Hinscheiden der Mutter befand sich Anton in großer Bedrängnis; wer sollte nun zur Quelle gehen und- Was' ser holen, wer das Korn mahlen, den Ku-kus bereiten, das Haus fegen? Der Ehrenpunkt der Kabylen verbietet dem freien Mann solche erniedrigende Arbeiten. „Die Frau ist," heißt es in den Liedern der Kabylen, „die Zierde des Hauses, das Licht und die Wärme des Herdes, die Seele des häuslichen Lebens. Ohne sie ist d!as reichste nichts anderes als eine kalte, dunkle Grabkammer, in welcher der Mensch nicht leben kann." Wohl mußte in Antons Quabi, der zur „Grabkammer" .gewordenen, wieder eine Wirtschafterin einziehen. Anton begab sich zu seinen Wohltätern, den Missionären, und Bat sie, ihm unter den Zöglingen der „weißen Schwestern" eine Gattin auszusuchen. Die Väter mußten also Heiratsvermittler machen. Es befand sich eben bei den Schwestern ein Mädchen, das 25 Jahre alt, groß und stark, dabei sehr' ehrlich, brav und' häuslich war. Hortensie —auf Westen Namen war sie kürzlich getauft worden — hatte früher Fassadit geheißen; auch sie war einer B-an-diteufamilie entsprossen, aus dem Stamm der Beni-Aadhia. Vor ihrer seit kurzem erfolgten Taufe wurde sie von ihrem eigenen Bruder durch einen Flintenschuß verletzt, den derselbe auf sie abgab, um sie vom Besuche ibeS christlichen Unterrichtes abzu- halten. Hortensie bewährte sich in diesen mancherlei Prüfungen auf das beste und zeichnete sich durch gewissenhaste Erfüllung ihrer religiösen sittlichen Pflichten aus. Sonntags fehlte sie niemals — trotz mancher Schwierigkeiten, die es Zu überwinden gab- — bei der heiligen Messe und empfing sehr häufig den Leib des Herrn. Übrigens war Hortensie nicht allein eine überzeugte Christin, sondern auch eine gute Tochter, die sehnlichst die Bekehrung i!hrer Angehörigen wünschte. Eines Tages kam ein Eilbote mit der Meldung, Hor-tensiens betagte Mutter fei gefährlich erkrankt. Beim Gedanken, die arme Mutter könnte als Mohammedanerin sterben, erstarrte der guten Hortensie das Blut in den Adern. Ohne zu zaudern, schirrt sie ein Maultier, schwingt sich beherzt in den Sattel und legt, ohne zu rasten, die hundert 'Kilometer zurück, die sie von der geliebten Kranken trennen. Hortensie beredet alsdann sofort die arme Kranke zum Übertritt zur christlichen Religion; es gelingt ihr, und zu ihrem unsagbaren Troste wurde die Mohammedanerin vor ihrem Hinscheiden getauft. Oft stand sie mit männlichem Mute den Missionären in Gefahren bei oder bahnte ihnen den Zugang zu Seelen; ja sie war glücklich, wann immer sie sich an apostolischen Arbeiten beteiligen durfte. Also Hortensie sollte des bekehrten Schäfleins, des Räubers, nun des gutgewillten Antons Gattin werden. Der Missionär erzählte ihm von ihrer Herkunft und von ihren schönen Eigenschaften. Das alles entzückte Anton und namentlich gefielen ihm ihre Herkunft und ihre Energie. „Wenn sie mir nun keinen Korb gibt," bangte Anton. Er bat den Missionär, bei der Auserwählten Vermittler zu sein. Er schrieb also der Banditentochter. Zunächst galt es, im Briefe den Wunsch' auszusprechen, sie als Gattin heimzuführen; dann erzählte er treuherzig, was er früher gewesen war unlb was er nun durch Gottes Gnade geworden sei. Im übrigen gestand er seiner Erwählten offen, er sei blutarm, ja er besitze nicht einmal ein Loch, das heißt kein eigenes Heim, allein, er wolle arbeiten wie ein ganzer Mann und sich das tägliche Brot verdienen. Endlich langte die heißersehnte Antwort Hvrtensiens ein: „Ich bin ibamti einverstanden, daß du mein Mann wirst. Bevor ich dir aber endgültig mein Jawort gebe, will ich die Gewißheit haben, daß du ein guter Christ bist. Auch i'ch hoffe mit Gottes Gnade, eine gute Christin zu sein. Vor deiner Armut, die du so schwarz ausmalst, ist mir nicht bange; möge Gott uns nur Frieden und Gesundheit schenken. Wenn wir krank werden sollten, so sind doch noch die Patres und die Schwestern da; diese werven uns nicht im Stich lassen. Deine Lust am Spielen macht mir keine Sorge; ich hoffe, dir das schon auszutreiben. Hortensie Tasfudit n'ait Si Wly." Dieser Brief mit der Einwilligung zur Heirat machte Anton zum glücklichsten Menschen. Nun wünschte er sehnlich, Me Verlobung zu feiern. Mit knapper Not verschaffte er sich zu diesem Zwecke zehn Franken. Dafür erstand er sich schnell ein herrlich geblümtes Kleid europäischen Schnittes, ein ungeheures seidenes Halstuch und eine Dose mit wohlriechender Seife. Mit diesen Schätzen versehen, eilte er in bag Kloster DschernL, wo das Mädchen sich befand. Die Oberin erlaubte es, daß Hortensie zum Bewerber gehe. Derselbe breitete o'hneweiters seine Geschenke vor Hortensie aus. Sie besah alles genau, erklärte sich befriedigt, lenkte aber sofort das Gefipräch auf die von ihr schriftlich gemachte Bedingung daß Anton vor allem ein entschiedener, werktätiger Christ fein müsse. Der Kabyle versprach dies hoch und teuer, dann wendete er sich zum Kruzifix, das an der Wand hing, und schwor Sidna Aissa (unserem Herrn Jesus), dem Anbetungswürdigen, ewige Treue. Das genügte der vorsichtigen Hortensie aber nicht; sie fragte nun ihren Bewerber, was er eigentliche von der christlichen Lehre wisse. Diese Frage erschreckte den Kabylen, er faßte fid) aber und entgegnete: „Ich kann . . . ich kann alles: das Vaterunser, das Ave Maria, das Apostolische Glaubensbekenntnis, die zehn Gebote, die biblische Geschichte, die Sakramente usw." Hochaufgerichtet stand Hortensie vor ihrem Bewerber, forschend' senkte sie ihre Augen in jene Antons und begann ein Examen über verschiedene der genannten Punkte; „bervn was du da ausgezählt hast," sprach sie, „das sind nur Überschriften". „Ich dachte," so erzählte hernach der überraschte Prüfungskandidat, „jetzt bin ich verloren! Aber ich hatte doch noch so viel Geistesgegenwart, daß ich zu Sidna Aissa beten konnte, und wirklich, er hat mir geholfen ; ich habe es gekonnt, gut gekonnt." Hortensie gab sich mit ihrem Bewerber zufrieden'. Vor dem Bilde des Gekreuzigten wurde die Verlobung gefeiert. Dann mußte sich der glückliche Bräutigam entfernen; freudestrahlend kam er zu den Missionären und sagte: „Was mir von Hortensie ergäbst wurde, bleibt noch weit von der Wirklichkeit zurück, so weit, wie der Himmel von der Erde entfernt ist. Sie ist so gelehrt, wie ein Rumi-Marabut (christlicher Priester) redet, wie ein Bogato (Advokat), und ist so schön wie eine Heilige aus der Dschehemen (Paradies). Mit ihr wäre mir mein Quabi lieber wie der Palast des Sultans, und an ihrer Seite werde ich gewiß ein vollkommenes Kind Sidna Aissas werden. Ja, ich habe einen großen Schatz gefunden!" Am 12. Oktober wurde die Hochzeit gefeiert und nach der Trauungsmesse wurde das junge Paar! von den ©'ästen zum Quabi in Faquischt geleitet. Gott verleihe dem armen, aber fleißigen, frommen Ehepaar seinen Segen, Frieden, Zuversicht, Furcht des Herrn. P. Amat, Missionär der Kabylen. Afr. L. Dieser Bericht des Paters Amat ist ein tröstlicher Beweis, daß auch M o hammed a n e r bekehrbar sind, daß die christliche, aufopfernde Caritas der Missionäre das harte Herz von Räubern m besiegen vermag und wie die heilige Taufgnade die körperliche Gesundheit verleihen und das Innere des Menschen vollständig umwandeln kann! Piega soll von ihrer Mutter verkauft werden. Es war im Mai 1900. Ein schrecklicher Wirbelsturm hatte das Werk langer Mühe und Arbeit in einer Stunde fast gäuzlich vernichtet. Traurig berechneten wir den Schaden. Da stand plötzlich eine Frau mit einem kleinen Mädchen vor uns und bat um Aufnahme, als hätte Gott uns zum Troste in unserer bedrängten Lage diese zwei Wesen geschickt, um ihnen den rechten Weg zum Heile zu zeigen. Wir nahmen sie herzlich gerne auf und unser Vertrauen wuchs. Wenn Gott uns Ernte zuführte, dachten itoir, so will er auch sicher das Notwendige geben, um sie zu erhalten. Die neuen Gaste fühlten sich fchoit ganz heimisch, als ich eines Tages dem Mädchen begegnete, dessen Körper wie ein Spiegel glänzte. Sie hatte sich mit Palmöl tüchtig eingerieben. Ein Perlenhalsband und rin buntes Lendentuch vervollständigten den Schmuck. In einiger '($nt= fermtng stand die Mutter in gleich glänzender Ausstattung. Ich schöpfte Verdacht. Wahrscheinlich hatten die beiden etwas Besonderes vor. Als sich die Negerin allein glaubte, wollte sie sich aus der Mission entfernen. Aber ich hatte Sorge getragen, daß ihr eine ihrer Gefährtinnen wie von ungefähr in den Weg trat mit der Frage: „Wo gehst du hin?" „Das ist meine Sache," antwortete rauh die Flüchtige. „Ich weiß ganz gut, was du vorhast," sagte die andere. „Ich gehe und sage es dem Missionär." Dias war aber nicht mehr nötig. Ta sie ihre Absicht entdeckt sah, ließ sie sich widerstandslos zum Missionär führen und gestand, daß sie nur ihr Töchterchen verkaufen wollte. — Ein Kind wird hier im Kongostaate verkauft und gekauft wie eine Ziege oder gar nur ein Halsband. Es ist dies doch nicht so grausam wie die Gebräuche anderer Völker, wo dasselbe getötet wird, wenn es krank ist, ober gar als Leckerbissen verspeist wird. Man kann ba= für etwas haben. So denkt der Neger. Weiter grübelt er nicht darüber nach. — Die Mutter gestand also, daß sie ihr Kind einem- Manne an der Küste versprochen l)a,Be, weil sie Geld brauche. „Schämst du bids) nicht," fragte der Missionär entrüstet, „für ein wenig Geld dein Kind zu opfern, ba§ bei dem Manne vielleicht recht unglücklich wird!" „Ich brauche Geld," antwortete die Mutter mit Nachdruck. Sie war nicht schlimmer als die meisten ihrer Landsmänninnen, aber gleich ihnen abgestumpft für jedes mütterliche Gefühl. Der Pater begriff, daß er anders auftreten müsse. „Du kannst ja gehen, wenn du willst," sagte er, aber deine Tochter ist uns vom Staate anvertraut worden. Sie darf die Mission nicht verlassen!" Unsere Wilde ward zornig, schrie und drohte. Es wäre eine Ungerechtigkeit, sagte sie, wenn man sie barmt hindere, ihr Kind zu verkaufen. Sie brauche einfach Geld und an dem Kinde läge ihr nichts. Natürlich behielt die Obrigkeit ihre Rechte und, bie grausame Mutter mußte aus den Verkauf ihres Kindes verzichten. Sie wollte nun auch nicht fortgehen, sondern blieb bei uns. Man hielt ein Auge auf sie. Besonders das Kind- ließen wir nie unbewacht. Nach und nach, milderte fid) bet harte Ausdruck im Gesichte der Kongolesin. Sie fand. Gefallen an dem Leben in der Mission, kam zum Religionssiuterrfchte und hörte aufmerksam zu. Langsam, langsam wurde es licht in dem Kopf der Schwarzen. Es ging eine solche Umwandlung mit ihr vor, daß man ihr auf ihr dringendes Verlangen die Taufe nicht versagte. Sie verstand nun, daß eine Mutter nicht über ihre Kinder verfügen kann wie über ein Spielzeug. Wir brauchten wegen, Piega, ihrer Tochter, nichts mehr zu befürchten. Die Witwe verheiratete sich mit einem biederen, christlichen Soldaten, dem sie auf feinern Posten nachfolgte.. Piega oder vielmehr Bernadetta —denn sie war getauft tootben — blieb bei uns. Heft 6 und 7. 159 Sternder Neger. Sie war begabt, fleißig und gutherzig, kindlich fromm und aufrichtig und bereitete sich allen Ernstes auf die heilige Kommunion vor. gehen wollte und ohne Beistand sterben sollte. Unter keiner Bedingung konnten wir es erlauben, daß Bernadetta sie dorthin begleite und nach dem Tode ihrer o o o o flustäfjige in Ulandalciy (Hinterindien). Inzwischen war ihr Stiefvater gestorben und die Mutter kehrte in die Missionsstation zurück. Sie mietete sich ein Häuschen und verlangte ihre Tochter zurück. Man entsprach ihrem Wunsche. Das Mädchen kam fleißig zum Unterrichte und zu den Gebeten. Eines schönen Tages verspätete sie sich, tags darauf ebenfalls. Am dritten Tage blieb sie ganz aus. Wir zogen Erkundigungen ein und erfuhren, kj| die Mutter krank sei und das Kind zurückhalte. Die kranke Frau erfaßte ein heftiges Verlangen, in ihre Heimat zurückzukehren. „Dort werde ich wieder gesund," meinte sie. „Tann komme ich wieder!" Wir wußten wohl, daß es für sie keine Hoffnung auf Genesung gab. Es tat uns leid, daß sie um jeden Preis zu den Heiden Mutter ohne Schutz unter den Heiden bliebe. Ich wollte die Frau auf andere Gedanken bringen und ihr wenigstens die Überzeugung beibringen, daß sie ja auch in Neu-Antwerpen die Genesung abwarten könne. Mein Bemühen blieb erfolglos. „Ich will fort," sagte sie, „auch wenn ich sterben muß. . . . Ich bin brav, Mutter. . . . Sie werden seihen, daß ich wieder gesund werde. Ja, ich lasse meine Tochter bei Ihnen." Das Schiff lief in den Hafen ein. Die Mutter nahm Abschied von dem Mädchen^ redete aber zu unserer Überraschung in einer im§ ganz unbekannten Sprache mit ihr. Das machte uns mißtrauisch. Ich verbot Bernadetta, zu ihrer Mutter aus das Schiff zu gehen. Sie sagte nichts. Abends um halb 9 Uhr vermißten wir sie. — Um diese Zeit ist es im Kongo stockfinstere Nacht- Ich ließ den Pater benachrichtigen und bat ihn, er möge das Mädchen auf dein Schiffe suchten lassen, da ihre Mutter sie ohne Zweifel dort versteckt hielt. Man konnte sie jedoch dort nicht finden und wir verbrachten die Nacht in großer Angst. Endlich am anderen Morgen, einige Mi-nuten vor der Abfahrt des Dampfers, fand man Bernadetta und brachte sie uns zurück. „Warum hast du mir nicht gehorcht?" fragte ich. „Ach, Mutter," erwiderte sie ruhig, „gestern redete meine Mutter mit mir in der Sprache unseres Stammes und sagte, ich müsse mit ihr gehen. Sie hat mir so viel Schönes versprochen, daß ich Lust bekam, ihr zu folgen, und ich bin fort, sobald es geschehen konnte." „Tut es dir leid, daß du dableiben mußt?" „Nein!" sagte Bernadetta nach einigem Zögern. „Ich habe zwar meine Mutter recht lieb, aber ich bleibe doch lieber hier. Wenn sie stürbe, hätte ich ja keine Bekannten dort unb würde wieder ins Heidentum zurückfallen." Die lockenden Versprechungen der Mutter hatten sie für einen Augenblick betört. Aber sie nahm auch gerne ihre kleinen Arbeiten und den Unterricht im Katechismus wieder auf. Als der Dampfer zurückkam, brachte er die Nachricht, daß ihre Mutter kurze Zeit nach der Ankunft in der Heimat gestorben sei. ^0100^^ empfing bald nachher ihre erste heilige Kommunion und wurde ein Vorbild für ihre 'flehten Gefährtinnen. „Zwei Brause Unser Markus, schreibt ein Kaffernmis-sionär, ist schon ein alter Junggeselle. Bei allen festlichen Gelegenheiten seiner schwar-zen Stammesgeuossen, bei denen es etwas zu essen, trinken, singen oder tanzen gibt, spielt er eine Hauptrolle. Sein Junggesellentum ist ein unfreiwilliges. Schon längst hätte er sich vermählt, wenn nur eine von ben vielen, denen er schon einen Antrag gestellt, „ja" dazu gesägt hätte. Die jungen Kaffernmädchen sind aber in diesem Punkte nichts anderes als die „Weißen" Fräulein gleichen Alters drüben in Europa. Sie schlauen schon etwas auf Alter, Gang, Stellung, Benehmen usw. des Bewerbers. Das find alles keine Nebensachen. In allen diesen Punkten konnte aber Markus nimmer konkurrieren. Auf seine auf einmal," Veranlassung sollte ich doch einst bei einem Mädel ein gutes Wort für ihn einlegen. Diese wurde vorübergchend schier verrückt, daß ich ihr zumutete, so ein Hinkebein zu heiraten, und kam erst am anderen Tage wieder zu Sinnen. Markus gab aber trimmer die Hoffnung auf. Er stellte wiederholt Anträge an Fräulein Marie, Tochter des Jojo, wiederholt an Fräulein Marie, Tochter des Tunga, allein ohne Erfolg. Jene zwei gehörten beide nicht zu den Schönheiten ihres Geschlechtes — Markus ging also nicht zu hoch in seinen Ansprüchen —, beide waren auch schon reich an Jahrett. So ein Kaffernmädchen wird in den seltensten Fällen ihrem Bewerber, wenn sie ihm auch von vornherein zuge-tarti ist, sofort das Jawort geben. Es ist 161 Heft 6 und 7. Stern einmal so Sitte, er muß wiederholt Anträge machen, ihr vielmals den Hof machen, -ehe sie sich offen für ihn erklärt. Aus welchen Gründen dies geschieht, will ich hier nicht weiter erörtern — genug, Fräulein Marie, Tochter des Jojo, willigt endlich ein, und -er veranlaßt fi-e, nach Kaf-ferubranch in sein -elterliches Haus einzutreten und sich dort den 'Eltern als Braut ihres Sohnes vorzustellen. Sie wurde freundlich -aufgenommen und nach Stammessitte bewirtet. Es tear gerade Pf lüg-zeit und es drängte, die Aussaat zu be-ftellen. Unser glücklicher Markus vergaß trotz des für ihn so freudigen Ereignisses doch nicht auf seinen Pflug. Ju aller Frühe des folgenden Tages war er lustig wie immer hinter den Ochsen- Sei der Arbeit. Plötzlich hält er den Pflug an. Was ist los? Seine Gesichtsfarbe verändert sich. Wie schaut -er dort den Gebir-gspfad, dicht am Waide vo-vbeiführend, hinauf! „Ist sie es? Ist sie es wirklich? Ja, sie ist es. Sie schleicht sich also heimlich davon und will mich nicht. Ich bin gründlich blamiert." Sie war es in der Tat. Die Braut hatte ihren Schritt bereut und- suchte ihn durch Entweichen am frühen Morgen wieder gutzumachen. Wie er nun, über fein Schicksal nachsinnend, niedergeschlagen hinter dem Pfluge einhergeht, wird -er plötzlich durch eine freundliche, ihm wohlbekannte Stimme aus seinen Träumereien aufgeschreckt. „Guten Morgen, Markus!" scholl es aus dem nahen Gebüsch, und im gleichen Moment -erschien Fräulein Marie, Tochter des Tung-a, -auf der Szene. Markus hielt seine Ochsen -an, sein Gesicht erheiterte sich und mit einem freundlichen Händedruck erwiderte -er den Gruß. Was hatte nun diese Marie hieh-ergesührt? Es war ihr etwas zu Ohren gekommen, daß Markus eine Braut heimgeführt haben sollte. Dies wollte ihr aber nicht in -den e r. Sinn. H-atte doch Markus ihr wiederholt Anträge gemacht, auf die sie schon längst gerne eingegangen wäre, wenn es nur nicht die dumme Sitte gefordert hätte, di-e Anträge scheinbar -zurückzuweisen. Die Neugierde h-atte sie nun -am frühen Morgen hi-ehergebracht, um sich persönlich davon zu überzeugen, ob das ihr am verflossenen Abend zu Ohren gekommene Gerücht sich bewahrheitete oder nicht. Und sie to-ar fest entschlossen, ihm sofort das Jawort zu geben, falls er nur noch einmal -eine leise Anfrage an sie richten würde. Darum hatte sie sich denn auch aufgeputzt in der Weise, wie sie -glaubte, dem Geliebten am besten zu gefallen, und lächelte ihn so freundlich an, wie nie zuvor. Das Verhältnis mit der Marie hielt et natürlich für gelöst. Sie hatte sich ja heimlich davongemacht. Schnell vergaß -er feinen diesbezüglichen Ärger und- in einigen Minuten war die Sache abgemacht: Fräu--lein Marie, Tochter des Tunga, soll am Abend als Braut in seine elterliche Hütte eintreten, wie er tags zuvor jene andere Marie veranlaßt hatte, dasselbe zu tun. Unser Markus war nun wieder guter Laune. Er machte sich- nichts daraus, wenn ihn -die jungen Burschen -an diesem Tage zum besten hielten und auslachten. Er lachte mit, wohl wissend, daß eine neue Braut die durch das Verschwinden der ersten auf ihn geworfene Blamage noch am selben Tage wieder auswischen würde. Zu-r verabredeten Stunde erschien auch wirklich Marie, Tochter des Tunga. Markus hatte diesmal die Sache eingeleitet und der Empfang und die Einführung- -der Braut gingen glücklich vonstatten. Aber o weh, kaum hatte sie sich niedergelassen, um es sich in der Hütte bequem zu machen, als di-e am frühen Morgen entwichene Braut sich wieder -einstellte und- neben d-er zweiten Platz nahm. Sie h-atte sich- nachher eines anderen besonnen und war, von guten Freundinnen veranlaßt, wieder zurückgekehrt. Jetzt hatte unser glücklicher Markus zwei Bräute auf einmal. Das war aber des Guten zu viel. Schlaflos wälzte er sich die ganze Nacht -auf seinem Lager hin und her, darüber nachdenkend, wie er sich setzt wieder einer derselben entledigen konnte. Beide waren ihm recht. Als Christ nmßte er sich aber mit einer begnügen. In dieser feiner Not sieht er am frühen Morgen den Missionär, nicht weit -vo-m heimatlichen Kraal b-e§ Weges daher reiten. Hinkend uno hüpfend rennt er den Abhang des Hügels hinab, setzt mit einem Sprung über den Bach und befindet sich dann in der Nähe seines Umfundisi. „He, Umfundisi," hebt er an, „da sitze ich aber in der Patsche und weiß mir nicht zu helfen, habe ich doch zwei Bräute zu Hause anstatt einer." Un-D nun erzählt er ihm umständlich den ganzen Hergang. Dieser riet ihm dann, sich an die zweite zu halten und die erste, bie ihm die Treue -am Tage der Verlobung schon gebrochen, wieder zu -entlassen. Markus war nun froh, auf die Autorität des Umfund-isi hin -Fräulein Marie, Tochter des Jo-jo, wieder fortschicken zu können. So kam der sonst so glückliche Bräutigam aus dieser Schwierigkeit heraus. Die Söhne des Mondes. Won Dr. Hugo Miom. (Fortsetzung-.) In der Gefangenschaft. Frisches Wasser, das man mir in reichlicher Menge ins Gesicht spritzte, bewirkte, daß ich bald- wieder zu mir kam und- über meine Lage nachdenken konnte. Ich lag fest gebunden auf dem Boden inmitten eines kleinen-, freien Platzes umb halb entkleidet, denn man hatte mir nur Hemd und Hose gelassen. Neben mir lagen, gleichfalls getiunb-en, meine drei -Gefährten, während- Jos« in einiger .Entfernung auf dem Boden hockte. — Da- meine Gefährten gebunden waren, mußte idjl -annehmen, daß sie nicht tot seien, wofür ich Gott dem Herrn innigst dankte. — Vier Menschen er mögen, wenn sie treu zusammenstehen, sehr viel. Gewiß, wir waren -gefesselt, aber ich zweifle nicht im mindesten, daß ich mich- schon bald wieder in- Freiheit sehen würde; war ich doch bereits in die Klanen ganz anderer Feinld-e geraten, als -diese Neger es waren-, und war -es bisher noch niemand geglückt, mich- festzuhalten. Um uns herum hatten sich die Neger gelagert. Cs -mlo-chten ihrer -gegen hundert sein, durchwegs junge, kräftig gebaute Leute. -Sie to-ctren, -abgesehen von einem Stück Tuch, -das sie um die Sen,Den trugen, vollkommen- nackt. Abseits von uns am Waldesran-de -lagen ihre Toten, acht -an der Zahl, während in -deren Nähe -ein Feuer brannte, -auf dem einige Neger große Fleischstücke brieten. Unter den Leuten, die im Kreise um uns herum saßen, fiel mir -ein Neger von geradezu herkulischer Größe ans. 'Er trug außer dem erwähnten Lendentuche nod)' ein Stück roten Stosses, das ihm gleich einer Toga von der Schulter herabfiel. Überdies zierten Arm- urtlb- Fußgelenke nredlich geformte -Elfenbeinringe. Ich schloß d-ar-aus, daß er der Anführer der Truppe sei; au-ch war er der einzige, der schon- auf der älteren Seite stand. Als dieser gemerkt hatte, daß ich wieder zu mir gekommen war, trat er -auf mich zu, ließ sich an meiner Seite nieder u-rtb begann mich auszufragen: „Bist du der Häuptling der weißen Männer?" „Ja." „Du bist alfo auch ein Mann von großem -Einflüsse?" — Diese Frage überraschte mich ein wenig. Was wollte er daunt erreichen? Währscheinlich war es ihm darum zu tun, ein möglichst hohes Lösegeld für unsere Freilassung ^herauszuschlagen. Was sollte ich ihm antworten? Sollte ich sagen „Nein" und ihm gestehen, daß ich ein armer Kerl wäre? Er hätte mir gewiß nicht geglaubt; er !hätte es vielmehr als eine beabsichtigte Täuschung betrachtet und es mich und meine Leidensgefährten bitter fühlen lassen. Ich entschloß mich borum, mich als eine wichtige Persönlichkeit aufzuspielen; nur so konnte ich begründete Hoffnung haben, gut behandelt zu werden und während der Verhandlungen- möglicherweise Zeit und Gelegenheit finden, -eine Flucht zu -bewerkstelligen. Ich -antwortete deshalb: „Alle Weißen find einflußreiche Leute." — Aber der Neger schien nicht ganz von meiner Antwort befriedigt zu sein, denn -er entgeguete: „Aber auch unter den Weißen gibt es so-lche, welche befehlen, und solche, welche gehorchen, -a-lfo H-äuptling-e und- Unter« tonen, Reiche und Arme. Zu welchen gehörst du?" „Zu den Häuptlingen." — Der Neger ich munzelte befriedi g t. „Ich habe es geahnt. Bist du mächtig?" „Ja." „Und reich?" „Sehr reich sogar." „Und- deine Gefährten?" „Sie besitzen -gleichfalls große Macht und Einfluß." — -Ein neues Lächeln flog über seine Z-üg-e. „Warum seid ihr in diese Wälder gekommen?" „Zum Vergnügen und- -aus lauter Freude -an der Jagd." „Das glaube ich- nicht, du belügst mich, ihr wolltet uns dieses Land rauben." „Nein, gewiß nicht, daran dachten wir nicht einmal. Unser Zweck war einzig und allein der, eine hübsche Anzahl wilder Tiere zu erlegen, um die Wortrefflichkeit unserer Gewehre zu erproben." „Ich- weiß, daß es unter euch solche To-ren gibt, welche die erlegten Tiere nicht essen, oft sogar ihnen nicht einmal die Haut abziehen, sondern sie einfach liegen lassen. Warum -ab-er h-abt ihr bann gegen uns gekämpft?" „Weil ihr uns angegriffen habt. Wir haben uns nur verteidigt." Der Neger entgegn-ete eine Zeitlang nichts, dann begann -er von neuem: „Die Weißen werden wohl etwas bezahlen für eure Befreiung?" „Gar kein Zweifel!" — Ich sagte das mtt der festesten Überzeugung von d-er Welt, obwohl ich hätte der Wahrheit entsprechend feine Frage mit einem glatten Nein beantworten müssen. Auf das hin erhob -sich der Schwarzes und indem er mir noch zurief: „Ich freue mich darauf", entfernte -er sich. Ich empfand überaus heftige Schmerzen am Kopfe. Am liebsten hätte ich die Augen geschloffen und- -mich einige Stunden dem Schlafe überlassen; doch die Lage, in der ich mich befand, war eine so unerquickliche, daß ich meiner jederzeit mächtig fein mußte. Ich gab mir darum-alle Mühe, die Augen offen zu -behalten, und betrachtete meine Umgebung. Meine armen Kameraden lagen noch immer wie tot neben mir; -es hatte no-ch keiner das Bewußtsein wiedererlangt. Mit diesen konnte ich mich darum vorderhand nicht befassen. Ich wandte deshalb meine Aufmerksamkeit den Negern zu, die um uns herum lagerten. Sie waren alle sehr guter Laune, jubelten, sangen und freuten sich unendlich über den guten Fang, den sie gemacht hatten, und bewunderten ihre Tüchtigkeit, daß sie, „bloß hundert" an der Zähl, dennoch imstande waren, vier einflußreiche und mächtige Meiste zu überwältigen und gefangenzunehmen. Die Sonne war, als ich die Besinnung wieder erlangte, bereits untergegangen und eine tiefe Finsternis hatte sich über den Wald gelagert, die nur vom spärlichen Lichte des flackernden Kohlenfeuers erhellt war. — Allmählich verstummte das wilde Lachen und Gejohle der Schwarzen und sie überließen sich in immer größerer Anzahl dem Schlafe. Dabei streckten sie sich so auf dem Stoben hin, daß sie einen förmlichen Ring um uns bildeten, um so jeglichen Fluchtversuch unserseits zu vereiteln. Mir zu Füßen lag der obenerwähnte Schwarze mit dem Überwürfe. Es brauchte nicht lange, so überzeugte mich das regelmäßige Schnarchen der nahezu hundert Schwarzen, daß sie alle in tiefem Schlafe lagen. Bevor ich mich der Rache überlassen wollte, warf ich noch einmal einen Blick auf meine Gefährten. Sie lagen noch immer regungslos in nächster Nähe auf dem Boden. Sollten sie vielleicht gar tot fei«? Unmöglich war es nicht, denn daß man sie gefesselt hatte, konnte auch vorsichtshalber geschehen sein; dieser Gedanke beängstigte inich nicht wenig. Mas hätte ich nicht darum gegeben, wenn ich mir hätte Gewißheu verschaffen können. Aber ich mußte mich gedulden uüd warten. — Das Feuer war, da es jeglicher Nahrung entbehrte, mittlerweile ganz erloschen, so daß ringsum undurchdringliches Dunkel herrschte. Ich versuchte, mich nun gleichfalls für einige Stunden dem so notwendigen Schlafe zu überlassen-, allein die Ungemütlichkeit meiner Lage und die allzu straff angezogenen Bande an den Händen und den Armen hinderten mich daran, da sie mir nicht gestatteten, eine halbwegs bequeme Lage -einzunehmen. So lag ich denn fchlaflos, wiewohl äußerst schlafbedürftig, ba und Wälzte mich bald auf die eine, bald auf bi-e andere Seite. Unerträglich langsam kroch Stunde um Stunde dahin. — Da, es mochte so gegen 1 Uhr gewesen sein, vernalhm ich aus nächster Nähe leise das Wort: „Herr!" — Ich hätte darob vor Freude laut aufjubeln mögen. Es war die Stimme des Leutnants; er lebte also noch. „Ich bin in Ihrer Nähe; reden Sie leise!" sagte ich zu ihm, um die Schlafenden nicht aufzuwecken, da sie uns die Fortsetzung unseres Gespräches leicht hätten verbieten können. „Wo bin ich denn eigenMch? Bin ich gebunden? Ich kann mich gar nicht rühren!" Ich setzte ihm in einigen wenigen Worten kurz unsere Lage auseinander, die erfolgte Ge fan gennah me und das mit dem Anführer gehabte Zwiegespräch. „Hm, wer weiß, weshalb er wissen will, ob wir einflußreiche Leute sind?" meinte der Leutnant. .„Ja jedenfalls, um sich für unsere Freilassung ein beträchtliches Lösegeld herauszuschlagen." „Wenn wir aber keines -auszutreiben imstande sind, wird er uns dann nicht vielleicht grausamen Martern unterwerfen?" „Ich befürchte es; doch glaube ich nicht, daß es dazu kommen -wird. Ich h-abe im Gegeu-tetl eher so eine Ahnung, 'bas; ich den Häuptling b-ald in meiner Gewalt haben werde." „Meinen Sie wirklich, daß es Ihnen gelingen wird, -aus der Gefangenschaft zu entkommen?" 165 Heft 6 und 7. Stern der Neg e r. „Gewiß, ich zweifle nicht im mindesten !" „Aber wie tooöen Sie denn das anstellen?" „Das weiß id) selber noch nicht." „Und ba sind Sie so siegesgewiß, Herr? — Mir scheint, Sie haben ein zu großes Selbstvertrauen. Hören Sie, wenn ich Ihnen einen Rat geben kann .. ." „Bitte, schlafen Sie, Leutnant! Morgen, wenn ©ie ausgeschlafen haben werden, sind Sie vielleicht eher imstande, mir irgendwelche Ratschläge zu erteilen, als fetzt," entg-egnete ich dem jungen Manne. Er wollte mir aufs neue eine Bemerkung machen, allein ich schnitt ihm sofort mit einem „Gute Nacht!" das Wort ab. Ich schloß die Augen und versuchte neuerdings, zu schlafen, aber es war vergeblich; der Sch!las wollte nicht 'kommen. — Da auf einmal schreit der Leutnant: „Herr! Herr!" Ich öffnete die Augen, aber geblendet mußte ich sie augenblicklich wieder schließen. Über uns wiegte sich in den Lüften ein gewaltiger Luftballon, der von einem blendenden Glanze übergössen schien. Von ihm herab hing eine kleine Gondel, an der 2 elektrische Bogenlampen befestigt waren, welche jenen Glanz, heller und intensiver, als je der Mould ihn zu verbreiten vermochte, nach allen Seiten hin ausstrahlten. Ich konnte in der Gondel deutlich drei Menschen unterscheiden, von denen einer mit einem Fernrohr den nächtlichen Himmel betrachtete. „Ein Ballon! Mein Ballon!" sagte ich fretting erregt, kaum daß ich! ihn entdeckt hatte. „Wie, Ihr Ballon?" fragte verwundert der Leutnant. „Ja, mein Ballon, oder besser gesagt, der uns enge, der uns schon einmal vom sicheren Tode gerettet hat." Auf diese meine Worte hin begann der Leutnant alsbald und aus allen Kräften zu rufen: „Hilfe! Hilfe! Die Schiffbrüchigen der „Lisboa" befinden sich in den Händen der Schwarzen!" Die Wirkung dieser in Portugiesisch gerufenen Worte war eine gang, außerordent--liche. Erschreckt fuhren die Neger aus ihrem Schlafe auf, aber eine heillose Angst und Furcht 'erfüllte sie, als sie die auf Aas hellste erstrahlende Kugel in nicht allzu-großer Nähe über sich sahen. Sie toagten gar nicht, sich von ihrem Lager zu erheben, sondern streckten die Arme gegen den mel und riefen: „Der Mond! Der Mond! Wehe uns — der Mo«!" Es tear kein Zweifel, die Neger hielten den Ballon für den Mond. — In ihm sollte unser Heil liegen. Zwar wäre es mir lieber gewesen, wenn wir die Luftschifser aus eine andere Weise hätten auf uns 'aus-merksam machen können als durch Rufen, um die Neger nicht zu wecken, aber nachdem dieselben nunmehr doch schon wach waren, so rief auch ich, soviel ich konnte, nach Hilfe. — Waren aber unsere Rufe wirklich bis zu den Insassen des Ballons gedrungen? (Fortsetzung folgt.) (§) Ml Rnchrichten des Th. IR. V. Ö, (Theologen-RRffions-Verbcmd Österreichs). 1 Das Ergebnis der Vororfswahl. Noch knapp vor Redaktionsschlüß traf das Ergebnis der Borvrtswahl ein. Ms Vorort wurde der Theologen-Mifsionsver-ein Briren (©ülo tiros) gewählt. Den Vorstand des neuen Vorortes bilden,: Josef F r a n c o, als 'Vorsitzender, O. M a t t l e als 1. Schriftführer, Anton K i rchm a ir als 2. Schriftführer. Die Übergabe der Vorortsgeschäfte erfolgt am 20. Juni. Der neue Vorort ersucht die Obmänner her einzelnen Missionsvereine um Bekanntgabe ihrer werten Ferien ad ressen. Die Feri e n a dr e s s e des Vorortes Brixen (vom 15. Juni bis 1. Oktober) lautet: canib. theol. Joses Franco, Briren, $poftfacf) Nr. 2. Entwurf einer Geschäftsordnung für den Ch. IR. V, Ö. Um die Arbeitsfähigkeit des DH. M. V. i£l zu gewährleisten, ist es nicht bloß notwendig, seine Arbeitsweise in den Hauptpunkten durch Satzungen zu regeln; auch die relativ weniger wichtigen Fragen des täglichen Verkehres verlangen bestimmende Richtlinien, die, weil so manchen Veränderungen unterworfen, zweckentsprechender in Form einer Geschäftsordnung gegeben werden dürften. Einen Entwurf zu einer derartigen Geschäftsordnung möchten wir den verehrlichen Theologen-Missions-Verbands-Bereinen (Th. M. V. V.) zur Begutachtung vorlegen: Geschäftsordnung (G. O.) des Th. M. V. Ö. Tie G. O. des Th. M. V. betrifft: 1. Pflichten- des Voroptes; 2. Verkehr mit den Vereinen; 3. „Stern der Neger" (St. N.); 4. Vertretertag. I. Pflichten des Vorortes, cfr. Satzungen (— S.), i§ 9 bis § 14. § 1. Nach der schriftlichen Neuwahl des Vorortes (33.) teilt der alte V. den Vereinen, „Stern der Neger", „Akad. Missionsblättern" das Wahlergebnis, sowie die Ferienadresse des sofort nach Annahme der Worortswahl gewählten Vorortsvor-sihenden mit. § 2. Die Wahl des Vorortsvorstandes erfolgt geheim mittels Stimmzettel ('S. § 11). Der neue V.-Vorfitzende nimmt die Vorortsakten in seinen Ferienaufenthalt mit. § 3. Im Dezember und Mai erinnert der V. im „Stern der Neger" an die im nächsten Monat einzusendenden Berichte. Am Schlüsse des zweiten Sem-esters -gibt der V. im St. N. einen kurzen Rechenschaftsbericht. II. Verkehr des Vorortes mit den Vereinen. ,§ 4. Die Vereine haben jährlich 2 Berichte an den Vorort einzusenden (S. § 7, Heft 6 und 7. Stern der Neger. 167 Nr. 1). Der erste Bericht (15. Jänner) hat zu enthalten: 1. Einen Tätigkeitsbericht des Vereines über die Zeit 'vom 15. Mai bis 31. Dezember (Themata der besprochenen Missionsfragen, etwaige Missionsfeier, sonstige Veranstaltungen des Vereines); 2. Zahl der Vereinsmitglieder (zur Bemessung des -Geldbeitrages nach @. § 7, Nr. 3) und Namen der Vereinsvor-ständ-e; 3. etwaige wesentliche Änderungen ihrer Vereins-satzungen; 4. es möge die Zahl der abonnierten offiziellen Verbandsblätter angegeben werden; 5. Anträge, Vorschläge, Wünsche des Vereines. Der zweite Bericht (1. Juni) enthält Punkte 1, 3, und 4 wie oben; außerdem 2. den Namen und die Ferien-a d r e s s e des Vereinsvorstandes. Die Vereine mögen außer diesen zwei Berichten so oft als möglich an den Vorort Berichte über besondere Vereinsveranstaltungen einschicken (zur Eingabe an St. N.). I 5. Im St. N. gestellte Anträge müssen innerhalb 4 Wochen, gerechnet vom Tage der Herausgabe des Blattes, erledigt werden unter Strafe der Ungültigkeit der Stimme (cfr. S. § 23). § 6. Ende April wird den Vereinen der von den Vorortsauslagen auf sie entfallende Anteil bekanntgegeben. Der Betrag wird bis längstens 1. Juni an den Vorort gesandt. Wenn es der V. wünscht, kann er sich zu Beginn des Vereinsjahres von den SSlemrtsn. einen Vorschuß in der Höhe der vorjährigen Vereinsauslagen geben lassen. i§ 7. Der Vorort legt feme Amtsführung nieder, wenn die Hälfte der angegliederten Vereine es verlangt. In erster Linie ob- liegt dem vorherigen Vororts die Pflicht, bei nachlässiger Führung der Vorortsge-schäste brieflich den Vereinen einen diesbezüglichen Antrag zu -stellen. iin. „Stern der Neger." (S. § 3). („Akad. Miss.-Blätter", cfr. S. § 7, Nr. 2; § 13; G. Q. § 1.) .§ 8. Der Vorort hat für monatliche Eingaben zu sorgen. Jeder Verein ist zur Mitarbeit verpflichtet. Alle Eingaben gehen durch den Vorort. Im Vorort wird die Leitung dieser monatlichen Eingaben als Hauptaufgabe einem der beiden -Schriftführer übertragen. Die Eingaben sollen sein: Abhandlungen von Fachmännern, Aussätze von praktischen Seelsorgern, Arbeiten von Vereins-mitg-liedern; Vereinsnachrichten, ausführliche Semesterberichte; empfehlenswerte Einrichtungen einzelner Vereine, Vorbereitung des Vertretertages, Anträge, Briefkasten. i§ 9. Der Vorort schickt die Semesterberichte bis 1. Feber und 20. Juni an St. N. ohne Rücksicht auf Ausbleiben von Berichten. V. berichtet über Austritt und Eintritt von Vereinen. Der V. hat gestellte Anfragen unmittelbar brieflich oder im Briefkasten zu beantworten. ,§ 10. Jeder Verein hat, wenn irgend möglich, jährlich einen Aufsatz für „Stern der Neger" an den Vorort einzusenden. Damit während des Jahres soweit als möglich nach einem einheitlichen Plane gearbeitet werden kann, gibt jeder Verein bis November dem V. ein Thema bekannt, das er im folgenben Jahre in einem kurzen Aufsatz für St. N. zu behandeln wünscht. Bei etwaigem Eintreffen von g-leichlauten-d-en sämen hat der -V. an Stelle der später eingelaufenen gleichen Themen um neue zu ersuchen und dabei zugleich die bis- her eingetroffenen anzuführen, um einen neuen Gegensatz zu verhüten. Der Vorort bestimmt die Reihenfolge, in der die Aufsätze an St. N. eingegeben werden. Die Vereine werden im Interesse der Verbandsziele ersucht, ihnen bekannte Missionsfachmänner um Artikel für St. N. zu Bitten. Ein derart erbetener Artikel enthebt den Verein der Pflicht, selber eine Arbeit einzusenden. In späteren Jahren soll aus die Vereine Rücksicht genommen werden, die bereits selber Arbeiten eingesandt, beziehungsweise von Fachmännern erbeten haben. § 11. Die Zeitschriften „Akad. Miss.-Blätter" und „Stern der Neger" werden in Zukunft von den Vereinen selbst bestellt. IV. Bertretertag (S. §§ 16—21). § 12. Ein geplanter Bertretiertaig (W. T.) wird so früh als nur irgend möglich, im St. N. angekündigt. Der V. T. hat in erster Linie beratenden Charakter. Den Vereinen obliegt bezüglich des V. T. die strenge Verbaudspflicht, Anträge und Vorschläge, deren Besprechungen für das Verbandsinteresse förderlich erscheint, an den Vorort einzusenden. Der Vorort hat die Beratungspunkte zu ordnen und nach deren Charakter auch den einen oder anderen Fachmann zur Teilnahme an den Beratungen zu erbitten, allenfalls um ein entsprechendes Referat zu ersuchen. Im St. N. werden die Anträge gut vorbereitet, in allen angegliederten Vereinen gründlich durchbesprochen. § 13. Auch Nichtdelegierte haben Redefreiheit. Ein „Bevollmächtigter" (S. i§ 19) kann nicht mehr als 3 Stimmen übernehmen. § 14. Besonders die Beschlüsse des V. T. müssen mit peinlicher Genauigkeit mitge- schrieben werden. Dazu ist eine Anzahl Stenographen notwendig, die gleichzeitig je zwei-, wenn notwendig (bei Referat!) halbstündig mit anderen wechseln können. § 15. Jeder Beschluß des B. T. wird in der folgenden Versammlung odew wenn dies nicht mehr möglich ist, am Schlüsse derselben Versammlung ein zwei-tesmal verlesen. § 16. Wenn eine wichtige Frage nach Ablaus einer Ishstündigen Debatte nicht gelöst werden kann, liegt es im Ermessen des Vorsitzenden, sie bis nach Erledigung der anderen Programmpunkte zu verschieben. Bei der eigentlichen Debatte darf ein Redner nicht länger als 10 Minuten sprechen (cfr. S. § 21). ,§ 17. Der (alte) Vorort (cfr. S. § 9, Wahl) hat die Beratungen und Beschlüsse des V. T. genau in Chronik und Beschluß-protokoll zu verzeichnen und gleich in den nächsten Nummern des St. N. über die Tagung zu berichten. Ebenso schickt er einen Bericht an den Vorort der deutschen Brudervereine. § 18. Übertretungen der Geschäftsordnung hemmen den Geschäftsgang der Verbandsarbeiten, bilden aber an sich keinen Grund für die Ausschließung eines Vereines. * Soweit die Punkte der Geschäftsordnung, über die wir uns von den verehrli-chen Theologen-Missions-Vereinen ein geschätztes Gutachten und, wenn und s o -weit es angeht, auch die Genehmigung erbitten möchten. Als angenommen gelten jene Punkte der G. £>., die nicht innerhalb 4 Wochen von der Mehrheit der angegliederten Vereine abgelehnt werden. Wir sind uns recht wohl bewußt, daß die Praxis und gegenseitiges Ratserholen noch so manche Unebenheit zu glätten hat. Verantwortlicher Schriftleiter Rektor?. Dr. M Rafseiner F.S. C. — Buchdruckerei „Carinthia" des St.J.-B.in Klagenfurt, Kärnten- Empfehlenswerte Bücher und Zeiffchrifflm Benzigers Brachzeit-Bücher. Ins Feld und für daheim: Eine Sammlung guter Novellen, Erzählungen und Humoresken. Handliche Hefte in zweifarbigem Umschlag, geheftet und beschnitten. Einsiedeln, Waldshut, Solu n. Nh., Straßburg i. Elf. Verlagsanstalt Benziger & Co., A.-G. — 1. Folge (Serie). Jedes Heft 20 Pfg., 25 Cts. Auf einmal bezogen und beliebig gemischt: 50 Hefte 9 — Mk., 11-25 Frs.; 100 Hefte Hk- Mk., 20 Frs. Nr. 10. Die Kath. Erzählung aus den bayrischen Bergen von Sophie von Künsberg. Nr. 11. Däs Trineli tum Meglisalp. Eine Künstlernovelle von Georg Bnumberger. Nr. 12. Die Ehescheuen und wie sie wieder zusammen kamen. Humoreske von E. Kett-ncr. — 2. Folge (Serie). Jedes Heft 30 Pfg., 35 Cts. Auf einmal bezogen und beliebig gemischt: 50 Hefte 15-50 Mk., 15-75 Frs.; ICO Hefte 24 Mk., 28-— Frs. Nr. 3. Komödie der Irrungen. Deutsch-amerikanische Humoreske und Janko, der Musikant. Tragödie eines Kindes von ff. Sienkiewicz. Deutsch von I. Praun. Nr. 4. Die Nachbarhäuser. Eine Tiroler Bauerngeschichte von Everilda von Pütz. Nr. 5.’ Bia dolorosa. Erinnerungen eines russischen Offiziers von N. N. Ogloblin. Deutsch von I. Hermann. - 3. Folge (Serie). Jedes Heft 40 Pfg., 50 Cts. Auf einmal bezogen und beliebig gemischt: 50 Hefte 18-— Mk., 22 50 Frs.; 100 Hefte 32-- Mk., 40 — Frs. Nr. 2. Um Recht und Ehre. Erzählung aus dem niederösterreichischeu Waldviertel von Beil Dierling. — 4. Folge (Serie). Jedes Heft 60 Pfg., 75 Cts. Aus einmal bezogen und beliebig gemischt: 50 Hefte 27 — Mk., 33-75 Frs; 100 Hefte 48 — Mk., 60-— Frs. Nr. 1. Im ersten Semester. Novelle aus dem Studentenleben von Ferd. Bonn. Nr. 2. Ein Schreibfehler, ffriminalerzühlung von Ludwig Lange. — 6. Folge (Serie). Jedes Heft > — Mk.; 1-25. Auf einmal bezogen und beliebig gemischt: 50 Hefte 45-— Mk., 56-25 Frs.; 100 Hefte 80 — Mk., 100-— Frks. 9h:. 1. Am Feind. Zwölf Kriegserzählungen von M. KWl. Böttcher. — Mit diesen zehn neuen .Heften haben nicht nur die drei ersten Folgen von „Benzigers Brachzeit-Büchern" eine ganz schätzenswerte Bereicherung erfahren, sondern die Sammlung hat zugleich auch zlvei neue Folgen begonnen. Anerkannt tüchtige Autoren sind in diesen neuen Heften mit gerade für die „Brachzeit-Bücher" so trefflich geeigneten Beiträgen vertreten. Künsberg, Pütz, Beit Dierling bringen frische Volkserzählnngen, in denen sich wechselvolle Lebensgeschicke widerspiegeln. Georg Baumberger überrascht mit einer alle seine reichen Vorzüge entfaltenden, anziehenden Künstler-Novelle. Wohltuende Abspannung bieten sodann die gemütvollen Humoresken von Kellner und Sienkiewicz, sie lassen den Leser das schwere Unheil unserer Tage für den Augenblick vergessen. Ferd. Bonn ergötzt uns mit einer gediegenen Novelle aus dem Studenten-leben, in der die treffliche, konsequent durchgeführte Charakteristik der auftretenden Personen vielseitigen Genuß verschafft. Ludwig Lange wiederum ergötzt mit einer Kriminalerzählung voll fesselnder Einzelbilder und spannender Ueberräschungen. In lebensfrischer Darstellung erzählt sodann Ogloblin die wechselreichen Erlebnisse eines russischen Offiziers im russisch-japanischen Kriege und M. Karl Böttcher, der gewandte, volkstümliche Erzähler, bringt endlich in seinem Bändchen ein ganzes Dutzend reiser Kriegserzählungen, eine spannender als die andere, alle durchglüht und belebt von der glücklichen Eigenart des Dichters in der Darstellung von Lebensschicksalen. — Wirklich eine köstliche, zeitgemäße Lektiire für „Ins Feld und für daheim" sind diese neuen „Brachzeit-Bücher". Möchten sie bei Heer und Volk Gemeingut werden. De; Lebens Hlut. Učene Erzählungen für Volk und Jugend von Konrad Kümmel. Fünftes und sechstes Bändchen. Erste und zweite Auflage. 12« (VI ii. 344 S. bzw. VI u. 336 S.) Freiburg-Wien 1916, Herdersche Verlagsbuchhandlung. Je 2 — Mark; geb. in Leinwand Mark 2-6u. , Zu der Erzühlungsfolge „Des Lebens Flut" von Konrad Kümmel sind zwei neue Bnnochen getreten, das fünfte und sechste, denen wohl in jedem Leser der vorausgehenden Bändchen eine aufnahmefreudige Statt'bereitet ist. Die in ihnen enthaltenen Geschichten preisen laut Kümmels Erzählergeschicklichkeit, besonders nach der lieblichen Seite. Aus den zum Lesen freundlich einladenden Überschriften nennen wir: „Der letzte Gruß", „Das Christkind-lein der Frau Baronin", „Zwei Beichtkinder", „Das arme Kripplein", „Die stärkere Macht", „Wozu berufen?" Gar viele, die zufällig oder absichtlich einem der anmutigen Mnsenkinder des schwäbischen Volksschriftstellers eine Lesestunde schenkten, haben den Weg zu kinderreinem Gemüt wieder betreten oder sind vorm Ausgleiten in trübes Rinnenwasser bewahrt geblieben. Solch eine Führer- und Bewahrerrolle darf auch den angezeigten Bändchen vorbehaltlos zugesprochen werden.) ... Einführung in die lateinische Airchenfprache zum Gebrauch für Frauenklöster und andere religiöse Genossenschaften sowie für Organisten, Chorsänger usw. von Johannes Zwior, Spiritual am Ursuliner-innenkloster in Freiwaldau. Zweite und dritte, vermehrte Auflage. 12® (VIII u. 128 S.) Frei-burg-Wien 1916. Herdersche Berlagshandlung. Steif, brosch. i ‘40 Mark. Ueber die erste Auflage schreibt das „Pastoralblatt", Cöln 1913, Nr. 9: „Ein prächtiges-Büchlein für alle, die einigermaßen zum Verständnis des Kirchenlateins der römischen Liturgie und. des Breviers gelangen wollen, übersichtlich, kurz, in jeder Hinsicht zweckentsprechend, also praktisch und billig. Die Auswahl des Wörterschatzes ist glücklich getroffen, das Notwendigste der Grammatik leichtverständlich auch zum Privntge-brauch geboten, während alles irgendwie Entbehrliche der Kürze und des Zweckes halber ferngehalten ist." Die Neuauflage bietet noch eine praktische Erweiterung. Unter Berücksichtigung des Missale und Vesperale enthält es zuni Schluß ein alphabetisch geordnetes Wörterverzeichnis, so daß nicht bloß Ordensfrauen, sondern auch Lehrer, Organisten, Chorsänger wie überhaupt alle nicht humanistisch gebildeten Laien auf dem kürzesten Wege einigermaßen in das Verständnis der lateinischen Kirchensprache eingeführt werden. Ulein-Nelli „vom heiligen Gott", das Veilchen des allerheiligsten Sakramentes. Frei nach dem Englischen bearbeitet von P. Hildebrand Bihlmeher O. 8. B. in Beuron. Zehnte und elfte Auflage (46. bis 55. Tausend). Mit drei Bildern, kl. 120 (XVI u. 96 S.) Freibnrg-Wien 1916, Herdersche Verlagshandlung. Kart. 80 Pfg.; geb. in Leinw. 1-40 Mark. Ueberraschend schnell, mitten in der Kriegszeit, ist wieder eine Doppelnuflage von dem weitverbreiteten und allseits beliebten Büchlein notwendig geworden. Es erzählt die Geschichte eines gottbegnadeten kaum vierjährigen Kindes, das vor allem durch feine Liebe zum heiligsten ÄltarssakrameW sich auszeichnete. Daß Stein« Nellis Vorbild in zahllosen Kinderherzen Fuß gefaßt, dessen ist die angezeigte Neuauflage (46.—55. Tausend) einwandfrei Zeuge. „Das Büchlein ist tatsächlich", schreibt „Der Schulfreund" (Metz 1915, Nr. 1), „ein Kleinod echter Erbauungsliteratur. Gerade in der Jetztzeit, wo der Empfang der heiligen Konrmunion anch den Kleinen gestattet ist, verdient die Schrift allseitige Beachtung. . . . Besonders den jugendlichen Erstkommnniknnten sei das Büchlein empfohlen." Und wohl alle Leser, jung oder alt, hegen mit bem „Priesterkonferenzblatt" (Brixen 1914, 2. Heft) den Wunsch: „Hoffentlich wird auch noch das 100. Tausend erscheinen und mit seinem warmen Hauche aus einer andern Welt das Gnadenleben der zarten Kinderherzen fördern." Von der Linzer Dombauzeitschrift „Ave lNaria" (jährlich 12 Hefte ‘2 Kronen, nach Deutschland 2 Mk.) liegen uns Heft 4 und 5, geschmückt mit reichem Jllustrativnsfchinuck, vor. Aus dem Inhalt heben wir hervor: Die Reiseskizzen „Ins Wunderland Spanien" von Pesendorfer (mit 11 Bildern), den Schluß des „Marienleben" von Wernher von Tegernsee, die Rubrik „Aus Mariens Gnaden-orten" bringt Artikel über Maria-Schmolln und Maria-Elend bei Wien, sehr interessant ist ein Lebensbild des in Gmunden begrabenen Kapuziner-Bischofs P. Athanasius Zuber, der Artikel „Prophetenstimmen" wird fortgesetzt; von den Erzählungen erwähnen wir: „Ihre Patin" und „Helden-fungfrauen" von E. Düker, die reizende Skizze „Flügel" von Hackmann und „Barabbas", eine spannende Erzählung aus der Zeit Christi. Viel Humor enthalten die Berichte aus dem Kinderleben, Generalvikar Scherndl schildert das neue Maria Schartener Fenster des Linzer Domes. In jedem Heft wird der Leser durch die ausgezeichnete Welt-rundschau über die Kriegsereignisse und sonstigen Geschehnisse orientiert. Die Zeitschrift, deren Reinertrag dem Linzer Dombau zufließt, kann noch immer bestellt werden. Katholische Missions-Propaganda. Inhaltsangabe der Iuni-Nuinmer: Ein Herold des Herzens Jesu. (Bon St.K.) — Aus den Missionen: Friedenstaten des Kapitäns Joubert. (Erzählt von einem Weißen Vater.) — Krankendienst in den Missionen. (Von Bischof Biermanns.) — Der Gebrauch, betn Kinde einen Namen zu geben, bei den Kaffern. — Verehrung des hl. Antonius von Padua in Afrika. — Was einem Missionär nicht alles passieren kann. (Von P. Setting.) — Pflanzen und Gemüse in So« ango. — Stimmen aus dem Leserkreis. — In der Kinderstube. Die beste Lanze. — Frommer Kinderranb. — Was will der „Kinderbund für Afrika?" (mit Illustration). Wie ich den „Kinderbund für Afrika" einführte. (Bon einem Dorfpfarrer.) — Illustrationen: Herz Jesu. — Christliches Negerkind. — Tragsessel für solche Aussätzige, die des Gebrauches ihrer Füße beraubt sind (in Madagaskar). — Ein Blick in die Missionsapotheke. — Christliche Kaffernkin'der beim Spiele. — Der heil. Antonius von Padua. — Togolesische Männer bei der Mahlzeit. — Blechmusikchor in Malanga. — Die „Hilfsmissionärinnen" in der Propaganda-Abteilung beim Versenden der Zeitschriften. Monatsblatt zur Weckung und Verbreitung des Missioitsgedankens. Redigiert von Gräfin Ledüchowska. Verlag der St. Petrus Claver-Sodalität, Salzburg. Preis von 10 Abonnements jährlich mit Postzusendung 3 50 K (weniger als 10 Abonnements werden im Postbezug nicht abgegeben). Der Abonnementsbetrag ist im voraus zu entrichten. Das Abomtement beginnt mit dem Monat der Einzahlung und gilt für zwölf Monate. Einzelnummer 5 Heller. —Bestelladressen: Salzburg, Dreifaltigkeitsg. 12. — Wien, I., Bäckerstraße 18, Mezz. Klöstern und Instituten empfehlen wir für ihren Bedarf an Bülienfrudifen ..""im1 M—BFJ» 1T7 Ben die rirma, 3oT. Sanaulckek, Wien III :: Grof;markfhalie :: illlllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllill |l«ti Ad«»rrrrerrterr dev Strrderrterrkveiste mir 5» isttffw«»v*irvtttl!4sv NveiserrrrKtzigirng