ARGO. Zeitschrift für krainische Landeskunde. Nummer 10. Laibacli, im Oktober 1894. III. Jahrgang. Reiseskizzen ans Italien. Von A. Müllner. (Fortsetzung.) Es gab eine Zèit, in der fast ganz Italien bis an die Alpen unter etruskischer Herrschaft stand. Etruskische Fabrikate, Gegenstände mit etruskischen Inschriften sind in den Alpenländern selbst gefunden worden, ') es steht somit unzweifelhaft fest, dass während der Herrschaft der Etrusker in Oberitalien auch unsere Gegenden mit ihnen in Beziehungen standen. Es wird daher für die Kenntniss der ältesten Geschichte des Landes nicht überflüssig sein, auch über die Etrusker und ihre Bedeutung in Italien sich zu orientiren. Schon die alten Autoren, welche über Etrusker schrieben, wussten, dass dieses Volk in Italien eingewandert war und sich seine Wohnsitze hier älteren Einwohnern gegenüber erkämpfen musste. Wir haben schon früher Quellenstellen angeführt, welche beweisen, dass man vor 2000 Jahren wusste, dass das s. g. Italien ursprünglich von „Wilden“ bewohnt war, welche auf der Stufe der s. g. Steinzeitcultur standen, ohne Metalle, ohne Kunst- und Wissenschaften. Das Volk soll Sikeloi oder Si kuli geheissen haben, aus Italien nach der dreieckigen Insel übersetzt sein, welche nach ihm den Namen Sikelia erhalten haben soll.2) Als uralte Einwohner Italiens, welches damals, wie wir schon öfters bemerkten, diesen Namen noch nicht führte, haben wir auch die Osker, Sabiner und U mb rer nennen gehört. — Umbri — an ti qui ss im us It alia e p op ulus, z. B. bei Floras I, 17. Sprachdenkmale, welche uns erhalten sind,3) bezeugen, dass die Sprache dieser Völkerstämme der nämlichen Gruppe angehörte, b Cf. Pichler, C. C. 1880, p. 33, ff. ”) Plin. 3, 5, 9, § 56, 3, 6, 10. Varrò L. L. 5, 20, 29. Colum. b 3, 6. 8) Z. B. orkisehe Inschriften in Pompeji; die s. g. Eugubini-seken Erztafeln in umbrischer Sprache. wie die Sprache der Lateiner.1) Mit den Umbrern, welche den grössten Theil des späteren Etrurien lime hatten, mussten die einwandernden Etrusker harte Kämpfe bestehen. Diese ältesten nachweisbaren* Bewohner Italiens bewohnten Städte auf Anhöhen, welche wir uns ähnlich unseren „Gra-diščen“ mit Erdwällen befestiget vorstellen müssen. Zu Beginne unserer Zeitrechnung waren nur wenige mehr übrig, wie Dionysos v. Hali kar-nass I, 14, bezeugt, wenn er sagt: „Von den Städten, welche die Aboriginer zuerst bewohnten, waren zu meiner Zeit wenige mehr übrig. Die meisten wurden durch Kriege und andere familienverheerende Unfälle heimgesucht und liegen jetzt öde.“ Vom Pelasger Oenotrus erzählt Dionys I, 12, dass: „Als er hier (in Italien) viel Land zur Weide, vieles zum Aekerbaue bequem, das meiste aber verödet, und selbst das bewohnte wenig bevölkert fand, reinigte er einen Theil desselben von den Barbaren und baute, nach der unter den Alten üblichen Sitte zu b au en, viele kl ein e S t ädt-chen aneinander auf Bergen.“ Die Gründe für Auswanderung und Eroberung neuer Sitze giebt Seneca de consol. ad Helviam mat. c. 6, in folgender Weise an: „Die einen hat die Zerstörung ihrer Städte, entronnen den feindlichen Waffen, aber ihrer Habe beraubt, in fremdes Land getrieben; andere hat ein Aufruhr in der Heimat nicht bleiben lassen; andere hat Übervölkerung auswandern heissen, auf dass die Masse sich entlade ; andere hat Pest oder häufiges Erdbeben oder irgend eine unerträgliche fehlerhafte Beschaffenheit des ungünstigen Bodens fortgetrieben; manche hat das Gerede von einer fruchtbaren und über Gebühr gepriesenen Seeküste verführt. “ „Neue Städte werden gegründet, es entstehen neue Völkernamen, während die früheren verschwinden, oder sich verlieren, um einen Mächtigeren noch grösser zu machen.“ ') Als Beispiel führen wir hier aus den Eugubinischen Tafeln an: Umbriseh: buf, vitluf, sif, apruf, purka; latein. : bos, vitulus, sus, aper, porca; umbriseh: trif apruf rufru; latein. : tres apros rufros ; oder den Schluss der siebenten Tafel der lautet : p u s e i subra serehto(m) est, was lateinisch: sieut supra scriptum est bedeutet. Wie das in jenen Zeiten gemacht wurde, beschreibt uns z. B. Dionys von Halikarnass I, 16. Er sagt: „Anfangs nämlich zog nach einer alten, nicht nur unter Barbaren, sondern, soviel ich weiss, auch unter Griechen üblichen Sitte, eine gewisse ganz geringe Zahl geweihter Jünglinge aus, abgeschiekt von ihren Altern, um Lebensmittel zu suchen. Denn so oft die Städte bis zu einer beträchtlichen Menge Zuwachs an Jugend erhielten, so dass die heimische Nahrung nicht mehr für alle hin reichte, oder die Erde, durch Luftveränderungen beschädigt, die gewöhnlichen Früchte nur sparsam zollte, oder ein anderer besserer oder schlimmerer Zufall von der Art, den Städten die Nothwendigkeit aufdrang, ihre Volksmenge zu mindern, so heiligten sie irgend einem Gotte den jährlichen Aufwuchs von Menschen, und schickten ihn, mit Waffen versehen, aus ihrem Gebiete. Hatten sie nun den Göttern für gutes Gedeihen ihrer Mannschaft, oder für einen Sieg im Schlachtfelde Dankopfer zu bringen, so feierten sie zuerst ihr gesetzmassiges Fest, und geleiteten dann die Colonie mit frommen Segnungen fort; waren sie aber im Falle, die zürnende Gottheit um Abwendung gegenwärtiger Übel anzuflehen, so thaten sie beinahe dasselbe, nur dass ihnen selbst das Herz schwer war, und sie die Ausgestossenen wehmüthig um Vergebung baten.“ Man nannte dies den „heiligen Früh 1 ing“ „Ver sacrum.“1) Einen speciellen Fall erzählt z. B. Strabo Y, 4, 12, p. 250, von den Sam ni ten: „Mit den U mb rem kämpfende Sabiner thaten das Gelübde, das in diesem Jahre Erzeugte den Göttern zu weihen. Weil aber Misswachs eintrat, so äusserte einer, man hätte auch die Kinder weihen sollen. Auch dieses thaten sie und gelobten die damals geborenen Kinder dem Mars, die sie dann, als sie zu Männern herangewachsen, auf Ansiedelung aussandten.“ Und von P i c e n u m sagt P1 i n i u s III, 13, (18): „Orti sunt a Sabinis voto vere sacro.“ „Sie stammen von den Sabinern infolge eines gelobten heiligen Frühlings.“ Dass bei solchen Einwanderungen, wenn die Ankömmlinge siegten, die vorherigen Einwohner in die Leibeigenschaft sanken, ist begreiflich, ja den Ueberfluss verkaufte oder mordete man hin. So berichtet Gl. A eli anus var. hist, von den Spartanern Yl. 1 : „Die Lacedämonier Hessen von den Männern (der Mes-senier) nur einen Theil im Lande, um das Feld zu bebauen, während sie die übrigen theils verkauften, theils tödteten.“ Misslang das Unternehmen, dann war das Schicksal des „heiligen Frühlings“ gewiss auch kein anderes als Tod oder Knechtschaft. Soviel über den Vorgang bei Oolonisationen in jenen Zeiten bei den arischen Stämmen. *) Wir haben oben gezeigt, dass eine der ältesten Besiedelungen Italiens durch Pelasger geschah. Es ist nun bemerkenswerte dass selbst die aus Asien einfallenden Etrusker von den Alten noch als Pelasger erklärt werden. Dies bezeugt z. B. Antiklides bei Strabo V. 2, 4. p. 221: „Antiklides ferner berichtet, die Pelasger hätten zuerst Lemnos und Imbros bevölkert, und es sei selbst ein Theil von ihnen mit T y r r h e n u s, dem Sohne, des Atys, nach Italien übergesetzt. “ Es ist im hohen Grade bemerkenswerte dass schon im Alterthume die Etrusker als Pelasger erklärt oder mit ihnen verwechselt werden. Als die Schriftsteller, welche uns diese Nachrichten hinterliessen, schrieben, existirte von den Pelasgern wohl nichts mehr, als die Ueberlieferung ihrer Einwanderung und ihre Werke. Dass man die Etrusker ebenfalls Pelasger nannte, beweist nach unserem Dafürhalten nur so viel, dass die Tyrrhener oder Etrusker wie die Pelasger aus Asien nach Italien eingewandert waren. Unter den neueren Forschern erzeugt die Meinung, dass die Pelasger Urgriechen waren, Verwirrung und Unklarheit. So sagt noch Otfried Müller1) I. p. 93: „Das Tuskische Volk bleibt uns ein eigenthümliches, ein Urvolk Italiens; seine Sprache steht der griechischen fern ; seine Götternamen sind nicht die, welche von den U r-griechen, die wir Pelasger nennen, auf die Hellenen übergingen; in seiner Priesterlehre ist Vieles, wovon bei den Griechen keine Spur ist.“ Wenige Zeilen weiter identificieren Müller-Deecke aber wieder die Etrusker und Pelasger mit den Worten: „Hier (in Italien) landeten und siedelten also wirklich jene gefürchteten Pelasger Lydiens, und brachten mit, was sie in ihrer Heimat und auf ihren Zügen sich angeeignet hatten. Zum ersten Male sah nun das barbarische Land „eherne Männer,“ die sich beim Signal der Trompete ansehaarten; und zum ersten Mal mögen die Bewohner jener Gegend den fünfzigfüssigen Lauf des geflügelten Meerschiffs erblickt haben.“ Hier sind zwei Einwanderungen zusammengeworfen, erst Pelasger, dann Lydier, erstere gingen in der Urbevölkerung unter, letztere gründeten ein bis in die historische Zeit blühendes Staatswesen, welches vom frisch aufstrebenden launischen Rom absorbirt und latinisirt wurde. Sehr klar schildert uns Dionys v. Halili am as s (c. 8 nach Ohr.)2) dieses Verhältniss im I. Buche. J) Die Etrusker, neu bearbeitet von Dr. Wilhelm Deeeke, Stuttgart 1877. 2) Schrieb ein höchst wichtiges Werk über röm. Archäelogie, die Urgeschichte der Römer in 20 Büchern. *) Ver sacrum vovenđi mos fuit Italis, sagt Festus. Nach Dionys wanderten Pelasger aus dem Pelopones nach Hämonien, dem späteren Thessalien, von hier verdrängten sie die Griechen unter Deukalion. Die Besiegten zerstreuten sich theils auf die Inseln, theils unter die Griechen am Festlande , theils zogen sie nach Asien und gingen unter den Griechen auf. „Die meisten aber wandten sieb zu ihren Verwandten nach Dodona, die als geheiligt Niemand zu bekriegen wagte und verweilten daselbst eine geraume Zeit. Als sie merkten, dass sie alle nicht leben könnten, verliessen sie einem Orakel gehorchend, welches ihnen nach Italien, damals Saturnia, zu schiffen befahl, das Land, rüsteten viele Schiffe aus und suchten über das jonische Meer hin die nächste Küste von Italien zu erreichen. Allein nicht nur vom Südwinde, sondern auch aus Unkunde der Gregenden, auf die Höhe getrieben, liefen sie in eine der Mündungen des Padus, die jetzt die Spinetische heisst, ein, und Messen die Schiffe und Besatzung dort zurück um, wenn ihre Unternehmungen nicht glücken sollten, Zuflucht zu finden. Die Zurückgebliebenen umgaben hierauf ihr Lager mit einer Mauer und bauten eine Stadt gleichnamig mit der Mündung des Flusses, i) Mehr als alle Völker am jonischen Meere vom Glücke begünstigt, blieben sie lange Herren des Meeres und brachten von ihren Seeeinkünften dem Gotte zu Delfi so kostbare Zehente wie nicht leicht andere. Dennoch mussten sie in der Folge von den umliegenden Barbaren, die hernach von den Römern verdrängt wurden, von einer grossen Kriegsmacht überfallen, die Stadt verlassen, und so gingen die an der spinetischen Mündung zurüekge-lassenen Pelasger unter.“ 1. c. Gap. 18. „Die aber ihren Weg mitten durch das Land nahmen, kamen ins Gebiet der Umbrer, die an die Ab origin er, gränzen. Noch viele andere Gaue Italiens bewohnten die Umbrer, einst ein grosses und altes Volk; von diesen durch ein grosses Heer bedroht, zogen sie weiter zu den Aboriginen.“ Gap. 19. Diese sehiiessen nun mit den Pelasgern friedlich ein Bündniss und überlassen ihnen Land am hl. See.2) Nun bekriegen sie die Umbrer, nehmen ihnen Kroton ab und vertreiben die Sikuler. „Uebrigens bewohnten die Pelasger gemeinsam mit den Aboriginen noch manche andere Städte; die entweder vorher von den Sieulern bewohnt, oder von ihnen erbaut wurden, z. B. die Stadt der Karetaner (Caere), die damals Agylla hiess, Pisa, Saturnia, Alsium und einige Andere, die ihnen in der Folge die Tyrrhener entrissen.“ Cap. 20. Dionys v. Halikarnass stellt hier das Oultur-volk der Pelasger in scharfen Gegensatz zu den Etruskern, welche mit ihnen feindlich znsammen-stossen. Ebenso Strabo. Lib. V. 1. 7. p. 214 sagt er: p Spina heute Spinazzino am Po di Primaro. Uebereinstimmend damit nennt auch Strabo V. 1. 7. p. 214, das benachbarte Ravena einen Anbau der Thessalier, also der Pelasger. 8) Der laeus Vadimonis, bei den Griechen OvaSfiaiv oder Oad/irnp h'fu'rj. Er war Gottheiten heilig und Versammlungsort der Etrusker. „Auch Ravena wird ein Anbau der Thessalier genannt; da diese aber den Übermutli der Tyrrhener nicht ertragen konnten, nahmen sie freiwillig eine Anzahl Umbrer auf, die auch noch jetzt die Stadt besitzen, sie selbst aber kehrten in ihre Heimath zurück.“ Dionys v. Halikarnass führt aber noch ausser den genannten Argumenten, noch die Religionsgebräuche der Pelasger als Beweis dafür ins Feld, dass sie einst in Argos wohnten, 1. c. cap, 21, schreibt er: „Das auffallendste Kennzeichen, dass die Menschen von denen die Siculer vertrieben wurden, zuvor in Argos wohnten, ist ein Tempel der Juno zu Phalerium, ein vollkommenes Abbild von jenem in Argos, die Opfergebräuche daselbst waren die gleichen.“ Aus Oampanien vertrieben sie die barbarischen Anrnnker : „und bauten sich dort Städte, unter anderen auch Larissa ]) nach ihrer Mutterstadt im Pelopones so genannt.“ Auch I, 29, unterscheidet Dionys Etrusker und Pelasger, wenn er sagt : „Mir scheinen alle, welche die Tyrrhener und Pelasger für ein und dasselbe Volk halten, zu irren.“ Ebenso hält Plinius Pelasger und Etrusker deutlich auseinander, wenn er H. N. III, 5, 8, über die Bewohner Etruriens bemerkt: „ln alten Zeiten wurden die Umbrer von den Pelasgern daraus (aus Etrurien) vertrieben, und diese wieder von den Lydiern, welche nach ihrem Könige Tyrrhener, und später, von ihren Opfergebräuchen, in griechischer Sprache, Tusker genannt wurden.“ L. c. I, c. 30, wiederholt er diese Meinung, indem er sagt: „Diesem Vernunftschlusse nach, halte ich Pelasger und Tyrrhener von einander verschieden.“ Als einen ägyptisch-semitischen Gott-Heros haben wir schon oben („Argo,“ 1893, p. 162) den Melkart- Archal-Herakles kennen gelernt, welcher als Oolonieführer auch in Italien bekannt war. Von ihm sollen auch die Alpenpässe zuerst beschritten worden sein. Silius Italicus, Punica, III, 496, sagt: „Primus inexpertas adiit Tiryhthius arces.“ „Diese Festen (der Alpen) betrat zuerst der Tiryn-tische Heros“ und SV, 504: „Miratur domitas alpis ac pervia montis Ardua et Herculeae querit vestigia plantae.“ „Bestaunte die überwundenen Alpen, Suchte die Spuren, wo Herkules Fuss durchbrochen die Höhen.“ D Cf. „Argo,“ 1893, p. 105. Der Grammatiker Servius Maurus Hono-ratus, welcher unter Valentinian I. c. 360, einen Commentar zur Aeneis verfasste, bemerkt zu VIII, 600, folgendes: „Veteres sacrasse Pelasgos. Über diese herrschen verschiedene Meinungen; denn einige leiten ihren Ursprung von Athen, andere aus Sparta, andere aus Thessalien her: den es ist gewiss, dass in Thessalien viele pelasgische Städte sind.“ „Hyginus sagt, die Pelasger wären mit den Tyrrhenern identisch, das gleiche meint auch Varrò.“ Die Stelle ist sehr interessant. Sie beweist, dass Pelasger ein von den Griechen so verschiedenes Volk waren, dass man sie in Rom eher für Ahnen der Etrusker hielt, deren rauhe Sprache, wie wir noch hören werden, total von der griechischen abwich. Dass Athen von Pelasgern befestigt wurde, und welchen Lohn sie erhielten, wissen wir aus Herodot VI, 137; cf. „Argo,“ 1893, p. 105, wo pag. 101 auch über ihre Sitze in Thessalien und Sparta gehandelt wurde. Ueber die ausnahmsweise Identificirung von Pelasgern und Etruskern handeln wir noch weiter unten. Wie in Griechenland, so heben sich auch in Italien die Pelasger als eine durch Intelligenz und Cultur von den rohen älteren Bewohnern unterschiedene Menschenrasse ab, welche sowohl von Griechen, als Italikern und Etruskern verschieden war, und von den alten Autoren auch als verschieden erkannt und geschildert wurde. Erst den Hellenomanen der neueren philologischen Schulen war es Vorbehalten, die Pelasger zu Urgriechen zu machen. Nachdem wir die Verschiedenheit der Etrusker von den Pelasgern dargelegt zu haben glauben, können wir zur näheren Betrachtung der Etrusker schreiten. Uebereinstimmend erklären die alten Schriftsteller die Etrusker als Einwanderer, welche aus Asien und speciell aus Lydien zur See nach Italien kamen. „Nec terra olim sed classibns advehebantur, qui mutare sedes querebant.“ „Nicht übers Land sondern auf Flotten kamen die an, welche ihre Sitze wechseln wollten“ sagt Tacitus Germ. II. — So auch diese Lydier. In der biblischen Völkertafel, Gen. X. 22, werden sie unter den Söhnen Sems schon genannt. Auf den Siegestafeln der Pharaonen, namentlich Menephthah I. erscheinen sie neben Ka-nana, Naharina und Sinkar. (Rosellini Mon. stör. III. P. 1.) Nach Castor von Rhodos (edd. Didot, p. 180) sollen sie vor den Phönikern das Meer beherrscht haben. Ein Seezug nach Italien in einer, für unsere jetzigen Schulbegriffe „grauen Urzeit“ ist daher kein Ding der Unmöglichkeit. Herodot I. 94, erzählt: „Als Atys, Manes Sohn, König (in Lydien) war, kam eine grausame Hungersnoth über ganz Lydien. Diese dauerte achtzehn Jahre“ — „als das Uebel nicht nachliess, sondern immer ärger wüthete, schied der König die Lydier in zwei Theile, und sie mussten losen, wer da bleiben und wer auswandern sollte“ — „die da fort mussten, denen gab er seinen Sohn Tyrrhenos mit. Die das Loos zum Verlassen des Landes traf, giengen nach Smyrna und bauten sich Schiffe. “ — „Sie kamen endlich an vielen Völkern vorbei zu den Ombrikern (Umbrern), daselbst bauten sie sich Städte und wohnen daselbst bis auf den heutigen Tag.“ Und sie änderten den Namen Lydier nach ihres Königs Sohne, der sie hingeführt, und nannten sich nach diesem Tyrrhener.“ Aehnliches berichtet Skymnos v. Chios Perieg. 216 ff. „Hinter Lydiern sind die früher aus Hellas her übersiedelten Pelasger, welche mit den Tyrrhenern das Land gemeinsam bewohnen. Tyrrhenien aber gründete Lydos des Atys Sohn, welcher einst als Tyrrhener zu den Umbrern kam.“ DionysvonHalikarnass, ein sorgfältiger Alterthumsforscher zu Christus Zeiten lebend, überliefert uns verschiedene Ansichten älterer Schriftsteller, welche er gefunden, unter andern auch die, dass die Etrusker ein in Italien heimisches Volk seien. Allerdings steht diese Angabe der Ungeheuern Masse entgegengesetzter Zeugnisse gegenüber ziemlich vereinzelt da. Im I. Buche Cap. 26 bespricht er den Niedergang der Pelasger, und sagt dann : „Wohl waren es deren viele, welche in die von den Pelasgern verlassenen Städte einzogen, je nachdem sie ihnen nahe wohnten : unter Allen aber besetzten vorzüglich die Tyrrhener die meisten und besten. Diese Tyrrhener halten einige für Eingeborene Italiens, andere für Fremdlinge.“ „Die sie für aüsgewanderteFremdlinge halten, behaupten, Tyrrhenus habe, als Anführer der Kolonie, dem Volke den Namen gegeben, und er selbst sei von Geschlecht ein Lyder, aus den vormaligen Mäonien, ein sehr alter Wanderer der fünfte nach Zeus (Kronos) gewesen.“ 1. c. c. 27. Dionys erzählt nun die Geschichte der Auswanderung ähnlich der bei Herodot, und bezeugt dass viele andere Schriftsteller ebenso sprechen. Für die gegentheilige Ansicht citirt Dionys den X a n t h u s aus Lydien, welchen er als einen „Gewährsmann vom ersten Range“ bezeichnet; indess nicht etwa, dass er die Wanderung negirte, sondern dass er nur darüber schweigt. „Seine Worte (des Xanthus) sind:“ von Lydus kommen die Lyder, von Tory bus die Toryber. Ihre Sprache ist wenig verschieden und noch jezt entnehmen sie einander, wie Jonier und Dorer, nicht wenige Wörter.“ Gap. 28. Si cU^y t ^ - A- #°/0. S6J4. J,M. /ItiaTo-ČČ. rtrn //Azisri- &S. /’Cs)V