r---------------------------------- 's STERN DER NEGER Zweimonatsschrift Mai/Juni 195 7 INHALT Bischofswechsel in Huanuco ...... 49 P. Lorenz Unfried: Seelsorgeritt durch das Hochland von Peru ...................... 50 Nach Peru abgereist ............. 51 P. Gebhard Schmid: Unser Alltag in Memphis ........... 57 P. Adolf Stadtmüller: Katechistenschule in Gien Cowie ... 61 P. Willi Kühner: Südafrikanische Notizen (Fortsetzung) ..................... 63 P. Günter Brosig: Gnadenstunde eines Heidenmädchens .................... 66 Kleine Missionsrundschau ............ 68 Hermann Klingler: Vergiftet (Schluß) ................ 70 Kurz berichtet ...... 3. Umschlagseite Titelbild Im März dieses Jahres konnte Bischof Pinto von Ahmedabad, Indien, die erste Priesterweihe in dieser Diözese spenden. Die Mehrung der einheimischen Priester ist auch in Indien ein dringendes Erfordernis, da die Regierung die Einwanderung von ausländischen Missionaren erschwert. Bestellung Deutschland: Missionshaus Josefstal (14a) Ellwangen/Jagst (Württemberg) Österreich: Missionshaus Maria Fatima Unterpremstätten bei Graz Italien: Herz-Jesu-Missionshaus in Milland bei Brixen Jährlicher Bezugspreis DM 3.- — S. 15 — Lire 400 Einzahlung Deutschland: Missionshaus Josefstal Postscheckkonto Stuttgart 540 66 Österreich: Scheckkonto 862 11 „Stern der Neger“ Italien : Herz-Jesu-Missionshaus in Milland Bressanone/Brixen C.C.P. 14 / 7392 Trento Herausgeber und Verleger Kongregation der Missionäre Söhne des Heiligsten Herzens Jesu Josefstal bei Ellwangen/Jagst Schriftleitung P. Edmund Schümm, Josefstal Druck Schwabenverlag AG Zweigniederlassung Eliwangen/Jagst Mit kirchlicher Druckbewilligung und Erlaubnis des Generalobern Postverlagsort: Eltwangen (Jagst) V._____________________________________J Plissioiisgebetsmeinunilen Mai: Für die Festigung der Freiheit der Kirche in Pakistan. Der junge Staat Pakistan besteht aus zwei Landesteilen, die mehr als 3000 Kilometer auseinander liegen: dem größeren Westpakistan im Nordwesten Indiens mit der Hauptstadt Karatschi und dem kleineren Ostpakistan. Pakistan zählt unter seinen etwa 75 Millionen Einwohnern 66 Millionen Moslems, ist damit der größte mohammedanische Staat; weiter wohnen im Land 8,5 Millionen Hindus; Katholiken zählt man nur 228 000. Die neue Verfassung gibt uns Anlaß zu Optimismus. Es heißt da: „Jeder Bürger besitzt das Recht zu freiem Bekenntnis und zu freier Ausübung und Ausbreitung seiner Religion." Und: „Jede religiöse Gemeinschaft ist berechtigt, Erziehungsinstitute ihrer Wahl zu errichten, und der Staat darf die Anerkennung nicht aus religiösen Gründen verweigern, noch darf eine unterschiedliche Behandlung in der Besteuerung und Subvention erfolgen." Hoffen wir, daß dieser hochgesinnte Geist der pakistanischen Verfassung nicht durch Verwaltungsmaßnahmen untergeordneter Organe verfälscht wird. Die Kirche unterhält in diesem Land ein gut ausgebautes Schulwesen, das sich bis in die höchsten Kreise hinein großer Wertschätzung erfreut. Doch fehlt es sehr an katholischen Sozialhelfern, Ärzten, Krankenschwestern, die den Boden für die eigentliche Arbeit des Missionars vorbereiten könnten. Juni: Für die Rückkehr Skandinaviens und der benachbarten Länder zur Einheit der Kirche. Die nordischen Länder Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland und Island waren bis zur Reformation blühende katholische Gebiete und haben der Kirche manchen Heiligen geschenkt. Nun aber bilden die etwa sechzigtausend Katholiken, die sieben kirchlichen Sprengeln angehören, unter den nahezu 20 Millionen Einwohnern dieser Länder eine fast verschwindende Minderheit. Von den 231 Priestern stammen 50 aus den genannten Ländern, 66 sind Holländer, 60 Deutsche, 11 Österreicher. Die Kirche ist gut organisiert und erfreut sich allgemein hoher Wertschätzung. Konversionen sind zahlenmäßig gering. In Schweden haben die meisten Pfarreien einen Durchmesser von etwa 250 Kilometern; das bringt natürlich zahlreiche Probleme mit sich: unregelmäßiger Gottesdienst, mangelhafter Religionsunterricht, Mischehen. Bischolswechsel in Huanuco Das obige Bild zeigt Exzellenz Teodosio Moreno, den bisherigen Bischof von Huanuco, mit P. General Richard Lech-n e r , der im vergangenen Jahr anläßlich seiner Visitationsreise mehrere Monate bei unsern Mitbrüdern in der Diözese Huanuco weilte, die hier vier sehr ausgedehnte Pfarreien betreuen. Das Verhältnis zwischen ihnen und dem Bischof war stets ungetrübt, ja herzlich. Bischof Moreno wußte ihre aufopfernde Arbeit zu schätzen, besonders auch angesichts der geringen Zahl seiner Diözesanpriester, und er zeigte sich ihnen stets als väterlicher Freund. Dafür sei ihm auch an dieser Stelle herzlich gedankt. Im Zuge einer größeren Umbesetzung (in sieben Diözesen) kam Exz. Moreno auf den Bischofstuhl von Huaraz. Die Abschiedsfeiern im Januar legten Zeugnis / ab von der Wertschätzung, die er in seiner Diözese genoß. Am 19. März übernahm Exzellenz Carlos A. Arce Masias, der bisherige Bischof von Tacna, die Diözese Huanuco. Schon am darauffolgenden Sonntag gab er unsern Patres im Konvent San Pedro die Ehre seines Besuches. P. Anton Kühner, unser neuer Superior, meinte in seiner Begrüßungsansprache, das Bischofsamt sei wohl ein Kreuztragen. Aber die Söhne des Heiligsten Herzens wollten ihm hilfreiche Cireneos (Simon von Cyrene) sein. Daran anknüpfend sagte der neue Bischof, er wisse, daß für ihn jetzt Palmsonntag sei, daß aber- der Karfreitag kommen werde, sobald er die Leitung seiner ^Diözese energisch in die Hand nehme. Seelsorgsritt durch das Hochland von Peru Von P. Lorenz Unfried, Llata Mit Glockengeläute empfangen 29. August 1956 — Nach einem 70 Kilometer langen Gewaltritt über menschenleere Gebirgszüge komme ich am Spätnachmittag eines lauen Sommertags in der Provinzhauptstadt Huacra-tschuco an. In vier Tagen habe ich 250 Kilometer hinter mich gebracht und die beiden Provinzen Huamalies und Maranion durchquert. Diese beiden Provinzen bilden das Gebiet meiner Pfarrei Llata (sprich Ljata). Eigentlich sind es sechs Pfarreien, aber nur Llata ist besetzt. Schlimm war besonders der letzte Tag: Auf schmalem Pfad ging es stundenlang über einsame Höhen dahin; kein Baum, kein Strauch, keine menschliche Siedlung belebte die düstere Einsamkeit. Nur vereinzelte Schafherden ließen darauf schließen, daß irgendwo in den Tälern Menschen wohnten. Ein Schneegestöber auf der Paßhöhe ließ die Wildnis noch unwirtlicher erscheinen. Als ich in der Stadt eintreffe, sind die Straßen dicht mit Menschen gefüllt: Es ist ja Vorabend vom Fest der heiligen Rosa, der Patronin der Stadt. Glockengeläute verkündet meine Ankunft. Es ist genau ein Jahr, daß wieder einmal ein Priester die Stadt betritt. Die Behörden und die Musikkapelle empfangen mich am Ortseingang und geleiten mich in feierlichem Zug zu meiner Unterkunft. Während diensteifrige Hände mein braves Maultier versorgen, läßt mich ein starker Bohnenkaffee wieder aufleben. Am Abend singe ich in der spärlich erleuchteten Kirche noch die Vesper vom kommenden Fest. Dann ist der Tag für mich zu Ende. Fest der heiligen Rosa 30. August — In aller Frühe weckt mich ohrenbetäubender Lärm: Die Musikkapelle entbietet mir den Morgengruß. Die Abgeordneten der einzelnen Stadtteile und umliegenden Dörfer, die sogenannten Priostes, überreichen mir feierlich den „Alguinaldo" (Geschenk), Lebensmittel für meinen Unterhalt: Hühner, Hammelfleisch, Eier, Brot, Kaffee, Kartoffeln usw., auch Salz und Brennholz — genug für wenigstens vierzehn Tage. Ich übergebe alles der Köchin, und, mit einer Medaille beschenkt, ziehen die Leute befriedigt von dannen. Um zehn Uhr ist Festgottesdienst mit Predigt. Die Kirche ist voll bis zum letz- (Fortsetzung S. 52) P. Lorenz Unfried, Pfarrer von Llata, mit Indianerkindern P. Roland Stengel Br. Hugo Kapraun Nach Peru abgereist In Kürze werden zwei weitere Mitglieder unserer Kongregation im fernen Peru ein-treffen. Es sind P. Roland Stengel und Br. Hugo Kapraun, die am 25. Mai auf einem deutschen Frachter Antwerpen verließen und nach 25tägiger Fahrt Callao bei Lima erreichen werden. P. Roland Stengel stammt aus Gaggenau, Krs. Rastatt, Baden. In Baden-Baden besuchte er das Gymnasium, war noch ein Jahr in Josefstal, machte dann in Bamberg das Noviziat und studierte an der dortigen Hochschule Philosophie und Theologie. 1952 wurde er in Bamberg zum Priester geweiht. Seit 1953 war er in unserem Missionshaus Milland, Südtirol, als Aushilfspater, Spiritual und Betreuer unseres Meßbundes „Werk des Erlösers" tätig. Br. Hugo Kapraun, geboren in Großostheim bei Aschaffenburg, Unterfranken, trat 1948 ins Missionshaus Josefstal ein, machte hier das Noviziat und erlernte bei Br. Vinzenz das Schneiderhandwerk. Auch in die Geheimnisse der Kochkunst ließ er sich einführen. P. Lehr unterrichtete ihn in Spanisch, der Sprache seiner neuen Heimat. Am Sonntag, den 12. Mai, erhielten beide in ihren Heimatgemeinden in ergreifenden Aussendungsfeiern das Missionskreuz überreicht: P. Roland von P. Andreas Riedl, einem langjährigen Peru-Missionar, Br. Hugo von P. General R. Lechner. An Hand von Lichtbildern machten P. General und P. Riedl die beiden Heimatgemeinden mit Land und Leuten und den Seelsorgeverhältnissen Perus vertraut. Am Abend des 22. Mai bereitete in Josefstal die Klostergemeinschaft den beiden eine schlichte, aber herzliche Abschiedsfeier. Am nächsten Morgen bestiegen sie auf dem Ellwanger Bahnhof, der schon so manchen Missionarsabschied gesehen hat, den Zug nach Frankfurt (bis hierher von P. General begleitet) und gelangten über Brüssel nach Antwerpen. —Das Schiff hat nur sieben Passagiere an Bord: unsere beiden Mitbrüder, drei Ordensschwestern und eine Frau mit Tochter. Und schon ist von Panama eine erste Nachricht eingetroffen: Br. Hugo schreibt an P. General, daß bis dahin die Fahrt gut verlaufen sei. Oben: Am Calvario-Paß. Unten: In endlosem Zickzack steigt der Pfad den Berg hinan. ten Winkel. Die Männer stehen die Wände entlang, die Frauen kauern mit ihren Kindern in der Mitte auf dem Boden. Bänke gibt es nicht. Die Indianer benützen keinen Stuhl, sondern ziehen es vor, sich daneben auf den Boden zu hocken. Die Kapelle hat sich unter dem Portal der Kirche aufgestellt, weil es da besonders kräftig hallt, und trägt mit heiteren Weisen zur andächtigen Stimmung bei. Die Wandlung kommt näher: Der Lärm steigert sich, die Männer der Musikkapelle geben ihr letztes her, draußen explodieren Knallraketen, die Glocken läuten. Ich muß denken: Wie einstens auf Sinai kommt der Herr unter Blitz und Donner zu den Seinen. Nach dem Mittagessen beginne ich mit dem Taufen. Ich taufe in Gruppen von 15 bis 20. Am Abend zähle ich 137 Taufen und zehn Trauungen. Hoffentlich hat mein Sekretär auch alle aufgeschrieben, ich bezweifle es. Mir brummt der Kopf vom vielen Reden und Schreien. Die Zwei- bis Dreijährigen gebärden sieb wie die Wilden. Dafür bekommen sie eine extra starke Prise Salz zwischen die Zähne. Am Abend noch feierlicher Rosenkranz mit Ansprache, eine Art Christenlehre, denn ich muß die Zeit nützen. Es war ein schwerer Tag. Padre, bleiben Sie bei uns! 31. August — Das Gleiche wie am Vortag: Festmesse, Trauungen, Taufen und nochmals Taufen, dazu Spendung der Firmung, zumeist an die am Vortag Getauften. Am Nachmittag große, zwei Stunden dauernde Prozession durch die Stadt, mit sämtlichen Heiligenstatuen der Kirche. Am Abend zähle ich 132 Taufen, 6 Trauungen, 350 Firmungen. Und immer höre ich die gleiche Bitte: „Padre, bleiben Sie doch bei uns, wenigstens ein paar Monate! Wir leben wie die Heiden. Unsere Kranken sterben ohne die heiligen Sakramente, unsre Kinder wachsen ohne religiöse Unterweisung heran, die Protestanten gewinnen Boden." Doch nur einige Tage kann ich bleiben. Es warten noch viele Dörfer auf mein Kommen, eine ganze Provinz mit rund 35 000 Einwohnern, und nicht alle Dörfer werde ich besuchen können, das Gebiet ist zu groß: 150 zu 200 Kilometer, ohne Straßen; man wird vergebens nach einem Fahrrad suchen. Von Huacratschuco sind es zwei Tagesritte bis zur nächsten Straße, wo man ein Auto nehmen könnte. Wenn man da krank wird, gibt es keine Rettung, denn ein Arzt ist nicht zu erreichen. Ich glaube, diese Provinz Mara-nion ist die entlegenste und am wenigsten entwickelte von ganz Peru. 1. September — Woher nur die vielen Leute kommen! Die ganze Provinz scheint sich hier versammelt zu haben. Doch nein, diese Menschen kommen aus den umliegenden Dörfern, allerdings oft aus einer Entfernung von 25 Kilometern. Wem würde es daheim auch nur im Traum einfallen, eine solche Strecke zu Fuß zu gehen, bloß um einer heiligen Messe beiwohnen oder ein Kind zur Taufe bringen zu können? Hier hält man das für selbstverständlich. Allen alles werden Heute geben die Indianer dem Straßenbild das typische Gepräge: Die Männer im Poncho, einem deckenartigen Überwurf, den weißen Filzhut auf dem Kopf und Gummilatschen aus alten Autoreifen an den Füßen. Die Mädchen und ledigen Frauen lieben grelle Farben, die Röcke bauschen sich; der Reichtum wird nach der Anzahl der Unterröcke bemessen. Die verheirateten Frauen tragen einfache Kleidung in ruhigen Farben, doch stets mit einem Kleinkind im Rük-kentuch. Die Indianer sind noch ein Naturvolk, und eine Mutter trennt sich nie von ihrem Kind, bis es gehen kann. Natürlich und primitiv ist auch ihre Lebensweise. Wie oft passiert es, daß eine Patin den schreienden Täufling an die Brust nimmt, während ich versuche, mit den Zeremonien zurecht zu kommen. Meist bringt man die Kinder nackt zur Taufe, nur in ein Tuch eingewickelt, Niemand stößt sich daran — ich auch nicht mehr. Man gewöhnt sich an alles: an gerösteten Mais als Reiseproviant, an geschälten Weizen als Brotersatz, an-Schaffelle als Matratze, an die unvermeidlichen Meerschweinchen als Leckerbissen. Weit blickt der Kirchturm von Pacrao ins Bergland hinein. Will man das Vertrauen der Indianer gewinnen, so muß man versuchen, sich ihnen anzugleichen, so gut es eben geht, sonst bleibt man immer ein Fremdling. Man muß auch versuchen, in ihre Sprache einzudringen. Wie freuen sie sich, wenn man sich bemüht, einige Worte ihrer Ketschua-Sprache anzubringen. Auf meinen langen, einsamen Ritten liebe ich es, mich mit meinem Begleiter zu unterhalten, um einige neue Wörter zu lernen. Leider gibt es keine Grammatik und kein Wörterbuch dieser Sprache, und die- Dialekte unterscheiden sich starke oft von Bezirk zu Bezirk, wohl eine Folge der Abgeschlossenheit der einzelnen Täler. 2. September — Wirklich köstlich sind die Briefe, die man mir von den Dörfern schickt, um mich zu einem Besuch einzuladen: „An den Excelentisimo Monsenor Vicario der Diözese Llata." „An den Herrn Pfarrer der Kirche Gottes in transito" (auf Durchreise). Eigentlich ist es ja Bild links: „ . .. und dreht um die schnurrende Spindel den Faden.“ Die Kunst des Spinnens, zu Schillers Zeiten beherrschte sie bei uns jede Hausfrau, wird von den Indianerinnen des peruanischen Hochlandes noch heute in urtümlicher Weise geübt. Bild rechts: Indianer beim Dreschen. Am Berghang im Hintergrund terassenförmig angelegte, bewässerbare Felder. traurig, daß ein Pfarrer seine Pfarrei nur auf der Durchreise betreuen kann Protestantische Gefahr 3. September — Heute besuchte ich von Huacratschuco aus das 15 Kilometer entfernte Dorf Huaytschao. Nach zwölf Jahren bin ich der erste Priester, der sich hierher verirrte! Viele Leute dieses Dorfes sind bereits Protestanten geworden. Ich kann sie verstehen, das religiöse Bedürfnis ist vorhanden, und so suchen sie eben irgendwo Anschluß. Auch haben die Protestanten ihre Sache gut organisiert. Haben sie in einem Dorf einmal Fuß gefaßt, dann schicken sie alsbald einen oder zwei Männer auf ihre Katechetenschulen in Lima oder einer andern Stadt und bilden sie kurzfristig als Propagandisten aus. Der Pastor, meist Amerikaner, kommt nur ab und zu, unterhält aber mit seinen „Hermanos" („Brüdern“) regen Briefverkehr und versorgt sie unentgeltlich mit religiösem Schrifttum. Warum machen wir Katholiken es nicht ebenso? Wie weit sind wir hier doch zurück! Das Haupthindernis ist eben der große Priestermangel. Diese Hochlandindianer 4. September — Mit dem Versprechen, nochmals zurückzukommen, verabschiede ich mich von Huacratschuco und ziehe 40 Kilometer weiter nach San Buenaventura, das auf der anderen Seite des Gebirges liegt. Der Pfad führt an Steilhängen entlang, bergauf und bergab; tief unten rauscht der Fluß. Voraus marschiert ein Bursche als Führer, oft in vollem Lauf. Erstaunlich, wie diese Leute das durchhalten können in dieser Höhe von 4000 Metern. Unsereinem bleibt sofort der Atem weg, wenn man versucht, auch nur eine kleine Steigung hinaufzuklettern, wenn der Weg zu halsbrecherisch wird. Aber diese Hochlandindianer sind es gewöhnt. Mit einem Zentner und mehr auf dem Rücken marschieren sie tagelang dahin in dieser dünnen Luft, als Proviant geröstete Maiskörner und Koka, das sie kauen. (Die Blätter des Koka-Strauches enthalten Kokain, das durch Kauen der Blätter in den Magen gelangt und diesen gegen Hunger und Durst unempfindlich macht und auch die Müdigkeit verscheucht.) Ihr gedrungener, untersetzter Körper scheint sie zum Lastentragen vorzüglich zu befähigen. Der überdimensionale Brustkorb steht in keinem Verhältnis zum übrigen Körper und scheint eine Speziallunge für diese dünne Höhenluft einzuschließen. Klar zeichnen sich die Rippen ab, fast möchte ich sagen, wie Faßreifen. 6. September — In San Buenaventura. Als Abschluß des Festes der heiligen Rosa findet vor der Kirche zu Ehren der Heiligen ein Stierkampf statt. Die Heilige wird aus der Kirche geholt und wohnt in vollem Ornat als Ehrengast dem Schauspiel bei. Einer der halbwilden Stiere erwischt einen jungen Kämpfer so unglücklich mit den Hörnern, daß dieser kurz darauf stirbt. Ich konnte ihm gerade noch die letzte Ölung geben. —• Diese Stierkämpfe sind auch so ein zweifelhaftes Geschenk der spanischen Eroberer. Vor der Malaria geflohen 8. September — Huaotuna. Das Dorf liegt auf einem kleinen Hügel, der vom Maranion umflossen ist. Das Flußtal selbst ist wüstenähnlich, nur mit einigen spärlichen und seltenen Pflanzen bewachsen, die ich bisher nirgends sonst gefunden habe. Das Klima ist drückend heiß, subtropisch. Obwohl in der Niederung alle Südfrüchte gedeihen, findet man am Ufer selbst keine menschliche Siedlung: Malaria! So besteht der „Ort" nur noch aus der Kirche und zwei Häusern. Die Bewohner haben sich auf die umliegenden Höhen zurückgezogen, das Klima ist unten zu ungesund. Aus dem Zuckerrohr bereitet man Huarapa, eine Art Süßmost, in Geschmack und Farbe unserm Apfelsüßmost gleichend. Beide gleichen einander allerdings auch in der Wirkung: Durchfall! Leere Schulen 10. September — Wieder in San Buenaventura. Benütze die drei ruhigen Tage und halte mit den Kindern Erstkommunion und Firmung. Jedes Nest hat seine eigene Schule, da die Familien sehr kinderreich sind. Der Staat tut viel für den Unterricht. Trotzdem gibt es noch zahlreiche Analphabeten, besonders hier in der Sierra (Gebirge). In den rein ländlichen Gegenden ist der Ablauf des Jahres weitgehend durch die Feldarbeit bestimmt. Roden, Säen, Kultivieren und Ernten sind die Hauptereignisse, und die Kinder müssen mithelfen; so unterbleibt der Schulbesuch. Wie oft traf ich Lehrerinnen vor leeren Schulen an: „Co-setscha", Ernte, ist die resignierte Antwort. 13. September — Am Nachmittag reite ich von San Buenaventura nach Sinai, einer Viehfarm mit an die 2000 Stück Rindvieh. Der Besitzer wohnt, wie stets die reichen Leute, in der Hauptstadt Lima. Der Verwalter nimmt mich freundlich auf. Noch am selben Abend taufe P. Karl Wetzel, der sich mit Br. Kuno Stößer der Katholiken in der hochmodernen, vom Staat angelegten Siedlung Mirones bei Lima annimmt. Ihre besondere Sorge gilt der Jugend. ich 18 Kinder und traue 9 Paare. Am nächsten Morgen lese ich für die Hirten eine hl. Messe und ziehe weiter zum nahegelegenen Dörfchen „Fraile-Rumi" (Steinerner Mönch). Weihwasser mit viel Salz 14. September, Fest Kreuz-Erhöhung — In Fraile-Rumi quartiere ich mich in der Schule ein, dem einzigen Raum, der halbwegs bewohnbar ist. Die Leute bringen wie üblich die Lebensmittel, die Lehrerin besorgt das Kochen. Ein Bettgestell ist keines aufzutreiben. Ein Strohlager und meine Pferdedecken tun den gleichen Dienst. Was machen die Leute bloß mit de., vielen Weihwasser? Kaum habe ich das Wasser in den dickbauchigen Tonkrügei, geweiht, sind sie auch schon wieder leer. Ja Weihwasser hilft gegen alles, besonders gegen Krankheit bei Mensch und Vieh, vor allem, wenn es reichlich Salz enthält. Darum nimmt jeder vorher eine Kostprobe, ob es auch „gutes" Weihwasser ist, das heißt, viel Salz enthält. Und der Mesner macht dabei ein gutes Geschäft. Schließlich muß er auch das Wasser herbeischaffen, und das Salz bekommt er auch nicht geschenkt. 15. September — Heute halte ich in Fraile-Rumi ein Totenamt. Die weißen Filzhüte mit schwarzem Tuch umwidcelt, erscheinen die Angehörigen zur Messe. Im Halbkreis kauern sie um die Tumba, jeder mit einer brennenden Kerze in der Hand und den schwarzen Hut auf dem Kopf. Als ich nach der Messe das Libera singe, entdecke ich unter der Tumba einen — Schafbock! Er hatte mich schon während der ganzen Messe mit seinefn Geblöcke gestört. Schon will ich ein heiliges Donnerwetter loslassen, doch man erklärt mir, der schwarze Schafbock sei eine „Ofrenda", ein Opfergeschenk für mich, den Taita. Das änderte natürlich die Sachlage. Ich wurde entfernt erinnert an den Opfergang bei Totenämtern in meiner Heimatpfarrei Ornbau. Und so nehme ich großmütig den Bock in Empfang. „Costumbres" (Gebräuche) muß man mitmachen, besonders wenn sie nützlich sind, wie in diesem Fall. (2. Teil folgt) Unser Alltag in Memphis, USA Von P. Gebhard Schmid Es wird wohl den lieben Lesern klar sein, daß es nicht einfach ist, in ein fremdes Land zu ziehen und Pionierarbeit zu leisten. Das mußten auch P. L o h i und ich erfahren, als wir vor einem Jahr in die Vereinigten Staaten kamen, um hier in Memphis eine Negerpfarrei zu übernehmen. Damals hatten wir beide nur den einen Wunsch: Wenn nur das erste Jahr schon vorüber wäre! Für gewöhnlich trifft ein Missionar, der in ein fernes Land zieht, dort schon Mitbrüder an, die ihm mit Rat und Tat helfend zur Seite stehen. Bei uns war es nicht der Fall, denn wir sind die ersten Patres unserer Kongregation in den Vereinigten Staaten von Amerika. Gewiß, wir hatten in der ersten Zeit einen großen Helfer und guten Freund bei uns, P. General Richard L e c h n e r, der mit uns herüber gekommen war. Aber auch er war hier ein Fremdling und Anfänger. Doch kamen ihm die meisterhafte Beherrschung der englischen Sprache und die langjährige Arbeit in unserer südafrikanischen Mission sehr zustatten. Nach vier Monaten verließ er uns, und wir wurden ins Wasser geworfen: nun hieß es für uns: Schwimmen oder ertrinken. Wir zogen das Schwimmen vor, und mit Gottes Hilfe und Eurem Gebet haben wir es geschafft. Wenn wir nun zurückblicken, möchten wir dieses Jahr nicht missen, denn es war reich an schönen Erlebnissen und an lehrreichen Erfahrungen. An Hand der Schilderung eines Tagesablaufes möchte ich Euch Einblick geben in unsere Arbeit und in die Probleme, die wir zu bewältigen haben. Etwas vor sechs Uhr rasselt der Wek-ker und reißt uns aus dem süßen Schlummer. Eine erfrischende Dusche verscheucht die letzte Schläfrigkeit. Die erste Stunde des Tages widmen wir dem Gebet. Etwas nach sieben Uhr setzt sich einer von uns ins Auto und holt unsere Schulschwestern von ihrem vier Kilometer entfernten Kloster ab. Während dieser Zeit feiert der andere das heilige Opfer, bei dem gewöhnlich nur der Ministrant und eine 80jährige Frau anwesend sind. Anfangs war das für uns erschütternd. Jedoch wir mußten uns damit abfinden. Der Grund für den spärlichen Besuch liegt nicht allein in der Geringschätzung des hl. Opfers, sondern in vielen Fällen ist es den Leuten einfach nicht möglich zu kommen, da sie sehr früh zur Arbeit gehen müssen oder von der Kirche zu weit entfernt wohnen. Vor dem Abschied in Memphis gibt P. General den Schwestern sein Autogramm P. Gebhard Schmid mit dreien seiner Ministranten. Sie heißen Andrew, Joe und William. Um acht Uhr beginnt die Schülermesse. Wenn der Priester an den Altar tritt, sind viele Bänke noch leer,- aber bis zum letzten Segen haben sie sich gefüllt. Etwa zweimal in der Woche haben wir ein Hochamt. Die Mädchen der oberen Klassen bilden den Chor, den eine Schwester dirigiert. Nach der heiligen Messe geht es ins Pfarrhaus. Dort wartet jedoch keine gedeckte Frühstückstafel auf uns. Sondern auch hier gilt: Selbst ist der Mann. Ihr würdet überrascht sein zu be- obachten, in welch kurzer Zeit (Zeit ist auch bei uns Geld!) wir ein gehaltvolles und schmackhaftes Frühstück auf den Tisch zaubern. Gewöhnlich besteht es aus Bohnenkaffee, Eiern und Schinken. Während dieser Stärkung lesen wir die sehr umfangreiche Morgenzeitung. Oft fühlen wir uns veranlaßt, unsern Kommentar zu dem zu geben, was da alles geboten wird. So war vor einiger Zeit folgendes zu lesen: Zwei Mädchen aus Chikago unternahmen eine Reise nach Memphis (1000 Kilometer), um Elvis Presley, den Götzen der amerikanischen Mädchen, zu sehen. Das Glück war ihnen aber nicht hold, denn er war gerade ausgeflogen. Ihre Reise war jedoch nicht vergebens, denn sie entdeckten in seinem Garten an der Wäscheleine seine Socken, was sie überglücklich machte. Da bleibt einem der Verstand weg. Fast die Hälfte des Jahres über verwendet die Zeitung ihre Spalten dazu, die Öffentlichkeit über Schönheitswettbewerbe auf dem laufenden zu halten. Einmal geht es um Miss America, dann um die Miss Coca Cola, die Miss Pepsi Cola, die Miss Fire Prevention (Feuerverhütung) und dergleichen. Hier gibt es ja für alles eine Miss. Nach welchen Qualitäten da geurteilt wird, konnte ich bis jetzt noch nicht herausfinden. Häufig kommen auch Berichte über die Arbeitsamkeit und Tüchtigkeit des deutschen Volkes, Berichte, die wir mit besonderer Genugtuung lesen. Bild links: Blick in eines der belebtesten Viertel von Memphis. — Bild rechts: Eine Konvertitin nach der Taufe. Sie ist Hausangestellte bei einer weißen Familie. Nun beginnt die eigentliche Tagesarbeit. Zum Beispiel mit Religionsunterricht in der Schule. Das ist eine meiner liebsten Beschäftigungen, denn da komme ich mit der Jugend in Berührung, und das hält einen selbst jung und wendig. Nun einige Worte über das amerikanische Schulwesen. Das Schulsystem ist grundsätzlich verschieden von dem in Deutschland. Hier gibt es zwei verschiedene Schularten: die bewußt katholische „Pfarrschule" und die religionslose „öffentliche Schule", Staatsschule. Die Eltern der katholischen Kinder haben die strenge Verpflichtung, ihre Kinder in die Pfarrschule zu schicken. Nur wenn es infolge besonderer Umstände nicht möglich ist, können sie vom Pfarrer die Erlaubnis bekommen, die Kinder in eine andere Schule zu schicken. Wer sich nicht an diese Weisung der Kirche hält, kann nicht zu den Sakramenten zugelassen werden. Diese Strenge der Kirche ist wohlbegründet. Denn was ist im Leben eines Kindes wichtiger als eine gute religiöse Erziehung zu bekommen und damit eine feste Grundlage fürs spätere Leben? Gewiß ist in dieser Hinsicht das Elternhaus erstrangig, doch kommt auch der Schule eine entscheidende Bedeutung für die Formung des jungen Menschen zu. Sie kann viel aufbauen, aber auch viel zerstören. Der Unterricht wird in der Pfarrschule fast ausschließlich von Ordensschwestern erteilt. Ihr alle würdet überrascht sein zu sehen, welch hervorragende Arbeit diese Schwestern leisten. Sie sind sich bewußt, daß sie nicht nur zu unterrichten, sondern auch zu erziehen haben. Man findet in Deutschland wohl selten eine Schule, in der eine solch gute katholische Atmosphäre herrscht. Im allgemeinen ist es um das Unterrichtsniveau und die Disziplin viel besser bestellt als in den Staatsschulen. Das veranlaßt manche nichtkatholische Eltern, ihre Kinder in unsere kirchlichen Schulen zu schicken, obwohl sie da Schulgeld zahlen müssen, während der Unterricht in den staatlichen Schulen schulgeldfrei ist. Auch die andersgläubigen Kinder bekommen dieselbe bewußt katholische Er- Ziehung wie die katholischen. Selbst am katholischen Religionsunterricht müssen sie teilnehmen. Das ist später für manchen der Grund, warum er zur katholischen Kirche konvertiert. In der 7. und 8. Klasse, in denen ich Religionsunterricht gebe, habe ich etwa 30 Kinder; die Hälfte dieser Kinder sind nichtkatholisch. Ich bin oft sehr überrascht von ihrem Wissen in katholischen Dingen. Sie beantworten mir Fragen, auf die mir katholische Kinder die Antwort schuldig bleiben. Mit der Disziplin habe ich nicht die geringste Schwierigkeit, denn die Kinder wissen, daß eine Klage bei der Schwester sehr nachteilige Folgen für sie haben würde. Als ich anfing zu unterrichten, war es mir nicht ganz wohl zumute, denn meine Sprachkenntnisse waren noch recht mangelhaft. Doch besteht jetzt hierin keine Schwierigkeit mehr. Gerade durch den Unterricht, den ich sehr früh gewagt habe, konnte ich mir eine gewisse Geläufigkeit in der englischen Sprache erwerben. Auch mein Mitbruder P. Konrad Lohr hat reichlich Gelegenheit, sich in dieser Sprache zu üben, jedoch nicht in einer Schulklasse, sondern vor einer willigeren und gebildeteren Zuhörerschaft: Er hat in zwei Schwesternkonventen die monatlichen Unterweisungen zu geben. Die Schwestern hören ihm gerne zu, denn er weiß seine interessanten Erlebnisse und seine reiche Erfahrung, die er als Soldat und während seiner fünfjährigen Missionstätigkeit in Peru sammelte, gut zu verwerten. Nach dieser Schulstunde kommt der Konvertitenunterricht an die Reihe — eine sehr dankbare Aufgabe. Hier dürfen wir mit der Gnade Gottes Menschen aus dem Irrtum herausführen und ihnen das Licht des wahren Glaubens bringen. Man spürt, wie froh und glücklich diese Menschen dabei werden. Ein Kurs dauert etwa vier bis fünf Monate und wird mit der Taufe abgeschlossen. Dieses Ereignis macht einen selbst so froh, daß man für alle aufgewandte Mühe reichlich belohnt ist. Im vergangenen Jahr konnten wir etwa 13 Konver- titen in die Kirche aufnehmen, zehn weitere stehen in der Vorbereitung. In der Regel werden Konvertiten gute Katholiken. Es ist aber sehr wichtig, daß man mit ihnen in Verbindung bleibt, denn meistens leben sie in völlig protestantischer Umgebung. Da gilt es, dieses kleine und schwache Pflänzchen, das man gesteckt, mit ganz besonderer Sorgfalt zu pflegen, damit es erstarken und zu einem Baume heranwachsen kann. Inzwischen ist es Mittag geworden und wir haben auch an unser leibliches Wohl zu denken. Für eine Weile wird das Schulpult mit dem Herd vertauscht. Diesmal geht das Kochen nicht so schnell wie beim Frühstück, und manchmal könnte das Essen auch ein klein wenig besser schmecken. Jedoch die Tatsache, daß wir beide noch am Leben sind und auch nicht allzu viel an Gewicht verloren haben, beweist, daß wir auch in dieser Hinsicht manches gelernt haben. Am Nachmittag oder am Abend macht man bei einigen Pfarrkindern Ha u s besu c h e, sofern es die Zeit erlaubt. Die Leute haben diese Besuche sehr gern und fühlen sich mächtig geehrt, wenn der Priester zu ihnen kommt. Diese Besuche sind auch für den Priester sehr interessant und lehrreich. Da erlebt man Überraschungen und Enttäuschungen. Der eine lebt in Luxus, der andere in größter Armut. Einmal wurde ich zu einer Konvertitin gerufen. Es war schon ein kleines Abenteuer, bis ich ihre Wohnung fand. Ich mußte durch eine Rumpelkammer gehen, die sich bei näherem Hinsehen als Küche entpuppte, und gelangte von da ins Wohn- und Schlafzimmer. So was Armseliges habe ich in meinem ganzen Leben nicht gesehen. Und diese Frau mit ihren zwei Kindern muß für diese Wohnhöhle monatlich 20 Dollar bezahlen. Sehr oft sind die Familien religiös gespalten. Man findet in einer Familie Mitglieder verschiedener Konfessionen: Baptisten, Methodisten, Katholiken. Zweifellos ist es da für einen Katholiken sehr schwer, seinem Glauben treu zu bleiben, besonders wenn es sich um Kinder und Jugendliche handelt. Da kann man Enttäuschungen erleben. In fast jedem Haus findet man Telefon und einen Fernsehapparat, der oft während des ganzen Tages eingeschaltet ist. Dieses Fernsehen wirkt sich sehr nachteilig aus, da viele Programme moralisch sehr tief stehen. Oft sind die Eltern kritiklos und kümmern sich nicht darum, was ihre Kinder da zu sehen bekommen; Hauptsache, man hat sie los und braucht sich nicht mit ihnen zu ärgern. Manchmal kommt man bei diesen Besuchen auf ein brennendes Problem zu sprechen, das Verhältnis zwischen Weiß und Schwarz. Feiner empfindende Neger leiden sehr unter der Tatsache, daß sie Schwarze sind. Man versteht das, denn hier im Süden der Vereinigten Staaten herrscht noch die Rassentrennung. Die Schwarzen haben ihre eigenen Schulen, Kirchen, Parks, Kinos und dergleichen. Wohl darf ein Neger auch in die Kirche der Weißen gehen, doch sieht man das nur sehr selten. Es würde zu weit führen, die Gründe dafür anzugeben. Im Stra- ßenbus müssen sie die rückwärtigen Plätze einnehmen. Es ist leider Gottes Tatsache, daß die Neger von einem Teil der Weißen als Menschen zweiter Klasse A angesehen und behandelt werden. Nach diesen Besuchen geht's heim zum Abendessen. Doch vorher müssen wir uns wieder als Köche betätigen. Während des Essens ist der Fernsehapparat eingeschaltet. Manchmal werden recht unterhaltende Sachen geboten. Dem Essen folgt das unvermeidliche Nachspiel; P. Lohr, der Stadtpfarrer, spült das Geschirr, und ich, sein Kaplan, trockne ab. Dann kommen einige ruhige Stunden; Kein Telefongeklingel, wenig Autolärm, auch unsere Pfortenglocke schweigt. Welch eine Erholung nach dem Gehetze des Tages. Gegen elf Uhr machen wir beim Heiland in der Kirche noch einen Besuch. Eine erfrischende Dusche sorgt dafür, daß wir trotz der drückenden Sommerhitze bald einschla-fen. Katechistenschule in Gien Cowie Von P. Adolf Stadtmüller Wegen der gefährdeten Lage unserer Missionsschulen (infolge der Schulpolitik der südafrikanischen Regierung) wurde die Einstellung einer größeren Anzahl gut ausgebildeter Katechisten eine unerläßliche Notwendigkeit für den Fortschritt unserer Missionsarbeit. Daher wurde am 6. November des vergangenen Jahres auf Wunsch unseres Hochwst. Bischofs Anton R e i t e r e r auf der Missionsstation Gien Cowie eine Katechistenschule ins Leben gerufen. Ihre Aufgabe ist es, geeigneten Eingeborenen eine besondere Ausbildung für die Erteilung des Religionsunterrichtes und die Ausübung des Laienapastolats zu geben. Die Erfahrung hat gezeigt, daß solche Laien, die ohne Vorschulung Religionsunterricht erteilen, sich in der Regel damit zufrieden geben, den Kindern und Katechumenen die Gebete einzudrillen und die Katechismusfragen ihrem Gedächtnis mechanisch einzuprägen, ohne sich zu vergewissern, ob das Gelernte auch verstanden wurde. Eine solche pri- mitive Unterrichtsweise ist zwar eine große Hilfe für den Missionar, erzeugt jedoch nur eine sehr oberflächliche Kenntnis unseres Glaubens, wenn es dem Missionar nicht möglich ist, den Unterricht regelmäßig zu kontrollieren und zu vertiefen, was besonders in fernabliegenden Außenposten der Fall ist. Diesem Umstand sollen nun gut ausgebildete Katechisten abhelfen. Diese Katechisten werden außerdem wegen ihrer Kenntnis der Denk- und Lebensweise, der Sitten und Gebräuche der Eingeborenen wichtige Informationsorgane für den Missionar sein. Vor der Eröffnung der Katechistenschule mußten erst einmal die nötigen Räumlichkeiten für die acht ersten Kandidaten (vier verheiratete Männer, vier Jungmänner) gefunden werden. Zu diesem Zweck räumte JBr. Valentin seine Werkstatt aus und verwandelte sie in einen schönen, geräumigen Schlafsaal. Br. Brand richtete das Zimmer des verstorbenen Br. Mirbeth als Speise-, Unter- richts- und Studierzimmer her, bis kurz vor Weihnachten Br. Valentin ein geräumiges Gartenhäuschen erstellte, wo nun die „Vorlesungen" gehalten werden. Der Unterrichtsstoff umfaßt den Katechismus, die Biblische Geschichte, die Liturgie und die Kirchengeschichte; der eingeborene Priester Johannes Lephaka gibt Unterricht im Kirchengesang, Br. Feil im Gartenbau, eine geprüfte Krankenpflegerin gibt eine Einführung in Erste Hilfe bei Krankheits- und Unglücksfällen. Unterrichtssprache ist im allgemeinen Englisch, da die angehenden Katechisten schon eine achtjährige Schulzeit hinter sich haben und so diese Sprache einigermaßen verstehen. Dadurch ist es auch möglich, englischsprachige Lehrbücher zu verwenden. Um ihr religiöses Leben zu vertiefen und ihren Eifer für die Ausbreitung des Glaubens zu stärken, halten sie an fünf Tagen der Woche unter Leitung eines Priesters eine geistliche Lesung, die sie mit dem Leben und Wirken von hervorragenden Heiligen bekannt macht. Man hofft, daß ein etwa viermonatiger Kurs genügen wird. Sie werden einen Durchschnittslohn von zehn Pfund (117 DM) im Monat erhalten, so daß sie nicht auf einen Nebenverdienst angewiesen sind und ihre ganze Zeit und Kraft ihrem Beruf widmen können. Am 31. März dieses Jahres konnte der erste Ausbildungskurs, der fünf Monate Nach der Schlußfeier des ersten Ausbildungskurses der Katechistenschule am 31. März dieses Jahres. Bischof Anton Reiterer mit P. Adolf Stadtmüller, dem Leiter der Schule, P. Ulyatt, dem Superior der Franziskaner, die den Süden der Diözese missionieren, und den acht neuen Katechisten. Zwei dieser Katechisten arbeiten in Witbank, je einer in Burgersfort und Godwan River, die restlichen vier fanden im Gebiet der Franziskaner Anstellung. gedauert hatte, mit einer schlichten, aber eindrucksvollen Feier beendet werden. Bischof Anton Reiterer war selbst herbeigekommen und unterstrich durch seine Anwesenheit die für seine Diözese Ly-denburg historische Bedeutung dieses Ereignisses. Bei der Feier der hl. Messe hatten die acht neue Katechisten nahe dem Hochaltar gesonderte Plätze eingenommen. In einer begeisternden Ansprache umriß der Hochwürdigste Herr das Aufgabengebiet des Katechisten. Er legte ihnen besonders ans Herz, stets eine große Hochachtung für die unsterbliche Menschenseele zu haben, für die Christus sein Blut vergossen hat, und ermahnte sie, in ihrem schwierigen Beruf die Geduld eines Job zu üben, den hl. Paulus in seinem unerschütterlichen Starkmut nachzuahmen, die hingebende und selbstlose Liebe einer Mutter zu haben und die kindliche Einfalt zu bewahren, eingedenk der Worte des göttlichen Meisters :„Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht ins Himmelreich eingehen." Nach dieser Ansprache trat jeder Katechist an den Altar und empfing aus der Hand des Bischofs ein kleines Kreuz als Abzeichen seines Amtes. Gebe Gott, daß sich diese ersten acht Katechisten als treue, eifrige, zuverlässige Mitarbeiter der Missionare erweisen und unter ihren Landsleuten reichen Segen stiften. Südafrikanische Notizen Von P. Willi Kühner (Fortsetzung) Besuch in der Negersiedlung Witbanks Gestern, Sonntag, ging ich — zu meiner Schande muß ich es gestehen — zum erstenmal durch die alte Location (Negersiedlung) Witbanks. Beim Bahnübergang am Carlton-Hotel nahm ich absichtlich die falsche Seite, d. h. die rechte, die für die Schwarzen reserviert ist. Die Überführung ist durch ein eisernes Geländer der Länge nach abgeteilt: Links müssen die Weißen, rechts die Schwarzen gehen, so will es die Vorschrift, wie auf einer Tafel in Englisch, Afrikaans (der Sprache der Buren) und Sesotho zu lesen ist. Die beiden Rassen sollen auf keinen Fall miteinander in Berührung kommen. Ich ging also auf der falschen Seite, um zu sehen, wie die Leute reagieren würden. Die Schwarzen nahmen weiter keine Notiz von meinem vorschriftswidrigen Verhalten. Sie grüßten recht freundlich: Sakubona, baba! Halbwegs auf der Brücke kamen mir drei weiße Mädchen entgegen, natürlich auf der andern Seite. Eines der Mädchen, etwa zehn Jahre alt, rief mir zu: „ly is aan die ver-keerde kant!" (Du bist auf der verkehrten Seite!) Ich lächelte nur und sagte: „Dit maak nie saak nie" (Das macht nichts), und ging weiter. Am Ende der Überführung traf ich einen weißen Eisenbahner. Er warf mir einen bösen Blick zu, sagte aber nichts. Wahrscheinlich dachte er: Auch so ein „Kaffernboetie" (Kaffern-bruder), der es mit den Schwarzen hält. Die Location spottet jeder Beschreibung. Ein menschenwürdiges Leben ist hier fast unmöglich: Staub, Schmutz, Armut. Ich besuchte kurz eine katholische Chinesenfamilie namens Tuling. Der 81jäh-rige Vater war vor kurzem gestorben und hatte noch vor seinem Tode die Taufe empfangen. Während ich eine Limonade trank, erzählten mir die Mädchen von P. Heinrich und einer deutschen Schreibfreundin aus Waldsee. Ich durfte die Fotos und Briefe sehen. Wir unter- hielten uns prächtig. (Vergi. P. Heinrichs Bericht mit Bild im „Stern der Neger" Mai/Juni 1956.) Feldfeuer Beim Betreten unserer Missionsstation Driefontein (in Witbank) bemerkte ich den großen Unterschied zwischen hier und der Location, die ich soeben besucht hatte. Hier ist alles freundlich und sauber. Zuerst grüßt mich der Friedhof mit den Steinkreuzen. Ich mache einen Besuch bei P. Weillers Grab, der hier nach einem langen Leben als eifriger Priester und Missionar zur letzten Ruhe gebettet wurde. Schon 75 Jahre alt, kam er nochmals nach Afrika und hat noch zehn Jahre lang mit vorbildlichem Fleiß gewirkt. Wie ich eben zur Kirche gehe, sehe ich Rauch und höre das Prasseln der Flammen: ein Feldfeuer! Das dürre Gras ist dem wütenden Element eine willkommene Nahrung. Der Wind fährt hinein und treibt die Flammen wie feurige Rosse vor sich her. Schwester Juliana ruft Hilfe herbei. Wir versuchen, mit rasch abgerissenen Ästen das Feuer auszuschlagen, ein zunächst aussichtsloses Unterfangen; erst als sich der Wind etwas legt, geht es besser. Wir arbeiten im Schweiße unseres Angesichts, Weiße und Schwarze. Mein Strohhut fällt in die Flammen; mit einem Ast hole ich ihn wieder heraus, aber die weiße Farbe ist dahin. Nach harter Arbeit ist dem Feuer Einhalt geboten. An einzelnen Stellen, etwa, wo ein Weg ihm eine Grenze setzte, ist es von selbst erstorben. Die guten Schwestern gaben uns eine wohlverdiente Tasse Tee. Dann konnte ich mit den Besuchern in die Stadt zurück-fahren. Nikodemusstunde Ich hatte soeben einen merkwürdigen Besuch. Ein Herr von einer der Minen Witbanks wollte religiöse Aufklärung haben; mit seiner kalvinistischen Kirche sei er unzufrieden. Er roch ein wenig Blick auf die Goldstadt Johannesburg. Obwohl sie erst 70 Jahre alt 1st, zählt sie schon über eine Million Einwohner und wächst noch ständig. Im Hintergrund die hellen Schutthalden der Goldminen. nađi Alkohol. Im Laufe des Gesprächs gab er zu, daß er mandimal betrunken sei, aber er sei kein Gewohnheitstrinker. Zunächst wollte er wissen, warum Luther die Reformation begonnen habe. Dann interessierte er siđi für dieS Stelle im 1. Johannesbrief: „Drei sind, die Zeugnis geben: der Geist, das Wasser und das Blut." Bis zehn Uhr dauerte die Nikodemusstunde. Ich lud ihn ein, wieder zu kommen und inzwischen zu beten, ich würde es auch für ihn tun. Ich habe keine große Hoffnung, daß er wiederkommt. Wie er sagte, ginge ihm der Zehnte auf die Nerven. Die kalvinischen Religionsdiener kommen persönlich und sammeln von den einzelnen Familien den „zehnten Teil von allem, was sie besitzen". Die protestantischen Kirchen haben schon immer gegen uns Katholiken gewettert wegen unserer angeblichen Geldgier bei Ablaßkauf und ähnlichen Dingen. Doch dürfen die Protestanten das wenig tröstliche Bewußtsein haben, daß ihnen ihre Religion noch teurer zu ste- hen kommt. Denn sie müssen nicht nur ihre Religionsdiener unterhalten, sondern auch deren Familien und womöglich noch einen weiteren Kreis von Verwandten. Heidenlärm Im Deutschen nennt man einen großen Lärm einen „Heidenlärm". Wie gut dieses Wort einen großen Lärm bezeichnet, kam mir heute zum Bewußtsein, als ich von unserer Mission durch die Eingeborenensiedlung zur Stadt zurückging. Die Hauptstraße durch die alte Negersiedlung führt an zahlreichen Kirchen vorbei, aus denen mir das Beten und Singen der verschiedenen Sektengläubigen entgegenschallte. Obwohl die Uhr schon über zwölf zeigte, hielt man noch Gottesdienste, weil die Protestanten viel später anfangen als wir Katholiken. Aus einer dieser Kirchen nun kam ein fast höllischer Lärm. Die „Beter" schrien durcheinander, klatschten in die Hände, jeder suchte den andern an Lautstärke zu überbieten. Männer erhoben ihre Stimme bis zu den höchsten Tönen und tauchten dann wieder in tiefe Abgründe hinab. („Wo das Gewölbe widerhallt, fühlt man so recht des Basses Grundgewalt.") Dazwischen kreischten Weiber. Es schien, als wäre die Gemeinde vom Geiste — aber nicht vom heiligen — besessen. Diese Sekten haben vielfach sehr wenig vom Christentum an sich. Ihr „Gottesdienst" spiegelt das wider. Wo der wahre, heilige Geist herrscht, da ist Friede, Ruhe, heilige Freude. Das Heidentum kennt keine Zurückhaltung, keine Gemessenheit. Katholische Liturgie ist voll heiliger Zucht, voll Ehrfurcht. (Es ist bezeichnend, daß in der Zulusprache „Lärm" und „Hochzeitsfeierlichkeiten" mit dem gleichen Wort „Umsindo" bezeichnet werden.) Die Häuser der Weißen Im Südafrika sind die meisten Häuser der Weißen für nur eine Familie berechnet und haben daher nur ein Erdgeschoß. Ein- und mehrstöckige Häuser gibt es fast nur in größeren Städten. Diese Einfamilienhäuser haben immer einen Garten, der durch Hecken gegen das Nachbargrundstück abgeschlossen ist. Platz gibt es ja in Südafrika genug; deswegen sind die Dörfer und Städte sehr weiträumig angelegt, was gern in Kauf genommen wird, da man auch sonst mit großen Entfernungen rechnet und deshalb ein Auto besitzt. Die Dächer bestehen meist aus Wellblech. Das gibt dem Haus trotz der Veranda ein hütten- und budenmäßiges Aussehen, obwohl das Innere oft luxuriös ausgestattet ist. Daß die Wellblechdächer vorteilhafter sind als die Ziegeldächer, konnte ich vorgestern feststellen. Da hatten wir nämlich in Witbank ein starkes Hagelwetter. Hagelkörner, größer als Taubeneier, prasselten auf die Wellblechdächer nieder, ohne den geringsten Schaden anzurichten. Anders war es hier im Bischofshaus, das mit Falzziegeln gedeckt ist. Ich habe gestern Stunden darauf verwendet, neue Ziegel aufzustecken; auch vier Scheiben der Glastüre waren zertrümmert. P. Klemm sagte mir heute, daß in der nahen Ferro-Metal-Fabrik eine Menge Fensterscheiben in die Brüche gegangen seien — und daß die Glaser ein gutes Geschäft machten. (Fortsetzung folgt) Die Arbeit in den Goldminen Transvaals (seit 1836) und des Oranjefreistaates (seit 1947) ist wegen der großen Tiefe (bis zu 2700 m) sehr ungesund und wird fast nur von Schwarzen geleistet, die vielfach krank zu ihrem Stamm zurückkehren. Gnadenstunde eines Heidenmädchens Von P. Günter B r o s i g Jeden Dienstag habe ich eine weite Reise zu machen. Gleich nach dem Religionsunterricht in unserer Schule hier in Gien Cowie, d. i. gegen neun Uhr, geht's mit dem Motorrad los. Nach 16 Kilometern Fahrt halte ich in einem kleinen Dorf, um einem Mosotho-Mäd-chen Beicht- und Kommunionunterricht zu geben. Nach weiteren acht Kilometern gelange ich in eine große, noch immer anwachsende Negersiedlung, wo ich einem Mann, der vor 15 Jahren in Ly-denburg in Todesgefahr getauft wurde, doch nie nach Unterricht verlangte, nun die Geheimnisse unseres Glaubens klar zu machen versuche. Auch seine Kinder fangen an, den Katechismus zu lernen. Noch zweimal steige ich vom Motorrad ab, bis ich dann gegen ein Uhr hinauf nach E e n s a a m komme. Dieses Dorf ist, wie sein burischer Name sagt, wirklich sehr einsam gelegen, am Rand eines Bergrückens, von dem aus man in nördlicher Richtung ganz hinten am Horizont unsere Missionsstation Gien Cowie liegen sieht. In Eensaam wohnen viele Bakoni, ein Sesotho sprechender Stamm, der sich aber von den Basuthos in Dialekt, Kleidung und manchen anderen Dingen etwas unterscheidet. Eine einzige Familie im Dorf ist katholisch. Auch eine Sekte ist vertreten ; aber der größte Teil ist noch heidnisch. Wenn ich auf dem Berg angelangt bin, sind 30 bis 40 Kinder um mich herum, die die bloße Neugier hertreibt, einen weißen Mann und sein Setutu (so nennen sie das Motorrad) zu sehen. Ich krieche durch einen Stacheldrahtzaun hindurch und gehe fünf Minuten zu Fuß in einen Kral, um eine Frau und ihren 15jährigen Buben, der erblindet ist, auf die Taufe vorzubereiten. Das ist bisher alles, was sich bekehrt hat, obwohl ich schon zwei Jahre dorthin gehe. Trotz vieler Besuche bei den Leuten entschließt sich niemand, Katechumene zu werden. Doch tröste ich mich und denke: Zwei Jahre ist noch keine lange Zeit. Noch viel mehr Gebete und Opfer sind nötig, bis diese harten Herzen für die Gnade Gottes empfänglich werden. Vor zwei Monaten aber geschah folgendes: Ich war oben in Eensaam angekommen. Eine Schar Kinder begleitete mich zum Kral, in dem ich Unterricht gebe. Ein kleines, etwa acht Jahre altes Mädchen folgte mir und bat mich, auch sie zu unterrichten. Ich wehrte zuerst ab und meinte: „Dein Vater und deine Mutter werden sicher dagegen sein. Wie heißt du denn?" „Ich heiße Matensche, Vater." „Schau mal, Matensche", sagte ich zu ihr, „du wirst in einigen Jahren in die Beschneidungsschule geschickt werden. Wenn du von dort zurückgekommen bist, werde ich dich taufen." „Nein, Vater", flehte sie noch inniger, „ich möchte bald getauft werden, ich möchte heute noch anfangen, beten zu lernen." Das Kind ließ mir einfach keine Ruhe, und sein Bitten war so inständig, wie ich es noch nie von einem Heidenkind gehört hatte. So gab ich nach und sagte: „Gut, dann setz dich zu uns. Sei aber schön brav und stör uns nicht." Dann faltete auch sie die Händchen und sprach mit den beiden anderen Ka-techumenen die Gebete nach: Vater unser ... Gegrüßet sei du, Maria . .. Ehre sei dem Vater . . . Matensche war wirklich sehr brav und ging nach dem Unterricht freudestrahlend heim. Als ich in der darauffolgenden Woche wieder in den Kral kam, erzählte man mir, Matensche sei gestern Nachmittag gestorben. Das konnte ich fast nicht für möglich halten. Ja, wie kam denn das? Sie spielte mit andern Kindern am Berghang. Da löste sich ein Stein und fiel ihr auf den Kopf. Sie war gleich tot. Diese Nachricht hätte mich nicht so ergriffen, wenn ich mich nicht deutlich an ihre Bitte erinnerte: „Vater, ich möchte bald ge- Marianna, das kleine Negermädchen, begrüßt zutraulich den Bischof. Marianna verlor ihre Mutter bei der Geburt im Missionskrankenhaus in Gien Cowie. Seitdem ist diese Missionsstation ihre Heimat. tauft werden; ich möchte heute anfan- ihnen, wie Matensche in der vergange- gen, beten zu lernen." nen Woche nach Gott verlangte und Gott hat diese Stunde für sie bestimmt darum sicher gut gestorben und drüben gehabt, das ist sicher. War es nicht ihr^ gut angekommen sei. „Doch ihr werdet heiliger Schutzengel, der sie zum Priester brachte? Dieses Kind, dachte ich bei mir, kann nicht verloren sein. Es hat ja die hl. Taufe begehrt. Nach dem Unterricht ging ich in ihren Kral und fand viele Frauen darin, die schwiegen (wegen der Trauer); die Männer saßen draußen. Diese Leute wußten freilich nichts vom Verlangen der kleinen Toten nach der Taufe, doch sagen wollte ich es ihnen. So bat ich, Matensche noch einmal sehen zu dürfen. Ihre Eltern waren für einige Tage unterwegs und noch nicht zurückgekehrt. In der Hütte sah ich das Kind noch einmal und rief die draußen Sitzenden herein. Ich sagte sie in der Ewigkeit nicht Wiedersehen, denn eure Herzen sind verstockt. Ihr wollt vom lieben Gott und vom Beten nichts wissen. Gott wird euch alle in die Hölle werfen, wenn ihr euch nicht bekehrt." „Das stimmt, Vater", sagten die Alten. Dann betete ich noch mit den Heiden und fuhr ins nächste Dorf. Eine Woche später meldete sich in Matensches Dorf ein neuer Katechumene, in der nächsten Woche wieder einer. Heute sind es sieben, die die hl. Taufe begehren. Matensche wollte beten lernen. Nun wird sie im Himmel Gott loben und für ihre Bakoni beten. Kleine Missionsriiiidschati Afrika: Gesamtzahl der Katholiken Unter den etwa 210 Millionen Einwohnern Afrikas zählt man etwas über 20 Millionen Katholiken und 3 Millionen Katechumenen. Somit ist ein gutes Zehntel der Bevölkerung Afrikas katholisch. Von den genannten Katholiken gehören nach einer Statistik vom 30. Juni 1956 16,6 Millionen Getaufte und 2,8 Millionen Katechumenen zu den Gebieten, die der römischen Propagandakongregation, dem Missionsministerium des Hl. Vaters, unterstehen. Die Zahl der Katholiken wächst in diesen Gebieten jährlich um über eine Million. 57 Prozent des Zuwachses entfallen auf einen breiten Gebietsstreifen, der von West nadi Ost quer durch den Erdteil geht: Es sind die Länder Französisch Kamerun, Belgisch Kongo, Kenya, Uganda, Tanganyika und Niassaland. 20 Prozent des Zuwachses kommen auf Südafrika, 18 Prozent auf Westafrika. Für die restlichen Gebiete bleiben 5 Prozent. Für diese 19,4 Millionen Getauften und Katechumenen stehen 10 818 Priester zur Verfügung. Je 2000 stellen Frankreich und Belgien, 1688 sind Afrikaner, gut 1000 kommen aus Irland und den Niederlanden. Es folgen Italien mit 627 und an siebter Stelle Deutschland mit 441 Priestern. Der Rest verteilt sich auf weitere 24 Nationen. Leider erfuhr die Zahl der Priester in den letzten drei Jahren nur eine Steigerung von 15 Prozent, während die Katholikenzahl in diesem Zeitraum um 20 Prozent zunahm, ein Umstand, auf den auch der Hl. Vater in seiner neuesten Enzyklika vom Osterfest dieses Jahres, „Fidei Donum", hinweist. Nach der Statistik vom 30. Juni 1956 gehörten von den oben genannten 10 818 Priestern 9020 einheimische und auswärtige Priester 66 verschiedenen Orden und Missionsinstituten an. An der Spitze stehen die Weißen Väter mit 1599; an 11. Stelle kommen die „Söhne des Heiligsten Herzens Jesu" (Verona) mit Im März dieses Jahres wurde der afrikanische Negerstaat Ghana ins Leben gerufen. Als Abgesandter des Hl. Vaters besuchte Erzbischof Knox den Ministerpräsidenten Kwama Nkrumah Nkrumah ist katholisch getauft, nennt sich in seiner Lebensbeschreibung aber einen „konfessionslosen Christen“. Wie so mancher Afrikaner wurde er als Auslandsstudent (in England) dem Glauben entfremdet. Doch spricht er sehr anerkennend von dem Priester, der ihn taufte, und von der Zeit, da er in einem Kleinen Seminar der Mission als Lehrer tätig war. Auf dem Bild von links: Erzbischof Knox, jetzt Internuntius in Indien, der Ministerpräsident, Erzbischof Bowers SVD von Accra, Ghana. 232, an 18. Stelle die Mariannhiller mit 111, an 38. Stelle die „Missionäre Söhne des Heiligsten Herzens" mit 25 Priestern. Südafrikanische Rassenpolitik Kurz vor dem 6. Mai wurde vom Abgeordnetenhaus der vielumstrittene neue Gesetzesvorschlag zur Eingeborenenpolitik angenommen. Das Gesetz wurde nun dem Senat unterbreitet, in dem die Regierung eine überwältigende Mehrheit hat. Dieser Gesetzesvorschlag enthält eine Kirchenklausel, gegen die viele Kirchenführer Verwahrung eingelegt haben. Diese Klausel ermächtigt den Minister für Eingeborenenfragen, Afrikaner aus Stadtkirchen, d. h. solchen, die nicht in Eingeborenengebieten liegen, fernzuhalten, wenn nach seinem Dafürhalten ihre Anwesenheit als lästig empfunden wird. Katholische Bischöfe und auch protestantische Kirchenvorsteher haben sich gegen dieses Gesetz ausgesprochen mit der Begründung, Farben- und Rassenunterschiede seien keine Wertmaßstäbe. Vor Gott seien alle Menschen gleich. Katholischer Staat im Fernen Osten Das zwischen China, Japan und Indonesien gelegene Inselreich der Philippinen mit der Hauptstadt Manila zählt bei einer Bevölkerung von 21 Millionen über 17 Millionen Katholiken. Spanien, in dessen Besitz diese Inseln lange Zeit waren, hat nicht nur seine Kultur und Sprache, sondern auch den katholischen Glauben hierher gebracht. Leider stehen für die 17 Millionen Katholiken nur 3200 Priester zur Verfügung — für eine geordnete Seelsorge müßten es 17 000 sein — davon sind fast die Hälfte ausländische Ordenspriester. Ein glanzvolles Ereignis im kirchlichen Leben der Philippinen war der Eucharistdsche Landeskongreß im November/Dezember des vergangenen Jahres. Bei der Eröffnungsfeier waren 100 000 Filipinos anwesend. Die hl. Messe, die für die Frauen gefeiert wurde, war von 300 000 Teilnehmerinnen besucht, die trotz des strömenden Regens bis zum Schluß der heiligen Handlung ausharrten. Unter den vielen Tausenden, die in diesen Tagen zum Tisch des Herrn gingen, gewahrte man auch den Präsidenten und den Vizepräsidenten des Landes. Während der Kongreßfeierlichkeiten wurden von elf Bischöfen 77 Neupriester geweiht. Nach der Schlußprozession mit dem Allerheiligsten, an der 2 Millionen Menschen teilnahmen, erteilte Kardinal Spellman, New York, als Päpstlicher Legat den Anwesenden und dem ganzen Land den Segen mit dem Allerheiligsten. Leider verloren die Philippinen bei einem Flugzeugunglück am 17. März ihren Präsidenten Magsaysay. Er war ein hervorragender Katholik und überzeugter Antikommunist. 1953 ging er mit überwältigender Mehrheit aus den Präsidentenwahlen hervor und wäre sicher wiedergewählt worden. Bekennermut in Chinas Kerkern Das katholische Pressebüro in Hongkong veröffentlichte nachstehendes Urteil eines Deutschen, der vier Jahre lang Gelegenheit hatte, in chinesischen Kerkern die Glaubenstreue einheimischer Priester zu beobachten. In den Jahren meiner Kerkerhaft war ich oft in diesem und jenem Gefängnis mit chinesischen katholischen Priestern zusammen, die Opfer der Verfolgung der Marianischen Legion geworden waren oder auch wegen des unerschütterlichen Widerstandes eingekerkert waren, den sie allen Versuchen entgegensetzten, sie vom katholischen Glauben abzubringen. Zuvor war ich fest davon überzeugt, daß es unter den Chinesen unmöglich eine wahre religiöse Bekehrung geben könne. Ich war immer der Ansicht gewesen, daß die Chinesen fast stets aus andern Gründen katholisch würden und daß ihr Christentum etwas rein Oberflächliches sei. Aber in den vier Jahren meiner Kerkerhaft mußte ich vielfach meine Überzeugung ändern. Daß alle chinesischen Priester, die mit mir in Gefängnissen zusammen waren, so stark an ihrem Glauben hingen, hat auf mich einen tiefen Eindruck gemacht. In ihrer verzweifelten Lage hätte die geringste Regung ihrerseits, die auf Abfall hätte schließen lassen — und ich weiß, daß man sie zum Abfall drängte —, ihnen sofort Erleichterung verschafft. Sie blieben fest, trotz aller Quälereien und Foltern, denen sie unterworfen wurden, weil sie sich weigerten, der katholischen „Reformkirche" beizutreten. Und das geschah, während die Roten allenthalben in China die Religionsfreiheit aus-riefen. Ihre Glaubenstreue in der Totenstille des Kerkers, ihre Geduld und ihre Hilfsbereitschaft den Mitgefangenen gegenüber, die nicht ihre religiöse Auffassung teilten, all das erweckte in mir ein tiefes Mitgefühl für diese so mißhandelten Mitglieder des chinesischen Klerus. Um jeden Verdacht zu zerstreuen, als ob ich etwa zu meinen Gunsten spräche, möchte ich bemerken, daß ich Protestant bin. „Deinem Heiland, deinem Lehrer . . so erschallt in vielen Sprachen bis an die Grenzen der Erde das Lob des Herrn, wenn er von den Seinen durch die Dörfer und Städte geleitet wird. Das Bild zeigt einen Ausschnitt aus der Fronleichnamsprozession in Kilomeni, Tanganjika. I/weiftet Nach einer wahren Begebenheit — Von Hermann K 1 i n g 1 e r (Schluß) Als Br. Vervenne wieder aufwachte, glitt sein Arm zur Seite. Er fühlte den Pater neben sich. Erschrocken zog er die Hand zurück, denn sie war feucht und klebrig. Mit einem Ruck richtete er sich auf und schrie entsetzt. Sein Blick heftete sich auf eine Wunde. Das waren die scheußlichen Ratten gewesen. Sie hatten als erste den Tod des Paters Terörde festgestellt. Trauriges Wiedersehen Bruder Nigg erreichte im Alleingang das Dorf der Batonga. Das erste, was er sah, war Pater Terördes frisches Grab. In der Hütte traf er Bruder Vervenne. Es war ein entsetzliches Wiedersehen. Das waren also die Reste des einst so starken Mannes! Ein Skelett. Irre Augen. Ausgetrocknete Haut und das wirre Lallen einer dick angeschwollenen Zunge. Mit der Pistole in der Faust bahnte sich Jesuitenbruder Nigg einen Weg durch das Dorf zu König Moemba. Er war bereit zu schießen, sobald man Hand an ihn legen wollte. Den riesenhaften Batongakaffer, der ihm den Zutritt zu des Königs Hütte verwehren wollte, stieß er zur Seite. Der König griff zum Wurfspeer. Aber ein Fußtritt des Bruders schleuderte den Speer zur Wand, wo er mit der Spitze im Holz eines Astes zitternd hängen blieb. „Bursche, du rückst mir sofort Nahrung heraus, sonst bist du ein toter Mann, du erbärmlicher Meuchelmörder!" Widerwillig händigten die Batonga Br. Nigg alles aus. was er haben wollte. Seine Lage wurde dadurch nicht besser. König Moemba war klug genug zu wissen, daß Soldaten kommen würden, wenn sein Verbrechen bekannt würde. So war das auch bei den Stämmen im Süden gewesen. Vielleicht würden Soldaten auch über seinen Stamm herfallen, den Mord zu sühnen. Also durfte keines der Opfer wieder zurückkehren. Auch Bruder Nigg mußte sterben, wollte der König sich und seinen Stamm retten. Nigg wußte nur zu gut in Afrika Bescheid. Mit der Pistole in der Hand hielt er in der Nacht Wache. Er beobachtete jede Bewegung der umherschleichenden Batonga. Sobald einer der Hütte zu nahe kam, schob sich ihm die Pistolenmündung entgegen. Bald respektierte man den Bruder etwas mehr und beschränkte sich darauf, die Hütte in einem größeren Umkreis zu belagern. Die Wurfspeere lagen zum Mord bereit. Mit Vervenne konnte Bruder Nigg nicht viel verhandeln. Er war zu schwach und zu verwirrt, um klare Antworten zu geben. So mußte Bruder Nigg mit sich selbst zu Rate gehen, was zu machen sei. Irgend etwas mußte geschehen. Sie befanden sich hier in einer tödlichen Belagerung, man wartete auf die kleinste Chance, sie zu töten. Lange konnte das nicht gut gehen. Zum rettenden Ufer Als der Morgen graute, riß Bruder Nigg Vervenne unerbittlich hoch. Zwar verstand dieser nicht, was ihm erzählt wurde. Sein Verstand war noch zu verwirrt; aber er erkannte, daß jemand gekommen sei, der alles tun würde, dessen er fähig war. Völlig resigniert ließ Vervenne alles mit sich geschehen. Er litt nicht mehr; er war ein Mann, der zwar lebte, aber doch schon abgestorben war. Mit eiserner Energie nahm Nigg seinen Mitbruder um die Hüfte. In der Linken hielt er den entsicherten Revolver. Ein Gewehr hing griffbereit über seiner Schulter. So gingen beide wankend auf die Belagerer zu. Noch lag Halbdunkel über der Landschaft. Von ferne rauschte der Sambesi. Die Kaffern wichen vor den Waffen zurück. Als einer zum Assegai greifen wollte, um die Flucht zu verhindern, zerschmetterte ihm ein Pistolenschuß dicht neben der Hand die Waffe. Auch den andern war nun die Lust vergangen, mit den Zauberwaffen der Weißen in nähere Berührung zu kommen. Sie folgten nur in weitem Abstand. Bruder Nigg achtete argwöhnisch darauf, daß dieser Abstand stets größer war als die Reichweite eines von starkem Arm geschleuderten Assegai. Bruder Vervenne schien nun zu begreifen, was da vorging. Er bemühte sich, seinen Retter zu entlasten, der ihn um die Hüften hielt und stützte. Unendlich lang schien der Weg bis zum rettenden Ufer des mächtigen Sambesi. Einmal machte einer der Verfolger plötzlich einige Sätze, mit dem riesigen Assegai in der Faust, und wollte zum tödlichen Wurf ausholen. Da pfiff auch schon ein Warnschuß über seinen Kopf Boot mit Eingeborenen auf dem Sambesi, oberhalb der Viktonafalle. Blick auf die Viktoriafälle, in denen die Wassermassen des Sambesi donnernd in die Tiefe stürzen. Ständig geht ein feiner Sprühregen auf die allzu neugierigen Besucher nieder. Im Vordergrund Br. Gottfried Oberstaller. hinweg in einen Baumstamm. Der Kaffer hielt sofort inne. Auf dem Ufer lagen einige schmale Rindenboote der Eingeborenen. Das war die Rettung, die sich Bruder Nigg in der letzten Nacht überlegt hatte. Mit Mühe konnte er eines der Boote ins Wasser schieben. In ohnmächtiger Wut sahen die Batonga aus respektvoller Entfernung zu. Bruder Nigg hatte die Pistole zwischen die Zähne genommen und hatte nun beide Hände frei, seinen Mitbrudei ins Boot zu schaffen. Ein Glück, daß die vielen Schlangen, die am Ufer herumkrochen, wenig Interesse an den beiden zeigten. Schon mancher Missionar war ihnen am Sambesi zum Opfer gefallen. Auf dem Sambesi Endlich war das Boot klar. Unter dem Wutgeheul der Kaffem stieß Br. Nigg vom Ufer ab und erreichte mit letzter Kraft die Mitte des Stromes. Auf dem Sambesi ging das Martyrium der beiden Jesuitenbrüder weiter. In einem Wahnsinnsanfall wollte Bruder Vervenne das Boot verlassen. Mit Gewalt mußte Bruder Nigg den Irrsinnigen zur Ruhe bringen. Bei dem Ringen drohte das Boot umzukippen. Es füllte sich zur Hälfte mit Wasser. In mehrstündiger, mühseli- ger Arbeit schöpfte es Bruder Nigg mit den bloßen Händen wieder leer. Die Tropensonne brannte entsetzlich auf die Dahintreibenden herab. Vervenne erging sich in wüsten Fieberdelirien, die Nigg dadurch zu mildern suchte, daß er ihm immer wieder Wasser über den Körper goß. Auch sich selbst kühlte er mit Wasser den Schädel, auf den unerbittlich die Sonne brannte. Als man auf der viele hundert Kilometer entfernten Missionsstation das Boot sichtete, saßen in ihm nur noch zwei menschliche Gespenster. Der eine der Insassen war wahnsinnig, der andere litt fürchterlich unter einem Sonnenstich. Aber wochenlange liebevolle Pflege brachte den Sieg. Beide gesundeten. Auch Pater Depelchin konnte durch Pater Weißkopf gerettet werden. Für Pater Depelchin endeten damit die afrikanischen Jahre. Er wurde in die indische Provinz Bengalen versetzt. Bruder Nigg und Bruder Vervenne aber durchstreiften als Missionare noch viele Jahre das Land der Kaffern, bis auch sie dem gefährlichen Männerleben in der Wildnis erlagen. Unbekannte Helden eines Christentums der Tat, den Millionen Lippenchristen in aller Welt zur Mahnung. P. Superior Anton Kühner in seinem Despat-scho (Pfarrbüro) KURZ BERICHTET Neumarkt. Am 17. Juni wurde unser neues Knabenseminar in Neumarkt, das schon im Sommer des vergangenen Jahres bezogen werden konnte, von Sr. Exzellenz Joseph Schroffer, dem Bischof von Eichstätt, eingeweiht. Das Haus ist dem Völkerapostel Paulus geweiht und trägt nun den Namen „Paulinum". Der Bischof stellte in seiner Predigt den Apostel als leuchtendes Vorbild aller Missionare und auch der Missionsjugend hin. P. General Richard Lechner nahm aus der Hand des Architekten die Schlüssel des Hauses entgegen. Aus Bamberg war fast die ganze Bewohnerschaft von St. Heinrich eingetroffen. Die 9. Klasse unseres Ellwanger Seminars nahm ebenfalls an der Feier teil. (Ausführlicher Bericht in der nächsten Nummer). Bamberg. Am 30. Mai empfingen unsere diesjährigen Ellwanger Abiturienten das Ordenskleid. Es sind Hubert Heller, Benno Singer, Erwin St r o b e 1 und Andreas Thorwarth. Am gleichen Tag trat Frater Hans P o o s t zur ersten Profeß an den Altar. Unsere beiden Diakone Frater Oskar Hofmann aus Würzburg und Frater Al- fred Ziegler aus Kerkingen bei Ellwan-gen werden im Juli die Priesterweihe empfangen. Mellatz. Die Baupläne für unser neues Noviziatshaus in Mellatz/Allgäu sind genehmigt. Nun wird bald der erste Spatenstich erfolgen. Huanuco (Peru). Da P. Andreas Riedl, der bisherige Superior unserer Mitbrüder in Peru, für eine Sonderaufgabe nach Europa zurückgerufen wurde (gegenwärtig hält er von Mergentheim aus Lichtbildervorträge), ernannte P. General P. Anton Kühner zum neuen Superior. P. Kühner, der 1950 nach Peru kam, stammt aus Bachenau, Kreis Heilbronn. Sein Gymnasialstudium machte er in Ellwangen; 1931 trat er ins Noviziat in Milland (Südtirol) ein, machte in Brixen die theologischen Studien und wurde ebendort 1938 zum Priester geweiht. Anschließend war er von Josefstal aus in der Ellwanger Gegend, so besonders in Eggenrot, als Seelsorger tätig. Von 1946 bis 1949 war er Rektor von Josefstal. Unsere Bilder: Frz. Bratina I, W. Kühner 2, K. Lohr 4, Foto Zirlik 1, L. Unfried 3, Fides 4, Archiv 4. Chinesische Madonna Dieses fein empfundene Madonnenbild stammt von der chinesischen Künstlerin Monika Liu, die im Oktober 1956 in Rom eine Ausstellung ihrer Werke veranstaltete.