M. 10. October 1898. I. Jahrgang. Den geehrten Lesern zur gefälligen Beachtung! Der „Stern der Neger" erscheint als illustrierte Monatschrift am Schluffe jeden Monates und kostet jährlich 1 fl. 50 kr. ö. W. — 3 Mack mit Post-versendung. Wir richten an unsere Freunde die innige Bitte, aus Liebe zum göttlichen Herzen Jesu und zu den armen Negern von Centralafrika diese Zeitschrift in ihrem Bekanntenkreise verbreiten und uns Abonnenten werben zu »vollen. Zur Bestellung des „Stern der Neger" wende man sich an den ?. Rector des M i s s i o n s h a n s e s d e r „S ö h n e des h l st. H e r z e n s J e s u" in M ü h l a n d bei Brixen (Tirol). Allenfallsige Abonnenten in Brixen können sich zur Entrichtung des Abonnements an A. Weger's Buchhandlung wenden. Neu hinzutretende Abonnenten erhalten die bereits erschienenen Nummern nachgesandt. GoxxesponöenZ der Expedition. Erhalten u. a. tum: Pfarramt Ampezzo 13 fl; P. Zeph. Tobrer-Hohensurth für den Bau 1 fl; P. F. P., Expositus-Scestadl f. d. B. 1 fl; Georg Graf Esterhazy-Vesprim f. d. B. 20 ft; F. Lang, Scelsorgei-Adds 1.50 fl; Dr. Oberer, Spritual-Groz, Sandkörulein zum Bau 5 ft; I. Sigl, Pfr.-Niederkappel 3 fl; K. Liiidbichlcr, Kaplan. Nesselbach m hon. SS. Cordis f. d. Missionshaus 0.50 fl; J. Markowitz, Pfr. Heiligenblut, Baustein in hon SS. Cordis 1 fl; Excellenz Erzbischof G. Csaszka-Kalocsa f. d B. 10 sl; K. Kohlgrnber, Stadtpfarrer-Eggenburg 5 fl; J. Kalan, Kpl -Stein f. d Missionshaus 30 fl; H. Schröer Steele Messstipendieu 7.07 fl., Gabe 0.8» fl; Frl. S. Delgier, Vorsteherin-Ahrweiler Messstipendicn 37.10 ffliart, Gabe 3 Mark; R Seiner, Kol-Jlz, Messstipendieu 20 fl; Abonnement 3 fl. für 1898 und 1899; durch Se. Excellenz Fürstbischof Simon-Brixen zum Loskaufe von Negerkindern 500 Mark; I. Weiß, Pfr. Kuchberg v. W. Abonnement 9 M; I. Krill-Blansko 1 fl; Mans. r. Fr. Egger, Seminar» Regens-Brixen f. d. B. 20 fl; 2 Abonnements aus Biberach 6 Mark. — Von L Haidl, Pfr. Kühnering gieng eine Sendung Bücher ein. Diesen und allen übrigen Wohlthätern sagen wir vom Herzen ein inniges „Vergelt's Gott! und bitten um weitere milde Gaben zur Fortsetzung und Vollendung des Baues unseres Missionshauses. Stufen’ Missionare in der Itcgercolonie (Sie firn und in j» c f unit wünschen für Weihnachten zwei vollständige Krippen für ihre Zöglinge. Wer non unseren geehrten Lesern würde uns in den Stand sehen, ihren Wunsch zu erfüllen, und so den afrikanische» Kleinen eine große Weihnachtsfrende verschaffen 2 Aeöete um die Bekehrung der Lhamiten von Lentral-Afrika zu erlangen. Beten wir für die unglücklichen Negervölker Central-Afrikas, damit Gott, der alles vermag, von ihren Herzen einmal den Fluch Cham's hinwegnehme und ihnen jenen Segen verleihe, den man nur im Namen Jesu Christi, unseres Herrn und Gottes erlangen kann. O Herr Jesus Christus, alleiniger Erlöser des ganzen Menschengeschlechtes, der Du bereits herrschest von einem Meere zum andern und vom Flusse bis zu den Grenzen des Erdkreises, öffne erbarmungsvoll Dein heiligstes Herz auch Den unglücklichsten Seelen von Central-Afrika, welche noch in der Finsternis und im Todesschatten sitzen, ans dass durch die Fürbitte rnr gütigen Jungfrau Maria, Deiner unbefleckten Mutter, und ihres glorreichen Gemanls, des heiligen Joses, die Negervölker ihre Götzen verlassen, vor Dir sich niederwerfen und Deiner Kirche zugesellt werden. Der Du lebst und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Ilhstmrfe fib fkitkttsyerireiiitnci in Mik. Organ des Mstionshausts der „Zahne des hist. Herzens JestiZ Erscheint am Enöe jeden Monats. Ar. 10. Gctover 1898. I. Jahrgang. Inhalt: Trost bei Maria (Gedicht). — Fünfzig Jahre auf Habsburgs Throne. — Lin orientalisches Fürstenschloss. — Bekehrung und Tod der Negerin Halima. — Sudan. — Missionsstation Heluan. — Die Musik bei den Negern. — Verschiedenes: Seelengottesdienst für weiland Kaiserin Elisabeth. — Unsere Bilder. wenn trostlos ich und traurig bin, weiß nicht wie mir geschehen, So gels ich gleich zur Mutter hin, Lass in mein Herz sie sehen: „Nur Muth, mein Rind, Maria spricht, Ich bin ja bettle Zuversicht! Ich tröste dich im Leiden, werd' nimmer von dir scheiden: will dich begleiten nah und fern, Stets sein dein lichter Morgenstern ! Ich führ' dich zwar durch Kampf und Leiden, Doch sicher zu den Himmels-freuden. Du reifst an meiner Mutterhand Zum ew'gen, theuern Vaterland, wo du an meinem Gnadenthron wirst preisen dankbar meinen Sohn, Und in des Himmels Herrlichkeit Dich freu'n in alle Ewigkeit!" B. Zorn, F. S. C, Cc&P 21Š Milchig Jahre ans Uabsbnrgs Uhr,«. So lasst cs laut zum polönen Fest erschallen Das „Gott erhalte" fromm wie ein Gebet; Und brausend fall's im Reiche wiederhaben, Wie Österreichs Volk für seinen Kaiser fleht: Dass Gott ihm gnädig lass beschieden sein Ein Jubelfest dereinst im Denmnlschein. §• '$• in seltenes Ereignis hat das Jahr 1898 für die Völker Österreichs gebracht, das goldene Regiernngsjnbilänm ihres greisen Heldenkaisers Franz Josef l. Es ist ein bewegtes, an Stürmen unb Umwälzungen, an schweren äußeren Kämpfen und bitterem persönlichem Leid, aber auch an großen Erfolgen und Triumphen reiches Leben, auf das unser Kaiser zurückblicken,, kann. Ter Verlust blühender Provinzen, die rücksichtslose Verdrängung Österreichs aus Deutschland, die Zweitheilung des Reiches — find traurige Ereignisse. Aber ihm ist es auch trotz dieser Schicksalrschläge gelungen, die österreichische Monarchie nach außen hin geachtet und in ihrer Großmachtstellung zu erhalten. Aus den Stürmen der Revolution hat er das Staatsschiff glücklich gerettet und im Innern Vieles und Großes geschaffen. Fünfzig Jahre! Ein halbes Jahrhundert! Wahrhaftig eine lange Zeit! Von den älteren Habsburgern chatte nur Friedrich III. eine so lange Regierungszeit gehabt, Leopold I. ist ihm nahe gekommen. Mit den Worten: „Gott segne Dich, sei brav, Gott wird Dich schützen, es ist gerne geschehen", schickte der gute Kaiser Ferdinand seinen achtzehnjährigen Neffen auf den Thron. Bald daranf wurden auch nicht ohne heldenmüthiges persönliches Eingreifen des jungen Kaisers die Empörungen in Italien unb Ungarn niedergeworfen und ein neuer Frühling begann für Österreichs Völker. Ja nicht einmal diese schienen seinem großen Herzen zu genügen; seine mildthätige Hand beeilte sich auch den armen Negern im fernen Afrika ihr trauriges Los zu verbessern. Es war, als das erstemal der Negerapostel Dr. Ignaz Knoblecher von Chartum her seine Heimat besuchte und um Hilfe für die armen verlassenen Neger flehte. Und was der fromme Missionär suchte, hat er im reichlichen Maße gesunden, namentlich in Wien und von dort ans dann im ganzen Kaiserstaate. Der Apostolische Missionär fand in seiner Noth Hilfe und Schutz bei Sr. Apostolischen Majestät; die Glieder des kaiserlichen Hauses betheiligten sich durch bedeutende Spenden an dem heiligen Zwecke der Mission und Se. Majestät übernahm (1850) das hohe Protectorat über dieselbe. Um ihre Rechte sorgsam iss zu wahren, wurde in Chartum eigens im Jahre 1851 ein k. k. Consulat ß, --------------*------------------------------------------ Fünfzig Jahre auf Habsburgs Throne. 219 errichtet, das bis zum Falle der Stadt bestehen blieb. Aber es würde 31t weit führen, wollte ich die Verdienste Sr. Majestät des Kaisers Franz Josef um die Mission von Central-Afrika aufzählen. Unserer Congregation ertheilte Se.„Majestät durch kaiserliches Rescript die Einführung und Anerkennung in Österreich. Einen Tag tiefer Trauer brachte nach mehreren Wonne- und sonnenvollen Tagen das Jahr 1853 durch das Attentat auf des Kaisers Leben. Durch Gottes Fügung wurde das Unglück abgelenkt, und die zahlreichen Beweise der Anhänglichkeit seiner Völker waren ein Trost, der schnell diese trübe Erinnerung aus seinem Herzen verbannte. Indes sollte es nicht lange währen, bis Österreichs Völker ihren Herrscherthron von neuem umjubelten. Es war in der zweiten Hälfte des April 1854, als die „Rose aus Bayerland" mit dem jungen Monarchen die schönste Verbindung schloss; lg Ja. und seitdem mischte sich in das feierlich ernste Schwarz gelb des Flaggen- Bk ------------------------------—------------------ 220 fünfzig Jahre auf Hahsburgs Throne. ------------------------------------------------------------------ $ schmuckes auch das freundlich anmuthige Weiß bl au des Wittelsbacher ■U Wappens. Doch der Himmel, der über Österreich im Jahre 1854 in wolkenlosem Azur sich wölbte, fieng in den kommenden Jahren an mit gewitterschweren Wolken sich zu überziehen. Im Jahre 1858 folgte Kaiser Franz in bitterstem Schmerze der Bahre des unvergesslichen, in der Armee und im Kolke fortlebenden Heldeugreises Radetzky. Mit diesem für jeden Feind Österreichs so gefürchteten Todten war aber auch der Friede zu Grabe getragen. Die heuchlerische Sippschaft der vaterlandslosen Schurzfellträger begann am Habsburgerthrone ihr zerstörendes Werk. Der Krieg in der Lombardei brachte für Österreich die unglücklichen Tage von Magenta und Solferiuo. Aber das war erst der Anfang. Es kam das Jahr 1866, wo Österreich, das mit so vielem Blute zur Befreiung Deutschlands aus den Klauen des Corsen beitrug, durch den rücksichtslosen Eigennutz Preußens aus dem Verbände deutscher Länder verdrängt wurde. Allerdings erwarben sich Österreichs Truppen im Süden herrliche Siegeslorbeeren. Der kriegstüchtige Erzherzog Albrecht schlügt den Feind bei Custozza mit glänzender Bravour, Tegetthoff erficht bei Lissa einen Seesieg, wie seit Nelsons Tagen solcher keiner Kriegsflotte mehr zutheil geworden. Wenn das Unglück einmal eingekehrt ist, so geht es schwer wieder weiter; das schien auch im Hause Habsburg zuzutreffen. Eine neue schwere Heimsuchung brachte das folgende Jahr dem Monarchen. Sein geliebter Bruder Maximilian verblutete in dem undankbaren Mexiko, in das ihn Napoleon listig gelockt hatte. Wer ermisst nicht den Schmerz, der sich hiebei des Monarchen und aller Mitglieder des Allerhöchsten Hauses bemächtigte? Keiner der Sterblichen hätte indes geahnt, dass hiemit nicht der Höhepunkt tieferschütternder Familienereignisse für den edlen Fürsten in der Wiener Hofburg erreicht sei. Aber ein wenig Windstille sollte doch kommen für den erlauchten Herrscher nach so vielen Stürmen. Diese Zeit benutzte der Monarch eifrig, seinem Reiche die Wunden zu heilen, welche ihm die vorhergehenden Jahre geschlagen hatten. Das Heer wurde unter der erfahrenen Leitung des Erzherzoges Albrecht auf neuer Basis umgebildet, Handel und Verkehr gehoben, Rechtspflege und Volksbildung in neue Bahnen gelenkt. Viele Neuerungen aber, welche er nur nachgedrungen sanctiouierte, brachten nicht den gehofften Erfolg, sondern einen tiefgreifenden Nachtheil für die Monarchie-Gesetzen, die Pins IX. leges abominabiles — verabscheuungswürdige Gesetze — nannte, versagte er seine Unterschrift; und gewiss mehr hätte der Apostolische Kaiser noch für die Kirche und das katholische Volk gethan, wenn ihm nicht eine feste Mitwirkung gerade von jenen gefehlt hätte, deren Pflicht es gewesen wäre, für das Gute in Kirche und Staat mit Hintansetzung aller eigenen Bequemlichkeit energisch einzutreten. Deutschland hat in dreizehn Jahren sein katholisches Centrum gebildet, das den Kampf mit der Loge aufgenommen und ihn siegreich bestanden hat; in Österreich aber sind wir noch lange nicht so weit. Fünfzig Jahre auf Habsburgs Throne. 221 ----------------------------------------------------------- ™ Das Jahr 1880 brachte im März die Verlobung des Kronprinzen Bf. 4 und endlich das fünfzigste GebnrtsfeN des Kaisers. Mit Recht konnte der Y Regent, umrauscht von dem Jubel seiner Völker, sagen: „Wie bin ich glücklich." — Er stand jetzt ans dem Gipfelpunkte seines Monarchenglückes, im Zenithe der Sonne kaiserlicher Freude. Indes das höchste Glück fand seinen grellen Gegensatz an jenem düsteren Wintertage von 1889, da die ungeahnte Katastrophe des düsteren Ablebens des Kronprinzen das kaiserliche Vaterherz schwer getroffen. Der erlauchte Dulder aber rafft sich ans, überwältigt den ungeheuren Schmerz und fährt ungebeugt fort für die Wohlfahrt seiner Völker zu sorgen und Gutes zu thun, wo es nur möglich. Wir sind in dem Jahre seines goldenen Regierungsjubiläums. Wer hätte gedacht, dass es dem Herrscher nicht vergönnt sein würde, es in ungetrübter Freude zu begehen? Der Monat September hat den Leidenskelch erschöpft: dem Stahle eines feigen Mordbnben fiel die erlauchte Kaiserin zum Opfer. Sr. Majestät unserm Kaiser blieb wahrlich doch nichts erspart in seinem Leben und trotzdem lebt er noch ungebeugt seiner hohen Pflicht. . Was ihm hier versagt geblieben, wird ihm einstens auf einem herrlicheren Throne und in einem anderen Reiche gewährt werden. Hier aber erhalte uns der Allmächtige noch lange unseren theuren Vater zum Wohle von uns allen. Ja Gott erhalte, Gott beschütze Unsern Kaiser, unser Land. Mächtig durch des Glaubens Stütze Führ' er uns mit weiser Hand. Lasst uns seiner Väter Krone Schirmen wider jeden Feind! Innig bleibt mit Habsburgs Throne Österreichs Geschick vereint. i. m. Von Or. Joseph Nienhaus. nter obiger Aufschrift gieitg uns aus H eluan vom 28. Sept. d. I. vom Verfasser die folgende hübsche Schilderung zu, der wir unverkürzt Raum geben. Im Buche Esther wird uns berichtet, dass der Perserkönig Assue-rus im Verein mit der Königin Vasthi den Großen seines Reiches ein Gastmahl gegeben. Die Schrifterklärer geben bei dieser Gelegenheit eine genauere Beschreibung eines persischen Königsschlosses,^ an der Hand geschichtlicher Überlieferungen und noch vorhandener baulicher Überreste. Es ist nun interessant, zu beobachten, dass es noch heutzutage Paläste im Orient gibt, auf welche die erwähnte Beschreibung jenes persischen Königsschlosses ganz genau passt, als wären erstere nach dem Plane des letztem gemacht worden. Ein solches Fürstenschloss findet sich in Ägypten am Ufer des Nil. Wir besteigen in Kairo den Zug zu dem bekannten Curort Heluan, der ungefähr 25 Kilometer südlich in der Wüste liegt. Eine Droschke mit zwei flinken Araberpferden bespannt und von einem echten, sonnverbrannten Wüstensohn geführt, bringt uns durch die Straßen des mit kleinen, aber zierlichen Häusern bebauten Ortes, vorbei an der neuen, schönen katholischen Missionskirche und der mohammedanischen Moschee, auf die Landstraße dem Nile zu. Rechts und links am Wege stehen Akazienbäume in kleinen Vertiefungen, die von Zeit zu Zeit mit Wasser gefüllt wurden. Der spärliche Wuchs und die schiefe Stellung dieser Bäume zeigen aber zur Genüge, dass sie nicht ihr Element im Wüsteusande fintiern Bald erreichen wir das Nilthal mit seinem furchtbaren Boden. Wir biegen rechts in eine prächtige Akazienallee ein. Ein Schild am Wege zeigt in großen Lettern an, dass hier die Jagd untersagt ist. Wir befinden uns nämlich schon auf den zum Schlosse gehörigen Ländereien. Eine Unzahl von Vögeln, der Mehrzahl nach Lerchen verschiedener Art, machen sich die Jagdruhe zu Nutzen und durch-streifen in Scharen die reifenden Mais- und Durrahfelder, zum großen Ärger der armen Pächter, die mit Klapperwerkzeugen in der Hand ihre Saaten durchstreifen, um die zudringlichen Gäste zu vertreiben. Auf den brachliegenden Feldern arbeiten viele Männer und Frauen, um dieselben für die demnüchstige Überflutung des Nil in Stand zu setzen. Diese armen Leute haben gewiss kein beneidenswertes Los: in schmutzige Lumpen gehüllt, müssen sie den ganzen Tag, den sengenden Sonnenstrahlen ausgesetzt, auf ihren Feldern arbeiten; die Farbe ihrer Haut unterscheidet sich wenig von der des Bodens. Mehrere Ziegenheerden suchen noch das letzte genießbare Fäserchen begierig auf, da es wegen der sommerlichen Dürre Gras und Klee nicht gibt. Eine Unzahl großer und wohlgenährter Mäuse treibt ein vergnügtes Spiel, von einem Loch in das andere huschend. Sie fühlen sich in dem trocknen durchwärmten Erdreich augenscheinlich sehr wohl. Doch wenn der Nil alle diese Felder überflutet und in einen großen See verwandelt, so wird er die muntere Gesellschaft für immer begraben. Unser Wagen hält, und wir befinden uns am Thor des oben erwähnten Schlosses. Es ist nicht ein einfaches Thor, sondern ein langgestrecktes Gebäude, durch dessen Mitte ein Thorweg führt. Dieses Gebäude ist bestimmt für die zahlreichen Schlossbeamten und enthält die Pferdeställe und Wagenremisen. Gegenwärtig hat der Amtmann des naheliegenden Dorfes sein Bureau darin aufgeschlagen, er ist zugleich Verwalter des Gutes. Nebenbei bemerkt, hat die ägyptische Regierung diesen Amtmann vor Kurzem, wegen Veruntreuung von Baumwolle verklagt und zur selben Zeit wurde sein hoffnungsvoller Sprössling aus der Missionsschule Ein orientalisches Fürstenschloss. 223 fortgejagt, weil er eine Weckuhr gestohlen hatte. Echt arabisch! Durch den Thorweg gelangen wir in den schönen großen Schlosspark. Zahlreiche und in zierlichen Windungen verschlungene Wege laden uns zu einem Spaziergange ein. Die Beete zwischen den einzelnen Pfaden sind mit den verschiedensten Zier- und Fruchtpflanzen bestanden, die mit ihren saftigem und dichtem Blütterwerk ein für das Auge undurchdringliches Dickicht bilden, so dass man von einem Pfad nicht zum andern sehen kann. Wir finden hier Aprikosen, Apfelsinen, Citronen, Limonen, Bananen, Feigen u. f. to., dazu Ziersträucher, deren sämmtliche Namen ich nicht anzugeben vermag. Nachdem wir die Runde gemacht, steigen wir eine gegen 15 Stufen zählende Doppeltreppe hinauf und gelangen zum zweiten Gebäude, das ungefähr 20 Meter vom Thore entfernt ist und die Größe eines gewöhnlichen Bürgerhauses hat. Es ist von einer etwa sechs Meter breiten Terrasse umgeben, die auch um das dritte Hauptgebäude ringsherum fuhrt. Diese Terrasse ist ganz mit Blumen besetzt, die durch ihre prächtigen Farben und ihren kräftigen Duft das Auge entzücken und das Herz erquicken. Das zweite Gebäude ist für den Hausherrn bestimmt. Hier empfängt er Besuche, ertheilt Audienzen, spricht mit seinen Gästen, kurz hier vollzieht sich der ganze Verkehr mit der Außenwelt. Denn in das Hauptgebäude, den Harem, darf keine fremde männliche Person den Fuß setzen, nicht einmal der vertrauteste Freund, sondern nur Frauen und nahe männliche Verwandte. Ja, nicht einmal der Blick eines Fremden darf in dieses Heiligthum dringen, deshalb ist es mit einer wenigstens 4 Meter hohen Bretterwand umgeben, so dass hier die Welt wirklich mit Brettern vernagelt ist. Um die Eintönigkeit dieser langen hölzernen Wände etwas zu mildern und zugleich von Innen einen kleinen Blick in die Außenwelt zu ermöglichen, sind die einzelnen Bretter mit kleinen, zierlichen Ausschnitten versehen. Wir steigen auf einer sehr schönen und breiten Doppeltreppe von der ersten Terrasse zur zweiten. Auch diese ist für die Anlage von Blumenbeeten bestimmt. Natürlich müssen sowohl die beiden Terrassen als auch der Park fast täglich bewässert werden, weil es einerseits hier fast gar nicht regnet, andererseits die südliche Sonne den Boden und die Gewächse sehr abtrocknet. Wir sehen dann auch mehrere Gärtner mit dieser mühsamen Arbeit beschäftigt. Das Hauptgebäude, vor dem wir jetzt stehen, ist ein langgestrecktes Rechteck, dessen Ecken durch sanfte Rundungen abgeschliffen sind. Im Äußern weist es nur wenigen architektonischen Schmuck auf und sticht dadurch etwas unvortheilhaft gegen unsere europäischen Paläste ab. Um so reicher ist dafür das Innere ausgestattet. Durch die Hauptthüre in der Mitte der nördlichen Lengseite gelangen wir hinein. Rechts und links ziehen sich die langen Zimmerreihen hin. Der Fußboden ist mit kostbaren Teppichen belegt, Sophas, gepolsterte Sessel und Stühle sind in Menge vorhanden, wie der vornehme Orientale es liebt. Durch die bunt angestrichenen Fensterscheiben fällt ein mildes gedämpftes Licht, das mehr zu behaglicher Ruhe einladet als zu energischer Arbeit. ' In der Mitte, dem Eingang gegenüber, befindet sich ein großes Wasserbecken aus weißem Marmor und mit mehreren Statuen umgeben, das zum Baden gebraucht wird. Der Orientale wäscht und badet viel; er wird darin wohl kaum vom eifrigsten „Kneippianer" überiroffen. Das kalte Bad verschafft ihm nicht allein eine angenehme Erfrischung, sondern ist auch für die Gesundheit sehr heilsam, in-soferne e§ die Poren reinigt, die durch die starke Ausdünstung und den unvermeidlichen Staub nur zu leicht verschlossen werden. Über dem Masse, decken führt eine schöne Doppeltreppe auf die Galerie, welche ringsum von Glas umschlossen ist. Von hier aus genießt das Auge einen entzückenden Ausblick in die Ferne. Im Norden erblicken wir in nebelhafter Ferne die Moscheenthürme von Kairo; nach Osten und Süden dehnt sich die unermessliche Wüste aus bis nach Suez und Chartum; im Westen fließt in unmittelbarer Nähe der Nil vorüber, der in maje- 224 Bekehrung und Tod der Negerin Halima. Mischer Ruhe seine Wogen dem Meere zuschiebt. Über Palmenwälder gleitet der Blick weiter zu den Pyramiden, bis die kleinen Gebirgsketten der lybischen Wüste den Gesichtskreis begrenzen. Das Schloss ist Eigenthum des Vicekönigs von Ägypten und ist zur Zeit unbewohnt. An Größe und Pracht steht es den europäischen Fürstenschlössern nach, aber in seinem eigenthümlichen, terrassenförmigen Aufbau macht es von Weitem einen großartigen Eindruck, und zwar um so mehr, wenn man es mit den elenden Lehmhütten der Umgebung vergleicht, in welchen die armen Ackerbauern ihr mühevolles Dasein fristen. KkKchrimg ini- (Teil der lUgmti Mi«. n den ersten Tagen des herrlichen Maimonats des letzten Jahres wurden in unsere Kolonie in Gesira zwei noch sehr junge Eheleute aufgenom-men. Beide waren krank und entsetzlich heruntergekommen, doch stand die junge Frau, eine Sudanesin mit Namen Halima aus dem Stamme der Denka, bei weitem schlimmer als ihr Mann. Schon in früher Jugend aus den Armen der Mutter gerissen, ward Halima an einen Griechen als Sclavin verkauft. Dieser, ein reicher Mann, hatte schon eine andere schwarze Sclavin, welche bereits Mutter eines Mädchens war, während Halima noch unverheiratet und frei war. Die neue Sclavin nahm sich dieses Los ihrer Leidensgenossin dermaßen zu Herzen, dass sie, wohl sehend, es ihr nicht gleichthun zu können, ihren Herrn verließ und floh. Es blieb ihr natürlich nichts anderes übrig, als bei Landsleuten Zuflucht zu suchen, welche bekanntlich, wenn ans demselben Stamme, Brüder und Vettern sind und heißen. Von diesen zogen einige kurz nachher nach Sansibar, und auch Halima zog mit ihnen. Dort lernte sie bald einen Neger aus ihrem Stamme kennen mit Namen Abdallah, verheiratete sich mit ihm, und es lebte dann das junge Paar in schönster Eintracht und gegenseitiger Liebe durch sieben Jahre in Sansibar zusammen. Dieses friedliche Zusammenleben hätte noch länger dauern können, wenn nicht eine ebenfalls beiden gemeinsame sehr starke Liebe zu geistigen Getränken das junge Ehepaar mit der Zeit entstellt und seine Gesundheit untergraben hätte. Auch Halima sagte dem Alkohol tüchtig zu, ohne die schrecklichen Folgen dieses Trinkens zu bedenken, die sie doch in Tausenden und Abertausenden Unglücklicher um sich herum sehen und verabscheuen konnte, und es zeigten sich schon zwei Jahre vor ihrer Abreise von Sansibar Anzeichen jener hässlichen Krankheit, welche in diesen heißen Ländern mehr noch als bei uns und viel abscheulicher aus dem Laster erwächst. Man wandte schon damals alle mög-, lichen Heilmittel an, um die Krankheit noch in ihren Keimen zu ersticken: es war schon zu spät. An ihrer Rettung in diesen heißen Ländern verzweifelnd, begab sich daher Abdallah mit seiner ihm auch in diesem Zustande theuern Halima in die Umgebung von Kairo in ein unserer Kolonie benachbartes Dorf. Von dort machten die Unglücklichen alsbald Anfrage um Aufnahme in unser Institut, in welches sie denn wirklich auch bald aufgenommen wurden; sie kamen beide in einem Zustande, der wahrlich Bedauern erregte: mit ein paar Lumpen bedeckt, schwach und hungerig. Die Schwestern der Kolonie machten sich alsbald auf, um nach der armen Frau zu sehen, und entdeckten außer der oben erwähnten Krankheit, dass ihr, jedenfalls auf Veranlassung der Hexe Hadscha Haua ein Mittel applicirt worden war, welches nichts weniger als geeignet war, Heilung zu schaffen: es wurden der Bekehrung und Tod der Negerin Halima. 225 Armen vier Zeichen auf die Brust eingebrannt, aus welchen sich bald vier grässliche Wunden bildeten, die in ihrer Form und Zeichnung Augen, Nase und Mund eines Todtenschädels glichen. Mit aller erdenklichen Sorge und Liebe wurden ihre Wunden verbunden und alles aufgewandt, was christliche Liebe erfinden macht, um der Armen wieder aufzuhelfen. In der That befand sie sich nach wenigen Tagen der Pflege schon etwas besser und die Wunden begannen zuzuheilen, und es wäre an eine vollständige Wiedergenesung zu denken gewesen, wenn nicht die innere Krankheit in ein ganz neues Stadium getreten wäre. Es, wurde ein Arzt herbeigerufen, der nach kurzer Untersuchung erklärte, dass das Übel, weil schon alt und tief gewurzelt, schwerlich von der schwachen Kranken überwunden würde,. jedoch, um das Unmögliche nicht unversucht zu lassen, ihr eine Cur vorschrieb. Sie half nichts; im Gegentheil, der Zustand der Kranken verschlimmerte sich immer mehr. Die Schwestern begannen daher, wohl überzeugt, dass jede Sorge um die Heilung des Körpers vergeblich sei, an der Seele Halima's zu arbeiten. Der Gemahl, befragt, ob er zufrieden wäre, wenn seine Frau in's Krankenzimmer unseres Hauses zur leichtern und bessern Pflege verbracht würde, nahm den Antrag mit Freuden an, und am 9. Juni war Halima unter einem Dache mit den Schwestern, die ihre Aufgabe, der Armen so schnell wie möglich die zur Taufe nöthigen Wahrheiten unserer heiligen Religion beizubringen, mit Geduld und Gebet durchzuführen suchten. Wie natürlich, leistete sie im Anfang jeder Einflüsterung von einer für sie vollkommen neuen Religion hartnäckigen Widerstand, den aber die göttliche Gnade sich beeilte sieghaft zu überwinden, um ein Werk der Bekehrung zu vollenden, in welchem die Barmherzigkeit Gottes in wunderbarer Weise triumphieren sollte. Sie nahm bereitwilligst ein ihr von der assistierenden Schwester angebotenes Bildchen und eine Medaille der Jungfrau des Rosenkranzes von Pompei an und begann dieselbe anzurufen. — Das Übel des Leibes sollte nun die glücklich begonnene Wendung zu Ende führen: am dritten Tage ihres Verweilens im Krankenzimmer ergriff Halima auf einmal ein so starker Paroxismus, dass man ihr Ende nahe glaubte. In der schonendsten Weise wurde ihr die Gefahr zu erkennen gegeben, in der sie schwebte, und dass die Ewigkeit nahe gekommen war, und ein Pater der Mission gerufen. Auf seine Fragen antwortete Halima mit einer Klarheit und Richtigkeit, die einfach unerklärlich war, und äußerte zu gleicher Zeit zu unserer nicht geringen Überraschung von selbst den Wunsch, die hl. Taufe empfangen zu dürfen. Bei solch' wunderbarer Veränderung der Scelenzustände der Kranken hielt der Pater es für gut, ihr die Taufe nicht länger vorzuenthalten, goss das heilbringende Wasser über ihr Haupt und taufte sie Maria. In diesem Augenblick trat der Mann Halima's ins Zimmer, welcher seine Frau bereits als todt beweinte. Da der Anfall nicht wich, wurde auch für die letzte Ölung her- gerichtet, und Halima erhielt unter den Augen ihres Mannes, mit großer Andacht die Acte des Glaubens, der Reue und der Ergebung in Gottes Willen erweckend, welche ihr zugeflüstert wurden, auch dieses Sacrament. Nicht zufrieden, eine Sclavin zu seinem Kinde erhoben zu haben, wollte der Herr seiner neuen Geliebten noch schönere Ausblicke in den letzten Augenblicken eröffnen, indem er ihr noch Zeit gab, die Wahrheiten, welche sie angenommen hatte, etwas mehr zu verstehen: das Fieber ließ immer mehr nach, gegen Abend war das frühere Bewusstsein zurühgekehrt, itnb die Glückliche fühlte nichts mehr von Schmerzen. Auf dem Bette sitzend, erzählte sie nun mit jener heitern und unschuldigen Fröhlichkeit, welche immer die von der Taufe Kommenden beherrscht, ganz getröstet und voll Lebensmuth, was sie in jenem Anfallszustande gesehen und wie ihr jetzt die Welt ganz neu und ungeahnt schön vorkomme. An- fangs sei sie ganz außer sich gewesen; aber als der hochw. Pater die Fragen ge- 226 Bekehrung und Tod der Negerin Halima stellt habe, sei wieder alles Bewusstsein zurückgekehrt. Nachdem beschlossen worden, ihr die hl. Tause zu spenden, sei sie vor Freude außer sich gewesen und habe es wohl gefühlt, wie das Taufwasser über ihr Haupt geflossen sei. Am folgenden Tage erzählte sie von vielen schon verstorbenen Personen, welche ihr im Traume erschienen seien, unter denen sich auch ein katholischer, ihr wohlbekannter Knabe befunden habe, der voll Ernst gesprochen habe, die katholische Religion sei die einzig richtige und wahre, und wehe dem, der, nachdem er sie einmal ergriffen, ihre Gebote nicht halte. Halima versprach im Traume ihren ganzen guten Willen einzusetzen, den sie in Wirklichkeit auch zeigte: sie ertrug in Zukunft die oft wiederkehrenden Schmerzen geduldig; ja, je höher die Schmerzen stiegen, desto vertrauensvoller rief sie Gott und seine heilige Mutter um Hilfe an, mit Ausdrücken eines so kindlichen Glaubens, dass sich die Schwestern nur wundern mussten. Als sie vollends hörte, dass Gott die Leiden hier auf Erden dort oben im Paradiese auf ewig belohne, seufzte sie auf und klagte: „O, wann werde ich im Paradiese sein! O glückseliger Tod, der mir bereitet ist! Maria, meine Mutter, dir lass ich mich empfohlen sein! Ich weiß dass ich unwürdig bin, deinen Namen zu tragen, und bin doch froh, wenn ich denke, dass ich wie die Mutter Gottes heiße!" So ward diese noch vor kurzem der Gnade erstorbene Seele von Gott begünstigt: bevor die Schwestern sie kannten, hatte sie nie einen Gedanken, unsere Religion anzunehmen. Freilich einfach war sie immer und von bessern Sitten, als man zuerst glaubte. Als eines Morgens Abdallah kam, um sie zu besuchen, bat sie ihn, er möge irgend eine Frau schicken, welche an ihr eine Frisur vornehmen möchte, um nicht damit den Schwestern zur Last zu fallen. Der Mann schaute verwundert auf und sagte: „Was, Halima, du willst mit deinen Haaren sterben? Was sind das für Gedanken!" ergriff die Scheere und schnitt, was zu schneiden war. Dann sprachen beide noch lange zusammen über den Tod und was nach demselben folgen werde, mit einer Heiterkeit, als gelte es, zu einem Festmahl zu gehen. So vergiengen neunzehn Tage nach Halima's Taufe, und schon kam der letzte Tag des Monats. Die Nengetaufte sehnte sich mehr als je, in das Paradies aufgenommen zu werden, auf welches sie nun ein Anrecht hatte, und erbat sich den Segen des Paters, der ihr die Taufe gespendet hatte. Nachdem der Pater weggegangen, fieng sie mehrere Male zu rufen an: „Mama, Mama!" Die ihr assistirende Schwester antwortete und erkannte, da die Kranke sich nicht zufrieden gab, dass sie nicht die Verlangte sei, und gab ihr ein Bildchen der Mutter Gottes und das Crucifix in die Hand. „Das ist's, was ich wünsche!" rief sie wiederholt aus; „mit diesen möchte ich sterben!" Mit den geliebten Gegenständen unterhielt sich Halima in kindlichster Weise bis zur Mitternacht des letzten Junitages; gegen 12 Uhr schien sie ein wenig zu schlafen; da sie keinen Laut mehr von sich gab, schaute die ihr beigegebene Schwester nach: sie hatte ihre Seele in die Hände des Schöpfers zurückgegeben. — Halima ließ in allen, die sie in den letzten Tagen gesehen, die begründete Hoffnung zurück, nicht nur gerettet zu sein, sondern einen auserlesenen Platz im Paradiese zu haben. Hier sehen unsere Wohlthäter wieder eine jener Seelen, welchen nur durch ihre Gebete und Almosen es vergönnt war, ein so glückliches Ende nach einem langen, leidvollen und unglücklichen Leben zu finden, und eines jener vielen dankbaren Herzen, welche auf dem Krankenlager mit Gefühlen unaussprechlicher Anerkennung so oft wiederholten: „O belohne Gott, wer uns Elenden so viel Gutes that! O, sie haben Erbarmen mit uns: Gott vergelte es ihnen!" Sudan. 227 Wenn solche Gebete zum Himmel aufsteigen vom Schmerzenslager cm§ einer Seele, die vor Anerkennung, Dankbarkeit und Liebe sich nicht zu helfen weiß, ist selbst ein Gott ohnmächtig zu strafen, und unsere Wohlthäter haben den Glauben, um gii wissen, wie viele Gnaden kraft dieser Gebete auf sie von oben niedergehen. Suhlt. er Sudan ist also wieder erobert und der Barbarei der Derwische entrissen. Dem Mahdismus wurde noch dazu ganz energisch der Gnadenstoß versetzt, indem der Sirdar das Grabmal des Mahdi bei Omdurman dem Erdboden gleich machen und den Sarg des Lügenpropheten verschwinden Es war dies ein Act der Politik, denn das Grab war mit der Zeit ein Lager äg,Optischer Lolbaten. Gegenstand religiöser Verehrung für die Mahdisten geworden. Ms die anglo-ägyptischen Truppen ein paar Tage nach der Eroberung Omdurmans nach Char tum hinüberschifften, um das Andenken des edlen Gordon zu ehren, benützte der Hochwürdige P. Robert Brin dl e, erster Feldcaplan für die katholischen englischen Soldaten, diese Gelegenheit, um nach dem früheren Missionshause, dem Werke Dr. Knoblechers und Denkmale österreichischer Freigebigkeit, zu sehen. Aber ach! Alle unsere früher aus der Gefangenschaft entflohenen Missionäre versicherten uns, das Missionsgebäude habe, Dank seiner festen Con- 228 Die Missioirsstation Heluan. ftruction, der Zerstörungswuth der Derwische widerstanden und stehe noch als einziges Gebäude im zerstörten Chartum: P. Brindle aber sand nur noch zwei Kapellen und einen Altar als Überbleibsel des früher 216 m langen Gebäudes. In der Mitte eines Dnrrahfeldes ragte die kleine Pyramide hervor, die auf dem Grabe des Bischofes Comboni aufgestellt wurde. Die anderen Gräber, so sagte man, wurden entweiht. Also auch jene des Hochw. P. Ryllo S. J., des Gründers der Mission? Eine Glocke der Mission wurde im Hause des Bruders Abdelbahi's gefunden; es war ja alles geplündert und geraubt worden. Schon vor der Ankunft der Anglo-Ägypter in Omdurman war bekanntlich der Franzose Marchand an den weißen Nil bei Faschoda gekommen, um das Gebiet am weißen Nile für Frankreich in Besitz zu nehmen. Gleich nach der Einnahme von Omdurman verfügte sich Kitchener Pascha persönlich dorthin mit einigen Kanonenbooten, um dagegen zu protestieren. Marchand blieb, General Kitchener aber ließ auch einige Besatzungen oberhalb und gegenüber Faschodas stationiert. Nachher verabschiedete sich Kitchener und gieng wieder nach Omdurman, während Marchand einen Berichterstatter nach Paris sandte. Seitdem werden in Londen und Paris zwischen den zwei streitenden Parteien Verhandlungen gepflogen, deren Ergebnis zur Zeit noch unbekannt ist. P. I. M. Die lUiflioiiültiitioii gtliwn. Heluan, 30. September 1898. n Folgendem erlaube ich mir, Euer Hochwürden ein kleines Bild unserer hiesigen Missionsstation zu entwerfen. Wer vor vieruudzwanzig Jahren, auf einer Nilfahrt nach Süden begriffen, einen Blick über das rechte Flussufer geworfen hätte, würde nie gedacht haben, dass jene Kalkfelsen und sonnverbrannten Sandflächen, jene vegetationslose, nackte und unbewohnte Wüste, nur von den Hyänen, die aus ihrem Verstecke zur Tränke zum Flusse schlichen, durchzogen, das Areal für eine künftige Stadt liefern würden. Es entstand dort sozusagen über Nacht die Stadt Heluan, vergrößerte sich in unglaublich rascher Frist und gewann bald einen bedeutenden Ruf. Nicht nur von Ägypten, auch von Europa und anderen Welttheilen kommen Touristen und Leidende, um sich in dieser äußerst reinen Wüstenluft zu stärken und Heilung in den schwefelhaltigen Bädern zu suchen, die der Stadt ihren Ursprung gegeben haben. Jedoch wenn hier aus einer Wüste eine Stadt wurde, so bewahrte diese in allem den Typus einer Wüstenstadt; sieht man von den Palästen und schönen Wohnhäusern, sowie von der mit Kairo verkehrenden Eisenbahn ab, so mahnt uns alles Übrige an die Wüste. Die ganze Umgebung hat nicht die geringste Veränderung erfahren, vergebens sucht man nach einem Grashalm, einem Baum oder Strauch bis hinab zum Ufer des Nil. Die Stadt selbst bietet, abgesehen von zwei oder drei kleinen Gürten, das Bild der Wüste dar; die breiten und baumlosen Straßen und Wege bleiben den größten Theil des Tages über öde und menschenleer; es herrscht eine gewisse Melancholie, da die Stadt meistentheils von Leidenden bewohnt ist, welche die Ruhe lieben und nur gegen Abend ausgehen, um langsamen Schrittes die Straßen abzumessen und mit vollen Zügen die gesunde Luft einzuathmen. Die Missionsstation Heluan. 229 Dies Wäre sozusagen der allgemeine Anblick der Stadt. Es gibt aber wieder Ausnahmen. Während der Wintersaison, als der günstigsten für Luft- und Bäder-Euren, ist die Stadt etwas belebter; es wird manche Festlichkeit veranstaltet, die Militärmusik spielt auf dem Hauptplatze, eine Anzahl Leute aus Kairo belebt Plätze, Kaffeehäuser und Straßen: ein wirklich fremdartiges Bild. Morgen- und Abendländer geben sich ihr Stelldichein hier in der Wüste. Es ist schwer, um nicht zu sagen unmöglich, die Zahl der Einwohner Heluan's festzustellen, da man nie genau wissen kann, wie viele und welche Einwohner hier dauernden Aufenthalt nehmen. Die Zahl der seit einiger Zeit ansässigen Katholiken beträgt während der Cur-Saison etwa 600, wovon 200 Lateiner und der Rest Katholiken der verschiedenen orientalischen Riten, als Kopten, Griechen, Armenier, Chaldäer, Maroniten sind. Die hier wohnhaften, Lateiner gehören fast allen Nationen der Welt an. Es sind darunter Deutsche, Österreicher, Franzosen, Italiener, Malteser, Amerikaner, Engländer u. s. w. In diesem Gemisch von Riten und Sprachen muss der Priester und Missionär seines Amtes walten. Dass dies mit Schwierigkeiten verbunden ist, sieht jeder leicht ein; aber mit Gottes Gnade bleiben die seelsorglichen Mühen und Arbeiten nicht fruchtlos. Da die hiesigen Katholiken lange Zeit ohne Priester und Kirche waren, wurden sie für religiöse Dinge etwas kalt und gleichgiltig; dazu kam der fort« währende Verkehr und das Zusammenleben mit Andersgläubigen, was keineswegs dazu angethan war, ihren Eifer für ihre Religion zu heben. Es war also erste Aufgabe des Missionärs, in jenen Herzen den religiösen Eifer und die Frömmigkeit anzufachen, und dazu trug und trügt viel der Glanz des Gottesdienstes und der heiligen Verrichtungen bei. Es wurde die schöne, geräumige und der heiligen Familie geweihte Kirche erbaut, welche allmälig immer würdiger ausgeschmückt wird. Die Heluanesen lieben ihre Kirche, wohnen eifrig und regelmäßig dem Gottesdienst, den Predigten, Katechesen und Vespern bei. Vor der Muttergottes-Statue brennen fast ununterbrochen Kerzen, die von den Gläubigen in besonderen Anliegen und zu Ehren der Himmelskönigin geopfert werden. Wenn es sich um Verschönerung der Kirche handelt, sind die Katholiken gerne zur Hand, um den Missionär zu unterstützen, soweit es ihnen möglich ist. Alle Sonn- und Festtage geht eine Anzahl zu den hl. Sacramenten mit erbaulicher Andacht. Was die häusliche und öffentliche Sittlichkeit betrifft, so muss man in Anbetracht des Landes, in den wir sind, und der Ärgernisse seitens der Ungläubigen und schlechten Christen, in deren Mitte die Katholiken leben, sagen, dass dieselbe eine wirklich ausgezeichnete ist. Die Anlässe, bei denen die Katholiken am besten ihren religiösen Eifer bekundeten und bei denen der Missionär zu seinem großen Troste sehen konnte, dass seine Mühen nicht fruchtlos, sondern von Gott reichlich gesegnet waren, bilden die außerordentlichen Feste, die in der Pfarrei gefeiert werden. Die Kirche ist mit Katholiken überfüllt, die durch ihre äußere Haltung zu erkennen geben, welchen Antheil sie an der Feier nehmen, und dankerfüllt Vergleiche zwischen jetzt und jener Zeit ziehen, da sie ohne Kirche und Sacramente lebten und ihre Kinder aufwuchsen, ohne zu wissen, welcher Religion sie angehörten. Eine besondere Feier ist jene der Frohnleichnams-Procession, die bereits seit sieben Jahren öffentlich durch die Stadt stattfindet, gewiss etwas sehr Seltenes in muselmänischen Ländern. Es war den Katholiken gesagt worden, dass es sich um eine öffentliche Manifestation ihres Glaubens handle, und dass sie durch Theilnahme an der Feier ihren Gott und ihre Religion im Angesichte aller bekennen. Sie folgten der Einladung mit wahrem Wetteifer: der eine brachte Teppiche, der andere Blumen, einer Fahkien, ein anderer Altarschmuck. Bei der Procession selbst fehlte auch nicht einer, alle, Groß und Klein, giengen in schöner Ördnung hinter ihrem verborgenen Gott und Erlöser her. Die langen Reihen von Knaben und Die Missionsstation Heluan. 2S0 Mädchen mit Fähnchen und Heiligenbildern, von Priestern aller Riten in schönen Ornaten, von Männern und Frauen, die den Rosenkranz beteten, von Kerzen- und Fackelträgern, der prächtige Traghiminel, unter dem das Hochwürdigste Gut getragen wurde, der dahinter schreitende General-Consul mit dem gesammten Con-sulats-Personal in Uniform, die feierliche Musik der Musikbande, abwechselnd mit heiligen Gesängen: alles dies zeigte der neugierigen Menge meist Ungläubiger, dass es sich um etwas Großes, Außerordentliches handle. Neuer Eifer und Begeisterung für ihren heiligen Glauben war bei den Katholiken die Frucht des erhabenen Festes. Der Missionär darf sich jedoch hier nicht damit begnügen, -dass er seines Amtes als Priester waltet, die Sacramente spendet, Katechese hält und Kranke besucht: er muss vor allem ein Lehrer der Jugend sein. In einem Lande wie hier, wo man bei jedem Schritte einer Schule, protestantisch, atheistisch, hebräisch, muselmünisch, begegnet, könnte man wenig für das Seelenheil erreichen, wenn die Pfarrjugend solche Schulen zu besuchen gezwungen wäre. Wir unterhalten daher eine Schule für Mädchen unter Leitung der Schwestern und eine andere für Knaben unter unserer persönlichen Leitung. Diese umfasst vier Classen und wird von christlichen Kindern und Kindern anderer Religionen besucht. Die Gesammt-zahl der Schüler ist im Winter über hundert, eine fast gleiche Anzahl Schülerinnen weist die Mädchenschule auf. In der Schule wird vor allem darauf gesehen, dass die Kinder Gott kennen und lieben lernen und so der Grund zu einem neuen, wirklich christlichen Geschlechte gelegt werde. Daran reiht sich die Ertheilung einer den Verhältnissen des Landes angepassten Bildung, die fast ausschließlich in Erlernung der hier gesprochenen Sprachen besteht, als Französisch, Englisch, Arabisch, Italienisch. Dem Studium der Sprachen fügt sich jenes der nothwendigsten Unterrichtszweige an, Arithmetik, Geographie, Allgemeine Geschichte, Naturgeschichte, Zeichnen, Musik. Für letztere zeigen die Schüler eine besondere Neigung; dies zu beobachten hat man Gelegenheit bei Einübung der Chöre, die bei gewissen feierlichen Anlässen vorgetragen werden, sowie bei den Gesangsaufführungen in der Kirche, wo sie den Chor versehen und auch die Orgel spielen. Eine hervorragende Begabung legen sie auch für Erlernung von Sprachen an den Tag; nicht selten trifft man 10- bis 12jährige Knaben, welche drei bis vier Sprachen gut sprechen. Dazu bieten übrigens die Verhältnisse des Landes, wo verschieoene Nationen neben- und durcheinander leben, eine gute Gelegenheit. Unter den Zöglingen zeichnen sich mehrere durch ganz besondere Fortschritte in den Studien aus. Wie alljährlich, konnten auch in diesem Jahre die leistungsfähigeren Schüler öffentliche Proben ihrer Fortschritte ablegen, sowohl bei der Prüfung als bei der feierlichen Preisvertheilung. Bei letzterer wurden eine Theateraufführung und Vorträge in verschiedenen Sprachen, sowie musikalische und Gesangs-Productionen veranstaltet. Die anwesenden Con-sularbehörden, die Eltern der Schüler und das zahlreiche Publicum sprachen ihre volle Anerkennnng über das Gesehene und Gehörte ans. Nicht weniger nothwendig und nützlich als die Knabenschule ist jene der Mädchen. Hier werden die Zöglinge außer in Sprachen und Elementargegenstünden noch in weiblichen Handarbeiten gebildet. Die Schule wird von Schwestern der Mission geleitet. Durch die Schule geschieht viel Gutes für das Seelenheil nicht nur der Jugend, sondern auch der betreffenden Familie Durch die Kinder gewinnen wir Einfluss auf das ganze Haus. Die Schule und die Kinder haben uns die Bekehrung schon mancher Familie ermöglicht. In inancher Familie, in der seit Jahren große Gleichgiltigkeit gegen die Religion herrschte, gelangte durch die Schulkinder wieder Eifer-für Kirche und Religion zum Durchbruche. In Häusern, wo man nie ein Wort von Gott hörte, ja, wo gegen Religion und gute Sitte gesprochen, wurde, kam Die Musik bei den Negern. 231 durch die Kinder die schöne Sitte des gemeinsamen Morgen- und Abendgebetes auf. So geht von der Schule ein wahrer Segen über die ganze Pfarrgemeinde aus. Aber noch mehr! Der Schule verdanken Einzelne und ganze Familien die Gnade des katholischen Glaubens. Möge Gott mit unserer Armseligkeit Nachsicht haben und uns mit seiner Gnade beistehen, damit wir auch fernerhin etwas zu seiner Ehre wirken können, und damit diese unsere Gemeinde sich noch vermehre und im Glauben und christlichen Leben sich immer befestige. Mit diesem Wunsche schließe ich und empfehle uns und unsere Gemeinde dem Gebete der Wohlthäter. P. Casimir Giacomelli, apost. Missionär. ''c— ---- sie Miijill bei beit Hegern. an muss sagen, dass die Neger Musik und Gesang lieben. Wie aber alle Künste, so entspricht auch jene des Gesanges und der Musik bei den Negern ihrem allgemeinen Bilduugsstaude. Sie haben eben ihre Musik und ihren Gesang, beide haben etwas Naturwüchsiges. Das Musikinstrument, welches im ganzen Sudan am weitesten verbreitet ist, ist die „Darabukka", eine Felltrommel, die theils mit den Fingern und Handballen, theils mit Lederklöppeln geschlagen wird. Sie fehlt bei keiner Feier, gelte sie der Freude oder der Trauer. Das monotone Tam-tam dieser dumpfklingenden Trommel bildet für jeden Sudanesen einen unersetzlichen Ohrenschmaus. Man braucht nur die Darabukka zu rühren, so beginnt der Eingeborene sofort Körperbewegungen zu machen, im Takte mit den Händen zu klatschen, mit der Zunge zu schnalzen und eintönige Lieder zu singen. Spät noch in der Nacht, wenn nur die ihre Nummer ausrufenden Wachen, das Katzengeschlccht, der grunzende Ton eines Nilpferdes oder das unheimliche Geheul einer gefräßigen Hyäne die Ruhe stört, findet sich hier und da ein Mnsikliebhaber, der, träumerisch vor sich hinsummend, die eintönige Pauke anschlägt, ja oft tönt noch des Morgens beim Erwachen ihr Klang an das Ohr. Am Nilnfer Nubiens mischt sich in den nächtlichen Klang der Dara-bnkka der eigenthümlich knarrende Lärm der Schöpfräder (Säkije): bald wie Klagelaute, bald wie das polternde Gezänke griesgrämiger Menschen klingend, entsteht durch das Zusammenwirken des Geknarrs ein Concert, welches bei andauerndem Hören die anfänglich melancholische Stimmung schließlich in eine nervöse Erregung überführt und jedem Europäer unvergesslich bleiben wird. Eine andere Art Trommel ist die „Noggüra", eine große Kesselpauke, welche einen volltönenden, mehr feierlichen Klang hat und meist nur bei festlichen Anlässen geschlagen wird. Manche Stammeshänpter, z. B. die Deglel oder Häupter der Habab und Beni-Amer, führen diese Kesselpauke als Zeichen ihrer Herrscherwürde. Bei manchen Stämmen ist die Noggüra die Kriegstrommel, ihr Schall versammelt im Nu alle waffenfähigen Männer in voller Kampfesrüstung. Die Form und Structur der Trommeln ist in den einzelnen Stämmen eine sehr verschiedenartige. Von Blasinstrumenten ist zuerst die „Zummara", eine Rohrflöte, zu nennen; sie findet sich in den mannigfaltigsten und sonderbarsten Formen und Modificationen, einfach, doppelt, vervielfältigt. Ihr Ton ist theils summend, ähnlich dem einer gereizten Stachelfliege, oder auch eines schwirrenden Küfers, theils schreiend, gleich dem zornigen Geschrei eines Kindes, stets aber düster und melancholisch stimmend. 232 Die Musik bei den Negerin Weniger verbreitet ist die „ütia'i", sogenannte Derwischflöte, gewöhnlich a ns Rohr, einen halben Meter lang, mit sechs Tonlöchern an der obern Seite. Bei den Barabra, Bedja nnd Funds sindet sich als Blasinstrument das Kuhhorn verbreitet; dasselbe gibt klagende Töne von sich, welche an den nunmehr verschollenen Horn-fenerruf unserer Nachtwächter erinnern. Bei den Njam-Njam, Makraka, Monbuttn, Bongo kommen Elfenbeinhörner in Anwendnng. Diese zeigen manchmal die volle Länge eines ansgewachsenen Zahnes, nämlich fünf bis sieben Fnß, sind dann künstlich verdünnt unb geben, an den mitten daran befindlichen Mnndlöcheru angeblasen, furchtbare, heulende nnd brüllende Töne von sich. Oftmals sind die Zähne kürzer, einen bis drei Fuß lang nnd mit sorgfältigen Figurenschnitzereieu voll treffender Züge und zuweilen derben, aber köstlichen Humors verziert. Die Makraka verfertigen ferner Blasinstrumente aus Flaschenkürbissen, die je nach ihrer Länge einen höhern oder tiefern Ton geben. Vermittels einer Anzahl derselben stellen sie ein in der Tonlage mehr oder weniger abgestuftes Hornorchester zusammen, dessen Musik viel weniger lärmend unb unser Ohr verletzend wirkt, als die andern derartigen Lärmübnngen, die man im Sudan zu hören Gelegenheit hat. Da, wo die Natur in der Bildung der langen Flaschenkürbisse nicht ausreicht, hilft des Menschen Hand nach; man sieht Basshörner von nahezu zwei Meter Länge. Je länger das Horn, desto tiefer natürlich der Ton. Die Saiteninstrumente sind sehr mannigfacher, aber dnrchgehends primitiver Natur. Das gebräuchlichste Instrument ist die „Rebüba", eine Art Guitarre. Zither-und violinartige Instrumente sind besonders in Nubien häufig. Zu den vollkommensten Saiten-Jnstrnmenten im Sudan gehören die fünf- unb zehnsaitigen Harfen der Njam-Njam. Außer den aufgeführten gibt es noch eine Reihe anderer Instrumente, die jedoch nur im Verein mit Trommeln, Blas- und Saiten-Jnstrnmenten Anwendung finden und dazu dienen, die Musik erregender unb lärmender zu gestalten. Solche sind: die Klapper, das Sistrum, eine Art Hackbrett, Handschellen u. s. w. Die Njam-Njam bringen auch kleine Glocken aus Eisen und Holz in Anwendung. Mit sonderbaren Instrumenten suchen die Morn, westlich vom Weißen Nil, den Effect der Musik zu erzielen, besonders bei großen Tänzen. Es ist dies das Geklapper von Rasseln, die von tanzenden Weibern und Kindern nach dem Takte geschüttelt werden. Diese Rasseln bestehen aus kleinen, mit Steinchen, Perlen oder Fruchtkörnern gefüllten Kürbissen, die geschüttelt werden, als gelte es, Butter zu schlagen oder mit Stöcken und dürrem Reisig aufeinander zu hauen, was einen ganz eigenthümlichen Effect hervorbringt. Wir gehen nun zum Gesang über. Was zuerst den Text des Gesanges betrifft, so fehlt ihm keineswegs immer die poetische Anlage. Das heitere, mittheilungssüchtige Naturell des Sudanesen und Negers äußert sich gern in einer Redeweise, die man zwar nicht durchweg poetisch nennen kann, der es aber auch nicht an charakteristischem Ausdruck und an gewisser phantastischer Wortformung fehlt. Die Berta-Neger, welche dem Eindringen der Muselmänner und Araber in ihr Land am Blauen Nil lange zähen Widerstand entgegensetzten, haben gegen dieselben folgendes Lied in ihrer Sprache producirt: „Der Norden gab die Pest, Türken nnd rothe Reiter. Ihr reißt das Maul schon auf, Wenn das Brot noch ans der Doka (Backtellcr) Und das Ei noch in der Henne ist. Wie Geier gierig gehet ihr, Wie Blut setzt ihr Mützen auf (b. h. den rothen Fez), Gott geb' euch allen den Tod! Ihr zahlt nichts den Leuten, Sondern nehmt ihnen alles." 254 Die Musik bei den Äegerü. In diesen Worten ist deutlich genug der Türken- und Araberhass der gehetzten Neger zum Ausdruck gebracht. Der Sudanese improvisiert auch, und zwar nicht ohne Geschick; er wählt dabei eine blumenreichere Sprache, als er sie sonst im Alltagsleben anzuwenden pflegt. Die Nilschiffer vollbringen ihre schwere Arbeit des Barkenschleppens unter Hersagen und Absingen oft ganzer Litaneien von witzigen Improvisationen. In der Stille der Nacht steigt von den Lippen des Kammeeltreibers mancher Gesang über Heimat, Brunnen und Wüste in den leichten Äther hinauf. Der Negersclave, am Schöpfrade sitzend und die Zugthiere antreibend, ergießt seine Sehnsucht nach der Heimat in melancholische Lieder, er singt von Vater und Mutter, von Geschwistern und Kameraden, von Heerden und der süßen Milch seines Landes, von allem, wonach sein Herz sich sehnt. Feierlich und ergreifend hört sich das einfache Grabliedchen an, unter dessen Hersingung die wilden Bari am Weißen Nil den von ihnen sehr geliebten Missionär Angelo Vinko bei Gondokoro zur Erde bestattet haben. Schwermüthig ertönt der Abendgesang von den Lippen der Baggara-Reiter, worin sie den Tod des tapfern furischen Eunuchen Msallim-el-Magdüm in der blutigen Entscheidungsschlacht von Bara und die damit beginnende Unterjochung ihres Vaterlandes durch die Ägypter besingen. In der alltäglichen Lebensbeschäftigung vergnügt sich der Sudanese mit Improvisationen, deren naive Inhaltslosigkeit häufig an die Plaudereien unserer Kinder erinnert. Diese Lieder, welche bei den Negern am Weißen Nil sich um den Gegenstand ihrer Wünsche und ihres Reichthums, um Kühe und Weiber drehen, sind sehr einfach. Sie bestehen meistens nur aus einer einzigen Strophe, die immer wiederholt wird, bis es die Sänger verleidet. Besonders üppig entwickelt sich die Sangeslust beim Topfe der Merissah und der Bilbil (beide Ärten von Kornbier, letzteres stärker als ersteres [tout comme chez nous!]); da sprudelt Witz, und das «in vino veritas» tritt in seine praktische Bedeutung über. Da wird erzählt, gescherzt, und die poetische Volksader, einmal geweckt, improvisiert die schönsten, oft rührendsten Stücke. Der Sudanese singt überhaupt alles, wenn er dazu aufgelegt ist, und singend erzählt er seine Erlebnisse und Abenteuer Daher ist es erklärlich, dass überall die Barden eine Rolle spielen, welche Nanonalhelden, Kriegsthaten u. s w. besingen. Leider ist ihre Wirksamkeit keineswegs von heilsamen Einflüsse. Es sind meist lüderliche, dem Trunk und der Völlerei ergebene Leute. Sie besingen die Thaten und Erlebnisse ihrer Mitmenschen und machen eine rohe Musik zu den unschönen Tänzen. Ganz Sudan und Abyssinien starrt von solchen Leuten. Die Barden sind häufig von Sängerinnen und Tänzerinnen sehr zweifelhafter Natur begleitet. Als Märchen-Erzähler und Possenreißer unternehmen sie weite „Kunstreisen", durchziehen Kordomn, Sennar, Darfur, Wadai u f. w. Eine eigenthümliche Sorte solcher Barden besitzen die Njam-Njam; sie heißen „Nsanga". Dieser Barde tritt in phantastischer Tracht, mit seinem tollen Federputz, seinem bunten Behang mit wunderbar wirkenden Wurzeln und Hölzern, von allem möglichen Plunder, von Producten des Thierleibes, an den Höfen der einheimischen Fürsten ans. Zuweilen verirren sich solche sudanesische Barden nach Ägypten, Arabien, ja selbst nach Constantinopel. In Kairo sieht man sie in zerlumpten und zusammengesuchten Costümen häufig herum-belteln. In Ober-Ägypten und Nubien begegnete ich oft einheimischen Barden, die von den Arabern „Haschasch" oder Hanswürste genannt werden. Nun einige Worte über Melodie und Rhythmus der Sudan-Musik und des Gesanges. Es lässt sich erwarten, dass mit so unvollkontinenen Instrumenten, wie die oben erwähnten, im allgemeinen nur eine wilde, chromatische, nicht selten an Disharmonien reiche Musik erzielt werden kann. Wie bei den Orientalen, sind die Melodien in Moll, und manche entbehren nicht der Schönheit; sie lieben schnelles Tempo; so haben die Dinka-Lieder mit Sechs-Achtel-Takt, die Bari solche Die Musik bei den Negern. 235 mit Vier-Achtel-Takt; so baut sich die eigenartige Melodie eines Bari-Liedes ans fünf chromatischen, in Viertel-Takten folgenden Tönen und deren Versetzungen ans. Eigenthümlich genug für unser Ohr sind die Gesänge der arabischen Sudanesen. Ihre Melodien, deren Sinn schwer herauszufinden ist, bestehen in hundertfältigen Schnörkeln und Trillern. Alle Gesänge zerfallen in Solo und Chor, wobei zur Instrumentalbegleitung am häufigsten die Darabukka dient, die auf keiner Barke und bei keinem Feste fehlen darf. Der Trommler hält die Darabukka unter dem linken Arme fest und schlägt sie mit beiden Händen, wobei der Ton verschieden ist, je nachdem man von der Mitte zum Rande kommt; der Takt ist gewöhnlich in Sechszehnteln indes alle Übrigen in Vierteln mit den Händen klatschen und unisono singen; dieser gellende Chor bewegt sich stundenlang in der Monotonie stets eines und desselben Tones. Nie vernimmt man einen Secilnd oder eine mehrstimmige Harmonie, außer dass zuweilen einzelne Stimmen um ein Terz oder Quart ohne Wissen und Willen abfallen und in einer andern Tonart dasselbe Thema mitsingen, ohne die Disharmonie wahrzunehmen. Es ist oft schwer, Melodien, die einen halbwegs fasslichen Sinn haben, herauszufinden und in taktgerechte Ein-theilung zu bringen. Man kann bald leisem, tremulierenden, näselnden, bald stürmisch lauten, quückenden nnd bi iillenden Gesang vernehmen: stets aber ist er durch eine gewisse Monotonie und Schwermnth ausgezeichnet. Ich habe zu verschiedenenmalen Chorgesüngen der Neger vom Weißen Nil, der Dinka, Bari, Schiluk, Bongo u. s. w. beigewohnt; man muss aber sagen, dass es schwer ist, davon eine Beschreibung zu geben; man bekommt hierbei keinen einheitlichen Eindruck, da das einheitliche Motiv fehlt. Bald ist es monotoner, wilder Choral, bald plapperndes Recitativ, bald heftiges Gebrüll, bald langathmige Schwätzerei in gewöhnlicher Stimme, bald folgen im Wirbel hintereinander ausgestoßene Worte, dann glanbt man schmierige Weisen, nordischen Grabesklängen vergleichbar, zu vernehmen, aber schnell und unerwartet bricht sich wieder die unge-bändigte Lustigkeit und das Ungestüm unermüdlicher Negerkehlen Bahn, und die Contraste platzen unausgesetzt grell aufeinander wie Sonnenschein und Regen. Wie verschieden die musikalischen Anlagen, Musik und Gesang selbst bei den einzelnen Stämmen auch seien, so ist doch etwas für alle gemeinsam Charakteristisches leicht erkennbar. Von Kairo angefangen bis zu den Negern am Äquator ist Gesang und Musik von etwas beherrscht, das für uns fremd, monoton, schwer-müthig klingt. Man kann wohl mit Recht vermuthen, dass dies der Charakter der Musik von alten Zeiten her war: die im Alterthum berühmte Musik in den Tempeln von Theben und Edsu wird wohl kaum viel melodischer gewesen sein, als ein heutiges Concert der Njam Njam- oder Monbuttu-Neger. Dies lässt sich auch aus dem Charakter der Musik in koptischen Kirchen und muselmännischen Moscheen schließen. Die Klage der Weiber bei der Todtenfeier ist im Nilthale durch Jahr Hunderte, ja selbst Jahrtausende wesentlich unverändert dieselbe geblieben. Wie schon die klagenden Weiber die Todten des alten Pharaouenreiches zur letzten Ruhestätte begleiteten und das Haus mit ihrem Wehegeschrei ertüllten, geschieht es noch heute im ganzen Nilthale und bis in das Herz von Afrika hinein. Obwohl bir Islam das Klagen der Weiber beim Begräbnis untersagt hat, so übertrugen die Ägypter den alten Brauch auch in die Religion Mohammed's, und kaum hat der Kranke den letzten Seufzer ausgehaucht, so ertönt das Wülwaleh der Neodabat, das weithin hörbare Schreien der Klageweiber. Weiber und Kinder rufen nach dem Todten: ja sidi, oh mein Herr, ja gerneli, oh mein Kameel, ja säbi, oh mein Löwe, ja abuja, oh mein Vater, ja ezzi, oh mein Theuerer, ja daheli, oh, über mein Unglück! it. s, w Wie in Hunderten von Füllen die Afrikaner, auch die mohammedanischen, reine Gegenfüßler unserer Auffassungen und Gebrauche sind, so sind auch diese Schmerzensäußerungen unsern Anschauungen so iremd, dass ein 236 Die Musik bei den Negern. Uneingeweihter das ganze Gebühren ebenso gut für Freudenbezeugungen halten könnte. Das „Zagharit" der Frauen, jenes eigenthümliche, unbeschreibliche, jedem Notensätze widerstrebende Geschrei, das in hohen Kopftönen und jagenden Trillern besteht, ein zwischen Freude und Trauer schwankendes Gefühl zum Ausdruck bringt, und beim Zuhörer jedenfalls mehr das Gefühl der Trauer als der Freude weckt, ist stets dasselbe: es ertönt bei Hochzeitsfesten und Todesfällen, bei Unglücksbot-fchaften und freudigen Nachrichten stets unverändert dasselbe; wenn man es von der Ferne hört, kann man nicht sofort angeben, ob es sich um einen Leichen- oder Hochzeitszug handelt, erst die Augen können darüber entscheiden. Dieser eintönige Zug beherrscht ganz Gesang und Musik der Neger. Mit Gesang und Musik ist eng der Tanz verbunden und erst bei letzterm kommen erstere in ihrer echt afrikanischen Eigenthümlichkeit zum Durchbruch/ entsprechend dem im allgemeinen heitern und vergnügungssüchtigen Charakter des Afrikaners. Bei Gesang, Musik und Tanz schwimmt derselbe in seinem Elemente. Wie bei den meisten Südländern, dient die kühlere Nacht zur Ausübung dieses Vergnügens; Feuer werden angeschürt, der Biertopf und das Methhorn werden zurecht gerichtet und credenzt. Ohne Trinkgelage gibt es keinen Tanz. Verschiedenartige Tänze werden nach Landessitte nur unter sehr ergiebigen Libationen aufgeführt. Sehr häufig suchen sich die Theilnehmer an Musik und Tanz durch vorherigen reichlichen Genuss in begeisterte Stimmung zu versetzen. Es wäre auch kaum denkbar, dass sie in nüchternem Zustande und ohne ihre Nerven künstlich zu erregen, stundenlang unter rasendem Geheul die aufreibenden Sprünge und Körperverdrehungen aushalten könnten, die bei manchen Tänzen üblich sind. Die im muselmännischen Ägypten und Nubien von bezahlten Tänzerinnen aufgeführten Tänze haben durchwegs unsittlichen Anstrich. Nach muselmännischer Anschauung ist der Tanz des Mannes unwürdig, nicht unwürdig scheint es aber zu sein, seine Augen an den zweifelhaften Aufführungen der Tänzerinnen zu weiden. Ganz anders ist es bei den Negerstämmen. Ihnen gilt der Tanz als etwas Männliches, gerade die Männer tanzen am meisten; viele Tänze werden nur von Männern aufgeführt. Der Neger findet kein Vergnügen am Zuschauen, er will selbst tanzen. Die Tänze finden in Solo, in gesonderten Paaren, die theils nur von Männern, theils von beiderlei Geschlecht gebildet werden, in Gruppen, Schwärmen oder Reihen statt. Bei dem Neger besteht der Tanz nicht allein in rhythmischen Bewegungen der Füße, sondern der ganze Körper, jedes Glied betheiligt sich. Sie marschieren und laufen reihenweise im Kreise herum, machen gewaltige Sprünge, nehmen Kampfesstellung gegen einen eingebildeten Gegner, werfen und fangen Lanzen und schwingen die Schilder, drehen sich in rasendem Wirbel um sich selbst, ahmen Bewegungen wilder Thiere nach, bleiben stille stehen und stampfen auf einmal den Boden, dass er gewaltig erdröhnt; die Zuschauer klatschen, den Gesang und die Musik begleitend, in die Hände. Am besten klingt es noch, wenn Gesang, Musik und Händeklatschen sowie Fußstampfen nach einem gewissen Rhythmus ausgeführt werden. Alle begleiten die Aufführungen mit sonderbarem Mienenspiel. Ich gebe hier eine kurze Darstellung eines Makraka-Tanzes. In einem weiten, nach der einen Seite offenen Kreise umgeben die Tänzer die in der Mitte aufgestellten Musiker. Dem Centrum zugekehrt, den Oberkörper-etwas nach vorn gebeugt, die Arme schlaff vor sich gestreckt, bewegen sich die Füße nach dem Takte, bald trippelnd, bald sie übereinandersetzend, wobei sich die ganze Gesellschaft langsam von links nach rechts fortbewegt. Die Hände werden, bei vorgehaltenem Oberarm, gleichmäßig auf und ab bewegt, als wollten sie das Ausschütten eines Gefäßes mit beiden Händen nachahmen; hierbei wird auch nach dem Takte der laut schallenden Musik von allen gleichzeitig der Kopf von der einen nach der andern Seite geworfen. Der Tanz, anfangs in ruhigem Tempo, nimmt Die Musik bei den Negern. 237 an Lebhaftigkeit zu, der Vortänzer gibt das Zeitmaß an. Nach mehrmaligem Umtanzen des Kreises ändern plötzlich alle durch eine Vierteldrehung nach rechts ihre Stellungen, so dass jetzt die Tänzer nicht nebeneinander, sondern wie im Gänsemarsch hintereinander stehen. In verändertem Tanzschritt Hüpfen sie nun weiter, sich gegenseitig zu immer lebhafterer Thätigkeit anspornend. Alle kreischen, schreien und brüllen, je nach Geschlecht, ans Leibeskräften. Kräftige, unermüdliche Schlüge der Pauken, Rindergebrüll erzeugende Hörner, dazwischen das stoßweise hervorgebrachte Blasen aus kleinen Kürbissen bilden die Grundtöne des meilenweit durch die Wildnis erschallenden Höllenlärmes. Immer rasender wird Tanz und Musik, bis endlich der Mangel an Kräften bei Tänzern und Musikern dem Spectakel ein Ende macht. Derwische, Lolünten 5cs Blnsjfii. Seite 240. Den Gesammteindruck, den die Sudan-Musik cuts mich stets machte, könnte ich nicht treffender beschreiben als mit folgenden Worten des Asrikaforschers Schweinfurth, womit er die Musik der Bongo schildert: „Nie konnte ich mich, so oft ich ihren Festen beiwohnte, des Gedankens entschlagen, dass die ganze Mtisik der Bongo nur den Nachahmungstrieben ihren Ursprung verdankt, welchen der Mensch allen Vorbildern gegenüber zu erkennen gibt, die ihm die große, allmächtige, unüberwindliche Natur vorführt. Solche Orgien machten ans mich immer den Eindruck, als hätten sie den alleinigen Zweck, das entfesselte.Treiben der Elemente zu verherrlichen. Die Gewalt eines Tropen-Oreans zu schildern, muss jedes Instrument, dcrs der Mensch ersinnt, schwach und ohnmächtig erscheinen. Daher die verzweifelten Keulenschläge, mit denen das Fell der Riesentrommel in Schwingungen versetzt wird, sie sollen den „eichenspaltenden Donnerkeil" vergegenwärtigen; die rasende Sturmeseile, das Brausen und Sausen des vom Winde gepeitschten Regens, das 238 Me Musik bei den Negern. vermag nur ein hundertstimmiger Chor der stärksten Lungen andeutend wiederzugeben. Das Gebrüll der geängstigten Waldthiere findet seinen Ausdruck in den Hörnerklängen, die kreischenden Vogelstimmeu in Pfeifen und Flöten; dazu tönt taktbildend das dumpfe Gebrüll der Holzposauneu durch alles hindurch, dem nach-rollendeu Donner vergleichbar. Es rasselt und plätschert in den Zweigen, die hohen Laubwipfel bewegt der Sturm und in dem derben Lederlaube der Gesträuche klappert es von herniederrieselndem Regen — das stellt der Chor der Weiber und Kinder dar, welche die Kürbisflaschen mit den Steinchen schütteln, und der rasselnde Lärm aufeinander geschlagener Hölzchen." Wie wild auch diese Musik sein mag, sie beweist immerhin, dass der Sinn für Musik keineswegs fehlt. Die Knaben Pflegen beim Hüten der Ziegen mit Musik ihre Zeit zu vertreiben. Mit größtem Ernste und sichtlichem Kunstgenuss sieht man sie ihren musikalischen Studien obliegen, und die erfinderische Nutzbarmachung der einfachsten Tonmittel spricht von ihrem tiefen Eindringen in die Geheimnisse der Schalllehre. Durch Tonsinn und musikalisches Talent sind die Neger im allgemeinen den Arabern und Nubiern ebenso überlegen wie an natürlichem Augenmaß und Kunstsinn. Der Neger findet in seiner Musik einen wirklichen Genuss. Es wunderte mich häufig, zu sehen, wie die armen Negersclaven, nachdem sie den ganzen Tag über im Schweiße ihres Angesichtes gearbeitet hatten, bis spät nach Mitternacht noch auf ihre Darabukka trommelten und ihre heimatlichen Lieder dazu sangen. Es ist auch den Negern keineswegs zu verdenken, wenn sie an ihrer heimatlichen Musik mehr Gefallen finden als an unserer europäischen. Der heimische Klang einer Felltrommel elektrisiert viel angenehmer das Ohr des Negers als die künstlichsten Accorde eines Pianoforte: dies ist nicht zum geringsten Theile auf Rechnung der dem Neger angeborenen Vorliebe für alles Heimatliche zu setzen. Unsere Neger verstehen sich indes auch auf europäische Musik. Zwar lässt ihr Vortrag an Eleganz und Feinheit zu wünschen übrig — was eben ihrem gesummten Bildungsgrad in der gegenwärtigen ersten Generation entspricht, der sich in seinen Anfangsstadien befindet —- an musikalischem Sinn und Gehör fehlt es ihnen durchaus nicht. Sie führen beim Gottesdienste gesungene Messen mit und ohne Orgelbegleitung auf; mehrere unserer Neger spielen ganz flott Orgel und Harmonium und sind im Stande, nachdem sie die Anfangsgründe mit Hilfe eines Lehrers erlernt haben, sich selbst weiter auszubilden und zu vervollkommnen. Es ist wirklich rührend, den musikalischen Aufführungen der Neger in den Kirchen und Kapellen unserer Mission anzuwohnen; Gesang und Spiel dieser schwarzen Waisen, ehemaliger Sclaven, ergreift alle, besonders mit Rücksicht auf die Personen der Sänger. Einst wohnte ein europäischer Osiicier unserm Gottesdienste bei. Als er am Schlüsse desselben aus der Kirche trat, sagte er mit Thränen der Rührung: „Noch nie fühlte ich so sehr, ein Christ zu sein, als heute beim Anhören des Negerchores!" Da sieht man unter anderem, welche Umwandlung die christliche Religion am Neger bewirkt. P. Jtaycr Hcycr, F. S. C. UkWkiicilks. ^ußer den bereits in letzter Nummer erwähnten Trauerfeiern und Seelengottesdiensten für weiland Ihre Majestät Kaiserin Elisabeth fanden in unserer Mission weitere statt. Über das feierliche Requiem in der Lerz-Iesukirche gieng uns folgender Bericht zu ans Kairo, 30. September d. I.: Das schreckliche Unglück, das unseren vielgeliebten Landesvater den Kaiser und die ganze Monarchie getroffen, nämlich der schauerliche Tod unserer allerliebsten Kaiserin Elisabeth hat wohl in aller Herzen ein aufrichtiges tiefes Mitleid erweckt. Von allen Seiten strömten dem betrübten Kaiser und seinen Vertretern Beileidsbezeugungen zu, überall, selbst ans den Herzen der Neger stiegen Gebete zu Gott für die ewige Ruhe jener Seele empor. Ja, wenn die Österreicher eine Mutter, so haben unsere Mission und unsere Neger in ihr ihre beste Wohlthäterin verloren. Es war daher wohl billig, dass, nachdem in ganz Ägypten von Alexandrien bis Assuan in allen Städten, wo sich Katholiken oder Österreicher befinden, Trauerfeierlichkeiten abgehalten worden sind, auch unsere Mission in besonderer Weise ihrer Pflicht und ihrem Dank Ausdruck verleihe. Zu diesem Zwecke hielten wir am 26. d. M. ein feierliches Todtenamt für die Ruhe der Hingeschiedenen Kaiserin. Die Herz Jesu-Kirche in Kairo war in tiefe Trauer gehüllt. Lange, schwarze Schleier fielen von den Bogen der Kirchendecke herab. Sämmtliche Altäre waren in ein tiefes Schwarz gehüllt und nur leicht verschleierte österreichisch-ungarische Wappenschilde unterbrachen das tiefe Dunkel. In der Mitte der Kirche erhob sich ein mächtiger Katafalk von unzähligen Kerzen und Trauer-Blumen umgeben. Auf dem mit einem schwarzen Sammttuche bedeckten Sarg prangte eine vergoldete Krone von den „frommen Müttern des Negerlandes" der (Monte Gesira gespendet. Vor demselben befand sich ein großer bronzener ebenfalls vergoldeter Doppeladler; kurz alles ließ vermuthen, dass es sich um unsere hochselige Kaiserin handelte. Die hochgeehrte diplomatische Vertretung erhöhte die Feierlichkeit bims) ihre Gegenwart. Darunter befand sich der diplomatische Agent ad interim Dr. Ra kowski mit seinem Secretär Anton Platt, Dr. Ritter von Puscarini, österr.-ung. Consul mit seinem Personal, Graf Zmluski, österr.-ung. Commissär an der öffentlichen Schuld, ferner die ehrwürdige Schwester Mathilde Lombardi, Oberin des österr -ung. Spitals in Kairo mit den Spitalsschwestern, mehrere vornehme Persönlichkeiten der österr. Colonie und eine Menge Volkes. — Über dem Eingangsportale befand sich eine lateinische Inschrift folgenden Inhaltes: Elisabethae Imperatrici Austriae ac Hungariae Reginae Pacein et Requiem precatur Missio Africae Centralis. Um 9 Uhr, als die Herrn ihre Plätze eingenommen, begann das vom hochw. P. Oberen celebrierte Todtenamt. Musik und Gesang wurden von den Negerknaben der Colonie Gesira unter Mitwirkung einiger Patres auf's Beste ausgeführt. Es wurde die feierliche dreistimmige Requiem-Messe des wohlbekannten hochw. Herrn Propstes Ignaz M. Mitterer unter der Leitung des guten Bruders Placidus und Orgelbegleitung des hochw. P. Wilhelm Banholzer sehr gut §40 Verschiedenes. wiedergegeben. Versteht sich, dass die Angehörigen der Negercolonie Gesira nicht fehlten, sie füllten die Chöre der Kirche. Ceremonien sowohl als Gesang machten auf die ansehnliche Versammlung einen tiefen Eindruck. Am Schlüsse der Feierlichkeit dankte der diplomatische Vertreter dem P. Oberen des Hauses sowohl als auch allen andern Anwesenden für die werte Theilnahme. Möge Gott die Gebete so vieler, von aufrichtigster Theilnahme erfüllten Herzen erhören, der hochseligen Dulderin den ewigen Frieden verleihen, und unserem tiefbetrübten Monarchen die Kraft geben, diese schwerste aller Heimsuchungen mit heroischer Ergebung zu ertragen. P. Heinrich Seiner, S. b. h H. Wüstenblüten am Zarge der Kaiserin. Unter den Kranzspenden für . den Sarg der Kaiserin Elisabeth befand sich eine solche der österreichisch-ungarischen Colonie in Kairo. Diese Widmung war wohl eine der sinnigsten. Der Kranz bestand nur ans Wüstenpflanzen, aus mehr als tausend Jerichorosen, dem altchristlichen Symbol des ewigen Lebens, und ans Zweigen der uralten Sykomore (Wild.-feigenbaumt, unter welcher, nach einer schönen und frommen Legende, Maria mit dem Jesuskinde auf der Flucht in Ägypten geweilt; der altehrwürdige Baum wird von vielen Pilgern besucht. Die lateinische Widmung des prachtvollen Gewindes war vom hochw. P. Ohr Walder versasst und lautete: „Auch die armen Wüstenblüten senden Dir ein Lebewohl!" Unsere gS t C 6 e r. Wir bringen unseren Lesern zwei Bilder ans dem letzten Kriege im Sudan. Auf Seite 227 sehen wir ein Zeltlager ägyptischer Soldaten, welche an der Sudanexpedition theilnahmen, und ans Seite 237 stellen sich uns Soldaten des Mahdi und seines Nachfolgers in ihrer aus verschiedenen Stoffen und Lumpen zusammengenähten Kleidung vor. Dies und ihre affectierte Armut brachte ihnen den Titel „Derwische" ein. — Jetzt gehören diese Gestalten nur mehr der Geschichte an. Die tanzenden Derwische in der Moschee Ll-Akbar in Kairo. Über die Derwische, ihre Orden und Secten, ihre Lehren, Regeln und Ceremonien haben wir in Nr. 4 dieses Jahrganges Seite 90—94 mehrere Einzelheiten angegeben. Die bekanntesten sind die tanzenden oder drehenden und die heulenden Derwische. Jeden Freitag nach dem Mittagsgebete kann man in Kairo die tanzenden und heulenden Derwische sehen, letztere in der Moschee Kasr-el-ain, erstere in der Moschee El-Akbar. Unser Bild auf Seite 233 stellt uns die tanzenden Derwische in der Moschee El-Akbar in Kairo dar. Die mit einem nnterrockartigen faltigen Gewand bekleideten Derwische schwingen sich bei den Klängen theils kreischender, theils klagender, in beiden Fällen misstönender Musikinstrumente aus glattem Boden, die Arme nach oben streckend, und drehen sich mit immer zunehmender Geschwindigkeit um sich selbst und zugleich um eine vorgeschriebene Kreisbahn und zwar in immer kleiner werdenden Kreisen, bis die ganze Gesellschaft einem durcheinanderwirbelnden Knäuel wahnsinniger Menschen gleicht; sie drehen sich oft gegen eine halbe Stunde, ohne auszuruhen und ohne ein Zeichen des Schwindels oder der Ermüdung zu zeigen. Auf dem Bilde scheinen sie bereits im Zustande der höheren Ekstase angelangt zu sein. Die Derwische sind auf den Besuch der Touristen eingerichtet und stellen außerhalb des eigentlichen Gebetsraumes Stühle für die Fremden ans. Von den Galerien aus sehen orientalische Frauen dem Schauspiele zu. Während die Muslim der wüsten Aufführung mit religiöser Scheu und Andacht beiwohnen, wendet sich der Europäer mit Mitleid und Ekel von dieser Art von Gottesverehrung ab. Für die Redaction: P. ck'aller Geyer, F. S. C. — Druck von A. We ger's fb. Hofbuchdruckerei, Brixen. A»f»»h«MilWW>l in loiipcgatimi in S'dljnc its |tili||ci Ktiitns Its». Die Congregation besteht aus Ordenspriestern und Ordenslaienbrüdern. Es werden in dieselbe außer Priestern aufgenommen Studenten und Laienbrüder. Hiezu wird von der Regel erfordert: 1. Für Studenten: dass sie wenigstens 16 und nicht über 34 Jahre alt, von guter körperlicher Gesundheit, hinreichenden Fähigkeiten, gediegenem und beständigem Charakter, von habituell guter Aufführung, frei von Schulden und Familienhindernissen sind; ferner, dass sie nie in Missionen gewesen sind und nie einer anderen geistlichen Genossenschaft angehört haben, dass sie den aufrichtigen Willen besitzen, Ordensleute zu werden und sich für immer der Mission zu weihen; dass sie so viele Studien gemacht haben, um regelrecht der Philosophie und Theologie sich widmen zu können, zum mindesten jedoch, dass sie die 3. Ghmnasial-classe absolviert haben. 2. Für Laienbrüder: dass sie das 20. Jahr vollendet und das 30. nicht überschritten haben, feste Gesundheit und körperliche Kräftigkeit, offenen Sinn und gesunden Verstand, Kenntnis irgend einer mechanischen Kunst oder eines Handwerkes , genügenden Unterricht und Befähigung, um an Ort und Stelle fremde Sprachen zu erlernen, besitzen; dass sie von bürgerlichen und militärischen Verpflichtungen und von Seite ihrer Familien frei sind, keine Schulden oder sonst Verpflichtungen welcher Art nur immer haben; dass sie noch nicht in Missionen gewesen sind und keiner anderen geistlichen Genossenschaft angehört haben; vor allem aber, dass ihre sittliche Aufführung derart ist, dass man mit Grund Gutes von ihnen hoffen kann. Alle müssen zwei Jahre Noviziat machen, worauf sie, wenn nach dem Urtheile der Obern kein Hindernis entgegensteht, die heiligen lebenslänglichen Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams ablegen. Die Studenten setzen dann ihre Studien für das Priesterthum fort. Beim Eintritt in die Congregation muss jeder eine bescheidene Ausstattung an Kleidung und Leibwäsche mit sich bringe» und soviel Geld, als zur Rückkehr in die Heimat erforderlich ist, wenn solche aus einem triftigen Grunde sich als nöthig erweisen sollte. Nach ihrem Eintritte, seien sie Studenten oder Laien, übernimmt das Institut ihre Versorgung in allem Nöthigen, in Gesundheit und Krankheit, wie für seine Söhne. Behufs Aufnahme in die Congregation ist an den?. Rector des Missionshauses der Söhne des hlst. Herzens Jesu in Mühland bei Brixen (Tirol) Folgendes einzusenden: 1. Ein Aufnahmsgcsuch mit kurzer Lebensbeschreibung und der Erklärung, Ordensmaun und Missionär für die Neger lebenslänglich sein zu wollen; 2. das Tauf- und Firmungszeugnis; 3. ein -ittenzeugnie, ausgestellt vom eigenen Pfarrer; 4. ein ärztliches Gesundheitszeugnis; 5. (bei Minderjährigen) die Zustimmungserklärung des Vaters oder Vormundes; 6. (bei Studenten) die Zeugnisse der absolvierten Gymnasialclassen, besonders bet Ie(3t>n * 7 (bei Laien) im Gesuche angeben, ob sie ein Handwerk verstehen. ------4#^»----------- ždmui nnb Ealjnnuntbanet* in Afrikn. er Islam ist bekanntlich einer der Haupttrügcr der Sclaverci in Afrika Es kommt vor, dass ylM die heidnischen Neger Sclaven rauben und verkaufen; cs geschieht dies aber hauptsächlich 5^3» nur im Kriege. Die Araber hingegen betreiben dies als ihr Geschäft und die überwiegende Mehrzahl der professionsmüßigen Sclaveuräuber- und Händler sind Mohammedaner und Araber. Vor allem ist zu wissen, dass die Araber die Sclaverci als eine von Gott selbst gewollte Einrichtung ansehen. Rach ihrer Überzeugung ist der Schwarze ein von Gott zur Sclaverci bestimmtes Wesen und alle Länder der Schwarzen sind Jagdreviere zum Bezüge der Menschen-lunre. Eine Gleichberechtigung zwischen Schwarzen und Weißen, Sclaven und Freien erkennen sie nie und nimmer an. Oft sprach ich mit Mohammedanern über die Sclavenfrage und suchte sie zu überzeugen, dass es unrecht sei, jemanden zum Sclaven zu machen; es gelang mir in keinem Falle; ich musste stets zur Ansicht kommen, dass ihnen die Sclaverci ebenso imtnrgemäß erscheint als uns widernatürlich. Einst fragte ich einen gelehrten Gadi: „Ist es nicht unrecht, einen Neger zum Sclaven zu machen?" „Nein, es war so schon zur Zeit des Propheten." „Ist es nicht unrecht, einen Menschen der Freiheit zu berauben?" „Die Schwarzen haben kein Recht auf Freiheit; sie verstehen dieselbe nicht. Sie sind nicht Menschen wie wir und haben eine von der unserigen verschiedene Seele; sie sind von Natur aus schlecht und auf das Schlechte bedacht." „Schlechte gibt es überall, auch unter Euch!" „Ja wohl, aber wir stub nicht alle schlecht; die Neger sind es alle ohne Ausnahme; ihre Natur ist schlecht und von der unserigen verschieden. Höre! Vor einigen Tagen kaufte ich einen Sclaven für 45 Thaler und schickte ihn zur 'Arbeit auf das Feld; gestern nun lief er mir fort. Ist das nicht schlecht? Nachdem er für 45 Thaler mein Eigenthum geworden war, entlief er mir. Das ist Schlechtigkeit, und so sind sie alle." „Vielleicht entlief er, weil er schlecht behandelt wurde?" „Nein, er war gut behandelt, wie ein Sohn des Hauses!" „Vielleicht entlief er, weil er seine Freiheit wollte, die ihm genommen worden war?" „Er hat keinen Anspruch ans Freiheit; er ist wie der Ochs zum Ziehen, zur Sclaverci geboren." Nun fragte ich den Richter: „Wenn man Dich verkaufen würde, wärest Du damit zufrieden?" „Wenn Gott mich zum Sclaven bestimmt hätte, so müsste und würde ich zufrieden sein. Oder beklagt sich eine Frau, weil Gott sie nicht als Mann erschaffen? Oder ein Esel, weil er nicht ein Pferd geworden ist? Wer will sich gegen Gottes Bestimmungen auflehnen?" Im Sudan bestand unter dem Regime des Mahdi und seines Khaljfcn Abdullah! der Islam in strengster Form und gerade dort blühte der Sclaveuhandel mehr als sonstwo. Die Araber, und Nomadenstämme der Baggara, Djellaba, Danakla, Arab Home u. s w. trieben Negerraub und Sclavenhandel als Profession Aus den an der Grenze der Negergebiete errichteten Stationen begaben sie sich in Truppen auf Pferden, Stieren, Kameelen und Eseln reitend unter die Neger, umringten die Dörfer, forderten den Eltern die Kinder ab; was sich zur Wehr setzte, wurde niedergemacht, die Verkaufs- und Marschfähigen gebunden und fortgeschleppt. In kurzer Zeit ver-schwinden blühende Ortschaften Auf dem Transporte, der Monate dauert, ereignen sich schreckliche Scenen. Wohl die Hälfte der Menschenbeute erliegt. Auf dem Transporte, beut einer unserer Neger angehörte, befand sich eine etwa zwanzigjährige Negerin: sie war ihrem Manne entrissen, dieser selbst niedergeschossen worden. Während des Marsches gebar sie. Gleich nach der Geburt tvurde sie, das Neugeborene auf dem Arme tragend, vorangetrieben Als das Neugeborene stets wimmerte und die Mutter am Marsche hinderte, sprang ein Araber hinzu, riss es von der Mutterbrust, packte es bei den Füßen, schwang es und schlug cs mit dem Kopfe gegen einen Baum, so dass Blut ltnb Gehirn auseinander spritzte. Thränenden Augen blickte die Mutter auf die verstümmelte Leiche ihres Kindes, sank in Ohnmacht nnb blieb todt liegen. — Ein Negerknabe warder Heimat und den Eltern entrissen worden; auf dem Transporte durch die Wüste verlangte er weinend nach seiner Mutter; der Araber erstickte seine Bitten mit Peitschenhieben. In der Nacht band ihn der Araber an die eigenen Füße, damit er nicht entfliehen könne; der Knabe erwachte aus schwerem Schlafe und wimmerte: „Mutter, wo bist Du!" Entrüstet, im Schlafe gestört zu sein, sprang der Araber auf, löste den Knaben los, trug ihn aus bent Lager hinaus, erwürgte ihn und schleuderte die Leiche weit von sich in den Sand — es trat Todtcnstille ein, die Stimme der Natur schwieg für immer. — Doch genug! Gott allein sind die entsetzlichen Grenel bekannt!