1220 Erscheint jeden Samstag abends. Schnstleitung und Perwaliun,: Pr^ernova ulica Nr. ft. Telephon St. - «u t a n d i gu» g e» nimm: di« Leiwaltunq gegen Ber-ehninq billigster Gebühren entgegen. Bezugspreis: Vierteljährig K 10.—, halbjährig K so.—, ganz>ährig K 40.-. Fürs Ausland mfpredjimbe Erhöhung. — (Sin;«Int Nummer« »o Heller. Nummer 1 Samstag den 3. Jänner 1920 ^2.^ Jahrgang An unsere Abnehmer und Leser! Unser heutiger Leitartikel versiel zur Gänze der Beschlagnahme;' wir veranstalten datier eine neue Austage. Die Schristleitung und 5*erwaltunt! der Cillire Jtrttntiß. öif Hädiuniiiörrrr ai>s Amerika. Wer hui!« eine Reise im Expreßzuge Paris— Belgrad macht, wir» die Wahrnehmung mache», daß der ganze Zug mit Rückwanderern auS Amerika besetzt ist, eine Erscheinung, welche umso mehr ans-säll», als dieser Zag nur erste Klaffe fuhrt. welche sonst von »en Rückwanderern, die im allgemeinen an ein Leben voll Entsagung gewöhn» find, nicht benutzt würd«. Schon »ieser U »stand wird den Reisenden nach-denklich stimmen und er wird erst rech! zum Nach' deuten angeregt, wenn er sich in ein Gespräch mit den Rückwanderern einläßt. Er erfährt da, wie eS Z>ie Herzogin von Imota. Bon Kurt Dürjer. • Die allen Ehrvniken der italienischen Städte sind mehr al« trockene Geschichte und sachliche No-tizen ; sie lesen sich oft wie »nie berauschende Legende der Leidenichast; in ihnen hat neben den städtischen Ereignissen unv den Vorfällen im Lande die Liede Platz; Novellen. Dramen, Romane sind eingesprengt in den histviischen Bau. Zwischen Rechnungen und statistischen Zahlenreihen tteht eine glühende, wilde Fabel. In daS Geschick der Stadt eingewebt die seltsamen und leidenschaftlichen Schick-iale vieler Einzelner, Liebender, Hassender, ?!ach-sichtiger. Wahnverstörter. So steht in dem alte» Buche einer Stadt auch die Geschichte der jungen Herzogin r>on Jmola, eine sehr kurze, gar nicht komplizierte, ereignislose Ge> schichte, die in trockenen Worten von dem schuldlosen Ende rim reinen Seele erzählt. NichtS wird erklärt, ausgeschmückt oder oualysieit. Der Bericht soll für sich spreche». Die Uebernahme tnS gründlichere Deutsch erfordert einen anderen Ausdruck. Der clle Herzog von Jmola. der mit semer noch älteren unverheirateten Schwester seinen schönen, wohlgemessenen, standhafte» Palast in der gleichnami« gen Stadt Ixwvhnlr, hatte aus einem Medizeerfest in Florenz die sehr junge Tvchler eine» nicht gerade reichen, aber wohlhabenden Herrn von AvaleS * 2luS eine« rclchhaitiqe« Bändern gleichen Zilelö, da» ftdi NJoe'Un be* Tichterj enthalt. (Verlag Ncutz t. Jlta. Äonltanj i. B.» unseren Landsleuten während ves «riegeS in Amerika ergar.gen ist, wo und was sie gearbeitet haben, wi^ durch die Nachfrage noch Arbeitskräften ^ie Löhne in die Höhe gegangen sind, was sie verdienten und auch was sie sich bei ihrer bescheidenen Lebensweise ersparen konnten. Diese Ersparnisse betrogen stet« eisige tausend Dollar» und bilden die Grundlage ihrer Existenz. Schon vor Monaten haben verschiedene Zeitungen berichtet, daß viele tausend Landsleute in Amerika ihrer Rückbeförderung in die Heimat harren, und haben daran d!e Erwartung geknüpft, daß durch diesen R Lckslrcm unserer Londslente sehr viel gutes Geld hereinkommt und daß sich dadurch nicht nur unsere Valuta besser», sondern auch die eingeführten Waren verbilligen würden, da uns doch das gute Geld unserer heimkehrenten Landsleute für die Öc< zahlung der Waren zur Verfügung stünde. Der Rückstl«m der seinerzeitigen Auswanderer dauert nun schon Monate, doch ist weder eine Besse-rung der Valuta, noch eine BerbiNrgung der ans dem Buslande benötigten Waren eingetreten, ja im Gegenteil, unser Geld wird von Tag zu Tag schlechter und die Bedarfsgegenstände immer teurer. Eine Besfeiung in diesen Verhällnissen ist als» von den Rückwanderern a»S Amerika nicht zu erwarten und wird es daher gut sein, diese uns a»sg:tiichtr Hoff-nnng ein für allemal zu begraben. Wa§ haben wir aber von unseren heimkehret!-den Vaubolcutcn zu erwarten und welchen Nutzen bringt uns ihre Rückkunft ? Wenn man annimmt, daß "ch die Ersparnisse eine« Mannes durchschnitt-lich ans nur 5000 Dollar belaufen, so gibt dirs bei dem heutigen Stande unferer Valuta einen Betrag von K 450.000 bis 5,00.000, eine Summe, die deu kennen gelernt. Er erbat sie vom Vater zur Gattin, und sie wurde ihm gern übergeben. Sie selbst hat Ja gesagt, denn in ihrer sechzehnjährige» Jugend war ihr der Mann noch nicht begegn.!, der sie zur Kenntnis der Liebe hätte gelangen lassen können. Sie folgte also ihrem neuen Herrn, denn wie sie bisher ihren Valer nur als Herr» über ihr Dasein geachtet und verehrt halle, so sah sie auch in dem Gatte» nur mehr den Nachfolger der Gewalt über sie, in das stille abseitige Städtchen und wurde ihm eine treue, folgsame. aber kühle Frau. Große Gesühle wurden in ihr nicht geweckt, ihr Leben wurde kaum aus seiner bisherigen, gleichgemessenen Richtung bewegt, denn ihre Jugend hatte sie von dem immer festliche» und frohen Treiben tes Flo-rentlner Adels noch ferngedalten. Nur vermißte sie die liebliche, heilere umbrische Landschaft. Die Hügel mit den kühlen Tälern, die Wälder ans de» Bergen, wohin sie mit den älteren Fronen des öfter» ge« fahren war. H er war daS Land eben, trecken und melancholisch. Der Apenin verlor sich am Horizont, daS Flüßchen war still und schmal. Ihr Trost war es, bisweilen mit dem Gefolge ihrer Dienerinnen om Palaz^o Ptterlii» vorüber zu promenieren, der eine treue, nur vetkleinerte ttopie deS Paluzo Strozzi in Florenz war. Dann erinnerte sie sich dn Heimatstadt mit einem Gefühl. als hätte sie dort Glück und Jugend zurückgelassen. Ihr Galle umgab sie mit all?» Etsindu-gen der Zärtlichkeit, er lieble sie. wenn uicht mit der ÄTsllt, so doch mit allen Wünsche» und allem Un- meisten der Rückwanderer ;u Kopse steigt und ste dritflsschui macht; denn sie glauben, daß sie bei einem so großen mSzru e? uicht Mthe »iT'g hltben. in der Heimat noch arbeiiei^ und überlasse» also auch weiterhin dir Atbeil den im Lande verbliebenen Menschen. % \ Die ersparten Dollars haben V? Rückwanderer bei Geldwechslern oder Banken eingewechselt, di« wieder die Dollars an Balulasammler oder Äaluia-schieb« weitergegeben haben, ohne daß daraus der Staat Nutzen gezogen bälte. Der Rückwanderer aber, der glaubt, insolge seines Reichtums nicht mehr arbeiten zu müssen, trägt zur Verteuerung der Bc-darsSzegenslände bei, da er die Nachfrage nach Schuhen, Kleidern, Wäsche, nach Lebensrnitteln, kurz nach allem, was wir brauchen, vermehrt und die vermehrte Nachfrage erfahrungsgemäß eine piezs-steigernde Wirkung ausübt. So sehen wir leider, doß unS die Rückwanderer au« Amerika in unserer traurigen Lage keine Hilfe bringen, ja dieselbe noch verschlechtern, wenn ste nicht auch zur Arbeit greifen, die sie ja gewöhnt sind. Unser Staat kann aber nur dann einen Nutzen von veo Rückwanderer» habe», wenn sie auch in der Heimat arbeiten und da» Nichtstun ausgeben, denn nur vermehrte Arbeit kann hie? helfen. Millderheitgschilt!. Die über deutsche Bewohr.er dieses SloateS »erhängen Gefchäftsanisichten. Sequestrationen und Steuetfluchtkautionen sind noch immer nicht aufze-hoben; es scheint vielmehr, daß diese Einrichtung der Unfreiheit noch weitere» Umfang annehmen soll. Da» diese Maßregeln eine» Crs»lg im Sinne der Verordnung gezeitigt hätle», haben auch unsere schärfsten Widersacher »och nicht behaupte» könne«. gestüm der Jugend. Und hinzu kam die Eifersucht d?S Greises. Ee begann feine ahnungslose jnnge Frau sorgfältig zu überwachen, er schränkte seinen Verkehr ei» und hätte am liebsten nur den allen Blschos von Jmola bei sich gesehen. Die wenigen jungen Leute der Sladt verbannte er aus feinem Hauie, und selbst die Frenndinen seiner Frau suchte er unier den Matronen ans. Obschon er gerade die sechzehn Jahre seiner Fraa liebte, hätte er doch gewünscht, sie wäre alt wie er, damit nicht die Wünsche der ersten Jugend mehr in ihr glühten. Seine Bangigkeit wurde verstärkt durch die Reden seiner Schwester. Die war beim ersten Blick aus ihre BruderSsrau von rälselhastem Haß befallen worden. Unvermählt geblieben, weniger aus Wunsch nach Ehelosigkeit, als weil ihre harte und bittere Art kein-n Freund gesundcn hatte, beneidete sie dieses junge, schöne Geschöpf, das geboren schien, um geliebt zu werden. Da scheinbar sollten die Befürchtungen der beiden Alten recht behalten. Emilie war etwa zehn Monale die Frau des Herzogs, als sie plötzlich ihr Wesen andeile. Bisher sonst sreuudlich, gleichmütig und ^lassen heiter, erschien sie über Nach', schwer-mutsvoll, unruhig, ängstlich und scheu. Sie errötete, wenn das Wort au sie gerichtet wurde, sah nach der Tür, als wolle sie fliehe« oder erwartete sie einen unoerhofften Eintrilt einelt ^liebten, wurde schmal und bleich und ihre Hände schienen selbst zu müde, einen Löffel o^er Bischer zum Munde zu iühren. DaS alte Mädchen nahm den Bruder beiseite, ou Cil l ie r «Leitung Regierung, einen Vertreter in den deutschen Staatenausschuß zu entsenden; allein schon damals machten sich in Wien starke Einflüsse gegen den Anschluß geltend. Sie gingen einerseits von einer politisch allerdings wenig bedeutende» HabSburgergrupp«, andererseits aber von weit einflußreicheren Vertretern der allen österreichische»» Schwerindustrie und der Wiener Banken ans, die den Wiederzusammenschluß der Nachsolgerstaatea auf wirtschaftlicher Grundlage an. strebten. Diefe Widerstände wären indessen nicht ausreichend gewesen, wenn nicht die sozialdemokratische Partei mit politischen und taktischen Fehlern den Gegnern in die Hände gearbeitet hätte. Sie mach e denselben Fehler, den di« Regierung des alten Oesterreich-Ungar» im Kriege gemacht hatte: |stuit sich von der deutschen Politik einfach ins Schlepptau nehmen zu lassen, machte die Wiener sozialoemo-kratische Parteileitung Politik aus eigene Faust, in» dem sie im Gegensatze zu den Mehrheitssozialisteil in Deutschland in der Frag« der Sozialisierung sowie hinsichtlich der Beziehungen zu der bolsche-wisttfchen Bewegung überhaupt ihre eigene» Wege ging. So ungerechtfertigt der Vorwurs ist, daß die sozialdemokratische Parteileitung Deulschösterreich» nur den Anschluß an ein sozialrevolutivnärcs Deutsch-land gewünscht habe und ihr Eifer für den Anschluß nach der Niederwerfung deS Berliner Spartakisten-a»fstanveS raich erkaltet fei, so wenig läßt sich leuguen, daß die sozialdemotratische Parteileitung ihre Kräfte weit überschätzte, al« sie Anschluß und Sozialrevolulion durchsetze» zu können vermeinte. Es ist ihr weder das ein« nach daS andere gelungen, zumal da sie auch den taktischen Fehler beging, beide Ideen durch eine und dieselbe Persönlichkeit in der Regierung und gegenüber der Oesseittlichkeit repräsentieren zu lassen, durch den Staatssekretär des Aenßern und Präsidenten der SozialisierungS» kommifsion Dr. Bauer. Auch in Wien war bereits zu Beginn 1919 weitaus die Mebrheit der Bevölkerung — wie d«r Ausfall der Wahlen in die konstituierende National-Versammlung zeigte — für den Anschluß; allein die große Mehrheit der nichtsozialdemokrattscheu An-schlußsrninde stand den SoziaiisierungSplänen Dr. Bauers durchaus ablehnend gegenüber und so verminderte der SozialisierungSminister Bauer täg-lich die Zahl derer, auf die sich der Anschlußminifter Bauer hätte stütze» können. Falls der französische Gesandte Allize anfangs AprilZmit dem Auftrage nach Wien gekommen war, den Anschluß zu verhindern, so konnte eS ihm unler diesen Umstände» nicht allzufchwer fallen. Er brauchte nur Frankreich als den Gegner der SozialisierungSpläne Dr. Bauer» hinzustellen, um dessen Stellung innerhalb der Regierungeloalition mit Erfolg zu untergraben und dann M't dem SozialisierungSminister auch den Anichlußminister zu stürzen. Mit Hilfe eine» erheblichen Teiles' der Wiener Preffe wurde dieses Spiel auch w't umso glänzenderem Erfolge durchgeführt, ai« innerhalb der Regierung selbst kein rinheillicher fester WiUe zur rechtzeitigen Lösung der Anschluß- ^Nummer 1 frage vorhanden war. Möglicherweise war e» nn Fehler gewesen, die Frage bereit» im November 1918 anzuwerfen. Nachdem die» aber einmal geschehn, war, mußte der Beschluß der Nationalversammlung vom November auch durchgeführt werden, wen» nicht Nationalversammlung und Regierung jedes Ansehe gegenüber dem Auslande verlieren sollten. BerettS die Aeußmittg Dr. Renners vo« 13. Februar ließ erkennen, wie schwankend die Haltung der Regierung in der Anschlußsrage ge worden war. Renner sprach damals davon, daß der Anschlnß sich in drei Firmen vollziehen könne: entweder durch einen Beschluß der durch deutsch-österreichische Delegierte verstärkten deutschen National-Versammlung, oder durch zivei selbständige, aber vereinbarte parallele Gesetze der beiden National-Versammlungen, oder endlich durch einen zwischen beiden Staaten abzuschließenden SlaatSvertrag. Doktor Renner sprach sich persönlich für letzteren aus, bezeichnete aber gleichzeitig di« Schaffung eines UebergangSstadiiimS als unerläßlich, wodurch die rechtzeitige Lösung der Anfchlußfrage von vorne» herein ausgeschlossen werden mußte. Die Verhandlungen, die dann Ansang fcpril w Weimar gejährt wurden, ergaben zwar i» einer Reihe von wichtigen Einzelfragen vollste Uebereinstimmung, führten jedoch zu keinem Abschlüge, da — wie man sich in politischen Kreisen enählte — die deutschösterreichische Regierung sich genötigt sah, »n finanzieller Beziehung Forderungen z« erheben, die Deutschland nicht ersüllen konnte, von deren Erfüllung jedoch Wiener einflußreiche Finanzkreife ihre Mitwirkung abhängig gemacht hatten. Die Entsendung vo» sünj Delegierten in den deutiche» Verfassungsausschuß am 24. April Halle unler diesen Umständen nur mehr formelle Bedeutung, die Anschlußfrage war bereits auf ein Nebengelelie geschoben, zumal da Dr. Bauer statt der deutsch:» Kart« nunmehr die italienische in sein Spiel gemischt hatte. Am 14. April balle Wilson seine Adriabot-schifl erlassen, durch die die Liquidierung der öfter« reichischen Konkursmaise außerordentlich erschwert wurde. Wilson hatte die Zuteilung Fiumes an den südslawischen Staat verlangt und wollte Italien dafür durch Deut'chsüdNrol entschädigt wissen. Daß dieser Tausch den Wünschen Italiens nicht entsprach, war bekannt und daraus ergab sich die Idee, durch ein Einvernehmen mil Italien zu einer zweckmäßigeren O'dnung der Dinge zu gelangen. In noch stä lerem Maße als die Tiroler LandcSpolilik .finde Dr. Bauer durch diese Erwägung b-einflußt. Italien war es vor allem um die möglichst nahe Heranschiebung seiner Grenze» an Deutschland zu lun und au» diesem Grunde unterstützte es auch den Gedanken deS AnschlusskS Demichösterreichz an Deutschland. Statt aber nun daran festzuhalten, daß Deutsch-südtirol nur durch deu Anschluß DeutschösterreichS an Deutschland gerettet werden könne, glauiue Dr. Bauer den Anschluß durch die Erhaltung Süd-tirois retten zu können und orientierte seine Politik so vollständig nach der italienische» Seile hin, daß Seite Ä Denn einerseits wurde dadurch der Vermögens Verschleppung in» AuSlaud kein Riegel vorgeschoben, andererseits ist auf diese Weise die Arbeitsfreudigkeit der Unternehmer und die Betriebssähigkeit der ge-maßregelten Werke sicherlich eiugeschränkt worden, waS zum allgemeine» Nachteil aufschlagen muß. Unter solche» Voraussetzungen kaun man diese Frage nur mehr unter dem Gesichtspunkte des Minderheit?-schütze« ansehen; speziell ist im ZriedenSvertrage die Freizügigkeit der HeimatSberechtiglen aus dem frü-deren Oesterreich ausgesprochen, so daß die Steuer-flnchlkaulionen auch auS diesem Titel von Rechts* wegen aufgehoben werden müßten. Da wir nicht zweifeln, daß der größte Teil der slowenischen Be< völkerung auf dem Standpunkte der Mitarbeit mit den Deutsche» steht, so wird es die maßgebenden Stellen nunmehr hoffentlich keine besondere Ueberwindung mehr kosten, die der deutschen Minder-bett zugesüglen Ungerechtigkeiten, die in letzter Linie ja auch die Allgemeinheit schädigen, zu beseitigen. Wir beschränken uns hiebei absichtlich aus eine rein sachliche Darstellung, obwohl diese Einschränkuug der persönlichen uud wirtschaftlichen Fre'heit nicht bloß unter den Betroffenen, sondern unter allen Deutschen im Staate die bittersten Gefühle hervor-geruie» hat, da wir ganz out wissen, daß wir die Schwächeren sind. Schließlich wollen wir nur noch sage», daß einem Slowcnen.in der srüheren Monarchie niemals etwas auch nur aunähernd AehnlicheS widerfahren ist. Dir ilnswärtigr Politik Drutschöllrrrrichs im Jahre 1919. Die wichtigste Aufgabe, die sich Deutschösterreich zu Beginn des Jahres 1919 aufdrängte, war die Lösung der BersafsungSfrage und damit gleichzeitig auch die Durchführung de» Anschlusses an Deutschland. Aus sich allein gestellt, halte DentschSsterreich selbst in den von der Nationalversammlung nach dem Lusammenbruche angenommenen Grenzen nicht die Möglichkeit eines eigenen wirischastlichei Leben«; überdies konnte niemand darüber im Zweifel fein, daß Deutfchösterreich mit Deutschland vereinigt bei den FritdenSverhandlungen mit der Entente besser abschneiden würd«, als wenn eS isoliert in diese Verhandlungen einträte. Die Anschlußslage war für Deutschösterreich eine Lebensfrage und aus dieser Ueberzeugung heraus hatte die deutschösterreichische Nationalversammlung bereits im November 1018 sich grundsätzlich sür den Anschluß ausgesprochen. War damals der Anschluß an dem Widerstände des Führers der Unabhängigen Haase gescheitert, so schien dieses Hindernis nach der Unterdrückung deS SpartalistenauSschufseS weggcsallen zu sein. Im Februar entsprach auch rer dkntfchöster-reichische Staat »rat der Aufforderung der deutschen wies aus die melancholische junge Frau und sagte Tag für Tag mil einer >n Haß eindringlichen Flüste,stimme: „Siehst du nicht, Remigio, daß sie verliebt ist? Hat sie nicht alle Zeichen einer liebe»-krallen Frau? Sitzt am Fenster, starrt hinaus, wird rot und blaß, ißt nicht, schläft nicht, wende« sich »on dir ab. fchauvert vor dir. Merkst du es nicht? Sie haßt dich! Remigio, ste sinnt aus deinen Tod." Der alte Herzog erschauerte in Zorn und A»ßft. „Wen könnte sie lieben?" schrie er wutver-zerrt. „Wer kommt zu nnS?" E» kann nur ein Junger sein. Alt bin ich! Sie ist eingeschlossen »nd bewacht." »der die Schwester lachte höhnisch. „Verliebte, Remigo, Verliebte finden immer zu einander. Einer listigen Frau ist das Unmögliche möglich. Sie betrüg: dich, sie gehört einem anderen.' An einem Abend ritt der Herzog davon, nach-de« er sich für «ine längere Adwefenheit verab-schiedet hatte. Er wollte deu Liebhaber feiner Fiau ertappen. Mitten in der Nach' kehrte er z» z»ß zurück, schlich wie ein Nebenbuhler zum Palast seiner Bäter und sah Licht im Schlasgemach ErniliaS. Er stürzte durch die offene Tür hinein und sand seine Frau beim Schein der Lellampe, wuch im zerwühlte» Bett. Er raste im Zimmer, stach mit dem Degen in die Tapete», unter die Schränke, in die gefüllten Truhen und schrie: »Wo ist er i" Emilic richtete sich bleich aus, die Hände auj ihr Herz gedrückt, von der schmachvollen Beleidigung tief getroffen. Der Herzog packte sie an den Schul- tern, schüttelte sie, mißhandelte sie blind vor Zorn. Im Hause war alles still. .Wer ist dein Liebhaber?" rief er. »Du liebst eincn anderen! Wen, wen? Ihr sollt beide an den Pranger? Wer liebt dich?" Emilia lächelte unter seine» rohen Händen; sie seufzte tief, sah znm Himmel empor, »eckte die Arme hoch und sagte: »Ja, ich liebe ihn —* Der Herzog war toll und stieß ihr den Degen in die Brust. Sie war aus der Stelle tot. fllxr er lanute den Namen des Geliebten nicht. Und ersand er mit feiner Schwester den teuflischen Plan. Er lud alle Standeeqenofjen am nächsten Tage zum Abendessen zu sich. Und als die Slunde nah»e, legte er den Leichnam seiner jungen Frau quer in die offene Tür feines Hauses. Wer e.nlral, mnßie darüber hinweg. Aber wer sie liebte, würde nicht den Mut dazu hi.be», würde niederfallen und »lcht weitergehe» können. Der Herzog stellte sich mit bloßem Degen daneben auf. Das wurde ein seltsamer und schauriger Ein-zug der Gäste. Aber da alle wußten, woraus der Herzog seinen Plan, den Schuldigen zu entdecken, baute, ginge» alle di« Herren gelassen über die weiße Tot« hinweg, auch die, die es jammerte und die sich gern der geschändete» Leiche erbarmt hätten. Aber sie log wehrlos da, dulsele den Schimpf und mavcheu Fußtritt uud Sporenritz und fand kein E> barmen. Der Herzog entdeckte den Schuldigen nicht und raste. „Sie hat," sagte die Schwester, eine» Bürger geliebt, irgend einen Gemeinen. Lade die ganze Stadt. Und am nächsten Abend lud der Herzog alle jungen Männer der Stadt zu sich, und seine Diener mnßte» Umschau halten, ob auch alle kamen. Ader vergeblich lauerte der Herzog an der Tür aus den Liebhaber. Alle, alle überschritten ungerührt, die Schöne LeichenschweUe. .Sie hat", sagte da die Schwester, „keinen andere» als eine» im Hause geliebt, eine» deiner Diener." Dem Herzog schwindelte. Am dritten Abend trieb er seine Diener aus die Gasse, und dann mußten sie alle durch das große Tor zurückkehren. Er stand mit nacktem Degen und blutigen Augen da und sah zu, wie Kutscher und Pferdeknechte, Zimmerlaiaien und Küchenjungen über den süßen Leib der loten Herzoqm hinwegschrillen. Alle, alle traleu ein, bis ein Einziger zurückdlieb, ein schiner schlanker Knabe, der bei Tisch den Wein gemischt halle. Als letzter trat er herein, aber er schritt nicht über die Tot« hinweg. Neben ihr warf er sich auf die »nie, bückte sich und umfaßte sie, um ihre» geschändeten Leib auszugeben. Da stieß ihm der Herzog mit solcher Äewalt den Degen zwischen die Schulterblätter, daß er zur Brust wieder hinaus-fuhr und auch in den Leib EmiliaS drang und also die beiden zusammenschmiedete. Aber der Knabe hob seinen Kopf auf in dem schon die Augen orzchen, und sagte: „Dieses ist der erste Kuß." Damit sank sein Mund auf ihren und er starb an ihren schuldlosen Lippen.