m b wtfcgE Kchs!ischeM§MMÄschO Remusgegeben von der Kongregation: Missionäre Sühne des heiligsten Rerzens (Jesu. preis ganzjährig: Österreich 250 S, Deutschland 2 Mark. Italien 8 Lire, Ungar? 2 50 pengü, Dschechosiowakei 12 ČK, (Jugosiawien 25 Dinar, Schwei; 2*50 Franken übriges Ausland 2 Soldmark. Unser Reiliger Vater pius XI. hat wie schon früher pavst pius X. der "Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apofto» lischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden täglich heilige Messen gelesen. Mit Empfehlung der hochwürdigsten Oberhirten von Lrixen, Grünn, Srar, Leitmeritz, Lin;, Olmütz, Marburg, Crient, Driest und Wien und Druckerlaubnis des Seneralobern Lest 1. Jänner 1932. XXXV. Jahrgang. Unser neues Missionshaus „Maria Fatima" in Premstätten bei Graz. Zur Einweihungsfeier am 12. November 1931. Der „Stern der Neger" hat unseren Abonnenten und Freunden bereits die kurze Nachricht gebracht, -daß wir unser Missionsseminar in Graz, Paulustorgasse 10, an den österreichischen Bund für Zwecke der Polizei verkauft und mit dem Erlös das viel größere neue Missionshaus „Maria Fatima" in Premstätten Bei Graz erworben und eingerichtet haben. Mehr als drei Monate Zeit beanspruchten die nötigen Adaptierungen, das Jnstandsetzen der Mauern, des Daches, der Räumlichkeiten des Hauses in dem der Bestimmung desselben entsprechenden Ausmaße. Abschluß der Arbeiten bildete das schöne Fest am 12. November, das Fest der Einweihung, über dessen Verlauf ich den Lesern erzählen möchte. Am Vorabend um 7 Uhr sollte die Feier beginnen. Ich stand im Turm, das Glockenseil in der Hand, Festesjubel im Herzen, und wartete, bis die Turmuhr die siebente Abendstunde ausgeschlagen hatte. Und kaum ist der letzte Schlag verhallt, da ziehe ich, wie ich einst als Junge am Glockenseil gezogen, und kräftig und freudig und hell singt und klingt unsere schöne Turmglocke mit ehernem Munde die Freudenbotschaft hinein in den sternenhellen Abendhimmel, hin über die Häuser und Felder und Wiesen. Wie die Glocke zu jubeln anfängt, da krachen stud) die Böller, und zwei Scheinwerfer blitzen alls und tauchen das Haus in eine Flut blendender Lichtfülle. Wie ein Märchenschloß liegt es da und ragt hell strahlend in still majestätischer Schönheit in die dunkle Nacht. Viele Neugierige hat die Lichtfülle angelockt. Sie stehen und staunen. Und staunen noch mehr, wenn plötzlich das kalte, weiße Licht erlischt und Front und Turm in roter oder grüner bengalischer Beleuchtung aufflammen. Mit der reichen Beflaggung und Bekränzung und den bunten Lichtern bot unser neues Heim aber auch einen wirklich festlichen Anblick, war anzuschauen, wie sich ein Märchen liest. Lichtglanz und Böllerkrachen, Fahnen und Glockengeläute waren nichts anderes als die Wiedergabe unserer inneren Freude, der Freude liber das vollendete Werk. Sonntagsgedanken waren es nach harter, schwerer Arbeitswoche. Wir hatten auch allen Grund, mit Dank und Freude zurückzublicken auf den Weg, den die gütige Vorsehung des Allerhöchsten uns geführt bis zur Gründung und Eröffnung unseres Seminars. Im Februar 1930 war die Zähl unserer Zöglinge noch gering, das Missionshaus in der Paulustorgasse bot genügend Raum für alle. Wir dachten nicht daran, es einmal zu verkaufen und ein größeres einzurichten, hatten auch gar nicht die nötigen Mittel dazu. Doch die Vorsehung sorgte und dachte für uns. Ganz unerwartet trat die Polizeidirektion in Graz an uns mit der Frage heran, ob wir nicht vielleicht die Lebensgroße anmutsvolle Madonna von dem Berliner Künstler Prof. Josef Limburg. Zahlreiche Kirchen der Reichshauptstadt sind durch seine Bildwerke geschmückt. (Atlantic.) Absicht hätten, unser Haus zu veräußern, es gegen ein größeres, günstigeres zu vertauschen. Weil es zwischen ihren Gebäulichkeiten ganz eingebettet, für sie also sehr günstig gelegen sei, würden sie es uns unter günstigsten Bedingungen abkaufen. Wenn wir aber nicht unsere Zustimmung geben könnten, müßten sie neu bauen. Der Vorschlag wurde der Generalleitung unserer Kongregation vorgelegt und von ihr dahin beantwortet, daß wir grundsätzlich bereit wären, wenn wir an Stelle des alten Hauses ein vollständig geeignetes, großes Tauschobjekt erhalten würden. Das war im März 1930. In den nächsten Monaten wurden wir mit Angeboten von verkäuflichen Liegenschaften geradezu überlaufen, aber es fand sich nichts, was ein wirklich geeigneter Ersatz für das frühere Missionshaus gewesen wäre. Bor Jahresfrist wurde uns ein größeres Gutsgebäude in der Nähe von Graz, eben unser jetziges Missionshaus „Maria Fatima", angeboten, das seit 1927 zum Verkauf freistand, in gut erhaltenem Zustande und für ein großes Juvenat wie geschaffen. Ich sagte: „vor Jahresfrist", und doch kam der Ankauf des Gutes erst im August 1931 zustande, also neun Monate nach der ersten Besichtigung, ein Beweis, daß die Generalleitung in einer so wichtigen Frage nicht übereilt entschieden hat. Alle Gründe für und wider wurden reiflich überdacht und eingehend besprochen; und wir alle haben gebetet, viel gebetet, daß der Herr uns seinen heiligsten Willen kundgebe. Wir wissen aber auch, daß er es ist,, der uns in das neue Heim geführt hat, und vertrauen fest, daß er nach der glücklichen Eröffnung eine segensreiche Weiterentwicklung geben wird. Ja, die göttliche Vorsehung hat für uns gesorgt! Gerade zur rechten Zeit gab sie uns das größere Haus, um die vielen Buben unterbringen zu können: 91 Studenten, 16 Laienbrüderzöglinge und dann noch die Patres und Brüder und Angestellten, zusammen 120 Personen, während in Graz kaum 70 Platz hatten. Freilich ist auch das jetzige Missionshaus schon wieder voll bis auf den letzten Platz. Das Missionshaus ist im Viereck gebaut, hat also vier Fronten und einen Lichthof nach innen. Die Räumlichkeiten sind hoch, sonnig und luftig. Und sonnig uitd luftig ist auch die nächste Umgebung: ein großer, schöner Park mit freien Plätzen zum Spielen und Laufen für die Buben und mit zwei Teichen, die im heißen Sommer zum Baden und Schwimmen einladen, im Winter auf harter Eisdecke unsere Schlittschuhläufer tragen. Ein großer Gemüsegarten schließt sich an. Die Schilderung unseres Festes kann ich einer berufeneren Feder überlassen. Das „Grazer Volksblatt" brachte einen ausführ- lichen Bericht über die Feier am 12. November selbst, den ich in etwas gekürzter Form folgen lasse: Der Donnerstag, 12. November, war ein Staatsfeiertag, aber auch ein Festtag für Premstätten und seine Bevölkerung. An diesem Tage war die Weihe des von den Missionären, Söhnen des heiligsten Herzens, käuflich erworbenen Schlosses, das Besitz des vor einigen Jahren verstorbenen Die Zöglinge der Anstalt bildeten bis weit über die Triumphbögen hinaus Spalier, die Patres und die Vorstehung des Hauses mit Generalassistent P. Alois Wilfling au der Spitze erwarteten mit mehreren Priestern der Pfarre und der Nachbarpfarre die Ankunft Sr. Exzellenz des Fürstbischofs Dr. Ferdinand. Pawlikowski, der zur festgesetzten Stunde, um 9 Uhr, erschien, begrüßt vom Donner der Böllersalven und freudigem Missionshaus „Maria Fatima" (Ostfront). >; 'imi r/iTs ~ tttf iti ^ Grafen Normanu war. Das Schloß, ein schöner Bau von fast quadratischem Grundriß^ _ ist in eine Erziehungsanstalt für die Missionszöglinge umgewandelt worden und beherbergt über 90 Studenten. Zugleich mit dem Hause wurde auch die neu errichtete Anstaltskapelle geweiht. Das prächtige Eingangstor war mit Girlanden aus Reisig geschmückt. Einige Meter vor dem Tore war eine Triumphpforte errichtet, die mit der Aufschrift geziert war: „Gott zur Ehre." Die Bevölkerung des Ortes und der Umgebung war in großen Scharen herbeigeeilt, um der Feierlichkeit beizuwohnen. Glockengeläute. Nachdem der Oberhirte den Anwesenden den Segen 'erteilt hatte, sprach mit frischer, heller Stimme und trefflichem Vortrag der Schüler der 1. Gymnasialklasse Kolonovits ein schönes Begrüßungsgedicht und überreichte sodann dem Oberhirten einen prächtigen Blumenstrauß, den der Fürstbischof unter liebevollen und freundlichen Worten für den Knaben entgegennahm. Hierauf erfolgte unter Vorantritt der Geistlichkeit der feierliche Einzug des Fürstbischofs in das Haus und in die zu ebener Erde im Westtrakt gelegene, ungemein stimmungsvolle Schloßkapelle, die mit l* prächtigen Freskobildern an der Kuppel und an den Wänden geschmückt ist. Beim Betreten der Kapelle empfing ihn das vom Sängerchor unter der Leitung des Musikdirektors E. Falkner vorgetragene „Ecce sacerdos magnus". Nach einem kurzen Gebet begann der Oberhirte im bischöflichen Ornat, Pluviale, Stab und Mitra, den den Zweck der Weihe erläuternde inhaltsreiche und gedankentiefe Ansprache an die Zöglinge, die Gäste und die zahlreichen Gläubigen, die die Kapelle und den Gang davor füllten. Der Bischof erflehe den Segen nicht nur über alle, die in diesem Haufe wohnen, hierein- und ausgehen. Alle Gebete, die er ge- Ein Zögling begrüßt Se. Exzellenz Fürstbischof Pawlikowski mit einem Gedicht. Weiheakt. Der Oberhirte durchschritt mit der Assistenz unter liturgischen Gebeten die Gänge und Räume des Hauses bis zum zweiten Stockwerk, wo die im Osttrakt neu errichtete Anstaltskapelle liegt. Nachdem er auch diese geweiht hatte, las er eine heilige Messe, während welcher der Chor die Schu-bert-Messe glänzend zum Vortrag brachte. Die Ansprache des Fürstbischofs. Nach dem Evangelium hielt der Ober-hirte vom Altar aus eine den Inhalt und sprachen habe, haben mit den Worten begonnen: Geheiligt, gesegnet sei dieser Ort. Wenn Menschen mit- und untereinander wohnen sollen, gehört dazu Segen und Kraft von oben. Wenn es in unserer Zeit überall ungemütlich und unerträglich wird, wenn sich die Menschen immer weniger verstehen, so fehlt es am Segen und an der Weihe. Die Zöglinge mögen nie vergessen, daß das Haus geweiht ist. Dem Kreuzzeichen werden sie überall in diesem Hause begegnen. Das soll sie erinnern, daß auch das ganze Stern der Neger 5 Heft 1 Leben des Menschen im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes sich abwickeln soll. Über allem steht ein großes Programm geschrieben, das für die Weihe des Lebens unerläßlich ist: So wollen wir Gott lieben, weil Gott uns zuerst geliebt hat. Diesen Gedanken führte der Oberhirte in herrlichen Worten aus und schloß: Unser Leben soll ein ununterbrochenes „Magnificat anima mea" sein, jede Stunde, jeden Augenblick, der Wille soll ein Weihelied sein auf Gott, der uns zuerst geliebt hat. umgeben. Nicht weit davon liegt der Wald, aus dem würzige Luft in das Haus strömt. Der Dank des Generalassistenten P. Wilf-ling. Beim Mittagmahl, an dem Landeshauptmann Univ.-Prof. Dr. Rintelen teilnahm, sprach Generalassistent P. Wilfling, nachdem er in kurzen Zügen eine Geschichte des Verkaufes des früheren in der Paulustorgasse gelegenen Hauses gebracht hatte, tiefbewegt herzliche Worte des Dankes an Seine Ex- Süd- unb Westfront des neuen Missionshauses. Nach Beendigung der Messe fand eine Besichtigung des ganzen Hauses und seiner Räume durch den Oberhirten, die Priester, Gäste, die Angehörigen der Zöglinge und die anderen Teilnehmer statt. .Alle waren voll des Lobes über das Gesehene, vor allem über die neue, dem Herzen Jesu geweihte Hauskapelle, die eine einfache und geschmackvolle 9JMem aufweist, ferner über die hohen, lichten Gänge, die großen, weiträumigen Schlafsäle mit den reinen, weißen Betten, die Studiersäle, den Musiksaal, den Festsaal, die Bäder, die modernen Waschräume. Selbstverständlich werden den Studenten auch große Spielplätze zur Verfügung stehen, ist doch das Schloß mit saftigen Wiesen, herrlichen Garten- und Parkanlagen zellenz den Fürstbischof für das lebhafte Interesse, das dieser den Bestrebungen der Söhne des Heiligsten Herzens entgegenbringe, und für die wertvolle tatkräftige Unterstützung und bat auch für weiterhin um das Wohlwollen des Oberhirten. Ferner dankte Redner dem Landeshauptmann für sein verständnisvolles und erfolgreiches Eingreifen bei der Durchführung der Übergabe des Gebäudes in der Paulustorgasse. Er bat den Landeschef um sein ferneres Wohlwollen. Fürstbischof Dr. Pawlikowski dankte im eigenen wie im Namen des Landeshauptmannes dem Vorredner für seine Worte und versprach, daß er ebenso wie die Tätigkeit der Missionäre insbesondere auch das Haus 6 Stern der Neger Heft 1 Stern der Neger 7 Heft 1 stets, soweit es in seinen Kräften liege, in jeder Weise unterstützen und fördern werde. Möge das Hans ein Segen für die Pfarre und die Diözese werden. Er wünschte der Anstalt Blühen und Gedeihen und volle Erreichung ihrer hohen Aufgabe. Der Nachmittag des Festes. Das Nachmittagsprogramm war sehr reichhaltig. Die Ouvertüre von I. Glucks „Iphigenie auf Aulis", vom Salonorchester ausgezeichnet zu Gehör gebracht, machte den Anfang. Der '©(finler der ersten Klasse Jörger deklamierte frisch und unerschrocken ein Gedicht. Nunmehr hielt Generalassistent Pater Wilfling an Stelle des am Erscheinen verhinderten Generalobern die Festansprache. Er führte u. a. aus, daß das Fest kein Missionsfest im gewöhnlichen Sinne sei. Die Welt habe es nicht gut aufgenommen, daß diese ehrwürdige Siedlung in andere Hände übergegangen ist und daß hier ein Werk der Mission geschaffen wurde. Redner beantwortet nun die Frage, ob es in unserer Zeit am Platze sei, für ein solches Werk zu arbeiten und Opfer zu bringen. Gerade heute sollen und müssen wir das tun. Denn Gottes Segen ruhe erfahrungsgemäß auf den Werken der Heidenmission und auf den Personen, die Liese Opfer bringen. Die Opfer müssen trotz unserer eigenen Not gebracht werden, weil es sich um unsterbliche Seelen handelt, um Seelen, die zu retten der Heiland am Kreuze gestorben ist. Die Seelen gehen verloren, wenn nicht Glaubensboten kommen. Wohlan, so möge diese Pflanzstätte des Missionsgedankens den apostolischen Geist erhalten, mögen von dieser Stätte recht viele begeisterte Apostel hinausziehen, um die Heiden der christlichen Religion zuzuführen. Redner schloß seine glänzenden nnd begeisternden Ausführungen mit den Worten: „Mögen viele Steirer bent heiligen Missionsberuf folgen: Gott will es." (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.) Musikalische Darbietungen. Musikdirektor Falkner brachte sodann, von Sepp Tschauner feinfühlend am Klavier begleitet, mit großer Meisterschaft R. Wagners „Wahnmonolog" aus den „Mei- stersingern" zum Vortrag, dem stürmischer Beifall folgte. Nicht minder hervorragend war die Wiedergabe der wundervollen Komposition „Die Ehre Gottes" von Beethoven durch die Sängergruppen der Anstalt und des gemischten Chores. Die Leistung war ein großer Erfolg. Dirigent und Sänger wurden stürmisch bejubelt. Nunmehr kam das Schauspiel zur Aufführung. Das Stück ist betitelt „Die Donareiche", Schau- Slcinet Ncnchrist. spiel in vier Aufzügen, von P. Paul Hamper verfaßt. Es behandelt die Zeit des hl. Bonifatius, des Apostels Deutschlands. Die Rollen wurden bis auf den Träger der Hauptrolle, Hunreds, des Herzogs der Chatten, von den Zöglingen der Anstalt getragen. Es ist aufrichtig anzuerkennen, was Regisseur Falkner aus den Jungens an schauspielerischem Können herauszuholen vermochte. Hervorgehoben seien auch die stilvollen Dekorationen. Großer Beifall lohnte die Darsteller und den Regisseur. In den Pausen hatte das Salonorchester aus Wagners Opernbuch einzelne Teile mit künstlerischer Vollendung zu Gehör ge- bracht, die lebhaften Beifall fanden. Seydlers „Dachsteinlied", wieder vom gemischten Chor amte Falkners Leitung vorgetragen, bildete den mit stürmischem Beifall belohnten Abschluß des ersten Festes im neuen Heim. Sämtliche Herren des Hauses, insbesondere Generalassistent P. Wilfling und P. Stanislaus Dobovšek, hatten viel Mühe und Arbeit für die Vorbereitung und Durchführung des Festes aufgewendet. Das volle klaglose Gelingen der Feier kann ihnen eine kleine Entschädigung für all ihre Mühe sein. Am Abend erstrahlte das Hauptportal im Lichterglanz. Die Hauptfront des Hauses brachten zwei Scheinwerfer herrlich zur Geltung. So bildete die prächtige Beleuchtung den stimmungsvollen Abschluß der Weihe und der glänzend verlaufenen Fest-feier, die beide verdienen, in goldenen Lettern im Buche der Geschichte des Missionshauses „Maria Fatima" verzeichnet zu werden. Die Jüngsten im Kraal. Kapstadt, die Perle des Südens. Von P. Franz Morscher. Unter den Klängen der Musik legte unser beeilen, um möglichst viel von der Stadt zu Schiff, die „Wangoni", am späten Nach- sehen. Kapstadt, dieses Juwel in der Krone mittag im Hafen von Kapstadt an. Nach Südafrikas, gilt mit Recht als eine der langem Warten und erst nach vielen Paß- schönsten Städte der Welt. Von der blauen' kontrollen und Gepäcksrevisionen durften Tafelbucht umrahmt, von dem mächtigen die Reisenden den Boden der Südafrikani- Tafelberg überragt, vereinigt sie die Reize schen Union betreten. Da wir knapp zwan- und Naturschönheiten, die das Meer bietet, zig Stunden zur Verfügung hatten — die mit jenen des Hochgebirges. Mir gefiel am Nacht mit eingerechnet —, mußten wir uns besten der Tafelberg, ein über tausend Meter Heft 1 S Stern der Neger hohes Felsplateau, dessen Wände gegen die See zn fast senkrecht abfallen, oben aber, wie nach dem Lineal geschnitten, geradlinig abschließen!. Rechts vom Tafelberg springt einem schon bei der Einfahrt in den Hafen ein eigenartig geformter Höhenzug in die Augen; er heißt Löwenkopf; denn er ähnelt, zumal von der Landseite gesehen, einem schlafend hingestreckten Löwen oder besser einer Sphinx riesenhaften Formates. Am Fuße dieser Berge entlang zieht sich das Häusermeer der Großstadt. Ich will kein Loblied auf Kapstadt anstim- Dann Mundvorrat und Tropenhelm und Mantel genommen und los! Ein Oblate, der mit uns nach Durban reiste, um einen Missionsfilm zu drehen, und ein Norddeutscher waren meine Reisekameraden. Unsere Brüder zogen es vor, den Berg von unten anzuschauen. Da wir höchstens vier Stunden Zeit hatten, blieb uns leider nichts übrig, als die 1929 erbaute Drahtseilbahn zu benützen, statt daß wir den Tafelberg mit eigener Kraft hätten bezwingen können. Nach langem Anstieg durch das prächtige Villenviertel erreichten wir die Tafelstation; Schwebebahn von Kapstadt auf den Tafelberg. men. Das besorgen schon die Reisehandbücher reichlich. Ich kann nur sagen, es ist schön. Aber du suchst dort vergeblich Afrika. Die Stadt kommt mir vor wie ein Stück Europa, das auf afrikanischen Boden verpflanzt wurde. Sie trägt durch und durch europäisches Gepräge. Darum war es mir nicht sosehr um Besichtigung der Stadt als vielmehr um die Besteigung des wildzerrissenen Tafelberges zu tun. Den Abend unserer Ankunft benützten wir dazu, den botanischen Garten zu besuchen. Er ist sehenswert; über 8000 Pflanzenarten sind dort zusammengetragen. Am nächsten Tag zelebrierte ich in aller Frühe bei den Salesianern. von da aus trug uns die Schwebebahn in schwindelnder Fahrt über Abgründe, Wälder und Felshänge hinweg und hinauf zum Gipfel, der mehr als tausend Meter über dem Meere aufragt. Die Rundsicht war unvergleichlich schön. Tief unter uns das Häusermeer von Kapstadt mit der tiefblauen Tafelbucht, in der Ferne, draußen im Ozean, ein ovaler Fleck, die Robbeninsel. Alles schien wie eine große Reliefkarte zu unseren Füßen ausgebreitet. Einer grünen Flut vergleichbar brandete das üppige Grün der Weinberge, der Pinien- und Eichenwälder weit herauf an den felsigen Flanken des Tafelberges. Im Westen und Norden 10 Stern der Neger Heft 1 dehnte sich der Ozean ins Unermeßliche. Nach Süden hin begrenzten die Hottentottenberge und die Höhenzüge der Kap-Halbinsel das Gesichtsfeld. Von Zeit zn Zeit legte sich ein vorüberziehender Wolkenschleier über das entzückende Bild; dann schien es, als stünden wir hoch über einem wallenden und brodelnden Nebelmeere. 'Manchmal zerriß plötzlich der Wolkenvorhang und dann war es, als schauten wir durch ein Tor hinab auf ein versunkenes Paradies. Male dir noch in dieses Bild den Glanz des südlichen Himmels und die leuchtenden Farben der reichen Gebirgsflora, und nimm dazu auch die eigenartige Stille dieser Bergeseinsamkeit, dann hast du ein annäherndes Bild von der Schönheit der Kapstadt und des Tafelberges. Du wirst es nicht übertrieben finden, wenn man die Stadt „die Perle des Südens" nennt. Als ich das Auge an der Schönheit der Landschaft gesättigt hatte, machte ich noch eine kleine Entdeckungsfahrt über das Hochplateau und fand manches Interessante. So kam ich u. a. an ein Trümmerfeld über-einandergetürmter, mächtiger Kalksandsteine, Blöcke von den sonderbarsten Formen. Ich glaubte mich bei ihrem Anblick zurückversetzt in die Zeit der Drachenechsen und Saurier, und es schien mir, als stünde ich mitten unter einer Herde von urweltlichen Tieren, die mit ihren grauen Riesenleibern aus erloschenen Augen mich anstarrten. Ein Gefühl des Grauens packte mich. Schnell ging ich weg von dieser Stätte des versteinerten Todes. Ich suchte Blumen und fand deren zahlreiche Arten, darunter solche, die wie kleine Lilien aussahen und herrliche karmesinrote Blüten hatten. Ich wollte meine Höhenfahrt noch weiter ausdehnen; allein bald geboten mir gähnende Abgründe und steilabstürzende Felswände ein- gebieterisches Halt. Doch, man möchte es kaum glauben, der Tafelberg hat nicht bloß seine bezaubernden Schönheiten, er hat auch seine Tücken. Es ist eine eigenartige Erscheinung, daß er sich manchmal bei schönsten: Wetter plötzlich in heranflatternden Nebel hüllt. Diese Nebel sind gefährlich; sie versperren Weg und Aussicht zugleich. Wehe dem unvorsichtigen Wanderer, der es dann wagt, ohne ganz genaue Kenntnis des Geländes weiterzugehen. Er ist in größter Gefahr, abzustürzen. Jedes Jahr fordert der Berg seine Opfer. Wie mir gesagt wurde, ist im letzten Jahre ein Salesianerpater mit seinen Studenten voin Nebel überrascht worden und abgestürzt. Bei unserer Abfahrt von Kapstadt gab uns der Tafelberg noch jenes interessante Natur-schauspiel zu genießen, das der Südafrikaner mit dem Ausdruck „Tafeltnch" bezeichnet. Der Berg bedeckt sich plötzlich mit einem lang herabwallenden Wolkenschleier. Es schien, als hätte eine unsichtbare Hand ein Tischtuch über diesen riesenhaften Felstisch gebreitet. Als wir schon weit draußen auf der See waren, winkte uns noch lange der herrliche Berg mit seinem weißen Wolkentuch Abschiedsgrüße nach. Hinein in den Busch. Von P. Dr. Matthias Raffeiner, F. S. C. (4. Fortsetzung.) Unter diesem Titel schilderte der Verfasser in Nr. 5 bis 9 des Jahrganges 1931 dieser Zeitschrift eine Reise im Sekukuni-lande, deren Zweck es war, die Gründung einer Mission vorzubereiten. Wir veröffentlichen im folgenden den zweiten Teil des interessanten Berichtes. Nachdem die Reisenden das Gebiet des Häuptlings Mafhabele verlassen hatten, kamen sie in die reizende Gegend am Unterlauf des Sequati. Wenn ich jedoch von einer reizenden Landschaft spreche, fährt der Verfasser fort, so wolle man mich nicht mißverstehen. Wir befinden uns weder im malerischen Italien noch in der herrlichen Schweiz und noch weniger in meinem unvergleichlichen Heimatland Südtirol, sondern in Südafrika. Aber schließlich ist Schönheit bis zu einem gewissen Grade ein sehr dehnbarer Begriff, abhängig von Volks-, Ort- und Zeitumständen. Was von Schönheit über diesen Punkt hinausgeht, darüber mögen sich Philosophen und Kunstrichter streiten. Eine Miß „Austria" zum Beispiel würde vor Londoner Preisrichtern kaum Anklang und Miß „Germania" in Italien wenig Beachtung finden. Schönheit ist eben ein gutes Stück Volksgeschmack, und dieser ist bekanntermaßen oft recht sonderbar ein- Auf der gestellt. Ein wackeres Bäuerlein, Gast bei einem vornehmen Mahle, spuckte einer Gegenüber die Auster ins holde Angesicht, und die seine Dame im Abteil erster Klasse wollte fast sterben am Schluck Branntwein und am Bissen grauen Pustererkäses, den ihr Rennmichels Erzherzog Kreuzkaspar kredenzte. Also ein reizendes Landschaftsbild. Wir befinden uns in einem weiten, kreisförmigen Talkessel am unteren Sequati. Fast möchte man meinen, vor undenklichen Zeiten hätten Negerriesen hier zum Zeitvertreib den Sequati und dessen Zufluß von Nord-osten, den Malopo, durch einen ungeheuren Damm zu einem gewaltigen See aufgestaut, der dann, des Zwanges überdrüssig, nach Westen an drei Stellen das Hemmnis durchbrochen und sich in die dem Olifantriver vorgelagerte Ebene ergossen habe, und von diesem Flusse, der zur Regenzeit ein gar böser Geselle ist, aufgefressen worden sei. Tatsächlich bilden nach Westen Reise. zwei alleinstehende, steilaufragende Bergkegel den Abschluß des Talkessels. Durch den südlichen Einschnitt schlängelt sich der Sequati zwischen den felsigen Ufern hindurch, durch den mittleren, etwas breiteren, führt unser Weg, und durch den nördlichen lasse ich meine Gedanken in die weite Ferne schweifen zu guten, lieben Menschen in der Heimat, die es mir nicht verargen werden, daß ich ihrer auch in dieser idyllischen Wildnis nicht vergesse. Eigenartig oder besser gesagt einzigartig ist der Aufbau dieser Bergkegel. Mächtige Felstrümmer lagern sich teils lose, teils massig übereinander in den wunderlichsten Formen, bald wie ein verwittertes Mauer-werk, bald einen halbzerfallenen Turm bildend. Auf einer Seite gähnen dir mächtige Risse und Spalten entgegen, in welchen üppig Busch- und Strauchwerk wuchert, auf der anderen öffnen sich Höhlen wie Kellergewölbe, so daß das ganze an eine zerbröckelnde Raubritterburg erinnert. Wirklich fehlt es auch an Raubrittern nicht, da in dieser Gegend noch vereinzelt der arg- gärtner eben die Auswahl getroffen, als er dieses Stücklein Erde erschuf. Es treten verschiedene Arten von Aloe auf, so die Baum-Aloe, deren ungeteilter, bei 4 Meter hoher Stamm am Ende eine Krone fleischiger, langzugespitzter Blätter trägt, aus deren Mitte dann die meterbreite, vielverzweigte, fächerartige, herrliche, orangen-bis hellrote Blütenritze hervorkriecht. Nicht weniger interessant ist die sogenannte hundertjährige Aloe mit meterlangen, schwert- Jm Festschmuck. listige und blutdürstige Leopard sein Unwesen treibt. Und selbst an holden Burg-fräuleins ist kein Mangel; allerdings sind dieselben verhext und tanzen keine lustigen Reigen, noch arbeiten sie an mittelalterlichen Spinnrocken, sondern führen als giftige Schlangen mancherlei Art und als bissige wilde Katzen ein vielgemiedenes Dasein. ^ Auch die Pflanzenwelt nimmt andere Formen an und verleiht der Gegend ihr eigenes Gepräge. Wir haben hier unten fast tropische Hitze und sehr wenig Niederschläge, und danach hat der große Welten- scharfen Blättern; sie ist stammlos, entfaltet aber zur Zeit ihrer Reife, also nur einmal in ihrem langen Leben, einen an zwei Fuß hohen Blütenstengel mit pyramidenförmiger Blütenkrone, eine Kraftleistung, an der die Pflanze eingeht. Dann begegnen uns wieder verschiedenartige Kaktusgewächse, bald einzeln postiert, bald in mächtigen Gruppen. Des Lesers Einbildungskraft darf sich aber von unseren heimatlichen Topf- und Treibhausgewächsen nicht gefangennehmen lassen. Freilich gibt es auch hier in der freien, sonnigen Kaktusheimat Miniaturgebilde von gar zierlicher, niedlicher, wunderlicher Art, die angenberückende Blüten entfalten. Aber hauptsächlich sind es die riesigen Formen, die unsere Ansmerksamteit in Anspruch nehmen. So die Fackeldistel, welche als vielkantige, mehrere Meter hohe Säule gerade dasteht wie ein Paradeoffizier; statt der Blätter trägt sie stechende Haarbüschel, schmückt sich. aber dafür mit 8 Zoll langen, farbenprächtigen Blüten. Sie führt mehr ein Einsiedlerleben. Der Feigenkaktus dagegen ist stark- nur zur Regenzeit einige Stücke des saftigen Fasergewächses auf den sandigen Boden zu werfen; er schlägt dann gleich Wurzeln und Triebe. Dem Kaktus nicht unähnlich sind die gleichfalls blattlosen, vielartigen Euphorbien oder Wolfsmilchgewächse, bald mit runden, glatten, bald mit kantigen, rauhen Stengeln. Sie entwickeln nur ganz kleine, unansehnliche Blüten, so daß manche behaupten, sie blühen überhaupt nicht. Ser Schwarze Polizei. verzweigt und erreicht eine beträchtliche Stärke, so -daß die Früchte sammelnden Weiber sie sogar besteigen können, was ohne viele Stiche von seiten der ätzenden, wenn auch kleinen Stacheln nicht abgeht. Aber diese Naturkinder scheinen hiefür weniger empfindlich zu sein als das sporttreibende weiße Kulturvolk. Der Feigenkaktus ist mehr zum geselligen Leben geneigt und bedeckt bisweilen große Flächen als undurchdringliches Dickicht, ein viel besuchtes Stelldichein für Schlangen. Die Eingeborenen benützen ihn auch vielfach zur Umfriedung der Kraals. Verpflanzung und Vervielfältigung bieten ja keinerlei Schwierigkeiten. Man braucht Kürze halber erwähne ich nur die Kandela-ber-Euphorbie, die hier in zwei Gattungen vorkommt. Ein bis zwei Meter über der Erde verzweigt sich der oft mächtige Baum in zahlreiche Arme, so daß das ganze Gebilde einem riesigen, hundertarmigen Kerzenleuchter sehr ähnlich sieht. Daher auch der Name. Aus dem milchigen Saft bereiteten und bereiten noch die Eingeborenen das tödliche Gift für ihre Lanzen und Pfeile. Doch schon haben wir die Bergkegel hinter uns, und ein neues Bild nimmt unser Auge gefangen. Linker Hand die malerischen Ausläufer des Gebirgsstockes mit eingelagerten Kraalen; rechts breitet sich eine sandige Ebene gegen den Olisant-river aus, der sich in einer Entfernung von etwa sieben Meilen langsam dahinschlängelt, reich bevölkert von gefräßigen Krokodilen. Vom jenseitigen Ufer grüßt aus bläulichem Dunst der hohe, steilaufsteigende Sesselberg herüber, dessen Umrisse am Horizont einem phantastischen Stuhl gleichen. (Fortsetzung ifol-gt.) Der Sohn des Freimaurers. Von Anna Kays er.* (Fortsetzung.) Da es im verflossenen Jahre wegen Raummangels nicht möglich war, die herrliche Missionserzählung vollständig zum Abdrucke zu bringen, so möge hier für die neuen Abonnenten eine kurze Inhaltsangabe des bereits veröffentlichten Teiles folgen. Herbert, der Sohn des Justizrates Doktor Werner, obliegt in München dem Studium der Rechte. Rach glänzend bestandenem Examen soll er sich, dem Willen seines Vaters gemäß, dem Advokatenberuf widmen und die 20jährige Ruth Heltorf, eins sehr entfernte Verwandte, die in seinem elterlichen Hause lebt, lzur Gemahlin erwählen. Doch Herbert fühlt sich zum Priester-unü Ordensstand berufen. Er will als Missionär zu den Heiden gehen. Bei seiner frommen Mutter Mathilde findet er Verständnis für seinen Entschluß. Auch Ruth ergibt sich nach schweren Seelenkämpfen dem Willen Gottes. Der Vater jedoch, der dem Freimaurerbund angehört, verstößt seinen Sohn. Dieser aber bleibt standhaft. Zunächst geht er ein Jahr auf Reisen nach Frankreich, Spanien, Ägypten, Palästina und Italien. In Rom trifft er unvermutet seinen Studienfreund Karl Helmuth, der sich dem Franziskanerorden angeschlossen hat. Nach Hause zurückgekehrt, tritt Herbert in ein Missionshaus ein, wo er nach Vollendung des Noviziates sich den philosophischen und theologischen Studien mit größtem Eifer hingibt und einige Jahre später die Priesterweihe empfängt. Die Obern erfüllen seinen heißen Wunsch und senden ihn in die Mission nach Brasilien. Der Justizrat hat während dieser ganzen Jahre seinen Sohn nicht gekannt. Er ist auch nicht zu Herberts Priesterweihe gekommen. Doch kann er es sich nicht versagen, dem abgereisten Sohne heimlich nachzufahren, um ihn vom Strand aus noch einmal zu sehen, während das Schiff sich langsam aus dem Hafen bewegt. Zu den Mitnovizen Herberts zählt der ideal gesinnte, aber verschlossene Rudolf Mehren. Auf einer Fußreise, die Herbert und Rudolf gegen Ende der Noviziatszeit im Aufträge des Obern unternehmen, begegnen sie dem jungen Arzte Hans Reiner t, dem besten Freunde Herberts in der Münchener Zeit. Diese Gelegenheit benützt Rudolf Mehren zur Flucht. Er kehrt in die Welt zurück, lernt dann als Ingenieur in Nürnberg die Kaufmannsfamilie Pirkholt kennen. Die einzige Tochter des Hauses, Maria, ist ihm mit ganzer Seele zugetan. Er kann indessen das ersehnte innere Glück in der Welt nicht finden. Wiederum sucht und erhält er Aufnahme im Kloster, jedoch als einfacher Laienbruder. Hans Reinert kommt als Assistenzarzt an das Krankenhaus in der Heimat Herberts. Er bewirbt sich dort um Ruth Heltorf, die aber den Beruf einer Karitasschwester dem Ehestände vorzieht. In der Folge heiratet Reinert die Nichte C a m p allas namens Melitta Mor-lano. Giacomo Eampalla war ein Halbitaliener. Seine Mutter, Gisela, eine Schwester des Justiz-rates Dr. Werner, hatte den Italiener Renato Eampalla geehelicht. Außer Giacomo stammte aus dieser Verbindung noch eine Tochter mit Namen Elena. Beide Kinder gerieten auf Abwege. Eiacomo sowohl wie auch Elenas Gatte Mor-lano waren Mitglieder und Vertrauensmänner der Loge. Schon ein Jahr nach der Vermählung verließ Morlano seine Frau und sein Töchter-chen Melitta. Als Giacomo im Aufträge der Loge seinen Wohnsitz nach Süddeutschland verlegte und die sogenannte „blaue Villa" erwarb, die unweit des Wernerschen Hauses lag, nahm er Melitta und deren Wärterin Hanna mit sich. In der „blauen Villa" fanden die regelmäßigen geheimen Zusammenkünfte der Logenbrüder statt. Im Angesichte des Todes kam Eampalla noch zur Erkenntnis seiner Irrwege, wozu die aufopfernde Pflege, die Ruth ihm angedeihen ließ, nicht wenig beitrug . . . Dann wagte sie zaghaft einen Vorschlag, zu dem sie bisher nie den Milt gefunden hatte. Aber nun, da Melitta nicht mehr da war.----------- „Wenn der Herr es nur einmal erlauben würde, ich wüßte ihm eine Pflegerin, . . . gut und treu, . . . daß es sicher besser würde. Sie hat meiner Base und 'ber armen Annettes beigestanden wie ein leibhaftiger Engel. Fräulein Ruth ist mit dabei gewesen." „Zum Teufel, bleib mir mit deinen Engeln vom Leibe! Wird irgend so ein knöchern Gespenst unten aus eurem Kloster sein, das mir statt Morphium Weihwasser gibt. Druck und Verlag der Bonifatius-Druckerei in Paderborn. Und eine Kutte steht gleich dahinter!" schrie er wütend und lehrte das -Gesicht zur Wand. Hanna schwieg bekümmert und ging, den alten Friedrich zur Stadt zu schicken. Es dämmerte bereits, als Justizrat Werner mit Ruth zur „blauen Villa" ging. Ruth hatte eben ihr Pflegerinnenexamen gemacht und war sofort bereit, zu dem bisher ge-mtebenen Manne mitzukommen. Ein unbeschreibliches Gefühl ging ihr durch die Glieder, als sie das Zimmer des Mannes betrat, der ihr von jeher unheimlich gewesen war. Sie wußte nur zu gut, wo der Onkel seinen Haß -gegen Gott und Religion in solcher Unversöhnlichkeit eingesogen hatte. Der Vetter ans dem Süden hatte ihm das letzte, tödlich wirkende Gift, das den eigenen Sohn dem beschworenen Prinzip opferte, eingegeben. Wie Erlösung ging es über des Kranken Züge, als die beiden bei ihm eintraten. Interessiert und überrascht haftete sein Blick auf Ruth. Er fand sie verändert und äußerte es. „Das mag stimmen", nickte Werner. „An Operationstischen und Krankenbetten blühen keine Rosen. Das -weißt du auch." „Ob ich's weiß!" stöhnte Campalla. Der Schmerz -entstellte unsäglich sein verfallenes Gesicht. Er wand und krümmte sich. Hilfsbereit eilte Ruth ihm zur Seite. Ihr geübter Blick hatte es gleich erkannt, hier war jener tückische Würger am Werke, der sein Opfer nicht mehr läßt, bis er mit ihm in die Grube steigt. Sie gab dein Ärmsten eine harmlose, schmerzlindernde Essenz, niachte wohltuende Aufschläge und brachte ihn mit Hannas Hilfe zu Bett. „Gott vergelte es Ihnen, Fräulein, was Sie an meinem armen Herrn tun", sprach die treue Dienerin glücklich. „Und denken Sie auch ein wenig an seine Seele!" Ruth versprach es gern. „Oh, solch rührende Treue einfacher Menschen!" dachte sie. „Die großen Freunde haben ihn verlassen; diese Frau aber, die er stündlich schmäht, hält bei ihm aus." Sie sprach auf dem Heimweg mit dem Onkel darüber. „Hm, wird wohl ein lohnendes Legat in Aussicht haben. Kommt ihr auch zu", gab er leichthin zurück. „Ein solches erhielt sie, wie ich von Schwester Melitis weiß, bereits von Campallas Mutter, und so reichlich, daß sie auf ihren Lorbeeren ausruhen dürfte. Und doch bleibt sie auf ihrem schlimmen Posten. Onkel, sie erwartet ein anderes Legat: ihres Herrn Seele und" — sie zeigte zum Sternenhimmel — „ein schönes Plätzchen da oben." Werner zuckte die Schultern, murmelte etwas von „Hundetreue" und schwieg. Dergleichen ging über seinen Horizont. Es war ein schroffer Gegensatz, die milde, wonnige Mainacht mit ihrem großen Frieden, der stille See, -über dem die Leuchtkäfer schwirrten, und das düstere Krankenzimmer mit jener ruhelosen, von Dämonen gefesselten Seele. Von da air wurde Ruth Heltorf tägliche Besucherin in der „blauen Villa". Wenn Campalla seine Anfälle bekam mtib sich fluchend aus seinem Lager wand, dann rief er liach „Fräulein Ruth". Wenn sie dann vor ihm saß und beruhigend -auf ihn einsprach, dann biß er die Zähne zusammen, um ihr seine Schwäche nicht zu zeigen. Dann fragte sie ihn wohl nach seiner Mutter, nach seiner Kindheit, nach seiner sonnigen Heimat. -Ein sehnsüchtiger Zug zog jedesmal über sein vergrolltes Gesicht, wenn sie ihn von seiner Mutter sprechen hörte. Für kurze Zeit vergaß er dann sogar seine Schmerzen. Was er in solchen Momenten verschwieg, das verriet er überwallend in nächtlichem Fieberwahn. Dann rang er in wilden Phantasien mit dunklen Mächten, -die ihn nicht lassen wollten. Dann wieder sprach er in weichen südlichen Lauten zärtlich zu seiner Mlitter und erflehte ihre Verzeihung für seine Knabenstreiche. Und einmal lauschte Muth erschüttert, wie er in abgebrochenen Worten erste süße Kindergebete zum „Jesulein" und zur „Madonna" stammelte. Ein Lächeln glitt -dann über die düsteren Züge. Es war, als schwebe ein verirrter Engel durch ein Dänlonenreich. In solchen Stunden sah Ruths Traumgeist einen fröhlichen Knaben von einer zärtlichen Mutter behütet unter Pinien und blauem Himmel spielen, südlich -glutvolles Feuer int Auge, unbewußte Unschuld int Herzen. Was mochte einst den Knaben oder Jüngling auf die dunkle Bahn gelockt haben —? Schlimme Freunde —? Schlech- ter Lektüre seelen-mordendes Gift —? Die betörende Sünde —? Dr. Reinerft dem der alte Sanitätsrat Reeling die Sorge für dieses tragische Krankenlager übergeben hatte, hatte des öfteren Gelegenheit, Ruth in der heroischsten Art ihres Samariterberufes walten zu sehen. Wenn er sah, wie sie Campallas wildes Aufbegehren, seine Lästerreden mit verzeihendem Gleichmut ertrug, immer dieselbe, dann hätte er vor ihr niederknien mögen und bitten: „Bleib bei mir. Laß uns zusammen gehen zu dem steilen Berge, wo das Ideal wohnt." Längst waren sie Kameraden geworden, mit gleichen Interessen, sowohl am Operationstische, an dem Ruth mit Anspannung letzter Nervenkräft aushielt, wie in köstlichen Feierabendstunden, wenn sie in Beethovens und Mozarts Wundergärten lustwandelten. Oder aus Dantes und Michelangelos Spuren die ergreifende Tragik der Vereinsamung großer Geister nachempfanden „Zu stolz und weich, um glücklich je zu sein ..." zitierte Ruth im Mitgerissensein von Dantes und Beatricens herbem Geschick einmal ein Dichterwort, das den großen Verbannten meinte. „Weiter", drängte Reinert, in dem es heiß auswallte. „Zu stolz, um das Gemeine je zu schonen, Zu weich, mit Liebe Liebe nicht zu lohnen, So ging er als ein Fremdling durch dies Land . . ." (Macaulay.) „Ruth!" — seine Stimme vibrierte, — „Ruth, ich nehme Sie beim Wort. Jst's wahr, zu weich, mit Liebe . . . Liebe nicht zu lohnen!? Was denken Sie sich als Lohn für des treuesten Ritters Liebe?" Ruth war blaß geworden. Das hatte sie nicht gewollt. Ihre Seele war anderswo gewesen, als sie die Worte flüsterte. Flehend legte sie den Finger auf den Mund, daß er schweigen möge. Die -Eltern saßen im offenen Nebenzimmer mit einem befreundeten Paare aus der Stadt noch am Teetisch. Reinert verstand und blätterte fieberhaft in den Notenheften. „Zürnen Sie mir, Fräulein Ruth?" Er sagte es leise, ohne sie anzusehen. Sie hörte den leidenschaftlichen Tonfall in seiner Stimme. Ein gequälter Ausdruck trat in ihr Gesicht. „Nein. Aber sprechen Sie niemals wieder so." Er kam ihr in diesem Moment vor wie ein Eindringling -in ihres Herzens strengbewahrtes Heiligtuin, der ein anderes, geliebtes Bild daraus verdrängen und ein anderes, sein eigenes, an seine Stelle setzen wollte. „Haben Sie Mitleid ... um meines Friedens willen!" sagte sie leise noch. „Verzeihen Sie mir." Dem Justizrat war die kleine Szene nicht entgangen. Ein starker Wunsch wachte in ihm auf. Sollte ihn das Schicksal für den schlimmen Streich, den es ihm gespielt, in etwa entschädigen -wollen? Der Gedanke wirkte versöhnend. Wie die alte Wunde in feinem Innern noch brannte, das verriet er keinem, am wenigsten den ©einigen. Nach außen -war er immer noch die Eiche, die kein Wetter bricht. Es war, als vom Kolleg die. Einladung Herberts zu seiner Priesterweihe und Primiz kam. Die Frauen legten ihm den -Brief auf seinen Schreibtisch. Nach Tagen lag er noch genau aus derselben Stelle. Nichts in Werners Verhalten verriet, daß er von dem Inhalte Notiz genommen. Als Frau Mathilde eine diesbezügliche Frage wagte, hörte sie nur ein -kalt abwehrendes: „Du solltest mich doch endlich kennen." Aber noch am selben Abend durfte sie einen erschütternden Einblick in, sein schroff verleugnetes Heimweh tun. Sie ging eben aus ihrem Zimmer in sein Arbeitskabinett. Die Tür war nur angelehnt. Der Teppich dämpfte ihren Schritt. Er saß am Schreibtisch, den Rücken ihr zugewandt. Sein Denken mußte sehr gefesselt sein, daß er ihr Näherkommen nicht bemerkte. (Fortsetzung folgt.) Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Kongregation der Missionäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu. Verwaltung: Missionshaus „Maria Fatima", Post Unterprcmstätten b. Graz, ^-sterr. Verantwortlicher Redakteur für Österreich: P. Alois Wtlf-ling, F. 8. C., Generalassistent, Misstonshaus „Maria Fattma", Post Unterpremstätten bet Graz; für Deutschland: P. Heinrich Wohnhaas, F. S. C. Misstonsseminar St. Joses, Ellwangen-Jagst, Württemberg. — Universttäts-Buchdruckeret „Styria", Graz.