M. 48. Laibach >cn 3. December 1864. 8. Jahrgang. ^ Nlätter aus ^rain. (Beilage zur „Laibacher Zeitung.") Die^Vlättcr aus Krain" erscheine» jeden Samstag, und ist der Pränumerationsftrcis ganzjährig 2 st. östcrr. Währung. Wer Waldqnell am Thalweg. Am Thalweg hör' ich'S brausen: Was trifft von fern des Wand'rcrs Ohr? Am Fclscnthor Da siehe, stürzt mit Sanscn Der Waldqucll an den Tag hervor. Du rannst aus VcrgcSklüftcn O Quell, und trautest Frührothschciu, So hell, so rcin, Mit Waldcsblnmcndiiftcn — Nun stürmst Du trüb ins Thal herein. Und deine Wasser fallen So Tag nnd Nacht in Schmerzeswuth; In Schmerzesglut' Schwermüthig zu Krystallen Zerschlägst du deine Silbcrflnt. Wer wandert in die Ferne, Der sehnt sich, ach, zurück, zurück; Vor unserm Blick Gch'n lockend her die Sterne, Doch hinten bleibt das schönste Glück. Modelt, ^V?n«»<:I,u!<.i. Cine Crim in algeschichte aus Canada. ! Von der Flucht des Brudermörders Kam an, bis zu der ' Exodus brittischer Verurtheilten sind die Männer des Verbre- ! chenZ die Gründer von Nationen gewesen. Sie waren es, ! welche die Wildnis; ausgerottet, giftiges Gewürm vertilgt und ^ die Wilden erschlagen haben. i Dann traten die Bessern und Zahmern auf, stellten die ! Ordnung her und errichteten Altäre: und im Laufe der Zeiten ! wurden die früheren Vösewichte heilig gesprochen und mit hoch- z tönenden Stammbäumen ausgestattet. Aehnlichcs vollbringt sich ! in unserer Zeit in Amerika, wo die junge Republik stets noch ! die große Freiung ist für die Nichtswürdigen und Mißver- ! gnügten der alten Welt. Diese Menschenclassen in rechtmässige ! Bahnen zu leiten,, ist die Aufgabe jeucs Landes, wo wenig- ' stens in den älteren Niederlassungen das bessere Element all- ! mälig die Oberhand gewinnt, obgleich noch viel Verbrechen ! eristirt, wenn es auch auf eine eigenthümliche Weise ausgeübt ! wird. Vor dem gegenwärtigen Bürgerkriege gab es in den ! Vereinigten Staaten kein nationales Papiergeld. Tausende von ! Korporationen stellten mit mehr oder minderer Verantwortlich- ! keit Schuldverschreibungen aus, und die solchergestalt erzeugte j Unsicherheit des Geldverkehrs gab Anlaß zu allen möglichen Fälschungen und Betrügereien. Ich saß eines Abends in dem Geschäftszimmer meiner Zeitung, als Polizeisergcant Vallagan eintrat. Er hatte ver- ! svrochen, mir den ersten guten „Fall" anzuzeigen, der ihm ! übertragen würde, und gegenwärtig befand er sich auf der Spur eiucs berüchtigten Uebelthäters, Namens Ingram, aus Martinique gebürtig. Dieser Mensch war Buchhalter in einer der ausgebreitetsten Productengcschäfte auf den westindischen ! Inseln gewesen, wo er sich gegen 50.000 Dollars erschwindelt hatte und nach New-Iork geflüchtet war. Er brachte Vlanko-verschrcibungen und Wechsel jeder Handelsfirma in den Tropen mit sich, und hatte dieselben in einem Hotel an dem Kai nieder- ! gelegt. Nach einem Jahr des wunderbarsten Erfolges wnrde er in Missouri festgenommen uud zu fünfjähriger Haft vernr-theilt. Zwölf Stunden lang, nachdem der Entlassene wieder in den Besitz seiner Papiere gekommen war, ging das Versteck in Flammen auf. Sogleich begann er seine verbrecherische Laufbahn auf's Neue, gewann in einer Woche 5000 Dollars, und drohte durch seine Flucht uach Canada jedes Wechselhaus von Port-land bis Galveston auszuplündern. Er war ebenso gewandt in der Feder, als vertraut mit dem Geschäftsdctail, und hatte sich auch der Geheimnisse des Postverkehrs so weit bemeistert, daß er durch Vollmacht und allgegenwärtig zu operiren vermochte. Man vermuthete, daß er sich an der Grenze aufhalte, und die Bankhäuser aller atlantischen Städte hatten Summen unterzeichnet zu seiner Verhaftung und Verurtheilung um jeden Preis. Seine Geliebte war zu Albauy auf ihrem Wege nach dem Westen gesehen worden und wahrscheinlich war auch der Fälscher nicht weit; Vallagan wünschte, daß ich noch denselben Nachmittag mit ihm gegen Norden aufbreche, damit er auf der Spur bleiben könne. Wir folgten auf dem Schienenweg den Krümmungen des Hudson, durchflogen das fruchtbare Mohawk-thal und hörten zu Nom, eiuer anspruchsvollen Niederlassung des nordwestlichen New-Iork, durch den Telegraphen von einem neuen Streiche Ingram's zu Watertown, an den Fällen des Vlack-River, am obern Ontario. Es lag unzweifelhaft in seiner Absicht, sich außerhalb des föderalen Gebietes zu halten und nur zeitweilig auf demselben zu erscheinen, um nach vollbrachter That sogleich über den St. Lorenzfluß zu entkommen. Wie ich glaube, gab es sogar einen Auslieferungsvcitrag in Bezug auf Fälschung, aber die Gesetzformalitäten und die Eifersüchteleien kanadischer und staatlicher Beamten machten ihn unausführbar. Vallagan war schlau und keck: er beschloß wo möglich Ingram ins Garn zu locken, und wenn dieß nicht gelang, , ihn auch auf fremdem Boden festzunehmen und zu entführen, um den wahrscheinlich hohen Preis zu verdienen. Der Polizennann hatte mich mitgenommen, daß dieser Fang durch mich in den Zeitungen bekannt und die Freigebigkeit der Bankhäuser heraus- 190 .gefordert werde. Wir waren mit Vogelflinten bewaffnet, und ! hatten im Sinn an dem Eeeufcr zu jagen und zu fischen, wäh- ! rend Vallagan die Telegraphcnstationen in: Ange behielt, und ! ich den jungen herrenlosen Iagdfrcund fpielte und mich unter dem Weibervolk an der Grenze umhertrieb. Keiner von uns ^ hatte Ingram je gesehen, aber wir besaßen seine Photographie, ^ die ein kleines , nachdenkliches , grauhaariges Männchen darstellte, ^ mit Zigarre und Augenglas. Des Policisten Erstes war^ jedem Steuereinnehmer an der amerikanischen Seite des St. Lorenz ein Signalement des Verbrechers zuzustellen. Ihr Amt erstreckte sich nicht auf Staatsverbrechen, wozu Fälschung gehört, und sie wurden daher beauftragt, Ingram festzuhalten, wegen verschuldeter Entwcr- ! thung der Umlaufmittel, was als ein polizeiliches Vergehen betrachtet wird. Nach dreitägigein verdrießlichen Mißlingen kam.n wir der ! Mitschuldigen des Fälschers auf die Fährte bis zu Eav Vicent, j einem elenden amerikanischen Torfe, an der Vereinignng des ! Flusses mtt dem See. Hier war sie gehcimnißvoller Weise verschwunden ; weder der rückgchcnde Eisenbahnzng, noch die kanadische Fähre und auch keiner der Ufcrdamvfer hatte sie aufgenommen: Ballagan's Schlußfolgerung war rasch und wcise — ! sie hatte den Fälscher selber getroffen und er sie verschwinden , lassen. Der Fluß war hier 7—10 Meileu breit und von vielen , Inseln unterbrochen. Ingram mochte anf einer derselben sich ! verstecken, und mit einem Nuderboot uach den Ufern des Fest- , landcs übersetzen. Wir handelten alsbald uach dieser Ver- ! mnthung, mietheten Ruderer und ein Boot. Eine ganze Woche ^ lang war unser Mühen umsonst, die wenigen Farmen auf den ! Grenzcilanden beherbergten Ingram nicht, und die Gestaltung ^ der Küste verhieß ein Suchen ohne Ende. In derselben Zeit ^ unternahm der Schurke eine dritte Fälschung zu Ogdersburg, ! 50 Meilen entfernt, und die Presse war überfüllt mit Klagen ^ über das Polizeisystcm uud Vallagan. i Am zwölften Tage unseres Abenteuercrzuges übergab mir ^ der Polizeimann, überdrüssig von Knmmer und Tadel, das ^ Boot und unsere Iagdgeräthe. Der Schiffer rndcrte mich mit ! Tagesanbruch nach einer Bucht an der Wolfsinfel, einer der , größten der Gruppe: es war ein ciwamer Ort, fern von den ^ Strömungen des Flusses, verborgen von dem Festland und ^ uon jedem Segel und jeder Wohnstätte. Ich befestigte meine ! Angelschnur anf dreihundert Vards, der blinkende Köder fchwamm -auf dem Wasser wie ein Stern: der Ruderer wurde nicht müde, und vor neun Uhr hatte ich ein Dutzend Hechte gefangen, von denen keiner weniger als sechs Pfund wog. Ich wurde nun an mein Frühstück gemahnt: die Insel war nahe, und als wir nach einem Landungsplätze suchten, zeigte uns eine Einbiegung ^ cine bequeme Vrctterhütte, welche sich an ein Dickicht lehnte > und von einem flachen Gestade umgeben war. Ranch kräuselte ! sich über dem Kamine, ein Boot lag am Strande, und ein ! Hund erhob sich und henlte, als unsere Nuderschläge ihn er- ! weckten. Alsbald erschien ein Mann und eine Frau unter der ! Thür; ersterer ging nach dem Fahrzeug, sprang hinein und ! ruderte von dannen, ohne ein Wort zu reden. Tie Frau nahm unö scheu aber gastlich anf, und gab meinem Schiffer die Erlaubniß, ihr Feuer und ihren Kessel zn benutzen: während sie den Fisch abschnppte und zubereitete, ging ich umher und sah mir die Hütte an. Der Wald wuchs hoch und dicht bis an dieselbe heran, und sie schien keinen Zugang zu habcu, außer uon der kleinen Bucht her. In dem Hause war beinahe kein Geräthc: weder Rinder, noch Schafe, noch Geflügel iu den Schuppen, und kein anderer Laut als das Gekrächze der Raubvögel über unseren Köpfen und das Anschlagen des Wassers an dem Sande. Endlich entdeckte ich in dem Cederngehölz einen Pfad, den ich verfolgte, bis er an einem Wassertümpcl aufhörte, wo ein Floß am Gestade lag. Da ähnliche Eanäle die Wohnung umgaben, schloß ich daraus, daß sie auf einem kleinen abgesonderten Inselchcn liege, und deßhalb früher unsern Blicken entgangen war. Die Frau beobachtete mich aus dem Fenster, als ich zurückkam. Sie war hübsch, aber nicht einnehmend, ein schönes thierisches Gesicht, ein wenig verlebt vielleicht und befremdlich in diesem düstern abgeschlossenen Erdenwinkel. Sie war nicht geneigt mir Rede zn stehen, gab aber zu, daß sie erst seit Kurzem hier wohne, und nahm endlich gelangweilt eine gelb eingebundene Novelle uon einem Gestelle und las in unbehaglichem Schweigen, indem sie von Zeit zu Zeit auf mich hinschaute. Ich musterte die übrigen Bücher in dem Fache: Hunts Merchants Magazine, ein Haufen Schiffstabcllen, ein Manual für Buchhaltung, cine Abhandlung über das Handels-gesctz und ähnliches , cine seltsame Bibliothek für diese Wildniß. Bei meinem Mahle dachte ich über alles dieß nach, machte cincn zweiten vergeblichen Versuch , Madame's Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, und empfahl mich zn gntcr letzt. „Nndcre mich an das canadische Ufer," sagte ich zu dem Schiffer, „wir wollen die Nacht bei dem brittischen Löwen zu--bringen." Ich landete an einem kleinen Weiler in der Nähe der Stadt Kingston und richte mich dann aus rn einem reinlichen Gasthause, wo ich am Fenster saß und eine Zeitung vor mir hatte. Aus meinem Halbschlafe weckte mich Jemand , der herein kam. Ein Mann in einem grauen Rocke hatte die Zcituug an sich genommen und las durch cine Brille. Er saß abgewendet,-aber doch erkannte ich ihn bald als den Bewohner des Hauses in der Bucht. Er war klein, hager und einem Gentlemann ähnlich: nach einer Weile zog er ein Papier ans seiner Tasche und zündete damit seine Cigarre an, während er den Rest wegwarf. Ein Lärm verursachte sein Hinansgehen, und bevor ich mich wieder zum Schlafen zurecht legte, nahm der Aufruhr vor dem Hause zu und ich sah den Fremden mit einigen Bauern im Handgemenge, welche kürzlich einige Pferde eingebüßt und jeden Unbekannten als einen Dieb anzusehen geneigt waren. (Fortsetzung folgt.) Die Macht der Einbildung. Unter den Eeclcnkräften wirkt keine wunderbarer, als die Einbildungskraft. Paracclsus behauptet, daß die Phantasie nicht nur im Stande sei, die unglaublichste Wirkung auf die eigene Sccle und den Körper des Menscben auszuüben, sondern, z 1)as; sie auch vermöge, diese Wirkung auf andere zu übertragen. ^ Und in der That sprechen eine Menge von Vcispielcn für diese Behauptung. Wir sehen zuweilen nicht nur einzelne Individuen und Familien einer krankhaften Einbildung zum Opfer fallen, sondern das Uebel verbreitet sich nicht selten mit ansteckender Gewalt auf ganze Gemeinden, ja auf die Bewohner größer Landstriche. In das Alterthum zurückgreifend, erinnern wir an die Töchter des Königs Prötos in Argos, die sich einbildeten, in Kühe verwandelt zu sein, und mit diesem Wahn anch die übrigen Argiverinnen ansteckten, die nun laut brüllend in den Wäldern und Fluren umherirrten. Rollin und Heeques berichten, daß die Bewohnerinnen eines Klosters in der Nähe von Paris jeden Tag zu derselben Zeit von dem Wahn befallen wurden, das; sie in Katzen verwandelt wären. Mehrere Stunden hörte man dann in den heiligen Räume» nichts als ein klägliches Manen. Keine dieser Einbildungen aber war so ent- ^ schlich, wie die der Lykanthropie, welche sich eine Zeit lang ! über ganz Europa verbreitete. Die Unglücklichen, welche der- ! selben verfielen, glaubten Wölfe zu sein, liefen heulend in die Wälder, fielen die Hcerden an, zerrissen und verzehrten Schafe ^ und andere Thiere und scharrten selbst die Leichen aus ihren Gräbern. z Zur Zeit der Hexenprocesse spielte die krankhaft erregte ! Phantasie eine verhängnisvolle Rolle. Gab es doch in Teutsch, i land noch zu Ende des vorigen Jahrhunderts alte Weiber, die sich einbildeten, das; sie Hexen wären. An einigen Orten theilte sich dieser Wahn selbst den Kindern mit. Zu Mora in Schweden, sowie in Württemberg klagten sich Hunderte von Kindern an, den Orgien des Vlocksbergcs beigewohnt zu haben, und eine Menge starben infolge dessen den Feuertod oder wurden öffentlich ! ausgestaubt. Auch die Vorgänge bei den sogenannten Kamp-Meetings der Methodisten in Nordamerika, bei welchen zuweilen mehr als die Hälfte der Anwesenden in Couvulsionen lag, gehören wie die „Erwcckungen" in die Kategorie der ansteckenden Einbi^ düngen. Ebenso die Geisterseher« zu Weinsberg. Kaum hatten ! in dem Hause von Iustinus Kcrner die Geister angefangen zu wehen und zu weben, so wurde in der ganzen Umgegend ein ähnliches Wispern und Flüstern bemerklich, und bald gab es ! eine Menge Häuser in Weinsberg, wo man weder bei Tage noch bei Nacht vor diesen Manifestationen einer unsichtbaren Welt sicher war. Die unmittelbare Wirkung der Einbildungskraft auf torper- ! liche Zustände ist von einsichtigen Aerzten aller Zeiten zugc- ! standen worden. Die Gedanken des Patienten von seinen eigenen ^ Leiden abzuziehen, indem man sie anderweit beschäftigt, erweist ! sich bei vielen Uebeln als das einzige und zuverlässigste Heil- z mittcl. Menschen, welche sich einbilden, an einer Herzkrankheit ! zu leiden, laufen in der That Gefahr, sich ein solches Uebel zuzuziehen; denn das unausgesetzte' ängstliche Beobachten des Herzschlagcs genügt, um die Regelmäßigkeit desselben zu stören. Berühmte Aerzte haben behauptet, daß sich selbst Entzündungen einzelner Theile des Körpers herbeiführen la»en, wenn cin mit lebhafter Phantasie begabter Patient seine Gedanken mit Consc-quenz auf diese Theile concentrirt. Ein au Hypochondrie lei-^ dender Manu starb, als man ihu zwang, durch eine Thüre zu gehen, die seiner fixen Idee nach zu klein für ihn war. ! Ein zum Tode vcrurtheilter Verbrecher, welcher ohue sein Wissen i begnadigt war, starb an dem Streiche mit einem nassen Handtuche, das er für die kalte Echueide des Richtbeils hielt. ! Eines der merkwürdigsten Beispiele für die Gewalt der ^ Einbildungskraft ist der bekannte Vorfall, welcher im Jahre j 1832 anf dem Maskenbälle im Opcrnhause zu Paris stattfand. Die Kunde vom Ausbruch der Cholera in London hatte auch ^ in der französischen Hauptstadt die Gemüther bereits mit Furcht ' und ängstlicher Sorge erfüllt. Indessen war bis dahin kein Erkrankungsfall vorgekommen, der Maskenball siel so glänzend aus wie nur je. Das Haus war übervoll und die laute Fröhlichkeit hatte ihren Gipfelpunkt erreicht, als plötzlich eine eigenthümliche Maske die Aufmerksamkeit zu erregen begann. Es war eine ungewöhnlich große, völlig schwarzgekleidete Figur, die ohne Theilnahme an der allgemeinen Lust mit langsamen, feierlichen Schritten durch den Saal ging und jede Annäherung stumm, aber entschieden zurückwies. Ihr geheimnißvolles Wesen lockte die Neugierigen an, man umringte sie, sie floh: der Haufen ihrer Verfolger wurde immer größer, bis sich der ganze Ball in eine wilde Jagd auflöste, die hinter der schwarzen, von Loge zu Loge, von Eorridor zu Eorridor flüchtenden Maske herstü..nte. Endlich hatte die gehcimnißvolle Gestalt die Höhe einer Treppe erreicht, auf der sie sich auf alleu Seiten von ihren Verfolgern unnmgt sah. Da wandte sie sich rückwärts, der die Treppe heraufdrängenden Menge zu, und rief mit lauter Stimme: „Ihr wollt wisscu, wer ich biu? Ich bin die Cholera!" Diese Worte riefen eine allgemeine Bestürzung hervor. Ehe man sich wieder gesaßt, hatte die Maske Gc-! legenheit gefunden, im Gedränge zu entschlüpfen. Man suchte vergebens nach ihr, sie schien verschwunden — und schon eine ^ Viertelstunde später brach die Krankheit im Vallsaale mit so verheerender Wuth aus, daß bekanntlich viele Todte noch in ihren Maskenanzügen begraben wurden. Als im Jahre 1849 die Cholera abermals ihre Geisel über die Länder schwang, hatten die detaillirten Schilderungen der Krankheit einen so nachtheiligen Einfluß auf den Gesundheitszustand Vieler,'daß man sich genöthigt sah, dieselben zu unterdrücken und zu beschränken. Welche Wirkung das die Phantasie in hohem Grade erregende Lesen medicinischer Bücher uicht nur auf schwächliche und reizbare, sondern auch auf gesunde und lebenskräftige Personen ausübt, hat gewiß Mancher an sich selbst erprobt. Selbst Aerzte vermögen sich oft dem Einfluß der in dieser Richtung erregten Einbildungskraft uicht zu entziehen. So z. B. nahm cin eifriger Zuhörer des berühmten Professors Aocrhave aus dessen Vorträgen uicht nur jedesmal die wisscnschaftlicheu Kenntnisse, sondern die ganze Empfindung der einzelnen Krankheiten mit sich nach Hause und glaubte alle Symptome derselben, an sich zu spüren. So stark erweist sich in vielen Fällen die Macht der Ein- ! bildungskraft, das; man geneigt ist, die Uebcrtragung mehrerer ! bis dahin für körperlich ansteckend gehaltener Krankheiten nur ! ihrem Einfluß zuzuschreiben. Ein Professor Tick in Edinburgh ! hielt uor einiger Zeit einen öffentlichen Vortrag, in welchem z er die Neberzeugung darlegte, das; z. V. die gefürchtctste aller ! Krankheiten, die Hundswuth, nur ein Produkt der Einbildung sei. , Was man unter diesem Namen verstehe, meint er, sei bei den Thieren eine Gehirnentzündung — das Ucbrige thue bei den Menschen lediglich die Einbildung, die Angst, von einem tollen Hunde gebissen zu sein. ! Und in der That scheinen viele Erfahrungen, welche man ! in großen Hospitälern zu sammeln Gelegenheit hatte, für diese ! Annahme zu sprechen. So wurden vor einigen Jahren mehrere Personen in Paris von einem tollen Hunde gebissen. Drei von ihnen starben bald in dem Hospital, in das man sie gebracht hatte, an der Wasserscheu. Den übrigen sechs Verwundeten sagte man, daß man ein unfehlbares Mittel gegen die ! entsetzliche Krankheit besitze. Man reichte ihnen indessen nichts als gefärbtes Wasser und alle sechs blieben von der Krankheit ! verschont und konnten bald, als vollständig außer Gefahr, ent-lassen werden. Auch später zeigte sich bei keinem der Gebissenen ! eine Spur der Krankheit. , ! Peter Frank erzählt, daß ein Knabe, welcher zugleich mit ! cincm andern von einem Hunde gebissen worden, bis dabin ! aber gesund geblieben war, augenblicklich von der Wuth ergriffen wurde, als er erfahren, daß sein UnglückZgcfäbrte an dieser Krankheit gestorben. Dasselbe geschah einer Frau in Besancon, welche uebst vier anderen Menschen von einem tollen ! Hunde gebissen, längst außer Gefahr schien, als ihr auf ein- > mal bekannt wurde, daß jene Anderen bereits vor drei Monaten ! an der Wasserscheu gestorben. Auch sie verfiel am andern Tage i in die Krankheit und starb am dritten. ! Jur Schädelknnde. Dr. Wcisbach, k. k. Oberarzt und Assistent der pathologischen Anatomie an der k. k. Iosefs-Academie veröffentlicht in den mcdicinischen Jahrbüchern der Gesellschaft der Aerzte in Wien ! seine Untersuchungen und weitläufigen Messungen der Schädelformen ! österreichischer Völker , und zwar ist der germanische Stamm durch ! die Deutschen vertreten, der slavische in seinen beiden Hauptab-theilungcn der Nord- und Südslavcn einerseits durch die Polen, ! Nuthcnen, Slouaken und Czcchen, andererseits durch die Croaten und Slovcnen , dcr romanische durch die Italiener und Rumänen; die Magyaren werden zum finnisch-ungarischen Stamme, die Zigeuner als den Hindus verwandt betrachtet. Nicht mit Unrecht bemerkt der fleißige Forscher, daß man bisher sich nur mit Messungen dcr Schädel ferner oder irgendwie auffälliger Volker beschäftigte, ohne die Nächstliegenden zu kennen, so daß man die Schädel dcr Neger und Amerikaner besser kennt, als die der Romanen, Slaven und Magyaren. Der Verfasser kam zu dem Resultate, daß es unverkennbar nationale Verschiedenheiten dcr Schädclformcn gebe, wenngleich die Differenzen nicht ccntimeter-, sondern millimetergroße Unterschiede betragen, was, wie Dr. W. meint, die natürliche Folge der an und für sich nicht so weit schwankenden Größe des menschlichen Schädels ist. Der Fleiß, mit dem Dr. W. seine Messungen angestellt, ist wahrlich bewundernswerth. Er hat außer zwei Wägungs-operationen jeden Schädel nach 38 Umfangslinien gemessen, und noch außerdem von jedem 5 Ansichten bildlich abgenommen. Vielleicht dürfte es einige Leser intercssircn, die Resultate der Untersuchungen über den Schädel dcr Slovenen, natürlich in gedrängtester Kürze kennen zu lernen. Es standen dem Verfasser nur sechs Schädel von Soldaten im Alter von 22 bis 5? Jahren (4 aus Steiermark und 2 aus Kram) zu Gebote. Der Schädel räum ist groß, größer als bei den Croateu, Slovakeu und Böhmen, jedoch kleiner als bei den Polen und Nuthenen, dem der Italiener am nächsten kommend. Die SchädeIknochen sind ziemlich dick, dünner als bei den Croaten, dicker als bei den Nuthenen. Der Schädol ist ziemlich groß, schwer, t urz, breit, gegeu die Stirne hin nur mäßig, dag egen am Hinterhaupts und an der Basis stärker verschmälert, d. h. das Vorderhaupt viel breiter, als das schmale Hinterhaupt. Das Gesicht ist sehr lang uud breit, im Ganzen groß, unten schmäler als oben. Die Gc-sichtsbreiten sind außerdem im Verhältniß zu den Schädelhöhcn sehr groß. ^ Die Schüdclhühc ist überhaupt sehr klein, und wird nur von dem der Croaten übertroffen, welche den niedrigsten aller gemessenen Schädel haben. Die Länge des Schädels ist sehr klein, wie bei den Italienern. Der Unterkiefer ist immer stark, breit, das Kinn breit gerundet. Eine Strafpredigt. Zwci Fremde, welche an der Kirche, in welcher dcr berühmte Abraham ü, Santa Clara predigte, vorübergingen, traten aus Ncugier hinein, gingen den Krcuzgang hinauf und blieben, da sie keinen Sitz fanden, eine Weile stehen und hörten der Predigt zu. Diese schien sie indessen nicht sehr zu intercssircn und es dauerte nicht lange, jo drehten sie sich wieder herum und schickten sich an, die Kirche zu verlassen. Ehe sie jedoch noch die Thür erreichten, sagte dcr Prediger: „Jetzt will ich euch noch eine Geschichte erzählen." Die Fremden stutzten, blieben stehen, drehten sich neugierig herum und hörten weiter zu. „Es war einmal ein Mann," hob der Prediger wieder an, „welcher sagte, wenn alle Beile in der Wclt ein einziges großes Beil und alle Bäume in der Welt ein einziger großer Baum wären, und er dieses große Vcil schwingen und den großen Baum fällen könnte, fo würde er ans demselben eine einzige große Peitsche fertigen, um damit die ruchlosen Frevler durchzufuchteln, welche dem Evangelium den Nucken kehren, aber stehen bleiben, um eine Geschichte zu hören." Die Fremden meinten nun zur Befriedigung ihrer Neugicr genug gehört zu haben und suchten schleunigst das Weite. Verantwortlicher Redacteur I. v. Kleinmayr. — Druck und Vcrlag von Igu. v. Klewmayr L5 F. Bamberg in Laibach.