KÜRZE ANLEITIG ZUR AUFZUCHT der gemeine n SeidLenr*a,upe* Von Prof. Friedrich Haberlandt Leiter der k. k* Seidenbau Versuchsstation in Görz. 1871* KÜRZE ANLEITUNG ZUB, AUFZUCHT cLex* gemeinen Seidenraupe, Von Professor Friedrich Haberlandt Leiter der k. k. Seidenbau Versuchsstation in Görz. 1871. Vorwort an die iáeidenziichter ! agst Du einer inilden südlichen Heimath angehören, oder cW4v unter einem strengeren nördlicheren Himmel wohnen, áxsfr die Bedürfnisse der kostbaren Seidenraupe, der Du dei ne Sorgfalt zuwendest, bleiben überall dieselben. Es gibt keine besonderen Massregeln, welche man nur im Norden, oder welche man nur im Süden zu befolgen hätte, es gibt kein Zuch t verfahr en, welches sich nur für ein einzelnes Land eignete, und das falls es zweckmässig ist, sich nicht überall mit Vortheil anwenden Hesse. Trage daher kein Bedenken, bei der Aufzucht der Seidenraupen nur jene Eathschläge zu ^folgen, welche Dir die im Bunde mit der Wissenschaft geläuterte Praxis vorschreibt ; lass die Vorurtheile fahren, welche hier wie in anderen Kreisen menschlicher Thätigkeit nur von der Beschränkung geboren und grossgezogen werden und sei überzeugt, dass der wahre Fortschritt hier wie überall auch der beste Förderer Deines materiellen Wohlstandes ist. — 2 — Von der Ausbietung der Eier. Wenn die Knospen des Maulbeerbaumes derart angeschwollen sind, dasö in wenig Tagen das Hervorbrechenderjungen Blättchen zu erwarten steht, dann ist auch die Zeit gekommen, das Ausbrüten der Eier des gemeinen Seidenspinners vorzunehmen. Je nachdem Du im Süden oder Norden wohnst, wird dieser Zeitpunkt schon Mitte April oder erst 4—6 Wochen später eintreten. Schiebe ihn nicht länger hinaus, als dies unumgänglich nothwendig erscheint ; beginnst Du das Ausbrüten erst dann, wenn die Maulbeerbäume bereits grün geworden sind, so hast Du dich bereits verspätet. Kriechen die Bäupchen aus den Eiern, sollen eben auch die Blättchen aus den Knospen sich entfalten, da es am erwünschtesten ist, wenn diese in gleichem Schritte mit den Baupen wachsen. Du wendest ein, dass eine früher vorgenommene Zucht einen Mehraufwand für Maulbeeiiaub, "für künstliche Beheizung erforderlich machen würde, dass Nachfröste durch Vernichtung des ersten zarten Laubes die ganze Zucht in Frage stellen könnten. Wir sind derselben Ansicht, allein die Vortheile einer früheren Zucht überwiegen doch bei weitem diese Nachtheile. Denn die Baupen früher Zuchten sind den Krankheiten weniger unterworfen, als die später unternommenen, die Baupen werden mit dem jüngeren Laube besser ernährt, liefern reichere und werthvollere Kokonernten, gelangen auch vor der grossen Hitze des Sommers, welche gerade in dem letzten Alter der Baupen nicht ohne Gefahr ist, in die Spinnhütte. — Wo in der ersten Hälfte des Mai die gefürchteten Eismänner zu erscheinen pflegen, da musst Du es eben darauf ankommen lassen nnd einen Theil der Eier für eine zweite spätere Zucht für den Fall aufbewahren, dass Dir die bösen Heiligen Fankratius und Genossen mit Beif und Frost das junge Maulbeerlaub versengen sollten. Bevor ich dir rathe, wie Du das Ausbrüten der Eier am besten besorgen kannst, will ich Dir sagen, wie Du dieses wichtige Geschäft nicht vornehmen solltest. Vor Allem musst Du das alte Vorurtheil fahlen lassen, welches das Tragen der Eier am eigenen Leibe als eine vortheilhafte Massregel empfiehlt, Bedenke, dass zwischen unseren Kleidern und unserem Leibe die Wärme bis auf 260 selbst 280 B steigt ; dies ist des Guten zu viel, denn diese Wärme würde _ 3 — atisreichen, um selbst die Eier warmblütiger Vögel auszubrüten. In dem engen Baume, wo sie dem Schweisse und schädlichen Ausdünstungen ausgesetzt sind, werden die jungen Räupchen von einer solch hohen Temperatur um so mehr geschwächt, als es ihnen hier auch an frischer Luft in hohem Grade gebricht. Die Ausbrütung» der Eier in den Betten ist nicht viel besser. Auch in diesen steigt die Wärme für die Eier zu hoch, auch hier fehlt es ihnen an frischer Luft. Auch tritt ein neuer Uebelstand hinzu nämlich der, dass die Eier des Tages übereine starke Abkühlung erleiden, es sei denn, dass Du Jemanden auch des Tages* über zum Liegenbleiben im Bette verhältst. Wenn einerseits die energische Einwirkung der Körperund Bettwärme beim Ausbrüten der Eier nicht angewendet werden soll, so ist andrerseits der alleinige Einfluss der natürlichen Wärme nicht ausreichend, um die Ausbrütung in erwünschter Weise herbeizuführen. Den direkten Sonnenstrahlen darfst Du die Eier nicht aussetzen, weil sie dabei zu stark erwärmt würden, Du musst daher die Eier im Schatten auslegen und dafür sorgen, dass sich das nach der Mittagsseite gelegene Brutsimmer bei Tag erwärmt und in der Nacht durchs Schliessen der Fenster vor Abkühlung möglichst geschützt wird. Trotz dieser Vorsicht wird hiebei die Ausbrütung der Eier länger als erwünscht ist, hinausgeschoben, auch wird sich ein anderer Uebelstand, nämlich ein sehr ungleichseitiges Ausschlüpfen der Räupchen geltend machen. Dasselbe wird sich auf 5—6 und notíh mehr Tage vertheilen, was natürlich ihre Aufzucht wesentlich erschweren würde. Eine Nachhilfe Deinerseits durch künstliche Ofenwärme ist daher nicht zu vermeiden, soll anders die Ausbrütung der Räupchen in erwünschter Weise vor sich gehen Wenn Du die Wärme in dem Brutzimmer durch 6 Tage auf 100 R. » ö 9 » 1Ä „ 4 140 4 160 erhältst, so kannst Du mit Sicherheit darauf rechnen, dass am 21 Tage das Ausschlüpfen der Rauchen beginnt und in wenig Tagen beendet ist. Diese künstliche Heizung erfordert viel Sorgfalt, damit die gleichförmig steigende Temperatur keine zu grossen Schwanktmgen erleide. Anfangs heize nur wenig, später mehr ; bei Tag wird je nach der äusseren Temperatur die künstliche Nachhilfe oft überflüssig sein, dagegen ist dieselbe bei Nacht nicht zu unterlassen. Beurtheile den Grad der Temperatur nicht nach Dei _ 4 — nem Gefühl, sondern beachte die Anzeige des Thermometers, der unmittelbar neben den Eiern liegen soll. Entziehe die Eier der Wirkung der strahlenden Wärme des Ofens, welche gleich den direkten Sonnenstrahlen den in der Eischale befindlichen Bäupchen nicht selten tödlich werden kann. Auch zu trockene Luft wird den in der Ausbrütung befindlichen Eiern oft gefährlich. Sorge daher, dass der Fussboden des Brutzimmers fortwährend feucht erhalten bleibe, entweder indem Du ihn mit reinem Wasser bespritzen oder mit nassen Tüchern befeuchten und dabei zugleich stets rein erhalten lässt. Benutzest Du lose Eier, welche von ihrer Unterlage abgewaschen worden sind, so breite sie in einer flachen Schachtel, deren Seitenwände nur einen halben Zoll hoch sind, in eine ganz dünne Schichte aus, denn die Eier sollen neben nicht über einander zu liegen kommen. Bedecke diese, so wie die auf Papier, Leinwand oder auf Kartons festgeklebten Eier mit durchlöchertem Papier oder einem feinen Netz und vertheile auf dieses eine entsprechende Zahl von zarten Blättern. Bis 8 Uhr Vormittags wird die Mehrzahl der ausgeschlüpften Eäupchen anf die Blätter gekrochen sein; hebe sie nun mitsammt dem durchlöcherten Papiere oder dem aufgelegten Netze ab und übertrage sie an den zu ihrer Aufzucht bestimmten Ort. Behufs des Aufsammelns des Eestes der an demselben Vormittag ausgeschlüpften Baupen breitest Du über ein den Eiern neu aufgelegtes Netz eine verhältnissmässig geringere Zahl von Blättchen aus, worauf Mittags die Vereinigung dieser mit den Bäifpchen der ersten Abhebung desselben Tages erfolgt. Von nun an beginnt die regelmässige Fütterung in der Weise, dass die Kaupen jedes Tages eine besondere Altersklasse bilden und ganz gesondert gehalten werden. Vermeide jene Uebung, welche den Eäupchen der ersten Tage jegliche Nahrung aus den Grunde versagt, damit sie im Wachsthume den in den nachfolgenden Tagen auschlüpfenden Eäupchen nicht voraneilen. Die Nachtheile eines solchen Verfahrens werden durch die vermeintlichen Vortheile, welche in der Vereinfachung der Zucht durch Verminderung der Alterklassen bestehen, durchaus nicht aufgewogen, vielmehr legt man hiedurch schon im Anfange der Aufzucht nur den Grund zu einem frühen Siechthum der Eaupen. _ 5 — Von der Aufzucht der Raupen. Die Reinhaltung, Beheizung und Lüftung der Zuchtlokalitäten. Eäumlichkeiten, welche Du zu deinen Aufzuchten benützest, sollen so reinlich als möglich gehalten werden nnd leicht zu beheizen und zu lüften sein. Eine gründliche Reinigung des Pussbodens, der Wände und aller Zuchtgeräthschaften musst Du schon vor Beginn der Aufzuchten vornehmen. Eine TJebertünehung der Wände mit Kalkmilch, eine Waschung des Pussbodens und aller Geräthschaften mit heisser und scharfer Lauge werden ausreichen. Aber auch während der Aufzucht beobachte die grösste Beinlichkeit, denn auch bei dieser gilt der Spruch der Landwirthe dass Ordnung und Reinlichkeit schon das halbe Putter sind. Verstreue nicht den Unrath der Eaupen, lass nicht Staub und Kehricht auf dem Fussboden sich ansammeln, sondern lass letzteren mit nassen Tüchern täglich ein oder mehremale abscheuern. Sollte kaltes Wetter sich einstellen, so säume nicht, stärkeren Abkühlungen des Zuchtlokales, die namentlich während der Nacht einzutreten pflegen, durch künstliche Heizung vorzubeugen. Wenn auch eine langsam eintretende Temperatur- Schwankung die Gesundheit der Eaupen nicht in Gefahr bringt, so sind doch plötzliche Temperaturänderungen im Zuchtlokale stets bedenklich. Trachte daher die Grenzen der Schwankungen zwischen 140—200E festzuhalten, einem Weniger beuge durch Heizung, einem Mehr durch angemessene Lüftung in der kühleren Tageszeit vor. Konntest Du aber eine übergrosse Steigerung der Wärme auf 220—240E nicht verhüten, so trage Sorge, dass nicht eine plötzliche äussere Abkühlung, die auf 8 bis 120B herabgehen und selbst in der 2. Hälfte des Mai und im Juni eintreten kann, auch Deine Eaupen treffe. Eine der wichtigsten Massregeln, die Dir obliegt, ist eine reichliche Lüftung der Zuchträume. Erwäge, dass die Seidenraupe von der Natur aus ins Preie gewiesen ist, wo sie zwisehen dem grünen Laube die reinste, zum Athmen tauglichste Luft findet. Bedenke ferner, dass die Luft nirgends so schnell verdirbt, als in Eäumen, wo viele athmende Wesen eingeschlossen sind. Darum lüfte nicht nur bei Tag, vielmehr indem Du einer stärkeren Abkühlung durch Heizung vorbeugst, in entsprechender Einschränkung auch bei Nacht. Du begehst einen gros 6 — sen Fehler, wean Du der Abkühlung des Zuchtlokales nur durch luftdichten Verschluss der Fenster wehren willst. Sobald die äussere Temperatur zwischen 140-200E beträgt, kannst Du alle Fenster und Thüren offen halten; ein heftiger Luftzug in den Lokalitäten ist aber zu vermeiden, daher die Fenster bei starkbewegter Luft an der Windseite ganz oder theilweise zu schliessen, ander entgegengesetzten aber zu öffnen sind. Auch kannst Du zu heftigen Luftzug massigen, indem Du statt der Glasfenster Eahmen mit Fliegengitter einsetzest. Die ausreichende Lüftung deiner Zuchtstube besorge immer selbst, denn diegelbe ist eine Massregel, die eine unausgesetzte Aufmerksamkeit und Umsicht erfordert. Daran, dass sich kein übler Geruch im Zuchtraum bemerkbar macht, wirst Du erkennen^ dass die Lüftung eine hinreichende sei. Lass auch das Vorurtheil fahren, als wenn das Verbrennen aromatischer Pfianzentheile und Sa- men z. B. der Wachholderbeeren die Luft irgendwie zu verbessern vermöchte. Solche Bäucherungen verdecken nur den üblen Geruch, ohne im Mindesten die nachtheiligen Folgen der ange sammelten schädlichen Gase zu beheben. Die Fütterung der Raupen. Ausser der Eeinhaltung, Beheizung und Lüftung des Zuchtlokales hast Du noch der Fütterung der Kaupen, ihrer Umbettung und der stetigen Vergrösserung des ihnen zugewiesenen Kaumes deine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die Fütterung besorgst Du bis zur 3. Häutung am besten mit anfänglich sehr fein, später grob geschnittenem Laube. Dadurch wird die gleichmässige Vertheilung des Futters erleichtert ; die Kaupen werden gleichförmiger ernährt, obwohl an Futter erspart wird. Bis zur 1. Häutung kannst Du von 3 zu 3 Stunden, also während eines Tages 8mal füttern, von der 1. bis zur 3. Häutung reichen 6 Fütterungen p. Tag aus, nach der 4. Häutung kannst Du aber so oftmal füttern, als es die Fresslust der Raupen erfordern sollte. Je wärmer und trockner die Luft ist, desto reichlicher kann die Fütterung ausfallen und umgekehrt, auch kommen wenigere und reichlichere Malzeiten in ihrer Wirkung nahezu gleich häufigeren und spärlicheren Fütterungen. Letztere machen wohl mehr Arbeit, sind aber wegen gleichförmigerer Ernährung und besserer Ausnützimg des Futters entschieden vorzuziehen. _ 7 — Gegen das Auflegen kleiner beblätterter Zweige statt abgepflückter Blätter ist nichts einzuwenden. Es verdient sogar den Vorzug, da sich die Kaupen bei dieser Fütterungsweise besser vertheilen und mehr Bewegung zu machen genöthigt sind. Vermeide die Verfütterung nassen oder abgewelkten Laubes, dessgleichen solcher Blätter, welche in Folge ihrer Aufbexrahrung in Säcken oder in grossen Haufen warm geworden sind und in Folge eingetretener Gährung eine bräunliche Verfärbung erfahren haben. Am leichtesten beugst Du allen Unzukömmlichkeiten vor, wenn Du die Blätter mitsammt den Zweigen von den Bäumen einsammelst und nach Hause transportirst. Sind sie etwa durch Regen oder Thau nass geworden, so trocknen sie an den Zweigen leichter ab; an diesen befind lich, welken sie auch langsamer als im abgepflückten Zustande, und indem die Zweige an den Wänden der Futterkammer locker aneinander gelehnt werden, beugt man auch am sichersten einer Erwärmung ihrer Blätter vor. Das Umbetten der Raupen und die Reinigung der Lager. Die Umbettung der Baupen d. h. ihre Uebertragung auf andre Hürden ist behufs der Beinigung ihrer Lager, sowie nach jeder Häutung unumgänglich nothwendig. Vor der 1. Häutung ist ein Wechsel der Lager nicht nothwendig; von der 1. bis dritten Häutung wechsle man das Bett jeden 2. Tag, nach der 3. und 4. Häutung bis zur Spinnreife aber geschehe dies täglich. Der Wechsel wird am bequemsten mit durchlöchertem Papier oder mit Netzen vorgenommen. Bist Du mit diesem Hilfsmittel nicht versehen, so breite über die abzuhebenden Baupen beblätterte Zweige über und über aus. Nach einer halben Stunde wird die Mehrzahl der Kaupen auf diese übergekrochen sein und werden sie nun mitsammt den Zweigen auf eine bereit stehende leere Hürde übertragen. Etwa zurückgebliebene Eaupen werden mit der Hand oder mit einigen neu aufgelegten Zweigen aufgesammelt, worauf die abgeleerte Hürde mitsammt dem Unrath und den Futterresten aus dem Lokale getragen und in einiger Entfernung von demselben gereinigt wird. * Wie Du weisst, häuten sich die Seidenraupen vor ihrem Einspinnen 4maL Sie verfallen dabei in eine Erstarrung, in welcher sie unbeweglich mit gehobenem Vorderleib auf dem B _ Futter sitzen bleiben und zu fressen gänzlich aufhören. Dieser „Schlaf" dauert 25 bis 36 Stunden, (bei kränklichen schwachen Raupen auch 2-3 Tage) Während desselben bildet sich unter der alteii eine neue Haut, denn die alte war schon zu eng geworden, es bilden sich im Innern der Raupe auch neue weitere Athmungsröhren, statt der alten engeren, damit die grössere Raupe auch mehr Luft einzuathmen vermöge. Alle diese Veränderungen rufen zwar keinen krankhaften aber doch empfindlichen Zustand hervor, wesshalb Du die Raupen während derselben völlig ungestört lassen musst, Sobald die Häutung beginnt, halte mit der Fütterung inne, denn Du würdest sie, da sie zu fressen gänzlich aufgehört haben, mit dem frischen Futter nur verdecken. Eine aufmerksame Beobachr tung zeigt Dir, dass unter diesen Raupen noch ein kleiner Theil solcher vorkommt, für welche der Schlaf noch nicht herangebrochen ist. Es wäre Schade, wenn Du diese Raupen, die nach Unterlassung der Fütterungen, nach Futter suchend lebhaft herumkriechen, hungern lassen wolltest; — streue für diese hie und da einige beblätterte Zweige auf, und übertrage diese aufgesammelten Nachzügler nach einiger Zeit auf solche Hürden, deren Raupen gleichfalls noch nicht in der Häutung begriffen sind. So wie die Raupen einer und derselben Hürde nicht alle gleichzeitig in die Häutung gelangen, eben so wenig beendigen sie dieselbe gleichzeitig. Warte ab, bis Du wahrnimmst, dass die Mehrzahl der Raupen die Häutung überstanden hat d, h. aus der alten Haut herausgekrochen ist, und nehme erst dann das Abheben und Uebertragen der gehäuteten Raupen auf eine neue Hürde vor. Auch diese Operation kann mit durchlöchertem Papier, mit Wetzen oder aufgelegten Zweigen vorgenommen werden. Dabei achte man darauf, dass die gleichzeitig abgehobenen Raupen auf denselben Hürden vereinigt werden, eben so die Raupen des 2. Abhubes, welcher 12-16 Stunden später vorgenommen werden kann, auf einer und derselben Hürde zusammengetragen werden. Indem diese Vorsicht nach jeder Häutung beobachtet wird, gelingt es am leichtesten, auf jeder [Hürde nur Raupen von vollkommen gleicher Entwicklungsstufe zu vereinen. Von Räume, den die Raupen benöihigen. Gegen die Vorschrift, dass den Raupen eine entsprechende Lagerfläche eingeräumt und auch nicht zu viele Raupen in einem 9 _ gegebenen .Rauminhalte angehäuft werden sollen, fehlen die meisten Züchter. Sie thnn dies zu ihrem eigenen Nachtheil, denn ein grosser Theil der Verluste, welche durch eine der gefährlichsten Krankheiten der Seidenraupen die r Schlaffsucht " entsteht, ist auf die Ueberfüllung der Zuchträume, auf eine zu dichte Anhäufung der Kaupen auf den Hürden zurückzuführen. Eechne für jede Unze mindestens einen Luftraum von 12 Kubikklaftern, rechne, dass zwischen zwei übereinander befindlichen Hürden mindestens ein Abstand von 2' eingehalten werde, rechne, dass 1000 Eau- pen gleich nach dem Ausschlüpfen eine Lagerfläche von 10 Quadratzoll, vor der Spinn reife aber eine solche von eben so viel Quadratfussen benöthigen. Diese Vergrösserung der Lagerfläche vom Einfachen bis zum 144 fachen hält mit dem Gange des Wachsthums der Eaupen gleichen Schritt; sie wird herbeigeführt indem bei jeder Fütterung die Grenzen etwas weiter hinausrücken, ebenso nach jeder Häutung eine bessere Vertheilung der Eaupen besorgt wird. Nun fällt es Dir leicht zu ermitteln, welchen Flächenraum die Eaupen einer Unze Eier benöthigen, venu Du erfährst, dass in einer solchen 36000—40000 Eier enthalten sind, aus welchen Du auf 30000 bis 35000 Eaupen rechnen kannst. Die Anfertigung der Spinnhatten und das Einspinnen der Raupen. Der Vorrichtungen für das Einspinnen der Raupen gibt es mancherlei. Jene entsprechen am besten, die billig herzustellen, dabei luftig und so beschaffen sind, dass sie eine grosse Zahl von spinnreifen Raupen in mehr oder weniger abgegrenzte kleine Zwischenräume aufzunehmen vermögen. Ein sehr geeignetes Material ist Ginster, Haidekraut, Bepsdotter, Hederich, Rapsstroh,- auch Stroh, Birkenreisig, Hobelspäne gehören hieher. Zweige mit frischen grünnen Blättern sind nicht zu verwenden, da jede Feuchtigkeit von den Spinnhütten ahgehalten werden soll. Deine Spinnhütten seien der Lüftung zugänglich, desshalb nicht unmittelbar dem Fussboden aufgesetzt, oder der Seitenwand des Zuchtraumes angebaut. Wenn es möglich ist, so sei der Raum zum Einspinnen, von jenem wo die Eaupen aufgezogen werden, getrennt. In den meisten Fällen wird es Dir aber an Eaum gebrechen und wirst — 10 — Du die Spinnbütte in demselben Lokale das zur Aufzucht diente, unterbringen müssen. Du kannst'sie in diesem Falle mit den Hürden in Verbindung bringen, wobei es den spinnreifen Eaupen überlassen bleibt T&L der Spinnvorrichtung emporzukriechen, oder der Spinnwald bildet eine Vorrichtung für sieb, von welchen eine nach der andern durch das Auslesen der spinnreifen Kaupen besetzt und an einem passenden Orte untergebracht wird. Sind die Kaupen in der Spinnhütte in zu grossem Gedränge, so wirst Du besonders bei Japaneser Bässen eine grosse Zahl von Doppelkokons ernten; — ist die Spinnvorrichtung aber an einem feuchten, dumpfigen, ungenügend gelüfteten Orte untergebracht, so kannst Du von Grünnspinnern roftfleckige Kokons von sehr geringem Werthe erhalten oder überhaupt eine grosse Sterblichkeit unter deinen Eaupen selbst noch in dem Momente ihres Einspinnens zu beklagen haben. Wichtig ist auch, dass Du die Kaupen in der Spinnhütte vor zu grosser Abkühlung schützest und unter Umständen zu diesem Zwecke selbst Ende Mai oder im Juni eine ausgiebige Heizung nicht scheuest. Am achten Tage nach dem Aufkriechen der Kaupen in die Spinnhütten kannst Du die Ernte der Kokons vornehmen. Sondere die festen und weichen, dessgleichen alle Doppelkokons, befreie sie von der Flockseide und säume nicht, sie im frischen Zustandt alsogleich zu verkaufen. Vermeide es, die Abtödtung selbst vorzunehmen und überlass diese Arbeit, die Dir leicht misslingt und dadurch iiachtheil bringen kann, dem Käufer Deiner Kokons. Vielleicht kannst Du einen Theil derselben zur Eiergewinnung verwenden, doch wirst Du erst im nächsten Abschnitt erfahren, in welchem Fall Du Dir dies erlauben darfst. Die gegenwärtig herrschenden Hauptkrankheiten der Seidenraupen. Die Körperchen-oder FlecJcenJcrankheit. Wenn sich schon am Beginne der Zucht eine' Ungleichheit unter den Kaupen bemerkbar macht, welche bei jeder neuen Häutung in immer auffälligerem Grade hervortritt, wenn Du — 11 — überdies an den Eaupen schwarze Flecke besonders an den vorderen Körperringen, auf den Bauchfüssen und am Sporne benierkst, wenn die Eaupen förmlich abmagern und gar keine Fortschritte im Wachsthum zeigen, so hat die Körperchenkrankheit deine Zucht befallen. Wie bei der Trichinenkrankheit das Fleisch des befallenen Thieres oder Menschen von aeiner grossen Anzahl kleiner Eundwürmer durchsetzt wird, so finden sich auch in den fleckenkranken Seidenraupen feindliche Organismen die sogenannten Körperchen ein, welche noch viel kleiner als die Trichinen sind und alle inneren Organe der Eaupen belagern und gleichsam zerstören. Hat sich die Krankheit schon in den ersten Altersperioden der Eaupen bemerkbar gemacht, dann ist ihre Eettung sehr unwahrscheinlich, vermehrt sich aber der Parasit erst in dem letzten Alter der Eaupe in reichlicherem Masse, dann kann sei- be immerhin noch zur Anfertigung ihres Kokons gelangen. Da kranke Eaupen die gesunden anzustecken vermögen, so sorge dafür, dass alle Nachzügler und Schwächlinge, die schon wegen ihrer Verspätung verdächtig sein müssen entfernt werden. Eine von der Fleckenkrankheit befallene Zucht eignet sich selbst, wenn ein massiger Kokonertrag erzielt worden sein sollte, durchaus nicht zur Fortpflanzung, denn der feindliche Schmarotzer entwickelt sich fort und fort auch in der Puppe und im Schmetterlinge, ja er geht sogar in die abgelegten Eier über und bedroht somit auch die Keime der künftigen Generation. In zuverlässiger Weise wirst Du dich vor dieser Krankheit schützen, wenn Du nur solche Eier verwendest, die keine Körperchen enthalten, ganz gewiss wird dies aber nur bei jenen Eiern zutreffen, welche von solchen Schmetterlingen herrühren, die vom Schmarotzer nicht befallen waren. Der Nachweis ob Körperchen vorkommen oder nicht, kann nur mit dem Mikroskop durch eine sachverständige Person geführt werden. Da es solcher schon in jedem Lande Einige gibt, so unterlass es nicht, von Einer derselben 10 Tage nach erfolgtem Einspinnen deiner Eaupen, 50 Puppen untersuchen zu lassen. Waren dieselben ganz ungekörpert oder nur bis zu 60/0 gekörpert befunden worden, so kannst Du, wenn überhaupt unter den Eaupen in dem letzten Alter oder in der Spinnhütte keine Sterblichkeit eingetreten sein sollte, die sich durch das Erschlaffen der Eaupen, völliges Erweichen des Körpers bis zum Zerfliessen, und durch schwarze Verfärbung bemerkbar gemacht hätte, die von Dir gewonnenenen Kokons zur Eiergewinnung verwenden. Nicht in gewöhnlicher Weise darfst Du aber dieselbe vornehmen, vielmehr sollst Du die sogenannte Zellengrainirung anwenden, die folgendermassen ausgeführt wird: — 12 — Du beziehst entweder vom Seidenbauvereine dem Du angehörst, oder von der Seidenbau-Versuchsstation in Görz soviel Säckchen aus .Tüll (1000 Stück kosten 4 fl.) als Du Schmetterlingspaare isoliren willst. Die Säckchen werden mit einem entsprechend dicken Cylinder ausgeweitet, worauf Du zur Zeit, wenn die Schmetterlinge erscheinen, in jedes ein Schmetterlingspaar einsetzest. Die Säckchen werden oberseits mit dem Faden zusammengezogen, je 2 derselben mit den Fadenenden verknüpft und an Schnüre aufgehangen, die Du quer in einem luftigen trocknen Zimmer von einer Wand zur anderen auspannst. Hast Du die Schmetterlingspaare, von welchen nur die schönsten und kräftigsten ausgesucht werden, in den Säckchen eingeschlossen, so lass sie ruhig an den Schnüren hängen, und kümmere dich nur insoferne weiter um sie, als Du von Zeit zu Zeit nachsiehst, ob sich nicht ein kleiner nur 3*/2 Linien länger schwarzer Käfer, der wohlbekannte SpecMäfer eingefunden hat, den Du leicht an einer, die Vorderhälfte der Flügel durchziehenden gelblich grau behaarten Binde, in der beiderseits 3 schwarze Punkte stehen, erkennst. Wo immer todte Thiere einen Aasgeruch verbreiten, wird dieser Käfer sich einstellen, damit er an diese seine Eier ablege, und so für seine Fortpflanzung sorge. Fange ihn von den Säckchen weg, zerdrücke ihn, falls Du ihn im Innern der Säckchen erblickst, damit er und seine Larven nicht die todten Schmetterlinge verzehren und so die nachträgliche Untersuchung derselben unmöglich machen. Im Laufe des Sommers übersende deine Säckchen mitsammt den eingeschlossenen Schmetterlingen und Eiern demjenigen zur Untersuchung, der Dir die Prüfung der Puppen besorgt hat. Derselbe wird alle Schmetterlinge mikroskopisch untersuchen und nur die Eier jener Säckchen Dir zurücksenden, in welchen die Schmetterlinge vollkommen gesund befunden worden sind. Schicke nur jene Säckchen zur Prüfung, welche eine reichliche Menge normal gefärbter Eier enthalten, dagegen mu- stere die Säckchen mit gelben oder röthlichen Eiern, oder solche in welchen gar keine oder nur wenig Eier sind schon zu Hause aus. In der Kegel kannst Du von 100 gutbesetzen Säckchen mindestens eine halbe Unze gesunder d. i. körperchenfreier Eier erwarten; günstigenfalls kannst Du aber auch auf eine Unze und selbst noch mehr rechnen. Hast Du keine Gelegenheit, die für Deinen eigenen Bedarf nöthigen Eier auf diese Weise zu gewinnen, so unterlasse die Graingewinnung lieber ganz und verschaffe Dir deine Eier durch Vermittlung der Seidenbauvereine und Landwirtschaft- Gesellschaften, welche die zur Prüfung der Eier und der Schmetterlinge erforderlichen Hilfsmittel besitzen. — 13 — Die Schlaffsucht, Lethargie. Diese Krankheit tritt seltner bei jungen Kaupen, viel häufiger bei solchen auf, welche sich bereits der 4. Häutung nähern, dieselbe überstanden haben oder gar schon in die Spinnhütten aufsteigen. Du erkennst an der geringeren Fresslust, an der Trägheit der Kaupen, sowie daran, dass sie vom Putter wegkriechen, die hereinbrechende Gefahr, die oft deine ganze Zucht zu einer Zeit vernichtet, wenn Du bereits eines glücklichen Erfolges sicher zu sein glaubtest. Die schlaffsüchtigen Raupen kannst Du ihrem äusseren Aussehen nach am Beginne der Krankheit von gesunden Raupen nicht unterschieden. Die Färbung bleibt ganz die gewöhnliche, sie fühlen sich nur weicher, schlaffer an, daher man eben die Krankheit „ Schlaffsucht " genannt hat. Erst nach dem Tode verfärben sie sich rasch ins Schwarze und sind nun auch so weich geworden, dass sie bei dem geringsten Drucke platzen und eine dunkle übelriechende Jauche ausfliessen lassen. Die Anlage zu dieser Krankheit wird bei Verwendung solcher Zuchten zur Fortpflanzung, bei welchen die Schlaffsucht in höherem Grade aufgetreten ist, auch in höherem Grade auf die nachfolgende Geneiation übertragen und wird diese Anlage um so gewisser deine Zucht gefährden, je ungünstiger die äusseren Umstände und Einflüsse der Entwicklung der Raupen sind. Zu diesen ungünstigen äusseren Einflüssen, von-welchen Du bei einiger Vorsicht alle insgesammt von Deinen Zuchten ferne halten kannst, gehören: 1. Schlechte Aufbewahrung der Eier ; 2. Eine gewaltsame Verzögerung des Ausschlüpfens der schon reifen Räupchen durch Versetzung der Eier in kalte Räume z. B. Keller. 3. Eine beträchtliche Verspätung der Vornahme der Aufzucht. 4. Zu dichte Anhäufung der Räupchen auf den Hürden und dieser im Zuchtlokale. 5. Eine ungenügende Lüftung. 6. Verfütterung nassen oder warm gewordenen Futters. 7. Die Unterlassung einer, täglichen Reinigung der Hürden. 8. Plötzliche Abkühlungen, die um so schädlicher wirken, je grösser die vorausgegangene Wärme gewesen' ist. Als wirksam zur Zerstörung gewisser in den Zuchlokalitäten zerstreuter Fäulnisserreger, deren Menge eine um so gros — 14 — sere ist, mit je geringerer Sorgfalt man auf die Eeinhaltung des Zuchtraumes und der Hürden, so wie auf Lüftung bedacht ist, hat sich das Chlorgas erwiesen. Nachdem sich die Anwendung desselben bereits in vielen Fällen als ein wirksames Schutzmittel gegenüber der Schlaffsucht bewiesen hat, sei auch Dir eine, während der ganzen Aufzucht stetig fortdauernde Chlorent- Wicklung in dem Zuchtraume dringendst empfohlen. Am bequemsten sorgst Du für eine solche, wenn Du täglich je nach der Grösse Deines Zuchtraumes eine grössere oder kleinere Portion Chlorkalk (für einen Kubikinhalt von je 10 Kubikklaftern x/4 täglich Pfund) mit etwas Wasser zu einem Brei verdünnst, und diesen an geeigneten Stellen zu verschiedenenmalen des Tages an der Wand aufstreichst. So wird die Entwicklung des Chlorgases zwar eine langsame aber stetig andauernde sein und hiedurch eben so wirksam werden, wie eine stärkere Chlorentwicklung, die nur zeitweise vorgenommen, das Arbeitspersonale oft ungebührlich belästigt. An der Schlaffsucht können alle Seidenraupen erkranken, indessen kommt die Anlage zu dieser Krankheit wie schon bemerkt wurde, jenen Kaupen in höherem Grade zu, welche von Eiern einer schlaffsüchtigen Zucht herrühren. Damit desshalb Deine künftigen Zuchten nicht schon von vornherein der damit verbundenen höheren Gefahr ausgesetzt seien, beachte folgende Merkmale, welche Dir anzeigen, ob eine Zucht in Hinsicht auf die Schlaffsucht zur Grainirung tauglich ist oder nicht. 1). Unter den Eaupen darf der Verlust durch die Schlaffsucht höchstens 5 Prozent betragen. 2). In den Kokons darf die Zahl der nach dem Einspinnen abgestorbenen Kaupen oder der nach erfolgter Verpuppung zu Grunde gegangenen Puppen gleichfalls 5 von hundert nicht übersteigen. 3). Es darf die Zahl der schwarz gefleckten Puppen, welche Fleckung ein Merkmal der vorhandenen Schlaffsucht ist, gleichfalls nicht mehr als 5 Prozent ausmachen. 4). Es muss das Ausschlüpfen der Schmetterlinge ein ziemlich vollständiges sein und sind nur 2-3 Prozente solcher Pup- pen zulässig, die keine Schmetterlinge liefern. Bezüglich des Punktes 1 kannst Du dich nur vergewissern, wenn die Aufzucht unter Deinen Augen ausgeführt worden ist. Was die Merkmale betrifft die unter 2 und 3 angeführt sind, überzeugst Du dich durchs Aufschneiden von einer aus 100 Kokons bestehenden Durchschnittsprobe ; über den letzten Punkt 4 aber kannst Du dir Aufschluss verschaffen, wenn das Ausschlüpfen der Schmetterlinge vollständig beendet ist. Ich brauche Dir nicht erst zu wiederholen, wie wichtig es — 15 — ist, dass Du auch von den gewonnenen Schmetterlingen nur die schönsten Individuen zur Portzucht auswählst, und alle nach ihrem Assehen verdächtigen : mit schwarzen Pusteln behafteten, am Hin ter leibe bleigrau gegürteten oder stellenweise bleibgrau verfärbten, alle verkrüppelten u. s. w. unbarmherzig ausmusterst. Von der Aufbewahrung der Eier. Sehr wichtig ist es, dass Du die Eier nicht in Säckchen zusainniengehäuft aufbewahrst, sondern in ganz dünnen Schichten ausbreitest. Lass Dir zu diesem Zweck von einem Tischler viereckige Eahraen aus 6'" dicken Holzleisten machen, die von einer Seite mit Tüll der die Eier »nicht durchfallen lässt bespannt, flache Schachteln vorstellen, die den Samen in einer Messerrücken dicken Schichte aufnehmen. Befestige an den 4 Ecken dieser flachen Schachtel, deren Boden die Luft frei durchziehen lässt eine Schnur und hänge die Eier an die Zimmerdecke eines an der Nordseite gelegenen trocknen Zimmers dessen fleissige Lüftung nicht unterlassen werden darf. Es wird Dir nicht schwer fallen, für mehrere derart aufzubewahrende Schachteln ein einfaches Gerippe aus dünnen Holzleisten anzufertigen, das die Schachteln sämmtlich aufnimmt und sodann aufgehangen wird. In derselben Weise wirst Du auch für die Aufbewahrung der auf Papier, Kartons, oder auf Leinwand abgesetzten Eier sorgen und die Gewohnheit vermeiden, sie in dumpfen Schränken zwischen Wäsche oder Kleidungsstücken, abgeschlossen von der Luft aufzubewahren. Vermeide es ferner, die Eier in verschlossenen Schachteln von Blech in gewöhnliche Keller oder einem Eiskeller zu verwahren, ebenso hüte Dich dieselben im Winter in geheizten Zimmern oder neben künstlich erwärmten Eäumen unterzubringen. Besorge keine nachtheilige Wirkung von der Kälte, setze vielmehr die Eier im Winter absichtlich längere Zeit einem Froste von 6—100 unter Null aus. TemperaturSchwankungen von — 100R bis -f-40E, die während des Winters vorkommen können, sind durchaus unbedenklich, wenn sie langsam eintreten; dies kannst du aber durch rechtzeitiges Oeffnen und Schliessen der Fenster sehr leicht bewirken. Waschungen der Eier mit Wasser sind nicht nothwendig, überflüssig ist ebenfalls sie längere Zeit in Wein zu baden; auch der Anwendung von Salzlösungen können wir nicht zustim — 16 — men, ausgenommen es handle sich darum, leichte, schlechte Eier yon guten zu trennen. Unter Eiern von guter Beschaffenheit, werden aber solch geringe Eier gar nicht vorkommen, daher auch diese Massregel von einer sehr beschränkten Anwendung ist. Hast Du die Eier der Winterkälte nicht entzogen, so hast Du nicht zu besorgen, dass Deine Käupchen im Frühjahre zu frühzeitig zum Vorscheine kommen werden. Du verhütest eine zu baldige Entwicklung deiner Eier im März und April auch dadurch, dass Du an warmen Tagen dieser Monate die Eenster schliessest und selbe in kühlen Nächten stets offen erhältst. Hast Du die Eier in dieser Weise durch den Winter gebracht, und verfährst' Du bei der Ausbrütung derart, wie es Dir diese Anleitung aus Herz gelegt hat, so kannst Du jedenfalls ein gleichförmiges und regelmässiges Ausschlüpfen der Eäupchen erwarten. Aber auch ihr ferneres Gedeihen wird dir gesichert sein, wenn Du die einfachen Massregeln beachtest, welche wir Dir für die Aufzucht der Kaupen empfohlen haben. Du wirst die Zucht schnell und glücklich beenden, die gefürchteten Krankheiten der Seidenraupen werden deine Schwelle nicht überschreiten und eine reichere Kokonernte, als wie Du eine solche je in früheren Jahren verwarten konntest, wird die Mühe lohnen und den geringen Mehraufwand reichlich ersetzen, den Du etwa in Befolgung der von uns gemachten Vorschriften zu bestreiten hattest. Nur wenn du selbst die Hand anlegst, nur wenn der Fortschritt auch in die letzte Hütte gedrungen sein wird, können die Erwartungen in Erfüllung gehen, die man seit langer Zeit auch in Deiner Heimath an das Aufblühen der Seidenzucht geknüpft hat. Görz Druck Seitz. Im Selbstverläge der k. k. Seidenbau - Versuchsstation. Görz ged. Seitz