Beilage zur Kaibacher Zeitung. ^U 9. Siebenter Jahrgang. 28. Februar R863. Im scheiden. ^ ..,.,,,,.„,.,. ^ ^cbt wohl. ,hr stolzen Berge, ,. ^ «... Ihr Thäler, lebet wohl, '"-"'",'""'" Ihr lieben, thcnreu Fluren; !i,u 2gt^^ Leb' wohl, mein Land Tirol! , , ' . >,^w Ich ziehe fort fiir immer; Mit mir nur Gram und Schmerz, Getäuschter Hoffnung Kummer, Ein still gebrochen Herz. ^?. Lebt' wohl, ihr schönen Augen, - .".ii'i' Tic hold mich angeschaut. Ihr raubtet mir den Frieden, Seitdem ich euch vertraut! Im Vber-Innthale. Im engen Thal, Die Straße schmal, Der Felsen überhängt; — Es glänzt der Stein Im Sonnenschein, Allwo sie eingesprengt. Es rauscht der Iun Weißschäumcnd hin, Ob Steinen und Geröll, Ach, nahm' er mich Als Well' mit sich, Mich traurigen Gesell! ......, ,^, , . , .„,..,„,^, 5. ^ H. Verlorene Liede. Eine Geschichte von Eduard Höfcr. ,. . (Fortsetzung.) ^«-ach ltneul flüchtigen Vlick, der dem Scheidenden folgte, hatte die Frau ihre Schürze fester an das schlummernde Ki»d gedrückt, dann ihr Haupt wieder in die Hand gelegt und saß nun ruhig und schweigend wie zuvor. Obgleich die Nacht inzwischen völlig hereingebrochen, war ei? doch eigentlich nicht dunkler geworden. Hinter der Wolkendecke droben stand der Vollmond und erfüllte die Luft mit einem zwar gedämpften, aber doch hinreichenden Licht, nm selbst die Landspitze drüben mit den dunklen, sie bedeckenden Wald-maffcn »och sichtbar bleiben zu lassen. Aber es war ringsumher :rs möglich noch stiller geworden) die Wellen legten > flch immer müder anf den Strand, die Luft strich immer > leichter dulch die Dünengläser, und ihr Rauschen »rar zu jenem leisen geisterhaften Flüstern gedämpft, das man nirgends sonst vernimmt und, wenn man es ein Mal zu solcher Stunde und an solchem Ort belauschte, niemals vergißt. Denn so geheimnisvoll und schwermüthig, so friedensvoll und so müde dringt kein anderer Laut zum Ohre des Menschen. Die Frau schaute stumm hinaus, doch ihre Gedanken folgten ihren Blicken nicht und weilten auch nicht bei dem fernen Gatten. Sie waren jetzt bei dem Fremdling, der eben davon gegangen, und seit wie kurzer Zeit sie denselben erst kannte — sie dachte ernst und lange an ihn und konnte , nicht von ihm loskommen, ohne eigentlich zu wissen, weßhalb. Ihr Leben war vergangen, wie es dort zu Lande für Leute dieses Standes oft vergeht. Sie hatte in der Stadt drüben am äußersten Grunde des Meerbusens gedient, hatte dort den wilden, schmucken Seemann kennen und lieben ge« lernt und war ihm als sein Weib Hieher in seinen Geburts« ort gefolgt, wo er von seinen Eltern ein Haus ererbt hatte, zwar klein und eng, aber sauber und geputzt von der Sohle bis zum Dach hinauf, mit weißen Wänden und grünen ! Fensterladen, einem blanken Mefsinggliff an der Thür und einem kleinen schattigen und blumenreichen Garten daneben. Drinnen fanden jich ein Paar reinliche Stübchen mit gutem Hauörath versehen, und als die junge Frau zuerst hinein trat, meinte sie, es sei das Paradies, und Besseres gab'S auf der Welt nicht. Sie wußte freilich nicht, daß ihr Mann ! stch beim Einrichten und Aufputzen über seine Kräfte angegriffen und zu den alten Schulden noch neu,: auf das kleine Vesitzthum gehäuft. Der Steuermann selbst wußte es zwar, ! dachte jedoch sicher nur wenig dran und quälte sich drum noch viel weniger. Ein rechter Seemannekopf denkt nicht weiter als von Tag zu Tag und läßt sich um die Zukunft kein graues Haar wachsen. Kasper — denn Kaspar zu sagen, klang ihm zu vornehm — Kasper Nüter war ein „befahrener" Seemann, i hatte schon ein Paar Fahrten als Stenermannögehilfe gemacht und stets und leicht gute Stellen gefunden. Daß er sich hinauf arbeiten werde, war ihm nicht zweifelhaft, obgleich seine Vorgesetzten manches an ihm zu tadeln fanden. Sein Selbstvertrauen war groß, und scine Wildheit und Ausgelassenheit in seinen Aligcn kein Fehler, sondern Sec-mcinnönattir. Das Halls, in dem scine Frau wohnen sollte, mußte sei» eigen und sauber seln, wie es sich schickte. In ! keinem Stande der menschlichen Gesellschaft hat das Sprichwort: was sein muß, muß sein! eine größere Geltung, als unter den Seeleuten, und nirgends darf man sich weniger „lumpen lassen." — Im Hause war überdieß ein übriges Zimmer für einen Badegast, da der kleine Ort seit einigen Jahren in Aufnahme gekommen und von Sommer zuSom« mer mehr Besucher gehabt. So war alles „klipp und klar," und die Schulden deckten sich selbst; wenn Kasper gute Fahrten ! hatte, mußten sie sich sogar bald abbezahlen lassen; das konnte gar nicht fehlen. Kasper konnte also sorglos davongehen und sorglos das Leben an sich kommen lassen. In einem halben Jahre spätestens war er wieder daheim und brachte Geld in Hülle und Fülle, rechnete er. Er ward Steuermann» Kapitän. O, es war ein kommodes Leben für ihn und seine z Frau! Sie war doch eine glückliche Kreatur, daß sie'ö so gut getroffen! Inzwischen war aber ans alledem Nichts. Ohne daß man recht erfuhr oder begriff, weßhalb, ging Ka5per plötzlich an Vord des Wallfischsäugers, von dem vorauszusehen war, daß er Jahr nnd Tag draußen bleiben mußte. Und daheim, in seinem Hause wurde es auch anders, als er gerechnet. Einige Monate nach seiner Abreise war das kleine Mädchen geboren worden, u>,d Regine — so hieß die Frau — die schon seit des Gatten Abfahrt still und schwermüthig umhergegangen, verfi,,'! dann in eine lange, anhaltende Schwäche nnd Kräükllchkeit, welche die arme Frai, verhin» derle, einen Verdienst zu suchen, wie er sich bald zu ihrer Cristenz nöthig zeigte. Das Geld war zu Ende und Kasper in der Ferne; an dem Miether ihres Stü'bchcns machte sie im nächsten Sommer auch eine herbe Erfahrung, in Folge ^ deren sie ihr Zimmer lieber leer stehen ließ. Und dazu ward ihr von den Erben eines Gläubigers ein kleines Kapital gekündigt, das sie nur nach vieler Mühe durch eine anderweitige Anleihe zu bezahlen vermochte. .. -^ Kasper schwamm fern auf den Wellen des stillen Oceans ?oder,im Eismeer und ließ Nichts von sich hören. War er vielleicht schon todt und verschwieg man's seiner Frau nur? Im Orte hatte sie keine verwandte Seele, und das war sehr traurig. Denn die Schifferfrauen sahen sie nicht für voll an, da sie nur ein Dienstmädchen gewesen, und die kleinen Leute argwöhnten bei ihr den herkömmlichen Stolz auf ihren Rang als, Steuer^ianusfrau. Und wie falsch das sein mochte, wie freundlich, nachbarlich, wie arbeitsam und hilfbercit Regine war — cö half Nichts. Sie blieb den mißtrauischen u»d verschlossenen Menschen fern; ihr Herz ward immer schwerer uud trauriger, es regte sich ,in ihr eine tiefe Vitterkcit, und sie schloß sich nach und nach von aller Welt ab, lebte einsamer von Tag zu Tag nur snr ihr Kind, das sie abgöttisch liebte, und widmele sich ganz den Geschäften und dcr Arbeit, die ihr, wenn auch späilich aus der Stadt zukamen. Die Zeit verfloß, ohne daß sich ihr LooZ änderte oder verteuerte; im Gegentheil ging es'im kleinen Hause immer knapper her, denn das Kind brauchte mehr, die Zeit war schlecht, das Zimmer stand den ganzen zweiten Sommer leer. Regine verkaufte, was sie entbehren konnte. Vetteln und Almosen nehmen wollte sie nicht; sie sah eine Schmach darin für das Kiud und sich selbst, und auch für den fernen Gatten. Da lag ne an einem heißen Nachmittage in ihrem Gärt« chen auf den Knien und beschäftigte sich bei den Gemüse« beetcn, welche längst die Stelle der Blumenrabatten einnahmen. Die Kleine hatte üch müde gespielt und schlief uicht fern von ihr im Schatten, und Negine sah von der Arbeit nicht auf, bis ne hörte, daß durch die öde Dorfstraße ein fester, ruhiger Schritt daher kam und vor dem Stacket ihres Gartens innehielt. Es war ein Herr im leichten Sommer-anzuge und weißem Hut; er betrachtete das Haus und seine Umgebung aufmerksam und richtete dann auch auf die empor-schauende Frau einen so langen und festen Vlick, dafz sie unwillkürlich erröthend den Kopf senkte uud eifrig fortjätete. „Ist das ssuer Haus?" hatte der Fremde dann plötzlich gefragt. — Sie sah wieder auf und bejahte. —> „Ist ein Zimmer drin frei, oder habt Ibr schon Gaste?" fragte er auf's Neue. — „Ja, es ist eins frei, aber >—" gab sie abbrechend zur Antwort, denn sie hielt das Alles theils für müßiges Fragen, wie es ihr schon oft begegnet, theils regte sich auch die Erinnerung an jene Erfahrung, die sie bei ! einem frühern Miether gemacht. — „Schon gut," versctzte ! er kur; und wandte sich ab, und Regine beugte sich zu ihrer ! Arbeit, schweigend und gefaßt, wie es ihr zur Gewohnheit geworden. Einige Stunden später war dann aber der einzige Mensch gekommen, der im Ort sich um sie kümmerte und ihr bei Gelegenheit half — das war der Vootsfahrer Peter Oom, ein alter, verwitweter und kinderloser, rauher Gesell, ein barscher, aber treuer Freund des armen Weibes, und er hatte ihr mitgetheilt, daß der Herr, den er Mittags von ^ der Stadt herübergebracht, hier einige Zeit verweilen wolle und sich Reginen'ö Haus zur Wohnung erwählt habe. Er, Peter, habe nach Kräften zugeredet, und der Herr werde morgen bei Zeiten kommen und Alles richtig machen. „Aber Peter!" — entgegnete Regine zögernd, und ein ! dunkles Erröthen bcdccktc ihr Gesicht. — Er unterbrach sie ! barsch. „Dummes Zeug!" sagte er. „Der Herr ist kein Windbeutel —, ,will verdammt sein, wk.nn er/s ist!, Hnd j übrigens — seid Ihr nicht, ei»e ehrbare Frau, unh,bin ich ! nicht da?" — Sie nickte. «Freilich sicht er rcputirlicher aus. Aber, Peter — kann ich in meiner Armuth den ^ Herrn aufnehmen? Mir fehlt ja außer dem Vctt schier ^ Alles, und ich kann's auch nicht schaffen." — „Dummes ^ Zeug!" erwiederte er beharrlich. „Ein Schelm thut mehr ! als er kaun. Richtet das Zimmer hcr, wie es sich schickt; iibcr acht Tage bekommt Ihr Geld, uud bis dahin wollen ! wir schon sorgen. Sagt nur, was Ihr braucht, ich werde Euch dann morgen das Nöthige mitbringen. — Na, dabei gibt's doch Nichts zu heule»?" setzte er hinzu, als er ihre Augen voll Thränen sah. — Sie suchte zu lächeln. „Laßt's gut sei», Peter," antwortete sie und drückte seine Hand fest und herzlich. „Gottei> Lohn für Alles und Alles, bis ich selber vergelten kann." — „Da werde der Henker daraus klug," sprach der Alle achselzuckeud. „Ein Andrer würde dabei übcr's ganze Gesicht lachen, aber so ein Weibsbild thut's nicht anders — es muß geheult sein." Seitdem war nun über eine Woche vergangen, der Fremde in dem sauber hergerichteten Stübchen heimisch ge« worden, und Neginen's anfängliches Misttrauen und Sorgen begann einem tiefempfundenen Dank gegen Gott zu weichen, der in ihrer Noth ihr solche Hilfe gesendet. Der Fremde — er hieß Huldberg — speiste im Vadchause, hielt sich mor« gen's^e'in,' Paar Stunden in seinem Zimmer auf, streifte während des übrigen Tages viel umkcr und war bisher mit der Frau wenig in Berührung gekommen. Er hatte hier und da ein Paar freundliche, thcilnchmcnde Worte mit ihr > gewechselt, oder auch ein Mal mit dem hübschen muntern > »lliude gescherzt und gespielt; im Ucbrigcn blieb er meistens für sich und war „ein stiller Herr." Neginen gesiel das wehr, als Alles; und da übcrdieß sein Aeusicres anziehend, sein Benehmen stets höflich nnd anspruchslos war, so fühlte sie sich gewissermaßen wirklich glücklich, als sie nun auch sein ! größeres Gepäck anlangen sah und eines längern Aufenthaltes versichert scin konnte. So scheu sie war — mit dem ließ es sich leben. Nun hatte er zum ersicn Mal langer mit ihr geredet, nach ihre» persönlichen Verhältnissen gefragt. Er war dabei ruhig nnd ohne Zudringlichkeit gewesen, in seinem ganzen Wesen sprach sich Wärme und Theilnahme ans. Seine Er-scheinung an dieser Stelle, zu dieser Stunde, hatte sie zu» erst bestürzt und zurückgeschreckt, üe hatte sich verschlossen und ihn fern gehalten; innerlich jedoch fühlre sie sich desto tiefer berührt. Es hatte da Etwas an ihr Herz geklopft, was sie lange nicht mehr empfunden, was ihr in solcher Weise niemals zu Theil geworden. Das spürte sie jetzt wohl, das ließ sie das scheue, heimliche Zittern überwinden, welches, sie wußte nicht woher, durch ihr Inneres zog. Das war ein braver Mann, und ihre Kälte gegen ihn that ihr leid. Seine Theilnahme war in sie hineingefallen, wie ein langer Sonnenstrahl auf eine im Schatten verkümmernde Pflanze. — Und es war ein Fremder, der sie nicht kannte, dem sie Nichts angiug! — Und dagegen nun der, dem sie gehörte, der nach ihr z„ fragen hatte! — Wie sind die Gaben der Menschen so g^- -. gar verschieden! dachte sie, und als sie jetzt aufstand, n,urmelte sie vor sich hin: „Kasper, Kasper! Gott verzeih' Dir Deine Härte und Deine,, wilden Trotz!" Sie nahm das Kind fest und sorgsam verhüllt in den Aim und ging dem Dorfe zu. Die See lag wie schlum. nicrnd, der Wind war ganz davongeflogen und vom Himmel begann der Negen jetzt leise herab zu rieseln. Als Regioe ihre Wohnung erreichte, war sie dunkel und still, wie das ganze Dorf umher: auch im Zimmer ihres Gastes zeigte sich kein Licht mehr. Ein freundlich Herz gibt Nuhe, dachte sie. Gott segne ihn! Aber der Fremde wachte noch nnd dachte gleichfalls an die Frau und die Begegnung am Strande. Es war eine zufällige gewesen, obschon Huldberg durch den Baoewirth erfahren, daß Negine jeden Abend an den Dünen sitze, seit, wie die Mittheilung gelautet hatte, ihr Mann nach eine:« Zank mit ihr zu Schiff und davon gegangen war. „Cö ist ein nettes Weib," hatte der Vadewirth hinzugesetzt, „und es könnte ihr recht gut gehn. Aber die Person ist dumm und störrisch, und stößt ihr Glück muthwillig von sich." "<^ ' (Fortsetzung folgt.) (ilN'll')iy!l ?!'.' ^ hHliiä-'5 die Erziehung mit nichts Anderem zu thun batte! Noch mehr: Jeder Schuster, jeder Schneider muß, ehe er sein Gewerbe selbslstandig ausübt, ein Meisterwerk machen, d.h. beweisen, ! das: er seines Gewerbes Meister ist. Und welche Bürgschaft wird von Demjenigen verlangt, dem das wichtige Geschäft anvertraut wird, Kinder zu Menschen heranzubilden? — Scheint es doch, als ob ein gut gemachter Stiefel oder ein leidlich geschnittener Rock größeren Werth für die Menschheit hätte, als ein gelungener Mensch! Es wird wohl erlaubt sein, diese Fragen anzuregen in einer Zeit, wo traurige und naheliegende Erscheinungen be« weisen. wie Vieles in unseren modernen Gesellschaftszustän« den faul ist. Woran liegt es, wenn die Zahl der Irrsinnigen, wenn die Zahl der Selbstmörder mit jedem Jahre größer wird? An der Erziehung liegt es; daran liegt eö, daß wir so Vieles nicht lernen, was wir nothwendig lernen sollten. (5s ist wahr, wir haben Schulen, »rorin wir mit vielen nützlichen Kenntnissen ausgerüstet werden, so daß wir günstigen Falles die höchsten Stufen des Staates erklimmen > können; wir lernen Alles, was man braucht, selbst einen ! Ministcr»Posten zu bekleiden, was wir aber nicht lernen, das ist die sittliche Kraft, das Portefeuille, wenn es das Wohl des Staates erheischt, gelassen niederzulegen und in das Dunkel des Privatlebens zurückzutreten. Man lehrt un« ! sere Jugend die Kunst, reich zu werden; wer aber lehrt sie i die Kunst, des Reichthums zu entbehren, sich mit Wenigem ! zu begnügen und dabei doch deS Daseins froh zu werden? ! Man liüterrichtet uns in allen Künsten, die dazu gehören, ! „unser Glück zn machen," was wir aber nicht lernen, das , ist die Kunst, das Unglück, wenn es kommt, niit Gleich« > nnith zu ertragen. Mit Einem Wort, wir lernen nicht die Kunst, recht zu leben. Wir wissen viel, aber wir können wenig, weil unsere moderne Bildung fast ausschlipßlich auf Entwicklung der Verstandeekräfte gerichtet ist; weil nur zu viel unterrichtet und zu wenig erzogen werden. „Aber haben wir denn nicht den Katechismus?" fragt Einer oder der Andere. Ja den Katechismus habt ihr, und eure Zöglinge kennen ihn, wie die öffentlichen Prüfungen zeigen, aus« wendig, daß es eine Freude ist: aber ne haben den Kate« chismus mcist nur im Kopfe und auf der Zunge, und nicht im Herzen und in den Gliedern. Den Religionslehrern soll damit kein Vorwurf gemacht werden. Der Religionslehrer hat Alles gethan, was mau vernünftiger Wcise von ihm erwarten kann, wenn er die Wahrheiten der Religion dem Gedächtnisse seiner Schüler einprägt und sie ihrem Fassungs« vermögen verständlich macht; das Einüben der Sittengesetze kann nur Sache der häuslichen Erziehung sei». In praktischen Dingen ist das Wissen nichts, sondern das Können die Hauptsache. Laßt einen Schüler sämmtliche Regeln einer Sprache auswendig lernen» und seht zu, ob das hinreicht, ihm die Kunst beizubringen, die Sprache selbst richtig und geläufig zu sprechen und zu schreiben. Oder es lerne Einer den Katechismus der Schwimmkunst auswendig; wenn der iu's Wasser fällt und ertrinkt-, wird sich da Jemand wun« dern? — Er wußte ja, wie man schwimmen muß! Ja, freilich wußte er es, aber er konnte es nicht! Was wir zu wenig lernen, das ist eben das Können. Und dieß ist eine von den Ursachen, weßhalb unsere Zeit wohl reich an geschickten Beamten, großen Gelehrten, scharfsinnigen Advokaten, erfahrenen Aerzten, aber so arm an großen Cha« ratteren ist. Wäre ich ein reicher Mann, ich würde einen Preis von zehn. zwanzig, fünfzig, oder auch hunderttausend Gulden auf die beste Beantwortung der Frage setzen; „Welche Maßregeln könnte der Staat ergreifen, um mehr, als es bisher der Fall war, die Charakterbildung der beranwach« senden Jugend zu fördern?" (Illustr. Familienbuch.) Der Kaffee. Der Prior eines Klosters in Arabien bemerkte einst, daß die Ziegen die Beeren eines gewissen Strauches mit großer Vorliebe zu ihrer Nahrung wählen, und danach eine ganz besondere Beweglichkeit und Lebhaftigkeit an den Tag legten. Dieß brachte ihn auf den Gedanken, von den in den Beeren befindlichen Bohnen einen Aufguß zu bereiten, dessen Genuß seine Mönche während des nächtlichen Gottesdienstes wach erhalten sollte- Aus die Weise erzählt man in Arabien die Entstehung eines Getränkes, das, so vcr« schieden auch die Bchandlungswcise desselben, doch Europäern wie Orientalen jetzt fast unentbehrlich geworden ist. Andere behaupten, die Aelhiopier hatten den Kaffee zuerst gekannt, von ihnen sei er zu den Persern und von diesen erst nach Arabien gekommen, das lange das eigentliche Vaterland des Kaffees blieb. Im Jahre 1690 hatte ein Gouverneur der Insel Ba-tavia, Namens Bau Hoorn, den glücklichen Gedanken, aus Mokka in Arabien einige Kaffeestöcke nach Wcstindien kommen zu lassen, welche sehr gut gediehen, sich schnell verbreiteten und bald eines der hauptsächlichsten Erzeugnisse jener Inseln lieferten. Im Jahre 1718 brachten die Holländer den Kaffee« bäum nach Surynam und Guyana, vou wo er sich nach Icinuuca und über das ganze Festland Südamerika's ver« breitete. Die französische Kolonie Martinique empfing den köstlichen Strauch im Jahre 1728 durch ein im ^niclin des I'lönlc« zu PaliS gewachsenes Reis. Das Schiff, auf welchem sich die drei für Martinique bestimmten Reiser, unter der Obhut eines gewissen Delicieur befanden, wnrde verschlagen , und der geringe Vorrath an süßem Wasser, welcher sich noch auf dem Schiffe befand, mußte in Rationen ge« theilt werden; Delicieur entzog sich, auf die Gefahr vor Durst zu verschmachten, einen Theil der ihm spärlich zugemessenen Portion Wasser, begoß damit seine Kaffeestöcke, und es gelang ihm, einen derselben glücklich nach Martinique und damit dieser Insel den Kaffcebaum zu bringen. Der Kaffeebaum hat länglich zugespitzte Blätter «nd Blüten von weißer Farbe. Die runden Beeren sind zur Zeit der Reife dunkelroth. Er blüht drei Mal im Jahre, im März, April und Mai, da jedoch nur die letztere Blüthe die eigentliche fruchtbringende ist, so werden die früheren abgebrochen. Die Kaffee'Ernte beginnt im Dezember und dauert bis zum Februar. Wer Gelegenheit hatte, den wirklichen arabischen Mokka zu sehen und seine kleine, völlig runde Bohne mit der langen platten des Kaffee's von Java zu vergleichen, glaubt kaum, daß beide derselben Pflanze entsprossen sind. Der Unter, schied besteht darin, daß von den in jeder Frucht des Kaffeebaumes enthaltenden zwei Bohnen bei dem arabischen Kaffee stets die eine verdirbt, so daß die andere sich in dem Raume ausbreiten kann, während in Südamerika und Westindien beide Bohnen zur Reife gelangen und dadurch, daß sie gegen« einander liegen, eine platte Gestalt erhalten. Druck und Verlag von Ig«. v. Kleinmayr A F. Vamberg in Laibach. — Vcraulwortlichcr Ncdaclcur I. v. Kleilllliayr,