Die Geologie und das Paradies Von Anton Htrbns Domherr in Laibach. Laibach. Druck und Commissionsverlag von Ig. v. Kleinmayr L Fed. Bamberg. 1889. Einleitung. Seitdem die Wissenschaft der Geologie einen so großen Auf¬ schwung genommen und viele überraschende Resultate zutage ge¬ bracht hat, musste auch die Frage über das einstige Paradies in den Vordergrund treten, weil die offenkundigen Thatsachen der Geologie dem Paradiese widersprechen. Der Katechismus weiß uns vom Paradiese nur soviel zu sagen, dass es einst bestanden hat, dass unsere ersten Eltern sich dort versündigten und wir davon täglich die schmerzlichen Folgen tragen müssen. Es ist jedem Menschen überaus nothwendig, zu wissen, dass die Quelle aller Schmerzen und Nebel sich in dem von Adam missbrauchten Paradiese gebildet hat und dass, als Gegensatz davon, die am Calvarienberge in Jerusalem vollzogene Erlösung uns eine Quelle unendlichen Segens eröffnet hat. Sowie es jeden Menschen interessieren muss, über Jerusalem und das ganze heilige Land eine nähere Kenntnis zu erhalten, so muss es auch unser Interesse erregen, über das einstige Paradies nähere Aufschlüsse zu bekommen. Weil aber das Paradies mit unserer Erde, dem Monde, der Sonne und den Sternen nur Glieder eines und desselben 2 Naturwesens sind, trotz ihrer Verschiedenartigkeit, so stehen sie unter sich in einem organischen Zusammenhänge. Ebenso sind alle Menschen als Kinder Adams unter sich in einem organischen Zusammenhänge. Es sind endlich alle Geschöpfe ohne Unterschied: die Engel, die Menschen, die Himmelskörper, die Natnrwesen, alle als Kinder des Einen himmlischen Vaters im organischen Zusammenhänge; sie bilden einen Organismus. Aus dem Grunde dieses organischen Zusammenhanges führt die Frage über das eine Wesen dieses Organismus zur Frage über das andere Wesen und seine Be¬ schaffenheit, wobei die richtige Auffassung des einen Gliedes im Organismus zur Beleuchtung des anderen dienen kann. Ich übergebe das über diese Frage gesammelte Material der Veröffentlichung mit dem Bewusstsein, dass, wenn auch Vieles davon mangelhaft ist, der Leser doch nicht ohne einige Befriedigung das Buch gelesen haben wird. Die Abhandlung gliedert sich in folgende Capitel: 1. ) Geologie, 2. ) Spuren des Paradieses auf unserer Erde, 3. ) der Anfang der Geschichte, 4. ) der ans dem Himmel hinansgeworfene Teufel, 5. ) die Schöpfungsgeschichte, 6. ) der Mond, 7. ) das Paradies, 8. ) Adam im Paradiese, 9. ) die Verweisung aus dem Paradiese, 10. ) der Lebensbanm im Paradiese, 11. ) der Baum der Erkenntnis des Guten nnd Bösen, 12. ) die Natur ist auch ein Ebenbild Gottes, 13. ) der Prophetenberg, 3 14. ) die Himmelskörper und ihre Bewohner, 15. ) die geheimnisvollen Beziehungen zu dem Paradiese, 16. ) wie das im Paradiese verheißene Weib der Schlange de» Kopf zertreten hat, 17. ) das Leben der Engel, 18. ) das Paradies der Engel. Die Geologie. Vor fünfzig Jahren dachte ich noch, dass die Berge, die uns umgeben, die Ebene, ans der wir leben, die Flüsse, die unser Land bewässern, von Gott so geschaffen wurden, Ivie sie sich uns darstellen. Die versteinerten Seemuschetn nnd Fische, die am Hoch¬ gebirge zu finden sind, hielt ich für deutliche Beweise der Sünd- flut. Als ich aber an die Seemuscheln, die tief unter der Erde in Bergwerken Vorkommen, und an die Steinkohlen, welche noch deutliche Spuren einstiger Vegetation an sich tragen, erinnert wurde, da wusste ich keinen Rath mehr, aber auch andere wussten ihn nicht. Seit dieser Zeit hat die geologische Wissenschaft unfern kindlichen Anschauungen eine neue Richtung gegeben nnd vieles Verborgene aufgedeckt. Wir haben vor uns sichtliche Beweise, dass unsere Erde schon viele Millionen Jahre besteht und dass sich ihre äußere Form schon oft verändert hat: wo jetzt Berge sind nnd trockenes Land, stand einst tiefes Meer nnd umgekehrt. Wir sehen, dass bei Hochwasser die reißenden Flüsse Roll¬ steine, Sand und aufgelösten Lehm mit sich führen. Bei Ablauf des Wassers kommen zuerst die Rollsteine zur Ruhe, dann der gröbere nnd feinere Sand, nnd zuletzt klärt sich wieder das trübe Wasser, indem sich die aufgelöste Lehmerde zu Boden setzt. Bei 4 erneuertem Hochwasser werden die Rollsteine nnd der Sand wieder weiter gegen das Meer getrieben, in welchem sich Schichten von Lehm, Sand und Gerolle anhäufen; durch die Seeströmung werden diese Schichten oft im Meere ausgebreitet. Das Meer uimmt durch den Wellenschlag auch vieles Material von den Küsten mit sich. So geschehen im Meere fortwährend Niederschläge vom Materiale, welches dem festen Lande entnommen ist; diese Nieder¬ schläge hänfen eine Schichte auf die andere. Aber auch im Meer¬ wasser selbst, in welchem unzählige Thiere und Pflanzen ihren Lebensprocess durchmachen, werden viele Niederschläge und Schichten gebildet. Die Corallen, Muscheln, Algen setzen vielen Kalk ab. In viele Schichten werden Thiere und Pflanzenreste eingebettet. Die großen Massen von parallel geschichtetem Thonschiefer, Sandsteinen nnd Kalklagern, welche unsere Gebirge bilden und organische Reste enthalten, sind durch Niederschläge im Meere gebildet worden. Wo der Meeresboden eben ist, dort werden auch die Schichten parallel zu einander in horizontaler Richtung sich lagern. In Russland gibt es sehr große Strecken von horizontalen Schichten, die im ebenen Meeresboden abgelagert wurden. Die in den Schichten vorkommenden Versteinerungen sind sehr verschiedener Natur, je nach dem Zeitalter und der Organisation der Thiere und Pflanzen, die eingebettet wurden. Sie werden daher in ver¬ schiedene Formationen abgetheilt. Jede Formation hat eigenthümliche Merkmale der Thier¬ reste. Jede einzelne Thierart ist in ihrem Vorkommen meistens auf einen gewissen Theil der Schichtenreihe beschränkt und kommt weder früher noch später vor. Die bloßgelegten Raiblerschichten in Kärnten z. B. zeigen eine Reihenfolge von Versteinerungen von Thieren, die in ihren Formen stark abweichen, manchmal sind es Land- und Flnssthiere, manchmal See- und Meerthiere. 5 Manche Formationen zeigen eine scharfe Begrenzung der Thierformen, wo die vorige Thierwelt durch Katastrophen ver¬ nichtet erscheint und in der folgenden Formation eine stark ver¬ schiedene auftritt. Die Gebirgsfelsen werden durch Frost, Eis, Hitze, Wind, Regen, Blitz re. fortwährend benagt, die verwitterten Stücke losen sich ab und werden allmählich dem Meere zugeführt. Anderseits werden die großen Schichten durch Lösungen von Thon, Kiesel, kohlensaurem Kalk, Eisenoxhd zu einer festen Masse verbunden und wieder in Felsen verwandelt. Es besteht ein beharrlicher Kreislauf von Niederreißen und Aufbanen. Unser Erdball ist ein Cvnglvmerat verschiedener Erd- und Fetsmassen, sie werden durch die gegenseitige Anziehung znsammen- gepresst. Trotz der starken Pressung sind doch einzelne Massen unseres Erdkörpers in fortwährender, obwohl unmerklicher Be¬ wegung. Die Erdrinde wird nämlich auf einer Seite durch die Kälte zusaminengezvgen, ans der andern Seite durch die Sonnen- hitze ausgedehnt. Manchmal wirkt die unterirdische Wärme blähend auf die Erdrinde, so dass sie Berge aushebt, Hochebenen bildet. Die durch Reibung erregte Elektricität bewirkt unterirdische Entladungen. Die so häufig an bloßgelegten Felswänden ersichtlichen abgeglätteten Rutschflächen beweisen die große Beweglichkeit der Erdrinde. Durch diese Beweglichkeit geschehen Verschiebungen, Rutschungen, Brüche, Hebungen, Einstürze. Die horizontal gelagerten Schichten werden geneigt, gefaltet, gewunden und herausgehoben, was zu Erdbeben veranlasst. Wie durchgreifend, wenn auch oft langsam diese Be¬ wegung ist, sieht inan daraus, dass Muschelschichten, die einst im tiefen Meeresgründe lagen, jetzt hohe Bergketten bilden. Bei Verrückung des Schwerpunktes kann eine große Erd¬ masse sich mit ihrem Gewichte auf eine Seite derart hinneigen, 6 dass dort die Schichten aus ihrer horizontalen Lage gehoben, weiter geschoben und gefaltet werden, so dass sie parallele Berg- ketten bilden. Dies wag besonders dann geschehen, wenn zn dein Gewichte der seitwärts sich neigenden Masse der große Trnek gepresster Lava hinzutritt. Die in der Lava enthaltenen heißen Dämpfe werden durch Pressung heransgeyuetscht, und sie äußern dann eine außerordentliche Triebkraft. Der Geologe Snes hat nachgewiesen, dass die Alpen durch einen Schub und Druck von Italien gegen Norden entstanden sind. Ans der Südseite sind die steilen Wände, ans der Nvrdseite die allmählich sich verlaufenden Falten der parallelen Bergketten. Eine ähnliche Entstehung zeigt das Himalaya-Gebirge, die Cordilleren. Beim Erdbeben von Val¬ paraiso 1822 wurde die Küste 100 englische Meilen weit nm 3 bis 4 Fuß gehoben; sv wurden in den Jahren 1835, 1837, 1868 an der Westküste Amerikas Tausende von Quadratmeilen plötzlich mehrere Schuh hoch gehoben, desgleichen im Jahre 1855 in Neuseeland. Die Ebenen von Wien, Paris, London re. zeigen in der Richtung der Tiese eine Reihenfolge von Bersteinerungen von Land-, See- und Meeresthiereu, ein Beweis, dass das Land manchmal trocken und manchmal Meeresgrund Ivar, daher der Boden vielen Schwankungen unterworfen gewesen sein musste. Dort, Ivo die Erdrinde schon gebrochen ist, dort ist die durch die Beweglichkeit der Erdrinde verursachte Reibung stärker, dort setzen sich Vuleane an. Bei der Reibung wird das zerriebene Gestein erhitzt und bildet mit dem durch Klüfte und Spalten eindringenden Wasser die Lava. Die heiße Lava ist vft nicht im¬ stande, das Erdreich aufzureißen, um einen Ausweg zu finden. Wird sie aber gepresst, dann gibt es durch die herausgeguetschten heißen Dämpfe leicht furchtbare Buleanansbrüche, Erdanshebungeu re. 7 Die Ansicht von einem Centralseuer scheint nicht stichhältig zu sein, woher soll das Brennmaterial kommen! In so vielen Mil¬ lionen Jahren soll sich das Innere noch nicht abgekühlt haben'? Ebenso grundlos ist die Ansicht vvn der Ausstrahlung der Wärme in den weiten Himmelsraum. Der Weltraum ist an sich weder kalt noch warm, weil er eine bloße Abstraetivn der Materie ist: solange es keine Materie gab, solange gab es keinen Raum und keine Zeit, keine Wärme und kein Licht re. Magnetismus, Elektri- eität, Wärme und Licht sind Erscheinungen der Materie, Ivo aber keine Materie ist, kann auch von ihren Erscheinungen keine Rede sein, so wenig als vvn Denken, Wollen, Lieben, Hassen dort eine Rede sein kann, wo kein Geist ist. Die Erde kann sich durch Aus¬ strahlung abkühlen, aber nur so weit, als die Materie reicht. Durch die fortwährende Reibung in der Erdrinde und durch chemische Zersetzung wird die Erdwärme im Innern immer leicht erhalten. In großer Tiefe unter der Erde liegen versteinerte Kohlen¬ lager, sie sind meistens Ueberreste vvn Bäumen und Pflanzen, die jetzt nur in tropischen Ländern Vorkommen. Sigilarien bis 00 Fuß hoch. Manche Stämme stehen noch auf den Wurzeln. Die Jahresringe bezeugen ihr hohes Alter, in welchem sie ver¬ schüttet wurden. Die Geologen zählen 20 Hauptfvrmativnen, die sich in viele Zonen abtheilen. Durch alle Formationen zeigen sich Gruppen vvn neuen Thierfvrmen. Besonders nach der Kohlenformation tritt die Thierwelt massenhaft ans. In der Juraformation allein zählt man 34 Zonen, jede mit eigeuthümlichen Thierresten; die darin verschiedenartig gelagerten Schichten deuten ans große Ver¬ änderungen der Erdoberfläche. Mit dem Fortschreiten der Formationen sieht man im allgemeinen auch ein Fvrtschreiten in der Organisation der Thiere 8 und Pflanzen. Die obere Trias enthält Kalkstein von außer¬ ordentlicher Mächtigkeit, meistens aus versteinerten Thieren und Pflanzen bestehend. Oesters sind die Versteinerungen nnr bei sorg¬ fältiger Prüfung erkennbar. Der schnelle Wechsel des Charakters der versteinerten Thiere deutet auch hier auf große Bewegung der Erdoberfläche. Die Saurier (krokodilartige Thiere) kamen in der Jura- und Kreideperiode massenhaft vor, manche waren bis 22 Meter lang. Sie lebten an den Meeresküsten; ihr furchtbares Gebiss uud versteinerte Excremente zeigen, dass sie von Fischen uud Weichthieren lebten. In der Tertiärperiode verschwinden Plötzlich die Saurier, und es erscheinen zahlreich die verschiedenartigen Säugethiere und eine üppige, höchst organisierte Pflanzenwelt. Das Meer hat sich zurückgezogen und das feste Land sich seiner jetzigen Gestalt ge¬ nähert. Es mussten damals viele Hebungen, Gebirgsbildungen, Senkungen und Einstürze des festen Landes geschehen sein. In der Diluvialzeit lebte das Mammut, mit Stoßzähnen doppelt so lang und stark, als die des jetzigen Elephanten. Die mailändischen und venetianischen Ebenen sowie auch die Ebenen diesseits der Alpen sind weit herab mit ungeheueren Schuttmassen angefüllt. Wenn wir diese von den Alpen herab- gekvmmenen Schnttmassen mit dem vielen Sande, der durch die Flüsse ins Meer abgeführt wurde, wieder auf die Alpen zurück¬ denken, so müssen wir begreifen, dass die Alpen einst viel höher hinanfreichten als jetzt. Die einst so hohen Alpen waren tief mit Schnee und Eis bedeckt und verursachten große Kälte, die Eiszeit, während früher in Europa ein tropisches Klima herrschte. So¬ lange es keine hohen Gebirge gab und das warme Meer als Tummelplatz der Saurier weit hinauf gegen Norden das Land beherrschte, konnten auch überall tropische Pflanzen wachsen. 9 Der Jesuit und Astronom Seechi hatte in einer in der Aeadeinie in Rom 1876 gehaltenen Rede auseinandergesetzt, wie unsere Erde schon seit vielen Millionen Jahren besteht, was durch die in derselben befindlichen zahllosen und den verschiedensten Lebens¬ epochen angehörigen Ueberreste und aus den mannigfaltigsten Trümmergebirgen gefolgert werden muss. Spuren des Paradieses auf unserer Erde. Unter dem Paradiese stellen wir uns einen Ort ungetrübter Lust vor, alles voller Leben, alles in Harmonie, alles der Aus¬ fluss der höchsten Güte und Liebe Gottes. Aber wir finden jetzt nirgends eine Spur davon, sondern überall nur das Gegentheil. Die Geologie zeigt uns, dass auf unserem Erdkörper, so wie er jetzt ist, seit Millionen Jahren kein paradiesischer Zustand geherrscht hat. Ueberall finden wir den Kampf zwischen Leben und Tod, überall die Ueberinacht der Vernichtung und des ge¬ waltsamen Todes. Je mehr sich die Geologen bemühen würden, Spuren des einstigen Paradieses aufzufinden, um so mehr Gegen¬ beweise würden sie antreffen. Die in den Zertrümmerungen eingegrabenen Thierreste haben für die geschehene Verwüstung dieselbe Beweiskraft, wie die Aus¬ grabungen von Herculanum und Pompeji. Wenn wir mit der Bibel in der Hand den Orten des ein¬ stigen Paradieses nachforschen wollen, so finden wir in der An¬ merkung Nr. 8 Allioli's die höchst bezeichnenden Worte: --Die heiligen Väter lehren, dass die Lage des irdischen Paradieses für die Menschen nicht mehr erfahrbar seiV — Jedermann kann sich davon selbst überzeugen. 10 Ein Wildbaum kann unmöglich ans sich edle Früchte am setzen. Und demnach hatte dieser Wildbanm, unsere Erde, einst die edelsten Früchte getragen; dieses geschah dadurch, dass van Gatt diesem Wildbaume ein himmlisches Edelreis eingepflanzt wurden ist. Um das Paradies als eingepflanztes Edelreis zn erkennen, müssen wir früher den Grund erführen, warum die Erde nicht selbst als Edelbaum, svndern als Wildbanm ausgewachsen ist, sv dass die Einpflanzung des Edelreises uothwendig war. Den Grund davon erzählt uns der Ansang der Weltgeschichte. Die Beweise für die Verwüstung der Erde und die Bildung des Paradieses sind aus den Cvmbinativnen der heil. Schrift und der mystischen Theologie entnommen. Die wenigen Worte, welche uns bisher der Katechismus über das Paradies zu sagen wusste, sind jetzt nicht mehr für alle genügend. Die Geologie ist die Negation des Paradieses, diese Nega¬ tion ist klar ersichtlich. Weil aber die Offenbarung mit den ge¬ gebenen Thatsachen nicht im Widerspruche stehen kann, sv müssen wir in der Offenbarung ersichtliche und überzeugende Beweise für die Art deS Bestandes des Paradieses ansfinden. Diese Beweise liegen in den Schriften von Gott erleuchteter Personen verborgen, sowie die Thatsachen, welche die Geologie anfweist, in der Erde verborgen sind. Die göttliche Vorsehung hat in diesen Schriften Wahrheiten deponiert, welche den Thatsachen, durch welche das Paradies ne¬ giert wird, das Gleichgewicht halten, dieselben erklären und im Vereine mit ihnen gedeihlich wirken. Die Wissenschaft der Geologie ist nicht mit Einem Schlage fertig geworden, sondern unzählige Männer der Wissenschaft haben zn ihrem Ansbane mit großem Fleiße beigetragen. Wenn diese sich 11 bemühten, die in die Erde geschriebenen geheimnisvollen Schriften zn entziffern, so werden anch die Theologen sich bemühen, die vielen in den mhstischen Schriften enthaltenen Schütze zn sammeln nnd zn verwerten, damit nicht das Stndinm der Geologie, statt nützlich zu sein, den Glauben schädige. Die Theologie ist durch die Wissenschaft der Geologie ge¬ drängt worden, die Auffassung der sieben Schöpfnngstage zu modifieieren, ebenso wird sie anch durch die Geologie gezwungen, sich die im Gebiete der Mystik verborgenen Schatze, welche den Bedürfnissen der Zeit entsprechen, zu erschließen. Der Kürze wegen werden die Anführungen ans der Ge¬ schichte der gottseligen Anna Katharina Emerich mit -Emer.-, die der ehrwürdigen Maria von Jesns, Abtissin des Klosters zn Agreda, mit -Agred.» nnd die der heil. Hildegard mit «Hild.» bezeichnet. Der Pnfnng der Geschichte. «Die Geschichte sängt nicht mit Adam nnd Eva an, sondern mit den Engeln und Teufeln. Tie Geschichte der Engel und Teufel steht in einem innigen Zusammenhänge mit der Geschichte des Menschengeschlechtes sowohl, als auch mit der Geschichte unserer Erde, der Sonne, des Mondes, der Planeten und der anderen Himmelskörper. Ans dem Werke --Die geistliche Stadt Gottes- von Maria von Agreda, welches Werk von vielen geistlichen Autoritäten approbiert wurde, entnehmen wir Folgendes: -Zuerst wurden die Engel erschaffen, iveil sie erhabener nnd vermöge ihrer geistigen Wesenheit der Gottheit mehr verwandt sind. Ihre unermessliche Anzahl theilte sich in neun Chöre mit 12 drei Hierarchien. Sie waren überaus leuchtend, schön und voll¬ kommen. Lucifer war ihr König; er war der schönste, der glän¬ zendste und mächtigste, wie sich die Sonne von den Sternen scheidet. Es wurde den Engeln das Ziel geoffenbart, warum sie erschaffen wurden und warum sie so ausgezeichnete Gaben erhielten. Sie erhielten eine sehr klare Erkenntnis von der Wesenheit Gottes in drei Personen, von der unermesslichen Kluft zwischen Schöpfer und Geschöpf. Er hat alles erschaffen, und sie können nichts er¬ schaffen; er ist von Ewigkeit her und sie erst seit kürzester Zeit; er hat die unversiegbare Quelle des Lebens in sich, sie aber nur in Gott, wenn sie mit ihm vereiniget sind. Es wurde ihnen klar gemacht, wie Gott seit jeher sich selbst genügt und keines Geschöpfes bedarf und nur der unendliche Drang der Liebe ihn veranlasste, sie zu schaffen, um sie an den unermess¬ lichen Reichthümern seiner Herrlichkeit theilnehmen zu lassen, wenn sie sich nur dafür empfänglich machen. Sie sollen seine Kinder sein und seine Thronassistenten und sich der höchsten Seligkeit erfreuen. Sie müssen aber dieses ihnen gegebene Glück selbst befestigen durch willige Unterwerfung unter seine Anordnungen, die Wvhlthat er¬ fordert den Dank, und die Liebe fordert Gegenliebe; würden sie diese verschmähen, so wäre dies für Gott die höchste Beleidigung und für sie ein Unglück, weil sie sich dadurch vom Lebensguell trennen und ohne denselben im ewigen Tode schmachten und den Druck seines Zornes erleiden müssten. Sie erhielten auch Einsicht in die furchtbaren Folgen für den Fall der Auflehnung. Es erging dann an die Engel der Befehl, den Dank für die Schöpfung und die gehorsame Unterwerfung dem Allerhöchsten zu bezeuge». — Die Einen vollzogen freudig den Befehl. Lucifer, der König der Engel, hielt sich zu lange auf in wohl¬ gefälliger Betrachtung seiner selbst und verwirrte die Ordnung der 13 Selbstliebe; er liebte seine Schönheit und Macht als seine eigenen Gaben und vergaß, von wem er sie empfangen hatte. Er wurde träge in der Dankbarkeit. Auch er unterwarf sich dem Befehle, aber mehr mit der Vernunft, als aus Gerechtigkeit und Liebe, weil ihm das Gegentheil unmöglich schien. Das Gebot fiel ihm etwas schwer. Durch diese Unentschiedenheit für das Gute erhielt er eine gewisse Disposition zu seinem folgenden Sturze. Der Glanz seiner Schönheit wurde dadurch etwas verdunkelt. Gott eröffnete ferner den Engeln, dass er das Menschen¬ geschlecht schaffen werde, welches einer niederem Ordnung angehören werde als die Engel, aber er werde es dadurch auszeichnen, dass die zweite göttliche Person Mensch werden und unter den Menschen wohnen werde. Weil er Herr der ganzen Schöpfung ist, wird er als Gottmensch zugleich auch König der Engel sein. Als Mensch wird er mit allen Menschen und anderen Geschöpfen und als zweite göttliche Person mit der Gottheit verbunden sein. Durch ihn soll alle Creatur mit der Gottheit in innige Verbindung treten, und durch ihn soll aus der Gottheit der ganze Strom der Bese- lignng sich über die Geschöpfe als Glieder seines Leibes ergießen. Dieser Rathschluss Gottes war ein unbedingter. Der Gott¬ mensch hätte in erhabener Menschengestalt mit den Menschen ver¬ kehrt, wie etwa in der Zeit zwischen Auferstehung und Himmelfahrt, und sich wie am Tabor öfters und vor allen Menschen in seiner göttlichen Herrlichkeit geoffenbart. Dieser Rathschluss Gottes wurde durch die Sünde der ersten Eltern derart abgeändert, dass die zweite göttliche Person einen leidens- und sterbensfähigen Leib annahm und als Büßer das Erlösungswerk vollbrachte. Es erging dann an die Engel der Befehl, den neuen Gott¬ menschen als ihren König anzuerkennen und sich ihm zu unter- 14 werfen. In Lucifer regte sich aber der Neid und der Hochmuth, er wollte in allein als der Erste und Einzige dastehen und ver¬ maß sich, Gott zu widersprechen: Ich bin der mächtigste und der schönste unter den Engeln, mir gebührt die Ehre, auch König der Menschen zu sein. Wie sollen wir einen Menschen als unseren König anerkennen, der niederer Natur ist als wir? Bis jetzt war ich allein König über die Engel und Sonne, Mond und Sterne, jetzt sollen Menschen geschaffen werden, die geringer sind als wir, die an die blinden Naturgesetze gebunden sind. Ich habe eine große Macht über die Natur und ihre Gesetze nnd soll jetzt einen Menschen als König anerkennen, der diesen Gesetzen unterworfen sein wird? Lncifer fordert auch die anderen Engel ans znm Widersprnche. Wir wollen ein eigenes Reich gründen, ich werde euer König sein. Dadurch wurden unzählige Engel verführt ; die guten unterwarfen sich mit der ganzen Kraft ihres Geistes dem Gottmeuschen als ihrem König und beteten ihn an. Es erschien dann ein großes Zeichen am Himmel (Apokal. 12), ein Weib, mit der Sonne bekleidet, den Mond unter ihren Füßen nnd ans ihrem Haupte eine Krone mit zwölf Sternen; sie war viel schöner als Lncifer und alle Engel im himmlischen Glanze. Gott sprach: Es geziemt sich, dass diejenige, welche Mutter des neuen Königes sein wird, den Vorzug habe vor allen Geschöpfen, dass alle sich ihr unterwerfen und sie als Königin anerkennen, weil ihr Sohn Gott und Mensch zugleich sein wird. Sie wird an Gnaden nnd Gaben alle Menschen übertreffen. Die Schönheit der neuen Königin hatte selbst den Lucifer erschüttert. Viele Engel, welche die Gegenrede Lncifers wankend und zaghaft machte, wurden ermuntert nnd bestärkt. Es erschollen mächtige Loblieder zu Ehren der neuen Königin. Das achtc Capitel der Sprichwörter, welches an Marienfesten als Epistel gelesen wird, findet hier seine Erklärung, ebenso das Capitel 24 saalon. Dein Gebote, sich der Muttergottes zn unterwerfen, widersetzte sich Lucifer mit schauerlichen Lästerungen: Ungerecht sind deine Gebote, meiner Große geschieht Unrecht, darum werde ich die Natur und das Menschengeschlecht, die du Herr mit solcher Liebe ansiehst und mit solchen Auszeichnungen schmücken willst, mit Füßen treten und vernichten. Dazu werde ich alle meine Kraft und meine List aufbieten. Ich werde kein Weib als meine Königin anerkennen, ich werde sie von der Höhe hernnterstürzen, und dein Plan wird unter meinen Händen zunichte werden. Gott sprach: Das Weib, welches du nicht ehren willst, wird dir den Kopf zertreten, und wenn durch deinen Stolz der Tod in die Welt kommen wird, so wird durch die Demnth dieses Weibes das Leben und Heil den Sterblichen kommen; diese werden den Lohn und die Krone empfangen, die du mit deinem Anhänge verloren hast. Die guten Engel kämpften mit den Waffen des Verstandes und der Wahrheit gegen die Aufrührer. Lucifer droht weiter: Der Sohn, den dieses Weib gebären wird, wird niederer Natur sein als ich, weil er Mensch sein wird. Ich werde meinen Thron über den Sternen anfschlagen und diesen Sohn verschlingen; ich werde seinen Gesetzen widersprechen und blutigen Krieg gegen ihn führen. Gott sprach: Dieser Sohn wird nicht allein der Sohn des Weibes sein, sondern auch mein Sohn, welcher dir den Kopf zer¬ treten wird; er wird mit eiserner Ruthe über dich herrschen, er wird zu meiner Rechten sitzen, und ich werde seine Feinde zn meinem Fußschemel machen, und du, der Unglückseligste, wirst er¬ fahren, was der Tag meines Zornes sein wird. 16 Neber die Widersetzlichkeit Lucifers und seines Anhanges ent¬ brannte der Eifer der übrigen Engel. Michael erhielt die Erlaubnis, für die Ehre des neuen Königes und seiner Mutter streiten zu dürfen: Es ist gerecht, dass wir Gott gehorchen nnd ihn an¬ beten. Er hat uns aus nichts erschaffen, er kann anch andere erschaffen, wenn es ihm gefällt, die mächtiger sind als wir. Er hat uns mit Gütern überhäuft, er kann auch anderen geben wie er will. Unendlich ist seine Allmacht, Weisheit und Güte, wir können seine Großthaten nicht begreifen, deshalb ist es gerecht, dass wir uns ihni in allem unterwerfen. Und es entstand ein Streit im Himmel; Michael und seine Anhänger stritten mit Lucifer und dessen Anhänge. Wunderbar war dieser Streit, weil er bloß mit den Waffen des Verstandes und des Willens geführt wurde. Das Bild des Weibes war den guten Engeln ein Schild und eine Angriffswaffe, die Streitpunkte Lucifers wegen seiner Schönheit und Macht wurden dadurch ganz entkräftet, und er wurde verwirrt; die im Bilde dargestellten Ge¬ heimnisse der Menschwerdung und Erlösung konnte er nicht ertragen. Die Worte Michaels und der anderen fielen wie Blitze auf Lucifer und seinen Anhang, er wollte fliehen in seiner Qual, aber er musste bleiben, um durch Wahrheit und die Kraft Gottes nicht bloß gestraft, sondern auch besiegt zu werden. Trotzdem lästerte er von neuem: Gott ist ungerecht, weil er die menschliche Natur erhebt über die der Engel; ich bin der höchste und schönste Engel, und mir gebürt der Vorrang. Ich werde meinen Thron über die Sterne setzen, dem Allmächtigen will ich gleich sein. Niemandem werde ich mich unterwerfen, der geringerer Natur ist als ich, und nicht zugeben, dass einer größer sei als ich. Was soll dieses Weib mit ihrem Kinde über mich herrschen! Dasselbe wiederholten auch die andern. 17 Als Lucifer diese Lästerungen ausgesprochen hatte, wurde er in einen blutrotsten Drachen verwandelt, zur Verwunderung der Engel und zum Entsetzen seines Anhanges (Offenbarung 12, 3). Und es erschien ein anderes Zeichen am Himmel, ein großer blutrotster Drache mit sieben Köpfen und zehn Hörnern, und auf seinen Köpfen sieben Kronen, und sein Schwanz zog den dritten Tsteil der Sterne des Himmels nach und warf sie auf die Erde. Michael sagte: Wer ist wie Gott! Wer kann sich mit ihm vergleichen, der oben in der Höhe wohnt. Die Bosheit hat dich in Besitz genommen, schweige mit deinen Lästerungen, weiche fort aus unserer Mitte in die finsteren Abgründe der Hölle. Furcht¬ bare Blitze fielen auf ihn und seine Anhänger. (Offenbarung 12.) Er ward hinabgeworfen auf die Erde, und feine Engel wurden mit ihm hinabgeworfen. Er verlor sein Königreich und seine Königswürde. Der Schweif, mit welchem Lucifer den dritten Theil der Engel herabgezogen hat, das sind seine lügenhaften Verspre¬ chungen.» Der aus dein Himmel hinausgemorfene Teufel. Es war der Beruf Lucifers, als König der Engel den Anfang der guten Entscheidung zu machen und auch die anderen Engel zur Nachfolge seines guten Beispieles anfzufordern. Er hatte am meisten empfangen und hatte am meisten Grund, sich dankbar zu bezeigen. Ebenso sollte auch Lucifer die ersteu Meuscheu zur guten Entscheidung beeinflussen, damit durch dieselben zugleich das ganze Menschengeschlecht und die durch den Leib mit dem Menschen zusammenhängende gesammte phasische Welt in den definitiven Zustand der Glückseligkeit versetzt werde. 2 18 Durch die gute Entscheidung soll der von Gott geschossene orgouische Zusammenhang der Geschöpft auch von Seite der Engel und Menschen befestiget und ihre Lebensgemeinschaft eröffnet werden. Unter den Menschen ist die geistige Beeinflussung durch das vierte Gebot sanetioniert worden. Gott hat die Geschöpft als seine Kinder durch Liebe und unermessliche Wohlthaten an sich gezogen und durch klargestellte Warnung von dem Verderben abgeschreckt. Da er sich aber an die Idee der Freiheit der Geschöpft gebunden hat nnd sich die Gegen¬ liebe und Dankbarkeit nicht erzwingen lässt, konnte seine Heiligkeit den Missbrauch der Freiheit nnd seine verhängnisvollen Folgen nicht hindern. Lueifer hatte die Drohung ausgesprochen, dass er seinen Thron unter die Sterne versetzen und die Natur mit Fußen treten werde, wie er bei dem Bilde des Weibes den Mond unter ihren Füßen sah; dass er das Menschengeschlecht verschlingen, das Weib von ihrer Höhe herabstürzen und gegen den Gottmenschen blutigen Krieg führen wolle. Er wollte durch ein Ranbattentat sich des Centrnms der physischen Schöpfung bemächtigen und von dort, als deni Sitze seines neuen Reiches, nach allen Richtungen seine Rachepläne ausüben. Unsere Erde ist die Königin aller Himmelskörper. Die unter Millionen von Himmelskörpern auserwählte Erde sollte das Menschengeschlecht als lauter Könige der Natur auferziehen und ernähren. Ohne Vergleich größer aber ist noch der Vorzug, dass auch der Gottmensch mit seiner Mutter auf dieser Erde seinen Thron aufschlagen und hier wohnen will. Die Engel bewundern unsere Erde, auf welcher das Menschen¬ geschlecht sich entwickeln, der Gottmensch nnd seine Mutter leben 19 und wo der geheimnisvolle Lebensbaum als Centralmacht eine lebendige Verbindung aller Creatnren des ganzen Universums er¬ halten soll. Der Erde wegen ist bei Jesu Tod die Sonne ver¬ finstert worden, und der Erde wegen werden am jüngsten Tage die verunreinigten Himmelskörper durch Feuer eine Umwandlung zur Verklärung erleiden. Die ganze Natur ist an den Geist angewiesen, um durch ihn seine Beseligung zu finden, sowie auch der Geist in Gott und in der Natur die Quelle seiner Beseligung haben sollte. Wie die jungen Vögel das Nest verlassen nnd in der weiten Welt hernmfliegen, so sollten auch von hier ans alle Himmelskörper ihre ersehnte Belebung und jeder Mensch sein Königreich finden. Von hier aus sollte die Anzahl der Engel, der Menschen und der Himmels¬ körper und ihre Ausdehnung in ein gewisses Gleichgewicht gebracht werden. Die bevorzugte Würde unserer Erde sollte auch durch ein königliches Prachtgewand sich vor den andern Himmelskörpern aus¬ zeichnen. Hild.: «Das Paradies war mehr leuchtend als Sonnen¬ glanz.» Hieher, auf die Krone der physischen Schöpfung, waren die Blicke Lucifers gerichtet. Diese Erde wollte er zum Sitze seines neuen Reiches machen und hier seine Rachepläne ausführen. Er wollte das Reich der Engel mit dem Reiche der Menschen ver¬ einigen, um in beiden Reichen Alleinherrscher zu sein. Er ist aus seinem Königreiche im Himmel hinausgeworfen und des Thrones verlustig erklärt worden. Gott und die Engel hätten ihn sicherlich nicht ans eigenem Antriebe ans die Erde geworfen, wo das größte Heiligthnm Gottes sein soll, welches dann derart verwüstet wurde, dass die Offen¬ barung sagt: -Wehe der Erde und dem Meere, denn der Teufel ist zu Euch herabgekommen und hat großen Zorn (12,12). Er ist herab- 20 geworfen worden, weil er mit Gewalt den Raub verlangte.» Emer.: «Ich habe den Teufel mit Gewalt sich niederstürzen sehen. Sein Thron ist ihm im Mittelpunkte der Erde, in der Hölle angewiesen worden.» Hild.: «Lucifer ist von der Erde verschlungen worden.» Die Besessenen baten Jesnm, er möge sie nicht in den Abgrund schicken, sondern in die Schweine fahren lassen, die dann in den See stürzten und ertranken. (Jud. 1, 6.) Anch die Engel, welche ihre Würde nicht bewahrten, sondern ihre Wohnung verlassen haben, hat er zum großen Gerichtstag anfbehalten. Die heilige Schrift sagt: «Aber die Erde war wüste nnd leer und mit Finsternis bedeckt.» Das war das erste zerstörende Werk des Teufels, als er auf die Erde gekommen war, dass er sie verfinsterte nnd verwüstete. Eine Wüste kann Gott nicht erschaffen, noch eine Erde, auf welcher schon gleich vom Anfänge an der fortwährende Kampf zwischen Leben und Tod, zwischen Aufbanen und Niederreißen gekämpft wird. So wie Gott keinen Teufel schaffen kann, sondern bloß Engel, so kann er anch keiner Wüste, sondern nur paradiesischen Welten das Dasein geben. Emer.: «Beim Sturze der Engel kamen viele böse Geister auf die Erde und in die Luft, nnd ich sah vieles von ihrem Grimme verschiedener Art gesüttiget und besessen. Ich sah nach dem Sturze der Engel die Erde in eine dunkle Scheibe ver¬ wandelt, sie war von unzähligen bösen Geistern umgeben. Zum Glücke sieht man sie nicht, sie würden die Sonne verdunkeln, wenn sie Leiber hätten.» — «Wie bist du vom Himmel gefallen, du Mor¬ genstern, wie bist du zur Erde gestürzt? Du sprachst in deinem Herzen: Zum Himmel werde ich anfsteigen, über die Sterne Gottes setzen meinen Thron; ich steige ans der Wolken Höhen, dem Höchsten will ich gleich sein. Zur Hölle fahrest du hinab, zur tiefsten Grube, du, der den Erdkreis zur Wüste machte.» (Jsaias 14, 12.) 21 «Ich sah einen Engel herabsteigen vom Himmel, der eine große Macht hatte, und die Erde war erleuchtet von seinem Glanze.» (Offenb. 18,1.) «Sowie die Engel die Umgebung erleuchten, so sind die Teufel nicht bloß schwarz, sondern auch Finsternis wirkend.»(Emer.) «Ich sah einen Stern vom Himmel fallen auf die Erde, und es ward ihm der Schlüssel zu dem Schlunde des Abgrundes gegeben, und er öffnete den Schlund, und es stieg Ranch aus, wie aus einem großen Ofen, so dass das Licht und die Sonne ver¬ finstert wurden.» (Offb. ö, 1.) «Einst ertönte der Eifer des Herrn in vielen Donnern, da er den stolzen Feind in den Abgrnnd schleu¬ derte, wie der Psalmist sagt, 73, 3: .Hebe deine Hand auf gegen ihren Hochmuth? Wie viele Verwüstung hat der Feind im Heilig- thume gethan. Er hat bei seinem Sturze auf die Erde die Werke Gottes verfinstert. Gott aber erhob sie wieder, als er das Licht von der Finsternis geschieden hat.» (Hild.) EghptischeFinsternis. — Christus nennt den Teufel den Fürsten der Finsternis. Der Drache war blutrvth und hatte zehn Hörner, Zeichen seiner Grausamkeit und Macht zum Verwüsten. «Wehe der Erde und dem Meere, denn der Teufel ist zu euch herabgekommen und hat großen Zorn.» (Offb. 12, 12.) «Wehe dem Meere!» Der Keim der Geschöpfe lag nach der Lehre des h. Ambrosius und Hyronimns anfangs noch in den Wässern. — «Wisset ihr nicht, dass Himmel und Erde das erste¬ mal ans Wasser und durch Wasser mittelst Gotteswvrt entstanden sind?» (II. Petrns 3, 5.) «Gott ist der lebendige Quell, welcher das Wasser ergoss, als er das Wort M werde!' gesprochen. Der hei¬ lige Geist schwebte darüber, als er es bewegte und in den Flnss setzte.» (Hild.) — «Wehe der Erde!» die Erde wird von jetzt an der Schauplatz der Verwüstungen sein, dann wird der Teufel den Menschen verführen und die Erde zu einem Thränenthal, zu einer 2^ Mördergrube machen, in welcher viele Seelen ihren Tvd finden werden. Der Teufel ist ein Mörder vvn Anbeginn. «Vor ihm schreitet die Verwüstung; es ist ans Erden keine Macht, die mit ihm verglichen werden kann.» (Job. 41.) Der kahle Mond, welcher zu der Erde in naher Beziehung steht, gibt sichtbares Zeugnis seiner Zerstörungsmacht. So wie er viele Besessene in seine grau¬ same Gewalt bekommen hat, so hat er seiner Drohung gemäß Natur und Menschen mit Füßen getreten. Gott hat sich auch an die Idee der den Geschöpfen ver¬ liehenen Macht gebunden, so dass sie damit seine Pläne durch¬ kreuzen und seine Werke schädigen können. Zu Adam sprach Gott: «Du sollst herrschen über alles, was lebt und wächst ans Erden.» Eine noch größere Macht hatte Lucifer als König der Engel erhalten, so dass es nicht zu wundern ist, wie er die Erde zur Wüste machen und mit Finsternis bedecken konnte. — Der Teufel führte Jesum auf einen hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche des Erdkreises in einem Augenblicke und sprach: «Diese ganze Macht und Herrlichkeit will ich dir geben, denn sie sind mir übergeben, und ich gebe sie, wem ich will.» (Luc. 4, 5.) Es lag in der Macht Lncifers, vermöge des ursprüng¬ lichen Berufes der Beeinflussung der Geister Christum den Herrn und Adam zu versuchen, aber ein Raubattentat auf das Paradies und die ersten Menschen konnte er nicht ansüben, weil dieses nicht in der ursprünglichen Machtübergabe gelegen war. Seit der Schöpfung der Welt bis Adam zeigte die Hölle ihre Macht durch fortwährende Verwüstung durch viele Millionen von Jahren. Emerich: «Es war Gottes Ausspruch zu den Engeln: Bis die gefallenen Chöre der Engel hergestellt sein werden, soll Kampf auf Erden sein, und ich sah diese Länge unendlich lang, ja unmöglich.» 23 Trotz der Verwüstnngsmacht des Teufels sehen wir doch das Ueberwiegen der Macht Gottes in diesem Kampfe zwischen Leben und Tod in der Natur. Bei Gottes Befehl: «Es werde Licht!» wurde die Finsternis des Teufels zurückgedrüngt und das natürliche Licht wieder hergestellt. Wir sehen durch die unendliche Reihe von Jahren trotz der sich immer erneuernden Verwüstungen die fortschreitende Organisation der Pflanzen und Thiere, bis sie in der Tertierfvrmation als Vorbereitung für die Schaffung des Menschen ihre Vollendung erlangt. Mit der Schöpfung des Men¬ schen als Königs der Erde horte die Macht Lueifers über die Natnr ganz auf, bis sie durch die Sünde Adams wieder eine neue Berechtigung gefunden hat. Die Schöpfungsgeschichte. Wenn wir die Schöpfungsgeschichte unserer Erde und ihrer Millionen Jahre, wie sie uns die Geologie vorweist, vergleichen mit der Schöpfungsgeschichte Mvhsis von sechs Tagen, so können wir unmöglich einen fasslichen Ausgleich finden. Wenn wir aber die Resultate der Geologie mit dem vergleichen, was nns die selige Kath. Emerich und die hl. Hildegard über die Schöpfung des Para¬ dieses als zweiter Erde sagen, so finden wir, dass Mopses diese beiden Schöpfungsgeschichten in Eine zusammengezogen hat und sich deren Anfang auf die Erde und die Fortsetzung auf das Paradies bezieht. Emer.: «Gleich nach dem Flehen der Engel um Wieder¬ herstellung des Gefallenen sah ich neben der verfinsterten Erde, nicht weit voneinander getrennt, eine dunkle Kugel entstehen und eine Bewegung in derselben, als würde sie größer und größer. Ich sah lichte Punkte aus der Masse hervvrdringeu und sie wie 24 Helle Bänder umziehen und hie und da in breiten Flächen austreten. Ich sah auch zugleich die Gestalt des hervvrtretenden Landes sich gegen das Wasser abgrenzeu; dann sah ich in den lichten Stellen eine Bewegung, als würde etwas lebendig. Auf den Landflucht» sah ich Gewässer hervordringen und zwischen diesen auch lebendiges Gewimmel entstehen. Ich dachte noch als Kind, die Pflanzen be¬ wegen sich. Bisher war alles grau gewesen, nun wurde alles lichter, und ich sah wie Sonnenaufgang. Es war alles, wie es am frühen Morgew ist auf der Erde, und als erwache alles aus dem Schlafe. Alles andere verschwand mir vor dem Bilde, der Himmel war blau, die Sonne zog an ihm hervor. Ich sah einen Theil der Erde allein von ihr bescheinen, und diesen ganz herrlich und lustig, und dachte: das ist das Paradies. Es war der erste Morgen, und doch wusste das kein Wesen; sie waren, als seien sie ewig da gewesen, sie waren in Unschuld. Wie die Sonne stieg, sah ich auch die Bäume und Pflanzen größer werden, das Wasser wurde Heller und hei¬ liger, alle Farben reiner und lebhafter. Alles war unaussprechlich angenehm und keine Spur von Berwilderung. Ehe ich die Sonne sah, war alles klein ans der Erde, dann größer nnd endlich ganz groß. In der Mitte der Fläche war eine Quelle, aus welcher sich Flüsse nach allen Seiten ergossen, davon einige ineinander flössen. In diesem Gewässer bemerkte ich zuerst Bewegung und lebendige Thiere, dann aber sah ich Thiere hie und da zwischen den Sträu¬ chern und Büschen wie aus dem Schlafe sich erheben und hervor¬ gucken. Sie waren nicht scheu. Ich sah viele Vögel und hörte den lieblichsten Gesang wie am Morgen.» Der Ausspruch Gottes bei der Schöpfung: Er sah, dass es gut war, bezieht sich nur auf die Schöpfungsperiode des Paradieses und nicht auf die der anderen Erde, wo der Teufel immer wieder alles entstellte. 25 Die heilige Hildegard sagt: «Die sechs Tage bedeuten sechs Tagwerke, weil der Anfang und das Ende eines Werkes Tag genannt wird.» Emer.: «Ich sah Adam nicht im Paradiese erschaffen, son¬ dern in der Gegend des nachmaligen Jerusalem. Ich sah, dass Adam weit hinweg nach einem Hochliegenden Garten, dem Para¬ diese, getragen und dort Eva aus Adam genommen wurde.» Der Mond. Emer.: «Der Mond ist kühl und steinig, voll hoher Berge und tiefer Höhlen und Schluchten. Er ist voller Löcher und Vuleane, alles ist versteinert, Ivie Cvrallen, Bäume. Das Erdreich ist gelb, doch ist es meistens felsig. An seinen äußersten Grenzen sind Län¬ dereien und Gebüsche, in welchen Thiere wohnen. Die Bäume und Gebüsche sind so leicht wie Mark, Schwamm oder Pilz. Die Wässer in den Höhlen und Schluchten sind sehr steigend und fallend. Es zieht ein großer Dunst hinein und heraus, als sauge er vieles Flüssige in sich und speie es wider aus.» (Infolge Anziehung der Erde nnd Sonne, wie bei nns Ebbe und Flut.) «Der Moud zieht vieles von uns an sich, wenn aber die Wolken ans seinen Höhlen überfließen, dann drückt er schwer nnd sinnlich ans die Erde, so dass die Menschen melancholisch werden, denn er ist tiefer gefallen als die Sonne. Das Licht im Blonde ist todt, blauweiß; erst entfernter vom Monde ist es Heller. Der Mondschein wäre angenehm wegen der Stille, aber ich fühle die vielen Verbrechen, die er deckt. Ich sehe viele menschliche Gestalten ohne Leib darinnen, welche vor dem Lichle immer in den Schatten fliehen; es ist, als 26 hätten sic ein böses Gewissen; sie sind ohne Frend nnd ohne Leid, wie am Straforte bis zum Gerichte. Sie sind mehr in der Mitte des Mondes. Menschen wie auf der Erde sehe ich weder auf dem Monde noch auf der Sonne noch auf anderen Gestirnen. Die Menschen schanen so begierig nach dem Monde, weil man nach dem schaut, was einem gehört. Der Mond ist sehr viel und bedeutet sehr viel, er hat einen erstaunlichen Zusammenhang mit der Erde und allen Geschöpfen, die darauf sind; er hängt mit vielem Bösen in uns zusammen.» Der Mond gilt durch seine Abwechslung als Symbol der Unbeständigkeit, er veranlasst aber auch durch seinen großen Ein¬ fluss auf den Organismus des Menschen iu uns viele Unbe¬ ständigkeit. Die dnrch den Mond in unserem körperlichen Leben verursachte Periodicität wirkt auf den Geist und zieht ihn oft wie einen Sclaven nach sich. Der böse Geist findet manchmal Gelegen¬ heit, diesen Umstand zur Schädigung des Menschen zu gebrauchen. Der mondsüchtige Knabe im Evangelium hatte vou Kindheit au einen stummen Geist, den der Herr austrieb. Zn Zeiten Christi gab es viele Mondsüchtige, besonders Frauenspersonen, welche bald weinten, bald hell lachten, bald tobten. Emer.: «Als Christus der Herr in der Angstgrotte Blut schwitzte und die Lichter des Firmamentes wie hilfesuchend zu Zeugen seiner Leiden angesprochen hatte, da war es, als träten der Blond und die Sterne nut einem Ruck näher heran, es ward Heller. Der Mond, ganz anders als sonst, obwohl noch nicht ganz voll, schien größer als sonst. In seiner Mitte sah ich einen dunklen Fleck, wie eine schwache Scheibe vor ihm, mit einer Oeffnnng, durch welche Licht auf ihn hindnrchstrahlte gegen die nicht volle Seite. Dieser wunderliche Fleck war wie eiir Berg, und rund um den Mond war ein lichter Kreis wie ein Regenbogen. 27 Den andern Tag sah ich bei der Kreuzigung den Mond einen sehr schnellen Lauf machen, wie eine schwebende Feuerkugel; er bedeckte ganz die Sonne, der Himmel war ganz dunkel, die Sterne traten schimmerend hervor. Ein rother Schein wie ein glühender Ring war um die Sonne. Bald nach drei Uhr begann der Mond von der Sonne zu weichen, er sank sehr schnell nach entgegengesetzter Richtung, als wenn er falle, um wieder Vollmond zu werden. Ich sehe Maria Magdalena über ihrem Schlosse stehen, hinter ihr bricht ein Glanz hervor wie ein Mond, vor ihr ist es aber wie ein schwarzer Berg, den muss sie unter den Füßen haben, dann ist ihr geholfen. Ich sehe da auch die Muttergottes. Diese tritt den schwarzen Berg vor ihr nieder, da steht Magdalena ganz im Scheine vom Mond und ist ganz hell, die Muttergottes steht auf dem Monde. Als die Muttergottes kam, trat sie das dunkle Böse unter die Füße, sie ist Herr darüber geworden; darum wird sie auch auf dem Monde stehen, mit der Schlange unter ihren Füßen ab¬ gebildet. Dieses ist aber die Wahrheit, die im Bilde so aussieht.» Das Paradies. Das Paradies ist nicht der natürliche Schlusspunkt der Schöpfung unserer Erde, wie die Frucht am Baume, sondern es ist eine zweite außerordentliche Schöpfung als Pfropfreis auf dem Wildbaum unserer Erde, die der Teufel schon gleich im Anfänge verwüstet hat. Die Erlösung ist auch eine zweite Schöpfung auf dein Grunde der ersten. Nach der Sünde Adams im Paradiese ist dasselbe wieder von der Erde abgetrennt worden. Diesen Znbau 28 des Paradieses zu unserer Erde uud dessen Abtrennung hätte nie eine Menschenvernnnft ergründen können. Durch übernatürliche Offenbarung ist dieses uns mitgetheilt worden. «Gott der Herr hatte von Anbeginn einen Lustgarten gepflanzt, uud er setzte hinein den Menschen, den er geschaffen hat.» (I. Mopses 2, 8.) Emer.: «Gleich nach dem Flehen der Engel und Wiederher- stellung des Gestürzten sah ich ober der finstern Erdscheibe, nicht weit getrennt von ihr, eine dunkle Kugel entstehen. Ich sah eine Bewegung in derselben, als würde sie immer größer und lichter u. s. w.; ich dachte, das ist das Paradies. Ich sah Adam nicht im Paradiese erschaffen, sondern in der Gegend vom nachmaligen Jerusalem, und ich sah, dass Adam weit hinweggetragen wurde. Er wurde auf den höchsten Ort im Paradiese getragen, dort, wo alles Glanz und Licht war, mehr als irgendwo.» Agred.: «Das Paradies war eine zweite Welt, in diese zweite Welt wurde Adam übertragen, nachdem er auf der ersten Welt erschaffen worden. Bevor die zweite Erde, das ist das Paradies, geschaffen wurde, war die Schöpfung der Gottesmutter und ihres göttlichen Sohnes schon bestimmt.» Thomas Aquin.: «Durch die Ueberführnng Adams ins Paradies wird angedeutet, dass der Aufenthaltsort im Paradiese mit zu den übernatürlichen Gaben gehört und nicht zu den der menschlichen Natur gebürenden Gütern, die vertierbar sind.» Brigitta.: «Adam wurde in das Paradies versetzt, damit er den Engeln Gesellschaft leiste.» Hild.: «Aus dem leuchtenden Lande des Paradieses wurde Adam in diese Welt als Verbannter hinabgestoßen.» Dass das Paradies wirklich eine separate Schöpfung war und dann erst mit der Erde verbunden wurde, sowie auch, dass 26 die Erde durch den Teufel verwüstet wurde, erleuchtet aus dem Umstande, dass uur ein Theil unserer Erde Paradies genannt wurde. Nach dem ursprünglichen Plaue Gottes hätte die ganze Erde Paradies sein sollen. Die Vernunft sagt es uns, dass Gott nicht eine solche Erde erschaffen konnte, deren eine Theil ein Paradies und deren anderer Theil ein Schlachtfeld ist. Nach der Angabe Moysis stossen vier Strome durch die Länder des Paradieses. Es war somit das Paradies eine aus¬ gedehnte Welt. In Bezug auf die Abtrennung des Paradieses sagt Emerich: -Während Adam und Eva wieder flohen, schien das Paradies hinter ihnen wegzuziehen Ivie eine Wolke. Es kam aber ein feuriger Ring vom Himmel und legte sich um die Höhe, wie der Hof um den Mond. Es gieug so tief herab und sehr steil, die Bäume wurden auf ihren Wegen immer kleiner und krüppelhafter; dann kamen sie ins Gebüsch, und alles war so wüst und verunstaltet. Das Paradies war dann so hoch wie die Sonne und gieng unter wie hinter einem Berge, der aufzusteigen schien.» I. Mopses 3, 23: «So verwies ihn Gott der Herr aus dem Lustgarten, dass er die Erde bebaue, von der er genommen ist. Also trieb Gott Adam hinaus und setzte vor den Lustgarten die Cherubim mit dem feurigen, zuckenden Schwerte, zu bewahren den Weg zu dem Baume des Lebens.» Ueber die Schönheit des Paradieses sagt Emerich: «Im Paradiese war alles unaussprechlich angenehm, alle Pflanzen, Blumen und Bäume hatten ein anderes Aussehen, jetzt ist alles wüst und verkrüppelt, wie ansgeartet. Es war nichts zerstört und zerrissen, alles rein und nichts gereiniget. Die Thiere hatten alle nach ihren Arten bestimmte Aufenthaltskreise, Wohnungen, Wege 30 und Absonderungen, gewachsene Lauben und Grotten. Alle diese Kreise (um den Menschen als ihren König) hatten ein großes Ge¬ heimnis des göttlichen Gesetzes und Zusammenhanges aller Ge¬ schöpfe. Die Thiere waren ganz anders als jetzt, sie waren rein, edel, schnell, freudig und sanft. Ich sah kein Wesen und keine Nanbthiere, diese sind später entstanden als Folge der Sünde. Ich kann nicht aussprechen, wie schön es da ist, welche Ordnung und Liebe dort herrscht. Da sehe ich ganze Herden weißer Elephanten; die Haare hängen ihnen wie Decken von Locken über den Rücken herab, ihre Füße sind wie Säulen, und sie laufen doch so schnell wie Pferde. Ihre Jungen haben sie so lieb und spiele» ganz kindlich mit ihnen; diese laufen wie Lämmer unter ihren Füßen. Da sind goldgelbe Löwen mit langen Mähnen, aber sehr sanft; sie fassen einander bei den Mähnen und spielen. Auch Schafe sehe ich hier, Kameele, Ochsen und Pferde, alles weiß und glänzend wie Seide; wunderschön gestreifte Esel, Einhörner und viele andere Thiere. Als Adam das erstemal im Paradiese wandelte, traten ihm die Thiere entgegen und begleiteten ihn. Die Bäume sind ungeheuer hoch, ich sehe verschiedenfarbige Prachtbünme nnd wunderschöne Früchte. Das Gras ist wie Seide. Wie schön leuchtend nnd bunt die Vögel sind, ist nicht zu be¬ schreiben ; sie bauen ihre Nester in Kränze der schönsten Blumen. Ich hörte den vielfachen Gesang der Vögel, aber kein Brüllen der Thiere. In den klaren Flüssen sah ich glänzende Fische und andere Thiere. Unaussprechlich ist der Unterschied zwischen den Früchten des Paradieses und dieser Erde. Das herrliche, wunderhelle Wasser, welches herausquillt und die Gärten der Thiere so schön durchzieht, bildet um das ganze 31 Paradies eine Wassermauer; die Tropfen sind glänzend wie Dia¬ manten. Dieses Wasser rinnt tiefer unten in kleine Bäche zu¬ sammen, welche noch tiefer nnten einen ungeheuren Wasserfall bilden. Es brauset so entsetzlich, dass man taub werden müsste. An der Seite des großen Gewässers, von welchem der Wasserfall niederstürzte, sah ich ein grünes Feld mit ungemein großen wei߬ gelblichen Knochen besäet, die vom Wasser herausgespült sind. Das Paradies besteht noch in seiner unversehrten Schönheit, aber es ist den Angen der Menschen unzugänglich. Es ist voll von Thieren. Ich sehe es wie ein Ei schweben über unbeschreiblich Hellem Wasser. Es ist so groß wie eine Erde, es hat runde unge¬ brochene Höhen. Hennoch ist dahin versetzt worden, (kocüo.«!. 44,16.) Er ruhet mit Elias vor dem Thore des Paradieses, das aus Wassertropfen besteht, glänzend wie Edelsteine.» Hild.: -Das Paradies ist deni Wechsel der Jahreszeiten und der Witterung nicht unterworfen. Wie der Glanz des Mondes durch die Sonne, so werden Sonne, Mond und Sterne durch deu Lichtglanz des Paradieses verdunkelt.» Adam im Paradiese. Mopses: -Gott der Herr bildete deu Menschen aus Erdeulehm und hauchte in sein Angesicht den Odem des Lebens.» — Chrysost.: «Gott bildete den Körper des Menschen ans Erde und belebte ihn durch ein unsterbliches, gottähnliches Wesen.» Emer.: «Ich sah Adam nicht im Paradiese erschaffen, sondern in der Gegend vom nachmaligen Jerusalem. Ich sah ihn glänzend und weiß aus einem gelben Erdhügel hervorgeheu, wie ans einer Form. Die Sonne schien, und ich dachte, da ich als Kind dies 32 sah, die Sonne scheint den Adam ans dem Berge heraus. Er wnrde wie von der Erde geboren, die eine Jnngfran war. Gott segnete sie, und sie ward seine Mutter. Er trat nicht plötzlich ans der Erde. Er lag in dem Hügel auf seiner Linken, den Arm über den Kopf geschlungen, und war mit lichtem Nebel wie mit Flor bedeckt. Ich sah eine Figur an seiner Rechten und ward inne, dass es Eva sei, welche im Paradiese von Gott aus ihm herans- gezogen wurde. Gott rief ihn, und es war, als thue der Erd¬ hügel sich auseinander, und Adam trat allmählich hervor. Es waren keine Bäume, sondern nur kleine Blumen umher. Auch die Thiere hatte ich in lauter Einheiten aus der Erde hervorkommen gesehen und daun die weiblichen sich daraus absondern.» Hild.: -Die Engel schuf Gott nach deni Bilde seines Vaters, den Menschen aber nach seinem Ebenbilde, weil er selbst Mensch werden wollte.» Agreda: «Adam war Christo ganz ähnlich, Maria der Eva. Die Werke, die Gott selbst unmittelbar wirkt, sind die voll¬ kommensten; so sind auch Adam und Eva am schönsten gewesen.» Emer.: «Ich sah, dass Adam weit hinweg nach einem Hoch¬ liegenden Garten, dem Paradiese, getragen wurde. Gott führte ihm im Paradiese die Thiere vor. Adam nannte sie, und sie folgten ihm und spielten um ihn. Alles war vor der Sünde ihm dienend. Eva war noch nicht aus ihm heransgebildet. Alle Thiere, die er genannt, folgten ihm später auf die Erde nach. Ich sah den Adam an dem Hügel bei dem Baume des Lebens liegen. Gott senkte Schlaf ans ihn, und er ward entzückt in Gesichten.» Hildeg.: «Es wurde ihm gezeigt, wie sich aus seinen Nach¬ kommen das himmlische Jerusalem füllen werde. Auch Eva wusste vorher, dass der Sohn Gottes als Lebensguelle durch ein Weib auf die Wett kommen werde.» 33 Emer.: «Da zog Gott aus Adams rechter Seite Eva an der Stelle hervor, wo die Seite Jesu durch die Lanze geöffnet wurde. Sie ward schnell größer, bis sie vollkommen groß und schön war. Ohne den Sündenfall würden alle Menschen auf diese Art in sanftem Schlafe geboren worden sein. Als Eva gebildet war, sah ich, dass Gott dem Adam etwas zufließen ließ. Es war der Keim des Segens Gottes, der Ver¬ mehrung der Menschen; Gott war in Menschengestalt, und ans seinen Augen, Mund, Brust und Händen floss ein Lichtstrom in die Seite Adams. Adam und Eva waren wie zwei Kinder, unaussprechlich schön und edel. Sie waren ganz leuchtend, mit Strahlen bekleidet wie mit einem Flor. Um den Mund Adams war eine Strahlensonne, auch seine Brust war mit Strahlen um¬ geben. Aus ihren Händen und Füßen flössen Lichtstrahlen. Ihre Haare fielen in fünf leuchtenden Strahlenbüscheln nieder, zwei von den Schläfen, zwei hinter den Ohren, eine am Hinterhaupts. Sie waren ihre Glorie. Diese Glorie stellt sich wieder her an den verklärten Seelen und Leibern. Die Strahlensonne um Adams Mund hatte Beziehung auf den Segen der Nachkommenschaft ans Gott, welcher Segen ohne den Sündenfall durch das Wort ge¬ wirkt haben würde. Adam reichte Eva die Hand, sie giengen durch das Paradies. Der Ort, wo Eva entstand, war der höchste und schönste, die ganze Natur war durchsichtig und voll Glauz.» Brigitta: «Durch den Lichtglanz des Paradieses wurde alles andere Licht verdunkelt. Dieser höchste und schönste Ort war ihr Aufenthalt.» Emer.: «Ringsherum waren die Wohnungen der Thiere, gleichsam in näheren und entfernteren Kreisen, je nach Beschaffen¬ heit der Thiere und Pflanzen. Diese Vertheilung der Thiere und 34 Pflanzen als Umkreise des Menschen geschah nach geheimnis¬ vollem Gesetze in der ganzen Natur, so dass dadurch der Zusammen¬ hang aller Geschöpfe gebildet wurde.» Der Siindenfall. Emer.: «Als Adam und Eva das erstemal durch das Paradies wandelten, traten ihnen die Thiere entgegen und be¬ gleiteten sie. Sie hatten mehr mit Eva zu thun als mit Adam. Eva hatte überhaupt mehr mit der Erde und den Geschöpfen zu thun, sie war neugieriger. Adam war mehr still und zu Gott emporgerichtet. Unter allen Thieren aber war eines, das sich mehr an Eva anschloss als die andern; es war ein ungemein schmeichelndes, geschmeidiges Thier. Es war glatt und dünn, als habe es keine Knochen, es hatte Aehnlichkeit mit den Eidechsen. Seine Hinterfüße waren kurz, und es lief aufrecht auf denselben, es hatte einen spitzen Schweis und nahe am Kopfe kleine Pfoten. Der Kopf war rund und ungemein klug. Es hatte eine feine be¬ wegliche Zunge. Bauch, Brust und Hals waren weißgelb, der Rücken braun gewölkt, fast wie ein Aal. Seine Höhe war etwa die eines zehnjährigen Kindes. Es war immer um Eva herum und so schmeichelnd und zierlich, so beweglich und hin- und her¬ zeigend, dass Eva großes Vergnügen an ihm hatte. Dieses Thier hatte aber für mich doch etwas Schreckliches, und ich sehe es immer noch deutlich vor Augen. Ich sah nicht, dass es Adam oder Eva berührten. Es war vor dein Falle zwischen Menschen und Thieren ein großer Abstand. Ich sah die ersten Menschen kein Thier be¬ rühren; waren die Thiere auch vertranter zu den Menschen, so waren sie doch auch getrennter. 35 Als Adam und Eva wieder auf den glänzenden Ort zurück¬ kehrten, trat Gott in leuchtender Gestalt, mit weißglünzenden Haaren zu ihnen und schien umherzeigend mit kurzen Worten ihnen alles zn übergeben und etwas zu befehlen.» Moyses: «Von jedem Baume des Gartens magst du essen, aber von dem Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an welchem Tage du davon essen würdest, wirst du des Todes sterben.» Emer.: «Sie waren nicht scheu, sondern hörten ihn un¬ befangen an.» Hild.: «Adam sah nicht sein Angesicht, sondern nur ein gewisses Leuchten desselben.» — Emer.: «Als er verschwand, schienen sie zufriedener, glücklicher; sie schienen mehr zu verstehen und mehr Ordnung in allem zu finden, denn sie fühlten nun Dank, Adam aber mehr als Eva. Sie war nicht so in Gott wie Adam, sie war mit ihrer Seele mehr in der Natur.» Hild.: «Adam hatte einige Genossenschaft mit den Engeln in Bezug auf Lobpreisung Gottes. Er begann nach der Eingebung Gottes zu singen und die Lieblichkeit der Gesänge der Engel nachzubilden. Die Menschenseele ist musikalisch gestimmt.» — Emer.: «Nun sah ich Adam dankend und bewundernd ans dem leuchtenden Hügel unter den Bäumen.» —Agred.: «Als Lucifer den Adam in seiner Schönheit sah, trieb ihn sein Neid, beiden das Leben zu nehmen. Eine höhere Macht hinderte ihn, dass er sich nicht wie ein Löwe ans ihn stürzte, deshalb hielt er Adam für den vom Weibe geborenen Erlöser. Mit furchtbarem Ingrimm erhob er sich beim Anblicke Evas, er hielt sie für das Weib, das ihm den Kopf treten soll. Er machte sich zuerst an das Weib, weil sie schwächerer und zarterer Natur war, weil er wusste, dass sie nicht Gott und Mensch zugleich ist, und wegen der g* 36 Schande, von: Weibe getreten zn werden, das niederer Natur ist als die Engel. Eva näherte sich dem Baume der Erkenntnis, als wollte sie vorübergehen. Das Thier war wieder bei ihr und noch mehr beweglich und schmeichelnd; Eva war ganz eingenommen von der Schlange und hatte großes Wohlgefallen an ihr. Die Schlange stieg nun an dem Baume so hoch, dass ihr Kopf dem der Eva gleich kam, und sagte zu Eva, dass, wenn sie von der Frucht des Baumes essen würde, würden sie frei und keine Sklaven mehr sein und wissen, welches die Art ihrer Vermehrung sei, was sie bisher noch nicht wissen durften.» Mopses: «Aber die Schlange war listiger als alle Thiere der Erde. Diese sagte zum Weibe: Warum hat euch Gott geboten, nicht von allen Bäumen des Gartens zn essen? Gott weiß, dass, an welchem Tage ihr davon esset, eure Augen sich aufthnn und ihr wie Götter werdet erkennen Gutes und Böses.» Emer.: «Eva ward immer nachdeukender und begieriger nach dem, was das Thier sagte; es gieng in ihr etwas vor, was sie niedriger machte, es ward mir bange. Nun schaute sie nach Adam, der noch ganz ruhig unter den Bäumen stand, und rief ihn, und er kam.» Agred.: «Durch das Anhören und Antworten kam Eva in große Versuchung.» Der Verfasser: «Hätte Eva von ihrer königlichen Macht als Herrscherin über alle Thiere Gebrauch gemacht und der Schlange befohlen, vom Heiligthuine des Baumes herabznsteigen, so hätte Lucifer für immer sein Recht verloren.» Emer.: «Eva gieng Adam entgegen und wieder zurück, es war ein Zögern, eine Unruhe in ihr. Als Adam kam, fasste sie ihn am Arme und zeigte nach dem sprechenden Thiere, und Adam horte auch zn, und es ward finster nm sie. Ich sah, dass das 37 Thier die Frucht zeigte, aber nicht wagte, sie der Eva zu brecheu. Als aber Eva nach der Frucht gelüstete, brach sie das Thier uud reichte sie ihr. Es war die mittelste, schönste Frucht vvn fünf zusammenhängenden Früchten. Eva trat mit der Frucht zu Adam und gab sie ihm, ohne dessen Einwilligung die Sünde nicht ge¬ schehen sein würde. Die Frucht zerbrach in der Hand Adams, er¬ sah Bilder in derselben. Es war, als würden sie inne, was sie nicht wissen sollten.» —Moyses: -Da wurden beiden die Augen aufgethan, und sie merkten, dass sie nackt sind.» — Der Verfasser: « In dem Augenblicke, als der Mensch gegen Gott ungehorsam geworden ist, hat auch das Fleisch des Menschen dem Geiste das Zeugnis ge¬ geben, dass es ihm auch nicht mehr gehorsam sein werde. Gegen den Revolutionär ist auch die ganze Natur in Revolution getreten.» Emer.: -Ich sah, dass sie sich verfinsterten und in ihrer Gestalt sanken. Es war, als weiche auch die Sonne. Das Thier stieg vom Banme nieder, ich sah es auf allen vieren weglanfen. Ich sah, dass Eva schon sündigte, als die Schlange auf den Baum kroch, was nur durch ihren Willen geschehen konnte. Die Schlange war gleichsam die Figur des unsichtbaren Willens, wo¬ mit sie alles machen und erreichen konnte. Hierin fuhr der Satan, um zu versuchen.» Agred.: «In der Hölle war großer Triumph über den Sturz Adams.» Dir Drrwrisung aus drm Pnrndirsr. Emer.: «Nach einer Weile sah ich Adam und Eva traurig umherirren; ein früher gehabtes Schauen himmlischer Dinge und das leuchtende Gewand ist ihnen verlorengegangen, sie waren verfinstert, giengen getrennt und schämten sich vor einander. Mit 38 jedem Schritte giengen sie tiefer abwärts, es war, als weiche der Boden, und wo sie giengen, ward es trnb; die Gewächse verloren ihren Glanz, und die Thiere flohen. Sie suchten aber große Blätter und machten einen Kranz um die Lenden und irrten immer ge¬ trennt. Als sie ziemlich lange so geflohen, war der glänzende Ort ihres Ausganges schon wie eine ferne Bergeshöhe, und sie verbargen sich getrennt unter Büschen in einer dunklen Ebene. Da rief sie eine Stimme aus der Höhe, und sie wurden noch banger und flohen, noch tiefer sich versteckend. Das that mir sehr leid. Es gieng so tief herab und sehr steil, die Bäume wurden auf ihrem Wege immer kleiner und krüppelhaster, dann kamen sie ins Ge¬ büsch, und alles war so wüst und verunstaltet. Während sie wieder so flohen, schien das Paradies hinter ihnen wegzuziehen wie eine Wolke. Es kam aber ein feuriger Ring vom Himmel und legte sich um die Höhe, wie der Hof nm den Mond. Nun ward die Stimme strenger, und sie wurden gezwungen, hervorzutreten. Es erschien Gott in ernster, glänzender Gestalt, sie traten hervor mit gesenktem Haupte und sahen den Herrn nicht an, sie sahen aber einander an und beschuldigten sich.» Moyses: «Gott sprach zur Schlange: ,Verflucht bist du unter allen Thieren der Erde' u. s. w. ,Das Weib wird dir den Kops zertreten? Zu Adam sprach Gott: .Es sei dir die Erde ver¬ flucht, Dornen und Disteln soll sie dir tragen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen' u. s. w. So verwies ihn der Herr aus dem Lustgarten, dass er die Erde bebaue, von der er genommen ist, und setzte vor den Lustgarten den Cheru¬ bim mit dem feurigen Schwerte. . . . Auch machte Gott der Herr Adam und seinem Weibe Röcke von Fellen und that sie ihnen an.» Emer.: «Nun Ivies er ihnen noch tiefer eine Ebene au, wo Büsche und Bäume waren, und da wurden sie demüthig 39 und orkauntm orst recht ihren elenden Stand. Als sie allein waren, sah ich sie beten; sie warfen sich ans die Knie, hvben die Hände empor, schrien und weinten.» Agred.: «In der Holle entstand große Bestürzung, weil sie sahen die Kraft der Reue, die erneuerte Freundschaft Gottes, der sie mit Fellen bekleidete, und den abermaligen Ausspruch Gottes, dass das Weib der Schlange den Kopf treten werde.» Emer.: «Es war ein unbeschreiblich rührender Anblick, die beiden büßenden Menschen auf der nackten Erde zu sehen. Adam hatte einen Oelzweig aus dem Paradiese mitnehmen dürfen, den er hier pflanzte. Ich sah, dass nachher das Kreuz aus diesem Holze gezimmert wurde.* Sie waren unbeschreiblich betrübt, sie waren nur Einen Tag im Paradiese gewesen. Wie ich sie da sah, konnten sie das Paradies kaum mehr sehen, es war so hoch wie die Sonne und gieng unter wie hinter einen Berg, der anfzusteigen schien. Es Ivar so, als wende sich etwas um, und sie kamen durch Nacht und Dunkel an dem traurigen Ort der Buße au. Die Thiere, die Adam im Paradiese benannte, folgten ihm auf die Erde, aber er musste sie erst mit Futter gewöhnen, weil sie scheu waren. Ich sah Jesus hauptsächlich hier am Oelberge trauern und beten, weil Adam und Eva, aus dem Paradiese verstoßen, hier * Dr. Jänner sagt: Die Oelbäunie im Garten Gethsemane sind von ungeheurem Wüchse, einige derselben haben über 20 Fuß Umfang. Da der Oelbaum die Eigenschaft hat, wenn er nmgehauen ist, wieder aus den Wur¬ zeln nachzutreiben, so sind die Bäume unzweifelhaft die Sprösslinge jener Oelbäume zur Zeit Christi, welche durch Titus bei der Belagerung Jerusa¬ lems umgehanen wurden. Die durch eine ununterbrochene Tradition bekannte Riescnterebinthe Abrahams besteht noch immer in Hebron. 40 MN Oelberge zuerst die nuwirtbare Erde betreten haben. Hier in dieser Höhle haben sie getrauert und gezagt, wo der Herr Blut geschwitzt hat. Zu Zeiteu Christi war die Gegeud schon stark verändert.» Der Debensbaum im Paradiese. Der Lebensbaum war der geistige Mittelpunkt aller Ge¬ schöpfe, einzig in seiner Art, das göttliche Orakel und der zum Wesen der Natur gehörige Brautschatz für die gesammte Geister¬ welt. Mopses: «Gott der Herr brachte aus dem Boden hervor allerlei Bäume, schön zu schauen und lieblich zu essen; auch den Baum des Lebens in der Mitte des Gartens und den Banin der Erkenntnis des Guten und Bösen.» Emer.: «Mitten im leuchtenden Garten war eine Quelle, ans welcher sich Flusse nach allen Seiten ergossen, deren einige wieder ineinander flössen. Inmitten des Wassers war eine Insel, durch einen Damm mit dem Lande verbunden. In der Mitte der Insel war der Lebensbanm, der alle andern überragte und gleich¬ sam beschützte; seine Wurzel bildete den Boden der Insel. Er überdeckte die Insel und nahm von großer Breite an leise bis zur feinsten Spitze ab. Seine Aeste streckten sich gerade aus, und von diesen stiegen Zweige wie kleine ähnliche Bäume in die Höhe. Die Früchte waren gelb und saßen in einer Blatthülse, wie eine aus¬ gehende Rose. Der Baum hatte etwas wie die Ceder. Weder Adam und Eva noch die Thiere hatten die Insel betreten, wohl aber sangen sehr schöne weiße Vögel in seinen Zweigen. Ich sah den Lebensbaum voll von verschiedenen Blüten und Früchten. Jede Frucht hatte einen eigenen Garten, einen Himmelskörper, in wel¬ chem sich diese Frucht wieder in verschiedene Arten theilte. Diese 41 unzähligen Gürten, die Sterne, hatten jeder in der Mitte einen Banin von einer der verschiedenen Früchte des Lebensbanmes, und dieser Baum hatte auch verschiedene Gattungen von Früchten seiner Art, welche sich ringsum im Garten ausbreiteten. In jedem Ge¬ stirn waren andere Fruchtgattnngen vorherrschend, die alle der Ausfluss des Lebensbanmes waren. Der Lebensbaum ist der all¬ gemeine Baum aus Gott. Viele Himmelskörper sind noch unbevölkerte schöne Orte, welche eine künftige Bevölkerung hoffen. Viele sind Gürten und Behälter einzelner Früchte des Lebensbanmes. Der heilige Michael führte mich nm die ganze Erde und durch alle himmlischen Welten. Ich sah unzählige Gärten darin und sah die Früchte und ihre Bedeutung. Mein Führer brachte mich in einen Garten voll der herrlichsten Früchte und Blumen. Es giengen viele Seelen darin nmher, aber es war nicht das Paradies. Biele sind bewohnt, aber nur von Menschenseelen. Von allen diesen Himmelskörpern hat keiner die Würde und innere Kraft wie unsere Erde. Die Erde enthält alles, während die andern in ihrer Einzelheit durch Schön¬ heit und Kraft vorzüglich sind. Die Mannigfaltigkeit der Früchte aller Himmelskörper und unserer Erde ist zu vergleichen einem wunderbaren Haushalte, worin es an nichts mangelt. Ich sehe auch Orte, wo Seelen wohnen, welche keine Christen sind und doch gut gelebt haben; sie leben trübe hin, ohne Freud und ohne Leid, sie haben das Gefühl, es müsse noch anders werden; sie genießen auch gewisse Früchte in der Art, wie Geister sie ge¬ nießen können. Auf der Erde sind dieselben Früchte wie am Lebensbaum und in den Gärten, aber in der gefallenen Natur ganz verderbt und giftig. In der Geisterwelt ist das Genießen der Früchte und himm¬ lischen Speisen nicht wie ein Essen irdischer Nahrungsmittel und 42 doch mi wirkliches Genießen, indem die Kraft und die Bedeutung der Frucht in den Genießenden übergeht und ihn erquickt. Wie der Lebeusbaum der gemeinschaftliche Mittelpunkt aller Pflanzen der Schbpfnng war, so hat Gott auch die um den Men¬ schen gebildeten Thierkreise in der ganzen Schöpfung in geheimnis¬ volle Uebereinstimmung gebracht. - Der Daum der Erkenntnis des Guten und des Dolen. Die heilige Schrift sagt: Gott sprach zn Adam: «Bon jedem Baume des Gartens magst du essen, aber von dem Baume der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollst du nicht essen, denn au welchem Tage du davon issest, wirst du sterben.» Dieses Gebot betrifft deu Leib und die Seele des Menschen, weil sich der Mensch mit seinem ganzen Wesen, mit Leib und Seele entscheiden sollte, ob er in dankbarem Gehorsam Gott als seinen Herrn und Bater anerkennen und ihm in Gegenliebe dienen oder seinen eigenen Willen dem Willen Gottes vorziehen wolle. Es musste auch die Natur in eine entschiedene Richtung gebracht werden, d. h. das provisorische Paradies sollte zu einem absolut unwandelbaren gemacht werden. Die entschiedene Richtung der Natur konnte durch keinen Enget, sondern einzig nur durch den Menschen veranlasst werden, weil die Natur mit dem Geiste des Menschen zu Einem Ich verbunden ist und sie an seinem Geistesleben ebenso entschiedenen Autheil nimmt, wie der Geist an dem leiblichen Leben der Natur. Durch die entschiedene Richtung der Natur sollte auch die entschiedene Richtung des ganzen Menschen¬ geschlechtes bestimmt werden, weil die Entwicklung des Menschen- 43 geschlechtes von der Natur abhängig ist und sic drin Geiste zurück¬ gibt, was sie von ihm empfaugeu hat. Sobald die Natur durch Adam in die gute Richtung ge¬ bracht worden wäre, so wäre ein Rückschlag in die verkehrte Rich¬ tung nicht mehr möglich, sie wäre im Guten derart befestiget, wie es die Engel sind und die Heiligen im Himmel. Durch die gute Erbschaft wären alle Menschen gut und glücklich und keiner könnte mehr böse und unglücklich werden. Unsere Erde und das ganze Universum wäre vollendet paradiesisch. Weil durch die Sünde Adams die Natur eine verkehrte Richtung erhalten hat, theilt sie diese Richtung durch die Erbsünde auch dem Geschlechte mit und ver¬ ursacht die Schmerzen des Thränenthales. Unsere Erde ist ein Thränenthal geworden. Adam und Lucifer konnten den Schöpfungs¬ plan Gottes wohl durchkreuzen, aber aufheben konnten sie ihn nicht. Die Natur konnte durch Adams Sünde nicht derart für immer in der verkehrten Richtung befestiget werden, wie es beim Teufel der Fall ist, weil sie berechtiget war, für sich und für das ganze Menschengeschlecht die Hilfe des Erlösers anzusprechen. Die Entwicklung des Menschengeschlechtes war von Gott absolut ausgesprochen, bevor noch Adam die Probe zu bestehen hatte. Es war für den Fall der Sünde schon früher die Erlösung beschlossen. Nur die Art der Entwicklung des Menschengeschlechtes, ob mit oder ohne Sünde und Todesschmerzen, war von der Entscheidung Adams abhängig. Sowie das Geschlecht durch Vermittlung der Natur an der Sünde Adams theilnimmt, so hatte auch Adam und das Geschlecht durch Vermittlung der Natur Antheil an den Verdiensten des Erlösers. Adam hatte es seiner Verbindung mit dem Natnrleben zu verdanken, dass ihm die Erlösung vermittelt werden konnte, während der Teufel keinen Erlöser zu hoffen hat. In dem sündigen 44 Adam blieb nach mn Funke der Liebe Gvttes; dieser Funke bildete den Anknüpfungspunkt für den Erlöser, uni das Feuer der Liebe Gottes neuerdings anzufachen, wahrend Lueifer als Lügner, Mör¬ der und Gotteslästerer bis an die äußersten Grenzen der Bosheit gelangt war und das Reich Gottes vollkommen von sich gestoßen hat. Das Menschengeschlecht steht jetzt zwischen der Erbschaft des sündigen Adam und der des rettenden Erlösers, und jeder Mensch ist an den Kampf nm das Reich Gottes angewiesen. Die Ilatur ist auch ein Ebenbild Gottes. Ter Geist des Menschen ist ein Ebenbild Gvttes durch die Vernunft nud Freiheit, die Natur ist ein Ebenbild Gottes durch ihre Majestät und schöpferischen Kräfte. Der Mensch beherrscht die Natur als ihr König durch seinen Geist, und sie beherrscht den Menschen durch ihre Schönheit, Süßigkeit und durch die Natur¬ gesetze, an die er gebunden ist. Die Natur ist durch deu Menschen- leib mit dem Geiste zu Einem Ich verbunden und nimmt Antheil an seinem Selbstbewusstsein und seiner Freiheit, sowie der Geist Antheil nimmt au ihrer schöpferischen Wirksamkeit. Weil sie am geistigen Leben des Menschen Antheil hat, ist sie auch imstande, dasselbe äußerlich durch den Blick, durch die Gesichtszüge w. zum Ausdrucke zu bringen. Durch den Menschenleib ist sie sogar bei Christus in das Ich der Gottheit ausgenommen und hat Antheil an seiner Gottheit. Gott im brennenden Dornbüsche, im heiligsten Altarsacramente, der heilige Geist in Gestalt einer Taube, feuriger Zunge. Die Natur ist die Gebärerin der Menschen, ihre Ernährerin, Erzieherin, ihre Lehrmeisterin als Abglanz der Eigenschaften Gottes. Bei der Wasserweihe am Charsamstage spricht es die Kirche ans, 45 dass die Natur nach dem Ebenbilde Gottes geschaffen ist. Nicht einzelne Gebilde find Ebenbilder Gottes, sondern das ganze un¬ sterbliche Wesen. Durch die Sünde ist das Ebenbild im Geist und in der Natur entstellt wordeu. Der Drophetenberg. Der Prophetenberg ist ein Theil des Paradieses, seine einstige Unterlage, durch welche das Paradies mit der Erde verbunden war, gleichsam der Vorhof des Heiligthnms. Er ist der Berg, von welchem die ersten Eltern ans dem Paradiese vertrieben und fliehend auf die Erde gekommen sind, in welcher Adam geschaffen wurde. Emer.: «Der Prophetenberg und das Paradies sind sich ihrer Natur nach nahe verwandt; — er wurzelte in der Erde nnd hing mit ihr zusammen, er ist mehr irdisch als das Paradies, er ist wie ein Vorgebirge des Paradieses. — Er empfangt sein Wasser vom Paradiese, er liegt aber noch tief unter dein Wasserfalle, wo das Wasser wieder zu Wolken geworden ist. — Er liegt hoch über der Erde, wie der Hiuunel, von Wolken umgeben: das Para¬ dies liegt wieder himmelhoch über ihm, nnd der Aufenthalt der Heiligen ist wieder himmelhoch über dem Paradiese, sie sind dem Menschenauge unzugänglich. — Als die ersten Eltern, aus dem Paradiese verstoßen, auf dieser Erde ankameu, war das Paradies so hoch wie die Sonne nnd gieng unter wie hinter einem Berg (Propheteuberg?), der aufzusteigen schien. Es war, als wende sich etwas nm, sie konnten das Paradies kaum mehr sehen, sie kamen durch Nacht nnd Dunkel an dem traurigen Orte der Buße an. Mein Engel brachte mich ober dem Himalaya in eine pa¬ radiesisch schone Gegend und durch Wolken noch höher ans den 46 Prophetenberg. Oben sah ich eine große Ebene, einen See mit sehr klarem lebenden Wasser und eine Insel. Ans der Insel war ein Zelt mit gewachsenem Tisch und Stühlen. Auf dem Tische war ein großes Buch, unter dem Tische ein Schatz, aus welchem eiu köstlicher Geruch ausströmte. Im Zelte war der Prophet Elias, welcher in schwebendem Gange sich nm den Tisch bewegte, in den Büchern nachsah und Vergleiche machte. Er übergab eine Rolle über die erfüllten Pro¬ phezeiungen dem Apostel Johannes, welcher ober ihm schwebte, und erhielt von ihm neue Prophezeiungen. Mein Engel ließ mich allein, und ich dachte mir: ,Warum muss ich das alles sehen?' Da sagte Elins: ,Weil du einen Antheil daran hast, den du gleich in Empfang nehmen kannst.' Ich ward es inne, dass ich wegen den mir gegebenen Gesichten und den da¬ mit verbundenen Sühnnngsausgaben ein Recht darauf bekommen habe. Ich sah dort auch mein Buch, aus welchem ich noch fünf Blätter zu lesen habe und welches mir im Kloster übernatürlich zugestellt und ebenso auch später entrückt wurde. Wir sind mit Elias und anderen wie ein Same, der durch die ganze Welt geht. Auf der Insel sah ich mehrere schöne Kapellen mit schlanken Thürnien, darinnen waren köstliche Schätze der Menschheit anf- bewahrt; sie sind nicht gemacht, sondern gewachsen. Darinnen ruhen auch heilige Leiber. Zu Jerams Zeiten war noch Schnee und Eis am Propheten¬ berge, jetzt ist alles grüner und kräftiger. Der Himmel ist un¬ beschreiblich klar, der Ort heilig, einsam und lustvoll. Es sind keine Menschen und keine Thiere hier, aber bei den Kapellen sind Gür¬ ten mit sehr schönen Rosen. Zwischen den Thürmen sah ich den sonderbaren Wagen des Elias. Elias sagte mir auch: ,Du kannst ihn gleich in Empfang nehmen.' Ich sah prophetische Lente, die 47 den Berg hinanfgegangen sind, sie konnten aber nicht weit kommen. Oben verstehe ich alles, ich kann es aber nicht mit hinabnehmen, obwohl ich in jedem Kirchenjahre einigemale hinaufkomme. Man sieht da wunderschöne grüne Gegenden, dazwischen Abgründe und Schluchten voller Wasser. Ich fragte den Propheten, ob er es nicht fühle, dass er so lange warten müsse. Da sagte er: ,Jn Gott ist keine Zeit? Als die Kirche einen schweren Kampf mit den Feinden siegreich bestanden hatte, sah ich den Prophetenberg näher gegen die Erde rücken. Alle Weisheit verschiedener Völker wird hier bewahrt, alle Schütze der durch Propheten und Engel vermittelten Erkenntnis, alle heiligen Geheimnisse werden hier vor der Verwüstung gerettet. Wie in dem Stamme Davids die Verheißung durch vielfache Rei¬ nigung gerettet war bis zur Geburt des Erlösers, so reiniget und wahrt Elias alle Schätze der Schöpfung und Verheißung und .die Bedeutung alles Wortes und Geschöpfes bis zur Fülle der Zeit. Alles wird geprüft, das Unrichtige und Ueberflüssige ver¬ brannt, das andere wird gereiniget, und es fließt dann so wie ans Gott. Die Thürme sind Schatzkammern und Brunnenhäuser der Weisheit verschiedener Völker. Hier werden den Menschen göttliche Geschenke vorbereitet, bis die Zeit des Gebrauches kommt; sie hätte schon kommen sollen, aber es kamen immer neue Hindernisse. Die Welt kann es jetzt noch nicht erhalten, es muss noch ein anderer kommen. Ich sah, wie durch den Apostel Johannes aus dem weißen See ein Springguell senkrecht in die Höhe stieg und seine Strah¬ len ans die verschiedensten Orte der Erde niederfielen und Men¬ schen erleuchteten, darunter auch Protestanten, besonders aber Bischöfe und geistliche Hirten. Der Erguss hatte auch gedeihlichen Einfluss auf die Natur. 48 In Salem sah Abraham im Gesichte die Stadt Gottes wie das himmlische Jerusalem, für dessen Ankunft er beten soll. Da ergoss sich Wasser aus dieser Stadt Gottes nach allen Seiten. Er richtete zwei Steine auf, wie einen Altar. Ich sah, wie Johannes der Täufer am Libanon in sein Taufbecken niederstieg und vom Prophetenberge ein Wasser über ihn niederfiel. Ich sah die Gewässer des Prophetenberges wie einen Milch- flor ansgespannt nnd in verschiedenfarbigen Tropfen niederfallen; jede Farbe hatte eine andere Wirkung. Was die Seelen nicht als Geisteswirkung empfangen, das empfängt die Natur als Thau nnd Regen, und so kann der Ueberfluss des Regens Strafe Gottes werden. Ich sah, wie das vor Dürre schmachtende Bolk Israels sehn¬ süchtig nach Elias verlangte nnd wie er am Carmel betete. ES stieg dann aus dem bis zum Sumpfe ausgetrockneten See Gene- sareth eine Wolke in Gestalt einer Jungfrau in die Hohe. Die Jungfrau war mit Strahlen umgeben, hatte die Arme ansgebreitet wie ein Kreuz nnd einen Siegeskranz in der Hand. Sie breitete sich ans über das ganze Land und befruchtete manche Orte mit farbigen Tropfen. Durch diesen Regen wurde nicht blos die Erde erquickt, sondern er trug auch bei, dass die Geburt des Erlösers beschleunigt wurde.* Es musste sich das reine Fleisch und Blut, welches Gott iu den unreinen Strom der Geschlechtsfolge (durch Abraham?) gelegt hat, mit großer Mühseligkeit nnd getreuer Mitwirkung * Das Brevier vom 16. Juli sagt, dass Elias am Berge Carmel die Wolke in Gestalt einer Jungfrau gesehen hat nnd dieses die Veranlassung war zur Gründung des Carmeliterordens. 49 einzelner Glieder durch Gottes Hilfe durchwinden und in der reinsten Jungfrau unversehrt zutage treten. Durch die Uuheiligen ist vieles verzögert worden. Mit diesen: Wasser ist das Heil Vieler niedergestiegen, durch dieses Wasser wird sich auch alles erquicken und erneuern. Das Wasser des Ganges empfängt vieles vom Propheteneberg; er wird von den Leuten als ein heiliger Fluss gehalten. Sein Wasser hat auch wirklich eine Kraft zur Stärkung, deshalb halten sie es höher als den Wein. Die Sehnsucht zieht das Reich Gottes heran. Groß ist die Bedeutung des Gebetes Rorate: ,Thauet Him¬ mel den Gerechten, Wolken regnet ihn herab.' Durch den segens- volleu Regen hat sich das dürstende Fleisch und Blut der Men¬ schen veredelt, die von den Früchten der befruchteten Erde lebten. Der strahlende Thau wirkte befruchtend von Geschlecht zu Geschlecht bis zur Ankunft des Erlösers, die deshalb nm hundert Jahre früher erfolgte. In den ersten Zeiten der Erde sah ich nicht die Flüsse so wie jetzt aus der Erde hervorquellen und fließen. Ich sah aber sehr vieles Wasser von einen: sehr hohen Berge in: Morgen herabkommen. Die Schriften des Pilgers sind mit Milch geschrieben, die Schriften auf den: Prophetenberge sind mit heiligem Wasser ge¬ schrieben, beides wird zusammenrinnen. O, wenn du (der Pilger) sehen könntest, wie die Strahlen aus dem See des Prophetenberges alles erleuchten und wie das zusammenrinnt! Die prophetische Wirksamkeit Elias' dauert fort, er weiß alles, was in der Welt geschieht; er ist aber nicht immer ans den: Prophetenberge, sondern liegt mit Enoch an: Thore des Paradieses; beide werden wieder auf die Welt kommen, und die Leute werden sich wundern, den Elias in seinen: Wagen kommen zu sehen. 50 Ich sah, wie Elias seinen Prophetenwagen bestieg und einen Brief für König Joram dem betenden Elisaus brachte. Ich hielt dies für einen Traum, und auch der Pilger zweifelte; er fand aber die Bestätigung in 2. Paralip. 21, 12, 15. Johannes ist viel lieblicher und beweglicher als Elias, der mehr streng und starr ist; sie verhalten sich wie das alte und neue Testament. Ich sah, dass der Leib des heiligen Evangelisten Johan¬ nes nicht auf Erden ist, er ist in einem leuchtenden Räume wie eine Sonne und als vermittle er etwas, empfange von oben und gäbe nach unten. Der Ort ist wie mit der Erde im Zusammen¬ hänge und doch ganz über sie erhaben und unzugänglich, das Paradies ist abgesondert. Ich sah vier solche Orte an den Enden der Welt. Auf diesem Orte war ich nicht.» Der heilige Johannes Chrysostomus bespricht die Vertheilnng der Apostel in verschiedene Weltgegendeu und sagt: «Johannes gieng nach Ephesus und behandelt noch nach dem Tode theologische Sachen so, als wäre er noch am Leben.» (?eoprmm 15. Juli.) Offenb. 11, 3: ... «Die zwei Zeugen Enoch und Elias werden vor dem jüngsten Gerichte wie Jonas den nahen Unter¬ gang der Welt verkünden. Der Teufel wird sie zur Freude der Feinde tödten, aber nach dreieinhalb Tagen werden sie zum Schrecken der Feinde auferstehen und in einer Wolke in Gegen¬ wart der Feinde in den Himmel fahren.» Aikf den glänzenden Wohnort des heil. Johannes mögen sich die Worte der heil. Hildegard beziehen: «Das Land, in wel¬ chem die Hitze der Sonne so groß ist, dass die Regentropfen wie auf glühendem Eisen verdunsten, wird von dem Brunnen, der im Paradiese aus der Erde kommt, genetzt. Dieser Brunnen ist das Symbol der stetigen Tugenden, welche durch die Anregung des heil. Geistes geübt werden. » 51 Die Himmelskörper und ihre Demohner. Einer.: «Ich wurde manchmal durch meinen Engel nm die Erde geführt, nm das Wirken und Elend der Menschen zn sehen. Ich wurde aber auch manchmal durch die Himmelsräume geführt. Gott selbst zeigte mir einmal alle Sterne, er führte mich überall hin, und ich schaute alles so herzlich froh an. Ich sah in vielen Sternen Gärten mit den herrlichsten Früchten, nnd Menschen¬ seelen waren darin. Menschen, wie sie auf der Erde sind, sah ich weder in der Sonne noch in dem Monde nnd den Sternen, wohl aber sah ich in vielen Himmelskörpern Menschenseelen und Geister aus der Engelwelt. Diese Himmelskörper sind Gürten, Behälter der Früchte und stehen in Verbindung mit dem Lebensbaum. Oben sind anch verschiedene Thiergattnngen.» — Hild.: --Das Meer ist ein Spiegel der Himmelskörper, in beiden wimmelt es voir Thieren verschiedener Art.» Emer.: -Wie im Paradiese verschiedene Thiergattnngen um den Menschen in immer größeren Kreisen gelagert waren, so sind auch in den Himmelskörpern Thierkreise, welche mit denen des Paradieses ebenso in geheimnisvoller Beziehung stehen, wie ihre Früchte zn dem Lebensbaum. Viele Himmelskörper sind noch nn- bevölkerte schöne Orte, welche eine künftige Bevölkerung hoffen, viele sind Gärten für bestimmte Wirkungen nnd Früchte. Das Ganze gleicht einem Haushalte, worin nichts mangelt. Von allen diesen Körpern hat keiner die Kraft lind Würde unserer Erde; die andern enthalten mehr Einzelheiten, nufere Erde enthält alles. Es sind bei ihnen Abstufungen von den glänzendsten para¬ diesischen Orten herab bis zn den ausgelebten, ausgeglühten oder von Planetargeistern bewohnten Sternen. In einigen wachsen die herrlichsten Früchte nnd sind Aufenthaltsorte seliger Geister, in 4* 52 cinderen wachsen nnr mehr verkommene Früchte nnd nähren trüb¬ selige Geister. Das Genießen der Früchte ist dort kein körperliches Essen, sondern blos ein Jnnewcrden der Krast und Bedeutung der Frucht. Auf der Sonne wohnen heilige, am Monde trübselige Geister. Ans der Sonne ist es nicht heiß, sondern in einiger Entfernung (wie beim Nordlicht). Die Aufenthaltsorte der Planetargeister haben Gewächse, Bäume ohne Kraft wie Schwamm, einige haben kristallhelles, andere trübes, giftiges Wasser. Jeder dieser Planeten hat auch etwas Metall. Sowie Lucifer und seine nächste Umgebung die Erde ver¬ wüstet haben, so haben die Planetargeister viele Himmelskörper mehr oder weniger beschädigt. Ein Theil der Engel ist gefallen nnd ein Theil der Sterne von ihnen beschädigt worden. Die Kometen sind voll Gift, es wohnen Zorngeister darinnen, der Schweif ist ihre Wirkung, wie Rauch, der dem Feuer folgt. Sie könnten mit ihrem Gifte der Erde viel schaden, wenn nicht so große Stürme und gute Geisterwirkungen dazwischen wären. In der Milchstraße sind viele Wässer wie Kristall. Es ist, als baden gute Geister darin, als tauchen sie auf und nieder und gießen allerlei Than und Segen wie eine Taufe aus. In der Gegend, wo die Sternschnuppen niederfallen, halten sich unreine Geister auf. Ich sah, dass der dritte Theil der Engel abfiel, aber nicht alle gleich in den Abgrund geworfen wurden. Viele sind um die Erde, in der Luft, so dass sie die Erde verdunkeln würden, wenn sie Leiber hätten. Ich sah um die Erde neun Körper, die von diesen unreinen Geistern bewohnt sind. Sie haben nicht alle Grade der Revolution gegen Gott dnrchgemacht nnd sind verschiedener Natur.» Der heil. Paulus spricht iu seinem Briefe au die Epheser, 2. uud 6., von ihnen. Die heil. Hildegard sagt, dass sie zahlreich sind wie die Mücken im Sommer und dass sie durch drei Jahre vieles von ihnen zu leiden hatte, bis sie ein Engel mit feurigem Schwerte verjagte. Emer.: «Sie haben einen trüben Glanz und starre Form, während der Teufel ganz schwarz ist. Sie sind in drei Chöre nach dem Grade ihrer Bosheit abgetheilt, über jeden Chor herrscht ein Engel mit einer Krone. Der eine Engel hat ein Scepter, der andere eine Ruthe, der dritte ein Schwert in der Hand. Es herrscht große Ordnung unter ihnen; sobald ein Engel vom Men¬ schen weicht, tritt gleich ein solcher Geist an seine Stelle, und umgekehrt. Auch in der Hölle herrscht mehr Ordnung als auf der Erde. Kein Teufel kaun aus der Hölle auf die Erde, außer iu der für ihn bestimmten Zeit. Die Planetargeister wirken auf Menschen, Pflanzen und Thiere, bei Nacht und Nebel ist ihr Einfluss größer. Jeder Mensch bekommt schon bei seiner Geburt als Begleiter einen guten und einen schlechten Geist; der böse ist noch kein Teufel, er ist außer der Pein. Dieses Zugesellen der beiden Geister bei jedem Menschen geschieht vermöge eines inneren Zusammenhanges, den ich in der Entrückung gut verstehe, hier aber nicht erklären kann. Sie sind gegen den Menschen mit ihren schändlichen Ein¬ flüsterungen zudringlich wie die Jnsecten, wogegen die Schutzengel gute Gedanken zufnhren. Wenn auch beide unsichtbar sind wie der Wind, so empfindet man doch ihre Wirkungen. Der leitende Geist geht vor dem Menschen, der andere hinter demselben. Als Leiter ist bald der gute, bald der schlechte Geist, je nach Beschaffen¬ heit des Menschen. Sie benützen die Gelegenheit, den Menschen zu schädigen, sie locken ihn auf lebensgefährliche Orte, zu aus- 54 beutenden Spieltischen, erregen Stürme am Meere, bringen in den Winden Krankheiten u. s. w., während die Engel oft in den Ge¬ fahren retten, Gedeihen auf Menschen, Thiere und Feldfrüchte ausstreuen. Sie erregen in den Menschen Gefühle der Trägheit und Abneigung gegen göttliche Sachen, erwecken unreine Bilder der Phantasie, verursachen Argwohn, Missverständnisse, um Zwie¬ tracht zu erregen, nähren den Trübsinn, die Zornmüthigkeit, ver¬ leiten zur Veruntreuung, Lästerung, Rachsucht u. s. w. Sie wirken auf Priester und Vorgesetzte, alle Stände, Anstalten; alle Schichten der Bevölkerung werden von ihrer giftigen Nachstellung bedroht. Sie befördern den Leichtsinn, das Vertrauen ans eigene Kraft und verdecken die nahe Gefahr. Den zu Gott führenden Unter¬ nehmungen legen sie Hindernisse, während solche Unternehmungen, die von Gott ablenken, von ihnen gefördert werden. Dort gelingt alles, die falsche Sicherheit wird befestiget, bis alles zusammen- bricht. Sie bereiten den Weg zur Trennung von Gott, und ist das Opfer gefallen, dann kommt der Teufel und legt sein Siegel darauf. Sie plagen auch die armen Seelen im Fegefeuer mit Borwürfen. Durch Gebet und Buße wird ihre Kraft geschwächt und die Kraft der Schutzengel gestärkt.» Emer.: -< Am jüngsten Tage müssen alle Ptanetargeister zum Gerichte und zur Verdammnis.» Jsaias 24, 21: «An jenem Tage wird Gott das Heer des Himmels in der Hohe (Planetar- geister) heimsnchen und die Könige der Erde (Teufel), man wird sie zusammen in einen Büschel binden zur Grube und dort in den Kerker verschließen.» Diese Planetargeister sind die Sterne, welche am jüngsten Tage auf die Erde fallen werden. Offenb. 6, 13: «Und die Sterne fielen vom Himmel auf die Erde, wie der Feigenbaum seine unzeitigen Feigen abwirft, wenn er vom Sturmwinde be- 55 wogt wird.» Offenb. 91: «Ich sah einen Stern vom Himmel auf die Erde fallen, und es ward ihm der Schlüssel zum Schlunde des Abgrundes gegeben.» Jsaias 14, 12: «Wie bist du vom Him- inel gefallen, du Morgenstern u. f. w.» Das Evangelium spricht von den Zeichen, die an Sonne, Blond und den Sternen gegen den jüngsten Tag eintreten wer¬ den, von der Erschütterung der Kräfte des Himmels, von dem Rauschen des Meeres und der großen Angst der Völker. (Lue. 21.) Die Himmel werden mit großem Krachen vergehen, die Elemente vor Hitze zerschmelzen. (II. Petr. 3, 10.) Jsaias 13, 9 sagt, dass Sonne, Mond und Sterne kein Licht mehr geben, die Himmel werden bewegt und die Erde von ihrer Stätte gerückt werden, sie wird wanken wie ein Trunkener und dann zertrümmert werden. Die Erschütterung der Kräfte des Himmels trifft sowohl die physischen Kräfte der Natur, die zum Feuertvde zusammenbricht, als auch die geistigen Kräfte der Pla¬ netargeister und aller Teufel. Die bösen Geister sollen jetzt überall herausgeworfen, zur Hölle gedrängt werden, und sie kämpfen dagegen, wie sie im Him¬ mel gekämpft haben. Der besessene Knabe im Evangeliv schäumte und wälzte sich, als Christus der Herr zu ihm kam, und auf den Befehl auszufahren, dnrchschüttelte er mächtig den Knaben, so dass er dann wie tvdt hinfiel. Dieses war die Reaction des bösen Geistes. Ebenso ist das Schäumen des Meeres, das Wanken der Erde, das Gekrache bei der Erschütterung der Himmelskräfte seine Reaetion. Hild.: «Vor dem jüngsten Tage wird der Teufel in die Höhe steigen, wie er im Anfänge gegen Gott zu kämpfen begann. ,Jch will auf den Flügeln der Winde unter Blitz und Donner einhersteigen, meine Wunder dem Allmächtigen ähnlich machen.' 56 Die Dvnner (das Gekrache des Himmels), welche beim Sturze Satans ertönten, werden über die Feinde Gottes ertönen. Nach dem Weltbrande wird ein neuer Himmel und eine neue Erde sein. (Offenb. 21, 1.) Die Menschen werden mit neuen Leibern anferstehen, und die durch das Feuer gereinigte Materie wird zur Verklärung erhoben werden, weil sie durch Jesu Blut erlöst ist. Die geheimnisvollen Beziehungen zum Paradiese. Hild.: «Das Paradies besteht noch in seiner Herrlichkeit, worin sich selige Geister ergötzen. Es gibt reichliche Fruchtbarkeit dem dürren Erdreiche; wie die Seele die Lebenskraft dem Leibe mittheilt, so empfängt die Erde ihre höchste Lebenskraft vom Paradiese, denn das Paradies ist durch die Verfinsterung und das Verderbnis der Sünde nicht unwirksam gemacht.- Die geistige Verbindung der Menschen mit dem Paradiese ist durch die Gnade der Erlösung vermittelt. Die Begnadigten erhalten auch körperliche Heilkräfte aus dem Paradiese, aber sie müssen durch Schmerz und Entsagung verdient werden. Gott sagte durch Mopses den hungernden Israeliten in der Wüste: «Ich werde ench Brot vom Himmel herunter regnen lassen.» Jeden Tag sammelten sie vor Sonnenaufgang das bestimmte Maß. Was sie am sechsten Tage für den Sabbath sammelten, verdarb nicht. Am Sabbath fiel kein Manna. Sobald die Israeliten die Früchte Kanaans gegessen hatten, fiel kein Manna mehr. Der heil. Paulus sagt, dass er in das Paradies entrückt war. (II. Chorinth., 12, 4.) Die heil. Lidwina von Schiedam (in Holland), geboren 1380, bot sich Gott als Sühnopfer für die sündige Menschheit mit vielen Bitten an. Gott ließ darauf die ganze Verwüstung 57 des damaligen Kirchenleibes an ihrem Körper sichtbar werden. Die Ausschweifungen zur Zeit des großen Schisma büßte sie mit zahllosen Würmern, welche den Unterleib dnrchfraßen. Lunge und Leber fielen in Bruchstücken heraus, die eiternden Gedärme wurden vom Arzte herausgenonnnen und begraben. Wegen des Conenbinates der Cleriker litt sie die Schmerzen des Steines, so dass sie öfters das Bewusstsein verlor. Wegen der leidenschaftlichen Streitigkeiten der Theologen wurde sie mit großen Zahnschmerzen heimgesucht. Weil die Kirche durch Papst und Gegenpapst ge¬ spalten war, wurde auch ihr Leib in zwei Hälften getrennt, so dass beide Schultern, um nicht auseinanderzufallen, mit Binden umschlungen wurden. Die Naht der Stirne war herab bis in die Mitte der Nase gelöst, ebenso Lippen und Kinn. Ihr rechter Arm war voui Antoniusfeuer derart verbrannt, dass an dem nackten Beine die Nerven wie die Saiten einer Zither lagen. Sieben Jahre lang lag sie regungslos auf dein Rücken, damit der Leib nicht auseinanderfalle. Obwohl sie keine Nahrung genoss, hatte sie dennoch täglich viel Blut ans dein Mnnde, der Nase, den Ohren u. s. w. verloren. Ueber die Möglichkeit des Blutverlustes befragt, sagte sie: «Woher hat der Weinstock seinen reichen Saft, der iin Winter todt erscheint?» Trotz Fäulnis und Würmern kam aus ihr unr Wohlgeruch. Ueber 33 Jahre lag sie so am Krankenbette zur Verwuuderung sehr vieler Menschen. Sie sagte: -Ich leide nicht allein, sondern Jesus leidet in mir. Ihr urtheilet nach dem Kreuze, das ihr äußerlich an mir wahrnehmt, aber die innere Salbung versteht ihr nicht.» Sie erhielt ihre Stärke in den Entrückungen, durch welche sie täglich eine Stunde sowohl in den Hiunnel, d. i. in die Wohnung der Seligen, als anch in das irdische Paradies versetzt wurde, wo sie für alle Schmerzen reiche Entschädigung erhielt. Als sie das erstemal zum Thore des 58 Paradieses kam, getraute sie sich nicht hinein zu treten, um nicht die Blunienpracht zu beschädigen, da schritt der Engel voraus und zvg sie mit der Hand nach sich. Sie genoss von den Früchten, die ihr der Engel reichte, und athmete ihre Wohlgerüche. Wurde sie dann wieder vom Engel nach Hanse geführt, so war sie manch¬ mal vom Glanze und Dufte des Paradieses umflossen, dass die Hausgenossen voll Ehrfurcht nicht in ihre Nähe sich wagten. Der Wohlgeruch war manchmal so stark, dass die Besuchenden wie das Brennen eines scharfen Gewürzes aus der Zunge empfanden. Das Leuchten war einmal so stark, dass ihr Neffe vor Schrecken floh, weil er glaubte, sie stehe in Flammen. Am meisten dnftete die Hand, an der sie der Engel zu fassen pflegte. Ihr Engel gab ihr zum Bette einen Stab von der Ceder, die an der Pforte des Paradieses steht. Ihr Beichtvater war kaum imstande, mit scharfem Eisen einzelne Späne abzuschneiden. Der Wohlgernch war so stark, dass er sich nicht getraute, weiter zu schneiden. Als den Stab eine schnldbefleckte Hand berührte, verlor er den Wohlgernch. Die Muttergottes gab ihr einen Kranz, den sie sieben Stunden be¬ halten nnd durch den Beichtvater auf den Muttergottesaltar legen sollte. Dort verschwand er vor Tagesanbruch. Als Erholung für die großen Leiden erhielt die heil. Coleta ein glänzend weißes Thierchen, welches täglich zur bestimmten Zeit Einlass begehrte und nach einer Zeit wieder verschwand. Es gelang den Nonnen des Klosters trotz aller Mühe niemals, das Thier zu erhaschen; es verschwand, bevor sie es fassen konnten. Sie erhielt auch aus dem Paradiese ein kleines Kreuz, einen glänzend weißen Gürtel. Die Leiden der Katharina von Emerich standen auch im Zusammenhänge mit dem Zustande der Kirche, und sie erhielt dafür viele materielle Gaben auf übernatürliche Weise. 59 Emer.: «Es trat einmal ein heiliger Mann mit zwei Kloster- sranen zu meinem Bette und brachte mir ein prophetisches Buch wie ein Messbuch. Es war lateinisch geschrieben, aber ich verstand alles und las fleißig darin. Hatte ich einen Theil gelesen, sv wurde es mir immer wieder entrückt. Einmal hatte ich es auf dem Tische liegen, als mehrere Klosterfrauen dahinter kamen und es wegnehmen wollten, aber sie konnten es nicht von der Stelle bringen. In den letzten Jahren sah ich es auf dem Propheten¬ berge unter anderen prophetischen Büchern. Auch andere Sachen, die ich zu Trost und Hilfe erhielt und die mir wieder verschwunden sind, fand ich dort anfbewahrt. Ich erhielt von der Muttergottes eine Rosenknospe von unaussprechlichem Wohlgeruch. Ich musste sie ins Wasser setzen und davon trinken. Im Wasser öffnete sie sich mit vielen schönen Farben, die sich auf die geistigen Wirkungen bezogen. Ich musste sie daun in die Krone Maria's in der Kirche setzen lassen und sah, Ivie sie später in einen anderen Ort entrückt wurde. Ich er¬ hielt auch von Maria ein schönes Muttergottesbild, ans Elfenbein sehr fein gemacht; ich musste es nach einer Zeit einem Priester geben, dem es vor seinem Tode entrückt wurde. Ich lag einmal sieben Monate in großen Leiden und konnte gar nichts genießen. Da erschien mir die heil. Muttergottes, gab mir eine überaus wohlriechende weiße Hostie, die bei Nacht glänzte. Durch sieben Monate aß ich täglich einige Splitterchen, die mich sehr erquickten. Der Rest wurde mir dann zu meiner Beängstigung entrückt.» Tie in Oblak noch lebende ekstatische Magdalena hat schon über vierzig Jahre nicht die geringste irdische Speise genossen, noch einen Tropfen Flüssigkeit getrunken. Sie erhält jeden Sonn¬ tag abends in der Ekstase eine sichtbare Speise wie eine weiße 60 Bohue, durch welche sie die ganze Wvche genährt wird. Wenn unter der Wvche ein Festtag fällt, erhält sie abends das heiligste Saerament in Gestalt einer Hostie, manchmal aber auch in Gestalt blutrvthen Weines. Die Acten der Heiligen berichten uns unzählige ähnliche Erscheinungen, welche den Zusammenhang des Paradieses mit unserer Erde ersichtlich machen, so dass wir das, was Katharina von Emerich über die Wässer des Paradieses, des Propheten¬ berges re. und deren Wirkung berichtet, sowie auch ihre Ent¬ rückungen in viele uns unzugängliche Orte als wahr glauben können. Emer.: «Ein Gegenstück zu den Verbindungen unserer Erde mit dem Paradiese sind die geheimnisvollen Verbindungen mancher Menschen mit dem Reiche der Finsternis. Das sind die Zauberer, Kartenschläger und Magnetiseure. Der Magnetisierende bewirkt ein Ueberströmen der Lebens¬ kraft aus sich und der Natur in den Magnetisierten, dabei aber überströmt seine eigene Sündhaftigkeit auch mit und zugleich der Einfluss des Teufels, von dem die Natur erfüllt ist, weil er sie durch Adam zum Falle gebracht hat. Die Zauberer uud Kartenschlüger rufeu deu Teufel als Helfer, beim Magnetisieren kommt er aber selbst. Es werden die Seelen geöffnet, und sie schöpfen wie ans einem vergifteten Brunnen; sie kommen in Gefahr, tief entwürdiget zu werden, besonders wenn sie verschiedenen Geschlechtes sind. Sie gerathen in Verfinsterung und Blindheit des Geistes, mehr als das Auge beim Schauen in die Sonne geblendet wird. Der Magnetisierte sieht Bruchstücke von Bildern, aber ohne den Zusammenhang aus Gott. Sobald die Seelen im geringsten unrein sind, sind die Bilder lügenhaft. Als der Teufel Christum 61 den Herrn auf einen hohen Berg führte, zeigte er ihm alle Reiche in schönen Bildern, so führt er auch den Magnetisierten in schone Orte, macht angenehme Bilder, um zu schmeicheln und die Seele iu seinen Schlingen zu fangen. Die Sünde, welche durch die Sinne des Menschen in die Seele eingedrungen ist, kann mit der Gnade Gottes im Bnß- sacramente auch durch die Sinne wieder heransgeworfen werden ; das durch die Magnetisierung eingeflößte Böse kann nicht durch die Sinne derart ergriffen und herausgeworfen werden. Die ersten Menschen hatten ein geistiges Schauen, solange die Natur absolut dem Geiste unterthänig war, durch die Siiude ist ihnen dieses Schauen verlorengegangen und Mensch und Natur dem Teufel zugänglich gemacht worden. Manchen durch Leiden und Entsagung bewährten Heiligen oder von Jugend auf, wie Johannes der Täufer, Geheiligten verleiht Gott als besondere Gnadengeschenke das übernatürliche Schauen. Ihr Vermittler und Führer ist ein Engel. Sie haben andere Quellen und andere Erfolge bei ihren Gesichten, als die Magnetisierten. Manche lassen sich unter dem Vorwande des gelehrten Interesses in das finstere Reich herabziehen. Dort findet man eine Aufklärung ohne Licht, eine Wissenschaft ohne Gott, einen Geist, der sich selbst anbetet und sich selbst erlösen will. Das Heilen der Krankheiten durch Magnetismus ist meistens ein Heilen der Finsternis, weil bei der gefallenen Natur die Heiluug iu eiuem Mittel gesucht wird, wo der Teufel viel Einfluss hat. Nur heiligmäßigen, ganz reinen Personell ist das Gift un¬ schädlich, ihre Seele kann nicht vom Teufel verwundet werden; dort ist auch körperliche Heiluug möglich, ohne der Seele Schaden zu bringen. 62 Ich sehe Menschen, die bis zum gefügigen Werkzeuge des Teufels herabgesuuken siud, sie treiben einen ausgesprochenen Tenfelscnlt mit den darauf bezüglichen schauerlichen Ceremonieu. Sie bringen dem Teufel Opfer mit großem Hohn gegen das Heiligste, mit Sündengrüuel, Mord und Verwünschungen. Sie brauen in einem Kessel Zanberträuke, kochen darin gewisse Giftkräuter, mischen hinein ekelhafte, gräuliche Sachen zu allerlei schädlichen Wirkungen. Sie salben sich mit ihrem Gemische und kommen in die magnetische Erstarrung und allerlei ferusehende Zustände. Sie begehen bei ihrem Treiben die hässlichsten Sünden der Unzucht und Unnatur. Sie verursachen ihren Feinden viel¬ fachen Schaden, Krankheiten, senden ihnen wunderbaren Koth, Kehricht, Nadeln, Haare, Asche in die Wohnung und sogar in die Speisen, Sachen, die sie in ihre Salben mischen. Der Teufel ist der Vermittler und unsichtbare Zuträger dieser Greuel. Sie schadeu auch iu der Ferne. Wie kostbar und süß die Verbindungen mit dem Paradiese sind, so gräulich und entsetzlich ist die Verbindung mit dem Reiche der Finsternis, und dennoch lassen sich viele durch die betrügerischen Erfolge hinemziehen.» Wie das Weib der Schlange den Kopf getreten hat. Agred.: «Für Lucifer war es ein unerträglicher Gedanke, dass ihm das Weib den Kopf zertreten soll.» Mas ist ein bloßes Weib gegen meine Macht!' «Zweimal hörte er dieses Urtheil des Kopfzertretens, deshalb lauerte er gierig auf alle ans dem Frauen¬ geschlechte, um diejenige ausfindig zu machen, welche ihm diese Schmach anthnn soll, nm ihr durch einen tödtlichen Anfall zuvor- znkommen. .Aber das Weib verbarg sich in die Wüste.' (Offen- 63 barnug 12, 14.) Das heißt, durch ihre Armuth und Einfachheit entzog sie sich seiner Aufmerksamkeit. Als er jedoch ihre beharr¬ liche Sittenreinheit wahrnahm und seine Versuchungen ihr unzu¬ gänglich waren, da regte sich der Verdacht, und er begann sie schärfer zu beobachten. Immer wurde er wieder von neuem irre an ihrer Armut und Niedrigkeit, denn er konnte sich den künftigen Erlöser nicht anders denken, als dass er in Pracht und Aufwand in der Welt erscheinen werde. Er wusste nicht um das Geheimnis der unbefleckten Empfängnis Mariä.» Emer.: «Eva hatte es nicht gewusst, dass in der Schlange der Teufel ist, so sollte es auch der Teufel nicht wissen, dass Maria das verheißene Weib und ihr Sohn zugleich wahrer Gott ist.» - Agred.: «Er bewundert die Kraft ihres Geistes, durch welche er ferngehalten wird in einer Art, wie von keiner andern, aber sie ist verheiratet, Josef ist der Vater Jesu, während doch der Erlöser von einer Jungfrau geboren werden soll. Dass Maria ihren Sohn vom heiligen Geiste empfangen hat, war ihm un¬ bekannt, weil es ihm Gott verborgen hat. Maria hatte aus dem Anssprnche Davids Psalm 118, 71: .Herr, es ist gut für mich, dass du mich gedemüthiget hast/ vielen geheimnisvollen Gewinn für ihre Lebensrichtung gezogen, während Lucifer keine Ahnung davon hatte, denn er konnte sich nicht trennen von dem Gedanken, dass das verheißene Weib und ihr Sohn mit Glanz und Herrlich¬ keit in der Welt anftreten werden. Er wusste um die Anbetung der Hirten und der heil, drei Könige, aber die Geburt im Stalle, die Verfolgung des Herodes, der Unglaube der Juden machten ihn verwirrt. Er hört bei der Taufe Jesu deu Ausspruch Gottes: ,Dieser ist mein vielgeliebter Sohn/ aber er sieht ihn fasten und Buße thun wie einen Sünder; er sieht seine zahlreichen Wunder, die Kraft seiner Lehre, den großen Anhang, aber er sieht auch 64 den vielfachen Widerspruch von Seite der Juden, ihre Gering¬ schätzung gegen Jesus, während der Herr selbst erklärt: ,Jch bin nicht gekommen, bedient zu werden, sondern um zu dienen/ Die mehrfach angebotene Königswürde hatte der Herr entschieden aus¬ geschlagen und mehr Arme und Demüthige als seine Freunde nm sich gesammelt. Der Teufel sieht, wie selbst die Apostel wankend werden, weil sie das vermeinte irdische Reich nicht ankommen sehen. Durch diese vielen Gegensätze wurde der Teufel vou furcht¬ baren Zweifeln gequält, weil er sich keiu bestimmtes Urtheil über deu Herrn und seine Mutter bilden konnte.» Hild.: «Weil der Teufel Adam betrogen hatte, glaubte er auch Christum betrügen zu können, weil er ihn für einen bloßen Menschen hielt: wenn er ihn erkannt hätte, so Hütte er ihn nicht angetreten.» Besonders in der Wüste und im Garten Gethsemane ringt der Herr mit dem Teufel auf dem Gebiete der Freiheitsprobe, weil nur auf diesem Gebiete der Sieg möglich ist. Der Teufel bietet alle seine Kräfte aus, um deu Herrn in der Versuchung zum Falle zu bringen, und der Herr lässt den Teufel alle seine Macht entfalten, damit die Niederlage vollkommener werde. Der Teufel konnte den Herrn bis zum bloos llomo und Kreuztod bringen, aber im Tode am Kreuze lag auch der vollkommene Sieg über die Hölle. Agred.: «Als der Herr im Vorhofe des Pilatus zum Kreuz¬ tragen genöthigt wurde, nahm er das Kreuz trotz seiner ungeheuren Schmerzen wie einen gesuchten Schatz willig auf seinen Rücken. Als Lucifer diese übermenschliche Bereitwilligkeit sah, wurde er vou großer Augst überfallen und wollte fliehen. Maria, welche im Geiste gegenwärtig war, ertheilte auf göttliche Eingebung dem 65 Teufel den Befehl, den Verlauf abzuwarten, und er musste mit den übrigen anwesenden Teufeln wie eine Rotte Bernrtheilter den Zug auf den Calvarienberg mitmachen. Sie waren wie fest ge¬ bunden und konnten sich trotz aller Anstrengung nicht losmachen.» Agred.: «Als der Herr am Kreuze Hieng und die Bosheit der Juden durch Verhöhnung des neuen Königes auf seinem Krenzesthrone, gleichzeitig aber auch die Geduld Jesu im Gebete für seine Feinde den Gipfelpunkt erreichte, da erhielt der rechte Schächer eine wunderbare Erkenntnis über die Person Jesu, aber auch Lucifer ward aufgeschreckt, besonders durch die Verheißung des Paradieses. Mit dem größten Entsetzen aber vernahm er die Worte an Maria: Meib, sieh dein Sohn?— Emer.: «In dem Ausdrucke ,Weikü lag für ihn die schreckliche Enthüllung, dass Maria wirklich jenes Weib ist, welches der Schlange den Kopf zertreten soll.» Lucifer hatte sich in blinder Wnth als Raubmörder cin- gedrungen und sieht sich jetzt zu seinem furchtbaren Entsetzen gebunden in der Mitte des feindlichen Lagers vor dem gefürch¬ teten Weibe und ihrem Sohne, der auch Gott ist. Er bereitete dem Herrn deu Tod und brachte ihm dabei seinen eigenen Kopf unter die Füße zum Zertreten. Er fühlt die vernichtende Kraft des Blutes Jesu viel mehr, als er einst in Egypten die Kraft des Osterlammes der Israeliten gefühlt hat. Das Kreuz ist für die Erlösten ein Lebensbaum, für die Feinde ein furchtbarer Richterstnhl geworden. Agred.: «In dem Uebermaße seiner Schmerzen bat Lucifer, in den Abgrund fahren zu dürfen, aber er musste bleiben, bis der Herr am Kreuze ausgerungeu hatte, danu wurde er iu den Abgrnud gestoßen. Der Schlange war zuerst durch den Erlösen¬ der Kopf zertreten.» 66 Es ergieng aber an den Teufel zweimal der Ausspruch, dass ihm auch das Weib deu Kvpf zertreten werde. Er kannte jetzt dieses Weib und fühlte auch bereits ihre Macht. Deshalb vereinigten sich neuerdings alle bösen Geister, nm dies Weib zu verschlingen. Der Drache verfolgte das Weib und hatte großen Zorn über sie. (Offenb. 12, 17.) Unter den Juden wurden Män¬ ner und Frauen gegen sie aufgehetzt, wovon einige selbst Zanber- mittel gegen sie anwendeten. Beim drohenden Ausbruche der Christenverfolgung flüchtete sie mit Johannes nach Ephesus. Wäh¬ rend der Neberfahrt über das Meer erregten die Teufel furcht¬ bare Seestürme (12, 15), ebenso bei der Rückfahrt. Es wurden ihr viele unreine Bilder vor die Augen geführt, wie dem Herrn am Berge alle Reiche. Maria betete dabei für alle, die in Ver¬ suchungen gerathen, und bekommt dafür die Gnade, Helferin zu sein jenen, die sie in den Versuchungen nm Hilfe anrufen. Die Teufel erscheinen in furchtbar schreckenden Gestalten in ihrer Wohnung am Cönacnlum und erregen ein großes Geheul, Gebrüll, Geschrei und eine Erschütterung ihrer Wohnung, als sollte das Weltgebäude zusammenfallen. Maria, obwohl tief erschüttert, verliert nicht das Vertrauen zu Gott und betet. Sie kämpft mit den geistigen Waffen allein gegen die ganze Macht der Hölle, so dass sie sich als das starke Weib, mulior korlm, bewährt hat. Nachdem die Teufel alle ihre Kräfte und Nüttel erschöpft haben und die heilige Jungfrau alle Kämpfe siegreich bestanden hatte, forderte es die Gerechtigkeit Gottes, den glorreichen Sieg Maria's zu ehren und die Teufel zu züchtigen. Maria wurde aus ihrer Wohnung von den Engeln auf eine glänzende Wolke in der Luftregion gesetzt. Nun strömte von Christo dem Herrn ein außerordentlicher Glanz aus, welcher Maria gleichsam bekleidete, 67 so dass sie wie die Sonne erschien; unter ihren Füßen zeigte sich der Mond, auf ihrem Haupte war eine Königskrone mit zwölf Sternen. Sie war so, wie sie anfangs im Bilde den Engeln gezeigt wurde. Dazu erschienen die englischen Heerscharen, Adam und Eva, die Patriarchen, Propheten n. s. w. Darauf gab der Herr den Befehl, dass Lucifer mit allen höllischen Geistern vor dieser Königin in der Luftregion erscheinen solle. Sie stellten sich jeder in seiner eigenthümlichen Hässlichkeit wie eine Schlachtordnung vor Maria auf. Lucifer erschien als blutrother Drache mit sieben Kopsen und sieben Kronen und zehn Hörnern. Sie mussten eine Zeitlang in dieser Stellung bleiben, und Maria durchschaute das Wesen und die Eigenthümlichkeit eines jeden. Unaussprechlich ist die Schmach und Qual, die sie dabei erlitten, jedem wurde die Beschämung zntheil, welche dem Grade seiner Bosheit angemessen war. Sie wurden dabei durch den Anblick der heiligen Jungfrau so ver¬ nichtet, dass darin das Zertreten des Kopfes ansgedrückt und er¬ füllt war. Dann erhielten sie von Maria den Befehl, in den Abgrund zu gehen. Das Zertreten des Kopfes ist ein körperlicher Act, daher sollte sich dieser noch bei Lebzeiten der Jungfrau voll¬ ziehen. Das Leben der Engel. Emer.: «Die Engel sehe ich in menschlicher Form, mit An¬ gesicht und Haaren, sie sind schlanker, edler und geistiger gebaut als die Menschen, sie sind ganz durchscheinend und lichtstrahlend und in verschiedenen Graden. Sie bewegen keine Füße, außer im Wandel bei den Menschen; sie sprechen nicht durch den Mund miteinander, aber sie wenden sich beim Sprechen zueinander. 68 Manche Engel sind geflügelt, ihre Flügel bestehen ans Strahlen, die sich immer bewegen. Sie sind in einer eigenen Lichtwelt. Sie vermehren den von Heiligen erflehten Segen aus eigener Macht und bringen ihn schnell wie Blitze den Menschen zn. In den unteren Chören der Engel ist große Bewegung auf und nieder zn den Menschen, viel mehr als bei den Heiligen. Die Lieblich¬ keit ihrer Gesänge und Loblieder (Bethlehem) ist unvergleichlich größer als die schönsten Menschenstimmen. Der Posannenschall am Sinai hatte die Israeliten erschüttert. Raphael sagte zn Tobias: Mir genießen eine andere unsichtbare Speise und andern Trank? Sie werden durch die in den Speisen liegende Kraft und Bedeutung in geheimnisvoller Weise gestärkt und erquickt. Die Engel und Heiligen sind untereinander in großer Bewegung.» Die Engel haben eine große Sehnsucht nach der Lebens¬ gemeinschaft mit den Menschen, weil sie als Kinder Eines Vaters zn dieser Gemeinschaft berufen sind. Bei deni Lebensbaume im Paradiese, als deni gemeinschaftlichen Centrum aller Geschöpfe, hätte sie beginnen sollen, sie ist aber zu ihrem größten Bedauern durch die Sünde verhindert worden. Sie wirken eifrig an dem Werke der Erlösung. Die Jakobsleiter, der Friedenswnnsch bei Bethlehem, die Freude über jeden, der Buße thut, ihre Sorgfalt als Schutzengel u. s. w. zeigen ihre Liebe zu uns. Wir sind aber ähnlich den kleinen Kindern, welche von der Liebe ihrer wachenden Mutter noch wenig wissen. In der Menschennatur liegt eine Sehnsucht, mit dem Monde, der Sonne und den Sternen in nähere Gemeinschaft zn treten, und ebenso haben die Himmelskörper ein instinctartiges Sehnen, den Menschen als den König der physischen Schöpfung in ihre Gefilde aufzunehmen und an ihren Reichthümern theil- uchim'u zu lassen. Was sind die schönsten Gegenden, wenn daraus keine Menschen wandeln und ihre Früchte genießen. Wie zwischen uns Menschen und den Himmelskörpern eine gegenseitige Sehnsucht besteht, ebenso besteht sie auch zwischen den Engeln und den Himmelskörpern, weil jeder Theil in einer anderen Art Gottes Ebenbild darstellt. Der Engel als einfacher Geist hat die Sehnsucht nach dem schöpferischen Wirken der Natur, um in Verbindung mit ihr an diesem schöpferischen Wirken theilzunehmen, und die Natur hat die Sehnsucht nach dem Geiste, um in Verbindung mit ihm an seinem Selbstbewusstsein und seiner Freiheit theilzunehmen. Beide DHeile sind wie zwei Hälften des Ebenbildes Gottes, die sich zu einem Ganzen zu verbinden anstreben. Unsere Sehnsucht bezieht sich auf die Oberfläche der Himmelskörper, die Sehnsucht der Engel auf das ganze Wesen, auch auf ihre Tiefe und Mitte, die uns unzugänglich sind. Die ganze Natur, nicht bloß die Ober¬ fläche, verlangt nach der Verbindung mit dem Geiste. Der Teufel hat die ganze Erde durchdrungen, er wird bei der Kirchweihe, bei der Wasserweihe durch den Exoreisnins zurückgedrüngt. Die Engel vermögen alle Tiefen der Himmelskörper zu durchdringen und gelangen wie Blitze von einem Himmelsranme zum andern. Ein Engel befreite den heil. Petrus ans dem Kerker; weder die Dicke der Maner noch das eiserne Thor, die Ketten, die Wache waren ihm ein Hindernis. Die Macht der Engel über die Natur ist unbeschreiblich größer als die der Menschen. Der heil. Michael erschütterte die Erde, und es erzitterte das Meer. Gott lässt den Menschen vielen Antheil an seiner schöpferischen Kraft, z. B. die Consecration, Absolution (mir ist alle Gewalt gegeben worden, die ich Euch auch gebe), die Zeugung des Menschen. Ebenso lässt auch Gott den Engeln vielen Antheil an seiner Allmacht. Durch die Sünde 70 Adams und den deshalb erfolgten Flach über die Natur ist der angemeinte Verkehr der Engel mit der Natur bis zur Auferstehung verschoben worden. Ter Teufel kann auch in seiner Art Wunder wirken. Er trug den Herrn durch die Lüfte ans einen hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche in einem Augenblicke in verlogener Pracht und Herrlichkeit. Welche großartigen Schauspiele hätte die ungehinderte Ver¬ bindung der Engel mit der Natur uns dargeboteu. Statt der furchtbaren Vulkaneruptionen, Erdbeben, Toben der Stürme, ver¬ heerenden Feuersbrünste, Wüthen des Meeres, verheerenden Un¬ gewitter, statt allem, was Gefahr und Tod bringt, hätten wir nur Phänomene der Bewunderung und Erlnstignng. Die Engel, welche am Sinai mit ihrem Posannenschall unter Begleitung von Blitzen, Donner und Erdbeben die Gemüther der Israeliten in Schrecken versetzten, wären uns wie den Hirten in Bethlehem durch süßen Lobgesang und Machtentsaltnna als Freunde zur Seite. --Ich hörte eine Stimme wie das Rauschen vieler Wasser und wie das Rollen eines starken Donners und wie Harfenspiel.» (Offenb. 14, 2.) «Und der Engel nahm das Rauchfass uud füllte es mit dem Feuer des Altars und warf es auf die Erde, und da ent¬ standen Donner und Stimmen und Blitze und großes Erdbeben. > iOffenb. 8, ö.) «Es sprachen die sieben Donner ihre Stimmen.» (10, 3.) Das Verhältnis des Engels zur Natur ist unauflöslich, wenn er auch in seraphischer Liebe in Gott versunken ist. Kein Geschöpf ist für Gott allein geschaffen und keines kann sich ganz von den anderen absondern, weil alle zusammen Einen Organis¬ mus ansmachen, daher jedes in das Leben, in den Lebensverkehr »lit anderen hineingezogen lvird. Alle Geschöpfe sind Kinder Eines Vaters. — Wenn sich der Menschengeist nach so andächtig in Gottes Liebe versenkt, so kommt bald die Thütigkeit der Natur an die Reihe und fordert ihre Rechte. Im Naturleben liegt das Prineip der fortwährenden Abwechslung. Sechs Tage sollst du arbeiten, am siebenten Gott dienen. Ist auch der Engel nicht dauernd mit der Natur verbunden, wie der Mensch, hat er doch die Sehnsucht nach ihr, wie auch die Heiligen im Himmel Sehn¬ sucht nach ihren Leibern haben. Jeder der neun Chöre Engel steht in einem eigenthümlichen Verhältnisse zur Natur und dem Menschengeschlechte. Die obersten Chöre empfangen die Kraftergüsse Gottes und strahlen sie ver¬ theilend auf die niedereren; dort werden sie zu verschiedenen Zwecken zngerichtet und von den betreffenden Verwaltern weiter herab vertheilt. Tiefer unten wirken sie damit in der Natur und Ge¬ schichte. Jrrthümlich ist die Behauptung, dass Gott deshalb den Menschen erschaffen habe, um die Zahl der aus den nenn Choren abgestürzten Engel zu ersetzen. Gott hatte schon gleich im An¬ fänge seinen Plan, das Menschengeschlecht zu schaffen, durch den Gottmenschen und seine Mutter alle Geschöpfe unter sich und mit Gott in Liebe zu vereinigen, den Engeln bekanntgegeben. Die heilige Brigitta sagt: «Im Anfänge und vor den irdischen Zeiten sahen die Engel schon den Thron Maria's und freuten sich ihrer Schöpfung. Es wurde ihnen geoffenbart, dass sie der Schlange den Kopf treten werde.» Hild: «Gott hat im Anfänge um des Menschen willen Himmel und Erde und die andern Geschöpfe erschaffen und ihm im Paradiese alle Creatnren unterworfen.» Das Daradies der Engel. Im U. Makkab., 5 lesen wir: «Da trug es sich zu, dass in der ganzen Stadt Jerusalem vierzig Tage lang durch die Luft rennende Reiter in goldenen Gewändern, mit Speeren Ivie die Rotten bewaffnet, erschienen, auch Reiterei in Ordnung gestellt, Anläufe von beiden Seiten, Bewegungen der Schilde, eine Menge Gepanzerter mit gezückten Schwertern, Abschießen der Pfeile, der Glanz von goldenen Waffen und Panzern jeglicher Gattung. Da¬ her beteten alle, dass die Wnnderzeichen etwas Gutes bedeuten möchten.» Nach dem Zeugnisse des Josephns Flavius kamen solche Erscheinungen auch als Vorboten der Zerstörung Jerusalems vor. Ter heil. Johannes erwähnt in der geheimen Offenbarung öfters Erscheinungen von Reitern mit verschiedenfarbigen Rossen am Himmel. Kein Mensch wird denken, dass diese Rosse und Reiter in der Lnft mit ihren Rüstungen so waren, wie sie ans Erden sind. Es sind wesenlose Erscheinungen, sie kommen und vergehen wie Lichtbilder. Sie haben die Form des Wesens, machen auch den Eindruck und die Wirkung, als wenn sie körperlich wären, und sind doch keine Körper. Lob, Tadel, Gebet, Fluch, Unterricht, Absolution, Conse¬ eration sind blos unsichtbare Erscheinungen des menschlichen Geistes, sie haben aber doch entscheidend geistige Wirkung. -Und ich sah und hörte die Stimme eines Adlers, der mitten durch den Himmel flog und mit starker Stimme rief ,Weh! weh!' den Bewohnern der Erde.» (Offenb. 8, 13.) «Als die sieben Donner ihre Stimme gespro¬ chen hatten, sagte eine Stimme zu mir: .Versiegle, was die sieben Touner gesprochen haben, und schreibe es nicht.'» (Offenb. lO, 4.) Wie wir aus den Aussagen der heil. Schrift und heiliger Personen erfahren, haben die Engel ihr eigenes Licht, ganz anders 7o als nnür Sonnenlicht. Sie haben unter sich Rangabstnfungen in nenn Chören, sie haben Kronen, Kranze, Prachtkleider, Ranch¬ altar, Throne, Gold, Silber, Edelsteine, Posaunenschall, Harfeu- spiel, Kelche, Schlüssel, die neue Stadt Jerusalem auf hohem Berge mit großen Palästen, Gürten, Bäumen, Blumen, Früchten, das verborgene Manna, rauschende Strome des lebendigen Wassers, den Lebensbanm inmitte des größten Platzes inmitte der Stadt, Hvchzeitsmahl, Jakobsleiter re. Wir sehen daraus, dass das Engelparadies dem unsrigen wohl ähnlich, aber doch wesentlich davon verschieden ist. Es ge¬ hört dieses Paradies ebenso zum Wesen der Engel, wie das irdische Paradies zum Wesen der Menschen gehört. So wie die Engel mehr vornehmer Natur sind als die Menschen, so ist auch ihr Paradies feiner und vornehmer als das irdische. ES hat die Form der Emanation und schöpferischen Wirkung der Natur, es erhält durch die Prachteutfaltung, unendliche Mannigfaltigkeit und Süßig¬ keit der Genüsse den Schein des Wesens nnd ist doch kein Wesen. Während das schönste irdische Paradies durch seine Materie etwas Starres au sich hat, ist das Engelparadies durch seine außerordentliche Beweglichkeit und Mannigfaltigkeit und Kraft der Eindrücke ausgezeichneter. Das Engelparadies ergänzt, was die Natur nnd Menschen¬ sprache nicht ausdrücken kann. Die Natur drückt die innere Be¬ schaffenheit des Menschen am Leibe aus; weil aber durch die Sünde beim Menschen zwischen Leib nnd Seele ein Riss der Sterblichkeit eingetreten ist und der innige Zusammenhang zwi¬ schen Leib und Seele gelockert worden ist, drückt der Leib sehr unvollkommen die Gesinnung des Geistes aus, und die Sprache wird oft zum Mittel gebraucht, das Innere durch Verstellung noch mehr zu verbergen. Das Engelparadies ist aber der lebendige 74 Spiegel der Seele, der die Gedanken, Gefühle, Freude nnd schmerz bis ins Kleinste auszudrücken vermag; es ist die lebendige Photv- graphie alles geistigen Lebens, Glorifieierung des Gnten, Braud- niarknng des Bösen; es zeigt in einem Augenblicke die Geschichte svwvhl jedes Einzelnen als den Zusammenhang von allen. Alle Werke der Erlösung, die Anschläge des Teufels und der bösen Menschen, die Geheimnisse der Astronomie, Beschaffenheit des menschlichen Körpers, alle Wissenschaft wird durch ein klares Bild in einein Augenblicke zum Verständnisse gebracht. Es bietet den Engeln und Heiligen fortwährend neue Ueberraschnngen. Es ist eine eigene Welt für die Engel, deren wunderbare Schöpfung sich inuner erneuert und in unzähligen Abstufungen die Seligkeit gewährt. Nach der Auferstehung wird das wesenlose Paradies der Engel mit dein materiellen Paradiese der Menschen zur gegen¬ seitigen Ergänzung sich vereinigen. Hässliche, fratzenhafte Formen nnd Gespenstererscheinnngen werden der Antheil der Verworfenen sein. Schluss. Wie wir gesehen haben, sollte wegen des organischen Zu- sanunenhanges aller Geschöpfe Lucifer als König der Engel mit Wort und dem Beispiele der guten Entscheidung den Engeln vor¬ angehen nnd ebenso auch später die ersten Menschen dazu beein¬ flussen. Engel und Menschen sollten gemeinschaftlich mitwirken, nni dein Gottmenschen und seiner Mutter als Königin über alle Ge¬ schöpfe einen glorreichen Empfang auf der Erde vorzubereiten. Durch den Gottinenschen svlltc das Menschengeschlecht in die Ver- 75 wandtschaft Gottes hinaufgezvgen und durch ihn drr lebhafteste Verkehr aller Geschöpfe imker sich und mit den drei göttlichen Personen eingeleitet werden. Lneifer wollte aber allein nicht bloß König der Engel, son¬ dern auch der Menschen sein und sich nicht dem Gvttmenschen und seiner Mutter unterwerfen. In seinen: Hochmuthe gieng er so weit, den Schöpfungsplan Gottes mit Gewalt umstoßen zu wollen; er gewann durch seine lügenhaften Versprechungen einen großen Anhang und brachte den dritten Theil aus den neun Engelchören ins Verderben. Nach furchtbarem Kampfe wurde unter Michaels Anführung Lueifer entthront und mit seinem Anhänge aus dem Reiche hinaus- gestoßen. Die treu gebliebenen siegreichen Engel gelangten dann zur entzückenden Anschauung Gottes und wurden für immer in: Gnten befestiget. Lucifer kam auf unsere Erde, welche bestimmt war, die Wiege des Menschengeschlechtes, des Gottmenschen und seiner Blutter zu werde::, um hier seine Rachepläue zu üben. Sein erstes Werk war die Verwüstung der Erde. Durch viele Millionen Jahre kämpfte der Teufel gegen Gott in dei: Geschöpfen der Erde und in jenen Himmelskörpern, welche von den Planetargeistern in Besitz genommen worden sind. Lucifer wurde allmählich znrückgedrüngt; die Thiere und Pflanzen entwickelten sich in immer höherer Organisation, bis endlich die höchste Stufe erreicht wurde und der Mensch geschaffen werden konnte. Adan: wurde aus dem Producte dieser Erde geschaffen und daun in das Paradies übertragen. Das Paradies Ivar eine neue Schöpfung neben der Erde, worüber der Teufel keine Gewalt 7U hatte, ein Abglanz der Eigenschaften Gattes, ein Ebenbild Gattes als Seitenstück zn dein Ebenbitde der Engel. Durch den Menschen als König der Erde sollte die Macht des Teufels über die Erde ganz aushören. Jin Paradiese sallte Adam die unaussprechliche Liebe und Wohlthat Gattes durch Gegeuliebe und Gehorsam erwiedern, für sich und das ganze Geschlecht die Freuden des Paradieses für immer befestigen. Der Ausspruch Gottes: «Wachset und vermehret euch und erfüllet die Erde,» beweist, dass die ganze Erde in den paradiesischen Zustand übergehen sollte, mit Ausnahme ihres Centrnms, in welches der Teufel und alle Planetargeister zurück- gedrängt werden sollten. Der Zusammenhang zwischen Erde und Paradies ist da¬ durch ersichtlich, dass Adam ans der Erde lind ans der Erde erschaffen und dann erst ins Paradies übertragen worden ist, welches sich znr größten Schönheit entwickelt hat und mehr vom heiligen Geiste als von der Sonne beleuchtet wurde. Nach dein Falle wurden Adam und Eva aus dem Paradiese wieder herab auf die uuwirtbare Erde vertrieben. Weil Lucifer ursprünglich den Beruf hatte, als König der Engel den Anfang der Entscheidung zu machen und zugleich auch die andern Geister zn beeinflussen, war es ihm möglich, in das Paradies einzndringen und die ersten Eltern zu versuchen, welche, mit aller jungfräulichen Vollkraft und Erkenntnisfülle ausgerüstet, ans eigenem Antriebe die Versuchung hätten abschtagen sollen. Die Erde war das Centrum der physischen Welt durch ihre Schönheit und Würde und durch den Bollinhalt aller irdischen Güter. Der geheimnisvolle Lebensbanm enthielt ver¬ schlossene Schätze für alle Himmelskörper. Diese Himmelskörper bildeten Gärten und Vorrathskammern für alle weiter entwickelten 77 Specialitüten dessen, was die Erde im allgemeinen enthalten hatte. Die ganze Physische Welt war einem reich dotierten Haushalte gleich, wobei größte Harmonie, unendliche Mannigfaltigkeit herrschte. Die Früchte davon sollte das bis ins Unermeßliche entwickelte Menschengeschlecht genießen nnd mit Gott, mit den Engeln nnd Himmelskörpern in den lebhaftesten Verkehr treten. Dadurch, dass der Mensch dem Teufel mehr folgte als dem Gebote Gottes, erhielt der Teufel eine neue Berechtigung über die Erde, über die Planeten nnd über das Menschengeschlecht. Der König des Paradieses hat sich zum Sklaven des Teufels gemacht. Die Lebensgemeinschaft ist unterbrochen, der organische Zu¬ sammenhang der Geschöpfe vielfach zerrissen worden. Es ist eine unermessliche Kluft entstanden zwischen Gott, den Menschen, den Engeln und den Himmelskörpern. Auch die Menschen stehen sich gegenseitig fremd nnd feindlich gegenüber. Das Paradies wnrde von der Erde abgetrennt. Seine Unterlage, durch welche es mit der vom Fluche betroffenen Erde vebnnden war, hat sich vom Paradiese losgelöst, so dass es in zwei Theile zerfallen ist, in das unversehrte Paradies nnd in den minder edlen Prophetenberg. Gott hat es vermöge seiner Idee der Freiheit zugelassen, dass der Teufel den Schöpfnngsplan durchkreuzt hat, aber zer¬ stören konnte er diesen Plan nicht. Das Menschengeschlecht, welches der Teufel vernichten wollte, hat sich troh des Elendes und der Sterblichkeit dennoch entwickelt; Gottes Sohn hat trotz der Kreu¬ zigung dennoch sein Reich auf dieser Welt begründet; die Gottes¬ mutter ist trotz der Erniedrigungen dennoch Königin aller Ge¬ schöpfe geworden, dem Teufel hat sie trotz seiner Schlauheit dennoch den Kopf getreten. Nach der Auferstehung wird der ganze organische Zusammen¬ hang nnd Verkehr zwischen den drei göttlichen Personen, den 78 Menschen, den Engeln und den paradiesischen Himmelskörpern zur größten Schmach Lncifers nnd seiner Genossen wieder hergestellt, durch den heil. Geist das Feuer der Liebe zur innigsten Ver¬ einigung entzündet werden. Hild.: «Was aber Gott nach dem jüngsten Tage mit seinem Vermögen machen wird, weiß nur Er allein.»