MITTHEILUNGEN des historischen Vereines für Krain im März 18LT. Redigirt von Dr. V. F. Hlmi, V crcins - Sc erctär und Gcschäftsleitcr n\ k. Thomas Dolliner, in sämmtlichen Rechte Doctor, F. k. wirklicher Hofrath, Mitglied der k. F. Hos-Commission in Justiz-Gcfttzsachcn, und der Fon. böhmische» Gesellschaft der Wissenschaften, emeritirtcr Professor des römischen Civil-nnd des Kirchenrcchts an der Universität zu Wien. Vom Dr. Joseph Kudler, P. f. wirkt. Regierungsrathe und Professor an der Wiener Uniorrfitiif. -----dem Verdienste seine Kronen. U ich vor wenigen Wochen, noch Lief ergriffen durch den Verlust dieses würdigen Mannes, in diesen Blattern die Hoffnung äußerte, dessen für die Wissenschaften so reiches Leben umständlicher besprechen zu können , erwartete ich kaum, über alle wichtigeren Lebensumstäude desselben vollständige imb zuverlässige Nachrichten zu erhalten. Zur großen Befriedigung aller Freunde des Hingeschiedenen fanden sich jedoch unter dessen Papieren Materialien hierzu von seiner eigenen Hand, die mir durch die Gefälligkeit des Erben zugänglich wurden. Der schlichte Ton der Bescheidenheit, die ungeschmückte Darstellungsweise , die sich in diesen Mittheilungen finden, geben gewiß dgs treffende Bild dieses einfachen, bescheidenen, und doch so ausgezeichneten Mannes, so daß es dessen zahlreichen Verehrern wohl am liebsten seyn dürfte, ihn selbst erzählen, die Gründe, welche seine Handlungsweise bestimmten, selbst entwickeln zu hören. In den nachfolgenden biographischen Abriß soll daher aus diesen Materialien alles wörtlich aufgenommen werden, was zur Pnblieität sich eignet, und dieß zwar um so mehr, als der Verfasser dieses Aufsatzes- sich gerne be-scheidet, daß es ihm nicht zusteht, einem so hoch gefeierten Manne die int Motto zugedachte Krone zu spenden. Mit der wärmsten Theilnahme wird er Männer zu diesem Acte der Gerechtigkeit sich erheben sehen, die mehr hierzu berufen sind. Möge indessen dem gütigen Leser das genügen, was dankbares Wohlwollen für den Verblichenen hier anspruchslos mittheilt. Thomas Doll in er wurde am 12. December 1760 zu Dörfern, einem zur Pfarre Altenlaak im Herzogthume Krain *) Aus der „Zeitschrift für österreichische RechtsgclchrsamFeit und politische GksetzFnnde" besonders abgedruckt. gehörigen Orte, von zwar nicht armen, aber auch nicht vermög-lichen Landleuten — da der Besitz einer Ganzhube kein Reichthum ist — geboren. Nachdem er im Lesen, Schreiben und Rechnen, theils in seinem Geburtsorte von einem sich dort aufhaltenden Schloßgeistlichen, theils zu Tarvis in Kärnten, wohin ihn der Vater zur Erlernung der deutschen Sprache geschickt hatte, von dein Ortsschulmeister den nöthigen Unterricht empfangen hatte, erhielt er die erste Anleitung zur lateinischen Sprache von einem alten Geistlichen zu Bischoflaak, einem damals dem Biöthume Freysingen unterthänigen» von seinem Geburtsorte beiläufig eine Stunde entfernten Städtchen. Er konnte aber wegen Dazwischenkunft zweier Krankheiten, deren eine seinen rechten Fuß, die andere sein Leben in die größte Gefahr brachte, erst zu Anfang des Schuljahres 1772/3 in das Gymnasium zu Laibach treten. Hier vollendete er nicht nur die sechs Gymnasial-Classen, sondern auch den zweijährigen philosophischen Lehrcurs und zwei Jahrgänge des theologischen Studiums in den Jahren 1772/s— 1782. Sein Absoluto-rtum über die erster» lautet: „Thomam Dolliner, Carniolum „Locopolitanum, oinnus limnaniorum literarnim classes sexen-„nio abhiiic ea Singularis ingenii et assiduae applications „commendatione absolvisse, ut pr imuni semper locum „inter condiscipulos teueret, eodemque praemio do-„naretur;“ über die letzteren aber: „excepisse praelectiones „philosophicas universas, lum biennio integro theologicas „eonstantcr cum eminenti profectu primae classis.“ Seit bem Anfange des philosophischen Studiums verursachte er seinem Vater keine Kosten mehr, indem er durch Instructionen, Correpetitionen und durch eine Hofmeisterstelle sich den Unterhalt selbst erwarb, und noch eine, für einen Studierenden ziemlich beträchtliche Geldsumme in Ersparung brachte. Da er eine vorzügliche Neigung zu den mathematischen Wissenschaften in sich fühlte, so begab er sich im Herbste des Jahres 1782 nach Wien, um hier die höhere Mathematik und die Astronomie zu studieren. Allein der damalige Professor der höheren Mathematik, der Erjesuit Schärfer selbst, bei dem er sich meldete, und andere Bekannte stellten ihm vor, wie wenig Aussichten zu einer Versorgung dergleichen Studien unter den obwaltenden Zeitumständen darboten. Dadurch beim- ruhigt, gebaute Dolliner nach Laibach zum Studium der Theologie zurückzukehren. Nur mit Mühe bewogen ihn einige Landsleute, wenigstens zur Probe durch ein HalbesJahr die juridischen Vorlesungen zu besuchen; sollte ihm dieses Studium nicht gefallen, so wäre ja noch immer Zeit, im Frühjahre bei besserer Witterung nach Laibach zurückzureisen. Wie es ihm aber früher mit anderen Wissenschaften erging, so auch jetzt mit der Rechtswissenschaft. Nachdem er sich durch einige Monate mit Ernst darauf verlegte, gewann er sie lieb. Er beendigte also in den Jahren 1782/3—1786 den juridisch-politischen Lehrcurs nach Ausweis der erhaltenen Zeugnisse stets mit ausgezeichnetem und vorzüglichem Fortgange. Während des ersten juridischen Studienjahres lebte er größtentheils von den in Krain ersparten und mitgebrachten 300 Gulden. Ein Paar geringe Instructionen, die ihm von Freunden verschafft wurden, ließ er bald wieder fahren, weil die Schüler nichts lernen wollten, und er dieses weder leiden-konnte, noch eine Verantwortung auf sich zu nehmen Willens war. Die folgenden Studienjahre ging es schon besser; er bekam Correpetitionen aus den Rechtswissenschaften, und zwar meistens von Mitschülern, die sich theils von selbst an ihn wendeten, theils ihm von den Professoren zugewiesen wurden. Auch erhielt er das Knaffl'sche, für Krainer gestiftete Stipendium. In den anderthalb Jahren 1787 und 1788 bestand Dolliner die strengen Prüfungen zur Erlangung der juridischen Doktorwürde. Da er sich jedoch nicht früher um den Promotions-Act bewarb, so wurde ihm diese Würde erst am 28. November 1796 ertheilt. Dieser Aufschub brachte ihm den Vortheil, daß er die beträchtliche, binnen zwei Jahren nach der Promotion zu entrichtende Einlage in die juridische Witwen - Societäts - Caffe durch mehrere Jahre aufschieben konnte, und auch die jährlich in diese Casse abzuführenden Beiträge durch eben so lange Zeit ersparte. Nachdem er jedoch seine Einlage einmal gemacht hatte, zahlte er seine Jahresbeiträge ununterbrochen fort, ungeachtet er für eine eigene Gattin nicht vorzusorgen nöthig hatte. In den Verhältnissen, in welche er schon im Jahre 1788 kam, und von welchen er stch aus rein literarischem Interesse lange nicht lossagen konnte, bedurfte er auch des Doctortitels eben nicht. Es wurde ihm nämlich, wenige Monate nach Vollendung der Gradus-Prüfungen, von dem Universitäts-Syn-dicus, Dr. Strahl, und dem damaligen Dečane der juridischen Facnltät, Dr. Sortschan, dessen Beifall sich Dolliner in den erwähnten Prüfungen erworben hatte, der un-vermuthete Antrag gemacht, mit dem Anfange des Schuljahres 1788/g das erledigte Lehramt derjenigen Rechtstheile, deren Kenntniß den Zöglingen der k. k. Akademie der orientalischen Sprachen für nöthig erachtet wird, an derselben zu übernehmen. So gering der damals von der k. k. geheimen Hof- und Staatskanzlei, unter welcher die Acadeniie steht, für einen Vortrag von zwei Stunden an jedem Tage bestimmte Gehalt von jährlichen 200 st. war, so nahm er doch den Antrag mit Freuden an, weil er immer mehr Lust trug zu einem Lehramte, als zum praktischen Geschäftsleben. Das zu einem mäßigen Unterhalte noch übrige nöthige Einkommen hoffte er durch Correpetitionen stch leicht zu erwerben. Er lehrte demnach an der gedachten k. k. Academic während des Schuljahres 1788/g das natürliche Privatrecht, das allgemeine Staatsrecht und das Völkerrecht; versah aber dabei zugleich die Stelle eines Supplenten bei dem damaligen Professor des Kirchenrechtes an der Universität, dem Regierungsrathe Joseph Joh. Nep. Pehem, dem er auch bei seinen literarischen Arbeiten zur Hand ging, insbesondere bei der halb officiellen, im I. 1790 im Drucke erschienenen Schrift: „Historisch-statistische Abhandlung von Errichtung, Ein- und Abtheilung der Bisthümer, Bestimmung der Erzbisthümer, Bestätigung, Einweihung und Versetzung der Erz- und Bischöfe, vom röuiischen Pallium und Eide, welchen die Erz- und Bischöfe dem römischen Papste schwören müssen, und von den Gerechtsamen der Regenten in Ansehung dieser Gegenstände, in vier Abtheilungen an das Licht gestellt von einem Freunde des kirchlichen Alterthums. Wien, bei Hörling, 1790." Auf Zureden P ehe m's, seines besonderen Gönners, unterzog sich Dolliner während des Jahres 1789 einer Concurs - Prüfung für die ledig gewordene Stelle eines öffentlichen Repetitors der deutschen Reichsgeschichte, des Lehen- und deutschen Staatsrechtes an der damals in der Stadt bei St. Barbara bestandenen k. k. Theresianischen Ritter- „ Academic, womit ein besserer Gehalt von 500 fl. verbunden war, und erhielt dieselbe durch Hofdecret vom 21. August 1789; weshalb er auch das Lehramt in der orientalischen Akademie, nach Beendigung des Schuljahres aufgab, um mehr Muße zu literarischen Arbeiten sich zu verschaffen. Mit dem Eintritte in die k. k. Therestanische Ritter-Academie erhielt er zugleich von dem damaligen Director der juridischen Studien, Freiherrn von Heinke, den Auftrag, die Stelle des erkrankten Professors der deutschen Reichsgcschichte und der europäischen Staatenkunde an der Universität, Johann Christoph Schmidt, zu versehen, welchem Aufträge er durch volle vier Monate zur vollkommenen Zufriedenheit der erwähnten Herren entsprach. Eben so supplirte er auch im I. 1792 den Universitäts-Professor Bernhard v. Fölsch, bei einer demselben zugestoßenen Krankheit, in dessen Vorlesungen über das deutsche Staatsrecht durch die ganzen drei Sommermonate, und nahm die Endprüfungen ganz allein vor. Den nämlichen Professor supplirte er auch sonst in allen Verhinderungsfällen nicht nur in dem oben genannten Lehrfache, sondern auch in der Reichsgcschichte, deren Vortrag nach dem Austritte des Professors Schmidt mit jenem des deutschen Staatsrechtes verbunden wurde. Bei den Semestral-Prüfungen wirkte er ebenfalls jederzeit thätig mit. Die ganze Zeit, welche Dolliner bei seinen Amts- und Supplirnngs - Geschäften erübrigte, hat er während seines neunjährigen Dienstes an den beiden Akademien in den Bibliotheken zugebracht, und mit Durchsuchung alter Manuskripte der k. k. Hofbibliothek eine große Menge unbekannter Materialien zur Aufhellung der deutschen Reichs- und Kirchen-, wie auch der österreichischen Staatsgeschichte gesammelt. Einen Theil dieser Materialien verarbeitete er dann in einzelnen Ab- Handlungen, andere benützte er zur Abfassung zweckmäßiger Erläuterungen über die vorgeschriebenen Lehrbücher des Lehenrechtes, des deutschen Staatsrechtes und der deutschen Reichsgeschichte. Mit diesen gelehrten Arbeiten unermüdet beschäftiget, lebte er zufrieden mit der kleinen Besoldung von 500 fl., die ihm den nöthigen Lebensunterhalt sicherte, und bewarb sich um keine bessere Anstellung an einem dritten Orte, wo er des Gebrauches eines so ansehnlichen Bücher- und Manuscriptcn-Schatzes, wie die k. k. Hofbibliothek darbietet, hätte entbehren müssen. Die wichtigste, aus dieser Lebensperiode herrührende Sammlung betrifft die Geschichte der Concordate der deutschen Nation mit dem römischen Stuhle; eine Frucht des unverdrossensten Fleißes vieler Jahre, geeignet, diese in manchen Puncten noch ziemlich dunklen Verhandlungen in das gehörige Licht zu setzen. Sie blieb aber wegen vorgekommener anderer Geschäfte, öfterer Kränklichkeit, zunehmenden Alters und geänderter Zeitumstände zum größten Theil unverarbeitet in Dolliner's Händen. Eine andere, ziemlich beträchtliche Sammlung zu einer neuen, vermehrten und verbesserten Ausgabe der „Epistolae Petri de Vincis“ hat er, als ihm begreiflich wurde, daß aus den eben gedachten Ursachen an eigene Verarbeitung derselben nicht mehr zu denken sey, längst verschenkt. Obschon Dollsner, fortdauernd mit gelehrten Arbeiten beschäftiget, die für ihn höheres Interesse hatte, wenig Sorge für Verbesserung seiner äußeren Lage trug, so fügte es sich doch ohne sein Bemühen, daß er nach acht Dienstjahren in der Theresianischen Ritter-Academic eine Vermehrung der Besoldung erhielt. Als nämlich mit dem Anfange des Schuljahres 1797/gg die erwähnte Academic, die bis dahin nur mit besoldeten Repetitoren versehen war, welche mit den Zöglingen die Universitäts-Vorlesungen zu wiederholen hatten, »»vermuthet wieder in ihrer ursprünglichen Gestalt in dem Favoritgebäude auf der Wieden mit eigenen Professoren hergestellt wurde, ward auch Dolliner sogleich als Professor der Reichsgeschichte, des Lehenrechts und des deutschen Staatsrechts mit dem systemistrten Gehalte von 800 fl. in dieselbe versetzt. Aber bald traten ungünstigere Umstände ein. Der fortwährende Krieg mit dem revolutionirten Frankreich steigerte allmälig die Lebensbedürfnisse; das Papiergeld, in welchem die Besoldungen bezahlt wurden, sank im Werthe immer mehr; der körperliche Zustand Dolliner's schien sich von Jahr.zu Jahr zu verschlimmern. Dieser Zusammenfluß von Umständen machte ihn besorgt, daß, wenn die sich stets vergrößernde Zerrüttung der Gesundheit ihn nöthigen sollte, um die normalmäßige Pension nachzusuchen, seine künftige Subsistenz nur unzulänglich gedeckt seyn würde. Er beschloß daher, sich nicht an den Aufenthalt in Wien zu binden, sondern sich um eine mit besserem Einkommen versehene Lehrkanzel an einem andern Orte zu bewerben. Nachdem er den Gedanken, ein zu Freiburg im Breisgau und ein zu Lemberg in Erledigung gekommenes Lehramt zu suchen, aus verschiedenen Bedenklichkeiten wieder aufgegeben hatte, brachte er im Jahre 1800 eine Bittschrift um die an der Universität zu Prag erledigte Lehrkanzel des Kirchenrechts ein, welche ihm unterm 2. Jänner 1801 auch wirklich verliehen wurde. Als er jedoch im folgenden Frühjahre sich an seinen neuen Anstelluugsort begeben wollte, erreichte seine fortdauernde Kränklichkeit und Schwäche einen so hohen, und mit so bedenklichen Symptomen begleiteten Grad, daß er sich nicht fähig fühlte, die vorgesetzte Reise nach Prag anzutreten, und das ihm daselbst verliehene Lehramt mit dem Anfange des zweiten Semesters zu übernehmen. Auf den Rath der Aerzte erbat er sich daher eine unbestimmte Frist zur Erholung, und als er sich nach Verlauf eines Semesters noch nicht hinreichend gestärkt fühlte, resignirte er das Prager Lehramt freiwillig, und behielt seine Lehrkanzel an der Theresia-nischen Ritter-Academic bei. Bei Gelegenheit seiner Resignation wurde ihm jedoch die ehrende und beruhigende Zusicherung ertheilt, daß, „wenn er nach Herstellung seiner Gesundheit um ein erledigtes Lehramt, für welches er die erforderlichen Eigenschaften besitzt, ansuchen wird, auf ihn auch ohne Eröffnung eines Concurses vorzügliche Rücksicht werde genommen werden." Für die aufgegebene Prager Lehrkanzel erhielt Dolliner eben von Prag aus bald eine, wenigstens ehrenvolle Entschädigung. Nachdem seine Kräfte wieder zugenommen hatten, setzte er seine literarischen Beschäftigungen fort, und gab im Jahre 1803, bei Gelegenheit einer in der Theresianischen Ritter - Acadcmie unter allerhöchsten Auspicien abgehaltenen juridischen Disputation des Freiherrn v. Aichen, den „Codex (-pistolaris Primislai Otfocari II. Bohemiae Regis“ heraus. Dieses Werk wurde bald der t böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften bekannt, und fand bei derselben so vielen Beifall, daß sie den Verfasser am 29. December 1803 zu ihrem Mitglieds ernannte, und ihm das dießfällige Diplom zustellen ließ. Eine andere Entschädigung für seine Resignation, geeignet, seine äußere Lage wesentlich befriedigender zu gestalten, wurde ihm zu Theil, als er nach fortschreitender Verbesserung seiner Gesundheitsumstände, gestützt auf die oben erwähnte Zusicherung, sich im Jahre 1804 um das an der Wiener Universität erledigte Lehramt des Kirchenrechtes bewarb, mit welchem ein systemisirter Gehalt von 2000 fl. verbunden war, welches ihm mittelst Hofdecretes vom 28. Februar 1805 auch wirklich verliehen wurde. Seit dem Antritte dieses neuen Lehramtes theilte ihm Hofrath v. Zeiller, damals Director der Juristen-Facultät, Beisitzer und Referent der Hof-Commission in Justiz-Gesetzsachen, alle in das geistliche Fach und das Eherccht einschlagenden Actenstücke mit, die in dessen Referate bei der gedachten Hofcoinmission vorkamen, um Dolliner's Privatgutachten darüber einzuholen. Der Letztere ergriff mit Vergnügen diese Gelegenheit, um praktische Uebung in geistlichen Geschäftssachen zu erlangen. Den Vortrag über das Kirchenrecht suchte Dolliner für seine Zuhörer so nützlich einzurichten, als es die Kürze der hiezu bemessenen Zeit möglich machte. Seine Vorgänger beschränkten sich beinahe ganz auf die Erklärung des gemeinen canonischen Rechtes. Er glaubte dagegen, daß seinen, sowohl geistlichen, als weltlichen Zuhörern für ihren künftigen Beruf die Kenntniß des besonderen österreichischen Kirchenrechtes eben so nothwendig, ja noch nothwendiger sey, als die Kenntniß des kanonischen Rechtes, welches in sehr vielen Fällen nicht mehr in Ausübung kommen konnte. Bei der großen Menge der österreichischen Gesetze in puMico-eccIesiasticis hatte er die schwierige Aufgabe zu lösen, in zwei Semestern das zu leisten, was hinreichende Beschäftigung für volle vier Semester gegeben hätte. Um Vieles schwieriger wurde in dieser Beziehung seine Lage aber noch, als durch die Studien-Hoftommisstons-Verordnung vom 13. Juli 1810 der Vortrag des Kirchenrechts auf einen Semester redurirt, und die zweite Jahreshälfte für den Unterricht im römischen Rechte — den er zugleich zu übernehmen hatte, — bestimmt wurde, welchem letzteren Gegenstände noch zur Zeit, als Dolliner studierte, drei volle Semester gewidmet waren. Er leistete indessen so viel, als nur immer thunlich war, und zwar mit dem besten Erfolge. Freilich war es dabei nothwendig, daß er unter seinen Collegen immer der letzte die Vorlesungen schloß, und die Endprüfungen nicht selten sogar über das Ende des Schuljahres hinaus erstreckte, wozu noch der Umstand kam, daß er beinahe um die Hälfte mehr Schüler am Ende jedes Semesters zu prüfen, für sie die Zeugnisse zuschreiben und mehr und größere Cataloge als andere juridische Professoren zu verfassen hatte. Außer allen diesen Arbeiten legte ihm das Lehramt des Kirchenrechts noch gar manche besondere Verbindlichkeiten auf. So mußte er den strengen Prüfungen aus diesem Fache für die theologische Doctorswürde und den Concurs-Prü-fungen für Curat-Benefieien beiwohnen; bei den letzteren die Fragen zu den schriftlichen Ausarbeitungen der Con-eurrenten angeben; die Concurs-Elaborate, sowohl für die Pfarrpfründen in Niederösterreich, als auch für die Lehrämter des Kirchenrechtes in allen Stiften, Klöstern und bischöflichen Seminarien der gesammten deutschen Provinzen begutachten; die auf den Privat-Lehranstalten am Ende des Schuljahres aufgestellten kirchenrechtlichen Streitsätze censuriren; die aus den durch ungünstige Friedensschlüsse abgetretenen Provinzen herbeiströmenden Geistlichen vor ihrer Anstellung in der Seelsorge aus dem Kirchenrechte prüfen; bisweilen abgeforderte Gutachten über kirchenrechtliche Fragen an die öffentlichen Behörden abgeben it. s. w. Neben diesen, dem Kirchenrechtslehrer eigenen Obliegenheiten verrichtete Dolliner auch alle Geschäfte eines juridischen Professors mit der größten Pünctlichkeit und Gewissenhaftigkeit. Während seines ganzen Lehramtes an der Univer-sttät ist kein Concurs-Elaborat für eine erledigte juridische Lehrkanzel vorgekommen, über welches er nicht sein Gutachten ausgestellt hätte. Von den ungefähr anderthalb tausend strengen Prüfungen, die während seines UniversitätsDienstes für die juridische Doctorswürde in Wien abgehalten worden sind, werden kaum vier bis sechs zu zählen seyn, bei welchen er nicht gegenwärtig gewesen wäre, und auch daran trugen nur die Semestra!-'Prüfungen Schuld, mit welchen er eben beschäftiget war, und die er, um sie nicht über alle Gebühr zu verzögern, nicht wohl unterbrechen konnte. Von den vorgeschriebenen Vorlesestunden hat er in der ganzen Zeit seiner Amtirung nur neun, und zwar in einer Woche, während welcher er wegen eines Katharrhal-Fiebers das Bett hüten mußte, durch seinen Supplenten versehen lassen. Als int Jahre 1810 durch die Jubilation des ältesten Professors des juridischen Studienzweiges eine der zwei-höchsten für dasselbe systemistrten Gehaltsstufen von 3000 fl. erlediget wurde, bewarb sich Dolliner trat dieselbe tan so mehr, als er zwei Jahre früher bei einem Falle der Vorrückung in die mittlere Gehaltsstufe von 2500 fl. eines besonderen Zusammentreffens von Umständen halber übergangen worden war. Wirklich wurde ihm auch, als eine Vergütung dieser Uebergehung, die unmittelbare Vorrückung anS der niedersten in die höchste Gehaltsstufe bewilliget. Dasselbe Hofdecret vom 9. August 1810, welches darüber entschied, trug ihm auch — in Folge der damals eingeführten neuen Studien-Ordnung für das jurid. polit. Studium — auf, vom nächsten Schuljahre an, neben dem Vortrage über das Kirchenrecht, auch jenen des römischen Rechts zu übernehmen, und zwar dieses für den ersten, jenes für den zweiten Semester. Unterm 5. Juli 1811 wurde ihm durch das Präsidium der k. k. Hoftommisston in Justiz-Gesetzsachen „über seine zur genauen Correctur der Auflage des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches und zugleich vermittelst mancher über den Text angebrachten Erinnerungen, sehr nützlich geleistete Mithilfe die gnädigste Zufriedenheit Seiner Majestät zu erkennen gegeben." Fünf Jahre später geruhten Seine Majestät, ohne daß Dolliner- sich im entferntesten darum bewarb, mittelst Hofdecrets vom 22. September 1816 ihn „in gnädigster Rücksicht auf seine gründlichen Kenntnisse und übrigen trefflichen Eigenschaften zum ordentlichen Beisitzer der Hofcommission in Justiz-Gesetzsachen" zu ernennen, mit dem Aufträge, „den gewöhnlichen Sitzungen dieser Hoftommission beizuwohnen, und daselbst jene Referate zu übernehmen, die ihm werden zugetheilt werden." Dem zu Folge besuchte er die Sitzungen unausgesetzt und führte bis zum Eintritte eines General-Referenten durch ungefähr ,11 Jahre auch das Referat in geistlichen und Ehesachen, ohne dafür irgend einen Gehalt zu beziehen. Dankbare Anerkennung der großen Verdienste D o l-liner's um die gründliche Bildung der angehenden Juristen bewog im Jahre 1823 seine Zuhörer, nachdem sie vorläufig die allerhöchste Bewilligung dazu erwirkt hatten, sein Bilduiß malen zu lassen, und es im Hörsale des Kirchenrechts unter, ben Bildnissen anderer, um die Universität verdienter Professoren aufzustellen. Die Anspruchslosigkeit des würdigen Mannes äußerte sich auch bei dieser Veranlassung. Zur Aufstellung des Bildnisses wurde nämlich, wie gewöhnlich, eine Feierlichkeit veranstaltet, und der Gefeierte dazu geladen; allein er war auf keine Weise zu bewegen, dabei zu erscheinen, um nicht in einer an ihn gerichteten Rede Lobsprüche anhören zu müssen, die nur seine Bescheidenheit verletzt haben würden. Im Jahre 1830 ließen andere Schüler sein Bildniß lithographiren und ver- theilten die Exemplare davon an ihn, den Lehrkörper und andere Personen. Eine öffentliche Anerkennung seiner erfolgreichen Anstrengung int Lehramte erlangte Dolliner nach neunzehnjährigem Universitäts-Dienste dadurch, daß ihm der Titel eines wirklichen Regierungsrathes taxfrei verliehen wurde. (Stud. Hofcom. Decr. vom 13. Sept. 1824.) Die nächste Veranlassung hierzu gab die Vollendung des durch den sel. Professor Kaufmann begonnenen Werkes: „Anfangsgründe des röm. Rechts," durch die Hand Dolliner's. Daß dieser indessen noch größere Verdienste um das Kirchenrecht hatte, ist wohl nicht zu bezweifeln, allein die Zeitverhältnisse schienen zur öffentlichen Anerkennung derselben weniger geeignet. Sein int Jahre 1813 erschienenes Handbuch des in Oesterreich geltenden Eherechts bewährte sich insbesondere als ein in literarischer Beziehung classisches, imb in praktischer Beziehung sehr gemeinnütziges Werk, nicht nur für den Rechtsbeflissenen, sondern auch für Seelsorger und Staatsbeamte. Nachdem Dolliner sein zweiundvierzigstes Dienstjahr beendiget hatte, und sich der Vollendung des siebzigsten Lebensjahres näherte, auch eine starke Abnahme seiner Kräfte und viele Belästigung durch die Zunahme seines Asthma humorale erlitt, entschloß er sich, nach der Beendigung des Schuljahres 1830 um seine Jubilation anzusuchen, welche ihm auch durch allerhöchste Entschließung vom IS, Jänner 1831 mit Beibelassung seines vollen Gehaltes bewilliget wurde, bei welcher Gelegenheit Se. Majestät ihm zur huldvollen Belohnung seiner Verdienste beit Charakter eines wirklichen k. k. Hofrathes zu verleihen geruhten, mit dem ebenfalls sehr ehrenvollen Beisatze: „daß Allerhöchstdieselben erwarten, er werde auch noch ferner, in so weit seine Gesundheit und Anwesenheit in Wien es ihm möglich machen, den allgemeinen Sitzungen der Hofcommisston in Justiz-Gesetzsachen beiwohnen, und entsprechende Dienste zu leisten sich bestreben." Als die k. k. Studien-Hofcommission die vorerwähnte allerhöchste Entschließung, mittelst Decrets vom 22. Jänner 1831, intimirte, unterließ sie es nicht, dem Jubilirten „bei diesem stlnlasse für die Bemühungen, womit er sich während der ganzen bei dem Lehramte zugebrachten Zeit auszeichnete, ihre wohlverdiente Anerkennung auszudrücken." Obgleich Dolliner nach seiner Versetzung in den Ruhestand sogleich von der Lehrkanzel hätte abtreten können, so setzte er doch die Vorlesungen bis zum Schluffe des ersten Semesters fort, und unterzog sich auch der Abhaltung der Semestra!-Prüfungen. Als die k. k. n. ö. Landesregierung davon in Kenntniß gelangte, gab sie ihm, durch Deeret vom 15. März 1831, für diesen neuen Beweis eines stets erprobten Diensteifers ihre volle Zufriedenheit zu erkennen. Das Präsidium der Hofcommission in Justiz - Gesetzsachen machte dem Hofrathe Dolliner unterm 14. Februar 1831 bekannt, daß es, in Betrachtung des in der allerhöchsten Jubilations-Bewilligung enthaltenen Vorbehaltes, fortfahren werde, ihn zu den allgemeinen Sitzungen der Hofcommission einzuladen. Wirklich hat auch Dolliner diese Sitzungen unausgesetzt bis kurze Zeit vor seinem Tode besucht, und so der allerhöchsten Erwartung zu entsprechen sich bestrebt. Als öffentlicher Lehrer war Hofrath Dolliner nun zwar wohl jubilirt, aber als Gelehrter und Schriftsteller gönnte er sich selbst keinen Ruhestand, und zwar um so weniger, als seine Gesundheitsumstände nach seiner eigenen Versicherung sich größtentheils sehr erträglich zeigten. Es waren vorzüglich dreierlei literarische Arbeiten, denen er seine Muße widmete, nämlich die Abfassung von Abhandlungen über manche dunkle, streitige, oder mißverstandene Stellen des allg. bürgerl. Gesetzbuches, welche Aufsätze er in die gegenwärtige juridische Zeitschrift einschalten ließ. Als eine noch wichtigere und dringendere Aufgabe behandelte er die Herausgabe einer vermehrten und verbesserten Auflage seines Eherechts, jedoch unter dem aus guten Gründen abgeänderten Titel: „Ausführliche Erläuterung des zweiten Hauptstückes des allg. bürgerl. Gesetzbuches." Er fügte hier dem Eherechte auch die Lehre vom Eheprozesse an, worüber bisher von ihm nur einzelne Abhandlungen in verschiedenen Zeitschriften abgedruckt worden waren, und ließ diese beiden, den Eheprozeß enthaltenden Bände — als dritten und vierten Band des Eberechtes — zuerst erscheinen. Der sehr fleißig umgearbeitete erste Band folgte ihnen, obgleich mit der Jahreszahl 1835 versehen, später nach. Auch das Manuscript des zweiten Bandes war vollendet und der Censur übergeben; konnte jedoch •— wegen Hindernissen, deren Erörterung nicht hierher gehört — bisher nicht gedruckt werden. — Als endlich durch den sehr zu beklagenden, frühzeitigen Tod des Regierungsrathes und Professors Wagner die gegenwärtige juridische Zeitschrift ihren Redacteur verlor, übernahm Dol-liner, gemeinschaftlich mit dem Verfasser dieser Zeilen, deren Redaction aus reiner Neigung für ein Institut, welches nach ihrer Meinung ein wesentliches Bedürfniß des juridischen Publicums in Oesterreich zu befriedigen geeignet ist. Dolliner wendete hier seine Aufmerksamkeit insbesondere den civilrechtlichen Aufsätzen zu. Ausgezeichnet war aber sein ganzes Leben hindurch Dol-Iliter's gelehrter Fleiß und seine literarische Thätigkeit. Nur durch dieselbe war es auch möglich, einen so großen Vorrath von Materialien, theils zum Behufe seiner Lehrämter, theils für andere Abtheilungen der Wissenschaften, die ihn besonders anzogen, zusammen zu bringen, wie ihn Dolliner wirklich besaß. Zahlreich sind aber auch seine eigenen Gei-stesproducte, die theils unter fremden Namen, als Inaugural-Dissertationen für Rechts - Candidaten, theils ohne, theils unter seinem eigenen Namen int Drucke erschienen. Nach diesem Eintheilungsgrunde lassen sie sich aber nicht wohl verzeichnen , indem dann einige aus mehreren Bänden bestehende Werke in verschiedene Classen gesetzt werden müßten. Auch die chronologische Ordnung dürfte sich hierzu nicht ganz anwendbar zeigen, weil ihr zu Folge die Titel mehrerer Werke, deren einzelne Bände in verschiedenen Jahren erschienen sind, mehrmals wiederholt werden müßten. Am angemessensten dürste es seyn, sie ohne eine andere Rücksicht in historische und juridische Schriften abzutheilen, in welcher Abtheilung sie auch am Schluffe dieses biographischen Abrisses angegeben werden sollen, da es für die zahlreichen Verehrer dieses vor-. zuglichen Gelehrten ohne Zweifel wünschenswerth ist, ein vollständiges Verzeichniß seiner Schriften besitzen. Die Darstellungsweise in Dolliner's Schriften war stets einfach und sachgemäß; er verschmähte allen Redeprunk; sein Styl zeigte stch aber durchaus als sehr deutlich und faßlich. Er selbst klagte indessen oft, daß ihm der Ausdruck seiner Gedanken weit mehr Mühe koste, als die Gedanken selbst; daß er die für eine Behauptung aufgefundenen Gründe und Beweise uicht sogleich zu Papier bringen könne, sondern deren Darstellung vorerst durch mancherlei Wendungen der Rede versuchen müsse, bis er glauben könne, ste nun Andern verständlich genug gemacht zu haben. Er vermuthete, diese Schwierigkeit habe ihren Grund darin, daß er zu wenig in der sogenannten gebildeten Welt gelebt habe, um einer geläufigeren und geschmeidigeren Rede mächtig zu werden. Sollte man aber nicht vielmehr glauben, das Ideal eines guten Styles habe ihm zu lebhaft vorgeschwebt, als daß er fich nicht der Unzulänglichkeit des menschlichen Strebens, es zu erreichen, bewußt werden mußte? Mit seinen für die Geschichte und Rechtswissenschaft gesammelten zahlreichen Materialien ist Dolliner nie zurückhaltend gewesen, sondern hat sowohl inländischen als ausländischen Gelehrten aus seinem Verrathe jederzeit nicht nur alles, was sie zu ihren literarischen Arbeiten brauchen zu können glaubten, gerne mitgetheilt, sondern gar oft denselben zu Gefallen weitläufige und schwierige, mit großem Zeitaufwande verbundene Untersuchungen angestellt. Dieses bezeugten dankbar: der salzburg'sche Professor des Kirchenrechts, Corbiuian Gärtner, dem Dolliner bei Sammlung der zu den deutschen Concor-daten gehörigen Urkunden und Actenstücke an die Hand gegangen ist, in der Praefatio zu seinem Corpus juris ecclcsiastici Catholicorum. Salisb. 1797, pag. X; der Frcyburger Professor der Dogmatik, Engelbert Klüpfel, dem Dolliner die von ihm selbst abgeschriebenen Briefe an Conrad Celtes, dessen Testament und eine Menge von Nachrichten über den gedachten Celtes durch eine vieljährige Correspondenz verschafft hat, in der im Jahre 1799 gedruckten Epistola ad Michaelem Federal! decansa dilatae editionis vitae Conradi Celtis, und in der Vorrede zu dessen Lebensbeschreibung selbst; der dermalige Viee-Präfident des n. ö. Appellationsgerichts, Freiherr von Pratobevera, in Ansehung der ihm von Dolliner mitgetheilten historischen Bemerkungen über das Eherecht der Juden in Oesterreich, im dritten Bande der Materialien für Gesetzkunde und Rechtspflege, S. 281; der sel. Professor an der Therestanischen Ritter-Academic, Joh. Kaufmann, in der Vorrede zu seinen Anfangsgründen des römischen Privatrechts; der Professor des Kirchen- und des römischen Civilrechts zu Prag, Joseph Helfert, in den Vorreden zu den ersten Auflagen seiner Werke: über das Kirchenvermögen; über Erbau-mng, Erhaltung und Herstellung kirchlicher Gebäude; über die Mechte in Ansehung der heiligen Handlungen rc.; endlich über Lie Besetzung, Erledigung und das Ledigstehen der Beneficien; der Dr. Philipp Mayer, in der Vorerinnerung zu seinem Patronatrecsste; endlich der Professor des ösierr. bürgert. Rechtes zu Lemberg, Ignaz Grassl, in dem Werke über das besondere Eherecht der Juden in Oesterreich. Auch dem Freiherrn v. Hormayer hat Dolliner, wie des Ersteren noch vorfindige Briefe zeigen, mehrfällig althistorische Aufklärungen: über die Euganeer; über den Lago d'Jseo l über das Verhältniß der Stadt Fiume zu Ungarn und zu Jn-nerösterreich; über die Herzoge von Meran u. s. w., und zwar nach mühsamen Untersuchungen in den geeigneten Quellen, mitgetheilt. Eben so hat er dem Professor Raumer in Berlin zu dessen Geschichte der Hohenstaufen, dann dem Archivar Perz in Hannover, für dessen Monumenta Germaniae, die Epistolas Petri de Vincis zukommen lassen, von welchen letzteren er selbst eine neue, stark vermehrte und berichtigte Ausgabe aus den zahlreichen, in der k- Hofbibliothek zu Wien befindlichen handschriftlichen Eremplaren zu veranstalten vorhatte. In des Dr. Hüttner, im Jahre 1819 erschienenen ausführlichen Entwicklung der Lehre von der gesetzlichen Erbfolge in dem freivererblichen Vermögen nach dem österreichisch-bürgerlichen Gesetzbuche rührt der ganze fünfte Abschnitt: von den Verlassenschaften der geistlichen Personen, aus einer Mittheilung Dolliner's her. Der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Prag überließ er die aus einem, jetzt in der k. Hosbibliothek aufbewahrten Coder des Hofrathes Denis abgeschriebene Sammlung der Briefe an Conrad Celtes; dessen in der Registratur der Wiener Universität aufgefundenes Testament, in welchem derselbe das Itine-rarium Antonini, jetzt Tabula Peutingeriana, seinem Freunde Conrad Peutinger zu Augsburg vermachte; wie auch alle Urkunden und andere Dokumente, die Dolliner zur Geschichte Böhmens gesammelt hatte, unter andern eine merkwürdige, gleichzeitige Nachricht über die Aufnahme des päpstlichen Legaten, Cardinals Carvajal, von Seite der Böhmen im Jahre 1448 ii. s. w. Einladungen zu literarischen Unternehmungen Anderer erhielt Dolliner in großer Zahl, z. B. zur Lösung der von Sr. kaiserlichen Hoheit dem Erzherzog Johann am 12. Februar 1812 aufgegebenen Preisfrage, die Geschichte und Topographie Jnnerösterreichs im Mittelalter betreffend; dann zur Mitarbeit an der großen Encyklopädie aller Wissenschaften und Künste von Ersch und Gruber in Halle, im Jahre 1815; zu der von der preußischen Academic der Wissenschaften zu Berlin im Jahre 1817 aufgestellten Preisfrage über das Jus Atticum; zu Beiträgen für eine vollständige, durch die n. öst. Landstände beabsichtigten Topographie des Erzherzogthums Oesterreich; zur Mitarbeit an den durch den seligen Sartori fortgesetzten Annalen der österreichischen Literatur; dann zu der int Jahre 1812 angekündigten allgemeinen Wiener Literatur-Zeitung, und zum Archive für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst u. s. to. Ob Dolliner bei einem dieser Institute sich werkthätig bewiesen habe, oder ob er bei seinen vielfältigen Geschäften aus Mangel an Zeit daran gehindert wurde, läßt stch aus dessen hinterlassenen Papieren nicht entnehmen. Nur so viel ist gewiß, daß er zu dem letzterwähnten Archive, nachdem dessen Redaction an den Universitäts-Bibliothekar und Regierungsrath Ri edler übergegangen war, wirklich Beiträge geliefert hat, indem die Redaction dieses selbst in einer Ankün- ! druck zu verfolgen, und er lieber Verluste verschmerzte, als digung bezeugte. Auch ist aus den vorhandenen Briefen des Professors David, als Secretärs der kön. böhmischen Gesellschaft, ihr in seiner Eigenschaft als Mitglied Beiträge zu den Biographien dreier in Wien verstorbener Mitglieder, des Hofrathes Hermann, des Doctors Jeckel und des Professors Mayer zu liefern, größtentheils entsprochen habe. An Dolliner's Bereitwilligkeit, Andern mit seinen Kenntnissen zu dienen, konnte wohl nie gezweifelt werden, und häufig boten sich ihm auch Gelegenheiten dazu an. Vielfältig wurde er von Seelsorgern, besonders über Eherechtsfälle theils mündlich, theils schriftlich zu Rathe gezogen. Am meisten wurde er aber von Ehestands -Candidaten, die sich mit einem Ehehinderniß behaftet wußten oder glaubten, consultirt, und um Verfassung von Dispensgesuchen angegangen, die größtentheils den gewünschten Zweck erreichten, und ihm — wie er sich selbst ausdrückte—immer mehr Kunden zuzogen, besonders, da es verlautete, daß er für seine Bemühung dabei keine Belohnung fordere. Angehenden Schriftstellern, besonders den Candidaten der Doctorswürde, hat Doliner durch Revision und Verbesserung ihrer literarischen Versuche stets mit großer Bereitwilligkeit Beistand geleistet und sie zu dergleichen Unternehmungen ermuntert. Wenn man Dolliner's eigenes literarisches Wirken betrachtet, so läßt es sich wohl kaum verkennen, daß ihn ein besonderer Hang zur Erforschung des noch Unbekannten auf seiner schriftstellerischen Laufbahn leitete und auf die Beschaffenheit seiner Geistesproducte Einfluß nahm. Nie bequemte er sich gerne zur Verfassung von Büchern für die Schule, so weit es dabei nur darauf ankam, aus mehreren Büchern ein neues zu machen. Er that es nur dann, wenn er dem Andringen nicht wohl ausweichen konnte; zuletzt lehnte er dergleichen Arbeiten ganz ab, z. B. eine Aufforderung, Kaufmann's „Anfangsgründe des Röm. Rechts" zum Behufe der Vorlesungen auf den italienischen Universitäten Oesterreichs in's Lateinische zu übertragen. Doch rührt die lateinische Uebersetzung der Anhänge zum Strafgesetzbuche von ihm her. — Aus dieser eigenthümlichen Geistesrichtung des wackeren Gelehrten, und wohl auch aus dem Bewußtsein seiner höheren intellectuellen Kraft ist es erklärbar, warum seine meisten Schriften und Aufsätze Gegenstände und Fragen betreffen, welche entweder noch gar nicht bearbeitet, oder nicht gehörig beleuchtet waren, oder in Ansehung welcher er einer andern Meinung seyn zu müssen glaubte, als welche von den Schriftstellern behauptet wurde, die vor ihm über'den nämlichen Gegenstand oder über dieselben Fragen geschrieben hatten. Nie haben ihn selbstsüchtige oder eigennützige Absichten, sondern bloß der innere Trieb, nach Kräften zur Erweiterung des Gebietes der Wissenschaften und zur Beförderung des allgemeinen Wohles das ©einige beizutragen, zu schriftstellerischen Arbeiten bewogen. Von vielen, mitunter gerade seinen ausgezeichnetsten und gemeinnützigsten Werken bezog er nur sehr geringe pecuniäre Vortheile; wozu wohl auch der Umstand beitrug, daß es nicht in seinem Charakter lag, seine Ansprüche aus literarischen Arbeiten mit Nach- seine Rechte durch richterliche Hilfe durchsetzte, wovon ihn häufig Rücksichten abhielten, die seinem Herzen zur größten Ehre gereichen. Diese Uneigennützigkeit Dolliner's . äußerte sich auch sonst in seinem öffentlichen Wirken, so wie außer demselben. In dem ersteren verzichtete er zu wiederholten Malen auf Bezüge, die ihm systemmäßig gebührt hätten, und erklärte, wenn man diese Handlungsweise ungewöhnlich fand, sich dahin: er könne dieser Gelder entbehren, falls er sie aber begehrte, müsse der Staat sie von Andern erheben, von denen Vielen der auf sie fallende, obgleich geringe Antheilsbetrag vielleicht weit schwerer fallen würde, als ihm die Entbehrung der ganzen Summe. Für seine langen Supplirungen erkrankter Professoren an der Universität hat er nie eine Remuneration angesucht, noch erhalten. — Nach gleichen Marimen handelte er auch im Privatleben. Für die häufigen, in den Angelegenheiten der verschiedensten Personen ausgestellten Gutachten, ihnen ertheilten Rathschläge, und für sie verfaßten Ehedispens-Gesuche begehrte er weder etwas, noch nahm er die ihm angebotenen Remunerationen an. Nur von einem einzigen sehr vermöglichen Manne ließ er sich für ein Gutachten eine Belohnung gefallen. Noch herrlicher zeigte sich das Gemüth des Verblichenen in zahlreichen Handlungen der Wohlthätigkeit, zu denen er sich alsobald hingezogen fühlte, als esseine äußeren Umstände ihm erlaubten. Bereitwillig erließ er armen, oder gering bemittelten Studierenden die gesetzliche Tare für die bei ihm abgelegten Privatprüfungen; so gab er auch manchem Candidaten der juridischen Doctorswürde die Tare für die strengen Prüfungen wieder zurück. Andere Studierende aus verschiedenen Fächern, besonders aus seinem Geburtslande, unterstützte er mit Wohnung, Kost und Geld während des Laufes ihrer Studien, und manche Verwandte selbst so lange, bis sie zu einem genügenden Diensteinkommen gelangten. Andere Verwandte bedachte er noch bei seinen Lebzeiten, je nachdem sie ihm näher oder entfernter standen, mit beträchtlichen oder geringeren Gaben. Als der Ruf seiner Wohlthätigkeit sich immer weiter verbreitete, wurde er so häufig und von so vielen ihm ganz fremden Personen um Vorschüsse und Aushilfen angegangen, daß er endlick, wollte er sich der Mittel, die ihm näher Stehenden zu unterstützen, nicht berauben, oder sich selbst Verlegenheiten aussetzen, genöthiget war, Manche geradezu abzuweisen. Seinen Dienstboten, von denen sechs aus seinem Dienste weggeheirathet haben, ließ er theils durch ansehnliche Geschenke, theils durch Darleihen wichtige Unterstützungen zu ihrem künftigen Fortkommen angedeihen. — Manche Geldvorschüsse wurden ihm nicht zurückbezahlt, allein der großmüthige Gläubiger klagte nicht, wenn er auch genügend bewegende Schuldverschreibungen in den Händen hatte. Ein von ihm seit dreißig Jahren geführtes Vormerkbuch gibt die zahlreichsten Belege für seine wohlthätigen Gesinnungen. Zeigte sich Dolliner in allen bisher gewürdigten Beziehungen von dem echt christlichen Geiste der Selbstverläug-nung und thätigen Nächstenliebe beseelt, so äußerte sich bei jeder vorkommenden Veranlassung auch seine tiefgegründete Religiosität, und zwar immer frei von aller Uebertreibung und Gleißnerei. Sein unerschütterlicher Glaube an die heiligen Wahrheiten des Christenthums, welcher bei einem starken Geiste und einem reinen Gemüthe durch die genaueste Bekanntschaft mit den heiligen Schriften und der göttlichen Lehre der Kirche nur noch mehr befestiget werden mußte, sprach stch durchaus in ungeheuchelter Frömmigkeit aus und führte nothwendig zu einer Veredlung des Herzens, die stch bei jeder wichtigen Gelegenheit kund gab. — So viel vermögen wir zu erschließen aus dem Aeußeren des Menschen auf sein Inneres; denn Einer ist es nur, der Herzen und Nieren prüft, und nur sein Urtheil ist unfehlbar. Dolliner's häusliches Leben war sehr einfach, ganz seinen Studien und gelehrten Beschäftigungen gewidmet. Nur in Folge dieser Lebensweise und seiner Abneigung gegen jeden entbehrlichen Aufwand war es möglich, daß er bei den beträchtlichen Ausgaben, zu welchen ihn sein Wohlthätigkeitssinn veranlaßte, seinem Erben ein, für seine Verhältnisse beträchtliches Vermögen zurücklassen sonnte.-— Verheirathet war Dolliner niemals; theils fühlte er keinen starken Trieb zum ehelichen Leben, theils hinderten ihn in früheren Jahren seine beschränkten Vermögensumstände; er war zu bedächtlich, als daß er sich hätte entschließen können, bei einem Einkommen von 2, 5 und 800 ft. eine Familie zu gründen. „Nachdem er aber," erzählt er selbst, „endlich mit einer Besoldung von 2000 st. zur Universität gekommen war, glaubte er schon zu alt zu seyn, um Kinder, die ihm aus einer erst einzugehenden Ehe geboren werden könnten, noch erziehen und versorgen zu können. Auch fürchtete er immer, durch eine Frau, die er doch spazieren, in Gesellschaft, in's Theater und auf Bälle hätte führen müssen, an seinen literarischen Beschäftigungen gehindert zu werden, oder gar, wenn er ihr nicht recht zu Gefallen leben würde, eine Lantlppe an den Hals zu bekommen." Viel soll auch dazu der Umstand beigetragen haben, daß ein alter Freund, der in Folge seiner ämtlichen Stellung die Verhältnisse der verschiedensten Familien kennen lernen konnte, und selbst ehelos lebte, ihm vor einer ehelichen Verbindung sehr bange machte, indem er zu wiederholten Malen versicherte, daß er bei seiner langen und großen Geschäftserfahrung nur wenige glückliche Ehen gefunden habe. Endlich mochte auch andauernde Kränklichkeit in ihm die Besorgniß erweckt haben, daß sie in der Ehe sich noch verschlimmern könnte. Dolliner's Vorliebe für gelehrte Beschäftigung war so ausschließend, daß sich neben ihr der Geschmack für die Leistungen der Künste und die Empfänglichkeit für viele der gewöhnlichen Vergnügungen des Lebens nicht entwickeln konnte. Er besuchte durch vierzig Jahre kein Theater, war in seinem Leben aus keinem Balle, keinem Tanzsaale; die Freuden des Tanzes waren ihm fremd. Wenn man ihn darüber aufzog, pflegte er -aus Cieero's „Oratio pro rege Dejotaro“ den Satz anzufühlen : Nemo fere saltat sobrius, nisi forte insanit, den er sich schon in seiner Jugend, als er did Hnmanitäts-Classen studierte, gemerkt hatte. (Schluß folgt.) VERZEICHNISS der vom historischen Vereine für Krain erworbene»» Gegenstände. (Fortsetzung.) Nr. 22. Von dem löbl. Vorstande der Geschichts- und Alterthumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg: Mittheilungen dieser Gesellschaft. Dritter Band. III. Heft. Altenburg, 1851. 8. Nr. 23. Von der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen: a) Nachrichten von der Georg-August's-Universität und der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Vom Jahre 1851. Nr. 1 — 19. Göttingen. 8. b) Abdruck der bei der ersten Säcularfeier der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen am 29. Novemb. 1851 gehaltenen zwei Vorträge. Göttingen, 1852. 4. Nr. 24. Von der kaiserl. Academie der Wissenschaften in Wien: Sitzungsberichte der kaiserlichen Academie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Classe. Jahrgang 1851. VII. Band. 2. Heft. Mit 7 lithographirten Tafeln. Ausgegeben am 15. October 1851. 8. Nr. 25. Von derselben: a) Notizenblatt. Beilage zum Archive für Kunde österreichischer Geschichtsguellen. Herausgegeben von der historischen Commission der kaiserlichen Academie der Wissenschaften in Wien. Nr. 19, 20, 21, 22, 23 und 24 de 1851, nebst dem Inhalte des Notizenblattes de 1851, dann Nr. 1 und 2 de 1852. 8. b) Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen. Herausgegeben von der zur Pflege vaterländischer Geschichte ausgestellten Commission der kaiserlichen Academie der Wissenschaften. Jahrgang 1851. VII. Band. 1. und 2. Heft. Ausgegeben am 15. December 1851. 8. c) Sitzungsberichte der kaiserlichen Academie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Classe. Jahrgang 1851. VII. Band. 3. Heft. Ausgegeben am 24. Jänner 1852. 4. und 5. Heft. Ausgegeben am 28. Februar 1852. 8. (Fortsetzung folgt.) Berichtigung. Am Schlüsse des int vorigen Hefte für den Monat Februar erschienenen „Reiseberichtes des Hrn. Joseph Chmel" wurde irriger Weise gesetzt: „Fortsetzung folgt," während dieser Bericht hiermit geschlossen ist. Druck von Jgn. v. Kleinmayr 5? Fedor Bamberg in Laibach'.