Besondere Beilage zur Laibacher Zeitung Nr. 57 vom II. Mai 1848. Offenes Sendschreiben au Herrn 2l Grafen v Auersperg (^lnastasins Grün). ss,. ^ ^'" ^6l eben die augenscheinlichste Gefahr für Oesterreich, und für uns Oestcrrei- "'r vollgültige Grund, diesen Volkstag nicht zu beschicken. pttcn ^'klart jenes Volk, welches den Volkstag beschickt, nicht thatsächlich, daß es die Com-i>n ^ ^' constituirenden Volksversammlung in Frankfurt über seine künftige politische Stellung Hz^ulschen Staate und über das Maß seiner politischen Selbststänoigkeit anerkennt; daß dieser blag Beschlüsse fassen könne, welche für jedes dort vertretene Volk verbindlich sind? heit ^ unterliegt keinem Zweifel, daß beim Volkstage die Beschlüsse nach der Siimmenmchr- vcrden gefaßt werden. Unter den UW Volksvertretern, welche man in Frankfurt erwartet, werden, wenn alle österr. Provinzen auch die volle Zahl ihrer Volksvertreter absenden, nicht mchl als tW Oesterreichcr seyn. Oesterreich kann demnach mit einer Majorität von 22»» Stimme" überstimmt werden, und kann so in das Schlepptau der außerösterreichischen Volkörepräsentantt" in Frankfurt kommen. Diese Mehrheit kann durch ihre Beschlüsse die politische Unabhängigkeit des österreichischen Kaiserstaates sehr schmälern, ja bis auf Null reduziren; sie kann das Recht an sich reißen, uns Gesetze zu geben, uns zu besteuern, über unsere Truppen zu verfügen, uns mit den' Einmärsche der Soldaten anderer Länder zu erfreuen und uns deren Verpflegung und Besoldung aufzubürden^ sie kann auf solche Art unseren erlauchten Kaiser zu einem Negierungs-(5ommissäl des deutschen Parlaments, unsern Reichstag zu einem Provinzial-Landtage herabwürdigen. Nach der heut zu Tage allgemein gangbaren Theorie der Volkssouveranität müßte unstl Kaiser und unser österreichische Reichstag, als Repräsentant nur einer Fraction des deutschen Vol' k.s, vor den Beschlüssen des ihm übergeordneten deutschen Parlamentes, als Repräsentanten dcl' ganzen deutschen Nation, verstummen, und zur Vermeidung der Execution durch die Bundesttup' pen sich mit der Vollziehung derselben beeilen. Ist es dem zufolge nicht möglich, das; Oesterreich wider seinen, durch !W Deputirle laut erklärten Willen verpflichtet werden kann, alles zu thu^, was ihm zum Abbrüche gereichen, den andern Ländern des deutschen Reiches aber vortheilhast seyn kann? Es ist im deutschen Vorparlamente die Stimme laut geworden, Oesterreich solle Galizi" von seinem Staatskörper ablösen, um, einer unausführbaren deutschen Idee zu lieb, ein pol^ sches Reich zu stiften. Die von der Verzweiflung dictirte Adresse an das deutsche Volk ei""' pflichtvergessenen, eidbrüchigen Faction in der Lombardie, welche die Rechte des rechtmäßig^. Monarchen und das wohlverstandene Interesse des italienischen Volkes, gegenwärtig offenbar wN' wegcn einer Eitelkeit, frevelhaft mit Füßen tritt, ist von vielen deutschen Patrioten in Franks"^ mit Beifall begrüßt worden; und diese Herren wären großmüthig genug, auf Kosten Ocstcr«M)s alle Malcontenten Europa's zufrieden zu stellen, ohne auf die Mehrzahl der Bewohner jen^ Länder, vor der die Zahl der Unzufriedenen verschwindet, irgend Rücksicht zu nehmen und ^ bedenken, daß diese Mehrzahl gegen die Umtriebe der Faction Schutz ihres Eigenthums und rup^ gen Erwerbes von der Regierung erwartet und zu fordern berechtiget ist. Lassen diese laut gew^ dmen Gelüste der deutschen Patrioten nicht mit Grund besorgen, daß man in Frankfurt ey^ stenS mit Stimmenmehrheit beschließen werde, Oesterreich müßte sein Galizien und das lomb. ^' Königreich aufgeben? Ist die Integrität Oesterreichs durch die Machtvollkommenheit des deutsch Parlaments nicht gefährdet? — Kann es ferner nicht geschehen, und ist es nicht sogar w^ scheinlich, daß die Frankfurter Regierung, zum Verderben der, noch immer eines Schutzes g^ Deutschland bedürftigen Industrie und des Handels Oesterreichs durch ihre StimmemnelM, unser Vaterland ehestens dem deutschen Zollverein einverleibe und dadurch unser heimathlich Trieft zum Wohle Hamburgs aufopfere? Wird Oesterreich, wenn es in Deutschland auf-, "^ besser gesagt, untergeyt, nicht von Frankfurt aus verurtheilt werden, am Rhein Festungen^ zubauen, sie mit seinen wackern Truppen zu besetzen imd die Rheingränze gegen Frankreich ^ vertheidigen, während es jeder mit seinem Vaterlande ehrlich meinende Mensch wünschen '" , daß unser Geld, wenn schon eines zu diesem Zwecke da ist, zum Baue von Festungen a" ^ russisch-polnischen Gränze und zur Herstellung einer zureichenden österreichischen Marine vcr»ve> werde? Diese Fragen über die möglichen Nachtheile, die dem österreichischen Kaiserstaatc aus s"'^ Aufgehen in Deutschland erwachsen können, lassen sich ins Unendliche vervielfältigen, und cs 1 ^ sich bei ruhiger Erwägung aller Umstände das Resultat heraus, daß Oesterreich durch ft'" H gehen in Deutschland an Macht und politischer Bedeutung nur verliert, und daß sich keM/ ^ noch so geringer wahrhafter Vortheil denken laßt, dessen Oesterreich, ohne dieses Aufg^ von Deutschland her nicht auch theilhaftig werden könnte. Wozu soll also das Kaiserthum Oesterreich auch nur theilweise in Deutschland aufgehen ""d zu einem Kreise desselben werden? . Sie, Herr Graf, finden in Deutschland und nur dort Sicherstellung für unsere Humanist und Freiheit; wir haben die politische Freiheit in Oesterreich ohne Beihilfe Deutschlands be-5 errungen, wir werden sie auch mit eigenem Wort und Schwert zu vertheidigen wissen, und nter ihrem Schilde wollen wir die Humanität unter uns immer mehr zu entfalten streben, in ^ festen Ueberzeugung, daß zu diesem Ende ein Aufgehen Oestcrrreichs in Deutschland nicht .^ nicht nothwendig, sondern sogar ganz zweckwidrig wäre, weil ein Volk (von Einzelnen ist ?^' nicht die Nedc) nur in der Atmosphäre seiner Nationalität Blüthen echter Humanität treiben s. !^, Wir aber die Ueberzeugung nicht gewinnen können, daß unsere Nationalität, selbst wenn ) dle constituircndo Volksversammlung in Frankfurt a. M. herbei läßt, die Garantie derselben ber Rcichsconstitution auszusprechcn, für alle künftige Zeiten gesichert sey. l Eine Garantie, die heute durch Stimmenmehrheit rcchtsvcrbindlich ausgesprochen wird, ^ nach cincm Iayre, wenn man sie unbequem findet, abermals durch eine Stimmenmehrheit Igchobm werden; denn auch Grundgesetze können abgeändert werden. Was schützt uns dann ge-f!? ^'"n solchen, unserer Nationalität verderblichen Beschluß? Würden da die germanisirungssüch- M Deutschen, die schon seit Jahren von der Ansiedlung deutscher Colonien, von der Ausdeh-^9 ihm Sprache und ihrer Herrschaft bis an das schwarze Meer Philosophiren, nicht wie ein Ne?^ ^^' "ns Slaven stehen, mit ihrer überwiegenden Majorität (die wir am österreichischen das "^ "^ Zu befürchten haben) unserer 'Nationalität den Stab brechen und uns nöthigen, 6 zu seyl^ was wir nach der Erfahrung mehrerer Jahrhunderte wider Willen werden müßten, . Wlich ein Zwittergeschlecht, weder recht deutsch noch slavisch, ein Gegenstand des Spottes für "l Slaven und Deutschen. ^ Alle bis nun angeführten Nachtheile sind freilich nur Möglichkeiten; aber wir wollen auch ^, woraus möglicher Weise ein Nachtheil enstchen kann, um so mehr vermieden wissen, als ^ nicht begreifen können, welchen Nachtheil wir zu besorgen haben, wenn wir gegen das Auf-Men Oesterreichs in Deutschland, ja sogar wenn wir wegen der nachtheiligen Folgen, die daraus ^ unser großes und mächtiges Oesterreich entstehen können, schon gegen die Wahlen der nach "^nkfurt abzusendenden Deputirten feierlichst protestiren? yt. Dieser Protest muß aber erhoben werden, wenn noch die Zeit dazu da ist. Diese ist aber ^^ar versäumt, wenn man das Parlament zu Frankfurt bereits beschickt hat. Durch Beschickung ^ Parlaments hat man dessen Kompetenz anerkannt, sich dessen Beschlüssen unterworfen; und ge-kaw ^lrch Stimmenmehrheit gefaßten Beschlüsse eines als competent anerkannten Parlaments losen?^ '"^ Rcchtswirkung nicht mehr protestiren, und die Protocollirung eines solchen frucht- "'vtcstes hätte keinen practischen Werth. ! M," .Gegen die möglichen Uebergriffe des deutschen Parlaments in die politische Macht und Un-la >^g.keit unseres Kaiserstaates muß man, wenn es Ernst damit ist, vor Beschickung desselben, lea^!^"Ulß g/gen diese selbst protestiren. Man muß sich in einen Kampf, wo der Gegner über-! Kanu - ^'"" er ohne Nachtheil vermieden werden kann, nicht einlassen. Wer sich in keinen lassen ^lä'stt, der kann nicht besiegt werden. Wenn wir uns aber in den ungleichen Kampf ein-fl'clw'!,-^"" werden wir kein Recht haben, uns über die Niederlage zu beklagen, der wir uns ""I ausgesetzt haben. Hum z>^^' wollen treu an das Kaiserthum, treu an das unserm Herzen so liebwerthe Erzherzog-^lai ^'neich halten; allein wenn das letztere einen Schritt thut, welcher nach unserer Ueber-Nn ,^ ^"" Abbrüche des erstern ausschlagen kann, und unserm abmahnenden Zurufe nicht fol-Iie^,,^3,.so sey uns wenigstens vergönnt, nicht einen verderblichen Weg mit zu betreten. Wo l" diesem Benehmen die Widersprüche, deren Sie, Herr Graf, uns zeihen? Wahr ist es, daß alle Volker des Kaiserthums Oesterreich, ohne Unterschied der Nationalltat, seit Jahrhunderten treu aneinander hielten, und mit glänzender Tapferkeit gegen den Er^ feind und gegen die Franzosen fochten; nicht minder wahr, als traurig ist es aber auch, daß " ihren Herd auch gegen jene deutschen Volksstämme vertheidigen mußten, in deren Bund aufg^ nommen zu werden wir uns jetzt, nach der Meinung einiger Deutschthü'mler, nicht schleunig 9> nug bewerben können. Die österreichischen Völkerstämme haben Deutschland und das übrige Europa vor dem E^ dringen der Tataren und der Türken beschuht; diese edlen Stämme haben den treulosen deutsche Bundesgenossen, die uns vereint mit dem Despoten Napoleon tiefe Wunden schlugen, ohn ihnen die Treulosigkeit nachzutragen, in der entscheidenden Stunde die Bruderhand gereicht, "" sie durch ihr Schwert von der entehrenden Fremdherrschaft befreit. Zählen Sie, Herr Graf, die Opfer und Heldenthaten auf, durch welche die außer-ö'st^ rcichischen deutschen Stämme zur Vergrößerung oder auch nur zum Schutze Oesterreichs c"' scheidend beigetragen hätten? — Sie sind im Unrecht zu behaupten, daß unsere Trennung von Deutschland auch eine I^ nung von Oesterreich ware. In Oesterreich wollen wir aufgehen, Oesterreich soll ein Bundesstaa seyn, aber unser herrliches Oesterreich soll nicht zu einem Kreise von Deutschland herabsinken. Sind wir Slovenen auch, wegen der bisherigen, unserer Nationalitat widrigen Behang lung außer Stand gesetzt worden, uns schon in dem gegenwärtigen Augenblicke eine selbststä'nb'3 flovenisch - nationale Verwaltung zu gcbcn, so haben wir wenigstens den festen Willen, uns daz ungesäumt vorzubereiten und in den Stand zu setzen, und wir glauben dieses im Bunde mit dc seit Jahrhunderten zu uns haltenden österreichischen Volksstämmen und mit ihrer Beihilfe so vou^ ständig, als es die Erhaltung unserer Nationalität erfordert, und zwar dann am gewissesten s erreichen, wenn das deutsche Parlament über unsere österreichischen Angelegenheiten kein Wörtchc zu reden haben wird; denn dann und nur dann halten wir unsere Nationalitat für fortan gcsi")"/ Sie, Herr Graf, scheinen die Nüssen zu fürchten, so wie die wackern Deutschen, welche !"/ auf Kosten unseres Kaiserreiches, gerne ein Königreich Polen aufbauen möchten, um, nach ihr" unseligen Wahne und nach den verschmitzten Versicherungen des kampflustigen polnischen Adel, eine Vormauer gegen Rußland, die sie schußsicher machte, in der That aber, um statt Eine Feindes zwei zu haben. Wir Slovenen dürfen uns vor den Russen nicht fürchten; im V^' mit allen unsern österreichischen Brudervölkern glauben wir, so wie mit den Tataren, dann ^ den Türken und zuletzt mit den Franzosen, so auch mit den Russen, ohne Deutschland den Sw"' mit ßhrc bestehen zu können, und sollte ihre Beihilfe nöthig werden, so kann man sich ihl.< mit voller Aufrechthaltung der Selbststandigkeit Oesterreichs durch ein Schutz- und Trutzbünd^ versichern. — Sie irren sehr, Herr Graf, wenn sie meinen, wir wollen uns von Deutschl" trennen, um uns Rußland zu nähern. Unsere Tendenz ist ein großes, durchaus unabhängiges " mächtiges Kaiserthum Oesterreich, und steht dieses so da, dann sind wir überzeugt, daß D"lt! / land und Rußland gerne mit uns in Frieden und Freundschaft leben werden. Wien am 30. April 1848.