M *998292-9;L [i 1E1 i i LlrMDMs ^iMMMrNMÄMNMMMMNcrWM^\ m 30 ^j^cctcpocccicXX c(C€C(x occccccffiXicccc^ :h , " ” .. * m lern der MM Deutscher OlauöenBote. Herausgegeben von der Gesellschaft der „Söhne des hlst. Herzens Jesib' Erscheint monatlich 32 Seiten flarst. — Preis gaiijjäsjt'iß 3 K = 3 Mk. — 4 Frcs. £Tr. 4. April 1901. IV. Icchrg. J ti half: ^cßensBisbcr deutscher Wisstonärc: ?. Moriz Thouian (Schluss)................................ Ans unserer MW»»: Der religiöse Glaube der heiduischeu Schwarzen im Sudan...................................... Gewerbe und Industrie im Sudan................ Vorn Missiousschisfe Redeiuptvr — Gründung einer neuen Niederlassung........................ Die Zwergvölker Afrikas....................... hegende des Morgenlandes: Der heil. Marcus, Evangelist................................. Aegypten als Winlercnrorl..................... Seife Seite 118 122 110 111 I Ans dem Missionsleben:............................ Vorn Herzen Jesu erhört. Bekehrung einer Negerin. Taufe und Tod der beiden Schwestern Saida und Hamida (Maria und Josefine). Vermischte Nachrichten:........................... Der Sudanesen Reichthum. Koptische Taufe. Eine schwarze Jagdgesellschaft. Chinesisches Wurstfest. Chinesische Hochzeit. Wie die Neger telegraphieren. Der Kautschuk. Conservieren der Eier bei großer.Hitze. Marieu-Z'erein für Afrika........................128 113 i Abbildungen: ... : Unsere Erlösung. — Nilthalansicht. — Der hl. Marens, Evangelist. — Ein Obelisk. — Kameele. B ************ ,, „ , „ „ , „ , ,t ,t „ h ,, ^ n ;i ti - •' " 'žari WM : X' collegium escortiert. Der dritte Stock des CoGgiums, wohin olle Jesuiten zusammengesperrt waren, war schon voll. Alle zusammen zählten 130; mir sieben waren die lctztHr Ankömmlinge und mussten, da in keinem Ziinmer mehr Platz war, auf den Gängen des Collegiums unser Lager aufschlagen. Im ziveitcn Stocke waren einige Franciscaner, welche die geistlichen Functionen in der Kirche verrichten mussten, außerdem einige Officiere und königliche Beamte. Im ersten Stocke ivar die Militärwache. Wir hatten 311111 Messclcscn eine Hauskapelle, worin drei Altäre waren, die, ivic leicht einzusehen, für soviele Priester nicht ausreichten, tilings um dag Collegium war ein Cordon von heidnischen Asiaten gezogen, die in königlichem Solde standen. Diese raubten uns wieder durch ihr beständiges Rufen: Wachet ivohl! den nothwendigen Schlaf. Als alles zur Abreise bereit war, baten wir inständig, man /-£ mš 'Lüs-' ünsekr Erlösung »lochte uns noch erlauben, beim Grabe des hl. Franz tarier unsere Andacht zu verrichten. Aber cs ward unS verweigert. Dann wurden uuS die Kleider, und was wir sonst nöthig hatten, gegeben. Keiner aber durfte in seinen Koffer oder Reisesack etwas einpacken, wenn nicht ein königlicher Minister und ein Officier, die zuvor alles genau durchsuchten, zugegen waren. Am 21. December wurden wir in der Nacht unter- strenger Militärbewachung in etlichen zwanzig Booten auf das schon reisefertige Schiff gebracht. 127 an der Zahl — denn drei waren bereits im Collegium gestorben — wurden wir in der Kammer und auf der linken Seite deS Ganges bis zum großen Blastbaume auf dem Schiffe mit Sack und Pack, wie Häringe übereinander geworfen. Selbst dem Capitän gieug unser Elend zu Herzen, und er ließ dem Biee-könig sagen, cS wäre ihm nicht möglich, auf diese Art die Jesuiten lebendig nach Portugal zu bringen. Aber da half nichts, und wir mussten wirklich in einer so elenden Lage absegeln. Der Capitän hatte »och dazu vom Bice-könig den strengsten Befehl, auf der ganzen Reise nirgends zu landen, während sonst alle portugiesischen Schiffe, die von Goa nach Portugal reisen, auf dem Wege wenigstens einmal landen, um frische Lebensmittel zu nehmen und ein wenig auszuruhen. Zwei Tage und zwei Rächte konnten wir aus Mangel an Raum nicht schlafen; 100 Lebensbilder deutscher Missionäre. beim wir konnten nur stehen ober aufeinanbersitzen. Und doch durfte man nicht klagen. Nach und nach wurde unser Gepäck in den zweiten und dritten Stock hinabgetragen; wir hatten also größeren Raum. Jeder suchte alsdann einen Winkel oder ein Plätzchen zu seiner Wohnung. Ich hatte durch besondern Fleiß das Glück, unter eine Kanone zu kommen. Aber auch da fehlten mir noch zwei Spannen Raum, um meine Glieder ausdehnen zu können. Es war wirklich ein trauriger Anblick. Alte, eisgraue, angesehene, gelehrte, heiligmäßige Männer sah man da aus einer Truhe, dort unter oder über einer Kanone oder auf dem Boden liegen und herumkriechen. Wo man hinsah, begegnete einem nichts als Elend und das größte Elend. Auch diejenigen, die gefährlich krank waren, konnten weder eine gute Arznei, noch eine Labung haben, und diejenigen, die mit dem Tode rangen, hatten sozusagen kaum ein Plätzchen, wo sie ihren Geist aufgeben konnten. Wegen der großen Hitze und Feuchtigkeit sind unsere Lebensmittel verdorben. In einem Zwieback zählte man vier Arten Würmer oder Jnseeten. Das Wasser war gelb, stinkend und ebenfalls voll Würmchen. Man musste e3 durch ein Tuch seihen, um es trinken zu können, und auch da musste man sich die Nase zuhalten. Aber auch dieses so schlechte Wasser wurde nur sparsam gegeben, so dass es nicht hinreichte das verbrannte seorbutische Blut zu erfrischen. Ueberdies wurden wir, wie leicht begreiflich, voll Ungeziefer, das uns Tag und Nacht sehr quälte. Endlich erkrankten viele nicht bloß von den Jesuiten, sondern auch von den Schiffsleuten an Seorbut. Dreiundzwanzig Jesuiten erlagen auf der Reise und fanden auf dem Meeresgrunde ihr Grab. Sie waren aber gewiss glücklicher als wir; denn sie entgiengen dadurch all den Leiden, die uns vorbehalten waren. Rach einer ununterbrochenen Seereise von fünf Monaten sahen wir endlich am 20. Mai 1761 Portugal wieder. Wer hätte nicht geglaubt, dass wir den gewöhnlichsten Gesetzen der Billigkeit gemäß, nach so großem Elende, das wir ertragen, nach Todesgefahren, endlich begnadigt oder wenigstens ins Ausland verwiesen würden! Doch wir haben es erfahren, dass unser bisheriges Elend nur ein Schatten von dem war, was wir nun erdulden mussten. Das arme Jesuitenkleid musste in finsteren, feuchten und abscheulichen Kerkern verfaulen. Am 21. Mai in der Frühe erquickten wir uns ein wenig mit Lebensniitteln, die uns vom Lande gebracht wurden. Dieses that uns so wohl, aber wir hatten den Bissen noch im Munde, als schon ein königlicher Minister kam, um die mehr beschuldigten Jesuiten von den anderen abzusondern. Ich wurde immer unter die ersteren gezählt. Meine Hauptverbrechen waren: ein Jesuit, ein Missionär unter den Negern und ein Ausländer gewesen zu sein. — Nachdem die Absonderung geschehen war, wurden wir mehr Beschuldigte, 24 an der Zahl, den 24. Mai 1761 in zwei großen Booten von be-waffneten Soldaten in die von Lissabon drei Stunden entlegene Festung detz hl. Julian gebracht. Wer würde wohl imstande sein, all das Elend, das wir sechzehn lange Jahre in diesen Löchern ertragen mussten, genau zu beschreiben? — Wir faßen da ohne Tageslicht und ohne Luft; denn die Kerker hatten bloß in der Höhe der Wand eine Oeffnung als Fenster, die vier Finger hoch und vier Spangen breit war. Die Thüren waren mit zwei Schlössern und einem festen eisernen Riegel verschlossen. Die beständige Feuchtigkeit, besonders beim Regenwetter, machte, dass alles faulte. Der Commandant sagte auch: „Alles verfault in diesen Kerkern, nur die gefangenen Patres wollen nicht verfaulen." Aber er wünschte unser Verfaulen doch nicht; denn er wusste uns durch Recht und Unrecht so zu beizen, dass er nicht nur seine Schulden zahlen, sondern auch Luxus treiben und prächtig leben konnte. Manchmal waren die Gänge vor den Kerkern und die Kerker selbst so voll Regenwasser, das hereingeronnen war, dass die Leute, die zu unserer Verpflegung bestellt waren, Bretter legen mussten, um zu uns zu kommen. Ich war anfangs mit noch einem Pater in einem so kleinen und engen Kerker, dass wir kaum ein Plätzchen fanden, wo wir sicher vor dem eindringenden Wasser unser Brevier hätten beten können. — Wir sahen außer den Kerkerwärtern keinen Menschen, durften also auch mit niemanden reden. Einen Brief zu schreiben, würde den Kopf gekostet haben. Der Wille des Königs war, dass wir im Essen, Trinken und Kleidung wie in unseren Collegien behandelt werden sollten. Er ließ auch für jeden Jesuiten täglich fünfzehn Groschen, zwölf für Essen und Trinken und drei für Kleidung, Tabak und andere Kleinigkeiten richtig auszahlen. Wäre dieses Geld in unsere Hände gekommen, so hätten mir anständig leben können. So aber lebten wir sehr elend. Auf Befehl des Commandanten gaben uns die Handwerksleute der Festung die Kost; die spickten aber ihren Beutel und uns gaben sie wenig. Anfangs war das Wenige noch so zubereitet, dass man es essen konnte, aber nach und nach fehlte es immer mehr an der Zubereitung. Jeder bekam seine Portion besonders. Mittags brachte man uns immer die nämliche Suppe, nämlich Fleischbrühe oder mit dem rechten Namen genannt: warmes, gesalzenes Wasser, worin Brot aufgedümpft war. Um dieses zu essen, Lebensbilder deutscher Missionäre. 101 erhielt man keinen Söffet; man sagte, es fei viel appetitlicher, mit den Fingern zn essen. Znr Suppe kamen einige Löffel voll Reis und ans diesem vier höchstens fünf Unzen gesalzenes Rindfleisch, ein Stück Brot und soviel wie ei» Seite! Wein. Zum Nachtessen schickten sie einige Schnitten Brot und ans demselben einige Stückchen vom übrig gebliebenen Rindstcisch, das beim Anblick schon Eckel erregte und noch viel mehr beim Essen. Manchmal bekamen wir statt dieses ein Stückchen sehr versalzenen oder stinkenden Fisch, oder gekochte Kräuter, oder Salat mit einem Ei, manchmal auch rohe Eier" jedesmal aber das Stück Brot und ein Seite! Wein dazu. > Unser ganzes Unglück war der Minister Marquis von Pombal, von dem sich der König von Portugal am Gängelband führen ließ. Der König glaubte, Pombal c5 zu verdanken, dass er noch seine Krone trage. Der König wie der Minister lebten in beständiger Furcht, gestürzt zu werden. Alles erregte ihren Argwohn; alles war Staatsverbrechen. Dian zählte damals in Portugal mehr als 9500 Staatsgefangene. Die Kerker und Festungen reichten nicht mehr aus. Auch die unterirdischen Gebäude der Minister und Beamten wurden zu Gefängnissen umgeschaffen. Den hohen Adel traf dieses traurige Schicksal am meisten. Ja man sagte sogar, dass der Minister Pombal bei dem Könige beantragt habe, den ganzen alten Adel auszurotten und einen neue» zu errichte». Sogar die Bischöfe waren nicht ausgenommen, von denen sogar zwei im Kerker starben. Der Bischof von Coimbra musste wegen eines Hirten-schrcibens volle zwölf Jahre im abscheulichsten Kerker schmachten. Auch Damen, und zwar vom ersten Range, Geistliche, Mönche, sogar Nonnen mussten im Kerker sitzen; viele endeten darin ihr Leben. Wir Jesuiten sahen ans dem allem wohl ein, ivie wenig Hoffnung wir auf unsere Befreiung hätten. Wir waren uns aber unserer Unschuld bewusst, und die achtzehn Jahre hindurch wurde nie einer wegen eines Verbrechens znr Siebe gestellt, woraus man den sichern Schluss ziehen kann, dass auch unsere Feinde unsere Unschuld einsahen. Im Bewusstsein unserer Unschuld lebten wir bei allen Drangsalen dennoch so vergnügt und guten Muthes, dass die Leute der Festung sich sehr darüber wunderten. Am 9. September des Jahres 1773, als ich bereits 14 Jahre in Haft mich befand, kam der Commandant der Festung mit einem Schreiber und Auditor zu uns herab. Alle Kerker wurden geöffnet, und alle Jesuiten in einen großen Gang zusammenberufcn. Da gab nun der Auditor als königlicher Cmn-missär dem Schreiber das Breve Clemens XIV., womit dieser Papst die Gesellschaft Jesu aufgehoben hat. Der Schreiber las uns sowohl diesen für uns so schrecklichen Machtspruch des Va-ticans, als auch eine Erklärung des Königs vor, durch welche uns bedeutet wurde, dass wir trotz dcr vollständigen Aushebung des Ordens noch ferner in dem Kerker zu bleiben hätten. Nach diesem Donner-schlage, der uns alle sehr hart getroffen hatte, wurde uns das Jesuitenkleid, das schon alt und halb zerrissen war, ausgezogen und jeder wurde halb gekleidet in den Kerker zurückgeschickt. Wir waren lange Zeit so untröstlich, dass uns Essen und Trinken nicht mehr schmeckte, und dass wir nicht mehr schlafen konnten. Der Commandant kam allerdings, um uns zn trösten. Als er uns aber untröstlich seufzen und weinen sah, stampfte er voll Zorn mit den Füßen und sagte, der König wolle durchaus nicht, dass man wegen Vertilgung der Gesellschaft Jesu weinen sollte. Deiner sollte ferner seufzen oder mit nassen Augen sich blicken lassen. In der That ein außerordent- „In diesem Zeichen wirst du siegen \“ 102 Aus unserer Mission. sicher Befehl, als wenn man eS dem Kinde ver- 1 bieten könnte, um feine verlorne geliebte Mutter zu weinen. Nachdem unser Orden aufgehoben war, verfuhr man weit härter mit uns, als zuvor. Alan beschimpfte uns, wo man konnte. Wenn wir uiaucli-mal unsere Roth dein Commandanten klagten, ein-brannte er in Zorn und überhäufte uns nur mit Schaub- und Spottreden. So blieb uns nichts übrig als zu leiden und zu schweigen. * * * Am '24. Februar 1777 starb der König von Portugal im 27. Fahre seiner Regierung und dein 63. seines Alters. Wir konnten nun sicher eine baldige Erlösung hoffen, umsomehr als mir auch vernahmen, dass der König in seinem Testamente unter anderem verordnet habe, dass alle Staatsgefangenen, die sich noch auf einige Tausend beliesen, freizulassen seien. Am 20. März kam ein Minister vom Hofe geschickt, der uns die Freiheit verkündigte. Aber eine sehr harte Bedingung wurde hinzugefügt. Keiner durfte nämlich den Kerker verlassen, bis er nachweisen konnte, dass er außer demselben sein Unterkommen habe. Und dies konnten selbst viele Portugiesen lange Zeit nicht bekommen; denn die Königin gab anfangs nur das Reisegeld, damit jeder in seinen Geburtsort reisen konnte. Erst nach einigen Jahren, wie ich gehört habe, warf sie den Exjesuiten eine Pension aus. Die täglichen 15 Groschen liefen aber fort, solange man in dem Kerker bleiben musste. Unsere Freiheit bestand also anfangs bloß darin, dass die Thüren der Kerker Tag und Nacht offen waren, dass mir ungehindert waren, die Leute in der Festung zu besuchen, in und außer derselben spazieren zu gehen; zur Nachtzeit mussten wir aber immer wieder zurück in unseren Kerkern sein. Mit Esse», Trinken und Bett blieb alles beim Alten. In der größten Verlegenheit waren die Ausländer: zwölf Deutsche, sechs Italiener, zwei Engländer und besonders ich. Denn da ich niemals einer europäischen Provinz, sondern mir als Missionär der goanischen zugetheilt war, so wusste ich lange nicht, wohin ich mich wenden sollte und ob ich in meinem Vaterlande ein standesmäßiges Unterkommen finden würde. — Indessen kam der Gesandte vom Wiener Hofe, Herr Adam von Lebzeltern, auf Befehl der Kaiserin Maria Theresia in die Festung und ließ, ohne sich zu erkennen zu geben, alle deutschen Exjesuiten zusammenrufen, und fragte jeden tun Name, Vaterland u. s. w. Endlich sagte er uns, wir sollten unser Anliegen dem kaiserlichen Gesandten schriftlich vortragen. Das thaten wir auch, und kurz darauf war ich schon mit noch 11 anderen Exjesuiten, 6 Deutschen und 5 Italienern unter Segel. Am 3. September traf ich mit noch drei Mitbrüdern in Wien ein und schon am 11. September wurden wir zur Audienz zugelassen. Die Kaiserin wünschte uns Glück zu unserer Befreiung von einer so langen und harten Gefangenschaft, tröstete uns wie eine inildreiche Mutter und sprach über verschiedene Dinge eine halbe Stunde lang. Sie stellte es jedem frei, seinen Wohnsitz zu nehmen, wo er wollte, und als ich die Stadt Bozen erwählte, bewilligte sie mir es. Sie gab uns die Versicherung, dass unsere Pensionen schon ausgeworfen seien. So kam ich bald darauf als vor der Zeit gebrochener Greis nach der lieben Stadt Bozen, wo ich vor 33 Jahren als blühender Jüngling die Philosophie studiert hatte. l'.Moriz Thoinaun starb zu Bozen im Jahre 1790 — Aus unserer Mission. Der religiöse Glaube der heidnischen schwarzen im sudan. Von P. Ja ver titeyer, F. S. C. ufere Kenntnisse über den religiösen Glauben der heidnischen Stämme unseres Vieariates sind sehr beschränkt. Es gibt dort ausgedehnte Länderstrecken mit einer zahlreichen Bevölkerung, bis zu denen noch kein Europäer gedrungen ist. Diejenigen Bahnbrecher aber, die in einige dieser Gegenden gelangen, beschäftigen sich sehr wenig mit diesen Dingen, die doch sehr wichtig sind. Einzig von den Völkern, unter denen unsere Missionäre wohnen, wie die Dinka, die Bari, die Nuba, haben wir etwas vollständigere Nachrichten bezüglich dessen, was ihre Gedanken und ihren Glauben betrifft. Aus dem, was wir bis jetzt won ihnen wissen, erhellt, dass diese armen Heiden int allgemeinen ziemlich Aus unserer Mission. 103 gleichgiltig sind bei allem, was bnS Uebernatürliche berührt. Ihr Glaube beschränkt sich auf einige geringe Kenntnisse, die verivorren und dunkel sind. Wie groß aber Verwirrung und Irrthum in Sachen der Religion — verursacht durch das Vergessen Gottes, durch sittlichen Verfall und Aberglauben — seien, so entdecken wir dennoch überall einige Erkenntnis, einigen Glauben, die an die ewige Wahrheit vom Dasein Gottes, unseres Schöpfers und Erhalters und unter unentwickelten Formen auch an andere Grundwahrheiten, wie die Unsterblichkeit der Seele, Lohn und Strafe nach dem Tode u. s. f. erinnern. Das sind die Ucberbleibsel der Erbschaft des von seinem Vater Noah verfluchten Geschlechtes Cham, die cs mit sich gcnonnnen hat, als cs nach Afrika hinüberwanderte und welche die mündliche Ueberlieferung gerettet hat aus dem Schiffbrnch, den seine Nachkommen der Ur-Rcligion bereiteten. Hier nun wollen wir von einigen Stämmen unserer Mission reden I diese sind noch nicht mit der Verderbtheit der Mohammedaner in Berührung gekommen und bilden daher vor allem den Gegenstand unserer Hoffnung. Allen bis jetzt bekannten Völkern und Stämmen unseres Vicariates ist der Gedanke eines Gottes oder höchsten Wesens gemeinsam und alle besitzen in ihrer Sprache einen eigenen Ausdruck dafür. Die Dinka nennen ihn D end id, die Bari Ngun, die Nner Njeledid, die Bongo Loma, die Niam-Niam Mboli, die Monbuttu Nor, die Banda Boto-collo. Einige Völker, deren Grenzen die der muselmännischen Araber berühren, haben das Wort Allah angenommen, um das höchste Wesen zu bezeichnen. So verehren die 9iit6ct Allah neben dem großen Geiste Okuru. Mit der Bezeichnung: höchstes unsichtbares Wesen erkennen sie ausdrücklich die Göttlichkeit an, über welche hinaus nichts mehr ist. Das Wort Ngun der Bari bedeutet großes Wesen, größer als alle andern, während Njeledid der Nucr heißt: der Höchste. D end id will bei den Dinka sagen: der große Kenner, Wisser oder der Allwissende von Den, der Kenner und Did, groß, Alles. Die Dinka und andere erkennen in Gott auch den Schöpfer aller Dinge. Sie sagen: Er schuf die Himmelsveste, Sonne, Mond und Sterne, Erde, Pfanzen, Thiere und den Menschen. Alles schreiben sie ihm zu, was ihnen unbegreiflich erscheint. Wenn man sie z. B. fragt, weshalb der Fluss hinab und nicht hinauf fließe, antworten sie: Weil Gott es so gemacht hat. Wenn man dann weiter fragt: wo befindet sich denn Gosti sagen die einen: er ist in seinem Hause, aber wo das sei, wissen sic »ichs; andere meinen, er bewohne weit fort von da ein Haus hoch oben in den Lüften: noch andere wollen wissen, dass Gott sich überall befinde, dass er alles wisse und sehe, aber dass der Mensch ihn nicht erblicken könne: die meisten fügen endlich hinzu, fast unwillkürlich: das Himmelsgewölbe oder die Wolken sind die Wohnung Gottes. Ganz besonders sehen sic in den Wolken, welche die Gipfel der höchsten Berge bedecken, Zeugen der Gegenwart der Gottheit. Die Dinka erzählen, dass in sehr alten Zeiten ihre Häuptlinge mit den guten Geistern redeten, dass sie im Hause Gottes blieben, und dass man damals mehr als jetzt von Gott und göttlichen Dingen wusste, jetzt allerdings wissen weder Häuptlinge noch andere viel von Gott und seinem Hause. Die Völker am weißen Flusse wie auch andere halten daran fest, dass Gott der Geber alles Guten sei, dass von ihm nur Gutes komme, Böses »nd Unglück kommen vom Teufel und den bösen Geistern. Da Gott einzig gut ist und nur Gutes von ihm kommen kann, so fürchten sie ihn nicht. Sic kümmern sich nicht um ihn und lassen ihn ruhig in seinem Hause. Nur einmal im Jahre wenden sich die Dinka mit einer Art Gebet an Gott, nämlich bei Gelegenheit der Ernte. Keiner aus der Familie, nicht einmal ein Kind darf von den neuen Früchten essen, bevor nicht der Vater und in seiner Abwesenheit die Mutter einen Theil davon tut Hofe ausgestreut und dabei mif die ganze Familie den Schutz Dendid's in folgenden Worten herabgerufen hat: „O Du, der Du uns und diese Früchte erschaffen hast, segne uns und diese Früchte." Außer dieser kennt man keine andere religiöse Handlung. Es scheint, dass nicht nur die Bari, die unwissendsten und gleichgiltigstcn unter jenen Völkern, sondern im Allgemeinen alle anderen Stämme, Gott keine Anbetung weihen, und eigentlich keine Religion haben. Die Feste und Gebräuche, die sie im März beim Beginn der Regenzeit, im September zur Zeit der Ernte, bei Hochzeiten, Begräbnissen u. s. w. vollziehen, sind nur bürgerliche oder Volksfeste und bestehen vor allem in lärmenden Ergötzlichkeiten, im Essen, Trinken, Tanzen. Die Gottheit hat nichts damit zu thun. Nur die Völker machen hiervon eine Ausnahme, die Gott nicht bloß das Glück und Gutes zuschreiben, sondern auch seine Strafen und seine Rache fürchten, das sind die Bongo, die Banda, die Baghirmi und einige andere. Das Wort Loma bedeutet bei den Bongo ebensowohl Glück als Unglück, welche beide von Gott kommen. Die Banda haben große Ehrfurcht vor dem mächtigen Botakollo, sie errichten ihm besondere Heiligthümer in ihren Hütten, erflehen von ihm Regen und Sieg über ihre Feinde, sie bringen ihm die neugeborenen Kinder und Hinzuge- 104 Aus unserer Mission. kommenen Sclaven zu, damit er sie segne. Die Bag-hirmi sehen den offenkundigen Beweis von dem Dasein Gottes in seiner schrecklichen Stimme, dem Donner. Diesem unsichtbaren, mächtigen Gotte, der in den Wolken herrscht und von dem man nur die chrfurchtgebietende Stimme hört, bringen sie, um ihn sich gnädig zu erhalten, die Beute des Krieges und der Jagd dar. Sic widmen ihm auch ein eigenes Heiligthum, einen Pfahl mit dem Blute der ihm zum Opfer gefallenen Thiere, welches untermischt worden mit landesüblichem Biere, das man ihm dargebracht hat. Merkwürdig ist noch, dass man außer Botocollo noch eine niedere weibliche Gottheit, Wamba mit Namen, verehrt, es ist dies ein überaus seltener Fall in Afrika. Da Gott, wie wir gesehen haben, für diese armen Heiden ein Gedankenwesen ist, über die Maßen von ihnen entfernt, hoch über ihnen stehend, unfasslich, unerreichbar und verschwommen in ihren Ideen, so begreift man ihr Bedürfnis, es näher, erreichbarer zu haben. Daraus folgt, das einige glauben, Gott nähere sich zur äquatorialen Regenzeit ihnen mehr und mache seine Gegenwart fühlbar durch jene fruchtbaren Gewässer und sie verehren den Nil als Zeugen der wohlthätigen Gottheit. Andere sehen im neuen Monde ein Lebenszeichen, das. der Unsichtbare den Menschen gibt; noch andere glauben, Gott erwähle sich zu bestimmten Zeiten riesenhafte Bäume zur Wohnung und bleibe auf diese Weise der Erde etwas näher. Im Lande der Fertit und der Banda begeben sich die Krieger, bevor sie in den Kampf gehen, zu bestimmten hundertjährigen Bäumen, in ihrem vollen Kriegsschmuck werfen sie sich dort iin dichten Schatten seiner Zweige zur Erde nieder und rufen mit ausgebreiteten Händen die Hilfe des Unsichtbaren und Unbekannten, wie sie ihn nennen, an. Sie glauben, dass der, von dem sie nur das Dasein kennen, in jenen dichten Zweigen gegenwärtig sei. Aehnlich machen es einige Stämme in Darfur. Wenn sich jemand vom Unglück verfolgt und von der Noth verzweiflungsvoll umringt sieht, verlässt er heimlich sein Dorf und begibt sich, um sich nicht von den zahlreich dort lebenden Muselmanen beobachtet zu sehen, in die Wälder, wo er sich dem Unsichtbaren, nach seiner Meinung in den Bäumen gegenwärtig, empstehlt. Obwohl ihn noch niemand gehört und gesehen hat, so ist dieses höchste Wesen, dieser Unbekannte und Unsichtbare dennoch da. Welch' beweglicher Anblick! Ach, wann wird die Zeit erscheinen, da die Missionäre auch diese Unglücklichen, die der Erleuchtung so sehr bedürfen, engegeneilen, um ihuen den unbekannten Gott zu verkünden, wie schon ©anet Paulus den Athenern that. Wann werden sich diese Schwarzen vor den Welterlöser niederwerfen und ihm ihre Arme entgegenstrecken? Oh, möchten sich doch bald jene weissagenden Worte erfüllen: Und ihm entgegen ziehen die Aethiopier — ei coram illo procident Aethiopes. Weit mehr als um Gott kümmern sich die heidnischen Sudanneger um die Geister. Einige, wie die Bongo, glauben, dass alle Geister bösen Geschlechtes sind, Dömonen, Teufel (bitobo); andere, wie die Bari und Dinka, unterscheiden zwischen bösen und guten; da sie von den letzteren nichts zu fürchten haben, lassen sie dieselben in Ruhe bei Gott in seinem Hause und geben mir acht auf die bösen, ajockan (Einzahl ajok) genannt von den Dinka, diyok von den Bari. Diese bösen Geister ober Teufel sind nach ihrer Meinung meist unsichtbar und hausen unter der Erde, doch vermögen sie sichtbar in Gestalt von Mensch oder Thier in die Erscheinung zu treten. Ihre Zahl ist ziemlich groß, sie sind stets geneigt zu verfolgen, zu ängstigen, zu schaden. Ihnen schreibt man jede Art Uebel zu, jedes Unglück, die Dürre, alle Krankheiten, ja selbst den Tod. Daher sind sie denn sehr gefürchtet und das ganze Leben dieser armen Leute verzehrt sich darin, ihnen zuvorzukommen, sic zu venneidcn, oder doch die verhängnisvollen Einflüsse der bösen Geister lahm zu legen. Bei allen Stämmen finden sich Leute, die da vorgeben, in Verbindung mit den Teufeln zu stehen, und Einfluss über sie zu haben, ihre geheimen Pläne zu durchschauen und ihnen zuvorkommen oder von ihren Machenschaften befreien zu können. Bei den Dinka nennt mau solche Menschen Tyit, bei den Bari Burme (Einzahl Bunit), Betoma bei den Bongo, bei den Nuba Gogiur. Sie sind die einflussreichsten und gefürchtetstcn Leute unter den Stämmen, und zu ihnen eilt der Aberglaube des. armen Volkes in allen Widerwärtigkeiten, in allem Unglück. Bei der Kürze, die wir uns vorgenommen haben, würde es zu weit führen, auf alle Einzelheiten ihrer betrügerischen Künste einzugehen, auf die Verhexungen und Zaubereien, deren sich diese Äerufskünstler bedienen. Es möge nur einiges Wenige hier genügen. Fühlt sich ein Dinka krank, ruft er den Tyit. Der kommt denn auch und fragt den Kranken, wo er Schmerz fühle, dann speit er ihn überall am Leibe an, besonders da, wo das Uebel sitzt, darauf nimmt er Erde auf in der Nähe des Kranken, wirft sie in die Luft und fuchtelt mit den Händen um sich wie ein Wüthender, tun die Teufel zu vertreiben. Darauf ergreift er ein Stück Holz, legt es in einen Krug, den er immer mit sich herumschleppt, er schüttet Wasser hinein und beginnt mit dem Teufel ein Zwiegespräch; indem er sich über den Krug beugt, Aus unserer Mission. 105 spricht der Tyil, hinein, doch sind die Worte, die er hervorbringt, nur ihm und dem Teufel verständlich. Das Echo und der hohle Ton, der aus dem Kruge kommt, enthalten die Amvort des Teufels, die nur der Zauberer versteht. Nach dieseni naht er sich dem Kranken, berührt ihn an verschiedenen Stellen, und siehe, im Verfolg dieser Behandlung erscheint im günstigen Augenblick ein Stück Holz oder ein Stein, hervorgegangen aus der kranken Stelle, und dieser Gegenstand war cs, der die Schmerzen verursachte. Der Tyil besprengt den Kranken und die sonst An-wcscnden mit Wasser aus dem Zanberkruae und erklärt den Kranken für geheilt. Dieser glaubt cs und — was vermag nicht der Glaube? Ist der Kranke aber in Lebensgefahr oder dem Tode nahe, dann gibt eS ein anderes Opfer. Der Tyil nimmt einen Ochsen, lässt ihn von den Verwandten des Kranken todten, entnimmt den noch warmen Inhalt der Gedärme und salbt damit den ganzen Leib des Kranken. Von diesem Opfer jedoch erhält der Teufel nichts, als was er verdient, nämlich den Geruch dieser vortrefflichen Salbe, denn das beste Stück des Fleisches erhält der Zauberdoctor, das übrige verzehrt die Familie. Hilft auch dieses Mittel nicht, so kann man nichts mehr thun und überlässt den Kranken seinem Schicksal. lSchlnss folgt.) Gewerbe uitö Industrie im Sudan. Bon P. A'avcr Kcyer, S. d. h. H. tie Völkerschaften des Sudan haben ihre Industrie, Gewerbe und Künste, welche das zum Hausbedarf, Ackerbau, Krieg und Schmuck Erforderliche prodncieren. Freilich liegen die verschiedenen Industrie- und Gewerbezmcigc thcilweise sehr in de» Anfängen und werden ans sehr primitive Art ausgeübt. Bei Schilderung der sudanesischen Gewcrbeverhältnisse unterscheide ich zwei Zonen: die mohammedanische und die heidnische. Zur ersteren gehören die nnbischcn Stämme, als: Barabra im Nilthale zwischen dem ersten und sechsten Katarakte, Bcdja zwischen dem Rothen Meere und bom Nile, die Mischvölker von Sennar und Kordvfan, ferner Darfnr und Waday. In den genannten Gebieten ist die Gewerbe thätigkeit am meisten im Westen entwickelt. Spin nerei, Weberei, Färberei und Gerberei haben ihr Centruin in den Tsadseeländern Bornu, Kanem und Logon, und von dort iverden sie nach Bagirmi, Waday und thcilweise auch nach Darfur verpflanzt. In Bornu wird viel Baumivolle gesponnen, welche Arbeit Sache der Frauen ist; den Männern hingegen obliegt das Weben und Nähen. Großartig und weit vorangeschrittcn sind die dortigen Färbereien. Der Kunstsinn der Eingeborenen zeigt sich in der oft reizenden Farbencombination, wie sie auch in ihren schönen Flcchtwerken zu Tage tritt. Je weiter wir nach Osten gehen, desto spärlicher und primitiver werden genannte Gewerbe. Die Färberei mit heimischen Farbestoffen, als Indigo und Fer-nainbuk, wird in Kordofan und im Nilthale nur mehr sporadisch angetroffen und verschwindet bei den nomadischen Bcdja gänzlich. Hier decken die Leute ihren Bednrf an Klcidungsstoffcn großentheils durch die Einfuhr aus Aegypten, Arabien und Indien. Im Lande werden aus Schafwolle, Bauwolle, Hanf und Hälfe Gewebe und Zeug verfertigt, welche zu verschiedenen Kleidungsstücken Verwendung finden. Aus Damur oder Seinen mit Baumwolle durchschossen wird die gewöhnliche Kleidung der Eingeborenen int mohammedanischen Sudan verfertigt, nämlich eine Art Schwimmhose, welche bei Reichen zu einer Pluderhose wird, und ein großes Lcndcn-tuch (Farda), das togaartig auch über die Schulter geschlungen und ebenso von Frauen getragen wird. Hier sei bemerkt, dass gewerbsmäßige Schneider selten sind und auch kaum ihr Auskommen finden würden, da jeder Eingeborene sein eigener Schneider ist. Hübsche Arbeiten liefert die Korbflechterei und was damit zusammenhängt. Aus Pflanzen und Gräsern, sowie Leder- und Bannnvollschnüren werden schöne Matten, Körbe, Gefäßdcckel, Stricke und auch Schiffstnuc geflochten. Kürbisschalen werden zu Schüsseln, Schöpfpfannen und Trinkgcfüßcn verarbeitet; schön und fein eingeschnittene Schnörkel und Verzierungen geben ihnen ein gefälliges Aussehe». Von Holzarbeiten sind zu nennen: die Schöpfräder (Sakie), mit deren Hilfe das Nilwasser auf die Höhe der Fluren befördert wird. DaS ganze Wasserrad sammt allem Zubehör, mit Ausnahme der Thonkrüge, ist aus Holz, und am ganzen, höchst abenteuerlichen Gerüste ist kein einziger Nagel zu entdecken, alles ist mit vegetabilischen Stricken zusammengebunden. Da die Räder nie cingeschmiert werden, bringen sie durch das unaufhörliche Knarren, Raunzen, Aechzcn und Klappern eine verzweifelte Musik hervor, welche für das ganze Nilthal mit seinen ungezählten Sakicn stereotyp geworden ist. Wer auf dem 3üsc reist, dem werden diese monotonen und aufregenden Töne unvergesslich bleiben. Weiterhin werden aus Holz gearbeitet die sogenannten 106 Ans unserer Mission. Angareb, d. h. Bettgestelle von etwa einem halben Meter Höhe, welche mit Pflanzenstoffen oder Riemen ans Ochsen- und Kameelhaut eingeflochten sind und im ganzen Sudan bei Armen und Reichen als Lagerstätte und oft auch als Divan dienen; ferner sehr primitive Kamecl- und Eselsättel, welche dann mit einem Schaffelle überdeckt werden. Dazu kommen allerlei Hausutensilien, als: kleine Stühle, Schüsseln, Präsentierteller, Stöcke, verschiedene Gcräthe, hölzerne Löffel und hier und da eine plumpe Truhe zu Aufbewahrung von wertvollen Habseligkeitcn. In den größeren Orten am Nil, so in Sennar, Mesalcmieh, Berber, Dongola, gibt cs nicht unbedeutende Schiffswerften , aus denen Boote aller Größen gebaut werden. Das Schiffsarsenal in Chartnm, das einst von der ägyptischen Regierung errichtet wurde und noch heute von den Mahdisten in Stand gehalten wird, kann hier wohl nicht in Betracht kommen, da cs nicht von Eingeborenen, sondern von Fremden geleitet und bedient wird. Für rohe Bauten liefern die Wälder Holz in Menge, so die herrlichen Waldungen von Tamarinden, Nil-Acazicn, Tamarisken, Weiden, Baobab, Sykomoren, Sterkulien, Fächer- und Delebpalmcn in Scnnar; für gewöhnliche Holzarbeiten reichen auch die Producte des Nilthales hin. Geradezu unermesslich in Ausdehnung und Mannigfaltigkeit sind die Holzbestände im südlichen Kordofan und Darfur. Für europäische Bauart und Möbel sind jedoch wenige brauchbare Holzarten vorhanden, und muss daher das nothwendige Bauholz aus Europa bezogen werden. Seiner Zeit wurden Bretter von Triest nach Khartum geliefert, wie noch jetzt in ganz Aegypten der Handel mit europäischem Bau- und Möbelholz ein sehr ausgedehnter ist. Viel wird in Leder gearbeitet. Gerbereien gibt cs vorzugsweise im westlichen Sudan, und von dort wie auch von auswärts wird das Leder überallhin verhandelt. Die Thierhäute bilden einen der hauptsächlichsten Ausfuhrartikel des Sudan. Aus Leder und Thierhäuten, besonders Kameelhaut, fertigt man Sandalen, aus Büffel- und Flusspfcrdhaut Schilde und Peitschen. Die Form der Schilde ist je nach den Stämmen verschieden, bald rund, bald oval, vier- und rechteckig, mit oder ohne Buckel. Die Nilpferdpeitsche (Korbatsch) ist als sehr schmerzendes Züchtigungsmittel allgemein gefürchtet, besonders bei Sclaven, welche damit leider oft grausam misshandelt werden. Schwert- und Mcsserscheiden, Gürtel und Schnüre, Amulettenbehälter werden in großer Anzahl und Mannigfaltigkeit und theilwcise zierlichen Formen aus Leder gefertigt, ebenso Trinkbecher und Wasserflaschen zum Gebrauch der Karawanen. Aus Bockshaut macht man Schläuche zur Aufbewahrung von Wasser, Milch, Kornbicr und Butter, welch' letztere nur in flüssigem Zustande vorkommt. In solchen Schläuchen (gerba) führen die Karawanen daS erforderliche Wasser für Thiere und Menschen mit. Die Töpferei liefert Thonarbeiten, bestehend in verschieden gestalteten großen und kleinen Gefäßen, so die großen Wasserbehälter (zir), in denen das Wasser aufbewahrt und filtriert wird, kleinere Behälter von rundlicher Gestalt (burma und gadiis), welche von vier bis zwölf Liter halten, poröse Wasserflaschen (gola), Schüsseln, Teller, Töpfe, Pfeifen u. s. w. Schmiedearbeiten aus Eisen: ausgezeichnete breite zweischneidige Schwerter, Lanzen, Messer, Sicheln, Harpunen, Ringe, Arm- und Fußspangen, Schellen, Ketten und Ackergcräthe. In Sennar und Darfur werden mitunter sehr hübsche Gold- und Silbcrarbcite», besonders zierliche Filigran-Arbeiten in Frauenschmuck, geliefert. Auch aus Kupfer und Elfenbein wird allerhand Schmuck und Zierrath verfertigt. Das Gold findet sich zumeist am Blauen Nile in der Gegend von Fazogl und Beni-Schangol, sowie am Berge Scheibun, südlich von den Nuba-Bergen, wo auch die Goldwäschen von Tira liegen. Kupfer findet sich in Darfur, und Elfenbein kommt ans dem Innern. Wir kommen nun zur zweiten Zone, jener der heidnischen und Naturvölker. Hier betrachten wir zunächst die Völkerschaften am Weißen Nil und jene, welche den ungeheuren Ländercomplcx zwischen diesem, dem Bahr-el-Arab, Uellc und Nepoko bewohnen. In diesen Gebieten finden wir theilwcise eine für die Verhältnisse des Landes hochentwickelte Industrie, welche bis vor kurzem frei van der Berührung mit europäischen Ideen und Impulsen geblieben ist. Bei den meisten dieser Völker ist ganz besonders die Schmiedekunst im Schwünge. Die Dinka und die Bari bringen mit den primitivsten Mitteln sehr annehmbare Eisenarbeiten zustande. Mit Hilfe eines ungemein armseligen Blasbalgcs und Steinen als Amboss und Hammer schmieden sie Lanzen, Pfeile, Messer, Beile, Sicheln, Spaten, Ackereisen, Fisch-angeln, Harpunen, welche Gegenstände recht kunstvoll genannt werden müssen und durchweg durch fein geschlissene Schärfe sich auszeichnen. Nicht minder schätzenswert sind ihre Ohr-, Arm- und Fußringe, Schellen, feinen und zarten Kettlein aus Eisen. Bei den Bari, deren Land sehr eisenhaltig ist, werde» Ackcreisen und Lanzen in gediegener Qualität fabricicrt. Die Ackereisen sind halbmondförmige, sichelartige Eisen-Instrumente, welche auf einer etwa zwei Meterlangen Stange angebracht werden und zum Ausroden Aus unserer Mission. 107 düs Wildgrases dienen; sie ersetzen den Bari den Pflug. Diese Ackereisen sowohl als Lanzen bilden Tanschobjccte und werden gegen Getreide umgetauscht. Aus Kupfer verfertigt man Arm- und Fußringe; die Fußringe werden, mehrere nebeneinander, von Männern getragen und täglich glänzend geputzt. Bei genannten Stämmen bilden die Schmiede eine Art Zunft und wandern mit ihrer Kunst von Ort zu Ort, wobei sie in Fricdenszeiten sogar bis nach Sennar kommen. Jedoch ist der Stand der Schmiede gleich jenem der Fischer verachtet, wahrscheinlich ivcil sie keinen Besitzstand an Kühen und Völker sind die Schmiede der Latukai Ihre Arbeiten, die weit nach Norden wandern, würden einen europäischen Schmied in Erstaunen setzen, wenn er die rohe Beschaffenheit ihrer Werkzeuge betrachtete. Dieselben bestehen in einer Zange, welche ein gespaltener Pflock aus grünem Holze darstellt, Amboss und Hammer, welche aus Steinen von verschiedener Größe bestehen. Originell nimmt sich der Blasebalg aus: ein großes, bauchiges, irdenes Gefäß, über dessen Oeffnung ein Bälg gespannt ist; dieser wird mittels einer befestigten Stange auf- und niebergeschoben, wodurch die Luft in einem am untern Rande des filitbaiiMsicbt. anderen Vieh ausweisen können. Nach den Begriffen dieser viehzüchtendcn Stäunne gelten die Viehbesitzer, und diese allein, als „große Herren", alle anderen Menschenkinder als arm und verachtungswürdig. Die Schmiede haben daher auch keinen Zutritt zu den öffentlichen Verhandlungen, dürfen auch nicht mitreden und mitberathen. In Kriegszeitcn sind sie vom Kampfe frei, damit sic Waffen liefern können. Sie werden auch als .sauberer verhasst und gefürchtet. Fast noch geschickter als jene der beiden genannten Gefäßes angebrachten Kanal ein- Und ausgezogen Mrd. Auch bei den Dschur, den westlichen Nachbarn der Dinka, ist die Eisen-Industrie uralt. DaS Roh-matcrial wird, um in, Handel einen Wert darzustellen, in die Form einer ziemlich langen Lanzenspitze oder eines Spatens gebracht und gilt soweit hin als gangbarste Münze. Sic verstehen auch das Eise» in primitiven Schmelzöfest aus reiner Thonerde zu schmelzen, welche nach der Zahl der betheiligten Arbeiter bis zu einem Dutzend sich bei- 108 Aus unserer Mission. einander befinden an Stellen, die von Strauchwerk umfriedet sind. Aus Eisen werden Perlen oder geschmiedete kleine Cylinderchen gefertigt, welche, auf Fäden gereiht, als sehr beliebter Schmuck dienen. Auch aus Messing, welches aus Kordofan eingeführt wird, macht man als Schmuck für die Männer schwere Ringe mit auf das sorgfältigste eingemeißelten feinen Zierrathen. Schließlich dürfen wir die Schmiede der Bongo nicht vergessen, welche ebenfalls mit einfachen Werkzeugen gute Fabricate liefern, nie: Waffen, besonders Schwerter, und Geräthe von vollendeter Güte, Armringe, Wurfeisen, Mörser und Stößel zum Maisreiben u. s. w. Sehr zierlich sind eiserne Instrumente nach Art von Zangen, deren sich die Frauen zum Ausrupfen der Augenwimpern und Augenbrauen bedienen. Ein eigener Schmuck für beide Geschlechter ist der Danga-Bar: eine Art von Braceletts, bestehend in einer Menge von Metallringen, die nebeneinander eng am Handgelenke anliegen, sodass sic cine Metallmanschette bilden. Die Frauen tragen an den Füßen eine Anzahl Metallringe, welche beim Gehen ein Geräusch wie von Kettengeklirr verursachen. Roher und plumper sind die Eifenproducte der den Bongo benachbarten und stammverwandten Mittu. Besondere Gegenstände der Mode sind plumpe, fingerdicke Metallringe, die zu drei und vier übereinander eng um den Hals geschmiedet werden; erst der Tod erlöst sie von diesen selbst auferlegten Fesseln. Hingegen sind die Njam-Njam und die Monbuttu wahre Meister der Schmiedekunst. Die Waffen, bestehend in Lanzen, Pfeilen, Dolchen, gekrümmten Säbel-messern, welche in ihrem Aeußern die Grausamkeit dieser Menschenfresser zur Schau tragen, werden alle im Lande geschmiedet. Feine eiserne Ketten, welche als Schmuck getragen werden, sind eine Specialität des Landes und so formvollendet und zierlich gearbeitet, dass sie mit unsern besten Ttahlketten concurrieren können. Sie arbeiten auch schön in Kupfer und Elfenbein. Ringe aus den beiden genannten Materialien sind überhaupt fast bei all den erwähnten Völkerstämmen ein beliebter Schmuckgegenstand. Elfenbein liefert besonders das Gebiet des Gazellenflusses in Ucberfluss. Kupfer findet sich in Darfur, im Lande der Banda und Fcrtit in Menge; besonders berühmt sind die Kupferminen von Hofrat-el-Rahas (Kupfergrube), etwa am 91 /2 0 n. Breite und 240 ö. L. von Greenwich; gegen das hier gewonnene Kupfer wird bei den südlichen Negerstämmen Elfenbein eingetauscht. Die westlich vom Weißen Nil gelegenen Berge enthalten vorzügliche Eisenerze, wie denn alle Negerarbeiten von dort die beste Eisenqualität aufweisen. Zeugfabrication ist den genannten Naturvölkern unbekannt. Kleidung aus Zeug oder Stoff ist uir-gends zu sehen. Die Dinka- und Bari-Männer betrachten überhaupt jede Kleidung als weibisch und ihrem Geschlechte zuwider. Gibt man ihnen Kleidung, so legen sie dieselbe nicht an, sondern tragen sic im Bündel bei sich oder machen sich daraus eine Art Schweif, den sie rückwärts herabhängen lassen. Schneider würden da unbedingt verhungern. Viel nothwendiger erscheint ihnen der Schmuck. Obwohl sie meist unbekleidet gehen, tragen sie, wenigstens die Reichen, Zierrathen und Ringe aus Eisen und Kupfer. Sonst wird aus Häuten und Rinden eine mangelhafte Kleidung fabriciert. Die Dinka-Weiber werfen um die Lenden zwei gegerbte Felle, die mit Schellen und Ringen aus Eisen und Kupfer verziert sind und beim Gange ein hörbares Geräusch verursachen. Die Nuer tragen fein gegerbte Kitz- und Pantherfelle. Die Berta haben ein Natioualcostüm aus gut gegerbtem Ziegen- oder Schafleder, das um die Hüften geschlungen und zwischen den Beinen hindurchgeführt wird. Die Bongo kleiden sich mit Lederschürzen aus gegerbtem Felle. Die Tracht der Njam-Njam besteht in Fellen und einem eigenartigen Rindenzeug, das um die Lenden geschlungen wird. Die Kleidung der Monbuttu bildet ein aus dem Rindenbast eines Feigenbaumes hergestellter Stoff, der in etwas dem Lindenbast ähnlich ist und in seinem Aussehen au ordinäres Wollenzcug erinnert. Durch einen Struck wird dieses Rindenstück um die Hüften herum befestigt und bedeckt in seltsamem Faltenwürfe den ganzen Körper von den Knien bis zur Brust. Felle sind nicht im Gebrauche, und die Frauen gehen völlig unbekleidet, bemalen jedoch den Körper mit einem schwarzen Safte. Nach dem bisher Gesagten ist ersichtlich, dass die Gerberei bei den meisten Stämmen bekannt ist. Die Holzschnitzerei ist neben der Schmiedekunst das bedeutendste Gewerbe. Hierin stehen obenan die Arbeiten der Njam-Njam und der Monbuttu. Erstere verfertigen aus weichem Holze Schemel und Bänke, große Schüsseln, Näpfe und zierliche Fußgestelle. Ihre hübschen Ruhebette, Flecht- und Schnitzwcrke aus dem Holze der üppig wuchernden Weinpalme würden auch in europäischen Salons nicht weniger ihren Platz finden können, als chinesischer und ja-panesischer Tand. Die Monbuttu verfertigen mit Hilfe eines einschneidigen Messers, dessen Form unsern Drechselapparaten ähnlich ist, Schüsseln, Schemel, Pauken, Schilder und Boote. Die Bongo schnitzen aus dem Holze des Göllbaumes Hausgerüthe, Keulen, Oclpresscn, Mulden, Schlegel zum Korndreschen, Holzmörscr und selbst plastische Darstellungen von Menschen, Thieren u. s. w. Die Dinka und die Bari Nus unserer Mission. 109 zimmern aus einem Stück Holz kleine niedliche Ccsselchen, welche sie des Tages überallhin mit sich tragen, um sich darauf zu setzen und des Nachts als Kopfkissen verwende». Aus Ebenholz schneiden sie gewaltige Streitkolbcn. Im Gebiete des Gazellenflicsscs liefern ausgedehnte Urwälder die verschiedensten Holz-gattungen, und die mächtigen Knüttel und Kolben, welche von dorther nach Chartum wanderten, waren Zeugen des Holzreichthums jener Gebiete. Die Korbflechterei wird zumeist von Frauen betrieben. Die Weiber der Dinka fabricicrcn ans Wcidcnziveigen und Schilf, sowie aus Stroh Matten, welche neben den Häuten als Lager dienen, Körbe, in welchen das Getreide und Samenkorn aufbewahrt und vor den gefräßigen Termiten geschützt wird. Die Bongo flechten aus Bambus, Schilf und Stroh Tragkörbe, Milch- und Getreidedeckel. Die Töpferei wird ebenfalls von den Frauen ausgeübt. Die Dinka und die Bari fertigen Töpfe und Krüge von verschiedener Größe und Form; ihre Frauen kochen alles.in selbstgemachten Geschirren. Sic formen sogar plastische Figuren, wie Köpfe von Ochsen und Schlangen; beide, erstere als Reprüsen-tantcn ihres Theuersten auf der Welt, nämlich des Rindviehes, letztere als Zeichen des Schreckens — sie sehen in der Schlange das Symbol des Teufels — werden als Schmuck im Innern der Hütte angebracht. Auch die Njam-Njam bilden aus Thon Wasser- und Trinkkrüge von tadelloser Regelmäßigkeit. Ein Haupt-produet der Töpferei sind die Tabakspfeifen. Bei de» meisten Stämmen ist das Rauchen für beide Geschlechter ein Bedürfnis. Die Dinka und die Bari rauchen in Ermangelung von Tabak sogar Kohlendampf. Sie bringen den Tabak in Form von Kuchen, damit- er ausgiebiger sei. Ihre gut angebrannten -Thonpfeifen sind sehr umfangreich. Die Schilluk rauchen ebenfalls aus Ricsenpfcifen und ziehen den Tabaksgualm durch eine Lage von wohlriechende», getrockneten Blumenblättern, wodurch er einen feinen, aromatischen Geruch erhält. Die Njam-Njam rauchen aus Thonpfeifen ohne Rohr. Schließlich wäre noch der verschiedenen Musikinstrumente Erwähnung zu thun, deren Fabrication für den musikalischen und industriellen Sinn der Neger Zeugnis ablegt. Obenan stehen wohl die Bongo. Selbstgefertigtc Flöten und Pfeifen, eine Art von Monochord, auf welchem eine Menge von Tonmodulationen erzeugt werden können, sind ihre gewöhnlichen Instrumente. Bei Festen kommen dazu Pauken, Rindergebrüll erzeugende Ricsenhörner, kleinere Hörner, welche stoßweise geblasen werden, Flaschenkürbisse, welche mit kleinen Steinchcn gefüllt und geschüttelt werden, Riesen - Fclltrommclu, welche mit wuchtigen Keulenschlügeu bearbeitet werden, Holz-posaunen, welche brüllende Töne von sich geben. All diese Justrunientc, unterstützt von Hunderten von Männer- und Frauenkehlen, geben ein wahres Höllcn-conccrt, dem jedoch das Gewaltige in der Wirkung nicht abzusprechen ist. Die Trommel der Dinka besteht aus einem ausgehöhlten Stück Baumstammes, au beiden Seiten mit Leder überspannt. Sie wird auf beiden Seiten zugleich geschlagen, und, da die eine Seite dicker ist, als die andere, so. hört man den Ton zweier Trommeln, einer großen und einer kleinen. Ans der Rückenschalc der Schildkröte wird ein Saiteninstrument gefertigt, dessen Klänge den Gesang begleiten. Die Mittu haben als beliebtestes Saiteninstrument eine Art Leier; längliche Flaschenkürbisse mit Löchern an den Seite» ersetzen ihnen die Blasinstrumente der Bongo. Bei den Njam-Njam ist eine Art Guitarre mit Resonanzboden sehr verbreitet. Dieses Volk hat auch professionelle Musiker und Säuger, welche in höchst abenteuerlichem Aufzuge, mit magischen Wurzeln, Kräutern und Hölzern und mit Symbolen der. höheren Zauberei, wie Schildkrötenknochen, Bogelkrallen, Klauen von Erdferkeln, Adlerschnäbeln, Schlaugenbälgcn, Thier-pelzen, Pfeifentopfen, Zähnen und anderem sonderbaren Zeuge über und über behängen auftreten, bis nach Nubien ziehen und ihre Erlebnisse in schwung-vollen Liedern erzählen. Wir machen die auffällige Wahrnehmung, dass die Neger im Auslande fast keinerlei Gewerbcthätigkeit entwickeln. Die vielen Tausende von Negern aller sudanesischen Stämme, welche unter den Muselmanen Aegyptens leben, fristen ihr kümmerliches Dasei» als Handlanger, Diener, Makler usw., unbedeutend .ist die Zahl derjenigen, welche sesshaft sich niederlassen und ein ständiges Handwerk oder Gewerbe betreiben. Es fehlt ihnen nicht die Anlage, sondern die Neigung dazu. Ferner haben wir beobachtet, dass, nachdem die arabischen Händler mit fremden Producten die Gebiete des Gazellenflusses betreten und mit zahlreichen Handclsstationen übersäet hatten, die eiu-heimische Industrie zu schwinden begann. Die mo-Winmedanische» Völker im Norde» und Osten Afrikas producicren immer weniger an eigenen Erzeugnissen der Kunst und des Gewerbefleißes, je nrehr dort die europäische Concurrenz vordringt; die europäische Industrie drängt sich mit Gewalt und unaufhaltsam auf und schließt den Wettbewerb der Mohammedaner aus. Den gleichen Einfluss üben wiederuin die Araber und Muselmanne» auf die Naturvölker im Innern aus, ihre Producte scheinen jede Regung des angeborenen Nachahrnnngstriebes der Neger zu ersticken. Je weiter der Islam und HO Aus unserer Mission. seine Aftercultur vordringen, um so geringer gestaltet sich die eigene ProductionSkrast der Neger; je mehr ein Ncgerstämm aus der Bahn der mohammedanischen Scheinbildung vorschreitct, um so größer wird seine Abhängigkeit in allen Bedürfnissen von dem arabischen Zwischenhandel, und um so mehr verschwindet die einheimische Regsamkeit und Gcwcrbethätigkeit. Bei den Naturvölkern im Innern, welche in Häuten und Rinden gekleidet sind, entdecken wir eine kindliche Vom Nlssionsschlffe „Aedemptor". — ,A?n der letzten Nummer brachten wir einen Bc-SvS: Acht des Hochwürdigsten Apostolischen Vicars über die Fahrt des „Redemptor" von Omderman bis in den Sobat-Fluss. Heute sind ivir in der Lage, unsere Leser über den weitern Verlauf des Un-ternehmens zu unterrichten. Einem uns aus Lull, Mudirie Faschoda, 26. Februar 1901 zugegangenen Berichte entnehmen wir folgende Einzelheiten. In Taufikieh, Sitz des englisch-ägyptischen Statthalters für die Mudirie Faschoda, blieben wir auch bis nach Neujahr und unterhielten unS mit den Regierungsbeamten aus das Freundlichste. Am 2. Januar dieses Jahres lichteten wir die Anker nach dem Sobat. Dieser Fluss kann eine mittlere Breite von ungefähr 100 Meter haben; seine hohen Ufer sind hie und da bewaldet, aber mcistcnthcils mit schönen Dörfern, zuerst der Schilluk, dann der Dinka übersäet; endlich in der Nähe von Nasser, letzte Regierungsstation und Endpunkt unserer Fahrt auf diesem Flusse, beginnen die hella der Nuer und Agnuak. Die Bevölkerung zeigte sich uns gegenüber immer freundlich und cmpfieng uns, wo wir landeten, mit festlichem Jubel; in einem Orte kommen die Eingebornen selbst herbei, um die Schiffsseile zu erhaschen und sie am User zu befestigen, in einem anderen Dorfe veranstalteten sie sogleich eine große „Fantasia" (Festspiel) mit Tanz. Natürlich lies; Monsignore all diese guten Empfänge nicht unbclohnt und vertheilte Glasperlen und Eisenstücke. Am 14. Januar hatten wir den Sobat verlassen und bogen in den Kiro ein, nahmen aber nur jene Strecke in Augenschein, die sich von Westen nach Osten zwischen dem See N o und dem weißen Flusse hinzieht. Während des ersten halben Tages erblickte man Dörfer an beiden Ufern, dann traten sie am rechten Ufer zurück und machten einem kleinen dichten Walde Platz, der manchmal ganz bis zum Flusse herantritt; hie und da hatte man den Ausblick nur in die weite Ferne frei, da die Ufer ganz dicht mit hohem Grase und Schilfrohr bedeckt waren. Am Freude an der Bildung und Fabrication von Gerathen und Kunsterzcugnisscn; die Araber und Mohammedaner hingegen befriedigen die Bedürfnisse ihres verfeinerten Lebens mit importierten Fabricate» und fühlen weder Bedürfnis noch Freude und Neigung zu selbstständigem Schaffen. Dies ist ein weiterer Grund, der gegen den Islam als eivilisierendeS Element in Afrika spricht. Gründung einer neuen Uiederlasiung. linken Ufer aber folgten sich Dörfer ans Dörfer, doch immer in einiger Entfernung vom Flusse. Das ist das Gebiet von Tonga, in das wir nun gekommen, und um 10 Uhr morgens am 15. Jan. landeten wir vor dem Dorfe des bedeutendsten Häuptlings, zu dem wir sofort die zwei Boten schickten, welche unS der Ret (König) der Schilluk mitgegeben hatte. Der ganze Tag und auch der folgende ver-gicng unter Unterhandlungen des Häuptlings mit uns und noch mehr mit seinen Leuten; endlich am Abend des 16. Jan. kam er mit großem Gefolge, mit uns zu benachrichtigen, dass alle zufrieden sind, wenn wir uns unter ihnen niederlassen und bat deshalb um die Fahne des Bischofs. Da wir aber nur eine einzige bei uns hatten (blau mit dem hlst. Herzen in der Mitte), das heißt jene, die über dem Dampfer flatterte, so half Monsignor dadurch ab, dass er ihm seinen fulard aus blauer Seide übergab. Dieser wurde dann an eine Lanze gebunden im Triumph in das Dorf zurückgetragen. Am Abend des 17. dann bei den ohrenbetäubenden Tönen der Noggara, bei Sang und Tanz von über 300 Kriegern, bekleidet von Leopardenfcllen um die Hüften und bewaffnet mit Lanzen und Stöcken, und zweihundert Mädchen, die ebenfalls ihren besten Schmuck von Glasperlen, Glöckchen und Eisendraht zur Schau trugen, wurde dann in unserer Gegenwart und der hervorragendsten Häuptlinge von Tonga diese Fahne öffentlich gehisst. Das Schauspiel jenes halbwilden aber prächtigen Tanzes werden wir nicht vergessen: schade, dass es nicht photographiert werden konnte, denn cs hätte herrliche Details gegeben. Am 18. Januar verließen wir Tonga in der Richtung nach Gondokoro; der Dampfer schleppte noch eine große mit Holz beladene Barke mit, denn auf ihm selbst, schon so mit Tauschwaren zur Genüge befrachtet, konnte das für die erste Strecke von 300 Meilen nothwendige Brennmaterial nicht mehr Platz finden. Leider ließ sich in jenen Tagen keine Spur von Wind merken und so war die große Barke ein Hindernis für den Dämpfer; infolge dieser langsamen Die Zwergvölker Afrikas. Ill Fahrt verloren wir viel an Geschwindigkeit und nach vier Tagen hatten wir nur 100 Meilen zurückgelegt. Bei der liella cs Nuer wollten wir diese schneckenpostartige Reise gründlich ändern und die große Barke zurücklassen, die entweder bei eintretendem Winde uns folgen oder sogleich zurückkehren sollte, damit wir desto schneller vorwärts kämen. Diese Rechnung hatten wir aber ohne den Wirt gemacht, d. h. ohne die Barkcnführer, denn diese, wahrscheinlich, weil es für sic als Araber inmitten der Schwarzen nicht recht geheuer schien, ividersehten sich solchem Vorhaben ganz energisch, und da wir Gewalt nicht anwenden mochten, so mussten wir uns entschließen, ivieder umzukehren. Am 25. Jan. waren wir von neuem in Tonga. Vor der definitiven Ansiedlung wollte Monsignor noch mit dem Bel verhandeln, weshalb wir am 27. gegen Faschoda segelten, wo wir am folgenden Tage ankamen. Zuerst schützte Bet Kur vor, er fürchte, dass nur in Tonga nicht hinreichend sicher wären, dann rückte er endlich mit der Wahrheit heraus und sagte, er würde cs als einen Schimpf ansehen, wenn ------v—jv --X * > wir uns weit von seiner Residenz ansiedeln würden. Um den Frieden nicht zu trüben, suchten wir einen Platz in der Nähe von Faschoda und waren auch so glücklich, einen solchen zu finden, ein Stunde südlicher von der Residenz des Bet. In Bezug auf gesundes Klima ist Lull mit der hell a Balanima besser als Tonga. Wir sind jetzt an der Arbeit, um vor Eintritt der Regenzeit die nothwendigen Hütten noch fertig zu bringen. Das Werk der Verbreitung unseres hl. Glaubens haben mir also unter den Schilluk, einem mächtigen Stamme heidnischer Neger, der gewiss nicht weniger als 3 Millionen Menschen umfasst, begonnen. Welch herrliche Ernte wäre bnS! Empfehlen sie uns daher den guten Seelen, dass sie uns unterstützen durch ihr Gebet und auch, was nicht zu vergessen ist, durch Almosen. Außer an unsere Bedürfnisse müssen wir auch noch daran denken, hie und da unsere Freunde zu beschenken. Während unserer Reise haben mir es wohl erfahren, dass freundliches Entgegenkommen und Geschenke die Herzen anziehen, aber vor allem freundliches Entgegenkommen. Die Zwergvölker Afrikas. SßNfic meisten Afrika-Reisenden, welche dem dunklen Erdthcile eine eingehende Aufmerksamkeit widmen, wissen von gar merkwürdigen Völkern, besser gesagt Völklcin zu erzählen, welche sich sowohl im Aeußcrn als auch in den Sitten und der LebenS-wcise von but übrigen Negerstämmen unterscheiden, cs sind die afrikanischen Zwergvölker. Man findet sie in de» Wäldern des Nordens und des Südens, mit Tanganika und tut den Ufern des Nils, wo sie ein unstätes, unabhängiges Leben führe». Zwergvölker ans dem Innern Afrikas waren schön den Alten bekannt. Schon Aristoteles sagt in seinem Werke über Aethiopicn, dass die Berichte über die Pygmäe» keine Fabeln seien; ihm stimmt Diodorus Siculus bei mit der Bemerkung, dass in vielen Theilen Afrikas zwerghaste Menschen gefunden werden. Du Ehailn entdeckte die Obongo tut Ogoweland im westlichen Afrika, Schweinfurth die kaum anderthalb Meter hohen Akka im Land der Manbottu, Miani die Ticki-Tickt unweit des Njansa-Sees; Stanley fand ähnliche Zwerge ant mittleren Congo, Farini das Zwergvolk M'kabba in der Nahe des Ngami-SccS. Allen diesen Völkern ist eine Kleinheit des Wuchses und eine von den Negern abstechende lichte Färbung der Haut eigen. Sie erscheinen als zersprengte Reste eines ehemaligen größeren Volkes, dessen compacteste Ucberreste vielleicht die Hottentotten und Buschmänner sind. Diese beiden Völkerstämmc hausen in der ivestlichcn Hälfte Südafrikas. Sic sind einander nahe verwandt, Theophil Hahn sagt, ivie die Geschwister einer Mutter nicht nur durch körperliche Merkmale, sondern auch durch manche sprachliche Eigenthümlichkeiten mit einander verbunden, durch welche sic sich von den übrigen Bewohnern Südafrikas scharf unterscheiden. Die Hottentotten waren zur Zeit der Entdeckung Viehzüchter, die Buschmänner Jägervölker. Der den beiden verschwisterten Völkern eigenthümliche Typus tritt bei den Buschmännern viel schärfer hervor; dieses erklärt sich aus dem Umstande, dass zwischen den Hottentotten und Kaffer» infolge der ähnlichen Lebensweise zahlreiche Verbindungen vorkamen. Wie 112 Die Zwergvölker Afrikas. weit die sprachliche Verwandtschaft dieser Völker sich erstreckt- ist noch nicht festgestellt. Eigcnthilmlich sind beiden Sprachen die als Eonsonanten dienenden Schnalzlaute; solche kommen zwar auch in anderen afrikanischen Sprachen vor, aber nirgends in so reichlichem Maße wie hier. Diese Laute werden durch das Anlegen der Zunge an die Zähne oder verschiedene Stellen des Gaumens und rasches Zurückschnellen hervorgebracht; sic erinnern lebhaft an daS Schnalzen unserer Fuhrleute, wenn sie ihre Pferde antreiben, und andererseits an unsere eigenen Laute beim Ausbruch plötzlichen Unmnthes. Die B u s ch m ä n n e r bewohnen die westlichen Striche Südafrikas, kommen in dichteren Masse» am mittleren Oranje-Fluss vor, ihr Hauptwohnsitz aber ist die Wüste Kalahari und das ganze wasserlose Gebiet, das sich zwischen Damaraland und Ngami-See bis hoch hinauf nach Norden hinzieht. Hier fühlt sich der Buschmann in seinem Elemente. Der Buschmann ist klein; Gustav Fritsch zog aus den Messungen von sechs erwachsenen Buschmännern das Mittel von 1.44 Meter. Tie Hautfarbe ist ledergelb oder lederbraun, die Haut stark gerunzelt, der Bart spärlich, die Lippen zwar sehr voll, aber nicht wulstig, die Augen geschlitzt, aber nicht schief gestellt. Der Körper ist schmutzig, die Frauen pflegen sich das Antlitz mit einer schwarzen Farbe zu beschmieren. Die Kleidung besteht in einem Stück Fell, das um die Hüften gebunden wird. Männer und Frauen tragen das Haar in kurzen Zöpfen geflochten. Ter Schmuck besteht aus einigen Messing-und Eisenringen, Ketten von dunklen Perlen, Federn, Zähnen, Klauen, Hörnern, Muscheln, die als Hals-und Armbänder verwendet werden. Obwohl die Buschmänner im allgemeinen als sehr hässlich dargestellt werden, so gibt es doch Beispiele, wo sie einen günstigen Eindruck machten. Obwohl die Buschmänner auf der niedrigsten Stufe der Gesittung stehen, so trifft man bei ihnen doch Züge, die zu den vornehmsten Eigenschaften des menschlichen Geistes gerechnet werden müssen. Es ist ein sehr edler Zug, dass der Buschmann die Ehe nur nach Herzensneigung schließt; unter Blutsverwandten ist die Ehe verboten; ihre Frauen zeichnen sich durch Sittlichkeit aus. Die Anhänglichkeit der Buschmänner an ihre Familie ist groß. Den Fremden nähern sich die Buschmänner vorsichtig und misstrauisch. Auch für die verlockendsten Geschenke verrathen sie nichts vom Zustande ihres Landes und ihrer Lebensweise, am wenigsten vom Wasser, wenn irgendwo in einer Felsspalte oder Schlucht etwas vorhanden sein sollte. Wo man aber mit ihnen in nähere Berührung gekommen und ihnen mit Liebe und Wohlwollen) begegnet, haben sie sich stets dankbar und dienstfertig criviescn. Mr wo sie unmenschlich roh behandelt und zu viehischen Lüsten missbraucht werden, kann cs uns nicht verwundern, wenn sie sich rächen und auch ihrerseits den weißen Mann nicht schonen. Der Buschmann ist geschickt, er ist fähig die unglaublichsten Anstrengungen zu ertragen. Dankbarkeit und Trene sind bei dem verachteten Bewohner der Wildnis leichter zu finden als bei dem stolz aus ihn herabsehenden Kaffer. Die fast ausschließliche Waffe des Buschmannes ist der Bogen und der Kirri lWurfkcule). Die Pfeilspitze ist bald aus Knochen, bald auS Eisen.gemacht und gewöhnlich vergiftet. Das Pfcilgift ivird aus dem Safte der Giftzwiebcl und den Giftbeuteln der Puffotter und der schwarzen Cobra bereitet und mit dem sein gemahlenen Pulver eines rothen Gesteins vermischt, um es damit dicker zu machen. Die Zubereitung wird aber streng geheimgehalten, und es werden zur Mitwisscnschaft nur die Familienhäupter gezogen. Das Giftmischcn findet nur einmal im Jahre statt und wird festlich mit Gesang und Tanz vorgenommen. Während die Masse in einem Tvpfe kocht, tanzen die Theilnehmer um denselben herum, bald wahnsinnig schreiend und gesticulierend, bald alle möglichen Stellungen einnehmend, um die Zuckungen an Gift verendender Thiere darzustellen. Diese Pantomimen werden nach Farini so gut durchgeführt, dass man die verschiedenen von den Tanzenden nachgeahmten Thiere erkennen kann. Selbst die eigenen Frauen dürfen bei diesen Gelegenheiten nicht zugegen sein; sie bleiben im Lager und bereiten für die Männer zur Stärkung nach der Arbeit das Honigbier. Dieses wird aus dem Safte der wilden Wassermelone zubereitet und mit Honig vermischt und hat sowohl im gekochten als gegorenen Zustande eine berauschende Wirkung. Außer der Jagd befassen sich einige Abtheilungen mit Ausgrabungen von Kupfererz. Andere wieder bereiten Salz auf den Salzpfannen in Form von Zuckerhüten und bringen cs zum Verkauf nach Ondonga, von wo es weiter zu den anderen Stämmen geht. Die Gegenstände, welche die Buschmänner für Kupfer und Salz eintauschen, sind Perlen, Pfeifen, Tabak, Kochtöpfe, Beile, Messer u. s. w. Die Buschmänner sind außerordentlich geschickte Steinschneider und Zeichner. Bisher war cs Gewohnheit, sagt der Afrikareisende Holub, den Buschmann als auf der niedrigsten Stufe stehend zu betrachten; diese Meinung werden wir bald aufgeben, wenn wir seine Arbeiten näher besichtigen. In ganz Südafrika hat kein Stamm eine so große Geschicklichkeit im Be; arbeiten der Steine auszuweisen als der Buschmann. Scgnihc des Morgenlandes. 113 Seine Geräthe verfertigt er ans Holz, Knochen und den Schale» des Straußeneies; seine Langweile verkürzt er mit Steinschneiden, worin er großen.Kunstsinn kundgibt und ivodnrch er sich Denkmäler errichtet hat, die alles überleben werden, was die benachbarten Hottentotten und Bantnstämme geschaffen haben. Seine Höhlen »nd Feksgallerien bedeckt er mit leicht und gewandt ausgeführten Zeichnungen, die oft nur ans nicht zusammenhängenden Linien bestehen, ander-ivärts aber wirkliche Gravierungen sind. — Auch musikalische Fähigkeiten besitzt der Buschmann. Er ist förmlich auf den Besitz einer Geige verpicht. Kann er eine solche nicht erhalten, so construirt er sich aus einem hohlen Kürbis ein Instrument mit zwei Saiten und entlockt selbst diesem primitiven Instrumente leidliche Weisen. Ein anderes Instrument sah Farini, csiie Art Pfeife aus Schilfrohr, die aber nur einen nach Größe deS Rohres wechselnden Ton gab. Wie viele andere wilde Völker, sind auch die Buschinänner bezüglich ihrer religiösen Ansichten sehr verschwiegen. Nur mit Mühe gelang es Campbell von Makum das Geständnis herauszulocken, die Buschinänner glaubten an einen männlichen und einen ivcib-lichen Gott, an einen guten und einen bösen Geist, und erst durch Arbousset und Danmas haben wir noch andere bedeutsame Aufschlüsse erhalten, "Nach diesen glauben sic qn einen »nsichtbareu Mann im Himmel, zu dem sie beten und ihm zu Ehren Tänze aufführen, ehe sie in den Krieg ziehen. Allgemein verbreitet ist der Gebrauch von Amuletten, um die Gewalt der bösen Geister zu brechen, oder Glück bei ihren Unternehmungen zu erhalten. Sie haben Zauberer, ivelchc Regen, Gewitter »nd Wind hervorbringen können. Allgemein ist die Sitte des Fiuger-abschneidcns; cs ist die« eine Art Todtcnopfer, denn Burchell erfuhr von einer alten Frau, dass sie ihre Finger abgeschnitten habe- um ihre tiefe Trauer über den Tod von drei Töchtern darzuthun. Auf einen Klauben an ein Jenseits weist die Bestattungswcise hin- denn sie pflegen ihren Todten die Gegenstände des täglichen Gebrauches, die Waffen, mitzugeben. Der zweite Stamm der Ppgmüen-Familie sind die Hottentotten, welche die westlichen Gebiete Südafrikas einnehmen. Vom Kap angefangen ziehen sie der westlichen Küste entlang durch das große Namaland bis in das Damaraland hinein. Ehedem bildeten sie ein zahlreiches Volk- heute bilden sie infolge der Bedrückung seitens der Weißen und der Kaffer» nur eine Völkerruine von 40 bis 50.000 Seelen. Der leibliche Typus des Hottentotten ist der des Buschmannes, nur dass die Merkmale, wie schon erwähnt, bei dem letzteren besser ausgeprägt sind. Er ist klein, obwohl durchschnittlich größer als der Buschmann- die Haut ist gerunzelt, wenn auch nicht in dem Maße wie bei jenem; die Farbe leder-gelb, das Auge geschlitzt, die Haare filzig, die Hände und Füße klein. Obwohl die Hottentotten ihren schwarzen Nachbarn, den Kaffer», an Muskelkraft nachstehen, so besitzen sie doch eine große Gelenkigkeit der Glieder, sind ausdauernde Läufer, gewandte Reiter, tüchtige Schützen und brauchbare Fuhrleute. Der Hottentotte besitzt ein großes Selbstgefühl; in seiner Sucht nach Freiheit kennt er keine Grenzen. Wer seiner Ehre zu nahe tritt oder sie zu beschränken droht, hat es auf lange hinaus mit ihm verdorben. Im allgemeinen sind die Hottentotten sehr reizbar, wozu der lange Kampf mit den schwarzen Nassen und die zweihundertjährige Unterdrückung seitens der Weißen nicht wenig beigetragen haben mag. Legende des Morgenlandes. jper Hl'. Mcrrcus, Evangelist. (24. April.) ; arcus war Jude von Geburt, der Sohn einer gewissen Maria, in deren Hause zu Jerusalem sich die Christen zu versammeln pflegten iApg. 12, 12). Das arabische Synaxar der koptischen Kirche berichtet, dass sein Vater Aristobnl geheißen habe, und dass der Evangelist in der Pentapolis geboren sei. Marcus war ein Vetter des hl. Barnabas (Col. 4, 10) und ist wahrscheinlich vom hl. Petrus am Pfingstfeste getauft und bekehrt worden, denn dieser nennt ihn (1. Petr. 5, 13) seinen Sohn. Die treffliche Rednergabe und sein Eifer für die Verherrlichung Jesu Christi bewogen den hl. Petrus, dass er ihn als Reisegefährten tin Jahre 42 mit nach Rom nahm. Dadurch ward ihm die Ehre zu theil, dass er dem Apostclfürstcu in der Hauptstadt der Welt die erste und berühmteste Christengemeinde 114 Legende des Morgenlandes. i Röm. 1. 8) stiften und so das heidnische Rom zur Hauptstadt der ganzen Christenheit vorbereiten half. Als Petrus im Jahre 49 wieder nach Antiochia zurückkehren musste, übertrug er die Obsorge über die Neubekehrten seinem geistlichen Sohne Marcus. Dieser verfasste nun auf Bitten der römischen Christen, ihnen das im Zusammenhange aufzuschreiben, was Petrus ihnen mündlich vorgetragen habe, sein Evangelium. Petrus prüfte nach seiner Rückkehr diese Schrift bestätigte sie als wahrheitsgetreu und befahl, dass sie in den Versammlungen der Gläubigen vorgelesen werde. Deshalb wird dieses Evangelium auch daS Evangelium Petri genannt. Tie Verdienste des Marcus um die Kirche in Italien bewogen de» hl. Petras, dass er ihn nach Afrika sandte. Er landete in Lybicn und durchzog bis nach Oberägypten alle Provinzen und Städte. Die Heiligkeit seines Lebens und der Glanz seiner Wunder weckte und befruchtete allenthalben die Sehnsucht nach der Erlösung. Das Hauptziel seiner Mission aber war Alexandria, dem Range nach die zweite, dem Handelsverkehre nach die erste Stadt der Welt. Als er in Alexandria ankam und bei dem Schuster Anian seine zerrissenen Sandalen flicken ließ, geschah es, dass dieser bei der Arbeit mit der Ahle sich den Finger durchstach und vor Schmerz aufseufzte: „Ach, einiger Gott!" Marcus, von diesem Ausruf angenehm überrascht — bestrich den verwundeten Finger mit seinem Speichel und sprach: „Im Namen Jesu soll Deine Hand gesund sein!" und sogleich war die Hand geheilt. Der Schuster dankt: „Ich beschwöre Dich, Du Mann Gottes, bleibe im Hause Deines Dieners und iss mit ihm sein Brot: denn Du hast mir heute Barmherzigkeit erwiesen." Marcus erwiderte gerührt: „Der Herr möge Dir dafür das Brot des Himmels geben und sein Segen soll bei Dir wohnen!" Anian: „Wer bist Du doch?" Marcus: „Ich bin ein Diener Jesu Christi, des Sohnes Gottes." Anian: „Diesen möchte ich gern sehen." Marcus: ich will Tie ihn zeigen;" und er stetig au, Jesus und seine göttliche Lehre zu verkünden. Anian und seine Familie glaubten und cmpsiengcn die hl. Taufe. Von wunderbarem Erfolge gesegnet war nun sein apostolisches Wirken. In kurzer Zeit machte die Zahl und Frömmigkeit der Christen großes Aus-fehen und die neidischen Götzenpriester suchten ihren Ingrimm im Blute des Heiligen zu kühlen. Dieser, über deren ruchlosen Plan durch Gott belehrt,- weihte den Anian zum Bischof, mehrere andere zu Priestern und Diaconen und zog in die Provinzen zurück, wo er zwei Jahre lang verweilte und die Ncubekehrtcn in dem christlichen Leben bekräftigte. Dann gicng er nach Rom und suchte den hl. Paulus auf, der im Kerker schmachtete, • kehrte dann wieder in die Mitte der cs der Wille des Der bl. marcus, Evangelist Seinigen zurück, bereit, wenn Herrn sein sollte, an ihrer Seite für Christum sein Leben zu lassen. Die junge Christengemeinde in Alexandria hatte sich indessen zu einer prächtigen Blüte entfaltet. Der Jude Philo, ein bekannter Ge-schichtsschrciber der damaligen Zeit, schreibt von jenen Christen: „Der blühende Zustand dieser Kirche glich einem blumenreichen Felde; wo früher eine Aegypten als WinterMort. 115 Wüste, btt war jetzt ein Paradies. ES waren nicht blos; Männer, welche ein ivahrhaft heiliges Leben führten, sondern auch schwache Frauen und Mädchen, abgelebte Greise und kleine Knaben, die mit ihren Tugenden weit über ihr Alter emporstiegen und eine Stärke zeigten, die nicht in ihrer Natur lag. Mit standhaftem Muthe bezwangen sie alle sinnlichen Reizungen und lebten Engeln gleich in solcher Reiu-hcit, als hätte ihnen die Natur kein gebrechliches Fleisch gegeben." Nur zu bald hatten die Götzenpriester von der Rückkehr des Marcus vernommen. Sie schworen diesem unerträglichen Zauberer — so nannten sie den Heiligen ob der Wunder, die er wirkte — den Tod. Sie bestellten Meuchler, die den hl. Marcus in seinem Versteck suchen und todten sollten. Es war gerade das hohe Osterfest und der Apostel feierte eben das hl. Messopfer, als ihn die Mörder aufspürten ; sie banden ihm einen Strick um den Hals und schleiften ihn durch die Stadt, dass sein Blut die Pflastersteine röthctc. Marcus aber freute sich dessen, er rief sogar zu wiederholten Malen aus: „Ich danke Dir, mein Herr, dass Du mich würstig befunden hasts für Dich zu leiden!" — Am Abend warfen die Henker den Halbtodten in den schuiutzig-sten Kerker und beriethen sich, welchen Todes sie ihn sterben lassen sollten. In der Wacht erschien ihm der Erlöser und tröstete ihn. Der treue Diener flehte: „9iimm auf, o Herr, meine Seele in Frieden und lass mich von Deiner Gnade nicht geschieden werden!" Jesus erwidertet „Der Friede sei mit dir, Marcus, mein Evangelist!" — Mit Anbruch des nächsten Tages stürmten die Heiden ins Gefängnis und schleiften ihn wieder über die steinigen Straßen dahin unter wüsten Schimpfreden und unter Misshandlungen, bis er seine Seele aufgab. Dies geschah am 25. April des Jahres 68. — Die Mörder wollten den Leichnam verbrennen, aber ein fürchterlicher Sturm mit Blitz und Donner und strömendem Regen jagte sic auseinander. Die Christen retteten ihn mit rührendster Ehrfurcht an den Ort ihrer religiösen Versammlungen. Im Jahre 915 wurden die theueren llcberreste nach Venedig übertragen. Die Republik wählte den Heiligen zu ihrem Landespatron und zu ihrem Wappenbilde den Löwen des hl. Marcus mit dem Evangelienbuche und der Umschrift: „Der Friede sei mit dir, Marcus, mein Evangelist," und erbauten dann die allgemein bewunderte St. Marcus-Kathedrale. Der hl. Marcus ivird abgebildet mit einem Löwen, weil er sein Evangelium beginnt mit der Stimme des Rufenden in der Wüste, gleichsam mit dem Gebrülle des königlichen Löwen: „Thut Buße!" Aegypten als Wintercurort. Bon Dr. 3. Weichaus. r^enn man gegenwärtig die ägyptischen Zeitungen liest, so staunt man fast über die langen Listen der Fremden, die nll-wöchentlich mit bett englischen, deutschen, französischen, italienischen, österreichischen, griechischen, russischen und ägyptischen Dampfschiffen ankommen. Viele dieser Fremden beabsichtigen nicht, eine Vergnügungsreise zu machen, noch auch die ägyptischen Alterthümer zu studieren, sondern sie suchen Linderung und Heilung ihrer Leiden, die man nur zu oft schon ans ihrem Gesichte lesen kann. Drei Arten von Krankheiten sind es hauptsächlich, für die man in Aegypten Heilung öder wenigstens Linderung sucht: Lungeu-krankheiten, NierHciden und Gicht. Das eigentliche Heilmittel dieser Leiden ist die ägyptische Luft: ihre Wärme, Reinheit und Trockenheit. Aegypten erstreckt sich vom 31. Breitegrade aus südwärts, hat also eine sehr südliche Lage. Weil ferner selbst int Winter an den bei weitem meisten Tagen wolkenloser Himmel ist, so kann die Sönne ihre ganze Wärmekraft entfalten, und ihre Strahlen sind auch in den kürzesten Tagen in den Stunden zwischen 10 bis 3 Uhr kaum zu ertragen. Daher ist die mittlere.Tägcsteiuperntnr Aegyptens im Winter gleich der des Sommers in Deutschland. Fiir die Reinheit und Trockenheit der ägyptischen Luft sorgt die ungeheure Wüste, die das Nilthal ans beiden Seiten einschließt: die Wüstenluft weht in jungfräu. 116 Aegypten als Mntercurort. licher Reinheit über dnS Nilthal dahin, sie fließt gleichsam von selbst in die Lungen, und das Auge durchdringt sie mit einer solchen Leichtigkeit, dass ferne Gegenstände, 5. B. die Pyramiden, verhältnismäßig nahe erscheinen, und der nächtlich gestirnte Himmel in prachtvoller Weise sichtbar ist, so dass die Milchstraße wirklich als ein milchweißer Streifen erscheint, in dem verschiedene Sternengrnppen von noch größerer Helligkeit deutlich kennbar sind. Regen gehört in Obcrägypicn zu den allergrößten Seltenheiten, zuweilen verirren sich einzelne Regenschauer vom Mittclmecr her in die Wüste, um sich dort rasch zu verflüchtigen. Ja inan sieht öfter, wie in Europa, dass unter Wolken, die vor der Sonne herziehen, sich Regenstreifen bilden, man erblickt selbst den Regenbogen, aber die Regentropfen erreichen nicht den Boden, die trockene Luft saugt sie auf. Als Wirkung dieser Trockenheit ist cs anzusehen, dass itn Winter bei kühlerem Wind leicht die Schleimhaut der Lippen aufspringt, sowie die Hände, und dass das äußere Ende der Fingernägel wie Glas abbricht, wenn man daniit an einen harten Gegenstand stößt. 1 Inwiefern die warme, reine und trockene Luft Aegpptens ein Heilmittel ist für die genannten Leiden, ist leicht zu sagen. Wie kalte und unreine Luft ein Gift ist für die Athmungsorganc, so bildet die warme und gute Luft für sie das natürliche Heilmittel. Indem ferner die Wärme der Luft die Poren öffnet, und die Trockenheit derselben die Feuchtigkeit aus dem Körper saugt, werden die kranken Nieren in ihrer Thätigkeit entlastet, und die im Körper befindlichen schlechten Stoffe entfernt. Aehn-lich günstig ist die Wirkung bei der Gicht. Weil aber nicht in ganz Aegypten die Luft in gleichem Grade diese Eigenschaften besitzt, so ist auch nicht ganz Aegypten unterschiedslos als Curort zu empfehlen. Alexandrien und die übrigen an der Meeresküste gelegenen Orte haben im Winter mehr oder weniger europäisches Klima. Kairo, oberhalb des Nildelta auf dem 30. Breitegrad gelegen, soll sich nach dem Zeugnis der älteren Leute in klimatischer Beziehung sehr zu seinen Ungunsten verändert haben, und zwar wegen der immer mehr sich entwickelnden Vegetation. Der Winterregen ist in Kairo nicht mehr so ganz selten; man zählt gegen zehn Regentage, an denen mehr oder weniger Regen fällt. Ferner ist die Stadt im Winter sehr oft in einen dichten Nebel gehüllt, der bis 10 Uhr morgens währt, und den man schon von weitem als eine graubraune Wolke über der Stadt lagern sieht. Dazu kommt der Lärm der Großstadt: das Gerassel der Wagen und der elektrischen Straßenbahn, das Getrippel unzähliger Esel, das unaufhörliche Geschrei der Ausrufer. Endlich bildet sich in den Straße», deren Canalisation zwar in Aussicht genommen, aber noch nicht verwirklicht ist, häufig ein übler Geruch infolge Unrathcs und der häufigen und reichlichen Besprengungen. Um nun in der Nähe von Kairo einen Curort zu haben, der mit der Vorzüglichkeit der ägyptischen Luft zugleich die Annehmlichkeiten der Großstadt verbindet, hat man vor ungefähr dreißig Jähren die Stadt Heluan gegründet. Sie liegt 25 Kilometer südlich von Kairo, in der arabischen Wüste, auf einer gelinden Anhöhe, 5 Kilometer vom Nil entfernt und 35 Meter über demselben. Die breiten Straßen, die sich alle im rechten Winkel schneiden, sind nicht gepflastert, sondern soweit sie keinen felsigen Untergrund haben, mit Steinschrot belegt und mit Wüstensand bedeckt. Die Häuser haben meistens nur ein oder zwei Stockwerke und liegen soweit auseinander, dass die Sonne gehörig in die Zimmer hineinscheinen kann. Industrielle Einrichtungen werden ferngehalten, die einzige Dampfmaschine, die den Ort mit Wasser versorgt, steht 5 Kilometer entfernt am Ufer des Nils. Daher kann man in Heluan die ungetrübte Wüstenluft athmen, und wenn man von dem unruhigen Kairo kommt, so genießt man hier eine Ruhe und Stille, die an einen Friedhof erinnert. Neben einer größeren Anzahl von Pensionen bestehen vier Hotels mit allen Einrichtungen der Neuzeit. Es gibt auch Schwefel- und Salzwasscrquellen, deren Gebrauch bei Katarrhen, Rheumatismus und Hautkrankheiten heilsam wirkt. Das im vorigen Jahre vollendete neue Badchaus ist sehr geräumig und fein eingerichtet. Wegen der größeren Entfernung vom Mittelmeere und dem angebauten Nildelta ist die Luft in Heluan um zwanzig Procent trockener als in Kairo und auch wärmer. In besonders kalten Wintern jedoch kann es auch in Heluan für schwache und empfindliche Kranke zu kühl werden, indem von Mitte December bis Mitte Februar zuweilen bei bewölktem Himmel mehrere Tage die Sonne nicht scheint, so dass das Thermometer sich nicht über zehn Grad Celsius erhebt. In solchen Fällen ist Oberügypten vorzuziehen, wo sich zunächst Luxor als Curort darbietet. Es liegt in der Ebene des ehemaligen Theben, 730 Kilometer südlich von Kairo, etwas über dem 26. Grad nördlicher Breite. Wegen der südlicheren Lage, der weiteren Entfernung vom Mittelmcere ist die Luft gegen 8 Procent trockener und einige Grade wärmer als in Heluan, bewölkter Himmel noch seltener. Für das Unterkommen der Fremden ist hinreichend gesorgt, und wer kräftig genug ist, hat gute Gelegenheit sich zu zerstreuen und zu belehren durchs die Besichtigung der um Luxor herum in großer Zahl und Aegypten als Wintercnrort. 117 Ausdehnung sich befindlichen ägyptischen Alterthümer. Vortheilhaft für manche Kranke ist noch die größere Windstille in Luxor, weniger vortheilhaft dagegen die Einwirkung der großen Fruchtcbene, wodurch die Lust hier und da staubig und übelriechend wird. Als der wärmste und trockenste Curort Aegyptens gilt Assuan, 236 Kilometer von Kairo, etwas unter dem 24. Breitegrade, am Fuße des ersten Nil-katarakteS. Vegetation ist in der Umgebung von Assuan so gut ivic gar nicht vorhanden, darum ist die Luft hier äußerst rein und trocken. Thau ist in Assuan unbekannt. Als ich im Jahre 181)9 eines Morgens Nebel erblickte, und den für Thau hielt, belehrte mich ein lungcnschwacher Herr, dass cs nicht Thau, sondern Staub sei, was ich denn auch bald selber auf meinen Kleidern bestätigt fand. In der Libyschen Wüste hatte unzweifelhaft kurz vorher ein heftiger Sturm getobt, und die ganze Luft mit Staub erfüllt. Im Anschluss an solche Stürme, namentlich den sogenannten Frühjahrs-chamsin fallen zuweilen einige Regentropfen, die eher Brei als Wasser sind. Im November 1898 regnete es in Assuan eine ganze Nacht ununterbrochen, während gleichzeitig im unteren Aegypten Der Obelisk starke Gewitterregen nicdergicngcn, die an mehreren Stellen die Eisenbahndämme wegspülten. Am folgenden Morgen war der Boden ganz durchweicht. Kein Kind kam in die Schule, nur wenige Leute wagten sich hinaus, und man sagte allgemein, so etwas sei in 30 Jahren nicht vorgekommen. Am nördlichen Ende der Stadt weht öfter im Winter ein kräftiger, kühler Wind aus der Libyschen Wüste, während der Süden Assuans hingegen durch eine höher aufsteigende Hügelkette des westlichen Nilufers geschützt ist. Darum hat hier die Firma Cook vor einigen Jahren ein großes Hotel erbaut, das zudem noch durch einen Schutthügcl in unmittelbarer Nähe geschützt ist. Aus der Nilinsel Elephantine, der Mitte der Stadt gegenüber, ist seit dem vorigen Jahre ein anderes Hotel errichtet, das Nilhotcl. Kann sich Assuan als der vorzüglichste Curort Aegyptens rühmen, so gilt daS doch nur für zwei bis drei Monate. Nach Mitte Februar können schon Tage kommen, wo eS der Nordeuropüer kaum mehr auszuhalten vermag. Halten solche Tage an, dann leeren sich die Gasthöfe. Die Fremden reisen zurück zu dem kühleren Luxor oder zu dem noch kühleren Hellnan, welch letzteres insofern . eine günstige Lage hat, als es dem Europäer für mindestens fünf Monate einen angenehmen Aufenthalt bietet und auch das ganze Jahr hindurch bewohnt werden kann. Welche Wirkungen hat nun ein winterlicher Aufenthalt in Aegypten bei den oben angeführten Krankheiten? Wie kein Kraut gegen den Tod gewachsen ist, so gibt cs auch keinen vor ihm schützenden Ort. Darum thut cs mir immer leid, wenn hier Kranke anf- von Heliopolis. tauchen, die augen- scheinlich „ans dem letzten Loche pfeifen." Sic schleppen sich wie Schatten durch die Straßen oder sitzen wie Leichen in den Droschken, und meinen, die ägyptische Sonne könne sie noch heilen. Aber bald weicht der letzte Hoffnungsstrahl der Verzweiflung, und sie sterben in einem fremden Lande, fern von den Ihrigen. Lungen- oder Nierenkranke im letzten Stadium sollten daher nicht nach Aegypten kommen. Bei Katarrhen der Athmnngs-organe dagegen, bei beginnender Schwindsucht, Nieren- 118 Aus dem Missionsleben. [eiben, die nicht daS Herz in Mitleibeiischnft gezogen, ist entweder völlige Genesung zn erhoffen, ober wenigstens bebentenbe Bessernng. Wirb bas Leiben selbst nicht gehoben, so können die Kranken sehr oft bei bauerndem Aufenthalt Hierselbst so weit sich erholen, dass sie fähig sind, eine Beschäftigung zu ergreifen, die ihnen den nöthigen Zeitvertreib und Lebensunterhalt gewährt. Man sollte nun meinen, dass in Aegypten die in Rebe stehenden Krankheiten bei den Einheimischen nicht ober nur selten vorkämen. Hub doch ist bas Gegentheil der Fall. Die Schwindsucht ist auch hier ein Würgengel, der in allen Bevölkerungselassen seine Opfer fordert. Bei den ärmeren Eingeborenen liegt die Veranlassung vielfach in den unzureichenden Nahrungs- und Wohnungsverhältnissen, während die Ankömmlinge aus Centralafrika, die am zahlreichsten der Schwindsucht erliegen, vielleicht den Klimawechsel nicht ertragen können. Nierenleiden und Rheumatismus entstehen meist durch Unvorsichtigkeit und Leichtsinn. Der Orientale weiß sich im allgemeinen nicht so zn beherrschen, wie die Europäer. Kommt er vom Marsche oder der Arbeit schweißgebadet aus der Sonne, so setzt er sich oft kaltblütig in den Schatten, dem Zugwind ausgesetzt und freut sich der Kühle, unbesorgt um eine nachfolgende Erkältung und trinkt zum Uebersluss noch Eiswasser oder sonstige kalte Getränke. Kann er des Abends im Zimmer nicht einschlafen, so legt er sich auf der Veranda nieder und bemerkt im festen Schlafe nicht die kühlen Winde und den feuchten Than der Spätnacht. Er- wacht er am Morgen mit steifen Gliedern und Schmerzen, so sagt er, er habe einen „Luftschlag" erhalten. Wenn übrigens die ägyptische Luft dem Kranken gut thut, so schadet sie auch dem Gesunden nicht, und darum suche» auch zahlreiche Gesunde ans den nördlichen Gegenden im Winter Aegypten auf. Sie bleiben meist in Kairo, dessen Klima für sie nicht zu rauh ist, und daS ihnen Vergnügen bietet, die anderswo in Aegypten nicht zu haben sind. In Kairo schmilzt gleichsam der Orient mit dem Dceibent zusammen, die Bewohner und Produete beider Länder sind hier zu finden. Es hat viele Hotels, deren mehrere vorzüglich eingerichtet sind und 200 bis 300 Menschen fassen. Während der Hochsaison gibt es neben den theatralischen Vorstellungen fast jeden Abend eine Festlichkeit, von den Bällen des Viee-königs und der Diplomaten bis zu den Abendunter-haltungen der Wohlthätigkeitsvereine der verschiedenen Colonien und den Clubfesten. Diese Fremden lassen große Summen Geld zurück, bnS, wenn auch nur in großen und kleinen Piastern, bis in die Taschen der armen und geplagten Fellachen bringt. Leider machen die Wirte in Aegypten keinen Unterschied zwischen den oft weniger bemittelten Kranken und den reichen Gesunden. In de» besseren Pensionen zahlt man 5 bis 8 Mark täglich, in den besseren Hotels 10 bis 15 Mark; die billigeren Gasthäuser, die meistens in den Händen von Griechen sind, reichen für die Bedürfnisse des Europäers nicht ans. Nus dem Missionsleben. vom Herzen Jesu erhört. |3pin Priester aus Amerika erzählt folgendes Erlebnis SSs aus feinem Seelsorgsleben: Es war am Abend des hochhlst. Weihnachtsfestes. Froh, dass die anstrengende Arbeit überstanden war, stand ich eben im Begriffe, mich der wohlverdienten Ruhe hinzugeben. Da erscholl die Hausglocke. Ein Bote war da mit der Nachricht, ein Sterbender verlange nach dem Priester. Mit der Ruhe war es nun aus. So rasch als möglich rüstete ich mich mit dem Nöthigen ans und sprang in den bereitstehenden Schlitten. Das Pferd, als ob es wüsste, dass es sich um die Rettung einer unsterblichen Seele handle, flog nur so dahin; sausend gieng es durch Nacht und Sturm der Wohnung des Sterbenden zu. Nachdem wir eine Strecke von 12 (engl.) Meilen zurückgelegt hatten, hielt mein Führer vor einer kleinen, unscheinbaren Hütte, welche an einsamer Stelle tief im Walde lag. Ich trat in dieselbe ein und bemerkte einen hochbejahrten Neger, der sich, vor Schmerz ächzend und stöhnend auf dem ärmlichen Lager wälzte. Bei meinem Eintritte richtete Aus bent Missionsleben 119 er seinen matten Blick ans die Thüre, und als ich ihm nahe genug gekommen war, dass er mich als den gewünschten Priester erkennen konnte, fasste er voller Freude meine Hand. „Vater", sprach er mit schwacher, aber vor Sehnsucht zitternder Stimme, „ich bin dem Tode nahe. Ich bitt noch nicht getauft. Taufen Sie mich!" Nachdem ich durch einige Fragen ermittelt hatte, dass seine Kenntnisse der katholischen Religion äußerst mangelhaft seien, unterrichtete ich ihn in den nothwendigen Heilswahrheiten und bereitete ihn ans bett Empfang deS heiligen SaeratnenteS vor; sodann ertheilte ich ihm die heilige Taufe. Ungefähr 20 Neger umstanden, während die heilige Handlung vollzogen wurde, in tiefer Ergriffenheit das Lager des Sterbenden. Nachdem der Kranke getauft war, lenkte er meine Aufuterksamkeit auf ein kleines Bild, das über seinem Lager an der Wand angebracht war. Wie groß ivar mein Staunen und meine Freude, als ich wahrnahm, dass es ein Bildnis des heiligsten Herzens Jesu sei! Wie kam dieser Neger, dessen Kenntnis der katholischen Religion so mangelhaft war, dazu, dieses Bild über seinem Lager anzubringen? Ich sollte bald Aufschluss bekommen. Auf das Bild deutend, sagte der Kranke: „Vater! vor vielen Jahren kaufte ich jenes Bild von einem Italiener; am Abende eines jeden Tages betete ich vor demselben; ich wusste, dass der Herr Jesus mir die Gnade erweisen werde, mich als Katholik sterben 31t lassen." Als ich ihn fragte, warum er sich denn nicht schon früher von cittern katholischen Priester habe unterrichten und in die katholische Kirche auf-uehmen lasset:, antwortete er: „Ich bin 76 Jahre alt, 30 Jahre lang Sclave gewesen, und man hatte mir gesagt, die katholische Kirche nähme uns ehemalige Sclaven nicht als ihre Mitglieder auf. Aber ich betete dennoch vor jenem Bilde zu dem Herrn Jesus, er möchte mich doch wenigstens als Glied der katholischen Kirche sterben lassen, denn ich glaube nicht au die anderen Kirchen. Mein Sohn ist protestantischer Prediger und öfters drang er in mich, von ihm die Taufe zu empfangen, aber ich lies; es nicht zu, dass er mich taufe." Während der folgenden Nacht brannte die Hütte des Negers bis auf den Grund ab, und der arme Kranke kam in bett Flammen um. Ich hoffe zuversichtlich, dass er jetzt bei jenem heiligsten Herzen weile, zu dem er eine solche Verehrung 1111b solches Vertrauen gehegt hatte. Bekehrung einer Negerin. Non P. A'aver Heyer. Cities Tages gegen Abend erschien in unserer Mission ein etwa lOjähriges Mädchen und verlangte nach dem Obern. Da das Müd-chen schlecht gekleidet und abgemagert roar, machte man glauben, es sei ein Sclavenkind, aus seinem Hanse entflohen und suche Zuflucht in der Mission. Ohne daher weiter zu fragen, eilte der Thürvorsteher erfreut zum Obern, um ihm Meldung zu machen; er hatte in seiner Freude ganz vergessen, dass derselbe abwesend war; es fiel ihm erst ein, als er schon bei dessen Thür angelangt war. Er berichtete also dem Negermädchen, dass der Obere zufällig abwesend sei, wenn sie also Aufnahme wünsche, möge sie bis zu dessen Rückkehr warten. Die Kleine erwiderte hastig: „Ist ganz gleich, ob cS der Obere oder ein anderer Priester ist, rufe nur einen Priester." Nachdem einer der Missionäre erschienen war, erzählte ihm das Mädchen, dass ihre Mutter, eine Muselmännin, schwer krank sei und einen Priester zu sprechen wünsche. Der Missionär rüstete sich schnell und folgte der kleinen Führerin. Diese erzählte unterwegs, dass ihre Mutter, einst Sclaviu, seit mehreren Jahren in sehr kümmerlichen Verhältnissen lebe und nun krank und ohne jede Unterstützung sei. Diese Er- zählung brachte den Missionär aus den Gedanken, dass die Kranke wohl eine Unterstützung wünsche, und er bedauerte schon, nichts bei sich zu haben. Indessen ivar man in ein abgelegenes Quartier gelangt und erreichte die elende Hütte, wo die Kranke lag. Beim Anblick des Priesters brach die etwa 40jährige Negerin in Thränen «tS, faltete nach unserer Sitte die Hände und sagte flehend: „Vater, ich bitte, taufe mich!" Der Priester war über diese Bitte nicht wenig erstaunt, da er wusste, dass die Negerin eine Muselmännin wär, und die Bekehrung dieser eine große Seltenheit ist. Er neigte zur Annahme hin, dass die Kranke die Taufe verlange, mit leichter eine Unterstützung zu erlangen, was nicht selten vorkommt. Er wollte also seine Neugierde befriedigen und fragte die Kranke, weshalb sie die Taufe wünsche. „Ich will als Christin sterben", war die Antivort. „Weshalb ivillst du als Christin sterben?" fragte der Missionär. Die Kranke er-widerte: „Ich weiß es selbst nicht, warum, aber ich fühle diesen Wunsch in mir, ich bin ganz unruhig, und nur wenn ich Christin werden kann, werde ich Ruhe finden." „Wie ist dir dieser Wunsch gekommen?" fragte der Missionär. Die Kranke erwiderte: „Ich liO Aus beut Mtssimtslebcn weiß cS selbst nicht; ich höre nur immer jemand | sagen: Werde Christin, rufe den Priester, lass dich taufen. Ich bin aufgeregt und unruhig und weiß nicht, wie mir ist. Nur Eines kaun mich beruhigen. Ich bitte dich, taufe mich." Der Priester wurde immer neugieriger und wollte durchaus den Grund dieser nicht gewöhnlichen Erscheinung erforschen. Aber umsonst, die Kranke hatte nur die Antwort: „Ich weiß nicht, wie mir ist, taufe mich." Eine nnmittel-bare Gefahr für daS Leben bestand nicht. Der Priester begann daher, die Kranke auf die Taufe vorzubereiten und sie in den hauptsächlichsten GlaubcnSwahrheiten ;u unterrichten. Die Kranke hörte ihn mit Begierde an. Da indes die Nacht eingetreten war, zücp sich der Missionär zurück und versprach, am folgenden Morgen den Unterricht fortzusetzen. Am frühen Morgen nach der heiligen Messe kehrte er sofort zu seiner Kranken zurück. Er machte die Wahrnehmung, dass sich in der Nacht ihr Zustand etwas verschlimmert hatte. Aber die Kranke war vollständig bei Sinnen und erwartete mit Begier die Fortsetzung des Unterrichtes. Als der Priester im Verlause desselben auf Maria zu sprechen kam und der Kranken ein großes Vertrauen in ihren Schutz empfahl, bemerkte er, wie dieselbe lächelte. Da ihre Miene bis dahin ernst und wie schmerzerfüllt gewesen war, fiel ihm dies aus, und fr fragte, warum sie lächele. Mit dem Ausdrucke, den jemand zur Schau trägt, wenn er meint, eine Uebcrraschnng zu bereiten, sagte die Kranke: „Ich weiß ein Gebet zu Maria." Da die Negerin sich sonst in religiösen Dingen fast vollständig unwissend gezeigt hatte, hielt cs der Priester fast für einen Scherz, als die Kranke mit der alten Miene der Selbstgefälligkeit in arabischer Sprache zu beten begann: „Gegrüßt seist j du, Maria, voll der Gnaden n. s. w." und das ganze Ave Maria fehlerlos bis zum Schluss sagte. Der Priester stand ganz erstaunt da, und jetzt wusste er nicht, wie ihm war. Ans die Frage, wie sie das Ave Maria gelernt habe, erzählte sie also: „Ich war in meiner Jugend Sclavin bei einem Kopten, dessen Töchterchen allabendlich daS Ave Maria laut betete. Vont Hören lernte ich dasselbe. Da dieses Gebet sehr verschieden ist von den Gebeten der Muselmänner, sagte ich es auch später, als ich in anderen nicht-christlichen Häusern diente, häufig für mich selbst her, nur tun cs nicht zu vergessen, und so iveiß ich es heute noch." Nun war manches klar. Da die Kräfte der Kranken immer mehr abnahmen und ihr Ende sichtlich nahte, wurde sie mit Abend getauft. Sic erklärte nun ruhig uitb zufrieden zu sein. Nach-dcm sie noch ihre Tochter dent Priester empfohlen hatte, kehrte dieser nach Hause zurück. Als er mit folgenden Morgen wieder in der armen Hütte erschien, fand er die Kranke int Todeskampfe. Sic konnte jedoch noch die Namen „Jesus, Maria und Joseph", obwohl etwas unverständlich, aussprcchen. Nachdem der Priester die Sterbegebete der Kirche beendigt hatte, war Maria — diesen Namen hatte die Negerin in der Taufe erhalten — ruhig und sanft als gottergebene Christin, wie sie es gewünscht hatte, verschieden. Die Tochter ist heute ebenfalls christlich und heißt Anna. Maria hat sich wahrlich als salus insirmorum, als Heil der Kranken erwiesen und eine innsekmän-nische Negerin auf ihrem Krankenlager zum ewigen Heile geführt zum Lohne für das so oft hergesagte Ave Maria. Welchen Lohn und welches Heil wird Maria jenen erflehen, welche das Ave Maria mit gläubiger Andacht beten? Taufe und Tod dev beiden Schwestern Saida und Lamida (Maria und Iofefine.) ^trVm Briese einer Missionsschwester entnehmen wir Folgendes: Welche reinen Freuden sind für uns Missionsschwestern doch diejenigen, unsere lieben Schwarzen dem Unglauben entrissen und dem Schoße der hl. Kirche zugeführt zu sehen? Solche Freuden hat uns der liebe Gott recht oft beschert; auch in letzter Zeit hat eine recht nette Anzahl von Schwarzen ans den benachbarten Dörfern die hl. Taufe empfangen können. Zu diesen Glücklichen gehören auch zwei von unseren Zöglingen hier aus Gesira, deren Le-bensgeschichte wir — um dem Wunsche unserer Obern gerecht zu werden — hier kurz mittheilen wollen. Int September des verflossenen Jahres kam in unser Institut in Gesira eine Negerfrau, welche bald darauf, nachdem sie unsere hl. Religion angenommen hatte, mit den Zeichen des tiefsten Glaubens und der innigsten Frömmigkeit verschied. Maria Halima, so hieß die Schwarze, hatte zwei Töchter mit sich gebracht, welche sie der Mission überlassen wollte. Ihr größter Wunsch war es, diese noch vor ihrem Tode getauft zu sehen; besonders lag ihr das ältere Mädchen, Saida, am Herzen. „Ich mill meine Saida für den Himmel gerettet sehen," rief sie mehrmals aus, „dann werde ich ruhig sterben können." Doch konnte ihrem Wunsche nicht gleich willfahrt werde», da der Vater der Kinder, der in dieser Zeit tin Gefängnis war, nach seiner Freilassung die Kinder Ans bent Mssswnslcbcn. 12L hätte wegführe» mid in der Ausübung ihrer Reli-flton hindern können. Da musste Vorsicht geübt werden. Der jünger» Tochter wegen, Hamida, die kaum ein Jahr zählte, hatte sie nicht große Angst, da dieselbe krank und dem Tode nahe war. Diese glaubte sie sicher geborgen in unserem Institute, denn sie wusste, dass es niemand von ihren Verwandten einfallen würde, ein todtkrankeS Kind wegzuholen. „Wenn Halima hier stirbt," sagte sie zuversichtlich, „so kann sie gleich in den Himmel gehen; den» Ihr guten Schwestern werdet meine Halima nicht ohne die hl. Taufe sterben lassen; nur für Saida fürchte ich, wenn man sie Euch wegnimmt, wird sie nimmermehr eine Christin und wird nie den lieben Heiland kennen lernen." Doch beruhigte sie sich bald und sagte, sie wolle ihre Kinder ganz dem Schutze der lieben Mutter Gottes überlassen: die würde schon für deren Bestes sorgen. Ihr Vertrauen wurde nicht getäuscht. Kaum hatte der liebe Gott die arme Maria zu sich gerufen, als die anderen Frauen ihres Mannes anrückten, und mit Gewalt die älteste Tochter der Entschlafenen, die sechsjährige Saida, mit sich führen wollten. Um die Kleine, welche die Schwestern durchaus nicht verlassen tvollte, vor ihren Verfolgerinnen zu schützen, mussten wir sie versteckt halten. Der kleinen Halima wegen machten sie gar keine Versuche, die schien ihnen schon eine beinahe Todte. Die Frauen forderten nun den Leichnam der Maria, und ohne eine Thräne zu vergießen, führten sie ihn hinweg, um ihn zu begraben. Maria gehörte ja nicht mehr zu ihnen, sie war eine Ungläubige geworden, da sie zum Christenthum übergegangen war, und hatten sie also keine Ursache ihren Tod zu beweinen. Die Sache mar aber hiermit noch nicht abgethan; so leichten Kaufes geben sich die Mohammedaner nicht zufrieden, wenn es sich um ihre Religion handelt. Diese armen Frauen thaten nun auch alles Mögliche, um uns die kleine Saida zu nehmen. Zunächst begaben sie sich zu einem alten Weibe, welches in der ganzen Umgegend im Rufe einer Hexe steht. Diese fertigte verschiedene Karten mit dem Namen des Vaters und der Kinder aus, um diese von uns abfordern zu können. Doch vergeblich! Alle ihre List, alle ihre Bemühungen blieben erfolglos. Die Behörden erkannten die Papiere als gefälscht au, und die Frauen giengen leer aus. „Wartet mir," sagten sie uns, „bis der Vater aus dem Gefängnis heraus kommt, daun müsst Ihr doch wohl oder übel das Kind ausliefern." Inzwischen ließen sie die Kleine nicht aus den Augen und schickten ihr oft Spielsachen und Süßigkeiten, um sie au sich zu locken; denn um jeden Preis wollten sie sie aus unserem Institute entfernen. Doch der liebe Gott schützte die Kinder, die in ihrer verstorbenen Mutter eine Fürsprecherin im Himmel hatten. Die kleine Saida war seit einiger Zeit leidend, doch nicht bettlägerig. Im Gegentheil war sie immer ihrem kranken Schwesterchen Halima nahe, das sie innig liebte und daS sie nicht einen Augenblick von sich lassen wollte. Saida's Leiden, das anfangs nur unbedeutend schien, nahm jedoch immer mehr zu und sie musste im Bett bleiben. Wenige Tage schienen ihr nur noch vergönnt zu sein. Rührend war es, die gegenseitige Liebe der beiden kleinen Mädchen und Saida's Dankbarkeit gegen die Schwestern zu sehen. „O tvie gut seid Ihr dvch gegen uns", rief sie mehrmals aus, „menit ich beim lieben Gott bin, werde ich viel für Euch beten." Am 9. Mai, als der hochw. Vater Obere die andern Kranken besuchen kam, rief Saida ihn zu sich und bat iustäudigst, die hl. Taufe empfangen zu dürfen. Der hochw. Vater, der sie gut unterrichtet wusste, willfahrte ihrem Wunsche, und noch am selben Tage wurde Saida ein Mitglied der hl. katholischen Kirche und erhielt in der Taufe den Namen Maria. Wenige Stunden nur nach dieser hl. Handlung rief der liebe Gott die Seele der kleinen Maria Saida zu sich in die himmlischen Freuden. Ihr Schwesterchen, daS am selben Tage wie sie ebenfalls die hl. Taufe empfangen und in dieser den Namen Josefine erhalten hatte, blieb uns auch nicht mehr lange; denn nur zwei Tage nach dem Tode der Maria Saida nahm der liebe Got auch die kleine Josefiue zu sich in den Himmel. — Mit dem Tode der Kinder waren also die Hoffnungen ihrer mohammedanischen Verwandten und der berüchtigten Hexe zu Grunde gegangen. Als diese den Tod der Saida erfuhren, kamen sie sogleich ins Kloster, um wenigstens ihren Leichnam mit sich zu führen. Als sie bei dieser ®e= legeuheit die kleine Josefine Hamida erblickten, die auch gerade in den letzten Zügen lag, konnten sie nicht umhin, Drohungen gegen das arme unschuldige Ding auszustoßeu, nannten sie eine wahre Hexe, die Mutter und Schwester verschlungen habe u. s. w. Doch was half ihnen das alles? Für die Kinder hatte der liebe Gott auf die beste Weise gesorgt; jetzt sind sie für immer den irdischen Leiden entrückt und genießen nun im Verein mit ihrer Mutter das höchste Glück! Aus tiefstem Herzensgründe müssen wir dem lieben Gott danken, dass er diese Seelen dem Teufel und seinen Genossen entrissen hat, und ihn bitten, dem Himmel noch viele, viele Seeleu zuführen zu können. Es ist ja die größte Ehre, die wir dem göttlichen Herzen bereiten können, wenn wir ihm Seelen ge- 122 Vermischte Nachrichten. mimten, für bie er so viel gearbeitet, so viel gelitten hat. Gelobt sei Jesus und Maria in Ewigkeit! Auch den edlen Gebern, die uns durch den hochiv. 1‘. Geyer für den Loskauf zweier Mädchen — Maria und Josefine — 100 fl. zuschickten, sprechen wir unsern herzlichsten Dank aus. Möchten sieh doch recht viele solcher edlen Seelen finden! 'r Vermischte Nachrichten. Des Sudanesen Neichthum. Frägt man, was denn die Neger im Sudan eigentlich besitzen, so muss entgegnet werden, dass mancher dieser Neger, hätte er seine Habe in Europa, ein reicher Mann wäre. Dieser ganze Reichthum besteht in — Rindvieh. Andern Reichthum kennen sie nicht, andere Habe ist bloß Nebensache, die schnell vergeht, während der Reichthum an Vieh gleichsam bleibend ist. Sie besitzen mehr Rinder als Ziegen und Schafe, wovon letztere keine Wolle sondern blos; Haare tragen. Allein sowohl Rind- als Kleinvieh ist von kleiner Gestalt und von schlechter Gattung: das Rindvieh hat allgemein den hohen Höcker, es ist kurz und hoch gebaut, mehr wildartig, und deswegen haben sie auch bei einer Unzahl von Kühen einen sehr kleinen Nutzen an Milch und Fleisch. Die besten Kühe geben zur besten Zeit kaum anderthalb Liter Milch per Tag, und wenn somit auch jemand 200—300 Stück besitzt, hat er doch nicht Ueberfluss, denn mehr als die Hälfte gibt keine Milch, die meisten sehr wenig, und dazu braucht so ein Besitzer mehrere Leute, die alle von seinem Vieh leben müssen. Der Nutzen an Fleisch ist noch geringer, denn Kühe sind zu verehrt, als dass man sie schlachten würde; sie leben, bis sie von Alter oder Krankheit zum Skelet geworden niederfallen und verenden. Einen Missionär, der einmal eine Kalbin schlachten ließ, schalten die Neger eine Hyäne, da er sogar Kühe esse. Der Todfall einer Kuh wird beweint und betrauert wie der eines Menschen — ja fast noch mehr; der Besitzer trägt einige Tage den Strick, womit die Kuh angebunden ivar, am Halse und erzählt allen sein Unglück; später bindet er sich daun einen Strick um den Bauch. Daher kommen die Vermöglicheren nie aus der Trauer, und so ein Strickträger ist meistens auch ein größerer Besitzer. Ochsen werden wohl geschlachtet, aber nur bei Festlichkeiten, z. B. bei Friedens-, Hochzeits- und Todtenmählern, oder bei Krankheiten von Vieh und Menschen. Pferde und Esel gibt es nicht. Hühner halten nur die Dinka am Tefasan. Die Verehrung der Neger zum Rindvieh geht so weit, dass bei allen Diukastämmen die Männer größtentheils den Namen eines Ochsen, und die Weiber den einer Kuh tragen. Alles Vieh, sowohl Rinder als Ziegen und Schafe, hat nach verschiedener Farbe und Gestalt oder einem sonstigen Zeichen einen ganz besondern Namen, was bei der Sprachforschung viele Schwierigkeiten abgab. Doch bei aller Verehrung und Schonung der Herde ist bereit Anwuchs sehr gering, denn durch Strapazen auf ihren Wanderungen, durch Krankheiten und wilde Thiere, wie Löwen und Tiger, werden sie jährlich deeimiert. Kühe werden sehr selten verkauft, an Fremde schon gar nicht. Ochsen konnte man früher schon gegen Kupfer und Glasperlen bekommen, jetzt aber verlangen sie schon das Zehnfache, und selbst so findet man selten einen Verkäufer; denn Glas und Kupfer sind feine Seltenheit mehr und haben in ihren Augen nur mehr wenig Wert im Vergleiche zu einem Rinde. Die -Neger ziehen künstlich die Hörner der Ochsen und geben ihnen eine bestimmte Form, und am beliebtesten sind sie, wenn ein Horn in die Höhe steht, während das andere nach unten strebt; so ein Ochs heißt dann mokwe und wird der Liebling seines Herrn. Es ist auch Brauch, die Hörner an ihrer Spitze zu durchbohren und darin eine Quaste zu befestigen, nämlich das Ende eines Kuhschweifes. Auch Kühe ohne Hörner sind nicht selten. Sonst hat das Vieh alle möglichen Farben. Die Häute der Rinder dienen als Lager und zu Stricken, während die Felle des Kleinviehs zu Kleidungsstücken für die Frauen gegerbt werden. Koptische Taufe. Die Familie des Neugebotneu hatte sich um das Taufbecken versammelt. Dieses ist gewöhnlich tragbar, eine große mit Wasser gefüllte Kupferschale, welche man auf einen mit weißem Linnen bedeckten Tisch stellt. Während der Priester sich mit den heiligen Gewändern, mit dem Schultertuche, der Albe, die mit einem Lederriemen gegürtet wird, der Stola und dem Vespermantel bekleidet, Vermischte Nachrichten. 123 werden die Kerzen angeziindet. Auch die Mutter des Kindes ist zugegen; sie trägt das Mint) in ihren Armen: dasselbe ist wenigstens 40 Tage alt, wenn i'ö ein Knabe, 80 Tage, wenn es ein Mädchen ist: die Haare der Mutter sind kunstreich geflochten und fallen mit Silbermünzen geschmückt auf ihre Schultern herab: um ihr Haupt ist ein mit Glimmerplättchen und Flittergold gestickter Schleier geschlungen. Zuerst schreitet der Priester zur Ceremonie der Aussegnung der Wöchnerin. Cr beginnt mit den Worten: Gratias againus Domino deo nostro („Lasst uns danken unserm Herrn und Gott"), die er auf koptisch sagt. Daun folgt ein präfationsähnlicher Gesang, > der mit seiner hohen eintönigen Melodie an deiner Rechten" gesungen ist, folgt noch das Evangelium (Luc. 10): „Jesus kam in ein Dorf, und ein Weib namens Martha nahm ihn in ihr Haus auf." Dann beginnt eine Reihe von Gebete» für die Kirche, den Papst, für alle Gläubigen, und die Ceremonie der Reinigung ist vollzogen. Der zweite Theil der heiligen Handlung besteht aus Exorcismen, Salbungen und Weihen. Zuerst nimmt der Priester den Exorcismus über das Kind vor; dann wird das Wasser geweiht und das Ocl exorcisiert und mit demselben der Mutter Stirne, Brust und Hände, dem Kinde Stirne, Brust und Rücken gesalbt. Der Täufling wird nun in die Arme des Tauspathcn gelegt, und abermals folgt eine Reihe von Exorcismen, Ge' Beduinen mit Kameelen. die Lieder der Araber erinnert: derselbe wird durch eine lebhafte Schellen- und Trommelbegleitung wirksamer gemacht: sehr oft wiederholt sich dabei die Anrufung: „Kyrie eleison" auf griechisch. Dann breitet der Priester seine Arme aus und verrichtet ein Gebet. Es folgt eine Lesung aus dem fünfte» Capitel des Hebräerbriefes, welche mit den Worten beginnt: „Wein Sohn bist du: heute habe ich dich gezeugt;" dann wird das Evangelium von Mariä Reinigung nach dem hl. Lucas gelesen: „Nachdem sich die Tage der Reinigung Mariä erfüllt hatten" u. s. w., und sobald der Psalmvers: „Es stand die Königin zu beten, Handauflegungen und Anhauchuugeu. Wenn dieselben zu Ende sind, legen Pathe, Pathin und die übrigen Verwandten mit lauter Stimme das Glaubensbekenntnis ab, und nochmals wird die Salbung des Täuflings auf Stirne, Brust und Rücken mit Gebet und Handaufleguug nüedcrhölt. Im dritten Theile der heiligen Handlung schreitet der Priester zur eigentlichen Taufe. Zunächst gießt er Oel ins Tauf-wasser. Dann liest der „SchamaS" (Diakon) einen AliWntt aus dem Titusbriefc (2, 11), der mit den Worten beginnt: „Es erschien die Gnade Gottes, unseres Erlösers." Gleich nach dieser Lesung erklingen 124 Bern, ischte Jiachrichten. dijmbcsn und Triangeln, welche den griechischen Gesang Hagios o Theos, Hagios Tschyros, Hagios Athanalos, eleison hemas (Heiliger Gott, Heiliger Starker, Heiliger Unsterblicher, erbarme dich unser") begleiten. Man legt Weihrauch in das Rauchfass, und der Diacon liest das Evangelium (Joh. 3.): „Es war ein Mann ans den Pharisäern, Nicodemus mit Namen u. s. to." Abermals erschallt lebhafte Musik, welche den kräftigen Kyrie-Gesang begleitet. Dann legt der Priester die eine Hand auf den Täufling und die andere auf das Wasser, während alle Umstehenden abermals das Glaubensbekenntnis beten, und bezeichnet darauf das Wasser mit dem in Chrysam getauchten Daumen dreimal in Kreuzform, indem er die Worte spricht: „Gepriesen sei Gott der Vater, der Sohn und der heilige Geist." Zum dritteumale erbraust Musik, während der Priester betet und Wasser und Chrysam vermengt. Endlich taucht er, vom Pathen unterstützt, den Leib des Kindes zu einem Drittel in das Tauswasser und spricht dabei die Worte: „Ich taufe dich tin Namen des Vaters" (bas Kind zum zweiten Drittel eintauchend) „und des Sohnes" (das Kind bis an den Kopf eintauchend) „und des heiligen Geistes." Damit ist die Taufe vollzogen und man zündet sofort alle Kerzen an. Unmittelbar nach der Taufe wird dem Ncugetauften das Sacrament der Firmung gespendet. Gemäß dem alten Gebrauche der koptischen Kirche spendet dasselbe, wenn kein Bischof zugegen ist, ein einfacher Priester. Ich übergehe die einzelnen Ceremonien und bemerke nur, dass das Kind an nicht weniger als 36 Stellen gesalbt wird. Die Lesungen aus dem Evangelium wechseln mit einer Musik ab, die immer fröhlicher und begeisterter klingt, und die ganze Handlung schließt mit einem Umgang im Innern der Kirche. Der Eindruck, den man bei diesen orientalischen Ceremonien empfängt, ist der, dass diese guten Leute noch immer einen lebendigen Glauben haben, welcher sie drängt, ihren Gefühlen durch Gesänge, Musik und Jubel Ausdruck zu verleihen: Der orientalische Charakter bleibt sich eben immer gleich. Eine schwarze Jagdgesellschaft. „Alljährlich kommen," berichtet ein Missionär aus Afrika, „ganze Banden der Stämme von Makambwc, Masoch u. s. w. anfangs September nach Tete, um sich für einige Ellen Zeug und einige Pfund Glaskorallen den europäischen Jägern als Treiber und Führer anzubieten. Diese 200 bis 300 Mann starken Banden im Gänsemarsch vorüberziehen zu sehen, ist schon der Mühe wert. An langen Stöcken tragen sie ihre Waffen und ihr Reisegeräth. Ihr Haarputz hat alle möglichen Formen und Launen der Käffcrmnode und ist rein unbeschreiblich: die meisten tragen eine Federkrone um die Stirne oder ein mit Porzellanscherben oder Elfenbein geschmücktes Diadem; andere haben statt dessen Streifen von einer Löwenhaut um den Kopf gebunden. Hals, Arme und Beine sind mit Ringen und anderem abenteuerlichen Zierat überladen. Oberhalb des Ellenbogens tragen sie meistens einen eigenthümlichen Porzellanknopf, das Zeichen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie: wenn der Träger dieses Schmuckes in der Fremde stirbt, nehmen seine Freunde die Zierat nach Hause mit und übergeben dieselbe als ein Zeichen der Freundschaft dem Weibe des Verstorbenen. Um die Lenden tragen sie an einem Diadem verschiedene Lederbeutel, den einen für Tabak, den andern für Salz, einen dritten für Glasperlen und einen vierten für Stamm-Amulette, einige Stücklein Amber, einige Löwenzähne und ähnliche Dinge, denen sic schützende Kraft zuschreiben. An demselben Riemen hängt auch die Schotenhülse einer Mawambcfrucht, in 'welcher sie ihre Seife, eine harzige und wohlriechende Gummiart, bewahren. Jeder hat auch seinen „Mudsako", ein sorgfältig geschnitztes, handbreithohes Stück einer wohlriechenden Holzart, welches sie als Kopfkissen benützen, so oft sie die Nacht unter freiem Himmel zubringen. An der Tragstange sind zehn Häute für Reis, Baumwolle, Glasperlen und ähnliche Tauschgegenstände: ferner Beile, Pfeile, Wurf- und Stoßlanzen und anderes Jagdzeug: endlich fünf oder 6 Flaschenkürbisse. Nun denken Sie sich 300 bis 400 so bepackter und gerüsteter Neger mit den Federkronen um das struppige Haar und den Thierhäuten um die Lenden, und Sie werden sich ein ziemlich zutreffendes Bild von einer afrikanischen Jagdgesellschaft, welche zur Elc-phantcnjagd aufbricht, entwerfen können." Chinesisches „Wurstfest". Auch in China gehört das Schwein zu den beliebtesten Hausthieren: selbst der arme Mann kauft sich ein Schwein, wenn es ihm gelingt, einige Sapeken zusammen zu bringen, — und gelingt es ihm nicht, so macht er sich wenigstens aus Papier eins und stellt cs vor seinem Götzenbilde auf. Das chinesische Schwein muss von Jugend auf eine bittere Schule durchmachen. Stall gibt es für dasselbe selten: bei Nacht muss es zumeist an der Hausthüre schlafen, und thut es das Schwein nicht willig, so gebraucht man Gewalt, — das Schwein wird einfach wie ein Hund angebunden. Bei Tag hat das Schwein für sein Fortkommen zu sorgen — es sucht die Straßen nach Abfällen und Unrath ab; hat cs etwas erhascht, so ists recht, wenn nicht, so begibt sich das Schwein abends weh-müthig grunzend mit leerem Magen an seinen Strick. — Die Entbehrungen haben aber auch das chine- Vermischte Nachrichten. 125 fische Schwein zu einer wahren Jammergestalt gemacht. Unzählige Runzeln bedecken die ganze Stirn, gewaltige Ohrlappen blenden seine Äugen und peitschen im Laufe seine Knöchel, die Nippen scheinen durch, die Hüftknochen treten hoch hervor, der Schwanz hängt ganz melancholisch herab, spärlich bedecken schwarze Borsten die schmierige Haut — armes Geschöpf! Es lässt sich leicht denken, dass es eine gc-rnumc Zeit dauert, bis das Schiveiu bei seinen Strapazen unb Nahrungssorgen zu Fleisch kommt. Hat cs aber einmal seine 80—100 Pfund erreicht, daun — liebes Schiveiu — bist du der Held des Tages, und das „Familienfest" tvird gefeiert. Wenn der bestellte Metzger gekommen ist, wird das Schwein freigelassen, und eine Schar chinesischer Buben rennt hinterher. Wer es zuerst eingeholt hat, erfasst es schnell au den Hinterfüßen und wirft cs zu Boden. Nicht selten müssen Schlingen und Schläge mit Knütteln und Stöcken beim Einsangen des Thieres behilflich sein. Wollte mau cs in einem Stalle binden, so müsste man atif die Freude der Keilerei verzichten und hätte zudem noch die Mühe, das geschlachtete Thier aus dem Stalle tragen zu müssen; das zu thun, ist in den Augen des Chinesen doch ztt unpraktisch. Hat »tan endlich das zum Tode vcrurtheilte Borstenthier am Boden liegen, so bindet man ihm die Beine zusammen und überlässt cs so für eine gute Weile seinem Schicksale. Die Messer werden gewetzt, man raucht eilt Pfeifchen und plaudert. So allgemach begibt turnt sich dann wieder an die Arbeit Ist das Schwein abgeschlachtet, so wird au den Hinterbeinen durch einen einige Centimeter breiten Schnitt die Haut gelöst. Von der Schnittstelle aus wird ein fingerdicker meterlanger Eisenstab der Länge nach unter die Haut getrieben, und dann bläst man in die eut-standene Oeffuung mit dein Munde so lange Luft ein, bis das Thier kugelrund unb wohlgenährt aussieht. Der Schnitt wird hierauf mit einem Bindfaden fest abgebunden. Das Ganze hat den Zweck, sich das Geschäft des Kratzcns und Schadens zu erleichtern, das auf einer straffen Haut viel leichter und sauberer vor sich geht, als auf einer runzeligen. In kochend heißem Wasser gebadet, ist das Thier in eilt paar Minuten spiegelblank. Hierauf werden die Eingeweide herausgcuommeu, das übrige Fleisch, einerlei ob Schinken oder Wppen, wird in gleich große Stücke geschnitten und auf den Markt getragen. Für den Selbstgebrauch lässt man nur ein weniges zurück, meistens nur die Gedärme und das Blut. Der Schweif tvird kleinen Kindern als probates Mittel gegen Speichelfluss in den Mund gesteckt. Auch die Galle dient zu medizinischen Zwecken. Als die vor- züglichste Hinterlassenschaft des Schweines betrachtet der Europäer Würste und Schinken. In China kommen letztere nur in großen Städten in den Handel und sind meistens sehr ranzig: die ersteren sind auch dem gewöhnlichen Chinesen sehr willkommen. Er macht in der Regel nur zwei Unterscheidungen von Würsten, nämlich gewöhnliche Würste und Wohl-geruchswürste. Die ersteren sind weiter nichts als Gedärme, nicht bloß die Haut, sondern auch dem Inhalte nach. Ein Darm wird mit den übrigen Gedärmen angefüllt und erhält als Zugabe ein wenig Essig und Salz oder auch gar nichts. Die Wohlgeruchswürste aber bestehen aus feinem Fleische, das in große Würfel geschnitten ist: eine Menge Gewürze verleiht ihnen einen wahrhaft aromatischen Geschmack. Ich setze das Rezept der Gewürze bei, falls jemand Lust bekäme, sich eine chinesische Wohl-geruchswurst zu machen. Zu bemerken ist aber, dass die Gewürzmittel nicht unter das Fleisch gemengt, sondern in ein Säckchen gebunden sogleich mit betn Fleisch gekocht werden: 1. Anis, 2. Sternanis, 3. wohlriechende Iris, 4. Zinnnet aus Ceylon, 5. alte Citronenschalen, 6. Gewürznelken, 7. Waldmeister, 8. Nägelchen. Derart haben die Chinesen schon vor Jahrhunderten ihre Würste bereitet, alle anderen Sorten Würste sind ihnen unbekannt. Das Blut der Schweine wird gekocht und kommt als Beigabe zum Thee oder Wein, ebenso die Leber und das Herz. Bei uns in Europa ist das Schwein ein beliebtes Hansthier ob seiner Fähigkeit, zpr Lösung der Mc>-genfrage beizutragen, aber besonderer Hochachtung erfreut es sich nicht. Es soll sogar Gesellschaftskreise geben, in denen man arg anstoßen würde, wenn man eine Schweineangelegenhcit ins Gespräch ziehen würde. Als Kosenamen aber oder gar Ehrentitel darf der Name des feisten Grunzers überhaupt nicht verwendet werden, und gar manche, die dessen nneiugedenk waren, brachte schon das Geschick an den Ort, der mit „Nummer Sicher" bezeichnet wird. Anders aber ist cs in China. Der gewöhnliche Name für das Schwein ist Tschu; Tschu heißt aber auch — „Herr", und so könnte es dir leicht passiven, du kämest itt China in ein Haus in Lackstiefeln, Frack und Cylinder und würdest bitten, dem Hausherrn vorgestellt zu werden und möchtest vorgestellt werden — dem Hausschwein. Ist schon vorgckommcu. Bei uns kann es ein Schwein nicht sonderlich iveit bringen, entweder ans Messer oder, wenn es mi einer Seuche verendet, unter den Sinje». Dagegen gibt cs in China Schweine, die ganz andere Aussichten für die Zukunft hegen können. Es gibt dort nämlich Pagoden, in denen „heilige Schweine" ge- 126 Vermischte Nachrichten, halten werden, für welche eine „fromme Seele" ein Vermächtnis hinterlassen hat, laut dessen diese Thiere bis zn ihrem Tode gefüttert werden müssen. Solche glückliche Schweine werden oft sehr alt, können mit der Zeit vor 'lauter Feistigkeit nicht mehr anfstchen, und wenn sie verenden, bekommen sie einen Sarg, in dem sie beerdigt werden. Eine chinesische Hochzeit. „Das beste Geschenk der Eltern für ihren Sohn ist eine junge Brant. Er darf sich selbst keine auserlesen, sonst wäre cs kein Geschenk mehr. Zudem ist die Liebe blind, die Eltern haben da einen ungetrübten Blick." So heißt cs in einem alten chinesischen Ritual und so wird es auch gehalten. Hub weil die Eltern selbst zu viel Sorgen haben, als dass sic noch für ihren Sohn eine Lebensgefährtin suchen könnten, so übertragen sie dieses Geschäft einer Mittelsperson. Diese ist gewöhnlich ein Frauenzimmer, und ihr Geschäft wird verachtet; sie gilt als niedrig und ehrlos. Das scheint aber niemanden zu beirren — die Mäklerin nicht, denn sie macht ein gutes „Geschäft", — die Eltern der Brant nicht, denn was einander bestimmt ist, muss einmal doch zusammenkommen, „sind ja die Füße der Brautleute schon seit der Geburt mit einem rothen Faden zusammengebunden, und niemand vermag cs denselben zu lösen; die Braut nicht, denn sie kommt unter die heißersehnte Haube, und den Bräutigam — auch nicht, denn dieser hat Überhaupt nichts zu sagen. . Ist eine Braut ausstndig gemacht morden und sind die beiderseitigen Eltern „handelseins" geworden, so heißt es, den Tag zur Hochzeit festzustellen. Zu diesem Zwecke wird ein Astrologe herbeigerufen, imb cs wird ein „Glückstag" gesucht. Bei Armen, wo das Trinkgeld nur gering ausfällt, plagt sich der Astrologe nicht sonderlich; bei Reichen hat freilich der Sterndeuter eine hatte Arbeit, viel Studium und Rechnerei, aber dafür auch bessere Bezahlung. Nun ist der Tag der Hochzeit gekommen. Freilich gibt es bei den Hochzcitsseierlichkeiten in verschiedenen Gegenden verschiedene Unterschiede, aber in der Hauptsache werden noch immer die Vorschriften beobachtet, welche im 12. Jahrhundett der weise Kaiser Tschn-Hi erlassen hat. Im Hause des Bräutigams stehen zwei Tische bereit, einer gegen Osten, der andere gegen Westen, um die Last des Frcudenmahles zu tragen, schon früh am Morgen hat sich der Bräutigam in seinen feinsten Staat geworfen, um seine Zukünftige abzuholen. Aber zuvor muss er noch den Ahnen int Ahnentempel mittheilen, was vorgehen wird, wobei es an Opfer nicht fehlen darf. Darauf empfängt der Sohn vor seinem Vater knieend von diesem folgende Belehrung: „Geh' hin, mein Sohn, um jene hieher abzuholen, welche im Verein mit dir Sorge tragen soll für unsere Ahnen, damit immerdar die Opfer rechtzeitig dargebracht- werden. Sei von Achtung erfüllt gegen deine Braut, daS wird dein Gluck sichern." Darauf besteigt der junge Bräutigam das Pferd und reitet, von Freunden begleitet, die angezündete Laternen tragen, mit die Braut. Auch im Hanse der Braut wird den Ahnen ein Besuch abgestattet und ein Geschenk überreicht — eine wilde Gans, das Bild der chclichen Treue. Nach vielen und vielen Complimenten, an denen der chinesische Umgang so reich ist, schickt sich die Braut zum Abschied an; sie kniet sich vor die Mutter hin und erhält von dieser folgende Bc-lehrnng: - „Kleine Tochter, sei bescheiden, eingezogen und auf deiner Hut Tag und Nacht! Hüte dich davor, jemals deinen Schwiegereltern zu missfallen!" Jetzt muss die Braut in die bereitstehendc Sänfte steigen, wobei ihr der Bräutigam die-Thüre öffnet. Dann schwingt er sich selbst in den Sattel und reitet voraus, um die Ankunft der Braut anzukündigen. Stuf dem Wege muss genau achtgegeben werden, dass der Zug nicht an einem alten Brunnen, an einer Ruine oder an einem Trauernden vorbeikomme. Ist aber eine solche Begegnung unvermeidlich, so muss der Braut das Gesicht mit rothem Tuche gut verdeckt werden. Bei der Ankunft der Brautsänfte krachen unzählige Petarden — um die bösen Geister zu verscheuchen. Eine Anzahl sorgsam auserlesener Matronen empfangen die junge Braut am Eingänge ihres neuen Hauses und überschütten sie mit Glückwünschen. Frauen von zweifelhaftem Rufe, Trauernde oder Witwen dürfen für diesen Ehrendienst nicht verwendet iverden. Hierauf bringen Bräutigam und Braut den Ahnen die üblichen Glückwünsche dar, wechseln auch gegenseitig verschiedene Complimente; dann bringt man ihnen ein mit rothem Faden umwundenes Gesäß Wein, aus dem sie gemeinschaftlich trinken. Der Faden soll an die Unauflöslichkeit der Ehe erinnern. Desgleichen essen sie zusammen von einem weißen Huhne, — Um Heil und Glück zn verzehren. Jetzt wird endlich die Brant in einem Ncbenge-mach entschleiert und legt seidene buntgestickte Brautkleider an; auf den Kopf wird ihr ein kronenartiger Schmuck gesetzt. Der Bräutigam darf am Hochzcits-' tage Mandarinkleider tragen; außerdem ist er noch kreuzweise mit einem rothseidcnen Bande umwunden und auch sein Hut ist bunt geschmückt. Nun soll sich das junge Paar zum erstenmal von Angesicht zu Angesicht sehen. Es öffnet sich die Thüre des Nebengemachs und herein trippelt die Braut. Wird sie das Wohlgefallen des Mannes erregen? Gewiss, wenn sie nur recht kleine Füßchen hat, denn Vermischte Nachrichten. 127 darin besteht die Haiiptschönhcit der chinesischen $ innen. Hat nun der Mann seine Frau in Augenschein genommen, muss sich dieselbe in der Mitte des Zimmers niedersetzen und auf ihrem Stuhle stundenlang verharren, bis die Schaulustigen alle ihre Neugierde be-sricdigt haben. Dabei darf die Frau weder meinen noch lochen, weder sprechen noch ausstehen; würde sie ihre Geduld und Fassung verlieren, so hatte sie fürs ganze Leben das Ansehe» verloren. Die müßigen Zuschauer sind aber nichts weniger als ruhig und eingezogen. Alle machen ihre Bemerkungen; der eine lobt, der andere tadelt, und das alles dauert bis der Abend anbricht und die Vielgeplagte erlöst. Während sich im Hause des Bräutigams alles freut, beweint die Muttct der Braut den Verlust ihrer Tochter. Als Zeichen des Schmerzes lässt man noch drei Tage nach ihrem Scheiden keine Lampe brennen. Nach der Heirat lässt man die junge Frau drei Tage im Frieden; am dritten Tage aber muss sic ein Essen bereiten für ihre Schwiegermutter; gelingt es ihr, den richtigen Geschmack zu treffen, so hat sie gewonnen. Deshalb erkundigt sie sich schon beizeiten, ob die Schwiegermutter gern süß oder sauer oder salzig isst; und in der Regel wird dann das Essen zu süß oder zu sauer oder cs ist versalzen. Andererorts herrscht wieder die Sitte, dass die junge Frau am dritten Tage eine neue Hose anfertigen muss, denn das chinesische Sprichwort sagt: „Wer zunächst eine Hose macht, verlebt glückliche Tage." Wie die Neger telegraphieren. Professor Garner berichtet in einer englischen Zeitschrift, wie die Einwohner von Inner-Afrika sich ohne Telegraph dennoch mit weiter entfernten Gegenden zu verständigen wissen. Als Professor Garner einst den Kamerniiflnss hinausfuhr, hörte er in der Ferne den Ton einer eigenartig geschlagenen Trommel und bald darauf eine zweite Trommel, die, ebenso eigenartig geschlagen, der ersten gleichsam antwortete. Er fragte seinen schwarzen Ruderer, was das zu bedeuten habe, und nach genauem Lauschen antwortete dieser; „Vor der Stadt Kamerun liegt ein Fischcrkahn, und der Fischer trommelt; Komme nach dem Ufer, ich habe drei große und zwei kleine Fische zu verkaufen, heute früh erst gefangen." „Und was antwortet die andere Trommel?" Er lauschte und sagte: „Ein zweiter Fischer trommelt: Er lügt, seine Fische sind alt, kaufe bei mir sieben große, frische Fische." In Kamerun angekommen, befahl der Professor dem linderer, ihm die beiden Fischer zu zeigen, und wirklich stimmte alles mit seiner Aussage überein; die Fischer waren noch da und die Fische auch. Einige Zeit nachher befand sich genannter Professor in einer Stadt und verlangte einen Kahn mit Ruderern. Ein solcher Kahn war jedoch in dieser Stadt nicht zu erlangen, indessen sagte ihm ein Neger, dass er sich in einem zwölf Meilen entfernten Orte danach erkundigen wolle. Ein Eingeborener nahm hierauf eine Trommel und ficng an, eigenartig daraus zu trommeln, ähnlich dem Getick des Stiftes in unseren Telegraphcnstationen. Eine entfernte Trommel wiederholte cs ganz genau, darauf schwächer eine dritte; dann hörte man ganz schwach eine vierte Trommel, die es einer fünften signalisierte, endlich hörte man nichts mehr. Nach einiger Zeit empfieng der Professor auf die nämliche Art die Antwort, dass das verlangte Boot mit Ruderern abgefahren sei und zur bestimmte» Zeit eintreffen werde, was auch wirklich geschah, Alle Botschaften werden so von Stadt zu Stadt weiter getrommelt, und da die Ortschaften nur 1500 bis 3000 Meter von einander entfernt sind, kann man das Trommeln deutlich hören. Selbst Vornamen können auf diese Weise mitgetheilt werden. Achnlich wie beim Telegraphieren scheint man sich stets abgekürzter Sätze zu bedienen, z. B.: Boot senden — vier Ruderer. Das Gesagte erklärt vielleicht, wie es möglich war, dass die Araber, welche in der Nähe der Pyramiden wohnten, den Fall der Stadt Chartnm und den Tod des General Gordon im Jahre 1885 schon viele Tage früher wussten, als der Telegraph cs von der Grenze des Sudan nach Kairo berichtete. Und doch ist Chartnm über tausend englische Meilen von Kairo entfernt unb der Telcgraphcndienst überall in den Händen der Regierung. So wussten die Araber zwei ganze Tage früher als die Regierung den Verlust der ägyptischen Armee unter Baker Pascha, sic kannten selbst viele Einzelheiten des Gefechtes, welche erst einige Tage nachher durch telegraphische Depeschen bestätigt wurden. Der Kautschuk. Es gibt am Congo mehrere Arten von Lianen, deren Saft Kautschuk enthält, jedoch diejenige Pflanze dieser Gattung, welche diesen Stoff am reichlichsten besitzt, und zugleich'die einzige, aus welcher er bis jetzt gewonnen wird, ist die L a »-dolphia. Es ist dies eine Schlingpflanze, etwa unserem Ephcu ähnlich, jedoch von riesenhafter Art, deren Hauptstcngel am Grunde mitunter eine Dicke von 20 ein erreicht. Dieser Hauptstengcl theilt sich weiter oben in mehrere Sinne, welche mit feinen Fasern von erstaunlicher Zähigkeit versehen sind. Mittelst derselben hängt sich die Pflanze an die umstehenden Bäume, umschlingt ihren Stamm, klettert auf ihre Sieste und erhebt sich auf diese Weise oft bis zu einer Höhe von 20 Meter. Zwischen ihren 128 Maricn-Vcrein für Afrika. ziemlich spärlich stehenden Blättern von dunkelbrauner Farbe entfalten sich prächtige Sträuße von weißen Blüten, deren köstlicher Dust sich weithin verbreitet. Allein um die Schönheit einer Blume und um ihren Duft kümmern sich die Neger gar wenig; sie haben ungefähr soviel Verständnis dafür ivie der Fisch von einem Apfel. Die ersten Neger, welche von den Weißen bei der Kautschukerntc verwendet wurden, schnitten einfach den Stengel der Pflanze dicht über dem Erdboden ab und sammelten den aus der Wurzel aufsteigenden Saft in einer Art Wasserkannc. Das hieß eine Pflanze vernichten, welche bei angemessener Behandlung noch Jahre hindurch reichlichen Ertrag hätte geben können, weshalb dieses Verfahren auch jetzt gesetzlich streng untersagt wurde. Tie Neger ernten den Kautschuk auf dreifache Weise. Tie im Dienste der amerikanischen Handelsgesellschaft stehenden machen einen Einschnitt in den Stengel und stellen einen Flaschenkürbis darunter. Die anderen, welche ihre Producte an die Factorcien der belgisch-afrikanischen Handelsgesellschaft verkaufen, haben ein zweifaches ebenso mangelhaftes Verfahren. Tie Trägsten von ihnen begnügen sich damit, einige Löcher in den Stengel zu machen, dann lassen sie den Säst zur Erde rinnen und sammeln ihn erst auf, nachdem er sich verdichtet und mit allen möglichen fremden Körpern vermengt hat, welche wohl sein Gewicht vermehren, jedoch seine Qualität nicht verbessern, wie sich leicht einsehen lässt. Andere sind noch erfinderischer darin dieses Product zu entwerten; sie begeben sich in den Wald, nur mit einem gewöhnlichen Messer versehen. Nachdem sie zuerst einen Einschnitt in den Stengel gemacht haben, sangen sie den hervorquellenden Saft mit der Hand aus und bestreichen sich damit die Haut. Sobald kein Saft mehr aus dem Einschnitt fließt, klettern sie höher hinauf, machen abermals einen Einschnitt und gelangen so oft bis zum Gipfel der Bäume, welche die Schlingpflanze tragen. Sie steigen erst hinab, wenn ihre Arme und Beine, ihr ganzer Körper mit der durch die Sonnenhitze teigartig verdichteten Kautschukmasse überzogen ist. Jetzt heißt es aus diesem eigenartigen Handschuh herauszukommen. Dies wird erreicht, iitbem man sich tüchtig mit Sand abreibt; dieser ganz mit Kautschuk durchtränkte Sand wird dann in Kugeln zusammengeballt und gibt den Kautschuk in Kugelform, der dann erst auf ziemlich kostspielige Art gereinigt werden muss. Die so von den Messern der Eingeborenen verwundeten Pflanzen werden bald mit runzeligen Narben bedeckt, sterben jedoch dadurch ab. Jnnner-hin muss man zwei bis drei Jahre warten, che man wieder neuerdings ernten kann. Conscrvieren der Eier bei groszer Hitze. Manche der afrikanischen Missionäre bedienen sich eines sehr einfachen Mittels, um Eier bei großer Hitze zu conservicrcn. Da das Recept für jedes Hauswesen brauchbar sein dürfte, lassen wir hier dasselbe folgen: Auf zwei Liter Wasser nehme man eine Messerspitze voll übermangansauren Kali und mische gehörig, bis das Salz sich aufgelöst und daS Wasser eine dnnkclrothe Farbe angenommen hat. Dann lege man die Eier, welche vorher sorgfältig gereinigt werden müssen, in diese Lösung und sorge, dass sie ganz davon bedeckt werden. Nach einer Stunde nehme man sie heraus, trockne sie ab, wickle sie Stück für Stück in reines Papier und bewahre sie an einem trockenen, frostfreien Orte auf. Die Eier halten sich so über 7 Monate, ohne etwas von ihrem guten Geschmacke zu verlieren, während sie einen unangenehmen Beigeschmack annehmen, wenn sic in Kalk, Spähnen oder dgl. aufbewahrt werden. Die Schale wird zwar braun oder branngelb, was aber gar nicht unappetitlich aussieht. Da die Poren dicht geschlossen sind, so ist dieselbe sehr fest. Die Methode ist einfach und billig. Zum Einwickeln nehme man womöglich weißes Seidenpapier, weil dasselbe die Schale am besten umhüllt. Marienvcrein für Afrika. I» der am 22.Februar abgehaltenen Jahressitzung des Ccntralansschnsses wurden die vorhandenen Vereinsgelder in folgender Weise vertheilt. Die Mission für Centralafrika erhielt 10.000 Kronen, das österreichische Missionshaus in Brixen ebenfalls 10.000 Kronen, die FranciScancr-Misfion in Oberägypten 1200 Kronen, das Missionshaus St. Gabriel bei Mödling 1000 Kronen, die Trinitarier in Gersthof zur Heranbildung von Missionären für Afrika 1000 Kronen, die Oblaten vom heil. Franz von Sales 300 Kronen, der Missionär Franz Mayr in Pietermaritzburg (Natal) 400 Kronen, die Jesuitenmission am Sambesi 200 Kronen und die Franciscanerinnen im Eichgrabcn bei St. Pölten 200 Kronen. -----*— —*-------- Für die Schristleitimg: P. Laticr Geyer F. S. C., Oberer. — Druck von A. Weger's fb. Hofbuchdruckerci, Brixen.