Stern Der Neger Katholische Miffione^Zeitfchrift Herausgegeben von der Kongregation: Missionäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu Heft 4______________ April 1938 41. Jahrgang Wir besuchen die Präfektur Lydenburg. Von P. Tremmel, F. S. C. (Fortsetzung.) Das Unterland. Der Winter ist im Unterland die regen* Nun, lieber „Stern"-Leser, zieh nur schnell deinen Rock aus, denn wir wollen ins Unterland. Da Können wir dies Ding nicht brauchen. Du brauchst dich durchaus nicht genieren, denn ich, der geistliche Herr, der dich begleitet, tue dasselbe. Wir werden ohnedies noch ziemlich warm bekommen. Alles, was unter dreitausend Fuß liegt, gehört zum Unterland. Komati-poort, an der portugiesischen Grenze, ist der tiefstgel'egene Ort in unserer Präfektur und im ganzen Transvaal. Er liegt nur 619 Fuß über dem Meeresspiegel. Er ist heute noch wegen seiner Fieberfälle berüchtigt. Sonst gehört der Großteil des Distriktes Barberton, Nelspruit itnb Pilgrimsrest zum Unterland. Auch Teile vom Distrikt Middelburg, die an den Elefan-tenfluß grenzen, gehören in den Bereich des Unterlandes. Drunten im Unterland, da ist's halt sein. Ja, da ist es fein. Da gibt es keinen Frost und keine Kälte. Da lacht der ewige Sommer. Die blauweiße Wildtaube girrt es freudig vielhundertmal jeden Tag: Im Unterland, da ist's halt schön! Und die wilde Lilie am Buschrand neigt im Abendlüftchen ihren starkduftenden Kelch und lispelt vor sich hin: Ja, im Unter- land, da ift'e halt schön! Der grau-fellige Altaffe schärft es seinen zankenden Kindern ein: „Buben, seid zufrieden in der wasserreichen Waldschlucht. Im Oberland sind wir vollkommen vertrieben. Hier können wir doch stehlen und friedlich aus dem Bache trinken. Ja, im Unterland ist es schön, wenn auch die Kost int Winter manchmal knapp wird." lose Jahreszeit. Mit seinen kalten Armen kann er nicht hinuntergreifen in die lachenden Fluren der ewigen Sonne. Tag für Tag spannt der liebe Himmelvater für Wochen, nein, für Monate, das blaue Himmelsgewölbe über seine Kinder im Unterland aus. Es bietet einen reizenden Anblick. Es wirkt aber wie der Zorn Gottes, wenn zur Zeit der Saat keine Regenwolken am Himmel sind. Das bedeutet Hunger und Not, denn die Menschenkinder können nur Brot erhoffen, wenn sie in naßgetränkte Furchen den Samen streuen können. Kommt ein Mißjahr, so geht der Farmer auf die Bank, um neues Geld aufzunehmen oder das, was er in den fetten Jahren sich zurückgelegt, abzuheben. Der Schwarze aber hat nur eine Hoffnung: Gott, der die Wolken lenkt. Bittgänge im buchstäblichen Sinne des Wortes sind da keine Seltenheit. Ihr Ziel ist oft ein Berggipfel oder ein Baum. Das versteht auch der Heide, daß es da beten heißt. Viele Heiden opfern da das Beste und Liebste, was sie haben. Oft meinten ihre Zauberer, daß Gott Menschenopfer fordere, um den anderen durch einen guten Regen das Leben zu erhalten. Mit Regenmedizinen wollen sie da die Regenwolken an den azurblauen Himmel zaubern. Auch im Unterland wird Mais gebaut, wo immer es geht, besonders von den Eingeborenen. Freilich können die Ernten mit denen des Hochfeldes nicht verglichen werden. Es ist nicht feine eigentliche Heimat. Auch Hirse gewahrt man allerwegen. Die Eingeborenen pflanzen eine Art von Bohne. Sie wird von ihnen Indlubu genannt. Sie ist etwas rundlich und ein Dickhäuter, das heißt, sie hat eine harte Schale. Die Schwarzen essen sie mit Vorliebe. Sie soll sehr gesund sein. Für einen europäischen Magen ist sie freilich etwas schwer. Sie hat den einen Vorteil, daß die Vielfraße von Heuschrecken ihr nicht ankönnen, denn um durch die trockene Erdscholle zu beißen, sind ihre Freßwerkzeuge doch nicht stark genug. So ein Beginnen wäre Selbstmord, und von so etwas wollen die Nimmersatte nichts wissen. Die Blätter ähneln sehr denen der Erdnüsse, die auch sehr gut im Unterland gedeihen. Sie gelten als ein Leckerbissen. Man kann sich an diesen nicht genugessen, und wer immer es täte, dem könnte ich Magenbeschwerden prophezeien. Mit oder ohne Schale werden sie über dem Feuer geröstet und dann verknuspert. Selige Zeiten sind es, auf dem „Braunen" zu sitzen und den kleinen, angebrannten Nüssen, die noch warm in der Tasche sitzen, das Lebenslicht auszublasen. Meist bekommt man sie geschenkt bei der Erntezeit, wenn man bekannte Leute auf dem Felde trifft. Freigebig ist der Schwarze. Das muß ihm jeder lassen. Die Engländer haben diesen Nüssen einen gar spassi-gen Namen hierzulande zugedacht: Nämlich: Monkeynuts, auf deutsch: Affennüsse. Der Name paßt sehr gut. Die Affen sind Schlaumeier. Diese Nüsse schmecken ihnen auch. Sie kitzeln auch ihren Magen. Eine andere Frucht, die bestens im Unterlande gedeiht, ist die stärkehaltige Süßkartoffel. Die Schwarzen — ihr mögt es mir wohl glauben — sind ganz verrückt darauf. Ich bin es auch. Das will ich euch so ganz im Vertrauen eingestehen. Und die Süßkartoffel ist so leicht zu pflanzen. Man kann sie mit Haut und Haar aufessen. Nein, das ist doch zu viel gesagt. Das Haar, das heißt, den Zweig mit den herzförmigen Blättern, muß man übriglassen. Der wird in der Regenzeit einfach in die Mutter Erde gesteckt, und dann heißt es natürlich abwarten, bis sich der köstliche Knollen unter der Erde entwickelt hat. Auch diese Frucht ist gegen die Heuschrecken gefeit. Die grünen Blät- ter können sie wohl verzehren. Der Knollen drunten lacht und denkt sich: Wenn ihr fort seid, werden wir schon wieder frische Blätter treiben. Freilich haben sie auch ihre Schattenseite. Der Süßknollen ist ein eigensinniger Bursche. Er sagt dir frech ins Gesicht: „In Kellerräumen lasse ich mich nicht aufstapeln. Ich bleib' am liebsten unter der dunklen Scholle. Im Dunkeln ist gut munkeln. Du kannst mich holen, wenn du mich brauchst, aber früher nicht. Ich will drunten bleiben." Die frische Luft behagt ihr tatsächlich nicht. Sie wird bald schlecht, wenn zu lange außerhalb der Erde. Die gewöhnliche Kartoffel gedeiht im ganzen Transvaal. Zur Saatzeit ist sie oft sehr teuer, wenn man überhaupt welche bekommt. Ein anderes köstliches Erzeugnis des gepriesenen Unterlandes darf ich nicht übergehen, zumal da viele von den geehrten „Stern"-Lesern auch ihre täglichen Rauchopfer darbringen. Aha, wirst du dir denken, jetzt geht es über den Tabak. Ja, das hast du gut erraten. Dein Herz macht gewiß einen Hupfer, und der Wunsch wird in ihm rege, nach dem Lande zu wandern, wo diese köstliche Gabe gedeiht. Doch, lieber Leser, ich gebe dir den guten Rat: „Bleibe, wo du bist!" Der Tabak wird dich nicht selig machen. Der Tabakpflan-zer hat mit vielen Schwierigkeiten zu Kämpfen, besonders Krankheiten. Und mit noch etwas: Im Norden, in Rhodesien, wird ein so guter Tabak gebaut, daß die Südafrikaner nicht mitkönnen. Somit ist kein Markt. Somit auch kein Geld. Wolltest du nur für dich Tabakkultur betreiben, so könntest du es wohl tun, aber du ivürdest dich krank rauchen mit deinem Rauchtabak und er würde dir bald nicht mehr recht schmecken wegen der trostlosen Aussichten. Doch, wirst du dir denken, der Tabak muß aber bei euch billig sein, wo er doch wächst. Schnecken! sagt man auf .gut bayrisch. Die Glühstengel oder Glühbengel, wie die Dinger auch immer bei euch heißen, sind sündteuer, und alles andere auch, was man zur Familie dec Rauchwaren rechnet. Wie das kommt, ist mir auch stets ein kleines Rätsel geblie- Heft 4 Stern der Neger 51 Grundsteinlegung einer neuen Brücke über den Luluaba-Kongo. Die neue Brücke in Nord-Katanaa (Belgisch-Kongo) soll nicht bloß die Ufer des Luluaba, sondern auch Eisenbahnstrecken und Hauptstraßen verbinden. Am 31. Oktober nahm Ex;. Haezaert, der Älpostol. Vikar von Ober-Kaianga, in Gegenwart des belgischen Gouverneurs Ryckmans die Weihe des Grundsteins vor. (Fides-Foto.) ben. Rauchen ist halt ein Luxus, und der Luxus muß bezahlt werden. Auch die Eingeborenen sind diesem Luxus hold. In dem Punkte stimmen sie merkwürdigerweise mit den Weißen überein. Wie oft wurde ich doch schon um ein klein wenig Kautabak angebettelt. Er schmeckt wie Zucker im Munde eines solchen Kcaus-kopfes. Freilich kommen solche Tabaksechter bei mir schlecht an, denn ich rauche nicht. Ich habe diese edle Kunst nicht erlernt. Wer selbst eine Kunst nicht übt, hat auch kein Verständnis für die schreienden Bedürfnisse anderer in dieser Hinsicht. Ein Geständnis muß ich aber doch machen: Zeitweilig führte ich eine Schnupftabakdose auf meinen Ritten mit, um den lernenden Weibern einen kleinen Trost bei der schweren Arbeit des Lernens zu bieten. Ein lieber alter Mitbruder sorgte, daß meine Dose stets neu gefüllt wurde. Die Weiber schnupfen fast alle. Und wie! In meinem ganzen Bilderschatz finde ich nichts, was die Schnupferei einigermaßen gurrt Ausdruck bringen könnte. Gewöhnlicher Rauchtabak wird mit Steinen gemahlen und dann sorgfältig in die Dose geschüttet. Die Schnupftabakdose trägt die schwarze Madame mit, wie wir den Geldbeutel. Oft hat sie dieselbe an dem Kleid befestigt. Als Dose dient oft eine Schale von einer kleinen Kürbisart. Auch Patronenhülsen sah ich schon. Oft kommt eine Prise in die Rase, eine andere wandert in den Mund. Das ist dann ein Doppelgenuß. Sie glauben, daß das Schnupfen gesundheitsfördernde Wirkungen auslöst. Daß man in Europa Frauenzimmer schief ansieht, wenn sie der schmutzigen Leidenschaft des Rauchens und Schnupfens ergeben sind, ist Weibern der schwarzen Rasse ganz unverständlich. Den Tabak pflanzen sich die Schwarzen selbstredend selber. Bei den meisten Kralen kann man ein Gärtchen mit Tabakstauden antreffen. Gegen das weidende Rindvieh, Ziegen und anderes Getier, das den Garten beschädigen könnte, wird der Garten mit Baumästen und Reisig umzäunt. Tabakfelder müssen gut gedüngt werden, sonst braucht man keine großen Hoffnungen zu hegen. Besonders die Arbeiter in den Minen verrauchen das wenige Geld, das sie sich durch ihre saure Arbeit erwerben. Die meisten kennen den Wert des Sparens und das Rechnen mit der Zukunft nicht. Ihr Geld geht wie Rauch auf im Tabak. (Fortsetzung folgt.) Gebeismeinung im Monat April: Mr jene aussichtsreichen mittelafrikanischen Mjssionsgebiete/ öie öurch 6en von Korben voröringenöen Islam beöroht |mö/ Die Missionsgebiete, die hier in Betracht kommen, liegen zwischen Abessinien und dem Senegal. Unter der Negerbevölkerung dortselbst zählt man vier Millionen Katholiken und Ka-techumenen. Ihnen stehen aber ln Nordafrika nO Millionen Mohammedaner gegenüber, die mit allen Mitteln veÄuchen, die verschiedenen Negerstämme zu ihrer Religion herüberzuziehen. Die katholische Kirche braucht dort vor allein zahlreiche Schulen; ferner ist es dringend notwendig, daß die europäischen Regierungen, denen diese Völker mehr oder weniger unterstehen, um des wahren Glückes der Eingeboren nen willen der christlichen Glaubensverbreitung sich wohlgesinnt zeigen. Abram Golden. „Sie meinen den alten Abram Golden, der krank war?", sagte eine Stimme am Telephon. — „Der ist heute nacht gestorben. Und so ist ja die Frage gelöst." — „Ja, die Frage ist gelöst", antwortete ich, und hing den Empfänger an. Die Frage war gewesen, ob wir den alten Farbigen, nachdem er aus dem Gefängnis entlassen war, auf unsere Mission nehmen würden. Nun hatte ihn der Herrgott heimgenommen und die Frage war gelöst. Ich gehe jeden Sonntag ins Middelburger Gefängnis, um Gottesdienst zu halten. Eines Morgens, nach der Predigt, kam ich in die Krankenabteilung und dort traf ich den alten Abram Golden. „Nun, Onkel, wie geht es?", sagte ich in meinem besten Kap-Holländisch. Und wir kamen ins Gespräch. Er war ein Protestant und hatte viele Jahre im Gefängnis zugebracht. Ich weih nicht, was sein Verbrechen war. Die Wärter hatten ihn gern und seit langem war er Kuhhirt für das Gefängnis gewesen. Dann wollten seine Fühe nicht mehr mittun. Ich war in groher Eile an jenem Morgen und verlieh den Alten, ohne für ihn laut gebetet Zu haben. Das gefiel ihm nicht. Vergangenen Sonntag war ich wieder im Gefängnis. Abram hörte mich predigen und er- kannte meine Stimme. Er schickte einen Freund, mich zu holen. Der Kranke lag auf dem Boden auf einer Matratze und ich sah, dah es abwärts ging. Ich kniete mich zu ihm und ein ganzer Trupp. schwarzer Gefangener schaute zu und hörte zu. — „Dein Herz ist traurig?", fragte ich. — „Ja, Vater, sehr traurig." — Und warum denn?" — „Ich möchte meine Angehörigen noch einmal sehen." — Dann erzählte mir Abram, er komme von der Kapkolonie. Dort lebe noch sein Bruder, der schon über hundert Jahre alt sei. Er zog ein Bündel Briefe hervor und gab mir einen. Darauf stand die Adresse, und ich sollte diesem Bruder doch schreiben, was ich versprach. — „Ich fürchte mich nicht, zu sterben", sagte Abram, „ich will sterben. Mein Leib ist schwach, aber die Seele ist stark. Nur die Heimat möchte ich noch einmal sehen". — Ich sprach ihm Trost und Mut 311: „Gott wird dich holen, wenn du stirbst. Du bist alt. Ich bin noch jung und hoffe, noch einige Zeit zu leben und für Gott zu arbeiten. Wenn du zu Gott kommst, muht du für mich beten." — „Ja, Vater", sagte er etwas kleinmütig. Ich wünschte, ich hätte ihm die Tröstungen unserer heiligen Religion reichen dürfen. Schließlich bat er, für ihn ein ©diet zu verrichten. Ich betete in Englisch und ein iSchwarzer übersetzte es. Alles ging gut. Nur als ich betete: „Herr, sieh herab auf deinen Diener Abram, unseren Bruder", da schaute mich mein Dolmetsch groß an und übersetzte dann: „Abram, unseren Vater". — Er war doch so alt, beinahe hundert Jahre alt. Mit meinem Segen und einem Händedruck verabschiedete ich mich von Abram. Ich werde ihn nie mehr sehen. Hoffentlich er- innert er sich daran, beim lieben Gott für mich zu beten. Vor mir liegt der Brief, den der über hundertjährige Bruder an Abram schrieb. Und da heißt es: „Ich bin froh, daß deine Zeit so nahe ist. Bete zu Gott, daß er dich gut mache und den Teufel von dir wegnehme . . ." P. St eiöle, F. S. C. Die Schulen der Misfionsstation Glen Cowie halten ihre Schlußfeier. Jedes Jahr, bevor unsere Schüler in die Weihnachtsferien gehen, wird auf unserer Missionsstation Gien Cowie eine Schulschlußfeier veranstaltet. Im vergangenen Jahr war sie aus Sonntag, 21. November, angesetzt worden. Vier Schulen veranstalteten diese Feier, die Hauptschule der Station und drei Außenschulen. Einer gewitterschweren Nacht mit wenig Regen folgte ein drückend heißer Novembertag, denn hierzulande fällt der Novembermonat in die Sommerszeit. Nach acht Uhr kamen die Schüler der Außenschulen mit ihren Lehrern unter Trommelwirbel anmarschiert. Die Trommel darf ja bei der schwarzen Jugend nicht fehlen, wenn es zu einem Feste gehen soll. Auch die Schüler der Station machten zur Einleitung des Festes einen Rundgang mit der restaurierten großen Trommel an der Spitze. Ein Esel hatte vor kurzem sein Leben lassen müssen, damit mit seinem Fell die zerschlagene Trommel wieder hergestellt werden konnte. Nun wurde es lebendig auf der Station, die Trommel-schläge haben auch noch anderes Volk angelockt. Der Gottesdienst war wie immer um 10 Uhr und das Kirchlein war so voll, daß die Kommunizierenden nur mit Mühe die Kommunionbank erreichen konnten. Nach dem Gottesdienst galt es, sich für den Nachmittag zu stärken. Manche singen gleich damit an, die mitgebrachten Eßwaren zu verzehren. Aus Anlaß der Feier erhielten die Schüler ein besseres Mahl verabreicht. Das ist so üblich. Ein Bock oder eine Geiß oder etwas Ähnliches muß da immer herhalten, damit wenigstens an diesem fest- lichen Tag der steife Maisbrei bester rutscht. Mode am Kongo. Es sind Negerfrauen, die mit den Erzeugnissen ihrer Gärten auif den Markt gehen. Der eigentümliche Lippenschmuck ist das Ergebnis eines langwierigen und nicht ganz schmerzlosen Verfahrens. Ein Stück Holz wiro in das Kinn eingeführt, die Öffnung allmählich immer größer gemacht, bis Metall- oder Dlfenbeinplatten von gewisser Ausdehnung notwendig sind, um als Schmuckstücke die Öffnung zu schließen. Ein eingeborener Seminarist bildet sich nebenher im Schmiedehandwerk aus. Im Seminar von Shire-Nyassaland bereiten die Montfort-Missionäre die jungen Afrikaner auf das Priestertum vor, indem sie ihnen auch Gelegenheit zur Handarbeit geben. (Fides-Foto.) Kauflustige besuchten inzwischen die kleine Ausstellung von Näh- und Strickwaren, die von unseren Loretoschwestern arrangiert worden war. Die Sachen wurden unter ihrer Anleitung von Eingeborenenmädeln verfertigt und konnten jetzt zu billigen Preisen gekauft werden. Hierin gleichen die Schwarzen auch den Weißen, sie kaufen gern, wo sie etwas billig kriegen. Nachdem so für Nahrung und Kleidung gesorgt war, ist es Nachmittag geworden. Um zwei Uhr marschierten die Schüler mit ihren Trommeln im Missionshof auf. Schnell versammelte sich eine ganz ansehnliche Gruppe von Zuschauern, bestehend aus dem Missionspersonal und vielen Eingeborenen. Sogar ein paar Häuptlinge waren erschienen. Auch jene, die sich einem Mittagsschläfchen hingegeben hatten, wurden vom Lärm der Trommeln aufgeschreckt und kamen herbei, sich das Theater anzusehen. Jetzt sollte ja die eigentliche Feier angehen, wo die Schüler an die Reihe kamen, den Zuschauern etwas zu bieten. Zuerst wurden Darbietungen im Singen gegeben. Abwechselnd traten die Gruppen mit ihren Lehrern und Lehrerinnen vor, um ihr Können zu zeigen. Der Text, oft nur aus wenigen Worten bestehend, wird durch Wiederholungen zu einem langen Lied, ohne jedoch die Zuhörer zu langweilen; denn die schönen ge- mischten Stimmen und die eigenartigen Bewegungen, die dazu gemacht werden, machen es interessant. So mancher kleine Knirps kann sich dabei so unbefangen und drollig zeigen, daß jedermann lachen muß. Nach dem Singen gelangten gymnastische Übungen zur Vorführung. Dieselben fallen den Eingeborenen auch nicht schwer, gelenkig sind sie genug. Sie machen dabei das gleichgültigste Gesicht der Welt. Am meisten wurde eine Gruppe Mädchen bewundert, die mit Flaschen auf dem Kopf einen Tanz aufführten, ohne dieselben irgendwie zu halten. Jeder der Lehrer wollte selbstverständlich mit seinen Schülern die größeren Künste aufführen. Zum Schluß rüstete man sich noch zu einem gemeinsamen Aufmarsch. Die Trommeln, beinahe ein Dutzend, und von verschiedener Größe, wurden wieder umgeschnallt und während die Trommler nach allen Regeln der Kunst draufloshämmerten, ging es eine halbe Stunde um den Platz herum, mehr im tanzenden als im militärischen Schritt, jeder der Buben mit einem langen Stecken ausgerüstet. Die Mädchen besorgten dabei den Gesang. Ja, wenn die Trommel schlägt, da fährt es diesen Menschen in die Glieder, und selbst manche Alte führt abseits für sich ihren Tanz aus. Schließlich traten die einzelnen Gruppen den Heimweg an und die Schlußfeier der Schule war beendet. Chemie-Uni erricht in Griqualand. Das Bild lässt einen Blick, in die Mariamchiller „High-School" (höhere Schicke) im gleichnamigen Vikariat in Siidafrika tun. Die Schwester hat Universität-prüfung gemacht und gehört zu den 379 meist deutschen Schwestern, die hier in Schulen, Kollegien und Hospitälern arbeilen. (Fides-Foto). Bis zum Freitag mußten die Schüler noch auf der Schulbank ausharren. Die Kinder, die hier auf der Station als Zöglinge wohnen, schnüren schon am Morgen des letzten Schultages ihr Bündel; wenn dann am Nachmittag die Schule aus ist, haben die Mädchen auch schon ihr Bündel auf dem Kopf und wandern heimzu. Die Buben sind mehr darauf aus, irgendein Fahrzeug zu erwischen, wenigstens einen Esel zum Reiten. Mancher weiß sich sogar ein Fahrrad zu verschaffen. Die Ferien dauern sechs Wochen. Die Rückkehr geht nicht so feierlich und so eilig vonstatten. Da kann es vorkommen, daß sich die freiheitsliebenden Naturkinder um einige Tage verzählen und lieber zu spät als zu früh kommen. Br. Gottfried O b e r st a I l e r, F. S. C. Plauderei aus Südafrika. Br. A. Gogol. Tiere zeigen irrt allgemeinen keine Neigung zu geistigen Getränken, doch findet man gelegentlich Sonderlinge unter ihnen, denen der Gaumenkitzel des Alkohols zusagt und die sich nicht ungern „beschimpfen". Auf einer Zuckerpflanzung in Natal wurde die Melasse (Rückstand bei der Zuckecgewinnung) in einer Grube abgelagert, um später als Dünger benutzt zu werden. Dort kam sie mit anderen Abfall-stoffen zusammen und begann bei war- mem, feuchtem Wetter zu gären und sich in einen starken Schnaps zu verwandeln. Zuerst hatte die Süßigkeit der Melasse selbst manche Tiere angezogen, die dann dem umgewandelten Erzeugnis die Treue bewahrten. Zu den ausdauerndsten Stammgästen dieser Freischenke gehörte ein Dachs, der sich gewöhnlich kurz vor Sonnenaufgang einfand, um sich am feurigen Naß zu laben. Wenn er ankam, benahm er sich durchaus korrekt, d. h. ec kümmerte sich nicht im geringsten um andere Tiere. Eine Schwester als Augenärztin. Eine der 524 Schwestern aus dem apostol. Vikariat von Transvaal im Bezirk von Johannesburg. Die katholischen Missionäre unterhalten in Afrika 1075 Armenapotheken, wo jährlich über 11 Millionen Fälle behandelt werden. Die erste Annäherung der Missionäre an die Bevölkerung geschieht oft durch diese Armenapotheken, wo die eingeborenen Nichtchristen am ehesten die christliche Barmherzigkeit kennen-lernen. (Fides-Foto.) Wenn aber der Morgentrunk zu wirken begann, Karn die Streitsucht des Trunkenboldes über ihn, die ihn reizte, mit allen andern Lebewesen Händel anzufangen. In diesem Zustand zeigte er eine besondere Vorliebe für die Blätter eines Wolfsmilch-baumetz, der giftig ist. Ihr Genuß schien nur die berauschende Wirkung der vergorenen Melasse zu verstärken. Ein anderer Stammgast war eine schöne Buschbock-Antilope, die sich gewöhnlich vor Sonnenaufgang zurückzog. Wenn aber der Schnaps besonders stark geraten war, blieb sie länger und entfernte sich taumelnd erst, wenn die Sonne bereits hoch am Himmel stand. Der Alkohol stimmte das Gemüt dieses ohnehin sanften Tieres auf Bruderschaft mit der ganzen Welt. Mit allen übrigen Tieren suchte es sich auf freundschaftlichen Fuß zu stellen und mit ihnen zu spielen. Nur ein Ding konnte es nicht leiden- das war sein eigener Schatten, dem zu entgehen, es sich drehte und wendete, bis ihm schwindelte. Eines Morgens beobachtete ein Schwarzer die lächerlichen Bewegungen der beschwipsten Antilope und ging auf sie zu» um der Sache auf den Grund zu kommen. Anstatt zu fliehen, torkelte das freundschaftsbedürftige Tier aus ihn zu, um mit ihm zu spielen. Der Eingeborene stand einen Augenblick sprachlos da, dann packte ihn die Furcht und mit dem Ausrufe „Ta-gati" (eine Zauberin) lief er davon, so schnell ihn seine Füße trugen. . Zahlreiche Assen machten kein Hehl daraus, daß auch ihnen der süße Schnaps munde. Tagsüber fanden sich 20 bis 30 von ihnen ein, die sich eifrig am wohlfchmek-kenden Gcubeninhalt labten. Wenn sie befriedigt waren, pflegten sie sich in den nahen Busch zurückzuziehen und mit lautem Geschrei zu spielen oder sich zu balgen, je nach Neigung und Eigenart. Der Alkohol schien ihr Sehvermögen anzugreifen: wenn sie von Ast zu Ast sprangen, beurteilten sie den Abstand häufig unrichtig. Alsdann kam der Leopard auf seine Rechnung. Nach einem Melasse-Gelage der Vierhänder pflegte er gut zu speisen, wie die zahlreich umherliegenden Afsengerippe schließen ließen. Umschau. Im Land der Dagari. Naorongo (Oolbhüfte, Westafrika). Man hörte viel und hört noch von den Massenbekehrungen unter den Dagaristämmen. Vor Jahren waren es tausende, die vier, fünf Tage weit herkamen, um vom Missionär die „Medaille" zu erhalten. Hat der erste Andrang aufgehört, so darf man immer noch von einer Massenbewegung sprechen. Natürliche und übernatürliche Gründe spielen dabei mit. Als die Missionäre sich in Jirapa, ihrem ersten Posten in Dagariland, niederließen, wütete allenthalben die schmerzliche Hautkrankheit des „Pian" ober, mehr wissenschaftlich ausgedrückt, die Frambösie. Mit Hilfe eines Arztes gelang es dem Missionsobern, ein Heilmittel, bestehend in Einspritzungen, zu finden. Schon nach den ersten Injektionen verschwanden die Hautausschläge. Das sprach sich herum, kaum konnte der Missionsarzt die Kundschaft bedienen. Das Vertrauen der Schwarzen war gewonnen. Eine andere Begebenheit sollte beitragen, das Ansehen der Missionäre zu heben. Eine schwerkranke Greisin verliert eines Tages das Bewußtsein, man hält sie für tot und denkt an das Begräbnis. Der Missionsobere wird gerufen, gibt ihr einen herzstärkenden Trank und eine Kampfereinspritzung. Die Totgeglaubte kommt zu sich und erholt sich unter guter Pflege völlig. Für die Schwarzen war der Pater der Lebens-erwecker. Hatten sie doch mit ihren eigenen Augen die Alte sterben sehen! Soll der, der so Macht über das Leben hat, nicht auch dem Wetter gebieten können? Die Zauberer haben in' einer großen Trockenheit alles versucht, umsonst. Der Himmel bleibt verschlossen. Eine Abordnung geht zum Missionär, er solle regnen lassen. Der Pater erklärt sich außerstande. Nur einer ist Herr über das Wetter, der eine, wahre Gott. Zu ihm müßten sie beten. Man veranstaltet eine Prozession mit Allerheiligenlitanei wie in den Bittagen. Und das Vertrauen sollte nicht getäuscht werden. Man kehrte heim, aber auf halbem Wege brach ein Regen los, der drei Tage dauerte. Jetzt wurde die Mission im Sturm genommen. An einem Sonntag waren nicht weniger als 16.000 Neger erschienen, die beten und die Medaille erwerben wollten. Kaum konnten die Missionäre die dreißig Meter vom Wohnhaus zur Armenapotheke gehen. Sie wurden förmlich belagert von Alten, Jungen, Männern. Frauen und Kindern, die alle dasselbe auf den Lippen hatten: „Vater, bitte, frage mich ab, ich weiß die Gebete, gib mir, bitte, die Medaille!" Vier neue Stationen, zwei im Vikariat Naorongo und zwei im Vikariat Bobo-Dioulasso sind seitdem errichtet worden. Die Bewegung ist mehr in die Tiefe gegangen, sie hat an Intensität gewonnen. Die Medaille ist nicht mehr eine Art „Fetisch". Aber auch heute ist es möglich, an Sonntagen 5000 bis 6000 Personen auf einer Missionsstation versammelt zu sehen. Alle wollen sie Unterricht im Glauben. An den „Großen Sonntagen" kommen alle Katechumenen, auch die weitest entfernten, auf die Station, um den Unterricht des Missionärs und die Messe zu hören, an gewöhnlichen Sonntagen bleiben die entfernt wohnenden zu Haus, um unter Leitung ihrer Katechisten den Rosenkranz zu beten, die Meßgebete zu verrichten und unterrichtet zu werden. In Random steht die von Bruder Basilides errichtete Kirche, eine Zierde für die ganze Goldküste. Sie ist ganz aus Stein gebaut und faßt Ameisenhügel wird in Transvaal als Backofen gebraucht. Die einheimischen Trans-vaaler sperrten die Augen weit auf, als sie die frischen heißen Brotlaibe aus dem Ameisenhügel kommen sahen. Ein unternehmungslustiger Italiener, Herr Pietro Sciacero, war auf diese gute Idee gekommen. (Fides-Foto.) Eskimomutter mit Zwillingen. Die Eskimo auf Alaska sind nicht mit irdischen Eliicksgiitern gesegnet. Sie fähren einen harten Kampf gegen' ein äberrauhes, unwirtliches Klima. Aber sie haben einen Schatz, der in einem vorbildlichen Familienleben und der Freude an zahlreichen Kindern besteht. Die Zwillinge der glücklichen Eskimomutter auf unserem Bild sind bereits von den Jesuitenmissionären, die das Leben der Eskimo teilen, getauft worden. (Fides-Foto.) 3000 Besucher. Einen Fehler hat sie. Sie hat keine Glocken. Sie wären längst da, wenn man sie herbeischleifen könnte, auf dem Kopf tragen könnte wie die Steine und das andere Material, das die Eingeborenen kilometerweit herbeischafften. Aber das Metall fehlt und die Gießerei ist unbekannt! Vor der Taufe verbringen die Katechumenen ein paar Monate mit Kind und Kegel auf der Mission. Es ist bewunderungswürdig, wie die Eingeborenen für Unterkunft und Unterhalt sorgen! Die Frauen holen Wasser, die Kinder sammeln Stroh, die Männer bauen die Hütten. Alle vierzehn Tage werden drei Mann beurlaubt, um aus ihren Heimatdörfern die nötigen Lebensmittel für die Familien zu holen. Die zwei Monate auf der Mission sind so der Handarbeit, dem Gebet und dem Katechismusstudium gewidmet. Überraschend groß ist hier die Zahl von alten Leuten, die nach der Taufe und den anderen Sakramenten verlangen. Sonst überläßt der Schwarze gern den Unterricht der Jugend mit der Begründung: das gilt soviel, als wenn wir selber hingingen! Bei den Dagari ist das Heilsverlangen unter den Erwachsenen groß. Als Beispiel diene folgendes heitere Intermezzo. Der Priester war bei der Frage angelangt: „Willst du getauft werben?" Der alte Täufling, statt sich mit dem Ja zu begnügen, hält eine ganze Rede: „Kennst du mich denn nicht? Hab ich dir nicht hundertmal gesagt, daß ich Christ werden will? Hätte ich meine Frauen entlassen und aus alle meine heidnischen Bräuche verzichtet, wenn ich nicht die Taufe gewollt hätte?" Ganz entrüstet war der Alte, daß man ihm noch mit einer solchen Frage kam. So darf man mit Gottes Gnade wohl auf weitere glückliche Ernte rechnen. An Weihnachten hatte man 2000 Taufen und an Ostern eine noch größere Gruppe. Bis 1941 dürfte die Zahl der Christen auf 15.000 bis 16.000 angewachsen sein. Ein opferbereites, arbeitsames, gläubiges Volk, verdienen die Dagari wohl die Tröstungen des Glaubens. Allabendlich hört man sie nach dem Abendgebet in ihren schwermütigen Weisen das „Ave Maris Stella" singen. Es klingt wie der Gesang von einer Barke, die hier abstößt, um >n der Ewigkeit zu landen. (Fides.) Südafrikanische Neger verteidigen die Erziehungsmethode der Missionäre. Lydenburg (Transvaal, Südafrika). — Fm Dezember tagte zum erstenmal in Pretoria der vor einem halben Jahr gewählte Ausschuß für die Angelegenheiten der Eingeborenen. Bei dieser Gelegenheit nahmen einige Schwarze Stellung zu dem Bericht der Schulkommission über das jetzt bestehende Unterrichtswesen unter den Eingeborenen. In diesem Bericht an die Regierung war die Behauptung aufgestellt worben, daß viele Eingeborene mit der Erziehungsmethode der Missionäre nicht mehr zufrieden seien: es seien also diese privaten Missionsschulen den modernen Ansprüchen auf Bildung nicht gewachsen. So machte die Kommission den Vorschlag, die Regierung solle im Laufe der 8eit die Missionsschulen auflösen und die voll« Kontrolle über die Erziehung der Schwarzen übernehmen. Eine Reihe von schwarzen Rednern _ erhoben dagegen energischen Einspruch und wiesen die Behauptung der Kommission von der Unzufriedenheit der Eingeborenen mit der Erziehung der Missionäre als der Wahrheit widersprechend entschieden zurück. Ganz im Gegenteil seien die Eingeborenen mit der großzügigen Erziehung die sie in den Missionsschulen erhalten, sehr zufrieden und wünschten daher deren Fortdauer. Stets wüßten sie den Missionären für das hohe Gut der Erziehung aufrichtigen Dank. Ähnliche Beobachtungen konnte man in Seku-kuniland machen. Dort nahmen bei der Schlußfeier der Schule auf der Station ©len Cowie drei Häuptlinge und die Stellvertreter von zwei anderen teil und sprachen sich sehr anerkennend über die Leistungen der seit 1929 bestehenden Schule aus. (Fides.) Mein erstes Jahr in Südafrika. Unter diesem Titel schildert eine junge Missionsärztin, Fräulein Dr. Maria Kunz vom Missionsärztlichen Institut Würzburg, anschaulich ihr apostolisches Wirken, die Leiden und Freuden ihres Berufes unter der schwarzen Bevölkerung der Mission Queenstown in Südafrika. Wir entnehmen ihrem Bericht an die „Fides" die folgenden interessanten Ausführungen: ... „Auf vier Missionsstationen habe ich einen kleinen Raum, 'wo ich die Kranken untersuchen und kleinere chirurgische Eingriffe vornehmen kann. Auf den übrigen Stationen sieht mir entweder eine Hütte, oft die des Häuptlings, immer aber Gottes freie Natur zur Verfügung. In Gegenden, wo die Christianisierung und Zivilisation schon etwas vorgedrungen ist, war die „Kundschaft" gleich von Anfang recht gut. An Orten, wo alles noch heidnisch ist, mutzte ich erst das Zutrauen langsam zu gewinnen suchen. Oft stoße ich da auf großen Widerstand. So brachte man mir eines Tages einen lchäh-rigen Jungen ins Spitälchen mit einer riesigen Geschwulst am linken Unterschenkel. Wie ich d»n Leuten erklärte, man könne das Leben des Knaben nur retten, wenn man das erkrankte Bein amputierte, erklärte mir der Vater: „Du bist eine Weiße, du wirst die Krankheiten von uns Schwarzen nie erkennen." So nahm er den Kranken gleich wieder mit nach Hause. Ein andermal wollte ich einem kleinen Kinde wegen schwerer Bindehautentzündung Augentropfen geben. Da wehrte sich die Mutter: „Nein, nein, das verstehst du nicht besser: das ist gut, daß das Kind diese Krankheit durchmacht."'.In Gegenden, wo die Zauberdoktorei noch recht in Blüte steht, ist es fast unmöglich, eine Anamnese (Vorgeschichte einer Krankheit) aufzunehmen. Da bekommt man immer wieder zur Antwort: Wenn du ein rechter Doktor bist, so mußt du es selber wissen, wo es mir weh tut. oder: deshalb komme ich ja zu dir. damit du mir sagst, wo es mir weh tut. So find aber lange nicht alle. Schon oft ist es vorgekommen, daß einer im Namen mehrerer zu mir sprach: Wir danken dir, daß du zu uns kommst und uns deine gute Medizin gibst. — Sie nennen meine Medizin auch vielfach — ama Roma iyeza — katholische Medizin. Es ist überhaupt oft rührend, wie viel Dankbarkeit und Aufmerksamkeit man bei diesem schlichten Naturvölklein erleben kann. Ich wundere mich nur, wie feinfühlig sie sind. Untersuchen lassen sich die Koffern gern, nur darf es kein Geld kosten. Neulich meinte einer, der noch ein Stockheide war: „Was, du bist von Gott gesandt, uns zu helfen, und jetzt verlangst du Geld dafür?" Einen schwarzen Lehrer machte ich aufmerksam, daß er mir noch Geld schulde. Er bat mich, ich sollte noch warten. Ich sagte: „Gut, ich traue dir", und fügte bei: „Ich bin nur zu gut mit diesem Volke." Da antwortete er ganz lebhaft: „Ja, das ist wahr, Doktor, du bist zu gut mit uns, aber deshalb haben dich auch alle gern, und deshalb kommen auch alle zu dir —.“ Wenn die Medizin geholfen hat, oder z. B. ein Kind geheilt aus dem Spital entlassen werden konnte, so kommen sie noch Monate später und sagen: „Sieh dir dein Kind an, du halst es gesund gemacht —." Ambulant wurden vom 25. März bis 31. De- Apostel im hohen Norden. Der Oblatenmissionär Pater Heinrich bereitet sich sein Mittagessen in seinem Eisblock-P'farrhaus an der Pelly Bay, Alaska. (Fides-Foto.) zember 1936 nicht weniger als 3491 Patienten behandelt, davon waren ©92 Hüttenbesuche, die teils zu Pferd, teils zu Fuß gemacht werden mußten. Der Regierung wurden 77 Infektionskrankheiten gemeldet,- davon waren einige Lepra, einige Typhus, die große Mehrzahl aber Tuberkulose. Anfangs Mai wurde der erste „Bpüalpatient“ aufgenommen. Ich wurde weit weggerufen in eine Hütte und fand ein schwerverbranntes dreijähriges Kind. Auf der ausgedehnten Wunde lag dick das beliebte Allheilmittel der Koffern: Kuhmist. Die Eltern wollten mir das Kind mitgeben, wenn auch die Mutter mitdürfte. Ich war einverstanden. Run aber wie die beiden unterbringen? Wir befaßen keine Betten. Die Schwestern schafften einen Strohsack her, und die beiden stihlten sich gang wohl auf dem primitiven Krankenlager. Ich wunderte mich selbst, wie rasch und schön unter der geeigneten Behandlung die Heilung sich vollzog. Ende Mai bekamen wir zehn Betten. Zwei alte -Schul-räume mit kleinen-Fenfterchen und Lehmboden bilden die Spitälräumlichkeiten. Bis Ende Dezember wurden unter diesen Verhältnissen 96 Patienten versorgt. Darunter waren 21 chirurgische Fälle, sechs Geburtshilfen, 68 interne Fälle. <,.Fides"., Mota Saheb.* Von Erlebnis zu Erlebnis im Wunderland Indien. Bon Johann Baptist Müller, S. J. (Fortsetzung.) „Saheb kennt ja Vize-Vorsteher X. Ihm sind -lange Finger. — Tat Stühle verkaufen von Wartsaal. — Viel Paisa (Geld) erhalten. — Zehn Büchsen Ghie (ausgelassene Butter) von Waggon nehmen. Tat verkaufen. — Gut Kam (Geschäfts gemacht. — Viel Paisa bekommen. — Polizei kommen, — heimlich Untersuchung machen. Darum X-Saheb fort müssen zu Jtürsi." „Wer hätte das gedacht, Hassan!" „Ja, Saheb, so ist immer: wie treiben, so enden. — Kommt Polizei, Lachen aufhört. Besser Tausende lassen gehn und bleiben ehrlich!" „Gut gesagt, Hassan, so wollen wir es halten, gelt?" Mit sichtlichem Wohlgefallen schmunzelt Hassan über dieses Lob. Aber er hat noch was auf Lager. Er wird's schon verraten. „Wieviel Mordslärm heute morgen im Goanesen-Viertel, Saheb!" „Nun, was war denn da los?" „Herr Silva mit Flinte in Hof zwölf Hühner, männliche, totmachen." „Warum denn?" „Frau Silva legte Eier für Brüten in Korb. — Schöne kleine Hühner davon geboren. Nachher alles männlich. Silva Saheb sehr böse. Gegen Frau wütend. Lief herum ganz wild. Tat laut brüllen: ,Hühner will ich haben, nicht Hähne. Legen doch keine Eier. Warum immer Hähne kommend? Tun nix als fressen? Dann Silva Saheb mit Flinte hinterher. Darum von Schießen alle Hähne totgegangen." Fürwahr, der indische Barbier ist ein interessanter Mensch, der es versteht, gut zu beobachten und das Gesehene und Gehörte den Sahebs, die er bedient, in spannender Form mitzuteilen. Kein Wunder, daß man * Der Abdruck erfolgt mit Zustimmung des Verlages Herder & Co. in Freiburg (Breisgau), Baden. ihm gerne zuhört und daß sein Besuch ein angenehmes Erlebnis ist. Mein Barbier Hassan indes, ein älterer Mvhammedaner in den fünfziger Jahren, war eine mehr schweigsame, ruhige, tief religiöse Natur. Nur schwer war er zum Reden zu bewegen. Weil er bei mir bloß den Bart ein w-enig zurechtzustutzen und das obere Gesicht ein bißchen zu rasieren hatte, kam er nur zweimal im Monat und war auch dann bald fertig. In allem, was er mir dabei kurz erzählte, war er sehr vorsichtig, und die sittlichen Lehrsprüche, die er an seine Anekdötchen anknüpfte, waren oft überraschend zutreffend. Aber ein Ereignis, das seine ganze -Seele erfüllte, wußte er mir mit mehr Beredsamkeit zur Kenntnis zu bringen. Und das war seine bevorstehende Wallfahrt nach Mekka, zum Heiligtum seines Propheten. In der Tat war diese weite Reise für einen armen Mohammedaner int fernen Indien kein geringfügiges Unternehmen. Feierlich enthüllte er mir seinen Entschluß. „Saheb", sagte er tief bewegt, „ich werde alt. Jetzt ist es für mich Zeit, eine große Lebenspflicht zu erfüllen. Als treuer Bekenner des Islam muß ich einmal nach Mekka pilgern, so schwer es auch wird. Seit vielen Jahren habe ich jede unnötige Auslage vermieden und mir meine sauer verdienten Groschen erspart, um mir die weite Pilgerreise zu ermöglichen. Jetzt habe ich so viel zusammen, daß ich es wagen kann. Nach vier Wochen geht ein Schiff nach Dschiddah, und mit dem fahre ich. Ich habe für einen Stellvertreter gesorgt, der dich statt meiner bedient. Es wird mir sehr hart, so lange von meiner lieben Familie getrennt zu sein. Ich weiß nicht, ob ich sie wiedersehen werde. Möge Allcch sie beschützen! Viele ziehen nach Mekka und kehren nicht mehr zurück. Sie unterließen den Strapazen. Ich bin in Allahs Hand. Sein Wille geschehe! Lebe wohl, Saheb!" Pilger aas der Rast. Hiirdupilgrime haben nach beschwerlichem Anstieg die Höhe eines berühmten indischen Heiligtums bei Gur-Gulakhnath gewonnen. Jetzt kommt der stärkende Imbiß. Man spricht von Huuderttausenden, die jährlich diese Wallfahrt machen. Hinduismus ist immer noch die weit überwiegende Religion in Indien. Von 100 Personen sind 68 Hindus, 22 Muhammedaner, drei Buddhisten, drei haben Stammeskult, je einer ist Sikh oder Christ. Die verbleibenden zwei Personen gehören noch kleineren religiösen Genossenschaften an. (Fides-Foto.) „Lebe wohl, mein lieber Hassan", erwiderte ich, auch nicht wenig gerührt durch seine treuherzige Sprache, „gute Reise! Gott behüte dich!" Mit einem extra tiefen Salaam schied Hassan von mir und. wischte sich beim Hinweggehen die Tränen aus den Augen. Vier Monate waren bereits verstrichen, und Hassan zeigte sich noch nicht. Schon begann ich zu zweifeln, ob er überhaupt heimkehren werde. — Da taucht eines Samstagmorgens seine bekannte Gestalt wieder auf. Etwas langsamer als sonst, aber mit einem freudigen „Salaam, Durchlaucht!" kommt er zu mir herein. „Gott sei Lob und Dank, Hassan, daß du wieder gesund daheim bist!" sagte ich, ihm herzhaft die Hand schüttelnd. „Ja, Saheb, Gott Lob, daß alles gut überstanden ist und ich meine Familie wohlbehalten wiedergefunden habe. Aber es war doch keine leichte Sache. Nein, Saheb, sicher nicht!" „So, Hassan? Jst's dir schlimm ergangen?" „O Durchlaucht, was war das eine schreckliche Reise! Auf dem Schiffe, welches Gedränge! Wie lagen wir auf Deck so fest beieinander und welche Hitze und welche Beengung überall! Manche Moslim haben auf der ganzen Seefahrt gefastet. Einige davon sind gestorben und wurden ins Meer versenkt. Sie sind bei Allah im Paradies. Sie haben ihr Leben geopfert und aus Heimat und Wiedersehen verzichtet. — Und dann in Dschiddah, welch ein Durcheinander von türkischen, arabischen, afrikanischen und indischen Pilgern! Welche Plackereien im Sammellager, und dann welch endlose Schwierigkeiten und Verzögerungen, bis unsere Karawane schließlich reisefertig war! — Und was soll ich sagen von dem schauerlichen Karawanenzuge nahezu sechs Tage durch die Wüste mit dem unbarm- herzigen Sonnenbrand über uns und dem glühenden Wüstensand unter uns und dem aufgewirbelten, uns wie Wolken umhüllenden, erstickenden Staub! O Saheb, es war schrecklich. Wie viele blieben zu Tode erschöpft den Weg entlang auf dem Sande liegen als willkommenes Mahl für Geier und Schakale! Wohl ihnen! Sie sind jetzt bei Allah im Paradiese!" „Da wirst du wohl froh gewesen sein, Hassan, als ihr endlich in Mekka ankamt, nicht wahr?" „Das kannst du glauben, Saheb, denn ich war ganz schlapp und fast wahnsinnig vor Durst. Oh, hätten wir doch etwas von unserem Zisternenwasser von hier dort gehabt! Das Wasser dort war schlecht. Bei dem betäubenden Wirrwarr von Tausenden von aufgeregten Pilgern im Lager und in den Straßen war an eigentliches Ausruhen auch nicht zu denken. Und wie entsetzlich war der Schmutz und der Gestank, der einen fast überall umgab! Dazu karn die unheimliche Furcht vor der Cholera, die eine gute Anzahl Opfer forderte. — O Saheb, das alles kann man nicht vergessen und nicht beschreiben. Wie froh bin ich, daß ich all dies hinter mir habe und wieder heil bei den Meinigen bin!" „Das will ich wohl meinen, Hassan. Aber dafür bist du jetzt auch ein ehrwürdiger Hadschi (d. h. ein Mohammedaner, der in Mekka gewesen ist) und kannst dich jetzt von allen Mühsalen erholen." Seit dieser beschwerlichen Pilgerreise war Hassan bedeutend ernster geworden und hat mich noch oft durch seine frommen Äußerungen erbaut. Treu bis zum Ende hat er mich bedient und sich als Muster eines guten Hujjam erwiesen. Möge Gott es ihm lohnen! 14. Eine eigenartige Freundschaft. Kommt da eines Tages, kurz nach meiner Ankunft in der Station, ein grotzes, schönes Auto im Psarrhof angefahren. Ein schlanker, sonngebräunter Engländer in Khaki und mit einem hohen Khati-L.urban auf dem Haupte stieg aus. Wer mag das wohl sein'? dachte ich mit einer gewissen gespannten Neugierde. Es mutz schon ein hoher Herr sein, der so angefahren kommt. So war es auch. Nach einigen Minuten stand der hohe Besuch bereits an der Türe meines Arbeitszimmers. Er hatte die Zeit seines Kommens gut gewählt, denn es war gerade nach der Alachmittagsschule. SJiit einem herzlichen „Guten .Tag, Padre!" trat er ein und stellte sich als den Kollektor (Präsident) der Provinz Ost-Khandesch vor. Ehrfurchtsvoll und herzlich hietz ich ihn willkommen und dankte ihm für den gnädigen Besuch. Da ich sah, wie er schwitzte und wie erhitzt er war, schickte ich schnell meinen Diener, ein paar Flaschen Pilsener und etwas Eis zu holen. Der Herr Kollektor nickte dazu wohlgefällig Beifall und sagte, indem er seinen Turban abnahm und auf einen Stuhl neben seinem Sessel niedersetzte, freundlich lächelnd: „Sie sind, wie ich sehe, ein verstehender und fühlender Mensch, und ein kühler Trunk ist bei diesem durstigen Wetter sedem angenehm." Ich bot ihm meine gewöhnlichen Zigarren an und bat ihn. da er wohl an besseres Kraut gewöhnt sei, sie wenigstens einmal zu versuchen. Höflich dankend steckte er sich eine an und sagte: „Was den Padres schmeckt, wird mich wohl auch nicht vergiften." Unterdessen kam das Bestellte an, und nachdem der hohe Herr sich an einem Glas kühlen Pilseners erfrischt hatte, schlug er einen ganz gemütlichen Ton an und sagte: „Sehen Sie, -lieber Padre, obschon ich, — erschrecken Sie aber ja nicht darüber, — obschon ich ein Freimaurer und Logenmeister bin, so waren Ihr Borgänger im Amte und ich all die Jahre gute Freunde, denn ich schätze -die katholische Kirche hoch, weil sie allein gesunde Grundsätze hat, und ich respektiere die katholischen Priester, weil sie trotz aller Welt nach diesen Grundsätzen leben und weil sie wissenschaftlich durchgebildet sind. Nun wünschte ich, daß wir beide auch gute Freunde seien, denn ich möchte über so vieles, was mich interessiert, von Ihnen zuverlässigen Aufschlutz bekommen. Als Sohn eines Pastors studierte ich seinerzeit zu Oxford Theologie, sattelte aber dann, weil mir der Pastorenberuf nicht zusagte, zum Studium der Rechte um. Seither habe ich aber immer noch ein lebendiges Interesse für die Exegese, die Schrifterklärung, beibehalten, besonders aber in letzter Zeit iür die Funde in Mesopotamien und ihre Beziehungen ntr Bibel. Können Sie mir darüber das Neueste mitteilen?" „Soweit mein bescheidenes Wissen reicht, gerne, Herr Kollektor." Ich weilte im Jahre zuvor in London, hatte mich gut in der anglikanischen Exegese umgesehen und konnte ign daher ohne ueson-dere Muhe zusriedennellen. Und da ich int Britischen Museum und im Archiv des India Office mich speziell mit assyrisch-babylonischen Texten beschäftigt hatte, konnte ich auch über die Bavel-Bibel-Frage ausführlichen Bescheid geben. Das interessierte den wissensdurstigen Herrn im höchsten Grade. „Gut", sagte er, „das ist für jetzt des Interessanten zu viel, aber darüber will ich bei größerer Mutze noch mehr hören. Ich bestehe darauf, daß Sie jeden Monat einen Tag bei mir in meiner Residenz zu Jalgaon zubringen. Bestimmen Sie einen Tag, der Ihnen am besten patzt, und ich werde Sie immer bei Ihrer Ankunft an der Station mit dem Auto abholen. Einverstanden?" „Aber sicher, Herr Kollektor, ich werde mich dementsprechend einrichten und am letzten Mittwoch im Monat mit dem 6-Uhr-Zug kommen und den Donnerstag bei Ihnen zubringen." Ich nahm um so lieber die Einladung zum monatlichen Besuche an, als ich damit den katholischen Dienern des Herrn Kollektors eine günstige Gelegenheit bieten konnte, einer heiligen Miesse beizuwohnen und die heiligen Sakramente zu empfangen. Wie abgemacht, fuhr ich also jeden Monat am bestimmten Tage hinüber nach Jalgaon und nahm meinen Tragaltar mit. Der Herr-Kollektor war mit seinem Auto immer pünktlich zur Stelle, um mich abzuholen. Nach einigen Minute» langten wir dann an seiner zwei Kilometer entfernten Residenz an, die auf einem höheren Gelände herrlich gelegen war. Mein herrschaftliches Quartier bestand aus einem schön möblierten Wohnzimmer, einem lustigen Schlafzimmer und einem einfachen Baderaum mit einer Hinterveranda im ersten Stock, von wo aus man eine wohltuende Aussicht genoß. Späk am Abend gab es immer ein Festessen im schön gezierten Speisesalon, zu welchem alle Spitzen der Bezirksregierung mit ihren Frauen fnitr Engländer) geladen waren. Vordem Essen gab der Herr Kollektor laut den Befehl: „Padre, sprechen Sie. bitte, den lateinischen Segen wie nt Oxford!" Darauf sprach ich laut und gemessen das ..Benedicite“, während dessen die G^ste ruhig wie Statuen au ihren Plätzen standen. Während des Essens herrschte ein sehn gemütlicher, kameradschaftlicher Ton. Freilich, da autzer mir alle anglikanische Protestanten und Freimaurer waren, war man mir als katholischem Priester gegenüber erst etwas zurückhaltend. Wie sie aber merkten, daß sie dazu keinen Grund hatten, wurden sie ganz zutraulich. Nicht nur über Wbisi, Diener. Pferde, Hunde und tägliche Vorkommnisse in ihrem Bereich wurde gesprochen, sondern auch, und zwar vorwiegend, mehr gehaltvolle Frag"», naturwissenschaftliche, botanische, zoologische, ethische und religiöse, wurden erörtert, wozu ich immer meine Ansicht äußern mußte. Da hatte ich reichlich Gelegenheit, vieles zu berichtigen und, besonders aus religiösem Gebiete, viele Vorurteile zu beseitigen. Interessant erschienen mir da oft Äußerungen von den hohen Damen. Eine derselben meinte, es sei doch schade, daß die Jesuiten keine Freimaurer seien. Da wurde natürlich viel gelacht, aber die richtige Erwiderung darauf blieb nicht aus. — Eine andere äußerte, Buddha sei ihr so sympathisch, weil er mit solch ruhigem Lächeln ins Leben schaue. Darauf entgegnetc ihre Freundin mit Nachdruck: Mit diesem seinem starren Lächeln habe Buddha noch kein Leid gelindert und könne daher nicht im entferntesten mit Christus verglichen werden, der durch sein bitteres Leiden und Sterben die Menschheit vom größten Übel, von der Sünde, erlöst und allen Leidenden Trost und Stärke gebracht habe. — Ein andermal bemerkte eine Dame ziemlich aufgeregt: „Ich kann nicht umhin, mich meiner Konfession zu schämen, sooft ich an Heinrich den Achten, den lirb-'^-'r derselben, denke; dieser Ehebrecher und Mörder mehrerer Frauen ist doch sicher keine Empfehlung für seine Kirche. Und weil er mit Gewalt unser Volk von der Mutterkirche losgerissen hat. so begreife ich nicht, warum wir heute noch in diesem ungerechtfertigten Zustand verharren und nicht geschlossen zu ihr zurückkehren." Das war sehr wahr und klar gesprochen. Einige nickten entschieden dazu Beifall, während die andern nachdenkliche Gesichter machten. „Sie sehen und fühlen ganz richtig", bemerkte iii) dazu. „und der große Newman ist derselben Meinung, wenn er schreibt: .Die Geschichte genau kennen, heißt soviel tote aufhören. Protestant zu sein.1" Nach dem Abendessen begab sich die Tischgesellschaft in den Spielsaal, wo die späten Stunden mit Musik, Gesang und Unterhaltung ausgefüllt wurden. Da bescherte mich einmal der hohe Hausherr mit einer sehr angenehmen Überraschung, indem er ganz großartig und in tadellosem Deutsch den „Wanderer" von Schubert sang. Am Donnerstag stand ich früh auf und bereitete mich auf die heilige Messe vor. Als ich um halb sieben hinunterging, hatten die katholischen Diener im Speisesaal schon einen Altar aufgeschlagen und denselben mit Palmen umgeben und mit Blumen geziert. Nun packte ich den Tragaltar aus und richtete alles zum heiligen Opfer her. Nachdem ich noch einige Beichten gehört, schickte ich mich zur heiligen Messe an. Nach derselben packte ich wieder alles ein, der Altar wurde abgebrochen, und seine Bestandteile nebst allen Zierpflanzen touren' im Nu hinausgeschafft. Der Saal war wieder frei. Um acht Uhr kam der Herr Kollektor mit seiner Familie herunter zum Frühstück. Dann ging er für eine Stunde seinen Geschäften nach, und ich Betete mein Brevier. Sobald der Herr wieder zur Stelle war, machten wir untern Plan für die Tagesarbeit. Wir hielten uns dabei an die letzten Mitteilungen im „Naturgeschichtlichen Journal" (Natural History Journal), von denen er besonders diejenigen des P. Blatter, Professors der Biologie am Franz-Xaver-Kolleg in Bombay, hochschätzte. Bald war es eine Pflanzen-, bald eine Tierart, der wir nachgehen und die wir an Ort und Stelle untersuchen und studieren wollten. So zogen wir, mit allem Notigen ausgerüstet, in der nächsten Umgegend herum und hatten dabei das Vergnügen, manch interessante Feststellung zu machen und manches kuriose Tierlein für des Kollektors Privatsammlung zu erobern. Einmal entschlossen wir uns, ein ziemlich hochgetürmtes Nest einer Termitenkolonie, das sich in einem Gebüsch in einiger Entfernung befand, auszugraben und genau zu untersuchen. „Dorthin wollen wir aber auf einem großen Kamel reiten", beteuerte der unternehmungslustige Herr Kollektor. „Haben Sie auch Kamele hier?" fragte ich überrascht. „Zweibeinige mehr als genug — die aber zum Reiten nicht verwendbar sind", entgegne te mit ulkigem Nachdruck der Kollektor: „aber ich habe gerade ein großes, starkes Last-kamel hier, das auch Ihrem Gewicht gewachsen ist." Zu dieser feierlichen Feststellung lachten wir beide recht herzlich. Sofort ließ er den Kameltreiber rufen und gab ihm den Auftrag, unverzüglich das Kamel gut zu satteln und vorzuführen. Nach einer kleinen Viertelstunde erschien der Treiber auch schon mit dem hochgewachsenen, kräftigen Reittiere, das neugierig überall herum-schante, vor der Veranda und ließ es sich niederhocken. Nachdem das Arbeitsgerät in ein Netz eingewickelt und am Sattelgurt gut befestigt war, konnte der Aufstieg erfolgen. „Aber, Herr Kollektor", äußerte ich etwas-beklommen, „wenn die Geschichte nur gut geht! Das Kamel schaut mich schon so merkwürdig bedenklich an, und ich habe schon gehört, diese Tiere hätten oft ihre böswilligen und gefährlichen Mucken." „Ach was!" beruhigte der Kollektor, „das-gute Lier hat wohl noch nie oder nur selten einen Reiter von solchem Kaliber vor sich gesehen und zeigt deshalb seinen Respekt vor Ihnen. Es ist ganz zahm und harmlos und hat einen Treiber, der es zu regieren weiß; und wenn es anch hie und da seine Mucken hat, so sind dieselben doch lange nicht so schlimm wie die Mucken mancher Menschen. Nur mittig in den Sattel hinein, und hatten Sie sich für die ersten Bewegungen des Tieres gut fest!" So stieg ich denn auf dem vorgestellten Treppchen schnell hinauf, und der Kollektor war gleich hinterher mit einem Satz im Sät-. tel. Der Treiber setzte sich aus Öen Hals des Kamels und gab ihm das Zeichen zum Ausstehen. Mit einem dreifachem unvergeßlichen Ruck erhob sich das Kamel, zuerst auf die Vor-derkuie, dann auf die langen Hinterbeine, zuletzt auf die Vorderfüße, wobei es mir war, als ob ich erst nach vorn über den Kops des Tieres und dann hoch in den Himmel geschleudert werden faßte. Ein unbeschreiblich grausiges Gefühl, das mir den Schweiß aus die Stirne trieb! Es war schon gut, daß ich mich .krampfhaft am Sattel festhielt, sonst wäre ich wer weiß wohin geflogen. Sogleich setzte sich das große Tier in Bewegung und trug uns in forschem Tempo davon. Sein eigentümlicher ©ang versetzte uns im Sattel in eine taktmäßige ©$^$606:^60^3, wodurch ein leises seekrankheitartiges Gefühl in mir aufstieg, das sich über bald wieder verzog. Am Termitennest angekommen, begaben wir uns gleich mit Hacke und Schaufel an die Arbeit. Dabei erklärte ich dem Herrn Kollektor die Lebensweise dieser in Indien so verbreiteten Termitenart (Odontotermes obesus); und weil wir sehr vorsichtig zu Werke gingen, gelang es uns, eine gute Einsicht in den anderthalb Meter tiefen Bau zu bekommen. Unter den oberirdischen Türmen fanden' wir 53 sogenannte Pilzgärten übereinander gelagert. Diese aus den Exkrementen der „Arbeiter" hergestellten Gebilde gleichen in Gestalt und Größe einem dicken Badeschwämme, und in ihren Gängen wachsen ganz kleine Pilzchen mit weißen Köpfchen, die den Larven zur Nahrung dienen. Direkt unter den Pilzgärten stießen wir aus Sie halbkreisförmige große Königszelle. Da sie noch nicht verhärtet war, konnten wir sie leicht öffnen und fanden darin die dickleibige, mittelfinger-große Königin, den kleinen König und einige Termitengäste, die wir alle in sicheren Verwahr brachten. 'So ritten wir nach' etwa zweistündiger Arbeit hochbefriedigt, aber auch mit zerbissenen Händen, nach Haufe. — In ähnlicher Weise brachte uns jeder Besuchs-Donnerstag, an dem wir ausgingen, die eine oder die andere neue Erkenntnis. Nicht nur bei diesen Besuchen in seiner Residenz, sondern auch sonst zeigte der Herr Kollektor bei jeder Gelegenheit seine edle, freundschaftliche Gesinnung. Durch seine Vermittlung sonnte ich manch einen meiner P far ra ngehö rigen vor Schaden bewahren und manch einem andern zu einer guten Stellung verhelfen. In einer Angelegenheit, die mich selber betraf, kam er einmal eigens in meine Station und gab den dortigen englischen Eisenbahnärzten, die mir aufsässig waren, weil ich Patienten, die sie ausgegeben hatten, mit Erfolg mit homöopathischen Mitteln behandelte, die strenge Weisung, den Herrn Pater, der ihnen keinen Schaden zufüge, aber vielen Armen erfolgreich helfe, nur ja in Ruhe zu lassen. Das wirkte so gut, daß diese Ärzte toon da an nicht nur freundlich gegen mich waren, fonibern 'sogar die Kranken, denen sie nicht helfen konnten, zu mir schickten. Obschon er ganz genau wußte, daß ich mich niemals zur Teilnahme an einer Freimaurer-festlichkeit herbeilassen würde, schickte er mir doch zu jedem Freimaurerbankett und -ball eine schöne, silbergedruckte Einladung, für die ich natürlich jedesmal höflich dankte. — Und wenn er znr Zeit der Visitation sein Lager vor meiner Station aufgeschlagen hatte, benutzte er jede Gelegenheit, mir seine Aufmerksamkeit zu bezeigen. Selbst als wir Jesuiten gefangen im Lager zu Ahmednagar weilten, schrieb er mir dorthin und bat mich, wenn er mir irgendeinen möglichen Dienst erweisen könne, es ihm mitzuteilen. Um ihm aber in jener gefährlichen Zeit keine Ungelegenheiten zu bereiten, zog ich es vor, die Korrespondenz abzubrechen. Trotzdem er ein Freimaurer war, so zeigte er sich mir Jesuiten gegenüber doch stets als aufrichtigen, wohlmeinenden Freund und wahren Gentleman, der es verdient, in dankbarer Erinnerung zu bleiben. 15. Was der Sommer bringt. Im tropischen Indien unterscheidet man drei Jahreszeiten: die nasse Jahreszeit oder Regenzeit (von Juli bis Oktober), die trockene Jahreszeit mit mehr kühlen Nächten (vom November bis März), und die heiße Jahreszeit oder Sommer (von März bis Ende Juni). Der Sommer der gemäßigten Zone, wie zum Beispiel im nördlichen und- mittleren europäischen Festlande, ist eine Zeit üppigen Wachstums, eine Zeit des vollen Grünens und Blühens in Wald und Feld und Berg und Tal, eine Zeit des Reifens und der ersten erfrischenden und wohlschmeckenden Früchte, eine Zeit des frohen Wanderns in die Wälder und auf die Berge, eine Zeit des jauchzenden Vergnügens in den vielen Gewässern und' an den 'schattigen Fluß- und See-geländen, eine Zeit, Iw keiner zu Hause bleiben will und es alle hinausdrängt und -zieht in die wonnevolle Statur. Ja, das ist ein Sommer, den man sich gefallen lassen kann. Der bringt doch Freuden aller Art. Der tut Menschen und Tieren wohl. Ganz anders der Tropensommer in Indien, die Jahreszeit der kondensierten Backofenhitze bei Tag und Nacht. An den kann man nur mit Schrecken denken, denn er Bringt mehr Unbehagen und Leiden als Freuden. Die erfrischende Kühle der Regenzeit ist längst vorbei. Zwar war die Tageswärme der trockenen Wintermonate immer noch groß genug, aber die Nächte waren doch erträglich kühl. Jedoch mit März hören diese auf. Die zunehmende Tageshitze, 30 bis 40 Grad Celsius im Schatten, glüht auch die windstillen Nächte hindurch schwül weiter. (Fortsetzung -folgt.)