ARHIVI XXV (2002), št. 1 Žontaijev zbornik 255 UDK 37:930.25(430 Marburg)" 1990/..." Archivarische Fortbildung an der Archivschule Marburg RAINER POLLEY Die Archivschule Marburg, die sich mit Jože Zontar über frühere Besuche und gemeinsame facharchi vari sehe Anliegen freundschaftlich verbunden fühlt, konnte im Jahre 1999 ihr fünfzigjähriges Bestehen als Ausbildungsstätte für den höheren und gehobenen Archivdienst in Deutschland begehen. Schon in diesem Jahr sind an ihr 600 Archivare des höheren Archivdienstes und 700 Archivare des gehobenen Archivdienstes ausgebildet worden. In ihrer Eigenschaft als Institut für Archivwissenschaft hat sie in dieser langen Zeit auch der archivwissenschaftlichen Forschung gedient. Als eine Einrichtung der archivarischen Fortbildung, um die es in diesem Beitrag geht, ist die Archivschule des Jahres 2002 dagegen erst gut zehn Jahre alt. Zwar lassen sich auch in den früheren Jahrzehnten sporadische Fortbildungsaktivitäten nachweisen, wie Einführungslehrgänge für evangelische und katholische Kirchenarchivare im Jahre 1952, die Ausrichtung einer Archivtechnischen Woche im Jahre 1957, ein Arbeitslehrgang für kirchliche Archivpfleger im November 1972 und ein Lehrgang für Werksund Wirtschaftsarchivare im Februar 1973.1 Mehr den Charakter eines Symposions als einer Fortbildungsveranstaltung hatte im Sommer 1988 eine Tagung über "Wissenschaftliche Archivarsausbildung in Europa".2 Aber das war alles in allem doch so wenig, das s die Archivschule in den ersten vierzig Jahren ihres Bestehens nicht als Einrichtung angesprochen werden konnte, die auch nur in Ansätzen das zu allen Zeiten spürbar gewesene Bedürfnis nach archivfachlicher Fortbildung on the j ob befriedigt hätte. Um so erklärlicher war es, dass dieses Defizit durch außerhalb der Archivschule organisierte Fortbildungsaktivitäten aufgefangen werden mus ste, die bis zur Archivreferentenkonferenz des Bundes und der Länder hinaufragten und die bei den Wirtschafts- und Medienarchivaren auch eine beispielhafte Kontinuität begründen konnten. Zu allen Zeiten hat es in den zurückliegenden Jahrzehnten Impulse des Berufsstandes gegeben, Fritz Wolff, Organisation und Lehrplan der Archivschule Mar bürg (1947-1972), in: Der Archivar 26 (1973), Sp. 157-168. -Claus Cramer, Gedanken zu einem Arbeitslehrgang für kirchliche Archivpfleger, in: Der Archivar 26 (1973), Sp. 177-184. -Ottfried Dascher, Archivarsausbildung für die Wirtschaft. Ein Erfahrungsbericht, in: Der Archivar 26 (1973), Sp. 183-192. Darüber: Wilhelm A. Eckhardt (Hrsg.), Wissenschaftliche Archivarsausbildung in Europa, 1989 (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg Nr. 14). die Archivschule in die von außen gesteuerte Fortbildung irgendwie wieder einzubinden. Aber das Kontaktieren verlief dann doch im Sande. Andere Aufgaben hatten zunächst Vorrang, insbesondere die Umstellung der Ausbildung des gehobenen Archivdienstes auf Fachhochschulniveau, die mit einer erheblichen Vermehrung der Unterrichtsstunden verbunden war, Auch eine Dauerreform der Ausbildung des höheren Archivdienstes seit den späten siebziger Jahren hatte zu einer Ausweitung des Unterrichtsbetriebes und der damit zusammenhängenden Organisationslast geführt. So war die Archivschule von der nicht nur im Beirat der Archivschule, sondern auch in den inneren Gremien des Institutsrats und Fachhochschulrats zu verantwortenden Normierung des Gesamtkurrikulums der Ausbildungszweige so in Anspruch genommen, dass auch ihr Auftrag zur archivwissenschaftlichen Forschung im spezifischen Sinne sehr ins Hintertreffen geraten war. Bei der bis zum Ende der achtziger Jahre bestandenen Personal- und Realunion zwischen dem Hessischen Staatsarchiv Marburg und der Archivschule Marburg hing es nicht wenig von der Grundsatzentscheidung des jeweiligen Leiters ab, welches Gewicht der Lehrbetrieb der Archivschule und der Organisationsbetrieb des Staatsarchivs unter dem gemeinsamen Dach haben sollten. Ohne Frage sind in den Jahren von 1973 bis zum Jahre 1988 die Belange des Staatsarchivs höher bewertet worden, während in den früheren Jahrzehnten unter dem Direktorium von Ludwig Dehio, Johannes Pa-pritz und Kurt Dülfer die Archivschule Marburg als Aushängeschild auch für das Staatsarchiv eher im Zentrum der Bemühungen gestanden hatte. Am Ende führten verschiedene, hier nicht näher zu erörternde Gründe dazu, dass im Herbst 1988 eine Trennung der Archivschule Marburg von dem Hessischen Staatsarchiv Marburg vorbereitet wurde. Es wurde die weitgehend selbständige Stellung einer Studienleitung, d.h. einer ständigen Vertretung des Direktors des Hessischen Staatsarchivs Marburg als Leiter der Archivschule, geschaffen, im Jahre 1992 kam dann die Stelle einer Leitung der Archivschule neu hinzu und zu Beginn des Jahres 1994 wurde auch rechtlich die Trennung der Archivschule vom Hessischen Staatsarchiv Marburg vollzogen. Bei den Trennungsberatungen im Beirat der Archivschule wurde auch darüber diskutiert, der Archivschule Aufgaben der Fort- und Weiterbildung zu übertragen. Doch wurde erst auf der 70. Archivreferentenkonferenz in Speyer am 256 Žontarjev zbornik ARHIVI XXV (2002). Št. 1 15./16. März 1990 der Grundsatzbeschluß gefällt, dass die von den Archivverwaltungen organisierten Fortbildungsveranstaltungen nach 1991 von der Archivschule Marburg übernommen werden sollen. Aufgabe der Archivschule sollte künftig neben der Ausbildung auch die Fortbildung der Archivare des öffentlichen wie des nichtöffentlichen Dienstes sein. Das Vertrauen in die Archivschule hatte seine Gründe: Von Anfang an hatte die seit Oktober 1988 in Marburg wirkende Stellvertretende Leiterin und seit 1992 Leiterin der Archivschule, Angelika Menne-Haritz, eine klare Vorstellung davon, dass das nunmehr von den Arbeitsaufgaben im Staatsarchiv entlastete Personal der Archivschule neben der vorrangig bleibenden Ausbildung weitere Aufgaben übernehmen könne, und zwar neben intensiverer archivwissenschaftlicher Forschungstätigkeit auch die Aufgabe der archivarischen Fortbildung. Ausbildung, Fortbildung und Forschung sollten hinfort in einem sich wechselseitig ergänzenden, belebenden, aber auch entlastenden Zusammenhang gestellt und behandelt werden. Bereits im Jahre 1989 anläßlich des vierzigjährigen Bestehens der Archivschule hat Angelika Menne-Haritz Grundsätze formuliert, die auch heute noch für den Stellenwert der Fortbildung im Rahmen des Gesamtauftrages der verselbständigten Archivschule Marburg maßgebend geblieben sind. Sie machen zugleich deutlich, welchen hohen Wert und Nutzen das Fortbildungsengagement für die an der Archivschule Marburg hauptamtlich tätigen Dozenten selbst besitzt3: "Ein hohes theoretisches Niveau, das Voraussetzung für die Nützlichkeit der Ausbildung ist, setzt eine reflektierende Distanz zur täglichen Praxis, aber auch die ständige Kommunikation mit einer möglichst großen Anzahl von Archivaren voraus. Dazu ist der Erfahrungsaustausch im Rahmen von FortbildungsVeranstaltungen, die vom Ausbildungsinstitut organisiert und vorbereitet werden, besonders geeignet, ebenso wie eigene archivwissenschaftliche Forschungen, Publikationen und Gutachtertätigkeit der Dozenten. [...] Berufliche Weiterbildung erleichtert die Einführung in neue Arbeitsbereiche, in die Anwendung neuer Methoden und Techniken und die Anpassung der in der Ausbildung erworbenen Fähigkeiten an neue Bedingungen. Zudem wird die Ausbildungsphase von dem nicht zu erfüllenden Anspruch befreit, schon vor dem Beginn der beruflichen Tätigkeit die komplette und auf Dauer in allen Details ausreichende Qualifikation zu vermitteln. Die klassische archivarische Ausbildung kann stofflich entlastet werden, wenn auch für die Archivare in den Laufbahnen des öffentlichen Dienstes regelmäßige, alle praxi srele- Angelika Menne-Haritz, 40 Jahre Archivschule Marburg. Perspektiven der Archivarsausbildung, in: Der Archivar 42 (1989), Sp. 165 176, hier 174 f. vanten Themenbereiche umfassende Fortbildungsveranstaltungen angeboten werden, wie sie schon in anderen Bereichen mit Erfolg durchgeführt werden und wozu mit den jährlichen Fachtreffen auf Initiative der Archivreferentenkonferenz und des Vereins deutscher Archivare ein Anfang gemacht wurde. Der große Andrang zu diesen Treffen ist ein deutlicher Hinweis auf den existierenden Bedarf an fachlicher Diskussion und Aussprache und an weiterbildender Zusatzinformation. Die Archivschule Marburg kann einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Archivistik sowohl in der Reflexion über die Praxis im Rahmen von Forschungsprojekten und Fortbildungsseminaren als auch in der Formulierung der methodischen und theoretischen Leitlinien für den Unterricht leisten." Später hat sie diese Gedanken auf die - wie ich finde - schöne und von ihr gerne verwendete Kurzformel gebracht4: "Ausbildung qualifiziert für den Beruf, Fortbildung für die Funktion." Klargestellt war damit, dass die Fortbildung kein Ausbildungsersatz sein kann, also auch eine gehäufte Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zu keiner durch das Ausbildungsrecht anerkannten Berufsqualifizierung führen, geschweige denn die Grundlage für die Verleihung akademischer Grade bilden kann. Eine Forschung und Fortbildung zugleich befriedigende Aktivität an der Archivschule Marburg begann sodann mit einem Symposion über die Archivgesetzgebung in Deutschland vom 5. bis 7. Dezember 1990.5 Obwohl nur eine Teilnehmerzahl von 20 Personen vorgesehen war, hatten sich neben den 8 Referenten insgesamt 29 staatliche Archivkollegen aus den Ländern Brandenburg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eingefunden. Nach dem Deutschen Archivtag in Karlsruhe handelte es sich um die erste gesamtdeutsche Fachtagung von Archivaren seit November 1989. Die Archivschule hatte ein Programm vorgesehen, das sowohl die geschichtlichen Voraussetzungen und das allgemeine Erscheinungsbild der Archivgesetzgebung als auch die besonderen Regelungsprobleme etwa der Aussonderung und Benutzung von Archivgut berücksichtigte. Seit Herbst 1990 stand die Archivschule mit dem Ausbildungsausschuss des Vereins Deutscher Archivare in Zusammenarbeit, einen Sechsmonatskurs "Grundlagen der archivischen Arbeit mit Einführung in das Dokumentationswesen" für Archivare ohne Fachausbildung zu organisieren, der in der Zeit von Januar bis Juni Im Vorwort zur Broschüre des Fortbildungsprogramms der Archivschule Marburg von 1994. Darüber: Rainer Polley (Hrsg.), Archivgesetzgebung in Deutschland. Beiträge eines Symposions, 1991 (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg Nr. 18). ARHIVI XXV (2002), št. 1 Žontaijev zbornik 257 1991 in Marburg stattfinden sollte.6 Mit der Organisation war ich beauftragt gewesen. Ich hatte bereits die Korrespondenz mit zahlreichen Facharchivarinnen und Facharchivaren und Do-kumentarwissenschaftlern über die Lehrbeauftragung geführt, einen kompletten Stundenplan erarbeitet und die Anmeldungsunterlagen für den Ausschuss geprüft. Auf einer Sitzung des Ausbildungsausschusses am 20. Dezember 1990 mußte allerdings die Feststellung getroffen werden, dass nur wenige Bewerber ein vom Ausschuß erwartetes festes AnstellungsVerhältnis in einem Archiv besaßen und bei anderen die Finanzierung der Veranstaltung in Höhe von 3000 DM pro Person nicht gewährleistet war. Daher mußte der Lehrgang nach eingehender Abwägung des Für und Wider abgesagt werden. Gleichwohl hat die Vorbereitung des Kurses nach Ansicht aller Mitglieder des Ausbildungsausschusses wichtige Erkenntnisse über die Berufs Situation im Archivwesen zutage gefördert. Über die Arbeit und die weiteren Perspektiven für einen vergleichbaren Lehrgang hat der Vorsitzende des Vereins deutscher Archivare auf dem Aachener Archivtag am 9. Oktober 1991 berichtet.7 An dem Gedanken, einen solchen Grundlagenkurs durchzuführen, hielt der zuständige Ausschuss des Vereins Deutscher Archivare fest. Der Fachlehrgang Archivwesen fand dann vom Dezember 1992 bis Juni 1993 in der Form von in der Regel zweiwöchigen Blockveranstaltungen in Baden-Württemberg statt, veranstaltet von der Württembergischen Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden, den Arbeitsgemeinschaften der Kommunalarchivare und dem Verein deutscher Archivare.8 Die Archivschule war daran nicht mehr beteiligt. Das hatte auch wieder sein Gutes, denn bei der Länge und dem Stundenumfang des Lehrganges von über sechs Monaten hätte sich die Archivschule fast in einem Konflikt mit dem Prinzip befunden, dass Fortbildungsaktivitäten nicht verkappte Ausbildungsmaßnahmen sein sollten, die die Einstellungschancen der regulären Absolventen der Lehrgänge des höheren oder gehobenen Archivdienstes beeinträchtigen könnten. Die organisatorischen Bemühungen der Archivs chule um den Grundkurs konnten im Rahmen einer anderen Aktivität, über die schon seit geraumer Zeit Vorgespräche geführt worden waren, dann doch noch Früchte tragen. Vom 17. Juni bis 12. Juli 1991 veranstaltete die Archivschule in Zusammenarbeit mit der Arbeitsge- Programmentwurf in: Der Archivar 43 (1990), Sp. 664. Hermann Rumschöttel, in: Der Archivar 44 (1991), Sp. 117 f.. auch Sp. 198. - Auch Reimer Witt, Ausbildung: Die Vielfalt wächst, in: Der Archivar 45 (1991), Sp. 165-168. Hans Eugen Specker, Durchführung eines Fachlehrgangs Archivwesen. in: Der Archivar 45 (1992), Sp. 312. meinschaft "Berufliche Fortbildung und Umschulung zu wissenschaftlichen Dokumentaren" beim Südwestfunk Baden-Baden, Hauptabteilung Dokumentation und Archive, für insgesamt 24 angehende wissenschaftliche Dokumentare einen archivwissenschaftlichen Grundkurs in Marburg. Die Arbeitsgemeinschaft trug aus Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg alle mit der Veranstaltung verbundenen Kosten wie Dozentenhonorare, Reisekosten und Sachmittel, so dass die Veranstaltung keine Auswirkung auf den Haushalt der Archivschule hatte. Die Archivschule musste, obwohl die Dauer von nur einem Monat an sich keine falschen Vorstellungen erwecken konnte, auch hier darauf Wert legen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Lehrgang nicht aus Ausbildungs- sondern als Informationsangebot der Archivschule verstehen. Das Programm des vierwöchigen Kurses in Marburg, der von inner- wie außerhäusigen Lehrkräften der Archivschule bestritten wurde, umfaßte vor allem archivwissenschaftliche Themenstellungen sowie einzelne Fragen der Archivverwaltung. Zu Beginn wurde die Organisation des deutschen und internationalen Archivwesens vorgestellt sowie die Organisationsstruktur staatlicher Archive in Zusammenarbeit mit einer Einführung in Strukturlehre und Verwaltungsschriftgut. Fragen der Übernahme, Bewertung und Erschließung wurden behandelt. Die theoretische Vorstellung archivischer Prinzipien konnte in einer dreitägigen Verzeichnungsübung an Akten des Marburger Stadtarchivs über die Ansiedlung von Gewerbebetrieben mit der Praxis konfrontiert werden. Fragen der Organisation von Öffentlichkeitsarbeit in Archiven wurden in Veranstaltungen und Exkursionen behandelt, EDVAnwendungen in Archiven wurden in Auswahl vorgeführt. Der Stellenwert der historischen Hilfswissenschaften und der Diplomatik in Staatsarchiven wurden ebenso behandelt wie besondere Probleme von Kommunalarchiven. Eine Grundinformation über Fragen des Archivrechtes und Probleme der Bestandserhaltung wurde ebenfalls gegeben. Exkursionen zum Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden und zum Stadtarchiv Frankfurt sowie Besichtigungen im Hessischen Staatsarchiv Marburg ergänzten die Erläuterungen. Auf den Exkursionen wurde durch eine Besichtigung der Klöster Eberbach und Arnsburg auch die Landeskultur nicht unberücksichtigt gelassen. Der Archivschule hat der Lehrgang, der von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern als gehaltvoll gewürdigt worden war, wichtige neue Erfahrungen gebracht. Die Dozenten konnten in der Begegnung mit Hochschulabsolventen und ausgebildeten Lehrern, die im Durchschnitt noch etwas älter als die Referendarinnen und Referendare waren, neue pädagogische Erfahrungen in der Erwachsenenbildung sammeln. Das Themenspektrum des Lehrgangs nahm in gewissem Umfang schon 258 Žontarjev zbornik ARHIVI XXV (2002). Št. 1 die Themen vorweg, mit denen die Archivschule in ihren späteren bis zu einwöchigen Fortbildungsveranstaltungen beim gesamten Berufsstand Interesse fand. Mir hat es daher Freude bereitet, in der Zeit vom 11. bis 29. Januar 1993 auch einen zweiten Grundkurs dieser Art organisieren zu können, der eine Woche kürzer war als der erste. Gleichsam der Prototyp sämtlicher folgenden, maximal fünf Tage umfassenden Fortbildungsveranstaltungen der Archivschule war der Kurs "Einführung in die Archivwissenschaft", der vom 9. bis 13. September 1991 stattfand. Die fachliche Leitung lag in den Händen von Heiner Maulhardt, Stadtarchivar von Villingen-Schwenningen, die organisatische Unterstützung in meinen. Es waren inner- und außerhäusige Lehrkräfte daran beteiligt. Nach der Ausschreibung9 richtete sich das Angebot vor allem an angestellte Historikerrinnen), Volkskundler und andere ohne Fachausbildung an einer Archivschule, die in Kommunal-, Kirchen-, Familien-, Wirtschaftsund Parlamentsarchiven archivfachliche Tätigkeiten ausübten. Die Resonanz war erstaunlich, insgesamt 83 Anmeldungen gingen für die Veranstaltung ein, die nur in einem Lehrgang von etwa 20 Teilnehmern didaktisch und räumlich zu bewältigen war. Bei der Auswahl der Teilnehmer wurde darauf geachtet, dass Frauen und Männer aus den westlichen und östlichen Bundesländern etwa paritätisch in dem Lehrgang vertreten waren. 3 Teilnehmer(-innen) kamen aus Thüringen, 5 aus Sachsen. Ziel der Veranstaltung war es, archivwissenschaftliche Grundkenntnisse zu vermitteln und zur selbstständigen Weiterbildung anzuregen. Im Mittelpunkt der Woche standen die Disziplinen Erschließungslehre, Schriftgutverwaltung, Sicherungs-, Bewertungs- und Auswertungslehre. Zur Methodik des Kurses gehörten Vortrag und Lehrgespräch, praktische Übungen, Diskussion, Rollenspiel und eine Archivführung durch das Hessische Staatsarchiv Marburg. Die Woche, die von allen Teilnehmern als sehr lehrreich und hilfreich angesehen wurde, hat nicht zuletzt auch eine fachliche und menschliche Brücke zwischen Archivaren aus den westlichen und östlichen Bundesländern geschlagen.10 Zur Befriedigung der zahlreichen alten Anmeldungen ist der Kurs in vergleichbarer Struktur vom 9. bis 13. März 1992 und vom 8. bis 12. Februar 1993 wiederholt worden. Wegen großer Belastungen in der Ausbildung durch Doppelkurse des höheren und gehobenen Archivdienstes war der Fortbildungsbetrieb im Jahre 1992 sehr eingeschränkt. Erst im Oktober 1992 wurde eine Angestelltenstelle BAT VIb geschaffen, die neben dem Chefsekretariat für die Leiterin der Archivschule auch die Sachbear- y In: Der Archivar 44 (1991): Sp. 198. Darüber: Ulrich S. Soenius, Fortbildung für Archivare ohne Fachausbildung, in: Der Archivar 45 (1992), Sp. 309-312. beitung der Fortbildungsaufgaben im Rahmen meines Dezernats und seit 1994 meiner Stellung als Studienleiter übernehmen konnte. Dank der organisatorischen Leistung von Christa Kieselbach, der neuen Sachbearbeiterin, wurde die Fortbildung im Jahre 1993 mit zwei dreitägigen Veranstaltungen zum Thema "Anwendungsprobleme der Archivgesetze" und drei fünftägigen Veranstaltungen zum Thema "Archivische EDV-Anwendungen" weitergeführt. Eine fünftägige Veranstaltung "Mittelalterliches Schriftgut im Archiv" fand nur das Interesse von acht Teilnehmern. Die geplanten zwei Wiederholungen mussten mangels Teilnehmerinteresses abgesagt werden. Auch diese Erfahrungen waren nützlich. Zum Ende des Jahres 1993 wurde dann eine dauerhafte Zusammenarbeit mit der Landesarchivdi-rektion Baden-Württemberg bei der Ausrichtung einer fünftägigen Fortbildungsveranstaltung "Bestandserhaltung im Archiv" begründet, die für einige Jahre unter der Leitung von Hartmut Weber (nunmehr Präsident des Bundesarchivs) und der Konservatorin Anna Haberditzl zu den Glanzstücken Marburger Fortbildungsaktivität zählte. Auf Grund der guten Erfahrungen mit den FortbildungsVeranstaltungen in den Jahren 1992 und 1993 bot die Archivschule für 1994 bereits ein differenziertes und noch gezielter auf den vorgetragenen Bedarf zugeschnittenes und erstmals durch eine kleine Broschüre angekündigtes Programm aus neun Fortbildungsveranstaltungen von drei unterschiedlichen Typen von bis zu fünf Tagen Dauer an. Hier deutete sich erstmals bis zum Fortbildungsprogramm für 1997 eine Gliederung nach drei Veranstaltungstypen an, nämlich die Einteilung in Anpassungs- und Vertiefungskurse, Grundkurse und Workshops, damals noch Übungskurse genannt. Anpassungsund Vertiefungskurse richten sich an Archivarinnen und Archivare mit Fachausbildung und Berufspraxis. Sie bieten die Möglichkeit zur gründlichen Auseinandersetzung mit Fragen aus dem Bereich der Kern aufgaben der Archive. Grundkurse sollen einen breiteren Interessentenkreis ansprechen. Sie setzen keine Fachqualifikation, jedoch einige praktische Erfahrungen im Archiv voraus. Diese Kurse sind kein Ersatz für eine Fachausbildung. Sie bauen nicht aufeinander auf. Sie können aber für die Lösung einer Reihe von Alltagsproblemen nützliche Hinweise liefern und sind auch als Grundlage für eine folgende Teilnahme an Anpassungs- und Vertiefungskursen oder Workshops geeignet. Workshops richten sich an Teilnehmerkreise mit Berufserfahrung. Sie sollen in konzentrierter Form einzelne Fragestellungen der Berufspraxis herausgreifen und in gemeinsamer intensiver Arbeit vertiefen.11 11 Angelika Menne Haritz in den Vorworten zu den Fortbildung sprogrammen von 1994 bis 1997. ARHIVI XXV (2002), št. 1 Žontaijev zbornik 259 Bereichert durch Anregungen und konstruktive Kritik aus dem Berufsstand bot die Archivschule im Jahre 1995 dann bereits 14 Kurse an, die bis auf 2 Workshops, für die sich nicht genügend Anmeldungen ergaben, mit einer Zahl von maximal 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern erfolgreich stattfanden. In diesem Jahr wurde auf Wunsch der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR ein Grundkurs "Organisation und Aufgaben der Archive" vorwiegend für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingerichtet, der auch in den Jahren 1996 und 1997 (unter einer veränderten Themenkennzeichnung) organisiert werden konnte. Die große Nachfrage, aber auch die mittlerweile erlangte professionelle Routine in der Organisation setzte die Archivschule in Stand, für 1996 dann sogar 17 Fortbildungskurse anzubieten. Damit hatte das Fortbildungsprogramm einen Umfang von Fortbildungskursen erreicht, deren Anzahl bis zur Gegenwart Maßstab geblieben ist und nur 1998 noch um einen weiteren Kurs überboten wurde. Im Grunde genommen waren mit den Fortbildungsangeboten für 1996 und 1997 auch Maßstäbe für die inhaltliche Vielfalt des Programms gesetzt worden, die trotz allfälliger leichter Veränderungen des Themenspektrums und der Benennung der Einzelveranstaltung bis heute durchgehalten worden sind, ja geradezu zur Kanonisierung des einen oder anderen Kurses wie der "Rechtsfragen im Archivalltag" beigetragen hat. Im Jahre 1996 folgte eine erste statistische Auswertung der Fortbildungstätigkeit der Archivschule. Von den insgesamt 269 Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieses Jahres entfielen auf die alten Bundesländer 57%, auf die neuen Bundesländer 36%, auf das Ausland (insbesondere Schweiz, Österreich, Slowenien, Elsaß) 7%. Dabei hatten 70% der Teilnehmer und Teilnehmerinnen keine archivarische Fachausbildung. Von den 30% mit Fachausbildung entfielen 27% auf den gehobenen Archivdienst, damit die gelegentliche Behauptung widerlegend, es geschehe zu wenig für den gehobenen Archivdienst. Nur 3% der Teilnehmer gehörten dem höheren Archivdienst an, woraus ich vorsichtig die Diagnose ableiten möchte, dass die reguläre wissenschaftliche Ausbildung an der Archivschule doch nicht so defizitär zu sein scheint, wie es gelegentlich behauptet wird. Auch in ihrem Fortbildungsprogramm für 1997 reagierte die Archivschule Marburg auf den gesteigerten funktionsbezogenen Qualifizierungsbedarf in den Archiven und nahm aktuelle Themen wie das Internet, die neuen Steuerungsmodelle in der Verwaltung und die Projektorganisation bei der Erschließung auf. Neu war auch ein Forum für Absolventen der Ausbildungskurse über ihre Erfahrungen beim Berufsstart in der Praxis, das aber nur noch einmal 1998 angeboten wurde. Die bewährten Kurse zur Bestandserhaltung, Büroautomatisation, Bewertung, Archivrecht, Nachlaßerschließung und Management wurden inhaltlich weiterentwickelt. Bei zwei Veranstaltungen konnte die Archivschule neue Kooperationspartner vorstellen: nämlich die Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare für den Anpassungs- und Vertiefungskurs "Elektronische Unterstützung bei der Erschließung" und die Fachgruppe 7 (Medienarchive) des Vereins deutscher Archivare für den Anpassungs- und Vertiefungskurs "Rechtsfragen im Medienarchiv", der unter der Bezeichnung "Urheberrecht im Medienarchiv" bis zur Gegenwart bestehen geblieben ist. Obwohl sich dieser Fortbildungskurs vor allem an interessierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Medienarchiven und Dokumentarseinrichtungen richtete, hat er mittlerweile auch bei den klassischen Archivarinnen und Archivaren Freunde gefunden, insbesondere wegen der Belehrung über die Rechtsverhältnisse von Bilder- und Fotosammlungen. Auch die anderen Kurse weisen stets eine gute Mischung unterschiedlicher Interessenten auf. Schon längst kann nicht mehr gesagt werden, dass sich das Interesse an dem Fortbildungsangebot auf Mitglieder von Staats-, Kommunal- und Kirchenarchiven beschränkt. Seit geraumer Zeit ist ein Anstieg der Teilnahme von Mitgliedern von Unternehmens- und Wirtschaftsarchiven, von Parteien- und Vereinsarchiven, von Literaturarchiven, von Nachlaß-und Handschriftenabteilungen von Bibliotheken und von Adelsarchiven, aber auch von Registraturen der laufenden Verwaltungen zu verzeichnen. Abgesehen davon, dass in der Regel in einer guten Mischung auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen Regionen in Deutschland vertreten sind, hat sich auch das Spektrum der Gäste aus anderen europäischen Ländern erweitert. Abgesehen von den regelmäßig vertretenen Schweizern und Österreichern, seltener Slowenen und Elsässern, hat die Archivschule auch schon Gäste aus England, Estland, Dänemark und Italien (Südtirol) begrüßen können. Das Programm für 1998 brachte ohne eine wesentliche Veränderung der Themeninhalte der Kurse die letzte Umstrukturierung des Kursangebots, die bis zur Gegenwart beibehalten worden ist. Während die Gruppe der Grundkurse unverändert blieb, wurden die Anpassungs- und Vertiefungskurse unter den neuen Oberbegriff "Aktualisierung von Schlüsselkompetenzen (ASK)" und die Workshops unter den neuen Öberbegriff "Schwerpunktbildung bei Innovationskompetenzen (SIK)" gefasst. Die Archivschule wollte damit neue Akzente für eine zielbewusste Qualifizierungsstrategie zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des archivarischen Berufs setzen, also nicht nur alten Wein in neue Schläuche füllen. In den Bereichen der berufli- 260 Zontaijev zbornik ARHIVI XXV (2002), st. 1 chen Tätigkeit, die von dem Wandel der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen besonders betroffen sind, soll eine Aktualisierung der fachlichen Schlüsselkompetenzen auf den neuesten Stand der professionellen Anforderungen ermöglicht werden. Daneben sollen Schwerpunktbildungen bei der Kenntnis und dem Transfer von innovativen Zukunftsqualifikationen in die praktische Arbeit unterstützt werden.12 Bei den neuen ASK- und SIK-Kursen werden die Teilnehmerzahlen auf höchstens 15 beschränkt, um eine noch intensivere und konzentriertere Arbeit zu ermöglichen, während die Grundkurse wie bisher 20 Personen aufnehmen können. Die Fortbildungsprogramme für 1999 bis 2002 setzen diese neuen Akzente um. Bei Aufrechterhaltung eines bewährten Programms gelingt dies durch das Engagement eines kompetenten Mitarbeiterkreises aus der archivarischen Praxis und der Archivschule. Blicken wir auf den letzten Stand, also das Programm für 2002, so werden folgende Veranstaltungen angeboten: Aktualisierung von Schlüsselkompetenzen: ASK 11: Bewertung, Überlieferungsbildung und Behördenbetreuung ASK 12: Bewertung, Überlieferungsbildung und Behördenbetreuung ASK 22: Schäden an Archivgut erkennen, begrenzen und behandeln ASK 23: Digitalisierung von Archivgut ASK 31: Archivische Erschließung im internationalen Verbund ASK 41: Rechtsfragen im Archivalltag ASK 42: Urheberrecht im Medienarchiv ASK 61: EDV im Archiv Schwerpunktbildung bei Innovationskompetenz: SIK 52: Archivierung digitaler Unterlagen SIK 53: Normung und Qualitätssicherung im Bereich der Schriftgutverwaltung SIK 61: Das Internet in der Öffentlichkeitsarbeit der Archive SIK 62: MIDOSA-Schulung Grundkurse: GK 1: Einführung in die Ordnung und Verzeichnung von Archivgut GK 2: Einführung in das Archivwesen GK 3: Aufgaben und Betrieb kleiner und mittlerer Archive. Damit werden im Unterschied zu 2001 mit 17 Kursen im Jahre 2002 zwar nur 15 Kurse veranstaltet, aber es ist neuerdings möglich, dass bei Interesse auch weitere Kurse gemeinsam mit externen Veranstaltern entwickelt und angeboten werden können. Der Berufsstand ist aufgerufen, sich bei Bedarf an die Archivschule Marburg zu wenden. Auch dieser äußere Impuls kann dem Standard dienen, dem sich das Fortbildungsprogramm von Anfang an verschrieben hat: Die i ? Angelika Menne-Haritz im Vorwort zum Fortbildungsprogramm für 1998. Kurse greifen fachliche Problemfelder auf, informieren über neue Entwicklungen auf ihrem Gebiet und trainieren neue Reaktions- und Verhaltensweisen.13 Das Bild über die Fortbildungsaktivitäten der Archivschule Marburg bliebe unvollständig, wenn nicht auch der jeweils zweitägigen, bisher sechs Archivwissenschaftlichen Kolloquien gedacht würde, die die Archivschule Marburg seit 1994 für einen größeren Teilnehmerkreis veranstaltet hat und deren Beiträge bisher auch stets von ihr publiziert worden sind.14 Obwohl hier der Auftrag der Archivschule, der archivwissenschaftlichen Forschung zu dienen, im Vordergrund steht, können diese auch in Zukunft geplanten Kolloquien, an denen regelmäßig ausländische Fachvertreter als Referenten mitwirken, ebenso als gehobene Fortbildungsveranstaltungen angesehen werden. Der bisher fachlich wie menschlich bewegendsten Fortbildungsveranstaltung sei zum Ab-schluss gedacht: Vom 29. August bis zum 9. September 1994 veranstaltete die Archivschule Marburg einen Sommerkurs in deutscher Sprache für osteuropäische Archivarinnen und Archivare. Der Sommerkurs entsprach den in den letzten Jahren auf Archivtagungen, beim Bundesarchiv und bei der Archivschule geäußerten Wünschen vieler ausländischer Archivarinnen und Archivare, das deutsche Archivwesen kennenzulernen. Bereits im Dezember 1992 erkundigte sich die Leitung der Archivschule beim Auswärtigen Amt nach Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung für einen vierwöchigen Sommerkurs, nachdem osteuropäische Archivverwaltungen 43 Interessenten gemeldet hatten. Ein Förderungsantrag wurde im März 1994 positiv beschieden, 13 Angelika Menne-Haritz im Vorwort zum Fortbildungsprogramm für 2000. 14 Andrea Wettmann (Hrsg.), Bilanz und Perspektiven archivischer Bewertung. Beiträge eines wissenschaftlichen Kolloquiums, 1994 (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg Nr. 21). — Karsten Uhde (Hrsg.), Qualitätssicherung und Rationalisierungspotentiale in der Archivarbeit — Beiträge des 2. Archivwissenschaftlichen Kolloquiums der Archivschule Marburg, 1997 (Veröff. Nr. 27). - Angelika Menne-Haritz (Hrsg.), Archivische Erschließung: Methodische Aspekte einer Fachkompetenz — Beiträge des 3. Archivwissenschaftlichen Kolloquiums der Archivschule Marburg, 1999 (Veröff. Nr. 30). — Andreas Metzing (Hrsg.), Digitale Archive — Ein neues Parc digma? — Beiträge des 4. Archivwissenschaftlichen Kolloquiums der Archivschule Marburg, 2000 (Veröff. Nr. 31). - Nils Brübach (Hrsg.), Der Zugang zu Verwaltungsunterlagen. Transparenz als archivische Dienstleistung. Beiträge des 5. Archivwissenschaftlichen Kolloquiums der Archivschule Mar bürg, 2000 (Veröff. Nr. 33). - Angelika Menne-Haritz (Hrsg.), Online Findbücher, Suchmaschinen und Portale. Beiträge des 6. Archivwissenschaftlichen Kolloquiums der Archivschule Marburg, 2001 (Veröff. Nr. 35). - Das 7. Archivwissenschaftliche Kolloquium am 5. Juni 2002 wird das Thema "Archivgesetzgebung in Deutschland — Ungeklärte Rechtsprobleme und neue Herausforderungen" behandeln. ARHIVI XXV (2002), št. 1 Žontaijev zbornik 261 doch reichten die bewilligten Mittel nur dafür aus, für 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Osteuropa einen zweiwöchigen Lehrgang in Marburg zu organisieren. Nach umfangreichen Vorbereitungen konnten am 28. August 1994 aus den folgenden 11 Ländern insgesamt 19 wissenschaftliche Archivarinnen und Archivare in leitender Stellung in Marburg in Empfang genommen und zu ihren Unterkünften in Studentenwohnheimen der Universität geleitet werden: Estland 2, Kroatien 2, Lettland 2, Litauen 2, Polen 2, Rumänien 1, Rußland 2, Slowakei 1, Slowenien 2, Tschechische Republik 1, Ungarn 2. Eine Archivarin aus der Ukraine konnte nicht anreisen. Am Montag, dem 29. August, wurde der Sommerkurs durch die Leiterin der Archivschule eröffnet. Sie gab nach einer Vorstellungsrunde einen einführenden Gesamtüberblick über die Organisation des Archivwesens in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Besichtigung des Hessischen Staatsarchivs Marburg schloß sich auf Wunsch des Kurses an. An den folgenden Tagen wurden die Kernaufgaben der öffentlichen Archive, die Sicherung, die Erschließung und die Erhaltung von Archivgut vorgestellt. Da diese Lehrveranstaltungen von staatlichen Archivaren wahrgenommen wurden, dienten sie zugleich der Präsentation des staatlichen Archivwesens in Deutschland. In einer Veranstaltung über Archivrecht wurden nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen für das öffentliche Archivwesen vorgestellt, sondern es ergab sich auch eine anregende Diskussion über das Benutzungsrecht im internationalen Vergleich, insbesondere bei der Benutzung von personenbezogenen Unterlagen. Die Außen Wirkung der Archive, ihr Bildungsauftrag gegenüber dem geschichtsinter-essierten Bürger war Thema einer Veranstaltung über Öffentlichkeitsarbeit. Die zweite Kurswoche galt der Vorstellung der Aufgaben des nichtstaatlichen Archivwesens in Deutschland, wie sie sich vor allem in den Kommunalarchiven, den Archiven der Wirtschaft und den Archiven der politischen Parteien und Verbände ergeben. Am Nachmittag des 30. August 1994 fand eine Gesprächsrunde über den Stellenwert des internationalen Meinungsaustausches im Archivwesen mit der Bundestagsabgeordneten Gisela Babel, dem Präsidenten des Bundesarchivs Friedrich Kahlenberg und dem Präsidenten der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg Wilfried Schöntag statt, die sich um das Zustandekommen des Sommerkurses besonders verdient gemacht hatten. Am 8. September 1994 besuchte der Kurs den Hessischen Landtag und das Hessische Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden. Im Landtag wurde der Kurs vom Landtagspräsidenten Karl Starzacher in die Aufgaben des Landtages eingeführt und zum Mittagessen eingeladen. Am Sommerkurs und seinen Veranstaltungen nahm die örtliche und regionale Presse interessierten Anteil. Sie wies auf den Gewinn hin, den die Begegnungen und Aussprachen für die archivfachliche Verständigung zwischen Deutschland und den osteuropäischen Ländern gebracht haben. Auch wenn mangels ausreichender Finanzieller Unterstützung ein für 1997 geplanter zweiter Sommerkurs für osteuropäische Archivarinnen und Archivare leider nicht verwirklicht werden konnte, sind die fachlichen und menschlichen Kontakte der Archivschule Marburg zu den Kolleginnen und Kollegen der osteuropäischen Ländern enger geworden. Dazu beigetragen haben Studienreisen der Lehrgänge des höheren Archivdienstes nach Slowenien, Ungarn, Tschechien und Polen seit 1983, die Teilnahme polnischer Archivare an der regulären wissenschaftlichen Ausbildung an der Archivschule seit 1999 und vor allem die treue Teilnahme slowenischer Archivarinnen und Archivare, auch des verehrten Jubilars, an den Fortbildungsveranstaltungen und Kolloquien in Marburg an der Lahn. Auch wenn die Archivschule Marburg als Landeseigenbetrieb keine Teilnehmergebühren für die Ausbildung erlassen darf, so würde sie sich doch sehr darüber freuen, wenn slowenische Archivarinnen und Archivare wie seit kurzem ihre polnischen Kollegen auch an den regulären wissenschaftlichen Ausbildungslehrgängen teilnehmen könnten. SUMMARY ADVANCED STUDY PROGRAM FOR ARCHIVISTS AT THE ARCHIVES SCHOOL IN MARBURG The contribution presents the history, goals, organisation, contents and the participants of the advanced study program at the Archives School Marburg from 1990 until the present. The author examines the program in the light of the school's mission as an institution of theoretical education for higher degrees of archival work and archival scientific research in Germany. POVZETEK IZPOPOLNJEVANJE ARHIVARJEV NA ARHIVSKI ŠOLI MARBURG Prispevek poda pregled razvoja, ciljev, organizacije, vsebin in udeležencev izpopolnjevalnega programa arhivske šole Marburg od leta 1990 do danes. Program predstavi z vidika nalog, kijih ima šola za arhivarje kot institucija za teoretično izobraževanje za višje stopnje arhivarskega dela in za arhivi stično znanstveno raziskovanje v Nemčiji.