Inhalt P. Karl Fischer: Wir ziehen zur Mutter der Gnaden 121 P. Wilhelm Kühner: Du guter und getreuer Knecht! ............'. .................. 122 P. Wilhelm Kühner: Notizen aus Pretoria (Fortsetzung) .............................. v 124 P. Lorenz Unfried: Von Paten, Zöpfen und Bärten .................... .Ì-':j5Ì28 G. Bomans: Die weinende Madonna von Syrakus ...................................... 129 Vom Wirken der Missionsbrüder (Bildbericht) .....................:............... 131 Br. August Cagol: Königslanze und Kreuz (Fortsetzung)............................. 138 Hugo Kocher: Die Station am Rio Begas (Schluß) ................................... 140 Die beiden Umschlagbilder zeichnete Rudolf Wirth, München. Zur gefälligen Beachtung Die Missionszeitschrift ,(Stern der Neger" erscheint alle zwei Monate im Umfang von 24 Seiten. — Der jährliche Bezugspreis beträgt in Deutschland DM 2.50; in Österreich 12 Schilling; in Italien 300 Lire.vr-i Allen, die den Bezugspreis für 1954 schon (gezahlt haben, sagen wir ein herzliches Vergelt's Gott. Bestellungen werden entgegengenommen: In Deutschland vom Missionshaus Josefstal, Ellwangen (Jagst), Württemberg; in'Österreich vom Missionshaus Maria Fatima, Unterpremstätten bei Graz; in Italien vom Herz-Jesu-Missionshaus in MiWand bei Brixen. Einzahlungen sind zu richten: In Deutschland auf das Postscheckkonto Stuttgart 54 066 Missionshaus Josefstal; in Österreich auf das Scheckkonto 86211 „Stern der Neger"; in Italien auf das Herz-Jesu-Missionshaus in Milland bei Brixen. Mifftonegebetsmeinungen Vom Heiligen Vater gutgeheißen und gesegnet Für November: Für die Missionen in Mittelamerika und auf den Antillen. Für Dezember: Daß in den höheren Kasten Indiens das Verlangen nach Christusliebe und Christusnachfolge erwache. Herausgeber und Verleger: Kongregation der Missionäre Söhne des Heiligsten Herzens Jesu, Josefstal bei Ellwangen (Jagst), Württemberg. Postscheckkonto Stuttgart 54066. — : Schriftleitung : P. Stephan Untermann. — Druck: Schwabenverlag AG., Zweigniederlassung Ellwangen (Jagst). Mit kirchlicher Druckbewilligung und Erlaubnis des Generalobern. Stern Der Neger Katholifche Mtffions-Zeitfchrift Herauegegeben oon öer Kongregation Miffionäre Söhne öes Heiligften Herzene Jefu 47. Jahrgang Heftó Wir ziehen zur Mutter Öer 6naÖen Wie in allen katholischen Ländern mußte man auch im Missionsland Südafrika beginnen, unsere liebe Himmelsmutter durch gemeinsame1 Wallfahrten nach ihr geweihten heiligen Stätten öffentlich zu verehren. Unsere bekehrten Schwarzen lernen Maria kennen als gute, hilfsbereite Mutter und schenken ihr vertrauensvolle Liebe. Viele Buben und Mädchen scharen sich in den einzelnen Missionsniederlassungen um das Banner der Marienkinder. Die Frauen folgen der Fahne der heiligen Mutter Anna. Die Männer weihen sich dem göttlichen Herzen in der Herz-Jesu-Brüderschaft. Ihre Liebe zu Jesus und Maria konnten die Gläubigen aber bisher nur innerhalb der Missionspfarrei bekunden. Vom 27. April bis 4. Mai 1952 tagte in Durban auf Veranlassung von Erz. bischof Hurley ein Nationaler Mariani-scher Kongreß, der vom damaligen Apostolischen Delegaten für Südafrika, Erzbischof Lukas SVD, eröffnet wurde. Der Leitspruch dieses Kongresses war: „Südafrika für Christus durch Maria." Uber 40 000 Menschen aller Rassen kamen damals zusammen und huldigten der Muttergottes. Den Höhepunkt bildete der 4. Mai, wo Erzbischof Denis Hurley die Südafrikanische Union der Himmelskönigin weihte. Der Weiheakt wurde in den vier Hauptsprachen der Union — Englisch, Afrikaans, Zulu und Sesutho nfl von allen Gläubigen rhit-gebetet. Auf. diesem Kongreß wurde auch beschlossen, in den einzelnen Diözesen der Union Orte zu bestimmen, die als marianische Heiligtümer das Ziel von Pilgerfahrten sein sollten. Für die Diözese Mariannhill wurde von Bischof Streit CMM die Kirche der Missionsstation Kevelaer als Wallfahrtsort bestimmt. Dieses südafrikanische Kevelaer war vor 60 Jahren nur eine Halte- und Raststelle des reisenden Missionspersonals und der Fuhrwerke, die die Missionsstationen im Oberland mit den notwendigen Dingen versahen. Im Laufe der Zeit wurde dann eine Schule für die Schwarzen errichtet und ein Priester nahm die Missionsarbeit auf. Der Platz bekam den Namen „Kevelaer"' zu Ehren der Muttergottes von Kevelaer im Rheinland. Aus diesen kleinen Anfängen entwickelte sich eine der ausgedehntesten und blühendsten Missionsstationen mit 17 Außenschulen. Vor dem zweiten Weltkrieg faßte der damalige Missionar, P. Vitalis, den Entschluß, zu Ehren dm Muttergotles hier eine große Kirche zg bauen. Er hatte aber nicht das notwendige Geld dazu und der hochwürdigste Bischof wollte auch nicht recht zustimmen. Doch im Vertrauen 'auf die Hilfe der Muttergottes begann P. Vitalis mit den Vorbereitungen zum Bau, ließ Ziegel machen und Steine herbeischaffen. Um Geld zu bekommen, bat er seinen Bischof um die Erlaubnis, in seiner Heimat, der Schweiz, Geld sammeln zu dürfen. Wegen des Kriegsausbruchs blieb er länger dort, als ihm lieb war, doch zum Vorteil seines Unternehmens. Sein junger Stellvertreter, der mit großem Eifer die Vorbereitungen zum Bau weiterführte, starb schon nach wenigen Monaten. Dessen Nachfolger, ein erprobter Missionär, ging, in seinem Vertrauen zu' Maria gleich weiter und begann den Bau. Er bat den Bischof um drei Franziskanerbrüder von Waldbreitbach, darunter einen Architekten aus der Schweiz, die sich nach dem Plan von P. Vitalis rüstig van die Arbeit machten. Auf eine Seitenkapelle für die Muttergottes von Kevelaer wurde besonderer Wert gelegt. Mit dem Bau stiegen auch die Schulden und bereiteten manchmal dem guten Pater Baumeister schlaflose Nächte. Er sagte mir einmal: „Ich als alter Soldat halte meinen Schwur und werde das Gewehr nie wegwerfen." Er meinte damit: ich laß' nicht ab von- der Arbeit, auch wenn sich die Schulden noch so hoch türmen; die Muttergottes wird das Geld zur rechten Zeit schon schicken. Und däs Geld kam wirklich immer zur rechten Zeit aus der Schweiz, trotz deš Krieges. Nach über einem Jahr konnte der Bischof die Kirche einweihen, aber die Muttergotteskapelle blieb noch. leer. Den P. Vitalis, der aus der Schweiz den Kirchenbau finanziert hatte, zog es nach dem Krieg wieder in seine Mission. Eine innere Stimme drängte ihn, zuvor eine Wallfahrt nach Kevelaer im Rheinland zu machen. Dort betete er mit großem Vertrauen für seine Gemeinde in Kevelaer bei Donnybrook in Südafrika. In der Seidenstadt Krefeld begegnete er wie zufällig einer älteren Dame, die als letztes Erbstück ihrer Vorfahren ein zweites Bild „Unsere liebe Frau von Kevelaer" besaß. Sie hatte im Krieg alles verloren bis auf dieses kostbare Stück. An dieses klammerte sie sich mit letzter Kraft und fügte sich in die Schicksalsschläge Gottes. Nun bat sie der Missionar um dieses Bild. Nein, das wollte sie nicht auch noch verlieren! Der Pater aber gab nicht1 nach und brachte sie schließlich mit dem Hinweis, daß die Muttergottes auch dieses letzte Opfer von ihr verlange, soweit. Voll Freude ließ er für das kostbare Bild einen in Gold gefaßten Schrein anfertigen. Jetzt nur schnell das Gnadenbild mit dem Flugzeug die 9600 Kilometer nach Südafrika bringen! Auf der Reise war das Bild dreimal in Gefahr, verloren zu gehen. Das erstemal, als das Flugzeug in den Steppen Afrikas abstürzte und am Boden verbrannte. P. Vitalis verzichtete auf all sein Gepäck, nur um den heiligen Schrein zu retten. Das zweitemal auf der Straße nach Kevelaer (Donnybrook), wo er mit dem Auto, in dem er das Bild beförderte, einen schweren Unfall hatte. Das Bild blieb unversehrt. Das drittemal war es in Gefahr, gestohlen zu werden. Der Schrein mit dem Gnadenbild befindet sich jetzt in der Marienkapelle der Kirche von Kevelaer in Südafrika. Kerzen brennen davor, und Votivtafeln bezeugen, daß schon viele bedrängte Menschen Trost und Hilfe durch die Fürbitte „Unserer lieben. Frau von Kevelaer" hier erlangt haben. Die Eröffnung dieser Wallfahrtsstätte war großartig. Am Nachmittag des 15. August hielt der Hochwürdigste Herr Bischof ein Pontifikalamt" im Freien, zu dem Tausende von Schwarzen mit ihren Missionaren aus allen Teilen der Diözese gekommen waren. Abends war Lichterprozession mit dem Gnadenbild, Predigt und feierlicher Segen. Anschließend wurden dann Lichtbilder' von den Pilgerzügen in Kevelaer (Rheinland) gezeigt, um den Schwarzen das Wallfahren zu den heiligen Orten verständlich zu machen. Am nächsten Tag war in der Frühe vor dem Pontifikalamt wieder Prozession mit dem Schrein zum’ Äußenaltar, und beim Segen wurde die Weihe der Diözese an Maria, die Königin des Himmels, feierlich erneuert. Jetzt pilgern wir alle Jahre am 15. August; gemeinsam zur Muttergottes nach Kevélaer, und auch an anderen Tagen sieht man Wallfahrer dorthin ziehen. Es bleibt für uns Missionare Sinn und Ziel aller Arbeit: „Südafrika für Christus durch Maria!" > P. Karl Fischer Du guter unö getreuer Knecht! Heute, am 11. September, haben wir haben ihm zusammen mit vielen Schwar-unseren guten Bruder Josef Huber in zen das Geleit gegeben aUf seinem letz-die Erde gebettet. Etwa 33 Mitbrüder ten Weg von der Kirche zum Friedhof. P. Rektor Richard Lechner hielt das Seelenamt, bei dem die anwesenden Priester das Choralrequiem sangen. Anschließend gab P. Superior Anton Reite rer in Englisch ein kurzes Lebensbild des Verstorbenen und hielt die Beerdigung.' Am Grab sprach der eingeborene Priester Johannes Lephaka in Zulu Worte des Dankes für,"all die Arbeiten und Opfer, die Br. Huber für die Schwarzen in 46jähriger ununterbrochener Mist sionstatigkeit gebracht hat. Geboren am 3. März 1880 in Gschwendt (Österreich), trat er 1900 ins Missionshaus Milland ein, kam 1908 nach Zentralafrika, wo er bis 1923 im Vikariat Khartum wirkte, und war dann von,'1924 bis zu seinem Tod am 10. September in der südafrikanischen Diözese Lydenburg tätig. Nie hpt er seine schöne Heimat Österreich wiedergesehen. Der schwarze Priester ermahnte seine Landsleute, nicht bloß mit dem Mund zu danken, sondern,' durch die Tat, durch eifriges Gebet für den Heimgegangenen und vor allem durch Nachahmung seines edlen Beispiels. ’ All die Zeit habe er gearbeitet, ohne von Menschen einen Lohn zu empfangen; nur aus Liebe zu Gott und den. Schwärzen. Wir waren sprachlos, als wir gestern früh telephonisch die Nachricht. erhielten, Br.. Huber sei in Johannesburg gestorben. Noch vor wenigen Tagen hatte P. Reiterer mitgeteilt, der Spezialist dort habe nichts finden können, und es bestehe Aussicht, daß der Patient bald wieder in unserer Mitte weilen, würde. Und der Kranke Selbst schrieb, daß er sich nur schwach fühle, sonst fehle ihm nichts. Vor acht Tagen hatte P. Rektor unseren Mitbruder nach Johannesburg ins Sanatorium Kensington ' gebracht. Der Arzt in Lydenburg glaubte nämlich, die Schmerzen, worüber Br. Huber seit dem 30. August klagte, kämen von Gallensteinen. Für eine möglicherweise notwendige Operation überwies er den Kranken nach Johannesburg. Vor der Abfahrt dorthin wollte Br. Huber noch einmal seine Mitbrüder und die Station sehen; wo er 30 Jahre lang gearbeitet hatte. Er empfing hier nochmals die heilige Kommunion, nachdem er schon vor seiner Einlieferung ins Lyden-burger Spital mit allen Tröstungen der Kirche versehen,worden war. Im Speise-saal aß er noch eine Kleinigkeit’Šund nahm dann Abschied von uns. Gestern früh war Br. Huber mit den Schwestern im Sanatorium zur heiligen Messe gegangen. Da brach er während des heiligen Opfers zusammen. Der Priester spendete ihm hoch .die letzte Ölung und nach einigen Minuten hauchte Br. Huber seine Seele aus. Seih letztes und größtes Opfer durfte er mit dem Opfer des ewigen Hohenpriesters vereinigen. Br. Josef Huber, gestorben am 10. Sept. 1954 in Johannesburg (Archiv) Br. Huber war von Beruf Schreiner und Tischler. Da ist wohl keine. Station unserer Diözese, die nicht Erzeugnisse seines Fleißes aufzuweisen hätte. Aber er war mehr als ein Handwerker. In fachmännischer Gediegenheit entwarf er viele Pläne für Kirchen, Schulgebäude, Hospitäler usw. Und wie viele Altäre und Tabernakel stammen von seiner Hand. Wie sein Namens- und Berufspatron, der heilige Joseph, durfte er dem Herrn an gar vielen, Stätten eine Wohnung bereiten. Sein Kreuz während vieler Jahre war die Taubheit. Auch mit Hilfe eines Hörrohres konnte er sich nur schwer verständigen. Man hatte ihm dann einen Hörapparat mit Batterie besorgt. Zuerst hatte er eine kindliche Freude, daß er nun wieder imstande war, die Leute sprechen zu hören und das Summen eines Motors oder das Singen eines Vogels' zu vernehmen. Bald war- ihm auch dieser Apparat keine Hilfe mehr. Humorvoll, meinte ér: „Das Ding hat mein ganzes Gehör ruiniert." Seine Taubheit war, wohl eine Folge von dem vielen Chinin, das er im Sudan gegen die Malaria nehmen müßte. Trotzdem war er ein interessierter Gesprächspartner. Er konnte einem zwar die Worte nicht besonders gut vom Munde ablesen, aber er erriet das Gesagte erstaunlich oft richtig. Im äußersten Fall mußten Bleistift und No- tizbuch helfen. Um sein herzliches, frohes' Lachen beneidete ihn mancher. . Wir danken Dir, lieber Mitbruder, für all. Dein Arbeiten und Opfern. Dein dienstbereites/ freundliches Wesen werden wir oft; schmerzlich vermissen. Aber wir freuen uns um Deinetwillen, daß Du nun heimgehen durftest nach siegreichem, langem Ringen. Du . hast das Ziel erreicht. Und für den leeren Platz, den du zurückgelassen hast, schick' uns bald Ersatz. Erbitte jungen Menschen die Gnade, daß. sie dem Ruf Gottes zur Arbeit im Weinberg des Herrn ein williges Ohr leihen! P. Wilhelm Kühner Notizen aus Pretoria (Fortsetzung) Pretoria, 13. 7. 1953 Wenn mein Prinzipal manchmal klagt über die vielen Stünden, die er im Sprechzimmer, verbringen muß, dann suche ich ihn zu trösten, indem ich ihm versichere, das sei sein Apostolat. Auf seinem Grabstein wird einmal eingemeißelt werden: Apostel des Sprechzimmers und des Telefons. Ich habe einen kleinen Anteil an diesem Apostolat, wenn Monsignore nicht da ist. Da kommt ein Inder, ein Hindu. Er hat gestern, nachts 12 Uhr, seinen Freunden feierlich die Versicherung gegeben, daß er keinen Tropfen Alkohol mehr trinken werde. Er ist noch ein junger Mann, vielleicht 30 Jahre alt. Er möchte nun, daß ich für ihn ein Gebet spreche, damit er sein Versprechen auch halten kann und der Alkoholteufel ihn nicht mehr'am Kragen-packt. Ich'bete langsam das Vaterunser und gebe ihm den Segen. Dann lade ich ihn ein, später mal wieder zu kommen. Werde ich ihn Wiedersehen? Klingelingelingeling, den ganzen Tag! Wer ist es diesmal? Der Boy meldet: „Ein Mann will einen der Priester sprechen." Ich gehe hinunter. '1st ès ein Landstreicher? Er sieht fast so aus. „Father", sagt er, „'ich komme soeben von Korea zurück. Helfen Sie mir dem Herrgott danken, daß ich der Hölle entron- nen bin." Er trägt den Rosenkranz um den Hals. Ich bete mit ihrg, ermahne ihn, in die Kirche zu gehen und vor allem die . Sakramente zu empfangen. Dann geht er heim zu Weib und Kindern. 14,7.1953 Unglaublich! Unerhört! Da lese ich heute ein Buch über die Geschichte Südafrikas. Die Kriege der Zulu unter ihrem berühmtesten und berüchtigtesten Herrscher Chaka werden in all ihrer Grausamkeit mit schreienden .'Farben ausgemalt. Zuerst zieht sich Chaka vor seinem Gegner zurück und läßt ihm nichts übrig als verwüstete Felder und Dörfer. Diese Art. der Kriegführung reizt den Schreiber des Buches zu einem Vergleich, in dem ein Wort mir fast den Atem nimmt. Er sagt nämlich, Cha,ka habe es gemacht wie die Russen seinem Zeitgenossen Napoleon bei dessen Marsch auf Moskau, und wie sie es jetzt (das Buch wurde, während des: zweiten Weltkriegs geschrieben) den Hunnen machen. Den Hunnen ! Damit sind wir Deutsche gemeint. Das ist also' .unser guter Name hier im Land! Der Verfasser braucht gar keine weitere Erklärung beizufügen. Er . darf annehmen, daß diese Bezeichnung für Deutsche so allgemein bekannt, und gebraucht ist, daß es keiner weiteren Worte bedarf. Die neueröffnete St.-Patrićk-Hoćhschule in Monrovia, der Hauptstadt des westafrikanischen Negerfreistaats Liberia (Fides-Foto) Ich hatte vor ungefähr 14 Tagen ein Erlebnis, das ich nun erst richtig verstehe. Ein südafrikanischer Geistlicher, ein katholischer Priester, sagte mir, die Hunnen hätten einen Teil ihres Missionsgebietes übernommen. Ich nahm ihm diesen Ausdruck nicht übel, da ich dachte, er weiß ja nicht, daß ich ein Deutscher bin, sonst würde er so taktvoll sein und diesen Ausdruck vermeiden. Aber ich hatte mich getäuscht. Denn ein Dritter, der an der Unterhaltung teilhahm, machte ihn aufmerksam, daß ich erst vor kurzem aus Deutschland gekommen sei. Das hinderte diesen Herrn aber nicht, bald darauf den gleichen Schimpfnamen wieder zu gebrauchen. Wahrscheinlich w^r er sich seiner Taktlosigkeit gar nicht bewußt. Diese Bezeichnung „Hunnen“ für Deutsche ist schon so Gewohnheit geworden, daß sie nicht mehr als beleidigend angesehen wird, und daß mich einer sogar allen Ernstes fragen konnte: „Sind die Deutschen wirklich Hunnen, Nachkommen dieses Volkes?" Na, ich danke schön! 15. 7. 1953 In Father Petersens neugebautem Häuschen sah ich heute über der Tür zu seinem Schlafzimmer eine Tafel mit dem Spruch darauf: „A saint is a sinner, who keeps on trying." Das ist ja sehr tröstlich, diese Begriffsbestimmung: Ein Heiliger ist ein Sünder, der's immer wieder probiert! 16. 7.1953 Das war starker Tabak! Ich machte meinem Freund Denis sanfte Vorwürfe wegen seines Zigaretten- und Pfeifenrauchens. Scherzweise wies ich auf mein musterhaftes Beispiel als tugendsamer Nichtraucher hin. Father Denis war um eine schlagfertige und schlagkräftige Antwort nicht verlegen: „Ich rauche in dieser Welt, du wirst in der andern rauchen!" Gott sei mir gnädig! 17. 7.1953 Noch immer ist der Prozeß im Gange, der die Mörder der Schwester Aidan ausfindig zu machen sucht. Diese Dominikanernonne und Ärztin wurde am 9. November 1952 in East London in ihrem eigenen Auto von aufrührerischen Schwarzen angegriffen, mit Steinen beworfen, gestochen, und 'zuletzt steckten die Unmenschen den Wagen in Brand. Einige der Angeklagten haben gestanden, vom Leib der Ermordeten Stücke Präsident Tubman vón Liberia übergibt einem Missionar die Schlüssel von St. Patrick (Fides-Foto) Fleisch abgeschnitten und gegessen zu haben, damit die Kraft der Toten auf •sie übergehe. Empörend ist, wie lein kalvinisches Blatt das Leben der Märtyrin wiedergibt. Sie hätte kein Glück in der Liebe gehabt, und sei deshalb ins Kloster gegangen. Diese Menschen können sich nicht yorstellen, daß sich eine Schwester Gott weihen kann auch ohne vorherige Enttäuschung in einer Liebesaffäre. Der Tod der Schwester Aidan erinnert an die unter den Bantunegern üblichen Ritualmorde. Der Gedanke: Es ist besser, daß einer für das Volk stirbt, als daß das ganze Volk zugrunde geht, ist Unter den Negern sehr verbreitet. Deshalb hört man immer wieder, daß die Zauberer durch ein Menschenopfer die Geister zu versöhnen suchen. Selbst christlich gewordene Neger können sich von dieser Idee nicht freimachen. Ich hörte,-daß eine Christin den Rosenkranz betete, während sie solch einem Ritualmord zuschaute. Als das Opfer wimmerte und stöhnte und ächzte, ermahnte sie den Todeskandidaten, doch nicht so zu schreien, es sei ja bald vorbei. Protestantische schwarze Prediger verteidigten auf einer Versammlung die Berechtigung des Ritualmordes und führten die Bibelstelle an: „Es ist besser, wenn ein Mensch für das Volk stirbt, als wenn das ganze Volk zugrunde geht" (Jo 11,50). Ich habe mit einem katholischen Geistlichen über dieses Problem gesprochen. Er meinte, die Lehre vom heiligen Meßopfer sei für die Schwarzen gefährlich, da sie dieselben im Gedanken des Sühnemordes bestärke. Ich denke, gerade daš Kreuzesopfer und seine Erneuerung in der heiligen Messe sei dazu angetan, den Ritualmord zu über-; winden, da 'wir nun diesen Heiden, sagen können: Es ist genug Sühne geleistet durch den freiwilligen Opfertod des Gottessohnes Jesus Christus. Gott, der Herr, will keine anderen erzwungenen Menschenopfer, die überdies ganz ungeeignet und unzulänglich sind, um den Himmel zu versöhnen, ja Gott vielmehr erzürnen. 18. 7. 1953 Man mag über den durch den Burenkrieg bekanntgewordenen Präsidenten der früheren Republik Transvaal, Paul Krüger, denken, wie man will, jedenfalls zeigt das folgende Urteil salomonische Weisheit. Ein Mann hatte einem Hotelbesitzer 100 goldene Sovereigns (1 Sov. — 20 Schilling — 11,60 DM) zur Aufbewahrung übergeben. Später leugnete der Gastwirt, je einen Penny erhalten zu haben. Der Geschädigte ging zu Oom Paul, wie der Präsident gemeiniglich genannt wurde, und klagte seine Not: „Was soll ich tun, President? Der ver-' dorhde Juid hat mir mein Geld gestohlen". Krüger löste den verzwickten Fall also:- „Nimm nochmals 100 Pfund und bitte den Hotelbesitzer in Gegenwart von zwei Zeugen, das Geld für dich aufzubewahren. Am nächsten Morgen geh hin und verlange dein Geld zurück, aber ohne Zeugen. Er wird es dir geben, denn er weiß, daß du zwei Zeugen hast. Am übernächsten Tag geh wieder hin, diesmal, mit deinen zwei Zeugen, und verlange, die 100 Pfund, die du ihm in deren Gegenwart gegeben hast;- Dann hast du ihn in der gleichen Lage, in die er dich anfangs gebracht hatte: sein Wort gegen deines." Bei einer '.anderen Gelegenheit war sein Urteil nicht Weniger scharfsinnig. Zwei Brüder kamen zu ihm. Ihr Vater, hatte ihnen eine Farm hinterlassen. Nun konnten sie Sich nicht darüber einig werden, wie sie die Farm aufteilen sollten. Der Präsident entschied: Der jüngere Bruder soll das 'Gut in zwei Hälften teilen; : und der ältere Bruder darf' zwischen den! beiden Teilen zu? erst wählen. 20. 7. 1953 Das war heute ein bewegter Tag. Ich hätte den Personenwagen des General-vikars, Msgr. Mason, von Witbank nach Pretoria zu bringen. Die1 Entfernung beträgt etwa 100 Kilometer. Es war meine „Jungfernfahrt", d. h. ich. steuerte das Auto zum erstenmal allein, ohne Begleiter oder B erfahr er. Als ich um’ 11. Uhr glücklich hier landete, wartete schon, ein 14jähriges Mädchen mit; seiner Mutter auf mich. Es sollte die heilige Taufe empfangen. Die Paten, bessere Leute, 'ließen eine halbe Stünde auf sich warten. Zum Mittagessen waren dann Gäste aus Johannesburg da. Um 2 Uhr sollte ein altes Mütterleinbegraben werden, dem - ich gerade noch, rechtzeitig- die Sterbesakramente hatte spenden können. Die ■ Leiche wird hier in die Kirche gebracht und von , da mit dem' Leichenauto zum Friedhof, Die Trauergäste folgen im Personenwagen. Inzwischen hatte eine Familie angerufen, ich möchte die Beichte der kranken Großmutter hören. Ich schwang mich auf mein grünes Stahlroß mit drei Gängen und fuhr zu dem alten Weiblein. Sie ist Litauerin und spricht ein fürchterliches Englisch. Was, ich nicht verstand, wird der Herrgott verstanden haben. Dann strampelte ich in ein anderes Stadtviertel, um eine. 87 Jahre alte deutsche Frau wieder einmal zu besuchen. Sie ist ganz verlassen. Ein schwarzes Mädchen schaut hie und da einmal nach ihr, Und sonntags kommt ihr Sohn von Johannesburg zu Besuch. Ein zweiter Sohn ist hier'irn Irrenhaus. Sie hat ein kleines Zimmer und hält zwei Hunde. Es sieht fürchterlich aus. Sie ist gelähmt und halbblind und kann 'nicht, -mehr für Ordnung' sorgen. Wie ich heimkomme und mich zum Abendessen niedersetzen will, kommt ein neuer . Telefonanruf zu einer Kranken. Frau Hütting; liegt im Sterben, eine deutsche Frau in einer anderen Pfarrei,' Weil sie nicht Englisch kann, verlangt sie nach mir,, dem einzigen deutschsprechenden Priester in der Stadt. Herr Kalker holt mich mit seinem Wagen. Ich bleibe nach Spendung der Sterbesakramente noch längere Zeit, da ich jeden Augenblick den Tod der Frau erwarte. Der Mann weint. Er, hat seinen . Sohn im. Krieg verloren. Beine einzige Tochter starb im blühenden Alter von 25 Jahren hier in Afrijta., Mit dem Sterben;-dér Frau scheint: es jedoch; noch nicht so schnell zu gehen. Ich. lasse mich zurückfuhren, suche -in der Küche nach Irgend etwas Eßbarem, denn unser schwarzer Koch hat sich längst zurückgezogen, , Um halb Zehn Uhr besteige ich nochmals mein eisernes .Rennpferd,' um zu sehen, wie es mit Frau Hütting steht. Sie schläft — Gott sei Dank! Vielleicht reißt sie es noch einmal durch. Nun-ist es 11 Uhr in der Nacht. Ich schreibe noch schnell diese Zeilen für den „Štern der Neger" und die mis-sionstreuen Leser, die hiermit ein kleines Bild bekommen vom Tagewerk eines Missionars, der eigentlich gar keiner ist, da jä hier in der Großstadt normale Seelsorge zu leisten ist. Und das; war ein Montag, der . ein Tag der Erholung sein sollte! . 22. 7. 1953 Heute Morgen hielt ich das Requiem für Frau Hütting in der Pfarrei St. Co-lumban.;Die Leiche wurde gestern indie Kirche gebracht : und bleibt dort bis zum Begräbnis, das heute nachmittag um’ 3.30 Uhr stattfindet. Hier kommen alle Toten auf’ihrem letzten, Gang nochmals in die Kirche. Daheim haben nur die Priester diesen Vorzug. Die Ent- forming von der Pfarrkirche St. Coluin-ban bis zum Friedhof beträgt acht Meilen. Das Leichenauto, das langsam fährt, braucht beinahe eine halbe Stünde. Manche Neger und Inder nehmen vor der vorbeifahrenden Toten den Hut ab; auch Weiße tun es hie und da. Gestern abend versah ich Frau Bruchhausen. Ihr Enkel holte mich im Auto ab. Die Farm der Familie liegt am Rand von Herkules, einer der Vorstädte Pretorias. Wir hatten 17 Kilometer zu fahr ren. Die letzte Strecke war ungeteert und daher fürchterlich staubig. Wir beteten unterwegs den schmerzhaften Rosenkranz und zwar in Englisch, da mein Fahrer sich wohl auf deutsch unterhalten, seine Gebete aber, nur in Englisch sprechen kann. Frau Bruchhausen wurde noch gestern nacht ins Krankenhaus gebracht und Operiert. Ich habe sie heute besucht. Sie ist sehr schwach. Für eine 85jährige Greisin; ist es keine Kleinigkeit, eine Unterleibsoperation zu überstehen. Ich bin von der Radfahrt nach St. Colum-ban und ins General Hospital müde, müde. Gleich nach dem Mittagessen eine neue Versehfahrt nach Arcadia .Nursing Home. (Fortsetzung folgt). p -yy' K Von Paten, Zöpfen unö Bärten Hier . in Peru kann es - Vorkommen, daß ein junger; Erdenbürger jahrelang als Heide herumläuft, weil kein Priester für die Spendung der Taufe da ist. Immer aber wird, sich ein guter Mensch bereit finden, ein Kind aus der Taufe zu heben und seine Pflichten als Pate treu und brav zu erfüllen wie ein Richter das Gesetz. An Ostern verteilen die padrinos als eine Art Ehrengebühr ihre Märklein unter die Patenkinder. Böse Zungen behaupten, daß es Buben gibt, die in ihrer eigenen Pfarrei gétauft wurden und noch dazu in drei anderen,; Wenn ein Bischof in die Gegend kommt, um die heilige Firmung zu spenden, wird das Kind zur Firmung gebracht. Selbstverständlich hat es einen Paten, denn Paten sind im Leben immer von Nutzen. Und an jedem Osterfest kann der Schützling dann von vielen Paten eine reiche Ernte einbringen. • Padrinos gibt es nun für alle möglichen Und unmöglichen Gelegenheiten. Da ist der padrino de tancash, d. h. der Pate vom noch ungeschnittenen Zopf. Bis zum siebten Lebensjahr laufen die Indianerbuben ungekämmt und mit einem Mädchenrock herum. Ihr Haar wird nie geschnitten und bildet einen richtig verfilzten Chinesenzopf; man nennt das im Spanischen trensa oder in Quètschua tancash. Kommt der Junge ins schulpflichtige Alter, so ladet der stolze Vater alle Freunde und Verwandten zu einem Fest ein. Jeder bekommt ein gan- zes gebratenes Meerschweinchen und reichlich Maisbier. Nach dem Essen wird eine mit Blumen geschmückte Schüssel auf den Tisch gestellt, und die eigentliche Zeremonie kann beginnen. Jeder Gast schneidet1 dem Buben eine Haarsträhne ab und je nach Größe der Strähne legt er ' ein Geldgeschenk in die Schüssel oder spendiert gar einen Hammel oder einen Stier. Die eingegangenen Geschenke sind Eigentum des Kindes. Mit'ihrer Verwaltung wird dann der -Pate oder;; ein Schatzmeister beauftragt, der den Schatz jedes Jahr um zehn Prozent vermehren muß, wofür er am Geburtstag seines Schützlings jedes Jahr vier Meerschweinchen bekommt. Vom Tage des tancash an trägt der Junge' Hosen 'statt der Röcke. Es ist also eine Art Mannbarkeitserklärung. Einem Pater von uns passierte es 1 einmal, daß er aus Abscheu so einen Zopf; radikal , kürzte,, ohne die Sache richtig zu kennen, und so verwandelte er sich von einem taita cura in einen taita padrino, vom Pater Pfarrer, in einen Pater Paten. Vor nicht allzu langer Zeit gab es noch den padrino de barba. Wenn zum erstenmal das Rasiermesser über das spärlich bewachsene Kinn eines Jüngelchens fuhr, dann .Suchte der stolze Vater dafür unbedingt einen padrino. Und wenn der solchermaßen Geehrte in guter Stimmung war, dann schmiß er, wie man hier sagt, das Haus zum Fen- m jrp mmm mm ■ if? m ;,ÉgÉ i*-J^- ^jsiijilf"-. v'i!-'. —,*i - ć ’ - ' ' ■ ’ ~‘— Außenansicht der katholischen Schule in Cape Palmas, Liberia ster hinaus, indem er ein großes Fest gab. Erwirbt ein Student einen akademischen Grad, dann steht bei der Überreichung des Diploms unbèdingt eine einflußreiche Person Pate. Jeder Neupriester, der seine erste heilige Messe feiert, hat einen padrino vom Altar, einen padrino vom Weinkännchen, einen Ehrenpaten, einen Paten der Messe. Und niemand, auch ; der Ärmste nicht, heiratet hierzulande ohne einen gewichtigen Paten. Ohne ihn gilt die Heirat nicht. Man kann in diesem gesegneten Land keinen Schritt tun ohne padrino. Der padrino ist eine Lebens- und Existenzfrage. Wenn du keinen einfluß- reichen padrino hast, dann nützen dir alle deine Kenntnisse und guten Eigenschaften nichts, falls du' dich um eine Staatsstelle bewirbst, denn Beziehungen schaden nur dem, der sie nicht hat. Bist du in einen Prozeß verwickelt und bist in gutem Recht, hat aber dein Gegner bessere padrinos als du, mit mehr Ansehen und Einfluß, dann bist du verloren. Wer einen einflußreichen padrino hat, besitzt mehr als eine gute Gesundheit oder eine Goldmine. Und so lautet hier in diesem Land der Vatersegen: „Ich gebe dir meinen'Segen, Gott möge dir gute padrinos geben!" P. Lorenz U n f r i e d, Llata, Peru Die roeinenOe Madonna von Syrakue G. Bomans Mit freundlicher Genehmigung des Paul Pattloch Verlags in Aschaffenburg bringen wir aus „Katholischer Digest“, August-Heft 1954, den folgernden Artikel zum Abdruck. Was soll man von dem „Wunder" in Syrakus halten? Ist es Betrug? Ist es Wahrheit? Oder ist es keines von bei-dem, sondern Massensuggestion? Was sägt Rom dazu? Das sind Fragen, die heute Millionen von Menschen in Italien beschäftigen. Nur die Antwort auf die letzte Frage steht fest: Rom schweigt. Das große Räderwerk des Vatikans arbeitet langsam und hat sich kaum erst in Bewegung gesetzt. Das eigentliche Werk selbst, das Heilige Offizium, bleibt noch unbewegt. Noch eine Weile, und auch es beginnt sidi zu drehen. Und endlich wird die Bewegung das Herz dieses großen Uhrwerkes erreicht haben. Dann erhebt sich der Papst von seinem Sessel, spridit einen kurzen Entscheid und läßt sich wieder nieder. Von diesem Augenblick an Wird man in Sizilien wissen, 'daß entweder nichts geschehen ist oder, daß in Syrakus, eine Basilika entstehen wird, zu der Millionen Pilger aus allen Teilen der Welt strömen werden, um die Mutter Gottes in; einer neuen Erscheinung, der „Madonna der Tränen", zu verehren. Die Tatsachen Wir wollen inzwischen die Tatsachen einmal näher betrachten. .Wir werden dies mit dem unbefangenen Blick eines" Reisenden tun, der sich durch kein Ge-schrèi aus dem. Konzept bringen laßt und einfach zu wissen wünscht, wie sich die Geschehnisse zugetragen haben, ohne damit irgendwelche Schlußfolgerungen zu verbinden. Hier die Tatsachen: Am 21. März 1953 heirateten in Syrakus zWeifejunge Menschen. Der Mann'war Arbeiter und hieß Angelo Yanusso, die Frau Antonia Giusto. Sie zogen in ein kleines Häuschen, Via degli Orti Nummer 11. Die Schwägerin und eine Tante, der zwanzigjährigen Antonia zogen mit dem jungen Paar in das Häuschen ein. Nach einigen Monaten ergab sich, daß Antonia ein Kind erwartete. Es stellten:; sich jedoch Komplikationen , eirir durch die die spätere Niederkunft ! gefährlich werden konnte. Der Zustand der jun-, gen Frau wurde immer ernster, und schließlich lag . sie am Morgen des 29. August : mit fürchterlichen ; Schmerzen darnieder, über dem Kopfende , ihres ! Bettes hing eine Madonna, das Hochzeitsgeschenk ihrer. Schwägerin: eine gefirnißte Gipsfigur in Halbrelief, die mit der Rückseite auf einem ovalen; Brettchen befestigt war. Plötzlich sah die Frau, daß aus den Augen der Madonna Tränen quollen. Im gleichen Augenblick waren ihre Schmerzen verschwunden und ihre Lähmung aufgehoben. Sie rief sofort die beiden anderen Frauen, die dieselbe Erscheinung feststellten. Schnell verbreitete sich .das .Gerücht in der Nachbarschaft und bald kam ganz Syrakus in Bewegung. Zu Tausenden strömten die Menschen zu der kleinen Arbeiterwohnung und waren Zeugen der unerklärlichen Erscheinung.-Um Unglücke zu vermeiden, wurde das Bildchen auf Anordnung der Polizei außen am Häuschen befestigt.; Vom; 29. August bis zum 1. September einschließlich; also '■ vier Tage und drei!; Nächte, weinte das Bild -—für jedermann sichtbar, in regelmäßigen ' Abständen. Zu Zehntausenden zogen die Pilger daran: vorbei, Zuerst aus Syrakus, dann aus den umliegenden Orten und schließlich; aus ganz Sizilien und Süditalien. . Hier wollen1 WiT Zuerst- eine Tatsache Teststellen: das Fließen der Tränen, Es wäre möglich, daß -Antonia einer Halluzination zum Opfer gefallen wäre und auch denkbar, daß die beiden anderen Frauen, ja selbst die Nachbarschaft et|J was sahen, was nicht da war, Aber es ist ausgeschlossen, daß Tausende und aber Tausende, von denen ich selbst etwa hunder-t gesprochen habe, das Opfer einer Sinnestäuschung wurden ; . Ob die Geschehnisse natürlichen oder übernatürlichen Ursprungs sind, wollen wir hier nicht erörtern. Die Erscheinung selbst wurde von Unzähligen festgestellt-g Fortwährend, quollen Tränen aus den blauen Augen des Bildchens und rollten über'die Wangen nach unten. Wir sehen hier zudem einen1 kennzeichnenden Unterschied zu, den Erscheinungen von Lourdes und Fätiiöa. In Lourdes war es nur eines ‘und in Fatima waren es nur ein paar, Kinder, die die Erscheinung erlebt haben, in Syrakus, Catania; Pa-, lermo und Messina dagegen können Sie jeden Passanten auf der Straße anhal-ten und ihn fragen, was er gesehen hat. Ich habendes auch wirklich in jeder dieser Städte ein paarmal getan und bekam stets zur Antwort: ,,'Es ist wirklich geschehen, ich sah es mit eigenen Augen." Stellungnahme der Bischöfe Dieses überwältigende Zeugnis hat neun Bischöfe von Sizilien, unter Vorsitz von Kardinal Rufini; dazu bewogen, bei einer Zusammenkunft am 11. Dezember 1953 folgende Erklärung abzugeben:. „Die zur Beratung versammelten Bischöfe von Sizilien haben dén ausführ- liehen Bericht von Msgr. Baranzini',:.'Erz-bischof von Syrakus, über das weinende : Madonnenbild dortselbsi mit ' größter) Aufmerksamkeit gehört und einige der zahlreichen Zeugenaussagen' .sorgfältig geprüft. .Sie kommen einstimmig zu dem Resultat, daß an der Tatsache dieses Weinens (la realtà della lacrimazione) nicht gezweifelt wérden kann". Sie .hoffen, daß diese Willenskundgebung (mä- In der ’ Knabenschule von Cape Palmaö.* Der Mi Missionen an, die^i: nifestazione) der) (himmlischen . Mutter alle dazu anregen wird, Buße1 zu tun, und.daß eine innige Verehrung des,unbefleckten Herzens Maria die Folge- sein möge. Zum -Schluß sprechen sie den Wunsch aus, daß an der Stelle des Wunders daš gewünschte Heiligtum erstehen möge,, das die Erinnerung an : dieses Wundér. lebendig, erhält." ; (^Fortsetzung auf Seile 136) ‘ ssionar geliört der Gesellschaft' für '.Afrikanische .-Liberia .arbeitet - . '. (Fides-Foto) Vom Wirken öer MifflonebrüOer Die MissiönSbrüder befassen sich zway nichtepumittelbàr mit der Verkündigung des Glaubens, aber ohne ihr Wirken als Handwerker und Landwirte wären dem Missionspriester die Hände gebunden. Sie bauen Missionsstationen, Kirchen und Kapellen, - Schulen und Krankenhäuser, bestellen' den Garten, pflügen die Felder, betreiben Viehzucht, und das alles, um einerseits zum Unterhalt der Mission .beizutragen, anderseits aber auch, um die Christen zu geregelter Arbeit anzuspornen und sie. zu tüchtigen Handwerkern und Arbeitern heranzubilden. - In den .meisten .Missionsgebieten genügt es ja nicht) den Heiden nur den Glauben zu verkünden, man muß ihnen a'ueh Gesittung und - Kultur 'bringen, und dazu sind .die Brüder berufen. Ist für, das Missionsfeld der; Priester die alles belebende Sonne, so sind die Schweißtropfen des opferwilligen .und frommen Bruders wie der unentbehrliche Regen, der zusammen mit der Sonne dem Acker Fruchtbarkeit gibt. Um unseren Lesern Einblick in das Leben und Wirken unserer Brüder in, der Diözese Lydenburg in Südafrika zu geben, : hat P. Wilhelm; Kühner auf unserem Hauptstation Maria Trost einige Szenen aus dem Leben der dortigen Brüder aufgenommen und zu nachfolgendem Bildbericht zusammengestellt. H Mifftoneftatj Unfere ßrüOel 1. - Unser Schneider. Br. Andreas Kley aus Dürrenstetten (Württ.) ist auch Imker. Vor Weihnachten Und vor Ostern schleudert er und erhält von seinen 20 Völkern etwa 150 Pfund feinsten Honig. Im . Low Veld (Tiefland), sagt er, könne man diese Menge Honig von einem einzigen Volk bekommen, weil es dort viel mehr grünt und blüht als hier bei uns auf dem Hochfeld (1700 m ü. M.). 2. Br. Ignaz Pezzei aus Campili (Südtirol) ist unser Gärtner, der im Februar; süße Trauben auf den Tisch bringt. Die Südfrüchte gedeihen hier oben nicht, sondern nur in den tiefer gelegenen Teilen der Diözese. 3. Br. Pezzei mit einigen seiner Buben (Schulkinder) beim Umgraben im Garten. i Maria Troft )ei Der Arbeit 4. Neubruch mit Ochsengespann. Acht Ochsén ziehen den Einscharpflug. Mit dem Traktor geht es besser! Im Tal das Eukalyptuswäldchen, dahinter Maria Trost. 5. Br. Ludwig Brand aus Hohenrot (Württ.) mit seinem „Bless“. Er ist der „Farmer“, der auf der Station die landwirtschaftlichen . Arbeiten leitet. Er hat ein Dutzend eingeborene Arbeiter unter Sich, außerdem müssen die auf der Farm angesiedelten N egerf amilien Arbeits-kràftè stellen. Insgesamt leben auf Maria Trost rund 300 Personen. 6. Br. Brand und Br.( Adolf Hirschlein aus Staigerbach. (Württ.) reparieren den Scheib e'n-pflug für den Traktor, den ein weißer Katholik der Mission schenkte, als wir gerade die Novene aufs Josephsfest begonnen hatten. Der Traktor ist ein . englisches Fabrikat und hat 43 PS. 7. Br. Alois Stang aus Klepsau (Baden), Maurer und Tischler, verbringt seine Freizeit mit Fischen im kleinen Stausee, den die Brüder-angelegt , haben, um die Weizenfelder im Winter bewässern zu können. Hier hat der Bruder gerade einen kleinen Seebarsch gefangen. Früher waren Karpfen in dem Teich, die aber alle eine Beute der Barsche wurden. 8. Br. Johann Lamprecht aus Terentèn (Südtirol) in seiner Schusterwerkstatt. Zwar heißt der Spruch:' „Schuster bleib; b,ei deinem' Leisten!“, doch unser 'Hansi hält sich nicht daran und vertauscht gar oft die Ahle mit der Kelle (siehe Bild 12). 9. , Unser Senior, Br. Alexandèr Cygan aus Biskupitz (Oberschlesien). Am 18. Febr. 1954 feierte er seinen .90. Geburtstag: Hiéi* ist er gerade als Buchbinder tätig. Daneben repariert er unsere Uhren und Weckér, schwingt den Schmiedehammer und versieht den Försterdienst in der Eukalyptus- und Kiefernpflanzung. 10. Br. Andreas Klèy, den wir schon als Bienenvater kennengelernt haben, ist hauptb eruf-lich. der Schneidermei-1 ster der Station. ■ Er macht unsere Talare, fertigt aber auch flotte Herrenanzüge für Or-dénsléute und" Laien an. . Er entdeckte auch ein Verfahren, | Rauchfaßkohlen herzustellen, diè im Nu entzündet:| sind und eipe halbe Stunde lang glühen. Und nebenbei richtet er das elektrische Licht in den Ron-dables ein» 11. Br. I^ranz Xaver Vogel aus Hüttlingeh (Württ.) in seiner Schreinerwerkstatt. Rechts bei der Hobelbank steht Br. - Stang. Die Erzeugnisse der' Werkstatt sind sehr gefragt, und um den Anforderungen nachzukommen,' müssen Maschinen helfen: eine -kombinierte .Abricht- u. Hobelmaschine, sowie eine kombinierté Fräsmaschine. Letztere wird vons einem 12 PS-Diesel-motor getrieben, der sich i auch i einer Maismühle, annimmt. Diese ist für - die Neger wichtig, die hauptsächlich 1 von Maisbrei leben. 12. Br. LampréCht nimmt sich nicht nur der zerrissenen Schuhe an, son-, dern sucht auch der Wohnungsnot zu steuern;. Er hat sich für den Bau von Rundhäusern (Rondables) spezialisiert (S. den Artikel ;,Neue Technik beim Hüttenbau“ • in Heft 5 des. „Stern“)* Der Baumeister und seine zwei schwarzen Gehilfen sind hier gerade daran,- das Dach einesj Rondable niit langem Gras zu decken. Für die Einrichtung der Be-leüchtung ist dann Br. Kley, zuständig. (Alle Aufn. W. Kühner) Die weinende Madonna von Syrakus (Fortsetzung von Seite 131) -- Dies ist, gemessen an der Zurückhaltung, mit der die kirchlichen Autoritäten in ähnlichen Fällen Vorgehen, eine erstaunliche Erklärung. Hier wird eindeutig von den Geschehnissen als von einem Wunder gesprochen und der Bau einer Kirche ausdrücklich in Aussicht gestellt. Es ist kaum anzunehmen, daß eine derartige Erklärung ohne Vorkenntnis Roms publiziert wurde, und wenn diese Vermutung richtig ist, dann hat Rom auf indirektem Wege schon positiv Stellung genommen. Besuch an Ort und Stelle Man achte auf die Formulierung „das gewünschte Heiligtum". Es scheint also, daß ein entsprechender Wunsch geäußert würde. Ich habe Antonia Giusto darum aufgesucht und mich eine Stunde mit ihr unterhalten. Drei Dinge hat ihr die Madonna mitgeteilt: 1. daß ihre Lähmung von diesem Augenblick an verschwinden und nicht mehr zurückkehren würde und daß ihre Niederkunft normal verlaufen werde, 2. daß ihr Kind an Weihnachten zur Welt käme, und 3. daß eine dem unbefleckten Herzen Mariens geweihte Kirche erstehen solle. Antonia wurde zur selben Stunde gesund, und ihr Kind wurde, genau am Weihnachtsfest, normal geboren. Sie zeigte es mir, es ist ein Junge. Ob ich es einmal halten wolle? Das ist eine große Ehre, die beiden anderen Frauen stehen dabei, derweil ich das rosige Ding hochhalte und es mir anschaue. Mariano Vincenzo Natale heißt er. Mariano ist von Maria abgeleitet, und Natale bedeutet Weihnacht. Vincenzo heißt der Vater. Dieser kommt etwas später herein und fragt mich, ob ich wirklich aus Olanda (Holland) komme? Dort liegt jetzt Schnee. Vincenzo denkt darüber nach. Er macht den Eindruck, als ob er das für ein viel größeres Wunder hielte als das Geschehnis mit seiner Frau. Man hat mir erzählt, daß er früher Kommunist gewesen sei, aber jetzt sei er es nicht mehr. Ich frage ihn, ob das wahr sei. „Nicht mehr so sehr", sagt er vor- sichtig. Von draußen erklingt der Ruf: „II bambino!" Die Mutter schiebt die Gardine zu Seite und läßt das Kind sehen. Es folgt ein gewaltiges Geschrei. Das geht den ganzen Tag so weiter, es ist ein fortwährender Besuch. Aber ein Wunder geschieht auch nicht alle Tage. Antonia erscheint müde und vorzeitig gealtert wie fast alle Frauen hierzulande. Sie geht schwerfällig in eine Ecke des Zimmersundbereitet das Essen. Auf dem Boden liegen Obstschalen, Pp-pierfetzen und Überreste früherer Mahlzeiten. Es riecht dumpf. Ob ich das Schlafzimmer einmal sehen wolle? Wir gehen hinein. Dies ist also die Stelle, wo das Wunder geschehen sein soll, über dem Bett, an der Stelle, wo die Madonna gehangen hat, hängt jetzt ein Blumensträußchen. Ich frage viel. Die Antworten kommen stockend. Nein, die Madonna hat nicht gesprochen. Die Lippen des Bildes bewegten sich nicht, es erklang keine Stimme. Wie vernahm sie dann die drei Dinge, die ihr gesagt wurden? Von ,innen. Sie wußte es mit einem Male, als sei es ihr eingegeben worden. Aber sie wußte es nicht aus sich selbst; jemand sagte es ihr. Sagte sie dann sofort den anderen, daß das Kind an Weihnachten auf die Welt kommen werde, oder sägte sie es erst dann, als sich die Vorhersage bewahrheitet hatte? Nein, sie hat es sofort allen gesagt, die es hören wollten. Und das waren Tausende. Warum hat die Madonna geweint? Das weiß sie nicht.; Vielleicht, weil die; Welt so schlecht ist, aber sie weiß es nicht. Vielleicht weiß der Papst es. Was dachte sie wohl, als sie die Tränen sah? Nichts, sie erschrak nur. Und Sie rief ihre Tante', und diese rief Grazia, die Schwester ihres Mannes. Zusammen begannen sie zu beten. Später kam Vincenzo. Was dachte der wohl? Er dachte, es sei ein Unglück geschehen. Als er die Menge vor seinem Häuschen stehen sah, dachte er, seine Frau sei gestorben. Als er von dem Wunder hörte, lief er ins Haus hinein und ergriff das Bild, um es in Stücke .zu schlagen. Aber seine Hand wurde naß von den Tränen und er hing es wieder an seinen Platz. Seitdem ist er kein Kommunist mehr, wenigstens nicht mehr so sehr Wir früher.- Nun beginnt der Mann mich zu fragen. Wenn an der Stelle, wo sein Haus steht, eine Kirche gebaut würde-, müßten sie dann heraus? Das erscheint mir ziemlich sicher. Aber dann wird man wohl für ein neues Häuschen sorgen. Diese Idee scheint ihm nicht sonderlich zu gefallen. Wir trinken im Wohnraum noch ein Glas Wein. Die Frau scheint etwas gelöster. Sie begreift nicht, daß gerade ihr das geschehen mußte. Sie sei keine Heilige, meint sie. Vincenzo war Kommunist. Jetzt nicht mehr so sehr, früher aber'wohl. Es ist sonderbar. Ob der Mann aus Holland eine Erklärung für die Ereignisse weiß? Nein, das weiß der Mann aus Holland nicht. Er nimmt Abschied und denkt bei sich: Vielleicht ist das größte Wunder, daß diese Menschen trotz des Interesses von Millionen Menschen einfach und sie selbst geblieben sind. Keine Hysterie, nicht einmal das Gefühl des Auserwähltseins. Nur Erstaunen, daß dies gerade ihnen, armen, > sündigen Menschen, geschehen ist. Das Bild der Madonna Ich eile zur Piazza Euripide, wo die Madonna aufgestellt ist. Es ist ein häßlicher baumloser kleiner Platz in einem Außen viertel von Syrakus. Rundum sind kleine Häuschen, schlecht getüncht, verwahrlost und grau. Waren es Wohnungen oder kleine Läden? Das ist nicht mehr festzustellen, denn bei allen ist das Erdgeschoß zu überaus häßlichen Aus-stellräümen für „religiöse Gegenstände" umgebaut worden. Allte tragen dieselbe Aufschrift: „Oggetti religiosi". Dieselbe beklagenswerte Geschäftemacherei mit religiösen- Geschmacklosigkeiten, wie man sie in allen Wallfahrtsorten der Welt antrifft. Dieselben Raritätenkästen voll gutgemeinten, aber darum1 nicht weniger schädlichen Vulgaritäten: kleinen Madonnen, großen Madonnen, Madonnen mit Lämpchen, aber alle gleich unbedeutend und süßlich, wie man sie auch in Lourdes und in Rom antrifft. Hoch auf einem marmornen Sockel steht das Bildchen, das diesen Alptraum von Geschmacklosigkeit entfesselt hat. Es ist nicht schön, aber auch nicht auffallend häßlich. Es ist unbedeutend: ein Fabrikerzeugnis, zu Tausenden hergestellt 'und sofort in Schachteln verpackt. Man kennt diese Industrien, wo Frömmigkeit am laufenden' Band produziert wird: ein Mädchen macht die Augen, ein anderes färbt das Herzchen rot, ein drittes bearbeitet die Händchen, und das nächste firnißt das Ganze. Ein solches Bildchen ist es. Sollte die Muttergottes es als Sinnbild ihres Schmerzes und Zei-. eben ihrer Gnade erwählt haben? Das ist möglich. Seit Gott selbst eine Futterkrippe zur Wiege und ein Stück Holz als Sargbett wählte, müssen wir dies.e Möglichkeit bejahen. Hier, wird sie übri-‘gens als Wirklichkeit angesehen, denn der kleine Platz ist'angefüllt mit betenden Menschen. Scharen von Betern Eine? muß man den Süditälienern lassen: sie können beten. Es ist beinahe kein Beten mehr. Es is’t ein Zwingen, ein Fordern. Die Mutter, die ihr mißgestaltetes Kind hochhebt, fragt nicht. Sie fleht, ruft und schluchzt mit tränenerstickter Stimme, daß ihr Kind gesund werden möge, jetzt, sofort, auf der Stelle. Sie zwingt, befiehlt und will das Wunder herabrüfen. Auch der blinde Mahn neben ihr steht nicht wie wir still und in sich gekehrt. Nein, er. steht mit ausgestreckten Armen, auf den Augenblick wartend, da ihm das Sonnenlicht in die Augen dringt. Es kann in jeder Minute geschehen, es kann auch Tage dauern. Aber kommen wird es, daran ist nicht zu zweifeln. Der Glaube dieser Menschen nimmt mir den Atem.’ Der ganze Platz ist ein kompaktes Stück Glauben, ein Block unzerstörbarer Sicherheit, daß das. Wunder geschehen wird. Geschieht es? Das Bildchen schaut schweigend und mit . einem süßen Lächeln über die Köpfe hinweg in die Ferne. Unter ihm schlägt ein Mann mit der Faust auf den Marmor des Sockels. Aber Maria lächelt und schweigt. Sie hat schon so viel getan! (Fortsetzung folgt) Kömgelanze unò Kreuz Geschichtliche Erzählung von Br. August C a g o 1 (Fortsetzung) Am zweiten Tänztage lud der Großhäuptling die Alten zu einer Versammlung für den folgenden Morgen, ein. Bei dieser Zusammenkunft kündete Atschwat den Männern an, daß der König ihm mitgeteilt habe, von Ed ja k, der Dongo-Zefiba: am Sobat, seién bereits Menschenjagden auf die umwohnenden Dinka und Ànjuak unternommen worden. Er gedächte, in nächster Zeit gegen. Hellet Kaka vörzugeben, um sich den Rücken gegen Norden zu sichern. Dann werde man sehen, was gegen die südliche Zeribgt getan werden könne. Der Großhäuptling forderte daher die Dorf-’ häuptcr und. alle' einflußreichen -Männer auf, für die Bereitschaft ihrer kriegerischen Kräfte. Sorge zu tragen.. . Seit Beginn des Tanzes "Ratte Bol, der Zauberer, Sich ausnehmend • .freundlich gegen Kalto, den Schmied, benommen und ihm sogar' gelegehtlich die Schale., mit Bier 'gereicht,, eine, Ehre,', ti ie, der Bodo wohl zu schätzen .wußte...Während; der Versammlung der Alten hatte : er sich, neben den Meister gesetzt und ihm wfeh" derum die Bierschale gereicht. Gegen Ende der Beratung befiel den Schmied Schläfrigkeit, dgr er schwer Herr werden konnte.- Nachher zog er sich in seinen Kal ,zurück und legte sich zur Ruhe nieder. Als die Trommel am Nachmittag zum Tanze rief;' wachte er jäh auf, die Stirn in, kalten Schweiß gebadet1;" und heftigeI.eibschmerzen fühlend,.; Als. er, sich erheben wollte, taumelte er und mußte sich wieder legen Niemand kümmerte sich um .ihn, denn .Frau und Tochter befanden , sich selbstverständlich am Tanzplatz. Auch vermißte ihn niemand) nur einem Menschen war'sein Fernbleiben vom Volksfest bewußt geworden, Bol, dem Medizinmann, über dessen Gesicht ein siegreiches Lächeln flackerte. Als die Frauen bei Sonnenuntergang in den Kal kamen, fanden sie den Schmied bewußtlos, mit dem Tode ringend. Sogleich wurde Bol, der Zauberer, gerufen. Eih; Schaf mußte ihm übergeben werden,, das «er durch Ersticken tötete,;, um dann den ..Sterbenden .'für kurze .Edit auf den Bauch des Opfér-tieres’ zu setzen. Hierauf öffnete er den; Bauch; des Schafes, weidete es aus und wickelte dessen warme Eingeweide um Kopf und Hals des Röchelnden. Den Darminhalf,; verspritzte’ er zum. Schutze gegen böse Geister in der Hütte. Dann hielt er dem Sterbenden einen rauchenden Slrohbüschel unter die Augen; - da diese trocken blieben, gab es keine Hoffnung mehr auf Genesung. Inzwischen wär es- dunkel geworden. Das Innere der Hütte mußte mittels Strohfackeln erleuchtet werden.' Der Kranke wälzte'- sich röchelnd am Boden; Schaum . trat ihm vor den Mund, und Todesschweiß bedeckte sein Antlitz. Noch- einmal richtete er sich auf und heftete'deu -starren Blick, auf den ihn beobachtenden Zauberer, seinen Todfeind; Ein Schauer ging durch Öen starken Körper, er sfreckte sich, und sank '.eiitseelt zurück. Alsbald stießen die anwesenden Frauen gellendes -Klagegeheul, aus. Der Tote, wurde gewaschen, mit seihen Perieli geschmückt -und in1 Felle gewickelt! Da es Nacht war, mußte die Aushebung ;des Grabes, auf den'Morgen verschoben werden. Bei Tagesanbruch begannen zwei: ältere Männer, entfernte Verwandte des Gestorbenen, die Erde im Kal -selbst, unmittelbar vor der Sterbehütte, aufzu-h'acken. Sie sputeten sich bei der Arbeit, galt es doch, den Toten so bald wie möglich -unter die Erde zu schaffen. Immerhin : stand die Sonne schon: hoch, als sie die fast mannshohe. Grube ausgewörfen und an deren Grunde noch eine Seitennisehe. ' ausgehöhlt hattén. Innerhalb des . Hof raumes hatten sich etliche Leute eingefunden, Verwandte' des Verstorbenen. Sie kauerten am Boden, mit Zeichen der Trauer in Mienen und Gebärden. Zwei Tongefäße mit yVasser wurdén ans offene Grab gebracht, sowie eine tote, in eine Matte gehüllte Henne. Außerdem wurde ein Ochse geschlach- tet, dessen Blut in die Erde des Grabes einzudringen hatte. Dies .war das eigentliche Totenopfer, das den Geistern der! Ahnen därgebracht wurde. Von den Schläfen des Opfertieres wurden zwei dreieckige Stücke Fell ausgeschnitten und in die Hütte zum Toten gebracht, damit er vor dem bösen Blicke geschützt bleibe. Der Ochse wurde abgezogen, ausgeweidet und für den Totenschmaus verwahrt. Endlich wurde die Leiche von vier Freunden aus der Hütte getragen. Voran ging eine Schwester Bois, in der Hand eine 'hochgehaltene Lanze. . Ihr folgten die Leidtragenden. Zwei Verwandte hielten ein ; Fell so über die Leiche, daß ihr Anblick den Anwesenden verborgen blieb. Die Klageweiber erhoben ein markerschütterndes Geschrei; und eine Trommel tönte dumpf dazwischen. ' Währenddem hielten Männer und Jünglinge einen Umzug zur Ehrung des Toten auf dem Dorfplatz. Stumm, doch raschen Schrittes, als ginge es zu blutigem Kampfe, umzogen sie mehrmals den Platz, hielten wiederholt wie auf Befehl inne und vollführten Scheingefechte mit einem eingebildeten Feind in der Gegend des Grabes. Unterdessen hatten die Totenbestatter ein Fell’am Boden der Grabnische ausgebreitet. Im Grabe stehend nahmen sie die Leiche in Empfang und schoben sie mit ; einiger Gewalt in die enge Nische hinein. Die in die Matte gehüllte Henne wurde neben den Toten gelegt. Sodann wurde ein wéiteres Füll über die Leiche geschoben, das, herabhängend, sie auch nach der Innenseite des Grabes verdeckte. Zwei Frauen faßten Abuol und führten sie rücklings mit am Rücken gekreuzten J Armen zum Grabe. Man gab ihr zwei Sandalèn in die Hände, die sie hinter ihrem Rücken ins Grab fallen ließ. Aus den am Grabesrand bereitstehenden Gefäßen wurde Wasser über die tonige Erde geschüttet und damit eine Art Mörtel angerührt, mit, dem eine Scheidewand zwischen Nische und Grab hergestellt wurde, s.o-daß die fellbedeckte Leiche hinter dieser Wand verschwand. Dann wurde das Grab langsam, fast feierlich, mit Erde gefüllt. Währenddessen erhoben die ■ Frauen! ein herzzerreißendes Klagegeschrei. Sie heulten wie Tiere, weinten upd jammerten wie ' wahnsinnig. Einige warfen, sich, wie von namenlosem Weh gepeinigt, platt auf den Boden, Andere ,knieten nieder, beugten sich tief, bis ihre Stirnen die Erde berührten, krallten wie von grenzenlosem Schmerz überwältigt, die Finger in die Erde und verharrten zitternd und schluchzend in dieser' Stellung, als könnten sie sich vor Verzweiflung nicht mehr erheben. Das dauerte solange, als das Grab eingefüllt wurde. Dann verstummte das Geschrei allmählich; die Leute zerstreuten sich und gingen ihren gewohnten Beschäftigungen nach. Bald war wieder alles im gewohnten Geleise-. Kaltos Besitz; einschließlich Frau und Tochter, ging nach Stammessitte an.sgmen Bruder A j uhi, den Vater Akullos, über.v Schmerzlicher Ausgang Mit gut gespieltem Bedauern,.- doch innerlich frohlockend, hatte Mohammed el Cheir die katholischen Missionäre ab-ziehen sehen. Der schlaue Fuchs hatte sie aus dem. Schillukland gelockt, und auch vom Gebiet der Baggara war er sie auf ganz natürliche Weise losgeworden. Nun konnte er ungehindert schalten ünd walten, ohne unliebsame Zeugen seines1 Tuns in der Nähe zu wissen. Er kehrte bald Selbst nach Chartum zurück, wo er nach einiger Zeit die Nachricht erhielt, die Schilluk hätten Hellet Kaka von neuem angegriffen und zerstört und seien dann bis nach Dje-meisa vorgedrungen, wo sie nachts sein Lager überfallen und alles Lebende darin niedergemacht hätten. Diese Botschaft versetzte ihn in die größte Wut. Er schwur Rache und bereitete einen Vergeltungszug gegen die Schilluk vor. Mit den Behörden stand Mohammed el Cheir im besten Einvernehmen, denn er hatte es verstanden, die käuflichen Beamten durch reichliches „Bakschisch'1 für sich zu gewinnen. Er bemannte seine Schiffe und mietete andere von seinen Geschäftsfreunden dazu. Weitere Barken mit bewaffnetem Gesindel schlos- šen siđi ihm in der Hoffnung auf Beute an. So könnte er in der Regenzeit 1862 mit einer stattlichen Flotte von 28 Schiffen von Chartum absegeln. Im Bunde mit den Selim-Baggara fiel er dann ins Land der Sdiilluk ein, raubend, mordend, plündernd, brandsdiatzend. Die armen Sdiwarzen flüchteten siđi ins Innere der Steppe, doch auch dorthin verfolgten sie die nubischen Mordgesellen. Nachdem die Sturmwolken sich wieder verzogen hatten, setzten Akullo und Luong das ehrsame Handwerk Kal-tos fort. In kurzer Zeit hatte Luong zehn Stück Rindvieh beisammen, mittels derer er Ador von ihrem Oheim Ajuhl erwerben und mit ihr eine glückliche Ehe nach Schillukbrauch e ingehen konnte, der vier gesunde Kinder entsprossen. Vorerst hatte das Kreuz des Christentums nicht Eingang gefunden ins heidnische Schillukland. Einstweilen war die Opferlanze „Eloda" des sagenhaften ersten Schilluk-Königs N j i k a n g, der von seinem Volke wie ein Halbgott verehrt wurde, dem Kreuze Christi nicht gewichen. Es sollte noch viel Wasser den Nil hinabfließen, ehe katholische Glaubensboten in jenem fieberschwangeren Sumpfgelände endgültig Fuß fassen und das Werk der Glaubensverbreitung mit besserem Erfolg betreiben konnten. Vorher sollte noch eine schwere Heimsuchung über das ganze Gebiet des Sudan hereinbrechen, auch das Volk der Schilluk in Mitleidenschaft ziehend, der Aufstand des „Mahdi"'und seines Kalifen, der durch anderthalb Jahrzehnte das Land in die Fesseln rohester. Barbarei schlug. (Fortsetzung folgt) Dieser Schüler aus Liberia trägt zwei für den Unterricht höchst wichtige Dinge: seine Schulbücher und einen Hahn, der als Schulgeld abgeliefert wird IFides-Fotol Die Station am Rio ßegae Eine Erzählung aus Per,us wildesten Tagen. Von Hugo Kocher (Schluß) Einer nađi dem andern holte sich den Lohn und ein Geschenk in des Padres Hütte. Mit scheuem Gruß gingen sie dann. Bartolo öffnete ihnen selbst den Verhau. „Macht daß ihr hinaus kommt, feige Bande", murrte er und mußte an sich halten, um nicht dem Letzten noch einen Fußtritt zu geben. „Was stehst du da, mit einem Gesicht wie verdorbene Suppe, he?" fuhr er Francisco an, der den Abziehenden einen' langen Blick nachwarf. „Lauf hinterher, wenn du zu feige bist,’ bèi uns auszuhälten. Wir brauchen dich nicht; Nun/, was ist mit dir?"' Francisco zuckle zusammen wie unter PèitsChenhieben. Einen Augenblick schien es, als wollte er der Aufforderung folgen. Schon spannten sich seine Muskeln, da spürte er' .ein leises Pochen - auf der; schwer atmenden Brust’. .Das. Marien-medaillon hob und senkte, sich,, klopfte mahnend im Takt der Atemzüge. Da war es ihm, als legte sich ihm eine treue, verläßliche Freundeshand auf das Haupt. In kindlichem Vertrauénf hatte er sich der Gnadenmutier angelobt, sie hatte jeden seiner Schritte bewahrt und gelenkt. Sollte er sie in der Stunde der Bewährung verlassen? über Francisco, kam es. mit sieghafter Gewißheit, 'mit Kraft" und Stärke. Seine Augen .strahlten,' Eben noch zitterte er an allen Gliedern beim Gedanken an :dié Gornéros,Setzt lächelte er. Hochauf gerichtet stand er da’, den Blick zum'dunklen Nachthimmel erhöben, an . dem. ein Stern, strahlte,. mit überirdischem Glänz seine Seele erfüllte. Zusammen mit dem alten Bartolo verwahrte Francisco die' Station, die nur noch den Padre, seine zwei Getreuen und einen im Fieber stöhnenden Kranken, umschloß. Die Tropennacht zog ihren sternenbe-setzten Mantel über die, kleine Missiöns-. station am Rio Begas, sie breitete ihn ..über das Mayanadorf, über die Ranchos, in, denen sich die Gornéros betranken,, spielten und stritten. • Fiebernd wälzte sich Don. Leonardo auf seinem Lager. Ab und zu weckte ihn das Geschrei seiner Camarados, einmal Schreckte ihn ein Schuß, auf, Drohte ein Überfall? Erhoben sich die Mayanas? Nein, nur Isidro hatte einen seiner Freunde beim Falschspiel ertappt und ohne Federlesens niederge-schossen. Alles umsonst Die ganze Welt schrie nach Kautschuk. Immer' jieue Industrien befaßten, sichmit dem kostbaren schwarzen Gold Brasiliens, dem der Zufall das Monopol in die .■Wucherischen Hände gelegt hatte. Längst war es den Engländern gelungen, sich den Samen der Kautschukbäume zu ver- schaffen und große Pflanzungen in Ceylon-und in Indien anzulegen. Was kümmerten sich die Gornéros, die Abenteurer in Brasilien, Peru, Kolumbien und Bolivien um diese- Versuche. Trotz der in Aussicht stehenden Lieferungen der britischen Kolonien - stiegen die Preise für 'Kautschuk immer ’höher. Kehrtenj die Gornéros aus den Wäldern zurück, so brachte ihnen die Ausbeute schwindelnde Gewinne, inehr noch floß in die Taschen der. großen Handelsgesellschaften, . für die sie ihre , Haut zu Markte* trugen, für die sie . die Indios bedenkenlos knechteten. Und wie viel trug das schwarze Gold, der Wälder den Staatskassen Brasiliens ein! So viel auch davon in'die Taschen bestechlicher .Beamter, glitt, es blieb noch genug, über genug für die Caballeros in Rio de Janeiro. Der Weltbedarf war riesengroß geworden, warum sollte man sich in Brasilien Gedanken über die Konkurrenz machen,. Wo vor Jahrzehnten noch der Urwald das Land bedeckte, wo zur Re-genzeit die’Überschwemmungen alles1 in Sumpf -und Morast verwandelten, da erhoben sich lichterfüllte Städte, Hotels mit Marmorstufen Und Märmorbäder-n. Musik und Tanz füllte die Abende und zur Zeit .der Rückkehr der Gornéros aus den Wäldern floß der Champagner wie Wasser, nahmen Spiel,; Gelächter, Geschrei und'Streitereien kein Ende. Wer'fragte danach, wieviel Blut und Tränen an dem schmutzigen Dollarnoten klebte, an dem Gold und Silber, das von Hand zu Hand ging. Vermögen wurden gewonnen und vergeudet. Man brauchte ja nur hinzugehen, um neuen Kautschuk aus den Wäldern zu holen. Wie eine schwärende Krankheit, eine furchtbare Seuche lag der Rausch des schwarzen Goldes über Fluß und Urwald. Mit .einem Schlage war es da. England warf seinen Kautschuk auf den Markt, eine weit bessere Ware ' als der geräucherte Rohkautschuk aus Brasilien. Die Börsen verwandelten sich- in Tollhäuser, die Preise stürzten. Mit einem Schlag stockte der eben noch so blühende Handel und Wucher am ' Amazonas, am Putumayo und den anderen Nebenflüssen. Die großen Gesellschaften saßen vor ihren gefüllten Speichern. Ml Die rückkehrenden Goméros verkaufte)! um jeden Preis, aber niemand wollte ihre Ware mehr haben. Da standen sie, die Abenteurer der Urwälder, ausgemergelt von Fieber und Sitze, krank und verkommen, mit leeren Taschen und leeren Händen. Noch fanden sie in ihrer ersten Verwirrung keine Zeit zum Nachdenken, keine Ruhe, sich mit dem zu befassen, das ihnen geblieben war, der Erinnerung an die Qualen und Leiden, die sie den Indios zugefügt hatten, an die Gewissènslasten, die sie bis an ihr Lebensende mit sich herumschleppen mußten. Das schwarze Gold war ihnen in den Händen zerronnen, es war mit einem Schlage weniger wert als Dreck. Was sollte nun werden? Auf tausend Kanälen flog die Kunde durch den Urwald. Da und dort hockten die Abenteurer um die Feuer und besprachen sich. Vielleicht war alles nur ein Schwindel, nur ein Versuch, sie um ihren sauer verdienten Lohn zu prellen. Aber die Gerüchte wurden nur allzubald zur Gewißheit. Und schließlich erreichte auch' ein Bote das Mäyanadorf Coroqui im Urwald des Rio Begas. Don Leonardo hatte sich eben, von der „geschwätzigen Drossel" unterstützt, von seinem Lager, erhoben. Schwach und zittrig saß er auf der Veranda seines Rancho. Was zum Teufel war nur los mit seinen Burschen? 1 Kein Räucherfeuer brannte, kein Arheitstrupp war unterwegs^ Die Mayanas kauerten in kleinen Gruppen um die Feuer, drunten bei den'Lagerschuppen standen die Männer beratend,; schimpfend und fluchend beisammen. Leonardo nahm alle Kraft zusammen. Sein unbeugsamer Wille ließ ihn Schwäche und Schmerzen vergessen. Mit einem Faüstschlag warf er die Indianerin beiseite, die ihm beispringen wollte. War er ein altes Weib, das nicht mehr ällein auf den Beinen stehen; konnte? „Was soll das heißen?" brüllte er zu den Männern hinab. Die Gesichter hoben sich.. „Botschaft aus Limoni"; rief Isidro. „Hör dir einmal an, was er zu sagen hat!" fügte Pédro hinzu und schob einen hageren Mischling vor sich her zum Rancho. , „Es ist kein Bluff, nein, das Ende der Kautschuksammlerei", brummte Don Manuel, ein schmächtiger, fiebergezeichneter Spanier, während er als erster zur Veranda .emporstieg. „Don José, unser- Padron, unser Arbeitgeber, ist verschwunden und mit ihm Don Guillermo und ein paar Dutzend der anderen Haifische. Alles aus. Kein Mensch gibt dir für den ganzen Plunder, den wir hier in den Hütten liegen haben, noch einen halben Peso.“ „Das ist es, was der Bote berichtet hat", fügte Isidro finster hinzu, : Don Leonardo spie über die Brüstung. „Zum Donnerwetter, sind wir nicht Männer? Wir brechen noch in dieser Stunde auf und holen uns den Lohn aus Don Josés Lagern." “„Begreifst du denn noch immer nicht, was los ist", fauchte Manuel. „Don José ist getürmt, glaubst du, daß du auchnUr noch eine'' Handvoll Pesos in Seinem Haus findest? Er hat sicher mitgenommen, was irgend mitgenommen werden konnte. Finden wirst du Kautschuk, Arobas, über Arobas. ; Kannst dir eine ganze Schiffsladung einpacken und damit hinab nach Para reisen! Fragt Sich nur, ob dir jemand den Bettel noch abnimmt." „Es ist aus, wir sind fertig, den Letzten beißen die Hunde, und diè Letzten sind wir", murrte Isidrö. Er verstummte jäh und lauschte. Jenseits des Flusses dröhnte das Maguare, die Signaltrommel, laut und anhaltend. Die Indios' im Dorf waren aufgesprungen. Sie lauschten atemlos, gespannt, und ; jetzt stieß einer von ihnen einen Freudenschrei aus, die Weiber und Kinder stimmten ein, nach allen Seiten,- liefen die Männer auseinander. Ein paar Alte standen auf dem Dorfplatz und starrten zu den weißen Männern hinauf. Spott, offener Hohn zuckte um ihre welken Lippen, „Ich will wissen, was das bedeutet!" knirschte Leonardo. Da kam auch schon Kuoka die Treppe heraufgelaufen, aufgeregt, Verstört sah er aus. „Platz da!" herrschte Leonardo. Zwei, drei der Männer stießen Kuoka vor den Anführer hin. „Was haben die Tetetes zu melden? Kannst du das Maul nicht aufmachen, verfluchter Indio, oder soll ich es dir mit der Peitsche öffnen?" Kuoka warf die Arme empor. „Die Goméros Don Guillermos sind abgezogen, geflohen. Die Tetetes rufen die Mayanas zum Rachezug auf. Sie wollen über den Rio kommen und uns alle töten, vor allem euch, die Weißen, aber auch eure Helfer, uns, die Indios vom Putümayo. Fliehet, fliehet, Senhores, ehe es zu spät ist. Fliehet, die Männer der Mayanas sind in den Wald gelaufen, um versteckte Waffen zu holen," Erschreckt, ratlos starrten sich die Abendteurer an. „Das wird Ernst", stieß Pedro hervor, „Wir .haben keinen Augenblick mehr zu verlieren." „Was soll das? Hier bestimme ich, was geschehen wird, verstanden?" Don Leonardo zog die Pistole aus dem Gürtel und richtete sie drohend auf den Sprecher. Aber mit leichter Mühe ent-: wand ihm Isidrö die Waffe. Ein Stoß: traf den Kranken und warf ihn zu Boden. „Lange genug haben wir uns von dir befehlen lassen. Bleib liegen, alter Schuft. Wäre es nach mir gegangen, so befänden, wir uns bereits am Putumayo in Sicherheit." „Holt alles zusammen, was wir an, Waffen haben", rief Manuel, der Spanier, „vergesset keine einzige Patrone. Und dann losl Wenn uns die Roten erwischen, haben wir nichts zu lachen. ■ Sie lassen uns lange sterben, soviel ist sicher." Nach allen Seiten stoben die Abenteurer davon und schon eine-knappe Viertelstunde später zogen sie ab. Eben schickten sie sich an, den. Buschpfad, der zum Fluß hinabführte, einzuschlagen, als bei den Ranchos ein Schuß krachte. Isidro drehte, sich schwerfällig um sich selbst und stürzte dann vornüber. „Hin Abschiedsgruß Don Leonardos", lachte Pedro grimmig. „Nehmt Isidro die Büchse ab und die Munition, den Proviant, macht schnell, sonst brennt uns der Gauner noch eins auf." Das Grün des Urwaldes schlug hinter den flüchtigen Goméros zusammen. Auf der Veranda war Don Leo^ nardo zusammengebrochen. Er stöhnte vor Schmerzen, vergebens mühte sich die „geschwätzige Drossel",; ihm Erleichterung zu verschaffen. „Wir müssen fliehen, Leonardo", stammelte sie, „schnell fliehen. Im Wald gibt es gute, sichere Verstecke; ich weiß- ein Kanoa, mit dem wir auf dem Fluß entkommen können." Der Kranke gab ihr keine Antwort zuholen, um die letzten Weißen, die mehr. Schaumiges Blut trat ihm auf die sich in ihr Gebiet"/gewagt hatten, zu Lippen, er wälzte -sich in Qualen, sein, töten. Rache für ihre Toten, Rache für ganzes Inneres war flammende, brennende Glut",geworden. Und jetzt kamen die Indios. Der ' gellende Schrei, mit dem die Geschwätzige davonlief, weckte Leonardo noch einmal aus seinen Jufe-berträurrien, Er tastete nach der Büchse, aber nun war es schon' zu spät.- Flinke Hände entrissen .ihm Pistole, Messer und Gewehr,; zerrten ihn hinab"'auf. deri Dorfplatz, rissen ihn hoch, stießen ihn nieder. Frauen und Kinder warfen sich auf ihn in tierischem, wildem Haß. Der letzte Blick zeigte Leonardo eine Horde von, rasenden Teufeln. „Barmherzigkeit, Erbarmen!" stöhnte er, dann ging es mit ihm zu Ende. Jokar, der Kazike Die Trommeln dröhnten in den Urwäldern am Rio Begas. Und jetzt kamen die Mayanas in ungestümem Lauf flußab, um ihren jungen Kaziken zurück- alle äusgeständenen Demütigungen und Qualen forderten sie. Hinter dem hohen Dornhag stand der alte Bartolö,' die Büchse in den *sehnigen, braunen Händen und neben ihm hochaufgerichtet Francisco, auch zum Äußersten bereit, Pfeile , zischten, Speere fuhren prasselnd in die Dornen, schlugen mit dumpfem Laut gegen die Wände der-Hütten, gegen das kleine Kirchlein. „Jokar, Jokar! " heulten, schrien hundert Stimmen durcheinander. Da stand er, den sie riefen, auf den Arm des Padre gestützt, genesen, aber noch schwach und kraftlös., Seine Augen leuchteten. Nun hob er die i Hand. Das Geheul verstummte. Bartolo und Francisco öffneten auf einen Wink des Missionärs den Dorn-verhäu. Schritt üm Schritt geleitete der Padre seinen Schützling den Hügel hinab. Und jetzt: stand, er ganz allein mitten unter den Mayanas, deren Hände vom Blut Leonardos gerötet waren, in deren .Augen noch Haß und Gier der Rachsucht flammten. Jokar sprach. Er erinnerte die Maya-nas an das freie Leben, das sie geführt hatten, ehe die Weißen wie eine böse Krankheit über sie kamen. Stärker als aller Zauber waren ihre Peitschen, ihre Gewehre. Mühsal, Hunger und Not brachten sie in die Wälder. Aber waren sie.alle böse, alle schlecht? Hatte nicht Don Miguel mehr als einmal Barmherzigkeit an ihnen geübt, hatte er nicht selbst vor den Gomćros fliehen müssen? Und der Padre, Bartolo, Francisco, waren auch sie schlecht und böse? Juanita fand Jokar, als er krank und schwach in einem hohlen Baume lag. Sie brachte ihn zu Padre Andreu, der Jokar pflegte wie ein Bruder den Bruder, wie ein Vater sein Kind. Während Jokar sprach von seiner Sendung, von der Freiheit, zu der er den Stamm der Mayanas emporführen wollte, faltete Padre Andreu die arbeitsharten Hände. Sein Blick suchte den gleißenden Tropenhimmel, seine Seele sprach mit Gott. Aus übervollem Herzen dankte er für die Gnade, die Hilfe, die Rettung in letzter, verzweifelter Stunde. Sein Erinnern flog zurück bis zu dem Tag, da er verzweifelt und ohne jede Hoffnung seine kleine Station gebaut hatte. Was hielt ihn in jener Stunde, da er die Goméros als die Herren am Rio Begas antraf? Nichts anderes als die unerschütterliche Überzeugung, einer guten, heiligen - Sache zu dienen. Hierher rief ihn das Werk der Mission und hier hielt er aus trotz Tod und Teufel. Er kämpfte auf verlorenem Posten, bis die Stunde kam, auf die er hoffte, um die er betete, die Stunde der:; Gnade, der Erfüllung. Hätte er, der fremde Weiße, als erster Ankömmling vielleicht so ohne Weiteres den Weg zu den Herzen der Mayanas gefunden? Wären sie ihm nicht, in mißtrauischer Ablehnung gegenübergetreten? Die Stunde der Not führte sie zusammen, die Stunde der Not wurde ihnen zur Stunde der Gnade. Mit strahlenden Augen trat der Padre auf Bartolo und seinen getreuen Fran- cisco zu. „Wir sind am Ziel, camerados. Heute noch brechen wir mit Jokar und seinen Indios auf und ziehen in das große Dorf. An der Stelle, wo die Ranchos der Bedrücker standen, soll sich bald eine Kirche erheben." Bartolo nickte. Er konnte den schnellen Wechsel immer noch nicht recht begreifen. Auf Kampf und Tod war er vorbereitet, nicht auf eine solch überraschende Wendung zum Guten. Vieles hatte er in seinem abenteuerreichen Leben schon mitgemacht, Tod und Gefahr hatten ihm kaum je das Bluf schneller durch die Adern getrieben, jetzt aber stieg es ihm heiß in die Augen. Auch ihn ergriff die Stunde der Gnade. „Padre, ich muß um Urlaub bitten. Einen weiß ich, der in der neuen Station mitarbeiten wird, der noch etwas gut zu machen hat an den Mayanas, ihn will ich holen." „Du meinst Miguel?" Bartolo nickte. „Ja, rufe ihn, die Mission braucht solche Helfer. Die Ernte wartet, rufe ihn sogleich, guter Bartolo, ihn und die tapfere Juanita." Marschbereit, mit einem kleinen Bündel am Lauf der Büchse, die Machete in der nervigen Rechten, stand der alte Bartolo auf dem Hügel neben den verlassenen Hütten und sah Padre Andreu nach, der mit den Mayanas flußauf zog. Jetzt schlugen die Büsche hinter dem letzten zusammen. Dann wandte sich der Alte, um seinen Botengang anzutreten. Verlassen stand die kleine Siedlung, auf dem höchsten Dach erhob sich das Kreuz der Mission. Wie lange, und der Urwald würde die Lichtung überwuchern, die Hütten würden einsinken, vergehen. Tapir und Jaguar konnten wieder auf dem Hügel ihr Lager suchen, die Brüllaffen ihr Morgenlied in den Wipfeln gröhlen. Ein paar Wegstunden flußauf aber würde das, was hier zerfiel, neu erstehen, schöner, größer. Das Dröhnen des Maguare würde der Klang der Glocke übertönen. Unter dem rettenden Zeichen des Kreuzes aber würde der junge Kazike sein Volk einer frohen Zukunft, einem höheren Menschentum entgegenführen. Tod des heiligen Franz Xaver S.J. Im Begriffe, auch in China das Evangelium zu verkünden, starb der Apostel Indiens 1 und Japans am 3. Dezember 1552 auf der Insel Sancian b. Kanton