245 Ana Begovac ∗ UDK 323.15(497.434=112.2)(091) Universität Regensburg DOI: 10.4312/linguistica.60.2.245-256 GOTTSCHEE – SPIELBALL DER POLITIK 1 AUF DEN SPUREN DER GOTTSCHEE Gottschee. Ein Name von geheimnisvoll anziehendem Klang, der mich durch die frühe Kindheit begleitete. Gottschee, das waren schemenhafte, im kindlichen Bewusstsein fest verankerte Bilder von einem unermesslichen Wald, dem Kočevski Rog ... (Pollack 2011: 137) So lauten die Worte Martin Pollacks, eines literarischen Übersetzers polnischer, ukrai- nischer, litauischer und weißrussischer Schriftsteller, 1 über seinen Großvater und die Gottschee. Die Gottschee liegt im Grenzland zwischen Slowenien und Kroatien und ist eine Region von circa 850 Quadratkilometern. Zu betonen ist dabei, dass es sich bei ihren deutschsprachigen Bewohnern nicht um eine abgrenzbare oder abgegrenz- te Ethnie handelte, sondern um eine „Menschengruppe mit dem historischen Wandel unterliegenden Merkmalen [wie] gemeinsame oder ähnliche Herkunftsgebiete, eng verwandte Dialekte, ähnliche Kultur, Sitten und Gebräuche“ (Hösler 2011: 13). Über Jahrhunderte lang unterstand das Gebiet den Habsburgern, die im 14. Jahrhundert den unangetasteten Wald den Grafen von Ortenburg zum Lehen gaben. Die Ansiedlung von neuen Bewohnern regelten die Ortenburger Landesherren. Arme Bauern, die aus Osttirol, Kärnten, später aus Franken sowie Thüringen stammten, wurden im neu zu entdeckenden Gebiet angesiedelt (vgl. Gauß 2011: 147f.). Wer sein Stück Urwald rodete, sollte das Land zu eigen bekommen und auch sonst ein freier Mensch sein. 600 Jahre lang haben die Gottscheer gegen den großen Wald, die harten Winter, die heißen Sommer und gegen manchen räu- berischen Grafen gekämpft, um ihr Ländchen zu kultivieren. (Gauß 2011: 148) Nichtsdestotrotz kam es zu vielen Auswanderungen aus der Gottschee, da selbst in den ökonomisch besten Zeiten die Erträge selten für einen angemessenen Lebensunter- halt ausgereicht haben (vgl. Marsching 2015: 87). ∗ Ana.Begovac@yahoo.com 1 Vgl. Pollack (2011: 145). Pollaks Großvater Dr. Rudolf Bast, der aus Tüffer/Laško kam, war zunächst als Rechtsanwalt in Gottschee tätig und zog bereits vor dem Ersten Weltkrieg nach Deutschland. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 245 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 245 24. 03. 2021 14:20:58 24. 03. 2021 14:20:58 246 2 DIE ANFÄNGE DER GOTTSCHEE Im 14. Jahrhundert begannen Kolonisten die aufgrund ihres Hochwaldes schwer zu- gängliche Region im Süden des Landes Krain, das dem Patriarchat Aquilea unterstand, zu erschließen (vgl. Hösler 2011: 14). Dies geschah im Auftrag der Ortenburger Fürs- ten, welche die Lehnsherrschaft seit Mitte des 13. Jahrhunderts über die Region inne- hatten. Ab 1330 stießen Siedler aus Kärnten und Osttirol dazu. Die Besiedelung fand unter deutsch- und slowenischsprachigen Kolonisten statt (vgl. ebd.: 15). Mitte des 14. Jahrhunderts hatte eine Pestepidemie im kärntischen Gebiet verhee- rende Konsequenzen. Die Bevölkerungszahl sank rasch, sodass die Ortenburger wei- tere Siedler aus Thüringen und Franken überredeten, in die Region umzusiedeln. Nach Hösler (ebd.: 15) wurden „im Zuge der Erschließung des Hochwaldes […] Südslawen, Kärntner, Tiroler, Franken und Thüringer mit all ihren Mundarten, Mentalitäten, Sitten und Gebräuchen heimisch.“ Aus der Forschung lassen sich kaum Aussagen darüber treffen, wie sich diese unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen miteinander vermisch- ten oder abgrenzten. Wie Hösler (ebd.) weiter betont, lassen nur sogenannte „gott- scheedeutsche“ 2 Nachnamen wie Windischmann, Kren oder Bambitsch die Vermutung zu, dass es eine deutsche Sprachinsel gegeben hat. Nach dem Ethnografen Josef von Rudesch (zit. nach Grothe 1931: 240), einem deutschen Geographen und Orientalis- ten, seien die Gottscheer „Nachkömmlinge einer deutschen Kolonie aus dem 14. Jahr- hundert, die mit den bereits vorhandenen Slawen zusammengeschmolzen ist.“ Grothe (ebd.: 240) stellt zudem heraus, sie „unterscheiden sich von den sie ganz umgebenden Slawen hauptsächlich durch die Sprache“ (Grothe 1931: 240). Dagegen kann bei der Kleidung und Gebräuchen von einer Slawisierung gesprochen werden (ebd.). Es ist wichtig anzumerken, dass die dort angesiedelten Kolonisten unabhängig von ihrer jeweiligen Herkunft zusammen gegen die wechselnden Herrschaften wie die Habs- burger, die Cillier, die Blagay und die Ortenburger, ankämpften (Hösler 2011: 16f.). Der Grund für dieses Aufbegehren lag darin begründet, dass sich die in der Gottschee an - gesiedelten Kolonisten von ihren jeweiligen Herren ausgebeutet und ausgenutzt fühlten. Daher verwundert es nicht, dass in der damaligen Habsburgermonarchie in Inneröster- reich für drei Jahrhunderte (von ca. 1500 bis 1800) von 200 Bauernrevolten gesprochen werden kann. Die meisten und größten Aufstände sind für die Gottscheeregion nachge- wiesen. Die mit den Auflehnungen einhergehenden Forderungen hatten aber keinen na - tionalistischen Charakter, sondern waren größtenteils sozialer Natur. Den aufständischen Bauern ging es um eine Senkung der Abgaben sowie der Steuern, um die Loslösung von grundherrschaftlichen Abhängigkeiten, Zollfreiheit, die Befreiung von Frondiensten sowie von Kriegssteuern und um die Sicherung der Grenzen (vgl. Dimitz 2015: 79). Als Teile des Gottscheegebietes von Feinden aus dem Osmanischen Reich geplündert und zerstört wurden, leisteten die Habsburger kaum Hilfe (vgl. Hösler 2011: 20). Als eine Art der Wiedergutmachung für die Verwüstungen und Zerstörungen gaben die Habsburger den Gottscheern jedoch die Möglichkeit für ein sogenanntes „Hausierpatent“ „in ‚An- sehen des erlittenen Türkenruins‘, mit Vieh, Leinwand und anderem […] außerhalb der 2 Hervorhebung durch die Kursivschrift im Original. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 246 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 246 24. 03. 2021 14:20:58 24. 03. 2021 14:20:58 247 Gottschee zu handeln“ (ebd.: 20f.). In welchem Ausmaß jedoch dieses Angebot von den Gottscheern genutzt wurde, lässt sich nicht genau sagen. Anzumerken dabei ist, dass es bis zum 19. Jahrhundert keine nationalen Konflikte zwischen den Slowenen und Deutschen in der Gottscheeregion gegeben hat. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Leben von alltäglichen sowie einfachen Dingen bestimmt. 3 DIE GOTTSCHEER IM SÜDSLA WISCHEN STAAT 1860–1918 Die Volkszählung von 1880 weist eine Gesamt-Bevölkerungszahl von rund 26.000 Menschen aus, davon knapp 19.000 Deutschsprachige. Bei der Volkszählung von 1880 wurde erstmals in der Habsburgermonarchie von den Haushaltsvorständen verlangt, die Umgangssprache – und zwar nur eine Umgangssprache – der anwesenden Personen anzugeben. Ein eher hilfloser, in Gänze untauglicher Versuch, die „Nationalität“ eines jeden habsburgischen Untertanen festzulegen; bis dahin hatten Statistiker, Topogra- fen, Kartografen, Demografen, Ethnografen und Politiker in der Habsburgermonarchie ungefähr sechs Jahrzehnte lang ergebnislos darüber debattiert, wie „Nationalität“ zu definieren und zu ermitteln sei (vgl. Hösler 2011: 24f.). Ab den 1860er Jahren lässt sich eine Nationalisierung erkennen, die infolge der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Konflikte in der Habsburgermonarchie so- wohl die Krain als schließlich auch die Gottschee betraf. Ab 1882/83 saßen dauerhaft slowenisch-nationale „Drahtzieher“ im Magistrat der Landeshauptstadt Laibach/Ljubl- jana sowie im Landtag der Krain, die die Entscheidungsmacht hatten. Die politische Situation sah folgendermaßen aus: Innerhalb von zwei Jahrzehnten wurde das politische Leben nahezu komplett „ethnisiert“, also von nationalem Denken bestimmt. Wer politisch erfolgreich agieren wollte, musste national mobilisieren. Wer sich für keine nationale Par- tei entscheiden wollte, galt als Verräter der nationalen Sache. Befürworter der Mehrsprachigkeit in Schulen und Verwaltung wurden marginalisiert. Diese Ent- wicklung spaltete die Gesellschaft, vielfach auch Familien. (Hösler 2011: 25f.) Auf den Beschluss der Einführung der slowenischen Sprache im Schulunterricht, in Gottesdiensten und in der Verwaltung im Gottscheegebiet hätten in der erinnerungs- kulturellen Perspektive laut Hösler (ebd.: 26) deren Bewohner mit Empörung und Ent- setzen reagiert. 3 Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts fingen Gottscheer, die sich ihrer Abstammung nach als Deutsche sahen, an, um nationale Besitzstände zu kämpfen, und riefen 1881 eine Ortsgruppe des Deutschen Schulvereins in der Stadt Gottschee ins Leben. Zudem kam es in Gottschee im Jahr 1906 zur Gründung des „Deutschen Volksrates“ für Krain 3 Dies verdeutlicht auch folgender Ausschnitt aus Grothe (1931: 180f.): „Unter Tränen warfen, wie ich es selbst in einem deutschen Dorfe mit angesehen habe, die Kinder, nach Hause zurückgekehrt, ihre Schulranzen hin und erklärten den Eltern, die Schule nicht wieder besuchen zu wollen, da sie nicht verständen, was in slowenischer Sprache gelehrt werde.“ Linguistica_2020_2_FINAL.indd 247 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 247 24. 03. 2021 14:20:58 24. 03. 2021 14:20:58 248 und im Jahr 1907 des „Gottscheer Bauernbundes, welcher sich ab 1908 mit dem „Deut- schen Volksrat“ verband (vgl. Grothe 1931: 179). Die Hauptziele dieser Vereinigungen waren der „Kampf um das Volkstum“ sowie die „Wahrung der völkischen Interessen“ (Grothe 1931: 179). Wichtig sind die Reichsratswahlen von 1907, an denen es erstmals zu der Vergabe eines gemeinsamen Mandats für die Gottscheegemeinden kam, die nach den Volks- zählungen von 1900 eine deutsche Mehrheit aufwiesen. Dies hatte eine politische Spal- tung des nationalen Lagers zur Folge, wie Hösler (2011: 27) feststellt: „Der Gottscheer Bauernbund unterstützte einen deutsch-nationalen, den sogenannten roten Kandidaten: den Gymnasiallehrer Josef Obergföll/...“ Dieser war geborener Oberösterreicher, fühlte sich aber nichtsdestotrotz der Gottschee zugehörig und war als Verfasser von Liedern über die Region bekannt. Für die „schwarzen“, klerikal-konservativen Kräfte setze sich der Fürst Karl Maria Auersperg als Kandidat durch. Wie Hösler (ebd.: 28) des Weite- ren betont, hatten „alte Bindungen an das ‚Ländchen‘, an die katholische Kirche und den landeseigenen Adel“ (ebd.: 28) stärkeres Gewicht und stießen somit auf größere Zustimmung im Gegensatz zur „deutsch-nationale[n] Propaganda.“ (ebd.). Dies war insofern von zentraler Wichtigkeit, als diese „politische Spaltung in deutsch-nationale und katholisch-konservative Kräfte“ (ebd.: 27) das politische sowie gesellschaftliche Leben im Gottscheegebiet bis 1918 entscheidend beeinflusste. Als es am 1. Dezember 1918 zur Gründung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS) kam und das Gebiet Teil des neugegründeten Königreichs wurde, zogen viele Familien zu ihren Verwandten nach Nordamerika (vgl. Gauß 2011: 148). Die Friedensverträge von St. Germain und Trianon sollten den nationalen Minderheiten im Königreich SHS Schutz gewähren. Dies schloss die Garantie von gleichen staats- bürgerlichen sowie politischen Rechten mitein. Zudem sollte die freie Berufswahl in öffentlichen Diensten, der Zugang zu öffentlichen Ämtern sowie eine freie Nutzung der eigenen Minderheitensprache in der Öffentlichkeit ermöglicht werden. (Ferenc 2011: 44). Der Staat ging sogar so weit, dass er bereit war, im öffentlichen Schulwesen die Sprache der Minderheiten einzuführen, aber nur, wenn eine ausreichend hohe Schüler- anzahl gegeben war und Angehörige der jeweiligen Minderheit in diesem Gebiet sess- haft waren. Diese Vertragsbestimmungen wurden insgesamt in der Realität bis in die Zeit des Zweiten Weltkrieges nur mangelhaft umgesetzt (vgl. Ferenc 2011: 45). Fest- zuhalten bleibt außerdem, dass die Situation der Deutschen im slowenischen Gebiet deutlich schlechter war als in anderen Teilen des jugoslawischen Königreichs: Der früher von ihnen ausgegangene Germanisierungsdruck und ihre in einigen Bereichen privilegierte Stellung in der österreichischen Reichshälfte der Monar- chie wirkten sich im neuen Staat auf die Einstellung der Behörden gegenüber der deutschen Minderheit negativ aus. (Ferenc 2011: 45) Während bis zum Niedergang der Habsburger Monarchie hauptsächlich Deut- sche leitende Stellen in der staatlichen Verwaltung und im Wirtschafssektor innehat- ten, entließ im Dezember 1918 die slowenische Landesregierung einen Großteil der Linguistica_2020_2_FINAL.indd 248 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 248 24. 03. 2021 14:20:58 24. 03. 2021 14:20:58 249 Professoren, Staatsbeamten und Lehrkräfte mit deutscher Nationalität, „die praktisch über Nacht ohne Lebensunterhalt waren und sich gezwungen sahen, mit ihren Familien nach Österreich auszuwandern“ (Ferenc 2011: 45). Zusätzlich wurden Unternehmer unter Druck gesetzt, alle Angestellten deutscher Nationalität zu entlassen. Die Folge davon war eine Entlassung von ungefähr 30.000 Menschen (ebd.). Der Sitz des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes mit seinen Organisationen be- fand sich in der Vojvodina, während in Slowenien in den 1920er Jahren keiner existier- te, wenn man von einer kurzen Existenz im Jahr in der Gottschee absieht (vgl. Ferenc 2011: 52). Im Jahre 1918 kam es von Seiten der jugoslawischen Regierung zur Auf- lösung des 1906 in Gottschee gegründeten „Deutschen Volksrates“ für Krain und aller anderer Gottscheer Organisationen. Die Verwendung der deutschen Sprache in der Öf- fentlichkeit wurde verboten und es kam zu einer Slowenisierung deutscher Ortsnamen. Es folgte die Schließung der Holzfachschule, des deutschen Schülerheims sowie des deutschen Obergymnasiums in Gottschee. Zudem wurde an den bis 1918 insgesamt 34 deutschen Schulen Slowenisch eingeführt: Das Minderheitenschulwesen in der Gottschee orientierte sich an zwei Parame- tern: einer ausreichend großen Anzahl von Angehörigen der deutschen Minder- heit und dem Prinzip der ‚echten‘ deutschen Nationalität. Kinder aus gemischten Ehen wurden als nicht ‚echt‘ anerkannt und durften deshalb nicht am Deutschun- terricht in deutschen Klassen teilnehmen. Über die Einschreibung in slowenische oder deutsche Klassen durften nicht die Eltern entscheiden, sondern die Schulbe- hörden taten dies aufgrund der Analyse der Vor- und Familiennamen. Kinder mit slowenisch klingenden Familiennamen wurden nicht in deutsche Parallelklassen eingeschrieben. (Ferenc 2011: 46) Hösler sieht die Slowenisierung wie folgt: Logisches Resultat jahrzehntelanger Fremd- und Selbstethnisierung war es, dass die Gottscheedeutschen sich Ende 1918 im slowenischen Teil des jugoslawi- schen Königreiches als nationale Minderheit einfinden mussten. Die Politik der Führung in Ljubljana zielte darauf, den zentralistischen Kräften in Belgrad ge- genzusteuern und die Bildung nationalstaatlicher Strukturen in den slowenischen Teilgebieten zu befördern, auch um der Infragestellung des neuen Staates durch Italien und Österreich zu begegnen. Gottscheedeutsche waren dadurch unwill- kürlich einer Politik der Slowenisierung ausgesetzt. (Hösler 2011: 28f.) Die Zahl deutscher Schulen sowie deutscher Klassen nahm rasch ab. Eine deutsche Klasse durfte laut Schulgesetz nur mit einer Mindestanzahl von 30 Schülern deutscher Nationalität bestehen. Ausnahmefälle ließen eine Schülerzahl von 25 Kindern deut- scher Abstammung zu (vgl. Ferenc 2011: 46). Linguistica_2020_2_FINAL.indd 249 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 249 24. 03. 2021 14:20:58 24. 03. 2021 14:20:58 250 4 DIE NAZIFIZIERUNG DER DEUTSCHEN MINDERHEIT UND IHRE FOLGEN Durch das Auftreten des Nationalsozialismus traten neue Schwierigkeiten für die dort- gebliebenen Bewohner auf (vgl. Gauß 2011:148). 4 Die nationalistischen Ideen sowie Sichtweisen wurden von jungen Gottscheer Intellektuellen, die während ihres Studiums in Deutschland in Kontakt mit dem deutschen Nationalsozialismus traten, übernommen und auf den Kulturbund der deutschen Minderheiten in Jugoslawien übertragen. Un- geachtet der Tatsache, dass sich der Kulturbund in die damals herrschende Politik- führung nicht einmischen wollte, sondern eine eigenständige, nationale Vereinigung mit einer autonomen Kulturpolitik bleiben wollte, übte diese Gruppierung von Jugend- lichen einen enormen Druck auf die alte, traditionell orientierte Leitung des Bundes aus (vgl. Ferenc 2011: 53). Die Streitigkeiten „zwischen den sogenannten Erneuerern oder der ‚Erneuerungsbewegung‘, also den Sympathisanten des Nationalsozialismus, und der Führung des Kulturbundes wurden heftiger“ (ebd.). Dabei lockten die politi- schen und wirtschaftlichen Erfolge des NS-Regimes, die seinen Anhängern und Ver- einen finanzielle Hilfe boten, mehr deutsche Sympathisanten aus den Minderheiten- vereinen an. Im Jahre 1939 kam es sogar so weit, dass die „Erneuerer“ die Leitung des Kulturbundes übernahmen und die alte, Jugoslawien loyal unterstellte Führung ihre Position abtreten musste (vgl. Ferenc 2011: 53). Einer der Vertreter nationalsozialis- tischen Gedankenguts in der Gottschee war die „Deutsche Studentenschaft“, hierbei vor allem die Außenstelle für Südslawien, in der besonders Münchner Studenten ver- treten waren. Ferenc merkt an, dass „unter den konservativ und katholisch orientier- ten Gottscheer Deutschen […] man bei der Propagierung nationalsozialistischer Ideen vorsichtiger und zurückhaltender vor[ging]; sie wurden nicht nur von Deutschen aus dem Deutschen Reich verbreitet“ (ebd.: 54). Den Gottscheer Wanderhändlern fiel dabei eine entscheidende Rolle zu: In den Jahren 1937–1938 kam es in Ulm zur Gründung einer speziell für die Gottscheer Landarbeiter ausgerichteten Schule, die sie für die Verbreitung nationalsozialistischer Propaganda fachlich sowie ideologisch ausbilden sollte. Die Landwirte sollten Kompetenzen für künftige Führungspositionen innerhalb der Gottschee erwerben, um die dort lebenden Gottscheedeutschen für die nationalso- zialistischen Ideen zu gewinnen (ebd. 55). Der Prozess der Nazifizierung schritt rasch voran, besonders „nach dem ‚Anschluss‘ Österreichs an das Deutsche Reich, durch den Jugoslawien zum Nachbarn Deutschlands wurde, sowie nach der Sudetenkrise und der anschließenden Zerschlagung der Tschechoslowakischen Republik durch die National- sozialisten“ (Ferenc 2011: 55). Den 50. Geburtstag Hitlers im Jahre 1939 feierten die Gottscheedeutschen mit Festen, mit Singen von nationalsozialistischen Kampfliedern sowie einem Feuerwerk. Den Grund für diese Reaktionen sieht Mitja Ferenc in der Hoffnung auf die Vereinigung mit dem Deutschen Reich. Die Hoffnung intensivierte 4 Vgl. auch Hösler (2011: 13): „Wer sich mit den Auswirkungen des deutschen Faschismus im südöstlichen Europa auseinandersetzt, stößt darauf, dass auffallend viele Männer aus dem Gottscheegebiet im Dienst der SS oder anderer Repressionsorgane standen; wer sich an sie erinnert, tut dies mit Grauen wie etwa der Jurist Tone Jelen oder der Schriftsteller Boris Pahor, die beide jahrelange Lagerzeiten mit knapper Not überlebten.“ Linguistica_2020_2_FINAL.indd 250 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 250 24. 03. 2021 14:20:58 24. 03. 2021 14:20:58 251 sich besonders nach dem Anbruch des Zweiten Weltkrieges. Daher verwundert es nicht, dass sich der „Schwäbisch-Deutsche Kulturbund“ (SDKB) nach dem Vorbild der SA in Deutschland uniformierte sowie paramilitärische Vereine, wie die „Volkdeutsche Mannschaft“, gründete (vgl. ebd.: 55). In slowenischen Teilen Jugoslawiens wurden am Anfang des Jahres 1941 unter der Leitung des „SDKB“ mehr als fünfzig Ortsgruppen mit über 12.000 Anhängern gezählt. Die Gottscheedeutschen waren dabei in großer Zahl vertreten (ebd.: 56). Von Bedeutung ist, dass nicht nur wirtschaftliche und soziale Gründe hinter dieser nationalsozialistischen Einstellung standen. Auch „die deutschen Siege, [vor allem] das Zusammengehörigkeits- gefühl der Deutschen in der Gottschee mit den Millionen anderen Deutschen“ (Ferenc 2011: 56) stärkten die nationalsozialistische Orientierung der Gottscheer. Im Jahre 1941 kam es zur Kapitulation Jugoslawiens. Der slowenische Landesteil Ju- goslawiens wurde unter Italien, Ungarn und das Großdeutsche Reich aufgeteilt. Die Un- terkrain ging, sehr zum Missfallen der Gottscheer, an Italien. „[So] blieben die Gottscheer vorerst ‚Auslanddeutsche‘, vom Deutschen Reich abgeschnitten.“ (Ferenc 2011: 57) Daraufhin kam es zu einem Beschluss zwischen Hitler und Mussolini. Diese Ver- einbarung hielt fest, alle Gottscheer „heim ins Reich“ zu bringen. Der Hintergrund dieser Entscheidung war darin begründet, dass ein italienisches Protektorat über dieses Teilgebiet Sloweniens errichtet werden sollte, in dem – außer „italienischen Herren- menschen“ – nur slawische Arbeitssklaven leben durften. Eine Umsiedlung von tau- senden Gottscheern in ein anderes Gebiet des Balkans folgte, sodass nur ein paar hun- dert Bewohner zurück blieben (vgl. Gauß 2011: 148f.). Bereits vor dem Einbruch des Zweiten Weltkrieges gab es Bestrebungen von seiten des NS-Regimes, „Volksdeut- sche“ aus besetzten Regionen zurück in das „Großdeutsche Reich“ umzusiedeln, um sie für die Festigung „deutschen Volkstums“ zu rekrutieren (vgl. Ferenc 2011: 57f.). Bis zum Jahr 1944 kam es zu einer Umsiedlung von ungefähr einer halben Million „Volksdeutscher“ (vgl. Ferenc 2011: 58). Die Aussiedlung der Gottscheedeutschen wurde über einen Vertrag zwischen den Regierungen des Königreichs Italien und des Deutschen Reiches am 31. August 1941 in Rom beschlossen (vgl. ebd.: 59). „Noch in der Hoffnung, wenigstens in die vermeintliche Urheimat Osttirol gebracht zu werden, optierten offiziell etwa 95 Prozent der Gottscheedeutschen für die Aussiedlung“, be- schreibt der Historiker Joachim Hösler (2011: 34f.) die damalige Situation. Erst am 17. November 1941 wurde der Umsiedlungsort festgelegt: Die Gottscheedeutschen sollten in „das sogenannte Ranner Dreieck im Südosten Krains, nahe der kroatischen Grenze, nur rund 35 Kilometer vom östlichen Rand des Gottscheegebietes entfernt umgesiedelt werden“ (Hösler 2011: 35). In dem dortigen Gebiet lebten einst 37.000 Slowenen, die für Zwangsarbeit nach Deutschland transportiert wurden. „Umvolkung“ war der dafür von den Verantwortlichen im deutschen Faschismus gebrauchte Begriff (ebd.). Im An- siedlungsgebiet wurden 11.200 Gottscheer Deutsche verzeichnet, jedoch machten „die Umstände der Ansiedlung […] es unmöglich, heimisch zu werden“ (ebd.). Im Jahre 1944 kam es schließlich zur Bombardierung der Region durch die Alli- ierten. Da die Nachricht von der Möglichkeit einer Flucht in Richtung Norden am 8. Mai 1945 die Gottscheer zu spät erreichte, fingen Partisanen sie ab und deportierten sie in das Lager Sterntal bei Ptuj. Dort waren sie verschiedensten Schikanen, Folter z. B. Linguistica_2020_2_FINAL.indd 251 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 251 24. 03. 2021 14:20:59 24. 03. 2021 14:20:59 252 durch Wachen sowie Hungersnöten ausgesetzt, sodass für die Insassen Sterntal bald zu dem von ihnen nachträglich benannten „Sterbetal“ wurde. Im Oktober 1945 kam es zur Schließung des Lagers und etwa 10.000 Gottscheer flohen nach Österreich. Dort muss- ten sie ihre Zeit in verschiedenen Lagern, hauptsächlich in der Steiermark und in Kärn- ten, mit dem Status eines Flüchtlings verbringen. Eine menschenwürdige Aufnahme blieb ihnen sowohl in Österreich als auch in Deutschland verwehrt. Dies führte ab den 1950er Jahren zu erneuten Abwanderungsströmen nach Australien, Kanada und insbe- sondere in die USA (Hösler 2011: 36). Es wird angenommen, dass im Jahre 1942 noch circa 300 bis 600 Angehörige der deutschen Minderheit in der Gottschee-Region ansäs- sig waren. Die Mehrzahl der Dörfer zerstörten italienische Truppen im Sommer 1942, um den gegnerischen Partisanen Schutzmöglichkeiten zu verwehren. Nichtsdestotrotz eroberten die Partisanen das Gebiet und bauten ihr Basislager 20 (Baza 20) inmitten des Hornwaldes. Die Überreste des Basislagers sind noch heute zu finden. 1945/46 wurden die Schluchten des Hornwaldes als Massengräber für viele tausende Gegner der Par- tisanen genutzt. Da die jugoslawische Regierung die Gräueltaten der jugoslawischen Partisanen in den 1950er Jahren zu vertuschen versuchte, kam es zu einer Umsiedlung der dort noch wohnhaften slowenischen Familien und zum Bau von militärischen Ab- wehranlagen (ebd.: 37). Nach dem Zweiten Weltkrieg ergab die erste Volkszählung im Bezirk von Gottschee eine Zahl von nur 94 „Deutschen“. Da sie slowenische Staats- bürger waren, waren sie keinen besonderen Einschränkungen ausgesetzt. Jedoch blieb eine Kontaktaufnahme mit den im Ausland lebenden Gottscheedeutschen untersagt. Selbst untereinander mieden sie jegliches „offizielle“ Aufeinandertreffen, ein Treffen in gemeinsamen Vereinen kam ihnen genauso wenig in den Sinn. Dies liegt vor allem in der antideutschen Politik begründet, die kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im damaligen sozialistischen Jugoslawien herrschte und welche die Gottscheer ein- schüchterte. Die jugoslawische Regierung sah die Gottscheer im Zusammenhang mit dem nationalsozialistischen Deutschland und stand ihnen daher mit Reserviertheit und auch manifester Ablehnung gegenüber. Hösler (2011: 39) hebt hervor: „Sechs Jahrzehnte eskalierenden Machtkampfes im Namen von Nationen und Völkern haben genügt, um eine außergewöhnliche, über sechs Jahrhunderte wäh- rende Kolonisationsleistung zu vernichten.“ Erst nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens, als Slowenien im Jahr 1991 staat- liche Souveränität erlangte, bildeten sich zwei gottscheedeutsche Organisationen: Ein- mal der im Jahre 1992 gegründete „Gottscheer Altsiedler Verein“ und 1994 der slowe- nische Gottscheer „Verein Peter Kosler“. Daneben gibt es außerhalb Sloweniens seit Anfang des 20. Jahrhunderts zahlreiche kulturelle sowie soziale Vereine in Kanada und in den USA. Außerdem entwickelten sich bereits nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Vereinigungen in Australien, Österreich und Deutschland, die als Aufgabe die Erhaltung der Tradition und Erinnerungsarbeit sehen (vgl. Hösler 2011: 38). Dabei spielt das Medium Internet insofern eine entscheidende Rolle, als es „die Präsentation gottscheedeutscher Geschichte und Kultur gegenwärtig lebendiger als im Süden des heutigen Sloweniens“ erscheinen lässt (vgl. Hösler 2011: 38). Linguistica_2020_2_FINAL.indd 252 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 252 24. 03. 2021 14:20:59 24. 03. 2021 14:20:59 253 5 SCHLUSS Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bis 1918 die Gottscheedeutschen in Harmo- nie mit der slowenischen Mehrheitsbevölkerung lebten. Binationale Traditionen waren vor allem in der Kleidung und in den Gewohnheiten des Essens erkennbar (vgl. Blum 2011: 177). Andere Bereiche betreffend behielten die Gottscheer bis zur Umsiedlung im Nationalsozialismus eine gewisse Autonomie, wie die ihrer Sprache, „der von ihren Vorfahren übernommenen gottscheedeutschen Mundart“ (Hösler 2011: 39). Der Wunsch nach Eigenständigkeit bei den Gottscheern stieg vor allem in der Zeit des Nationalso - zialismus an, da sie im NS-Regime eine Ermöglichung ihres Wunsches sahen. Dabei spielte das Bedürfnis nach einer „nationalen“ Zugehörigkeit eine große Rolle. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Gottscheer durch die jugoslawische Regierung einer „Ta- buisierung“ ausgesetzt und nur wenige Gottscheer blieben in Slowenien. Mit der Selb- ständigkeit Sloweniens im Jahr 1991 änderte sich deren Politikrichtung, was auch Aus- wirkungen auf die gesellschaftlichen sowie sozialen Bereiche zur Folge hatte, es „ver- änderten sich die identifikationsstiftenden Muster und Symbole.“ (ebd.: 175) Auf diese Weise suchen und nutzen die Gottscheer neue Wege, „wieder über ihre Geschichte zu sprechen, sich als Gottscheer zu bekennen und die noch bestehenden Hinweise auf die Existenz ihrer Bevölkerungsgruppe zu bewahren“ (ebd.). Im weitesten Sinn gehört es zu den Auswirkungen der Romantik, dass die Sprachinsel Gottschee im 19. Jahrhundert von drei Seiten entdeckt wurde, wie Petschauer (2003) herausstellt: 1. von den Gottscheern selbst, 2. von Sprachwissenschaftlern und Volkskundeforschern Alpen-Österreichs und 3. von der politischen und kulturellen Führung des slowenischen Volkes. 5 Abschließend bleibt festzuhalten, dass sowohl das Volk als auch seine Kultur, ins- besondere die Sprache, zum Spielball der jeweils herrschenden Politikrichtung wurde. Denn die Sprachenpolitik oder die Minderheitenbestimmungen eines Landes beein- flussen den Umgang mit den in ihrer Region lebenden Minderheiten. Zudem war es die Politik, die bestimmte nationale Kategorien geschaffen hat. Dadurch entstand bei den Bewohnern der Gottschee das Bedürfnis, sich einer „Nation“ zugehörig zu fühlen. Dies wurde wie gezeigt vor allem während der Zeit des Zweiten Weltkrieges sichtbar. Die Bedeutung einer nationalen Zugehörigkeit sowie der damit verbundenen Sprache verdeutlichen folgende historische Schlussfolgerungen: Gottscheer-Sein wird […] mit dem Sprechen des Gottscheer Dialekts und mit einer nationalen Angehörigkeit, die später als Zugehörigkeit zur „deutschen Na- tion“ präzisiert wird, verknüpft. (Marsching 2011: 168f.) 6 5 Petschauer, Erich (2003) Das Jahrhundertbuch der Gottscheer. 19. Jahrhundert. http://wwwu.uni- klu.ac.at/hleustik/gottschee/geschichte/jh-buch/jh-buch07.htm (10.03.2018). 6 Dabei lehnt sich Marsching (2011: 168f.) an die Präsentation des Gottscheer Altsiedler Vereins auf dessen Webseite an: „‚Gottscheer‘ ist eine Bezeichnung, die sich im Laufe der Jahrhunderte für die Angehörigen der deutschen Sprachinsel im Südosten Sloweniens, die einen alten deutschen Dialekt aus dem 14. Jahrhundert sprechen, durchgesetzt hat. ‚Gottscheer‘ ist in diesem Sinne eine Bezeichnung für die nationale Angehörigkeit.“ Linguistica_2020_2_FINAL.indd 253 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 253 24. 03. 2021 14:20:59 24. 03. 2021 14:20:59 254 [Jedoch] nichts von alledem vererbt sich genetisch. Es ist eine Frage der kul- turellen Praxis und der Kommunikation, inwieweit Herkunft erinnert wird und Dialekte gesprochen, neue Sprachen erlernt, tradierte Gewohnheiten fortge- setzt, neue aufgegriffen werden; inwieweit also eine Merkmalsgruppe – eine Menschengruppe mit gemeinsamen Merkmalen – oder eine Sozialgruppe – eine Menschengruppe mit integrierter sozialer Struktur – entsteht und erhalten bleibt. (Hösler 2011: 14) Der in dem Beitrag beschriebene Fall der Gottscheer Deutschen führt deutlich vor Augen, wie eine sprachliche Minderheit zur „Schachfigur“ der jeweils herrschenden politischen Machtträger werden kann. Dabei stellt die deutsche Minderheit der Gott- scheer keinen Ausnahmefall dar und es lassen sich in anderen Ländern ähnliche Ten- denzen im Umgang mit nationalen Minderheiten finden. Literatur BLUM, Sandra (2011) „Die Gottscheer in Slowenien – zwischen Erinnerung und Re- vitalisierung.“ In: M. Ferenc/J. Hösler (Hrsg.), 175–203. DIMITZ, August (2015) „Bauernaufstand.“ In: J. Grollitsch (Hrsg.), 79 – 84. FERENC, Mitja (2011) „Für immer untergegangen? Die Gottscheer im 20. Jahrhun- dert.“ In: M. Ferenc/J. Hösler (Hrsg.), 41–91. FERENC, Mitja/Joachim HÖSLER (Hrsg.) (2011) Spurensuche in der Gottschee. Deutschsprachige Siedler in Slowenien. Potsdam: Deutsches Kulturforum östliches Europa. GROLLITSCH, Jakob (Hrsg.) (2015) Europa erlesen. Gottschee. Klagenfurt: Wieser Verlag. GAUß, Karl-Markus (2011) „Ein virtueller Dorfplatz.“ In: M. Ferenc/J. Hösler (Hrsg.), 147–155. GROTHE, Hugo (1931) Die deutsche Sprachinsel Gottschee in Slowenien. 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Ein wesentlicher Einschnitt ins Leben der Gottscheer Deutschen stellte zu- dem die Zwangsumsiedlung in das Deutsche Reich im Jahr 1941 dar, als Gottschee an Italien fiel. Letzten Endes verhinderten die antideutsche Stimmung nach dem Zweiten Weltkrieg im sozialistischen Jugoslawien und das damit verbundene Vorgehen gegen die deutsche Minderheit die Entwicklung dieser Minderheit in Jugoslawien. Schlüsselwörter: Gottschee, Ansiedlung, deutsche Minderheit, Zweiter Weltkrieg, Umsiedlung Abstract GOTTSCHEE – THE POLITICAL TREATMENT OF GOTTSCHEE The paper examines the treatment of German minorities by different political powers, depending on the corresponding political situation. It provides an overview of the his- torical and political background of the Kočevje region and the Gottscheer Germans liv- ing there, showing how a small ‘national’ minority with its own culture and above all its own language, could become a prominant political football of the powers that be. The progressive “Nazification” which had been in train since 1939 and the associated affin - ity of the Gottscheer Germans for National Socialism had far-reaching consequences for the German minority in socialist Yugoslavia under Josip Broz Tito. Furthermore, a major turning point in the lives of the Gottscheer Germans was their forced relocation to the German Reich in 1941 when the Gottschee fell under Italian control. Eventually, anti-German sentiment in communist Yugoslavia after World War II and the associated reprisals against the German minority held back this minority in Yugoslavia. Keywords: Gottschee, settlement, German Minority, Second World War, Relocation Linguistica_2020_2_FINAL.indd 255 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 255 24. 03. 2021 14:20:59 24. 03. 2021 14:20:59 256 Povzetek KOČEVSKA V PRIMEŽU POLITIKE V pričujočem prispevku o Kočevski in kočevskih Nemcih je prikazano, kako je v pre- teklosti na to nemško manjšino vplivala politika. Kratek pregled razmer razkrije zgodo- vinske in politične okoliščine, ki so bile za kočevsko regijo in tamkaj živeče kočevske Nemce odločilne, da je majhna „nacionalna“ manjšina s svojo kulturo in še posebej s svojim jezikom postala „igračka“ vsakokratne politike. Nacifikacija od leta 1939 naprej in s tem povezana naklonjenost kočevskih Nemcev do nacionalsocializma sta imeli za nemško manjšino v socialistični Jugoslaviji pod Josipom Brozom Titom daljnosežne posledice. Potem ko je Kočevska leta 1941 prišla pod Italijo, je življenje kočevskih Nemcev usodno zaznamovala prisilna preselitev v nemški rajh. Po 2. svetovni vojni pa sta razvoj nemške manjšine v socialistični Jugoslaviji ovirala protinemška nastrojenost in s tem povezan odklonilen odnos do nemške manjšine. Ključne besede: Kočevska, naselitev, nemška manjšina, 2. sv. vojna, preselitev Linguistica_2020_2_FINAL.indd 256 Linguistica_2020_2_FINAL.indd 256 24. 03. 2021 14:20:59 24. 03. 2021 14:20:59