Mlm sül 8 Lekeil. erlen Kr's Ein Fest - und Prämien Geschenk für die siMrmde Jugend. HerlUlLgkgeden vllii Gustav vLimski. Laibach 1860. Gedruckt bei Josef Blasnik. Wer eine kostbare Perle gesunden, läßt sich ruhig seine Habe nehmen; er weiß, daß diese ihm Alles ersetzt. — So das Gcmülh, daß das Leben in Golt begonnen und die selige Kindschaft gefunden hat. orreöe »SZ Iie Erfahrung führt den denkenden Pilger des Lebens zur Abstraktion; und was bringen wir bei dem angestrengtesten Studium über unsere Er- / lebniffe heraus? Oft nichts anderes, als was ein einfacher Denkspruch aus der Fibel uns in den Kin¬ derjahren vorgeführt hat. Die Regel für unser Bewegen in dem vielgestal¬ tigen Dasein war uns nahe gelegt, lebte in den innersten Tiefen unseres Gedächtnisses und dennoch bedurfte es harter, bitterer Erfahrungen, um sie wach zu rufen. Woher kommt diese auffallende Erscheinung? Warum hat uns jene Regel nichts genützt? Die Antwort liegt hierin: Sie lag uns zu nahe; sie wurde in unser frühestes Denken hineingetragen, ja sie lebte mehr in unserem Blute vor jener Zeit, in welcher wir über uns nachzudenken beginnen, als in unserem Verstände, der über das Leben zu meditiren versucht. Und das Blut sündigt und so blieb die Regel ohne Wirkung, der Mentor wurde nicht gehört. Hier nun bringen wir dem erwachenden Jüngling Sprüche und Regeln, Warnungen und Ermunterungen in einer erhöhteren Form, die dem Ange des Jünglings den Inhalt so weit entfernt, daß es denselben erblicken kann. Es sind übrigens zumeist nur die einfachen Denk¬ sprüche der Fibel und nur die Form ist entwickelter, so daß der in sie gehüllte Kern bedeutender erscheint. Alles wurde, wie der Altmeister Göthe sagt, schon einmal gedacht; nur die Form ist neu. Und in diesem den Klassikern entlehnten Gewände, führen wir diese Lehren vornehmlich jenem Theis der Jugend zu, welcher über sich selbst zu denken beginnt. Somit wird sich diese Sammlung vorzüglich als Prämium für Schüler der Mittelschulen eignen. Wenn aus allen diesen Apho¬ rismen, Eines nur auf Einen der jugendlichen Leser einen moralisch guten Eindruck macht, so ist der Zweck der Herausgabe dieses Büchleins nicht verfehlt. Der Herausgeber. Anhalts Berzerchniß. Seite Gott, Unsterblichkeit . S Religion, Tugend . . IS Hoffnung . 17 Geduld 18 Selbstkenntniß 19 Selbstbeherrschung . S1 Genügsamkeit 24 Dankbarkeit . 26 Menschenliebe 27 Vaterlandsliebe . 29 Freundschaft 30 Verträglichkeit 32 Charakter 33 Natürlichkeit 3g Aufrichtigkeit . 37 Einsamkeit 39 Schule, Erziehung 40 Umgang 42 Erfahrung . 44 Fortschritt . 45 Arbeit 47 Glück 51 Allgemein Aphoristisches . 5S Holt, MsteMichkett. ist das Leben; sichtbar in den unermeßlichen der Allmacht; der Vater der Menschen. DerM titsch ist die wunderbarste Ver- von Geist und Körper. Dieser, siir sich allein eine Welt von Wundern, unterliegt der J erstöruIIg. Jener, (eine unendliche Samm¬ lung unschätzbarer Kräfte, fremd dem Gefäße, das sie umschließt), voll von göttlichen Lebens, wirksam in einer unübersehbaren Reihe von Erscheinungen, trägt das Gepräge der Unverssinigtichktit. Menschliches Wissen ist mehr oder weniger Flickwerk; aber es gibt irgend eine große Minute im Leben, wo der Geist mit einem kühnen Blicke in die Unermeßlichkeit seine Flügel nach einer höhern Sphäre ansstreckt. In solchen Momenten strahlt ein göttliches Licht durch die Nacht des Lebens, die Stimmen des Zweifels verstummen, und während sich die Hände über dem Herzen zum Gebete falten, erhebt sich aus der Asche des Materialismus als Phönir der Glaub c und eine himmlische Prophetenstimme rnft: „Es gibt einen Gott, eincTilgcnd, cineAnstkrblichktit!" Wirf deinen Anker nicht in die Tiefe des Erden¬ schlammes, sondern in die Höhe des Himmelblaues, und dein Schifflcin wird fest ankern im Sturm. 1 10 Jeder Mensch trägt das Bild einer bessern Welt im Herzen. Wer sich bcrnhigen will, der verbinde Zeit nnd Ewigkeit! nur jenseits ist das große Ziel des Menschen: „dos goldene Vaterland". Sieh ans die Vergangenheit zurück, betrachte die Ge> geuwart, sorge für den Abend deines Lebens nnd frage dich öfter: Wohin? Es ist ein Gott! Es ist ein Gott! Heil mir, ich weiß, an wen ich glaube, Nicht eines blinden Zufalls Spott Ist meine Wallfahrt hier im Staube, Zn ihm, dem Ewigen, hinan, Führt mich des Daseins kurze Bahn. Ich darf ihn hier schon Vater nennen-, Dort soll ich ihn noch näher kennen; Welch' hohe Seligkeit ist mein! Er ist mein Gott, nnd ich bin sein. Gott, in welcher Sonnenllarheit Strahlt, was Jesus uns verheißt, Strahlt die heilige große Wahrheit: Ewig ist des Menschen Geist! Sagen wirst dn, wenn der Kampf gestritten. Wenn getragen ist des Druckes Last, Daß dn etwas Menschliches gelitten, Etwas Göttliches errungen hast. Das Leben, Freund, ist eine Reise, Die Heimath das verschwiegne Grab. Der Thor murrt unterwegs, der Weise Geht froh an seinem Wanderstab. 11 Und em Gott ist, ein heiliger Wille lebt. Wie auch der menschliche wanke; Hoch über der Zeit nnd dem Ronnie webt Lebendig der höchste Gedanke. Es ist kein leerer, schmeichelnder Wahn, Erzeugt im Gehirn des Thoren, — Im Herzen, da kündet es laut sich an; „Zn was Vestern, sind wir geboren", lind was die innere Stimme spricht, Das täuscht die hoffende Seele nicht. Ewig! cwist! süßer Schalt! Wenn mau hier hat fromm getestet. Ewig! ewig! Schreckenshalt! Wenn man Gott hat widerstrebet. Stehe nur in Gnaden bei, Daß dies Wort mir Jubel sei. Wie wird uns sein? — O, was kein Ang' gesehen, Kein Ohr gehört, kein Meuscheusinn empfand, Das wird uns werden, wird an uns geschehen, Wenn wir hiueinziehen ins gelobte Land! Wohlan, den steilen Pfad hinaugektommen ! Es ist der Mühe und des Schweißes Werth, Dahin zu eilen und dort auzukommeu, Wo mehr als wir verstehn, der Herr bescheret. 12 Religion, Tugend. iP^ahre Tugend wird ihre Reize nie verlieren. Sie macht jedes Alter schön und liebenswürdig. Entferne die Religion und das Vaud der Staaten ist gelockert und der gesellige Verkehr der Menschheit. Pflege die freundlichen Verhältnisse der Häuslichkeit, der Freundschaft, der gebildeten Geselligkeit, der bürger¬ lichen Verbindung mit sorgsamer Hand, aber trage immer den Talisman der Selbstständigkeit bei dir, damit du dir selbst bleibst, weun die Erscheinungen eines vorüber¬ gehenden Daseins von dir weichen. Weit ist der Schauplatz, und edel zu sein. der Lohn groß, menschlich Eben die Hand, welche die leuchtende Sonne an den Himmel aufgehäugt hat, hat auch unsere Pflichten in unsere Seele eingegraben. Unser Herz ist eine Gesetz¬ tafel, auf welcher der Finger Gottes geschrieben hat, allein unsere Leidenschaften trüben nnd verdunkeln diese Schrift oft so sehr, daß sie unleserlich wird. Nur die Tugend gibt dem Leben, nur die Religion der Tugend Haltung. Die strengste Tugend, welche Rang und Würden verschmäht, wird schwach, sobald die Leidenschaft sie in Versuchung führt. 13 Außer der Tugend gehört dem Meuscheu weiter nichts als der Augenblick. Der Ucbcrgang von einer Stufe des Lasters zur an¬ dern ist uunicrklich; cs kostet unendlich mehr Mühe, sich zu der kleinsten vorsätzlichen Ucbelthat, wenn es die erste ist, zu entschließen, als das Acrgste zu begehen, wenn man ein Mal die unglückliche Leichtigkeit, Böses zn thun, erlangt hat. Bescheidenheit ist für die Tugend, was der Schleier für die Schönheit ist; sie erhöht ihren Glanz. Es ist gut die Religion zu beweisen: besser, durch die Religion zu nützen. Viele Haffen die Tugend, und mißbrauche» dennoch ihren Schein. Die Epochen, in welchen der Glaube herrscht, unter welchen Gestalten er auch wolle, siud glänzend, herzcrhebcnd nnd fruchtbar für die Mit- und Nachwelt. Reue ist der Schutzengel der Tugend. Der Pfad des Lebens ist ein sehr ungewisser, bedenk¬ licher, verworrner Pfad. Nur bei Redlichkeit und Treue, bei Weisheit und Glauben au eine göttliche Vorsehung, die alle unsere Schicksale leitet, kann man mit festem Tritt und Zuverlässigkeit auf ihm wandeln. Des Menschen wahrer Werth hängt nicht von glän¬ zenden Geistesgabcn ab. 14 Reue ist der Tugend Frühling. Fliehe den Menschen, der keine Religion besitzt, denn ihm ist nichts heilig in der großen Natur. Das Grab ist daS Thor zur ewigen Glückseligkeit, der Schlüssel dazu ist — der Glaube. Ernster Wille für's Gute überwindet jede Schwie¬ rigkeit. Man spielt so mit dem Worte: Tilgend, Als wär' sie nur ein Spiel der Jugend; Und dennoch ist der Weg zu ihr hinauf Ein steiler Weg — ein Heldenlauf. Verstand gehört zum Rathen, Gottes Beistand zu den Thaten. Unschuld und verlorne Zeit, Kommt nicht mehr in Ewigkeit. Wer Gott sucht von der Jugend an, Der geht zum Himmel die rechte Bahn. Vor Gott besteht kein leerer Schein: Man muß das, was man zeigt, anch sein. Wohl dem, der frei von Schuld und Fehle Bewahrt die kindlich reine Seele. Flüchtig nnd quälend entrollet die Zeit, Täuschend sind ihre Momente: Wandre vertrauend in Gottes Geleit Und dn kommst glücklich znm Ende. IS Erzittere vor dem ersten Schritte, Mit ihm sind auch die andern Tritte Zn einem nahen Falt gethan, Und dieses ist kein leerer Wahn. Dn mnßt das Gnte thun, du mußt das Wahre sprechen, Wlirum? Damit mußt dn dir nicht den Kopf zerbrechen. Gebrauch schwächt den Magnet und auch die Tugend nie; Je mehr man beide übt, je mehr vermögen sie. Die Tugend nur allein kann uns die Ruhe geben: Sie stärket uns im Tod,'sie lehrt uns fröhlich leben; Sie trotzt noch nach dem Tod dem Uubestand der Zeit, Und leitet unfern Schritt zu der Unsterblichkeit. Der Geist mir ist's, der uns mit Gott verbindet, Der uns zu Herren seiner Schöpfung krönt, Wer stets in Selbstsucht bloß den Sinnen stöhnt, Fühlt nicht die Wunder, die Natnr verkündet. Rein soll dein Haus in jedem Winkel sei», Die Luft nur dich, dein Bett, dein Kleid sei rein, Dein Wort im Mund sei klar, wie die Juwele, Bor allem keusch uud lauter deine Seele. Wie mächtig, Herr, hast du dein Haus gebaut, Und fest gestellt, um dauernd es zu schützen: So soll der Glaube, der auf Gott vertrant, Sich ans den hcil'gen Fels der Kirche stützen. Matt kann so leicht sich in der Welt verlieren, Im dunklen Labyrinthe ihrer Sünden, Den Rückweg kannst dn nur durch Buße finden, Wenn Glaube und Natur zurecht dich führen. 16 Der Herr fragt nicht: wie lang hast du gelebt? Den» er bestimmt dir selbst die Todesstunde; Er fragt dich »nr; wie redlich du gestrebt, Und wie verwerthet die dir anvcrtrauten Pfunde? Wenn das Laster seinen Becher Lockend dir entgegenhält. Denk an Gott, an Pflicht und Ehre, Denk an eine bess're Welt, Der Zweifel hat Verzweiflung oft geboren, Denn Alles hat, wer Gott verlor, verloren. Allen KleiNmüth eingestellt, Zweifle nicht an besserer Welt! Alle Trägheit eingestellt, Wirke für die bess're Welt ! Alle Selbstsucht eingestellt, Sterbe für die bess're Welt. 17 Hossmmg. Sonne ist genug die Erde zu erleuchten und eine ^Hoffnung ist genug die Seele zu ermuntern. Die Hoffnung lebt in allen Häusern, nicht so die Liebe. Hoffnung aus Hoffnung geht zu Scheiter, Aber das Herz hofft immer weiter; Wie sich Woge über Woge bricht. Aber das Meer erschöpft sich nicht. Daß die Wogen sich senken und heben, Das ist eben des Meeres Leben, Und daß es hoffe von Tag zu Tag, Das ist des Herzens Wogenschlag. Es reden und träumen die Menschen viel, Von bessern künftigen Tagen; Nach einem glücklichen, goldenen Ziel Sieht man sie rennen und jagen. Die Welt wird alt und wird wieder jung, Doch der Mensch hofft immer Verbesserung! Stets ruht die Hoffnung in des Menschen Brust, Die Quells selbst der höchsten Erdenlust. Will sich die Seele von der alten Heimath trennen, Die Bilder einer andern Welt die Trennung uns verschönen. 18 Aedutd. N Kiegt bleiern schwer auf dir des Lebens Joch, ? So denk: ein andrer trägt viel schwerer noch; Dein Elend wächst dnrch Seufzen nur und Klagen, Doch mit Geduld ist's leichter zu ertragen. Dem wilden Trotz und kecken Nmgestüm Begegnet man gleich einem Ungethnm; Doch gch'st du sicher und kommst weit Mit Demuth und Bescheidenheit. Glaub' und hoffe, lieb' und dnlde Und Entbehrung lerne du, Dann, nur dann eil'st du dem Ziele Wonnevoller Tage zu. Etwas hoffen und fürchten und sorgen Muß der Mensch für den kommenden Morgen, Daß er das Schwere des Daseins ertrage Uiid das ermüdende Gleichmaß der Tage. Leichter trägt, was er trägt, Wer Geduld zur Bürde legt. 19 SeWkemüms;. Unglück kommt daher, daß der Mensch nicht die ganze Vortrefflichkeit seines Geistes kennt. Es gibt so manchen Abgrund nm uns her, doch der tiefste ist im eigenen Herzen. Willst du dich selbst erkennen, so sich wie die Andern es treiben; willst du die Andern verstehen: blick in dein eigenes Herz. Das sei des Menschen Streben, daß er stets bedenke, was er vollbringen will. Höre dich selbst und verachte diesen Zeugen nicht. Die Thorheit Anderer gibt dir die beste Gelegenheit Weisheit zu lernen, denn durch ihren Fall siehst du die Unebenheiten auf dem Wege des Lebens und wandelst vorsichtig. Durch einen aufmerksamen Blick auf die Natur wird eine heilsame Bekanntschaft mit uns selbst befördert. 20 Sieh auf dich und die Deinen, Dann schilt mich und die Meinen. Wenn du das große Spiel der Welt gesehen; So lehrst du reicher in dich selbst zurück: Denn wer den Sinn anf's Ganze hält gerichtet, Dem ist der Streit in seiner Brust geschlichtet. Jeder strebt, das eigne Glück zu finden, Jeder sucht den Urquell eigner Lust: Und wo fließt er? In den heil'gen Gründen, In den Tiefen der geliebten Brust. Das ist's ja, was den Menschen zieret Und dazu ward ihm der Verstand, Daß er im innern Herzen spüret, Was er erschafft mit seiner Hand. Merk auf die Stimme tief in dir; Sie ist des Menschen Kleinod hier. Vergebens sucht der Mensch des Glückes Quelle Weit außer sich in wilder Lust; In sich trägt er den Himmel und die Hölle Und seinen Richter in der Brust. 2 j 8elWchenschung. Seele ^^ewiirze , wird gleich dem Gaumen durch anhaltende durch eraltirte Verhältnisse stumpf, nur wer Freude an dem stillen Gleichmuth eines unbefangenen Gebens hat, und sich mit kluger Hand Beschäftigung und Muße zuwiegt, ist glücklich. Das Gewissen ist die Stimme der Seele, wie die Begierden die Stimme des Körpers sind. Es hängt nicht von uns ab, Begierden zu haben, oder nicht zu haben; allein es hängt von uns ab, über selbige zu herrschen. Nicht Alles sage, was dn weißt — glaube, was du horst, — thue was du kannst. Die Sinne sind unsere Lehrer, Wohlthäter, aber auch unsere Verführer. Wer im Zorn handelt, geht im Sturm unter Segel. Verzärtelt ihr eure Leidenschaften, so herrschen sie zuletzt. ' Das Geheimniß ist, so lauge du cs getreu iu der eigenen Brust bewahrst, dein Sclave, hast du es Jemanden entdeckt; tritt der umgekehrte Fall ein. Verzeih' dir nichts und Andern viel. 22 Empfange deine Gedanken als Gäste nnd behandle deine Begierden, wie Kinder. Groß kann man sich im Glück, erhaben nur im Unglück zeigen. Herr über sich sein, sich selbst entsagen können, und es freiwillig ans Achtung gegen das innere Gesetz thnn, welch' eine Würde! und das Gefühl dieser Würde, welch' ein Sclbstgenuß! Dulde schwelgend llelne Nebel, Denn es weckt der Widerstand Leicht ein größ'res, bitl'res Leiden, Das man nicht zuvor gekannt. Wer will haben gute Rnh' Der seh' und hör' nnd schweig dazu Hcrabznsteigen von der Wünsche Gipfel, Des Lebens höchstem Ziele zn entsagen, Nnd gleich dem Aar gebroch'neu FittigeS, Znr Sonne anfznblickcn, — o es ist Ein großer Schinerz und nicht entehret hier Den Mann die Thräne. Wer Großes will, muß sich znsammenraffen; Zn der Beschränkung zeigt sich erst der Meister Nnd das Gesetz nur kann uns Freiheit geben. Rede wenig, höre viel! Wer viel redet, lügt auch viel. Wer redet, was ihm gelüstet, Muß hören, was ihn entrüstet. 23 Wer seiner Meister ist, sich selbst beherrschen kau», Dem ist die weite Welt und Alles nnterthan. Willst du dich deines Wertstes freuen, So mußt der Welt du Werth verleihen. Wer schweigt hat wenig zu sorgen, Der Mensch bleibt unter der Zunge verborgen. Ein Krieger »nd ein tapfrer Mann, Wenn er sich selbst besiegen kann, Ist zweimal groß bei seinem Brode, Er trotzt dem Laster, wie dem Tode. Zu was der Zorn? — Er trifft Nur dich: der Zorn ist Gift. Tapfer ist der Lvwensieger, Tapfer ist der Weltbezwinger, Tapf'rer, wer sich selbst bezwang. Fünf Diener stehen unter dir, sie heißen Sinnt, Sie dienen, wie du willst, zum Schade« zum Gewinne: O selig, wenn dein starker Geist Sie zn beherrschen sich befleißt. Das Unrecht dürfen und nicht wollen, Es flieh'» auch wenn es lockend glänzt: Das ist der hohe Sieg nach dem wir ringen sollen; Ob ihn auch keine Hand bekränzt. Die Freiheit unsres Geistes macht unsere wahre Würde, Beherrsche durch Vernunft die sinnliche Begierde, Denn sonst beherrscht sie dich, und lohnet dir mit Pein; Die schlimmste Knechtschaft ist, ein Sklav der Sinne zu sein! 24 Genügsamkeit. fch'Äur der hat genug, wer sich's genug sein läßt. ? Des Lebens ungemischte Frende ward keinem Irdischen zu Theil. Viele Wünsche sind das Grab der Zufriedenheit, Wie thoricht ist's, sich Vieles nothig zn machen, da die Natur nur Weniges verlangt. Die Grundlage der Zufriedenheit muß das Gemüth des Menschen selbst darbieten, und wer so wenig Kenntniß der menschlichen Natur hat, daß er das Glück durch irgend eine Aenderung, außer der seiner Gcmütbsart, zu erhalten sucht, wird sein Leben in fruchtlosen Bemühungen verschwenden, und die Leiden vervielfältigen, die er entfernen will. Wohl dem, der das „Heute" weislich benutzt und nichts von dem ungewissen „Morgen" erwartet. Entbehrung ist die Schule großer Männer. Möge jeder still beglückt Seiner Freuden warten, Wenn die Rose selbst sich schmückt, Schmückt sie auch den Garten. 25 Und alle Näh' und alle Ferne Befriedigt nicht die tiefbewegte Brust. Der Herr hat es gegeben, Der Herr hat es genommen: Dies sei durchs ganze Leben Der Deuksprnch aller Frommen. Nie reize mich ein fremdes Glück Zur Mißgunst und znm Neide, Nie Andrer widriges Geschick Zn Hohn und Schadenfreunde. Ich will vielmehr in Andrer Wohl O Gott, mein eignes finden, Und wenn ich kann, auch wie ich soll, Gern ihre Wohlfahrt gründen. Genieße, was dir Gott beschieden, Entbehre gern, was du nicht hast; Ein jeder Stand hat seinen Frieden, Ein jeder Stand hat seine Last. Willst du ewig weiter schweifen, Sieh' das Gute liegt so nah': Lerne nur das Glück ergreifen, Denn das Glück ist immer da. In des Herzens heilig stille Räume Mußt du fliehen aus des Lebens Drang, Freiheit lebt nur in dem Reich der Träume, Und das Schöne blüht nur im Gesang- 2 26 DaicksMkeit. ^Es ist cine häßliche Seite am Menschen, daß er sc ungern danken mag. Dank ist doch nnr ein Gestäudniß, daß man Hilfe suchte und sand. Warum schämt man sich denn gesunden zu haben, was man sich nicht zu suchen schämte? Familienglück gehört unstreitig zu den Schätzen und Vorzügen des geselligen Lebens und gehet vorzüglich ans dem Gehorsam und dem Dankgesühte der Kinder hervor Beleidigungen vergiß, Wohlthaten grab ins Herz. Die Dankbarkeit kann wilde Thiere zähmen ' Laß dich, mein Sohn, von ihnen nicht beschämen. Zeige mir den seltenen Mann an reisen Jahren Der mit Wahrheit sagen kann: Ohne Undank zu erfahren, Hab' ich vielen wohlgethan. Die Dankbarkeit ergeht nicht in des Handelns Schranken, Die Dankbarkeit besteht, das Wort sagt's, im Gedanken. Dankbarkeit gefällt, Undank haßt die Welt. 27 Menschenliebe. Gesetz: Ahme Gott nach! heißt so viel, als: s hilf, wo du hetscn kannst. Wer bald gibt, gibt doppelt, und wer schnell thut, ahmt Gott nach, der sprach: „Eg werde" und es ward. Tic Achtung der Menschheit, die man in allen Ver¬ hältnissen gegen den Nebcnmcuschen äußern soll, ist die Grundlage aller Tugenden, denn wer die Menschheit an Andern nicht achtet, wird sie auch ohne Bedenken in sich selbst erniedrigen. Das reinste wahrhaft seclcngroße Vergnügen liegt in dem Bewußtsein, Andere glücklich gemacht zu haben. Der¬ jenige, dessen Herz bei diesem Gedanken nicht überwallt, ist nm so mehr zu bedauern, da er, eine Beute der Selbstsucht, dem wahren Erdcnglückc vergebens zustrcbt. Was nützt cs dem Mcnschcn, alle Sprachen zu sprechen, wenn ihm die des Herzens fremd ist. Großes nennst du mir und Großes bestaunest du! Prüfe, was für ein Siegel es trägt! Zweifle, wo die Menschlichkeit fehlt. Mit vollem Grunde nennt man den Erdball das Thal der Thräncn. O! dreimal glücklich derjenige, der Krast, Vermögen uudWitten hat, die Lcidenthränen zu trocknen und sie in Thräncn der Freude und des Dankes zu verwandeln. 2-» 28 Das Verdienst die Armuth zn unterstützen, Steht weit hinter dem Verdienste vor Verarmung zu schützen Der beste Edelstein ist, der selbst alle schneidet Die andern, und den Schnitt von keinem andern leidet: DaS beste Menschenherz ist aber, das da litte Selbst lieber jeden Schnitt, als daß es andere schnitte. Wohlthaten, still nnd rein gegeben, Sind Todte, die im Grabe reden, Sind Blumen, die im Stnrm besteh'», Sind Sternlein, die nicht nntergeh'n. Nicht der ist auf der Welt verwaist, Dessen Vater und Mutter gestorben, Sondern der für Herz und Geist Keine Lieb' nnd kein Wissen erworben. Liebt euch ans Erden, liebt nnd wißt, Daß Gott im Himmel Liebe ist. Vergiß den Armen nicht und nicht den Kranken, Die trostberanbt am Bettelstäbe wanken, Such' auf den Lahmen in des Elends Hutten, Und wisse; wenn er Grund hat, dir zn danken, Ist das für dich bei Gott — ein kräftig Bitten. Nach seinem Maß mißt jeder eben; Nach seinem bittet er; nach meinem will ich geben. Freude fühlen, ist ein himmlisches Vergnügen, Und doch kenn' ich eins, was drüber geht — Freude machen. - Wer es recht versteht, Wird sich nie um seinen Lohn betrügen. 29 Mtertaiwstiebe. die Aiihättglichkeit au das väterliche Haus ver¬ schwindet, da erkaltet auch die Liebe zum Vaterlaude. Die angebornen Bande knüpft fest, Aids Vaterland, an's thenre, schließ dich an Das halte fest mit deinem ganzen Herzen, Hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft. Meid' in der Heimath reichen Gauen, Such' in der Fremde nicht dein Glück; Zu oft nur täuscht sich dein Vertrauen Und wendet thräncuooll den Blick Auf deiner Wiege Land zurück. Land meiner Liebe, meiner Wonne, Wie fühl' ich mich beglückt, Daß ich im Strahle deiner Sonne Das Licht der Welt erblickt! O nirgends scheint doch unsers Herrgotts Sonne So schön wie dort, wo sie zum erstenmal Uns schien! Zieht der Wandrer in die Weiten, Braucht er Führer, die ihn leiten; Aber heißt es heimwärts kehren, Kann er Führer leicht entbehren; Heimathwärts aus allen Gründen Lehrt das Herz die Wege finde». 30 Freundschaft. glücklich ist der Milge Manu, der einen altern und Weisern Freund zur Seite hat, der, wenn er sich vergißt, sein Bewußtsein weckt. Unglück nimmt uns nicht die wahren Freunde, cs zerstreut bloß die, welche cs zu sein Vorgaben, aber nicht waren. Der Hang und die Sehnsucht nach wilhnr Freund- schuft und Kitbt ist doch nur ein Vorrecht zarter iuucrli'ch gcbildctcr Seelen. Jener liebt seinen Freund wahrhaft, welcher Gott in seinem Freunde liebt. Einerlei Gefühl, einerlei Wunsch, einerlei Hoffnung einigt, und je inniger und je edler dies Gefühl, dieser Wunsch, diese Hoffnung sind, desto inniger nnd edler ist auch die Freundschaft, die daraus wird. Wahrheit ist das Grundgesetz der Freundschaft. 31 Allen theile deine Freuden, Vielen Munterkeit und Scherz, Wenig Edlen deine Leiden, Anserwählten nur dein Herz. Wenn dir auch Traft und Mitgefühl hier werden, Der tiefste Schmerz bleibt doch ei» Eremit auf Erden. Süß ruhet sich's in einer Scheune, Auf die der Regen leise klopft, So mag sich's ruhen im Todteuschreine, Auf den der Freundschaft Zähre tropft. Wer sein Gewissen unterdrückt, Hat seinen besten Freund erstickt. Durch Erfahrung und durch Leiden Lernt man erst die Freunde kennen: Selbst die falsch geweinten Thräuen Lernt mau dann erst unterscheiden. Der Mensch hat nichts so eigen, So wohl steht nichts ihm an, Als daß er Treu erzeigen Und Freundschaft halten kann. Et» echtes Gold ist Treue, zum reiche» Schatz geprägt: Der ist reich zu preisen, der Treu im Herzen trägt. Die Freundschaft ist ein Kind an Liebe und Vertrauen, Ein Jüngling an Gemüth, an Kraft und Wirksamkeit, Ein Greis an Weisheit, und einst bei des Todes Grauen Ein Engel, der nns mild den Kelch des Todes beut. Das Herz bedarf ein zweites Herz; Getheilte Freud' ist doppelt Freude, Getheilter Schmerz ist halber Schmerz. 32 Mrtt üq sich kett. A. gliche jeden Streit. Mächtige wissen sich an dir zu Ä rächen; Reiche gegen dich sich das Recht zu verschaffen, ! und der Arme tritt dir, wenn sonst mit nichts, wenig¬ stens mit Verachtung entgegen. Wer seines Nächsten Freude stört, Ist selber keiner Freude Werth. Lieber ein Unrecht gelitten, Als vor Gericht gestritten. Warum ist Gott von deinem Haus gewichen? Der Geist der Zwietracht hat sich eingeschlichen. Es ist ja doch ein schwerer Stand Sich keine Hand zu reichen! So gib mir, Nachbar! deine Hand, Wir wollen uns vergleichen. 33 Charakter. D'Wnhre Festigkeit des Charakters ist die Tochter i weiser Ueberlegung. Nicht Alles, was den Schein des Verdienstes hat, ist es auch wirklich, ost haben die Umstände, das Glück, das Temperament und die Ruhmsucht mehr Theil daran, als die Grundsätze einer geläuterten Vernunft und die Em- pfindungen eines Herzens, das von dem Gefühle seines Werthes und von der Rechtschaffenheit der Handlung gleich stark durchdrungen ist. Sei! wer du auf Gottes Befehl sein sollst. Wie Pest und Epidemien der Kriegsfurie folgen, so folgt auf den sittlichen Zerfall der materielle. Nichts ist seltsamer, als unsere ewigen Streitigkeiten über den Charakter der einzelnen Menschen; denn kein Mensch ist sein ganzes Leben hindurch dasselbe Wesen und jede Sprosse auf der Stufenleiter unseres Seins wider¬ spricht der Charakteräußerung auf einer früheren Stufe. 34 Wie thener sind auf ihren Wegen Der Leichtsinn und die Eitelkeit! Mit Gold, Gesundheit und Vermögen, Bezahlt man oft, was man bereut. Was heute nicht geschieht, ist morgen nicht gethan, Und keinen Tag soll inan verpaffen, Das Mögliche soll der Entschluß Beherzt sogleich beim Schopfe fasten, Er will es dann nicht fahren taffen, Und wirket weiter, weil er muß. 3S Mtmtichkeit. <^5o schädlich cine »crnilch t ii ffi st te Erziehung ist, se nachtheilig ist cine verkiinsiette Bildung. Bei der verkünsteltcn Bildung wurde gemeiniglich das Herz vergessen. DieAußenstitt behauptet oft ein größeres Ansehen, als der innere Werth. Des Bösen Herz verschließt sich der Natur. Die erste und vorzüglichste Empfehlung für den Jüngling ist Bescheidenheit- Der äußere Schein ist ein Vorhang, hinter welchem man sich zu treiben erlaubt, was man will. Vssrnheit, Aufrichtigkeit, Herztichkcit und Zutruntichkeit sind die schönsten Züge eines jugendlichen Charakters. 36 Zwei Dinge, Jüngling! machen dich Vor Männern klein und lächerlich: Empfittdelei, Großsprecherei. Es irägt Verstand und rechter Sinn Mit wenig Kunst sich selber vor; lind wenigs auch Ernst ist, was zn sagen, Jst's nöthig, Worten uachzujagen? Ost stecket in dem kleinsten Pack Mehr Werth, als in dem größten Sack, D'rum nehme nie der äußere Schein Dein Nrlheil für die Sache ein. 'OM- 37 Aufrichtigkeit. ^ ^'age immer, was du fühlst, so wirst du uie fühlen, ' was du nicht sollst. Nur wenig Wahrheit faßt der Geist des Menschen, doch immer hat er Raum genug für Jrrthum. Vertrauen ist die schönste Blüthe der Menschlichkeit, aber in den schönsten Blumen hängt oft das giftigste Insekt. Es gibt Charaktere, die man nur langsam erräth, wie schwere Räthsel, andere, die uns plaudernd entgcgenhüpfen, wie fröhliche Kinder. Gott hat den Menschen aufrichtig gemacht; er kann sich täuschen, aber nur äußerlich, nur auf der Oberfläche seines Wesens, nicht in der Tiefe seines Herzens: da fühlt er seine Tücke. Liebe die Wahrheit nm ihrer selbst willen, und bestrebe dich, sie unpartheiisch zu suchen, anzunehmcn und auch Andern mitzuthcilen. Die Wahrheit besteht, Die Lüge vergeht. Wie die Lilie sei dein Busen offen — ohne Groll, Aber wie die keusche Rose sei er tief und voll! 38 Die Lüge macht kein Nebel besser; Es wird durch Lügen nur noch größer. Den Argwohn fliehe, wie das Gift, Weil er gar ost die Unschuld trifft. O weh der Lüge! sie befreiet nicht, Wie jedes and're wahr gesprochene Wort Die Brust; sie macht »US nicht getrost, sie ängstet Den, der sie heimlich schmiedet, und sie kehrt Ein losgedrückter Pfeil, von einem Gotte Gewendet und versagend, sich zurück Und trifft den Schützen. Einsamkeit. ^Iic erste Residenz des Geistes ist die Einsamkeit. Ohne !s ihr Mitwirken bleiben Lectürc nnd Erfahrung unverdaut. Eine einsame Stunde kann große Dinge eröffnen. O! es gibt gewisse wichtige Momente für den Men¬ schen, und diese sind die Momente eines ruhigen Blickes aus der Welt in sich selbst hinein, und von da aus in das große Jenseits. Stille traute Einsamkeit! Schönste Schule wahrer Weisen! Nur in deiner Wirksamkeit Lernet man den Höchsten preisen. Nie ist der Mensch allein — bei jeden! Schritte Sei er noch so geheim, sind zwei, Und unter Zweien auch der Dritte O! frage nicht, wer dieser sei. 40 8chul6, Erziehung. M ^!M gibt nichts Göttlicheres, worauf der Mensch seine ist'Secle richten müßte, als seine und seiner Angehörigen Erziehung; den», wenn die Jugend recht erzogen wird, und gut erzogen ist, dann ist die Fahrt durch's Leben glücklich. Der Stab der Zucht in Schule und Haus ist der Stab Aaron's; wirst mau ihn weg, so wird eine Schlange daraus; stellt man ihn aber in das Hciligthum vor das Angesicht Gottes, so trägt er Blüthe und Frucht. Die Erziehung ist im Glück eine Zucht, im Unglück ein Zufluchtsort, im Alter die schönste Unterhaltung. Der beste pädagogische Tempel ist überall das Va¬ terhaus und das Allerheiligste dieses Tempels ist das Muttrrherz. Die heiligste Pflicht des Mensche» ist die, seinen Geist zu bilden und über seine Sitten zu wache». 41 „Das kann ich nicht, das will ich nicht; Nur das will ich:" Wo so der Knab', das Mädchen spricht; Da sag' auch ich: „Das Hans gefällt mir nicht". Das ist der Schule höchstes Ziel: „Den Geist führt sie aus dem Eril;" Sie macht den Willen frei und start, Und nährt das Herz mit Himmetsmark. Die uns lehren, Müssen wir ehren. Der Haushalt der Natur sei dir ein Bild Dec Ordnung, Weisheit, einfachen Gebarung, Ein großes Buch von Gottes Offenbarung, Das mit Bewund'rung unser Herz erfüllt. Ratnr sei dir ein Buch voll tiefer Wahrheit, Du sollst in ihm mit Fleiß und Liebe lesen, Ein Fünkchen Licht gibt dir ein jedes Wesen Und Millionen Funken geben Klarheit. Der Staat will deinen Geist znm Lichte führen, Die Kirch' erwärmt wohlthätig dir das Herz Denn ohne Bildung gleichst dn wilden Thieren Und ohne Glauben bist du Gis und Erz. Zeitlicher Zwang, Arbeit und Lehr' Bringt die Jugend zu Brod und Ehr'. Da, wo das Strenge mit dem Zarten, Wo Starkes sich und Mildes paaren, Da wird man gut der Kinder warten, Und glücklich sein in späten Jahren. 3 42 )1lIMllg. M-^telle dir jede Gesellschaft als einen Sammelplatz von Malern vor, wovon ein Jeder nach Vermögen dein Bild ! nnd deinen Charakter zn zeichnen bemüht ist. Denke also darauf einem Jeden Stoff zn einer guten Zeichnung zu geben. Führe dich, wenn du geschätzt sein willst, überall mit einer bescheidenen Würde ein, aber suche dich auch in ihr zu behaupten. Dies wird dich nicht nur allein vor Belei¬ digungen des Muthwillens, sondern auch vor der De- müthiguug des Hochmuthes in Sicherheit setzen. Ein scharfer Witz ist im Umgänge, was die Gifte in der Medizin sind, die nur heilsam iu der Hand des ge¬ schickten Arztes werden, der so gut die Natur des Mittels, als auch die des Patienten kennt, also genau die angemes¬ sene Dosis zu bcurthcilen vermag. Wer dir von Andern schlecht spricht, spricht auch schlecht von dir. Was man auch über Leben und dessen Verhältnisse schreiben und lesen mag; so liefert und erhält man doch nicht mehr als Copien, während die Erfahrung sich als Original darstellt. Aufmerksamkeit «ns die Gesellschaft ge¬ hört wesentlich zu einer glücklichen Bildung. 43 Folge nicht dem Ton der Menge, Folge nicht dem Schritt der Schlimmen: Zn dem großen Weltgedrünge Hört man mir verworrene Stimmen. O, sage mir, Wer dein Gespann, dein Trauter ist, So sag' ich dir, Wie du beschaffen bist. Alt wie die Welt Ist die Lehre: Wer sich den Böse» zngeseltt, Verliert sich selbst und seine Ehre. Auf sich deu Haß der Neider laden, Dies stürzet oft den größten Mann; Wer dir als Freund nicht nützen kann, Kann allemal als Feind dir schaden. Der Einklang edler, reiner Seelen . Vollendet die Geselligkeit: Wo Gute nur die Guten wählen, Da gibt es keinen Widerstreit. 3 N 44 Lrfnhumy. ^lic Erfahrung ist drr sicherste Stab, an dem du ohne zu wanken, gefahrlos durch'S Leben wandeln kannst. Die Erfahrung ist die Quelle der Weisheit. Mit gold'uer Angel Fische fängt, Der sich ans eig'ne Erfahrung beschränkt. Erfahrung ist der Weisheit Hochaltar, Man kommt nur hin nach vielen Jahren. Der, dem der Wind stets günstig war, Hat nie das weite Meer befahren. 45 Fortschritt. Staunen müssen wir uns gestehen, daß die ^2>Stätigkeit unveränderlicher Verhältnisse fast verschwindet umer der Neuheit des Charakters, den die verjüngende Gegenwart ihnen aufgedrückt hat. Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit, und neues Leben blüht auf den Ruinen. Das Häusliche in Ordnung, das Vaterland geliebt, die Religion in Achtung sind die Schwungfedern einer Nativn- Wer stille steht, geht zurück. Eigendünkel und Stolz hemmen jeden Fortschritt. Geringes ist die Wiege des Großen. Rastest du, so rostest du. Eine Kunst nicht üben und nicht besitzen, gilt gleich viel. Das echte Neue keimt nur aus dem Alten, Vergan¬ genheit muß unsere Zukukift gründen. Der wahre Weg zur Klugheit ist, sich bclehMt zu lassen. Die Gedanken kommen wieder, die Ueberzeugungen pflanzen sich fort, die Zustände gehen unwiederbringlich vorüber. 46 Was wäre dem sich Bildende» förderlicher als ein großes Muster? Es ist aber wohl zu beherzigen: daß man sich an demselben au »bilden — nicht aber in dasselbe hi ncinbildc» müsse. Wenn man mit Nutzen lesen will, so muß man mit Verstand lesen, so daß man das Gelesene bcurtheile, und es mit den Grundsätzen sowohl der Vernunft, als auch der Religion vergleiche, zwei Grundfesten, worauf sich alle unsere Urthcile stützen müssen. Treib' Tugend jeden Augenblick, Wer nicht vorangeht, geht zurück. Ans fremde» Fehlern kannst du Nutzen ziehen! Anstatt zu tadeln, suche sie zu fliehen. 47 äs^Uic verfliegt die Zeit schneller, als wenn man glücklich beschäftigt und beschäftigt glücklich ist. Guter Wille ist halbgeschehene Arbeit. Denn wer den Besten seiner Zeit genug gethan, der hat gelebt für alle Zeiten. Wer die Ordnung liebt, verdoppelt seine Kräfte, und verrichtet in einer Stunde mehr, als andere in einem Tage verrichten können. Handeln, thütig sein, aber auf eine Weise, daß etwas dadurch herauökoinmt für den Handelnden, wie zum Glück Anderer — das ist die Bestimmung des Menschen. Alles, sagte Plinius, muß sich der Mensch erst durch Fleiß und Arbeit erwerben. Nichts gibt die Natur umsonst, ausgenommen die Thränen. Wissen ohne That gleicht der Biene ohne Honig. Wer sich im Hause um den Nagel nicht kümmert, dem sanken die Sparren. Fleiß in der Jugend ist die Quelle steter Heiterkeit und glücklicher Tage. 48 Wenn die Zeit das Kostbarste unter allen Dingen ist, so ist die Verschwendung der Zeit, die größte unter allen Verschwendungen. Arbeit ist des Blutes Balsam; Arbeit ist der Tugend Quelle. Verzaget nicht, ihr jugendlichen Gemüthcr, denen es mit dem Emporstreben Ernst ist, über die Widerwärtigkeiten dieses Lebens und lernet es fassen, daß auf einem dornen¬ vollen Stamme die Rose der Unsterblichkeit blüht. Die wahre schaffende Geisteskraft gleicht einer von Meisterhand gebanten und gehandhabten Violine; je mehr diese gestimmt und gespielt wird, desto Heller, reiner und harmonischer schallen ihre Töne. Wohl dir, dem Arbeit und Beschäftigung Bedürfniß ist! ohne diese stvcken die Lebenskräfte und ermatten die Organe. Der menschliche Geist gleicht dem Feuer, das sorgsam genährt werden muß, wenn es nicht erlöschen soll. Der Müßiggänger ist eine lebende Leiche, er stirbt lange vorher ehe er zu athmen aufhört. Des Lebens Mühe lehrt uns erst des Lebens Güte schätzen. Nicht in die ferne Zeit verliere dich, den Augenblick ergreife, der ist dein. 49 Verzage nicht im Anfang gleich, Es fällt kein Bann: anf einen Streich. Ein sicherer Reichthum ist Verstand Und eine arbeitsame Hand. Einst belohne dich dein Fleiß Jetzt erheit're dich die Tugend: So bereu'st du nicht als Greis Die so schnell entfloh'ue Jugend. Die Jugend ist die Zeit der Saat Das Alter erntet Früchte, Wer jene nicht benützet hat, Deß' Hoffnung wird zu nichte. Benütze deine Zeit! Ist sie einmal entlausen, So kommt sie nicht zurück, Du kannst sie nicht erkaufen. Wer Großes will, der sammle still und uncrschlafft Im kleinsten Punkt die höchste Kraft. Wir voll treuen redlichen Bestrebens Einst sein Tagewerk vollbracht, Darf am Abend seines Lebens Fröhlich rufen: Gute Nacht. Aller Anfang ist schwer und unbequem, Das Ende leicht und angenehm. Beten Hilst, nur nicht allein, Man muß auch gehörig thätig sein. Wem Gott der Herr viel Kräfte hat gegeben, Von dem verlangt er viel gute Werke: Hast du Gesundheit, Geist und LeibcSstärke, So nütze sie für dies und jenes Leben. 50 Wer arbeitsscheu, verdient nicht, daß er lebe, Verdient nicht, daß die emsige Natur Ihm Nahrung von der reichen Fülle gebe, Die sich der Fleiß erzieht aus Feld nud Flur. Hast du versäumt so manche schöne Zeit, So raff' dich muthig auf zn neuem Strebe», Nimm dir ein großes Vorbild für das Leben Und weck' mit ihm die Kraft zur Thäiigkcit. Wer nicht die Körner säet; Dem wachsen nicht Aehren Und wer die Saat nicht mähet, Wovon soll er sich nähren. Nichts unterhält so gut die Sinne mit der Pflicht in Frieden, Als fleißig sie durch Arbeit zu ermüden, Nichts bringt sie leichter ans dem Geleis', Als müßige Träumerei. Der Mühe reifen goldne Saaten Und lohnen einst zur Erntezeit Den Schweiß vollbrachter Edellhaten Mit himmlischer Zufriedenheit. 51 Wck. fl^>iLiue gesunde Seele in einem gesunden Körper; das ist (steine zwar kurze, aber vollständige Beschreibung eines glücklichen Zustandes in dieser Welt. Wer beides hat, dem bleibt nichts zu wünschen übrig, und wem eins von beiden mangelt, dem wird alles andere wenig helfen. — Hat man gehörige Sorge getragen, den Körper bei Gesundheit und Kraft zu erhalten, so daß er im Stande ist, die Be¬ fehle der Seele zu befolgen und auszuführcn: so ist das nächste und vornehmste Geschäft, der Seele die wahre Rich¬ tung zu geben, damit sie überall geneigt sei, nur in das zu willigen, was der Würde und dem Adel eines mit Ver¬ nunft begabten Wesens angemessen ist Glück ist immer der Grund weit größerer Uebel für den Menschen gewesen, als Unglück, und es ist leichter für den Menschen Unglück geduldig zu tragen, als sich nicht im Glücke vergessen. Das wahre Glück ist an keinen Stand gebunden. Aus dem Tode keimt das Leben, aus den Schmerzen ost die Lust. Treue Pflichterfüllung beglückt am sichersten Ernste Thätigkeit ist der zuverlässigste Tröster im Unglück. Das Glück ist die Mutter des Neides. 52 Mäßiger Gebrauch der Nahrungsmittel erhält uns die Gesundheit des Körpers, und mäßiger Umgang mit den Menschen die Ruhe der Seele. Wer sich im Kreise der Seinigen nicht glücklich fühlt, der sucht vergebens eine wahre Beruhigung im öffentlichen Leben. Unser Erdenglück gehört jener dunkeln und gehcimniß- vollen Macht an, die man Schicksal nennt; aber das Sec- lcngluck des iunern Friedens ist unser eigenes Werk; cs ist der Frühling unserer innen: Welt, dessen unzerstörbare Blüthcn die Stürme von Außen vergebens bedrohen. Fürchte Gott! das Vaterland liebe! ehre den Vater, ehre die Mutter! und streu' Blumen dem Freund auf den Weg! Sei getreu im Beruf, das Böse meide! so wird dir mehr als blendendes Glück, Friede der Seele, zn Thcil. Willst leben froh und in die Läng' Leb' in der Tngend hart und streng. Genieße Alles, doch mit Maß, Und was dir schlecht bekommt, das laß. Rede wenig, rede wahr, Zehre wenig, zahle baar: Fürchte Gott und sei verschwiegen, Was nicht dein ist, das laß liegen. Den uns umschließenden Zirkel beglücken, Nützen soviel als Jeder vermag: O das erfüllet mit stillem Entzücken O das cntwölket den düstersten Tag. 53 Nie kann der Vollgennß so viel gewähren, Als Uebnng im Versagen und Entbehren. Wo Sünd und Laster sich cinsinden, Da müssen Glück nnd Segen schwinden. Arbeit, Mäßigkeit »nd Rnh' Schließt dem Arzt die Thüre zu. Vergiß es nicht, das wahre Glück allein Ist, ein rechtschaffener Mann zu sein. Wer nichts kann mit zwanzig Jahr, Wer nichts ist mit dreißig Jahr, Wer nichts hat mit vierzig Jahr, Bleibt ein Bettler immerdar. Keiner ist mit seinem Glück zufrieden Keiner mit seinem Geiste unzufrieden. Es reicht die Lust auf Erden Der Trauer ihre Hand, Und Freudenstätten werden, Wo einst ein Friedhof stand. Was unter den Wolken vom Berge zu sehen, Empfindet de» Regen, de» Hagel, das Wehen; Was über den Wolken, das rnhet in Frieden, Nur himmlischen Seelen ist Ruhe beschieden. Thu nur das Rechte in deinen Sachen, Das Andere wird sich von selber machen. Um schlecht zu leben, schwer zu sterben, Sucht man sich Güter zu erwerben; Verdient ein solches Glück wohl Neid? Alles in der Welt läßt sich ertragen, Nur nicht eine Reihe von schönen Tagen. 54 Was du beginnst, beginne mit Vorsicht, Was dn thust, thue mit Umsicht, Was dn beuriheilst, richte mit Nachsicht. Liegt das Gestern klar und offen, Wirkst dn heute kräftig, frei: Darfst du auf ein Morgen hoffen, Was nicht minder glücklich sei. Nicht an die Güter hänge dein Herz, Die das Leben vergänglich zieren, Wer besitzt, der lerne verlieren, Wer im Glück ist, lerne den Schmerz. Das eben ist der Finch der bösen Thal, Daß sie sortzeugend immer Böses muß gebären. Mgemein «MMlstische8. Es ist eine Thorheit, durch die Sorge für die Zu¬ kunft, sich den vernünftigen Genuß der Gegenwart zu verbittern; cs ist aber auch Leichtsinn, über den Genuß der Gegenwart die Zukunft zu vergessen. Kaufe nur, was du nicht nbthig hast, so wirst du bald verkaufen müssen, was dir unentbehrlich ist. Viele haben sich durch nichts anderes zu Grunde gerichtet, als durch ihr wohlfeiles Einkäufen. Ein guter Name geht im Augenblicke verloren, ein schlechter wird in Jahren nicht zu einem guten. Muthig! auch Leiden, sind einst sie vergangen, laben die Seele, wie Regen die Au! Ein Leben voll guter Muße und ein müßiges Leben sind sehr verschiedene Dinge. Der Schmeichler gleicht dem Wintergrün, welches den Baum freundlich umhalset, aber ihm zugleich Kraft und Saft raubet. In der Noth allein bewährt sich der Adel großer Seelen. Drei sind, die herrschen auf Erden: Weisheit, Schein und Vewatt. 56 Das Leben gleicht einem Buche; Thoren durchblättern es flüchtig, der Weise liest es mit Bedacht, weil er weiß, daß er es nur einmal lesen kann. Es bildet ein Talent sich in der Stille, doch ein Eharakter im Geräusch der Welt. Neugierde ist eine Naschsucht, Wißbegierde Hunger. Die Freude ist jedem empfindenden Wesen das, was Licht und Wärme den Pflanzen; Friede, Liebe und Wohl¬ wollen sind ihre Gefährten, aber sie steigert sich zur höchsten Lust, durch das heitere Zurücksehen auf ein tugendhaftes von keinen bösen Erinnerungen getrübtes Leben. Richtig denken ist schwer, aber nach dem richtig Ge¬ dachten handeln — noch schwerer. Ideen sind Kapitale, die nur in den Händen des Talentes Zinsen trage»; denn werden sie durch Anwendung auf die Verhältnisse des Lebens nicht nützlich, so gleichen sie dem Erze im Schachte. Kannst du nicht allen gefallen, durch deine That und dein Kunstwerk; mach' es wenigen Recht; vielen gefallen ist schlimm. Je mehr Mühe ein Einfall kostet, desto weniger ist er werth. Drei Dinge gibt es, die sich nur zu ihrer Zeit wirklich erproben: Der Muth in der Schlacht, die im Zorn und Unglück und der Freund in der Noth. 57 In der Kindheit gleicht das Leben einem süßen Schlafen; der Jüngling dnrchtränmt es, aber dem Manne wird cs ein ernstes Wachen Womit man sündigt, damit wird man gestraft. Gott läßt uns wohl sinken, aber nicht ertrinken Wer überwinden will, lerne ertragen. Die Ehrlichkeit wird sehr künstlich nachgemacht. Die Zeit, die Umstände, die Schicksale eines sturm- bewegten Lebens, die bittern Erfahrungen, an denen das arme Menschenhcrz seine zartesten Gefühle sich wund stößt, oder auch das Füllhorn des Glückes, womit es mitunter unverdient überschüttet wird, ändern des Menschen Ansichten, Benehmungsart, Lebenszweck und Lebenslust auf eine be¬ wunderungswürdige Weise von einem Dezennium zum andern. Wer Wahrheit sucht, darf nicht die Stimmen zählen. Der Buchstabe tobtet, der Geist aber belebt. Der Jugend Zucht und Fleiß ist des Alters Ehre. Zu jedem ganzen Werk, gehört ein ganzer Mann. Noth entwickelt Kraft. Begeisterung ist die Quelle alles Großen. Günstlinge sind Sonnenuhren; man richtet sich nach 4 58 ihnen, so lange die Sonne des Thrones sie beleuchtet, und sieht sie nicht an, sobald sie ihnen ihre Strahlen entzieht. Die aufmerksame Betrachtung der Natur führt zur Bekanntschaft mit unseren eigenen Beziehungen zu Gott. Bei ewiger Sehnsucht nach der Zukunft fließt die Gegenwart ungenossen vorbei. Der Morgen ist die Kindheit für den Tag, wie man sich da stimmt, so bleibt man meist den ganzen Tag. Gute Vorbereitung am Morgen ist also Erziehung für den Tag, wie gute Bildung in der Jugend Erziehung für das Leben ist. Was hilft es, bessere Zeiten wünschen und zu hoffen? Strenge dich an, so werden die Zeiten besser. Fleiß hat nicht nöthig zu wünschen; und wer sich mit Hoffnungen speist, der stirbt vor Hunger. Es gibt keinen Vortheil ohne Mühe. Wer immer von dem spricht, was er thun will, handelt selten oder gar nicht. Was dir genommen werden kann, ist nicht wahrhaft dein. Dein Reichthum sei — Genügsamkeit; deine Ehre sei — die Tugend; deine Freude sei — das gute Gewissen; deine Macht sei — das Gebet; deine Hoffnung sei — der Himmel; und dein Ewiges und Alles sei — der im Himmel wohnt! Das Höchste muß der Mensch erstreben, wenn er das Hohe erreichen will. 5!) Was das Athemholen den Lungen, die Wissenschaft dem Verstand, das ist das Gebet dem Herzen. Wie gesunde Luft leibliches Wohlsein schafft, so schafft das Gebet geistiges. Hinter ihm her ziehet der Friede, ihm zuvor geht das Ver¬ trauen, ihm zur Seite die Zuversicht, die Liebe und die Ergebung. In jedem Verhaltniße in der Welt ist die echte Be¬ scheidenheit das Kleinod, der Zauberring, der uns liebens¬ würdiger macht. Um diese zu erlangen, wird es genug sein, ein stetes Augenmerk auf diejenigen Vorzüge zu richten, die man noch zu erwarten hat, und Andern ganz allein die Betrachtung derjenigen zu überlassen, die man schon besitzt. Rede nur, was dir selbst oder Andern nützlich sein kann, und vermeide müßiges Geschwätz. Alles Gute löset sich in Vergnügen auf, alles Böse in Schmerz. Aber der höchste Schmerz ist das Gefühl, sich selbst unglücklich gemacht zu haben und die höchste Lust, das heitere Zurücksehen in ein wohlgebrauchtes, von keiner Reue beflecktes Leben. 4» 60 Laß einen Jeden, wer er ist, So bleibst auch dn wohl, wer dn bist. Predigt hören säumet nicht, Almosen geben, armet nicht, Unrecht Gut wuchert nicht, Gottes Wort trüget nicht. Fest sei und stark dein Glaube, wie das Eisen, Und dein Charakter, wie das Gold gediegen, Dein Geist soll dem Gesetz, wie Blei sich biegen. Und Würzig dich dein Wort als Salz beweisen. Was glänzt ist für den Augenblick geboren Das Echte bleibt der Nachwelt unverloren. Der Mensch bedarf Erziehung bis zum Grabe, Denn allzu weich ist seiner Eltern Hand, Das Unglück beugt ihn erst mit rauhem Stabe, Und des Gesetzes Ernst weckt den Beistand. Komme, was da kommen mag — Die Stunde rinnt auch durch den ranh'sten Tag. Es ließe sich Alles trefflich schlichten, Könnt man die Sachen zweimal verrichten. Hoffnung ist ein sester Stab, Und Geduld ein Neisekleid, Womit man durch die Welt und Grab Wandert in die Ewigkeit. Eine Glocke am Klang, Einen Vogel am Gesang, Einen Mann am Gang, Einen Thoren an den Worten Kennt man an allen Orten. 01 Wenn du willst im Menschenherzen Alle Seiten rühren an, Stimme du den Tun der Schmerzen, Nicht den Klang der Freude an. Mancher ist wohl der erfahren Hat auf Erden keine Lust, Keiner der nicht still bewahren Wird, ein Weh in seiner Brust. Das Leben ist ein Strom, schwer zu beschissen, Denn er verschlägt zu leicht nur deinen Kahn Darum vertrau dein Seelenheil dem Priester, Das Heil des Leib's dem weisen Arzte an. Dreifach ist der Schritt der Zeit: Zögernd kommt die Zukunft hergezogen, Pfeilschnell ist die Gegenwart verflogen Ewig still steht die Vergaugcuhcit. Ein and'res Antlitz, ehe sie geschehen, Ein anderes zeigt die vollbrachte That. Es ist die Gabe, zu gefallen, Ein Vorrecht, das der Himmel gibt, Und was die Welt an Einem liebt, Das liebt sie darum nicht an Allen. Erquickung hast du nicht gewonnen. Wenn sie dir nicht aus eigener Seele quillt. Was gut ist, wird den Kampf bestehen, Nie wird das Gute untergehen; Die Spreu wird nur des Sturmes Spiel. Ist dein Gewissen frei, Dann bleibt dir auch die Freude treu. 62 Großer Menschen Werke sehen, Schlügt einen nieder. Doch erhebt es auch wieder, Daß so etwas durch Menschen geschehen. Wer ist ein freier Mann? Der das Gesetz verehret, Nichts thut', was es verwehret, Nichts will, als was er kann, Der ist ein freier Mann. Em Gewissen, frei von allem Tadel, Nebertrifft den Reichthnm und den Adel. Ermatte nicht in deinen Pflichten, Geduld und Muth kann viel verrichten. Der Weise theilet seine Zeit, In Arbeit, Ruh' und Fröhlichkeit. O! laß dich nicht schon hier vergöttern, Und deine Macht und Stärke preisen! Die Würden fallen, gleich den Blättern; Die Zeit sprengt auch ein Thor von Eisen. DaS ist doch Mein, und das gehöret Mir, So rühmst du dich als Mann von Glück. Zwei Dinge nur gehören dir: Die Tugend und der Augenblick. Zwei Schriften sind es, die uns stets erinnern, Und, was wir sollen, sagen: Die Eine liegt in unserin Innern; Die And're ist — am Kreuze angeschlagen. Beginn mit Krast, du wirst zum Ziel gelangen! Der halbe Theil des Ganzen ist — gut angesangen. 63 Sei enge mit der Zeit verbunden; Sie legt das Kleinste auf die Wage; Es werden aus Minuten Stunden, Und ans den Stunden werden Tage. Wer Geist besitzt, besitzt die Knust, Was ihn, gefällt aus sich zu machen. Verstand und Tugend sind des Himmels beste Gaben, Wer diese nur besitzt, sann niemals Mangel haben. Schleichend folgt die Traurigkeit Auf dem Fuß der Freude: Jüngling! greife nicht zu weit, Sonst ergreifst dn beide. Mit Gott beginne, mit Gott vollende! Dieß sei dein Ansang, und dein Ende.